Verwaltungsgericht München Beschluss, 16. Nov. 2015 - M 9 K 14.31087

bei uns veröffentlicht am16.11.2015

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

I.

Der Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger. Er reiste nach eigenen Angaben am 10. Oktober 2012 in das Bundesgebiet ein und stellte am 14. November 2012 einen Asylantrag.

Bei seiner persönlichen Anhörung am 21. August 2014 gab der Kläger an, er komme aus dem Dorf …, Distrikt …, Provinz … Dort lebten noch seine Eltern sowie vier Schwestern und vier Brüder. Die Taliban hätten ihn als Kämpfer gewinnen wollen und seine Eltern seien dagegen gewesen. Er habe rekrutiert werden sollen, weil er jung und stark gewesen sei und gut mit dem Motorrad habe umgehen können. Er habe im Alter von 18-19 Jahren zunächst Einkäufe für die Taliban erledigt und später Verletzte ins Krankenhaus gebracht. Schließlich sei verlangt worden, er solle Kämpfer werden, sonst werde er sterben. Daraufhin habe er sich einen Monat in einem anderen Dorf versteckt gehalten und sei danach ausgereist. An seinen Brüdern hätten die Taliban kein Interesse gehabt, da sie jünger als er gewesen seien. Mittlerweile sei ihr Leben auch sehr schwierig.

Die Taliban hätten mehrere seiner Verwandten getötet. Dabei habe es sich unter anderem um zwei Söhne eines Onkels gehandelt. Der Onkel habe in einem Dorf eine Klinik gebaut, selbst dort gearbeitet und sei dort auch getötet worden. Das sei vor fünf Jahren gewesen. Später in der Anhörung hat er ausgeführt, über den Tod der beiden Söhne des Onkels wisse er nichts genaues, da er zu diesem Zeitpunkt bereits in Deutschland gewesen sei und nur von einem Onkel in Deutschland davon erfahren habe. Der Arzt und Vater dieser beiden Cousins sei später auch selbst umgebracht worden. Er habe den Menschen im Dorf helfen wollen und Dorfvorsteher werden sollen. Die Taliban seien dagegen gewesen und hätten ihn nach mehreren Warnungen getötet. Einem Onkel seiner Mutter sei vier Jahre vor der Anhörung gleiches widerfahren. Dieser habe zunächst ein gewöhnliches Verhältnis zu den Taliban gehabt, nach dem Tod des anderen Onkels aber mit diesen nichts mehr zu tun haben wollen. Daraufhin sei er mit einem Messer getötet worden. Außerdem sei ein weiterer Cousin sehr brutal getötet worden, dem die Taliban vorgeworfen hätten, für die Amerikaner zu spionieren.

Mit Bescheid vom 30. September 2014 lehnte das Bundesamt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, die Anerkennung als Asylberechtigter, die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus sowie die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG ab. Gleichzeitig wurde die Abschiebung nach Afghanistan angedroht.

Die Schilderung der fluchtauslösenden Ereignisse erscheine nicht glaubhaft, da sie insgesamt zu pauschal und unpräzise gewesen sei. Der Kläger sei bei der Einreise ins Bundesgebiet bereits 35 Jahre alt gewesen. Er habe angegeben, im Alter von 18 oder 19 Jahren bereits mit den Taliban zusammengearbeitet zu haben. Er habe nicht plausibel begründet, warum ihm nach 15 Jahren Kontakt mit den Taliban nunmehr die Zwangsrekrutierung drohen solle. Auch sei nicht plausibel erklärt, warum ein Interesse der Taliban nur am Kläger bestanden habe und nicht an dessen Brüdern. Es sei nicht anzunehmen, dass sich diese sämtlich noch im Kindesalter befänden. Die Angaben zur Tötung der verschiedenen Verwandten seien widersprüchlich. Der Kläger habe zunächst angegeben, der Onkel, der Arzt war, sei fünf Jahre vor der Anhörung und nach seinen Söhnen getötet worden. Später habe er angegeben, die Söhne seien erst getötet worden als er selbst, der Kläger, sich bereits im Bundesgebiet befunden habe.

Mit Schriftsatz vom 25. Oktober 2014 hat der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Klage erhoben mit dem Antrag,

die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise subsidiären Schutz zuzuerkennen, weiterhin hilfsweise ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG festzustellen.

Zugleich hat er beantragt,

ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Bevollmächtigten zu gewähren.

Er macht geltend, das Bundesamt habe das Vorbringen des Klägers zu Unrecht als unglaubwürdig behandelt. Es habe ein unrichtiges Geburtsdatum des Antragstellers zu Grunde gelegt, obwohl wiederholt das zutreffende genannt und vorgetragen worden sei. Bei dem umgebrachten Arzt handle es sich um einen Onkel väterlicherseits. Zwei Söhne eines anderen Onkel mütterlicherseits seien anderswo getötet worden, als der Kläger bereits ausgereist gewesen sei. Zwei weitere Cousins des Klägers seien getötet worden, als sie aus Rache zu den Waffen gegriffen hätten. Außerdem sei ein Onkel mütterlicherseits umgebracht worden. Der nächstältere Bruder des Klägers sei 16 Jahre alt (im Dezember 2014) und gehöre nun der „Verteidigungsgruppe des Dorfes gegen die Taliban“ an. Sonst wäre dieser auch zum Anschluss an die Taliban gezwungen worden.

Mit Beschluss vom 20. Februar 2015 hat die Kammer den Rechtstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag auf Prozesskostenhilfe ist unbegründet.

Nach § 166 VwGO, § 114 Abs. 1 ZPO ist einer Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zu einem Teil oder in Raten aufbringen kann, Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichend ist die Aussicht auf Erfolg bereits, wenn der Erfolg bei summarischer Prüfung offen ist (vgl. BayVGH, B.v. 26.6.2015 - 23 A 14.2254 - juris Rn. 18). Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit in dem Sinne, dass der Prozesserfolg gewiss sein muss, ist nicht erforderlich. Der Anspruch auf Rechtsschutzgleichheit verbietet es, schwierige, bislang ungeklärte Rechts- und Tatfragen bereits im Prozesskostenhilfeverfahren zu entscheiden (vgl. BVerfG [K], B.v. 16.01.2013 - 1 BvR 2004/10 - NJW 2013, 1148).

Bei Asylverpflichtungsklagen ist eine hinreichende Erfolgsaussicht der Klage gegeben, wenn sich eine persönliche Anhörung oder Vernehmung des Asylbewerbers über dessen Verfolgungsbehauptungen aufdrängt, weil diese bei summarischer Betrachtung eine asylrelevante Verfolgung schlüssig ergeben und Zweifel an der Glaubhaftigkeit der tatsächlichen Angaben oder der Glaubwürdigkeit des Klägers nur aufgrund einer persönlichen Einvernahme geklärt werden können (vgl. HessVGH, B.v. 22.2.1990 - 12 TP 3419/89 - juris Rn. 4).

Nach diesem Maßstab hat die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Keine Erfolgsaussicht ist hinsichtlich des Antrags auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG gegeben. Nach § 3 Abs. 1 und 4 AsylG ist dafür Voraussetzung, dass sich ein Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

Aus dem Vorbringen des Klägers ergibt sich nicht schlüssig, dass die begründete Furcht besteht, wegen eines der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 und § 3b Abs. 1 AsylG genannten Verfolgungsgründe einer Verfolgungshandlung im Sinne des § 3a Abs. 1 und 2 AsylG ausgesetzt zu sein, und dass die nach § 3a Abs. 3 AsylG erforderliche Verknüpfung zwischen Verfolgungsgrund und Verfolgungshandlung besteht. Der Kläger hat geltend gemacht, geflohen zu sein, weil er die Taliban, für die er zuvor Hilfsdienste geleistet hat, nicht als Kämpfer unterstützen wollte und deswegen bedroht wurde. Er hat nicht geltend gemacht, dass er wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt wurde.

Ein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a Abs. 1 GG besteht aus diesen Gründen ebenfalls nicht.

Die Klage hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, soweit sie auf die Verpflichtung zur Anerkennung als subsidiär Schutzberechtigter zielt. Der Kläger hat voraussichtlich keinen Anspruch auf Anerkennung als subsidiär Schutzberechtigter, weil er internen Schutz erlangen kann.

Nach § 4 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt nach dieser Vorschrift die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

Der subsidiäre Schutz wird nach § 4 Abs. 3, § 3e Abs. 1 AsylG nicht zuerkannt, wenn die Möglichkeit gegeben ist, internen Schutz im Herkunftsland zu suchen. Dies ist der Fall, wenn dem Antragsteller in einem Teil seines Herkunftslands keiner Gefahr eines ernsthaften Schadens ausgesetzt ist und er sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

Der Kläger kann darauf verwiesen werden, internen Schutz in Kabul zu finden. Es ist nicht vorgetragen oder ersichtlich, dass ihm die geltend gemachten Gefahren auch dort drohen würden. Er kann sicher und legal in diesen Landesteil reisen, da insbesondere internationale Fluglinien den Flughafen Kabul anfliegen. Trotz der allgemein schwierigen humanitären Lage in Kabul kann vom Kläger auch erwartet werden, sich dort niederzulassen. Die obergerichtliche Rechtsprechung geht davon aus, dass ein arbeitsfähiger junger Mann seinen Lebensunterhalt nach einer Wiedereingliederungsphase auch ohne familiären Rückhalt zumindest auf einem - nach westlichen Maßstäben - niedrigen Niveau wird sicherstellen können (vgl. OVG NRW, B.v. 20.7.2015 - 13 A 1531/15.A - juris Rn. 8 ff.). Der Kläger wird zudem hinreichend wahrscheinlich auf familiären Rückhalt zurückgreifen können, da seine Familie in Afghanistan lebt.

Hinsichtlich des Antrags auf Feststellung nationaler Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG hat die Klage ebenfalls keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Ein Ausländer darf nach § 60 Abs. 5 AufenthG nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Aus Art. 3 EMRK ergibt sich vorliegend kein Abschiebungsverbot, weil - wie oben festgestellt - nicht Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe droht beziehungsweise der Kläger internen Schutz finden kann. Die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot liegen außerdem vor, wenn dem Ausländer zustehende, von den Vertragsstaaten der EMRK als grundlegend anerkannte Menschenrechtsgarantien in ihrem Kern bedroht sind. Das ist allerdings nur in krassen Fällen anzunehmen, wenn nämlich die drohenden Beeinträchtigungen von ihrer Schwere her dem vergleichbar sind, was wegen menschenunwürdiger Behandlung zu einem Abschiebungsverbot nach Art. 3 EMRK führt (vgl. BVerwG, U.v. 7.12.2004 - 1 C 14/04 - NVwZ 2005, 704/705). Zu befürchteten Beeinträchtigungen dieser Intensität ist nichts vorgetragen oder ersichtlich.

Nach § 60 Abs. 7 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Eine im Zielstaat der Abschiebung bestehende allgemeine Gefahrenlage kann dabei wegen der Vorschrift § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG nur berücksichtigt werden, wenn eine extreme allgemeine Gefahrenlage besteht, die einen einzelnen Ausländer gleichsam sehenden Auges der individuellen Gefährdung für Leib und Leben preisgeben würde (vgl. BVerwG, U.v. 17.10.1995 - 9 C 9.95 - BVerwGE 99, 324/327).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist davon auszugehen, dass ein arbeitsfähiger, gesunder Mann, der mangels familiärer Bindungen keine Unterhaltslasten zu tragen hat, regelmäßig auch ohne nennenswertes Vermögen im Fall einer zwangsweisen Rückführung nach Afghanistan in der Lage ist, durch Gelegenheitsarbeiten in seiner Heimatregion oder in Kabul ein kleines Einkommen zu erzielen und damit wenigstens ein Leben am Rande des Existenzminimums zu bestreiten (vgl. BayVGH, B.v. 10.8.2015 - 13a ZB 15.30050 - juris Rn. 11 m.w.N.). Es sind weder im Asylverfahren noch im Gerichtsverfahren Tatsachen vorgetragen worden, die Zweifel daran begründen, dass auch für den Kläger diese Möglichkeit gegeben ist. Weiterhin ist anzunehmen, dass er nicht jeglicher familiärer Unterstützung entbehren wird. Seine Familie lebt in Afghanistan.

Da die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht vorliegen, kann dem Antragsteller auch nicht nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 121 Abs. 2 ZPO sein Prozessbevollmächtigter beigeordnet werden.

Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, da für die Entscheidung über den Antrag auf Prozesskostenhilfe keine Gerichtskosten erhoben werden und eine Erstattung der dem Gegner entstandenen Kosten nicht stattfindet (§ 166 VwGO, § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 16. Nov. 2015 - M 9 K 14.31087

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 16. Nov. 2015 - M 9 K 14.31087

Referenzen - Gesetze

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 4 Subsidiärer Schutz


(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt: 1. die Verhängung oder Vollstreckung der To

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3 Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft


(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich1.aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 166


(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmäc
Verwaltungsgericht München Beschluss, 16. Nov. 2015 - M 9 K 14.31087 zitiert 11 §§.

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 4 Subsidiärer Schutz


(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt: 1. die Verhängung oder Vollstreckung der To

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3 Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft


(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich1.aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 166


(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmäc

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 16a


(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht. (2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3a Verfolgungshandlungen


(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die 1. auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen n

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3e Interner Schutz


(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er 1. in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und2. sicher und legal in diesen Landesteil r

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3b Verfolgungsgründe


(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen: 1. der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe;2. der Begrif

Zivilprozessordnung - ZPO | § 121 Beiordnung eines Rechtsanwalts


(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet. (2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 118 Bewilligungsverfahren


(1) Dem Gegner ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, ob er die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für gegeben hält, soweit dies aus besonderen Gründen nicht unzweckmäßig erscheint. Die Stellungnahme kann vor der Geschäft

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgericht München Beschluss, 16. Nov. 2015 - M 9 K 14.31087 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Verwaltungsgericht München Beschluss, 16. Nov. 2015 - M 9 K 14.31087 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 10. Aug. 2015 - 13a ZB 15.30050

bei uns veröffentlicht am 10.08.2015

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung geg

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 26. Juni 2015 - 23 A 14.2254

bei uns veröffentlicht am 26.06.2015

Tenor Der Klägerin wird für das Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Az. 23 A 14.2252, Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit beantragt wurde, ihr eine Entschädigung in Höhe von 1.000 Euro und vorgerichtliche Anwaltskosten in

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 20. Juli 2015 - 13 A 1531/15.A

bei uns veröffentlicht am 20.07.2015

Tenor Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 28. Mai 2015 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. 1G r

Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 16. Jan. 2013 - 1 BvR 2004/10

bei uns veröffentlicht am 16.01.2013

Tenor 1. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 25. Juni 2010 - II-12 WF 102/10 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 20 Absa

Referenzen

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

Tenor

Der Klägerin wird für das Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Az. 23 A 14.2252, Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit beantragt wurde, ihr eine Entschädigung in Höhe von 1.000 Euro und vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 147,76 Euro jeweils zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen. Der Klägerin wird insoweit Rechtsanwältin ... beigeordnet.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Gründe

I.

Die Klägerin beantragt Prozesskostenhilfe für eine Klage (v. 15.10.2015) gegen den Freistaat Bayern auf Entschädigung wegen unangemessener Verfahrensdauer eines Berufungszulassungsverfahrens vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in Höhe von 2.400 Euro sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 334,74 Euro jeweils zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 8. September 2014.

Mit Urteil vom 25. Mai 2012 (Az. RN 5 K 12.30031) hat das Verwaltungsgericht Regensburg die Klage der Klägerin vom 2. Februar 2012, die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 19. Januar 2012 zu verpflichten, festzustellen, dass für die Klägerin ein Abschiebungsverbot nach Sierra Leone (wegen drohender Beschneidung) besteht, abgewiesen.

Am 26. Juli 2012 beantragte die Klägerin beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, die Berufung gegen das Urteil zuzulassen (Az. 9 ZB 12.30295); die Begründung erfolgte mit der Antragstellung. Das Bundesamt erhielt den Antrag mit Schreiben des Verwaltungsgerichtshofs vom 3. August 2012 zur Kenntnis übermittelt; er ging dort am 7. August 2012 ein.

Mit Schriftsatz vom 25. September 2013 wiesen die Bevollmächtigten der Klägerin darauf hin, dass der Berufungszulassungsantrag bereits am 26. Juli 2012 gestellt worden sei, so dass sie, nachdem mittlerweile über ein Jahr vergangen sei, hiermit höflich anfragen dürften, wann mit einer Entscheidung über den Antrag gerechnet werden könne. Auf telefonische Anfrage der Bevollmächtigten der Klägerin stellte der Berichterstatter am 20. November 2013 eine Erledigung noch in 2013 in Aussicht. Mit Schriftsätzen vom 1. März 2014 und vom 4. Juni 2014 fragten die Bevollmächtigten der Klägerin erneut an, wann mit einer Entscheidung über den Antrag gerechnet werden könne und wiesen dabei auf den Zeitpunkt des Berufungszulassungsantrags und die mittlerweile vergangene lange Zeit hin.

Mit Schriftsatz vom 13. August 2014, eingegangen beim Verwaltungsgerichtshof am 18. August 2014, erhob die Klägerin Verzögerungsrüge für das Berufungszulassungsverfahren unter Schilderung des bisherigen zeitlichen Ablaufs und unter Hinweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Februar 2014, Az. 5 C 1.13 D, wonach dieses von einer Zeitspanne von durchschnittlich 5 Monaten für die Bearbeitung eines Antrags auf Zulassung der Berufung ausgehe. Besondere Gründe, warum die Entscheidungsfindung hier länger dauern sollte, fänden sich nicht. Bei schwieriger, unsicherer oder unklarer Rechtslage sei die Berufung zuzulassen. Durch die Verzögerung seien der Klägerin Verzögerungsschäden entstanden insbesondere durch die Notwendigkeit eines Rechtsbeistands über den gesamten Verfahrensverlauf. In Anlehnung an § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG sei von einer Pauschale von 100 Euro pro Monat auszugehen; sollte eine Entschädigung der Klägerin nicht im Rahmen dieses Verfahrens erfolgen, werde diese nach Beendigung des Verfahrens im Rahmen einer Entschädigungsklage geltend gemacht.

Mit Beschluss vom 26. August 2014, dem Klägerbevollmächtigten zugestellt am 3. September 2014, lehnte der Verwaltungsgerichtshof den Antrag auf Zulassung der Berufung ab. Der geltend gemachte Zulassungsgrund des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache) liege nicht vor, er sei schon nicht in der geforderten Weise dargelegt. Es fehle schon an einer ausreichenden Fragestellung. Im Übrigen läge auch keine grundsätzliche Bedeutung vor.

Mit Schreiben vom 8. September 2014, unter dem Aktenzeichen des Zulassungsverfahrens an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof gerichtet, forderte die Klägerin eine Entschädigung in Höhe von 2.400 Euro zuzüglich Rechtsanwaltskosten für die außergerichtliche Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs in Höhe von 334,74 Euro, insgesamt somit 2.734,74 Euro. Die Verfahrensdauer von zwei Jahren und einem Monat sei unangemessen lang gewesen. Für die Klägerin habe das Verfahren auch eine besondere Bedeutung gehabt, da sie im Falle einer Ablehnung mit einer Abschiebung nach Sierra-Leone habe rechnen müssen. Ein so langes Zuwarten auf eine gerichtliche Entscheidung stelle eine besondere Härte für die Klägerin dar. Die Entschädigungshöhe sei damit angemessen. Die Bevollmächtigten baten um Zahlung der geltend gemachten Summe bis zum 1. Oktober 2014 auf ein von ihr bezeichnetes Konto.

Auf Anfrage des Verwaltungsgerichtshofs, ob es sich bei dem Schriftsatz um eine Entschädigungsklage im Sinne des § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG handle, erklärten die Bevollmächtigten der Klägerin mit Schriftsatz vom 23. September 2014, dass das Schreiben vom 8. September 2014 als Zahlungsaufforderung zu verstehen sei. Sollte bis zum gesetzten Termin kein Zahlungseingang zu verzeichnen sein, werde eine gesonderte Entschädigungsklage eingereicht. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof lehnte verwaltungsintern eine Zahlung ab.

Am 15. Oktober 2014 erhob die Klägerin Klage zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof mit dem eingangs genannten Antrag (Az. 23 A 14.2252) und beantragte gleichzeitig Prozesskostenhilfe für die Klage (Az. 23 A 14.2254). Die Geschäftsgebühr ergebe sich aus Nr. 2300 VV i. V. m. §§ 13, 14 RVG zuzüglich Pauschale und Umsatzsteuer. Trotz der Aufforderung vom 8. September 2014 sei keinerlei Zahlung erfolgt, der Beklagte befinde sich somit seit diesem Tag in Verzug.

Der Landesanwaltschaft Bayern wurde der Prozesskostenhilfeantrag zugestellt mit dem Hinweis, die Klage werde erst nach Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch oder Eingang der Gebühr gemäß § 12a i. V. m. § 12 Abs. 1 Satz 1 GVG zugestellt. Die Klagepartei erhielt im Klageverfahren denselben Hinweis.

Der Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2014, den Prozesskostenhilfeantrag abzulehnen. Die Klägerin habe keinen auf eine Geldleistung gerichteten Entschädigungsanspruch. In Fällen, in denen eine Verzögerungsrüge so spät erhoben worden sei, dass aus den Gesamtumständen zum Ausdruck komme, dass es auf ein „dulde und liquidiere“ ankomme, scheide jedenfalls ein auf Geldleistung gerichteter Entschädigungsanspruch aus. Das gelte umso mehr bei anwaltlich vertretenen Prozessbeteiligten. Einen Anwalt treffe die Obliegenheit, eine Verzögerungsrüge sobald als möglich zu erheben. Eine verspätet erhobene Rüge sei von Amts wegen zu berücksichtigen (BT-Drs. 17/3802, S. 21 des Gesetzentwurfs) und könne zum Verlust eines Entschädigungsanspruchs führen bei der Prüfung der Angemessenheit der Verfahrensdauer sowie bei der Frage, ob eine Wiedergutmachung auf andere Weise ausreichend sei. Hier habe die Klägerin erst am 13. August 2014 Verzögerungsrüge erhoben. Diese Umstände stünden im Widerspruch zum Vorbringen, die Klägerin habe ein besonders großes Interesse an der baldigen Klärung der Rechtslage gehabt. Die bloßen Sachstandsanfragen der Klägerseite änderten nichts an dem Gesamteindruck, da diesen lediglich ein informatorischer Charakter zukomme. Maßgeblich sei darauf abzustellen, ob hinreichend zum Ausdruck komme, dass der Betroffene mit der Dauer des Verfahrens nicht einverstanden sei. Das mache den Wesenskern der Verzögerungsrüge aus und unterscheide sich von sonstigen Sachstandsanfragen. Die vom Gesetz bezweckte Warnfunktion sowie der Zweck, ein „dulde und liquidiere“ zu verhindern, würden durch derartige bloße Anfragen gerade nicht erfüllt.

Mit Schriftsatz vom 23. Februar 2015 übermittelte die Klägerin auf Anforderung des Verwaltungsgerichtshofs eine aktuelle Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten auch in den Ausgangsverfahren Bezug genommen.

II.

Der Klägerin ist in dem im Tenor genannten Umfang Prozesskostenhilfe zu gewähren.

Nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist einer Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

A. Die Klägerin hat ausreichend glaubhaft gemacht, dass sie nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann.

B. Im Hinblick darauf, dass viele Fragen bei einer Entschädigungsklage nach § 198 GVG noch offen sind, was den Zeitraum der Entschädigung und das Absehen von Entschädigung betrifft, bietet die vorliegende Klage teilweise hinreichende Aussicht auf Erfolg.

I.

Hinsichtlich der Erfolgsaussichten dürfen die Anforderungen nicht überspannt werden (vgl. aus jüngster Zeit BVerfG, B. v. 21.3.2013 - 1 BvR 965/12 - juris Rn. 16). Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit in dem Sinne, dass der Prozesserfolg schon gewiss sein muss, ist nicht erforderlich. Es genügt bereits eine sich bei summarischer Überprüfung ergebende Offenheit des Erfolgs (BVerwG, B. v. 8.3.1999 - 6 B 121/98 - NVwZ-RR 1999, 587).

Der Anspruch auf Rechtsschutzgleichheit (für die öffentlich-rechtliche Gerichtsbarkeit: Art. 3 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 19 Abs. 4 GG; vgl. BVerfG, B. v. 13.7.2005 - 1 BvR 1041/05 - BVerfGK 6, 53) verwehrt es den Gerichten, schwierige, bislang ungeklärte Rechts- und Tatfragen bereits im Prozesskostenhilfeverfahren zu entscheiden (vgl. BVerfG, B. v. 16.01.2013 - 1 BvR 2004/10 - FamRZ 2013, 605). Allerdings braucht Prozesskostenhilfe nicht schon dann gewährt zu werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht in dem genannten Sinne als „schwierig“ erscheint; die Ablehnung der Gewährung kann ungeachtet des Fehlens einschlägiger höchstrichterlicher Rechtsprechung gerechtfertigt sein, wenn die Rechtsfrage angesichts der gesetzlichen Regelung oder im Hinblick auf Auslegungshilfen, die von bereits vorliegender Rechtsprechung bereitgestellt werden, ohne Schwierigkeiten beantwortet werden kann. Ist dies nicht der Fall und steht eine höchstrichterliche Klärung noch aus, ist es mit dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit nicht zu vereinbaren, dem Unbemittelten wegen fehlender Erfolgsaussicht seines Begehrens Prozesskostenhilfe vorzuenthalten (vgl. BVerfG, B. v. 28.1.2013 - 1 BvR 274/12 - juris, B. v. 8.10.2014 - 1 BvR 2186/14 - juris).

Der Senat gewährt Prozesskostenhilfe daher nur in dem Umfang nicht, in dem der geltend gemachte Anspruch nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung insbesondere des Bundesverwaltungsgerichts ausgeschlossen ist.

II.

Die Entschädigungsklage ist zulässig.

1. Nach § 198 Abs. 5 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes - GVG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 1975 (BGBl. I S. 1077), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Januar 2015 (BGBl I S. 10) kann eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 der Vorschrift frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt (Erhebung der Verzögerungsrüge am 18. August 2014, Erhebung der Entschädigungsklage am 15. Oktober 2014). Die Entschädigungsklage ist gleichwohl zulässig, da die Einhaltung der Wartefrist hier nicht erforderlich war. Die Einhaltung dieser Frist ist zwar eine besondere Sachurteilsvoraussetzung, die in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen ist. Eine vor Fristablauf erhobene Klage wird auch nach Ablauf der Frist nicht zulässig (BSG, U. v. 3.9.2014 - B 10 ÜG 2/14 - juris Rn. 19; BGH, U. v. 17.7.2014 - III ZR 228/13 - NJW 2014, 2588 Rn. 17 m. w. N.). Das Fristerfordernis des § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG ist jedoch im Wege der teleologischen Reduktion dahin einzuschränken, dass es keine Anwendung findet, wenn das als verspätet gerügte Verfahren schon vor Ablauf der Sechsmonatsfrist abgeschlossen wurde. Nach der gesetzgeberischen Vorstellung, die insbesondere in der Gesetzesbegründung ihren Niederschlag gefunden hat (vgl. BT-Drs. 17/3802 S. 22), soll die Wartefrist der präventiven Funktion der Verzögerungsrüge Rechnung tragen und dem Gericht die Möglichkeit einräumen, auf eine Beschleunigung des Verfahrens hinzuwirken und dadurch (weiteren) Schaden zu vermeiden. Wird ein Verfahren vor Ablauf der Sechsmonatsfrist beendet, würde ein Abwarten insofern keinen Sinn mehr machen. Deshalb ist es geboten, die Bestimmung im Wege teleologischer Reduktion dahin einzuschränken, dass ihr Anwendungsbereich nicht eröffnet ist, wenn das Verfahren innerhalb von sechs Monaten nach Erhebung der Verzögerungsrüge beendet wird. In diesem Fall ist die Entschädigungsklage ausnahmsweise vom Moment des Verfahrensabschlusses an zulässig (vgl. BVerwG, U. v. 26.2.2015 - 5 C 5.14 D; BGH, U. v. 21.5.2014 - III ZR 355/13 - NJW 2014, 2443 Rn. 17, v. 17.7.2014 - III ZR 228/13 - NJW 2014, 2588 Rn. 18 m. w. N.; Schenke, NVwZ 2012, 257/261). So verhält es sich hier. Das Verfahren ist ca. zwei Wochen nach Erhebung der Verzögerungsrüge durch unanfechtbaren Beschluss beendet worden.

2. Die Begrenzung der Entschädigungsklage auf eine von mehreren Instanzen (hier das Berufungszulassungsverfahren) ist prozessrechtlich zulässig, auch wenn der materiellrechtliche Bezugsrahmen eines derart beschränkten Begehrens gleichwohl das gesamte (verwaltungs-) gerichtliche Verfahren ist (BVerwG, U. v. 27.2.2014 - 5 C 1.13 D - Buchholz 300 § 198 GVG Nr. 3).

II. Die Klage hat in der Sache hinreichende Erfolgsaussichten, soweit ein Anspruch auf Entschädigung des immateriellen Nachteils in Höhe von 1.000 Euro zuzüglich der Zinsen seit Rechtshängigkeit geltend gemacht wird. Eine zu entschädigende Verzögerung bestand hier allenfalls für 10 Monate. Hinsichtlich des Anspruchs auf Ersatz vorgerichtlicher Kosten bestehen hinreichenden Erfolgsaussichten daher ebenfalls nur zum Teil.

1. Nach § 198 Abs. 3 Satz 1 und 2 GVG erhält ein Verfahrensbeteiligter eine Entschädigung nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat, wobei die Verzögerungsrüge erst erhoben werden kann, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 13. August 2014, eingegangen am 18. August 2014, ausdrücklich unter Bezugnahme auf die gesetzlichen Grundlagen eine Verzögerungsrüge erhoben. Die Besorgnis bestand, weil der Zulassungsantrag vom 26. Juli 2012 zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als zwei Jahre beim Verwaltungsgerichtshof anhängig war.

2. Nach § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG wird angemessen entschädigt, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter (Satz 2 der Vorschrift).

Der durch eine unangemessene Verfahrensdauer eingetretene immaterielle Nachteil ist nach Maßgabe des § 198 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Satz 3 GVG (mit 100 Euro für jeden Monat der Verzögerung) zu entschädigen.

Die Erfüllung dieser Voraussetzung ist offen.

2.1 Gegenstand des geltend gemachten Entschädigungsanspruchs ist das Berufungszulassungsverfahren vom Zeitpunkt der Stellung des Antrags am 26. Juli 2012 bis zu dessen Beendigung durch den Beschluss vom 26. August 2014, zugestellt am 3. September 2014 (vgl. § 198 Abs. 6 Nr. 1 Halbs. 1 GVG).

Die Dauer des Berufungszulassungsverfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof war bei der gebotenen Gesamtabwägung allenfalls in einem Umfang von 18 Monaten und 22 Tagen unangemessen im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG.

Die Verfahrensdauer ist unangemessen im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG, wenn eine insbesondere an den Merkmalen des § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG ausgerichtete Gewichtung und Abwägung aller bedeutsamen Umstände des Einzelfalles ergibt, dass die aus konventions- und verfassungsrechtlichen Normen (Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten - EMRK - in der Fassung vom 22. Oktober 2010, BGBl II S. 1198, Art. 19 Abs. 4 und Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG) folgende Verpflichtung des Staates, Gerichtsverfahren in angemessener Zeit zum Abschluss zu bringen, verletzt ist. Dabei ist vor allem auch zu prüfen, ob Verzögerungen, die durch die Verfahrensführung des Gerichts eingetreten sind, bei Berücksichtigung des den Berufungszulassungsgerichten insoweit zukommenden Gestaltungsspielraums sachlich gerechtfertigt sind (BVerwG, U. v. 27.2.2014 a. a. O. Rn. 18 m. w. N.). Bei der Beurteilung der Angemessenheit der Verfahrensdauer ist nicht von festen Zeitvorgaben oder abstrakten Orientierungs- bzw. Anhaltswerten auszugehen, sondern eine Einzelfallprüfung vorzunehmen (vgl. BVerwG, U. v. 11.7.2013 - 5 C 23.12 D - BVerwGE 147, 146 Rn. 28 ff. und 5 C 27.12 D - Buchholz 300 § 198 GVG Nr. 2 Rn. 20 ff.; s.a. BVerfG, KB. v. 22.8.2013 - 1 BvR 1067/12 - NJW 2013, 3630).

Das Verfahren hat hier keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufgewiesen. Die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung wurde vom Berufungszulassungsgericht verneint. Der Sachverhalt war überschaubar und zwischen den Verfahrensbeteiligten unstreitig. Letztlich hat der Verwaltungsgerichtshof die Frage, ob erwachsenen Frauen, die von Genitalverstümmelung bedroht sind, bei einer Rückkehr nach Sierra Leone eine inländische Fluchtalternative zur Verfügung steht, nicht für grundsätzlich bedeutsam gehalten, weil das Verwaltungsgericht im angegriffenen Urteil das Bestehen einer inländischen Fluchtalternative unter Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls bejaht hat, da die Klägerin bereits früher in Freetown gelebt habe, daher dorthin zurückkehren könne und ihr dort eine Zwangsbeschneidung nicht drohe. Es hat sich daher um einen allenfalls durchschnittlich schwierigen Fall gehandelt.

Dass das Verfahren war für die Klägerin von hoher persönlicher und emotionaler Bedeutung war, steht außer Frage.

2.1.1 In der Rechtsprechung ist geklärt (vgl. BVerwG, U. v. 26.2.2015 a. a. O. Rn. 37), dass die Verfahrensbeteiligten - abgesehen von der Obliegenheit zur Erhebung der Verzögerungsrüge - grundsätzlich nicht verpflichtet sind, aktiv (durch Aufforderungen) darauf hinzuarbeiten, dass das Gericht das Verfahren in angemessener Zeit zu einem Abschluss bringt. Mit dem in § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG ausdrücklich genannten Kriterium des „Verhaltens der Verfahrensbeteiligten“ ist nicht gemeint, dass die Rechtsschutzsuchenden auf eine Beschleunigung hinwirken oder zumindest nach dem Sachstand fragen müssen. Mangels einer derartigen Pflicht kann ihnen eine diesbezügliche Passivität bei der im Rahmen der Ermittlung der angemessenen Dauer eines Gerichtsverfahrens erforderlichen Prüfung, ob die Verfahrensbeteiligten durch ihr Verhalten eine Verzögerung des Rechtsstreits bewirkt haben, nicht angelastet werden. Die Verpflichtung des Gerichts, das Verfahren in angemessener Zeit zum Abschluss zu bringen, ergibt sich unmittelbar aus der dem Staat obliegenden Justizgewährleistungspflicht, aus dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes und aus Art. 6 Abs. 1 EMRK (BVerwG, U. v. 11.7.2013 - 5 C 27.12 D a. a. O. Rn. 41). Hingegen ist eine Überlastung der Verwaltungsgerichtsbarkeit oder des konkreten Ausgangsgerichts bzw. Spruchkörpers für die Bemessung des richterlichen Gestaltungsspielraums ohne Belang. Sie gehört zu den strukturellen Mängeln, die sich der Staat zurechnen lassen muss und die er zu beseitigen hat (BVerwG, U. v. 27.2.2014 a. a. O. Rn. 28 m. w. N.).

Im Übrigen kann der Klägerin hier nicht angelastet werden, ihrerseits nicht auf eine Beschleunigung hingearbeitet zu haben, als der Verwaltungsgerichtshof das Verfahren nicht betrieben bzw. gefördert hat. Die Klägerin hat hier ausdrücklich und mehrmals unter Hinweis auf die Dauer und die Bedeutung des Verfahrens für die Klägerin auf eine baldige Entscheidung hingewirkt, sie hat nicht nur schriftsätzlich dreimal unter Hinweis auf die Verfahrensdauer nach dem Sachstand gefragt, sondern sich auch telefonisch beim Berichterstatter gemeldet und eine baldige Entscheidung zugesichert bekommen. Von einem „dulde und liquidiere“ kann hier nicht gesprochen werden.

In die einzelfallbezogene Angemessenheitsprüfung wäre hingegen einzustellen, wenn ein Kläger durch sein prozessuales Verhalten eine Verzögerung bewirkt hätte; das war hier nicht der Fall.

2.1.2 Für einen durchschnittlich schwierigen Berufungszulassungsfall hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 27. Februar 2014 (a. a. O.) dem Berufungszulassungsgericht einen Zeitraum von fünf Monaten ab Entscheidungsreife für seine Entscheidung über den Zulassungsantrag zugestanden. Ein kürzerer Zeitraum als die vom Bundesverwaltungsgericht genannten fünf Monate kommt nach Auffassung des Senats auch bei einem Antrag auf Zulassung der Berufung in einem Asylverfahren nicht in Betracht. Allgemein ist die Prüfung der Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 AsylVfG nicht weniger schwierig als die Prüfung des § 124 Abs. 2 VwGO.

Zwar ist auch zu berücksichtigen, dass Asylverfahrensstreitigkeiten grundsätzlich für die Betroffenen existentiell sein können, auch wenn die Klägerin hier „nur“ Abschiebungsschutz begehrt hat. Andererseits hat die Klage in Fällen wie dem vorliegenden gemäß § 75 Abs. 1 i. V. m. § 38 Abs. 1 AsylVfG aufschiebende Wirkung und ist die Klägerin nach dem Bescheid des Bundesamts vom 19. Januar 2012 erst 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens ausreisepflichtig. Daher ergab sich für das Berufungszulassungsgericht keine besondere Verfahrensförderungspflicht im Vergleich zu anderen verwaltungsgerichtlichen Streitigkeiten, die es geboten hätte, das Verfahren gegenüber anderen entscheidungsreifen Verfahren vorzuziehen. Eine besondere Verfahrensförderungspflicht für das Gericht bestand hier auch nicht deswegen, weil der Zeitraum bis zur Entscheidungsreife besonders lang gewesen wäre. Im Gegenteil, er war hier vielmehr besonders kurz.

Entscheidungsreife trat hier am 4. September 2012 ein. Zwar war dem Zulassungsantrag auch eine Begründung beigefügt; jedoch war der (dortigen) Beklagten Gelegenheit zur Stellungnahme zu gewähren. Auch wenn diese in der Regel keine Stellungnahme abgibt und ihr der Zulassungsantrag nur zur Kenntnis übersandt wurde, so war ihr doch rechtliches Gehör zu gewähren. Angemessen für eine etwaige Stellungnahme ist im Berufungszulassungsverfahren eine Frist von vier Wochen nach Eingang des Antrags bei der Beklagten (hier am 7. August 2012).

Der Zeitraum vom 4. September 2012 bis zum Beschluss vom 26. August 2014 beträgt 23 Monate und 22 Tage. Jedenfalls fünf Monate sind dem Gericht für seine Entscheidung zuzubilligen. Die überlange Zeit im Berufungszulassungsverfahren, für die eine immaterielle Entschädigung gewährt werden könnte, beträgt daher allenfalls 19 Monate. Der übliche Zeitraum bis zur Zustellung der Entscheidung ist nicht zum überlangen Zeitraum dazuzuzählen.

2.2 Die sich danach errechnende, sachlich nicht gerechtfertigte Verzögerung des Berufungszulassungsverfahrens im Umfang von allenfalls 18 Monaten und 22 Tagen ist im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung mit Blick auf das zügige erstinstanzliche Verfahren um rund neun Monate zu reduzieren. Denn das Verwaltungsgericht hat den Rechtsstreit etwa neun Monate früher erledigt, als es dies bei Berücksichtigung des ihm zukommenden Gestaltungsspielraums hätte tun müssen, um das Verfahren im Sinne des § 198 Abs. 1 GVG in angemessener Zeit zum Abschluss zu bringen.

Materiellrechtlicher Bezugsrahmen eines Entschädigungsanspruchs, der allein bezüglich der Dauer des Verfahrens in einer von mehreren Instanzen geltend gemacht wird, ist das gesamte verwaltungsgerichtliche Verfahren im Ausgangsrechtsstreit. Ob sich die Verfahrensdauer in einer von mehreren Instanzen als angemessen im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG darstellt, ist materiellrechtlich unter Berücksichtigung der Gesamtdauer des gerichtlichen Verfahrens von dessen Einleitung in der ersten Instanz, hier durch Klageerhebung am 2. Februar 2012, bis zu dessen rechtskräftigem Abschluss in der letzten Instanz, hier durch Beschluss vom 26. August 2014, zu ermitteln (vgl. BVerwG, U. v. 11.7.2013 a. a. O. Rn. 16 f. und 61). Denn auch um dies feststellen zu können, ist grundsätzlich die materiellrechtliche Voraussetzung zu prüfen, ob - mit Blick auf die Gesamtverfahrensdauer - durch die zügige Behandlung der Sache in einer Instanz eine etwaige Überlänge in einer anderen (vorangegangenen oder nachfolgenden) Instanz ganz oder teilweise kompensiert werden kann.

Die am 2. Februar 2012 erhobene Klage, die am 30. März 2012 begründet wurde, war, wiederum unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der (dortigen) Beklagten rechtliches Gehör zu gewähren war, allenfalls Ende April 2012 entscheidungsreif. Für die Entscheidung erster Instanz, für die eine mündliche Verhandlung erforderlich war, ist dem Verwaltungsgericht jedenfalls ein Zeitraum von neun Monaten ab Entscheidungsreife zuzugestehen (vgl. BVerwG, U. v. 27.2.2015 a. a. O. Rn. 45; vgl. auch BSG, U. v. 3.9.2014 - B 10 UG 2/14 R: Zwölfmonatsregel: ein Jahr pro Instanz angemessen; viel längerer Zeitraum BFH, U. v. 7.5.2014 - X K 11/13: Förderungspflicht erst nach zwei Jahren - als reiner Bedenkzeit). Eine besondere Verfahrensförderungspflicht für das Verwaltungsgericht bestand, anders als in dem vom Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 27. Februar 2014 (a. a. O. Rn. 31) entschiedenen Fall hier nicht, da Entscheidungsreife schnell eintrat. Diesen Zeitraum von neun Monaten hat das Verwaltungsgericht nicht nur nicht ausgeschöpft, sondern überhaupt nicht in Anspruch genommen. Das Verwaltungsgericht hat bereits am 25. April 2012, also unmittelbar nach Entscheidungsreife geladen, die mündlichen Verhandlung am 25. Mai 2012 durchgeführt, den Tenor des Urteils noch am selben Tag niedergelegt und das vollständig abgefasste Urteil bereits am 27. Juni 2012 zugestellt. Es gab somit keinen Zeitraum, in dem das Verwaltungsgericht das Verfahren ohne sachlichen Rechtfertigungsgrund nicht gefördert hat (vgl. BVerwG, U. v. 27.2.2015 a. a. O. Rn. 40).

3. Nach § 198 Abs. 2 GVG wird ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß § 198 Abs. 4 GVG ausreichend ist. Wiedergutmachung auf andere Weise ist nach dieser Vorschrift insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind. Ob eine solche Feststellung ausreichend im Sinne des § 198 Abs. 2 Satz 2 GVG ist, beurteilt sich auf der Grundlage einer umfassenden Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalles (vgl. BVerwG, U. v. 11.7.2013 a. a. O. Rn. 57 m. w. N.). Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1.200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.

Insbesondere die Fragen, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen von einer Entschädigung abgesehen und der Entschädigungsbetrag erhöht oder erniedrigt werden kann, sind in der Rechtsprechung noch weitgehend ungeklärt; sie können nach den unter B I. genannten Grundsätzen nicht im Prozesskostenhilfeverfahren geklärt werden.

4. Hinreichende Erfolgsaussichten bestehen auch insoweit, als beantragt wurde, der Klägerin eine Entschädigung für materielle Nachteile nach § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG zu gewähren. Nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Februar 2014 (a. a. O.) stellen die notwendigen Anwaltskosten für die vorprozessuale Verfolgung des Entschädigungsanspruchs gegenüber dem jeweils haftenden Rechtsträger einen materiellen Nachteil im Sinne des § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG dar.

Die Klägerin hat jedoch allenfalls Anspruch auf eine gegenüber dem geltend gemachten Anspruch in der Höhe verminderte Geschäftsgebühr nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG i. V. m. VV RVG 2300 (Anlage 1 zum RVG) und der Anlage 2 zu § 13 Abs. 1 RVG.

Die Verminderung ergibt sich bereits daraus, dass der geltend gemachte Anspruch allenfalls in Höhe von 1.000 Euro besteht, wie unter Nr. 2 ausgeführt. Schon dadurch vermindert sich die 1,3-fache Gebühr aus einem Betrag von 1.000 Euro auf 104 Euro (80 Euro nach Anlage 2 zum RVG x 1,3), zuzüglich 20 Euro pauschal (Nr. 7002 VV RVG) und 19% Umsatzsteuer, also insgesamt 147,76 Euro.

Zwar wird diese Gebühr im Ergebnis gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG jedenfalls zur Hälfte (ohne Auslagenpauschale) auf die Verfahrensgebühr für die nachfolgende Klage angerechnet. Nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Februar 2014 (a. a. O.) kann dennoch zunächst die volle Summe im Klageweg geltend gemacht werden (vgl. auch § 15a Abs. 1 RVG).

5. Auch der Verzinsungsanspruch besteht nur zum Teil. Eine Verzinsung des Entschädigungsbetrages kann im Verwaltungsprozess nur unter dem Gesichtspunkt der Prozesszinsen verlangt werden (BVerwG, U. v. 27.2.2014 a. a. O.). Ein Anspruch auf Verzugszinsen in analoger Anwendung der bürgerlich-rechtlichen Vorschrift des § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn es sich bei der öffentlich-rechtlichen Forderung um eine Entgeltforderung handelt, d. h. um eine vertragliche Leistungspflicht, die in einem Gegenseitigkeitsverhältnis zur Leistungspflicht des anderen Vertragspartners steht. Denn insoweit besteht kein entscheidender Unterschied zu bürgerlich-rechtlichen Rechtsbeziehungen (vgl. BVerwG, U. v. 30.6.2011 - 3 C 30.10 - Buchholz 428.2 § 8 VZOG Nr. 13 Rn. 20 m. w. N.). Diese Voraussetzungen erfüllt der Entschädigungsanspruch nach § 198 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 GVG als gesetzlicher Anspruch nicht. In allen anderen Fällen können Verzugszinsen bei öffentlich-rechtlichen Geldforderungen nur aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Grundlage gefordert werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gibt es keinen allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsrechts, der zur Zahlung von Verzugszinsen verpflichtet (vgl. z. B. U. v. 26.7.2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 46 m. w. N.). In Bezug auf den Entschädigungsanspruch nach § 198 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 GVG fehlt es an einer ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmung über die Zahlung von Verzugszinsen. Der für den immateriellen Nachteil zuerkannte Entschädigungsbetrag ist jeweils ab Eintritt der Rechtshängigkeit mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen. Nach den auch im Verwaltungsprozess anwendbaren Vorschriften der § 291 Satz 1 i. V. m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB sind Prozesszinsen immer dann zu zahlen, wenn das einschlägige Fachrecht - so wie hier die §§ 198 ff. GVG - keine abweichende Regelung trifft und die Geldforderung - wie hier - eindeutig bestimmt ist (vgl. BVerwG, U. v. 26.7.2012 a. a. O. Rn. 47 m. w. N.).

III.

Soweit danach die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe vorliegen, ist der Klägerin auch nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. v. mit § 121 Abs. 2 ZPO ihr Rechtsanwalt beizuordnen.

IV. Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht. Weder fallen Gerichtskosten an, noch werden dem Gegner entstandene Kosten erstattet (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO). Daher ist auch eine Streitwertfestsetzung entbehrlich.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

1. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 25. Juni 2010 - II-12 WF 102/10 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht Hamm zurückverwiesen.

Soweit die Verfassungsbeschwerde sich gegen den Beschluss des Amtsgerichts Borken vom 25. März 2010 - 34 F 29/10 - richtet, wird sie nicht zur Entscheidung angenommen.

2. Das Land Nordrhein-Westfalen hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten. Damit erledigt sich der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts.

3. Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 8.000 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.

Gründe

A.

1

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Versagung von Verfahrenskostenhilfe in einem abstammungsrechtlichen Verfahren.

I.

2

Die 1950 nichtehelich geborene Beschwerdeführerin geht davon aus, die biologische Tochter des Antragsgegners des Ausgangsverfahrens zu sein, den ihre Mutter ihr gegenüber als Vater benannt und der ihre Geburt gegenüber dem Standesamt angezeigt hatte. Ein erstes Verfahren zur Feststellung der Vaterschaft des Antragsgegners des Ausgangsverfahrens blieb 1955 erfolglos, nachdem ein anthropologisch-erbbiologisches Gutachten die Vaterschaft anhand äußerer Merkmale der Beschwerdeführerin und deren Vererbungswahrscheinlichkeit verneint hatte.

3

Der Verfassungsbeschwerde liegt ein Antrag der Beschwerdeführerin zugrunde, die Einwilligung des Antragsgegners des Ausgangsverfahrens in eine genetische Abstammungsuntersuchung zu ersetzen und ihn zur Duldung der Probenentnahme zu verpflichten. Dabei stützte sie sich ausdrücklich nicht auf § 185 FamFG, der die Wiederaufnahme rechtskräftig abgeschlossener Abstammungsverfahren regelt und dessen Voraussetzungen unstreitig nicht erfüllt sind. Sie begehrte vielmehr die Anwendung von § 1598a BGB, der die rechtsfolgenlose Klärung der biologischen Abstammungsverhältnisse ermöglicht. Diese Vorschrift gewähre zwar ihrem Wortlaut nach Kindern keinen Klärungsanspruch gegen ihre mutmaßlichen biologischen, aber nicht rechtlichen Väter. Jedoch gewähre das allgemeine Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG ebenso wie Art. 8 EMRK das Recht, die eigene biologische Abstammung zu erfahren. Dieses Grundrecht werde durch die in § 1598a BGB enthaltene Begrenzung des Klärungsanspruchs auf die Mitglieder der rechtlichen Familie eingeschränkt. Eine solche Beschränkung sei nur zu rechtfertigen, soweit sie in verhältnismäßiger Weise der Wahrung des Familienfriedens der sozialen rechtlichen Familie diene. Gingen dagegen von einer Abstammungsuntersuchung, wie in ihrem Fall, keine Gefahren für eine schützenswerte familiäre Beziehung aus, sei es verfassungswidrig, mutmaßliche Kinder vom Recht auf eine Abstammungsuntersuchung auszuschließen. Daher müsse sie im Wege der verfassungs- und EMRK-konformen Auslegung des § 1598a BGB, die hier möglich sei, in den Kreis der Klärungsberechtigten einbezogen werden. Sollte das Gericht eine verfassungskonforme Auslegung nicht für möglich halten, möge es die Frage dem Bundesverfassungsgericht vorlegen.

4

Mit einem weiteren Schriftsatz beantragte die Beschwerdeführerin die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe.

5

Mit Beschluss vom 25. März 2010 wies das Amtsgericht Borken den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht in der Hauptsache zurück. Nach dem klaren Wortlaut gewähre § 1598a BGB keinen Klärungsanspruch des Kindes gegen den vermeintlichen biologischen Vater. Eine verfassungskonforme Auslegung zugunsten der Beschwerdeführerin sei im vorliegenden Fall nicht geboten, weil die Frage ihrer Abstammung vom Antragsgegner des Ausgangsverfahrens bereits 1955 gerichtlich geprüft und rechtskräftig negativ beschieden worden sei.

6

In ihrer sofortigen Beschwerde rügte die Beschwerdeführerin, das Amtsgericht habe die Erfolgsaussichten zu Unrecht verneint. Das 1955 durchgeführte Vaterschaftsfeststellungsverfahren stehe dem aktuellen Antrag unter anderem deshalb nicht entgegen, weil sie gar keine Durchbrechung der Rechtskraft des alten Urteils zur rechtlichen Vaterschaft begehre, sondern eine Abstammungsklärung nach § 1598a BGB ohne statusrechtliche Konsequenzen anstrebe. Bei Erlass des § 1598a BGB habe der Gesetzgeber sich zwar ausdrücklich gegen einen rechtsfolgenlosen Klärungsanspruch des mutmaßlichen biologischen, aber nicht rechtlichen Vaters ausgesprochen, weil diesem nur dann das Recht eingeräumt werden sollte, die Abstammung eines Kindes von seinem rechtlichen Vater in Zweifel zu ziehen, wenn er gleichzeitig bereit sei, in die Stellung des rechtlichen Vaters einzurücken. Die Situation möglicher biologischer, aber nicht rechtlicher Kinder sei hingegen im Gesetzgebungsverfahren nicht thematisiert worden. Auch die Verweisung auf die damalige Abstammungsuntersuchung gehe fehl. Denn das 1955 eingeholte anthropologisch-erbbiologische Gutachten sei nicht nur nach heutigen wissenschaftlichen Maßstäben überholt, der damalige Gutachter müsse außerdem entweder bereits im Nationalsozialismus als Erbbiologe tätig oder bei Erstellung des Gutachtens noch ein junger und unerfahrener Arzt gewesen sein.

7

Das Oberlandesgericht Hamm wies die sofortige Beschwerde mit Beschluss vom 25. Juni 2010 mangels Erfolgsaussicht in der Hauptsache zurück. Es könne offen bleiben, ob das Urteil aus dem Jahr 1955 dem Anspruch entgegenstehe; dagegen könne immerhin sprechen, dass es bei dem jetzigen Begehren der Beschwerdeführerin nicht um die rechtliche Vaterschaft gehe, sondern allein um ihre biologische Abstammung. Jedenfalls aber lasse sich der Anspruch aus § 1598a BGB nicht herleiten. Insoweit könne auch eine - gegebenenfalls verfassungskonforme - Auslegung der Beschwerdeführerin nicht helfen. Selbst wenn es verfassungswidrig sei, der Beschwerdeführerin den geltend gemachten Anspruch zu versagen, liege kein Fall vor, in dem das Verfahren nach Art. 100 GG auszusetzen sei. Denn unterlassene Gesetzgebungsakte - hier: das Schaffen einer Rechtsgrundlage für das Begehren der Beschwerdeführerin - könnten nicht vorgelegt werden. Ein Verstoß gegen Art. 3 GG, der einer Richtervorlage zugänglich sei, liege hier nicht vor, es gehe allein um die Frage, ob das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG gebiete, der Beschwerdeführerin die Klärung ihrer Abstammung zu ermöglichen.

II.

8

1. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihres Anspruchs auf Rechtsschutzgleichheit aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG und eine Verletzung ihres Rechts auf Kenntnis der eigenen Abstammung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG sowie aus Art. 8 EMRK in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.

9

Sie sei in ihrem Anspruch auf Rechtsschutzgleichheit verletzt, weil die Gerichte die Anforderungen an die Erfolgsaussicht ihres Antrags überspannt hätten. Das Verfahren werfe die schwierige, bislang ungeklärte Rechtsfrage auf, ob eine verfassungs- und EMRK-konforme Auslegung des § 1598a BGB möglich und geboten sei. Der Wortlaut des § 1598a BGB sei weniger eindeutig als in den angegriffenen Entscheidungen angenommen. In diesen Fällen sei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Verfahrenskostenhilfe zu gewähren.

10

Die Gerichte hätten ihr Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung, das als Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG wie auch durch das Recht auf Achtung des Privatlebens nach Art. 8 EMRK geschützt werde, bei der Auslegung und Anwendung des § 1598a BGB nicht ausreichend berücksichtigt.

11

2. Das Land Nordrhein-Westfalen hat sich nicht zur Verfassungsbeschwerde geäußert. Der Antragsgegner des Ausgangsverfahrens hält die angegriffenen Entscheidungen für richtig.

12

3. Die Akten des Ausgangsverfahrens lagen dem Bundesverfassungsgericht vor.

B.

13

1. Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung der Rechte der Beschwerdeführerin aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG).

14

Die Voraussetzungen für eine Stattgabe durch die Kammer (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG) sind erfüllt, weil die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden sind und die Verfassungsbeschwerde zulässig und offensichtlich begründet ist.

15

Der Beschluss des Oberlandesgerichts verkennt hinsichtlich der Voraussetzungen für die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe den Gehalt des Rechts auf Rechtsschutzgleichheit und verletzt die Beschwerdeführerin dadurch in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.

16

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebietet Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes (vgl. BVerfGE 9, 124 <131>; stRspr). Zwar ist es verfassungs-rechtlich unbedenklich, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Die Prüfung der Erfolgsaussichten soll jedoch nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Prozesskostenhilfeverfahren will den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht selbst bieten, sondern zugänglich machen (vgl. BVerfGE 81, 347 <357>).

17

Auslegung und Anwendung der §§ 114 f. ZPO obliegen dabei in erster Linie den zuständigen Fachgerichten. Verfassungsrecht wird jedoch dann verletzt, wenn die angegriffene Entscheidung Fehler erkennen lässt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung der in Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verbürgten Rechtsschutzgleichheit beruhen. Die Fachgerichte überschreiten den Entscheidungsspielraum, der ihnen bei der Auslegung des gesetzlichen Tatbestandsmerkmals der hinreichenden Erfolgsaussicht verfassungsrechtlich zukommt, wenn sie einen Auslegungsmaßstab verwenden, durch den einer unbemittelten Partei im Vergleich zur bemittelten die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung unverhältnismäßig erschwert wird.

18

Hiernach dürfen schwierige, bislang ungeklärte Rechts- und Tatfragen nicht im Prozesskostenhilfeverfahren entschieden werden, sondern müssen auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung zugeführt werden können (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 14. Juli 1993 - 1 BvR 1523/92 -, NJW 1994, S. 241 <242>). Zwar muss Prozesskostenhilfe nicht immer schon dann gewährt werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage noch nicht höchstrichterlich geklärt ist. Die Ablehnung der Gewährung kann ungeachtet des Fehlens einschlägiger höchstrichterlicher Rechtsprechung gerechtfertigt sein, wenn die Rechtsfrage angesichts der gesetzlichen Regelung oder im Hinblick auf Auslegungshilfen, die von bereits vorliegender Rechtsprechung bereitgestellt werden, ohne Schwierigkeiten beantwortet werden kann (vgl. BVerfGE 81, 347 <359>). Ist dies nicht der Fall und steht eine höchstrichterliche Klärung noch aus, ist es mit dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit hingegen nicht zu vereinbaren, der unbemittelten Partei wegen fehlender Erfolgsaussichten ihres Begehrens Prozesskostenhilfe vorzuenthalten (vgl. BVerfGE 81, 347 <359>). Ansonsten würde der unbemittelten Partei im Gegensatz zu der bemittelten die Möglichkeit genommen, ihren Rechtsstandpunkt im Hauptsacheverfahren darzustellen und von dort aus in die höhere Instanz zu bringen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 10. August 2001 - 2 BvR 569/01 -, DVBl 2001, S. 1748 <1750>; BVerfGK 8, 213 <217>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Februar 2008 - 1 BvR 1807/07 -, NJW 2008, S. 1060 <1061>).

19

Die Erfolgsaussichten werden im Fall einer ungeklärten Rechtslage auch dann in verfassungswidriger Weise verneint, wenn das Fachgericht im Prozesskostenhilfeverfahren der Frage der Verfassungsmäßigkeit einer entscheidungserheblichen Norm nur deshalb keine Bedeutung für die Erfolgsaussicht im Hauptsacheverfahren beimisst, weil es irrtümlich davon ausgeht, die verfassungsrechtliche Frage könne im Hauptsacheverfahren einer Klärung im Wege des Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG durch das Bundesverfassungsgericht nicht zugeführt werden. Spricht das Fachgericht der für die Erfolgsaussicht des Begehrens erheblichen Frage der Verfassungsmäßigkeit einer Norm die fachgerichtliche Entscheidungsrelevanz in der unzutreffenden Annahme ab, die Verfassungswidrigkeit sei aus verfassungsprozessrechtlichen Gründen ohnehin nicht feststellbar, trifft es die fachrechtlich gebotene, überschlägige Beurteilung der Erfolgsaussicht auf fehlerhafter Grundlage. Damit wird der unbemittelten Partei im Gegensatz zu der bemittelten die Möglichkeit genommen, ihren Rechtsstandpunkt im Hauptsacheverfahren darzustellen und darauf hinzuwirken, dass er von dort gegebenenfalls im Wege des Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG vor das Bundesverfassungsgericht gebracht wird.

20

b) Danach hätte das Oberlandesgericht der Beschwerdeführerin die Verfahrenskostenhilfe nicht mit der gewählten Begründung verweigern dürfen.

21

Das Oberlandesgericht nimmt aufgrund unzutreffender Erwägungen an, die von der Beschwerdeführerin aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen könnten mangels prozessualer Klärungsmöglichkeit schon deshalb nicht im Sinne der Beschwerdeführerin entschieden werden, weil eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG nicht möglich sei. Zwar geht das Oberlandesgericht zu Recht davon aus, dass schlichtes gesetzgeberisches Unterlassen nicht Gegenstand einer Vorlage sein kann (vgl. E. Klein, in: Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht, 3. Aufl. 2012, § 24 Rn. 790; Dollinger, in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. Aufl. 2005, § 80 Rn. 45). Dagegen ist eine Vorlage aber möglich, wenn der Gesetzgeber auf einem Rechtsgebiet bereits tätig geworden ist und ein Gericht die geschaffenen Vorschriften angesichts einer grundrechtlichen Schutzpflicht für unzureichend hält (vgl. Dollinger, in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. Aufl. 2005, § 80 Rn. 46 f.; Ulsamer, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 80 Rn. 140 ff. ). Entsprechend hält das Bundesverfassungsgericht Vorlagen auch dann für zulässig, wenn das vorlegende Gericht die unterlassene Einbeziehung weiterer Tatbestände in eine begünstigende Regelung als Verletzung staatlicher Schutzpflichten betrachtet (vgl. nur BVerfGE 112, 74; 117, 316; 127, 263).

22

c) Die Entscheidung des Oberlandesgerichts beruht auf dem Verstoß. Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Gericht bei Beachtung der sich aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG ergebenen Anforderungen zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre.

23

2. Soweit die Beschwerdeführerin außerdem eine Verletzung ihres durch das Grundgesetz und die Europäische Konvention für Menschenrechte garantierten Rechts auf Kenntnis der eigenen Abstammung rügt, ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig, weil die Beschwerdeführerin nicht darlegt, inwiefern sie durch die Versagung der Verfahrenskostenhilfe ausnahmsweise in diesem Recht verletzt sein könnte. Insoweit wird sie auf das vorrangige fachgerichtliche Hauptsacheverfahren verwiesen, mit dem sie ihren Anspruch auf rechtsfolgenlose Klärung ihrer Abstammung verfolgt und das, soweit aus den Akten ersichtlich, noch nicht abgeschlossen ist.

24

3. Die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Borken vom 25. März 2010 wird nicht zur Entscheidung angenommen. Durch die Aufhebung der Entscheidung des Oberlandesgerichts ist der fachgerichtliche Rechtsweg wieder eröffnet. Von einer weiteren Begründung wird insoweit gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

25

4. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG. Der erfolglose Teil der Verfassungsbeschwerde ist von untergeordneter Bedeutung, so dass trotz teilweisen Unterliegens der Beschwerdeführerin die vollständige Erstattung ihrer Auslagen anzuordnen ist.

26

Die Entscheidung über den Gegenstandswert beruht auf § 37 Abs. 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG.

27

5. Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und auf Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Verfassungsbeschwerdeverfahren erledigt sich dadurch, dass das Land Nordrhein-Westfalen zur Kostenerstattung verpflichtet wird (vgl. zur Prozesskostenhilfe BVerfGE 105, 239 <240>).

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:

1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe;
2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind;
3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird;
4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn
a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und
b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
als eine bestimmte soziale Gruppe kann auch eine Gruppe gelten, die sich auf das gemeinsame Merkmal der sexuellen Orientierung gründet; Handlungen, die nach deutschem Recht als strafbar gelten, fallen nicht darunter; eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe kann auch vorliegen, wenn sie allein an das Geschlecht oder die geschlechtliche Identität anknüpft;
5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.

(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.

(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die

1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder
2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,
2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,
3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen,
6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er

1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und
2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 28. Mai 2015 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 27. November 2014 ist unbegründet, weil die geltend gemachten Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG nicht vorliegen.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36).

Der Kläger hält für klärungsbedürftig, ob

1. derzeit in der Provinz N. von einem internen bewaffneten Konflikt im Sinne des Art. 15 c QRL auszugehen ist, der so massiv ist, dass grundsätzlich für alle Personen eine individuelle Gefahr für Leib und Leben durch willkürliche Gewalt besteht;

2. bei jungen Männern im wehrfähigen Alter eine Gefährdung durch Zwangsrekrutierung als mögliche Gruppenverfolgung i. S. d. § 60 Abs. 1 AufenthG besteht;

3. ob angesichts der neuen Entwicklungen in Afghanistan die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, wonach bei jungen arbeitsfähigen männlichen Afghanen ohne Familienverantwortung grundsätzlich nicht von einer Extremgefahr i. S. d. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG auszugehen ist, noch aufrechterhalten werden kann.

Gemäß dem UNHCR-Bericht vom August 2014 (Darstellung allgemeiner Aspekte hinsichtlich der Situation in Afghanistan - Erkenntnisse u. a. aus den UNHCR-Richtlinien 2013), des IRIN-Berichts vom April 2014 und des UNAMA-Berichts vom Juli 2014 sei für ganz Afghanistan von einer weiteren Verschlechterung der Sicherheitslage und der Situation von Zivilpersonen auszugehen. Die Zahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle sei in letzter Zeit stark angestiegen. Junge Männer im wehrfähigen Alter seien als potentielle Kämpfer dem Risiko der Zwangsrekrutierung durch Taliban ausgesetzt, teilweise sogar durch die afghanische Polizei. In der Provinz N. habe eine erhebliche Verschärfung der Lage stattgefunden, so dass nunmehr die Annahme einer Extremgefahr i. S. d. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG [a. F.] gerechtfertigt sei. Außerdem sei eine Extremgefahr i. S. d. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG gegeben. Junge arbeitsfähige männliche Afghanen könnten als Tagelöhner nur dann das Existenzminimum erlangen, wenn sie ihre Arbeitskraft voll und ungestört einsetzen können. Dies sei aber wegen der zu befürchtenden Rekrutierungsversuche von Aufständischen nicht gewährleistet.

Die Frage zu 1. ist nicht klärungsbedürftig, weil sie für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht von Bedeutung war. Die Zuerkennung subsidiären Schutzes aufgrund eines bewaffneten Konflikts nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG i. V. m. § 60 Abs. 2 AufenthG (in der jeweils seit 1.12.2013 geltenden Fassung) ist unionsrechtlicher Natur. Hierbei handelt es sich um einen eigenen Streitgegenstand, der von dem nationalen Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu unterscheiden ist (vgl. BVerwG, U. v. 8.9.2011 - 10 C 14.10 - BVerwGE 140, 319). Da der Kläger im vorliegenden Fall die Klage zurückgenommen hatte, soweit sie nicht den nationalen Abschiebungsschutz betraf (s. Bl. 2 und Bl. 71 der VG-Akte), war über subsidiären Schutz nicht zu entscheiden.

Die Frage zu 2. ist nicht klärungsbedürftig bzw. nicht klärungsfähig. Soweit sich die Antragsbegründung auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft wegen einer möglichen Gruppenverfolgung nach § 3 Abs. 1, § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylVfG bezieht, war die aufgeworfene Frage infolge der Klagerücknahme nicht entscheidungserheblich. Insofern als sich die Frage einer Gefährdung durch Zwangsrekrutierung auf den nationalen Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 AufenthG i. V. m. Art. 3 EMRK (unmenschliche oder erniedrigende Behandlung) bezieht, lässt sie sich nicht in verallgemeinerungsfähiger Weise beantworten, weil die konkreten Umstände des Einzelfalls ausschlaggebend sind (BVerwG, U. v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - BVerwGE 136, 360 Rn. 29; BayVGH, B. v. 9.1.2015 - 13a ZB 14.30449 - juris).

Der Hinweis des Klägers auf den UNHCR-Bericht vom August 2014 („3. Potentielle Risikoprofile von Schutzsuchenden“) vermag die Zulassung der Berufung ebenfalls nicht zu rechtfertigen. UNHCR empfiehlt eine besonders sorgfältige Prüfung der Asylanträge bestimmter Risikogruppen, zu denen auch Männer und Jungen im wehrfähigen Alter zählten. Diese könnten auf internationalen Schutz angewiesen sein. Damit wird jedoch deutlich, dass es auf die spezifischen Umstände des Einzelfalls ankommt.

Auch die Frage zu 3. ist nicht erneut klärungsbedürftig. Durch die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist geklärt, dass für aus dem europäischen Ausland zurückkehrende afghanische Staatsangehörige angesichts der aktuellen Auskunftslage im Allgemeinen derzeit nicht von einer extremen Gefahrenlage auszugehen ist, die zu einem Abschiebungsverbot in entsprechender Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde (BayVGH, U. v. 12.2.2015 - 13a B 14.30309 - juris; U. v. 30.1.2014 - 13a B 13.30279 - juris; U. v. 24.10.2013 - 13a B 13.30031 - juris = KommunalPraxisBY 2014, 62 -LS-; U. v. 22.3.2013 - 13a B 12.30044 - juris = AuAS 2013, 119 -LS-). Der Verwaltungsgerichtshof geht, worauf sich auch das Verwaltungsgericht bezieht (UA S. 9), davon aus, dass ein arbeitsfähiger, gesunder Mann regelmäßig auch ohne nennenswertes Vermögen im Fall einer zwangsweisen Rückführung in sein Heimatland Afghanistan in der Lage wäre, durch Gelegenheitsarbeiten in seiner Heimatregion oder in Kabul ein kleines Einkommen zu erzielen und damit wenigstens ein Leben am Rande des Existenzminimums zu bestreiten. Im Übrigen hängt es wesentlich von den Umständen des Einzelfalls ab, wann allgemeine Gefahren von Verfassungs wegen zu einem Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen; es entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen Betrachtung (BVerwG, U. v. 29.6.2010 - 10 C 10.09 - BVerwGE 137, 226 = NVwZ-RR 2011, 48). Gemäß den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom August 2013 (HCR/EG/AFG/13/01) haben alleinstehende leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter die Chance, ohne externe Unterstützung das Existenzminimum zu erlangen (a. a. O., S. 9). Im Übrigen hat der Kläger keinen substantiierten Hinweis für seine Annahme gegeben, dass die Aktualität der vom Verwaltungsgerichtshof laufend ausgewerteten und zugrunde gelegten Auskünfte zweifelhaft sein könnte (vgl. BVerwG, B. v. 27.3.2013 - 10 B 34.12 - NVwZ-RR 2013, 620). Es gibt auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass etwaige Zwangsrekrutierungsversuche durch Aufständische die Chance, in Kabul als Tagelöhner zu arbeiten, vereiteln würden. Gemäß den Erkenntnissen von UNHCR (a. a. O., S. 45) kommen Rekrutierungsversuche regierungsfeindlicher Kräfte in Gebieten vor, welche ihrer tatsächlichen Kontrolle unterliegen oder die zwischen der Regierung und den Aufständischen umkämpft sind. Dies ist in Kabul nicht der Fall. Der Hinweis von UNHCR auf Berichte über Pressionsversuche in einzelnen Distrikten von drei Provinzen seitens der lokalen afghanischen Polizei (a. a. O., S. 46) bezog sich nicht auf die Zentralregion mit Kabul oder die Ostregion mit Nangarhar, ist also ohnehin nicht entscheidungserheblich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylVfG.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet.

(2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.

(3) Ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen.

(4) Wenn besondere Umstände dies erfordern, kann der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten beigeordnet werden.

(5) Findet die Partei keinen zur Vertretung bereiten Anwalt, ordnet der Vorsitzende ihr auf Antrag einen Rechtsanwalt bei.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Dem Gegner ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, ob er die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für gegeben hält, soweit dies aus besonderen Gründen nicht unzweckmäßig erscheint. Die Stellungnahme kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. Das Gericht kann die Parteien zur mündlichen Erörterung laden, wenn eine Einigung zu erwarten ist; ein Vergleich ist zu gerichtlichem Protokoll zu nehmen. Dem Gegner entstandene Kosten werden nicht erstattet. Die durch die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen nach Absatz 2 Satz 3 entstandenen Auslagen sind als Gerichtskosten von der Partei zu tragen, der die Kosten des Rechtsstreits auferlegt sind.

(2) Das Gericht kann verlangen, dass der Antragsteller seine tatsächlichen Angaben glaubhaft macht, es kann insbesondere auch die Abgabe einer Versicherung an Eides statt fordern. Es kann Erhebungen anstellen, insbesondere die Vorlegung von Urkunden anordnen und Auskünfte einholen. Zeugen und Sachverständige werden nicht vernommen, es sei denn, dass auf andere Weise nicht geklärt werden kann, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint; eine Beeidigung findet nicht statt. Hat der Antragsteller innerhalb einer von dem Gericht gesetzten Frist Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet, so lehnt das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe insoweit ab.

(3) Die in Absatz 1, 2 bezeichneten Maßnahmen werden von dem Vorsitzenden oder einem von ihm beauftragten Mitglied des Gerichts durchgeführt.