Verwaltungsgericht München Urteil, 06. Dez. 2017 - M 18 K 16.2363

bei uns veröffentlicht am06.12.2017

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

Tatbestand

Die Klägerin reiste am … aus A. kommend ohne Reisedokumente mit dem Flugzeug nach Deutschland ein. Sie wurde an diesem Tag von der Bundespolizei unter Einschaltung eines Sprachmittlers und bei Anwesenheit von zwei Mitarbeitern des Jugendamts des Beklagten als Beschuldigte wegen unerlaubter Einreise vernommen. Im Rahmen dieser Vernehmung gab die Klägerin an, … geboren zu sein. Im Vernehmungsprotokoll ist festgehalten, mit dem Dolmetscher bestünden keine Verständigungsprobleme. Das u.a. von der Klägerin und dem Übersetzer unterzeichnete Protokoll hält weiter fest, dass die Vernehmung nach Abschluss satzweise durch den Dolmetscher rückübersetzt wurde.

Nach einem Inobhutnahmeprotokoll vom … wurde die Klägerin vom Jugendamt des Beklagten am … in Obhut genommen. Zwei Fachkräfte des Beklagten stellten fest, aus fachlicher Sicht sprächen alle Anzeichen für eine Minderjährigkeit der Klägerin. Noch am gleichen Tag wurde die Klägerin in der Einrichtung CG für UmF E. (Innere Mission) zu einem Tagessatz von … EUR aufgenommen. Für diese Einrichtung besteht eine Entgeltvereinbarung mit diesem Tagessatz für den Vereinbarungszeitraum vom 1. März 2013 bis zum 28. Februar 2014.

Mit Schreiben vom 29. Januar 2014 beantragte der Beklagte für die Klägerin beim Amtsgericht Erding – Familiengericht die Bestellung eines Vormunds. Mit Beschluss des Familiengerichts vom 30. Januar 2014 wurde daraufhin festgestellt, dass die elterliche Sorge bzgl. der Klägerin ruht. Mit weiterem Beschluss des Familiengerichts vom 4. Februar 2014 wurde für die Klägerin Vormundschaft angeordnet und das … München als Vormund bestimmt.

Unter dem 31. Januar 2014 stellte die Einrichtung, in der die Klägerin untergebracht war, dem Beklagten eine Rechnung für den Januar 2014 über … EUR (4 Tage zu einem Tagessatz von … EUR).

Mit Schreiben vom 6. Februar 2014 wandte sich der Beklagte an das Jugendamt der Stadt K. Die Klägerin habe noch am Flughafen berichtet, dass sie zu ihrer in K. lebenden Schwester ziehen möchte. Der Mann der Schwester habe sich in den darauf folgenden Tagen beim Beklagten gemeldet, da er möchte, dass die Klägerin zu ihm und ihrer Schwester nach K. ziehe. Es wurde um die Erteilung von Auskünften gebeten, um prüfen zu können, ob die Schwester geeignet sei, die Vormundschaft für die Klägerin zu übernehmen.

Auf Antrag des Beklagten vom 5. Februar 2014 bestimmte das Bundesverwaltungsamt mit Schreiben vom 10. Februar 2014 das Landesverwaltungsamt S.-A. als überörtlichen Träger der Jugendhilfe für die Klägerin.

Nach einem Aktenvermerk des Beklagten vom 11. Februar 2014 teilte eine Mitarbeiterin der Einrichtung mit, die Schwester der Klägerin aus K. sei am Vortag zu Besuch gewesen. Die Klägerin habe sich darüber sehr gefreut.

Mit Schreiben vom 24. Februar 2014 antwortete das Jugendamt der Stadt K. auf die Anfrage des Beklagten vom 6. Februar 2014. Die Schwester der Klägerin sei bereit und geeignet, die Vormundschaft für die Klägerin zu übernehmen.

Mit an den Vormund der Klägerin gerichteten Bescheid vom 28. Februar 2014 nahm der Beklagte die Klägerin ab 28. Januar 2014 in Obhut. Die Inobhutnahme erfolge durch (vorläufige) Unterbringung bei Innere Mission München (UmF Clearing E.).

Unter dem 28. Februar 2014 stellte der Einrichtungsträger dem Beklagten eine Rechnung über … EUR (28 Tage zu einem Tagessatz von … EUR, Dolmetscherkosten in Höhe von … EUR sowie Taschengeld in Höhe von … EUR).

Mit Schreiben vom 28. Februar 2014 machte der Beklagte beim Landesverwaltungsamt S.-A. Kostenerstattung nach § 89 d SGB VIII für die Klägerin geltend. Mit Schreiben vom 12. März 2014 erkannte das Landesverwaltungsamt seine Kostenerstattungspflicht für die Klägerin für den Zeitraum vom 28. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2014 an.

Unter dem 31. März 2014 stellte die Einrichtung dem Beklagten eine Rechnung für den Monat März 2014 über insgesamt … EUR (22 Tage mit vollem Tagessatz von … EUR; 9 Tage mit einem als „abwesend“ gekennzeichneten Tagessatz von 80% zu je … EUR; … EUR für Erstausstattung; … EUR für Taschengeld; … EUR Familienkosten und … EUR Fahrtkosten).

In einer Mail des Beklagten vom 1. April 2014 ist festgehalten, die Klägerin habe bereits bei der Ankunft am Flughafen mitgeteilt, dass sie vorhabe, bei ihrer in Deutschland lebenden Schwester in K. zu wohnen. Es sei auch gleich Kontakt zu dieser Schwester aufgenommen worden und diese habe nicht verstehen können, warum sie ihre Schwester nicht sofort bei sich aufnehmen könne. Der Besuch der Klägerin bei ihrer Schwester während der Faschingsferienzeit sei positiv verlaufen. In einer weiteren Mail des Beklagten ebenfalls vom 1. April 2014 ist weiter festgehalten, die Schwester der Klägerin und deren Mann hätten sich in den auf die Einreise der Klägerin folgenden Tagen mehrfach beim Jugendamt des Beklagten gemeldet, da sie erreichen wollten, dass die Klägerin zu ihnen nach K. ziehen dürfe.

Nach einer Austrittsmeldung der Einrichtung vom 4. April 2014 ist die Klägerin an diesem Tag dort ausgetreten. Die Entlassung erfolgte zu ihrer Schwester.

Unter dem 30. April 2014 stellte die Einrichtung dem Beklagten eine Rechnung für den Monat April über insgesamt … EUR (3 Tage zu einem Tagessatz von … EUR; … EUR Taschengeld).

Mit Schreiben vom 22. Mai 2014 teilte die Ausländerbehörde des Kreises V. dem Beklagten mit, die Klägerin habe am 19. Mai 2014 eine syrische Identitätskarte sowie eine beglaubigte Übersetzung vorgelegt. Nach dieser Identitätskarte ist die Klägerin am … geboren.

Mit Beschluss vom 23. Juni 2014 stellte das Amtsgericht Erding - Familiengericht fest, dass die mit Beschluss vom 4. Februar 2014 für die Klägerin angeordnete Vormundschaft beendet ist. Das Mündel sei nach den vorgelegten Ausweisdokumenten volljährig.

Mit Schreiben vom 13. November 2014 hörte der Beklagte die Klägerin an. Die Inobhutnahme sei rechtswidrig gewesen, da die Klägerin zu diesem Zeitpunkt bereits das 18. Lebensjahr vollendet gehabt habe. Auf schutzwürdiges Vertrauen könne sich nicht berufen, wer vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht habe. Es sei beabsichtigt, den Bescheid vom 28. Februar 2014 über die Inobhutnahme zurückzunehmen und die zu Unrecht erhaltenen Leistungen zurückzufordern.

Am 17. November 2014 erstellte der Beklagte einen Aktenvermerk über einen Anruf des Schwagers der Klägerin. Dieser habe erklärt, er hätte mehrfach versucht, beim Jugendamt anzurufen und zu erklären, dass die Klägerin älter sei. Niemand habe ihm glauben wollen. An Namen könne er sich aber nicht erinnern. Der Dolmetscher am Flughafen habe falsch übersetzt. Die Ziffern drei und sieben seien im arabischen fast gleich.

Unter dem 30. November 2014 teilte die Einrichtung, in der die Klägerin untergebracht war, dem Beklagten ein Guthaben von … EUR wegen nicht ausgezahltem Taschengeld mit.

Mit an die Klägerin gerichteten Bescheid vom 19. März 2015 nahm der Beklagte seinen Bescheid vom 28. Februar 2014 zurück und verpflichtete die Klägerin zur Erstattung von zu Unrecht gewährter Jugendhilfe in Höhe von insgesamt … EUR. Zur Begründung wurde im Wesentlichen angeführt, die Inobhutnahme der Klägerin sei rechtswidrig gewesen, da die Klägerin bereits das 18. Lebensjahr vollendet gehabt habe. Die Klägerin könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen, da sie falsche Angaben zu ihrem Alter gemacht habe. Die Klägerin habe auch während der über zwei Monate dauernden Inobhutnahme keinen Versuch unternommen, über ihr wahres Alter aufzuklären. Das öffentliche Interesse an der Rücknahme überwiege das private Interesse der Klägerin am Bestand des Verwaltungsakts. Durch die Inobhutnahme seien der Allgemeinheit Kosten für Jugendhilfe entstanden, die nur nach Rücknahme des Bescheids zurückgefordert werden könnten. Die zurückgeforderten Kosten seien für die Unterbringung einschließlich Nebenkosten entstanden, daneben Kosten für Krankenhilfe.

Mit Schriftsatz vom 13. April 2015, der am 15. April 2015 beim Beklagten einging, erhoben die Bevollmächtigten der Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 19. März 2015. Der Schriftsatz trägt den Betreff „… ./. BRD“. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, es treffe zu, dass die Mandantin am 28. Januar 2014 in das Bundesgebiet eingereist sei und dabei angegeben habe, 17 Jahre alt zu sein. Diese Angabe habe die Mandantin aus Angst gemacht, da sie von zahlreichen anderen Flüchtlingen gehört habe, dass sie bei Angabe ihres richtigen Alters umgehend abgeschoben werden würde. Der Bescheid lege nicht dar, wie sich der zurückgeforderte Betrag in Höhe von … EUR im Einzelnen zusammensetze. Bei der Berechnung des zu erstattenden Betrages seien die Leistungen zu berücksichtigen, die die Klägerin nach den Vorschriften des Asylbewerberleistungsgesetztes erhalten hätte, wenn sie ihr wahres Alter angegeben hätte.

Mit Schreiben vom 16. April 2015 übermittelte der Beklagte den Klägerbevollmächtigen eine Kostenaufstellung für die Inobhutnahme der Klägerin. Danach schlüsselt sich die zurückgeforderte Gesamtsumme wie folgt auf: … EUR Entgelt an die Einrichtung; … Taschengeld; … EUR für Dolmetscherleistungen; … EUR Regelsatz für eine Familienheimfahrt; … EUR für Krankenhilfe; … EUR für Erstausstattung/Bekleidung; … EUR für Fahrtkosten; abzüglich einer Erstattung der Einrichtung in Höhe von … EUR.

Mit Schriftsatz vom 19. Juni 2015, der wiederum den Betreff „… ./. BRD“ trägt, begründeten die Bevollmächtigten der Klägerin den Widerspruch. Soweit die Klägerin bei der Einreise tatsächlich ihr Geburtsdatum mit dem Jahr … angegeben haben sollte, sei dies jedenfalls nicht grob fahrlässig erfolgt. Diverse Schlepper und ihr eigentlich unbekannte Personen hätten ihr dringend dazu geraten, bei einer etwaigen Befragung durch deutsche Behörden anzugeben, minderjährig zu sein. Es sei besonders zu beachten, dass die Mandantin erst … Jahre alt gewesen sei, als sie Syrien verlassen habe. Weiter sei darauf hinzuweisen, dass der Schwager der Klägerin bereits zwei oder drei Tage nach der Einreise telefonisch versucht habe, mitzuteilen, dass die Klägerin nicht unter der Betreuung des Jugendamts stehen müsse, da sie nicht minderjährig sei. Dies sei seitens des Jugendamts stets damit abgetan worden, dass eine solche Erklärung nicht ausreiche. Aus der Behördenakte gehe nicht hervor, für welche Sprache der bei der Einreise hinzugezogene Dolmetscher vereidigt sei. Es müsse davon ausgegangen werden, dass eine fehlerhafte Übersetzung für die falsche Altersangabe verantwortlich sei. Die Ziffer 7 im deutschen Schriftbild gleiche der arabischen 3, die eine spiegelverkehrte 7 darstelle; insoweit sei eine Verwechslung durchaus glaubhaft. Hinsichtlich der Höhe der Rückzahlungsforderung ergebe sich aus der vorliegenden Entgeltvereinbarung nicht, warum für die Tage der Abwesenheit der Klägerin ein Betrag in Höhe von 80% gemäß der Entgeltvereinbarung abgerechnet worden sei. Kosten für den Dolmetscher, die Familienheimfahrten und die Erstausstattung mit Bekleidung seien nicht von § 39 SGB VIII erfasst. Bei der Höhe der Rückforderung gemäß § 50 Abs. 1 SGB X sei die Vorschrift des § 7b Satz 1 AslylbLG zu berücksichtigen, wonach lediglich 56% der Kosten für Unterkunft zu erstatten seien. Hinsichtlich der in Ansatz gebrachten Krankenhilfe sei nicht ersichtlich, wann und an wen der genannte Betrag aus welchen Gründen gezahlt worden sei. Für den Beklagten bestehe schließlich ein Kostenerstattungsanspruch gegen einen anderen Träger. Hinsichtlich der Rücknahme des Verwaltungsaktes sei eine Ermessensausübung nicht erfolgt.

Mit Schreiben vom 30. November 2015 legte der Beklagte den Widerspruch der Regierung von Oberbayern vor. Das Vorlageschreiben verhält sich nicht zur Frage der Zulässigkeit des Widerspruchs.

Mit Schreiben vom 30. März 2016 forderte der Beklagte vom Landesversorgungsamt Sachsen-Anhalt Kostenerstattung für die für die Klägerin erbrachten Gesamtaufwendungen von … EUR.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14. April 2016 wies die Regierung von Oberbayern den Widerspruch gegen den Bescheid vom 19. März 2015 zurück. Der Widerspruch sei unzulässig. In der vorgelegten Vollmacht sei die Mandantin nur mit dem Nachnamen bezeichnet. Der Widerspruch sei mit dem Betreff „… ./. BRD“ versehen; Frau … sei allerdings nicht Adressatin des gegenständlichen Bescheids.

Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 18. Mai 2016, der am gleichen Tag bei Gericht einging, ließ die Klägerin Klage gegen den Bescheid vom 19. März 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. April 2016 erheben und beantragen,

den Bescheid der Beklagten vom 19. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. April 2016 aufzuheben.

Zur Begründung wurde vorgebracht, der Widerspruch sei zu Unrecht zurückgewiesen worden. Die fehlerhafte Angabe beruhe auf einem bürotechnischen Versehen. Im Übrigen werde auf die Widerspruchsbegründung verwiesen.

In einem Aktenvermerk des Beklagten vom 11. Juli 2016 ist festgehalten, bei dem Kostenerstattungsschreiben an das Landesverwaltungsamt S.-A. vom 30. März 2016 sei noch das ursprünglich angegebene Geburtsdatum … verwendet worden. Am 6. Mai 2016 habe das Landesverwaltungsamt S.-A. eine Erstattung in Höhe von … EUR geleistet. Dem Landesverwaltungsamt stehe insoweit aber ein Rückerstattungsanspruch nach § 112 SGB X

zu. Der Ausgang des Verfahrens solle allerdings abgewartet werden, das Landesverwaltungsamt werde derzeit nicht auf das geänderte Geburtsdatum hingewiesen.

Mit Schriftsatz vom 9. August 2016 trat der Beklagte der Klage entgegen und beantragte,

die Klage abzuweisen.

Die Klage sei schon unzulässig. Der Widerspruch mit Schreiben vom 13. April 2015 gegen den Bescheid vom 19. März 2015 sei zwar fristgerecht eingelegt worden, jedoch nicht für die Klägerin. Diese trete insoweit erstmals im Klageverfahren auf. Der Widerspruch vom 13. April 2015 könne mangels Identität von Widerspruchs-führerin und Klägerin nicht als fristwahrend angesehen werden. Die Rücknahme des Bescheids vom 28. Februar 2014 sei rechtmäßig erfolgt. Entgegen dem Vorbringen in der Widerspruchsbegründung habe die Klägerin bei der Einreise falsche Angaben gemacht. Ohne die Angabe des Alters von … Jahren bei der Einreise wäre es nicht zum Kontakt mit dem Jugendamt gekommen, da dieses durch die Bundespolizei bei der Einreise von Volljährigen nicht informiert werde. Auch während der zwei Monate andauernden Inobhutnahme sei das angegebene Alter nicht korrigiert worden. Hinsichtlich der Rückforderung sei es zulässig, den mit der Einrichtung vereinbarten Tagessatz zu Grunde zu legen. Der Beklagte könne auch von keinem anderen Träger Kostenerstattung verlangen. Vom Landesverwaltungsamt S.-A. erhaltene Leistungen seien nach § 112 SGB X zurückzuerstatten, da ein Kostenerstattungsanspruch des Beklagten nach § 86d SGB VIII nicht bestehe.

Mit Beschluss vom 16. August 2017 wurde das Land Sachsen-Anhalt zum Verfahren beigeladen. Mit Schreiben vom 30. August 2017 teilte der Beigeladene mit, dass keine eigene Stellungnahme erfolge.

Die Verwaltungsstreitsache wurde am 20. September 2017 mündlich verhandelt.

Die erschienen Parteien verzichteten auf weitere mündliche Verhandlung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten sowie die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Der Bescheid des Beklagten vom 19. März 2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14. April 2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in eigenen Rechten.

1. Entgegen dem Vorbringen des Beklagten ist die Klage zulässig. Der fristgerechte Widerspruch mit Schreiben vom 13. April 2015 ist der Klägerin zuzurechnen. Das Widerspruchsschreiben benennt ausdrücklich das Bescheidsdatum vom 19. März 2015. Des Weiteren skizziert der Widerspruch unter Bezugnahme auf die Mandantin den zugrundeliegenden Sachverhalt und benennt die streitgegenständliche Rückforderungssumme. Damit kann nicht zweifelhaft sein, dass der Widerspruch für die Klägerin erhoben wurde. Auch der Beklagte selbst geht im Vorlageschreiben vom 30. November 2015 offensichtlich nicht von der Unzulässigkeit des Widerspruchs aus.

2. Die Klage hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

2.1 Die Rücknahmevoraussetzungen hinsichtlich der Inobhutnahme der Klägerin nach § 45 Abs. 1 SGB X liegen vor. Nach dieser Vorschrift darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 - 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

Bei einer Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII handelt es sich um einen sowohl belastende als auch begünstigende Wirkungen entfaltenden Verwaltungsakt (BVerwGv. 11.7.2013 - 5 C 24/12 - juris, Rn. 31). Verwaltungsakte mit einer derartigen Mischwirkung sind insgesamt als begünstigend zu behandeln, sofern sich begünstigende und belastende Elemente – wie bei einer Inobhutnahme - nicht voneinander trennen lassen (BVerwG v. 11.7.2013 a.a.O., Rn. 34).

Die mithin die Klägerin begünstigende Inobhutnahme war auch rechtswidrig. Anspruchsberechtigt nach § 42 Abs. 1 SGB VIII sind ausschließlich Kinder und Jugendliche. Eine Inobhutnahme Volljähriger ist rechtswidrig (vgl. BayVGH v. 23.9.2014 - 12 CE 14.1833 und 12 CE 112 CE 14.1865 - juris, Rn. 21). Nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII ist Jugendlicher, wer 14, aber noch nicht 18 Jahre alt ist. Diese Voraussetzungen erfüllte die Klägerin zum Zeitpunkt ihrer Inobhutnahme nicht mehr, da sie tatsächlich bereits am … geboren ist.

Die Rücknahme der Inobhutnahme der Klägerin scheitert auch nicht an einem zu Gunsten der Klägerin greifenden Vertrauensschutz.

Nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigter Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X kann sich der Begünstigte auf Vertrauen nicht berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

Das unzutreffende Vorbringen der Klägerin bei ihrer in Anwesenheit von Jugendamtsmitarbeitern durchgeführten Beschuldigtenvernehmung zu ihrem Alter erfolgte vorsätzlich. Dies räumt die Klägerin mit dem Widerspruchsschriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 13. April 2015 auch ein. Die dort weiter gemachte und von der Kammer als Schutzbehauptung gewertete Angabe, die falsche Angabe sei aus Angst erfolgt, behauptet ein Motiv, welches aber nichts an dem Umstand ändert, dass objektiv wider besseres Wissen falsche Angaben gemacht wurden, dass also vorsätzlich gehandelt wurde.

Die taktierenden Relativierungsversuche in der Widerspruchsbegründung vom 19. Juni 2015 sind nicht geeignet, einen Vorsatz für die Falschangabe ausschließen zu können.

Soweit die Bevollmächtigten der Klägerin vorbringen, die Ziffer 7 im deutschen Schriftbild gleiche der arabischen 3, die eine spiegelverkehrte 7 darstelle, ist dies schon deswegen irrrelevant, weil die Vernehmung am 28. Januar 2014 mündlich und nicht etwa schriftlich durchgeführt wurde. Für das weitere Vorbringen, es müsse davon ausgegangen werden, dass eine fehlerhafte Übersetzung für die falsche Altersangabe verantwortlich sei, findet sich keinerlei Anhaltspunkt. Das von der Klägerin unterschriebene Vernehmungsprotokoll hält vielmehr fest, dass die Vernehmung satzweise durch den Dolmetscher rückübersetzt wurde und dass die Klägerin mit der Niederschrift einverstanden war. Auch die Behauptung, dass der Schwager bzw. die Schwester der Klägerin telefonisch schon kurz nach der Einreise der Klägerin versucht habe, gegenüber dem Beklagten darauf hinzuweisen, dass die Klägerin schon volljährig sei, findet keine Bestätigung. Zwar ist in den beiden E-Mails des Beklagten vom 1. April 2014 festgehalten, dass der Schwager bzw. die Schwester der Klägerin telefonischen Kontakt mit dem Jugendamt des Beklagten hatten und dass diese bereit waren, die Klägerin sofort bei sich aufzunehmen. Dafür, dass der Schwager bzw. die Schwester der Klägerin dabei auch vorgebracht hätten, die Klägerin sei bereits volljährig, fehlt jedoch jeglicher Anhaltspunkt.

Der damit gegebene Ausschluss einer Berufung auf Vertrauensschutz nach § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X führt nach § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X zur Rücknahme des Verwaltungsakts mit Wirkung für die Vergangenheit.

Bei der Rücknahmeentscheidung hat der Beklagte auch - wenn auch recht knapp - Ermessen ausgeübt. Insoweit durften auch fiskalische Interessen miteinbezogen werden (vgl. BVerwG v. 14.3.2013 - 5 C 10/12 - juris, Rn. 40, m.w.N.).

Auch die einjährige Rücknahmefrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X wurde gewahrt.

Diese Jahresfrist beginnt, sobald die Rücknahmebehörde die Rechtswidrigkeit des erlassenen Verwaltungsakts erkannt hat und ihr die für die Rücknahmeentscheidung außerdem erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind (BVerwG v. 14.3.2013 a.a.O., Rn. 27, m.w.N.). Der Beklagte erlangte erstmalige Kenntnis von der falschen Altersangabe der Klägerin durch die Mitteilung der Ausländerbehörde V* … vom 22. Mai 2014. Vor diesem Zeitpunkt konnte die Rücknahmefrist damit noch nicht anlaufen. Der streitgegenständliche Bescheid vom 19. März 2015 wahrt damit die Jahresfrist ungeachtet der Frage, ob diese bereits mit der Mitteilung der Ausländerbehörde vom 22. Mai 2014 zu laufen begann.

2.2 Folge der Aufhebung der Inobhutnahme ist nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X, dass die bereits erbrachten Leistungen zu erstatten sind. Nach Satz 2 der Norm sind Sach- und Dienstleistungen in Geld zu erstatten.

2.2.1 Für die Annahme einer Leistung im Sinn des § 50 SGB X ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Leistungsträger einem Bürger eine Geld-, Sach- oder Dienstleistung in Ausführung einer ihm nach dem Sozialgesetzbuch zugewiesenen Aufgabe erbracht hat (BVerwG v. 11.7.2013 a.a.O., Rn. 22, m.w.N.). Ein Träger der öffentlichen Jugendhilfe hat Leistungen im Sinne des § 50 Abs. 1 SGB X erbracht, wenn er diese entweder unmittelbar selbst erbracht hat oder mittelbar durch einen Dritten hat erbringen lassen (BVerwG v. 11.7.2013 a.a.O., Rn. 28). Hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Einklang mit dem Gesetz von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die ihm nach dem Gesetz obliegenden Sach- und Dienstleistungen gegen Entgelt durch einen Träger der freien Jugendhilfe erbringen zu lassen, bestimmt sich deren Wert grundsätzlich nach dem Entgelt, dass die Träger der Jugendhilfe hierfür vereinbart haben (BVerwG v. 11.7.2013 a.a.O., Rn. 45).

Nach alledem ist es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die von ihm an den freien Jugendhilfeträger geleisteten Tagessätze von der Klägerin zurückverlangt. Die Entgeltvereinbarung mit dem freien Jugendhilfeträger gilt nach § 78d Abs. 2 Satz 4 SGB VIII über den 28. Februar 2014 hinaus fort. Für die Tage der Abwesenheit der Klägerin reduziert sich der Tagessatz auf eine Platzfreihaltegebühr. Da nach § 42 Abs. 2 Satz 3 SGB VIII das Jugendamt während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen hat, handelt es sich bei der geleisteten Krankenhilfe, bei der Erstausstattung mit Bekleidung sowie bei den Kosten für Familienheimfahrten und für den erforderlichen Dolmetscher um erstattungspflichtige Kosten im Sinne von § 50 Abs. 1 SGB X. In diesem Zusammenhang steht dem Beklagten auch kein Ermessen zu, ob und in welchem Umfang er den Erstattungsanspruch geltend macht (vgl. BVerwG v. 11.7.2013 a.a.O., Rn. 42, m.w.N.).

Soweit die Bevollmächtigten der Klägerin unter Bezugnahme auf den (bis zum 31. Dezember 2016 gültigen) § 7b Satz 1 AsylbLG eine Reduzierung der Rückzahlungspflicht geltend machen, kann dem nicht gefolgt werden. Zum einen wurden durch den Beklagten Leistungen der Jugendhilfe und nicht solche nach dem AsylbLG erbracht. Zum anderen war nach § 7b Satz 2 AsylbLG die Anwendbarkeit des Satzes 1 dieser Norm in den Fällen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X - ein solcher Fall liegt, wie ausgeführt, vor - ausgeschlossen.

2.2.2 Vorliegend steht dem Beklagten hinsichtlich der streitgegenständlichen Rückerstattungssumme auch ein - bereits erfüllter - Erstattungsanspruch nach § 89d Abs. 1, Abs. 3 SGB VIII gegen das Land Sachsen-Anhalt zu. An der Rechtmäßigkeit des Erstattungsverlangens gegenüber der Klägerin ändert dies allerdings nichts, so dass es auf die Frage, ob dem Beigeladenen ausnahmsweise ein Rückerstattungsanspruch nach § 112 SGB X zusteht, nicht ankommt.

Grundsätzlich besteht in Fallkonstellationen wie der vorliegenden kein Rückerstattungsanspruch nach § 112 SGB X, da eine vorschriftsmäßige Aufgabenerfüllung im Sinn von § 89f SGB VIII regelmäßig vorliegt.

In dem Erstattungsrechtsverhältnis zwischen zwei Trägern der Jugendhilfe entspricht zumindest in Fällen, in denen es für die Hilfegewährung auf das Alter einer Person ankommt, die Aufgabenerfüllung im Sinn des § 89f Abs. 1 SGB VIII den Vorschriften des Gesetzes, wenn der hilfeleistende Jugendhilfeträger im Zeitpunkt der Hilfegewährung davon ausgehen konnte, dass die an das Alter einer Person anknüpfenden Voraussetzungen der Aufgabenerfüllung (noch) vorlagen, und davon auszugehen ist, dass auch der auf Erstattung in Anspruch genommene Jugendhilfeträger bei der gegebenen Erkenntnislage die Leistung zu gewähren gehabt hätte (BVerwGv. 29.6.2006 - 5 C 24/05 - juris, Rn. 15). Das Gebot der Gesetzeskonformität der aufgewendeten Kosten verlangt bereits nach seinem Wortlaut nicht, dass die Leistungsgewährung in jeder Hinsicht objektiv rechtmäßig gewesen ist. Gesetzkonformität im Sinn des § 89f Abs. 1 SGB VIII und objektive Rechtmäßigkeit sind nicht durchweg identisch, auch wenn sich die Anwendungsergebnisse im Wesentlichen überschneiden werden (vgl. BVerwG v. 29.6.2006 a.a.O., Rn. 16).

Gemessen an diesen Vorgaben war die Inobhutnahme der Klägerin durch den Beklagten - jedenfalls zunächst - gesetzeskonform im Sinn von § 89f Abs. 1 SGB VIII. Dies folgt schon daraus, dass die Alterseinschätzung der Klägerin am 28. Januar 2014 durch zwei Fachkräfte des Beklagten ergab, dass alle Anzeichen aus fachlicher Sicht für eine Minderjährigkeit der Klägerin sprächen. Anhaltspunkte dafür, dass diese Einschätzung offensichtlich unzutreffend wäre, sind nicht ersichtlich.

Es kann offenbleiben, ob in der vorliegenden Konstellation der Beigeladene ausnahmsweise doch einen Erstattungsanspruch nach § 112 SGB X geltend machen kann. Ein Anhaltspunkt in diese Richtung könnte der Umstand sein, dass der Beklagte nach Erlass des streitgegenständlichen Bescheides den Erstattungsanspruch gegenüber dem Beigeladenen geltend gemacht hat. Diese Frage kann aber offenbleiben, da die Kostenerstattungspflicht durch die Klägerin selbst dann nicht entfällt, wenn dem Beigeladenen kein Rück-erstattungsanspruch nach § 112 SGB X zusteht.

An der Rechtmäßigkeit eines Erstattungsverlangens nach § 50 Abs. 1 SGB X ändert sich durch die Erstattung durch den Beigeladenen nach § 89d SGB VIII nichts. Die Erfüllungsfiktion des § 107 Abs. 1 SGB X greift hier nicht zugunsten der Klägerin ein, weil die ihr gegenüber von dem Beklagten erbrachte sog. Vorleistung - wie ausgeführt - rechtswidrig war (vgl. SächsOVG v. 7.2.2017 - 1 A 552/13 - juris, Rn. 36, m.w.N.).

Soweit die Kammer im Prozesskostenhilfebeschluss vom 21. August 2017 offengelassen hat, ob die Entscheidung des OVG Lüneburg vom 21. Januar 2014 (4 LC 57/11 - juris) entsprechend herangezogen werden kann, ist dies zu verneinen. Dies folgt schon daraus, dass diese Entscheidung sich maßgeblich auf die Regelung des § 94 Abs. 1 SGB VIII, also auf eine Regelung zum Kostenbeitragsrecht bezieht. Diese Rechtsmaterie ist vorliegend jedoch nicht einschlägig.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Beigeladene hat sich nicht durch Sachantragstellung nach § 154 Abs. 3 VwGO in ein Kostenrisiko begeben, so dass es billigem Ermessen im Sinn von § 162 Abs. 3 VwGO entspricht, dass der Beigeladene seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt.

Das Verfahren ist nach § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfrei.

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(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen de

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 188


Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in e

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 50 Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen


(1) Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Sach- und Dienstleistungen sind in Geld zu erstatten. (2) Soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, sind sie zu erstatt

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 42 Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen


(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn 1. das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder2. eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhut

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 39 Leistungen zum Unterhalt des Kindes oder des Jugendlichen


(1) Wird Hilfe nach den §§ 32 bis 35 oder nach § 35a Absatz 2 Nummer 2 bis 4 gewährt, so ist auch der notwendige Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses sicherzustellen. Er umfasst die Kosten für den Sachaufwand sowie für di

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 107 Erfüllung


(1) Soweit ein Erstattungsanspruch besteht, gilt der Anspruch des Berechtigten gegen den zur Leistung verpflichteten Leistungsträger als erfüllt. (2) Hat der Berechtigte Ansprüche gegen mehrere Leistungsträger, gilt der Anspruch als erfüllt, den der

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 94 Umfang der Heranziehung


(1) Die Kostenbeitragspflichtigen sind aus ihrem Einkommen in angemessenem Umfang zu den Kosten heranzuziehen. Die Kostenbeiträge dürfen die tatsächlichen Aufwendungen nicht überschreiten. (2) Für die Bestimmung des Umfangs sind bei jedem Elternt

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 7 Begriffsbestimmungen


(1) Im Sinne dieses Buches ist 1. Kind, wer noch nicht 14 Jahre alt ist, soweit nicht die Absätze 2 bis 4 etwas anderes bestimmen,2. Jugendlicher, wer 14, aber noch nicht 18 Jahre alt ist,3. junger Volljähriger, wer 18, aber noch nicht 27 Jahre alt i

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 89f Umfang der Kostenerstattung


(1) Die aufgewendeten Kosten sind zu erstatten, soweit die Erfüllung der Aufgaben den Vorschriften dieses Buches entspricht. Dabei gelten die Grundsätze, die im Bereich des tätig gewordenen örtlichen Trägers zur Zeit des Tätigwerdens angewandt werden

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 89d Kostenerstattung bei Gewährung von Jugendhilfe nach der Einreise


(1) Kosten, die ein örtlicher Träger aufwendet, sind vom Land zu erstatten, wenn 1. innerhalb eines Monats nach der Einreise eines jungen Menschen oder eines Leistungsberechtigten nach § 19 Jugendhilfe gewährt wird und2. sich die örtliche Zuständigke

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 112 Rückerstattung


Soweit eine Erstattung zu Unrecht erfolgt ist, sind die gezahlten Beträge zurückzuerstatten.

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 86d Verpflichtung zum vorläufigen Tätigwerden


Steht die örtliche Zuständigkeit nicht fest oder wird der zuständige örtliche Träger nicht tätig, so ist der örtliche Träger vorläufig zum Tätigwerden verpflichtet, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche, der junge Volljährige oder bei

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 78d Vereinbarungszeitraum


(1) Die Vereinbarungen nach § 78b Absatz 1 sind für einen zukünftigen Zeitraum (Vereinbarungszeitraum) abzuschließen. Nachträgliche Ausgleiche sind nicht zulässig. (2) Die Vereinbarungen treten zu dem darin bestimmten Zeitpunkt in Kraft. Wird ein

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgericht München Urteil, 06. Dez. 2017 - M 18 K 16.2363 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Verwaltungsgericht München Urteil, 06. Dez. 2017 - M 18 K 16.2363 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 11. Juli 2013 - 5 C 24/12

bei uns veröffentlicht am 11.07.2013

Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme der Anordnung, ihn in Obhut zu nehmen und die Aufforderung, die Kosten seiner Inobhutnahme zu erstatten.

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 14. März 2013 - 5 C 10/12

bei uns veröffentlicht am 14.03.2013

Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich gegen die mit der Aufhebung vorangegangener Bewilligungsbescheide verbundene Rückforderung von Ausbildungsförderung.

Referenzen

(1) Wird Hilfe nach den §§ 32 bis 35 oder nach § 35a Absatz 2 Nummer 2 bis 4 gewährt, so ist auch der notwendige Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses sicherzustellen. Er umfasst die Kosten für den Sachaufwand sowie für die Pflege und Erziehung des Kindes oder Jugendlichen.

(2) Der gesamte regelmäßig wiederkehrende Bedarf soll durch laufende Leistungen gedeckt werden. Sie umfassen außer im Fall des § 32 und des § 35a Absatz 2 Nummer 2 auch einen angemessenen Barbetrag zur persönlichen Verfügung des Kindes oder des Jugendlichen. Die Höhe des Betrages wird in den Fällen der §§ 34, 35, 35a Absatz 2 Nummer 4 von der nach Landesrecht zuständigen Behörde festgesetzt; die Beträge sollen nach Altersgruppen gestaffelt sein. Die laufenden Leistungen im Rahmen der Hilfe in Vollzeitpflege (§ 33) oder bei einer geeigneten Pflegeperson (§ 35a Absatz 2 Nummer 3) sind nach den Absätzen 4 bis 6 zu bemessen.

(3) Einmalige Beihilfen oder Zuschüsse können insbesondere zur Erstausstattung einer Pflegestelle, bei wichtigen persönlichen Anlässen sowie für Urlaubs- und Ferienreisen des Kindes oder des Jugendlichen gewährt werden.

(4) Die laufenden Leistungen sollen auf der Grundlage der tatsächlichen Kosten gewährt werden, sofern sie einen angemessenen Umfang nicht übersteigen. Die laufenden Leistungen umfassen auch die Erstattung nachgewiesener Aufwendungen für Beiträge zu einer Unfallversicherung sowie die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung der Pflegeperson. Sie sollen in einem monatlichen Pauschalbetrag gewährt werden, soweit nicht nach der Besonderheit des Einzelfalls abweichende Leistungen geboten sind. Ist die Pflegeperson in gerader Linie mit dem Kind oder Jugendlichen verwandt und kann sie diesem unter Berücksichtigung ihrer sonstigen Verpflichtungen und ohne Gefährdung ihres angemessenen Unterhalts Unterhalt gewähren, so kann der Teil des monatlichen Pauschalbetrages, der die Kosten für den Sachaufwand des Kindes oder Jugendlichen betrifft, angemessen gekürzt werden. Wird ein Kind oder ein Jugendlicher im Bereich eines anderen Jugendamts untergebracht, so soll sich die Höhe des zu gewährenden Pauschalbetrages nach den Verhältnissen richten, die am Ort der Pflegestelle gelten.

(5) Die Pauschalbeträge für laufende Leistungen zum Unterhalt sollen von den nach Landesrecht zuständigen Behörden festgesetzt werden. Dabei ist dem altersbedingt unterschiedlichen Unterhaltsbedarf von Kindern und Jugendlichen durch eine Staffelung der Beträge nach Altersgruppen Rechnung zu tragen. Das Nähere regelt Landesrecht.

(6) Wird das Kind oder der Jugendliche im Rahmen des Familienleistungsausgleichs nach § 31 des Einkommensteuergesetzes bei der Pflegeperson berücksichtigt, so ist ein Betrag in Höhe der Hälfte des Betrages, der nach § 66 des Einkommensteuergesetzes für ein erstes Kind zu zahlen ist, auf die laufenden Leistungen anzurechnen. Ist das Kind oder der Jugendliche nicht das älteste Kind in der Pflegefamilie, so ermäßigt sich der Anrechnungsbetrag für dieses Kind oder diesen Jugendlichen auf ein Viertel des Betrages, der für ein erstes Kind zu zahlen ist.

(7) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so ist auch der notwendige Unterhalt dieses Kindes sicherzustellen.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Sach- und Dienstleistungen sind in Geld zu erstatten.

(2) Soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, sind sie zu erstatten. §§ 45 und 48 gelten entsprechend.

(2a) Der zu erstattende Betrag ist vom Eintritt der Unwirksamkeit eines Verwaltungsaktes, auf Grund dessen Leistungen zur Förderung von Einrichtungen oder ähnliche Leistungen erbracht worden sind, mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich zu verzinsen. Von der Geltendmachung des Zinsanspruchs kann insbesondere dann abgesehen werden, wenn der Begünstigte die Umstände, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben, nicht zu vertreten hat und den zu erstattenden Betrag innerhalb der von der Behörde festgesetzten Frist leistet. Wird eine Leistung nicht alsbald nach der Auszahlung für den bestimmten Zweck verwendet, können für die Zeit bis zur zweckentsprechenden Verwendung Zinsen nach Satz 1 verlangt werden; Entsprechendes gilt, soweit eine Leistung in Anspruch genommen wird, obwohl andere Mittel anteilig oder vorrangig einzusetzen sind; § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bleibt unberührt.

(3) Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Die Festsetzung soll, sofern die Leistung auf Grund eines Verwaltungsakts erbracht worden ist, mit der Aufhebung des Verwaltungsaktes verbunden werden.

(4) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verwaltungsakt nach Absatz 3 unanfechtbar geworden ist. Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. § 52 bleibt unberührt.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten bei Berichtigungen nach § 38 entsprechend.

Soweit eine Erstattung zu Unrecht erfolgt ist, sind die gezahlten Beträge zurückzuerstatten.

Steht die örtliche Zuständigkeit nicht fest oder wird der zuständige örtliche Träger nicht tätig, so ist der örtliche Träger vorläufig zum Tätigwerden verpflichtet, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche, der junge Volljährige oder bei Leistungen nach § 19 der Leistungsberechtigte vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn

1.
das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder
2.
eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und
a)
die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder
b)
eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder
3.
ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
Die Inobhutnahme umfasst die Befugnis, ein Kind oder einen Jugendlichen bei einer geeigneten Person, in einer geeigneten Einrichtung oder in einer sonstigen Wohnform vorläufig unterzubringen; im Fall von Satz 1 Nummer 2 auch ein Kind oder einen Jugendlichen von einer anderen Person wegzunehmen.

(2) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme unverzüglich das Kind oder den Jugendlichen umfassend und in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form über diese Maßnahme aufzuklären, die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 gehört zu den Rechtshandlungen nach Satz 4, zu denen das Jugendamt verpflichtet ist, insbesondere die unverzügliche Stellung eines Asylantrags für das Kind oder den Jugendlichen in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes benötigt; dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen.

(3) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten, sie in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form umfassend über diese Maßnahme aufzuklären und mit ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen. Widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich

1.
das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern nach der Einschätzung des Jugendamts eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden oder
2.
eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
Sind die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten nicht erreichbar, so gilt Satz 2 Nummer 2 entsprechend. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 ist unverzüglich die Bestellung eines Vormunds oder Pflegers zu veranlassen. Widersprechen die Personensorgeberechtigten der Inobhutnahme nicht, so ist unverzüglich ein Hilfeplanverfahren zur Gewährung einer Hilfe einzuleiten.

(4) Die Inobhutnahme endet mit

1.
der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten,
2.
der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.

(5) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.

(6) Ist bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich, so sind die dazu befugten Stellen hinzuzuziehen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme der Anordnung, ihn in Obhut zu nehmen und die Aufforderung, die Kosten seiner Inobhutnahme zu erstatten.

2

Der Kläger reiste im November 2004 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Vor der Ausländerbehörde der beklagten Stadt gab er wahrheitswidrig an, er heiße Ali Halch, sei am 13. August 1988 in Darfur geboren und sudanesischer Staatsangehöriger. Daraufhin wurde er am 29. November 2004 dem Jugendamt der beklagten Stadt übergeben, das mit Rücksicht auf die nach den Angaben des Klägers bestehende Minderjährigkeit am selben Tag die Inobhutnahme des Klägers anordnete und ihn in einer Einrichtung der Arbeiterwohlfahrt unterbrachte. Dort hielt sich der Kläger vom 29. November bis zum 17. Dezember 2004 und vom 1. April bis zum 3. Mai 2005 auf.

3

Nachdem das Jugendamt der beklagten Stadt davon Kenntnis erlangt hatte, dass der Kläger in Wahrheit aus Tunesien stammt und im Zeitpunkt der Einreise volljährig gewesen ist, nahm es mit Bescheid vom 20. April 2006 die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen nach § 42 Achtes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VIII - für die Zeiträume vom 29. November bis 17. Dezember 2004 und vom 1. April bis 3. Mai 2005 zurück und forderte den Kläger auf, die zu Unrecht erbrachten Leistungen in Höhe von 9 253,37 € gemäß § 50 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X - zu erstatten.

4

Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage, die vom Kläger der Höhe nach auf das von der Beklagten aufgrund der Entgeltvereinbarung an den Einrichtungsträger für seine Unterbringung, Verpflegung und sozialpädagogische Betreuung gezahlte Entgelt von insgesamt 9 056,98 € beschränkt wurde, hat das Verwaltungsgericht abgewiesen.

5

Das Oberverwaltungsgericht hat der Berufung des Klägers stattgegeben und die angefochtenen Bescheide in dem beantragten Umfang aufgehoben. Die Inobhutnahme sei ein Verwaltungsakt. Dies gelte unabhängig davon, ob die aktenkundig am 29. November 2004 erfolgte Inobhutnahme dem Kläger selbst gegenüber schriftlich angeordnet worden sei, weil eine solche Maßnahme auch mündlich erlassen werden könne. Die Inobhutnahme sei objektiv rechtswidrig gewesen, weil der Kläger im November 2004 nicht mehr minderjährig gewesen sei. Ob die Inobhutnahme dem Kläger gegenüber als begünstigender oder als belastender (bzw. "sonstiger") Verwaltungsakt anzusehen sei, könne offenbleiben, da sowohl ein belastender ("sonstiger") Verwaltungsakt als auch ein sogenannter gemischter Verwaltungsakt beim Vorliegen der in § 45 Abs. 2 bis 4 SGB X genannten Voraussetzungen wegen anfänglicher Rechtswidrigkeit rückwirkend aufgehoben werden dürfe. Der Kläger könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen, weil er die Inobhutnahme durch seine vorsätzlich falsche Altersangabe bewirkt habe. Die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X sei gewahrt. Hinsichtlich des "Ob" der Rücknahme der Entscheidung, den Kläger in Obhut zu nehmen, habe es angesichts von dessen Bösgläubigkeit keiner vertieften Ermessenserwägungen bedurft.

6

Der Erstattungsanspruch finde seine Rechtsgrundlage in § 50 Abs. 1 SGB X. Da der Beklagten im Anwendungsbereich des § 50 Abs. 1 SGB X kein Ermessen zustehe, ob sie den Erstattungsanspruch geltend mache, habe sie bei der Aufhebung des Verwaltungsaktes eine Ermessensentscheidung über den Umfang der zu erstattenden Leistungen zu treffen. Dieser Ermessensentscheidung liege ein unzutreffender Maßstab zugrunde. Im sozialrechtlichen Dreiecksverhältnis seien die erbrachten Leistungen im Sinne des § 50 Abs. 1 SGB X nicht mit dem zwischen dem Jugendamt und dem Träger der Einrichtung vereinbarten Entgelt gleichzusetzen. Die Entgeltvereinbarung mit dem Einrichtungsträger bilde auch keine hinreichende Grundlage für eine schätzungsweise Ermittlung der beim Kläger eingetretenen Vermögensmehrung. Der festgestellte Ermessensfehler bei der Rücknahmeentscheidung wirke sich im Entscheidungsverbund mit § 50 Abs. 1 SGB X unmittelbar auf den festgesetzten Erstattungsbetrag aus.

7

Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter. Sie rügt eine Verletzung des § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Die an den Kläger erbrachten Leistungen entsprächen den Aufwendungen, die sich aus der zwischen ihr und dem Einrichtungsträger geschlossenen Entgeltvereinbarung ergäben.

8

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten ist begründet. Die entscheidungstragenden Annahmen des Oberverwaltungsgerichts, die Beklagte habe im Rahmen der Ermessensausübung nach § 45 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Januar 2001 (BGBl I S. 130) und der im Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung geltenden Änderung durch Art. 11 Nr. 2 des Gesetzes vom 21. Juni 2002 (BGBl I S. 2167) - SGB X - eine Ermessensentscheidung über den Umfang der nach § 50 Abs. 1 SGB X zu erstattenden Leistungen zu treffen, deren Wert nicht anhand der Entgeltvereinbarung bemessen werden dürfe, die zwischen der Beklagten und dem Einrichtungsträger geschlossen worden sei, verstößt gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Weil der Senat mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen nicht abschließend entscheiden kann, ist die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

10

Nach § 50 Abs. 1 SGB X sind, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, bereits erbrachte Leistungen zu erstatten (Satz 1). Sach- und Dienstleistungen sind in Geld zu erstatten (Satz 2). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Inobhutnahme des Klägers nach § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Achtes Buch Sozialgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Dezember 1998 (BGBl I S. 3546) und der im Zeitraum der streitgegenständlichen Inobhutnahme geltenden Änderung durch Art. 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2004 (BGBl I S. 3852) - stellt einen diesem gegenüber ergangenen Verwaltungsakt dar (1). Aufgrund dessen sind Leistungen erbracht worden (2.). Der Verwaltungsakt der Inobhutnahme wurde mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen (3.). Die Erstattung der erbrachten Leistungen ist auf den Ersatz ihres Wertes gerichtet, der sich grundsätzlich nach dem Entgelt bestimmt, das die Träger der Jugendhilfe hierfür vereinbart haben (4.).

11

1. Die Inobhutnahme ist ein Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X (a). Dieser ist dem Kläger gegenüber wirksam ergangen (b) und hatte bis zum Zeitpunkt der Rücknahme seine Wirksamkeit nicht verloren (c).

12

a) Das Jugendamt der beklagten Stadt hat - was vom Kläger im Revisionsverfahren auch nicht mehr in Abrede gestellt wird - mit der auf § 42 SGB VIII gestützten Inobhutnahme des Klägers, die von dem Vollzugsakt seines tatsächlichen Verbringens und Betreuens in der Einrichtung zu unterscheiden ist, eine Entscheidung im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts getroffen. Denn die Inobhutnahme verschafft dem Jugendamt der beklagten Stadt im konkreten Hilfefall eine Position, die das (vermeintliche) elterliche Sorgerecht für die Dauer der Inobhutnahme überlagert. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme den notwendigen Unterhalt des Klägers und die Krankenhilfe sicherzustellen (vgl. § 42 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII). Es übt das Recht der Beaufsichtigung, Erziehung und Aufenthaltsbestimmung aus (vgl. § 42 Abs. 1 Satz 4 Halbs. 1 SGB VIII) und hat für das Wohl des Klägers zu sorgen, ihn in seiner gegenwärtigen Lage zu beraten und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen (vgl. § 42 Abs. 1 Satz 5 SGB VIII). Die von der Inobhutnahme umfasste Befugnis des Jugendamtes, den Kläger in einer Einrichtung unterzubringen (vgl. § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII), begründet für diesen die Verpflichtung, vorübergehend den Anweisungen des Jugendamtes im Hinblick auf seine Anwesenheit in der Einrichtung zu folgen. Zugleich verleiht die Inobhutnahme dem Kläger einen Anspruch darauf, in der Einrichtung aufgenommen, verpflegt und betreut zu werden. Da die Inobhutnahme ihrem objektiven Sinngehalt entsprechend verbindliche Wirkung gegenüber dem Kläger entfaltet, ist sie auch auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet.

13

b) Die Inobhutnahme ist dem Kläger gegenüber wirksam bekanntgegeben worden.

14

Nach § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB X wird ein Verwaltungsakt gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekanntgegeben wird. Hierfür reicht es aus, dass die Behörde - willentlich - dem Adressaten von dem Inhalt des Verwaltungsaktes Kenntnis verschafft (vgl. Beschluss vom 11. Februar 1994 - BVerwG 2 B 173.93 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 258 S. 1). Dies kann, soweit - wie hier - nichts anders vorgeschrieben ist, auch mündlich geschehen. So verhält es sich im vorliegenden Fall. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, an die der Senat mangels zulässiger und begründeter Verfahrensrügen gebunden ist (§ 137 Abs. 2 VwGO), ist die aktenkundig am 29. November 2004 erfolgte Inobhutnahme dem Kläger gegenüber mündlich eröffnet worden.

15

Ob eine Inobhutnahme Minderjährigen gegenüber - wie die Revision meint - nur wirksam bekanntgegeben werden kann, wenn sie ihren Eltern gegenüber eröffnet wird bzw. die Wirksamkeit der Bekanntgabe die Handlungsfähigkeit nach § 36 Abs. 1 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch vom 11. Dezember 1975 (BGBl I S. 3015), im Zeitraum der streitgegenständlichen Inobhutnahme zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 21. März 2005 (BGBl I S. 818) - SGB I - bzw. § 11 SGB X voraussetzt, braucht hier nicht entschieden zu werden, da der Kläger nach den ebenfalls bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts im Zeitpunkt der Bekanntgabe 23 Jahre alt und damit sowohl nach bürgerlichem Recht geschäftsfähig als auch nach Maßgabe der vorgenannten Vorschriften handlungsfähig war.

16

Dem steht auch § 33a Abs. 1 SGB I nicht entgegen. Danach ist, wenn Rechte oder Pflichten davon abhängig sind, dass eine bestimmte Altersgrenze erreicht oder nicht überschritten ist, das Geburtsdatum maßgebend, das sich aus der ersten Angabe des Berechtigten oder Verpflichteten gegenüber einem Sozialleistungsträger ergibt. Diese Vorschrift ist entgegen der Rechtsansicht der Revision jedenfalls deshalb auf die Bekanntgabe der Inobhutnahme nicht anwendbar, weil sie nur für Sozialleistungen im Sinne von § 11 SGB I gilt (vgl. BSG, Urteile vom 19. Oktober 2000 - B 8 KN 3/00 R - juris Rn. 35 und vom 31. März 1998 - B 8 KN 11/95 R - SozR 3-1200 § 33a Nr. 2). Zu diesen gehört die Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII nicht.

17

Nach § 11 Satz 1 SGB I sind Sozialleistungen die im Sozialgesetzbuch vorgesehenen Dienst-, Sach- und Geldleistungen, die Gegenstand sozialer Rechte sind. Die persönlichen und erzieherischen Hilfen werden zu den Dienstleistungen gezählt (§ 11 Satz 2 SGB I). Die nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch vorgesehenen Sozialleistungen werden in § 27 Abs. 1 SGB I aufgezählt. Die Inobhutnahme ist in dieser Aufzählung nicht enthalten. Ebenso wenig wird sie im Katalog der Leistungen der Jugendhilfe nach § 2 Abs. 2 SGB VIII genannt. Stattdessen führt sie das Gesetz ausdrücklich in § 2 Abs. 3 Nr. 1 SGB VIII unter der Kategorie der sonstigen Aufgaben der Jugendhilfe auf. Diese systematische und begriffliche Unterscheidung im Achten Buch Sozialgesetzbuch setzt sich in den Regelungen über die örtliche Zuständigkeit fort. So hat der Gesetzgeber ausweislich der gesetzlichen Überschriften in § 86 SGB VIII die "örtliche Zuständigkeit für Leistungen" geregelt, während er in § 87 SGB VIII eine gesonderte Zuständigkeitsregelung für die Inobhutnahme getroffen und diese als "örtliche Zuständigkeit für andere Aufgaben" bzw. "für vorläufige Maßnahmen" gekennzeichnet hat. Dass die Inobhutnahme selbst keine Leistung im oben genannten Sinne ist, ergibt sich schließlich auch aus § 86 Abs. 7 Satz 1 Halbs. 2 SGB VIII, welcher (mit der Formulierung "geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus ...") die Inobhutnahme der Leistungsgewährung gegenüberstellt.

18

c) Der Verwaltungsakt der Inobhutnahme war im Zeitpunkt der Rücknahme noch wirksam. Dadurch, dass die Inobhutnahme zu diesem Zeitpunkt bereits vollzogen und beendet war, ist keine Erledigung eingetreten.

19

Ein Verwaltungsakt bleibt gemäß § 39 Abs. 2 SGB X wirksam, solange und soweit er nicht erledigt ist. Allein der Vollzug eines Handlungspflichten auferlegenden Verwaltungsaktes muss nicht bereits zu dessen Erledigung führen und zwar auch dann nicht, wenn hiermit irreversible Tatsachen geschaffen werden. Die Erledigung eines Verwaltungsaktes tritt vielmehr erst ein, wenn dieser nicht mehr geeignet ist, rechtliche Wirkungen zu erzeugen oder wenn die Steuerungsfunktion, die ihm ursprünglich innewohnte, nachträglich entfallen ist (vgl. Urteil vom 25. September 2008 - BVerwG 7 C 5.08 - Buchholz 345 § 6 VwVG Nr. 1 Rn. 13 m.w.N.). Daran gemessen hatte sich der Verwaltungsakt der Inobhutnahme im Zeitpunkt der Rücknahme noch nicht erledigt.

20

Zwar hatte sich die Verpflichtung des Klägers, sich der Obhut zu unterstellen, mit dem Vollzug und der Beendigung der Inobhutnahme verbraucht. Der Verwaltungsakt der Inobhutnahme entfaltet darüber hinaus aber auch eine Sperrwirkung. Solange er nicht aufgehoben worden ist, hindert er den Rückgriff auf den Hilfeempfänger im Wege eines möglichen Erstattungsanspruchs nach § 50 Abs. 1 SGB X. Diese Funktion des Verwaltungsaktes dauert bis zu seiner Aufhebung an.

21

2. Aufgrund des Verwaltungsaktes der Inobhutnahme sind Leistungen im Sinne des § 50 Abs. 1 SGB X erbracht worden. Der Leistungsbegriff des § 50 Abs. 1 SGB X erfasst auch die Inobhutnahme (a). Die dem Kläger in Durchführung der Inobhutnahme gewährten geldwerten Sach- und Dienstleistungen wurden aufgrund eines Verwaltungsaktes erbracht (b). Dass sich die Beklagte dabei der Hilfe eines freien Trägers der Jugendhilfe bedient hat, hindert nicht, die Leistungen als von der Beklagten erbracht anzusehen (c).

22

a) Leistungen im Sinne des § 50 SGB X sind alle durch Geld-, Sach- oder Dienstleistungen bewirkten Vermögensverschiebungen, die ein Leistungsträger in Wahrnehmung seiner öffentlich-rechtlichen Verwaltungsaufgaben nach dem Sozialgesetzbuch einem Bürger erbracht hat. Denn gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 SGB X gilt auch § 50 SGB X für die gesamte öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden, die nach dem Sozialgesetzbuch ausgeübt wird. Der Leistungsbegriff des § 50 SGB X umfasst dementsprechend nicht nur die Sozialleistungen im Sinne von § 11 und §§ 18 bis 29 SGB I, bei denen ein Leistungsträger eine Vermögensverschiebung zugunsten eines Bürgers zur Erfüllung eines vermeintlich bestehenden sozialen Rechts vornimmt, und zu denen die Inobhutnahme als solche - wie dargelegt - nicht gehört. Vielmehr ist für die Annahme einer Leistung im Sinne des § 50 SGB X erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Leistungsträger einem Bürger eine Geld-, Sach- oder Dienstleistung in Ausführung einer ihm nach dem Sozialgesetzbuch zugewiesenen Aufgabe erbracht hat (vgl. BSG, Urteile vom 7. September 2006 - B 4 RA 43/05 R - BSGE 97, 94 und vom 1. Februar 1995 - 6 RKa 9/94 - SozR 3-2500 § 76 Nr. 2).

23

Dieses weite Verständnis ist vom Wortlaut des § 50 Abs. 1 SGB X gedeckt und wird vom Sinn und Zweck der Norm, das ohne Rechtsgrundlage Erlangte abzuschöpfen, gefordert. Insbesondere wird dieses Auslegungsergebnis durch systematische Erwägungen getragen. So sind in § 50 Abs. 2a SGB X ausdrücklich auch "Leistungen zur Förderung von Einrichtungen" erwähnt, die ebenfalls keine Sozialleistungen im Sinne von § 11 SGB I sind. Zudem zeigt auch § 91 Abs. 1 Nr. 7 SGB VIII i.V.m. § 92 Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII, wonach Kinder und Jugendliche zu den Kosten der Inobhutnahme (§ 42 SGB VIII) heranzuziehen sind, dass der Gesetzgeber dasjenige, was dem Hilfeempfänger auf der Grundlage einer Inobhutnahme zugewandt wird, der Sache nach als ausgleichsfähigen und ausgleichsbedürftigen geldwerten Vorteil ansieht. Das Argument des Klägers, dass es sich bei der Inobhutnahme nur um eine Eingriffsmaßnahme handelt, greift nicht durch.

24

In Anwendung dieser rechtlichen Vorgaben handelt es sich bei der mit der Inobhutnahme verbundenen Unterkunft, Verpflegung und sozialpädagogischen Betreuung des Klägers um Leistungen im Sinne des § 50 Abs. 1 SGB X.

25

b) Aus der systematischen Betrachtung der Vorschrift folgt, dass § 50 Abs. 1 SGB X eine Leistung aufgrund eines Verwaltungsaktes voraussetzt. Denn § 50 Abs. 2 SGB X erfasst ausdrücklich die Fälle der Leistungserbringung "ohne Verwaltungsakt" und bildet damit das Gegenstück zu § 50 Abs. 1 SGB X, der die Leistung "mit Verwaltungsakt" zum Gegenstand hat. Erbracht ist eine Leistung im Sinne von § 50 Abs. 1 SGB X, wenn sie dem Leistungsempfänger zur Erfüllung einer Leistungsverpflichtung bzw. eines Leistungsanspruchs in einem öffentlich-rechtlichen Leistungsverhältnis zwischen dem Leistungsberechtigten und dem Leistungsträger zugewandt worden ist (vgl. BSG, Urteile vom 30. Januar 2002 - B 5 RJ 26/01 R - SozR 3-1300 § 50 Nr. 25; vom 24. Juli 2001 - B 4 RA 102/00 R - SozR 3-1300 § 50 Nr. 24 und vom 28. Juni 1991 - 11 RAr 47/90 - SozR 3-1300 § 50 Nr. 10). In diesem Sinne sind dem Kläger aufgrund der Inobhutnahme Leistungen erbracht worden.

26

Zwar ist kein ausdrücklicher Leistungsbescheid ergangen, wie es für die Fälle des § 50 Abs. 1 SGB X typisch ist. Allerdings ist mit der Inobhutnahme insoweit eine Leistungsverpflichtung des Jugendamtes der beklagten Stadt verbunden, als dieses gemäß § 42 Abs. 1 Satz 5 SGB VIII für das Wohl des Klägers zu sorgen hat. Die Beklagte hat von Gesetzes wegen die Unterbringung, Verpflegung und sozialpädagogische Betreuung des Klägers während der Zeit der Inobhutnahme zu gewährleisten (vgl. § 42 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII). Dass der Kläger entsprechende Zuwendungen in Form von Sach- und Dienstleistungen zur Erfüllung der zuvor genannten Verpflichtung tatsächlich erhalten hat, steht nicht im Streit.

27

c) Die dem Kläger in Durchführung der Inobhutnahme in der Einrichtung eines freien Trägers der Jugendhilfe gewährte Unterkunft, Verpflegung und sozialpädagogische Betreuung sind als Leistungen der Beklagten anzusehen. Denn sie wurden im Auftrag der Beklagten zweckgerichtet zur Durchführung der Inobhutnahme erbracht.

28

Ein Träger der öffentlichen Jugendhilfe hat Leistungen im Sinne des § 50 Abs. 1 SGB X erbracht, wenn er diese - hier in Wahrnehmung einer ihm nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch obliegenden Aufgabe - entweder unmittelbar selbst erbracht hat oder mittelbar durch einen Dritten hat erbringen lassen. Zwar richtet sich die Berechtigung und Verpflichtung zur Inobhutnahme im Sinne des § 42 SGB VIII an den Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit der Folge, dass dieser im Verhältnis zum Hilfeempfänger in der Pflicht und Verantwortung steht. Aus der Organisations- und Personalhoheit folgt aber das Recht des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe zu bestimmen, wie er die seiner Zuständigkeit unterliegenden Aufgaben im Einzelnen wahrnimmt und deren ordnungsgemäße und effektive Erledigung sicherstellt. Dies schließt grundsätzlich die Entscheidung darüber ein, ob eine bestimmte Sach- und Dienstleistung durch eigene Mitarbeiter erbracht oder ein Dritter mit der Durchführung einer Aufgabe beauftragt wird. Letzteres ist dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe verwehrt, wenn die Übertragung der Aufgabenwahrnehmung auf Dritte im Einzelfall gesetzlich ausdrücklich oder sie aus anderen Gründen ausgeschlossen ist, etwa weil eine ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung nach der Natur der Aufgabe oder ihren inhaltlichen oder organisatorischen Anforderungen nur durch Mitarbeiter des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe gewährleistet ist (vgl. Urteil vom 22. Oktober 2009 - BVerwG 5 C 16.08 - BVerwGE 135, 150 = Buchholz 436.511 § 37 KJHG/SGB VIII Nr. 1 Rn. 17). Beides ist hinsichtlich der hier in Rede stehenden Gewährung von Unterkunft, Verpflegung und sozialpädagogischer Betreuung des in Obhut genommenen Klägers nicht der Fall.

29

Das Gesetz sieht ausdrücklich vor, dass die Träger der öffentlichen Jugendhilfe anerkannte Träger der freien Jugendhilfe an der Durchführung der Inobhutnahme gemäß § 42 SGB VIII als eine andere Aufgabe der Jugendhilfe beteiligen oder ihnen diese Aufgabe zur Ausführung übertragen können (vgl. § 76 Abs. 1 SGB VIII). Die Arbeiterwohlfahrt gehört zu den anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe. Die in Durchführung der Inobhutnahme zu gewährende Unterkunft, Verpflegung und Betreuung des in Obhut Genommenen sind weder in inhaltlicher noch in organisatorischer Hinsicht von solcher Art und Qualität, dass sie in der Regel nicht auch von einem Träger der freien Jugendhilfe mit entsprechend fachlich qualifiziertem Personal erfüllt werden können (vgl. Urteil vom 22. Oktober 2009 a.a.O. Rn. 17).

30

Dass ein Träger der öffentlichen Jugendhilfe grundsätzlich befugt ist, sich zur Erfüllung der ihm obliegenden Aufgabe der Inobhutnahme der Hilfe Dritter zu bedienen, entspricht auch dem Subsidiaritätsgrundsatz in § 4 Abs. 2 SGB VIII. Danach soll die öffentliche Jugendhilfe von eigenen Maßnahmen absehen, soweit geeignete Einrichtungen, Dienste und Veranstaltungen von anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe betrieben werden oder rechtzeitig geschaffen werden können. Die Erfüllung dieser Verpflichtung setzt aber zwingend voraus, dass der Träger der öffentlichen Jugendhilfe einem anerkannten Träger der freien Jugendhilfe die Durchführung von Aufgaben der Jugendhilfe überlässt. Der Vorrang des § 4 Abs. 2 SGB VIII erfasst grundsätzlich alle Handlungsfelder der Jugendhilfe, also auch die Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII (vgl. vgl. Urteil vom 22. Oktober 2009 a.a.O. Rn. 18 m.w.N.).

31

3. Der Verwaltungsakt der Inobhutnahme wurde mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Als ein sowohl belastende als auch begünstigende Wirkungen entfaltender Verwaltungsakt unterliegt die Rücknahme der Inobhutnahme den Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 bis 4 SGB X für die Rücknahme von begünstigenden Verwaltungsakten (a). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt (b). Die Beklagte hat im Ergebnis auch das ihr eingeräumte Ermessen bezüglich des "Ob" der Rücknahme fehlerfrei ausgeübt (c).

32

a) Bei der Inobhutnahme handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit sowohl belastender als auch begünstigender Wirkung.

33

Nach der Legaldefinition in § 45 Abs. 1 SGB X ist ein begünstigender Verwaltungsakt ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat. Ein belastender Verwaltungsakt ist demgegenüber ein Verwaltungsakt, mit dem in ein Recht eingegriffen oder eine Begünstigung verweigert wird. Ob es sich bei einem Verwaltungsakt in einem - wie hier - mehrpoligen Verwaltungsrechtsverhältnis um einen begünstigenden oder belastenden Verwaltungsakt handelt, ist allein nach der Wirkung beim Adressaten zu beurteilen (vgl. Urteil vom 9. Mai 2012 - BVerwG 6 C 3.11 - BVerwGE 143, 87 = Bucholz 442.066 § 37 TKG Nr. 4 Rn. 46 m.w.N.). Für den Kläger als Adressaten der Inobhutnahme kommt dieser insoweit belastende Wirkung zu, als der Kläger - wie dargelegt - verpflichtet ist, sich der Obhut zu unterstellen und den Anweisungen des Jugendamtes im Hinblick auf seine Anwesenheit in der Einrichtung zu folgen. Begünstigend wirkt sich die Inobhutnahme aus, weil sie Voraussetzung dafür ist, dass der Kläger von der Einrichtung des freien Trägers aufgenommen wird und dort für die Dauer der Inobhutnahme Unterkunft, Verpflegung und sozialpädagogische Betreuung erhält.

34

Verwaltungsakte mit einer derartigen Mischwirkung sind insgesamt als begünstigend zu behandeln und den strengeren Rücknahmevoraussetzungen des § 45 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 bis 4 SGB X zu unterstellen, sofern sich begünstigende und belastende Elemente - wie hier - nicht voneinander trennen lassen (vgl. Urteil vom 9. Mai 2012 a.a.O. Rn. 47 m.w.N.).

35

b) Nach § 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und Abs. 4 SGB X kann der Leistungsträger einen rechtswidrigen (aa) Verwaltungsakt mit Mischwirkung ganz oder teilweise mit Wirkung für die Vergangenheit zurücknehmen, wenn der Begünstigte deswegen nicht auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertrauen durfte, weil dieser auf Angaben beruht, die er vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig gemacht hat (bb). Die Rücknahme ist innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen auszusprechen (cc). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

36

aa) Das Oberverwaltungsgericht hat - was auch zwischen den Beteiligten nicht im Streit steht - zu Recht dahin erkannt, dass die auf § 42 SGB VIII gestützte Inobhutnahme des Klägers rechtswidrig war.

37

Nach § 42 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII ist das Jugendamt verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Obhutnahme erfordert. Ein derartiger Fall kann vorliegen, wenn ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlichen unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten. Kind ist, wer noch nicht 14 Jahre alt ist (vgl. § 7 Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII). Jugendlicher ist, wer 14, aber noch nicht 18 Jahre alt ist (vgl. § 7 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII). Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts war der Kläger - wie dargelegt - im Zeitpunkt der Inobhutnahme bereits 23 Jahre alt und damit weder Kind noch Jugendlicher. Dem steht § 33a Abs. 1 SGB I nicht entgegen, weil diese Vorschrift - wie dargelegt - nur bei Sozialleistungen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB I anwendbar ist, zu denen die Inobhutnahme nicht gehört.

38

bb) Das Oberverwaltungsgericht hat in revisionsgerichtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass das Vertrauen des Klägers nicht schutzwürdig ist und die Inobhutnahme mit Wirkung für die Vergangenheit (§ 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X) zurückgenommen werden durfte, weil diese - auf der Grundlage der nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und damit für den Senat bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts - im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X auf einer vorsätzlich falschen Altersangabe des Klägers beruhte. Dies steht zwischen den Beteiligten gleichfalls nicht im Streit.

39

cc) Zwischen den Beteiligten ist auch zu Recht nicht streitig, dass die Beklagte die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X eingehalten hat.

40

c) Das Oberverwaltungsgericht hat im Ergebnis auch zutreffend festgestellt, dass die Beklagte das ihr eingeräumte Ermessen bezüglich des "Ob" der Rücknahme fehlerfrei ausgeübt hat.

41

Die auf § 45 Abs. 1 und 4 SGB X gestützte Rücknahme eines von Anfang an rechtswidrigen Verwaltungsaktes mit Wirkung für die Vergangenheit steht im Ermessen des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe. Die Ermessensentscheidung erfordert eine sachgerechte Abwägung des öffentlichen Interesses an der Herstellung gesetzmäßiger Zustände mit dem privaten Interesse des Adressaten an der Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes. Die Prinzipien der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der Bestandskraft von Verwaltungsakten stehen dabei gleichberechtigt nebeneinander. Dies gilt auch, wenn eine Berufung auf Vertrauensschutz nach § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X ausscheidet (vgl. Urteil vom 14. März 2013 - BVerwG 5 C 10.12 - zur Veröffentlichung in Buchholz vorgesehen = juris Rn. 29 m.w.N.). Maßgeblich sind insoweit die Erwägungen im Widerspruchsbescheid. Denn eine behördliche Entscheidung, deren Recht- und Zweckmäßigkeit - wie hier - durch die Widerspruchsbehörde nachgeprüft werden kann, erhält gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO erst durch den Widerspruchsbescheid ihre für das gerichtliche Verfahren maßgebliche Gestalt (vgl. zuletzt Urteil vom 14. März 2013 a.a.O. Rn. 39 m.w.N.).

42

Zwar ist im Rahmen der Ermessensausübung nach § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB X auch zu entscheiden, ob der Verwaltungsakt ganz oder teilweise zurückgenommen wird. Des Weiteren sind gegebenenfalls die Folgen, die sich aus der Rücknahme für den Betroffenen ergeben (hier: Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs in Höhe von 9 056,98 €) in den Blick zu nehmen. Beides führt aber nicht dazu, dass im Rahmen der Ermessensausübung nach § 45 Abs. 1 und 4 SGB X eine Ermessensentscheidung über den Umfang der nach § 50 Abs. 1 SGB X zu erstattenden Leistungen zu treffen ist. Die gegenteilige Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ist mit Bundesrecht nicht vereinbar. Sie vermischt die Rücknahme nach § 45 SGB X einerseits mit dem Erstattungsanspruch des § 50 Abs. 1 SGB X andererseits in einer nicht zulässigen Weise. Sobald der Verwaltungsakt zurückgenommen worden ist, steht dem Leistungsträger nach dem klaren und eindeutigen Wortlaut des § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X ("... sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten.") kein Ermessen zu, ob und in welchem Umfang er den Erstattungsanspruch geltend macht (vgl. BSG, Urteil vom 22. April 1987 - 10 RKg 16/85 - SozR 1300 § 50 Nr. 16).

43

In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze ist die Ausübung des Rücknahmeermessens durch die Beklagte im Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Beklagten war ausweislich des Widerspruchsbescheides bewusst, dass ihr Ermessen zusteht, und sie hat dieses erkennbar ausgeübt. Sie hat sich bei der Ausübung des Ermessens gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB I am Zweck der Ermächtigung orientiert. Sie hat das Interesse des Klägers an der Bestandskraft der rechtswidrigen Inobhutnahme mit dem öffentlichen Interesse an der Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes abgewogen. Letzteres schließt die Einbeziehung fiskalischer Interessen nicht aus (vgl. zuletzt Urteil vom 14. März 2013 a.a.O. Rn. 40 m.w.N.). Daher ist es nicht zu beanstanden, dass sich die Beklagte von dem Gedanken hat leiten lassen, das Interesse des Klägers an der Bestandskraft der rechtswidrigen Inobhutnahme habe hinter das öffentliche Interesse an einer wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung öffentlicher Haushaltsmittel zurückzutreten. Sonstige Gründe, aus denen die Rücknahme eine Härte bedeuten würde oder aus denen von einer Rücknahme abgesehen werden sollte, seien nicht ersichtlich. Da der Kläger bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens keine für die Ermessensausübung relevanten Gesichtspunkte vorgetragen hat, konnte sich die Beklagte auch auf diese knappe allgemeine Interessenabwägung beschränken.

44

4. Der Erstattungsanspruch nach § 50 Abs. 1 SGB X ist ein Anspruch auf Wertersatz und bemisst sich grundsätzlich nach dem Entgelt, das die Beklagte aufgrund der zwischen ihr und dem Träger der freien Jugendhilfe geschlossenen Entgeltvereinbarung an diesen für die Sach- und Dienstleistungen gezahlt hat.

45

Die zu erstattenden Leistungen sind in Geld festzusetzen (vgl. § 50 Abs. 1 Satz 2 SGB X). Dies macht eine Bewertung der erbrachten Sach- und Dienstleistungen in Geld erforderlich. Das Gesetz enthält keine ausdrückliche Regelung darüber, wie eine Umrechnung der erbrachten Sach- und Dienstleistungen in einen Geldbetrag zu erfolgen hat. Hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe - wie hier - im Einklang mit dem Gesetz von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die ihm nach dem Gesetz obliegenden Sach- und Dienstleistungen gegen Entgelt durch einen Träger der freien Jugendhilfe erbringen zu lassen, bestimmt sich deren Wert grundsätzlich nach dem Entgelt, das die Träger der Jugendhilfe hierfür vereinbart haben. Denn das vereinbarte Entgelt spiegelt in der Regel den objektiven Wert wider, der den Leistungen bei ihrer Gewährung im maßgebenden Gebiet zukommt.

46

Dafür spricht, dass sich die Träger der öffentlichen und freien Jugendhilfe als gleichberechtigte und sachkundige Vertragspartner gegenüberstehen. Dies bietet die Gewähr dafür, dass das von ihnen ausgehandelte und vereinbarte Entgelt grundsätzlich den für die Leistungen während des Leistungszeitraums im maßgebenden Gebiet üblichen Wert abbildet. Hinzu kommt, dass das vereinbarte Entgelt von dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe unabhängig davon zu entrichten ist, ob ihm gegebenenfalls ein Erstattungsanspruch nach § 50 Abs. 1 SGB X zusteht. Daher ist zu erwarten, dass der Träger der öffentlichen Jugendhilfe sich nicht zur Zahlung eines Entgelts verpflichtet, das außerhalb der Bandbreite der Entgelte anderer Einrichtungsträger im maßgebenden Gebiet liegt. Diese Annahme wird dadurch bestätigt, dass das Achte Buch Sozialgesetzbuch den Entgeltvereinbarungen von Trägern der öffentlichen und freien Jugendhilfe eine besondere Bedeutung zuweist. Das Gesetz verpflichtet die Träger der öffentlichen Jugendhilfe zum Abschluss von Entgeltvereinbarungen, wenn diese Einrichtungen und Dienste der Träger der freien Jugendhilfe für die Gewährung der in § 78a Abs. 1 SGB VIII aufgeführten Leistungen in Anspruch nehmen. Eine derartige Verpflichtung besteht nach § 78a Abs. 2 SGB VIII für andere Leistungen nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch und die Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII, sofern das Landesrecht dies bestimmt. Macht das Landesrecht von der Ermächtigung des § 78a Abs. 2 SGB VIII - wie hier - keinen Gebrauch, haben die Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach § 77 Satz 1 SGB VIII derartige Vereinbarungen zumindest anzustreben. Die Entgeltvereinbarungen sollen im Bereich der stationären und teilstationären Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe zu einer Kostendämpfung beitragen, eine stärkere Transparenz von Kosten und Leistungen schaffen und die Effizienz der eingesetzten Mittel verbessern (vgl. BTDrucks 13/10330 S. 16).

47

Die gerichtliche Prüfung beschränkt sich auf eine Plausibilitäts- und Willkürkontrolle des vereinbarten Entgelts, d.h. das Gericht prüft, ob bei einer überschlägigen Betrachtung Anhaltspunkte bestehen, dass das vereinbarte Entgelt willkürlich gegriffen oder wirklichkeitsfremd ist und daher ausnahmsweise nicht den objektiven Wert der Leistungen darstellt. Indiz hierfür kann beispielweise ein überhöhter Rechnungsposten oder ein Entgelt sein, das erheblich über dem mit anderen Trägern Vereinbarten liegt. Die Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ermöglichen dem Senat keine abschließende Beurteilung, ob das vereinbarte pauschale Entgelt, dessen Berechtigung der Kläger in Zweifel gezogen hat, im zu entscheidenden Rechtsstreit ausnahmsweise nicht dem im fraglichen Zeitraum für Unterkunft, Verpflegung und sozialpädagogische Betreuung in einer Einrichtung Üblichen entspricht. Der Rechtsstreit ist deshalb an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen Feststellungen treffen kann.

48

5. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn

1.
das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder
2.
eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und
a)
die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder
b)
eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder
3.
ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
Die Inobhutnahme umfasst die Befugnis, ein Kind oder einen Jugendlichen bei einer geeigneten Person, in einer geeigneten Einrichtung oder in einer sonstigen Wohnform vorläufig unterzubringen; im Fall von Satz 1 Nummer 2 auch ein Kind oder einen Jugendlichen von einer anderen Person wegzunehmen.

(2) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme unverzüglich das Kind oder den Jugendlichen umfassend und in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form über diese Maßnahme aufzuklären, die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 gehört zu den Rechtshandlungen nach Satz 4, zu denen das Jugendamt verpflichtet ist, insbesondere die unverzügliche Stellung eines Asylantrags für das Kind oder den Jugendlichen in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes benötigt; dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen.

(3) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten, sie in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form umfassend über diese Maßnahme aufzuklären und mit ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen. Widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich

1.
das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern nach der Einschätzung des Jugendamts eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden oder
2.
eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
Sind die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten nicht erreichbar, so gilt Satz 2 Nummer 2 entsprechend. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 ist unverzüglich die Bestellung eines Vormunds oder Pflegers zu veranlassen. Widersprechen die Personensorgeberechtigten der Inobhutnahme nicht, so ist unverzüglich ein Hilfeplanverfahren zur Gewährung einer Hilfe einzuleiten.

(4) Die Inobhutnahme endet mit

1.
der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten,
2.
der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.

(5) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.

(6) Ist bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich, so sind die dazu befugten Stellen hinzuzuziehen.

(1) Im Sinne dieses Buches ist

1.
Kind, wer noch nicht 14 Jahre alt ist, soweit nicht die Absätze 2 bis 4 etwas anderes bestimmen,
2.
Jugendlicher, wer 14, aber noch nicht 18 Jahre alt ist,
3.
junger Volljähriger, wer 18, aber noch nicht 27 Jahre alt ist,
4.
junger Mensch, wer noch nicht 27 Jahre alt ist,
5.
Personensorgeberechtigter, wem allein oder gemeinsam mit einer anderen Person nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Personensorge zusteht,
6.
Erziehungsberechtigter, der Personensorgeberechtigte und jede sonstige Person über 18 Jahre, soweit sie auf Grund einer Vereinbarung mit dem Personensorgeberechtigten nicht nur vorübergehend und nicht nur für einzelne Verrichtungen Aufgaben der Personensorge wahrnimmt.

(2) Kinder, Jugendliche, junge Volljährige und junge Menschen mit Behinderungen im Sinne dieses Buches sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Kinder, Jugendliche, junge Volljährige und junge Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(3) Kind im Sinne des § 1 Absatz 2 ist, wer noch nicht 18 Jahre alt ist.

(4) Werktage im Sinne der §§ 42a bis 42c sind die Wochentage Montag bis Freitag; ausgenommen sind gesetzliche Feiertage.

(5) Die Bestimmungen dieses Buches, die sich auf die Annahme als Kind beziehen, gelten nur für Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die mit der Aufhebung vorangegangener Bewilligungsbescheide verbundene Rückforderung von Ausbildungsförderung.

2

Der Kläger studierte seit dem Wintersemester 2001/02 Gebäude- und Infrastrukturmanagement an einer sächsischen Hochschule. Hierfür erhielt er antragsgemäß von Dezember 2001 bis August 2003 Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz. In den entsprechenden Anträgen hatte er jeweils verschwiegen, dass er neben den angegebenen Vermögenswerten auch Inhaber eines auf seinen Namen bei der D. Bank eingerichteten Wertpapierdepots gewesen war, das er am 8. Oktober 2001 auf seine Schwester übertragen hatte. Dieses Konto wies im Zeitpunkt des Eingangs des ersten Antrags auf Gewährung von Ausbildungsförderung am 20. Dezember 2001 ein Guthaben in Höhe von 20 598,20 € und im Zeitpunkt des Eingangs des zweiten Antrags auf Gewährung von Ausbildungsförderung am 25. Juli 2002 ein Guthaben von 21 329,88 € aus.

3

Nachdem der Beklagte hiervon Kenntnis erlangt hatte, hob er mit Bescheid vom 1. Oktober 2003 seine Bewilligungsbescheide für den besagten Zeitraum auf und forderte den Kläger auf, die gewährte Ausbildungsförderung in Höhe von insgesamt 5 639,76 € zurückzuzahlen.

4

Mit seinem hiergegen gerichteten Widerspruch machte der Kläger geltend, bei dem Guthaben des Wertpapierdepots handele es sich nicht um sein Vermögen. Das Geld habe seiner zwischenzeitlich verstorbenen Großmutter gehört. Er habe das Wertpapierdepot für diese treuhänderisch verwaltet. Zudem habe er das Guthaben des Wertpapierdepots auf Anweisung seiner Großmutter auf seine Schwester übertragen und nicht um seine Bedürftigkeit herbeizuführen.

5

Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 2004 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zu Begründung führte er aus, das Guthaben des Wertpapierdepots sei dem Vermögen des Klägers zuzurechnen. Die Übertragung dieses Depots auf seine Schwester vor der erstmaligen Antragstellung sei rechtsmissbräuchlich und damit nichtig. Bei Berücksichtigung dieses Guthabens übersteige das Gesamtvermögen des Klägers den ausbildungsförderungsrechtlichen Freibetrag derart, dass dieser seinen monatlichen Bedarf in dem in Rede stehenden Bewilligungszeitraum vollständig aus seinem anrechenbaren Vermögen habe decken können. Das Vertrauen des Klägers auf den Bestand der Bewilligungsbescheide sei gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X - nicht schutzwürdig. Daher könnten die Bewilligungsbescheide mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Bei der im Rahmen des § 45 Abs. 1 SGB X vorzunehmenden Ermessensentscheidung stünden sich das Interesse des Klägers an der Aufrechterhaltung der rechtswidrigen Bewilligungsbescheide und das öffentliche Interesse an einer möglichst effizienten Vergabe der nur beschränkt vorhandenen Förderungsmittel gegenüber. Letzteres verlange in den Fällen des Fehlens eines schutzwürdigen Vertrauens in aller Regel die Aufhebung einer rechtswidrigen Förderungsentscheidung und damit die Rückforderung zu Unrecht ausgezahlter Beträge. Diese Entscheidung entspreche der ständigen Verwaltungsübung, an welche er, der Beklagte, auch aus Gründen der Gleichbehandlung aller Förderungsempfänger gebunden sei.

6

Die Klage des Klägers hatte vor dem Verwaltungsgericht, nicht aber vor dem Oberverwaltungsgericht Erfolg. Auf die Revision des Klägers hatte das Bundesverwaltungsgericht das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen. Denn dieses war abweichend von der ihm im Entscheidungszeitpunkt noch nicht bekannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts davon ausgegangenen, ein (verdecktes) Treuhandverhältnis sei ausbildungsförderungsrechtlich unbeachtlich. In dem nunmehr angegriffenen Urteil hat das Oberverwaltungsgericht der Berufung des Beklagten erneut stattgegeben und die Klage des Klägers abgewiesen.

7

Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, das Oberverwaltungsgericht habe den vom Bundesverwaltungsgericht für die Annahme einer wirksamen Treuhandabrede im Rahmen der ausbildungsförderungsrechtlichen Vermögensregelungen aufgestellten rechtlichen Maßstab fehlerhaft angewandt. Es habe einerseits Beweisanzeichen, die für den Treuhandcharakter des Wertpapierdepots sprächen, wie etwa die strikte Separierung des Depotguthabens von seinem Vermögen, nicht mit dem ihnen zukommenden Gewicht berücksichtigt. Andererseits habe es beispielsweise die fehlende Unterschrift seiner Großmutter auf der von ihm vorgelegten schriftlichen Treuhandvereinbarung zu Unrecht als ein Indiz gegen den Treuhandcharakter angesehen. Zudem habe das Oberverwaltungsgericht in grober Weise gegen die Denkgesetze verstoßen, soweit es aus dem Umstand, dass der in dem Depot angelegte Geldbetrag nahezu das gesamte Vermögen seiner Großmutter darstellte, gefolgert habe, dass die Unterschrift der Großmutter auf der Treuhandvereinbarung und ein nachvollziehbarer Grund für ihren Abschluss zu erwarten gewesen wären.

8

Des Weiteren rügt der Kläger eine Verletzung des § 45 SGB X. Der Beklagte habe zu Unrecht angenommen, dass er sich nicht auf Vertrauensschutz berufen könne, weil er die Bewilligungsbescheide durch arglistige Täuschung erwirkt habe. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts könne ihm lediglich vorgeworfen werden, bei der Antragstellung grob fahrlässig unvollständige Angaben gemacht zu haben. Dieser Irrtum des Beklagten führe zwingend zu einem Ermessensfehler. Die Prüfprogramme der beiden Ermessensvorschriften seien nicht identisch. Abgesehen davon sei das dem Beklagten im Rahmen des § 45 Abs. 1 SGB X eingeräumte Ermessen in den Fällen des Fehlens eines schutzwürdigen Vertrauens nach § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X auch nicht in Richtung auf die Rücknahme intendiert.

9

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das angefochtene Urteil verletzt zwar Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), soweit das Oberverwaltungsgericht im Rahmen des § 45 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Januar 2001 (BGBl I S. 130) und der im Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung geltenden Änderung durch Art. 4 Abs. 72 des Gesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl I S. 718) - SGB X - ein sog. intendiertes Ermessen der Ämter für Ausbildungsförderung bejaht, wenn ein Fall des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vorliegt. Es stellt sich aber im Ergebnis als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO), weil die Voraussetzungen für eine Rücknahme vorlagen und der Beklagte sein Rücknahmeermessen rechtsfehlerfrei betätigt hat.

11

Nach § 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und Abs. 4 SGB X kann der Leistungsträger einen rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurücknehmen, wenn der Begünstigte deswegen nicht auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertrauen durfte, weil dieser auf Angaben beruht, die er grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Soweit ein Verwaltungsakt zurückgenommen worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X zu erstatten. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, dass die Bewilligungsbescheide, bei denen es sich um begünstigende Verwaltungsakte handelt, rechtswidrig waren, weil im gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 BAföG maßgeblichen Zeitpunkt der jeweiligen Antragstellung auch das Guthaben des Wertpapierdepots Vermögen des Klägers war und ihm daher im streitgegenständlichen Zeitraum kein Anspruch auf Ausbildungsförderung zustand (1.). Der Kläger hat das Wertpapierdepot und dessen Übertragung auf seine Schwester grob fahrlässig im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X nicht angegeben (2.), weshalb er sich nicht auf Vertrauen berufen kann und die Bewilligungsbescheide mit Wirkung für die Vergangenheit (§ 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X) zurückgenommen werden durften. Die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X für die Rücknahme der Bewilligungsbescheide ist eingehalten worden (3.). Der Beklagte hat bei der Rücknahmeentscheidung auch das ihm eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt (4.). Das Oberverwaltungsgericht hat zutreffend erkannt, dass unter diesen Voraussetzungen die Rückforderung der erbrachten Leistungen, deren Höhe außer Streit steht, nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X zwingend ist.

12

1. Das Guthaben auf dem Wertpapierdepot ist als Vermögen des Klägers zu berücksichtigen. Es handelt sich insoweit nicht um Treugut (a). Die unentgeltliche Übertragung dieses Depots auf die Schwester des Klägers ist förderungsrechtlich unbeachtlich (b).

13

a) Das Oberverwaltungsgericht hat seiner erneuten Entscheidung hinsichtlich der Berücksichtigung von Treuhandabreden im Rahmen der ausbildungsförderungsrechtlichen Vermögensregelungen ausdrücklich die vom Senat aufgestellten Rechtsgrundsätze (vgl. Urteile vom 4. September 2008 - BVerwG 5 C 12.08 - BVerwGE 132, 21 = Buchholz 436.36 § 27 BAföG Nr. 4 jeweils Rn. 13 f. und vom 30. Juni 2010 - BVerwG 5 C 2.10 - juris Rn. 12 f.) zugrunde gelegt. In rechtsfehlerfreier Anwendung dieses Maßstabs hat es den Abschluss einer Treuhandvereinbarung zwischen dem Kläger und seiner Großmutter verneint. Die hiergegen gerichteten Einwände der Revision greifen nicht durch.

14

Soweit die Revision rügt, das Oberverwaltungsgericht habe bei Anwendung der genannten Rechtsgrundsätze einen Rechtsfehler begangen, indem es Beweisanzeichen, die für den Treuhandcharakter des Wertpapierdepots sprächen, wie beispielsweise die strikte Separierung des Depotguthabens von dem Vermögen des Klägers und die Erteilung einer Depotvollmacht an seine Großmutter, unzutreffend bewertet habe, kritisiert sie der Sache nach dessen Sachverhalts- und Beweiswürdigung. Das Gleiche gilt, soweit die Revision beanstandet, das Oberverwaltungsgericht habe beispielsweise die fehlende Unterschrift der Großmutter des Klägers auf der von ihm vorlegten schriftlichen Treuhandvereinbarung von Juni 1997 zu Unrecht als Indiz gegen den Treuhandcharakter angesehen. Die im Berufungsverfahren vorgenommene Feststellung und Würdigung der Tatsachen ist nach Maßgabe des § 137 Abs. 2 VwGO der Überprüfung durch das Bundesverwaltungsgericht entzogen. Dementsprechend ist es dem Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich versagt, die tatrichterliche Sachverhalts- und Beweiswürdigung durch eine eigene Würdigung zu korrigieren oder gar zu ersetzen. Es ist insoweit darauf beschränkt zu überprüfen, ob die tatrichterliche Würdigung auf einem Rechtsirrtum beruht oder allgemeine Sachverhalts- und Beweiswürdigungsgrundsätze, insbesondere gesetzliche Beweisregeln, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze, verletzt (vgl. Urteil vom 16. Mai 2012 - BVerwG 5 C 2.11 - BVerwGE 143, 119 Rn. 18). Das Revisionsvorbringen lässt nicht erkennen, dass die Würdigung des Oberverwaltungsgerichts einem derartigen Fehler unterliegt.

15

Soweit die Revision im Zusammenhang mit der tatrichterlichen Würdigung des Umstandes, dass es sich bei dem Guthaben des Depots nahezu um das gesamte Vermögen der Großmutter des Klägers gehandelt habe, einen Verstoß gegen Denkgesetze rügt, der im Einzelfall als Verfahrensfehler zu behandeln sein kann (vgl. Urteil vom 19. Januar 1990 - BVerwG 4 C 28.89 - BVerwGE 84, 271 <272> = Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 225 S. 74 f.; Beschlüsse vom 2. August 2007 - BVerwG 8 B 23.07 - juris Rn. 4 und vom 26. Juni 2007 - BVerwG 4 BN 24.07 - juris Rn. 4), legt sie diesen nicht in einer den Anforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO genügenden Weise dar.

16

Ein Verstoß gegen Denkgesetze liegt nur dann vor, wenn ein Schluss aus Gründen der Logik schlechthin nicht gezogen werden kann, nicht aber schon dann, wenn das Gericht andere Schlüsse gezogen hat, als sie nach Auffassung eines der Verfahrensbeteiligten hätten gezogen werden müssen, selbst wenn der vom Verfahrensbeteiligten favorisierte Schluss vielleicht sogar näher liegt als der vom Gericht gezogene (stRspr, vgl. z.B. Urteil vom 20. März 2012 - BVerwG 5 C 1.11 - BVerwGE 142, 132 Rn. 32 m.w.N.). Sind bei der Sachverhalts- und Beweiswürdigung mehrere Folgerungen denkgesetzlich möglich, so ist es nicht nur nicht fehlerhaft, wenn das Tatsachengericht unter mehreren möglichen eine Folgerung wählt, sondern gerade auch seine ihm durch § 108 Abs. 1 VwGO übertragene Aufgabe, sich unter Abwägung verschiedener Möglichkeiten seine Überzeugung zu bilden (vgl. Beschluss vom 22. Dezember 2010 - BVerwG 5 B 8.10 - juris Rn. 15 m.w.N.).

17

Die Revision zeigt nicht auf, dass die Schlussfolgerung des Oberverwaltungsgerichts, aufgrund des besagten Umstandes hätte für die treuhänderische Bindung des Klägers ein nachvollziehbarer Grund bestehen müssen und es wäre zu erwarten gewesen, dass auch die Großmutter des Klägers die schriftliche Vereinbarung unterzeichnet hätte, aus logischen Gründen schlechterdings unhaltbar ist. Ebenso wenig ist dem Vorbringen der Revision schlüssig zu entnehmen, dass ihre Schlussfolgerung, der Kläger und seine Großmutter hätten hinsichtlich des Guthabens des Wertpapierdepots eine treuhänderische Bindung vereinbart, denkgesetzlich die einzig mögliche Folgerung aus dem besagten Umstand war.

18

b) Das Oberverwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Übertragung des Wertpapierdepots auf die Schwester des Klägers förderungsrechtlich rechtsmissbräuchlich und damit unbeachtlich ist und infolgedessen das Guthaben als Vermögen des Klägers zu behandeln ist.

19

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist eine Vermögensübertragung unabhängig von ihrer bürgerlich-rechtlichen Wirksamkeit ausbildungsförderungsrechtlich wegen Rechtsmissbrauchs unbeachtlich, wenn sie im Widerspruch zu dem mit der Vermögensanrechnung verfolgten Gesetzeszweck steht. Dieser Zweck besteht in der Durchsetzung des in § 1 BAföG verankerten Nachrangs der staatlichen Ausbildungsförderung. Danach wird Ausbildungsförderung für eine der Neigung, Eignung und Leistung entsprechende Ausbildung nur geleistet, wenn dem Auszubildenden die für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen. Eine Vermögensübertragung steht im Widerspruch zu diesem Zweck, wenn der Auszubildende Vermögen überträgt, um es der Vermögensanrechnung zu entziehen. Von einer entsprechenden Zweckbestimmung ist grundsätzlich auszugehen, wenn der Auszubildende sein Vermögen bzw. Teile desselben auf einen Dritten überträgt, ohne eine dessen Wert entsprechende Gegenleistung zu erhalten. Dritter in diesem Sinne sind auch die Eltern oder ein Elternteil des Auszubildenden. Denn bei einer unentgeltlichen Übertragung von Vermögen steht der Wert des übertragenen Vermögens dem Auszubildenden für seinen Bedarf nicht mehr zur Verfügung. Hätte eine Anrechnung des unentgeltlich übertragenen Vermögens zu unterbleiben, würde die finanzielle Sicherung der Ausbildung in dem im Gesetz vorgesehenen Umfang nicht erreicht. Gerade weil das übertragene Vermögen nicht mehr vorhanden ist, wäre die Durchführung der Ausbildung entgegen der gesetzgeberischen Konzeption durch Gewährung staatlicher Fördermittel und nicht durch das anrechenbare Vermögen des Auszubildenden sicherzustellen. Aus diesem Grund stellt sich eine unentgeltliche Vermögenszuwendung an Dritte ausbildungsförderungsrechtlich grundsätzlich als Rechtsmissbrauch dar (vgl. Urteile vom 13. Januar 1983 - BVerwG 5 C 103.80 - Buchholz 436.36 § 26 BAföG Nr. 1 S. 4 ff. und vom 30. Juni 2010 - BVerwG 5 C 2.10 - juris Rn. 12 und Beschluss vom 19. Mai 2009 - BVerwG 5 B 111.08 - juris Rn. 2). Ob die Unentgeltlichkeit der Übertragung genügt, um diese ohne Weiteres als Rechtsmissbrauch zu werten, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (vgl. Urteil vom 30. Juni 2010 - BVerwG 5 C 3.09 - Buchholz 436.36 § 27 BAföG Nr. 6 Rn. 47). So kann die Unentgeltlichkeit als Kriterium für die Annahme der Rechtsmissbräuchlichkeit beispielsweise mit zunehmendem zeitlichem Abstand von der Antragstellung an Gewicht verlieren. Mit Rücksicht darauf ist es gerechtfertigt und gegebenenfalls im Einzelfall auch geboten, zusätzlich zur Unentgeltlichkeit auf den zeitlichen Zusammenhang zwischen der unentgeltlichen Übertragung von Vermögenswerten und der Beantragung von Ausbildungsförderung abzustellen. Denn ein solcher Zusammenhang spricht in gewichtiger Weise für einen Rechtsmissbrauch.

20

Das Oberverwaltungsgericht hat sich von diesen Rechtsgrundsätzen leiten lassen. Auf der Grundlage der von ihm getroffenen und den Senat bindenden Feststellungen (§ 137 Abs. 2 VwGO) ist seine rechtliche Würdigung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Übertragung des Wertpapierdepots auf die Schwester des Klägers wegen der Unentgeltlichkeit und des engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen der am 8. Oktober 2001 erfolgten Vermögensverschiebung und dem am 20. Dezember 2001 gestellten Antrag auf Ausbildungsförderung als rechtsmissbräuchlich zu werten ist.

21

2. Das angefochtene Urteil steht auch mit Bundesrecht in Einklang, soweit das Oberverwaltungsgericht angenommen hat, dass das Vertrauen des Klägers nicht schutzwürdig ist und die Bewilligungsbescheide mit Wirkung für die Vergangenheit (§ 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X) zurückgenommen werden durften, weil diese zwar nicht durch eine arglistige Täuschung im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 SGB X erwirkt worden sind (a), aber im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X auf grob fahrlässig gemachten unrichtigen oder unvollständigen Angaben beruhen (b).

22

a) Nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 SGB X kann sich der Begünstigte auf Vertrauen nicht berufen, soweit er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung erwirkt hat. Eine arglistige Täuschung liegt vor, wenn der Auszubildende durch Angaben, deren Unrichtigkeit ihm bewusst war oder deren Unrichtigkeit er für möglich hielt, jedoch in Kauf nahm, oder durch Verschweigen wahrer Tatsachen bei einem für die Bewilligung von Ausbildungsförderung maßgeblich beteiligten Bediensteten des Amtes für Ausbildungsförderung einen Irrtum in dem Bewusstsein hervorrief, diesen durch Täuschung zu einer für ihn günstigen Entscheidung zu bestimmen. Unrichtige Angaben sind stets eine Täuschung, unabhängig davon, ob die Behörde hiernach gefragt hat oder nicht (vgl. Urteil vom 24. Oktober 1996 - BVerwG 2 C 23.96 - BVerwGE 102, 178 <180 f.> = Buchholz 236.1 § 55 SG Nr. 16 S. 11 f. m.w.N.). Das Verschweigen wahrer Tatsachen ist - in Abgrenzung zu § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X - eine Täuschung, wenn das Amt für Ausbildungsförderung nach diesen Tatsachen gefragt hat. Der Frage eines maßgeblich beteiligten Bediensteten des Amtes für Ausbildungsförderung steht es gleich, wenn in einem Vordruck oder Antragsformular erkennbar eine bestimmte Frage aufgeworfen wird, welche dann wahrheitswidrig beantwortet wird.

23

Das Oberverwaltungsgericht ist der Sache nach von diesen rechtlichen Anforderungen ausgegangen. Gemessen daran hat es in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise eine arglistige Täuschung abgelehnt. Denn nach seinen bindenden (§ 137 Abs. 2 VwGO) Feststellungen ist in den Antragsformularen nicht ausdrücklich nach (unentgeltlichen) Vermögensverfügungen gefragt worden, die in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Antragstellung gestanden haben.

24

b) Das Vertrauen des Begünstigten ist gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X nicht schutzwürdig, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die er grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, weil schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt worden sind und das nicht beachtet worden ist, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (vgl. Urteil vom 30. Juni 2010 a.a.O. Rn. 24 m.w.N.).

25

In Übereinstimmung mit diesen Grundsätzen hat das Oberverwaltungsgericht zu Recht entschieden, dass der Kläger die unentgeltliche Übertragung des Wertpapierdepots auf seine Schwester grob fahrlässig verschwiegen hat. Nach dem Sachverhalt, wie er sich auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen und Bewertungen des Oberverwaltungsgerichts ergibt, musste es sich dem Kläger aufdrängen, dass er diese Vermögensverfügung anzugeben hatte, ohne dass danach konkret gefragt worden ist. Denn sie konnte für die Entscheidung des Amtes für Ausbildungsförderung erheblich sein. Selbst wenn der Kläger davon ausgegangen sein sollte, dass ihm dieses Vermögen wegen der Übertragung auf seine Schwester nicht (mehr) zuzurechnen war und von ihm nicht zur Bedarfsdeckung eingesetzt werden musste, hätte er diese Vorgänge zumindest offenlegen müssen, um dem Beklagten eine eigenständige Prüfung und Bewertung der vorgetragenen Verwertungshindernisse zu ermöglichen. Die Nichtangabe des Wertpapierdepots war für die Fehlerhaftigkeit der Bewilligungsbescheide auch kausal (vgl. zu diesem Erfordernis Urteil vom 30. Juni 2010 a.a.O. Rn. 40).

26

3. Des Weiteren ist das Oberverwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der Beklagte den Rücknahmebescheid vom 1. Oktober 2003 gemäß § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen erlassen hat.

27

Die Jahresfrist beginnt, sobald die Rücknahmebehörde die Rechtswidrigkeit des erlassenen Verwaltungsakts erkannt hat und ihr die für die Rücknahmeentscheidung außerdem erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind (vgl. Urteil vom 30. Juni 2010 - BVerwG 5 C 3.09 - juris Rn. 25 m.w.N.). Sie ist hier nicht schon im September 2002 durch den Hinweis des Bundesamtes für Finanzen auf die vom Kläger gestellten Freistellungsaufträge für Kapitaleinkünfte in Lauf gesetzt worden, der den Anlass zu weiteren Ermittlungen gegeben hat, sondern erst durch die vom Kläger nach einem entsprechenden Aufforderungsschreiben des Beklagten vom 31. Januar 2003 vorgelegten Unterlagen. Der Beklagte durfte auch die aus dem Datenabgleich erlangten Informationen verwerten und zum Anlass nehmen, den Kläger zu ergänzenden Angaben zu seinem Kapitalvermögen aufzufordern. Insbesondere rechtfertigt die durch Gesetz vom 2. Dezember 2004 (BGBl I S. 3127) lediglich klarstellende Einfügung des § 41 Abs. 4 BAföG nicht den Umkehrschluss, die Erkenntnisse aus einem bis zu diesem Zeitpunkt erfolgten Datenabgleich unterlägen einem Verwertungsverbot (vgl. Urteil vom 30. Juni 2010 a.a.O.).

28

4. Das Oberverwaltungsgericht hat schließlich im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass die Ermessensentscheidung des Beklagten nicht zu beanstanden ist. Mit Bundesrecht nicht vereinbar ist zwar seine Auffassung, die Ermessensbetätigung der Ämter für Ausbildungsförderung nach § 45 Abs. 1 SGB X sei in dem Sinne vorgezeichnet, dass sie im Regelfall nur durch eine Entscheidung für die Rücknahme des Bewilligungsbescheides ausgeübt werden kann (sog. intendiertes Ermessen), wenn einer der Fälle des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vorliegt (a). Der Beklagte hat aber das ihm nach § 45 Abs. 1 SGB X eingeräumte Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt (b).

29

a) Die auf § 45 Abs. 1 und 4 SGB X gestützte Rücknahme eines von Anfang an rechtswidrigen Bewilligungsbescheides mit Wirkung für die Vergangenheit steht im Ermessen der Ämter für Ausbildungsförderung (vgl. Urteile vom 17. September 1987 - BVerwG 5 C 26.84 - BVerwGE 78, 101 <105> = Buchholz 436.36 § 20 BAföG Nr. 27 S. 13 und - BVerwG 5 C 16.86 - Buchholz 436.36 § 20 BAföG Nr. 29 S. 26; s.a. BSG, Urteil vom 17. Oktober 1990 - 11 RAr 3/88 - SozR 3-1300 § 45 Nr. 5). Die Ermessensentscheidung erfordert eine sachgerechte Abwägung des öffentlichen Interesses an der Herstellung gesetzmäßiger Zustände mit dem privaten Interesse des Auszubildenden an der Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Bewilligungsbescheides (vgl. Urteile vom 27. Juni 1991 - BVerwG 5 C 4.88 - BVerwGE 88, 342 <347> = Buchholz 436.36 § 24 BAföG Nr. 16 S. 20 und vom 8. Juni 1989 - BVerwG 5 C 68.86 - Buchholz 436.36 § 50 Nr. 5 S. 4; s.a. BSG, Urteil vom 11. April 2002 - B 3 P 8/01 R - juris Rn. 21). Die Prinzipien der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der Bestandskraft von Verwaltungsakten stehen dabei gleichberechtigt nebeneinander. Dies gilt auch, wenn eine Berufung des Auszubildenden auf Vertrauensschutz nach § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X ausscheidet. Die für diese Fälle vom Oberverwaltungsgericht angenommene Begrenzung des Entscheidungsspielraums der Ämter für Ausbildungsförderung, lässt sich weder unmittelbar aus § 45 SGB X (aa) noch aus dem Bundesausbildungsförderungsrecht und seinen fachspezifischen Wertungen (bb) ableiten.

30

(aa) Die Auslegung der Ermessensvorschrift des § 45 Abs. 1 SGB X ergibt kein intendiertes Ermessen der Ämter für Ausbildungsförderung. Hiergegen sprechen neben dem Wortlaut vor allem systematische Erwägungen.

31

§ 45 Abs. 1 SGB X eröffnet Ermessen ("darf"), ohne danach zu unterscheiden, ob sich der Begünstigte gemäß § 45 Abs. 3 SGB X auf Vertrauensschutz berufen kann oder nicht.

32

Die binnensystematische Betrachtung des § 45 SGB X bestätigt diesen Befund. So verbietet § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X für den Fall, dass der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen schutzwürdig ist, die Rücknahme des rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes. Für den Fall, dass das Vertrauen des Begünstigten in die Bestandskraft des Verwaltungsakts gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X nicht schutzwürdig ist, fehlt eine vergleichbare Regelung. Dies wiegt um so schwerer, als § 48 Abs. 2 VwVfG, dem § 45 Abs. 2 SGB X weitgehend entspricht, in Satz 4 ausdrücklich bestimmt, dass der Verwaltungsakt in den Fällen des fehlenden Vertrauensschutzes nach § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen wird, weshalb § 48 Abs. 2 Satz 4 VwVfG auch als ermessenslenkende Norm anzusehen ist (vgl. Urteile vom 16. Juni 1997 - BVerwG 3 C 22.96 - BVerwGE 105, 55 <57> = Buchholz 316 § 39 VwVfG Nr. 25 S. 3 und vom 23. Mai 1996 - BVerwG 3 C 13.94 - Buchholz 451.513 Sonst. Marktordnungsrecht Nr. 1 S. 13).

33

In dieselbe Richtung weist der systematische Vergleich mit der Vorschrift des § 48 Abs. 1 SGB X, die in Satz 1 eine gebundene Aufhebungsentscheidung vorsieht und in Satz 2 ausdrücklich normiert, unter welchen Voraussetzungen ein Verwaltungsakt (mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse) aufgehoben werden "soll". Eine solche Differenzierung findet sich in § 45 SGB X nicht.

34

(bb) Ebenso wenig ist dem einschlägigen Fachrecht zu entnehmen (vgl. zur Zulässigkeit, ein intendiertes Ermessen kraft Fachrechts anzunehmen z.B. Urteil vom 25. September 1992 - BVerwG 8 C 68 u. 70.90 - BVerwGE 91, 82 <90 f.> = Buchholz 454.71 § 3 WoGG Nr. 6 S. 8 f.), dass das Interesse an der Herstellung gesetzmäßiger Zustände in den Fällen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X in der Weise Vorrang genießt, dass die Rücknahme rechtswidriger Bewilligungsbescheide vorgegeben ist.

35

Eine entsprechende fachgesetzliche Intention lässt sich entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts nicht aus dem in § 1 BAföG normierten Grundsatz des Nachrangs der staatlichen Ausbildungsförderung folgern. Durch diesen soll sichergestellt werden, dass die begrenzten staatlichen Förderungsmittel sinnvoll eingesetzt werden und für förderungsbedürftige Auszubildende zur Verfügung stehen. Auch wenn dies die Rücknahme rechtswidriger Bewilligungsbescheide und die Rückforderung zu Unrecht gezahlter Ausbildungsförderung nahe legt, ist § 1 BAföG keine ermessenslenkende Bedeutung für die hier in Rede stehende Konstellation beizumessen. Denn die Vorschrift unterscheidet nicht zwischen Auszubildenden, die die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X erfüllen, und solchen, die dies nicht tun. Sie beansprucht vielmehr für beide Fallgruppen Geltung. Infolgedessen fehlt es an einer hinreichend aussagekräftigen Grundlage für die Annahme, dass dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung in den Fällen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X im Regelfall Vorrang vor dem kollidierenden Prinzip der Bestandskraft von Verwaltungsakten zukommt. Der bloße Verstoß gegen den Nachranggrundsatz sagt für sich noch nichts darüber aus, mit welcher Gewichtigkeit diese Belange in die Abwägung einzustellen sind.

36

Gegen die Annahme eines durch das Bundesausbildungsförderungsgesetz intendierten Ermessens spricht in deutlicher Weise die Vorschrift des § 20 BAföG. Ihr ist eine differenzierte Regelung zu entnehmen, unter welchen Voraussetzungen die Aufhebung rechtswidriger Bewilligungsbescheide und die Erstattung zu Unrecht gewährter Leistungen der Ausbildungsförderung mit Wirkung für die Vergangenheit in Betracht kommt und welche Entscheidung die Ämter für Ausbildungsförderung dabei jeweils zu treffen haben.

37

Bis zum Inkrafttreten des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch vom 18. August 1980 (BGBl I S. 1469) mit Wirkung zum 1. Januar 1981 enthielt § 20 BAföG eine vollständige und abschließende Regelung über die Aufhebung rechtswidriger Bewilligungsbescheide und die Erstattung zu Unrecht gewährter Leistungen der Ausbildungsförderung. Mit dem Inkrafttreten des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch wurden die früheren Aufhebungs- und Erstattungstatbestände des § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BAföG gestrichen, weil die von ihnen erfassten Sachverhalte durch die §§ 45, 48 und 50 SGB X abgedeckt sind. Durch diese Streichung und den ausdrücklichen Hinweis auf die §§ 44 bis 50 SGB X in § 20 Abs. 1 Satz 1 BAföG wurde klargestellt, dass die Aufhebung der Bewilligungsbescheide und die Erstattung der Förderungsleistungen in den von § 20 Abs. 1 Nr. 3 und 4 SGB X nicht erfassten Fällen fortan dem Regelungsregime des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch unterstehen und somit an die dort normierten Voraussetzungen und Grundsätze gebunden sind (vgl. Urteile vom 17. September 1987 - BVerwG 5 C 26.84 - a.a.O. <104> bzw. S. 12 und - BVerwG 5 C 16.86 - a.a.O. S. 25). Mit Rücksicht darauf besteht ein strikter Aufhebungszwang ("ist ... aufzuheben") nur in den Fällen des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und 4 BAföG. In den Fällen des § 48 SGB X ("soll") müssen die Ämter für Ausbildungsförderung die Bewilligungsbescheide nur im Regelfall zurücknehmen und sind nur bei einer atypischen Fallgestaltung zur Ausübung von Ermessen berechtigt und verpflichtet. In den Fällen des § 45 Abs. 1 und 4 SGB X ("darf") steht die Rücknahme stets im Ermessen der Ämter für Ausbildungsförderung (vgl. Urteile vom 17. September 1987 - BVerwG 5 C 26.84 - BVerwGE 78, 101 <105> = Buchholz 436.36 § 20 BAföG Nr. 27 S. 13 und - BVerwG 5 C 16.86 - Buchholz 436.36 § 20 BAföG Nr. 29 S. 26). Diese klaren und eindeutigen gesetzlichen Vorgaben würden missachtet, wenn dem öffentlichen Interesse an der Herstellung rechtmäßiger Zustände von vornherein und unabhängig vom Einzelfall ein Vorrang eingeräumt und ein Regel-Ausnahme-Verhältnis begründet würde.

38

Nichts anderes folgt aus den Urteilen des Senats vom 17. September 1987 - BVerwG 5 C 26.84 und 5 C 16.86 - (jeweils a.a.O.). Die dort getroffene Aussage,

"dass beim Vorliegen eines dieser Sachverhalte § 45 abs. 2 satz 3 nr. 1 bis 3 sgb x> die Ermessensbetätigung der Behörde im Normalfall ebenfalls zur Rückgängigmachung des Verwaltungsaktes führen wird" (vgl. a.a.O. <106> bzw. S. 13 und S. 26),

ist im Zusammenhang mit den beiden nachfolgenden Sätzen zu sehen,

"für die weiter in Betracht zu ziehenden Fälle des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 4 SGB X folgt das gleiche kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung daraus, dass die Behörde die Aufhebung, wenn die Voraussetzungen dieser Regelungen erfüllt sind, vornehmen soll und damit, wie schon ausgeführt, zur Aufhebung im Regelfall verpflichtet ist. Hier wie dort sind demnach beim Gesetzesvollzug Ergebnisse zu erwarten, die bei typischer Fallgestaltung denen bei Anwendung des § 20 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 BAföG entsprechen" (vgl. a.a.O.).

Aufgrund dieses Kontextes ist die angeführte Erklärung als empirisch-prognostische Einschätzung des Senats zum Ergebnis des Gesetzesvollzugs zu verstehen. Eine weitergehende Aussage dahin, dass die Ermessensentscheidung nach § 45 Abs. 1 und 4 SGB X in den Fällen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X aus normativen Gründen, insbesondere des Bundesausbildungsförderungsgesetzes, in Richtung Rücknahme intendiert wäre, ist ihr nicht zu entnehmen.

39

b) Die Ausübung des Rücknahmeermessens durch den Beklagten ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Maßgeblich sind insoweit die Erwägungen im Widerspruchsbescheid. Denn eine behördliche Entscheidung, deren Recht- und Zweckmäßigkeit - wie hier - durch die Widerspruchsbehörde nachgeprüft werden kann, erhält gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO erst durch den Widerspruchsbescheid ihre für das gerichtliche Verfahren maßgebliche Gestalt (vgl. Beschluss vom 26. April 2011 - BVerwG 7 B 34.11 - BRS 77 Nr. 68 und Urteil vom 25. Februar 2010 - BVerwG 2 C 22.09 - BVerwGE 136, 140 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 45 Rn. 24).

40

Dem Beklagten war ausweislich des Widerspruchsbescheides bewusst, dass ihm Ermessen zusteht, und er hat dieses erkennbar ausgeübt. Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ist der Beklagte auch nicht von der falschen Ermessensvorschrift ausgegangen, soweit er im Widerspruchsbescheid die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 SGB X (arglistige Täuschung) statt der Nr. 2 dieser Vorschrift (grobe Fahrlässigkeit) angenommen hat. Denn das Ermessen ist ihm nicht durch diese Regelung, sondern durch die Bestimmung des § 45 Abs. 1 SGB X eingeräumt. Seine Ermessenserwägungen sind auch nicht deshalb rechtsfehlerhaft, weil er im Widerspruchsbescheid zu Unrecht von einer arglistigen Täuschung des Klägers ausgegangen ist. Denn ein Fehler in der rechtlichen Bewertung ist unschädlich, wenn er sich in den Ermessenserwägungen nicht niederschlägt. Das ist hier der Fall. Der Beklagte hat seine Ermessensentscheidung nicht auf den Grad des klägerischen Verschuldens gestützt, sondern auf die Fehlerhaftigkeit der Bewilligungsbescheide und den Schutz fiskalischer Interessen abgestellt. Bei der Ausübung des Ermessens hat sich der Beklagte gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch am Zweck der Ermächtigung orientiert. Er hat das Interesse des Klägers an der Beständigkeit der rechtswidrigen Bewilligungen mit dem öffentlichen Interesse an der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung abgewogen. Letzteres schließt die Einbeziehung fiskalischer Interessen nicht aus (vgl. Urteile vom 19. Februar 2009 - BVerwG 8 C 4.08 - juris Rn. 46 und vom 31. August 2006 - BVerwG 7 C 16.05 - Buchholz 428 § 31 VermG Nr. 12 Rn. 25). Daher ist es nicht zu beanstanden, dass sich der Beklagte von dem Gedanken hat leiten lassen, das Interesse des Klägers, die zu Unrecht erhaltenen Mittel zu behalten, habe hinter das öffentliche Interesse an einer rechtmäßigen und effizienten Vergabe der nur beschränkt vorhandenen Förderungsmittel zurückzutreten. Da der Kläger bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens keine für die Ermessensausübung relevanten Gesichtspunkte vorgetragen hat, konnte sich der Beklagte auch auf diese knappe allgemeine Interessenabwägung beschränken.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Sach- und Dienstleistungen sind in Geld zu erstatten.

(2) Soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, sind sie zu erstatten. §§ 45 und 48 gelten entsprechend.

(2a) Der zu erstattende Betrag ist vom Eintritt der Unwirksamkeit eines Verwaltungsaktes, auf Grund dessen Leistungen zur Förderung von Einrichtungen oder ähnliche Leistungen erbracht worden sind, mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich zu verzinsen. Von der Geltendmachung des Zinsanspruchs kann insbesondere dann abgesehen werden, wenn der Begünstigte die Umstände, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben, nicht zu vertreten hat und den zu erstattenden Betrag innerhalb der von der Behörde festgesetzten Frist leistet. Wird eine Leistung nicht alsbald nach der Auszahlung für den bestimmten Zweck verwendet, können für die Zeit bis zur zweckentsprechenden Verwendung Zinsen nach Satz 1 verlangt werden; Entsprechendes gilt, soweit eine Leistung in Anspruch genommen wird, obwohl andere Mittel anteilig oder vorrangig einzusetzen sind; § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bleibt unberührt.

(3) Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Die Festsetzung soll, sofern die Leistung auf Grund eines Verwaltungsakts erbracht worden ist, mit der Aufhebung des Verwaltungsaktes verbunden werden.

(4) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verwaltungsakt nach Absatz 3 unanfechtbar geworden ist. Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. § 52 bleibt unberührt.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten bei Berichtigungen nach § 38 entsprechend.

(1) Die Vereinbarungen nach § 78b Absatz 1 sind für einen zukünftigen Zeitraum (Vereinbarungszeitraum) abzuschließen. Nachträgliche Ausgleiche sind nicht zulässig.

(2) Die Vereinbarungen treten zu dem darin bestimmten Zeitpunkt in Kraft. Wird ein Zeitpunkt nicht bestimmt, so werden die Vereinbarungen mit dem Tage ihres Abschlusses wirksam. Eine Vereinbarung, die vor diesen Zeitpunkt zurückwirkt, ist nicht zulässig; dies gilt nicht für Vereinbarungen vor der Schiedsstelle für die Zeit ab Eingang des Antrags bei der Schiedsstelle. Nach Ablauf des Vereinbarungszeitraums gelten die vereinbarten Vergütungen bis zum Inkrafttreten neuer Vereinbarungen weiter.

(3) Bei unvorhersehbaren wesentlichen Veränderungen der Annahmen, die der Entgeltvereinbarung zugrunde lagen, sind die Entgelte auf Verlangen einer Vertragspartei für den laufenden Vereinbarungszeitraum neu zu verhandeln. Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend.

(4) Vereinbarungen über die Erbringung von Leistungen nach § 78a Absatz 1, die vor dem 1. Januar 1999 abgeschlossen worden sind, gelten bis zum Inkrafttreten neuer Vereinbarungen weiter.

(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn

1.
das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder
2.
eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und
a)
die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder
b)
eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder
3.
ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
Die Inobhutnahme umfasst die Befugnis, ein Kind oder einen Jugendlichen bei einer geeigneten Person, in einer geeigneten Einrichtung oder in einer sonstigen Wohnform vorläufig unterzubringen; im Fall von Satz 1 Nummer 2 auch ein Kind oder einen Jugendlichen von einer anderen Person wegzunehmen.

(2) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme unverzüglich das Kind oder den Jugendlichen umfassend und in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form über diese Maßnahme aufzuklären, die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 gehört zu den Rechtshandlungen nach Satz 4, zu denen das Jugendamt verpflichtet ist, insbesondere die unverzügliche Stellung eines Asylantrags für das Kind oder den Jugendlichen in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes benötigt; dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen.

(3) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten, sie in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form umfassend über diese Maßnahme aufzuklären und mit ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen. Widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich

1.
das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern nach der Einschätzung des Jugendamts eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden oder
2.
eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
Sind die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten nicht erreichbar, so gilt Satz 2 Nummer 2 entsprechend. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 ist unverzüglich die Bestellung eines Vormunds oder Pflegers zu veranlassen. Widersprechen die Personensorgeberechtigten der Inobhutnahme nicht, so ist unverzüglich ein Hilfeplanverfahren zur Gewährung einer Hilfe einzuleiten.

(4) Die Inobhutnahme endet mit

1.
der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten,
2.
der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.

(5) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.

(6) Ist bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich, so sind die dazu befugten Stellen hinzuzuziehen.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Sach- und Dienstleistungen sind in Geld zu erstatten.

(2) Soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, sind sie zu erstatten. §§ 45 und 48 gelten entsprechend.

(2a) Der zu erstattende Betrag ist vom Eintritt der Unwirksamkeit eines Verwaltungsaktes, auf Grund dessen Leistungen zur Förderung von Einrichtungen oder ähnliche Leistungen erbracht worden sind, mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich zu verzinsen. Von der Geltendmachung des Zinsanspruchs kann insbesondere dann abgesehen werden, wenn der Begünstigte die Umstände, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben, nicht zu vertreten hat und den zu erstattenden Betrag innerhalb der von der Behörde festgesetzten Frist leistet. Wird eine Leistung nicht alsbald nach der Auszahlung für den bestimmten Zweck verwendet, können für die Zeit bis zur zweckentsprechenden Verwendung Zinsen nach Satz 1 verlangt werden; Entsprechendes gilt, soweit eine Leistung in Anspruch genommen wird, obwohl andere Mittel anteilig oder vorrangig einzusetzen sind; § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bleibt unberührt.

(3) Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Die Festsetzung soll, sofern die Leistung auf Grund eines Verwaltungsakts erbracht worden ist, mit der Aufhebung des Verwaltungsaktes verbunden werden.

(4) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verwaltungsakt nach Absatz 3 unanfechtbar geworden ist. Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. § 52 bleibt unberührt.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten bei Berichtigungen nach § 38 entsprechend.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Kosten, die ein örtlicher Träger aufwendet, sind vom Land zu erstatten, wenn

1.
innerhalb eines Monats nach der Einreise eines jungen Menschen oder eines Leistungsberechtigten nach § 19 Jugendhilfe gewährt wird und
2.
sich die örtliche Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt dieser Person oder nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde richtet.
Als Tag der Einreise gilt der Tag des Grenzübertritts, sofern dieser amtlich festgestellt wurde, oder der Tag, an dem der Aufenthalt im Inland erstmals festgestellt wurde, andernfalls der Tag der ersten Vorsprache bei einem Jugendamt. Die Erstattungspflicht nach Satz 1 bleibt unberührt, wenn die Person um Asyl nachsucht oder einen Asylantrag stellt.

(2) Ist die Person im Inland geboren, so ist das Land erstattungspflichtig, in dessen Bereich die Person geboren ist.

(3) (weggefallen)

(4) Die Verpflichtung zur Erstattung der aufgewendeten Kosten entfällt, wenn inzwischen für einen zusammenhängenden Zeitraum von drei Monaten Jugendhilfe nicht zu gewähren war.

(5) Kostenerstattungsansprüche nach den Absätzen 1 bis 3 gehen Ansprüchen nach den §§ 89 bis 89c und § 89e vor.

Soweit eine Erstattung zu Unrecht erfolgt ist, sind die gezahlten Beträge zurückzuerstatten.

(1) Die aufgewendeten Kosten sind zu erstatten, soweit die Erfüllung der Aufgaben den Vorschriften dieses Buches entspricht. Dabei gelten die Grundsätze, die im Bereich des tätig gewordenen örtlichen Trägers zur Zeit des Tätigwerdens angewandt werden.

(2) Kosten unter 1 000 Euro werden nur bei vorläufigen Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen (§ 89b), bei fortdauernder oder vorläufiger Leistungsverpflichtung (§ 89c) und bei Gewährung von Jugendhilfe nach der Einreise (§ 89d) erstattet. Verzugszinsen können nicht verlangt werden.

Soweit eine Erstattung zu Unrecht erfolgt ist, sind die gezahlten Beträge zurückzuerstatten.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Sach- und Dienstleistungen sind in Geld zu erstatten.

(2) Soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, sind sie zu erstatten. §§ 45 und 48 gelten entsprechend.

(2a) Der zu erstattende Betrag ist vom Eintritt der Unwirksamkeit eines Verwaltungsaktes, auf Grund dessen Leistungen zur Förderung von Einrichtungen oder ähnliche Leistungen erbracht worden sind, mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich zu verzinsen. Von der Geltendmachung des Zinsanspruchs kann insbesondere dann abgesehen werden, wenn der Begünstigte die Umstände, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben, nicht zu vertreten hat und den zu erstattenden Betrag innerhalb der von der Behörde festgesetzten Frist leistet. Wird eine Leistung nicht alsbald nach der Auszahlung für den bestimmten Zweck verwendet, können für die Zeit bis zur zweckentsprechenden Verwendung Zinsen nach Satz 1 verlangt werden; Entsprechendes gilt, soweit eine Leistung in Anspruch genommen wird, obwohl andere Mittel anteilig oder vorrangig einzusetzen sind; § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bleibt unberührt.

(3) Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Die Festsetzung soll, sofern die Leistung auf Grund eines Verwaltungsakts erbracht worden ist, mit der Aufhebung des Verwaltungsaktes verbunden werden.

(4) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verwaltungsakt nach Absatz 3 unanfechtbar geworden ist. Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. § 52 bleibt unberührt.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten bei Berichtigungen nach § 38 entsprechend.

(1) Kosten, die ein örtlicher Träger aufwendet, sind vom Land zu erstatten, wenn

1.
innerhalb eines Monats nach der Einreise eines jungen Menschen oder eines Leistungsberechtigten nach § 19 Jugendhilfe gewährt wird und
2.
sich die örtliche Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt dieser Person oder nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde richtet.
Als Tag der Einreise gilt der Tag des Grenzübertritts, sofern dieser amtlich festgestellt wurde, oder der Tag, an dem der Aufenthalt im Inland erstmals festgestellt wurde, andernfalls der Tag der ersten Vorsprache bei einem Jugendamt. Die Erstattungspflicht nach Satz 1 bleibt unberührt, wenn die Person um Asyl nachsucht oder einen Asylantrag stellt.

(2) Ist die Person im Inland geboren, so ist das Land erstattungspflichtig, in dessen Bereich die Person geboren ist.

(3) (weggefallen)

(4) Die Verpflichtung zur Erstattung der aufgewendeten Kosten entfällt, wenn inzwischen für einen zusammenhängenden Zeitraum von drei Monaten Jugendhilfe nicht zu gewähren war.

(5) Kostenerstattungsansprüche nach den Absätzen 1 bis 3 gehen Ansprüchen nach den §§ 89 bis 89c und § 89e vor.

(1) Soweit ein Erstattungsanspruch besteht, gilt der Anspruch des Berechtigten gegen den zur Leistung verpflichteten Leistungsträger als erfüllt.

(2) Hat der Berechtigte Ansprüche gegen mehrere Leistungsträger, gilt der Anspruch als erfüllt, den der Träger, der die Sozialleistung erbracht hat, bestimmt. Die Bestimmung ist dem Berechtigten gegenüber unverzüglich vorzunehmen und den übrigen Leistungsträgern mitzuteilen.

(1) Die Kostenbeitragspflichtigen sind aus ihrem Einkommen in angemessenem Umfang zu den Kosten heranzuziehen. Die Kostenbeiträge dürfen die tatsächlichen Aufwendungen nicht überschreiten.

(2) Für die Bestimmung des Umfangs sind bei jedem Elternteil die Höhe des nach § 93 ermittelten Einkommens und die Anzahl der Personen, die mindestens im gleichen Range wie der untergebrachte junge Mensch oder Leistungsberechtigte nach § 19 unterhaltsberechtigt sind, angemessen zu berücksichtigen.

(3) Werden Leistungen über Tag und Nacht außerhalb des Elternhauses erbracht und bezieht einer der Elternteile Kindergeld für den jungen Menschen, so hat dieser unabhängig von einer Heranziehung nach Absatz 1 Satz 1 und 2 einen Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes zu zahlen. Zahlt der Elternteil den Kostenbeitrag nach Satz 1 nicht, so sind die Träger der öffentlichen Jugendhilfe insoweit berechtigt, das auf dieses Kind entfallende Kindergeld durch Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs nach § 74 Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes in Anspruch zu nehmen. Bezieht der Elternteil Kindergeld nach § 1 Absatz 1 des Bundeskindergeldgesetzes, gilt Satz 2 entsprechend. Bezieht der junge Mensch das Kindergeld selbst, gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend. Die Heranziehung der Elternteile erfolgt nachrangig zu der Heranziehung der jungen Menschen zu einem Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes.

(4) Werden Leistungen über Tag und Nacht erbracht und hält sich der junge Mensch nicht nur im Rahmen von Umgangskontakten bei einem Kostenbeitragspflichtigen auf, so ist die tatsächliche Betreuungsleistung über Tag und Nacht auf den Kostenbeitrag anzurechnen.

(5) Für die Festsetzung der Kostenbeiträge von Eltern werden nach Einkommensgruppen gestaffelte Pauschalbeträge durch Rechtsverordnung des zuständigen Bundesministeriums mit Zustimmung des Bundesrates bestimmt.

(6) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.