Verwaltungsgericht München Urteil, 17. Aug. 2015 - M 17 K 15.1706

bei uns veröffentlicht am17.08.2015

Gericht

Verwaltungsgericht München

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht München

Aktenzeichen: M 17 K 15.1706

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 17. August 2015

17. Kammer

Sachgebiets-Nr. 1335

Hauptpunkte:

Beihilfe;

fehlende Apothekenpflicht;

Nahrungsergänzungsmittel

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Klägerin -

bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

gegen

Freistaat Bayern vertreten durch: Landesamt für Finanzen Dienststelle Ansbach Bezügestelle Brauhausstr. 18, 91522 Ansbach

- Beklagter -

wegen Beihilfe

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 17. Kammer,

durch die Richterin am Verwaltungsgericht ... als Einzelrichterin, ohne mündliche Verhandlung am 17. August 2015 folgendes Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin ist beihilfeberechtigt mit einem Bemessungssatz von 70%. Mit Formblatt vom ... März 2015 beantragte sie u. a. die Gewährung von Beihilfe für Aufwendungen für zwei Rezepte vom ... März 2015. Hinsichtlich des ersten Rezeptes über 339,80 € wurde mit Bescheid vom ... März 2015 die Beihilfefähigkeit lediglich in Höhe von 144,92 € anerkannt und dementsprechend eine Beihilfe in Höhe von 92,44 € gewährt. Bezüglich der Aufwendungen für „Methylcobalamin Kapseln“ (194,88 €) verneinte der Beklagte die Beihilfefähigkeit. Zur Begründung wurde darauf hingewiesen, dass Mittel, die geeignet seien, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen (z. B. Lebensmittel, Diätkost, ballaststoffreiche Kost, glutenfreie Nahrung, Säuglingsfrühnahrung, Mineral- und Heilwässer, medizinische Körperpflegemittel und dergleichen), nicht beihilfefähig seien (§ 18 Satz 4 Nr. 2 BayBhV). Dies schließe auch Vitamine als Monopräparate und Kombinationen, Mineralstoffe, Mineralstoffkombinationen und Kombinationen von Mineralstoffen mit Vitaminen ein. Für „Vitasprint B12 Trinkampullen“ (181,44 €), die mit dem zweiten Rezept verordnet wurden, wurde die Beihilfefähigkeit ebenfalls verneint. Beihilfe könne nicht gewährt werden, da es sich um kein apothekenpflichtiges Arzneimittel nach § 2 AMG handle (§ 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV).

Mit Schreiben vom ... März 2015, beim Beklagten eingegangen am 30. März 2015, legte die Klägerin hiergegen Widerspruch ein, wobei sie sich zur Begründung auf ein beigefügtes Attest von Dr. med. ... (Neurologe) vom ... April 2012 bezog. Danach bestehe bei der Klägerin ein B12-Mangelsyndrom und eine Homocysteinämie, welche blutchemisch nachgewiesen worden seien. Zusätzlich bestehe eine Immunschwäche, derentwegen das Präparat Unizink unabdingbar zur Einnahme notwendig sei, um Infekte fernzuhalten, insbesondere Virusinfekte. Es wurde darauf aufmerksam gemacht, dass im Falle von Schäden, die ohne Berücksichtigung der ärztlichen Maßnahmen unausweichlich seien, und zwar eine funiculäre Myelose, ein Schlaganfall oder ein Herzinfarkt, von Seiten der Klägerin ein Leistungsanspruch an den Kostenträger bestehe zur Übernahme der Kosten für unterlassene Hilfeleistungen.

Diesem Widerspruch wurde mit Bescheid vom ... April 2015 nicht stattgegeben. Im Gegensatz zu früheren Beihilfefestsetzungen sei die Frage, ob „Vitasprint B12 Trinkampullen“ oder andere Präparate apothekenpflichtige Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes seien, nun durch die zwingend notwendige Angabe der PZN (Pharmazentralnummer) zu jedem verordneten Mittel treffend zu beantworten. Es habe festgestellt werden können, dass es sich bei „Methylcobalamin Kapseln“ nicht um ein Arzneimittel handele. Für „Vitasprint B12 Trinkampullen“ liege der Arzneimittelstatus zwar vor. Eine Apothekenpflicht für dieses Arzneimittel bestehe jedoch nicht. Die Aufwendungen für die Präparate seien daher jeweils nicht beihilfefähig, auch wenn die Mittel zur Behandlung einer Erkrankung verordnet und verwendet worden seien.

Mit Schriftsatz vom ... April 2015, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München eingegangen am selben Tag, erhoben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin hiergegen Klage und beantragten,

den Widerspruchsbescheid vom ... April 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Beihilfe entsprechend dem Antrag der Klägerin vom ... März 2015 zu bewilligen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Präparate „Vitasprint B12 Trinkampullen“ und „Methylcobalamin“ beihilfefähig seien, da diese dem Grunde nach medizinisch notwendig und der Höhe nach angemessen seien. Die Präparate seien der Klägerin aus Anlass einer Krankheit schriftlich verordnet worden, da bei der Klägerin ein B12-Mangelsyndrom bestehe. Auf die Ausführungen im Widerspruchsverfahren, auf das fachärztliche Attest vom ... April 2012 sowie ein weiteres Attest vom ... November 2010 wurde Bezug genommen. In Letzterem wurde festgestellt, dass bei der Klägerin ein B12-Mangelsyndrom bei einer Polyneuropathie bestehe, die im Zusammenhang mit viralen Infekten und Schwermetall-Intoxikationen stehe. Um der Klägerin unliebsame Folgeerkrankungen zu ersparen, sei eine Medikation mit B12 Vitasprint-Trinkampullen und Folsäure mit Folsan 5 mg aus ärztlicher Indikation zwingend notwendig. Eine Alternative bestehe nicht. Die Klägerin müsse außerdem wegen einer Immunschwäche Vivaglobin erhalten, um bei ihr erneute virale Infekte und deren Folgen zu verhindern.

Der Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Nach § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV in der seit 1. Oktober 2014 geltenden Fassung seien schriftlich verordnete Arzneimittel nach § 2 des Arzneimittelgesetzes nur dann beihilfefähig, wenn diese apothekenpflichtig seien. Da es dem Präparat „Vitasprint B12-Trinkampullen“ an der Apothekenpflicht fehle, handele es sich auch um kein beihilfefähiges Arzneimittel. Die der Klage beigefügten fachärztlichen Atteste führten zu keinem anderen Ergebnis. Denn die noch zur Rechtslage vor Beschaffung des streitgegenständlichen Präparats erstellten Atteste führten wegen der fehlenden Apothekenpflicht auch dann nicht zur Beihilfefähigkeit, wenn die Präparate schriftlich verordnet und zur Behandlung einer Erkrankung verwendet würden. Ebenso wenig könne sich die Klägerin aufgrund der früheren Beihilfeleistungen zu dem Präparat auf Vertrauensschutzgesichtspunkte berufen, da sie im Bescheid vom ... Februar 2015 ausdrücklich auf die neue Rechtslage hingewiesen worden sei.

Beim Präparat „Methylcobalamin Kapseln“ stehe eine Berücksichtigung § 18 Satz 4 Nr. 2 BayBhV entgegen, wonach Mittel, die geeignet seien, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen, nicht beihilfefähig seien. Darunter fielen u. a. sogenannte Nahrungsergänzungsmittel. Um ein solches handele es sich im Streitfall. Bereits auf ihrer Homepage stelle sich die Herstellerfirma als „professionellen Anbieter hochwertiger, orthomolekularer Nahrungsergänzungsmittel“ dar. Entsprechend beschreibe die Produktinformation zu „Methylcobalamin Kapseln“ den rechtlichen Status des Präparats als Nahrungsergänzungsmittel. Auch die Tatsache, dass der Hersteller eine Verzehrempfehlung statt einer Dosierempfehlung gebe, spreche für ein ergänzendes Lebensmittel. Im Ausnahmefall könne es sich zwar auch bei einem Nahrungsergänzungsmittel um ein Arzneimittel handeln, wenn dieses eine pharmakologische Wirkung habe. Eine solche Wirkung sei jedoch weder der Beschreibung des Produkts noch den Bescheinigungen des behandelnden Arztes zu entnehmen. Dies könne jedoch offen bleiben da, selbst wenn „Methylcobalamin Kapseln“ ein Arzneimittel wäre, dessen Beihilfefähigkeit wegen der fehlenden Apothekenpflicht gemäß § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV ausscheide.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Entscheidungsgründe:

Über die Klage konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden werden, da die Beteiligten mit Schreiben vom ... Juni 2015 bzw. ... August 2015 einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die Klage ist dahingehend auszulegen (vgl. § 88 VwGO), dass unter (teilweiser) Aufhebung des Beihilfebescheids vom... März 2015 und des Widerspruchsbescheids vom ... April 2015 die Gewährung weiterer Beihilfe für „Methylcobalamin Kapseln“ und „Vitasprint B12 Trinkampullen“ begehrt wird.

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet, da die Klägerin keinen Anspruch auf die Gewährung weiterer Beihilfe hat (§ 113 Abs. 5 VwGO); die Bescheide vom ... März 2015 und ... April 2015 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Da beihilferechtliche Streitigkeiten grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfe beantragt wird, zu beurteilen sind (vgl. z. B. BVerwG, U. v. 8.11.2012 - 5 C 4.12 - juris Rn. 12), richtet sich die Beihilfefähigkeit hier nach der Verordnung über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und sonstigen Fällen (Bayerische Beihilfeverordnung - BayBhV) vom 2. Januar 2007 (GVBl S. 15) in der Fassung der Änderungsverordnung vom 29. Juli 2014 (GVBl S. 352, ber. S. 447), weil die streitgegenständlichen Rechnungen vom ... März 2015 sind.

2. Gemäß § 18 Satz 1 BayBhV sind beihilfefähig die aus Anlass einer Krankheit bei ärztlichen und zahnärztlichen Leistungen oder Heilpraktikerleistungen nach §§ 8 bis 17 BayBhV verbrauchten oder nach Art und Umfang schriftlich verordneten apothekenpflichtigen Arzneimittel nach § 2 des Arzneimittelgesetzes - AMG - (Nr. 1), Verbandmittel (Nr. 2), Harn- und Blutteststreifen (Nr. 3) sowie Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nrn. 1 bis 3 des Medizinproduktegesetzes zur Anwendung am oder m menschlichen Körper bestimmt sind (Nr. 4).

2.1 Da „Methylcobalamin Kapseln“ und „Vitasprint B12 Trinkampullen“ keine Medizinprodukte im Sinne des Medizinproduktegesetzes sind, richtet sich die Beihilfefähigkeit hier nach § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV. Dessen Voraussetzungen sind jedoch nicht erfüllt:

Zwar wurden die streitgegenständlichen Mittel von einem Arzt schriftlich verordnet, aber weder „Methylcobalamin Kapseln“ noch „Vitasprint B12 Trinkampullen“ sind apothekenpflichtig (vgl. § 43 AMG). Diese Mittel sind vielmehr frei, etwa im Internet, erhältlich (vgl. z. B. www.amazon.de). Die fehlende Apothekenpflicht wurde auch von Klägerseite nicht bestritten.

2.2 Die Beschränkung der Beihilfefähigkeit auf apothekenpflichtige Arzneimittel ist nach Auffassung des Gerichts auch mit höherrangigem Recht vereinbar. Insbesondere ist die Beschränkung nicht wegen Fehlens einer Härtefallregelung unwirksam (vgl. zu § 22 BBhV: OVG NRW, U. v. 20.6.2013 - 1 A 334/11 - juris Rn. 43ff.; BayVGH, U. v. 10.8.2015 - 14 B 14.766 Rn. 34ff.; VG Greifswald, U. v. 25.9.2014 - 6 A 77/13 - juris Rn. 23ff.), da in § 49 Abs. 2 BayBhV eine derartige Härtefallregelung enthalten ist.

2.3 Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei „Methylcobalamin Kapseln“ und „Vitasprint B12 Trinkampullen“ auch nicht um Arzneimittel im Sinne von § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV i. V. m. § 2 AMG handelt.

a) Nach § 2 Abs. 1 AMG sind Arzneimittel Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die zur Anwendung im oder am menschlichen oder tierischen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher oder tierischer Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder die im oder am menschlichen oder tierischen Körper angewendet oder einem Menschen oder einem Tier verabreicht werden können, um entweder die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen. Keine Arzneimittel sind insbesondere Lebensmittel im Sinne des § 2 Abs. 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches - LBFG - (§ 2 Abs. 3 AMG). Nach § 2 Abs. 2 LBFG, der wiederum auf Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 verweist, sind Lebensmittel alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden. Auch Nahrungsergänzungsmittel sind damit im Regelfall keine Arzneimittel (vgl. BayVGH, U. v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 30). Zwar können im Einzelfall Umstände auftreten, die ein Produkt trotz der Bezeichnung als Nahrungsergänzungsmittel als Arzneimittel erscheinen lassen (BVerwG, U. v. 26.5.2009 - 3 C 5/09 - NVwZ 2009, 1038, 1040), namentlich dann, wenn eine pharmakologische Wirkung des Nahrungsergänzungsmittels in Betracht kommt, wenn also durch das Produkt über die ernährungsphysiologische Wirkung hinausgehend eine gezielte Beeinflussung des Zustandes und der Funktion des Körpers stattfindet (BayVGH, U. v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 31). Kann eine pharmakologische Wirkung im Einzelfall aber nicht eindeutig festgestellt werden, bleibt es bei der Einordnung als Lebens- bzw. Nahrungsergänzungsmittel und dem daraus folgenden Ausschluss der Beihilfefähigkeit (vgl. BayVGH, U. v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 32).

b) „Methylcobalamin Kapseln“ und „Vitasprint B12 Trinkampullen“ sind nicht in der sogenannten „Roten Liste“ aufgeführt und nach den Angaben im Internet als Nahrungsergänzungsmittel einzustufen (vgl. z. B. www. vitabay.net, www.medikamente.netdoktor.de; vgl. zu Vitasprint auch VG Würzburg, U. v. 24.3.2009 - W 1 K 09.2039 - juris Rn. 22ff.). Ihr Hauptbestandteil ist Vitamin B12 bzw. eine daraus gebildete Coenzymform sowie die Aminosäure Glutamin und das Aminosäurederivat DL-Phosphonoserin. Bei Vitaminen und Aminosäuren handelt es sich um Nahrungsbestandteile, die dazu bestimmt sind und bei denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden, was der Definition in Art. 2 VO (EG) Nr. 178/2002 entspricht, auf die § 2 Abs. 2 LFGB verweist. Eine pharmakologische Wirkung im Sinne einer gezielten Einwirkung auf den Zustand und die Funktion des Körpers wurde weder von Klägerseite geltend gemacht noch ist diese den Herstellerangaben zu entnehmen. Vielmehr dienen die Mittel der Deckung eines beeinträchtigten oder höheren Bedarfs des Vitamins B12, sie sollen einen (vorübergehenden) Vitaminmangel bzw. erhöhten Vitaminbedarf ausgleichen.

Nach ihrem überwiegenden Zweck sind „Methylcobalamin Kapseln“ und „Vitasprint B12 Trinkampullen“ somit Nahrungsergänzungsmittel, da sie der allgemeinen Lebenshaltung dienen und unabhängig von einer Erkrankung von jedermann erworben und benutzt werden können (vgl. a. VG München, U. v. 12.8.2010 - M 17 K 09.4837 - juris Rn. 24; U. v. 14.3.2013 - M 17 K 12.848). Es kommt für die Zuordnung maßgeblich darauf an, ob jedermann die streitgegenständlichen Präparate unabhängig von einer Erkrankung erwerben könnte, nicht darauf, ob die Beschaffung auch ohne die Erkrankung tatsächlich erfolgt wäre (VG München, U. v. 12.8.2010 - M 17 K 09.4837 juris Rn. 25 mit Verweis auf OVG NW, U. v. 23.8.1993 - 12 A 1031/91 - juris). Es steht jedermann frei, sich das streitgegenständliche Präparat zur Nahrungsergänzung zu beschaffen. Eine Erkrankung darf nicht dazu führen, dass Aufwendungen für die allgemeine Lebenshaltung von der Beihilfe zu erstatten sind (vgl. Mildenberger, Beihilferecht in Bund, Ländern und Kommunen, Stand 1. März 2015, § 18 Satz 4 BayBhV Anm. 5 Abs. 1).

Auch ein verständiger Durchschnittsverbraucher käme bei der Zufuhr von Vitaminen nicht auf die Idee, diese als Arzneimittel einzustufen (vgl. BayVGH, U. v. 17.2.2011 - 14 ZB 10.1403 - juris Rn. 7). Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn sind nur Präparate, die durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung, Linderung oder Verhütung einer Krankheit beitragen sollen (vgl. VGH B-W, U. v. 2.8.2012 - 2 S 2631/10 - juris Rn. 21). Dieser erwartete positive Einfluss muss aber auf einer Wirkungsweise beruhen, die der eines Arzneimittels nachweislich zumindest ähnlich ist. Die bloße - womöglich auch empirisch gestützte - Erwartung und damit verbundene Zweckbestimmung ist nicht ausreichend. Auch der Umstand, dass der Erwartung durch eine ärztliche Verordnung Nachdruck verliehen wird, begründet nicht den Arzneimittelcharakter im beihilferechtlichen Sinn. Eine pharmakologische Wirkung, wie sie von Arzneimitteln im formellen Sinn ausgeht, fehlt aber Nahrungsergänzungsmitteln grundsätzlich (vgl. VG München, U. v. 27.6.2012 - M 17 K 11.5963 mit Verweis auf SächsLSG, U. v. 4.5.2011 - L 1 KA 2/10 und LSG NRW, U. v. 27.8.2008 - L 5 KR 119/07). Auch eine hohe Dosierung der Wirkstoffe, wie sie in der Nahrung für gewöhnlich nicht vorkommt, führt regelmäßig nicht zu einer pharmakologischen Wirkung. Die hochkonzentrierte Verabreichung erfolgt, weil der gewünschte Stoffwechsel-Effekt durch bewusste Ernährung nicht erzielt werden könnte, da die Wirkstoffe in der Nahrung nur in geringen Dosen vorkommen. Eine Vielzahl von Nahrungsergänzungsmitteln enthält eine weitaus höhere Dosis an Inhaltsstoffen, als sie mit gewöhnlicher Ernährung aufgenommen werden könnte. Dies ändert jedoch nichts an der generellen Wirkungsweise. Der hauptsächliche Zweck der Präparate bleibt unabhängig davon die Nahrungsergänzung. Die hohe Dosierung erhöht allenfalls den Nutzen der Präparate im Rahmen dieser Nahrungsergänzung, kann aber keine pharmakologische Wirkung auslösen, sofern diese nicht ohnehin auch bei minimaler Dosierung gegeben wäre (vgl. BayVGH, U. v. 17.5.2010 - 14 B 08.3164 - juris für Cranberry Kapseln; SächsOVG, U. v. 8.6.2009 - 2 A 119/08 juris für Preventec, ein hochdosiertes Vitaminpräparat; siehe auch EuGH, U. v. 29.4.2004 - C-387/99 - LMuR 2004, 65 Leitsatz).

Nach alledem handelt es sich bei „Methylcobalamin Kapseln“ und „Vitasprint B12 Trinkampullen“ - auch wenn deren Einnahme die Beschwerden der Klägerin zu lindern bzw. zu beseitigen vermag - um Lebens- bzw. Nahrungsergänzungsmittel, so dass diesbezügliche Aufwendungen von der Klägerin aus ihren Bezügen zu bestreiten sind (vgl. auch § 18 Satz 4 Nr. 2 BayBhV).

3. Schließlich ergibt sich ein Anspruch der Klägerin auf Beihilfegewährung auch nicht unmittelbar aus der verfassungsrechtlichen Fürsorgepflicht.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. z. B. U. v. 24.1.2012 - 2 C 24/10 - juris) erstreckt sich die in Art. 33 Abs. 5 GG verankerte Pflicht des Dienstherrn zur Sicherstellung des amtsangemessenen Lebensunterhalts auf Lebenslagen, die einen erhöhten Bedarf begründen. Die verfassungsrechtliche Alimentations- bzw. Fürsorgepflicht gebietet dem Dienstherrn, Vorkehrungen zu treffen, dass die notwendigen und angemessenen Maßnahmen im Falle von Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Geburt und Tod nicht aus wirtschaftlichen Gründen unterbleiben, weil sie der Beamte mit der Regelalimentation so nicht bewältigen kann, und dass der amtsangemessene Lebensunterhalt wegen der finanziellen Belastungen in diesen Ausnahmesituationen nicht gefährdet wird. Sind die Dienst- und Versorgungsbezüge so bemessen, dass sie eine zumutbare Eigenvorsorge nur im Hinblick auf einen Teil der durch Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Geburt und Tod begründeten Belastungen ermöglichen, so hat der Dienstherr zusätzliche Vorkehrungen zu treffen, damit der Beamte die Belastungen, die den Umfang der Eigenvorsorge überschreiten, ebenfalls tragen kann. Wenn sich der Dienstherr für ein Mischsystem aus Eigenleistungen des Beamten und Beihilfen entscheidet, muss gewährleistet sein, dass der Beamte nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die er auch über eine ihm zumutbare Eigenvorsorge nicht abzusichern vermag. Die Fürsorgepflicht verlangt aber nicht, dass Aufwendungen in Krankheits- bzw. Pflegefällen durch ergänzende Beihilfen vollständig gedeckt werden oder dass die von der Beihilfe nicht erfassten Kosten in vollem Umfang versicherbar sind (vgl. BVerwG, U. v. 30.4.2009 - 2 C 127/07 - juris Rn. 8,12; U. v. 10.6.1999 - 2 C 29/98 - juris Rn. 22f.). Der Beamte muss wegen des ergänzenden Charakters der Beihilfe auch Härten und Nachteile hinnehmen, die sich aus der am Alimentationsgrundsatz orientierten pauschalierenden und typisierenden Konkretisierung der Fürsorgepflicht ergeben und keine unzumutbare Belastung bedeuten (vgl. BayVGH, B. v. 8.1.2007 - 14 ZB 06.2911 - juris Rn. 13 m. w. N.).

Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin durch den Umstand, dass sie die Aufwendungen für „Methylcobalamin Kapseln“ und „Vitasprint B12 Trinkampullen“ selbst tragen muss, unzumutbar belastet wäre, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 257,41 festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz -GKG-).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,-- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Urteil, 17. Aug. 2015 - M 17 K 15.1706

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Verwaltungsgericht München Urteil, 17. Aug. 2015 - M 17 K 15.1706

bei uns veröffentlicht am 17.08.2015

Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht München Aktenzeichen: M 17 K 15.1706 Im Namen des Volkes Urteil vom 17. August 2015 17. Kammer Sachgebiets-Nr. 1335 Hauptpunkte: Beihilfe; fehlende Apothek

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 10. Aug. 2015 - 14 B 14.766

bei uns veröffentlicht am 10.08.2015

Gründe Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Aktenzeichen: 14 B 14.766 Im Namen des Volkes Urteil vom 10. August 2015 (VG München, Entscheidung vom 23. Juli 2012, Az.: M 17 K 11.6231) 14. Senat Sachgebietssch

Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 25. Sept. 2014 - 6 A 77/13

bei uns veröffentlicht am 25.09.2014

Tenor Der Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung seines Bescheids vom 10.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2013 verpflichtet, dem Kläger weitere Beihilfe in Höhe von 349,72 € für die Rechnungen vom 03. und 16.08.2012 zu

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 02. Aug. 2012 - 2 S 2631/10

bei uns veröffentlicht am 02.08.2012

Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. Juni 2010 - 13 K 4425/09 - wird zurückgewiesen.Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 24. Jan. 2012 - 2 C 24/10

bei uns veröffentlicht am 24.01.2012

Tatbestand 1 Die 1918 geborene vormalige Klägerin war als Witwe eine Oberamtsrats (Besoldungsgruppe A 13) beihilfeberechtigt. Sie ist im Jahr 2008 verstorben; die Kläger
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Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 23. Mai 2017 - W 1 K 16.1162

bei uns veröffentlicht am 23.05.2017

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in

Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 02. Aug. 2016 - W 1 K 15.21

bei uns veröffentlicht am 02.08.2016

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsle

Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 26. Juli 2016 - AN 1 K 14.01929

bei uns veröffentlicht am 26.07.2016

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Tatbestand Der Kläger steht als Beamter ... beim Vermessungsamt ... im Di

Verwaltungsgericht München Urteil, 17. Aug. 2015 - M 17 K 15.1706

bei uns veröffentlicht am 17.08.2015

Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht München Aktenzeichen: M 17 K 15.1706 Im Namen des Volkes Urteil vom 17. August 2015 17. Kammer Sachgebiets-Nr. 1335 Hauptpunkte: Beihilfe; fehlende Apothek

Referenzen

(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,

1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder
2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder
a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder
b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.

(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.

(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht

1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes,
2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist,
3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist,
4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes,
5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist,
6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b,
8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.

(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.

(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,

1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder
2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder
a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder
b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.

(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.

(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht

1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes,
2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist,
3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist,
4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes,
5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist,
6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b,
8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.

(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.

(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.

(1) Arzneimittel, die nicht durch die Vorschriften des § 44 oder der nach § 45 Abs. 1 erlassenen Rechtsverordnung für den Verkehr außerhalb der Apotheken freigegeben sind, dürfen außer in den Fällen des § 47 berufs- oder gewerbsmäßig für den Endverbrauch nur in Apotheken und ohne behördliche Erlaubnis nicht im Wege des Versandes in den Verkehr gebracht werden; das Nähere regelt das Apothekengesetz. Außerhalb der Apotheken darf außer in den Fällen des § 47 Abs. 1 mit den nach Satz 1 den Apotheken vorbehaltenen Arzneimitteln kein Handel getrieben werden. Die Angaben über die Ausstellung oder Änderung einer Erlaubnis zum Versand von Arzneimitteln nach Satz 1 sind in die Datenbank nach § 67a einzugeben.

(2) Die nach Absatz 1 Satz 1 den Apotheken vorbehaltenen Arzneimittel dürfen von juristischen Personen, nicht rechtsfähigen Vereinen und Gesellschaften des bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts an ihre Mitglieder nicht abgegeben werden, es sei denn, dass es sich bei den Mitgliedern um Apotheken oder um die in § 47 Abs. 1 genannten Personen und Einrichtungen handelt und die Abgabe unter den dort bezeichneten Voraussetzungen erfolgt.

(3) Auf Verschreibung dürfen Arzneimittel nur von Apotheken abgegeben werden.

(3a) Abweichend von den Absätzen 1 bis 3 dürfen ärztliche Einrichtungen, die auf die Behandlung von Gerinnungsstörungen bei Hämophilie spezialisiert sind, in ihren Räumlichkeiten einen Vorrat an Arzneimitteln zur spezifischen Therapie von Gerinnungsstörungen bei Hämophilie für den unvorhersehbaren und dringenden Bedarf (Notfallvorrat) bereithalten. Im Rahmen der Notfallversorgung darf ein hämostaseologisch qualifizierter Arzt Arzneimittel aus dem Notfallvorrat nach Satz 1 an Patienten oder Einrichtungen der Krankenversorgung abgeben.

(4) (weggefallen)

(5) (weggefallen)

(6) (weggefallen)

(1) Beihilfefähig sind Aufwendungen für ärztlich oder zahnärztlich nach Art und Umfang schriftlich verordnete oder während einer Behandlung verbrauchte

1.
Arzneimittel nach § 2 des Arzneimittelgesetzes, die apothekenpflichtig sind,
2.
Verbandmittel,
3.
Harn- und Blutteststreifen sowie
4.
Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte im Sinne des Medizinprodukterechts zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt, in Anlage 4 aufgeführt sind und die dort genannten Maßgaben erfüllen.

(2) Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für

1.
Arzneimittel, die überwiegend der Erhöhung der Lebensqualität dienen (Anlage 5), es sei denn, dass im Einzelfall nicht der in Anlage 5 genannte Zweck, sondern die Behandlung einer anderen Körperfunktionsstörung im Vordergrund steht, die eine Krankheit ist, und
a)
es keine anderen zur Behandlung dieser Krankheit zugelassenen Arzneimittel gibt oder
b)
die anderen zugelassenen Arzneimittel im Einzelfall unverträglich sind oder sich als nicht wirksam erwiesen haben,
2.
verschreibungspflichtige Arzneimittel zur Behandlung von
a)
Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel, sofern es sich um geringfügige Gesundheitsstörungen handelt,
b)
Mund- und Rachenerkrankungen, ausgenommen bei
aa)
Pilzinfektionen,
bb)
Geschwüren in der Mundhöhle oder
cc)
nach chirurgischen Eingriffen im Hals-, Nasen- und Ohrenbereich,
c)
Verstopfung, ausgenommen zur Behandlung von Erkrankungen im Zusammenhang mit Tumorleiden, Megacolon, Divertikulose, Divertikulitis, Mukoviszidose, neurogener Darmlähmung, vor diagnostischen Eingriffen, bei phosphatbindender Medikation, bei chronischer Niereninsuffizienz, bei der Opiat- sowie Opioidtherapie und in der Terminalphase oder
d)
Reisekrankheiten, ausgenommen bei der Anwendung gegen Erbrechen bei Tumortherapie und anderen Erkrankungen, zum Beispiel Menièrescher Symptomkomplex,
soweit die Arzneimittel nicht für Minderjährige bestimmt sind,
3.
nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, es sei denn, sie
a)
sind bestimmt für Personen, die das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder für Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und an Entwicklungsstörungen leiden,
b)
wurden für diagnostische Zwecke, Untersuchungen oder ambulante Behandlungen benötigt und
aa)
in der Rechnung als Auslagen abgerechnet oder
bb)
auf Grund einer ärztlichen Verordnung zuvor von der beihilfeberechtigten oder berücksichtigungsfähigen Person selbst beschafft,
c)
gelten bei der Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung als Therapiestandard und werden mit dieser Begründung ausnahmsweise verordnet; die beihilfefähigen Ausnahmen ergeben sich aus Anlage 6,
d)
sind in der Fachinformation zum Hauptarzneimittel eines beihilfefähigen Arzneimittels als Begleitmedikation zwingend vorgeschrieben oder
e)
werden zur Behandlung unerwünschter Arzneimittelwirkungen, die beim bestimmungsgemäßen Gebrauch eines beihilfefähigen Arzneimittels auftreten können, eingesetzt; dabei muss die unerwünschte Arzneimittelwirkung lebensbedrohlich sein oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigen,
4.
traditionell angewendete Arzneimittel nach § 109 Absatz 3 und § 109a des Arzneimittelgesetzes mit einem oder mehreren der folgenden Hinweise auf der äußeren Umhüllung oder der Packungsbeilage des Arzneimittels:
a)
zur Stärkung oder Kräftigung,
b)
zur Besserung des Befindens,
c)
zur Unterstützung der Organfunktion,
d)
zur Vorbeugung,
e)
als mild wirkendes Arzneimittel,
5.
traditionelle pflanzliche Arzneimittel nach § 39a des Arzneimittelgesetzes,
6.
hormonelle Mittel zur Empfängnisverhütung; dies gilt nicht bei Personen unter 22 Jahren oder wenn diese Mittel unabhängig von der arzneimittelrechtlichen Zulassung zur Behandlung einer Krankheit verordnet werden,
7.
gesondert ausgewiesene Versandkosten.

(3) Aufwendungen für Arzneimittel, für die Festbeträge nach § 35 Absatz 3, 5 und 6 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt sind, sind nur bis zur Höhe der Festbeträge beihilfefähig, die das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nach § 35 Absatz 8 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch im Internet veröffentlicht. Aufwendungen für Arzneimittel nach Satz 1 sind über den Festbetrag hinaus beihilfefähig, wenn die Arzneimittel

1.
in medizinisch begründeten Einzelfällen verordnet worden sind oder
2.
in Richtlinien nach § 129 Absatz 1a Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestimmt sind.

(4) Aufwendungen für Arzneimittel, bei denen nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen ist, sind nach Maßgabe der Anlage 8 beihilfefähig. Arzneimittel nach Satz 1 können darüber hinaus im Einzelfall als beihilfefähig anerkannt werden, wenn eine medizinische Stellungnahme darüber vorgelegt wird, dass das Arzneimittel zur Behandlung notwendig ist.

(5) Aufwendungen für ärztlich verordnete Aminosäuremischungen, Eiweißhydrolysate, Elementardiäten und Sondennahrung sind zur enteralen Ernährung bei fehlender oder eingeschränkter Fähigkeit, sich auf natürliche Weise ausreichend zu ernähren, beihilfefähig, wenn eine Modifizierung der natürlichen Ernährung oder sonstige ärztliche, pflegerische oder ernährungstherapeutische Maßnahmen zur Verbesserung der Ernährungssituation nicht ausreichen. Aufwendungen für Elementardiäten sind beihilfefähig für Personen, die das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, mit Kuhmilcheiweiß-Allergie; dies gilt ferner bei Neurodermitis für einen Zeitraum von einem halben Jahr, sofern Elementardiäten für diagnostische Zwecke eingesetzt werden. Im Übrigen sind Aufwendungen für Lebensmittel, Nahrungsergänzungsmittel, Krankenkost und diätetische Lebensmittel nicht beihilfefähig.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für Aufwendungen für Arznei- und Verbandmittel, Teststreifen und Medizinprodukte, die eine Heilpraktikerin oder ein Heilpraktiker während einer Behandlung verbraucht hat.

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Aktenzeichen: 14 B 14.766

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 10. August 2015

(VG München, Entscheidung vom 23. Juli 2012, Az.: M 17 K 11.6231)

14. Senat

Sachgebietsschlüssel: 1315

Hauptpunkte: Beihilfefähigkeit von Medizinprodukten, hier: Tears again Augenspray und Hylo-Vision Gel sine; Beschränkung der Beihilfefähigkeit durch Verweis auf das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch.

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

...

gegen

...,

vertreten durch: Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen, DGZ Ring ..., B.,

- Beklagte -

wegen Beihilfe;

hier: Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 23. Juli 2012,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 14. Senat, durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgerichtshof Koch, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Winter, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Siller ohne mündliche Verhandlung am 10. August 2015 folgendes Urteil:

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Beihilfefähigkeit der Präparate „Tears again liposomales Augenspray“ und „Hylo-Vision Gel sine“.

Der Kläger ist als Ruhestandsbeamter der Beklagten ihr gegenüber zu 70% beihilfeberechtigt. Auf seinen Antrag vom 13. Oktober 2011 gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 28. Oktober 2011 teilweise Beihilfe, lehnte jedoch Beihilfeleistungen für die oben genannten, dem Kläger ärztlich verordneten Präparate ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. Dezember 2011 zurück. Die vom Kläger erhobene Verpflichtungsklage wies das Bayerische Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 23. Juli 2012 ab. Bei den streitgegenständlichen Präparaten handele es sich nicht um nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, sondern um Medizinprodukte. Dies ergebe sich eindeutig aus der jeweiligen Herstellerbeschreibung. Die Beihilfefähigkeit von Medizinprodukten richte sich nach § 22 BBhV in Verbindung mit der Durchführungsvorschrift Nr. 22.1.4 und deren Anhang 10, in dem die streitgegenständlichen Produkte nicht aufgeführt seien.

Mit der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 23. Juli 2012 die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger für die Produkte Tears again Augenspray und Hylo-Vision Gel sine Beihilfe zu gewähren.

Zur Begründung wird ausgeführt, der Kläger habe einen Anspruch auf Beihilfe für die streitgegenständlichen Produkte. Beide Präparate seien Arzneimittel i. S. d. § 22 Abs. 1 Satz 1 BBhV (a. F.). Maßgebend hierfür sei der beihilferechtliche Arzneimittelbegriff, wonach als Arzneimittel alle Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen anzusehen seien, die dazu bestimmt seien, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen. Da vorliegend allein der beihilferechtliche Arzneimittelbegriff maßgebend sei, komme es nicht darauf an, dass nach § 2 Abs. 3 Nr. 7 AMG in der ab 23. Juli 2009 geltenden Fassung Medizinprodukte keine Arzneimittel seien. Die Legaldefinition des Arzneimittels in § 2 AMG könne im Hinblick auf den andersartigen Regelungszweck dieses Gesetzes nicht auf das Beihilferecht übertragen werden. Auf die zu § 22 BBhV (a. F.) ergangene Verwaltungsvorschrift Nr. 22.1.4 mit deren Anhang 10 komme es nicht an, zumal mit einer Verwaltungsvorschrift nicht die Beihilfefähigkeit von Medizinprodukten im Sinne des Medizinproduktegesetzes bis auf abschließend aufgeführte Produkte ausgeschlossen werden könne.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Nach der hier maßgeblichen Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 2 BBhV in der vom 24. Dezember 2009 bis zum 19. September 2012 geltenden Fassung werde auf das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch verwiesen, wonach der Gemeinsame Bundesausschuss festzulegen habe, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt seien, ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden können. Damit könne für Medizinprodukte nur ausnahmsweise dann eine Gewährung von Beihilfe erfolgen, wenn diese in den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung einbezogen seien. Die Medizinprodukte, für die dies der Fall sei, habe der Verordnungsgeber in Anlage 10 seiner Verwaltungsvorschrift zu § 22 BBhV (a. F.) abschließend aufgeführt. Die streitgegenständlichen Produkte seien darin nicht enthalten.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichts- und der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1, § 101 Abs. 2 VwGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Verpflichtungsklage des Klägers im Ergebnis zu Recht als unbegründet abgewiesen, da dieser keinen Anspruch auf die beantragte Beihilfe zu seinen am 6. Oktober 2011 entstandenen Aufwendungen für die Präparate „Tears again liposomales Augenspray“ und „Hylo-Vision Gel sine“ hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Maßgeblich für die Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfen verlangt werden, soweit nicht eine später ergangene Regelung Rückwirkung für vergangene Zeiträume entfaltet (st. Rspr.; vgl. z. B. BVerwG, U. v. 26.3.2015 -5 C 9.14 - juris Rn. 8 m. w. N.). Anwendbar ist deshalb - ausgehend von der Maßgeblichkeit des Datums des Erwerbs der Präparate (6.10.2011) - § 22 Abs. 1 BBhV in der vom 24. Dezember 2009 bis 19. September 2012 geltenden Fassung vom 17. Dezember 2009 (BBhV a. F.). Danach ist die Beihilfefähigkeit für die in Streit stehenden Präparate nach der speziellen Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 2 BBhV a. F. für Medizinprodukte wirksam ausgeschlossen. Diese Vorschrift enthält eine Sonderregelung für Medizinprodukte, die hier einschlägig ist (1.) und gegen deren Wirksamkeit keine durchgreifenden Bedenken bestehen (2.). Härtefallgesichtspunkte sind vorliegend nicht ersichtlich (3.).

1. Bei den streitgegenständlichen Präparaten handelt es sich um Medizinprodukte und damit nicht um gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 BBhV a. F. erstattungsfähige Arzneimittel (a). Medizinprodukte sind gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 BBhV a. F. i. V. m. § 31 Abs. 1 Satz 2 und 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V), hier in der vom 1. Januar bis 31. Dezember 2011 geltenden Fassung vom 22. Dezember 2010, beihilfefähig, wenn sie in Anlage V zu den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V (Arzneimittel-Richtlinie - AM-RL -) aufgeführt sind (b). Da dies in Bezug auf die in Streit stehenden Präparate nicht der Fall ist, ist deren Beihilfefähigkeit ausgeschlossen (c).

a) Die streitgegenständlichen Präparate sind weder als Arzneimittel zugelassen noch werden sie in der sog. „Roten Liste“, einem vom Bundesverband der pharmazeutischen Industrie herausgegebenen Arzneimittelverzeichnis, oder sonstigen Listen über erprobte Arzneimittel aufgeführt. Sie sind aber dazu bestimmt und objektiv geeignet, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit zu dienen; bei ihnen handelt es sich demnach um Medizinprodukte i. S. v. § 3 Nr. 1 Buchst. a des Medizinproduktegesetzes - MPG - (so für das Präparat Tears again Augenspray auch OVG Saarl, B. v. 23.8.2010 - 1 A 331/09 - juris). Auch in dem vom Kläger vorgelegten ärztlichen Attest vom 21. Dezember 2011 (Bl. 54 der Akte des Verwaltungsgerichts) werden die Produkte als Medizinprodukte bezeichnet. Die Einordnung der Präparate als Medizinprodukte wird letztlich auch vom Kläger nicht in Frage gestellt. Dieser meint allerdings, es handele sich auch bei Medizinprodukten um Arzneimittel in beihilferechtlichem Sinn. Dies ist nach der hier maßgeblichen Rechtslage nicht (mehr) der Fall.

b) Zwar ist dem Kläger einzuräumen, dass in der bisherigen Rechtsprechung anerkannt war, dass auch Medizinprodukte unter den weit auszulegenden beihilferechtlichen Arzneimittelbegriff fallen können (vgl. OVG NW, U. v. 12.12.2013 -1 A 1127/11 - juris Rn. 30 f. m. w. N.). Dies galt aber nur, weil es in den Beihilfevorschriften des Bundes früher keine gesonderten Bestimmungen zu Medizinprodukten gab. Diese Rechtsprechung kann nicht mehr auf § 22 Abs. 1 BBhV in der hier anwendbaren Fassung übertragen werden (ebenso OVG NW a. a. O. Rn. 32 zur weitgehend gleichlautenden Fassung des § 22 Abs. 1 BBhV in der Fassung vom 13.2.2009). Nunmehr geht die Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 2 BBhV a. F. als spezielle Regelung über die Beihilfefähigkeit von Medizinprodukten in ihrem Anwendungsbereich sowohl der Bestimmung über Arzneimittel (§ 22 Abs. 1 Satz 1 BBhV a. F.) als auch der allgemeinen Regelung des § 6 Abs. 1 BBhV vor. § 22 Abs. 1 Satz 2 BBhV a. F. verweist nämlich seinerseits auf eine entsprechende Anwendung des § 31 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB V, der eine Sonderregelung für Medizinprodukte im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung enthält. Danach hat der Gemeinsame Bundesausschuss in seinen Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nr. 1 oder 2 MPG zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind, ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung vom 18. Dezember 2008/22. Januar 2009 sind Medizinprodukte generell von der Versorgung mit Arzneimitteln ausgeschlossen. § 27 Abs. 1 Satz 2 AM-RL nimmt von diesem Grundsatz nur solche Medizinprodukte aus, die in medizinisch notwendigen Fällen ausnahmsweise nach den Bestimmungen dieser Richtlinie in die Arzneimittelversorgung einbezogen sind. Welche Medizinprodukte das sind, ist gemäß § 27 Abs. 8 Satz 1 AM-RL abschließend in einer Übersicht als Anlage V zur Arzneimittel-Richtlinie aufgeführt. Auch auf diese abschließend als verordnungsfähig anerkannten Medizinprodukte in der Anlage V zur Arzneimittel-Richtlinie verweist § 22 Abs. 1 Satz 2 BBhV a. F. im Wege einer doppelten dynamischen Verweisung (vgl. BVerwG, U. v. 26.3.2015 - 5 C 9.14 - juris Rn. 11 ff. zum gleichlautenden § 22 Satz 2 der Landesbeihilfeverordnung Berlin).

c) Damit kommt es entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht darauf an, ob die streitgegenständlichen Produkte in Anhang 10 der Durchführungsvorschrift Nr. 22.1.4 zu § 22 BBhV a. F. aufgeführt sind, sondern maßgeblich ist, ob die Medizinprodukte gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 AM-RL ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen wurden, indem sie gemäß § 27 Abs. 8 AM-RL in der insofern abschließenden Übersicht in der Anlage V aufgeführt sind. Dies war bei den streitgegenständlichen Produkten zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht der Fall.

2. Der Verordnungsgeber hat die Beihilfefähigkeit von in der Anlage V zur Arzneimittel-Richtlinie nicht genannten Medizinprodukten, also auch die der streitgegenständlichen Präparate, durch § 22 Abs. 1 Satz 2 BBhV a. F. wirksam ausgeschlossen.

a) § 22 Abs. 1 Satz 2 BBhV a. F. genügt den Anforderungen des Grundsatzes vom Vorbehalt des Gesetzes.

Der Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes, der sich aus dem rechtsstaatlichen und demokratischen Verfassungssystem des Grundgesetzes (Art. 20 Abs. 1 und 3 GG) ergibt, verlangt, dass staatliches Handeln in bestimmten grundlegenden normativen Bereichen durch förmliches Gesetz legitimiert wird. Der parlamentarische Gesetzgeber ist verpflichtet, alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen, und darf sie nicht anderen Normgebern oder dem Verwaltungsvollzug überlassen. Wann danach eine Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber erforderlich ist, lässt sich nur mit Blick auf den jeweiligen Sachbereich und die Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes beurteilen (st. Rspr., vgl. zuletzt BVerwG, U. v. 26.3.2015 -5 C 9.14 - juris Rn. 18 m. w. N.).

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gilt der Vorbehalt des Gesetzes auch für das Beihilferecht. Der parlamentarische Gesetzgeber hat in der Bandbreite seiner verfassungsrechtlichen Möglichkeiten das Leistungssystem zu bestimmen, das dem Beamten und seiner Familie Schutz im Falle von Krankheit und Pflegebedürftigkeit bietet. Ferner muss der parlamentarische Gesetzgeber die Verantwortung für wesentliche Einschränkungen des Beihilfestandards übernehmen. Ansonsten könnte die Exekutive das durch die Besoldungs- und Versorgungsgesetze festgelegte Alimentationsniveau durch Streichungen und Kürzungen von Beihilfeleistungen eigenmächtig absenken. Auch wenn das gegenwärtig praktizierte Mischsystem aus privat finanzierter Vorsorge und ergänzenden Beihilfen nicht zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gehört und deshalb nicht durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistet wird, ist jedenfalls die Entscheidung, unter welchen Voraussetzungen eine Unterstützung in Form von Beihilfen gänzlich zu versagen ist, grundsätzlicher Natur und daher vom parlamentarischen Gesetzgeber selbst zu treffen. Dagegen sind die Anforderungen des Gesetzesvorbehalts geringer, wenn es um die Konkretisierung von Beihilfebeschränkungen durch den Verordnungsgeber geht, die - wie die Begrenzung der Beihilfe für Medizinprodukte - bereits im bisherigen Beihilferecht angelegt waren (vgl. zum Übergangsrecht BVerwG, U. v. 10.10.2013 -5 C 29.12 - BVerwGE 148, 116 Rn. 28). Gleiches gilt, wenn es sich um eine Sachmaterie bzw. Leistungsgruppe innerhalb des Beihilferechts handelt - was auf die Leistungen für Medizinprodukte ebenfalls zutrifft -, deren Bedeutung für die Beihilfeberechtigten insgesamt kein besonders hoher Stellenwert beizumessen ist (vgl. BVerwG, U. v.. 26.3.2015 - 5 C 9.14 - juris Rn. 19).

Gemessen daran ist die durch § 22 Abs. 1 Satz 2 BBhV a. F. normierte Begrenzung der Beihilfefähigkeit von Medizinprodukten auf den Standard, der in der gesetzlichen Krankenversicherung gilt, mit dem Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes vereinbar. Die Verordnungsregelung beruht auf einer hinreichend bestimmten Ermächtigungsgrundlage (aa) und ist - gemessen an den vorgenannten Maßstäben - mit den spezifischen Anforderungen des Rechtsstaats- und Demokratieprinzips an dynamische Verweisungen auf Regelungen Dritter noch vereinbar (bb).

aa) Der Notwendigkeit einer von ihm zu verantwortenden Entscheidung kann der Gesetzgeber grundsätzlich auch dadurch Rechnung tragen, dass er die Verwaltung ermächtigt, den Beihilfeausschluss durch Verordnung zu regeln. Hierfür ist erforderlich, dass das Gesetz eine gemessen an dem zu beachtenden Bestimmtheitsgebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG hinreichend konkrete Verordnungsermächtigung enthält, die den betreffenden Leistungsausschuss inhaltlich deckt (vgl. zuletzt BVerwG, U. v. 26.3.2015 - 5 C 9.14 - juris Rn. 21 m. w. N.).

Diesen Anforderungen genügt § 80 Abs. 4 BBG in der ab 1. Januar 2009 geltenden Fassung vom 14. November 2011. Er ermächtigt die Verwaltung, durch Rechtsverordnung die Einzelheiten der Beihilfegewährung, insbesondere den völligen oder teilweisen Ausschluss von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln in Anlehnung an das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch zu regeln. Weil der Arzneimittelbegriff in § 80 Abs. 4 BBG weit zu verstehen ist und Medizinprodukte erfasst, hat der Gesetzgeber die Verwaltung in hinreichend bestimmter Weise ermächtigt, durch Rechtsverordnung auch den völligen oder teilweisen Ausschluss von Medizinprodukten von der Beihilfegewährung (bzw. deren ausnahmsweise Beihilfefähigkeit) zu normieren (vgl. auch BVerwG, U. v. 26.3.2015 - 5 C 9.14 - juris Rn. 22 zum gleichlautenden § 76 Abs. 11 des Landesbeamtengesetzes Berlin).

bb) Auch die dynamische Verweisung des § 22 Abs. 1 Satz 2 BBhV a. F. auf § 31 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB V und die davon in Bezug genommene, von dem Gemeinsamen Bundesausschuss zu erlassende Arzneimittel-Richtlinie genügt mit Blick auf § 7 BBhV noch den spezifischen Anforderungen des Rechtsstaats- und Demokratieprinzips, die im Rahmen des Vorbehalts des Gesetzes an eine dynamische Verweisung auf Regelungen Dritter zu stellen sind. Hierzu hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 26. März 2015 - 5 C 9.14 - (juris Rn. 24 ff.) zum gleichlautenden Landesbeihilferecht Berlin ausgeführt:

„(1) Zwar kann es verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegen, wenn die Entscheidungskompetenz über die Anerkennung der Beihilfefähigkeit von (Medizin-)Produkten auf den nach § 91 Abs. 1 Satz 1 SGB V von den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen gebildeten Gemeinsamen Bundesausschuss übertragen wird. Solche können sich insbesondere im Hinblick auf die Systemunterschiede zwischen beamtenrechtlicher Beihilfe und der gesetzlichen Krankenversicherung ergeben, die den Gesetzgeber verpflichten könnten, die nähere Bestimmung etwaiger Leistungsausschlüsse selbst zu treffen und sie nicht weiterhin vollständig einem Gremium wie etwa dem Gemeinsamen Bundesausschuss zu überlassen, in dem der Dienstherr nicht vertreten ist und der seine Entscheidungen nicht am Maßstab der verfassungsrechtlich gewährleisteten Fürsorgepflicht des Dienstherrn, sondern als Selbstverwaltungsorgan verschiedener als Körperschaften des öffentlichen Rechts organisierter Versichertengemeinschaften zur Wahrung ihrer Interessen zu treffen hat (BVerwG, Urteile vom 28. Mai 2008 - 2 C 24.07 - Buchholz 232 § 79 BBG Nr. 126 S. 4, vom 6. November 2009 - 2 C 60.08 - juris Rn. 24 sowie vom 12. September 2013 - 5 C 33.12 - BVerwGE 148, 1<9>).

(2) Allerdings sind dynamische Verweisungen der vorgenannten Art nicht von vornherein unzulässig. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass ein Normgeber nicht nur auf eigene, sondern auch auf Regelungen anderer Normgeber verweisen darf. Auch die Verweisung auf Regelwerke, die von nichtstaatlichen Normungsgremien geschaffen wurden, ist nicht generell ausgeschlossen, solange für den Rechtsunterworfenen klar erkennbar ist, welche Vorschriften für ihn im Einzelnen gelten sollen (BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2013 - 3 C 21.12 - BVerwGE 147, 100 Rn. 39). Dies darf hingegen nicht in einer Weise geschehen, die dazu führt, dass der Bürger schrankenlos einer Normsetzungsgewalt ausgeliefert ist, die ihm gegenüber weder staatlich noch mitgliedschaftlich legitimiert ist. Das widerspräche sowohl dem Rechtsstaatsprinzip, wonach Einschränkungen der Freiheit des Bürgers, soweit sie überhaupt zulässig sind, nur durch oder aufgrund staatlicher Gesetze erfolgen dürfen, als auch dem Demokratieprinzip, wonach die Ordnung eines nach dem Grundgesetz staatlicher Regelung offenstehenden Lebensbereichs auf eine Willensentschließung der vom Volke bestellten Gesetzgebungsorgane zurückgeführt werden muss. Nur soweit der Inhalt der von einem Privaten erlassenen Regelungen, auf die staatliche Rechtsnormen verweisen, im Wesentlichen feststeht, genügt die verweisende Norm den Anforderungen, die sich aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaats- und dem Demokratieprinzip ergeben. Für die Beantwortung der Frage, ob diese einer dynamischen Verweisung von Verfassung wegen gezogenen rechtlichen Grenzen eingehalten wurden, kommt es neben dem Sachbereich und der damit verbundenen Grundrechtsrelevanz wesentlich auf den Umfang der Verweisung an (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2013 - 3 C 21.12 - BVerwGE 147, 100 Rn. 42 f. unter Bezugnahme auf BVerfG, Beschluss vom 25. Februar 1988 - 2 BvL 26/84 - BVerfGE 78, 32 und Urteil vom 14. Juni 1983 - 2 BvR 488/80 - BVerfGE 64, 208.). Dynamische Verweisungen sind daher grundsätzlich zulässig, wenn der Verweisungsumfang „eng bemessen“ ist. Bei einer engen Bandbreite der zur Überprüfung stehenden Verweisung kann davon ausgegangen werden, dass der verweisende Verordnungsgeber die in Bezug genommenen Regelungen im Blick behält, so dass er auf den vorgegebenen Rahmen sprengende oder von ihm nicht gewünschte Änderungen umgehend reagieren kann (BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2013 - 3 C 21.12 - BVerwGE 147, 100 Rn. 44). Den vorgenannten Anforderungen wird die dynamische Verweisung in § 22 Satz 2 LBhVO BE noch gerecht.

(a) Dem rechtsstaatlichen Publizitätserfordernis wird bei gesetzlichen Änderungen des Fünften Buches Sozialgesetzbuch durch die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt und beim Erlass der Arzneimittel-Richtlinien durch deren Veröffentlichung im Bundesanzeiger und im Internet gemäß § 93 Abs. 1 Satz 2, § 94 Abs. 2 SGB V Rechnung getragen.

(b) Der im Hinblick auf das Rechtsstaats- und Demokratieprinzip gebotenen Beschränkung des Umfangs der Verweisung kann durch eine Begrenzung der in Bezug genommenen Normen, also quantitativ, aber auch qualitativ in der Weise Rechnung getragen werden, dass der Normgeber die Bindung an die in Bezug genommene Norm begrenzt und der Verwaltung für deren Anwendung eigene Regeln und Handlungsspielräume vorgibt bzw. einräumt. Eine solche qualitative Begrenzung der Verweisungen auf Vorschriften des Fünften Buches Sozialgesetzbuch hat der Verordnungsgeber in § 7 LBhVO BE vorgenommen, der Einschränkungen enthält, die der Dienstherr bei der Anwendung der in Bezug genommenen Normen zu beachten hat.

Das gilt zum Einen für § 7 Satz 1 LBhVO BE, der die Beihilfefähigkeit von Leistungen, die an das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch angelehnt sind, davon abhängig macht, dass für diese nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit und die Angemessenheit nachgewiesen sind, sie zweckmäßig sind und keine andere, angemessene Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist. Damit werden Grundsätze über die Verordnungsfähigkeit aus dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung eigenständig und modifiziert in das Beihilferecht inkorporiert mit der Folge, dass Änderungen des Fünften Buches Sozialgesetzbuch sich gegebenenfalls nicht ohne Weiteres auf das Beihilferecht auswirken können. Damit ist die Dynamik der Verweisungen insoweit zumindest partiell durchbrochen.

Eine gewichtige qualitative Einschränkung des Umfangs der Verweisungen auf die Arzneimittel-Richtlinie enthält zum Anderen § 7 Satz 2 LBhVO BE, der anordnet, dass sich die Rechtsanwendung bei Verweisungen auf Richtlinien und Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses unter Berücksichtigung des Fürsorgegrundsatzes nach § 45 BeamtStG nur an den in diesen Normen oder Entscheidungen niedergelegten Grundsätzen zu orientieren hat. Auch wenn der Wortlaut keineswegs eindeutig ist, lässt sich der Regelung mit Blick auf ihren Sinn und Zweck, dem Dienstherrn und der Festsetzungsstelle die „letztendliche Befugnis“ zur Entscheidung über die Beihilfefähigkeit in Bindung an den Fürsorgegrundsatz zu erhalten und so die Verfassungsmäßigkeit der dynamischen Verweisung zu gewährleisten (vgl. Abg-Drs. 16/2631, VO-Nr. 16/190 S. 92), jedenfalls entnehmen, dass die in Bezug genommen Normen nur grundsätzlich gelten und bei ihrer Anwendung der in Art. 33 Abs. 5 GG begründete Fürsorgegrundsatz zu berücksichtigen ist.

Die qualitative Beschränkung der Verweisung in § 22 Satz 2 LBhVO BE auf das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch und die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses durch § 7 Satz 2 LBhVO BE genügt trotz ihrer Unbestimmtheit noch den Anforderungen, die an eine dynamische Verweisung auf Normen Dritter zu stellen sind. Die Regelung eröffnet dem Dienstherrn einen eigenen Abwägungs- und Entscheidungsspielraum unter Berücksichtigung beamtenrechtlicher Grundsätze und gewährleistet, dass Beihilfe für Aufwendungen für Medizinprodukte jedenfalls dann geleistet wird, wenn dies nach dem verfassungsrechtlichen Fürsorgegrundsatz geboten ist. Umgekehrt ist der Eingriff in den bisherigen Beihilfestandard, der mit dem grundsätzlichen Ausschluss und der ausnahmsweisen Einbeziehung von Medizinprodukten in die Beihilfefähigkeit durch § 22 Satz 2 LBhVO BE verbunden ist, von geringer Intensität und entspricht der Sache nach mehr einer Konkretisierung des bereits gewährten Leistungsumfangs.

Die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht des Dienstherrn verlangt zudem keine lückenlose Erstattung jeglicher Aufwendungen in Krankheitsfällen, so dass der Normgeber die Erstattung von Kosten für Medizinprodukte grundsätzlich ausschließen kann, solange eine medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung im Krankheitsfall gewährleistet ist und der Maßstab des medizinisch Gebotenen nicht unterschritten wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 - 5 C 3.12 - Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 43, S. 6 m. w. N.).“

Diese Ausführungen gelten ebenso für das Bundesbeihilferecht, das in § 7 BBhV eine dem § 7 der Landesbeihilfeverordnung Berlin entsprechende Vorschrift mit Verweis auf den Fürsorgegrundsatz nach § 78 BBG enthält.

b) Der teilweise Ausschluss von Aufwendungen für Medizinprodukte in § 22 Abs. 1 Satz 2 BBhV a. F. verstößt auch nicht wegen des Fehlens einer eindeutigen abstrakt-generellen Härtefallregelung gegen den Fürsorgegrundsatz aus Art. 33 Abs. 5 GG. Hierzu hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 26. März 2015 - 5 C 9.14 - (juris Rn. 33 ff.) zum gleichlautenden Landesbeihilferecht Berlin ausgeführt:

„Zwar trifft es im Ansatz zu, wenn das Oberverwaltungsgericht davon ausgeht, dass der Dienstherr die Gewährung von Beihilfe nicht ohne Rücksicht auf die wirtschaftlichen Folgen für den Beamten ausgestalten darf, sondern unter der Geltung des gegenwärtigen Mischsystems aus Beihilfe und darauf abgestimmter privater Eigenvorsorge im Blick behalten muss, dass der pauschale Ausschluss bestimmter Gruppen von Arzneimitteln von der Beihilfegewährung in Einzelfällen, z. B. bei chronischen Erkrankungen, die finanziellen Möglichkeiten des Betroffenen erheblich übersteigen kann. Für derartige Fälle muss der Dienstherr normative Vorkehrungen treffen, damit nicht erhebliche Aufwendungen verbleiben, die im Hinblick auf die Höhe der Alimentation nicht mehr zumutbar sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. November 2009 - 2 C 60.08 - juris Rn. 19 f.).

aa) Selbst wenn sich, wie das Oberverwaltungsgericht annimmt, aus diesem Grundsatz eine verfassungsrechtliche Pflicht zur Schaffung einer eindeutigen abstrakt-generellen Härtefallregelung ergäbe, erscheint bereits fraglich, ob deren Fehlen zur Unwirksamkeit oder Unanwendbarkeit des grundsätzlichen Leistungsausschlusses für Medizinprodukte führen würde. Das Fehlen einer Härtefallregelung würde die Erfüllung der Fürsorgepflicht gegenüber der großen Mehrzahl der Beamten nicht in Frage stellen (BVerwG, Urteil vom 5. Mai 2010 - 2 C 12.10 - ZBR 2011, 126 Rn. 16 und 21), so dass es dann gegebenenfalls für eine Übergangszeit ausreichend sein dürfte, aus anderen Bestimmungen der Landesbeihilfeverordnung oder, falls sich dort ein normativer Anknüpfungspunkt nicht finden sollte, unmittelbar aus der Fürsorgepflicht im Wege der verfassungskonformen Auslegung einen gesonderten Erstattungsanspruch für konkrete Härtefälle abzuleiten (vgl. BVerwG, Urteile vom 26. Juni 2008 - 2 C 2.07 - BVerwGE 131, 234 und vom 5. Mai 2010 - 2 C 12.10 - ZBR 2011, 126 Rn. 25). Dies kann hier jedoch dahingestellt bleiben.

bb) Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts enthält jedenfalls § 7 Satz 2 LBhVO BE eine hinreichend bestimmte Härtefallregelung, soweit dieser vorgibt, dass bei der Anwendung der in Bezug genommenen Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses der Fürsorgegrundsatz gemäß § 45 BeamtStG zu berücksichtigen ist und dadurch die Möglichkeit verfassungsrechtlich gebotener Abweichungen von den Festlegungen des Gemeinsamen Bundesausschusses eröffnet (Abg-Drs. 16/2631, VO-Nr. 16/190 S. 93).

§ 7 Satz 2 LBhVO BE greift damit zum Einen den Grundsatz auf, dass ungeachtet des abschließenden Charakters der Beihilfevorschriften im Ausnahmefall die verfassungsrechtlich verbürgte Fürsorgepflicht unmittelbar Grundlage eines Erstattungsanspruchs sein kann, wenn andernfalls dem Beamten eine auch unter Berücksichtigung des pauschalierenden und typisierenden Charakters der Beihilfevorschriften nicht mehr zumutbare Belastung abverlangt würde und die Ablehnung der Beihilfe die Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern verletzt. Gegen die Bestimmtheit dieser Regelung bestehen im Hinblick auf die Konkretisierung der Fürsorgepflicht in der verwaltungsgerichtlichen und verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung keine Bedenken. Danach gebietet die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht etwa die Erstattung von Aufwendungen, wenn der absehbare Erfolg der Maßnahme, für die eine Beihilfe beantragt wurde, von existenzieller Bedeutung für den Betroffenen ist, oder die Maßnahme notwendig ist, um wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens erledigen zu können (BVerwG, Beschluss vom 18. Januar 2013 - 5 B 44.12 - juris Rn. 8 m. w. N.; Urteil vom 13. Dezember 2012 - 5 C 3.12 - Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 43 Rn. 20; vgl. auch Urteil vom 24. Februar 2011 - 2 C 40.09 - Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 22 Rn. 20). Die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht ist wegen des Zusammenhangs mit der sich ebenfalls aus Art. 33 Abs. 5 GG ergebenden Alimentationspflicht des Dienstherrn außerdem verletzt, wenn der Beihilfeberechtigte infolge eines für bestimmte krankheitsbedingte Aufwendungen vorgesehenen Leistungsausschlusses oder einer Leistungsbegrenzung mit erheblichen finanziellen Kosten belastet bleibt, die er durch die Regelalimentation und eine zumutbare Eigenvorsorge nicht bewältigen kann (BVerwG, Urteilevom 6. November 2009 - 2 C 60.08 - juris Rn. 19 f. und vom 10. Oktober 2013 - 5 C 32.12 - BVerwGE 148, 106 Rn. 26).

Zum Anderen erschöpft sich § 7 Satz 2 LBhVO BE, weil er ansonsten weitgehend leer laufen würde, nicht allein in der Bezugnahme auf den Fürsorgegrundsatz, sondern ermöglicht einen Härtefallausgleich auch in Fällen, in denen der Kernbereich der Fürsorgepflicht nicht betroffen ist. Es genügt dementsprechend, wenn im Einzelfall Umstände vorliegen, bei denen es sich aufdrängt, dass der Fürsorgegrundsatz zur ausnahmsweisen Anerkennung der Beihilfefähigkeit - hier der Einbeziehung eines Medizinprodukts - führt.“

Diese Ausführungen gelten ebenso für das Bundesbeihilferecht, das in § 7 Satz 2 BBhV eine der Landesbeihilfeverordnung Berlin entsprechende Regelung enthält.

3. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die beantragte Beihilfe aus der Härtefallregelung des § 7 Satz 2 BBhV.

Danach kann zwar die Gewährung einer Beihilfe auch für nicht beihilfefähige, aber notwendige und der Höhe nach angemessene Aufwendungen im Einzelfall geboten sein, wenn deren wirtschaftliche Folgen die finanziellen Möglichkeiten des Beamten so erheblich übersteigen, dass der Wesenskern der Fürsorgepflicht verletzt ist. Dies ist der Fall, wenn die Nichterstattung der Aufwendungen zu Belastungen für den Beamten führt, die sich im Hinblick auf die Höhe seiner Alimentation für ihn als unzumutbar darstellen und insbesondere geeignet sind, den angemessenen Lebensunterhalt des Beamten und seiner Familie zu gefährden (BVerwG, U. v. 26.3.2015 -5 C 9.14 - juris Rn. 39 zu § 7 Satz 2 der Landesbeihilfeverordnung Berlin). Anhaltspunkte dafür, dass die Kosten für die streitgegenständlichen Präparate den Kläger finanziell übermäßig belasten könnten, liegen nicht vor.

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Nichtzulassung der Revision: § 132 Abs. 2 VwGO.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 60 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 3, § 47 GKG (wie Vorinstanz).

Tenor

Der Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung seines Bescheids vom 10.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2013 verpflichtet, dem Kläger weitere Beihilfe in Höhe von 349,72 € für die Rechnungen vom 03. und 16.08.2012 zu gewähren. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden jeweils zur Hälfte dem Beklagten und dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung nach Maßgabe der Kostenfestsetzung abwenden falls der jeweilige Vollstreckungsgläubiger nicht vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Beihilfe.

2

Der Kläger ist als emeritierter Universitätsprofessor beihilfeberechtigter ehemaliger Hochschullehrer im Landesdienst. Er beantragte unter dem 30.08.2012 u.a. die Gewährung einer Beihilfe für das in den Jahren 2011 und 2012 seiner am 16.04.1983 geborenen Tochter mehrfach verschriebene Präparate „NEURO PS Kapseln“, „CURCU TRUW (Kapseln) und „Rezeptur auch ungemischt“, für das der Kläger insgesamt 472,40 Euro aufwandte. Zugleich beantragte er die Gewährung einer Beihilfe für unter dem 03. bzw. 16.08.2012 abgerechnete ärztliche Behandlungen, für die er 437,15 Euro aufwandte. Mit Bescheid vom 10.09.2012 versagte der Beklagte hierfür die Gewährung einer Beihilfe. Zur Begründung führte er aus, die verordneten Mittel seien nicht beihilfefähig, da es sich nicht um Arzneimittel handele und sie nicht verschreibungspflichtig seien. Die in Rechnung gestellten Analogziffern seien nicht beihilfefähig.

3

Hiergegen legte der Kläger am 11.10.2012 unter Hinweis auf zwei Urteile und die Erkrankung seiner Tochter an CSF/ME Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.02.2013 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung heißt es, nicht beihilfefähig seien Aufwendungen für verschreibungspflichtige Arzneimittel, die nach § 34 Abs. 1 Satz 6 bis 8 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) oder aufgrund der Rechtsverordnung nach § 34 Abs. 3 SBG V von der Verordnung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen seien. Die Entscheidung über die Beihilfefähigkeit sei abhängig von der Zuordnung des Mittels zum Kreis der Arzneimittel. Einen Anhaltspunkt, ob es sich um ein Arzneimittel im medizinischen Sinn handele, könne seiner Zulassung bzw. Registrierung entnommen werden, die nach § 2 Abs. 4 des Arzneimittelgesetzes (AMG) vorgeschrieben sei. Mit dieser Zulassung bzw. Registrierung würden Arzneimittel in eine pharmazeutische Liste, die sog. „Rote Liste“ aufgenommen. Die streitigen Mittel seien in dieser Liste nicht enthalten und hätten somit auch nicht die notwendige Zulassung als Arzneimittel. Weder weise die Medizindatenbank die Mittel aus, noch seien sie als beihilfefähiges Produkt im Anhang 10 aufgeführt. Vielmehr sei es aufgrund der inhaltlichen Zusammensetzung als Nahrungsergänzungsmittel dem Bereich der Lebensmittel und somit der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen. Aufwendungen für Mittel, die geeignet seien, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen, würden bereits im Rahmen der Besoldung berücksichtigt. Würden sie nochmals im Rahmen der Beihilfe berücksichtigt, käme dies einer Überalimentierung gleich. Das verordnete Medikament sei nach seiner objektiven Eigenart und Beschaffenheit dazu bestimmt, als Nahrungsersatz verwendet zu werden. Nahrungsergänzungsmittel und Aufbaupräparate benötigten keine spezielle Zulassung. Sie seien per Definition Lebensmittel oder Güter des täglichen Bedarfs, die die allgemeine Ernährung ergänzen und eine physiologische Wirkung ausüben würden.

4

Am 20.02.2013 hat der Kläger Klage erhoben. Er trägt vor, es gäbe für die Erkrankung seiner Tochter zurzeit noch keine allgemeine Therapie. Bei Krankheiten unbekannter Ursache, zu deren Behandlung es keine allgemein anerkannte Therapie gebe und die schwere existenzbedrohende Formen angenommen hätten, seien auch Behandlungen mit Versuchscharakter zu erstatten. Die Ablehnung der Beihilfegewährung verstoße gegen das Sozialstaatsprinzip und sei mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz nicht vereinbar.

5

Der Kläger beantragt,

6

den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 10.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2013 zu verpflichten, ihm weitere Beihilfe in Höhe von 727,64 Euro für die Rechnungen vom 03. und 16.08.2012 sowie für die Rezepte vom 02.05.2012, 25.06.2012 und 08.08.2012 zu gewähren.

7

Der Beklagte beantragt,

8

die Klage abzuweisen.

9

Er bezieht sich zur Begründung auf die angefochtenen Bescheide und trägt ergänzend vor, vermeintliche Lücken im Gebührenverzeichnis oder anderweitige Auffassungen über den Wert einer ärztlichen Leistung würden keine analoge Bewertung rechtfertigen.

10

Die Kammer hat das Verfahren mit Beschluss vom 04.07.2014 auf den Einzelrichter übertragen.

11

Für die weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge sowie auf die Gerichtsakte und den Inhalt der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 25.09.2014 verwiesen.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Klage ist teilweise begründet. Die Ablehnung bzw. Unterlassung des begehrten Verwaltungsakts ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, soweit ihm die Beihilfe für die mit Rechnungen vom 03. und 16.08.2012 erbrachten ärztlichen Leistungen verwehrt worden ist; im Übrigen ist die Ablehnung rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seien Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat nur teilweise einen Anspruch auf die begehrte Beihilfegewährung.

13

Anspruchsgrundlage hierfür ist § 80 Landesbeamtengesetz Mecklenburg-Vorpommern (LBG M-V) in Verbindung mit den zum Zeitpunkt des Bezuges des verschrieben Präparats in den Jahren 2011 und 2012 gültigen Beihilfevorschriften des Bundes, die das Land Mecklenburg-Vorpommern für anwendbar erklärt hat. Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die die Beihilfe verlangt wird (BVerwG, Urteil vom 27.05.2010 - 2 C 78/08 -, zitiert nach juris). Grundlage für die zu treffende Entscheidung ist daher sowohl der zu den maßgeblichen Zeitpunkten geltende § 80 Abs. 1 LBG M-V sowie die Bundesbeihilfeverordnung (BBhV) vom 13. Februar 2009 in der ab 15. Februar 2009 geltenden Fassung (BGBl. I 2009, 326). Die Bundesbeihilfeverordnung ist auf alle ab dem 15. Februar 2009 entstandenen Aufwendungen anwendbar (vgl. §§ 58 Abs. 1, 59 BBhV) und damit auch auf die im vorliegenden Fall streitigen Aufwendungen.

14

Ein Anspruch des Klägers auf Beihilfe zu den von ihm geltend gemachten Aufwendungen beurteilt sich nach § 80 Abs. 1 LBG i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 1 BBhV. Nach § 80 Abs. 1 LBG werden u.a. in Krankheitsfällen Beihilfen nach Maßgabe des § 80 Bundesbeamtengesetz vom 05.02.2009 (BGBl. I S. 160) einschließlich hierzu ergangener Rechtsvorschriften gewährt. Der Kläger ist als - im Zeitpunkt der Aufwendungen - Beamter nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 BBhV beihilfeberechtigt und seine Tochter nach § 4 Abs. 2 BBhV berücksichtigungsfähig. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 BBhV besteht auf Beihilfe ein Rechtsanspruch. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 BBhV sind Aufwendungen grundsätzlich beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und wirtschaftlich angemessen sind.

15

Die streitbefangenen Aufwendungen für ärztliche Leistungen waren dem Grunde nach notwendig und angemessen. Die Beihilfefähigkeit ist nicht ausdrücklich ausgeschlossen. Die Angemessenheit der Aufwendungen beurteilt sich gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 BBhV bei ärztlichen Leistungen ausschließlich nach dem Gebührenrahmen der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ). Von der Ausnahme in § 6 Abs. 3 Satz 2 BBhV abgesehen umschreibt die BhBV den Begriff der Angemessenheit nicht, sondern verweist auf die Vorschriften der ärztlichen Gebührenordnung. Angemessen und demnach beihilfefähig sind Aufwendungen, die dem Arzt nach Maßgabe der GOÄ zustehen. Ob der Arzt seine Forderung zu Recht geltend gemacht hat, ist eine der Beihilfegewährung vorgreifliche und nach der Natur des Rechtsverhältnisses zwischen Arzt und Patient dem Zivilrecht zuzuordnende Rechtsfrage, über die die Zivilgerichte letztverbindlich zu entscheiden haben. Deren Beurteilung präjudiziert die Angemessenheit der Aufwendungen für ärztliche Leistungen im beihilferechtlichen Sinne. Ist - wie hier - eine Entscheidung im ordentlichen Rechtsweg indes nicht ergangen, hat der Dienstherr zu prüfen, ob die vom Arzt geltend gemachten Ansprüche nach materiellem Recht begründet sind ( siehe: BVerwG, Urteil vom 20. März 2008 - Az.: 2 C 19.06 -, A. 270 § 5 BhV Nr. 18, m. w. N. ).

16

Der hier streitbefangene Honoraranspruch des behandelnden Arztes gegen den Kläger beruht vorliegend auf § 6 Abs. 2 GOÄ (i. V. m. Nr. 5353 GOÄ). Danach können selbstständige ärztliche Leistungen, die in das Gebührenverzeichnis nicht aufgenommen sind, entsprechend einer nach Art, Kosten und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses berechnet werden. Entscheidend für die Beantwortung der Frage, ob eine nach einer bestimmten GOÄ-Nummer abgerechnete ärztliche Leistung beihilfefähig ist, und damit zugleich für die Beurteilung der Angemessenheit von Aufwendungen ist mithin die - vorgreifliche - Auslegung des ärztlichen Gebührenrechtes durch die Zivilgerichte. Denn die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für eine ärztliche Behandlung setzt grundsätzlich voraus, dass der Arzt die Rechnungsbeträge auf der Basis einer zutreffenden Auslegung der Gebührenordnung in Rechnung gestellt hat, das geforderte Honorar ihm also von Rechts wegen zusteht. Dabei muss nicht mit letzter Gewissheit feststehen, wie die Zivilgerichte insoweit entscheiden würden und dürfen Unklarheiten bei der Auslegung der einschlägigen Gebührenordnung nicht zu Lasten des Beamten gehen. Dieser wäre sonst vor die Wahl gestellt, entweder auf sein Risiko eine rechtliche Auseinandersetzung über eine objektiv zweifelhafte Rechtsposition zu führen oder den an sich auf die Beihilfe entfallenden Anteil des zweifelhaften Rechnungsbetrages selbst zu tragen. Deshalb sind die Aufwendungen eines vom Arzt berechneten Betrages schon dann unter Zugrundelegung der Gebührenordnung beihilferechtlich als angemessen anzusehen, wenn sie einer vertretbaren Auslegung der Gebührenordnung entsprechen ( siehe: BVerwG, Urteil vom 20. März 2008, a. a. O., m. w. N. ).

17

Das Gericht hat keinen Anlass zur Annahme, dass die Aufwendungen des vom Arzt berechneten und hier noch streitbefangenen Betrages unter Zugrundelegung der Gebührenordnung keiner vertretbaren Auslegung der Gebührenordnung mehr entsprächen. Der Beklagte hat hierzu nichts vorgetragen. Auch hat er eine entsprechende Prüfung nicht vorgenommen, sondern sich nur darauf beschränkt, zu erklären, dass analoge Ziffern der GOÄ nicht beihilfefähig seien.

18

Da gerade die GOÄ in § 6 Abs. 2 die Abrechenbarkeit von Leistungen vorsieht, die nicht in der GOÄ explizit aufgeführt sind, sind auch sog. Analogleistungen nicht per se von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen (OVG Sachsen-Ahalt, Beschluss vom 24.11.2010 – 1 L 146/10 -, zit. n. juris). Die zur Vereinheitlichung der Verfahrensweise und auch als Hilfestellung für die jeweilige Festsetzungsstelle von der Bundesärztekammer vorgenommenen analogen Bewertungen in dem Verzeichnis (Analogverzeichnis) gehen ebenfalls hiervon aus. Dass die vom behandelnden Arzt herangezogene Gebührenziffer im Analogverzeichnis aufgeführt ist, ist nicht erforderlich. Zwar ist im Rahmen dieser Prüfung das von der Bundesärztekammer herausgegebene Verzeichnis analoger Bewertungen zu berücksichtigen, hieraus lässt sich jedoch nicht der Schluss ziehen, dass die vom Arzt der Tochter des Klägers abgerechnete Gebührenziffer nicht herangezogen werden kann. Dass das Verzeichnis der Bundesärztekammer zu berücksichtigen ist, bedeutet allein, dass für ärztliche Leistungen, die in dem Verzeichnis aufgenommen sind, eine Regelvermutung dahingehend existiert, dass diese angemessen im Sinne der Beihilfevorschriften sind und die Festsetzungsstelle in diesen Fällen im Allgemeinen nicht mehr die Angemessenheit gesondert zu überprüfen hat (siehe zum Ganzen OVG Sachsen-Anhalt, a.a.O.).

19

Demgegenüber ist hieraus der Umkehrschluss nicht zu ziehen. Sofern eine ärztliche Leistung mithin nicht in das Verzeichnis aufgenommen ist, hat die Festsetzungsstelle daher - wie bereits ausgeführt - im konkreten Einzelfall zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 GOÄ vorliegen, d. h. eine analoge Bewertung überhaupt zulässig ist und die Aufwendungen des vom Arzt berechneten Betrages einer vertretbaren Auslegung der Gebührenordnung entsprechen. Die Bundesärztekammer hat nämlich unter www.bundesaerztekammer.de (dort unter: „Gebührenordnung/Abrechnung/Analoge Bewertungen in der GOÄ - eine Einführung“) ausdrücklich ausgeführt:

20

„Das Analogverzeichnis der Bundesärztekammer ist nicht abschließend. […] Der Bedarf an analogen Bewertungen bleibt aber weiterhin. Die verschiedentlich von Kostenträgern vertretene Auffassung, dass mit der GOÄ-Novellierung und der Übernahme der von der Bundesärztekammer empfohlenen Analogpositionen analoge Bewertungen überflüssig seien, ist nicht zutreffend. Der medizinische Fortschritt hält sich weder an Novellierungszeiträume der GOÄ noch an Erscheinungstermine der Ergänzungen des Analogverzeichnisses der Bundesärztekammer. Hinzu kommt, dass das Analogverzeichnis der BÄK niemals abschließend ist, weil -der Beratungsgang im Gebührenordnungsausschuss und Vorstand der Bundesärztekammer sowie das oben dargestellte Verfahren der Abstimmung mit den Kostenträgern nur sukzessive erfolgen kann,-in das Analogverzeichnis nicht alle Vorschläge aufgenommen werden. Das Recht des Arztes auf eigene analoge Bewertung bleibt aber (unter Berücksichtigung der obigen Kriterien) sowohl mit der "neuen" GOÄ als auch mit dem Erscheinen des Analogverzeichnisses der Bundesärztekammer/GOÄ-ANB/ZKA bestehen.“

21

Ob die Gebührennummer 5353 in das Analogverzeichnis aufgenommen worden ist, ist also rechtlich ohne Belang (OVG Sachsen-Anhalt, a.a.O.). Aus der fehlenden positiven Berücksichtigung kann vielmehr gerade nicht geschlussfolgert werden, dass eine (weitergehende) Abrechnung ausgeschlossen ist. Dem stände auch das Gebührenrecht, insbesondere § 6 Abs. 2 GOÄ entgegen, wonach selbstständige ärztliche Leistungen, die in das Gebührenverzeichnis nicht aufgenommen sind, abrechenbar sind, und zwar entsprechend berechnet einer nach Art, Kosten und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses. Dabei unterliegt es auch keinen sachlichen oder rechtlichen Bedenken, wenn zur Prüfung der Vertretbarkeit der Auslegung der Gebührenordnung durch den Arzt und der Ermittlung der nach Art, Kosten und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses sachverständige Dritte in Anspruch genommen werden (siehe zum ganzen OVG Sachsen-Anhalt, a.a.O.).

22

Nach Überzeugung des Gerichts kann die hier streitbefangenen Analogziffern herangezogen werden. Die tatsächlich vom Arzt erbrachte Leistung ist mit der in der Ziffer 5353 aufgeführten Nummer vergleichbar. Im Hinblick auf die Erkrankung der Tochter und dem dem Arzt zuzubilligenden Spielraum entspricht der vom Arzt berechnete Betrag einer vertretbaren Auslegung der Gebührenordnung. Wenn – wie sich im vorliegenden Fall aus den ärztlichen Bescheinigungen ergibt – eine schwerwiegende Erkrankung vorliegt und konventionelle Behandlungen keinen Erfolg gezeigt haben, kommt dem Arzt ein besonders großer Spielraum hinsichtlich der Anwendbarkeit von alternativen Behandlungsmethoden, die die analoge Heranziehung einer Gebührenziffer bedingt, zu. Insofern wird eine solche Abrechnung dann regelmäßig einer vertretbaren Anwendung der Gebührenordnung entsprechen, sofern diese Vermutung nicht von der Beihilfestelle widerlegt wird. Die Kammer hat auch keinerlei Hinweise darauf, dass es sich bei den erbrachten und vorliegend streitbefangenen ärztlichen Leistungen nicht um solche handelt, die einer wissenschaftlich allgemein anerkannten Methode entsprechen und über das Maß einer medizinisch notwendigen ärztlichen Versorgung hinausgegangen wären.

23

Im Übrigen hat der Kläger jedoch keinen Anspruch auf die Gewährung einer Beihilfe. Maßgeblich für die Beurteilung der Notwendigkeit des Bezuges von Heilmitteln ist in erster Linie die ärztliche Verordnung, da das Beihilferecht als Ausprägung des beamtenrechtlichen Fürsorgeprinzips nicht in Konflikt mit der im Patienteninteresse liegenden ärztlichen Therapiefreiheit stehen soll und es daher nicht Aufgabe des in medizinischen Fragen nicht fachkundigen Sachbearbeiters sein kann, die Notwendigkeit von Aufwendungen zu beurteilen. Unerheblich ist daher, ob es sich bei der Behandlung der Tochter des Klägers mit „Sanopal“ um eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode handelt. In Konkretisierung des § 6 Abs. 1 Satz 1 BBhV bestimmt allerdings § 22 BBhV für Arzneimittel, dass diese dann beihilfefähig sind, wenn es sich um Arzneimittel nach § 2 des Arzneimittelgesetzes handelt, die apothekenpflichtig sind (Abs. 1 Nr. 1) und Aufwendungen für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel nicht beihilfefähig sind (Abs. 1 Nr. 3). Danach sind die vom Kläger bezogenen Arzneimittel nicht beihilfefähig, da es sich weder um ein Arzneimittel handelt, noch dieses apotheken- oder verschreibungspflichtig ist. Diese Beschränkung der Beihilfefähigkeit ist nach allgemeiner Rechtsprechung mit höherrangigem Recht vereinbar, da der Beihilfeausschluss auf einer hinreichenden Rechtsgrundlage beruht, der Dienstherr nicht zur umfassenden Beihilfegewährung verpflichtet ist und die Bundesbeihilfeverordnung eine Härtefallregelung enthält.

24

Die Gewährung von Beihilfe findet ihre Grundlage in der Fürsorgepflicht des Dienstherrn (BVerfGE 83, 89/99 m.w.N.). Die Gewährung von Beihilfen ergänzt die Alimentation; dadurch soll der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten u.a. auch im Krankheits- oder Pflegefall gesichert werden (BVerfGE 106, 225/233; BVerwGE 118, 277/284 f. und BVerwG vom 20.3.2008 Az.: 2 C 49.07). Die verfassungsrechtlich verankerte Fürsorgepflicht fordert vom Dienstherrn, dass er Vorkehrungen für den Fall besonderer finanzieller Belastungen durch Krankheits-, Geburts- oder Todesfälle trifft, damit der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten und seiner Familie nicht gefährdet wird. Im verfassungsrechtlich durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützten Kernbereich der Fürsorgepflicht ist dafür Sorge zu tragen, dass der Beamte im Krankheitsfall nicht mit erheblichen finanziellen Aufwendungen belastet bleibt, die er – in zumutbarer Weise – aus seiner Alimentation nicht bestreiten kann. Ob der Dienstherr seiner so umrissenen verfassungsrechtlichen Pflicht zur Fürsorge durch eine entsprechende Bemessung der Dienstbezüge, über Sachleistungen, Zuschüsse oder in sonst geeigneter Weise Genüge tut, bleibt von Verfassungswegen seiner Entscheidung überlassen (BVerfG, a.a.O.). Danach kann der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber grundsätzlich auch einzelne Präparate von der Beihilfefähigkeit ausschließen und den Beamten auf die Deckung der Aufwendungen aus der allgemeinen Alimentation verweisen. Nach dem gegenwärtigen System nicht ausschließbar sind lediglich Aufwendungen, wenn der absehbare Erfolg einer Maßnahme von existenzieller Bedeutung oder notwendig ist, um wesentliche Verrichtungen des täglichen Lebens erledigen zu können (vgl. BVerfGE 106, 225/233; BVerwG vom 31.1.2002 – 2 C 1/01-juris; BVerwG vom 30.5.2008 – 2 C 24.07 – juris mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung).

25

Anders als der Beklagte meint, ergibt sich der Beihilfeausschluss nicht bereits daraus, dass die verordneten Präparate kein zugelassenes bzw. registriertes Arzneimittel i.S.v. § 2 des Arzneimittelgesetzes und deshalb kein Arzneimittel ist. Der (enge) rechtliche Ansatz des Beklagten, wonach der Arzneimittelbegriff von einer rechtlichen Zulassung bzw. Registrierung abhängig sei, wird von der obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. etwa BayVGH, Urteil vom vom 13.12.2010 – 14 BV 08.1982 -, zit n. juris) und der Kammer nicht geteilt. Der beihilferechtliche Arzneimittelbegriff bezieht sich nicht lediglich auf zugelassene Arzneimittel (BayVGH, a.a.O.; VG Berlin, Urteil vom 23. Juli 2007 – 7 A 205.05 –, juris; VG Würzburg · Urteil vom 13. März 2013 · Az. W 1 K 13.15). Die Bundesbeihilfeverordnung enthält selbst keine Definition des Begriffes „Arzneimittel“. Wegen der vollständig anderen Zielrichtung des AMG kann auch nicht ohne weiteres auf die Arzneimitteldefinition aus § 2 Abs. 1 AMG zurückgegriffen werden, allerdings bietet das Arzneimittelrecht einen Anhaltspunkt für die Begriffsbestimmung im Beihilferecht (BVerwG, Urteil vom 30.05.1996, DVBl. 1996, 1149). Insbesondere ist der von der Beklagten bemühte Rückgriff auf § 2 Abs.4 AMG unzutreffend. Danach gilt ein Mittel als Arzneimittel, solange es nach dem AMG als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder von der Zulassung bzw. Registrierung durch Rechtsverordnung freigestellt ist. Hierdurch ist kein Ausschluss der nicht zugelassenen oder registrierten Präparate von dem Begriff eines Arzneimittels bewirkt, solange nicht § 2 Abs. 4 Satz 2 AMG greift, wonach ein Mittel dann nicht als Arzneimittel gilt, wenn die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung mit der Begründung abgelehnt hat, dass es sich nicht um ein Arzneimittel handle. Über die Arzneimitteleigenschaft von Präparaten, für die es keiner Zulassung oder Registrierung bedarf oder die lediglich deshalb nicht zugelassen oder registriert sind, weil nie ein dahingehender Antrag gestellt wurde, enthält § 2 Abs. 4 AMG keinerlei Aussage.

26

Arzneimittel i.S.d. Beihilferechts sind Wirkstoffe, die dem menschlichen Organismus innerlich oder äußerlich zugeführt werden, um einen Krankheitszustand zu beseitigen oder zu bessern, das Fortschreiten einer Krankheit zum Stillstand zu bringen oder zu verlangsamen oder Auswirkungen einer Krankheit zu lindern (OVG Münster, Urteil vom 28.10.1999, DÖD 2000, 136). Der Arzneimittelcharakter eines Präparats ist nicht anhand dessen formeller Einordnung, sondern aufgrund dessen objektiver Eigenart und Beschaffenheit entsprechend der materiellen Zweckbestimmung zu ermitteln (OVG Koblenz, Urteil vom 11.11.2011- 10 A 10670/11 -, zit. n. juris). Maßgeblich ist dafür, wie das Produkt einem durchschnittlich informierten Verbraucher gegenüber in Erscheinung tritt. Entscheidend hierbei ist, ob das Präparat aufgrund seiner objektiven Eigenart und Beschaffenheit beim Verbraucher die Erwartung und Vorstellung begründet, das Präparat diene therapeutischen Zwecken (VG Darmstadt, Urteil vom 15. Dezember 1999 – 5 E 405/95 (3) –, zit. n. juris).

27

Legt man diese an der Eigenart und der Beschaffenheit des Produkts orientierte Begrifflichkeit zugrunde, so mangelt es den streitbefangenen Präparaten allerdings an einer überwiegenden Zweckbestimmung als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn. Es handelt sich um reine Lebensmittel und damit um Güter des täglichen Bedarfs, also um ein Produkt, das zur allgemeinen Lebensführung auch von jedermann genutzt werden kann (vgl. VG München, Urteil vom 14. März 2012 – M 17 K 10/5250 –, juris, dort allgemein zu Nahrungsergänzungsmitteln). Die Präparate werden nicht zur Heilung einer körperlichen Fehlfunktion eingesetzt. Von daher ist die Arzneimitteleigenschaft schon deswegen zu verneinen, weil das Produkt als Lebensmittel i. S. d. §§ 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG; 2 Abs. 2 LFGB anzusehen ist. Der Vollständigkeit halber sei hier noch angeführt, dass auch die aktuelle Bundesbeihilfeverordnung - anders als etwa die bayerische Beihilferegelung - Nahrungsergänzungsmittel oder Güter des täglichen Bedarfs nicht per se von der Beihilfe ausschließt.

28

Der Kläger kann seinen Beihilfeanspruch auch nicht unmittelbar aus der Fürsorgepflicht des Beklagten ableiten. Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn fordert nicht den Ausgleich jeglicher krankheitsbedingter Aufwendungen. Aufgrund des ergänzenden Charakters der Beihilfe müssen von dem Kläger vielmehr Härten und Nachteile hingenommen werden, die sich aus der pauschalisierenden und typisierenden Konkretisierung der Fürsorgepflicht durch die Beihilfevorschriften ergeben und die keine unzumutbare Belastung bedeuten. Im Übrigen muss sich der Kläger außerhalb des Wesenskerns der Fürsorgepflicht des Dienstherrn darauf verweisen lassen, dass es ihm möglich ist, durch eine entsprechend erweiterte Versicherung oder die Bildung von Rücklagen selbst Vorsorge zu treffen (OVG Koblenz, Urteil vom 17.05.2002 – 2 A 11758/01 –, zit. n. juris).

29

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO.

30

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. 708 Nr. 11, 711 ZPO.

31

Gründe für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor (§ 124 VwGO).

32

B E S C H L U S S

33

Der Streitwert wird auf 727,64 € festgesetzt.

34

Gründe

35

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 3 GKG.

(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,

1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder
2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder
a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder
b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.

(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.

(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht

1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes,
2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist,
3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist,
4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes,
5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist,
6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b,
8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.

(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.

(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.

(1) Erzeugnisse sind Lebensmittel, einschließlich Lebensmittelzusatzstoffen, Futtermittel, Mittel zum Tätowieren, kosmetische Mittel und Bedarfsgegenstände.

(2) (weggefallen)

(3) (weggefallen)

(4) (weggefallen)

(5) (weggefallen)

(6) Bedarfsgegenstände sind

1.
Materialien und Gegenstände im Sinne des Artikels 1 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 2004 über Materialien und Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen und zur Aufhebung der Richtlinien 80/590/EWG und 89/109/EWG (ABl. L 338 vom 13.11.2004, S. 4), die durch die Verordnung (EG) Nr. 596/2009 (ABl. L 188 vom 18.7.2009, S. 14) geändert worden ist,
2.
Packungen, Behältnisse oder sonstige Umhüllungen, die dazu bestimmt sind, mit kosmetischen Mitteln in Berührung zu kommen,
3.
Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit den Schleimhäuten des Mundes in Berührung zu kommen,
4.
Gegenstände, die zur Körperpflege bestimmt sind,
5.
Spielwaren und Scherzartikel,
6.
Gegenstände, die dazu bestimmt sind, nicht nur vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung zu kommen, wie Bekleidungsgegenstände, Bettwäsche, Masken, Perücken, Haarteile, künstliche Wimpern, Armbänder,
7.
Reinigungs- und Pflegemittel, die für den häuslichen Bedarf oder für Bedarfsgegenstände im Sinne der Nummer 1 bestimmt sind,
8.
Imprägnierungsmittel und sonstige Ausrüstungsmittel für Bedarfsgegenstände im Sinne der Nummer 6, die für den häuslichen Bedarf bestimmt sind,
9.
Mittel und Gegenstände zur Geruchsverbesserung in Räumen, die zum Aufenthalt von Menschen bestimmt sind.
Bedarfsgegenstände sind nicht
1.
Gegenstände, die
a)
nach § 2 Absatz 2 des Arzneimittelgesetzes als Arzneimittel gelten,
b)
nach Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung als Medizinprodukte oder als Zubehör für Medizinprodukte gelten,
c)
nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Verordnung (EU) Nr. 334/2014 (ABl. L 103 vom 5.4.2014, S. 22; L 305 vom 21.11.2015, S. 55) geändert worden ist, Biozid-Produkte sind,
2.
die in Artikel 1 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 genannten Materialien und Gegenstände, Überzugs- und Beschichtungsmaterialien und Wasserversorgungsanlagen,
3.
veterinärmedizintechnische Produkte im Sinne von § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. Juni 2010 - 13 K 4425/09 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für die Präparate Folplus, Histaminus-Komplex und Kryptosan forte.
Die Klägerin ist als Ruhestandsbeamtin mit einem Bemessungssatz von 70 % beihilfeberechtigt. Unter dem 11.8.2009 beantragte sie u.a. Beihilfe für die Präparate Folplus, Histaminus-Komplex und Kryptosan forte i.H.v. insgesamt 99,25 EUR. Mit Bescheid vom 31.8.2009 lehnte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg die Gewährung von Beihilfeleistungen für diese Präparate ab, da nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO in der ab dem 1.1.2009 gültigen Fassung Aufwendungen für Nahrungsergänzungsmittel von der Beihilfefähigkeit ausgenommen seien. Den hiergegen erhobenen Widerspruch der Klägerin wies es mit Widerspruchsbescheid vom 24.11.2009 zurück.
Die Klägerin hat am 30.11.2009 Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie vor, sie leide u.a. an folgenden Erkrankungen: Asthma bronchiale, Multiple Chemikalien-Sensitivität (im Folgenden: MCS), Vasculitis, Varikosis, Polyneuropathie, Rheumatoide Arthritis, gesicherte Allergien, neuromuskuläre Störungen, Histamin- und Laktoseintoleranzen sowie ausgeprägte Schimmelpilzallergie. Eine ausreichende Versorgung mit Mineralien und Vitaminen aus der täglichen Nahrung sei daher nicht möglich.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 10.6.2010 - zugestellt am 17.6.2010 - abgewiesen. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt: Mit der ab dem 1.1.2009 geltenden Fassung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO habe der Verordnungsgeber den Ausschluss der Beihilfefähigkeit für bestimmte Aufwendungen über den zuvor geltenden Wortlaut hinaus ausdrücklich auf Nahrungsergänzungsmittel erweitert. Damit sei auch ein krankheitsbedingter Sonderbedarf, wie er bei ärztlich verordneten Nahrungsergänzungsmitteln in der Regel vorliege, von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen. Bei den streitgegenständlichen Präparaten handle es sich um Nahrungsergänzungsmittel. Dass diese Mittel aus Anlass von mehreren Erkrankungen der Klägerin ärztlich verordnet worden seien, könne am Ausschluss von der Beihilfefähigkeit nichts ändern.
Gegen das Urteil richtet sich die vom Senat zugelassene Berufung der Klägerin. Der Senat hat am 18.4.2011 die Einholung eines Sachverständigengutach- tens beschlossen, das unter dem 2.12.2011 erstattet worden ist. Zusammenfassend wird darin ausgeführt, dass sich bei der körperlichen Untersuchung der Klägerin bis auf das Vorhandensein eines Bluthochdrucks keine weiteren Auffälligkeiten ergeben hätten. Die durchgeführten Laboruntersuchungen hätten keine nennenswerten Pathologica ergeben. Insbesondere die Bestimmung des Gesamt-IgE habe keinen Hinweis auf das Bestehen einer allergischen Reaktionsbereitschaft gezeigt. Insgesamt wäre sowohl bei einer grundsätzlichen allergischen Reaktionsbereitschaft wie auch bei einer derzeitigen allergischen Exposition ein deutlicher erhöhter Immunglobulin-E-Spiegel zu erwarten. Hinsichtlich des angegebenen MCS-Syndroms sei festzustellen, dass es sich hierbei um einen Symptom-Komplex handle, dessen Ursache multifaktorieller Art zu sein scheine. In den jetzt durchgeführten Untersuchungen hätten sich keine weiteren Hinweise auf das Vorliegen einer MCS ergeben.
Die Klägerin macht geltend, Nahrungsergänzungsmittel i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO könnten nur solche Präparate sein, die keine Arzneimittel darstellten. Sie leide an einem MCS-Syndrom, Asthma bronchiale, Histamin-Intoleranz, Laktose-Intoleranz, Schimmelpilzallergie, Polyneuropathie, Vasculitis, Varikosis, Fibromyalgie, Rheumatische Arthrose sowie vielen Allergien. Beim MCS-Syndrom komme es durch Manganmangel zu Stoffwechselveränderungen und Ansammlungen von Giften. Hiergegen werde Kryptosan forte angewandt. Gegen die bei ihr vorliegende Histamin-Intoleranz werde das Arzneimittel Histaminus-Komplex eingesetzt. Die Notwendigkeit des konsequenten Meidens allergieauslösender Stoffe führe zu einem erheblichen Ernährungs- problem mit Mangelerscheinungen. Gegen die Beschwerden und Schmerzen, die durch Polyneuropathie, Vasculitis, Fibromyalgie, Rheumatische Arthrose hervorgerufen würden, werde u.a. das Medikament Folplus verwendet. Die behandelnde Ärztin habe mit Bescheinigung vom 14.12.2010 ausgeführt, dass die angegebenen Vitamine und Mineralstoffe als Therapiestandard zu werten seien.
Das eingeholte Sachverständigengutachten sei unbrauchbar. Offensichtlich fehle es der Sachverständigen an Kenntnissen und Erfahrungen in der Diagnose und Therapie des MCS-Syndroms. In einem von Hill und anderen herausgegebenen Lehrbuch zur MCS werde die ihr angewandte antioxidative Vitamintherapie als naheliegender Therapieansatz beschrieben.
Zum Sachverhalt trägt die Klägerin ergänzend vor, die MCS sei erstmals 1998 nach einer vierjährigen Behandlung mit entsprechendem Krankheitsverlauf diagnostiziert worden. Bereits zuvor sei 1997 Asthma bronchiale festgestellt worden. Sie sei ab 1975 als Fachlehrerin für Bildende Kunst und Technik tätig gewesen. Bei dieser Tätigkeit sei sie zahlreichen Giftstoffen ausgesetzt gewesen. Im Jahr 1994 sei ihr körperlicher Zustand extrem schlecht gewesen; die Arbeitsbedingungen mit den entsprechenden Giftstoffen hätten zu immer weiteren Krankheitsbildern geführt. Die herkömmlichen Untersuchungsmethoden hätten keine eindeutigen Diagnosen ergeben. Ab 2006 sei sie von ihrer Heilpraktikerin nach Methoden der ganzheitlichen Medizin behandelt worden, worauf sich ihr Zustand langsam verbessert habe. Sie koche und backe seither alles selbst und bereite alle Speisen täglich frisch zu. Das Brot werde mit speziellen Mehlen selbst frisch gebacken, da sie aufgrund ihrer Histamin-Intoleranz und Schimmelpilzallergie Hefe und Sauerteig sowie Zusatzstoffe nicht vertrage. Zudem reagiere sie wegen der Schimmelpilzallergie überempfindlich auf alle Zitrusfrüchte und Konservierungsstoffe der Zitronensäure. Sie könne daher nur Naturheilmittel, Vitamine und Mineralien vertragen, bei denen auf jegliche Zusatzstoffe verzichtet werde. Am besten würden „Bio-Lebensmittel“ vertragen. Fleisch müsse „absolut Bio“ und ganz frisch sein, da sich mit jedem Tag der Lagerung der Histamingehalt erheblich erhöhe. Wegen ihrer Histamin-Intoleranz würden viele Gemüse- und Obstsorten ebenfalls nicht vertragen. Nur durch die konsequente Einnahme von Vitaminen und Mineralien könne der permanenten Unterversorgung entgegengewirkt werden.
Die Klägerin beantragt,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10.6.2010 - 13 K 4425/09 - zu ändern und den Bescheid des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 31.8.2009 und dessen Widerspruchsbescheid vom 24.11.2009 aufzuheben sowie den Beklagten zu verpflichten, ihr die beantragte Beihilfe für die Aufwendungen für die Präparate Folplus, Histaminus-Komplex und Kryptosan forte zu gewähren.
11 
Der Beklagte beantragt,
12 
die Berufung zurückzuweisen.
13 
Er bekräftigt seine Rechtsauffassung, wonach Nahrungsergänzungsmittel generell von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen seien. Sinn und Zweck der Neufassung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO sei eine einfache, in der Praxis handhabbare Regelung gewesen, nicht hingegen eine in jedem Einzelfall aufwendige Ermittlung, ob das Präparat ein Mittel sei, das geeignet sei, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit zu dienen. Das im vorliegenden Fall eingeholte Gutachten komme zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass die streitgegenständlichen Präparate weder abstrakt noch im konkreten Fall geeignet seien, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit zu dienen. Eine MCS-Erkrankung gehe mit erhöhten Entzündungswerten einher. Nach dem Gutachten vom 2.12.2011 habe die Klägerin keine Hinweise auf Entzündungsreaktionen gezeigt. Die Mess- und Untersuchungsergebnisse seien allesamt unauffällig gewesen. Dabei seien auch umweltmedizinische Aspekte berücksichtigt worden. Beispielsweise sei die in einem Artikel von Prof. Dr. Huber geforderte Bestimmung des C-reaktiven Proteins zur Anzeige von Entzündungsprozessen erfolgt.
14 
Die streitgegenständlichen Mittel seien Nahrungsergänzungsmittel. Das Präparat Folplus werde als Nahrungsergänzungsmittel in den Verkehr gebracht und stelle damit ein Nahrungsergänzungsmittel dar. Das Präparat Kryptosan forte sei kein Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne. Es enthalte neben Vitaminen und Mineralstoffen Alkoholverbindungen, Substanzen, die vom Körper selbst produziert würden sowie Glyzin, welches als Geschmacksverstärker in Lebensmitteln eingesetzt werde, und das Silikat-Mineral Zeolith. Ein über eine ernährungsphysiologische Wirkung hinausgehender therapeutischer Nutzen sei von diesen Substanzen nicht zu erwarten. Gleiches gelte für das Präparat Histaminus-Komplex.
15 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die Akten des Verwal-tungsgerichts und die beigezogenen Akten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das angefochtene Urteil ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Zwar ist das Verwaltungsgericht zu Unrecht der Ansicht, die Präparate Folplus, Histaminus-Komplex und Kryptosan forte seien als Nahrungsergänzungsmittel nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO in der seit dem 1.1.2009 geltenden Fassung von der Beihilfefähigkeit generell ausgeschlossen (unten 1). Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch auf die begehrte weitere Beihilfe, weil die Aufwendungen für die genannten Präparate unter den in ihrem Fall gegebenen Umständen nicht als notwendig angesehen werden können (unten 2).
17 
1. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BVO sind aus Anlass einer Krankheit entstandene Aufwendungen für von Ärzten, Zahnärzten oder Heilpraktikern bei Leistungen nach Nr. 1 verbrauchte oder nach Art und Menge schriftlich verordnete Arzneimittel grundsätzlich beihilfefähig. Nach der Rechtsprechung der vormals für das Beihilferecht zuständigen Senate des erkennenden Gerichtshofs sind nach Sinn und Zweck der Beihilfevorschriften unter „Arzneimitteln“ im Sinne dieser Vorschrift Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen zu verstehen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen. Die Frage, ob ein Mittel ein Arzneimittel im Sinne dieser Vorschrift ist, richtet sich nach dieser Rechtsprechung nicht nach der formellen Einordnung eines Mittels im arzneimittelrechtlichen Sinne, sondern nach dem materiellen Zweckcharakter, d. h. danach, ob nach objektiven Maßstäben von dem Mittel eine therapeutische Wirkung zu erwarten ist (ausführl.: Urteil vom 31.8.2010 - 10 S 3384/08 - IÖD 2010, 231; Urteil vom 19.1.2010 - 4 S 1816/07 - PharmR 2010, 307; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.2.2010 - 13 S 2696/09 - juris). Hinsichtlich des materiellen Zweckcharakters ist die - nach wissenschaftlicher oder allgemeiner Verkehrsanschauung bestehende - objektive (Zweck-) Bestimmung entscheidend, also die Eignung des jeweils in Rede stehenden Mittels und namentlich des darin enthaltenen Wirkstoffs, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit zu dienen. Der arznei- und lebensmittelrechtlichen Einordnung kommt jedoch eine indizielle Bedeutung zu: Lässt sich nicht feststellen, welcher Verwendungszweck eines Nahrungsergänzungsmittels überwiegt, ist es im Zweifel regelmäßig als Lebensmittel einzuordnen, denn nach dem ersten Anschein handelt es sich bei einem solchen Mittel auch im beihilferechtlichen Sinne nicht um ein Arzneimittel (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris-Rn. 30 u. 32).
18 
An dieser Rechtsprechung ist auch unter der Geltung der Beihilfeverordnung in ihrer seit dem 1.1.2009 geltenden Fassung vom 30.8.2008 festzuhalten. Zwar ist in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO nunmehr ausdrücklich bestimmt, dass Aufwendungen für Nahrungsergänzungsmittel nicht beihilfefähig sind. Der Senat sieht jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Verordnungsgeber mit dieser die Regelung in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BVO ergänzenden Bestimmung eine grundlegende Änderung des in der bisherigen Rechtsprechung vertretenen Arzneimittelbegriffs vornehmen und Nahrungsergänzungsmittel auch dann von der Beihilfefähigkeit ausschließen wollte, wenn es sich dabei im Sinne der bisherigen Rechtsprechung um Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn handelt. Hätte der Verordnungsgeber eine solche Änderung tatsächlich beabsichtigt, hätte er dies mit der erforderlichen Deutlichkeit zum Ausdruck bringen müssen. Dies wäre z.B. durch einen Verweis auf die entsprechenden Definitionen des AMG, des LFGB oder der NemV (oder deren wörtlicher Übernahme in die BVO) ohne Weiteres möglich gewesen. Der Senat sieht deshalb in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO nur eine Klarstellung, die lediglich für solche Nahrungsergänzungsmittel von Bedeutung ist, die keine Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne sind.
19 
Für ein solches Verständnis der Vorschrift spricht auch, dass nach ihr außer Aufwendungen für Nahrungsergänzungsmittel auch Aufwendungen für Mittel von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen sind, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs soll diese Ausschlussklausel nach ihrem Sinn und Zweck nur solche Aufwendungen von der Beihilfefähigkeit ausnehmen, zu deren Bestreitung der Dienstherr dem Beamten - so wie dies bei den Aufwendungen für die tägliche Ernährung oder für die Körperpflege der Fall ist - eine amtsangemessene Besoldung oder Versorgung zur Verfügung stellt. Der krankheitsbedingte Sonderbedarf wird auch von dieser Ausschlussklausel hingegen nicht erfasst (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 31.8.2010 - 10 S 3384/10 - IÖD 2010, 231; Urteil vom 19.1.2010 - 4 S 1816/07 - PharmR 2010, 307).
20 
Die hier vertretene Auslegung wird auch durch eine weitere Erwägung nahegelegt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 5.5.2010 - 2 C 12.10 - ZBR 2011, 126, insbes. juris-Rn. 13-16) hält die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht den Dienstherrn dazu an, Beihilfe für notwendige und angemessene Aufwendungen im Krankheitsfall nicht ohne Rücksicht auf die wirtschaftlichen Folgen für den Beamten auszuschließen. Er muss im Blick behalten, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten und seiner Familie nicht gefährdet werden darf. Sollen hiernach Aufwendungen für Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne auch dann von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen werden, wenn die herkömmlichen beihilferechtlichen Voraussetzungen der Notwendigkeit und Angemessenheit erfüllt sind, muss der Dienstherr Vorkehrungen treffen, damit dem Beamten nicht erhebliche Aufwendungen verbleiben, die im Hinblick auf die Höhe der Alimentation nicht mehr zumutbar sind. Solche Folgen können etwa bei chronischen Erkrankungen auftreten. Für derartige Fallgestaltungen ist daher grundsätzlich eine entsprechende Härtefallregelung erforderlich. An einer solchen Regelung fehlt es hier jedoch. Die Tatsache, dass der baden-württembergische Verordnungsgeber keine Härtefallregelung getroffen hat, spricht demzufolge ebenfalls für eine Auslegung des in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO geregelten Ausschlusstatbestands im Sinne einer bloßen deklaratorischen Klarstellung.
21 
2. Bei den hier in Rede stehenden Präparaten dürfte es sich arznei- und lebensmittelrechtlich gesehen um Nahrungsergänzungsmittel handeln. Insoweit kann auf die Ausführungen in dem Sachverständigengutachten vom 2.12.2011 sowie die Ausführungen im Schriftsatz des Beklagten vom 22.3.2011 Bezug genommen werden, die der Senat für überzeugend erachtet. Im Fall der Klägerin spricht jedoch Überwiegendes dafür, dass diese Präparate als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne eingesetzt werden, da sie durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit beitragen sollen. Das bedarf jedoch keiner abschließenden Klärung. Denn selbst wenn man zu Gunsten der Klägerin davon ausgeht, dass die ihr verordneten Präparate als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne eingesetzt werden sollen, ist damit noch nicht die Frage beantwortet, ob dieser Zweck hier erreicht werden kann und die verordneten Mittel insbesondere zur Behandlung einer Erkrankung erforderlich sind. Das ist eine Frage der beihilferechtlichen Notwendigkeit (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO), an der es unter den im vorliegenden Fall gegebenen Umständen fehlt.
22 
a) Die Klägerin hat sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im erstinstanzlichen Verfahren als Zweck der eingesetzten Präparate die Bekämpfung eines Mangelzustands genannt. Ausschließlich auf diesen Gesichtspunkt stützen sich auch die ursprünglichen Verordnungen der streitgegenständlichen Präparate durch die Ärztin von W. und die Heilpraktikerin V.. Daran hat die Klägerin auch im Berufungsverfahren weitgehend festgehalten. Dementsprechend hat der Bevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich erklärt, die streitgegenständlichen Präparate dienten primär der Vorbeugung bzw. Bekämpfung von Mangelerscheinungen.
23 
Der Zweck, eine durch die Allergien der Klägerin verursachte Unterversorgung mit bestimmten Vitaminen und Mineralstoffen auszugleichen, wird jedoch schon nicht schlüssig dargetan. Die Klägerin hat zwar detailliert vorgetragen, welche Schwierigkeiten sie bei der Lebensmittelversorgung hat. Allerdings lassen diese Probleme den Schluss auf einen dadurch verursachten Vitamin- oder Mineralstoffmangel nicht zu. Nach der Schilderung der Klägerin verträgt sie zwar insbesondere keine vorgefertigten Lebensmittel. So kann sie ihrem Vortrag zufolge kein gewöhnliches, beim Bäcker erworbenes Brot zu sich nehmen; sie backt jedoch aus hochwertigen schad- und konservierungsstofffreien Zutaten ihr eigenes Brot. Auch Fleisch verträgt sie ihrem Vortrag zufolge, wenn es frisch und „absolut Bio“ ist. An Obst und Gemüse nimmt sie nach ihrer Aufstellung vom 16.4.2012 Karotten, Zwiebeln und Äpfel täglich, Brokkoli, gekochte Tomaten und Bananen zumindest einmal wöchentlich sowie Kohlrabi und Paprika in mehrwöchentlichem Abstand zu sich. Dass bei dieser Art der Ernährung Mangelerscheinungen auftreten könnten, ist nicht ersichtlich. Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Klägerin weitestgehend daran gehindert ist, Fertigprodukte zu sich zu nehmen, und deshalb einen besonders hohen Aufwand beim Einkauf und der Zubereitung von Speisen treiben muss. Dieser hohe Aufwand führt aber im Ergebnis dazu, dass sie sogar besonders hochwertige Lebensmittel zu sich nimmt, und lässt damit nicht auf das Auftreten von Mangelerscheinungen schließen.
24 
Zudem ist ein Vitamin- oder Mineralstoffmangel nicht laborärztlich diagnostiziert worden. Eine Untersuchung des Vitaminstatus der Klägerin ist - soweit bekannt - niemals erfolgt. Aber auch ein Mangel an Mineralstoffen und Spurenelementen ist nicht festgestellt worden. Bei einer am 14.8.2006 durchgeführten Untersuchung ihrer Haare lagen die Werte für Mineralstoffe und Spurenelemente größtenteils im (unteren) Normalbereich; lediglich der Wert für Mangan lag mit 0,069 ppm minimal unter dem Wert für den Normalbereich mit 0,07 bis 1 ppm.
25 
Bei dieser Sachlage handelt es sich hier um eine Behandlung „ins Blaue“ hinein. Die streitgegenständlichen Präparate sind ohne hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass tatsächlich eine entsprechende Unterversorgung gegeben sein könnte, verordnet worden. Die Feststellung der Notwendigkeit einer Behandlung setzt aber immer eine entsprechende aussagekräftige Diagnose voraus. Eine bloße nicht abgesicherte Behandlung auf Verdacht ist beihilferechtlich nicht notwendig i.S.v. § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO.
26 
b) Als Reaktion auf das seitens des Senats eingeholte Sachverständigengutachten hat die Klägerin allerdings vorgetragen, die streitgegenständlichen Mittel würden zur antioxidativen Therapie ihrer MCS eingesetzt. Diese Zweckbestimmung lässt sich jedoch den ursprünglichen ärztlichen Verordnungen und der Verordnung ihrer Heilpraktikerin nicht entnehmen. Jedenfalls aber fehlt es auch insoweit an der beihilferechtlichen Notwendigkeit i.S.v. § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO.
27 
Bei der MCS handelt es sich um eine Erkrankung, deren Entstehung umstritten ist. Die Spanne reicht von rein umweltmedizinischen bis zu rein psychosomatischen Erklärungen. Letztlich dürften sich vermittelnde Auffassungen durchgesetzt haben, wonach es sich um eine multifaktorielle Erkrankung handelt (s. das Gutachten mit Anlagen; Deutscher Berufsverband der Umweltmediziner (Hg.), Handlungsorientierte umweltmedizinische Praxisleitlinie 2011; Prof. Dr. Wolfgang Huber, „Artikel des Monats Januar 2011 Teil 6: CFS, MCS, FMS - Therapie und Differentialdiagnostik“; Hill et al.; Multiple Chemikalien-Sensitivität, 3. Aufl. 2010, S. 334).
28 
Welcher Erklärungsansatz überzeugender ist, muss im Rahmen dieses Rechtsstreits nicht geklärt werden. Sollte es sich um eine rein psychosomatische Erkrankung handeln, kann es sich bei der Gabe von Vitaminen und Spurenelementen von vornherein um keine notwendige Behandlung handeln. Aber auch wenn man dem von der Klägerin für richtig gehaltenen umweltmedizinischen Ansatz folgt, ist dies nicht der Fall.
29 
Es ist im Falle der Klägerin schon nicht eindeutig geklärt, ob eine MCS im Sinne einer umweltmedizinischen Erkrankung überhaupt vorliegt. Entsprechende objektive Messwerte, die auf eine MCS hinweisen könnten, liegen nicht vor. Das Sachverständigengutachten hat keine Laborwerte ergeben, die in diese Richtung deuten könnten. Bei der bereits erwähnten Haaranalyse vom 14.8.2006 wurden an toxischen Elementen lediglich Cadmium, Blei und Aluminium - allerdings jeweils im untersten Normalbereich - festgestellt. Auch sonst dürften die nach dem umweltmedizinischen Ansatz erforderlichen differentialdiagnostischen Abklärungen nicht erfolgt sein (s. hierzu: Deutscher Berufsverband der Umweltmediziner (Hg.), Handlungsorientierte umweltmedizinische Praxisleitlinie 2011; Prof. Dr. Wolfgang Huber, „Artikel des Monats Januar 2011 Teil 6: CFS, MCS, FMS - Therapie und Differentialdiagnostik“; Hill et al., Multiple Chemikalien-Sensitivität, 3. Aufl. 2010, S. 252 ff.).
30 
Jedenfalls aber ist die Behandlung als solche ebenfalls ohne die gebotene diagnostische Abklärung erfolgt. Gerade die Vertreter des umweltmedizinischen Ansatzes verlangen, dass eine antioxidative Therapie durch die Gabe von Vitaminen nicht „ins Blaue“ hinein erfolgt, sondern durch eine sorgfältige laboranalytische Untersuchung des Redoxstatus kontrolliert werden soll, um z.B. schädliche Vitamin-Überdosierungen zu vermeiden (so ausdrückl. Hill et al., Multiple Chemikalien-Sensitivität, 3. Aufl. 2010, S. 252 ff.). Dass hier solche Untersuchungen erfolgt sind, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Eine bloße Behandlung auf Verdacht ist auch in diesem Zusammenhang nicht notwendig i.S.v. § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO.
31 
3. Eine weitere Aufklärung des Sachverhalts durch die Einholung eines weiteren (oder die Ergänzung des vorliegenden) Gutachtens, die die Klägerin ursprünglich noch angeregt hatte, ist nach alledem nicht erforderlich. Die Bedeutung des eingeholten Sachverständigengutachtens liegt vor allem in der „klassischen“ Diagnostik, d.h. den erhobenen Werten an sich und dem Ausschluss herkömmlicher (internistischer) Erkrankungen mit Ausnahme eines Asthma bronchiale. Insoweit erhebt auch die Klägerin keine Einwendungen gegen die in dem Gutachten getroffenen Feststellungen.
32 
Wie die Klägerin zu Recht geltend macht lässt sich eine abschließende Bewertung der Entstehung, Diagnose und Therapie einer MCS-Erkrankung - sowohl allgemein als auch in ihrem Einzelfall - dem Gutachten hingegen nicht entnehmen. Der Senat ist jedoch insoweit von dem umweltmedizinischen Ansatz ausgegangen, den auch die Klägerin vertritt. Soweit die Klägerin die Ausführungen des Gutachtens zur Frage der Arzneimitteleigenschaft angreift, hat der Senat zu ihren Gunsten angenommen, dass es sich bei den streitgegenständlichen Präparaten um Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne handelt.
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
34 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
35 
Beschluss vom 2. August 2012
36 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 69,47 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
37 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
16 
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das angefochtene Urteil ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Zwar ist das Verwaltungsgericht zu Unrecht der Ansicht, die Präparate Folplus, Histaminus-Komplex und Kryptosan forte seien als Nahrungsergänzungsmittel nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO in der seit dem 1.1.2009 geltenden Fassung von der Beihilfefähigkeit generell ausgeschlossen (unten 1). Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch auf die begehrte weitere Beihilfe, weil die Aufwendungen für die genannten Präparate unter den in ihrem Fall gegebenen Umständen nicht als notwendig angesehen werden können (unten 2).
17 
1. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BVO sind aus Anlass einer Krankheit entstandene Aufwendungen für von Ärzten, Zahnärzten oder Heilpraktikern bei Leistungen nach Nr. 1 verbrauchte oder nach Art und Menge schriftlich verordnete Arzneimittel grundsätzlich beihilfefähig. Nach der Rechtsprechung der vormals für das Beihilferecht zuständigen Senate des erkennenden Gerichtshofs sind nach Sinn und Zweck der Beihilfevorschriften unter „Arzneimitteln“ im Sinne dieser Vorschrift Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen zu verstehen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen. Die Frage, ob ein Mittel ein Arzneimittel im Sinne dieser Vorschrift ist, richtet sich nach dieser Rechtsprechung nicht nach der formellen Einordnung eines Mittels im arzneimittelrechtlichen Sinne, sondern nach dem materiellen Zweckcharakter, d. h. danach, ob nach objektiven Maßstäben von dem Mittel eine therapeutische Wirkung zu erwarten ist (ausführl.: Urteil vom 31.8.2010 - 10 S 3384/08 - IÖD 2010, 231; Urteil vom 19.1.2010 - 4 S 1816/07 - PharmR 2010, 307; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.2.2010 - 13 S 2696/09 - juris). Hinsichtlich des materiellen Zweckcharakters ist die - nach wissenschaftlicher oder allgemeiner Verkehrsanschauung bestehende - objektive (Zweck-) Bestimmung entscheidend, also die Eignung des jeweils in Rede stehenden Mittels und namentlich des darin enthaltenen Wirkstoffs, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit zu dienen. Der arznei- und lebensmittelrechtlichen Einordnung kommt jedoch eine indizielle Bedeutung zu: Lässt sich nicht feststellen, welcher Verwendungszweck eines Nahrungsergänzungsmittels überwiegt, ist es im Zweifel regelmäßig als Lebensmittel einzuordnen, denn nach dem ersten Anschein handelt es sich bei einem solchen Mittel auch im beihilferechtlichen Sinne nicht um ein Arzneimittel (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris-Rn. 30 u. 32).
18 
An dieser Rechtsprechung ist auch unter der Geltung der Beihilfeverordnung in ihrer seit dem 1.1.2009 geltenden Fassung vom 30.8.2008 festzuhalten. Zwar ist in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO nunmehr ausdrücklich bestimmt, dass Aufwendungen für Nahrungsergänzungsmittel nicht beihilfefähig sind. Der Senat sieht jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Verordnungsgeber mit dieser die Regelung in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BVO ergänzenden Bestimmung eine grundlegende Änderung des in der bisherigen Rechtsprechung vertretenen Arzneimittelbegriffs vornehmen und Nahrungsergänzungsmittel auch dann von der Beihilfefähigkeit ausschließen wollte, wenn es sich dabei im Sinne der bisherigen Rechtsprechung um Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn handelt. Hätte der Verordnungsgeber eine solche Änderung tatsächlich beabsichtigt, hätte er dies mit der erforderlichen Deutlichkeit zum Ausdruck bringen müssen. Dies wäre z.B. durch einen Verweis auf die entsprechenden Definitionen des AMG, des LFGB oder der NemV (oder deren wörtlicher Übernahme in die BVO) ohne Weiteres möglich gewesen. Der Senat sieht deshalb in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO nur eine Klarstellung, die lediglich für solche Nahrungsergänzungsmittel von Bedeutung ist, die keine Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne sind.
19 
Für ein solches Verständnis der Vorschrift spricht auch, dass nach ihr außer Aufwendungen für Nahrungsergänzungsmittel auch Aufwendungen für Mittel von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen sind, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs soll diese Ausschlussklausel nach ihrem Sinn und Zweck nur solche Aufwendungen von der Beihilfefähigkeit ausnehmen, zu deren Bestreitung der Dienstherr dem Beamten - so wie dies bei den Aufwendungen für die tägliche Ernährung oder für die Körperpflege der Fall ist - eine amtsangemessene Besoldung oder Versorgung zur Verfügung stellt. Der krankheitsbedingte Sonderbedarf wird auch von dieser Ausschlussklausel hingegen nicht erfasst (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 31.8.2010 - 10 S 3384/10 - IÖD 2010, 231; Urteil vom 19.1.2010 - 4 S 1816/07 - PharmR 2010, 307).
20 
Die hier vertretene Auslegung wird auch durch eine weitere Erwägung nahegelegt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 5.5.2010 - 2 C 12.10 - ZBR 2011, 126, insbes. juris-Rn. 13-16) hält die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht den Dienstherrn dazu an, Beihilfe für notwendige und angemessene Aufwendungen im Krankheitsfall nicht ohne Rücksicht auf die wirtschaftlichen Folgen für den Beamten auszuschließen. Er muss im Blick behalten, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten und seiner Familie nicht gefährdet werden darf. Sollen hiernach Aufwendungen für Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne auch dann von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen werden, wenn die herkömmlichen beihilferechtlichen Voraussetzungen der Notwendigkeit und Angemessenheit erfüllt sind, muss der Dienstherr Vorkehrungen treffen, damit dem Beamten nicht erhebliche Aufwendungen verbleiben, die im Hinblick auf die Höhe der Alimentation nicht mehr zumutbar sind. Solche Folgen können etwa bei chronischen Erkrankungen auftreten. Für derartige Fallgestaltungen ist daher grundsätzlich eine entsprechende Härtefallregelung erforderlich. An einer solchen Regelung fehlt es hier jedoch. Die Tatsache, dass der baden-württembergische Verordnungsgeber keine Härtefallregelung getroffen hat, spricht demzufolge ebenfalls für eine Auslegung des in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO geregelten Ausschlusstatbestands im Sinne einer bloßen deklaratorischen Klarstellung.
21 
2. Bei den hier in Rede stehenden Präparaten dürfte es sich arznei- und lebensmittelrechtlich gesehen um Nahrungsergänzungsmittel handeln. Insoweit kann auf die Ausführungen in dem Sachverständigengutachten vom 2.12.2011 sowie die Ausführungen im Schriftsatz des Beklagten vom 22.3.2011 Bezug genommen werden, die der Senat für überzeugend erachtet. Im Fall der Klägerin spricht jedoch Überwiegendes dafür, dass diese Präparate als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne eingesetzt werden, da sie durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit beitragen sollen. Das bedarf jedoch keiner abschließenden Klärung. Denn selbst wenn man zu Gunsten der Klägerin davon ausgeht, dass die ihr verordneten Präparate als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne eingesetzt werden sollen, ist damit noch nicht die Frage beantwortet, ob dieser Zweck hier erreicht werden kann und die verordneten Mittel insbesondere zur Behandlung einer Erkrankung erforderlich sind. Das ist eine Frage der beihilferechtlichen Notwendigkeit (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO), an der es unter den im vorliegenden Fall gegebenen Umständen fehlt.
22 
a) Die Klägerin hat sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im erstinstanzlichen Verfahren als Zweck der eingesetzten Präparate die Bekämpfung eines Mangelzustands genannt. Ausschließlich auf diesen Gesichtspunkt stützen sich auch die ursprünglichen Verordnungen der streitgegenständlichen Präparate durch die Ärztin von W. und die Heilpraktikerin V.. Daran hat die Klägerin auch im Berufungsverfahren weitgehend festgehalten. Dementsprechend hat der Bevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich erklärt, die streitgegenständlichen Präparate dienten primär der Vorbeugung bzw. Bekämpfung von Mangelerscheinungen.
23 
Der Zweck, eine durch die Allergien der Klägerin verursachte Unterversorgung mit bestimmten Vitaminen und Mineralstoffen auszugleichen, wird jedoch schon nicht schlüssig dargetan. Die Klägerin hat zwar detailliert vorgetragen, welche Schwierigkeiten sie bei der Lebensmittelversorgung hat. Allerdings lassen diese Probleme den Schluss auf einen dadurch verursachten Vitamin- oder Mineralstoffmangel nicht zu. Nach der Schilderung der Klägerin verträgt sie zwar insbesondere keine vorgefertigten Lebensmittel. So kann sie ihrem Vortrag zufolge kein gewöhnliches, beim Bäcker erworbenes Brot zu sich nehmen; sie backt jedoch aus hochwertigen schad- und konservierungsstofffreien Zutaten ihr eigenes Brot. Auch Fleisch verträgt sie ihrem Vortrag zufolge, wenn es frisch und „absolut Bio“ ist. An Obst und Gemüse nimmt sie nach ihrer Aufstellung vom 16.4.2012 Karotten, Zwiebeln und Äpfel täglich, Brokkoli, gekochte Tomaten und Bananen zumindest einmal wöchentlich sowie Kohlrabi und Paprika in mehrwöchentlichem Abstand zu sich. Dass bei dieser Art der Ernährung Mangelerscheinungen auftreten könnten, ist nicht ersichtlich. Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Klägerin weitestgehend daran gehindert ist, Fertigprodukte zu sich zu nehmen, und deshalb einen besonders hohen Aufwand beim Einkauf und der Zubereitung von Speisen treiben muss. Dieser hohe Aufwand führt aber im Ergebnis dazu, dass sie sogar besonders hochwertige Lebensmittel zu sich nimmt, und lässt damit nicht auf das Auftreten von Mangelerscheinungen schließen.
24 
Zudem ist ein Vitamin- oder Mineralstoffmangel nicht laborärztlich diagnostiziert worden. Eine Untersuchung des Vitaminstatus der Klägerin ist - soweit bekannt - niemals erfolgt. Aber auch ein Mangel an Mineralstoffen und Spurenelementen ist nicht festgestellt worden. Bei einer am 14.8.2006 durchgeführten Untersuchung ihrer Haare lagen die Werte für Mineralstoffe und Spurenelemente größtenteils im (unteren) Normalbereich; lediglich der Wert für Mangan lag mit 0,069 ppm minimal unter dem Wert für den Normalbereich mit 0,07 bis 1 ppm.
25 
Bei dieser Sachlage handelt es sich hier um eine Behandlung „ins Blaue“ hinein. Die streitgegenständlichen Präparate sind ohne hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass tatsächlich eine entsprechende Unterversorgung gegeben sein könnte, verordnet worden. Die Feststellung der Notwendigkeit einer Behandlung setzt aber immer eine entsprechende aussagekräftige Diagnose voraus. Eine bloße nicht abgesicherte Behandlung auf Verdacht ist beihilferechtlich nicht notwendig i.S.v. § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO.
26 
b) Als Reaktion auf das seitens des Senats eingeholte Sachverständigengutachten hat die Klägerin allerdings vorgetragen, die streitgegenständlichen Mittel würden zur antioxidativen Therapie ihrer MCS eingesetzt. Diese Zweckbestimmung lässt sich jedoch den ursprünglichen ärztlichen Verordnungen und der Verordnung ihrer Heilpraktikerin nicht entnehmen. Jedenfalls aber fehlt es auch insoweit an der beihilferechtlichen Notwendigkeit i.S.v. § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO.
27 
Bei der MCS handelt es sich um eine Erkrankung, deren Entstehung umstritten ist. Die Spanne reicht von rein umweltmedizinischen bis zu rein psychosomatischen Erklärungen. Letztlich dürften sich vermittelnde Auffassungen durchgesetzt haben, wonach es sich um eine multifaktorielle Erkrankung handelt (s. das Gutachten mit Anlagen; Deutscher Berufsverband der Umweltmediziner (Hg.), Handlungsorientierte umweltmedizinische Praxisleitlinie 2011; Prof. Dr. Wolfgang Huber, „Artikel des Monats Januar 2011 Teil 6: CFS, MCS, FMS - Therapie und Differentialdiagnostik“; Hill et al.; Multiple Chemikalien-Sensitivität, 3. Aufl. 2010, S. 334).
28 
Welcher Erklärungsansatz überzeugender ist, muss im Rahmen dieses Rechtsstreits nicht geklärt werden. Sollte es sich um eine rein psychosomatische Erkrankung handeln, kann es sich bei der Gabe von Vitaminen und Spurenelementen von vornherein um keine notwendige Behandlung handeln. Aber auch wenn man dem von der Klägerin für richtig gehaltenen umweltmedizinischen Ansatz folgt, ist dies nicht der Fall.
29 
Es ist im Falle der Klägerin schon nicht eindeutig geklärt, ob eine MCS im Sinne einer umweltmedizinischen Erkrankung überhaupt vorliegt. Entsprechende objektive Messwerte, die auf eine MCS hinweisen könnten, liegen nicht vor. Das Sachverständigengutachten hat keine Laborwerte ergeben, die in diese Richtung deuten könnten. Bei der bereits erwähnten Haaranalyse vom 14.8.2006 wurden an toxischen Elementen lediglich Cadmium, Blei und Aluminium - allerdings jeweils im untersten Normalbereich - festgestellt. Auch sonst dürften die nach dem umweltmedizinischen Ansatz erforderlichen differentialdiagnostischen Abklärungen nicht erfolgt sein (s. hierzu: Deutscher Berufsverband der Umweltmediziner (Hg.), Handlungsorientierte umweltmedizinische Praxisleitlinie 2011; Prof. Dr. Wolfgang Huber, „Artikel des Monats Januar 2011 Teil 6: CFS, MCS, FMS - Therapie und Differentialdiagnostik“; Hill et al., Multiple Chemikalien-Sensitivität, 3. Aufl. 2010, S. 252 ff.).
30 
Jedenfalls aber ist die Behandlung als solche ebenfalls ohne die gebotene diagnostische Abklärung erfolgt. Gerade die Vertreter des umweltmedizinischen Ansatzes verlangen, dass eine antioxidative Therapie durch die Gabe von Vitaminen nicht „ins Blaue“ hinein erfolgt, sondern durch eine sorgfältige laboranalytische Untersuchung des Redoxstatus kontrolliert werden soll, um z.B. schädliche Vitamin-Überdosierungen zu vermeiden (so ausdrückl. Hill et al., Multiple Chemikalien-Sensitivität, 3. Aufl. 2010, S. 252 ff.). Dass hier solche Untersuchungen erfolgt sind, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Eine bloße Behandlung auf Verdacht ist auch in diesem Zusammenhang nicht notwendig i.S.v. § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO.
31 
3. Eine weitere Aufklärung des Sachverhalts durch die Einholung eines weiteren (oder die Ergänzung des vorliegenden) Gutachtens, die die Klägerin ursprünglich noch angeregt hatte, ist nach alledem nicht erforderlich. Die Bedeutung des eingeholten Sachverständigengutachtens liegt vor allem in der „klassischen“ Diagnostik, d.h. den erhobenen Werten an sich und dem Ausschluss herkömmlicher (internistischer) Erkrankungen mit Ausnahme eines Asthma bronchiale. Insoweit erhebt auch die Klägerin keine Einwendungen gegen die in dem Gutachten getroffenen Feststellungen.
32 
Wie die Klägerin zu Recht geltend macht lässt sich eine abschließende Bewertung der Entstehung, Diagnose und Therapie einer MCS-Erkrankung - sowohl allgemein als auch in ihrem Einzelfall - dem Gutachten hingegen nicht entnehmen. Der Senat ist jedoch insoweit von dem umweltmedizinischen Ansatz ausgegangen, den auch die Klägerin vertritt. Soweit die Klägerin die Ausführungen des Gutachtens zur Frage der Arzneimitteleigenschaft angreift, hat der Senat zu ihren Gunsten angenommen, dass es sich bei den streitgegenständlichen Präparaten um Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne handelt.
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
34 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
35 
Beschluss vom 2. August 2012
36 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 69,47 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
37 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tatbestand

1

Die 1918 geborene vormalige Klägerin war als Witwe eine Oberamtsrats (Besoldungsgruppe A 13) beihilfeberechtigt. Sie ist im Jahr 2008 verstorben; die Kläger führen das Klageverfahren als Miterben fort.

2

Im Jahr 2004 wurde die Klägerin in einem Pflegeheim untergebracht, das sie kurz darauf wechselte. Seinerzeit war ihr die Pflegestufe II zuerkannt worden. Die ihr für die Unterbringung in den beiden Pflegeheimen entstandenen Kosten setzten sich zusammen aus Pflegekosten, Unterkunfts- und Verpflegungskosten sowie Investitionskosten. Ihre private Pflegepflichtversicherung erstattete einen Teil der Pflegekosten. Für die restlichen Pflegekosten und für die übrigen Kosten der Heimunterbringung beantragte sie die Gewährung von Beihilfen. Die Beklagte erstattete jeweils 70 % der monatlich entstandenen Aufwendungen für die stationäre Pflege.

3

Für Oktober 2004 gewährte die Beklagte zusätzlich eine Beihilfe zu den Unterkunfts- und Verpflegungskosten der Klägerin. Die nicht durch Beihilfe- und Versicherungsleistungen gedeckten Pflegeheimkosten beliefen sich im Juli 2004 auf 1 403,66 €, im Oktober 2004 auf 1 481,62 €. Diesen Belastungen stand das Witwengeld der Klägerin von monatlich 1 855,28 € brutto bzw. 1 863,07 € gegenüber.

4

Nach erfolglosen Widersprüchen hat die Klägerin Klage mit dem Ziel erhoben, ihr weitere Beihilfen von 166 € für Juli 2004 und 411 € für Oktober 2004 zu gewähren.

5

Das Berufungsgericht hat die Beklagte verpflichtet, über die Gewährung der weiteren Beihilfen erneut zu entscheiden. Aus den Gründen des Berufungsurteils ergibt sich, dass das Berufungsgericht die Beklagte für verpflichtet hält, den Bemessungssatz für die Beihilfe zu den stationären Pflegekosten von jeweils 70 % auf 78,37 % (für Juli 2004) und 79,4 % (für Oktober 2004) der beihilfefähigen Aufwendungen zu erhöhen. Dies sei erforderlich, um sicherzustellen, dass der Klägerin die Mittel für eine angemessene Lebensführung zur Verfügung gestanden hätten. Hierfür hätten ihr 30 % der Bruttobeträge des Witwengeldes verbleiben müssen. Auch müsse die Beklagte über die Erstattung der Kranken- und Pflegeversicherungsprämien im Wege der weiteren Erhöhung des Beihilfebemessungssatzes entscheiden.

6

Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts.

7

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 26. November 2009 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 18. April 2008 aufzuheben und die Klage, soweit sie nicht zurückgenommen worden ist, abzuweisen.

8

Die Kläger beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

9

Der Vertreter des Bundesinteresses hält das Berufungsurteil für unzutreffend. Dem Erfolg des Klagebegehrens stehe entgegen, dass die geltend bemachte Unteralimentation nicht durch Gewährung höherer Beilhilfen beseitigt werden könne.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beklagten, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 141 Satz 1, § 125 Abs. 1, § 101 Abs. 2 VwGO), ist überwiegend nicht begründet.

11

Zutreffend hat das Berufungsgericht einen Anspruch auf Erhöhung des Beihilfebemessungssatzes zur Bestreitung der ungedeckten Pflegekosten aus § 12 Abs. 5 Buchst. c der Verordnung über die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen (Beihilfenverordnung - BVO) in der hier anzuwendenden Fassung vom 27. Januar 2004 (GV. NRW S. 30) hergeleitet (1.). Es verstößt jedoch gegen revisibles Recht, soweit es die Verpflichtung zur Neubescheidung auf die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung erstreckt hat (2.).

12

Der Beihilfeanspruch der vormaligen Klägerin ist mit deren Tod im Wege der Erbfolge gemäß § 1922 Abs. 1 BGB auf die Kläger übergegangen. Diese führen den Rechtsstreit fort; eine Klageänderung liegt nicht vor (vgl. Urteil vom 29. April 2010 - BVerwG 2 C 77.08 - BVerwGE 137, 30 Rn. 7 ff. = Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 37). Die Regelung des § 14 BVO NRW ist damit gegenstandslos geworden.

13

1. Nach § 12 Abs. 5 Buchst. c BVO NRW können die Bemessungssätze der Absätze 1, 3 und 4 im Einzelfall in besonderen Ausnahmefällen, die nur bei Anlegung des strengsten Maßstabes anzunehmen sind, erhöht werden. Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Buchst. b BVO NRW beträgt der Bemessungssatz für Versorgungsempfänger wie die Klägerin 70 % der beihilfefähigen Aufwendungen. Wie sich aus § 5 Abs. 1, Abs. 7 BVO NRW ergibt, sind dies die Aufwendungen u.a. für die stationäre Pflege nach Maßgabe des Pflegesatzes, nicht aber die Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung sowie Investitionskosten. Hierbei handelt es sich um allgemeine Lebenshaltungskosten, die in aller Regel aus den Versorgungsbezügen zu bestreiten sind. Dementsprechend sind sie nur unter den besonderen Voraussetzungen des § 5 Abs. 7 Satz 2 BVO NRW beihilfefähig.

14

Der unbestimmte Rechtsbegriff des besonderen Ausnahmefalles ist verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass den Anforderungen des durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten Alimentationsgrundsatzes Rechnung getragen wird.

15

Die in Art. 33 Abs. 5 GG verankerte Pflicht des Dienstherrn zur Sicherstellung des amtsangemessenen Lebensunterhalts erstreckt sich auch auf Lebenslagen, die einen erhöhten Bedarf begründen. Die verfassungsrechtliche Alimentationspflicht gebietet dem Dienstherrn, Vorkehrungen zu treffen, dass die notwendigen und angemessenen Maßnahmen im Falle von Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Geburt und Tod nicht aus wirtschaftlichen Gründen unterbleiben, weil sie der Beamte mit der Regelalimentation nicht bewältigen kann, oder dass der amtsangemessene Lebensunterhalt wegen der finanziellen Belastungen in diesen Ausnahmesituationen nicht gefährdet wird (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 15. Mai 1985 - BVerfGE 70, 69 <79> und vom 7. November 2002 - BVerfGE 106, 225 <232>, BVerwG, Urteile vom 3. Juli 2003 - BVerwG 2 C 36.02 - BVerwGE 118, 277 <279> = Buchholz 237.6 § 87c NdsLBG Nr. 1, vom 20. März 2008 - BVerwG 2 C 49.07 - BVerwGE 131, 20 Rn. 20 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 94 und vom 29. April 2010 a.a.O. Rn. 13).

16

Sind die Dienst- und Versorgungsbezüge so bemessen, dass sie eine zumutbare Eigenvorsorge nur im Hinblick auf einen Teil der durch Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Geburt und Tod begründeten Belastungen ermöglichen, so hat der Dienstherr zusätzliche Vorkehrungen zu treffen, damit der Beamte die Belastungen, die den Umfang der Eigenvorsorge überschreiten, ebenfalls tragen kann. Wenn sich der Dienstherr für das "Mischsystem" aus Eigenleistungen des Beamten und Beihilfen entscheidet, so muss gewährleistet sein, dass der Beamte nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die er auch über eine ihm zumutbare Eigenvorsorge nicht abzusichern vermag. Diese Funktion erfüllt die ergänzend gewährte Beihilfe für einen Teil der Aufwendungen insbesondere in Krankheits- und Pflegefällen (stRspr, zuletzt Urteil vom 29. April 2010 a.a.O. Rn. 14 m.w.N. auch zur Rechtsprechung des BVerfG).

17

Eigenvorsorge bedeutet nicht, dass die Beamten die hierfür erforderlichen Mittel vollständig aus der Regelalimentation (Dienst- oder Versorgungsbezüge) oder - soweit vorhanden - aus sonstigem Einkommen und Vermögen bestreiten müssen. Vielmehr muss die Regelalimentation betragsmäßig so bemessen sein, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt auch nach Abzug der Kosten für die Eigenvorsorge (Versicherungsprämien) gewahrt bleibt (BVerfG, Beschluss vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 1715/03 u.a. - NJW 2008, 137 Rn. 28 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 20. März 2008 - BVerwG 2 C 49.07 - BVerwGE 131, 20 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 94 Rn. 20 f., stRspr).

18

Die Alimentation wird unabhängig von sonstigem Einkommen oder Vermögen gewährt. Dies gilt nicht nur für die Regelalimentation, sondern ebenso für die Alimentation in besonderen Lebenslagen. Deshalb dürfen Beamte oder Versorgungsempfänger weder bei der Beurteilung der Amtsangemessenheit des Lebensunterhalts nach Abzug der Pflegekosten noch bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Eigenvorsorge auf sonstiges Einkommen oder Vermögen verwiesen werden. Daher kann Beihilfe für krankheits- oder pflegebedingte Aufwendungen nicht mit der Begründung verneint werden, der Beamte oder Versorgungsempfänger müsse zunächst sein Vermögen einsetzen.

19

Daraus folgt, dass ein besonderer Ausnahmefall im Sinne von § 12 Abs. 5 Buchst. c BVO NRW bei verfassungskonformer Auslegung des Begriffs anzunehmen ist, wenn die Regelalimentation des Beamten oder Versorgungsempfängers, hier das Witwengeld der Erblasserin, nach Abzug der Pflegekosten nicht mehr ausreicht, um den amtsangemessenen Lebensunterhalt zu bestreiten. Davon ausgehend erstreckt sich der Alimentationsanspruch eines Beamten oder Versorgungsempfängers jedenfalls dann auch auf die Erstattung der beihilferechtlich notwendigen und angemessenen Pflegekosten, die bei einer stationären Unterbringung in einem Pflegeheim anfallen, wenn er nicht darauf verwiesen werden kann, er habe für diesen Fall Eigenvorsorge betreiben müssen.

20

Ob die Regelalimentation so bemessen ist, dass Beamte und Versorgungsempfänger neben der Krankenversicherung und der Pflegepflichtversicherung für den Pflegefall weitergehende ergänzende Eigenvorsorge betreiben können, kann der Senat offenlassen. Denn jedenfalls die 1918 geborene vormalige Klägerin konnte nach den gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts eine solche ergänzende Eigenvorsorge nicht betreiben. Sie war im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Pflegeversicherungsgesetzes am 1. Januar 1985 (BGBl I 1994 S. 1014), das eine Versicherungspflicht für den Pflegefall auch für Beamten einführte, nicht mehr im Rahmen eines Pflegeergänzungstarifs versicherbar. Daher stellt sich die Frage nicht, ob ihr die Kosten einer derartigen Versicherung zumutbar gewesen wären.

21

Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts war die verstorbene Klägerin außerdem nicht einmal mehr in der Lage, nach Abzug der Pflegeheimkosten und der Vorsorgeaufwendungen ihre notwendigen Lebenshaltungskosten zu bestreiten. Zu Recht hat das Berufungsgericht die Leistungen für die Kindererziehung gemäß § 294 Abs. 1 Satz 1 SGB VI nicht in die Einkommensberechnung für die Klägerin eingestellt. Nach dieser Bestimmung erhält eine Mutter, die vor dem 1. Januar 1921 geboren ist, für jedes Kind eine Leistung für Kindererziehung. Damit sollte den Müttern der Geburtsjahrgänge vor 1921 der tatsächliche Erhalt dieser Leistungen garantiert werden (BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 1997 - 1 BvL 3/89 - BVerfGE 97, 103, <114>).

22

Nach alledem hat das Berufungsgericht der verstorbenen Klägerin zu Recht einen Anspruch auf zusätzliche Beihilfen zu den stationären Pflegekosten nach § 12 Abs. 5 Buchst. c BVO NRW zuerkannt.

23

2. Nicht mit revisiblem Recht vereinbar ist hingegen, dass das Berufungsgericht aus § 12 Abs. 5 Buchst. c BVO NRW eine Verpflichtung der Beklagten hergeleitet hat, eine Ermessensentscheidung über eine Erstattung von 70 v.H. der Beiträge der vormaligen Klägerin zur Kranken- und Pflegeversicherung zu treffen. Die Anwendung dieser Regelung setzt voraus, dass die Aufwendungen nach § 12 Abs. 1, § 5 Abs. 1, Abs. 7 BVO NRW beihilfefähig sind. Dies ist bei Versicherungsprämien nicht der Fall; sie gehören zu den Kosten der allgemeinen Lebenshaltung.

24

3. Klarstellend ist darauf hinzuweisen, dass ein Anspruch auf Beihilfe für die Verpflegungs-, Unterkunfts- und Investitionskosten jedenfalls nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden ist. Der Senat entnimmt den Gründen des Berufungsurteils, dass das Berufungsgericht einen derartigen Anspruch verneint hat. Da das Berufungsurteil ausschließlich von der Beklagten, nicht aber von der Klägerin mit einem Rechtsmittel angefochten worden ist, ist es insoweit rechtskräftig geworden (vgl. zum Umfang der materiellen Rechtskraft eines Bescheidungsurteils und zur Beschwer durch ein Bescheidungsurteil Urteile vom 27. Januar 1995 - BVerwG 8 C 8.93 - Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 70, vom 3. November 1994 - BVerwG 3 C 30.93 - Buchholz 418.15 Nr. 2 und vom 3. Dezember 1981 - BVerwG 7 C 30.80, 7 C 31.80 - Buchholz 421.0 Nr. 157).

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.