Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 24. Apr. 2014 - 8 A 36/12

ECLI:ECLI:DE:VGSH:2014:0424.8A36.12.0A
bei uns veröffentlicht am24.04.2014

Tenor

1. Die Beklagte wird unter Aufhebung der Bescheide vom 12.12.2011 und 25.01.2012 verpflichtet, der Klägerin die unter dem 26.08.2011 und 17.11.2011 beantragte denkmalschutzrechtliche Genehmigung zu erteilen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung für Umbaumaßnahmen am Gebäude des Kieler Hauptbahnhofs.

2

Die Klägerin betreibt im Gebäude des Kieler Hauptbahnhofs eine Bäckereifiliale. Die Filiale befindet sich auf der Westseite des Bahnhofs gegenüber dem „Sophienhof“. Unter dem 26.08.2011 - ergänzt mit Schreiben vom 17.11.2011 - beantragte die Klägerin bei der Beklagten eine Genehmigung für die Errichtung eines sog. Wintergartens zur Erweiterung ihrer Verkaufs- und Bedienfläche. Der Wintergarten soll einen Teil der Fläche in Anspruch nehmen, der bislang als Durchgangsbereich (Wandelgang) zwischen dem Eingang zum Bahnhofsgebäude und zu der Fußgängerbrücke zum Sophienhof genutzt wird. Der in diesem Bereich circa 5 m breite Wandelgang würde dadurch auf einer Länge von 11,80 m auf eine Breite von 2,50 m reduziert. In den freien Raum des Wandelgangs würden Stahlstützen eingebracht, die den Außenstützen der Wandelhalle entsprechen. Die Glaswände sollen zwischen den nichttragenden Stahlstützen errichtet werden. Der Wintergarten soll durch eine Tür sowohl mit den vorhandenen Verkaufsräumen der Klägerin als auch mit dem Wandelgang verbunden werden. Auf den Glasflächen sind mehrere Schriftzüge mit dem Namen der Klägerin vorgesehen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Bl. 1-6 des Verwaltungsvorgangs und auf die beigefügten Visualisierungen (Bl. 52-56 d.A.) verwiesen. Der Bereich, in dem der Wintergarten errichtet werden soll, wird durch die Klägerin bereits als Aufstellfläche für Tische und Stühle genutzt.

3

Das Gebäude des Kieler Hauptbahnhofs ist seit dem 26.10.1990 als ein Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung im Denkmalbuch verzeichnet. Nach Abschluss von umfangreichen Umbau- und Modernisierungsmaßnahmen im Jahre 2006 wurde die Denkmalbucheintragung unter dem 14.02.2008 aktualisiert und der bisherige Schutzumfang reduziert. Der Denkmalschutz erstreckt sich nunmehr auf das gesamte dreiflüglige Empfangsgebäude mit dem ehemaligen Kaiserportal an der Wasserseite und die umschlossene dreischiffige Querhalle in filigraner Eisenkonstruktion (vgl. Bl. 38 d.A.).

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Mit Bescheid vom 12.12.2011 lehnte die Beklagte die Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung für die beantragte Baumaßnahme ab. Die für die Veränderung eines Kulturdenkmals gem. § 9 Denkmalschutzgesetz (DSchG) a.F. erforderliche Genehmigung könne nicht erteilt werden. Die Ansicht des Hauptbahnhofs sei durch eine klare Struktur geprägt. Vor der Ziegelfassade der Bahnhofshalle seien links und rechts des Eingangs breite, offene Gänge angeordnet, die ein großzügiges Flanieren ermöglichen würden. Die beantragte Erweiterung durch einen Wintergarten verenge die Wegebeziehung dauerhaft und verunklare die bauliche Struktur des Bahnhofsgebäudes an der Fassade Sophienblatt erheblich. Eine Möblierung an dieser Stelle sei denkmalpflegerisch hingegen akzeptabel, da es sich nicht um fest installierte Objekte handele.

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Die Klägerin legte unter dem 06.01.2012 gegen den Ablehnungsbescheid Widerspruch ein und begründete diesen im Wesentlichen damit, dass aufgrund der Planungsvorgaben sowie der zurückgesetzten Positionierung der Elemente keine negative Beeinträchtigung der Fassadenansicht zu erwarten sei. Der Wintergarten übernehme architektonisch die Formsprache des Bahnhofsgebäudes und verlaufe in den bestehenden Achsen. Der großzügige Einsatz von Glas schaffe eine maximale Transparenz. Die Verglasung sei lediglich bis zu einer Höhe von 2,14 m vorgesehen und übernehme damit die Höhe der bestehenden Riegel der Fassadenfenster. Es sei eine Verbesserung des Ambientes und der Aufenthaltsqualität durch eine optische und funktionale Aufwertung mit einer positiven Auswirkung auf das Gesamtensemble zu erwarten. Die Durchgangssituation werde durch eine eindeutige Trennung des Sitzens/Wartens sowie des Gehens verbessert. Ferner sei eine Erhöhung der Sicherheit durch eindeutige Flucht- und Rettungswegebeziehungen angestrebt. Im Übrigen sei eine Verbesserung der sozialen Kontrolle mit Reduzierung des Aufenthalts von randständigen Gruppen durch den wegfallenden unkontrollierten Aufenthaltsbereich gewünscht.

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Mit Widerspruchsbescheid vom 25.01.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Unter Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens trägt sie ergänzend vor, dass das Vorhaben das Erscheinungsbild des Bahnhofs als Kulturdenkmal wesentlich beeinträchtige. Eine wesentliche Beeinträchtigung liege vor, wenn nicht nur aus einzelnen besonderen Blickwinkeln, sondern in gewichtigem Umfang die Sichtbeziehungen zu dem Denkmal durch das Bauvorhaben gestört werden. Maßgeblich sei die Störung der städtebaulichen Präsentation des Denkmals. Diese Präsentation des Kieler Hauptbahnhofs würde durch den Anbau des geplanten Wintergartens für die Betrachter am Sophienhof/Sophienblatt wesentlich beeinträchtigt werden. Der Wintergarten verunklare die bauliche Struktur des Bahnhofsgebäudes an der zum Sophienblatt gerichteten Fassade erheblich und dauerhaft. Die Regulierung des Aufenthalts von sog. Randgruppen sei nicht Aufgabe des Denkmalschutzes und begründe keine Änderung eines Kulturdenkmals.

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Die Klägerin hat unter dem 24.02.2012 Klage erhoben. Sie ist der Ansicht, dass die ablehnende Entscheidung der Beklagten gegen § 6 und § 7 Abs. 2 DSchG 2012. verstoße, da sie die berechtigten Belange der Klägerin nicht ausreichend berücksichtige und der Denkmalwert des Hauptbahnhofs nicht erheblich beeinträchtigt werde.

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Es sei nicht hinreichend dargelegt worden, welches die entscheidenden Kriterien für die Eintragung des Hauptbahnhofs in das Denkmalbuch gewesen seien und an welchem historischen „Vorbild“ sich der heutige Bahnhof orientiere bzw. welcher Denkmalwert durch die beabsichtigte Baumaßnahme beeinträchtigt werden könnte. Dies führe bei der ablehnenden Entscheidung sowohl zu einem Begründungsmangel als auch zu einem Ermessensausfall. Wegen der umfangreichen Umbau- und Sanierungsmaßnahmen seit der Errichtung des Bahnhofs im Jahre 1899 sei dies jedoch entscheidend dafür, welche kulturellen Maßstäbe jetzt beachtet werden müssten. Der geplante Wintergarten passe nahezu perfekt zu den historischen Motiven des Bahnhofs von 1899. Dass sich auch der heutige Bahnhof an diesen Maßstäben orientiere, ergebe sich beispielsweise aus den Ausführungen auf der Internetseite des Kieler Stadtarchivs. Wegen der Einzelheiten zu diesem Vortrag wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 16.05.2012 (Bl. 30-32 d.A.) verwiesen.

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Ferner werde das äußere Erscheinungsbild des Hauptbahnhofs durch die Art und Weise der Errichtung des Wintergartens nicht verändert. Worin die von der Beklagten vorgetragene erhebliche und dauerhafte Verunklarung der baulichen Struktur des Bahnhofsgebäudes liegt, werde nicht näher begründet. Der Wintergarten füge sich vielmehr in die Formensprache des Gebäudes ein. Er bewirke zudem eine Verbesserung des Ambientes und der Aufenthaltsqualität. In diesem Zusammenhang sei auch § 6 DSchG zu beachten. Eine erhebliche Beeinträchtigung werde auch nicht durch eine etwaige Reduzierung der Durchgangsbreite hervorgerufen. Die Beklagte habe vielmehr die Errichtung zahlreicher Geschäfte im Bahnhofsgebäude genehmigt, die gleichfalls die Durchgangsbreite des Innengebäudes reduzierten. Die bisherige Gestaltung des Bahnhofs führe im Bereich unterhalb des Vordachs zu einem unkontrollierten Aufenthaltsbereich von randständigen Gruppen. Dies beeinträchtige auch die wirtschaftlichen Belange der Geschäfte innerhalb des Bahnhofs. Ferner habe die Beklagte mit ihrer ablehnenden Entscheidung auch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und - wegen der von 1999 bis 2006 erteilten Bau- bzw. Umbaugenehmigungen - das Gebot der Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt.

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Die Klägerin beantragt,

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1. den ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 12.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.01.2012 aufzuheben;
2. die Beklagte zu verurteilen, den Antrag der Klägerin vom 17.11.2011 bezüglich der denkmalschutzrechtlichen Genehmigung für den Anbau eines Wintergartens an die Bäckereifiliale im Kieler Hauptbahnhof positiv zu bescheiden;
3. hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, den im Antrag zu Ziffer 2 bezeichneten Antrag der Klägerin unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts des Gerichts neu zu bescheiden.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vorbringens aus dem Verwaltungsverfahren vertritt sie die Ansicht, dass die gem. § 7 Abs. 1 DSchG 2012 genehmigungspflichtige Errichtung des geplanten Wintergartens nicht genehmigungsfähig sei. Die Errichtung des Wintergartens würde den Denkmalwert des Bahnhofs erheblich beeinträchtigen. Dieser Denkmalwert sei wegen seiner städtebaulichen Bedeutung und aufgrund seiner historischen Komponente als wesentlicher Bestandteil der Entwicklung Kiels im 19. Jahrhundert von herausragender Bedeutung. Die aus dem 19. Jahrhundert erhaltenen Bauteile verstärkten den Denkmalwert. Das Bahnhofsgebäude sei daher besonders schützenswert.

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Aufgrund der Größe des Vorhabens sei dieses besonders geeignet, die Aufmerksamkeit eines Betrachters auf sich zu ziehen und somit das Bild der Westseite des Denkmals wesentlich zu verändern und zu beeinträchtigen. Der Westseite des Bahnhofs komme auch ein besonderer Stellenwert zu, da sämtliche Fahrgäste, die den öffentlichen Nahverkehr im Stadtbereich nutzen, den Bahnhof von dieser Seite erreichen. Die optische Symmetrie durch die breiten Gänge links und rechts des Eingangs sowie die bauliche Struktur mit den Ziegelfassaden würden durch das Vorhaben erheblich gestört und optisch in den Hintergrund rücken.

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Entgegen der Auffassung der Klägerin würden durch die Errichtung des Wintergartens und das Aufstellen weiterer Tische und Stühle weitere Hindernisse geschaffen und die Durchgangssituation eher verschlechtert. Dadurch gehe auch die Freizügigkeit der Durchgangs- und Aufenthaltsfläche verloren. Die wirtschaftlichen Interessen der Klägerin, welche sie mit einer Erweiterung ihrer Verkaufs- und Bedienfläche verfolge, müssten hinter dem herausragenden Denkmalwert und dessen Schutz zurückstehen. Eine bloß zusätzliche Verdienstmöglichkeit sei in diesem Zusammenhang nicht schützenswert.

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Mit Beschluss vom 28.02.2012 wurde das Landesamt für Denkmalpflege Schleswig-Holstein gem. § 65 Abs. 2 VwGO beigeladen. Die Beiladung wurde mit Beschluss vom 18.03.2014 aufgehoben (Bl. 63 f. d.A.). Die vormalige Beigeladene hat mit Schriftsatz vom 04.06.2012 vorgetragen, dass sich die Unterschutzstellungsverfügung vom 14.02.2008 genau auf jenen Bahnhof beziehe, der zu diesem Zeitpunkt saniert war. Dieser Zustand stelle den maßgeblichen Denkmalwert dar. Ziel der Instandsetzungen im Jahre 2006 sei es gewesen, die noch erhaltenen Bauelemente des 19. Jahrhunderts (Querhalle, Mauerwerk und Kaiserportal) zu erhalten und dabei den Bahnhof gleichzeitig mit den Mitteln einer modernen Architektursprache weiterzuentwickeln. Der Bahnhof stelle heute keine Rekonstruktion dar, sondern ein in sich geschlossenes Bauwerk mit historischen und modernen Bauteilen, die ein harmonisches Ganzes ergeben würden. Der streitgegenständliche Anbau unter der überdachten „Wandelhalle“ würde das architektonische Konzept verunklaren und das Erscheinungsbild des Baudenkmals stören.

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Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat eine Besichtigung des Kieler Hauptbahnhofs stattgefunden. Es wurden Lichtbilder gefertigt.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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I. Die zulässige Klage ist begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf die beantragte denkmalrechtliche Genehmigung und die Sache ist spruchreif, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

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Rechtsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung ist § 7 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Denkmalschutzgesetz (DSchG) in der ab dem 27.01.2012 geltenden Fassung (GOVBl. 2012, 83). Bei der Verpflichtungsklage ist für die Prüfung, ob ein Rechtsanspruch auf den Erlass des beantragten Verwaltungsakts bzw. auf Bescheidung über den Antrag besteht, grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen (vgl. Kopp/Schenke, 18. Aufl. 2012, § 113 Rn 217 m.w.N.). Eine Abweichung von diesem Grundsatz aufgrund der Vorgaben des maßgeblichen materiellen Rechts - hier des Denkmalschutzgesetzes - ergibt sich vorliegend nicht.

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1. Das Vorhaben der Klägerin ist gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 DSchG genehmigungsbedürftig. Genehmigungsbedürftig sind danach die Instandsetzung, die Veränderung und die Vernichtung eines eingetragenen Kulturdenkmals. Die Errichtung des Wintergartens stellt eine Veränderung eines eingetragenen Kulturdenkmals dar. Der Kieler Hauptbahnhof ist in seiner jetzigen Gestalt seit dem 14.02.2008 als Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung im Denkmalbuch eingetragen und steht somit unter Denkmalschutz. Ausweislich des Eintragungsvermerks erstreckt sich der Denkmalschutz auf das gesamte dreiflüglige Empfangsgebäude mit dem ehemaligen Kaiserportal an der Wasserseite und die umschlossene dreischiffige Querhalle in filigraner Eisenkonstruktion. Vom Denkmalschutz erfasst ist somit auch die streitgegenständliche Fassade der Westseite des Bahnhofs mitsamt dem Wandelgang, in dem der Wintergarten errichtet werden soll.

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Unter einer Veränderung ist jede Maßnahme zu verstehen, die den zum gegenwärtigen Zeitpunkt bestehenden Zustand des Kulturdenkmals abändert, auch wenn dieser nicht der historisch originale oder wenn er auf nicht rechtmäßige Weise zustande gekommen ist. Es ist der vor der Maßnahme vorhandene Zustand mit dem Zustand zu vergleichen, wie er sich nach Durchführung der Maßnahme darstellen würde. Genehmigungspflichtig ist jede Veränderung eines Kulturdenkmals, ohne dass es auf deren Auswirkungen für das Denkmal ankommt (vgl. Gallinat, in: PdK SH, DSchG, G 11, Stand: August 2005, § 9 Erl. 2.1.2 m.w.N.). Diese Voraussetzungen werden vorliegt erfüllt. Die Errichtung des Wintergartens führt zu einer Veränderung des Erscheinungsbildes des Hauptbahnhofs an der Westfassade und zu einer Verringerung des Durchgangsbereichs im westlichen Wandelgang.

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2. Das Vorhaben ist auch genehmigungsfähig. § 7 Abs. 2 DSchG bestimmt, dass eine Genehmigung nach Absatz 1 zu erteilen ist, wenn nicht der Denkmalwert erheblich beeinträchtigt wird. Die Kammer ist der Ansicht, dass mit der Verwirklichung des streitgegenständlichen Vorhabens keine erhebliche Beeinträchtigung des Denkmalwertes des Kieler Hauptbahnhofs verbunden ist.

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a) Bei der Beurteilung der Frage, wann eine „wesentliche“ Beeinträchtigung des Eindrucks eines Kulturdenkmals i.S.v. § 9 Abs. 1 DSchG a.F. vorlag, stellte das OVG Schleswig in ständiger Rspr. auf das Empfinden eines für die Belange des Denkmalschutzes aufgeschlossenen Betrachters ab (OVG Schleswig, Urt. v. 14.09.2000 – 1 L 143/97 – n.v.; Urt. v. 29.09.2003 – 1 LB 64/03 – n.v.; a.A. Gallinat, a.a.O., § 9 Erl. 2.3.3 mit dem Verweis auf die ständige Rechtsprechung des OVG Lüneburg, wonach auf das Urteil eines Sachverständigen auf dem Gebiet des Denkmalschutzes abzustellen ist, dessen Maßstab von einem breiten Kreis von Sachverständigen getragen wird; vgl. hierzu auch OVG Lüneburg, Urt. v. 23.08.2012 - 12 LB 170/11 - juris, m.w.N.). An diesem Maßstab ist auch nach der Neufassung des Denkmalschutzgesetzes zur Beurteilung der Frage, ob eine „erhebliche“ Beeinträchtigung i.S.v. § 7 Abs. 2 DSchG n.F. vorliegt, festzuhalten. Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber mit dem nunmehr im Denkmalschutzgesetz verwandten Begriff der erheblichen Beeinträchtigung etwas substantiell anderes verlangt als mit dem Denkmalschutzgesetz von 1996 in § 9 verwandten Begriff der wesentlichen Beeinträchtigung (so bereits VG Schleswig, Urt. v. 14.05.2013 - 2 A 226/11 - n.v.).

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Die Frage, ob Belange des Denkmalschutzes einem Vorhaben entgegenstehen, wird nach allgemeiner Auffassung in der obergerichtlichen Rechtsprechung maßgeblich davon bestimmt, unter welchen Gesichtspunkten die Denkmalwürdigkeit des Objektes angenommen wird. Die entsprechende Beurteilung muss kategorienadäquat erfolgen. Sie muss sich – auch im Hinblick auf die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Eigentümerbefugnisse – an der für das Schutzgut maßgeblichen denkmalrechtlichen Bedeutungskategorie orientieren (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 10.06.2010 - 1 S 585/10 - juris, OVG Koblenz, Beschl. v. 16.08.2011 - 8 A 10590/11 - juris; OVG Lüneburg, Urt. v. 23.08.2012 - 12 LB 170/11 - juris, jeweils m.w.N.).

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Eine Beeinträchtigung des Eindrucks des Kulturdenkmals, d.h. eine Störung seines Erscheinungsbildes liegt dann vor, wenn die jeweilige besondere Wirkung des Denkmals, die es als Zeugnis der Geschichte, als Kunstwerk, als bestimmendes städtebauliches Element oder als ein die Kulturlandschaft prägendes Objekt auf den Beobachter ausübt, geschmälert wird. Wann eine erhebliche Beeinträchtigung des Erscheinungsbilds eines Denkmals anzunehmen ist, lässt sich nicht allgemeingültig bestimmen, sondern hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls, insbesondere von dem Denkmalwert und der Intensität des Eingriffs, ab. Je höher der Wert des Denkmals einzuschätzen ist, desto eher kann eine erhebliche Beeinträchtigung von dessen Erscheinungsbild anzunehmen sein. Je schwerwiegender das Erscheinungsbild betroffen ist, desto eher kann die Schwelle der Unzumutbarkeit überschritten sein. Der Begriff der "erheblichen Beeinträchtigung“ ist - wie der der "Beeinträchtigung" - ein der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegender unbestimmter Rechtsbegriff. Bei einer Beeinträchtigung des optischen Erscheinungswertes eines Denkmals ist differenzierend darauf abzustellen, welche Gründe für die Unterschutzstellung des Denkmals maßgeblich waren. Liegen die Gründe für die Denkmalschutzwürdigkeit weniger in der architektonisch-künstlerischen Gestaltung des Bauwerks als in seiner historisch-wissenschaftlichen Bedeutung, so ist die Empfindlichkeit eines solchen Denkmals gegenüber optischen Einwirkungen geringer ausgeprägt, als wenn gerade das Erscheinungsbild des Kulturdenkmals maßgeblich für dessen Erhaltungsbedürftigkeit ist. In einem solchen Fall dürfte die Toleranzschwelle für optische Beeinträchtigungen des Denkmals eher schon auf einer sehr niedrigen Stufe erreicht werden (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 23.08.2012 - 12 LB 170/11 - juris, m.w.N. und Urt. v. 03.05.2006 – 1 LB 16/05 - juris; VG Neustadt/Weinstraße, Urt. v. 26.05.2010 - 3 K 84/10.NW - juris).

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Für eine erhebliche Beeinträchtigung muss eine empfindliche Störung des Eindrucks vorliegen, d.h. der Gegensatz zu ihm muss deutlich wahrnehmbar sein und von dem Betrachter als belastend empfunden werden. Die jeweilige besondere Wirkung des Kulturdenkmals darf nicht übertönt, verdrängt oder geschmälert werden. Es soll die gebotene Achtung gegenüber den Werten erkennbar bleiben, die das Kulturdenkmal an seinem Standort verkörpert (vgl. OVG Schleswig, Urt. v. 29.09.2003 – 1 LB 64/03 – n.v.; Gallinat, a.a.O., § 9 Erl. 2.3.3. m.w.N. aus der Rechtsprechung).

29

Die Kammer ist auf der Grundlage des Eindrucks, den sie durch die Inaugenscheinnahme des Kieler Hauptbahnhofes, insbesondere der maßgeblichen Westfassade, gewonnen hat und nach dem Vortrag der Beteiligten unter Anwendung einer kategorienadäquaten Betrachtungsweise der Auffassung, dass der beantragte Wintergarten den Denkmalwert des Bahnhofes weder unter architektonisch-künstlerischen noch unter optischen oder städtebaulichen Gesichtspunkten erheblich beeinträchtigt und daher mit dessen Unterschutzstellung vereinbar ist.

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Der Wintergarten wird nicht zu einer Verunklarung bzw. Störung des Erscheinungsbildes und der Struktur der insoweit maßgeblichen Westfassade des Bahnhofsgebäudes führen. Das Erscheinungsbild der Westfassade ist neben den gemauerten Fassadenelementen (Klinker) durch die Verwendung von Glas- und Stahlelementen gekennzeichnet (vgl. Bilder 1 und 4). Das obere Viertel der Fassade wird durch eine in Stahlstützen eingefasste Fensterfront gebildet. Der mittlere Fassadenteil ist mit Klinkersteinen gemauert bzw. verputzt und wird durch Glasfenster unterbrochen. Der untere Fassadenteil besteht linksseitig des Eingangs zum Bahnhofsgebäude aus dem streitgegenständlichen Wandelgang, in dessen hinteren Bereich sich die Glas-/Fensterfront der Bäckereifiliale der Klägerin befindet. Am Ende des Wandelgangs schließt sich ein Treppenbau an, der zu der Fußgängerbrücke zum Sophienhof führt. Sowohl der Treppenbau als auch die Fußgängerbrücke sind verglast, wobei die Glasflächen in Stahlstützen eingefasst sind (vgl. Bilder 2 und 3). Rechtsseitig des Eingangs befindet sich ein nicht überdachter Zugang zum Bahnhofseingang in Form einer Rampe. In die verklinkerte Fassade in diesem Bereich sind Fenster eingefasst.

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Der streitgegenständliche Wintergarten besteht ebenfalls aus Glasflächen, die in zu errichtende Stahlstützen eingefasst werden. Er stellt somit keinen Widerspruch zu den an der Westfassade vorzufindenden Gestaltungselementen dar. Da sich das Vorhaben zudem auf den Bereich beschränkt, der bereits überdacht ist, findet nach Auffassung der Kammer auch keine empfindliche Störung des Erscheinungsbildes der Westfassade statt. Der Wintergarten entfaltet keine optische Dominanz, die für eine erhebliche Beeinträchtigung des Denkmalwertes erforderlich wäre. Er wird sich wegen seines Umfangs und wegen der Verwendung der sich im jetzigen Fassadenbild ebenfalls anzutreffenden Materialien nicht wesentlich hervorheben und daher auch nicht die städtebauliche Präsentation des Denkmals (erheblich) beeinträchtigen. Ferner ist die Kammer nach Inaugenscheinnahme der Westfassade vom Sophienhof aus der Ansicht, dass der Wintergarten dort weder erheblich noch störend auffallend wird und keine den Gesamteindruck Bahnhofs beeinträchtigende Aufmerksamkeit auf sich ziehen wird. Die Kammer teilt auch nicht die Bedenken der Beklagten, dass der Eingangsbereich an der Westseite des Bahnhofs nicht ausreichend erkennbar sein wird und Besucher den Eingang zum Wintergarten mit dem Eingang zum Bahnhofsgebäude verwechseln könnten. Der Eingang zum Bahnhofsgebäude ist deutlich gekennzeichnet (vgl. Bilder 1 und 4). Der Eingang zum Wintergarten wird sich mehrere Meter versetzt hiervon befinden. Eine Verwechslungsgefahr ist daher fernliegend.

32

Die Kammer ist auch nicht der Auffassung, dass mit der Errichtung des Wintergartens das nach Auffassung der Beklagten vorhandene architektonische Prinzip der freien und großzügigen Durchgangsbereiche und des Freihaltens von (Wege)Achsen erheblich beeinträchtigt wird. In diesem Zusammenhang ist bereits fraglich, ob sich der Schutz dieses architektonischen Prinzips hinreichend aus der Unterschutzstellungsverfügung für das Bahnhofsgebäude ergibt. Ausdrückliche Anhaltspunkte hierfür sind nicht ersichtlich. Selbst wenn man mit der Beklagten davon ausgeht, dass diese Prinzipien von der Unterschutzstellung des gesamten Gebäudes gewissermaßen konkludent erfasst werden, ist hier die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung abzulehnen. Der Durchgangsbereich im Wandelgang wird durch die Errichtung des Wintergartens zwar teilweise verengt. Zu beachten ist jedoch, dass der Wintergarten nicht den gesamten Wandelgang bis zum Treppenaufgang Fußgängerbrücke zum Sophienhof) in Anspruch nimmt. Insbesondere der Bereich zum Treppenaufgang und zu dem Eingang zu den Büroräumen der Deutschen Bahn bleiben unbebaut (vgl. Bilder 5 und 6). Ferner ist zu berücksichtigen, dass in diesem Bereich nicht die wesentlichen Fußgängerströme vom Sophienblatt und den Haltestellen des öffentlichen Personennahverkehrs zum Eingang des Bahnhofsgebäudes auftreten und bereits das Aufstellen von Tischen und Stühlen in dem Bereich, in dem Wintergarten errichtet werden soll, genehmigt wurde. Die Beeinträchtigung des Konzeptes von freizügigen Durchgangsflächen wird jedenfalls nicht erheblich beeinträchtigt. Die Beklagte kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht auf eine mögliche Wiederholungsgefahr in anderen Genehmigungsfällen und auf die Gefahr des Einbrechens des Gesamtprinzips berufen. Ob eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung zu erteilen ist, d.h. ob eine erhebliche Beeinträchtigung des Denkmalwertes vorliegt, ist jeweils eine Frage der Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls. Aus dem Umstand, dass der Klägerin die beantragte Genehmigung zu erteilen ist, folgt nicht zwangsläufig, dass sich andere Antragsteller für die Genehmigung von denkmalschutzrelevanten Vorhaben, zum Beispiel im Inneren des Bahnhofsgebäudes, hierauf berufen können.

33

b) Da die Kammer nicht von einer erheblichen Beeinträchtigung des Denkmalswertes des Kieler Bahnhofs durch das streitgegenständliche Vorhaben ausgeht, kommt es vorliegend nicht mehr entscheidungserheblich darauf an, ob und in welchem Umfang die (berechtigten) Belange des Verpflichteten bei der Entscheidung über die Zulassung des Vorhabens zu berücksichtigen sind. Die Kammer ist jedoch der Auffassung, dass § 7 Abs. 2 DSchG n.F. ist dahingehend verfassungskonform auszulegen ist, dass im Falle der Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung des Denkmalwertes die berechtigten (wirtschaftlichen) Belange des Verpflichteten gegen die Belange des Denkmalschutzes im Rahmen einer Ermessensentscheidung gegeneinander abzuwägen sind. § 7 Abs. 2 DSchG n.F. ist nicht dahingehend zu verstehen, dass im Falle einer erheblichen Beeinträchtigung des Denkmalwertes, die Genehmigung im Umkehrschluss zwingend zu versagen ist.

34

Nach der Begründung zur Änderung des Denkmalschutzgesetzes 2012 sollte mit der Neuregelung von § 6 DSchG unter ausdrücklicher Hervorhebung der wirtschaftlichen Belange das zuvor mit § 8 DSchG a.F. verfolgte Regelungsziel beibehalten werden (vgl. LT-Drs. 17/1617, S. 22). § 8 DSchG a.F. bestimmte, dass bei allen Maßnahmen auf die berechtigten Belange der Verpflichteten Rücksicht zu nehmen ist. § 6 DSchG n.F. regelt nunmehr nahezu gleichlautend, dass bei allen Maßnahmen auf die berechtigten Belange der Verpflichteten Rücksicht zu nehmen ist, insbesondere auf deren wirtschaftliche Belange.

35

Nach § 9 Abs. 2 Satz 2 DSchG a.F. war eine Genehmigung zu erteilen, wenn Gründe des Denkmalschutzes nicht entgegengestanden haben oder ein überwiegendes öffentliches Interesse die Maßnahme verlangt hat. Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 DSchG a.F. stand die Genehmigungserteilung im Ermessen der Behörde. Sie konnte versagt werden, wenn dies aus Gründen des Denkmalschutzes erforderlich war. Diese Formulierungen ermöglichten die Berücksichtigung der privaten Interessen des Anspruchsstellers. Es ist in der (ober)gerichtlichen Rechtsprechung allgemein anerkannt, dass bei derart formulierten Genehmigungstatbeständen eine sorgfältige Abwägung zwischen den Belangen des Denkmalschutzes und den Interessen des Eigentümers an einem privatnützigen Gebrauch seines Eigentums mit dem ihm nach Art. 14 Abs. 1 GG zukommenden Gewicht vorzunehmen ist (vgl. Gallinat, a.a.O., § 9 Erl. 4.1 zu § 9 DSchG S-H a.F.; Lund, NordÖR 2011, 383, 385; vgl. auch beispielhaft OVG Koblenz, Beschl. v. 25.07.2007 – 8 A 10587/07.OVG, DVBl. 2007, 1247 und Urt. v. 26.05.2004 – 8 A 12.009/03.OVG – juris, zu § 13 Abs. 2 Nr. 1 DSchG R-P; OVG Münster, Urt. v. 23.09.2013 – 10 A 971/12 – juris, zu § 9 Abs. 2 lit. a) DSchG NRW; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 21.02.2008 – OVG 2 B 12/06 – juris, zu § 11 Abs. 1 Satz 3 DSchG Berlin).

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§ 7 Abs. 2 DSchG n.F. enthält im Vergleich zu dem Genehmigungstatbestand in § 9 DSchG a.F. jedoch keinen normativ-wörtlichen Anknüpfungspunkt für die Beachtung der (wirtschaftlichen) Belange des Betroffenen nach § 6 DSchG (so auch Lund, NordÖR, 2012, 327, 330). Bei § 7 Abs. 2 DSchG n.F. handelt es sich dem Wortlaut nach um eine gebundene Entscheidung ohne Ermessensspielraum für die entscheidende Behörde. Einziges (negatives) Zulässigkeitskriterium ist das Merkmal der erheblichen Beeinträchtigung des Denkmalwerts. Das dargestellte Abwägungsgebot ist zuvorderst jedoch bei Ermessensentscheidungen zu beachten (vgl. Gallinat, a.a.O., Erl. zu § 8 a.F.). Die Möglichkeit bzw. Notwendigkeit einer Abwägung zwischen den Belangen des Verpflichteten und des Denkmalschutzes ist in § 7 Abs. 2 DSchG a.F. nicht verankert. Mit der Änderung der Genehmigungsvoraussetzungen hat der Gesetzgeber eine - bewusste oder unbewusste - Akzentverschiebung vorgenommen. Eine Ermessens- oder Abwägungsentscheidung ist nicht mehr vorgesehen. Die in der Gesetzesbegründung vertretene Auffassung, wonach auch die Wirtschaftlichkeit nach § 6 bei der Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs „nicht erheblich beeinträchtigt“ zu berücksichtigten ist (vgl. LT-Drs. 17/1617, S. 23), ist gesetzessystematisch verfehlt und nicht rechtssicher umsetzbar. Die Auslegung dieses unbestimmten Rechtsbegriffes kann nach Auffassung des Gerichts jedoch nicht von den jeweiligen berechtigten (wirtschaftlichen) Belangen des Anspruchstellers abhängen. Die Beeinträchtigung des Denkmalwertes durch eine Veränderung des Denkmals ist allein anhand von objektiven bzw. sachbezogenen Kriterien zu beurteilen. Würden die jeweiligen persönlichen Interessen des Anspruchsstellers, die je nach Sachlage erheblich voneinander abweichen können, in die Bewertung einbezogen, könnte es jeweils zu unterschiedlichen Ergebnissen bei der Bewertung, ob der Denkmalwert erheblich beeinträchtigt ist, kommen. Dieses Ergebnis dürfte vom Gesetzgeber nicht gewollt sein und widerspricht auch der Zielstellung des Denkmalschutzrechtes. Ferner führte eine solche Gesetzesanwendung zu einem zu hohen Maß an Unbestimmtheit und Beliebigkeit bei der Prüfung von Anträgen auf Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung.

37

Die Anwendung von § 7 Abs. 2 DSchG n.F. ohne die Möglichkeit, die berechtigten Belange des Verpflichteten bei der Entscheidung über die Zulassung eines denkmalschutzrelevanten Vorhabens zu berücksichtigen, verstößt gegen die Gewährleistung der Eigentumsfreiheit nach Art. 14 Abs. 1 GG (vgl. hierzu auch Lund, NordÖR 2012, 327, 329 f., der sich kritisch mit der Neuregelung des § 7 Abs. 2 DSchG auseinandersetzt und verfassungsrechtliche Bedenken äußert). Nach der Rechtsprechung des BVerfG (vgl. Beschl. v. 02.03.1999 - 1 BvL 7/91 - BVerfGE 100, 226 ff.) sind denkmalschutzrechtliche Regelungen, die Inhalt und Schranken des Eigentums bestimmen, mit Art. 14 Abs. 1 GG unvereinbar, wenn sie unverhältnismäßige Belastungen des Eigentümers nicht ausschließen und keinerlei Vorkehrungen zur Vermeidung derartiger Eigentumsbeschränkungen enthalten. Die Entscheidung hatte eine Regelung des Denkmalschutzgesetzes Rheinland-Pfalz zum Gegenstand (§ 13 Abs.1 S. 2 a.F.), die eine Berücksichtigung von Eigentümerbelangen nicht vorgesehen hat. Das BVerfG hat entschieden, dass diese Regelung die Rechte der von ihr betroffenen Eigentümer in bestimmten Fallgestaltungen unverhältnismäßig stark einschränkt. Eine die Verfassungsmäßigkeit der Norm (Art. 14 Abs. 1 GG) wahrende Anwendung von § 7 Abs. 2 DSchG n.F. ist daher nach Auffassung des Gerichts nur dann erreichbar, wenn im Falle der Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung des Denkmalwertes anschließend die berechtigten Belange des Verpflichteten gegen die Belange des Denkmalschutzes abgewogen werden. Eine dahingehende Auslegung von § 7 Abs. 2 DSchG n.F. verstößt auch nicht gegen dessen Wortlaut, der zugleich die Grenze für eine zulässige Auslegung darstellt. § 7 Abs. 2 DSchG n.F. enthält nach dessen Wortlaut keine Regelung für den Fall, dass der Denkmalwert durch das beantragte Vorhaben erheblich beeinträchtigt wird. Vom Wortlaut erfasst ist lediglich der Fall, dass der Denkmalwert nicht erheblich beeinträchtigt wird, mit der Folge, dass die Genehmigung zu erteilen ist. Eine zwingende Rechtsfolge, wonach die beantragte Genehmigung abzulehnen ist, wenn der Denkmalwert hingegen erheblich beeinträchtigt ist, ist in § 7 Abs. 2 DSchG nicht ausdrücklich geregelt. Demzufolge steht der Wortlaut von § 7 Abs. 2 DSchG n.F. einer Abwägungsentscheidung in der dargestellten Weise nicht entgegen. Dass auch der Gesetzgeber von keiner „Abwägungssperre“ im Falle einer erheblichen Beeinträchtigung des Denkmalwertes ausgegangen ist, ergibt sich beispielsweise aus der Regelung in § 7 Abs. 1 Satz 5 DSchG n.F., wonach die Belange von Menschen mit Behinderung, älterer Menschen sowie anderer Personen mit Mobilitätseinschränkungen zu berücksichtigen sind. Dieser von Gesetzes wegen vorgegebene Ermittlungs- und Berücksichtigungsauftrag bei denkmalschutzrechtlichen Entscheidungen würde ins Leere laufen, wenn die genannten Belange bei einer erheblichen Beeinträchtigung des Denkmalwertes nicht beachtet werdet könnten. Bei einer nicht erheblichen Beeinträchtigung sind diese Belange schon nicht entscheidungserheblich.

38

Im Rahmen der dargestellten Abwägungsentscheidung dürfte jedoch zu beachten sein, dass lediglich schwerwiegende Belange des Verpflichteten die konkreten Belange des Denkmalschutzes überwiegen können, da erst im Fall einer erheblichen Beeinträchtigungen des Denkmalwertes eine Abwägung vorzunehmen ist. In Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dürften solche schwerwiegende Belange vorliegen, wenn der Kernbereich der Eigentumsfreiheit, zu dem sowohl die Privatnützigkeit als auch die grundsätzliche Verfügungsbefugnis gehören, ausgehöhlt wird. Dies ist insbesondere in den Fällen anzunehmen, in den für ein geschütztes Denkmal ansonsten keine sinnvolle Nutzungsmöglichkeit mehr besteht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 02.03.1999 - 1 BvL 7/91 - a.a.O.). Die Entscheidung über die denkmalschutzrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens ist dann jeweils eine Frage der konkreten Umstände des Einzelfalls.

39

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

40

III. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht gem. § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.


Urteilsbesprechung zu Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 24. Apr. 2014 - 8 A 36/12

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Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 14


(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All
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Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

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(1) Das Gericht kann, solange das Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen oder in höherer Instanz anhängig ist, von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren rechtliche Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen. (2) Sind

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Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 16. Aug. 2011 - 8 A 10590/11

bei uns veröffentlicht am 16.08.2011

Tenor Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz vom 1. April 2011 wird abgelehnt. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. Der Wert des Streitgegenstandes für d

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 10. Juni 2010 - 1 S 585/10

bei uns veröffentlicht am 10.06.2010

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 6. Oktober 2009 - 13 K 790/09 - geändert. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rech
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Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 08. Mai 2014 - 8 A 25/13

bei uns veröffentlicht am 08.05.2014

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens. 3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund

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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Das Gericht kann, solange das Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen oder in höherer Instanz anhängig ist, von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren rechtliche Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen.

(2) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie beizuladen (notwendige Beiladung).

(3) Kommt nach Absatz 2 die Beiladung von mehr als fünfzig Personen in Betracht, kann das Gericht durch Beschluß anordnen, daß nur solche Personen beigeladen werden, die dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. Der Beschluß ist unanfechtbar. Er ist im Bundesanzeiger bekanntzumachen. Er muß außerdem in Tageszeitungen veröffentlicht werden, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich die Entscheidung voraussichtlich auswirken wird. Die Bekanntmachung kann zusätzlich in einem von dem Gericht für Bekanntmachungen bestimmten Informations- und Kommunikationssystem erfolgen. Die Frist muß mindestens drei Monate seit Veröffentlichung im Bundesanzeiger betragen. In der Veröffentlichung in Tageszeitungen ist mitzuteilen, an welchem Tage die Frist abläuft. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Frist gilt § 60 entsprechend. Das Gericht soll Personen, die von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden, auch ohne Antrag beiladen.

(4) Der Beiladungsbeschluß ist allen Beteiligten zuzustellen. Dabei sollen der Stand der Sache und der Grund der Beiladung angegeben werden. Die Beiladung ist unanfechtbar.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 6. Oktober 2009 - 13 K 790/09 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die denkmalschutzrechtliche Genehmigung für eine auf einer Scheune angebrachte Photovoltaikanlage; er wendet sich zugleich gegen eine Rückbauanordnung.
Der Kläger ist Eigentümer des aus einem ehemaligen Pfarrhaus, einer Scheuer und einem Backhaus bestehenden Anwesens in Stuttgart-Botnang, ... .... Das Anwesen ist in der Liste der Kulturdenkmale nach § 2 DSchG aufgeführt. Bei der Bestandsaufnahme im Jahre 1984 wurde es wie folgt beschrieben: Es handele sich um ein stattliches, zweigeschossiges Pfarrhaus mit Krüppelwalmdach, einem profilierten Geschoss-, drei Giebelvorstößen und Kellerhals. Das Dokument heimischer Kunst um 1790, das auch im Inneren weitgehend erhalten sei, sei als Pfarrhaus ein Zeuge der Gemeinde- und somit der Ortsgeschichte. Zum Komplex gehöre eine am Eckpfosten „1790“ bezeichnete Pfarrscheuer in Sichtfachwerkkonstruktion; es handele sich dabei um ein selten in dieser Region erhaltenes Beispiel des heimischen Scheuerbaus in Eichenbauweise kurz vor der Jahrhundertwende vom 18. zum 19. Jahrhundert. Der Gebäudekomplex, zu dem auch ein zeitgenössisches Backhaus gehöre, sei wesentlicher Bestandteil der historischen Bausubstanz des Ortskerns. Aus diesen heimatgeschichtlichen Gründen bestehe ein öffentliches Interesse an der Erhaltung der Anlage. Dies wurde dem Kläger mit Schreiben vom 15.11.1987 mitgeteilt und auf die daraus folgende denkmalrechtliche Genehmigungspflicht baulicher Veränderungen hingewiesen.
Nachdem der Kläger auf der Scheune eine aus insgesamt 44 Elementen bestehende Photovoltaikanlage angebracht hatte, die nahezu die gesamte nach Süden ausgerichtete Dachseite bedeckt, wurde er mit Schreiben der Beklagten vom 13.07.2006 darauf hingewiesen, dass diese Maßnahme denkmalschutzrechtlich nicht beantragt und auch nicht genehmigt worden sei. Sie sei auch nicht genehmigungsfähig. Daraufhin beantragte der Kläger mit Schreiben vom 31.07.2006, ihm nachträglich die denkmalschutzrechtliche Genehmigung für die von ihm - auch im Inneren des Gebäudes - bereits durchgeführten Maßnahmen zu erteilen.
Mit Bescheid vom 05.10.2006 lehnte die Beklagte u.a. die denkmalschutzrechtliche Genehmigung für die bereits angebrachte Photovoltaikanlage in der ausgeführten Form ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Photovoltaikelemente untypisch für das Dach seien und das Erscheinungsbild erheblich beeinträchtigten. Allenfalls in einem geringeren Umfang könnten sie zugelassen werden.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 03.11.2006 Widerspruch ein. Des Weiteren beantragte er die Aufhebung der Denkmaleigenschaft, was die Beklagte mit Bescheid vom 15.11.2006 ablehnte. Der hiergegen erhobene Widerspruch blieb ebenso wie die nachfolgende Klage erfolglos (VG Stuttgart, Urteil vom 15.09.2008 - 13 K 2447/07 -; Beschluss des erk. Senats vom 23.01.2009 - 1 S 3037/08 -).
Mit Bescheid vom 29.08.2007 ordnete die Beklagte den Rückbau von insgesamt 20 Elementen der Photovoltaikanlage an und legte fest, dass die oberste horizontale Reihe, zwei vertikale Reihen am Westgiebel und eine vertikale Reihe am Ostgiebel zu entfernen seien. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Photovoltaik-anlage das Erscheinungsbild der Scheune und der Sachgesamtheit insgesamt erheblich beeinträchtige. In der ausgeführten Form sei die Anlage nicht genehmigungsfähig. Rechtmäßige Zustände ließen sich nur durch den teilweisen Rückbau der Anlage erreichen. Durch die angeordnete Beseitigung von lediglich 20 der insgesamt 44 Elemente werde erreicht, dass mindestens die Hälfte der Ziegeldeckung sichtbar bleibe. Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde ebenso wie der bereits zuvor gegen die Versagung der Genehmigung erhobene Widerspruch vom Regierungspräsidium Stuttgart mit Widerspruchsbescheid vom 02.02.2009 zurückgewiesen.
Der hiergegen erhobenen Klage hat das Verwaltungsgericht Stuttgart stattgegeben. Einen zunächst zugleich verfolgten Antrag auf Feststellung, dass es sich bei der Scheune nicht (mehr) um ein Kulturdenkmal handele, sowie auf Genehmigung einer Photovoltaikanlage auf dem Dach des Wohnhauses hat der Kläger im Laufe des Verfahrens zurückgenommen. Zur Begründung der Stattgabe hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass die denkmalschutzrechtlich genehmigungspflichtige Photovoltaikanlage genehmigungsfähig sei. Der Gesamteindruck des Kulturdenkmales werde vor dem Hintergrund des hier maßgeblichen Schutzgrundes der heimatgeschichtlichen Bedeutung nicht empfindlich gestört. Die Eigenschaft der Scheune als Beispiel des heimischen Scheuerbaus in Eichenbauweise werde durch die Photovoltaikanlage nicht in Frage gestellt, da das Gebäude als solches und insbesondere die Fachwerkkonstruktion weiterhin sichtbar bleibe. Die Photo-voltaikanlage stelle ein letztlich untergeordnetes Zugeständnis an moderne technische Entwicklungen dar. Ein unvoreingenommener Betrachter empfinde die Scheune mit der auf der Südseite des Daches angebrachten Photovoltaikanlage nicht als belastend; dies gelte insbesondere auch deswegen, weil die Anlage nicht auf der zur ... ... hin zeigenden Dachfläche, sondern vielmehr auf der Rückseite angebracht worden sei.
Zur Begründung ihrer vom Senat mit Beschluss vom 15.03.2010 - 1 S 8/10 - zugelassenen Berufung trägt die Beklagte vor: Die ungenehmigte Photovoltaikanlage störe den Gesamteindruck des Kulturdenkmals empfindlich und könne deswegen nicht genehmigt werden. Die über die gesamte Dachhälfte errichtete Photovol-taikanlage, die von der rückwärtigen Straße frei sichtbar sei und sich auch farblich deutlich von den Ziegeln abhebe, könne nicht als untergeordnetes Zugeständnis an moderne technische Entwicklungen eingestuft werden. Vielmehr stelle sie für einen für die Denkmalbelange aufgeschlossenen Durchschnittsbetrachter einen in Form und Farbe ins Auge springenden Fremdkörper dar. Die Rückbauverfügung sei verhältnismäßig, da unter Abwägung der ökologischen und wirtschaftlichen Interessen des Klägers der Erhalt von 24 Photovoltaikelementen gestattet werde.
Die Beklagte beantragt,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 6. Oktober 2009 - 13 K 790/09 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
die Berufung zurückzuweisen.
13 
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
14 
Der Senat hat das Anwesen ... ... in Stuttgart-Botnang in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Anlage zur Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
15 
Dem Senat liegen die einschlägigen Behörden- und Gerichtsakten vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf diese Akten und die im Zulassungs- und Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen. Dem Kläger steht der geltend gemachte Genehmigungsanspruch nicht zu; auch die Beseitigungsverfügung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5, Abs. 1 Satz 1 VwGO).
17 
Zu Recht ist das Verwaltungsgericht, auf dessen Ausführungen insoweit nach § 130b Satz 2 VwGO verwiesen wird, davon ausgegangen, dass die Photovoltaik-anlage gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 2 DSchG einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung bedarf. Dabei hat das Verwaltungsgericht zutreffend darauf abgestellt, dass die Denkmaleigenschaft der Scheune aufgrund der Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 15.09.2008 nicht mehr in Frage gestellt werden kann (§ 121 VwGO).
18 
Die Photovoltaikanlage ist indessen jedenfalls in ihrer derzeit gegebenen Form nicht genehmigungsfähig. Das Verwaltungsgericht hat insofern die in der Rechtsprechung des Senats hierzu entwickelten Maßstäbe zwar zutreffend aufgezeigt; deren Anwendung auf den zur Entscheidung stehenden Fall vermag allerdings nicht zu überzeugen.
19 
Die denkmalschutzrechtliche Genehmigung ist nur dann zu versagen, wenn die Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes des Kulturdenkmals erheblich ist und höherrangiges Recht, insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, keine abweichende Entscheidung gebietet. Bei unerheblicher Veränderung des Erscheinungsbildes des Kulturdenkmals besteht hingegen regelmäßig ein Genehmigungsanspruch (vgl. nur Urteile vom 23.07.1990 - 1 S 2998/89 -, VBlBW 1991, 257 <259> und vom 19.07.2000 - 1 S 2992/99 -, VBlBW 2001, 63; Urteil vom 27.06.2005 - 1 S 1674/04 -, ESVGH 56, 23 <27>).
20 
Die Beeinträchtigung der Scheune durch die Photovoltaikanlage ist als erheblich einzustufen. Eine erhebliche Beeinträchtigung liegt vor, wenn der Gesamteindruck von dem Kulturdenkmal empfindlich gestört wird. Sie muss - unterhalb der Schranke einer baurechtlichen Verunstaltung - deutlich wahrnehmbar sein und vom Betrachter als belastend empfunden werden (vgl. Urteil des erk. Senats vom 23.07.1990 - 1 S 2998/89 -, VBlBW 1991, 257 <259>).
21 
Diese wertende Einschätzung wird zum einen maßgeblich bestimmt vom Denkmalwert. Danach kann in Relation zur Wertigkeit des Kulturdenkmals die Hinnahme einer Beeinträchtigung seines Erscheinungsbildes in gewissem Umfang geboten sein. Zum anderen hat die Entscheidung immer „kategorienadäquat“ zu erfolgen, d. h. sie muss sich - nicht zuletzt zur Wahrung der durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Eigentümerbefugnisse - an der für das Schutzobjekt maßgeblichen denkmalrechtlichen Bedeutungskategorie orientieren (vgl. Urteil des erk. Senats vom 27.06.2005 - 1 S 1674/04 -, ESVGH 56, 23 <28>; Strobl/Sieche, Denkmalschutzgesetz für Baden-Württemberg, 3. Aufl. 2010 § 8 Rn. 5 a.E.).
22 
Hiernach ist bei einem Kulturdenkmal, an dessen Erhaltung aus künstlerischen Gründen ein öffentliches Interesse besteht, eine möglichst umfassende und ungestörte Erhaltung der Identität seiner Substanz und seines Erscheinungsbildes von überragender Bedeutung; die Schwelle zur belastenden Wirkung, die zur Erheblichkeit der Beeinträchtigung führt, ist hier tendenziell bald erreicht. Bei den Schutzgründen der wissenschaftlichen und insbesondere der heimatgeschicht-lichen Bedeutung kann die Sache deswegen anders liegen, weil das Kulturdenkmal gerade in seinem dokumentarischen Charakter über sich hinausweist. In dieser Funktion - seinem „Zeugniswert“ - kann es Veränderungen oftmals von vergleichsweise größerem Gewicht unbeschadet überstehen (vgl. hierzu Urteil des erk. Senats vom 27.06.2005 - 1 S 1674/04 -, ESVGH 56, 23 <28>).
23 
Bei Anlegung dieser Maßstäbe ist festzustellen, dass die Photovoltaikanlage den Gesamteindruck der Scheune vor dem Hintergrund des einschlägigen Schutzgrundes empfindlich stört.
24 
Die kategorienadäquate Betrachtungsweise erfordert zwar eine abgestufte Bewertung, so dass auch größere Veränderungen des Erscheinungsbildes beim Schutzgrund der heimatgeschichtlichen Bedeutung noch unterhalb der Erheblichkeits-schwelle bleiben können. Gleichwohl muss ungeachtet des einschlägigen Schutzgrundes das Gebäude als Ganzes Gegenstand der denkmalrechtlichen Betrachtung bleiben. Deswegen geht es nicht an, nur auf das Konstruktions- bzw. Gestaltungsmerkmal abzustellen, das Anlass für die Einstufung als Kulturdenkmal ist. Das Verwaltungsgericht geht zwar zu Recht davon aus, dass die Sichtfachwerkkonstruktion als solche, die hinreichender Grund für die heimatgeschichtlichen Bedeutung der Scheuer ist (vgl. hierzu auch Strobl/Sieche, a.a.O. § 2 Rn. 21), von Veränderungen des Daches unberührt bleibt. Geschützt ist jedoch vor dem Hintergrund der hervorstechenden Konstruktion des Gebäudes die Scheune als Beispiel des heimischen Scheuerbaus an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert. Dieses Gebäude wird aber auch durch ein für diese Zeit typisches und folglich ziegelgedecktes Dach mitgeprägt. Dies steht zwar denkmalrechtlich nicht im Vordergrund, ist aber integraler Bestandteil des Kulturdenkmals. Das Dach in seiner ursprünglichen Gestalt wird nun aber auf der Südseite durch die flächendeckende Photo-voltaikanlage fast vollständig verdeckt. Aus dieser Perspektive wird das Gebäude insoweit völlig und fremdartig überformt, so dass für den Betrachter die Scheune in ihrem denkmalgeschützten Gehalt zum bloßen Torso wird. Von einem bloß untergeordneten Zugeständnis an moderne technische Entwicklungen kann nicht mehr die Rede sein. Angesichts dieser tatsächlichen Umstände kann sich der Kläger auf die Entscheidung des Senats im Falle der Bartholomäus-Kirche in Nordheim (Urteil vom 27.06.2005 - 1 S 1674/04 -, ESVGH 56, 23) nicht berufen. Denn dort bedeckte die Photovoltaikanlage nur einen kleinen Teil des Daches; sie fügte sich auch farblich in die anthrazitfarbene Dacheindeckung ein, so dass die Veränderung des Denkmals als unerheblich eingestuft werden konnte.
25 
Ein Genehmigungsanspruch ist nicht ausnahmsweise - ungeachtet der erheblichen Beeinträchtigung des Kulturdenkmals - aus Gründen der Verhältnismäßigkeit gegeben (vgl. dazu etwa Urteil des erk. Senats vom 23.07.1990 - 1 S 2998/89 -, VBlBW 1991, 257 <259>). Die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung nochmals betonten allgemeinen Belange des Klimaschutzes, denen auch durch die Nutzung der Sonnenenergie Rechnung getragen werden kann, rechtfertigen nicht eine nahezu unbeschränkte Zulassung von Photovoltaikanlagen auf denkmalgeschützten Gebäuden. Insoweit gilt es, zunächst vorrangig andere denkmalrechtlich unbedenkliche Standorte zu nutzen. Auch die wirtschaftlichen Interessen des Klägers gebieten keine andere Entscheidung. Soweit er darauf verweist, dass die Anlage in ihren verschiedenen Teilen gerade auf ihrem jetzigen Umfang ausgerichtet und bereits eine Verkleinerung mit einem beträchtlichen finanziellen Aufwand verbunden sei, bleibt dies ohne ausschlaggebende Bedeutung. Denn der Kläger hat ohne vorherige Genehmigung und folglich auf eigenes Risiko investiert.
26 
Schließlich ist die auf § 7 Abs. 1 Satz 1 DSchG gestützte Rückbauverfügung rechtmäßig. Deren tatbestandliche Voraussetzungen liegen mangels Genehmigungsfähigkeit der Anlage vor. Die Ermessenserwägungen der Beklagten sind von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Denn jedenfalls durch die Beschränkung der Beseitigungsverfügung auf lediglich einen Teil der Photovoltaikanlage werden die Belange des Klägers hinreichend berücksichtigt.
27 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
28 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
29 
Beschluss vom 10. Juni 2010
30 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2 und § 63 Abs. 2 GKG).
31 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
16 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen. Dem Kläger steht der geltend gemachte Genehmigungsanspruch nicht zu; auch die Beseitigungsverfügung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5, Abs. 1 Satz 1 VwGO).
17 
Zu Recht ist das Verwaltungsgericht, auf dessen Ausführungen insoweit nach § 130b Satz 2 VwGO verwiesen wird, davon ausgegangen, dass die Photovoltaik-anlage gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 2 DSchG einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung bedarf. Dabei hat das Verwaltungsgericht zutreffend darauf abgestellt, dass die Denkmaleigenschaft der Scheune aufgrund der Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 15.09.2008 nicht mehr in Frage gestellt werden kann (§ 121 VwGO).
18 
Die Photovoltaikanlage ist indessen jedenfalls in ihrer derzeit gegebenen Form nicht genehmigungsfähig. Das Verwaltungsgericht hat insofern die in der Rechtsprechung des Senats hierzu entwickelten Maßstäbe zwar zutreffend aufgezeigt; deren Anwendung auf den zur Entscheidung stehenden Fall vermag allerdings nicht zu überzeugen.
19 
Die denkmalschutzrechtliche Genehmigung ist nur dann zu versagen, wenn die Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes des Kulturdenkmals erheblich ist und höherrangiges Recht, insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, keine abweichende Entscheidung gebietet. Bei unerheblicher Veränderung des Erscheinungsbildes des Kulturdenkmals besteht hingegen regelmäßig ein Genehmigungsanspruch (vgl. nur Urteile vom 23.07.1990 - 1 S 2998/89 -, VBlBW 1991, 257 <259> und vom 19.07.2000 - 1 S 2992/99 -, VBlBW 2001, 63; Urteil vom 27.06.2005 - 1 S 1674/04 -, ESVGH 56, 23 <27>).
20 
Die Beeinträchtigung der Scheune durch die Photovoltaikanlage ist als erheblich einzustufen. Eine erhebliche Beeinträchtigung liegt vor, wenn der Gesamteindruck von dem Kulturdenkmal empfindlich gestört wird. Sie muss - unterhalb der Schranke einer baurechtlichen Verunstaltung - deutlich wahrnehmbar sein und vom Betrachter als belastend empfunden werden (vgl. Urteil des erk. Senats vom 23.07.1990 - 1 S 2998/89 -, VBlBW 1991, 257 <259>).
21 
Diese wertende Einschätzung wird zum einen maßgeblich bestimmt vom Denkmalwert. Danach kann in Relation zur Wertigkeit des Kulturdenkmals die Hinnahme einer Beeinträchtigung seines Erscheinungsbildes in gewissem Umfang geboten sein. Zum anderen hat die Entscheidung immer „kategorienadäquat“ zu erfolgen, d. h. sie muss sich - nicht zuletzt zur Wahrung der durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Eigentümerbefugnisse - an der für das Schutzobjekt maßgeblichen denkmalrechtlichen Bedeutungskategorie orientieren (vgl. Urteil des erk. Senats vom 27.06.2005 - 1 S 1674/04 -, ESVGH 56, 23 <28>; Strobl/Sieche, Denkmalschutzgesetz für Baden-Württemberg, 3. Aufl. 2010 § 8 Rn. 5 a.E.).
22 
Hiernach ist bei einem Kulturdenkmal, an dessen Erhaltung aus künstlerischen Gründen ein öffentliches Interesse besteht, eine möglichst umfassende und ungestörte Erhaltung der Identität seiner Substanz und seines Erscheinungsbildes von überragender Bedeutung; die Schwelle zur belastenden Wirkung, die zur Erheblichkeit der Beeinträchtigung führt, ist hier tendenziell bald erreicht. Bei den Schutzgründen der wissenschaftlichen und insbesondere der heimatgeschicht-lichen Bedeutung kann die Sache deswegen anders liegen, weil das Kulturdenkmal gerade in seinem dokumentarischen Charakter über sich hinausweist. In dieser Funktion - seinem „Zeugniswert“ - kann es Veränderungen oftmals von vergleichsweise größerem Gewicht unbeschadet überstehen (vgl. hierzu Urteil des erk. Senats vom 27.06.2005 - 1 S 1674/04 -, ESVGH 56, 23 <28>).
23 
Bei Anlegung dieser Maßstäbe ist festzustellen, dass die Photovoltaikanlage den Gesamteindruck der Scheune vor dem Hintergrund des einschlägigen Schutzgrundes empfindlich stört.
24 
Die kategorienadäquate Betrachtungsweise erfordert zwar eine abgestufte Bewertung, so dass auch größere Veränderungen des Erscheinungsbildes beim Schutzgrund der heimatgeschichtlichen Bedeutung noch unterhalb der Erheblichkeits-schwelle bleiben können. Gleichwohl muss ungeachtet des einschlägigen Schutzgrundes das Gebäude als Ganzes Gegenstand der denkmalrechtlichen Betrachtung bleiben. Deswegen geht es nicht an, nur auf das Konstruktions- bzw. Gestaltungsmerkmal abzustellen, das Anlass für die Einstufung als Kulturdenkmal ist. Das Verwaltungsgericht geht zwar zu Recht davon aus, dass die Sichtfachwerkkonstruktion als solche, die hinreichender Grund für die heimatgeschichtlichen Bedeutung der Scheuer ist (vgl. hierzu auch Strobl/Sieche, a.a.O. § 2 Rn. 21), von Veränderungen des Daches unberührt bleibt. Geschützt ist jedoch vor dem Hintergrund der hervorstechenden Konstruktion des Gebäudes die Scheune als Beispiel des heimischen Scheuerbaus an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert. Dieses Gebäude wird aber auch durch ein für diese Zeit typisches und folglich ziegelgedecktes Dach mitgeprägt. Dies steht zwar denkmalrechtlich nicht im Vordergrund, ist aber integraler Bestandteil des Kulturdenkmals. Das Dach in seiner ursprünglichen Gestalt wird nun aber auf der Südseite durch die flächendeckende Photo-voltaikanlage fast vollständig verdeckt. Aus dieser Perspektive wird das Gebäude insoweit völlig und fremdartig überformt, so dass für den Betrachter die Scheune in ihrem denkmalgeschützten Gehalt zum bloßen Torso wird. Von einem bloß untergeordneten Zugeständnis an moderne technische Entwicklungen kann nicht mehr die Rede sein. Angesichts dieser tatsächlichen Umstände kann sich der Kläger auf die Entscheidung des Senats im Falle der Bartholomäus-Kirche in Nordheim (Urteil vom 27.06.2005 - 1 S 1674/04 -, ESVGH 56, 23) nicht berufen. Denn dort bedeckte die Photovoltaikanlage nur einen kleinen Teil des Daches; sie fügte sich auch farblich in die anthrazitfarbene Dacheindeckung ein, so dass die Veränderung des Denkmals als unerheblich eingestuft werden konnte.
25 
Ein Genehmigungsanspruch ist nicht ausnahmsweise - ungeachtet der erheblichen Beeinträchtigung des Kulturdenkmals - aus Gründen der Verhältnismäßigkeit gegeben (vgl. dazu etwa Urteil des erk. Senats vom 23.07.1990 - 1 S 2998/89 -, VBlBW 1991, 257 <259>). Die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung nochmals betonten allgemeinen Belange des Klimaschutzes, denen auch durch die Nutzung der Sonnenenergie Rechnung getragen werden kann, rechtfertigen nicht eine nahezu unbeschränkte Zulassung von Photovoltaikanlagen auf denkmalgeschützten Gebäuden. Insoweit gilt es, zunächst vorrangig andere denkmalrechtlich unbedenkliche Standorte zu nutzen. Auch die wirtschaftlichen Interessen des Klägers gebieten keine andere Entscheidung. Soweit er darauf verweist, dass die Anlage in ihren verschiedenen Teilen gerade auf ihrem jetzigen Umfang ausgerichtet und bereits eine Verkleinerung mit einem beträchtlichen finanziellen Aufwand verbunden sei, bleibt dies ohne ausschlaggebende Bedeutung. Denn der Kläger hat ohne vorherige Genehmigung und folglich auf eigenes Risiko investiert.
26 
Schließlich ist die auf § 7 Abs. 1 Satz 1 DSchG gestützte Rückbauverfügung rechtmäßig. Deren tatbestandliche Voraussetzungen liegen mangels Genehmigungsfähigkeit der Anlage vor. Die Ermessenserwägungen der Beklagten sind von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Denn jedenfalls durch die Beschränkung der Beseitigungsverfügung auf lediglich einen Teil der Photovoltaikanlage werden die Belange des Klägers hinreichend berücksichtigt.
27 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
28 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
29 
Beschluss vom 10. Juni 2010
30 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2 und § 63 Abs. 2 GKG).
31 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz vom 1. April 2011 wird abgelehnt.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

1

Der Berufungszulassungsantrag bleibt erfolglos.

2

Die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nrn. 1, 3 und 4 VwGO liegen nicht vor.

3

Das Verwaltungsgericht hat die auf Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung zur Anbringung einer Photovoltaikanlage auf dem Dach des Anwesens des Klägers gerichtete Klage im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass die Voraussetzungen hierfür nicht vorlägen. Das Anwesen des Klägers sei einerseits Einzeldenkmal im Sinne des Denkmalschutzgesetzes. Andererseits sei es Bestandteil einer Denkmalzone. Durch die Installation einer Photovoltaikanlage auf dem Dach des Hauses werde dessen Erscheinungsbild nicht nur vorübergehend beeinträchtigt, weshalb hierfür eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung erforderlich sei. Diese könne indessen nicht erteilt werden, da Belange des Denkmalschutzes entgegenstünden. Die Photovoltaikanlage führe zu einer erheblichen Beeinträchtigung sowohl des Einzeldenkmales als auch der Denkmalzone. Sie werde als Fremdkörper in einem Bereich empfunden, der sein historisches Erscheinungsbild weitgehend bewahrt habe. Auch könne nicht festgestellt werden, dass Erfordernisse des Gemeinwohls oder private Belange diejenigen des Denkmalschutzes überwögen. So sei das Ziel, regenerative Energien zu nutzen, zwar anerkennenswert, dieser Belang könne indessen keinen Vorrang gegenüber den Belangen des Denkmalschutzes beanspruchen. Was das private Interesse des Klägers angehe, so müsse er es wegen der mit dem Denkmaleigentum verbundenen Sozialbindung hinnehmen, auf eine rentablere Nutzung seines Anwesens zu verzichten.

4

1. An der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bestehen keine ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

5

Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass das Anwesen des Klägers einerseits als Einzeldenkmal, andererseits als Bestandteil einer Denkmalzone denkmalrechtlichen Schutz nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 Denkmalschutzgesetz – DSchG − genießt (a). Die Errichtung einer Photovoltaikanlage auf diesem Gebäude bedarf nach § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 DSchG einer Genehmigung (b), die indessen nicht erteilt werden kann, da die hierfür in § 13 Abs. 2 DSchG vorgesehenen Voraussetzungen nicht vorliegen (c).

6

a. Bei dem Anwesen des Klägers als Einzelgebäude handelt es sich um ein geschütztes Kulturdenkmal. Diese Eigenschaft kommt auch der Denkmalzone zu, zu der das Haus gehört. Als geschützte Kulturdenkmäler sind nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 DSchG die unbeweglichen Kulturdenkmäler anzusehen. Diese untergliedern sich nach § 4 Abs. 1 Satz 1 DSchG einerseits in ortsfeste Einzeldenkmäler und Bauwerke (Nr. 1) sowie in Denkmalzonen (Nr. 2).

7

aa. Das Anwesen des Klägers erfüllt als Einzelgebäude die Eigenschaft eines Kulturdenkmals nach § 3 Abs. 1 DSchG. Es entstand in einer historischen Epoche, nämlich dem 18. und 19. Jahrhundert und kann insoweit als Zeugnis des handwerklichen Wirkens sowie historischer Entwicklungen innerhalb des Ortes Gau-Bickelheim angesehen werden (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a DSchG). Zudem stellt es ein kennzeichnendes Merkmal der Gemeinde dar (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c DSchG). Insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichtes verwiesen werden, das seinerseits auf die zur Gerichtsakte gereichte fachkundige Stellungnahme der Generaldirektion Kulturelles Erbe Bezug genommen hat.

8

Was die Denkmalwürdigkeit des Anwesens angeht, so besteht an dessen Erhaltung jedenfalls aus geschichtlichen, wissenschaftlichen und städtebaulichen Gründen ein öffentliches Interesse (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 DSchG). Seitens der Denkmalfachbehörde wird hierzu auf die herausragende städtebauliche Funktion des Anwesens hingewiesen, die darin zu sehen sei, dass es sich als zentraler historischer Blickpunkt im Bereich des Ortskerns von Gau-Bickelheim für den aus Richtung der Straße P. kommenden Betrachter darstelle. Zudem kommt dem Gebäude ein geschichtlicher und wissenschaftlicher Wert dadurch zu, dass seine Straßenansicht den Eindruck einer typisch rheinhessischen Hofanlage vermittelt.

9

Der Denkmalwert des Gebäudes wird nicht dadurch beeinträchtigt, dass an der ursprünglichen historischen Bausubstanz Veränderungen vorgenommen wurden. Der Kläger verweist hierzu auf die Aufdoppelung des Fachwerks sowie die Erneuerung der Dacheindeckung. Spätere Veränderungen sind für die Frage der Denkmaleigenschaft indessen unerheblich, wenn sich trotz ihrer Vornahme noch das ursprüngliche Aussehen des Gebäudes ablesen lässt. Wiederherstellungsarbeiten an Teilen des Denkmals sind hiernach unschädlich, wenn sie sich funktional unterordnen und das Original im Übrigen nicht beeinträchtigen. Selbst Zerstörungen oder Beschädigungen der Denkmalsubstanz lassen die Denkmaleigenschaft erst dann entfallen, wenn der Verfall so weit fortgeschritten ist, dass eine Erhaltung des Schutzobjektes schlechterdings ausgeschlossen ist (vgl. OVG RP, Urteil vom 3. April 1987 – 1 A 103/85 – in NVwZ-RR 1989, 119; Urteil vom 5. Juni 1987 – 8 A 19/86 – AS 21, 222, Martin Viebrock, in: Martin/Krautzberger, Handbuch Denkmalschutz und Denkmalpflege, 3. Aufl. 2010 Teil C Rn. 29).

10

Die am Anwesen des Klägers vorgenommenen Veränderungen beschränken sich auf Details der Bauausführung. Der äußere Eindruck des gesamten Gebäudes bleibt indessen im Wesentlichen gewahrt. So orientiert sich die Ausgestaltung der Fassade weiterhin am Originalfachwerk. Auch durch die Verwendung moderner Dachmaterialien wird die optische Wirkung des Hauses nicht durchgreifend beeinflusst. Dabei ist zu berücksichtigen, dass gerade die ortsbildprägende Wirkung des Gebäudes als Teil seiner städtebaulichen Bedeutung, die wesentlich zur Denkmalseigenschaft beiträgt, in erster Linie durch den Gesamteindruck bestimmt ist. Auch auf die Gewichtung des Denkmalwertes wirken sich daher die vorgenommenen Veränderungen nicht aus.

11

bb. Dem Verwaltungsgericht ist auch darin zu folgen, dass das Gebäude Teil einer Denkmalzone ist. Die gesamte Häusergruppe um den Dorfplatz kann als kennzeichnendes Platzbild nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 DSchG eingeordnet werden. Hierunter sind nach § 5 Abs. 3 Satz 1 DSchG solche Gruppierungen baulicher Anlagen zu zählen, deren Erscheinungsbild in seiner Gesamtheit eine bestimmte Epoche oder Entwicklung oder eine charakteristische Bauweise mit einheitlicher Bauart oder unterschiedlichen Stilarten veranschaulicht. Diese Kriterien erfüllt die Umgebung des klägerischen Anwesens. Ausweislich der schlüssigen Darstellung der Generaldirektion Kulturelles Erbe als Denkmalfachbehörde sind die Gebäude an einer Stelle errichtet, an der sich bereits im Mittelalter der Kern des Dorfes befand. Das Ensemble besteht hiernach im Wesentlichen aus doppelgeschossigen Bauten aus dem 16. bis 19. Jahrhundert, und ist charakterisiert durch verspringende Baufluchten und wechselnde Firstausrichtungen der Häuser. In diesem Bereich sind die Bezugspunkte dörflichen Leben in den vergangenen Jahrhunderten wie das Rathaus, das Dorfgasthaus und das alte katholische Pfarrhaus konzentriert. Die Denkmalwürdigkeit des Ensembles kann wiederum aus wissenschaftlichen und städtebaulichen Gründen nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 DSchG hergeleitet werden. Die Generaldirektion Kulturelles Erbe führt hierzu in nachvollziehbarer Weise aus, dass sich aus der Platzanlage mit ihren Bauten wichtige Informationen zur Dorfgeschichte bis ins 16. Jahrhundert zurückgehend ablesen lassen. Zudem komme ihr ein hoher Stellenwert neben vergleichbaren Platzbildern anderer rheinhessischer Gemeinden zu.

12

b. Handelt es sich hiernach bei dem Anwesen des Klägers um ein geschütztes Einzeldenkmal sowie um den Bestandteil einer Denkmalzone, so bedurfte die Installation einer Photovoltaikanlage auf dem südlichen Dach des traufständigen Gebäudeteils einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung. Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 DSchG ist eine solche Genehmigung erforderlich, wenn ein geschütztes Kulturdenkmal in seinem Erscheinungsbild nicht nur vorübergehend beeinträchtigt wird. Als Beeinträchtigung des Kulturdenkmals ist dabei jede Beeinflussung seines Erscheinungsbildes anzusehen, die der aufgeschlossene Durchschnittsbetrachter als nachteilige Veränderung des Kulturdenkmals wahrnimmt, ohne dass diese Veränderung von besonderem Gewicht oder deutlich wahrnehmbar sein muss (vgl. VGH BW, Urteil vom 27. Juni 2005 – 1 S 1674/04 – ESVGH 56, 23 und juris, Rn. 29). Eine derartige die Genehmigungsbedürftigkeit auslösende Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes von Einzeldenkmal und Denkmalzone ist darin zu sehen, dass der den Belangen des Denkmalschutzes aufgeschlossene Durchschnittsbetrachter die Photovoltaikanlage als Fremdkörper in ihrer durch die historische Bebauung geprägten Umgebung empfindet.

13

c. Die denkmalschutzrechtliche Genehmigung kann indessen nicht erteilt werden, da dem Vorhaben Belange des Denkmalschutzes entgegenstehen (§ 13 Abs. 2 Nr. 1 DSchG) (aa.) und die bei der Entscheidung zu berücksichtigenden Gemeinwohlinteressen oder privaten Belange des Klägers nicht als so gewichtig angesehen werden können, dass sie die Belange des Denkmalschutzes überwiegen (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 DSchG) (bb.).

14

aa. Die Frage, ob Belange des Denkmalschutzes einem Vorhaben entgegenstehen, wird dabei maßgeblich davon bestimmt, unter welchen Gesichtspunkten die Denkmalwürdigkeit des Objektes angenommen wird. Die entsprechende Beurteilung muss kategorienadäquat erfolgen. Sie muss sich – auch im Hinblick auf die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Eigentümerbefugnisse – an der für das Schutzgut maßgeblichen denkmalrechtlichen Bedeutungskategorie orientieren (vgl. VGH BW, Urteil vom 27. Juni 2005, a.a.O., juris, Rn. 36; Urteil vom 10. Juni 2010 – 1 S 585/10 – VBlBW 2010, 393 und juris, Rn. 21 f.; Viebrock, a.a.O., Teil E, Rn. 146). Bei Anwendung einer kategorienadäquaten Betrachtungsweise stehen dem Vorhaben des Klägers Belange des Denkmalschutzes von erheblichem Gewicht jedenfalls insoweit entgegen, als die Schutzwürdigkeit des Denkmals aus städtebaulichen Gründen abgeleitet wird. Die städtebauliche Bedeutung des Anwesens des Klägers kommt in der ortsbildprägenden Funktion sowohl des Einzeldenkmals als auch der Denkmalzone zum Ausdruck. Gerade dieser Schauwert des durch die historische Bebauung geprägten Denkmalbereichs wird durch die zur Genehmigung gestellte Photovoltaikanlage aber in negativer Weise beeinträchtigt. Die Photovoltaikanlage dominiert aufgrund ihrer in der Umgebung historischer Bauten als besonders auffällig wahrgenommenen Ausgestaltung den optischen Eindruck sowohl des Einzelgebäudes als auch der Denkmalzone und wird so in besonders intensiver Weise als Störung wahrgenommen. Was die Gewichtung der Belange des Denkmalschutzes angeht, so ist zu berücksichtigen, dass der Denkmalzone einerseits eine besonders hohe Wertigkeit zukommt, die sie besonders empfindlich gegen störende Einflüsse macht. Die Denkmalzone Marktplatz Gau-Bickelheim ist in der Liste der Haager Konvention zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten vom 14. Mai 1954 aufgeführt. Mit dieser Aufnahme in das Register wird zum Ausdruck gebracht, dass es sich bei der Denkmalzone um ein Kulturgut von hoher Bedeutung handelt (Art. 8 Abs. 1 der Konvention). In Rheinland-Pfalz betrifft dies ungefähr 800 von etwa 45.000 Kulturdenkmälern. Hinzu kommt, dass das Anwesen des Klägers sich in exponierter Lage innerhalb des Ortskerns befindet, da es im Bereich der sich aus der Straße P. ergebenden Blickachse liegt und von daher frühzeitig und besonders markant in Erscheinung tritt.

15

Im Hinblick auf die Beeinträchtigung der Denkmalzone insgesamt kann sich der Kläger nicht darauf berufen, dass sein Anwesen sich nicht zentral innerhalb der Denkmalzone befindet, sondern eine Randlage einnimmt. Hierzu ist wiederum auf die exponierte Lage des Anwesens zu verweisen sowie auf den Umstand, dass sich um das Anwesen des Klägers herum die für das dörfliche Leben in der Vergangenheit wichtigen Bezugspunkte der Denkmalzone wie das Rathaus, das Dorfgasthaus und das alte katholische Pfarrhaus befinden.

16

bb. Ergibt sich hiernach eine besonders schwerwiegende Beeinträchtigung denkmalschutzrechtlicher Belange, so überwiegen diese Belange die privaten Interessen des Klägers sowie andere öffentliche Gemeinwohlerfordernisse. Der durch Art. 20 a GG normierte Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen entfaltet kein solches Gewicht, dass er sich gegen die Belange des Denkmalschutzes im vorliegenden Fall durchsetzen würden. Zwar kann dieser Belang nicht von vornherein unberücksichtigt bleiben. Bei seiner Gewichtung ist jedoch zu beachten, dass die entsprechenden Vorschriften darauf ausgerichtet sind, die natürlichen Lebensgrundlagen insgesamt sicherzustellen. Die klimaökologischen Wirkungen, die der Einsatz von Photovoltaikanlagen gerade auf denkmalgeschützten Gebäuden erbringen kann, haben in ihrer Summe indes kein erhebliches Gewicht. Keinesfalls räumt Art. 20 a GG dem einzelnen Eigentümer eine besondere gegenüber dem Denkmalschutzrecht durchschlagende Rechtstellung ein, Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien gerade auf seinem Grundstück zu verwirklichen. Zudem kann aus Art. 20 a GG nicht entnommen werden, welches Schutzniveau für den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen erreicht werden soll und wie dieses Ziel umzusetzen ist (vgl. Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, 2. Aufl. 2006 Art. 20 a Rn. 27 und 66). Die Belange des Denkmalschutzes erweisen sich hiernach im vorliegenden Fall als gewichtiger.

17

Dies gilt gleichermaßen, soweit die privaten Interessen des Klägers betroffen sind. Er beruft sich letztlich darauf, durch die Nutzung erneuerbarer Energien Erlöse erzielen zu können und die Energieversorgung seines Anwesens nach seinen Vorstellungen umzusetzen zu wollen. Insoweit greift indessen die Sozialbindung des Eigentums, aufgrund derer er es hinnehmen muss, dass ihm eine möglicherweise rentablere Nutzung seines Grundstücks wegen der Schutzwürdigkeit des Denkmals verwehrt wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. März 1999 – 1 BvL 7/91 –, BVerfGE 100, 226 und juris, Rn. 84). Wegen des hohen Denkmalwertes kann dem privaten Interesse des Klägers wiederum kein solches Gewicht beigemessen werden, dass es die Belange des Denkmalschutzes überwöge.

18

Soweit der Kläger einwendet, das Verwaltungsgericht hätte der Klage wenigstens teilweise stattgeben und die Beklagte zur Genehmigung einer Photovoltaikanlage mit reduzierter Fläche verpflichten müssen, kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden. Einerseits hat der Kläger mit seinem Antrag eine bestimmte Ausgestaltung der Photovoltaikanlage zur Genehmigung gestellt, so dass es bereits an Anhaltspunkten fehlt, dass eine hinter diesem Antrag zurückbleibende Genehmigung überhaupt seinem Willen entspräche. Andererseits spricht angesichts der hohen Gewichtung des Denkmalwertes einiges dafür, dass auch eine Photovoltaikanlage mit geringerer Fläche denkmalschutzrechtlich nicht genehmigungsfähig wäre.

19

2. Die Berufung war auch nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Der Kläger sieht sinngemäß die Frage als grundsätzlich klärungsbedürftig an, inwieweit Photovoltaikanlagen auf geschützten Kulturdenkmälern zulässig sind, die sich nicht mehr vollständig in ihrem ursprünglichen Bauzustand befinden. Zudem sei grundsätzlich zu klären, in welcher Weise das Interesse an der Nutzung von Photovoltaikanlagen zu gewichten sei. Beide Fragen betreffen indes die im Rahmen der Prüfung der Genehmigungsfähigkeit vorzunehmende Abwägung zwischen den Belangen des Denkmalschutzes und anderen Gemeinwohlbelangen sowie privaten Interessen der Gebäudeeigentümer. Eine derartige Abwägung stellt jedoch immer eine Einzelfallentscheidung dar, so dass die aufgeworfenen Fragen einer grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich sind.

20

3. Das Verwaltungsgericht weicht mit dem angefochtenen Urteil auch nicht von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts ab (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO). Soweit der Kläger hierzu auf den Beschluss des Senats vom 11. Februar 2011 (8 A 11111/10.OVG) abstellt, lässt sich hieraus bereits kein für die Entscheidung des vorliegenden Falles relevanter abstrakter Rechtssatz herleiten. Die zitierte Entscheidung hatte nämlich nicht die Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung zum Inhalt, sondern befasste sich mit der Vereinbarkeit einer Solaranlage mit den Vorschriften einer Gestaltungssatzung. Zudem hat der Senat in seiner damaligen Entscheidung nicht die Zulässigkeit einer Photovoltaikanlage auf dem Dach des Anwesens festgestellt. Gegenstand des Berufungszulassungsverfahrens war vielmehr die Frage, ob das Verwaltungsgericht, das die streitgegenständliche Beseitigungsverfügung teilweise aufgehoben hatte, diesen Bescheid hinsichtlich der verbleibenden Solarplattenreihe zu Recht bestätigt hatte.

21

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

22

Der Wert des Streitgegenstandes bestimmt sich nach den §§ 47 und 52 GKG.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.