Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 19. Dez. 2018 - 4 A 20/18
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zur Entrichtung von Rundfunkbeiträgen.
- 2
Der Kläger betrieb zunächst unter der Adresse „ “ in einen Internetversandhandel (http://www. .de). Seit einem Umzug im Jahr 2017 betreibt er den vorgenannten Onlineshop nunmehr unter der im Rubrum bezeichneten Adresse.
- 3
Unter dem 24. Januar 2015 erhielt der Beklagte über das Internet eine als „NICHT PRIVAT“ gekennzeichnete Anmeldung einer Betriebsstätte mit dem Firmennamen „“ unter der damaligen Firmenanschrift „ “ in zum 1. Januar 2013. Die Anmeldung wies den Kläger namentlich aus und umfasste dessen Geburtsdatum. Die Zahl der Mitarbeiter bezifferte die Anmeldung mit 21 Beschäftigten. Daneben enthielt die Anmeldung den Hinweis, dass die Betriebsstätte über drei Kraftfahrzeuge verfüge. Die Anmeldung wies als Zahlungsmethode das Lastschriftverfahren mit einer Kontonummer der Postbank aus, mit der Bezeichnung des Klägers als Kontoinhaber.
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Mit Schreiben vom 29. Januar 2015 bestätigte der Beklagte dem Kläger die Anmeldung einer Betriebsstätte der Staffel 3 mit 21 Beschäftigten zum 1. Januar 2013.
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Am 16. Februar 2015 teilte der Kläger dem Beklagten per E-Mail mit, dass von ihm keine Anmeldung vorgenommen worden sei. Bei seinem Betrieb handele es sich um eine religiöse Betriebsstätte. Anliegend übersandte er ein an den Beitragsservice adressiertes Schreiben eines „ “ vom 12. November 2014. In diesem Schreiben teilte dem Beklagten unter der Bezeichnung „Vorsitzender der Glaubensgemeinschaft“ mit, dass es sich bei der Anschrift „ “ in „ “ um eine anerkannte religiöse Betriebsstätte der Glaubensgemeinschaft handele. Das Schreiben enthielt ferner die Wiederholung des Wortlautes des § 5 Abs. 5 Nummer 1 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages.
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Der Beklagte wies den Kläger mit Schreiben vom 25. Juni 2015 auf die bei ihm eingegangene Anmeldung hin. Bei der angemeldeten Raumeinheit handele es sich um eine solche Betriebsstätte, die der Beitragspflicht unterliege. Der Beklagte verwies diesbezüglich auf die Homepage des Klägers. Der Begriff einer religiösen Betriebsstätte sei bei dem Beklagten so nicht bekannt, die Einwände des Klägers nicht zu berücksichtigen.
- 7
Mit Festsetzungsbescheiden vom 1. Dezember 2015 und 3. Januar 2016 setzte der Beklagte gegenüber dem Kläger für die oben benannte Betriebsstätte Rundfunkbeiträge und Säumniszuschläge in Höhe von 1.192,73 Euro für den Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis zum 30. September 2015 sowie in Höhe von 113,00 Euro für den Zeitraum vom 1. Oktober 2015 bis zum 31. Dezember 2015 fest. Der erstgenannte Bescheid umfasste einen Säumniszuschlag i.H.v. 11,81 Euro, der zweitgenannte Bescheid einen Säumniszuschlag i.H.v. 8,00 Euro.
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Hiergegen erhob der Kläger am 15. Dezember 2015 hinsichtlich des Festsetzungsbescheides vom 1. Dezember 2015 und am 18. Januar 2016 hinsichtlich des Bescheides vom 3. Januar 2016 Widerspruch und führte zur Begründung jeweils aus, dass er dem Beklagten bereits eine Bescheinigung darüber habe zukommen lassen, dass es sich bei seiner Betriebsstätte um eine solche handele, die im Sinne von § 5 Abs. 5 Nummer 1 RBStV gottesdienstlichen Zwecken gewidmet und damit beitragsfrei sei.
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Mit formlosem Schreiben vom 18. Januar 2016 informierte der Beklagte den Kläger darüber, dass für das Vorliegen der Beitragsfreiheit nach § 5 Abs. 5 Nummer 1 RBStV ein religionstypischer Widmungsakt notwendig sei. Die Betriebsstätte müsse daher dauerhaft und nahezu ausschließlich gottesdienstlichen Zwecken dienen. Nur gelegentlich abgehaltene Gottesdienste in ansonsten zu anderen Zwecken genutzten Betriebsstätten ließen die Beitragspflicht nicht entfallen. Man führe das Beitragskonto des Klägers daher unverändert fort.
- 10
Der Kläger trug hierauf vor, dass sein Unternehmen einzig zu dem Zweck gegründet worden sei, einen „wertvollen Beitrag zur Heilung der Erde und der Menschen zu leisten“. Man kaufe bei den meisten der angebotenen Produkte pro verkauftem Stück 10 qm Regenwald. Die Tätigkeit in der Betriebsstätte sei durchgängig und in allen Bereichen praktisch gelebter Gottesdienst.
- 11
Mit weiterem Schreiben vom 1. Juli 2016 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass die Betriebsstätte über lediglich fünf Beschäftigte verfüge. In einem Telefonvermerk vom 5. August 2016 hielt der Beklagte fest, dass Kläger angegeben habe, über lediglich vier Mitarbeiter und kein gewerblich genutztes Kraftfahrzeug zu verfügen. Am 24. Januar 2018 teilt der Kläger dem Beklagten laut eines Aktenvermerks telefonisch mit, dass er über lediglich acht Beschäftigte verfüge. Am 25. Januar 2018 übermittelt der Kläger schriftlich, dass die Betriebsstätte über lediglich sechs Beschäftigte verfüge.
- 12
Der Kläger hat am 15. Januar 2018 Klage erhoben.
- 13
Zur Begründung wiederholt er seinen Vortrag aus dem Vorverfahren und führt vertiefend aus, dass es sich bei dem um eine keltisch-druidische Glaubensgemeinschaft handele. Zentraler Glaubenssatz der Gemeinschaft sei ein „respektvoller, rücksichtsnehmender Umgang mit allen Lebewesen“. Teil dessen sei auch die Umsetzung eines Wirtschaftssystems, welches der gesamten „Schöpfung nutze“. Es handele sich um ein Gegenkonzept zur eigensinnigen Erwirtschaftung von Geld. Der Verkauf von Produkten diene nicht der eigenen wirtschaftlichen Bereicherung, sondern der Umsetzung von Glaubensgrundsätzen. Der Betrieb sei somit selbst ein religiöser Akt. Erlöse würden unmittelbar für aus dem Glauben abgeleitete Ziele, etwa der Erhaltung des Regenwaldes, genutzt. Es handele sich um die Umsetzung des Glaubens im engsten Sinne und sei mit dem klassischen Gottesdienst vergleichbar.
- 14
In der Betriebsstätte fänden auch rein religiöse Handlungen ohne wirtschaftlichen Bezug statt. Dies seien etwa regelmäßige Zusammenkünfte zwecks eines Austausches über spirituelle Themen.
- 15
Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
- 16
die Festsetzungsbescheide des Beklagten über die Festsetzung von Rundfunkbeiträgen von einem unbekannten Datum über die Rundfunkbeiträge für die Monate Januar 2013 bis September 2015 und vom 3. Januar 2016 über die Rundfunkbeiträge für die Monate Oktober 2015 bis Dezember 2015 aufzuheben.
- 17
Der Beklagte beantragt,
- 18
die Klage abzuweisen.
- 19
Der Klagantrag sei in Teilen bereits zu unbestimmt, da es keine undatierten Bescheide gebe. Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag sehe keine Befreiung für die Betriebsstätte des Klägers vor.
- 20
Der Kläger und der Beklagte haben mit Schreiben vom 13. Dezember 2018 bzw. 7. Dezember 2018 erklärt, dass sie mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden sind.
- 21
Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und den von dem Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgang Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
- 22
I. Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da der Kläger und der Beklagte sich hiermit einverstanden erklärt haben (vgl. § 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung).
- 23
II. Die Klage ist als Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alternative 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässig. Der Zulässigkeit der Klage steht aufgrund der Untätigkeit des Beklagten insbesondere gemäß § 75 Sätze 1 und 2 VwGO nicht die fehlende Durchführung eines Vorverfahrens i.S.d. §§ 68 ff. VwGO entgegen. Der Beklagte hat über die Widersprüche des Klägers vom 15. Dezember 2015 bzw. 18. Januar 2016 nicht binnen drei Monaten (§ 75 Abs. 2 VwGO) entschieden. Ein zureichender Grund ist hierfür nicht erkennbar.
- 24
III. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Die Festsetzungen der streitgegenständlichen Rundfunkbeiträge finden ihre Rechtsgrundlage in § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1, §§ 7, 10 Abs. 5 RBStV.
- 26
Der RBStV ist nach Auffassung des erkennenden Gerichts – auch soweit er die Erhebung von Rundfunkbeiträgen im nicht privaten Bereich betrifft – verfassungsgemäß. Dies hat das Bundesverfassungsgericht jüngst bestätigt (BVerfG, Urt. v. 18.07.2018 – 1 BvR 1675/16, Rn. 112 ff. juris). Die Möglichkeit des Rundfunkempfangs vermittelt hiernach einen Vorteil, der den Inhabern von Betriebsstätten und betrieblich genutzten Kraftfahrzeugen zurechenbar und gesetzlich belastungsgleich erfasst ist. Insoweit nimmt das erkennende Gericht vollumfänglich auf die zutreffenden Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, a.a.O., Rn. 112 ff. juris) Bezug.
- 27
Die Erhebung von Rundfunkbeiträgen verstößt nach allgemeiner Auffassung in der Rechtsprechung, der sich das erkennende Gericht anschließt, insbesondere weder gegen die in Art. 4 Abs. 1 GG gewährleistete Glaubens- und Gewissensfreiheit noch gegen das in Art. 9 EMRK gewährleistete Recht auf Gewissens- und Religionsfreiheit. Der Schutzbereich des Art. 4 Abs. 1 GG sowie des Art. 9 EMRK wird durch die Beitragserhebung schon nicht tan-giert (VG Schleswig, Urt. v. 18.12.2017 – 4 A 207/16, Rn. 65, juris m.V. auf OVG Münster, Urt. v. 12.03.2015 - 2 A 2311/14, juris; vgl. auch VG Berlin, Urt. v. 22.04.2015 - 27 K 310.14, juris; VG Hamburg, Urt. v. 17.07.2014 - 3 K 5371/14, juris; VG Augsburg, Urt. v. 11.07.2016 - Au 7 K 16.263, juris; VG B-Stadt, Urt. v. 08.07.2016 - M 26 K 16.707, juris). Die Zahlung einer Abgabe wie des Rundfunkbeitrags ist als solche nicht mit der Äußerung eines weltanschaulichen oder religiösen Bekenntnisses verbunden (Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 16.05.2017 – 2 A 2885/15, Rn. 118 juris). Die Glaubensfreiheit wird durch die Zahlung einer Abgabe nur berührt, soweit diese gerade die Finanzierung einer Glaubensgemeinschaft oder eines religiösen oder eines areligiösen Bekenntnisses bezweckt (Abgabenschuldners (OVG Münster, Urt. v. 21.09.2018 – 2 A 1821/15, Rn. 43 juris). Die allgemeine Pflicht zur Zahlung einer Abgabe ohne eine solche Zweckbindung berührt regelmäßig - und so auch hier - nicht den Schutzbereich der Glaubensfreiheit des Abgabenschuldners (OVG Münster, Urt. v. 21.09.2018 – 2 A 1821/15, Rn. 43 juris).
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2. Gegen die formelle Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides bestehen keine Bedenken; solche sind mit der Klage auch nicht geltend gemacht.
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3. Der Bescheid erweist sich überdies als materiell rechtmäßig.
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Im nicht privaten Bereich ist für jede Betriebsstätte von deren Inhaber (Beitragsschuldner) ein Rundfunkbeitrag nach Maßgabe der in § 5 Abs. 1 RBStV niedergelegten Staffelung zu entrichten. Gemäß § 7 Abs. 1 und 3 RBStV ist der Beitrag monatlich geschuldet und in der Mitte eines Dreimonatszeitraums zu leisten.
- 31
Eine Betriebsstätte ist nach § 6 Abs. 1 Satz 1 RBStV jede zu einem eigenständigen, nicht ausschließlich privaten Zweck bestimmte oder genutzte ortsfeste Raumeinheit oder Fläche innerhalb einer Raumeinheit.
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Der Beklagte ist als Anstalt öffentlichen Rechts berechtigt, die rückständigen Rundfunkbeiträge durch Bescheid festzusetzen, § 10 Abs. 5 Satz 1 RBStV. Nach § 11 Abs. 1 der Satzung des Norddeutschen Rundfunks über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge wird, soweit Rundfunkbeiträge nicht innerhalb einer Frist von vier Wochen nach Fälligkeit in voller Höhe entrichtet werden, ein Säumniszuschlag in Höhe von einem Prozent der rückständigen Beitragsschuld, mindestens aber ein Betrag von 8,00 Euro fällig.
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Die streitbefangenen Festsetzungen entsprechen diesen Maßgaben.
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Unstreitig handelt es sich bei den gewerblich und für Zwecke der keltisch-druidischen Glaubensgemeinschaft genutzten Räumlichkeiten des Klägers um eine Betriebsstätte im Sinne von § 6 Abs. 1 RBStV, deren Inhaber er ist, vgl. § 6 Abs. 2 RBStV.
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a) Bei der Betriebsstätte handelt es sich nicht um eine solche, die i.S.v. § 5 Abs. 5 Nummer 1 RBStV von der Beitragspflicht ausgenommen ist. Gemäß § 5 Abs. 5 Nummer 1 RBStV ist ein Rundfunkbeitrag nach § 5 Absatz 1 RBStV nicht zu entrichten für Betriebsstätten, die gottesdienstlichen Zwecken gewidmet sind.
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aa) Bei der Regelung des § 5 Abs. 5 Nummer 1 RBStV handelt es sich um einen Tatbestand der gesetzlichen Beitragsfreiheit (Beck RundfunkR/Schneider/Siekmann, 4. Aufl. 2018, RBStV § 5 Rn. 50, beck-online), weswegen es für die Berücksichtigung in dem vorliegende Verfahren nicht auf die Stellung eines vorherigen Antrages bei dem Beklagten und dessen etwaiger Bewilligung ankommt. Die Beitragsfreiheit tritt im Falle des Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzung vielmehr kraft Gesetzes ein und ist somit bei der Festsetzung von Rundfunkbeiträgen zu berücksichtigen.
- 37
bb) Die Voraussetzung des § 5 Abs. 5 Nummer 1 RBStV liegen jedoch nicht vor. Hiernach sind allein diejenigen Betriebsstätten von der Rundfunkbeitragspflicht ausgenommen, die ausschließlich gottesdienstlichen Zwecken dienen. Grundgedanke des Gesetzgebers war es, dass eine Kirche oder vergleichbare Räume schon nicht geeignet sind, eine Beitragspflicht zu begründen, weil dort typischerweise kein Rundfunkempfang ermöglicht wird, sondern die innere Einkehr im Fokus steht und gemeinsam Gottesdienste gefeiert werden (Beck RundfunkR/Schneider/Siekmann, 4. Aufl. 2018, RBStV § 5 Rn. 51, m.w.N.). Nach dem Willen des Gesetzgebers handelt es sich bei der Beitragsfreiheit von Betriebsstätten, die gottesdienstlichen Zwecken gewidmet sind, um eine eng begrenzte Ausnahme (BVerwG, Beschl. v. 29.01.2018 – 6 B 49/17, Rn. 8 juris). Ausgehend von der Grundannahme, dass in Betriebsstätten typischerweise Rundfunknutzung stattfindet (LT-Drs. BY 16/7001 S. 17, vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 07.12.2016 - 6 C 49.15, BVerwGE 156, 359 Rn. 31 ff.), lässt es der Gesetzgeber nicht ausreichen, dass ein Raum nur teil- oder zeitweise den privilegierten Zwecken dient. Die in § 5 Abs. 5 Nummer 1 RBStV geregelte Ausnahme von der Rundfunkbeitragspflicht setzt vielmehr voraus, dass die betreffenden Räume ausschließlich für den Gottesdienst oder eine hiermit vergleichbare – kirchlichen, religiösen oder weltanschaulichen Zwecken dienende – Nutzung bestimmt sind, die typischerweise erwarten lässt, dass dort keine betriebsbezogene Rundfunknutzung stattfindet (BVerwG, Beschl. v. 29.01.2018 – 6 B 49/17, Rn. 8 juris). Handelt es sich demgegenüber um Räumlichkeiten, die - wie im Fall der Betriebsräume des Klägers - regelmäßig auch für solche Aktivitäten genutzt werden, die sich für den objektiven Betrachter als Ausübung eines gewöhnlichen, nicht der Sphäre eines religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses zuzurechnenden Berufes darstellen, ist die erforderliche Grundlage für die Annahme, es werde dort keine betriebliche Rundfunknutzung stattfinden, nicht in gleicher Weise vorhanden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 29.01.2018 – 6 B 49/17, Rn. 10 juris).
- 38
So liegt es hier. Die Räumlichkeiten der Betriebsstätte des Klägers sind bei objektiver Betrachtungsweise nicht ausschließlich gottesdienstlichen bzw. weltanschaulichen Zwecken gewidmet. Der Kläger betreibt in diesen vielmehr unstreitig einen Internetversandhandel. Die Nutzung der Räumlichkeiten der Betriebsstätte eines Internetversandhandels ist nicht mit derjenigen eines Kirchenraumes oder eines Raumes, welcher ausschließlich der Zusammenkunft von Glaubensgemeinschaften dient (vgl. zur Anwendbarkeit auf Weltanschauungsgemeinschaften BVerwG, Beschl. v. 29.01.2018 – 6 B 49/17, Rn. 9 juris), vergleichbar. Es fehlt im Sinne der vorgenannten Maßgaben an einer vergleichbaren Typizität, aus der darauf geschlossen werden könnte, dass in den Räumlichkeiten der Betriebsstätte des Klägers keine Rundfunknutzung stattfinden würde. Es ist nach Auffassung der Kammer vielmehr gerade nicht zu erwarten ist, dass in der streitgegenständlichen Betriebsstätte keine betriebsbezogene Rundfunknutzung stattfindet. Der Internetversandhandel des Klägers setzt denknotwendig den Einsatz elektronischer Datenverarbeitungsgeräte voraus, die in Verbindung mit der für den Betrieb des Klägers zwingend notwendigen Internetverbindung regelmäßig dazu geeignet sind, die Angebote des öffentlichen Rundfunks zu empfangen. Es ist daher typischerweise zu erwarten, dass sich der Kläger aus dem Rundfunkangebot Informationen für seinen Betrieb beschaffen sowie das Rundfunkangebot zur Information oder Unterhaltung seiner Beschäftigten nutzen kann (vgl. zur Abgeltung des Vorteils im nicht privaten Bereich: BVerfG, Urt. v. 18.07.2018 – 1 BvR 1675/16, Rn. 113 juris). Es kommt nicht darauf an, ob der Kläger dieses Angebot in der streitgegenständlichen Betriebsstätte tatsächlich nutzt. Hinzu kommt, dass der Betrieb eines Internetversandhandels bei lebensnaher Betrachtungsweise regelmäßig – etwa im Rahmen des Versandes oder der Wartung und Instandhaltung der technischen Gerätschaften – die Ausübung von gewöhnlichen Berufen erfordert, die nicht der Sphäre eines religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses zuzurechnen sind. Auch aus diesem Grunde ist die erforderliche Grundlage für die Annahme, es werde in der Betriebsstätte des Klägers keine betriebliche Rundfunknutzung stattfinden, nicht gegeben.
- 39
b) Der Beklagte hat die zu entrichtenden Rundfunkbeiträge auch hinsichtlich der Höhe rechtsfehlerfrei festgesetzt. Er durfte den Kläger in den streitbefangenen Zeiträumen nach § 5 Abs. 1 Nummer 3 RBStV insbesondere als Betriebsstätte der Staffel 3 mit zwei Rundfunkbeiträgen monatlich veranlagen. Der Beklagte durfte davon ausgehen, dass die Betriebsstätte des Klägers über 21 Beschäftigte verfügte. Dies ergibt sich insbesondere aus der gegenüber dem Beklagten abgegebenen Anmeldung vom 24. Januar 2015. Diese enthielt die Angabe, dass die Betriebsstätte über 21 Beschäftigte verfüge. Dies hat der Beklagte so ausdrücklich mit Schreiben vom 29. Januar 2015 gegenüber dem Kläger bestätigt. Der Kläger hat hieraufhin keine Einwendungen gegen die Richtigkeit dieser Angabe erhoben, sondern lediglich mitgeteilt, dass er die Anmeldung nicht abgegeben habe. Den Kläger trifft gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 RBStV eine Pflicht zur Anzeige jedweder Änderungen der Beschäftigtenzahl. Hiernach hat der Inhaber einer Betriebsstätte eine Änderung der Anzahl der im Jahresdurchschnitt des vorangegangenen Kalenderjahres sozialversicherungspflichtig Beschäftigten jeweils bis zum 31. März eines Jahres anzuzeigen; diese Änderung wirkt ab dem 1. April des jeweiligen Jahres. Eine derartige Anzeige erfolgte jedoch erst mit Schreiben vom 1. Juli 2016. Die Anzeige führt nach der vorgenannten Vorschrift nicht zu einer rückwirkenden Berücksichtigung der geänderten Beschäftigungszahl. Die Norm gibt vielmehr vor, dass die Änderung erst zum 1. April eines Jahres zu berücksichtigen ist. Dies bedeutet im vorliegenden Fall, dass die Mitteilung des Klägers erst ab dem 1. April 2017 von dem Beklagten zu berücksichtigen gewesen ist. Die Mitteilung hat demnach keinen Einfluss auf die streitbefangenen Festsetzungen, welche die Jahre 2013 bis 2015 betreffen.
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c) Die Erhebung der Säumniszuschläge unterliegt ebenfalls keinen Bedenken. Rechtsgrundlage für die Erhebung eines Säumniszuschlags ist § 11 Abs. 1 der Rundfunkbeitragssatzung, die auf § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Alt. 3 RBStV beruht. Die Rundfunkbeitragspflicht entsteht kraft Gesetzes. Diese beginnt mit dem Ersten des Monats, in dem der Beitragsschuldner erstmals die Wohnung innehat. Der Rundfunkbeitrag ist monatlich geschuldet und in der Mitte eines Dreimonatszeitraums für jeweils drei Monate zu leisten (s. § 7 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 2 RBStV). Ferner wird, wenn Rundfunkbeiträge nicht innerhalb von vier Wochen nach Fälligkeit in voller Höhe entrichtet werden, ein Säumniszuschlag in Höhe von einem Prozent der rückständigen Beitragsschuld, mindestens aber ein Betrag von 8,00 Euro fällig (§ 11 Abs. 1 der Rundfunkbeitragssatzung). Der Kläger hat die jeweils geschuldeten Rundfunkbeiträge unstreitig im von den angefochtenen Festsetzungsbescheiden betroffenen Zeitraum nicht binnen vier Wochen entrichtet. Der Beklagte hat in dem angegriffenen Bescheid vom 1. Dezember 2015 Rundfunkbeiträge i.H.v. 1.180,92 Euro festgesetzt, woraus sich beim Ansatz von einem Prozent gerundet der Säumnisbetrag i.H.v. 11,81 Euro ergibt. In dem weiteren streitbefangenen Bescheid ist der Mindestsatz von 8,00 Euro rechtmäßig als Säumniszuschlag korrekt festgesetzt worden.
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IV. Die Kostenentscheidung beruht § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Urteilsbesprechung zu Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 19. Dez. 2018 - 4 A 20/18
Urteilsbesprechungen zu Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 19. Dez. 2018 - 4 A 20/18
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Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 19. Dez. 2018 - 4 A 20/18 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).
(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.
(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.
(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.
(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
- 1
Der Kläger wendet sich gegen die Festsetzung von Rundfunkbeiträgen. Er bewohnt unter der im Rubrum angegebenen Adresse eine Wohnung und wird vom Beklagten als Beitragsschuldner unter der Teilnehmernummer … geführt.
- 2
Mit Bescheid vom 01.05.2014 setzte der Beklagte gegenüber dem Kläger Rundfunkbeiträge für den Zeitraum vom Januar 2013 bis zum Dezember 2014 in Höhe von insgesamt 439,52 € fest (festgesetzter Beitrag 431,52 €; Säumniszuschlag 8 € Euro).
- 3
Mit Bescheid vom 01.05.2015 setzte der Beklagte gegenüber dem Kläger Rundfunkbeiträge für den Zeitraum vom Januar 2015 bis März 2015 in Höhe von insgesamt 61,94 € fest (festgesetzter Beitrag 53,94 €; Säumniszuschlag 8 € Euro).
- 4
Mit Bescheid vom 01.09.2015 setzte der Beklagte gegenüber dem Kläger Rundfunkbeiträge für den Zeitraum vom April 2015 bis Juni 2015 in Höhe von insgesamt 60,50 € fest (festgesetzter Beitrag 52,50 €; Säumniszuschlag 8 € Euro).
- 5
Mit Bescheid vom 02.10.2015 setzte der Beklagte gegenüber dem Kläger Rundfunkbeiträge für den Zeitraum vom Juli 2015 bis September 2015 in Höhe von insgesamt 60,50 € fest (festgesetzter Beitrag 52,50 €; Säumniszuschlag 8 € Euro).
- 6
Der Kläger legte gegen diese Bescheide mit Schreiben vom 12.05.2015, 16.06.2015, 30.09.2015 und vom 13.11.2015 Widerspruch und führte jeweils zur Begründung im Wesentlichen Folgendes aus:
- 7
Der Beitragsservice des Beklagten könne keine rechtswirksamen Festsetzungsbescheide erlassen, da er nach eigenen Angaben nicht rechtsfähig sei. Vor der Zusendung eines Festsetzungsbescheides könne auch kein Säumniszuschlag verlangt werden. Die Forderungen des Beklagten seien vor dem Erlass des Festsetzungsbescheides nicht fällig. Bei dem Rundfunkbeitrag handele es sich zudem um eine verdeckte Steuer. Die Bundesländer seien aber finanzverfassungsrechtlich nicht befugt, eine solche Steuer einzuführen. Der Rundfunkbeitrag verstoße gegen das Gerechtigkeitsgebot, da auch Personen, die die Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht nutzen würden, zur Finanzierung herangezogen würden. Der Rundfunkbeitrag trage auch nicht dazu bei, den Bildungsauftrag der Rundfunkanstalten zu finanzieren. Es fehle an sachlichen Informationen und einer ausgewogenen Berichterstattung. Der Kläger könne es mit seinem Gewissen nicht vereinbaren, das System des öffentlichen-rechtlichen Rundfunks zu unterstützen. Die Festsetzungsbescheide würden das Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1 GG verletzen.
- 8
Der Beklagte wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 19.07.2016, zugestellt am 21.07.2016, als unbegründet zurück. Wegen der Einzelheiten wird auf dessen Begründung Bezug genommen (Bl. 72 ff. des Verwaltungsvorgangs).
- 9
Der Kläger hat am 19.08.2016 Klage erhoben und trägt zur Begründung im Wesentlichen Folgendes vor:
- 10
Die Festsetzung des Rundfunkbeitrags sei rechtswidrig, da es einer verfassungsgemäßen Rechtsgrundlage hierfür fehle. Das Zustimmungsgesetz zum Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV) sei verfassungswidrig. Es verstoße gegen das Finanzverfassungsrecht des Grundgesetzes (Art. 104a ff. GG) und gegen das Rechtsstaatsgebot (Art. 20 Abs. 3 GG). Der Kläger werde ferner in seinen Grundrechten aus Art. 3 Abs. 1 GG (Verstoß gegen die Belastungsklarheit) und Art. 19 Abs. 4 GG verletzt. Auch das verfassungsrechtlich zu beachtende Zitiergebot werde missachtet. Dieses gelte auch für Einschränkungen des Grundrechts aus Art. 3 Abs. 1 GG. Die als Rundfunkbeitrag bezeichnete Wohnungs- und Betriebsstättenabgabe erfülle nicht die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen, die an einen Beitrag gestellt werden. Nur bestimmte Personenkreises und besondere wirtschaftliche Vorteile dürften bebeitragt werden. Diese Definition des Beitrags in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei vom Gesetzgeber bei Schaffung des Rundfunkbeitrags nicht beachtet worden. Beim Rundfunkbeitrag fehle es an der spezifischen Beziehung des Beitragspflichtigen zum Vorteil, der Gegenleistung für die Abgabe sei. Beiträge könnten nur für die Gewährung eines Sondervorteils gefordert werden und nicht von der Allgemeinheit, wie es beim Rundfunkbeitrag der Fall sei. Die Möglichkeit des Rundfunkempfangs vermittle keinen individuellen Vorteil, denn es handele sich dabei um eine allgemeine Informationsquelle. Das bloße Innehaben einer Wohnung dürfe nicht mit einer Abgabe belegt werden. In Wahrheit sei der Rundfunkbeitrag eine unzulässige Steuer, weil dieser Beitrag voraussetzungslos erhoben werde. Auch sei das Bestimmtheitsgebot als Ausdruck von Art. 20 Abs. 3 GG nicht eingehalten, da die Beitragshöhe nicht im RBStV geregelt sei. Der Rundfunkbeitrag sei unverhältnismäßig, weil keine Befreiungsmöglichkeit für Nichtnutzer vorgesehen sei und verfassungswidrig im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG wegen unzulässiger Typisierung, soweit auch Wohnungen, in denen keine Rundfunksignale empfangen werden könnten, weil kein Rundfunkgerät bereit gehalten werde, ohne Befreiungsmöglichkeit der Beitragspflicht unterlägen. Der Kläger werde durch die Beitragspflicht in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG und in seinem Recht aus Art. 3 Abs. 1 GG auf Gleichbehandlung verletzt, weil der abgabenrechtliche Grundsatz der Belastungsgleichheit missachtet werde. Es sei auch unzulässig, dass Zulassungs- und Aufsichtsfunktionen der Landesmedienanstalten nach § 40 RBStV durch den Rundfunkbeitrag finanziert würden. Schließlich verstoße es gegen Art. 19 Abs. 4 GG, wenn um Rechtsschutz vor den Gerichten erst nachgesucht werden könne, nachdem ein Festsetzungsbescheid ergangen sei, der stets mit der Festsetzung eines Säumniszuschlags in Höhe von 8,- € einhergehe. Das beinhalte eine unzulässige Hürde für die Inanspruchnahme von Rechtsschutz.
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Der Kläger beantragt,
- 12
die Bescheide des Beklagten vom 01.04.2015, 01.05.2015, 01.09.2015 und 02.10.2015 sowie den Widerspruchsbescheid vom 19.07.2016 aufzuheben.
- 13
Ferner beantragt der Kläger sinngemäß,
- 14
das Verfahren auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht gem. Art. 100 GG vorzulegen.
- 15
Der Beklagte beantragt,
- 16
die Klage abzuweisen und verteidigt die angefochtenen Bescheide.
- 17
Der Rechtsstreit ist mit Beschluss der Kammer vom 25.04.2017 dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden.
- 18
Der Kläger und der Beklagte haben mit Schreiben vom 26.05.2016 bzw. 05.05.2016 erklärt, dass sie mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden sind.
Entscheidungsgründe
- 19
I. Im Einverständnis der Beteiligten konnte das Gericht gem. § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
- 20
II. Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Klägern nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
- 21
Die Festsetzung der streitgegenständlichen Rundfunkbeiträge findet ihre Rechtsgrundlage in den §§ 2, 3 Abs. 1, 7, 10 Abs. 5 des 15. Staatsvertrages zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (i.V.m. dem Gesetz zum 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 16.12.2011, GVOBl. SH 2011 Nr. 18, S. 345 ff), im folgenden RBStV.
- 22
Nach diesen Normen ist im privaten Bereich für jede Wohnung von deren Inhaber ein Rundfunkbeitrag zu entrichten (§ 2 Abs. 1 RBStV). Eine Wohnung ist unabhängig von der Zahl der darin enthaltenen Räume jede ortsfeste, baulich abgeschlossene Raumeinheit, die zum Wohnen oder Schlafen geeignet ist oder genutzt wird und durch einen eigenen Eingang unmittelbar von einem Treppenhaus, einem Vorraum oder von außen, nicht ausschließlich über eine andere Wohnung betreten werden kann (§ 3 Abs. 1 RBStV).
- 23
Der Beklagte ist als Anstalt öffentlichen Rechts berechtigt, die rückständigen Rundfunkbeiträge durch Bescheid festzusetzen, § 10 Abs. 5 Satz 1 RBStV. Nach § 11 Abs. 1 der Satzung des Norddeutschen Rundfunks über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge wird, soweit Rundfunkbeiträge nicht innerhalb einer Frist von vier Wochen nach Fälligkeit in voller Höhe entrichtet werden, ein Säumniszuschlag in Höhe von einem Prozent der rückständigen Beitragsschuld, mindestens aber ein Betrag von 8,- € fällig.
- 24
Die streitbefangenen Festsetzungen von Rundfunkbeiträgen entsprechen diesen Maßgaben. Sie sind insbesondere rechnerisch richtig.
- 25
Der Beklagte durfte die Festsetzung auch auf die Regelungen des RBStV stützen. An deren Verfassungsmäßigkeit hat das erkennende Gericht nach seiner ständigen Rechtsprechung, an der es festhält, keinen Zweifel (vgl. grundlegend VG Schleswig, Urt. v. 10.06.2015 - 4 A 105/14 - juris). Die Verfassungsmäßigkeit des zum 01.01.2013 eingeführten Rundfunkbeitrags hat nach den Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz vom 13. Mai 2014 (VGH B 35/12 - juris) und des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 15. Mai 2014 (Vf. 8-VII-12 und Vf. 24-VII-12 - jeweils nach juris) sowie zahlreichen Entscheidungen von Verwaltungsgerichten und Oberverwaltungsgerichten (vgl. auch OVG Schleswig, Beschl. v. 09.03.2017 - 3 LA 40/16 - juris) nunmehr auch das Bundesverwaltungsgericht in mehreren Urteilen vom 18.03.2016 (BVerwG 6 C 6.15 u.a.) festgestellt.
- 26
Danach ist der Rundfunkbeitrag eine rundfunkspezifische nichtsteuerliche Abgabe, die in die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder für das Rundfunkrecht fällt (amtlicher Leitsatz Nr. 1). Die vorrangige Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch den Rundfunkbeitrag trägt der Programmfreiheit des Rundfunks und dem Verfassungsgebot eines die Vielfalt sichernden Programms angemessen Rechnung (amtlicher Leitsatz Nr. 2). Der Rundfunkbeitrag stellt die Gegenleistung für den Vorteil der Rundfunkempfangsmöglichkeit dar. Dieser Vorteil kann Wohnungsinhabern individuell zugerechnet werden, weil Wohnungen nahezu vollständig mit Rundfunkempfangsgeräten ausgestattet sind (amtlicher Leitsatz Nr. 3). Die Ersetzung der gerätebezogenen Rundfunkgebühr durch den wohnungsbezogenen Rundfunkbeitrag war wegen des drohenden strukturellen Defizits der Gebührenerhebung zulässig, um die Belastungsgleichheit der Rundfunkteilnehmer zu wahren (amtlicher Leitsatz Nr. 4). Die Belastungsgleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) verlangt nicht, Wohnungsinhaber, die bewusst auf eine Rundfunkempfangsmöglichkeit verzichten, von der Rundfunkbeitragspflicht zu befreien (amtlicher Leitsatz Nr. 5). Die Anknüpfung des Rundfunkbeitrags an die Wohnung benachteiligt die alleinigen Inhaber einer Wohnung nicht gleichheitswidrig gegenüber Personen, die zusammen mit anderen in einer Wohnung leben. (amtlicher Leitsatz Nr. 6). Seine Rechtsauffassung hat das Bundesverwaltungsgericht nochmals mit Urteil vom 15.06.2016 bestätigt (Az. 6 C 35/15 – juris). In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist schließlich geklärt, dass der Rundfunkbeitrag auch gegen keine anderen Normen wie etwa die EMRK oder EU-Recht verstößt.
- 27
Das Bundesverwaltungsgericht hat in den benannten Entscheidungen unter anderem zur Gesetzgebungskompetenz der Länder für die Einführung des Rundfunkbeitrags Folgendes ausgeführt (vgl. z.B. BVerwG, Urt. v. 18.03.2016 – 6 C 6/15 – Rn. 15, juris):
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„Die Regelungen des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags über Inhalt und Reichweite der Rundfunkbeitragspflicht sind von der Gesetzgebungszuständigkeit der Länder für das Rundfunkrecht gedeckt. Die Finanzverfassung des Zehnten Abschnitts des Grundgesetzes, die in Art. 105 ff. GG die Kompetenzen für die Steuergesetzgebung auf Bund und Länder verteilt, ist nicht anwendbar, weil es sich bei dem Rundfunkbeitrag nicht um eine Steuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2 GG, sondern um eine nichtsteuerliche Abgabe handelt. Die Gesetzgebungskompetenz für nichtsteuerliche Abgaben wird von der Kompetenz für die jeweilige Sachmaterie, hier für das Rundfunkrecht, umfasst (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Juni 2014 - 1 BvR 668, 2104/10 - BVerfGE 137, 1 Rn. 45; BVerwG, Urteil vom 29. April 2009 - 6 C 16.08 - BVerwGE 134, 1 Rn. 12).
- 29
Steuern sind öffentliche Abgaben, die als Gemeinlast voraussetzungslos, d.h. ohne individuelle Gegenleistung an die Steuerpflichtigen, zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs eines öffentlichen Gemeinwesens erhoben werden (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Juni 2014 - 1 BvR 668, 2104/10 - BVerfGE 137, 1 Rn. 41). Der die Steuerpflicht begründende Tatbestand steht in keinem Zusammenhang mit der Entscheidung über die Verwendung des Steueraufkommens; Einnahmen- und Ausgabenseite sind voneinander abgekoppelt. Dies gilt auch für Zwecksteuern, deren Aufkommen ganz oder teilweise für einen bestimmten Zweck verwendet wird. Der Haushaltsgesetzgeber ist nicht gehindert, jederzeit eine abweichende Verwendungsentscheidung zu treffen; insbesondere kann er bestimmen, dass Überschüsse aus der Zwecksteuer für einen anderen Zweck verwendet werden (BVerfG, Beschlüsse vom 4. Februar 1958 - 2 BvL 31, 33/56 - BVerfGE 7, 244 <254 f.> und vom 12. Oktober 1978 - 2 BvR 154/74 - BVerfGE 49, 343 <353 f.>; Wernsmann, ZG 2015, 79 <87 f.>).
- 30
Der Rundfunkbeitrag erfüllt diese Voraussetzungen des Steuerbegriffs nicht: Zum einen wird er nach dem Regelungskonzept der §§ 2 ff. RBStV nicht voraussetzungslos erhoben. Vielmehr soll er ebenso wie die frühere Rundfunkgebühr die Möglichkeit abgelten, die öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogramme zu empfangen. Die Landesgesetzgeber knüpften die Rundfunkbeitragspflicht an das Tatbestandsmerkmal des Innehabens einer Wohnung, weil sie davon ausgingen, die Wohnung sei der typische Ort des Rundfunkempfangs (vgl. unter 5.).
- 31
Zum anderen wird das Beitragsaufkommen nicht in die Landeshaushalte eingestellt. Nach § 1 RBStV, §§ 12 und 40 RStV ist es weitestgehend dazu bestimmt, die funktionsgerechte Finanzausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sicherzustellen. Nach § 13 Satz 1 RStV ist der Rundfunkbeitrag dessen vorrangige Finanzierungsquelle. Die Beitragserhebung soll dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk die finanziellen Mittel verschaffen, die er benötigt, um seinen durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG vorgegebenen Programmauftrag zu erfüllen (vgl. unter 4.). Dieser Zweckbindung entspricht, dass das Beitragsaufkommen nach § 3 Abs. 2 Satz 2 und 3 RFinStV gedeckelt ist. Nach Satz 2 sollen die Gesamterträge der Rundfunkanstalten aus Beiträgen und weiteren Einnahmen die zur Erfüllung des öffentlichen Auftrags notwendigen Ausgaben und Aufwendungen decken. Folgerichtig bestimmt Satz 3, dass Überschüsse am Ende der (zweijährigen) Bedarfsperiode vom Finanzbedarf für die folgende Beitragsperiode abgezogen werden.“
- 32
Zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung des Rundfunkbeitrags hat des Bundesverwaltungsgerichts in dem benannten Urteil (6 C 6/15, juris Rn 25 ff.) im Detail Folgendes ausgeführt:
- 33
„Danach setzt die verfassungsrechtlich erforderliche Rechtfertigung der Rundfunkbeitragspflicht nach §§ 2 ff. RBStV auch voraus, dass sie geeignet ist, den individuell zurechenbaren Vorteil der Rundfunkempfangsmöglichkeit auszugleichen. Der Rundfunkbeitrag muss als Vorzugslast ausgestaltet sein, die die Gegenleistung für die Programmangebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks darstellt.
- 34
Schuldner einer Vorzugslast können nur Personen sein, denen die Leistung der öffentlichen Hand zugutekommt (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Juni 2014 - 1 BvR 668, 2104/10 - BVerfGE 137, 1 Rn. 43; BVerwG, Urteil vom 29. April 2009 - 6 C 16.08 - BVerwGE 134, 1 Rn. 15). Auf die Größe des Personenkreises kommt es nicht an; er kann auch eine unbestimmte Vielzahl von Personen umfassen, sofern nur jeder einzelnen ein individueller Vorteil zugeordnet werden kann (BVerfG, Beschluss vom 25. Juni 2014 - 1 BvR 668, 2104/10 - BVerfGE 137, 1 Rn. 52 unter Hinweis auf die zum Rundfunkbeitrag ergangene Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz vom 13. Mai 2014 - VGH B 35/12 - NVwZ 2015, 64 <71>). Der Zweck des Vorteilsausgleichs rechtfertigt die Erhebung einer Vorzugslast und setzt ihr zugleich Grenzen: Durch eine derartige nichtsteuerliche Abgabe dürfen grundsätzlich nur diejenigen Kosten finanziert werden, die dazu bestimmt sind, die auszugleichende Leistung zu erbringen. Eine darüber hinausgehende Belastung der Abgabepflichtigen ist verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt, weil sie nicht durch den Zweck des Vorteilsausgleichs gedeckt ist. Der derart begrenzte Finanzierungsbedarf muss seinerseits vorteilsgerecht, d.h. nach der individuellen Größe des Vorteils, auf die Abgabepflichtigen umgelegt werden (vgl. unter 8.).
- 35
Ein ausgleichspflichtiger individueller Vorteil entsteht nicht nur, wenn eine Leistung der öffentlichen Hand in Anspruch genommen, d.h. tatsächlich genutzt wird. Vielmehr kann bereits die Möglichkeit, ein Leistungsangebot zu nutzen, einen derartigen Vorteil darstellen. Allerdings reicht die Nutzungsmöglichkeit nicht aus, um für alle Personen, denen diese Möglichkeit rechtlich und tatsächlich eröffnet ist, einen Vorteil zu begründen. Ein derart weiter Vorteilsbegriff würde die Finanzierungsmöglichkeiten durch Vorzugslasten auf Kosten der Steuerpflichtigen in einer Weise ausweiten, die sich nicht mit ihrem verfassungsrechtlich vorgegebenen Ausnahmecharakter vereinbaren ließe (vgl. unter 3.). Aus Gründen der Belastungsgleichheit der Steuerpflichtigen und der Geltungskraft der Finanzverfassung nach Art. 105 ff. GG darf die steuerliche Belastung durch Vorzugslasten nur erhöht werden, wenn hierfür ein konkret nutzbarer Gegenwert geboten wird, der die zusätzliche Abgabenpflicht rechtfertigt. Dies ist bei der Möglichkeit, ein Leistungsangebot zu nutzen, der Fall, wenn die Nutzung nicht nur tatsächlich und rechtlich möglich, sondern darüber hinaus die Annahme berechtigt ist, dass der Personenkreis, dem die Nutzungsmöglichkeit offensteht, diese mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit weitestgehend in Anspruch nimmt.
- 36
Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn bestimmte Personen das Leistungsangebot nutzen müssen, um eine öffentlich-rechtliche Pflicht zu erfüllen. Eine derartige Pflicht begründet die Anordnung, dass die Eigentümer bebauter oder baulich nutzbarer Grundstücke diese an eine kommunale Versorgungseinrichtung anschließen und die Versorgungsmöglichkeit nutzen müssen (Anschluss- und Benutzungszwang, vgl. Wernsmann, ZG 2015, 79 <89>). Kann der Einzelne dagegen frei darüber entscheiden, ob er eine Leistung in Anspruch nimmt, muss feststehen, dass die Mitglieder eines abgrenzbaren Personenkreises von der angebotenen Nutzungsmöglichkeit nahezu geschlossen Gebrauch machen. Daher ist es ausgeschlossen, Vorzugslasten bereits für die Bereitstellung kultureller, sozialer oder sportlicher Einrichtungen (z.B. Theater, Kindertagesstätten) oder des öffentlichen Personennahverkehrs zu erheben, für deren weitestgehende Inanspruchnahme durch alle angesprochenen Personen sich keine tragfähige tatsächliche Grundlage findet.
- 37
Demgegenüber stellt die Rundfunkempfangsmöglichkeit einen Vorteil dar, der Wohnungsinhabern individuell zugerechnet werden kann, weil nahezu alle von dieser Möglichkeit in ihrer Wohnung Gebrauch machen. Diese Annahme ist aufgrund des tatsächlichen Befunds berechtigt, dass Wohnungen weitestgehend mit Empfangsgeräten ausgestattet sind. Nach dem Jahrbuch des Statistischen Bundesamts für 2012 liegt der Anteil der privaten Haushalte mit Fernsehgeräten bei 96,2 %. Darüber hinaus verfügen 81 % der privaten Haushalte über einen stationären oder mobilen Personalcomputer, 77 % über Internetzugang und 72 % über einen Zugang zu einer Breitband-Internetverbindung (S. 174 und 204). Nach den Angaben in Media Perspektiven 1/2011 liegt die Ausstattung der privaten Haushalte mit Fernsehgeräten bei 97 %, mit einem Personalcomputer bei 77 % (S. 2 f.). Diese statistischen Erhebungen können auch ohne entsprechende Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts berücksichtigt werden, weil es sich um allgemeinkundige und damit offenkundige Tatsachen im Sinne von § 173 VwGO, § 291 ZPO handelt (vgl. BVerwG, Urteile vom 3. November 1992 - 9 C 21.92 - BVerwGE 91, 150 <153> und vom 21. Dezember 2011 - 6 C 18.10 - Buchholz 421 Kultur- und Schulwesen Nr. 138 Rn. 41).
- 38
Die statistischen Daten belegen die Behauptungen nicht, in Millionen privater Haushalte werde bewusst auf die Möglichkeit des Rundfunkempfangs verzichtet. Vielmehr lassen sie den Schluss zu, dass nahezu jeder beitragspflichtige Inhaber einer Wohnung dort Zugang zu einem Rundfunkempfangsgerät hat. Der Verbreitungsgrad neuartiger Empfangsgeräte lässt darauf schließen, dass die meisten der Bewohner der 3,8 % bzw. 3 % der Wohnungen ohne Fernsehgerät Zugang zu einem anderen für den Rundfunkempfang geeigneten Gerät haben. Es war bereits für die Rundfunkgebühr allgemein anerkannt, dass das Bereithalten eines empfangsbereiten Geräts darauf schließen lässt, dass es auch für den Programmempfang genutzt wird.
- 39
6. Die frühere Rundfunkgebühr, an deren Stelle seit 2013 der Rundfunkbeitrag getreten ist, knüpfte die Rundfunkgebührenpflicht an das Bereithalten eines empfangsbereiten Rundfunkempfangsgeräts (§ 2 Abs. 2 i.V.m. § 1 Abs. 1 und 2 des Rundfunkgebührenstaatsvertrags - RGebStV - in der Fassung des Staatsvertrags über den Rundfunk im vereinten Deutschland vom 31. August 1991, GV. NRW. S. 408). Die Rundfunkgebühr setzte sich aus der Grundgebühr, die für das Bereithalten eines Hörfunkgeräts, und der Fernsehgebühr, die für das Bereithalten eines Fernsehgeräts anfiel, zusammen (§ 2 Abs. 2 RGebStV). Es war allgemein anerkannt, dass das Erhebungsmerkmal des Gerätebesitzes grundsätzlich geeignet war, um den Vorteil der Rundfunkempfangsmöglichkeit zu erfassen und individuell zuzuordnen.
- 40
Das Merkmal des Bereithaltens eines Empfangsgeräts weist eine größere Nähe zu dem erfassten Vorteil als das Merkmal des Innehabens einer Wohnung auf. Dennoch hält sich die Entscheidung der Landesgesetzgeber, die gerätebezogene Rundfunkgebührenpflicht durch die wohnungsbezogene Rundfunkbeitragspflicht zu ersetzen, innerhalb des ihnen verfassungsrechtlich eröffneten Gestaltungsspielraums. Die tatsächliche Möglichkeit des Rundfunkempfangs setzt zwar selbstverständlich ein entsprechendes Empfangsgerät voraus. Das Innehaben einer Wohnung allein reicht nicht aus, Rundfunkprogramme zu empfangen. Der Gesetzgeber hat das Merkmal "Wohnung" gewählt, weil mit ihm der Inhaber der Wohnung als der Beitragsschuldner unschwer festgestellt werden kann. Dahinter steht aber die Vorstellung, dass der Inhaber einer Wohnung zugleich Besitzer von Rundfunkempfangsgeräten ist. Die nahezu lückenlose Ausstattung der Wohnungen mit Empfangs-, insbesondere Fernsehgeräten lässt den Schluss zu, dass die überwältigende Mehrheit der Wohnungsinhaber das Programmangebot typischerweise in ihrer Wohnung nutzt, dort jedenfalls Empfangsgeräte für eine auch mobile Nutzung außerhalb der Wohnung vorhält. Der Wechsel von dem Anknüpfungsmerkmal "Gerätebesitz" zum Anknüpfungsmerkmal "Wohnung" war sachlich gerechtfertigt, weil die Anknüpfung der Rundfunkgebührenpflicht an das Bereithalten eines Rundfunkempfangsgeräts eine zunehmende "Flucht aus der Rundfunkgebühr" ermöglichte. Dadurch war jedenfalls ernstlich zweifelhaft geworden, ob die Rundfunkgebührenpflicht noch mit dem Verfassungsgebot der Belastungsgleichheit der Abgabenpflichtigen (Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbar war. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verlangt dieses Gebot für die Erhebung von Steuern gesetzliche Erhebungstatbestände und deren Anwendung, die eine strukturell gleichmäßige Belastung der Steuerpflichtigen sicherstellen. Das durch Art. 3 Abs. 1 GG vorgegebene Ziel des gleichen Belastungserfolgs wird dauerhaft verfehlt, wenn die Steuer nur von denjenigen Steuerpflichtigen erhoben wird, die die hierfür erforderlichen Angaben freiwillig machen. Die Steuerpflicht darf faktisch nicht von der Bereitschaft abhängen, sie zu erfüllen. Dies ist der Fall, wenn sich die Steuerpflichtigen der Zahlung ohne Entdeckungsrisiko entziehen können (vgl. BVerfG, Urteile vom 27. Juni 1991 - 2 BvR 1493/89 - BVerfGE 84, 239 <271 ff.> und vom 9. März 2004 - 2 BvL 17/02 - BVerfGE 110, 94 <112 ff.>). Diese Rechtsgrundsätze gelten auch für die Erhebung von Vorzugslasten (BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2010 - 6 C 12.09 - Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 58 Rn. 52). Hier führt ein strukturelles Erhebungsdefizit der beschriebenen Art dazu, dass die Finanzierungskosten, die durch die Vorzugslast gedeckt werden sollen, nur auf einen Teil der Abgabenpflichtigen, nämlich die freiwilligen Zahler, umgelegt werden. Diese werden wegen des Ausfalls der Zahlungsunwilligen mit einem nicht vorteilsgerechten, weil rechtswidrig überhöhten Abgabensatz belastet.
- 41
Die gleichmäßige Erhebung der Rundfunkgebühr litt daran, dass der Gebührentatbestand des Bereithaltens eines Rundfunkempfangsgeräts gegen den Willen des Gerätebesitzers nicht verlässlich festgestellt werden konnte. Die Gebührenzahlung ließ sich dadurch vermeiden, dass ein Gerät nicht angezeigt wurde. Dies stellte zwar eine Ordnungswidrigkeit dar (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 RGebStV). Das Risiko, belangt zu werden, war aber gering, weil die Rundfunkanstalten keine hinreichende Aufklärungsmöglichkeit besaßen. Eine unangekündigte Nachschau in der Wohnung gegen den Willen des Inhabers war mangels gesetzlicher Ermächtigungsgrundlage nicht möglich. Auch wäre die Verhältnismäßigkeit dieses Eingriffs in die durch Art. 13 GG geschützte private Lebenssphäre der Wohnung fraglich gewesen. Bei mehreren Wohnungsinhabern bestand die Schwierigkeit, ein Gerät einer bestimmten Person zuzuordnen. Entscheidend kam hinzu, dass es unüberwindbare Schwierigkeiten bereitete, den Besitz multifunktionaler Empfangsgeräte (Personalcomputer, Smartphone u.a.) festzustellen. Derartige Geräte können in der Kleidung oder einer Tasche mitgeführt werden. Ihre Verbreitung hatte zur Folge, dass die Bereitschaft, ein Gerät anzumelden, weiter abnahm (vgl. LT-Drs. NW 15/1303 S. 34; Kirchhof, Gutachten über die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, Heidelberg, April 2010, S. 12 ff. und 48 ff.; Gall/Schneider, in: Hahn/Vesting, Beck'scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2012, RBStV, Vorbemerkung Rn. 2 ff.).“
- 42
Der Kläger kann sich zur Abwendung seiner Rundfunkbeitragspflicht nicht darauf, berufen, dass er oder andere Personen keine Rundfunkleistungen nutzen würden. Das Bundesverwaltungsgericht hat in den angeführten Entscheidungen vom 18.03.2016 hierzu u.a. Folgendes ausgeführt (vgl. z.B. 6 C 6.15, Rn 34 ff. nach juris):
- 43
„Die Rundfunkbeitragspflicht im privaten Bereich nach §§ 2 ff. RBStV hat zwangsläufig zur Folge, dass auch Wohnungsinhaber beitragspflichtig sind, die bewusst auf eine Rundfunkempfangsmöglichkeit verzichten. Eine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht sieht der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag hierfür nicht vor; der Verzicht erfüllt nicht den Befreiungstatbestand des unzumutbaren Härtefalles im Sinne von § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV (vgl. unter 1.). Diese Ungleichbehandlung stellt keine gleichheitswidrige Benachteiligung dar, weil sie sachlich gerechtfertigt ist.
- 44
Dem Gesetzgeber ist ein weitreichender Gestaltungsspielraum für Entscheidungen darüber eröffnet, welche Sachverhalte er abgabenrechtlich unterschiedlich oder trotz vorhandener Unterschiede gleich behandelt. Er ist auch berechtigt, aus sachlichen Gründen von übermäßigen Differenzierungen abzusehen (Typisierungsbefugnis). Eine Gleichbehandlung unterschiedlicher Sachverhalte muss sich realitätsgerecht an der allgemeinen Fallgestaltung orientieren. Je größer der zahlenmäßige Anteil einer atypischen Sachverhaltskonstellation ist und je stärker die Abweichungen ins Gewicht fallen, desto mehr spricht für ihre Berücksichtigung bei der Abgabenerhebung. Dagegen sprechende Gründe können sich insbesondere aus der Schwierigkeit der praktischen Erfassung ergeben. Der Gesetzgeber darf das Erhebungsverfahren auf Kosten der Einzelfallgerechtigkeit vereinfachen, um einen unverhältnismäßigen Ermittlungsaufwand zu vermeiden. Es gilt der allgemeine Grundsatz, dass die Vorteile der Typisierung im rechten Verhältnis zu der damit notgedrungen verbundenen Ungleichheit stehen müssen (stRspr, vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 25. Juni 2014 - 1 BvR 668, 2104/10 - BVerfGE 137, 1 Rn. 50).
- 45
Danach durften die Landesgesetzgeber die Rundfunkbeitragspflicht von Personen, die bewusst auf eine Rundfunkempfangsmöglichkeit verzichten, als "kleineres Übel" in Kauf nehmen, um die zunehmende "Flucht aus der Rundfunkgebühr" zu beenden. Wie soeben unter 6. dargelegt, war die Ablösung der gerätebezogenen Rundfunkgebührenpflicht durch die wohnungsbezogene Rundfunkbeitragspflicht sachgerecht, wenn nicht geboten, um die verfassungsrechtlich notwendige gleichmäßige Belastung aller Personen mit Rundfunkempfangsmöglichkeit zu gewährleisten. Dieses Ziel der Landesgesetzgeber könnte nicht erreicht werden, wenn Wohnungsinhaber aufgrund der Behauptung, nicht über eine Rundfunkempfangsmöglichkeit zu verfügen, von der Beitragspflicht befreit werden müssten, sofern der Rundfunkanstalt der Nachweis des Gerätebesitzes nicht gelingt. Dies würde in der Sache eine Rückkehr zur gerätebezogenen Rundfunkgebührenpflicht bedeuten, die die Landesgesetzgeber wegen des drohenden strukturellen Erhebungsdefizits aufgeben durften.
- 46
Eine Beitragsbefreiung, die den Wohnungsinhabern die Beweislast für das Fehlen einer Rundfunkempfangsmöglichkeit auferlegt, ist nicht sinnvoll, weil dieser Nachweis nicht erbracht werden kann. Es lässt sich nicht verlässlich feststellen, ob eine entsprechende Angabe glaubhaft ist. Persönliche Erklärungen bis hin zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung stellen stets nur Momentaufnahmen dar, die keinen hinreichend sicheren Schluss auf das künftige Verhalten zulassen. Unangekündigte Nachschauen in der Wohnung stellen einen Eingriff in die grundrechtlich geschützte private Lebenssphäre dar und sind mit einem erheblichen Verwaltungsaufwand verbunden. Darüber hinaus können Empfangsgeräte nicht entdeckt werden, wenn sie in Kleidung oder Taschen mitgeführt werden. Das Fehlen eines sichtbaren Empfangsgeräts in der Wohnung schließt nicht aus, dass ein empfangstaugliches multifunktionales Gerät zur Verfügung steht (vgl. VerfGH München, Entscheidung vom 15. Mai 2014 - Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 - NJW 2014, 3215 Rn. 112).
- 47
Darüber hinaus handelt es sich bei den bewussten "Rundfunkverweigerern" nach den statistisch belegten, allgemeinkundigen Tatsachen um eine Gruppe, die im Verhältnis zu der Gesamtheit der Wohnungsinhaber sehr klein sein muss. Nach dem statistischen Befund verfügen 3 % bzw. 3,8 % der privaten Haushalte nicht über ein Fernsehgerät. Angesichts des statistisch festgestellten Verbreitungsgrades multifunktionaler Empfangsgeräte ist anzunehmen, dass auch die Inhaber dieser Wohnungen weitestgehend Rundfunkprogramme empfangen können (vgl. unter 5.).“
- 48
Das erkennende Gericht schließt sich diesen Ausführungen an.
- 49
Das Gericht folgt dem Kläger auch nicht, wenn er vorträgt, dass es für die Annahme der flächendeckenden Verbreitung von Rundfunkempfangsmöglichkeiten an hinreichend aussagekräftigen Daten fehle. Namentlich meint der Kläger, dass diese gesondert für jedes (Bundes)Land erhoben werden müssten und nur landesspezifische Daten den Entscheidungen der jeweiligen Landesgesetzgeber zugrunde gelegt werden dürfen.
- 50
Gesetzgeberischer Darlegungen zum Gerätebestand in Schleswig-Holstein bedurfte es nach Auffassung des Gerichts für die Wirksamkeit des Zustimmungsgesetzes nicht. Zum einen ist der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag als Staatsvertrag auf die Ratifizierung in sämtlichen Ländern der Bundesrepublik Deutschland und damit auf das ganze Bundesgebiet angelegt. Zum anderen sich keinerlei belastbare Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass es hinsichtlich der Ausstattung mit Empfangsgeräten in den einzelnen Ländern der Bundesrepublik derart signifikante Unterschiede gäbe, die eine gesonderte Betrachtung für jedes Land gebieten würde (vgl. VG Köln, Urt. v. 27.10.2016 – 6 K 6497/15 – juris, m.w.N.). Vielmehr belegen die vom Statistikamt Nord im Jahr 2013 für Schleswig-Holstein erhobenen und veröffentlichten Daten
- 51
(vgl. Einkommens- und Verbrauchsstichprobe in Schleswig-Holstein 2013 – Ausstattung und Wohnsituation privater Haushalte, Seite 8, abrufbar unter: https://www.statistik-nord.de/zahlen-fakten/private-haushalte-familien-erwerbstaetige-(mikrozensus)/private-haushalte-familien-erwerbstaetige-(mikrozensus)/dokumentenansicht/wirtschaftsrechnungen-in-schleswig-holstein/),
- 52
dass die Ausstattung private Haushalte mit einem Fernseher mit einem Grad von 95,94 % nahezu deckungsgleich mit dem Ausstattungsgrad für das Bundesgebiet ist, den das Bundesverwaltungsgericht in den benannten Entscheidungen für das Jahr 2012 angeführt hat (zum Stichtag 01.01.2012 verfügten 96,2 % der Haushalte über ein Fernsehgerät). Laut Statistischem Jahrbuch ist dieser Wert zum 01.01.2017 im Übrigen auf 97,8 % gestiegen
- 53
(vgl. https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/EinkommenKonsumLebensbedingungen/AusstattungGebrauchsguetern/Tabellen/Gebietsstaende_Unterhaltungselektronik.html).
- 54
Die Daten des Statistikamts Nord tragen nach der Bewertung des Gerichts auch in Schleswig-Holstein die Annahme der nahezu flächendeckenden Verbreitung von Empfangsgeräten in privaten Haushalten. Danach lag der Verbreitungsgrad von PCs im Jahr bei 88,76 % und der von Internetanschlüssen (auch mobil) bei 81,58 %.
- 56
(vgl. https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/EinkommenKonsumLebensbedingungen/AusstattungGebrauchsguetern/Tabellen/Gebietsstaende_Infotechnik.html).
- 57
Auch in Bezug auf Mobiltelefone, die weitestgehend als multifunktionale Geräte mit Empfangsmöglichkeit von Radio- und Internetangeboten vertrieben werden, lag der Ausstattungsgrad in Schleswig-Holstein im Jahr 2013 bei 93,55 %. Bundesweit lag dieser Wert zu 01.01.2017 bei 95,5 %
- 58
(vgl. https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/EinkommenKonsumLebensbedingungen/AusstattungGebrauchsguetern/Tabellen/Gebietsstaende_Infotechnik.html).
- 59
Nach Überzeugung des Gerichts darf nicht auf eine einzelne Kategorie von Empfangsgeräten abgestellt werden, diese sind vielmehr zum Teil kumulativ vorhanden. Es besteht jedenfalls eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass in Haushalten ohne Fernsehgerät ein internetfähiger PC oder ein Mobiltelefon mit Empfangsmöglichkeit vorhanden ist. Ausgehend hiervon ist die Annahme des nahezu flächendeckenden Vorhaltens mit Empfangsmöglichkeiten für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk hinreichend statistisch belegt.
- 60
Es liegt auch kein Verstoß gegen das Zitiergebot nach Art. 19 Abs. 1 Satz 2GG vor. Dieses gilt nur für die Gesetze, die darauf abzielen, ein Grundrecht über die in ihm selbst angelegten Grenzen hinaus einzuschränken (vgl. BVerfG, Entscheidungen v. 11.06.1958 - C 1 BvR 569/56 – und vom 18.02.1970 2 BvR 531/86 - jeweils juris). Eine solche Einschränkung liegt hier nicht vor, was sich aus der obigen Verneinung eines Grundrechtsverstoßes unter ergibt. Für die Beschränkung der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG gilt das Zitiergebot nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ohnehin nicht, da dieses Grundrecht von vornherein nur unter dem Vorbehalt der verfassungsmäßigen Ordnung gewährleistet ist. Auch einen Verstoß gegen das Zitiergebot erkennt das Gericht mangels ausdrücklichen Hinweises auf eine Einschränkung von Art. 3 GG nicht.
- 61
Eine Beschneidung der Rechtsschutzgarantie aus Art. 19 Abs. 4 GG ist auch nicht darin zu sehen, dass mit einer gerichtlichen Überprüfung eines Festsetzungsbescheids stets ein Säumniszuschlag in Höhe von 8,- Euro in Kauf genommen werden muss. Die Beschreitung des Rechtsweges ist nicht unzumutbar, wenn die Beschwerdeführer einen Beitragsbescheid gegen sich ergehen lassen müssen, um fachgerichtlichen Rechtsschutz geltend machen zu können (vgl. OVG Bautzen, Beschl. v. 24.06.2016 - 3 A 384/15 - juris; VGH Mannheim, Urt. v. 03.03.2016 - 2 S 896/15 - juris). Unzumutbar ist die Beschreitung des Rechtsweges erst dann, wenn der Betroffene zunächst gegen eine Norm verstoßen müsste, um damit die Auferlegung einer Geldbuße zu provozieren und dann im Verfahren gegen den Bußgeldbescheid inzident die Verfassungswidrigkeit der Norm zu beanstanden (vgl. BVerfGE 81, 70 <82 f.>; 97, 157 <165>). Die bloße Erwirkung eines Rundfunkbeitragsbescheides ist damit jedoch nicht vergleichbar. Im Übrigen kann der Betroffene der Verwirkung eines Säumniszuschlags auch dadurch entgehen, dass er den streitigen Beitrag einstweilen entrichtet und später, seinen (vermeintlichen) Erstattungsanspruch nach § 10 Abs. 3 Satz 1 RBStV geltend macht. Angesichts der – auch bei längerer Dauer eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens – überschaubaren Höhe der einstweilen zu zahlenden Rundbeiträge ist es den Rundfunkteilnehmern durchaus zumutbar den geringen monatlichen Rundfunkbeitrag zunächst zu leisten und auf Erstattung etwaig überzahlter Beiträge zu klagen. Das ist vom Rundfunkgesetzgeber so vorgesehen worden, weil nur auf diese Weise beträchtliche Nachteile zulasten aller Rundfunkteilnehmer vermieden werden und der einzelne Rundfunkteilnehmer zugleich vor erheblichen Nachzahlungen, wie sie hier auf den Kläger zukommen, geschützt wird.
- 62
Auch die vom Kläger geltend gemachte Verletzung des Bestimmtheitsgrundsatzes mit der Argumentation, der Gesetzgeber müsse die Höhe des Beitrags in ein und demselben Gesetzestext selbst niederlegen, liegt das nach Auffassung des Gerichts nicht vor. Im hier maßgebenden Zeitraum betrug der Rundfunkbeitrag monatlich 17,98 € bzw. 17,50 € (§ 8 des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrags in der jeweils geltenden Fassung). Dass das Verfahren, in dem die Höhe des Beitrags ermittelt wird, und dessen Bestimmung nicht im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag selbst, sondern im Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag geregelt ist, stellt den aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitenden Grundsatz der Normenklarheit nicht in Frage (BVerwG, Urt. v. 19.09.2016 - 6 C 19/16 -; vgl. auch VGH Mannheim, Urt. v. 03.03.2016 - 2 S 896/15 -, beide zitiert nach juris).
- 63
Auch die Finanzierung der Zulassungs- und Aufsichtstätigkeit der Landesmedienanstalten gegenüber privaten Rundfunkveranstaltern, für die nach § 1 RBStV, § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RBStV, § 10 Abs. 1 RFinStV 1,8989 % des Beitragsaufkommens vorgesehen sind, war schon von dem Finanzierungszweck der Rundfunkgebühr gedeckt (BVerwG, Urt. v. 09.12.1998 – 6 C 13.97 – BVerwGE 108, 108 <117 ff.>). Das gilt gleichermaßen für den Rundfunkbeitrag (BVerwG, Urt. v. 19.09.2016 – 6 C 19/16 – juris). Eine Finanzierung durch staatliche Zuschüsse oder durch die beaufsichtigten privaten Rundfunkveranstalter würde Möglichkeiten der Einflussnahme eröffnen, die die Meinungsvielfalt tendenziell gefährden (BVerfG, Urt. v. 04.11.1986 – 1 BvF 1/84 – BVerfGE 73, 118 <158 ff.>).
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Zur Abwendung der Rundfunkbeitragspflicht kann sich der Kläger schließlich nicht auf die Gewissensfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) bzw. Art. 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) berufen.
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Die Erhebung von Rundfunkbeiträgen verstößt nach allgemeiner Auffassung in der Rechtsprechung, der sich das erkennende Gericht anschließt, weder gegen die in Art. 4 Abs. 1 GG gewährleistete Glaubens- und Gewissensfreiheit noch gegen das in Art. 9 EMRK gewährleistete Recht auf Gewissens- und Religionsfreiheit. Eine Gewissensentscheidung im Sinne des Art. 4 Abs. 1 GG ist nach der Definition des Bundesverfassungsgerichts eine ernste, sittliche, d.h. an den Kriterien von „Gut“ und „Böse“ orientierte Entscheidung, die der Einzelne in einer bestimmten Lage als für sich bindend und unbedingt verpflichtend erfährt, so dass er gegen sie nicht ohne ernste Gewissensnot handeln könnte (vgl. BVerfG, Entscheidung v. 20.12.1960 - 1 BvL 21/60 -; Urt. v. 13.04.1978 - 2 BvF 1/77, 2/77, 4/77, 5/77 - jeweils nach juris).
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Selbst wenn es Sendungen geben sollte, die mit dem Gewissen des Beitragspflichtigen nicht in Einklang stehen, würde dies der Beitragspflicht nicht entgegenstehen. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist bereits geklärt, dass die Pflicht zur Steuerzahlung den Schutzbereich des Grundrechts der Gewissensfreiheit nicht berührt (so BVerfG, Beschl. v. 26.08.1992 - 2 BvR 478/92 - juris und Beschl. v. 02.06.2003 - 2 BvR 1775/02 - juris; Germann, in: Beck’scher Online-Kommentar Grundgesetz, Stand: 01.09.2016, Art. 4 Rn 90.3 m.w.N.). Auch wenn es sich bei dem Rundfunkbeitrag nicht um eine Steuer, sondern um einen Beitrag im abgabenrechtlichen Sinne handelt, lässt sich diese Rechtsprechung auf ihn übertragen. Zwar wird der Beitrag – anders als die Steuer – zu einem konkreten Zweck, nämlich der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, erhoben. Allerdings steht auch hier nicht fest, für welche Programme und Programminhalte der Beitrag des jeweiligen Schuldners verwendet wird. Der Beitragsschuldner, der sich auf seine Glaubens- und Gewissensfreiheit beruft, kann nicht davon ausgehen, dass sein konkreter Beitrag für Sendungen verwendet wird, deren Inhalt er aus Glaubens- oder Gewissensgründen ablehnt (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 16.11.2015 - 7 A 10455/15 - juris). Die Zahlung einer Abgabe wie des Rundfunkbeitrags als solche ist demgegenüber nicht mit der Äußerung eines weltanschaulichen oder religiösen Bekenntnisses verbunden. Der Schutzbereich des Art. 4 Abs. 1 GG sowie des Art. 9 EMRK wird durch die Beitragserhebung als solche nicht tangiert (ebenso OVG Münster, Urt. v. 12.03.2015 - 2 A 2311/14 - juris; vgl. auch VG Berlin, Urt. v. 22.04.2015 - 27 K 310.14 - juris; VG Hamburg, Urt. v. 17.07.2014 - 3 K 5371/14 - juris; VG Augsburg, Urt. v. 11.07.2016 - Au 7 K 16.263 - juris; VG München, Urt. v. 08.07.2016 - M 26 K 16.707 - juris).
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Nach diesen Ausführungen besteht keine Veranlassung, das Verfahren auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG vorzulegen. Das erkennende Gericht hält die im vorliegenden Fall entscheidungserheblichen Vorschriften des RBStV nicht für verfassungswidrig.
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Die Erhebung des Säumniszuschlags unterliegt ebenfalls keinen Bedenken. Rechtsgrundlage für die Erhebung eines Säumniszuschlags ist § 11 Abs. 1 der Rundfunkbeitragssatzung, die auf § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Alt. 3 RBStV beruht. Die Rundfunkbeitragspflicht entsteht kraft Gesetzes. Der Erlass eines Bescheids ist daher grundsätzlich nicht erforderlich, um die Rundfunkbeitragspflicht auszulösen. Diese beginnt vielmehr mit dem Ersten des Monats, in dem der Beitragsschuldner erstmals die Wohnung innehat. Der Rundfunkbeitrag ist monatlich geschuldet und in der Mitte eines Dreimonatszeitraums für jeweils drei Monate zu leisten (s. § 7 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 2 RBStV). Ferner wird, wenn Rundfunkbeiträge nicht innerhalb von vier Wochen nach Fälligkeit in voller Höhe entrichtet werden, ein Säumniszuschlag in Höhe von einem Prozent der rückständigen Beitragsschuld, mindestens aber ein Betrag von 8,00 € fällig (§ 11 Abs. 1 der Rundfunkbeitragssatzung).
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Im Rahmen des vorliegenden Verfahrens ist im Übrigen nicht zu prüfen und zu entscheiden, ob etwaige Programmkritik bzw. etwaige Vorwürfe hinsichtlich fehlender Unabhängigkeit oder Wettbewerbsverzerrungen zutreffen. Solches lässt die Rundfunkbeitragspflicht selbst unberührt. Es ist zunächst Aufgabe der hierzu berufenen Gremien, insbesondere der Programmkommission und der Rundfunkräte, über die ordnungsgemäße Erfüllung der gesetzlich bestimmten Aufgaben der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu wachen und erforderlichenfalls entsprechend Einfluss, etwa auf die Programmgestaltung zu nehmen (vgl. VG München, Urt. v. 03.08.2016 – M 26 K 16.60 – juris, m.w.N.):
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Der Wirksamkeit der angefochtenen Bescheide steht auch nicht entgegen, dass diese nach Ansicht des Klägers nicht von einer Behörde erlassen worden seien. Der Beklagte ist bei der unter Einschaltung des Beitragsservice erfolgten Festsetzung der Rundfunkbeiträge und der Entscheidung über den Widerspruch als Behörde hoheitlich tätig geworden. Zwar hat das Landgericht Tübingen in einem im Rahmen eines zivilrechtlichen Vollstreckungsverfahrens ergangenen Beschluss vom 16.09.2016 (Az.: 5 T 232/16, juris) u.a. die Rechtsauffassung vertreten, dass der auftretenden Rundfunkanstalt insgesamt die Behördeneigenschaft fehle. Diese Einschätzung teilt die Kammer in ständiger Rechtsprechung nicht und schließt sich insoweit den folgenden Ausführungen des VGH Mannheim (Urt. v. 04.11.2016 – 2 S 548/16 - juris) vollumfänglich an, wobei die Annahmen für den Südwestrundfunk auf den Beigeladenen übertragbar sind:
- 71
„Diese Ausführungen teilt der Senat nicht, weil sie der gesetzlich eingeräumten Stellung des Beklagten bei der Festsetzung rückständiger Rundfunkbeiträge nicht gerecht werden.
- 72
Die Frage, ob der Beklagte „als Behörde“ gehandelt hat oder nicht, lässt sich im Ausgangspunkt nicht einfach nach einem abstrakt zugrunde gelegten Behördenbegriff beantworten. Für die rechtliche Einordnung kommt es zunächst einmal darauf an, ob der Beklagte im konkreten Fall - hier bei der Festsetzung von Rundfunkbeiträgen - öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich gehandelt hat. Der Umstand, dass die Tätigkeit des Beklagten als Rundfunkanstalt insgesamt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 27.07.1971 - 2 BvF 1/68, 2 BvR 72 BvR 702/68 -, juris Rdnr. 37 und 38 m.w.N.) eine „Aufgabe der öffentlichen Verwaltung“ darstellt, hat hierfür - nur, aber immerhin - indizielle Bedeutung (BVerwG, Urteil vom 03.08.1989 - 3 C 52.87 -, juris Rdnr. 25ff; BGH, Urteil vom 05.02.1993 - V ZR 62/91 -, juris Rdnr. 10). Denn für die maßgebliche Abgrenzung ist hiermit noch nicht viel gewonnen, weil eine öffentliche Aufgabe auch in privatrechtlichen Handlungsformen erfüllt werden kann. Maßgeblich kommt es daher darauf an, ob das Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten - hier dem Beklagten und der Klägerin als Beitragsschuldnerin - öffentlich-rechtlich ausgestaltet ist, m.a.W. seine Grundlage im öffentlichen Recht hat. Dies ist der Fall, wenn die Beteiligten zueinander in einem hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung stehen und sich der Träger hoheitlicher Gewalt besonderer, nicht für jedermann geltender, sondern ihn einseitig berechtigender Rechtssätze des öffentlichen Rechts bedient (BVerwG, Beschluss vom 02.05.2007 - 6 B 10.07 -, BVerwGE 129, 9ff = juris Rdnr. 4 m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen hier vor, weil der Beklagte aufgrund der ihn als Anstalt öffentlichen Rechts einseitig berechtigenden Befugnis zur Festsetzung rückständiger Rundfunkbeiträge (§ 10 Abs. 5 RBStV) gehandelt hat, welche ihm eine öffentlich-rechtliche Handlungsbefugnis dahingehend einräumt, sich der Handlungsform eines Verwaltungsaktes zu bedienen. Dementsprechend weisen die streitgegenständlichen Bescheide - trotz ihrer „kundenfreundlichen“ Formulierungsanteile - auch formal alle Kennzeichen eines Verwaltungsakts auf: Sie werden als Bescheide bezeichnet, enthalten eine Rechtsmittelbelehrung und setzen den rückständigen Betrag einseitig gegenüber der Klägerin als Beitragsschuldnerin fest.
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Da der Beklagte bei dem Erlass der Festsetzungsbescheide wie ausgeführt öffentlich-rechtlich gehandelt und sich hierbei der Handlungsform des Verwaltungsakts bedient hat, ist auch eine „Verwaltungstätigkeit einer Behörde“ i.S.d. § 1 Abs. 1 LVwVfG anzunehmen. Nach § 1 Abs. 2 LVwVfG ist „Behörde“ i.S. des LVwVfG jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt. Dabei legt das LVwVfG keinen organisationsrechtlichen, auf die Bezeichnung der handelnden Stelle abstellenden Behördenbegriff zugrunde, sondern versteht den Behördenbegriff funktionell in dem Sinne, dass „Behörde“ alle mit hinreichender organisatorischer Selbständigkeit ausgestatteten Einrichtungen sind, denen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung und entsprechende Zuständigkeiten zur eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung nach außen übertragen sind (so für § 1 Abs. 4 VwVfG Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 1 Rdnr. 51 m.w.N.; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 1 Rdnr. 230). Auch der Landesgesetzgeber ist bei der Einführung des LVwVfG von diesem Verständnis ausgegangen. In der Begründung zum LVwVfG heißt es in diesem Zusammenhang zu § 1 Abs. 2: „Mit der Definition des Gesetzes sollen nicht nur Organisationseinheiten der Verwaltung im organisatorischen Sinne erfasst werden, sondern auch solche natürlichen und juristischen Personen, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen, auch die sogenannten Beliehenen“ (LT-Drs. 7/820 S. 68). Soweit für den Begriff der funktionellen Behörde eine gewisse organisatorische Selbständigkeit der handelnden Stelle verlangt wird (Kopp/Ramsauer a.a.O. Rdnr. 53 und Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O. Rdnr. 238), liegt diese beim Beklagten ersichtlich vor.
- 74
Dem Rückgriff auf den Behördenbegriff des § 1 Abs. 2 LVwVfG steht hier nicht im Wege, dass § 2 Abs. 1 LVwVfG die Anwendung dieses Gesetzes für die Tätigkeit des Südwestrundfunks ausschließt. Denn der Landesgesetzgeber hat diese Ausnahme maßgebend damit begründet (LT-Drs. 7/820, S. 68 und 69), dass die Anwendung des Gesetzes bei den Rundfunkanstalten Schwierigkeiten bereiten würde, soweit die Anstalten über Ländergrenzen hinweg tätig werden müssten; außerdem sei das Verfahren der Rundfunkanstalten über den Gebühreneinzug spezialgesetzlich geregelt. Beide Begründungselemente betreffen der Sache nach nicht die Frage der Behördeneigenschaft des Beklagten. Unabhängig davon lässt sich diese Frage mit Blick auf die Regelungen in § 1 Abs. 4 VwVfG (und in entsprechenden Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder) aufgrund der hierzu vorliegenden Literatur und Rechtsprechung inzwischen in Form eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes beantworten. In einem solchen Fall ist ein Rückgriff auf das LVwVfG aber trotz des für die Tätigkeit des Südwestrundfunks ausgesprochenen Ausschlusses in § 2 Abs. 1 LVwVfG möglich (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 19.06.2008 - 2 S 1431/08 -, juris Rdnr. 6).27Entgegen der Annahme des Landgerichts Tübingen in dem Beschluss vom 16.09.2016 lässt sich die Behördeneigenschaft des Beklagten hier nicht ganz grundsätzlich mit der Erwägung in Zweifel ziehen, dass dieser nach außen hin - etwa auf seiner Homepage - als Unternehmen auftrete und auch im Wesentlichen unternehmerisch handele und gestalte. Selbst wenn dies so sein sollte, ändert es nichts daran, dass der Beklagte jedenfalls bei der Festsetzung rückständiger Rundfunkbeiträge i.S.v. § 10 Abs. 5 Satz 1 RBStV als Behörde handeln durfte, gehandelt hat und weiterhin handelt. Das Bundesverfassungsgericht hat im 2. Rundfunkurteil (Beschluss vom 27.07.1971 - 2 BvF 1/68, 2 BvR 72 BvR 702/68 - juris Rdnr. 33ff) im Einzelnen dargelegt, dass der Rundfunk „als Sache der Allgemeinheit“ und mithin als „öffentlich-rechtliche Aufgabe“ in voller Unabhängigkeit überparteilich betrieben und von jeder staatlichen Beeinflussung freigehalten werden müsse. Wegen des in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verankerten verfassungsrechtlichen Gebots der Staatsferne darf der Staat einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht selbst („unmittelbar“) zur Verfügung stellen. Diese Aufgabe ist daher den Rundfunkanstalten - als rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts - übertragen. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts ändert dies aber nichts daran, dass die Rundfunkanstalten bei der Veranstaltung von Rundfunk insgesamt „Aufgaben der öffentlichen Verwaltung“ erfüllen, deren Wahrnehmung dem Staat selbst verfassungsrechtlich verwehrt ist (BVerfG, Beschluss vom 27.07.1971, a.a.O. Rdnr. 38). Der Umstand, dass die Rundfunkanstalten als Träger des Grundrechts aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ihrerseits in einer Gegenposition zum Staat stehen, hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Urteil vom 13.12.1984 - 7 C 139.81 -, juris Rdnr. 28) veranlasst festzustellen, dass sie nicht als Teil der staatlichen Organisation betrachtet werden könnten. Diese Feststellung bezieht sich jedoch ausdrücklich auf die in dem Urteil vom 13.12.1984 konkret in Frage stehende Tätigkeit der „Veranstaltungen von Rundfunksendungen“, welche weder unmittelbare noch mittelbare Staatsverwaltung sei. Es braucht hier nicht näher ausgeführt zu werden, ob und inwiefern sich diese Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts mit der Feststellung des Bundesverfassungsgerichts vereinbaren lassen, die Rundfunkveranstaltung insgesamt - also auch die Veranstaltung von Rundfunksendungen - sei eine Aufgabe der öffentlichen Verwaltung. Jedenfalls geht es bei der hier in Rede stehenden, durch den RBStV den Rundfunkanstalten eingeräumten Möglichkeit der Festsetzung rückständiger Rundfunkbeiträge auch unter Zugrundelegung der vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Maßstäbe nicht um eine - hinsichtlich des Begriffs der „Staatsverwaltung“ allenfalls problematische - „Veranstaltung von Rundfunksendungen“, sondern um die hoheitlich organisierte Einziehung öffentlich-rechtlicher Finanzierungsbeiträge und damit um eine klassische Aufgabe der öffentlichen Verwaltung.28Mit Blick auf die vorstehenden Ausführungen erfüllt der Beklagte bei der Festsetzung rückständiger Rundfunkbeiträge auch ohne weiteres den allgemeinen Behördenbegriff, welchen das Landgericht Tübingen in seiner Entscheidung vom 16.09.2016 (a.a.O. Rdnr. 28, allerdings zum Begriff der Vollstreckungsbehörde) maßgeblich herangezogen hat. Danach liegt eine Behörde nur vor, wenn es sich um eine in den Organismus der Staatsverwaltung eingeordnete, organisatorische Einheit von Personen und sächlichen Mitteln handelt, die mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestattet und dazu berufen ist, unter öffentlicher Autorität für die Erreichung der Zwecke des Staates oder von ihm geförderter Zwecke tätig zu sein (BVerwG, Urteil vom 24.01.1991 - 2 C 16.88 -, juris Rdnr. 22 und VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 20.04.1995 - 4 S 3134/94 -, juris Rdnr. 5). Alle diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.“
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Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Beschlüsse des LG Tübingen vom 16.09.2016 – 5 T 232/16 – und vom 20.09.2016 – 5 T 143/16 vom Bundesgerichtshof mit Beschlüssen vom 14.06.2017 – I ZB 87/16, juris – und vom 27.04.2017, I ZB 91/16 – aufgehoben wurden.
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III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht gem. § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Mit Rundfunkbeitragsbescheid vom 1. Juni 2013 setzte der Beklagte gegenüber dem Kläger für den Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis zum 31. März 2013 Rundfunkbeiträge einschließlich eines Säumniszuschlags i.H.v. insgesamt 61,94 € fest.
3Der Kläger erhob am 18. Juni 2013 Widerspruch. Zur Begründung trug er vor, der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag sei verfassungswidrig. Insbesondere liege ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor.
4Mit Widerspruchsbescheid vom 11. September 2013 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.
5Der Kläger hat am 25. September 2013 Klage erhoben.
6Zur Begründung hat er vorgetragen, er habe weder einen Fernseher noch ein Radio. Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag sei verfassungswidrig. Es fehle an der Gesetzgebungskompetenz der Länder, weil es sich bei dem Rundfunkbeitrag um eine Steuer handele. Die Merkmale eines Beitrags seien nicht gegeben. Die grundsätzliche Möglichkeit der Rundfunknutzung sei mit dem schlichten Innehaben einer Wohnung noch nicht gegeben. Hierzu sei nach wie vor ein Rundfunkempfangsgerät erforderlich. Eine dem entgegenstehende gesetzliche Vermutung, wie sie der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag vorsehe, sei nicht zu begründen. Weiterhin verstoße der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Die Vermutung, dass in jeder Wohnung auch Rundfunkempfang stattfindet, sei willkürlich. Zudem sei auch außerhalb einer Wohnung Rundfunkempfang nicht ausgeschlossen. Diejenigen, die kein Rundfunkempfangsgerät vorhielten, würden ohne sachlichen Grund denjenigen gleichgestellt, die dies täten. Der Hinweis auf die Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers im Bereich der Massenverfahren sei als sachlicher Grund nicht ausreichend.
7Der Kläger hat beantragt,
8den Bescheid des Beklagten vom 1. Juni 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. September 2013 aufzuheben.
9Der Beklagte hat beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Er hat vorgetragen, der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag sei verfassungsgemäß. Der Rundfunkbeitrag sei keine Steuer. Es handele sich bei ihm um eine Vorzugslast für einen individual- bzw. gruppennützigen Sondervorteil. Die individuell zurechenbare Leistung stelle die Möglichkeit der Nutzung von Rundfunk dar, die bei der Inhaberschaft einer Wohnung/Betriebsstätte vermutet werde. Auch sei der Rundfunkbeitrag konkret dazu bestimmt, den öffentlichen Rundfunk zu finanzieren. Der gesamtgesellschaftliche Nutzen des Rundfunkbeitrags gehe nicht dadurch verloren, dass eine verschwindende Minderheit der Bevölkerung kein eigenes Rundfunkempfangsgerät oder lediglich ein Radiogerät besitze. Art. 3 Abs. 1 GG sei nicht verletzt. Das Innehaben einer ortsfesten Raumeinheit (Wohnung und Betriebsstätte) bzw. mobilen Raumeinheit (Kraftfahrzeug) und die dort gegebene Möglichkeit, Rundfunkinhalte zu konsumieren, seien sachlich gerechtfertigte Anknüpfungspunkte für die generelle Beitragspflicht. Dabei halte sich der Gesetzgeber im Rahmen einer zulässigen Typisierung. In Massenverfahren wie dem Rundfunkbeitragseinzug müsse der Gesetzgeber nicht jedem Einzelfall gerecht werden, um dem Gleichheitssatz zu genügen. Er habe hier einen weiten Gestaltungsspielraum. Heutzutage seien im Bundesgebiet im Prinzip keine Fälle mehr denkbar, in denen die Rundfunkrezeption objektiv ausgeschlossen sei.
12Mit Urteil vom 20. Oktober 2014 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der angegriffene Bescheid sei rechtmäßig. Die Regelungen des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags stünden mit höherrangigem Recht in Einklang.
13Der Kläger hat am 14. November 2014 Berufung gegen das ihm am 28. Oktober 2014 zugestellte Urteil eingelegt.
14Zur Begründung wiederholt und vertieft er im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen zur Verfassungswidrigkeit des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags. Dazu verweist er insbesondere auch auf die Rechtsgutachten von Prof. Dr. Degenhart, K&R, Beihefter 1/2013 zu Heft 3, sowie von Prof. Dr. Koblenzer.
15Der Kläger beantragt,
16das angefochtene Urteil zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 1. Juni 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. September 2013 aufzuheben.
17Der Beklagte beantragt,
18die Berufung zurückzuweisen.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt des von dem Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgans Bezug genommen.
20E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
21Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.
22Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
23Der Rundfunkbeitragsbescheid des Beklagten vom 1. Juni 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. September 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
24Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung des Rundfunkbeitrags ist der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV) vom 13. Dezember 2011 (GV. NRW. S. 675), eingeführt durch den 15. Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge.
25Gemäß § 2 Abs. 1 RBStV ist im privaten Bereich für jede Wohnung von deren Inhaber (Beitragsschuldner) ein Rundfunkbeitrag zu entrichten. Die Pflicht zur Entrichtung des Rundfunkbeitrags beginnt mit dem Ersten des Monats, in dem der Beitragsschuldner erstmals die Wohnung innehat (§ 7 Abs. 1 Satz 1 RBStV). Rückständige Rundfunkbeiträge werden durch die zuständige Landesrundfunkanstalt festgesetzt (§ 10 Abs. 5 Satz 1 RBStV).
261. Diese einfachgesetzlichen Voraussetzungen liegen im Fall des Klägers vor, der im streitigen Beitragszeitraum Inhaber einer Wohnung war. Der Kläger ist auch weder gemäß § 4 Abs. 1 RBStV von der Beitragspflicht zu befreien noch ist ein besonderer Härtefall i.S.v. § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV gegeben, der zu seiner Befreiung von der Beitragspflicht führen könnte. Der Kläger hat eine derartige Befreiung auch nicht geltend gemacht. Dass der Kläger, wie er vorträgt, keinen Fernseher und kein Radio zum Rundfunkempfang bereithält, ist für die rein wohnungsbezogene Beitragserhebung nach dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag unerheblich. Die Befugnis des Beklagten zur Festsetzung eines Säumniszuschlags beruht auf § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 RBStV i.V.m. § 11 der WDR-Beitragssatzung.
27Mit dem Erlass des Beitragsbescheids ist effektiver Rechtsschutz i.S.d. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ohne Weiteres erlangbar. Würde der Kläger die Aufhebung des Beitragsbescheids wegen dessen Rechtswidrigkeit erreichen, würde auch kein Säumniszuschlag anfallen. Bei einem Unterliegen des Klägers wäre der Beitrag zu Recht erhoben worden und damit auch der Säumniszuschlag. In beiden Varianten ist die Rechtsschutzgarantie nicht beeinträchtigt.
282. Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag ist wirksam. Er steht mit allen seinen Regelungsteilen mit höherrangigem Recht in Einklang.
29a) Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag verstößt nicht gegen europarechtliche Vorgaben.
30aa) Der Rundfunkbeitrag ist keine unzulässige Beihilfe i.S.d. Art. 107 ff. AEUV.
31Nach Art. 107 Abs. 1 AEUV sind, soweit in den Verträgen nicht etwas anderes bestimmt ist, staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen. Die Kommission überprüft fortlaufend in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten die in diesen bestehenden Beihilferegelungen (Art. 108 Abs. 1Satz 1 AEUV). Stellt die Kommission fest, nachdem sie den Beteiligten eine Frist zur Äußerung gesetzt hat, dass eine von einem Staat oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfe mit dem Binnenmarkt nach Art. 107 AEUV unvereinbar ist oder dass sie missbräuchlich angewandt wird, so beschließt sie auf der Grundlage von Art. 108 Abs. 2 UAbs. 1 AEUV, dass der betreffende Staat sie binnen einer von ihr bestimmten Frist aufzuheben oder umzugestalten hat. Die Kommission wird von jeder beabsichtigten Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen so rechtzeitig unterrichtet, dass sie sich dazu äußern kann (Art. 108 Abs. 3 Satz 1 AEUV). Ist sie der Auffassung, dass ein derartiges Vorhaben nach Art. 107 AEUV mit dem Binnenmarkt unvereinbar ist, so leitet sie unverzüglich das in Art. 108 Abs. 2 AEUV vorgesehene Verfahren ein (Art. 108 Abs. 3 Satz 2 AEUV). Der betreffende Mitgliedstaat darf die beabsichtigte Maßnahme nicht durchführen, bevor die Kommission einen abschließenden Beschluss erlassen hat (Art. 108 Abs. 3Satz 3 AEUV). Näheres - u. a. zur Unterscheidung zwischen „bestehenden Beihilfen“ und „neuen Beihilfen“ bestimmt die Durchführungsverordnung VO (EG)Nr. 659/99. Art. 1 c) der VO (EG) Nr. 659/99 definiert „neue Beihilfen“ als alle Beihilfen, also Beihilferegelungen und Einzelbeihilfen, die keine bestehenden Beihilfen sind, einschließlich Änderungen bestehender Beihilfen. Nach Maßgabe von Art. 2 Abs. 1 VO (EG) Nr. 659/99 sind neue Beihilfen gegenüber der Kommission anmeldungspflichtig. Art. 3 VO (EG) Nr. 659/99 unterwirft anmeldungspflichtige neue Beihilfen einem Durchführungsverbot. Diese dürfen nicht eingeführt werden, bevor die Kommission eine Genehmigungsentscheidung erlassen hat oder die Beihilfe als genehmigt gilt. Demgegenüber unterliegen bestehende Beihilferegelungen i.S.v. Art. 1 b) VO (EG) Nr. 659/99 dem Überprüfungsverfahren der Art. 17 ff. VO (EG) Nr. 659/99. Gelangt die Kommission im Zuge eines derartigen Verfahrens zu dem Schluss, dass die bestehende Beihilferegelung mit dem gemeinsamen Markt nicht oder nicht mehr vereinbar ist, so schlägt sie dem betreffenden Mitgliedstaat gemäß Art. 18 VO (EG) Nr. 659/99 zweckdienliche Maßnahmen vor, die etwa auf die inhaltliche Änderung der Beihilferegelung oder auf deren Abschaffung gerichtet sein können.
32Davon ausgehend widerspricht der ab dem 1. Januar 2013 gemäß §§ 2 ff. RBStV für den privaten Bereich und nach §§ 5 f. RBStV im nicht privaten Bereich erhobene Rundfunkbeitrag nicht dem Regelungsregime der Art. 107 ff. AEUV i.V.m. der VO (EG) Nr. 659/99.
33Die Regelungen des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags mussten der Kommission jedenfalls nicht als beabsichtigte neue Beihilfe mit Durchführungsverbot gemäß Art. 108 Abs. 3 Satz 1 AEUV vorab gemeldet werden. Die Anmeldungspflicht betrifft - wie gesagt - nur neue Beihilfen, die damit einem präventiven Verbot mit Genehmigungsvorbehalt unterworfen werden. Bestehende Beihilfen werden hingegen gemäß Art. 108 Abs. 1 AEUV lediglich in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten fortlaufend überprüft. Sie unterfallen einer repressiven Kontrolle. Die Kommission ist aber bereits bei einer Überprüfung der früheren Gebührenfinanzierung mit Entscheidung vom 24. April 2007 - Az. K(2007) 1761 - zu der Auffassung gelangt, dass es sich bei den Finanzierungsregelungen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk um eine bestehende staatliche Beihilfe handele und dass die Bedenken in Bezug auf die Unvereinbarkeit mit dem gemeinsamen Markt durch die von Deutschland im Rahmen des Überprüfungsverfahrens eingegangenen Verpflichtungen ausgeräumt seien. Es deutet nichts darauf hin, dass die Änderungen des Finanzierungssystems durch den 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag nunmehr als Umwandlung in eine neue Beihilfe zu werten wären. Durch die Regelungen des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags werden weder die Art des Vorteils oder die Finanzierungsquelle noch das Ziel der Beihilfe, der Kreis der Begünstigten oder deren Tätigkeitsbereiche aus europarechtlicher Sicht wesentlich verändert. Europarechtlich gesehen ist der Übergang von der Rundfunkgebühr zum Rundfunkbeitrag kein Systemwechsel, der vor seinem Vollzug eine Prüfung durch die EU-Kommission erfordern würde. Auch mit Blick auf eventuell zu erwartende Mehreinnahmen aus dem Rundfunkbeitrag ist keine gegenüber dem früheren Gebührensystem beachtliche Änderung zu erkennen. Es ist durch § 3 Abs. 2 Satz 3 des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrags (RFinStV) abgesichert, dass keine Mehreinnahmen erzielt werden, die den extern geprüften und ermittelten Finanzbedarf des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf Dauer überschreiten.
34Vgl. zu alledem: BayVfGH, Entscheidung vom 15. Mai 2014 - Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 -, DVBl 2014, 848 = juris Rn. 89 f.; VG Stuttgart, Urteil vom 1. Oktober 2014 - 3 K 4897/13 -, juris Rn. 25 f.; VG Hamburg, Urteil vom 17. Juli 2014 - 3 K 5371/13 -, juris Rn. 65 ff.; zur Vereinbarkeit des Rundfunkgebührenrechts mit dem europäischen Beihilferecht: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 8. Mai 2008 - 2 S 2163/06 -, juris Rn. 28 ff.
35bb) Mit Blick auf diese eindeutige Rechtslage ist der Senat nicht verpflichtet und sieht auch sonst davon ab, das Verfahren auszusetzen und die Frage der Vereinbarkeit des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags mit dem Recht der Europäischen Union im Wege eines Vorabentscheidungsverfahrens gemäß Art. 267 AEUV dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen.
36Der EuGH entscheidet gemäß Art. 267 Abs. 1 a) AEUV im Wege der Vorabentscheidung über die Auslegung der Verträge. Wird eine derartige Frage einem Gericht eines Mitgliedstaats gestellt und hält dieses Gericht eine Entscheidung darüber zum Erlass seines Urteils für erforderlich, so kann es diese Frage aufgrund von Art. 267 Abs. 2 AEUV dem Gerichtshof zur Entscheidung vorlegen. Wird eine derartige Frage in einem schwebenden Verfahren bei einem einzelstaatlichen Gericht gestellt, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, so ist dieses Gericht zur Anrufung des Gerichtshofs verpflichtet (Art. 267 Abs. 3 AEUV).
37Die Beurteilung der Entscheidungserheblichkeit und Erforderlichkeit eines Vorabentscheidungsersuchens liegt grundsätzlich allein bei dem nationalen Gericht. Sie ist der Nachprüfung durch den EuGH entzogen. Dies folgt neben dem Wortlaut des Art. 267 Abs. 2 AEUV daraus, dass es das nationale Gericht ist, das allein über eine unmittelbare Kenntnis des Sachverhalts und der von den Parteien vorgetragenen Argumente verfügt und die Verantwortung für die letzten Endes zu fällende Entscheidung zu tragen hat. Eine Vorlagepflicht trifft innerstaatliche Instanzgerichte über Art. 267 Abs. 3 AEUV hinaus lediglich dann, wenn diese eine unionsrechtliche Regelung für ungültig halten. Diese Vorlagepflicht greift auch dann, wenn zu einem ähnlichen Rechtsakt bereits eine Entscheidung des EuGH ergangen ist.
38Vgl. insofern etwa EuGH, Urteile vom 19. April 2007 - C-295/05 (Asociación Nacional de Empresas Forestales) -, Slg. 2007, I-2999 Rn. 30, vom 6. Dezember 2005 - C-461/03 (Gaston Schul Douane-Expediteur) -, Slg. 2005 I-10513 Rn. 17 ff., und vom 22. Oktober 1987 - C-314/85 (Foto-Frost) -, Slg. 1987, 4199 Rn. 15.
39Gemessen an diesen Maßstäben ist im Rahmen des streitgegenständlichen Verfahrens kein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zu richten. Wie gezeigt, lassen sich die in Rede stehenden europarechtlichen Fragen, die der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag aufwirft, anhand der genannten einschlägigen (Beihilfe-)Vorschriften auch ohne eine Vorlage an den EuGH problemlos beantworten. Eine Vorlagepflicht trifft den Senat als Instanzgericht jenseits von Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht, weil nicht die Gültigkeit eines europäischen Rechtsakts zur Diskussion gestellt ist.
40b) Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag ist in allen seinen Regelungsteilen formell und materiell verfassungsgemäß.
41aa) Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag ist formell verfassungsgemäß. Namentlich fällt das Zustimmungsgesetz des Landtags Nordrhein-Westfalen zu dem 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag in die Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers aus Art. 70 Abs. 1 GG (dazu [1]). Die Ausgestaltung des Rundfunkbeitrags verstößt darüber hinaus nicht gegen die Begrenzungs- und Schutzfunktion der Finanzverfassung nach Art. 104a ff. GG (dazu [2]).
42(1) Gemäß Art. 70 Abs. 1 GG haben die Länder das Recht der Gesetzgebung, soweit das Grundgesetz nicht dem Bund Gesetzgebungsbefugnisse verleiht. Eine solche abweichende Kompetenzverteilung begründet als spezielle finanzverfassungsrechtliche Norm Art. 105 GG für Steuern. Dagegen verbleibt es für nichtsteuerliche Abgaben wie Gebühren und Beiträge - als sog. Vorzugslasten - bei den allgemeinen Gesetzgebungskompetenzen aus Art. 70 ff. GG.
43Vgl. dazu z. B. BVerfG, Beschluss vom 17. Juli 2003 - 2 BvL 1/99 u. a. -, BVerfGE 108, 186 = DVBl. 2003, 1388 = juris Rn. 106, Urteil vom 19. März 2003 - 2 BvL 9/98 u. a. -, BVerfGE 108, 1 = NVwZ 2003, 715 = juris Rn. 42.
44Ob eine Steuer oder eine nichtsteuerliche Abgabe vorliegt, bestimmt sich nach dem materiellen Gehalt der Norm. Ihre Bezeichnung ist nicht ausschlaggebend.
45Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 25. Juni 2014- 1 BvR 668/10, 1 BvR 21 BvR 2104/10 -, NVwZ 2014, 1448 = juris Rn. 40, und vom 4. Februar 2009- 1 BvL 8/05 -, BVerfGE 123, 1 = DVBl. 2009, 777 = juris Rn. 48, Urteil vom 19. März 2003- 2 BvL 9/98 u. a. -, BVerfGE 108, 1 = NVwZ 2003, 715 = juris Rn. 43.
46§ 3 AO definiert Steuern als Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. Kennzeichnend für eine Steuer - auch i.S.v. Art. 105 GG - ist danach, dass sie gleichsam „voraussetzungslos“ zur Deckung des allgemeinen Finanzierungsbedarfs des öffentlichen Gemeinwesens erhoben wird und nicht als Gegenleistung für eine bestimmte öffentlich-rechtliche Leistung, die nicht in den allgemeinen Haushalt fließt. Beiträge können schon für die potentielle Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung oder Leistung erhoben werden. Durch Beiträge sollen die Interessenten an den Kosten einer öffentlichen Einrichtung beteiligt werden, von der sie potentiell einen Nutzen haben.
47Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 25. Juni 2014- 1 BvR 668/10, 1 BvR 21 BvR 2104/10 -, NVwZ 2014, 1448 = juris Rn. 41 und Rn. 43, und vom 16. September 2009 - 2 BvR 852/07 -, BVerfGE 124, 235 = NVwZ 2010, 35 = juris Rn. 17, Urteile vom 19. März 2003 - 2 BvL 9/98 u. a. -, BVerfGE 108, 1 = NVwZ 2003, 715 = juris Rn. 43, vom 10. März 1998 - 1 BvR 178/97 -, BVerfGE 97, 332 = DVBl. 1998, 699 = juris Rn. 58 und 76, und vom 10. Dezember 1980 - 2 BvF 3/77 -, BVerfGE 55, 274 = NJW 1981, 329 = juris Rn. 58 ff.
48Dies zugrunde gelegt, ist der gemäß §§ 2 ff. RBStV im privaten Bereich bzw. nach §§ 5 f. RBStV im nicht privaten Bereich erhobene Rundfunkbeitrag keine der Gesetzgebungskompetenz des Landes entzogene Steuer i.S.d. Art. 105 GG. Nach seinem materiellen Gehalt ist er eine nichtsteuerliche Abgabe. Diese wird nicht „voraussetzungslos“ erhoben, sondern ist als Gegenleistung für das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks konzipiert, was ihre echte Beitragseigenschaft ausmacht. Gemäß § 1 RBStV dient der Rundfunkbeitrag der funktionsgerechten Finanzausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks i.S.v. § 12 RStV sowie der Finanzierung der Aufgaben nach § 40 RStV. Der Rundfunkbeitrag ist damit kein allgemeines Instrument zur Finanzierung des öffentlichen Gemeinwesens, das dem allgemeinen Haushalt zugutekommt. Er deckt einen besonderen Finanzierungsbedarf - denjenigen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks - ab.
49In diesem Sinne auch BayVfGH, Entscheidung vom 15. Mai 2014 - Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 -, DVBl. 2014, 848 = juris Rn. 72; VerfGH Rh.-Pf., Urteil vom 13. Mai 2014 - VGH B 35/12 -, DVBl. 2014, 842 = juris Rn. 86 ff.; OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 29. Oktober 2014 - 7 A 10820/14 -, NVwZ-RR 2015, 38 = juris Rn. 7; VG Gießen, Urteil vom 10. Dezember 2014 - 5 K 237/14.GI -, juris Rn. 19 ff.; VG Hannover, Urteil vom 24. Oktober 2014 - 7 A 6516/13 -, juris Rn. 33 ff.; VG Stuttgart, Urteil vom 1. Oktober 2014 - 3 K 1360/14 -, juris Rn. 25 ff.; VG Hamburg, Urteil vom 17. Juli 2014 - 3 K 5371/13 -, juris Rn. 26 ff.; VG Freiburg, Urteil vom 2. April 2014 - 2 K 1446/13 -, juris Rn. 26 ff.; a. A. Degenhart, K&R, Beihefter 1/2013 zu Heft 3, Rechtsgutachten; Korioth/Koemm, DStR 2013, 833, 835.
50Der Rundfunkbeitrag ist keine „verdeckte Steuer“. Seine materielle Beitragseigenschaft entfällt nicht dadurch, dass die Grundvoraussetzungen der Rundfunkbeitragspflicht mit dem Innehaben einer Wohnung (§ 2 Abs. 1 RBStV) bzw. dem Innehaben einer Betriebsstätte (§ 5 Abs. 1 Satz 1 RBStV) und eines gewerblich genutzten Kraftfahrzeugs (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 RBStV) so allgemein gefasst sind, dass sie fast auf jedermann zutreffen. Dessen ungeachtet bleibt der Rundfunkbeitrag eine Gegenleistung für die Empfangsmöglichkeit öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit einer speziellen, zweckgebundenen Finanzierungsfunktion nach einem bestimmten Verteilungsschlüssel (vgl. zu diesem § 9 RFinStV). Die Zweckgebundenheit des Rundfunkbeitrags kommt auch noch in dessen tatbestandlicher Ausgestaltung hinreichend zum Ausdruck. Der Anknüpfung vornehmlich an die Wohnung oder die Betriebsstätte - anders als nach dem Vorgängersystem jetzt ohne Gerätebezug - liegt die gesetzgeberische Erwägung zugrunde, dass die einzelnen Personen als Adressaten des Programmangebots den Rundfunk typischerweise in erster Linie in einer der beitragspflichtigen Raumeinheiten nutzen oder nutzen können und dass deshalb das Innehaben einer solchen Raumeinheit ausreichende Rückschlüsse auf den abzugeltenden Vorteil zulässt. Unterstrichen wird die Beitragseigenschaft dadurch, dass das Beitragserhebungssystem für offensichtliche Unterbrechungen des Gegenleistungsbezugs, in denen diese typisierende Annahme ersichtlich nicht zutreffen kann, offen ist. Ist der Rundfunkempfang in einer Wohnung objektiv unmöglich oder unterbleibt er aus anderen Gründen nachweislich tatsächlich (Beispiel: nachgewiesener längerer Auslandsaufenthalt), bleibt zur Sicherstellung des materiellen Beitragscharakters - gleichsam als regulatives Ventil - die Befreiungsmöglichkeit des § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV wegen eines besonderen Härtefalls. Diese Möglichkeit stellt in atypischen Fällen das funktionale Äquivalent der verschiedentlich aus verfassungsrechtlichen Gründen für geboten erachteten Widerlegbarkeitsoption dar. Für Betriebsstätten, die nicht unter die Ausnahmen des § 5 Abs. 3 bis Abs. 6 RBStV zu subsumieren sind, mag in entsprechend offenkundig atypisch gelagerten Fällen in verfassungskonformer Auslegung gleichfalls eine analoge Heranziehung des § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV zu erwägen sein.
51Vgl. zu diesem Problemkomplex wiederum BayVfGH, Entscheidung vom 15. Mai 2014- Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 -, DVBl. 2014, 848 = juris Rn. 75; VerfGH Rh.-Pf., Urteil vom 13. Mai 2014 - VGH B 35/12 -, DVBl. 2014, 842 = juris Rn. 92 ff. und Rn. 110 ff.; VG Hannover, Urteil vom 24. Oktober 2014 - 7 A 6516/13 -, juris Rn. 35 f.; VG Stuttgart, Urteil vom 1. Oktober 2014 - 3 K 1360/14 -, juris Rn. 28; VG Freiburg, Urteil vom 2. April 2014 - 2 K 1446/13 -, juris Rn. 28 ff.; speziell zur Befreiungsmöglichkeit nach § 4 Abs. 6 RBStV in Fällen eines objektiv unmöglichen Rundfunkempfangs als Beispiel für eine besondere Härte die Begründung zum 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, LT-Drs. 15/1303, S. 41; a. A. Degenhart, K&R, Beihefter 1/2013 zu Heft 3, der von vornherein den Einbau einer Widerlegungsmöglichkeit der gesetzlichen Vermutung der Beitragspflicht fordert.
52Die beitragsförmige Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist zudem - was sowohl für das Verständnis des Beitragsbegriffs in dem gegebenen spezifischen Regelungszusammenhang als auch bei jedem weiteren Punkt der nachfolgenden verfassungsrechtlichen Überprüfung des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags von herausgehobener Bedeutung ist - Ausfluss der verfassungsrechtlich durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleisteten Rundfunkfreiheit und auch insofern kompetenziell verfassungsrechtlich gerechtfertigt.
53Die gesetzlichen Regelungen sollen es dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk ermöglichen, seinen klassischen Funktionsauftrag zu erfüllen, der neben seiner Rolle für die Meinungs- und Willensbildung, neben Unterhaltung und Information seine kulturelle Verantwortung umfasst. Nur wenn ihm dies gelingt und er im publizistischen Wettbewerb mit den privaten Veranstaltern bestehen kann, ist das duale System in seiner gegenwärtigen Form, in der die privatwirtschaftlich finanzierten Programme weniger strengen Anforderungen unterliegen als die öffentlich-rechtlichen, mit Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG vereinbar. Um der Bestands- und Entwicklungsgarantie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Rahmen eines solchen Systems gerecht zu werden und die Erfüllung seines Funktionsauftrags zu ermöglichen, muss der Gesetzgeber vorsorgen, dass die dafür erforderlichen technischen, organisatorischen, personellen und auch finanziellen Vorbedingungen bestehen. Da das Programmangebot auch für neue Inhalte, Formate und Genres sowie für neue Verbreitungsformen offen bleiben muss, der Auftrag also dynamisch an die Funktion des Rundfunks gebunden ist, darf der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht auf den gegenwärtigen Entwicklungsstand in programmlicher, finanzieller und technischer Hinsicht beschränkt werden. Die Finanzierung muss entwicklungsoffen und entsprechend bedarfsgerecht gestaltet werden. Dem entspricht die Garantie funktionsgerechter - und dabei vor allem auch staatsfernen - Finanzierung. Die Mittelausstattung muss nach Art und Umfang den jeweiligen Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gerecht werden. Der Funktionsfähigkeit öffentlich-rechtlichen Rundfunks dient die vorrangige Finanzierung über öffentlich-rechtliche Gebühren, ohne dass dieser Begriff streng rechtstechnisch zu verstehen wäre. Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf der Grundlage des Gebührenaufkommens soll eine weitgehende Abkoppelung vom ökonomischen Markt bewirken und dadurch sichern, dass sich das Programm an publizistischen Zielen, insbesondere an dem der Vielfalt, orientiert, und zwar unabhängig von Einschaltquoten und Werbeaufträgen.
54Vgl. BVerfG, Urteile vom 25. März 2014 - 1 BvF 1/11, 1 BvF 41 BvF 4/11 -, DVBl. 2014, 649 = juris Rn. 44, vom 11. September 2007 - 1 BvR 2270/05, 1 BvR 809/06, 1 BvR 830/06 -, BVerfGE 119, 181 = DVBl. 2007, 129 = juris Rn. 129 ff., und vom 22. Februar 1994 - 1 BvL 30/88 -, BVerfGE 90, 60 = DVBl. 1994, 465 = juris Rn. 147 ff., Beschluss vom 6. Oktober 1992 - 1 BvR 1586/89, 1 BvR 487/92 -, BVerfGE 87, 181 = DVBl. 1992, 1594 = juris Rn. 71 ff., m.w.N.
55Im Hinblick auf die Ausgestaltung der Rundfunkordnung und ihrer Finanzierung wie im Hinblick auf die Höhe der Abgabenerhebung kommt dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu, auch was Differenzierungen insbesondere nach der Regelungsart und Regelungsdichte anbelangt. Eine Beitragsregelung wie diejenige des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags ist hiervon ausgehend erst dann als sachlich nicht gerechtfertigt zu beanstanden, wenn sie in einem groben Missverhältnis zu den mit ihr verfolgten legitimen Zwecken steht.
56Vgl. etwa BVerfG, Urteil vom 11. September 2007 - 1 BvR 2270/05, 1 BvR 809/06, 1 BvR 830/06 -, BVerfGE 119, 181 = DVBl. 2007, 129 = juris Rn. 122; Beschluss vom 6. November 2012 - 2 BvL 51/06, 2 BvL 52/06 -, BVerfGE 132, 334 = NVwZ 2013, 638 = juris Rn. 52; zur Nichtgeltung des Äquivalenzprinzips bei der Überprüfung der gesetzlichen Abgrenzung des Kreises der Rundfunkgebührenpflichtigen: BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 1998 - 6 C 13.97 -, BVerwGE 108, 108 = DVBl. 1999, 620 = juris Rn. 20.
57Diese verfassungsrechtlichen Gewährleistungen und Prüfungsmaßstäbe desArt. 5 Abs. 1 Satz 2 GG decken das neue Beitragssystem der §§ 2 ff. RBStV bzw. der §§ 5 f. RBStV ihrerseits kompetenziell ab.
58Der von diesen Regelungen angestrebte Vorteilsausgleich dient nach den Vorstellungen des Normgebers zwei ineinandergreifenden Zwecken: Zum einen soll der Rundfunkbeitrag den Vorteil abgelten, der daraus entsteht, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk in besonderem Maß die Grundlagen der Informationsgesellschaft fördert und einen wichtigen Beitrag zur Integration und Teilhabe an demokratischen, kulturellen und wirtschaftlichen Prozessen leistet. Insoweit ist grundsätzlich jede Person im Einwirkungsbereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an der (staatsfernen) Finanzierungsverantwortung zu beteiligen, weil sie einen gleichsam strukturellen Vorteil aus dessen Wirken zieht. Zum anderen wird ein Entgelt für die Möglichkeit individueller Nutzung verlangt, von der bei typisierender Betrachtung in den gesetzlich bestimmten Raumeinheiten (Wohnung und Betriebsstätte) üblicherweise Gebrauch gemacht.
59Vgl. BayVfGH, Entscheidung vom 15. Mai 2014- Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 -, DVBl. 2014, 848 = juris Rn. 80 und 82; VerfGH Rh.-Pf., Urteil vom 13. Mai 2014 - VGH B 35/12 -, DVBl. 2014, 842 = juris Rn. 117 ff.; VG Hamburg, Urteil vom 17. Juli 2014 - 3 K 5371/13 -, juris Rn. 31; VG Freiburg, Urteil vom 2. April 2014 - 2 K 1446/13 -, juris Rn. 38 ff.; siehe außerdem die Begründung zum 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, LT-Drs. 15/1303, S. 33 f.
60Diese innere, durch die Rundfunkfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG maßgeblich verstärkte Rechtfertigung für die potentiell flächendeckende Erhebung des Rundfunkbeitrags, die mit der ebenso nahezu flächendeckenden Versorgung mit Rundfunkempfang korrespondiert, gilt - wie angesprochen - bei typisierender Betrachtung gleichermaßen für den nicht privaten Bereich. Diesem im weiteren Sinn „unternehmerischen“ Sektor vermittelt der Rundfunk ebenfalls spezifische Vorteile, die nach der Wertung des Gesetzgebers durch den wohnungsbezogenen Rundfunkbeitrag, den die Unternehmer oder die bei ihnen Beschäftigten im privaten Bereich zu entrichten haben, nicht abgegolten sind. Für den unternehmerischen Bereich ist bei typisierender Betrachtung in gleicher Weise die Möglichkeit eröffnet, dass die Rundfunkprogramme in einer besonderen, die Unternehmenszwecke fördernden Weise genutzt werden, sei es zur Informationsgewinnung, sei es zur (Pausen-)Unterhaltung der Beschäftigten oder Kunden.
61Vgl. BayVfGH, Entscheidung vom 15. Mai 2014- Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 -, DVBl. 2014, 848 = juris Rn. 81; VerfGH Rh.-Pf., Urteil vom 13. Mai 2014 - VGH B 35/12 -, DVBl. 2014, 842 = juris Rn. 117 ff.; VG Hannover, Urteil vom 24. Oktober 2014 - 7 A 6516/13 -, juris Rn. 36 ff.; a. A. Degenhart, K&R, Beihefter 1/2013 zu Heft 3, der die gesetzgeberische Typisierungsbefugnis damit für überschritten hält.
62Im Anschluss daran ist auch nicht zu erkennen, dass der Gesetzgeber mit §§ 2 ff. RBStV bzw. § 5 f. RBStV seinen weiten Gestaltungsspielraum bei der beitragsförmigen Ausgestaltung der Rundfunkfinanzierung dem Grunde oder der Höhe nach überschritten hätte.
63Der Rundfunkbeitrag ist seiner Zweckbestimmung nach - darauf sei noch einmal hingewiesen - darauf beschränkt sicherzustellen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk seine Funktion als Grundversorgung in der gegenwärtigen Rundfunkordnung ungeschmälert erfüllen kann. Dementsprechend sind die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanbieter verpflichtet, sich im Rahmen des rechtlich umgrenzten Rundfunkauftrags zu halten und den aus den Programmentscheidungen abgeleiteten Finanzbedarf zutreffend und in Einklang mit den Grundsätzen von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu ermitteln. Die Einhaltung dieser Verpflichtung unterliegt ihrerseits einer externen Kontrolle, wie sie im Rundfunkstaatsvertrag im Einzelnen ausgestaltet ist. Nach dessen § 14 Abs. 1 wird der Finanzbedarf des öffentlich-rechtlichen Rundfunks regelmäßig entsprechend den Grundsätzen von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, einschließlich der damit verbundenen Rationalisierungspotentiale, auf der Grundlage von Bedarfsanmeldungen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanbieter durch die unabhängige Kommission zur Überprüfung und Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) geprüft und ermittelt. Des Weiteren beläuft sich der Rundfunkbeitrag derzeit auf lediglich 17,98 € im Monat (vgl. § 8 RFinStV), was als vergleichsweise geringfügige Belastung anzusehen ist, die nicht in einem groben Missverhältnis zur Möglichkeit steht, öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu empfangen. Gegen eine nachhaltige und strukturelle „Übersicherung“ bzw. „Überfinanzierung“ der Rundfunkanstalten, welche die Beitragserhebung in eine „verdeckte Steuer“ - oder in eine gleichheits- oder sonstwie verfassungswidrige Beitragsbelastung (dazu im Einzelnen noch weiter unten) - umschlagen lassen würde, hat der Gesetzgeber hinreichend effektive Vorkehrungen getroffen.
64Ebenso BayVfGH, Entscheidung vom 15. Mai 2014 - Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 -, DVBl. 2014, 848 = juris Rn. 85; VerfGH Rh.-Pf., Urteil vom 13. Mai 2014 - VGH B 35/12 -, DVBl. 2014, 842 = juris Rn. 97 ff.; VG Gießen, Urteil vom 10. Dezember 2014 - 5 K 237/14.GI -, juris Rn. 33 ff.
65Gemäß § 3 Abs. 1 Sätze 1 und 2 RFinStV hat die KEF die Aufgabe, unter Beachtung der Programmautonomie der Rundfunkanstalten den von den Rundfunkanstalten angemeldeten Finanzbedarf fachlich zu überprüfen und zu ermitteln. Überschüsse am Ende der Beitragsperiode werden nach dem bereits im Zusammenhang mit dem europäischen Beihilferecht erwähnten § 3 Abs. 2 Satz 3 RFinStV vom Finanzbedarf für die folgende Beitragsperiode abgezogen. Dazu tritt als zusätzliches Kontrollinstrument die regelmäßige zweijährige Berichtspflicht der KEF aus § 3 Abs. 8 RFinStV.
66Darüber zu entscheiden, wie die Finanzmittel im Detail etwa bei der Gestaltung des Programmangebots eingesetzt werden, liegt in Anbetracht des weiten Gestaltungsermessens bei der Errichtung einer mit Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG im Einklang stehenden Rundfunkordnung außerhalb des Rechtsschutzauftrags der (Verwaltungs-)Gerichte aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Die Sicherung von Programmqualität und Programmvielfalt ist durch den gesetzlichen Auftrag z. B. der §§ 3 ff. WDR-Gesetz gewährleistet. Von daher ist es auch nicht Aufgabe der Gerichte, qualitative Einschätzungen über öffentlich-rechtliche Programminhalte in die Entscheidung rundfunkbeitragsrechtlicher Rechtsfragen einzubringen.
67(2) Die Ausgestaltung des Rundfunkbeitrags verstößt darüber hinaus nicht gegen die Begrenzungs- und Schutzfunktion der Finanzverfassung nach Art. 104a ff. GG.
68Die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben auf der Grundlage der Sachkompetenzen aus Art. 70 ff. GG bedarf mit Blick auf die Begrenzungs- und Schutzfunktion der Finanzverfassung und zur Wahrung der Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen (Art. 3 Abs. 1 GG) einer über den Zweck der Einnahmeerzielung hinausgehenden besonderen sachlichen Rechtfertigung. Dies betrifft die Abgabenerhebung sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach. Für Sonderabgaben mit Finanzierungszweck gilt: Der Gesetzgeber darf sich einer solchen Abgabe nur im Rahmen der Verfolgung eines Sachzwecks bedienen, der über die bloße Mittelbeschaffung hinausgeht. Mit einer Sonderabgabe darf nur eine homogene Gruppe belegt werden. Die Gruppe muss zu dem mit der Abgabenerhebung verfolgten Zweck in einer Beziehung spezifischer Sachnähe stehen, aufgrund deren ihr eine besondere Finanzierungsverantwortung zugerechnet werden kann. Das Abgabenaufkommen muss außerdem gruppennützig verwendet werden. Zusätzlich muss der Gesetzgeber im Interesse wirksamer parlamentarisch-demokratischer Legitimation und Kontrolle die erhobenen Sonderabgaben haushaltsrechtlich vollständig dokumentieren und ihre sachliche Rechtfertigung in angemessenen Zeitabständen überprüfen. Gegenüber den Steuern müssen Sonderabgaben die seltene Ausnahme bleiben. Eine deutliche Unterscheidung von der Steuer muss möglich sein.
69Vgl. BVerfG, Urteil vom 28. Januar 2014 - 2 BvR 1561/12, 2 BvR 1562/12, 2 BvR 1563/12, 2 BvR 1564/12 -, BVerfGE 135, 155 = NVwZ 2014, 646 = juris Rn. 121 f., Beschlüsse vom 6. November 2012 - 2 BvL 51/06, 2 BvL 52/06 -, BVerfGE 132, 334 = NVwZ 2013, 638 = juris Rn. 47 ff., vom 16. Juli 2012 - 1 BvR 2983/10 -, juris Rn. 23 ff., und vom 24. November 2009 - 2 BvR 1387/04 -, BVerfGE 124, 348 = juris Rn. 53, jeweils m.w.N.
70Alle diese Vorgaben beachtet der Rundfunkbeitrag. Der besondere sachliche Rechtfertigungsgrund für ihn besteht in der aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG fließenden dynamischen (staatsfernen) Finanzierungsgarantie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Wie dargelegt, ist die Rundfunkfinanzierung über den Rundfunkbeitrag sachbezogen. Dass die Gruppe der Beitragspflichtigen über die räumlichen Anknüpfungspunkte Wohnung bzw. Betriebsstätte mit der Allgemeinheit quasi deckungsgleich ist, liegt in der Natur des spezifischen Sondervorteils, den die zumindest nahezu flächendeckende Versorgung mit öffentlich-rechtlichem Rundfunk bringt. Daraus folgt zugleich, dass die für die Rundfunkbeitragserhebung angeführte Rechtfertigung genauso wie seine Charakterisierung als echter Beitrag nicht in sich widersprüchlich ist. Der Rundfunkbeitragsbegriff und sein Gegenleistungsbezug dürfen nicht losgelöst von der verfassungsrechtlichen Aufgabe betrachtet werden, in die er durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG eingebunden ist. Solchermaßen ist der Rundfunkbeitrag mit seiner zweckgebundenen Finanzierungsfunktion von einer Steuer auch hinreichend unterscheidbar. Eine regelmäßige Überprüfung der Rundfunkfinanzierung findet - wie ausgeführt - statt.
71Genauso jüngst VG Regensburg, Urteil vom 11. Februar 2015 - RO 3 K 13.1642 -, juris Rn. 44 ff.
72bb) Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag ist insgesamt materiell verfassungsgemäß. Er verstößt nicht gegen Grundrechte.
73(1) §§ 2 ff. RBStV und §§ 5 f. RBStV verletzen nicht die Informationsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 GG.
74Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 GG gibt jedermann das Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten sowie - negativ - sich aus diesen Quellen nicht zu unterrichten. Eine Garantie kostenloser Information enthält Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG nicht. Staatlich festgesetzte Entgelte für die Rundfunknutzung können das Grundrecht der Informationsfreiheit unter diesen Umständen nur verletzen, wenn sie darauf zielten oder wegen ihrer Höhe objektiv dazu geeignet wären, nutzungswillige Interessenten von Informationen aus bestimmten Quellen fernzuhalten.
75Vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. September 1999- 1 BvR 1013/99 -, DVBl. 2000, 39 = juris Rn. 11.
76Die objektive Beeinträchtigung der Informationsfreiheit durch die Erhebung eines Rundfunkbeitrags ist nur gering, weil der Beitragspflichtige durch sie nicht unmittelbar daran gehindert wird, sich aus dem sonstigen Rundfunkangebot zu informieren. Dies gilt jedenfalls so lange, wie er mit einer verhältnismäßig niedrigen Zahlungsverpflichtung belastet wird. Dieser nur geringen Beeinträchtigung steht mit der Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in einer effektiven und am Gleichheitsgrundsatz orientierten Weise ein legitimer Zweck von einigem Gewicht gegenüber.
77Vgl. zur Rundfunkgebührenpflicht für Internet-PC: BVerfG, Beschluss vom 22. August 2012 - 1 BvR 199/11 -, NJW 2012, 3423 = juris Rn. 18.
78Überträgt man diesen Ansatz auf §§ 2 ff. RBStV und §§ 5 f. RBStV, gehen diese mit Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 GG konform. Ein Beitragssatz von aktuell monatlich 17,98 € ist - zumal unter Berücksichtigung der Befreiungs- und Ermäßigungsmöglichkeiten des § 4 RBStV für den privaten Bereich - ersichtlich nicht dazu geeignet, Beitragsschuldner daran zu hindern, sich aus allgemein zugänglichen Quellen zu informieren.
79In diesem Sinne auch BayVfGH, Entscheidung vom 15. Mai 2014 - Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 -, DVBl. 2014, 848 = juris Rn. 64; VerfGH Rh.-Pf., Urteil vom 13. Mai 2014 - VGH B 35/12 -, DVBl. 2014, 842 = juris Rn. 55; VG Gießen, Urteil vom 10. Dezember 2014 - 5 K 237/14.GI -, juris Rn. 32; VG Hamburg, Urteil vom 17. Juli 2014 - 3 K 5371/13 -, juris Rn. 53 ff.
80Diese Erwartung ist auch für den nicht privaten Bereich berechtigt. Hier ist nach dem von dem Gesetzgeber verwerteten statistischen Material zu erwarten, dass ca. 70 % der Betriebsstätten in Deutschland unter die Regelung des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 RBStV fallen, derzufolge für Betriebsstätte mit keinem oder bis acht Beschäftigten nur ein Drittel des Rundfunkbeitrags zu leisten ist. Darüber hinaus fielen nach der Einschätzung des Gesetzgebers in der Summe ungefähr 90 % aller Betriebsstätten unter § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 RBStV (Betriebsstätten mit bis zu 19 Beschäftigten), so dass es für diese Betriebsstätten bei maximal einem Rundfunkbeitrag bleibt.
81Vgl. dazu die Begründung zum 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, LT-Drs. 15/1303, S. 42.
82Der für die restlichen 10 % der Betriebsstätten anfallende Rundfunkbeitrag ist von § 5 Abs. 1 Satz 2 RBStV orientiert an der Anzahl der Beschäftigten pro Betriebsstätte degressiv gestaffelt. Auf diese Weise hat der Gesetzgeber hinreichend dafür Rechnung getragen, dass die Beitragsbelastung im nicht privaten Bereich das im Lichte der Informationsfreiheit zumutbare Maß nicht überschreitet.
83Vgl. nochmals dazu die Begründung zum 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, LT-Drs. 15/1303, S. 42.
84Zu diesem Befund tragen des Weiteren namentlich die Ausnahmen von der Beitragspflicht für verschiedene gemeinnützige Einrichtungen in § 5 Abs. 3 RBStV bei.
85(2) Ein Verstoß der §§ 2 ff. RBStV und §§ 5 f. RBStV gegen andere Freiheitsgrundrechte ist gleichfalls nicht zu erkennen.
86Die Glaubensfreiheit des Art. 4 Abs. 1 GG ist nicht verletzt, weil deren Schutzbereich durch die Erhebung des Rundfunkbeitrags nicht tangiert wird. Die Zahlung einer Abgabe wie des Rundfunkbeitrags ist als solche nicht mit der Äußerung eines weltanschaulichen oder religiösen Bekenntnisses verbunden. Etwas anderes folgt nicht daraus, dass das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auch Sendungen mit religiösen Inhalten enthält. Die Glaubensfreiheit wird durch die Zahlung einer Abgabe nur berührt, soweit diese gerade die Finanzierung einer Glaubensgemeinschaft oder eines religiösen Bekenntnisses bezweckt. Die allgemeine Pflicht zur Zahlung einer Abgabe ohne eine solche Zweckbindung berührt regelmäßig - und so auch hier - nicht den Schutzbereich der Glaubensfreiheit des Abgabenschuldners.
87Vgl. diesbezüglich BVerfG, Beschluss vom 2. Juni 2003 - 2 BvR 1775/02 -, NJW 2003, 2600 = juris Rn. 3; VG Gießen, Urteil vom 10. Dezember 2014 - 5 K 237/14.GI -, juris Rn. 31; VG Hamburg, Urteil vom 17. Juli 2014 - 3 K 5371/13 -, juris Rn. 58 f.
88Dasselbe gilt für das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung, das vonArt. 13 Abs. 1 GG garantiert wird. Die Auferlegung einer staatlichen Geldleistungspflicht beeinträchtigt für sich genommen nicht die persönliche Lebenssphäre der Person.
89Vgl. für den Rundfunkbeitrag: VG Gießen, Urteil vom 10. Dezember 2014 - 5 K 237/14.GI -, juris Rn. 33; VG Hamburg, Urteil vom 17. Juli 2014- 3 K 5371/13 -, juris Rn. 62.
90Eine Verletzung der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG ist zu verneinen, weil der Rundfunkbeitrag im privaten wie im nicht privaten Bereich keinen unmittelbaren Bezug zur beruflichen Tätigkeit oder sonst eine objektiv berufsregelnde Tendenz erkennen lässt.
91Vgl. BayVfGH, Entscheidung vom 15. Mai 2014- Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 -, DVBl. 2014, 848 = juris Rn. 66; VerfGH Rh.-Pf., Urteil vom 13. Mai 2014 - VGH B 35/12 -, DVBl. 2014, 842 = juris Rn. 54.
92Auch in die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG greift der Rundfunkbeitrag nicht verfassungswidrig ein. Als Teil der verfassungsmäßigen Ordnung, der - wie sogleich zu zeigen sein wird - auch mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, ist er auch insofern verfassungsrechtlich unbedenklich.
93Vgl. OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 29. Oktober 2014 - 7 A 10820/14 -, NVwZ-RR 2015, 38 = juris Rn. 7; VG Hamburg, Urteil vom 17. Juli 2014- 3 K 5371/13 -, juris Rn. 63 f.; zum alten Rundfunkgebührenrecht und Art. 2 Abs. 1 GG: BVerfG, Beschluss vom 6. September 1999- 1 BvR 1013/99 -, DVBl. 2000, 39 = juris Rn. 13; a. A. auch insofern Degenhart, K&R, Beihefter 1/2013 zu Heft 3.
94(3) §§ 2 ff. RBStV und §§ 5 f. RBStV laufen nicht dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zuwider.
95Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Aus ihm ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten, auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können. Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können. Art. 3 Abs. 1 GG verlangt nicht, unter allen Umständen Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln. Der allgemeine Gleichheitssatz ist nicht schon verletzt, wenn der Gesetzgeber Differenzierungen, die er vornehmen darf, nicht vornimmt. Es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinn als gleich ansehen will. Allerdings muss er die Auswahl sachgerecht treffen. Zu einer Differenzierung bei ungleichen Sachverhalten ist der Gesetzgeber danach nur verpflichtet, wenn die tatsächliche Ungleichheit so groß ist, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht unberücksichtigt bleiben darf. Bei der Ordnung von Massenerscheinungen ist der Gesetzgeber somit auch berechtigt, generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen zu verwenden, ohne allein wegen der damit verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen.
96Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 7. Mai 2013- 2 BvR 909/06, 2 BvR 1981/06, 2 BvR 288/07 -, BVerfGE 133, 377 = DVBl. 2013, 909 = juris Rn. 86, und vom 16. Juli 2012 - 1 BvR 2983/10 -, NVwZ 2012, 1535 = juris Rn. 41 ff., jeweils m.w.N.
97Typisierung bedeutet, bestimmte in wesentlichen Elementen gleich geartete Lebenssachverhalte normativ zusammenzufassen. Besonderheiten, die im Tatsächlichen durchaus bekannt sind, können generalisierend vernachlässigt werden. Der Gesetzgeber darf sich grundsätzlich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Begünstigungen oder Belastungen können in einer gewissen Bandbreite zum Zwecke der Verwaltungsvereinfachung nach oben und unten pauschalierend bestimmt werden. Die gesetzlichen Verallgemeinerungen müssen allerdings von einer möglichst breiten, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einschließenden Beobachtung ausgehen. Eine typisierende Gruppenbildung liegt zudem nur vor, wenn die tatsächlichen Anknüpfungspunkte im Normzweck angelegt sind. Die Vorteile der Typisierung müssen im rechten Verhältnis zu der mit ihr notwendig verbundenen Ungleichheit der Belastung stehen. Die Typisierung setzt voraus, dass die durch sie eintretenden Härten und Ungerechtigkeiten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären, lediglich eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist. Der gesetzgeberische Spielraum für Typisierungen ist umso enger, je dichter die verfassungsrechtlichen Vorgaben außerhalb des Art. 3 Abs. 1 GG sind.
98Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Mai 2013 - 2 BvR 909/06, 2 BvR 1981/06, 2 BvR 288/07 -, BVerfGE 133, 377 = DVBl. 2013, 909 = juris Rn. 87 f., mit zahlreichen weiteren Nachweisen.
99Für den Regelungsbereich des Vorgängersystems der alten gerätebezogenen Rundfunkgebühr war anerkannt, dass diese als Massenerscheinung grundsätzlich generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen zuließ, ohne allein wegen der damit verbundenen Härten gegen Art. 3 Abs. 1 GG zu verstoßen. Beispielsweise stellte die Bestimmung des Zulassungsinhabers eines Pkw als Rundfunkteilnehmer unabhängig von der im Einzelfall bestehenden Nutzungsmöglichkeit eine zulässige Typisierung dar. Die mit ihr verbundenen Härten wären nur unter Schwierigkeiten vermeidbar gewesen, konnten nicht durch einfachere, die Betroffenen weniger belastende Regelungen behoben werden und betrafen im Verhältnis zur Zahl der Zulassungsinhaber insgesamt eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen.
100Vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. März 2011- 1 BvR 3255/08 -, NVwZ-RR 2011, 465 = juris Rn. 5.
101In Anwendung dieser Grundsätze verstoßen auch die neuen §§ 2 ff. RBStV und §§ 5 f. RBStV nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Dieses Resultat ist teilweise bereits durch inhaltlich deckungsgleiche Erwägungen zur obigen Qualifizierung des Rundfunkbeitrags als echter materieller Beitrag, der nicht im Widerspruch zur Begrenzungs- und Schutzfunktion der Finanzverfassung steht, vorgezeichnet.
102(a) Was §§ 2 ff. RBStV und die allein an die Inhaberschaft einer Wohnung geknüpfte Beitragspflicht im privaten Bereich anbelangt, hat der Gesetzgeber nicht wesentlich Ungleiches ohne sachlichen Grund oder unverhältnismäßig gleich behandelt. Jeder Inhaber einer Wohnung ist im privaten Bereich zur Entrichtung eines Rundfunkbeitrags verpflichtet. Diese typisierende Anknüpfung der Beitragspflicht an die Wohnung ist sachlich gerechtfertigt und verhältnismäßig.
103Hinter diesem regulatorischen Anknüpfungspunkt steht als sachlicher Grund bzw. legitimer Zweck die mit dem Rundfunkbeitrag abzugeltende Möglichkeit der Programmnutzung, die im privaten Bereich typisierend den einzelnen Wohnungen und damit den dort regelmäßig in einem Haushalt zusammenlebenden Personen zugeordnet wird. Durch den Wohnungsbegriff (§ 3 RBStV) werden verschiedene Lebenssachverhalte normativ zusammengefasst und einer einheitlichen Beitragspflicht unterworfen, die sämtliche Möglichkeiten der Rundfunknutzung einschließlich der mobilen und derjenigen in einem privaten Kraftfahrzeug abdeckt und die vorbehaltlich der Befreiungs- und Ermäßigungsregelungen des § 4 RBStV unausweichlich ist. Diese Typisierung für den privaten Bereich beruht angesichts des nahezu flächendeckenden Verbreitungsgrads der Rundfunkempfangsmöglichkeit auf einleuchtenden, sachlich vertretbaren Gründen und ist auch unter dem Gesichtspunkt der Abgabengerechtigkeit nicht zu beanstanden.
104Vgl. BayVfGH, Entscheidung vom 15. Mai 2014 ‑ Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 -, DVBl. 2014, 848 = juris Rn. 106 f.; VerfGH Rh.-Pf., Urteil vom 13. Mai 2014 - VGH B 35/12 -, DVBl. 2014, 842 = juris Rn. 132 ff.; OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 29. Oktober 2014 - 7 A 10820/14 -, NVwZ-RR 2015, 38 = juris Rn. 7; VG Stuttgart, Urteil vom 1. Oktober 2014 - 3 K 1360/14 -, juris Rn. 33 ff.; VG Hamburg, Urteil vom 17. Juli 2014 - 3 K 5371/13 -, juris Rn. 33 ff.; VG Freiburg, Urteil vom 2. April 2014 - 2 K 1446/13 -, juris Rn. 45 ff.; a. A. Degenhart, K&R, Beihefter 1/2013 zu Heft 3, der u. a. eine Widerlegbarkeit der gesetzlichen Vermutung fordert.
105Mit Blick darauf sind womöglich vereinzelt auftretende Härten in atypischen Einzelfällen hinzunehmen.
106Es handelt sich bei der Erhebung des Rundfunkbeitrags um einen einer typisierenden Regelung prinzipiell zugänglichen Massenvorgang mit einer besonders hohen Fallzahl. Diese Massenerscheinung bewältigt der Gesetzgeber durch den Rundfunkbeitragsstaatsvertrag in verständlicher, normenklarer Weise mit dem verlässlichen, leicht feststellbaren und - gerade auch im Vergleich mit dem alten Rundfunkgebührenrecht und seinem Gerätebezug - die Privatsphäre möglichst wenig beeinträchtigenden Anknüpfungstatbestand der Wohnung. Dem liegt die plausible und realitätsgerechte Erwägung zugrunde, dass einerseits die mit dem Merkmal Wohnung umfasste Personengruppe eines Haushalts, etwa eine Familie oder eine Wohngemeinschaft, hinsichtlich der Rundfunknutzung oder -nutzungsmöglichkeit eine Gemeinschaft bildet und dass andererseits sich die unterschiedlichen Nutzungsarten und -gewohnheiten innerhalb dieser sozialen Gruppe ausgleichen. In sachlich vertretbarer Weise soll mit der typisierenden Anknüpfung an die Wohnung im Vergleich zur früheren gerätebezogenen Rundfunkgebühr das Erhebungsverfahren deutlich vereinfacht und zugleich der Schutz der Privatsphäre verbessert werden, weil Ermittlungen „hinter der Wohnungstür“ entfallen. Da der Beitragstatbestand im Regelfall einfach und anhand objektiver Kriterien festgestellt werden kann, beugt die Typisierung gleichheitswidrigen Erhebungsdefiziten oder Umgehungen und beitragsvermeidenden Gestaltungen vor, wie sie durch weitere Differenzierungen zwangsläufig hervorgerufen würden. Sie verhindert damit eine Benachteiligung der rechtstreuen Beitragszahler und dient einer größeren Abgabengerechtigkeit. Das stellt einen gewichtigen Gemeinwohlbelang dar, zumal es zur Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Grundlagen der Abgabenerhebung führen kann, wenn die Gleichheit im Belastungserfolg verfehlt wird.
107Vgl. BayVfGH, Entscheidung vom 15. Mai 2014- Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 -, DVBl. 2014, 848 = juris Rn. 108; VerfGH Rh.-Pf., Urteil vom 13. Mai 2014 - VGH B 35/12 -, DVBl. 2014, 842 = juris Rn. 132 ff.; VG Hamburg, Urteil vom 17. Juli 2014 - 3 K 5371/13 -, juris Rn. 33 ff.; VG Freiburg, Urteil vom 2. April 2014 - 2 K 1446/13 -, juris Rn. 45 ff.; siehe zum gesetzgeberischen Hintergrund des Rundfunkbeitragssystems außerdem die Begründung zum 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, LT-Drs. 15/1303, S. 34 f.
108Härten, die mit der typisierenden Anknüpfung der Rundfunkbeitragspflicht an eine Wohnung im Einzelfall einhergehen könnten, sind - dies als an verschiedenen Prüfungsschnittstellen wiederkehrendes Begründungselement - für die im privaten Bereich Betroffenen in ihren finanziellen Auswirkungen von monatlich derzeit 17,98 € nicht besonders intensiv. Sie halten sich in Zusammenschau mit § 4 RBStV und den dort bereitgestellten Befreiungs- und Ermäßigungsregelungen unter dem Gesichtspunkt der Abgabengerechtigkeit im Rahmen des Zumutbaren.
109Auch dies ist ein Anschluss an BayVfGH, Entscheidung vom 15. Mai 2014 - Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 -, DVBl. 2014, 848 = juris Rn. 110; VG Hamburg, Urteil vom 17. Juli 2014 - 3 K 5371/13 ‑, juris Rn. 43; VG Freiburg, Urteil vom 2. April 2014 - 2 K 1446/13 -, juris Rn. 45;
110All diese Gründe rechtfertigen es weiterhin auch in Ansehung von Art. 3 Abs. 1 GG, die typisierende Verknüpfung zwischen der Raumeinheit Wohnung und dem beitragspflichtigen Vorteil aus dem öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogrammangebot - mit dem besonderen regulativen Ventil der Befreiungsmöglichkeit des § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV - unwiderleglich auszugestalten. Aufgrund der technischen Entwicklung elektronischer Medien im Zuge der Digitalisierung hat das Bereithalten eines Fernsehers oder Radios als Indiz für die Zuordnung eines Vorteils aus dem Rundfunkangebot spürbar an Überzeugungs- und Unterscheidungskraft eingebüßt. Rundfunkprogramme werden nicht mehr nur herkömmlich - terrestrisch, über Kabel oder Satellit - verbreitet, sondern im Rahmen des für neue Verbreitungsformen offenen Funktionsauftrags zugleich auch in das Internet eingestellt. Neben herkömmliche monofunktionale Geräte zum Empfang von Hörfunk- oder Fernsehprogrammen tritt eine Vielzahl neuartiger multifunktionaler, teilweise leicht beweglicher Geräte, wie internetfähige stationäre oder mobile PC, Mobiltelefone und Tabletcomputer. Diese sind zum Rundfunkempfang geeignet und spielen für die Mediennutzung eine wachsende Rolle, dienen primär aber typischerweise anderen Zwecken. Die Verbreitung der herkömmlichen wie modernen Empfangsgeräte ist nahezu flächendeckend. Empfangsgeräte sind, wie ihre weite Verbreitung in allen Bevölkerungskreisen zeigt, auch für Personen mit geringem Einkommen erschwinglich, weshalb ihre Anschaffung kein beachtliches Hindernis für eine Programmnutzung darstellt. Aufgrund ihrer Vielgestaltigkeit und Mobilität ist es zudem nahezu ausgeschlossen, das Bereithalten solcher Geräte in einem Massenverfahren in praktikabler Weise und ohne unverhältnismäßigen Eingriff in die Privatsphäre verlässlich festzustellen. Deshalb darf der Gesetzgeber davon ausgehen, dass die effektive Möglichkeit der Programmnutzung als abzugeltender Vorteil allgemein und geräteunabhängig besteht.
111Vgl. BayVfGH, Entscheidung vom 15. Mai 2014 ‑ Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 -, DVBl. 2014, 848 = juris Rn. 112.
112Wenn der Wechsel des Finanzierungsmodells und das tatbestandliche Anknüpfen an das Innehaben einer Wohnung u. a. mit dem hohen Verbreitungsgrad mobiler Empfangsgeräte begründet wird, so liegt dem kein Widerspruch zugrunde. Zum einen werden mobile Empfangsgeräte auch in Wohnungen genutzt. Zum anderen wird über das Merkmal Wohnung typisierend (einmal) der gesamte Vorteil erfasst, den deren Bewohner aufgrund des Programmangebots des öffentlich-rechtlichen Rundfunks haben und der keineswegs auf die Wohnung beschränkt sein muss.
113Vgl. BayVfGH, Entscheidung vom 15. Mai 2014 ‑ Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 -, DVBl. 2014, 848 = juris Rn. 113.
114Der Gesetzgeber ist nicht aufgrund von Art. 3 Abs. 1 GG verpflichtet, bei der Erhebung des Rundfunkbeitrags zwischen Haupt- und Zweitwohnung zu unterscheiden.
115Es ist folgerichtig, auf diese Unterscheidung zu verzichten. Jede Wohnung bildet einen privaten Raum, in dem Rundfunknutzung gewöhnlich stattfindet oder stattfinden kann. Dass aufgrund dieser Typisierung eine alleinstehende Person, die mehrere Wohnungen innehat, entsprechend viele Rundfunkbeiträge zu entrichten hat, obwohl sie das Programmangebot selbst nur einmal in Anspruch nehmen kann, ist als unvermeidliche Folge hinzunehmen. Solche auf Einzelfälle beschränkte Härten sind nicht zuletzt durch die vom Gesetzgeber in legitimer Weise verfolgten Ziele gerechtfertigt, Ermittlungen in der Privatsphäre möglichst zu vermeiden und den Verwaltungsvollzug in einem Massenverfahren zu erleichtern sowie gegen Umgehungsmöglichkeiten oder Missbrauch abzusichern.
116Vgl. BayVfGH, Entscheidung vom 15. Mai 2014- Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 -, DVBl. 2014, 848 = juris Rn. 116; VG Hamburg, Urteil vom 17. Juli 2014 - 3 K 5371/13 -, juris Rn. 46 ff.
117Dass eine Zweitwohnung auch dann der Rundfunkbeitragspflicht unterfällt, wenn sie von Ehepartnern allein aus beruflichen Gründen unterhalten wird, verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG. Die Beitragspflicht gilt ebenso für Ledige, Partner nichtehelicher Lebensgemeinschaften oder für sonstige in einer Wohnung zusammenlebende Personen bei einem sonst gleichen Sachverhalt. Eine Benachteiligung wegen der Ehe liegt mithin nicht vor. Eine verfassungsrechtliche Pflicht, für Ehepartner eine begünstigende Ausnahme von der Rundfunkbeitragspflicht für Zweitwohnungen zu schaffen, lässt sich verfassungsrechtlich nicht ableiten.
118Vgl. BayVfGH, Entscheidung vom 15. Mai 2014- Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 -, DVBl. 2014, 848 = juris Rn. 117; a. A. Korioth/Koemm, DStR 2013, 833, 837.
119(b) Hinsichtlich §§ 5 f. RBStV und der Erhebung von Rundfunkbeiträgen gegenüber den Inhabern von Betriebsstätten und gewerblich genutzten Kraftfahrzeugen lässt sich aus im Wesentlichen entsprechenden Gründen kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ausmachen.
120Der mit dem Beitrag abzugeltende spezifische Vorteil, der dem Unternehmer durch das Programmangebot des Rundfunks zuwächst, wird durch §§ 5 f. RBStV gleichfalls typisierend an die Raumeinheiten Betriebsstätte und Kraftfahrzeug geknüpft und damit den dort sich üblicherweise aufhaltenden, durch die gemeinsame Erwerbstätigkeit verbundenen Personen(gruppen) zugeordnet. Während die Beitragshöhe für jedes einzelne beitragspflichtige Kraftfahrzeug einheitlich ein Drittel des Rundfunkbeitrags beträgt (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 RBStV), ist sie für Betriebsstätten nach der Zahl der neben dem Inhaber Beschäftigten stufenweise degressiv gestaffelt (§ 5 Abs. 1 Satz 2 RBStV). Mit den gesetzlich näher bestimmten Merkmalen Betriebsstätte (§ 6 Abs. 1 und 3 RBStV), Beschäftigte (§ 6 Abs. 4 RBStV) und Kraftfahrzeuge (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 RBStV), welche die Beitragspflicht dem Grunde und der Höhe nach steuern, hält der Gesetzgeber sich im Rahmen seines (weiten) Gestaltungsspielraums. Diese Kriterien sind auch unter Berücksichtigung der höchst unterschiedlichen Strukturen im unternehmerischen Bereich hinreichend realitätsgerecht und ausreichend differenziert, um den beitragsauslösenden Vorteil abzubilden und die Beitragslasten im Verhältnis der Abgabenpflichtigen untereinander angemessen zu verteilen. Die Betriebsstätte bildet ähnlich der Wohnung im privaten Bereich den örtlichen Rahmen, in dem typischerweise die Möglichkeit zu einem dem Unternehmen dienenden Rundfunkempfang eröffnet ist. Die Bemessung der Beitragshöhe nach der Beschäftigtenzahl trägt dem Umstand Rechnung, dass sich das beitragsauslösende Programmangebot an potentielle Rundfunknutzer richtet und damit personenbezogen ist. Daher ist es sachgerecht, den möglichen kommunikativen Nutzen nach der Zahl der Beschäftigten zu bemessen statt etwa nach dem Umsatz oder dem Gewinn.
121Vgl. BayVfGH, Entscheidung vom 15. Mai 2014- Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 -, DVBl. 2014, 848 = juris Rn. 119 f.; VerfGH Rh.-Pf., Urteil vom 13. Mai 2014 - VGH B 35/12 -, DVBl. 2014, 842 = juris Rn. 151 ff.; OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 29. Oktober 2014 - 7 A 10820/14 -, NVwZ-RR 2015, 38 = juris Rn. 7; VG Hannover, Urteil vom 24. Oktober 2014 - 7 A 6516/13 -, juris Rn. 42 ff.; siehe daneben die Begründung zum 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, LT-Drs. 15/1303, S. 42 f.; a. A. Degenhart, K&R, Beihefter 1/2013 zu Heft 3, der die Grenzen zulässiger Typisierung im Ansatz und in der Durchführung hier für überschritten hält.
122Dass Kraftfahrzeuge unter den Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 RBStV bei der Bemessung des Beitrags im nicht privaten Bereich zu berücksichtigen sind, ist plausibel. Denn im Verhältnis zum sonstigen unternehmerischen Bereich kann es in einem betrieblich, d. h. häufig und ggf. über längere Strecken genutzten Kraftfahrzeug nach der Lebenserfahrung zu einer entsprechend der Nutzungsintensität deutlich gesteigerten Nutzung des (Hörfunk-)Programmangebots kommen. Diese Ausgangsannahme darf der Gesetzgeber zum Anlass für eine eigenständige Vorteilsabgeltung nehmen, die mit einem Drittel des Rundfunkbeitrags für jedes beitragspflichtige Kraftfahrzeug sachgerecht bemessen ist. Eine Unterscheidung etwa nach der Art des Fahrzeugs (Pkw, Lkw, Omnibus) ist verfassungsrechtlich nicht geboten. Im Unterschied zu den Betriebsstätten handelt es sich bei einem Kraftfahrzeug gleich welcher Art um einen eng begrenzten, überschaubaren Raum, dem der Gesetzgeber typisierend einen einheitlich bemessenen Vorteil zuordnen darf. Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung gegenüber dem privaten Bereich, in dem der wohnungsbezogene Rundfunkbeitrag die Programmnutzung im privaten Kraftfahrzeug abgilt, scheidet schon wegen der unterschiedlichen Vorteilslage aus.
123Vgl. BayVfGH, Entscheidung vom 15. Mai 2014- Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 -, DVBl. 2014, 848 = juris Rn. 121; VerfGH Rh.-Pf., Urteil vom 13. Mai 2014 - VGH B 35/12 -, DVBl. 2014, 842 = juris Rn. 149; VG Hamburg, Urteil vom 17. Juli 2014- 3 K 5371/13 -, juris Rn. 50 ff.; a. A. auch in diesem Punkt Degenhart, K&R, Beihefter 1/2013 zu Heft 3.
124Der Gesetzgeber hat auch für den unternehmerischen Bereich seine weite Typisierungsbefugnis nicht dadurch überschritten, dass er die Beitragspflicht grundsätzlich - mit der Ausnahme insbesondere von § 5 Abs. 4 RBStV und abgesehen von der ggf. in verfassungskonformer Auslegung zu erwägenden analogen Anwendung von § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV in krassen atypischen Ausnahmefällen - unwiderleglich und insbesondere nicht gerätebezogen ausgestaltet hat. Das ist durch die Typisierungsziele der Verwaltungspraktikabilität, der Beschränkung von Ermittlungen in der Betriebssphäre und der Absicherung gegen Umgehungsmöglichkeiten oder Missbrauch verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Es gelten im Wesentlichen dieselben Erwägungen wie für den privaten Bereich. Auch in Unternehmen sind herkömmliche oder neuartige, stationäre oder mobile Empfangsgeräte nahezu flächendeckend verbreitet. Deshalb darf der Gesetzgeber die effektive Möglichkeit der Programmnutzung als spezifischen Vorteil erachten, der abzugelten ist.
125Vgl. BayVfGH, Entscheidung vom 15. Mai 2014- Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 -, DVBl. 2014, 848 = juris Rn. 122; VerfGH Rh.-Pf., Urteil vom 13. Mai 2014 - VGH B 35/12 -, DVBl. 2014, 842 = juris Rn. 166, weist allerdings ausdrücklich auf die Pflicht des Gesetzgebers hin, die Entwicklung des Rundfunks im Auge zu behalten und ggf. beitragsrechtlich auf atypische Fallkonstellationen im nicht privaten Bereich mit Härtefallregelungen zu reagieren; a. A. wieder Degenhart, K&R, Beihefter 1/2013 zu Heft 3.
126Zum Weiteren war der Gesetzgeber angesichts seines verfassungsrechtlich durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG grundierten weiten Gestaltungsspielraums bei der Ausgestaltung der Rundfunkordnung auch im Bereich der Rundfunkfinanzierung nicht durch Art. 3 Abs. 1 GG gehalten, die Beitragspflicht für Betriebsstätten anders zuzuschneiden als durch die degressive Staffelung in § 5 Abs. 1 Satz 2 RBStV, demzufolge sich die Höhe des zu leistenden Rundfunkbeitrags nach der Zahl der neben dem Inhaber Beschäftigten bemisst und ausgehend davon für die jeweilige Betriebsstätte und deren jeweilige Beschäftigtenzahl abgestuft ist.
127Dass der Einstiegsbeitrag des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 RBStV mit einem Drittel des Rundfunkbeitrags für eine Betriebsstätte mit keinem oder bis acht Beschäftigten deutlich unter dem im privaten Bereich je Wohnung zu leistenden Beitrag liegt, ist angemessen. Der Vorteil im unternehmerischen Bereich, der in der Möglichkeit, Rundfunk zu empfangen liegt, hat ein geringeres Gewicht als im privaten Bereich, weil der Rundfunkempfang typischerweise immer nur zeitlich beschränkte Begleiterscheinung der unternehmerischen Tätigkeit bleibt. Die stufenweise Degression mit steigender Beschäftigtenzahl in einer Betriebsstätte trägt einerseits diesem qualitativen Unterschied, andererseits der großen Bandbreite unterschiedlicher Betriebsstätten typisierend Rechnung. Der Gesetzgeber darf davon ausgehen, dass der spezifische Vorteil aus dem Programmangebot für den unternehmerischen Bereich in der einzelnen Betriebsstätte nicht linear proportional zur Beschäftigtenzahl zunimmt. Mit zehn Stufen ist die Staffelung ausreichend differenziert und weist die erforderliche Typengerechtigkeit auf. Unebenheiten und Friktionen, wie sie sich durch die Bemessung in Stufen und den Verzicht auf weitere Unterscheidungen etwa zwischen Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten ergeben können, sind wiederum durch die Ziele der Praktikabilität, der Vermeidung aufwendiger individueller Ermittlungen und der Absicherung gegen Erhebungsdefizite in einem Massenverfahren verfassungsrechtlich gerechtfertigt.
128Vgl. BayVfGH, Entscheidung vom 15. Mai 2014- Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 -, DVBl. 2014, 848 = juris Rn. 125; VerfGH Rh.-Pf., Urteil vom 13. Mai 2014 - VGH B 35/12 -, DVBl. 2014, 842 = juris Rn. 156 f.; a. A. Degenhart, K&R, Beihefter 1/2013 zu Heft 3.
129Die - nicht nach verschiedenen Branchen differenzierende - Beitragsbemessung nach § 5 Abs. 1 Satz 2 RBStV führt nicht zu einer gleichheitswidrigen Benachteiligung von Unternehmen mit einer strukturbedingt großen Anzahl von Betriebsstätten oder Kraftfahrzeugen, etwa von großen Handelsfilialisten oder Autovermietungen. Solche Unternehmen haben zwar aufgrund der Kombination von Betriebsstättenbezug und degressiver Staffelung nach der Beschäftigtenzahl in der einzelnen Betriebsstätte höhere Beiträge zu entrichten als Unternehmen mit derselben Mitarbeiterzahl, aber weniger Betriebsstätten und Kraftfahrzeugen. Das ist als Konsequenz der sachgerechten Typisierung vornehmlich nach Raumeinheiten (noch) hinzunehmen. Letztlich gilt im Kern nichts anderes als für den Wohnungsbezug der Rundfunkbeitragspflicht im privaten Bereich, demzufolge etwa eine dreiköpfige Familie, die eine Haupt- und eine Ferienwohnung innehat, höhere Rundfunkbeitragszahlungen leisten muss als eine fünfköpfige Familie mit nur einer Wohnung. Im Übrigen wird im unternehmerischen Bereich die mit der Unternehmensgröße zunehmende Spreizung der Belastungen dadurch beschränkt, dass § 5 Abs. 2 Satz 2 RBStV für jede beitragspflichtige Betriebsstätte des Inhabers jeweils ein Kraftfahrzeug von der Beitragspflicht ausnimmt. Da diese Vorschrift auf den jeweiligen Inhaber abstellt, kommt es auf die Zuordnung eines einzelnen Kraftfahrzeugs zu einer bestimmten Betriebsstätte desselben Inhabers nicht an. Damit bleiben für ein Unternehmen umso mehr Kraftfahrzeuge aus dem Fuhrpark beitragsfrei, je mehr Betriebsstätten es hat, was im Verhältnis zu einem ansonsten vergleichbaren Unternehmen mit weniger Betriebsstätten die Belastungsunterschiede verringert, wenn auch nicht einebnet. Schließlich darf nicht außer Acht bleiben, dass eine Beitragsbemessung unter Berücksichtigung der Gesamtbeschäftigtenzahl eines Filialunternehmens dazu führen würde, dass auf die einzelne Niederlassung ein geringerer Rundfunkbeitrag entfiele als auf ein mit dieser ansonsten vergleichbares Einzelgeschäft. Da der maßgebende Vorteil aus dem Programmangebot für beide Betriebsstätten aber gleich ist, bestünde für eine solche Beitragsbemessung ihrerseits ein kaum zu erfüllender Rechtfertigungsbedarf. Zudem sei an dieser Stelle wiederholt, dass es sich nach statistischen Erhebungen des Gesetzgebers so verhält, dass ca. 70 % der Betriebsstätten unter § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 RBStV fallen und insgesamt 90 % unter § 5Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 oder Nr. 2 RBStV, mithin die beiden niedrigsten Beitragsstufen. Daraus geht hervor, dass die finanzielle Gesamtbelastung, die das neue Rundfunkbeitragssystem für Betriebsstätten erzeugt, sich auch im Durchschnitt bezogen auf die Gesamtheit aller Betriebsstätten als relativ geringfügig erweisen dürfte.
130Vgl. BayVfGH, Entscheidung vom 15. Mai 2014- Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 -, DVBl. 2014, 848 = juris Rn. 126.; VerfGH Rh.-Pf., Urteil vom 13. Mai 2014 - VGH B 35/12 -, DVBl. 2014, 842 = juris Rn. 156 f.; VG Hannover, Urteil vom 24. Oktober 2014 - 7 A 6516/13 -, juris Rn. 51 ff.; und nochmals die Begründung zum 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, LT-Drs. 15/1303, S. 42; a. A. Degenhart, K&R, Beihefter 1/2013 zu Heft 3.
131Auch die Ermäßigung für Betriebsstätten bestimmter Einrichtungen in § 5 Abs. 3 RBStV ist sachlich gerechtfertigt. Der Gesetzgeber durfte - wie auch bereits nach altem Rundfunkgebührenrecht - gemeinnützige Einrichtungen wie Einrichtungen für behinderte Menschen, Einrichtungen der Jugendhilfe, öffentliche Schulen, Feuerwehr, Polizei, Bundeswehr etc. beitragsrechtlich privilegieren. Diese Einrichtungen unterscheiden sich von wirtschaftlichen Unternehmungen dadurch, dass sie nicht mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden. Weiterhin durfte der Gesetzgeber im Hinblick auf die Ziele der Beitragsstabilität auf eine gänzliche Befreiung dieser gemeinnützigen Einrichtungen verzichten und somit eine gleichmäßige Belastung anstreben.
132Vgl. zu diesen Motiven die Begründung zum 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, LT-Drs. 15/1303, S. 44; genauso BayVfGH, Entscheidung vom 15. Mai 2014 - Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 -, DVBl. 2014, 848 = juris Rn. 128; VerfGH Rh.-Pf., Urteil vom 13. Mai 2014 - VGH B 35/12 -, DVBl. 2014, 842 = juris Rn. 160 ff.; VG Hannover, Urteil vom 24. Oktober 2014 - 7 A 6516/13 -, juris Rn. 61 ff.
133Die Beitragsfreistellung von öffentlichen Rundfunkanstalten, den Landesmedienanstalten und den nach Landesrecht zugelassenen privaten Rundfunkveranstaltern oder -anbietern in § 5 Abs. 6 Nr. 1 RBStV ist ebenfalls verfassungsrechtlich unbedenklich. Der sachliche Grund für diese Ungleichbehandlung liegt darin, dass sich diese Einrichtungen auf der (Rundfunk-)Anbieterseite befinden. Es geht um die Vermeidung einer Zahlungspflicht zum einen der öffentlich-rechtlichen Anstalten an sich selbst und zum anderen der privaten Anbieter an ihre Konkurrenten.
134Vgl. VerfGH Rh.-Pf., Urteil vom 13. Mai 2014- VGH B 35/12 -, DVBl. 2014, 842 = juris Rn. 163; siehe daneben die Begründung zum 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, LT-Drs. 15/1303, S. 46.
135(4) Die den Beitragsschuldner treffenden Anzeigepflichten aus § 8 RBStV, das Auskunftsrecht der Landesrundfunkanstalt gemäß § 9 Abs. 1, Abs. 2 RBStV und der in § 14 Abs. 9 RBStV statuierte einmalige Meldedatenabgleich sind verfassungsgemäß. Diese Regelungen greifen nicht unverhältnismäßig in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG ein.
136Eingriffe in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung durch - wie hier - die Erhebung, Speicherung und den Abgleich personen- bzw. betriebsbezogener Daten bedürfen einer verfassungsmäßigen gesetzlichen Grundlage, die insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem Gebot der Normenklarheit entsprechen muss. Der Einzelne muss dabei solche Beschränkungen seines Rechts hinnehmen, die durch überwiegende Allgemeininteressen gerechtfertigt sind.
137Vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 4. April 2006- 1 BvR 518/02 -, BVerfGE 115, 320 = DVBl. 2006, 899 = juris Rn. 81 ff., m.w.N.
138Dem werden §§ 8, 9 Abs. 1 und Abs. 2, 14 Abs. 9 RBStV jeweils gerecht.
139(a) Die Auskunfts- und Nachweispflichten, die in §§ 8, 9 Abs. 1 und Abs. 2 RBStV ausgestaltet sind, sind sowohl hinreichend bestimmt,
140vgl. dazu im Einzelnen BayVfGH, Entscheidung vom 15. Mai 2014 - Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 -, DVBl. 2014, 848 = juris Rn. 91 ff. und Rn. 135 f.,
141als auch verhältnismäßig.
142Zusammengefasst lässt sich dazu sagen, dass sie in geeigneter und erforderlicher Weise einem legitimen Zweck dienen, nämlich eine verlässliche Tatsachengrundlage für eine vollständige und gleichmäßige Erhebung des Rundfunkbeitrags und dadurch die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sicherzustellen. Der Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist nicht besonders intensiv. Im privaten Bereich beschränken sich die vom Beitragsschuldner nach § 8 RBStV anzuzeigenden Daten grundsätzlich auf diejenigen Informationen, die zu seiner Identifizierung und zur Bestimmung der ihm zuzuordnenden beitragspflichtigen Wohnung(en) erforderlich sind, so etwa bei der Anmeldung auf den Namen, das Geburtsdatum, die Anschrift und Lage der Wohnung sowie den Beginn ihres Innehabens. Auch wenn bei der Abmeldung zusätzlich der die Abmeldung begründende Lebenssachverhalt in „typisierter Form“ anzugeben ist, berühren die zu offenbarenden Daten die Persönlichkeit des Anzeigepflichtigen nur am Rande. Mit der Verknüpfung von Identität und beitragspflichtiger Wohnung offenbaren sie keine wesentlichen Persönlichkeitsmerkmale und beeinträchtigen die Privatsphäre spürbar geringer als die zur früheren gerätebezogenen Rundfunkgebühr zusätzlich erhobenen Daten etwa zu Art, Zahl, Nutzungsart und Standort der bereitgehaltenen Rundfunkempfangsgeräte. Im nicht privaten Bereich betreffen die anzuzeigenden Daten von vornherein nur die geringer geschützte berufliche Sphäre. Sie beschränken sich neben den Angaben zur Identifikation des Beitragsschuldners mit Informationen zu den Beitragsbemessungskriterien Betriebsstätte, Beschäftigtenzahl und beitragspflichtige Kraftfahrzeuge auf wenige zentrale und vom Betriebsinhaber leicht zu beschaffende Grundinformationen, die keine beachtlichen Rückschlüsse auf das unternehmerische Wirken zulassen. Die wenigen anzuzeigenden Daten unterliegen zudem einer strikten Bindung an den Zweck der Erhebung des Rundfunkbeitrags (§ 11 Abs. 5 Satz 1 RBStV). Die Anzeige- und Nachweispflichten der Beitragspflichtigen dienen demgegenüber Gemeinwohlbelangen von hohem Gewicht. Sie zielen auf eine möglichst vollständige Erhebung des Rundfunkbeitrags, um damit die verfassungsrechtlich gewährleistete bedarfsgerechte Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sicherzustellen. Zugleich stellen sie die Grundlage für die durch Art. 3 Abs. 1 GG geforderte Gleichmäßigkeit der Beitragserhebung dar. Bei Abwägung zwischen der eher gering zu wertenden Schwere des Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung einerseits und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe andererseits sind die Anzeige- und Nachweispflichten den Beitragsschuldnern zumutbar. Ein Interesse, personenbezogene Daten nicht zu offenbaren, um der gesetzlich begründeten und verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Rundfunkbeitragspflicht zu entgehen, ist nicht schutzwürdig. Der Arbeitsaufwand ist im Regelfall marginal und hält sich auch im nicht privaten Bereich selbst für große Unternehmen mit einer Vielzahl von Betriebsstätten, Beschäftigten und Kraftfahrzeugen in einem überschaubaren Rahmen.
143Vgl. zu alledem BayVfGH, Entscheidung vom 15. Mai 2014 - Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 -, DVBl. 2014, 848 = juris Rn. 138 ff.; dem angeschlossen hat sich insgesamt das VG Stuttgart, Urteil vom 1. Oktober 2014 - 3 K 1360/14 -, juris Rn. 36; in der Sache genauso VerfGH Rh.-Pf., Urteil vom 13. Mai 2014 - VGH B 35/12 -, DVBl. 2014, 842 = juris Rn. 49 ff.
144Entsprechendes gilt für das Auskunftsrecht der Landesrundfunkanstalt gegenüber Dritten nach § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 i.V.m. § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 RBStV.
145Vgl. insofern BayVfGH, Entscheidung vom 15. Mai 2014 - Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 -, DVBl. 2014, 848 = juris Rn. 149 ff.
146(b) In der Folge stellt sich der einmalige Meldedatenabgleich des § 14 Abs. 9 RBStV als grundrechtskonform dar.
147§ 14 Abs. 9 RBStV soll es den Landesrundfunkanstalten ermöglichen, die bereits für den früheren Rundfunkgebühreneinzug gespeicherten und gemäß § 14 Abs. 6 Satz 1 RBStV weiter verwendbaren Daten einmalig zum Inkrafttreten des neuen Rundfunkbeitragsmodells mit dem Melderegister abzugleichen und zu vervollständigen, um eine möglichst lückenlose Bestands- und Ersterfassung im privaten Bereich zu erreichen.
148Vgl. die Begründung zum 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, LT-Drs. 15/1303, S. 59.
149Die angestrebte Vermeidung eines Vollzugsdefizits und Herstellung größerer Beitragsgerechtigkeit sind legitime Zwecke, die einen Eingriff in das Recht der informationellen Selbstbestimmung rechtfertigen können. Zur Erreichung dieses Zwecks ist § 14 Abs. 9 RBStV geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinn. Wiederum sind die Beeinträchtigungen für die Betroffenen gering. Im Regelfall handelt es sich um Beitragsschuldner, die bereits als Rundfunkteilnehmer erfasst waren oder ihrer Anzeigepflicht genügt haben, so dass die jeweilige Landesrundfunkanstalt durch den Meldedatenabgleich nichts wesentlich Neues erfährt. Soweit Beitragsschuldner ihrer Anzeigepflicht noch nicht nachgekommen sind, verdient ihr Interesse, ihre Daten nicht offenbaren und den Rundfunkbeitrag nicht zahlen zu müssen, keinen Schutz. Sie sollen gerade im Interesse einer gleichmäßigen Beitragserhebung ermittelt werden. Sind schließlich Personen vom Meldedatenabgleich betroffen, die nicht der Beitragspflicht unterliegen oder später nicht als Beitragsschuldner herangezogen werden, so hat der Eingriff ihnen gegenüber geringes Gewicht. Die zu übermittelnden Daten beschränken sich auf Informationen zur Identifizierung einer Person und ihrer Zuordnung zu einer bestimmten Wohnung und lassen keinen tieferen Einblick in die Privatsphäre zu. Die Daten sind zudem auch insoweit durch eine strikte Zweckbindung und strenge Löschungspflichten (§§ 14 Abs. 9 Satz 2 und Satz 5 RBStV i.V.m. § 11 Abs. 5 Satz 2 und Satz 3 RBStV) hinreichend abgesichert.
150Vgl. zum Ganzen BayVfGH, Entscheidung vom 15. Mai 2014 - Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 -, DVBl. 2014, 848 = juris Rn. 159 ff.
151cc) Mit Blick auf den erarbeiteten verfassungsrechtlichen Befund zum Rundfunkbeitragsstaatsvertrag kommt eine Richtervorlage gemäß Art. 100 Abs. 1 GG nicht in Frage.
152Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt (Art. 100 Abs. 1 Satz 2 GG).
153Um den Begründungsanforderungen des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG für eine Richtervorlage zu genügen, muss das vorlegende Gericht darlegen, inwiefern seine Entscheidung von der Gültigkeit der zur Prüfung gestellten Vorschrift abhängt. Dazu muss es den entscheidungserheblichen Sachverhalt aus sich heraus verständlich schildern und sich mit der Rechtslage eingehend auseinandersetzen, die in Rechtsprechung und Literatur entwickelten Auffassungen berücksichtigen und auf unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten der Vorschrift eingehen. Der Beschluss muss den verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab nennen und die für die Überzeugung des Gerichts von der Verfassungswidrigkeit der Vorschrift maßgebenden Erwägungen nachvollziehbar und erschöpfend darlegen. Das vorlegende Gericht muss auch die Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung erörtern, wenn offensichtlich mehrere Auslegungsmöglichkeiten in Betracht kommen, die zu unterschiedlich starken Eingriffen in grundrechtlich geschützte Positionen führen und den verfassungsrechtlichen Bedenken des vorlegenden Gerichts nicht in gleicher Weise ausgesetzt sind. Es muss insoweit vertretbar begründen, dass es eine verfassungskonforme Auslegung der zur Prüfung gestellten Norm nicht für möglich hält.
154Vgl. etwa BVerfG, Beschlüsse vom 12. Februar 2014 - 1 BvL 7/11 -, juris Rn. 9, und vom 2. Mai 2012 - 1 BvL 20/09 -, BVerfGE 131, 1 = NJW 2012, 2176 = juris Rn. 66 ff., jeweils m.w.N.
155Legt man diese Maßstäbe an, kommt eine Richtervorlage gemäß Art. 100 Abs. 1 GG nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen dafür fehlen. Wie ausgeführt, sieht der Senat den Rundfunkbeitragsstaatsvertrag in allen seinen Regelungsteilen als verfassungsgemäß an.
156Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Da der Kläger im erst- wie im zweitinstanzlichen Verfahren unterlegen ist, sind die Kosten für die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren nicht gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für erstattungsfähig zu erklären.
157Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
158Die Revision ist zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gegeben sind. Die Frage der Verfassungsmäßigkeit des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags hat grundsätzliche Bedeutung. Die Möglichkeit der Revisionszulassung ist in § 13 RBStV ausdrücklich vorgesehen.
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Der Gerichtsbescheid ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Gründe
I.
II.
III.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Gerichtsbescheid steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Gerichtsbescheids beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,
Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder
Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,
schriftlich zu beantragen.
Der Antrag muss den angefochtenen Gerichtsbescheid bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Gerichtsbescheids sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstr. 23, 80539 München oder
Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,
einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Gerichtsbescheids bestehen,
2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4. der Gerichtsbescheid von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.
Der Antragsschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.
Anstelle der Zulassung der Berufung können die Beteiligten innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,
Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder
Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten mündliche Verhandlung beantragen.
Wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 461,60 EUR festgesetzt.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,-- EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,
Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder
Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,
schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Erhebung von Rundfunkbeiträgen.
Sie wurde vom Beklagten seit Dezember 1998 als private Rundfunkteilnehmerin mit einem Hörfunkgerät geführt. Seit dem
Mit Bescheid vom
Mit Bescheiden vom
Mit Widerspruchsbescheid vom
Am ... Februar 2016 erhob die Klägerin zum Bayerischen Verwaltungsgericht München Klage und beantragte,
den Widerspruchsbescheid vom
Zur Begründung führte sie aus, dass die Berechnung der angeblichen Forderung von f... EUR bzw. g... EUR im Festsetzungsbescheid vom
Mit Schriftsatz vom
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führte er aus, dass die Forderungen korrekt berechnet seien. Es sei auch nicht verfassungsrechtlich zu beanstanden, dass bei der Beitragsbemessung nicht mehr zwischen Hörfunk- und Fernsehnutzung unterschieden werde, sondern ein einheitlicher, das gesamte Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks abdeckender Beitrag erhoben werde.
Die Beteiligten wurden mit gerichtlichem Schreiben vom ... Juni 2016 zur in Betracht kommenden Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört. Mit Beschluss vom 6. Juli 2016
Gründe
1. Über die Klage konnte gemäß § 84 Abs. 1 VwGO im Wege des Gerichtsbescheids entschieden werden.
2. Die gegen den Festsetzungsbescheid vom
Der Bescheid des Beklagten vom
2.1. Rechtsgrundlage für die Erhebung von Rundfunkbeiträgen ist der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag - RBStV - in der Fassung der Bekanntmachung vom
Im privaten Bereich ist nach § 2 Abs. 1 RBStV grundsätzlich für jede Wohnung von deren Inhaber (Beitragsschuldner) ein Rundfunkbeitrag zu entrichten. Dieser betrug bis einschließlich März 2015 17,98 EUR pro Monat (s. § 8 RFinStV in der bis 31.3.2015 gültigen Fassung). Seit 1. April 2015 sind monatlich 17,50 EUR zu zahlen. Inhaber einer Wohnung ist jede volljährige Person, die die Wohnung selbst bewohnt. Als Inhaber wird jede Person vermutet, die dort nach dem Melderecht gemeldet ist oder im Mietvertrag für die Wohnung als Mieter genannt ist (§ 2 Abs. 2 RBStV).
Die Klägerin hat nicht in Abrede gestellt, im streitgegenständlichen Zeitraum Inhaberin einer Wohnung gewesen zu sein. Sie war demnach Beitragsschuldnerin. Darauf, ob die Klägerin seinerzeit über Rundfunkempfangsgeräte verfügte oder welcher Art diese waren, kommt es nicht an.
2.2. Die Festsetzung durch Bescheid durfte erfolgen, weil die Klägerin die festgesetzten Rundfunkbeiträge trotz deren Fälligkeit nicht gezahlt hat (§ 10 Abs. 5 Satz 1, § 7 Abs. 3 RBStV).
Insoweit ist zu berücksichtigen, dass für alle von der Klägerin geleisteten Zahlungen gilt, dass diese zunächst auf die Kosten im Zusammenhang mit rückständigen Rundfunkbeiträgen (u. a. Vollstreckungskosten), anschließend auf Säumniszuschläge und sodann auf die jeweils älteste Rundfunkbeitragsschuld verrechnet werden. Dies gilt auch dann, wenn der Beitragsschuldner eine andere Bestimmung trifft (s. § 9 Abs. 2 RBStV i. V. m. § 13 der Satzung des Bayerischen Rundfunks über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge - Rundfunkbeitragssatzung).
Den Akten des Beklagten ist zu entnehmen, dass dieser die eingegangenen Zahlungen der Klägerin jeweils vollständig und korrekt mit bestehenden Forderungen aus Säumniszuschlägen aus den im Tatbestand aufgeführten Bescheiden und rückständigen Rundfunkbeiträgen verrechnet hat. Der dem Bescheid vom 2. November 2015 zugrunde gelegte Rückstand ist somit nicht zu beanstanden. Die Zahlungen der Klägerin seit März 2013 bis zum Erlass des streitgegenständlichen Bescheids in Höhe von insgesamt h... EUR waren nicht ausreichend, um - auch nur teilweise - zum Ausgleich der Beitragsschuld für Dezember 2014 bis Mai 2015 zu führen.
Die Festsetzung eines Säumniszuschlags von c... EUR beruht auf § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 RBStV i. V. m. § 11 Abs. 1 Rundfunkbeitragssatzung und ist ebenfalls nicht zu beanstanden.
2.3. Die grundsätzlichen Einwendungen der Klägerin gegen die Erhebung des Rundfunkbeitrags sind nicht durchgreifend.
Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Bayerische Verfassungsgerichtshof bereits am
Der Rundfunkbeitrag werde als Gegenleistung für das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erhoben (Leitsatz Nr. 2). Die Abgabe habe den Charakter einer Vorzugslast; dem stehe nicht entgegen, dass auch die Inhaber von Raumeinheiten, in denen sich keine Rundfunkempfangsgeräte befinden, zahlungspflichtig seien. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zwinge den Gesetzgeber nicht dazu, eine Befreiungsmöglichkeit für Personen vorzusehen, die von der ihnen eröffneten Nutzungsmöglichkeit keinen Gebrauch machen wollten (Leitsatz Nr. 3). Im privaten Bereich werde mit der Anbindung der Beitragspflicht an das Innehaben einer Wohnung (§ 3 Abs. 1 RBStV) die Möglichkeit der Rundfunknutzung als abzugeltender Vorteil sachgerecht erfasst (Leitsatz Nr. 4).
Das Recht aus Art. 112 Abs. 2 BV auf Rundfunkempfangsfreiheit werde nicht beeinträchtigt (Rn. 63). Das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 101 BV) sei ebenfalls nicht verletzt (Rn. 65), insbesondere weil das Rechtsstaatsprinzip des Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV nicht wegen eines Widerspruchs zur Kompetenzordnung des Grundgesetzes verletzt sei (Rn. 68). Der Freistaat Bayern habe mit seiner Zustimmung zum RBStV von seiner Gesetzgebungskompetenz aus Art. 70 Grundgesetz - GG - Gebrauch gemacht, ohne dabei die durch die Finanzverfassung des GG gezogenen Grenzen zu überschreiten (Rn. 70). Unter der Prämisse, dass der Rundfunkbeitrag seiner Zweckbestimmung nach darauf beschränkt ist sicherzustellen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk seine Funktion als Grundversorgung in der gegenwärtigen Rundfunkordnung ungeschmälert erfüllen kann, hat er keine Anhaltspunkte dafür gesehen, dass der Gesetzgeber den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum überschritten haben könnte (Rn. 83 f.). Die Zahlungspflichten im privaten und nicht privaten Bereich seien verhältnismäßig (Rn. 97).
Die Rundfunkbeitragspflicht nach § 2 Abs. 1 RBStV verstoße auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 118 Abs. 1 BV (Rn. 101). Indem der Gesetzgeber für jede Wohnung deren Inhaber ohne weitere Unterscheidung einen einheitlichen Rundfunkbeitrag auferlege, habe er nicht wesentlich Ungleiches ohne Rechtfertigung gleich behandelt. Anknüpfungspunkt für die Rundfunkbeitragspflicht sei die Möglichkeit der Programmnutzung, die im privaten Bereich typisierend den einzelnen Wohnungen und damit den dort regelmäßig in einem Haushalt zusammenlebenden Personen zugeordnet werde. Diese Typisierung für den privaten Bereich beruhe auf einleuchtenden, sachlich vertretbaren Gründen und sei auch unter dem Gesichtspunkt der Abgabengerechtigkeit nicht zu beanstanden (Rn. 105 ff). Die Härten, die mit der typisierenden Anknüpfung der Rundfunkbeitragspflicht an eine Wohnung einhergehen können, seien in Anbetracht der Höhe der Rundfunkbeitragspflicht nicht besonders intensiv und hielten sich angesichts der in § 4 RBStV vorgesehenen Befreiungs- und Ermäßigungsregelungen unter dem Gesichtspunkt der Abgabengerechtigkeit im Rahmen des Zumutbaren (Rn. 110).
Wegen der weiteren Einzelheiten und Begründungen wird auf die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs
Zwar hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof mit seiner Entscheidung unmittelbar nur die Vereinbarkeit des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags mit der Bayerischen Verfassung überprüft. Es ist jedoch nicht ersichtlich, inwieweit sich die mit den jeweiligen Normen der Bayerischen Verfassung korrespondierenden Regelungen des Grundgesetzes von diesen dermaßen unterscheiden sollten, dass mit der Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs nicht zugleich feststünde, dass der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag auch nicht gegen die übereinstimmenden Normen des Grundgesetzes verstößt (vgl. Art. 142 GG). Diese Sicht wird im Übrigen auch durch die jetzt vorliegende Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 18.3.2016 - 6 C 6/15 - juris) bestätigt. Anzumerken ist noch, dass der Bayerische Verfassungsgerichtshof seine Prüfung bei Popularklageverfahren auf alle in Betracht kommenden Normen der Bayerischen Verfassung erstreckt, selbst wenn sie von der Antragspartei nicht als verletzt bezeichnet worden sind oder wenn sie keine Grundrechte verbürgen (BayVerfGH, a. a. O. Rn. 60).
Auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat entschieden, dass die Anknüpfung der Pflicht zur Zahlung des Rundfunkbeitrags an das Innehaben einer Wohnung (§ 2 RBStV), unabhängig davon, ob in der Wohnung ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereitgehalten wird oder nicht, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Sie verletze weder die Informationsfreiheit (Rundfunkempfangsfreiheit) noch die allgemeine Handlungsfreiheit oder den allgemeinen Gleichheitssatz (BayVGH, seit
Darüber hinaus gilt noch Folgendes:
Soweit von der Klägerin behauptet wird, die Erhebung des Rundfunkbeitrags verletze das Recht auf Gewissensfreiheit (aus Art. 4 Abs. 1 GG entsprechend Art. 107 BV), greift auch dieser Einwand nicht durch. Der Schutzbereich der Religionsfreiheit bzw. der Gewissensfreiheit ist nicht berührt. Die Zahlung einer Abgabe ist nicht mit der Äußerung eines weltanschaulichen und religiösen Bekenntnisses verbunden. Die Glaubens- und Gewissensfreiheit wird bei der Zahlung einer Abgabe nur dann berührt, wenn diese gerade die Finanzierung einer Glaubensgemeinschaft oder eines Bekenntnisses bezweckt. Die allgemeine Pflicht zur Zahlung einer Abgabe ohne eine solche Zweckbindung tangiert regelmäßig nicht den Schutzbereich des Art. 4 Abs. 1 GG (so BVerfG, B. v. 2.6.2003 - 2 BvR 1775/02 - juris, B. v. 26.8.1992 - 2 BvR 478/92
Die von der Klägerin angesprochene Möglichkeit der Verschlüsselung öffentlich-rechtlicher Rundfunkangebote zum Zweck ihrer Finanzierung wurde bereits unter dem Rundfunkgebührenrecht geprüft und verworfen (s. z. B. BVerwG, U. v. 27.10.2010 - 6 C 12.09, 6 C 17.09, 6 C 21.09 - MMR 2011, 258, 261; BayVGH, U. v. 19.5.2009 - 7 B 08.2922 - DÖV 2009, 820 f.; BVerfG, U. v. 25.3.2014 - 1 BvF 1/11, 1 BvF 4/11
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 84 und 124a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen diesen Gerichtsbescheid innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
beantragen. In dem Antrag ist der angefochtene Gerichtsbescheid zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Gerichtsbescheids sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Anstelle der Zulassung der Berufung können die Beteiligten innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids beim Bayerischen Verwaltungsgericht München
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
mündliche Verhandlung beantragen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 114,92 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz -GKG-).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,-- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.
Gründe
-
I
- 1
-
Der Kläger ist Inhaber von Betriebsräumen, in denen er sowohl ein Büro für Grafikdesign betreibt als auch Veranstaltungen des Bundes für Geistesfreiheit M., einer Weltanschauungsgemeinschaft in Form der Körperschaft des öffentlichen Rechts, durchführt. Unter Hinweis darauf, er habe nach dem Ritus des Fliegenden Spaghettimonsters und in Anwesenheit von Pastafari 66 einen religionstypischen Widmungsakt seiner Geschäftsräume vorgenommen, wendet er sich gegen den noch nicht erledigten Teil eines Bescheids, durch den der Beklagte Rundfunkbeiträge für eine Betriebsstätte nach der Staffel 1 für die Monate April bis Juni 2014 nebst Säumniszuschlag in Höhe von insgesamt 25,97 € festgesetzt hat. Die Anfechtungsklage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen.
-
II
- 2
-
Die Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass die geltend gemachten Revisionszulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO vorliegen.
- 3
-
1. Die Rechtssache hat nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 20. Juli 2016 - 6 B 35.16 [ECLI:DE:BVerwG:2016:200716B6B35.16.0] - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 425 Rn. 3 und vom 20. Februar 2017 - 6 B 36.16 [ECLI:DE:BVerwG:2017:200217B6B36.16.0] - juris Rn. 11). Den nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO maßgeblichen Darlegungen der Beschwerde lässt sich nicht entnehmen, dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind.
- 4
-
Der Kläger hält die Rechtsfragen für grundsätzlich bedeutsam im Sinne von
-
- wann und wodurch eine Betriebsstätte im Sinne von § 5 Abs. 5 Nr. 1 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV) zur Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht "gottesdienstlichen Zwecken gewidmet" ist;
-
- in welcher Form eine solche Widmung stattzufinden hat, bzw. wann gegebenenfalls eine solche Widmung, insbesondere im Falle von nichtreligiösen/atheistischen Weltanschauungsgemeinschaften, entbehrlich ist;
-
- in welchem Umfang ein Pfarrer, Organist oder Küster regelmäßig in einer Kirche oder vergleichbaren Räumen quantitativ Dienst tun kann, damit er zwar dort "regelmäßig" seinen Dienst leistet, aber trotzdem gemäß der amtlichen Begründung zu § 5 Abs. 5 Nr. 1 RBStV (LT-Drs. 16/7001 S. 19) keine Zahlungspflicht von Rundfunkbeiträgen hierfür entsteht;
-
- bei welchem Umfang, in quantitativer Hinsicht, in Kirchen oder vergleichbaren Räumen abgehaltene Gottesdienste nur "gelegentlich" im Sinne der amtlichen Begründung zu § 5 Abs. 5 Nr. 1 RBStV (LT-Drs. 16/7001 S. 19) stattfinden, so dass bei einer im Übrigen bestehenden Beitragspflicht keine Ausnahme von der Zahlungspflicht von Rundfunkbeiträgen begründet wird;
-
- welche Anforderungen in qualitativer Hinsicht an die Nutzung von Betriebsstätten von atheistischen Weltanschauungsgemeinschaften gestellt werden, damit das Praktizieren ihrer Weltanschauung in diesen Räumen zu einer Ausnahme von der Rundfunkbeitragspflicht gemäß § 5 Abs. 5 Nr. 1 RBStV führen kann.
- 5
-
Diese Fragen rechtfertigen bei wörtlichem Verständnis die Zulassung der Revision schon deshalb nicht, weil ihre Klärung in dem angestrebten Revisionsverfahren auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Berufungsurteils nicht zu erwarten ist. Das Berufungsgericht hat ausdrücklich offen gelassen, ob der Anwendungsbereich des § 5 Abs. 5 Nr. 1 RBStV auch auf Betriebsstätten auszudehnen ist, die weltanschaulichen Zwecken gewidmet sind. Es hat seine Entscheidung vielmehr auf die Annahme gestützt, dass die Pflicht zur Zahlung eines Rundfunkbeitrags nur dann gemäß § 5 Abs. 5 Nr. 1 RBStV entfällt, wenn eine Betriebsstätte "ausschließlich" gottesdienstlichen Zwecken gewidmet ist und regelmäßig entsprechend genutzt wird. Im Fall des Klägers sei die Anwendung des § 5 Abs. 5 Nr. 1 RBStV daher schon deshalb ausgeschlossen, weil er seine Räumlichkeiten nicht ausschließlich für weltanschauliche Zwecke des Bundes für Geistesfreiheit, sondern auch zu gewerblichen Zwecken als Büro für Grafikdesign nutze.
- 6
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An dem entscheidungstragenden Rechtssatz des Berufungsgerichts, die Privilegierung des § 5 Abs. 5 Nr. 1 RBStV setze voraus, dass die Widmung der betreffenden Betriebsstätte zu gottesdienstlichen Zwecken als "ausschließlich" zu qualifizieren sei, gehen die von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen vorbei. Fehlt es bereits an dieser Ausschließlichkeit, weil die Räumlichkeiten zumindest auch zu anderen Zwecken genutzt werden, kommt es nicht auf die Anforderungen an, die unter Berücksichtigung der Besonderheiten von nichtreligiösen oder atheistischen Weltanschauungsgemeinschaften an den Akt der Widmung einer Betriebsstätte zu gottesdienstlichen Zwecken im Sinne der Privilegierungsregelung des § 5 Abs. 5 Nr. 1 RBStV und an eine dieser Widmung entsprechende Nutzung gegebenenfalls zu stellen sind. Abgesehen davon ist die Klärung der von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen in dem angestrebten Revisionsverfahren bei wörtlichem Verständnis auch deshalb nicht zu erwarten, weil sie sich nicht fallübergreifend verallgemeinerungsfähig anhand des revisiblen Rechts beantworten lassen. Vielmehr wird es schon wegen der Vielgestaltigkeit religiöser oder weltanschaulicher Betätigungsformen auf eine Würdigung der tatsächlichen Umstände des konkreten Einzelfalles durch das Tatsachengericht ankommen, ob bei einer Betriebsstätte von einer Widmung zu gottesdienstlichen oder gegebenenfalls vergleichbaren religiösen oder weltanschaulichen Zwecken auszugehen ist. Soweit der Kläger für klärungsbedürftig hält, in welchem Umfang ein Pfarrer, Organist oder Küster regelmäßig in einer Kirche oder vergleichbaren Räumen quantitativ Dienst tun kann, ohne dass die Privilegierung gemäß § 5 Abs. 5 Nr. 1 RBStV entfällt, ist darüber hinaus auch bereits kein Bezug zu dem konkreten Sachverhalt erkennbar.
- 7
-
Eine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wird jedoch auch dann nicht dargelegt, wenn der Beschwerdebegründung bei einer am Rechtsschutzbegehren des Klägers orientierten Auslegung die Frage entnommen wird, ob die entscheidungstragende Annahme des Berufungsurteils mit revisiblem Recht vereinbar ist, dass die Pflicht zur Zahlung eines Rundfunkbeitrags nur dann gemäß § 5 Abs. 5 Nr. 1 RBStV entfällt, wenn eine Betriebsstätte ausschließlich gottesdienstlichen Zwecken gewidmet ist. Denn im Revisionsverfahren klärungsbedürftig wäre diese Rechtsfrage nur dann, wenn sie nicht auf der Grundlage der bundesgerichtlichen Rechtsprechung oder des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Auslegungsregeln eindeutig beantwortet werden könnte (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Januar 2015 - 6 B 43.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:270115B6B43.14.0] - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 421 Rn. 8). Derartige Auslegungszweifel bestehen hier nicht.
- 8
-
Zwar lässt sich das Kriterium der Ausschließlichkeit der Widmung der Betriebsstätte zu gottesdienstlichen Zwecken nicht bereits dem Wortlaut des § 5 Abs. 5 Nr. 1 RBStV entnehmen. Es ergibt sich jedoch eindeutig aus dem Sinn und Zweck der Privilegierungsregelung. Ausweislich der Begründung zum Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag nimmt § 5 Abs. 5 RBStV bestimmte Räume von einer Zahlungspflicht aus, ohne den weiten Betriebsstättenbegriff einzuschränken. In Bezug auf § 5 Abs. 5 Nr. 1 RBStV wird darauf hingewiesen, dass gelegentlich abgehaltene Gottesdienste keine Ausnahme von einer im Übrigen bestehenden Beitragspflicht begründen und dass die in § 5 Abs. 5 Nr. 1 RBStV geregelte Privilegierung allein für den Kirchenraum bzw. Raum gilt, der für den Gottesdienst bestimmt ist; angrenzende Verwaltungsräume, z.B. Pfarrämter, werden damit nicht freigestellt und sind als beitragspflichtige Betriebsstätte zu werten (LT-Drs. BY 16/7001 S. 19). Nach dem Willen des Gesetzgebers handelt es sich bei der Beitragsfreiheit von Betriebsstätten, die gottesdienstlichen Zwecken gewidmet sind, folglich um eine eng begrenzte Ausnahme. Ausgehend von der Grundannahme, dass in Betriebsstätten typischerweise Rundfunknutzung stattfindet (LT-Drs. BY 16/7001 S. 17, vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 7. Dezember 2016 - 6 C 49.15 [ECLI:DE:BVerwG:2016:071216U6C49.15.0] - BVerwGE 156, 359 Rn. 31 ff.), lässt es der Gesetzgeber nicht ausreichen, dass ein Raum nur teil- oder zeitweise den privilegierten Zwecken dient. Die in § 5 Abs. 5 Nr. 1 RBStV für Betriebsstätten, die gottesdienstlichen Zwecken gewidmet sind, geregelte Ausnahme von der Rundfunkbeitragspflicht setzt vielmehr voraus, dass die betreffenden Räume ausschließlich für den Gottesdienst oder eine hiermit vergleichbare - kirchlichen, religiösen oder weltanschaulichen Zwecken dienende - Nutzung bestimmt sind, die typischerweise erwarten lässt, dass dort keine betriebsbezogene Rundfunknutzung stattfindet.
- 9
-
Das Erfordernis der Ausschließlichkeit der Widmung einer Betriebsstätte zu gottesdienstlichen oder vergleichbaren Zwecken führt entgegen der Auffassung der Beschwerde auch nicht zu einer Ungleichbehandlung von Religionsgemeinschaften und atheistischen Weltanschauungsgemeinschaften, die mit der dem Staat durch Art. 4 Abs. 1, Art. 3 Abs. 3, Art. 33 Abs. 3 GG sowie durch Art. 136 Abs. 1 und 4 und Art. 137 Abs. 1 WRV in Verbindung mit Art. 140 GG auferlegten weltanschaulich-religiösen Neutralität unvereinbar wäre. Ebenso wie Religionsgemeinschaften haben auch Weltanschauungsgemeinschaften, die grundsätzlich das Grundrecht der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG) für sich in Anspruch nehmen können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. Oktober 2016 - 1 BvR 458/10 - BVerfGE 143, 161 Rn. 98), die Möglichkeit, bestimmte Räume ausschließlich der Pflege und Förderung ihres humanistischen oder atheistischen Bekenntnisses, sei es in Gestalt von Feiern, Gesprächskreisen oder sonstigen Zusammenkünften, vorzubehalten mit der Folge, dass diese Betriebsstätten nach § 5 Abs. 5 Nr. 1 RBStV von der Beitragspflicht ausgenommen sind. Soweit die Beschwerde beanstandet, die berufliche Tätigkeit des Klägers in seinen Betriebsräumen werde gegenüber dem Dienst eines Pfarrers in der Kirche benachteiligt, obwohl sie Ausdruck der Weltanschauung des Klägers sei, verfehlt sie den Bezugspunkt der Privilegierungsregelung des § 5 Abs. 5 Nr. 1 RBStV. Da die Rundfunkbeitragspflicht gemäß § 5 Abs. 1 RBStV an die Betriebsstätte und damit auch im nicht privaten Bereich an Raumeinheiten anknüpft, bezieht sich das Merkmal der Widmung zu gottesdienstlichen Zwecken in § 5 Abs. 5 Nr. 1 RBStV nicht auf berufliche Tätigkeiten, sondern darauf, ob die typische Nutzung eines Raumes trotz der grundsätzlichen Qualifizierung als Betriebsstätte ausnahmsweise erwarten lässt, dass dort keine betriebsbezogene Rundfunknutzung stattfindet.
- 10
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Diese Erwartung ist in Kirchen oder anderen zu gottesdienstlichen Zwecken gewidmeten Räumen regelmäßig berechtigt, auch wenn etwa Pfarrer, Organisten oder Küster dort ihren jeweiligen Berufen nachgehen. Soweit in derartigen Räumen gelegentlich Rundfunkempfangsgeräte wie etwa Mobiltelefone genutzt werden, wird es sich in aller Regel um eine private Nutzung handeln, die von dem jeweiligen "Betriebsinhaber" allenfalls geduldet wird. Handelt es sich demgegenüber um Räumlichkeiten, die - wie im Fall der Betriebsräume des Klägers - regelmäßig auch für solche Aktivitäten genutzt werden, die sich für den objektiven Betrachter als Ausübung eines gewöhnlichen, nicht der Sphäre eines religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses zuzurechnenden Berufes darstellen, ist die erforderliche Grundlage für die Annahme, es werde dort keine betriebliche Rundfunknutzung stattfinden, nicht in gleicher Weise vorhanden.
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2. Der Beschwerdebegründung sind auch keine Verfahrensmängel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zu entnehmen, auf denen das angegriffene Urteil beruhen kann. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist nicht dargetan.
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Der Kläger rügt, das Berufungsurteil betrachte ihn vorrangig als gewerblich tätigen Grafikdesigner und übergehe seinen Vortrag, dass seine Stellung als Erster Vorsitzender des Bundes für Geistesfreiheit M. mindestens der Stellung eines christlichen Pfarrers gleichkomme, dass die genannte Weltanschauungsgemeinschaft in seinen Betriebsräumen regelmäßig Treffen, Vorstandssitzungen, Feiern und sonstige Festlichkeiten abhalte und dass er - der Kläger - gezielt durch Auswahl der ihm angetragenen Aufträge, ihre Umsetzung und Erfüllung seine Weltanschauung in seinen Betriebsräumen permanent lebe, so dass es sich nur sekundär um eine Berufstätigkeit handele.
- 13
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Aus diesem Beschwerdevortrag ergibt sich nicht, dass der Verwaltungsgerichtshof in Bezug auf einen entscheidungserheblichen materiell-rechtlichen Gesichtspunkt das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO verletzt hat. Das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren, verpflichtet das Gericht, das Vorbringen jedes Beteiligten bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es das gesamte Vorbringen in den Urteilsgründen behandeln muss. Vielmehr sind in dem Urteil nur diejenigen tatsächlichen und rechtlichen Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Daher kann aus dem Umstand, dass das Gericht einen Aspekt des Vorbringens eines Beteiligten in den Urteilsgründen nicht erwähnt hat, nur dann geschlossen werden, es habe diesen Aspekt nicht in Erwägung gezogen, wenn er nach dem materiell-rechtlichen Rechtsstandpunkt des Gerichts eine Frage von zentraler Bedeutung betrifft (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <145 f.>; BVerwG, Beschluss vom 8. Juni 2016 - 6 B 40.15 [ECLI:DE:BVerwG:2016:080616B6B40.15.0] - Buchholz 442.066 § 55 TKG Nr. 12 Rn. 29).
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Gemessen hieran wird eine Gehörsverletzung nicht dargelegt. Auf den im Berufungsurteil ausdrücklich wiedergegebenen Vortrag des Klägers, er stelle seine Betriebsräume für Vorstandstreffen und Veranstaltungen des Bundes für Geistesfreiheit M. zur Verfügung und nehme als - inzwischen - Erster Vorsitzender dieser Weltanschauungsgemeinschaft in seiner Betriebsstätte mindestens eine vergleichbare Stellung ein wie ein christlicher Pfarrer, der in Ausübung seines Berufs die Messe in einer Kirche zelebriere, kam es von dem materiell-rechtlichen Standpunkt des Verwaltungsgerichtshofs ausgehend ebenso wenig entscheidungserheblich an wie auf die Behauptung des Klägers, seine gesamte berufliche Tätigkeit diene gerade auch dem Zweck der Verbreitung der Weltanschauung des Bundes für Geistesfreiheit M. Denn der Verwaltungsgerichtshof hat entscheidungstragend darauf abgestellt, dass die Pflicht zur Zahlung eines Rundfunkbeitrags allenfalls dann gemäß § 5 Abs. 5 Nr. 1 RBStV entfalle, wenn eine Betriebsstätte "ausschließlich" weltanschaulichen Zwecken gewidmet sei. Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt, da der Kläger seine Räumlichkeiten nicht ausschließlich für weltanschauliche Zwecke des Bundes für Geistesfreiheit, sondern auch zu gewerblichen Zwecken als Büro für Grafikdesign nutze. Die Beschwerde bestreitet nicht, dass der Kläger seine Betriebsräume jedenfalls auch für seine berufliche Tätigkeit als Grafikdesigner nutzt, sondern macht lediglich geltend, diese Berufstätigkeit stelle sich im Hinblick auf ihren weltanschaulich geprägten Charakter als "sekundär" dar. Selbst wenn unterstellt wird, dass der Kläger seine gesamte Tätigkeit als Ausdruck seiner Weltanschauung versteht, wäre dies nach dem materiell-rechtlichen Standpunkt des Verwaltungsgerichtshofs, wonach die Privilegierung des § 5 Abs. 5 Nr. 1 RBStV die Ausschließlichkeit der Widmung der betreffenden Betriebsräume zu weltanschaulichen Zwecken voraussetzt, nicht entscheidungserheblich.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 in Verbindung mit § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.