Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 27. Apr. 2016 - 9 A 214/14

ECLI:ECLI:DE:VGSH:2016:0427.9A214.14.0A
bei uns veröffentlicht am27.04.2016

Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 12.07.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.07.2014 wird insoweit aufgehoben, als darin eine Vorauszahlung von mehr als 18.997,40 € festgesetzt wird.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% der vollstreckungsfähigen Kosten abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen einen Vorauszahlungsbescheid der Beklagten.

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Er ist Eigentümer mehrerer Grundstücke an der Dorfstraße in Bad S.; u.a. des 10.457 m² großen Grundstücks Flur x, Flurstück xx, Gemarkung …, das als Pferdekoppel genutzt wird.

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Die Stadtvertretung der Beklagten beschloss im Juli 2008 die umfassende Erneuerung der Dorfstraße in dem Bereich zwischen der Einmündung des Kühneweges und dem Hamdorfer Weg. Fahrbahn und Gehwege sollten dabei mit einem frostsicheren tragfähigen Unterbau versehen werden. Die Gehwege sollten z.T. verbreitert werden und Betonpflaster erhalten. Die Planung sah darüber hinaus die Erneuerung der Straßenbeleuchtung mit 11 statt vorher 6 Leuchten sowie die Verlängerung des Regenwasserkanals um 130 m vor. Die Sickerschächte sollten durch neue, an den Regenwasserkanal angeschlossene Straßenabläufe ersetzt werden.

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Mit den Bauarbeiten wurde im Frühjahr 2013 begonnen.

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Die Beklagte entschied sich für die Erhebung von Vorauszahlungen in Höhe von 80% des voraussichtlichen Straßenbaubeitrages. Bei der Berechnung ging sie von einem beitragsfähigen Aufwand von voraussichtlich knapp 660.000,00 € aus und stufte die Dorfstraße als Haupterschließungsstraße ein, so dass der Anliegeranteil bei der Fahrbahn 60% und bei den übrigen Teileinrichtungen 70% betrug.

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Mit Bescheid vom 12.07.2013 zog sie den Kläger für das hier streitige Grundstück zu einer Vorauszahlung in Höhe von 19.033,78 € heran.

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Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein und beantragte gleichzeitig Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (9 B 39/13). Zur Begründung beanstandete er zunächst die für sein Grundstück ermittelte beitragsfähige Fläche. Die Flächenermittlung sei bereits deshalb fehlerhaft, weil ein Grundstücksstreifen entlang der Straße erfasst werde, der nach der Ausbauplanung als Gehweg vorgesehen sei. Der Grunderwerb sei noch nicht durchgeführt. Damit seien ca. 200 m² aus der Veranlagung auszusondern.

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Die Beklagte gehe auch zu Unrecht davon aus, dass das Grundstück bis zu der von ihr angenommenen Tiefenbegrenzungslinie von 50 m Baulandqualität im Sinne des § 34 BauGB besitze. Das Grundstück gehöre vielmehr vollumfänglich zum Außenbereich; es handele sich um eine sogenannte Außenbereichsinsel im Innenbereich. Das Grundstück selbst sei nicht Bestandteil des Bebauungszusammenhanges, da es nicht die Qualität einer sogenannten „Baulücke“ besitze. Dafür sei der Abstand zwischen den westlich und östlich anschließenden Gebäuden an der Dorfstraße mit ca. 90 m zu groß. Zwar seien für die maximale Ausdehnung einer Baulücke keine festen Zahlenwerte bestimmbar, es werde jedoch regelmäßig davon ausgegangen, dass in einem Wohngebiet bis zu einem Abstand von ca. 60 m eine Baulücke angenommen werden könne. Selbst wenn man jedoch von einer Baulücke ausgehen sollte, wäre allenfalls der innerhalb der Bauflucht liegende Bereich des Grundstückes mit dem Faktor 1 zu bewerten, nicht jedoch der zwischen der rückwärtigen Grenze der Bauflucht und der Tiefenbegrenzungslinie liegende Teil.

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Darüber hinaus sei die zugrundegelegte Abrechnungsfläche insgesamt zu klein, da auch die Anlieger der Straße Wischhof hätten mit einbezogen werden müssen. Nach der gebotenen natürlichen Betrachtungsweise handele es sich bei diesem Straßenzug nicht um ein selbständiges Element des Straßennetzes.

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Ferner sei das Grundstück Flurstück xx, das im Bebauungsplan als private Grünfläche festgesetzt sei, in die Verteilungsfläche einzubeziehen. Es handele sich um ein beitragspflichtiges Hinterliegergrundstück. Zugunsten des unmittelbaren Hinterliegergrundstücks (Flurstück xx) sei auf dem Anliegergrundstück (Flurstück xx, Dorfstraße xx) ein Wegerecht eingetragen. Das unmittelbare Hinterliegergrundstück und das Flurstück xx gehörten dem gleichen Eigentümer, so dass dieser von der Dorfstraße aus zunächst über das Anliegergrundstück aufgrund seines Wegerechtes zum Flurstück xx und von da aus aufgrund der Eigentümeridentität auf das dahinterliegende Flurstück xx rechtlich gesichert gelangen könne.

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Ferner seien weitere Grundstücke mit einer zu geringen Beitragsfläche berücksichtigt worden. Das Grundstück Dorfstraße xx (Gaststätte XY) und das südlich davon liegende unbebaute Grundstück Flurstück xx seien fehlerhaft mit nur einem Vollgeschoss und damit dem Faktor 1,0 berücksichtigt worden. Tatsächlich weise der XY zwei Vollgeschosse auf; dies präge dann auch das Flurstück xx. Auch das unbebaute Flurstück xx auf der Südseite der Dorfstraße habe mit dem Faktor 1,3 berücksichtigt werden müssen, da es aufgrund der Bebauung auf den Nachbargrundstücken zweigeschossig bebaubar sei.

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Die Beklagte trat dem entgegen und führte aus, das Grundstück des Klägers sei richtig veranlagt. Die Fläche für den Gehweg sei nicht abzuziehen, da das Bauprogramm insoweit bereits vor Beginn der Baumaßnahmen wirksam geändert worden sei. Da es ihr nicht gelungen sei, sich mit dem Kläger über einen Erwerb der Grundstücksfläche zu einigen, habe die Stadtvertretung am 11.12.2012 beschlossen, den nördlichen Gehweg an dieser Stelle nicht zu errichten, sondern stattdessen eine weitere Querungshilfe zu bauen. Sie sei allerdings weiterhin an einem Erwerb der Grundstücksfläche und dem Bau des Gehweges interessiert.

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Das Grundstück liege ferner jedenfalls in seinem vorderen Bereich innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles nach § 34 BauGB; diese Auffassung vertrete nach einem Vermerk vom 24.10.2013 auch die zuständige Baubehörde des Kreises Segeberg. Es gelte daher bis zu der nach der Ausbaubeitragssatzung zu berücksichtigenden Tiefenbegrenzungslinie von 50 m als Bauland. Diese Fläche sei mit dem Faktor 1,0 zu vervielfachen, da in der näheren Umgebung überwiegend eingeschossige Gebäude vorhanden seien. Die jenseits der Tiefenbegrenzungslinie liegende Fläche sei mit dem Faktor 0,05 zu berücksichtigen.

14

Das Grundstück xx sei zu Recht nicht berücksichtigt worden. Es könne von der Dorfstraße her nicht in rechtlich zulässiger Weise betreten werden. Ein Wegerecht gelte immer nur für das Grundstück, für das es eingetragen sei. Eine Nutzung für weitere Grundstücke sei rechtswidrig. Das gelte auch dann, wenn diese Grundstücke im Eigentum derselben Person stünden wie das berechtigte Grundstück. Der Eigentümer der beiden hinterliegenden Grundstücke dürfe daher sein Wegerecht über das Anliegergrundstück nur nutzen, um auf das begünstigte Grundstück Flurstück xx zu kommen, nicht aber auf das Grundstück xx.

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Die Grundstücke am Wischhof seien ebenfalls nicht zu berücksichtigen, weil der Wischhof nicht zur Einrichtung Dorfstraße gehöre. Die ca. 160 m lange Straße vermittele nicht den Eindruck, dass es sich lediglich um eine unselbständige Zufahrt zu vereinzelten Hinterliegergrundstücken handele.

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Das Grundstück Dorfstraße xx (XY) sei zu Recht mit nur einem Vollgeschoss berücksichtigt worden, bei dem darüber liegenden Geschoss handele es sich um ein Staffelgeschoss.

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Die unbebauten Grundstücke Flurstücke xx und xx seien zu Recht mit dem Faktor 1,0 berücksichtigt worden, da die Grundstücke der näheren Umgebung überwiegend mit nur einem Vollgeschoss bebaut seien.

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Die Kammer hat mit Beschluss vom 06.01.2014 die aufschiebende Wirkung des Widerspruches angeordnet und zur Begründung ausgeführt, die Erhebung einer Vorausleistung sei nicht mehr zulässig. Vorausleistungen dürften nur bis zum Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht erhoben werden, dies sei die Abnahme der Bauarbeiten. Abzustellen sei dabei auf den Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides als der letzten Verwaltungsentscheidung. Da nach dem unwidersprochenen Vortrag in einem Parallelverfahren die Abnahme der Bauarbeiten inzwischen erfolgt und damit die sachliche Beitragspflicht entstanden, über den Widerspruch aber noch nicht entschieden sei, sei die Erhebung von Vorausleistungen nicht mehr zulässig.

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Das OVG Schleswig hat diesen Beschluss mit Beschluss vom 22.04.2014 (4 MB 2/14) geändert und die aufschiebende Wirkung des Widerspruches nur insoweit angeordnet, als eine Vorauszahlung von mehr 18.954,37 € festgesetzt worden war. Die Erhebung einer Vorausleistung sei weiter zulässig, da entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichtes die sachliche Beitragspflicht noch nicht entstanden sei; es fehlten die Fertigstellung und Abnahme der Straßenbeleuchtung. Im Übrigen sei entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht auf den Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides, sondern auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides abzustellen. Gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bestünden überwiegend keine ernstlichen Zweifel. Das Abrechnungsgebiet sei von der Beklagten voraussichtlich im Wesentlichen zutreffend bestimmt worden. Die Grundstücke am Wischhof seien nicht mit einzubeziehen, da der Charakter dieser Straße bei einer Länge von ca. 160 m und deutlich mehr als 10 erschlossenen Grundstücke über den einer gemeinsamen Grundstückszufahrt hinausgehe. Es sei allerdings zweifelhaft, ob das Grundstück Flurstück xx in die Abrechnung einbezogen werden müsse. Der Eigentümer des Anliegergrundstückes sei rechtlich zwar verpflichtet, eine Überwegung durch den von dem unmittelbaren Hinterliegergrundstück stammenden Verkehr zu dulden, nicht jedoch auch den vom weiteren Grundstück Flurstück xx stammenden Verkehr. Andererseits erscheine nicht ausgeschlossen, dass auch ein zunächst von diesem Flurstück stammender und dann über das Flurstück xx weitergeführter Verkehr ebenfalls von dem Überwegungsrecht mit erfasst sei. Die Beantwortung dieser Frage hänge von der in der Vergangenheit getätigten tatsächlichen Übung ab und auch davon, welche Funktion die Wegeparzelle aus den Flurstücken xx, xx und xx habe. Die Annahme des Klägers, die Fläche seines Grundstückes sei um einen Streifen mit einer Fläche von ca. 200 m² für den geplanten Gehweg zu verringern, sei unzutreffend, da die Antragsgegnerin ihre Ausbauplanung inzwischen geändert habe. Die Beklagte habe die Grundstücksfläche auch zu Recht bis zur Tiefenbegrenzung als einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil gemäß § 34 BauGB angesehen. Aus dem Lageplan sei zu ersehen, dass das Grundstück im Bereich seiner Angrenzung an die Dorfstraße die Breite einer Baulücke nicht überschreite. Die umgebenen bebauten Anliegergrundstücke verhielten sich in etwa in ähnlicher Breite. Auf die jenseits der Tiefengrenze gelegene Teilfläche habe die bauplanungsrechtliche Einstufung des vorderen Grundstücksteils keinen Einfluss.

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Die Miteinbeziehung des Flurstücks xx in den Kreis der beitragspflichtigen Grundstücke führe nach der eingeholten Vergleichsberechnung zu einer Minderung der festgesetzten Beitragshöhe von 19.033,78 € auf 18.954,37 €.

21

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 31.07.2014 in vollem Umfang zurück. Zur Begründung verwies sie auf die Entscheidung des OVG und hielt daran fest, dass das Flurstück xx nicht mit einzubeziehen sei. Das Grundstück werde nicht von der Dorfstraße aus, sondern ausschließlich von Süden her erschlossen.

22

Daraufhin hat der Kläger fristgemäß Klage erhoben, zu deren Begründung er seinen Vortrag im Eilverfahren ergänzt und vertieft. Ergänzend führt er aus, die Beklagte habe inzwischen den Grundstücksstreifen erworben und unter dessen Einbeziehung ihr Bauprogramm erneut geändert und die Straße unter Inanspruchnahme dieses Streifens inzwischen auch hergestellt, ohne dass diese Fläche im Rahmen der Veranlagung ausgesondert worden wäre. Die Einschätzung des OVG, dass es sich bei seinem Grundstück um eine „Baulücke“ handele, widerspreche den Verhältnissen vor Ort. Auch wenn man eine Bebauung entlang der Straße für zulässig halte, dürfe doch der dahinterliegende Bereich insgesamt nur mit dem Faktor 0,05 bewertet werden. Insoweit handele es sich eindeutig um eine Außenbereichsfläche. Daher sei die Vermutung der Tiefenbegrenzungsregelung, dass die Fläche bis zu 50 m als bebaubar gelte, widerlegt. Eine Widerlegung der Vermutung müsse möglich sein, da anderenfalls der Grundsatz der Abgabengerechtigkeit verletzt sei.

23

Auf die von ihm gerügte zu niedrige Veranlagung dreier Grundstücke sei das OVG nicht eingegangen. An dem Vortrag dazu werde festgehalten.

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Der Kläger beantragt,

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den Bescheid der Beklagten vom 12.07.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.07.2014 aufzuheben.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Zur Begründung nimmt sie Bezug auf die Ausführungen im Eilverfahren und im Widerspruchsbescheid und führt ergänzend aus, es sei beabsichtigt, die auf das klägerische Grundstück entfallene Vorauszahlung nach Abzug der verkauften Teilfläche neu zu ermitteln, sobald die amtliche Vermessung erfolgt sei. Allerdings hätten weder der Verkauf noch der Eigentumswechsel an der Teilfläche Einfluss auf die Rechtmäßigkeit des Vorauszahlungsbescheides. Ein Wechsel im Eigentum wirke sich regelmäßig nicht aus, da die Vorauszahlung bei Erhebung des endgültigen Betrages gegenüber dem Schuldner des endgültigen Betrages zu verrechnen sei.

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Zur Geschossigkeit des Grundstückes Flurstück xx (Verteilungsplan Nr. 70) sei zu ergänzen, dass der der Straße zugewandte nördliche Grundstücksteil als Zuwegung zu dem Gebäude mit der postalischen Anschrift Dorfstraße xx genutzt werde und für eine Bebauung mit einem Gebäude zu schmal sei. Ein Gebäude dürfe, wenn überhaupt, vermutlich nur auf dem rückwärtigen südlichen Teil des Grundstücks errichtet werden. An dieser Stelle werde der Bebauungszusammenhang aber von den Gebäuden auf den Grundstücken Dorfstraße xx, Glindenberg xx und Glindenberg xx geprägt. Diese seien alle nur mit einem Vollgeschoss bebaut.

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Die Kammer hat den Rechtsstreit der Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen. Die Einzelrichterin hat die Örtlichkeiten im Rahmen der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge auch zum Verfahren 9 B 39/13 und dem gleichzeitig verhandelten Parallelverfahren 9 A 248/14 Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig, aber nur in geringem Umfang begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig, soweit darin ein Ausbaubeitrag von mehr als 18.997,40 € festgesetzt ist; insoweit sind sie aufzuheben (§ 113 Abs. 1 VwGO). Im Übrigen sind die Bescheide rechtmäßig.

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Rechtsgrundlage für die Erhebung von Ausbaubeiträgen ist § 8 Abs. 1 KAG i.V.m. § 1 Abs. 1 der zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Bescheide noch gültigen Satzung der Beklagten über die Erhebung von Beiträgen für den Ausbau und Umbau von Straßen, Wegen und Plätzen vom 12.11.1996 i.d.F. der 4. Nachtragssatzung vom 24.04.2013 (Ausbaubeitragssatzung - ABS -). Danach erhebt die Beklagte für die Herstellung, den Ausbau und den Umbau sowie die Erneuerung von Einrichtungen der in ihrer Baulast stehenden öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen Beiträge für Grundstücke, denen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Einrichtung Vorteile zuwachsen. Nach § 8 Abs. 4 Satz 4 KAG i.V.m. § 11 Abs. 1 ABS können Vorauszahlungen bis zu 80% der Höhe des voraussichtlichen Beitrages verlangt werden, sobald mit der Ausführung eines Vorhabens begonnen wird.

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Die Voraussetzungen für die Erhebung einer Vorauszahlung lagen vor. Die Bescheide ergingen nach Beginn der Baumaßnahmen. Weitere Voraussetzung für die Erhebung einer Vorauszahlung ist, dass die sachliche Beitragspflicht noch nicht entstanden ist, denn von diesem Zeitpunkt an ist nur noch der Erlass eines endgültigen Bescheides zulässig (Habermann in Habermann/Arndt, KAG, Stand Jan. 2016, § 8 Rn. 367; Böttcher in Thiem/Böttcher, KAG, Stand Nov. 2015, § 8 Rn. 1077 jeweils m.w.N.). Die sachliche Beitragspflicht entsteht grundsätzlich mit der Abnahme der im Bauprogramm vorgesehenen Maßnahmen. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Vorausleistungsbescheides war noch keine der vorgesehenen Maßnahmen abgenommen. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides am 31.07.2014 waren zwar die eigentlichen Bauarbeiten abgenommen, nicht aber - wie die Beklagte im Beschwerdeverfahren vorgetragen hat - die im Bauprogramm ebenfalls vorgesehene Straßenbeleuchtung. Darüber hinaus war bereits vor Erlass des Widerspruchsbescheides und der Fertigstellung der Straßenbeleuchtung das Bauprogramm am 01.07.2014 aufgrund der Einigung der Beteiligten über den Erwerb des Grundstücksstreifens nochmals dahingehend geändert worden, dass Gehweg im Bereich des Grundstücks des Klägers doch ausgebaut werden sollte. Damit war die sachliche Beitragspflicht auch zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides noch nicht entstanden. Auf die im Eilverfahren erörterte Frage, ob auf diesen Zeitpunkt oder aber den Zeitpunkt des Erlasses des Ausgangsbescheides abzustellen ist, kommt es daher nicht an. Die Kammer hat sich zwischenzeitlich im Übrigen in einem Eilverfahren der Auffassung des OVG angeschlossen, wonach die Entstehung der Beitragspflicht während des Vorverfahrens unschädlich ist (Beschluss vom 26.01.2016 - 9 B 20/15 -; vgl. nunmehr auch Habermann a.a.O. Rn. 367).

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Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die abgerechneten Maßnahmen eine beitragspflichtige Erneuerung und z.T. auch eine beitragspflichtige Verbesserung darstellten; dass öffentliche Einrichtung die Dorfstraße zwischen der Ziegelstraße (B 432) und der Einmündung in den Hamdorfer Weg ist und dass die Dorfstraße als Haupterschließungsstraße einzustufen ist. Bedenken gegen diese Annahmen bestehen nicht; das Gleiche gilt für die Schätzung des voraussichtlichen Aufwandes.

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Hinsichtlich der zwischen den Beteiligten allein streitigen Beitragsfläche ergibt sich nur eine geringfügige Änderung.

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Die Beklagte hat zunächst das Abrechnungsgebiet richtig gewählt. Die Anlieger der Straße Wischhof waren nicht einzubeziehen, denn diese Straße stellt sich als eigenständige Einrichtung und nicht nur als unselbständiges „Anhängsel“ der Dorfstraße dar.

38

Nach der Rechtsprechung der Kammer und des OVG Schleswig besteht die im Ausbaubeitragsrecht erforderliche enge räumliche Beziehung von Grundstück und Straße auch bei solchen Grundstücken, die an einer - von der ausgebauten Straße abzweigenden - Stichstraße liegen, wenn diese Stichstraße den Charakter einer Zufahrt zu Hinterliegergrundstücken hat, d.h. Grundstücke „erschließt“, die unmittelbar an die Vorderliegergrundstücke angrenzen, also gleichsam in „zweiter Baureihe“ liegen, so dass sich der Eindruck der Zugehörigkeit dieser Grundstücke zum Abrechnungsgebiet aufdrängt. Anders verhält es sich wenn die Stichstraße bei natürlicher Betrachtungsweise über eine bloße Zufahrt zu „Hinterliegern“ hinausgeht und sich als eigenständige Verkehrsanlage darstellt (vgl. z.B. OVG Schleswig, Urteil vom 30.04.2003 - 2 LB 118/01 - juris, und Beschluss vom 14.12.2007 - OVG 2 LA 23/07 -). Die Straße Wischhof ist ca. 160 m lang und erschließt außer den Eckgrundstücken noch ca. 10 weitere Grundstücke, so dass nach diesem Maßstab ein Zufahrtscharakter nicht mehr angenommen werden kann.

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Zu Recht hat die Beklagte das Grundstück xx nicht in die Abrechnung mit einbezogen.

40

Eine vorteilsbegründende qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit der Straße kann auch für ein Hinterliegergrundstück, also für ein Grundstück, das von der ausgebauten Einrichtung durch ein Anliegergrundstück getrennt wird, bestehen. Dies ist der Fall, wenn vom Hinterliegergrundstück aus Zugang zur Straße über ein Anliegergrundstück in rechtlich zulässiger Weise und auf Dauer genommen werden kann. Dies erfordert in der Regel eine dingliche Sicherung der Überwegung etwa durch eine Grunddienstbarkeit. Sind der Eigentümer des Anlieger- und des Hinterliegergrundstücks identisch, reicht es aus, dass entweder tatsächlich ein Zugang über das Anliegergrundstück besteht oder aber die Grundstücke einheitlich genutzt werden, insbesondere weil die Grundstücksgrenze überbaut ist oder die Grundstücke einheitlich z.B. gewerblich oder als Wohngrundstück mit Gartenland genutzt werden (Habermann a.a.O. Rn. 184, 186 f. m.w.N.).

41

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Eine dingliche Sicherung des Zugangs besteht nur für das unmittelbar an das Anliegergrundstück angrenzende Grundstück Flst. xx; zugunsten dieses Grundstücks ist auf dem Anliegergrundstück Flst. xx ein Wegerecht eingetragen. Auf das noch dahinterliegende Flst. xx erstreckt sich das Wegerecht nicht. Das OVG hat es im Eilverfahren für nicht ausgeschlossen gehalten, dass auch ein zunächst vom Flurstück xx stammender und dann über das Flurstück xx weitergeführter Verkehr ebenfalls vom Überwegungsrecht über das Flurstück xx miterfasst sei. Die Beantwortung dieser Fragen hänge von der in der Vergangenheit getätigten tatsächlichen Übung statt. Für eine entsprechende tatsächliche Übung gibt es jedoch in der Örtlichkeit keine Anhaltspunkte. Eine irgendwie geartete wegemäßige Verbindung zwischen dem Flurstück xx und dem Flurstück xx ist nicht erkennbar. Vielmehr ist der Bereich an der Grenze zwischen den beiden Grundstücken dicht mit Brombeeren, Sträuchern etc. bewachsen, so dass tatsächlich eine Überwegung derzeit kaum möglich sein dürfte. Das Flurstück xx wird ausschließlich von Südosten, d.h. von der Moltkestraße her erschlossen (vgl. auch den Luftbildausdruck von „bing“ Bl. 79 Gerichtsakte sowie den Lageplan mit Luftbild Bl. 94).

42

Ein rechtlich gesicherter Zugang kann entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht deshalb angenommen werden, weil die Grundstücke Flst. xx und xx demselben Eigentümer gehören. Die Eigentümeridentität allein reicht wie oben dargelegt nicht aus. Zusätzliche Umstände, die die Vorteilslage für das Hinterliegergrundstück begründen, fehlen hier jedoch. Weder besteht zwischen den beiden Grundstücken tatsächlich eine Zufahrt oder ein Zugang noch werden sie einheitlich genutzt.

43

Bei der Berechnung der für die Grundstücke im Abrechnungsgebiet jeweils zu berücksichtigenden gewichteten Fläche hat die Beklagte das Grundstück des Klägers zu Recht mit insgesamt 5.574 qm veranlagt, wovon auf die Fläche innerhalb der Tiefenbegrenzung 5317 qm und auf die Fläche jenseits davon 257 qm entfallen.

44

Der Vorauszahlungsbescheid ist zunächst nicht deshalb rechtswidrig (geworden), weil zwischenzeitlich der Streifen an der Grenze des streitigen Grundstücks von der Beklagten erworben wurde und - wie mit der nochmaligen Änderung des Bauprogramms am 01.07.2014 geplant - als Gehweg hergestellt wurde. Für die tatsächlichen Verhältnisse ist hier - spätestens - auf den Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides abzustellen. Die Höhe des im Vorausleistungsbescheid festgesetzten Beitrages beruht auch hinsichtlich der Verteilungsfläche auf einer auf den Zeitpunkt der endgültigen Herstellung ausgerichteten Prognose (BVerwG, Urteil vom 05.05.2015 - 9 C 14/14 - , juris), für die zunächst die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides maßgeblich sind. Dieser Prognose ist immanent, dass sich sowohl hinsichtlich der Kosten als auch hinsichtlich der Flächen bis zum Entstehen der sachlichen Beitragspflicht Veränderungen ergeben können, z.B. aufgrund baulicher Veränderungen auf einzelnen Grundstücken oder anderer Überplanung. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Vorauszahlungsbescheides stand der Grundstücksstreifen noch im Eigentum des Klägers und das Bauprogramm war noch nicht geändert, so dass die Prognose nicht zu beanstanden ist. Es kann hier offen bleiben, ob Änderungen bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens, d.h. bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides zu berücksichtigen sind (so Kammer, Urteil der Einzelrichterin vom 05.12.2012 - 9 A 94/10 - und Driehaus, § 21 Rn. 33, BayVGH, Urteil vom 01.03.2012 - 20 B 11.1723 - juris). Denn auch bei Erlass des Widerspruchsbescheides am 31.07.2014 stand der Grundstücksstreifen noch im Eigentum des Klägers und war damit nicht selbst Erschließungsanlage. Zwar legte das am 01.07.2014 geänderte Bauprogramm den Ausbau des Gehweges wieder fest; dies war aber anders als eine Ausweisung im Bebauungsplan für den Kläger nicht verbindlich. Er konnte nach wie vor den Grundstücksstreifen behalten und in die Baufläche einbeziehen. Die jetzige Situation zur Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ist nicht mehr maßgeblich. Denn das für die Frage des maßgeblichen Zeitpunktes entscheidende materielle Recht spricht dafür, Veränderungen in der Verteilungsfläche oder im Aufwand nur bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides zu berücksichtigen, nicht aber darüber hinaus. Dies würde dem Charakter des Vorauszahlungsbescheides als vorläufiger Schätzung zuwiderlaufen und wäre auch kaum praktikabel.

45

Die Beklagte ist zu Recht auch davon ausgegangen, dass es sich um ein nach § 34 Abs. 1 BauGB bebaubares Grundstück handelt und hat die Fläche bis zur Tiefenbegrenzungslinie mit dem Faktor 1 und die dahinterliegende Fläche mit dem Faktor 0,05 in die Berechnung eingestellt.

46

Wo die Grenze eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils und damit die Grenze zwischen dem Innen - und dem Außenbereich verläuft, lässt sich nicht unter Anwendung von geographisch-mathematischen Maßstäben bestimmen, sondern bedarf einer Beurteilung auf Grund einer Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhalts. Bei dieser Wertung und Bewertung kann nur eine komplexe, die gesamten örtlichen Gegebenheiten erschöpfend würdigende Betrachtungsweise im Einzelfall zu einer sachgerechten Entscheidung führen. Ob ein unbebautes Grundstück, das sich einem Bebauungszusammenhang anschließt, diesen Zusammenhang fortsetzt oder ihn unterbricht, hängt davon ab, inwieweit nach der maßgeblichen Betrachtungsweise der „Verkehrsauffassung“ die aufeinanderfolgende Bebauung trotz der vorhandenen Baulücke den Eindruck der Geschlossenheit bzw. der Zusammengehörigkeit vermittelt. Dabei lässt sich nichts Allgemeingültiges darüber sagen, wie sich namentlich die Größe eines solchen unbebauten Grundstücks auf die Anwendbarkeit des § 34 BauGB auswirkt. Zwar findet die Möglichkeit, eine den Bebauungszusammenhang wahrende Baulücke anzunehmen, auch in dessen Größe eine obere Grenze, jedoch lässt sich eine absolute Zahl als Grenzwert insoweit nicht angeben. Für die Beurteilung, ob eine unbebaute Freifläche selbst einen Bestandteil des Bebauungszusammenhangs bildet, selbst also an dem Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit teilnimmt, kommt es darauf an, ob sie durch die vorhandene Bebauung in irgendeiner Weise geprägt wird. Ist eine solche Prägung nicht vorhanden, so fehlt die innere Rechtfertigung für die Anwendung des § 34 Abs. 1 BauGB (vgl. BVerwG, Urteil vom 1.12.1972 – 4 C 6.71 -, BVerwGE 41, 227; Urteil vom 14.11.1991 – 4 C 1.91 -, BRS 52 Nr. 146; OVG Schleswig, Urteil vom 22.05.2003 - 1 LB 18/02 -).

47

Unter Anwendung dieser Grundsätze nimmt das Grundstück des Klägers nach der Auswertung der vorliegenden Luftbilder und Karten sowie nach dem Eindruck der Ortsbesichtigung an dem Bebauungszusammenhang zwischen der Bebauung auf den angrenzenden Grundstücken teil, wobei auch die Bebauung auf der anderen Straßenseite zu berücksichtigen ist.

48

Der Abstand zwischen der Bebauung zu beiden Seiten des klägerischen Grundstücks ist nicht so groß, dass der Eindruck eines Bebauungszusammenhanges unterbrochen würde. Abzustellen ist nicht auf den Abstand zwischen den Grundstücksgrenzen bzw. darauf, in welcher Länge das Grundstück an die Dorfstraße angrenzt, sondern auf die Bebauung einschließlich der bauakzessorischen Nutzung, soweit diese der Hauptanlage ohne weiteres erkennbar zugeordnet ist (BVerwG, Urteil vom 17.06.1993 - 4 C 17/91 -, juris). Hier beträgt die Entfernung in der Luftlinie zwischen der östlichen Ecke des insgesamt baulich bzw. bauakzessorisch mit Garage und Hausgarten genutzten Grundstücks Dorfstr. xx und der nordwestlichen Ecke des Gebäudes auf dem Grundstück Dorfstr. xx ca. 65 m. Legt man die Größe der angrenzenden Baugrundstücke zugrunde, könnten zwei weitere Baugrundstücke entstehen, deren Bebaubarkeit unproblematisch aus der Bebauung der prägenden Nachbargrundstücke hergeleitet werden könnte. Der Eindruck einer größeren Baulücke kann allenfalls deshalb entstehen, weil sich an die Grünfläche auf dem Grundstück des Klägers im Kurvenbereich östlich eine ebenfalls unbebaute Fläche auf dem Grundstück Flurstück xx anschließt und dadurch zunächst der Abstand zwischen der Bebauung entlang der Straße größer wirkt. Diese unterbricht den Bebauungszusammenhang jedoch nicht, da es sich um einen Teich (früher Feuerlöschteich) mit Uferbewuchs handelt. Solche Flächen, die wegen ihrer natürlichen Beschaffenheit (z.B. stehendes oder fließendes Gewässer) einer Bebauung entzogen sind, können Bestandteil des Bebauungszusammenhanges sein (BVerwG Urt. v. 30.05.2015 - 4 C 5/14 - ; Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 34 Rn. 24). Dies ist nach dem Eindruck der Ortsbesichtigung hier der Fall. Insgesamt wird das Grundstück des Klägers im vorderen Bereich an der Dorfstraße durch die angrenzende Bebauung und die Bebauung auf der gegenüberliegenden Straßenseite so geprägt, dass kein Planungserfordernis besteht und es sich damit nicht um eine „Außenbereichsinsel im Innenbereich“ handelt. Diese Wertung entspricht der des zuständigen Kreises im Vermerk vom 24.10.2013 mit Lageplan (Gerichtsakte 9 B 39/13 Bl. 56 f.).

49

Auf die Frage, wieweit das Grundstück im rückwärtigen Bereich bebaubar ist, kommt es nicht an. Die Beklagte hat den Bereich des Grundstücks bis zur Tiefenbegrenzungslinie von 50 m zu Recht mit dem Faktor 1,0 berücksichtigt, obwohl diese Fläche jedenfalls teilweise dem Außenbereich zuzurechnen ist. Dies entspricht § 6 Abs. 2 a) i.V.m. § 7 Abs. 2 Nr. 1 a) ABS. Entgegen der Ansicht des Klägers ist nicht nur die Fläche innerhalb der „Bauflucht“ mit dem Faktor 1,0 zu berücksichtigen. Die Tiefenbegrenzungsregelung begründet die beitragsrechtliche Vermutung dafür, dass die Grundstücke des Innenbereichs bis zur festgesetzten Grenze erschlossen sind, d.h. Baulandqualität besitzen. Sie ist nur widerlegt, wenn über die Tiefengrenze hinaus Bebauung oder gewerbliche Nutzung vorhanden ist. Es widerspräche dem Sinn und Zweck der Tiefenbegrenzungsregelung, unter Bezugnahme auf Besonderheiten im Einzelfall nur eine geringere Fläche als die anhand der Tiefenbegrenzung ermittelte zu berücksichtigen, denn die Tiefenbegrenzung soll im Interesse der Rechtssicherheit und Verwaltungspraktikabilität gerade ausschließen, dass in jedem Einzelfall überprüft werden muss, bis zu welcher Tiefe ein Grundstück Baulandqualität besitzt (OVG Schleswig, Urteil vom 19.05.2010 - 2 KN 2/09 - , juris). Daher ist die Vermutung insoweit nicht durch eine Einzelfallprüfung widerlegbar. Eine satzungsmäßige Tiefenbegrenzungsregelung findet deshalb auch Anwendung, wenn im Einzelfall der Außenbereich bereits diesseits der durch diese Bestimmung begründeten Grenze beginnt (Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Bd. II Rn. 411 ff.; OVG Lüneburg, Urteil vom 21.09.1995 - 9 L 6639/93 - , juris). Der vom Kläger dagegen angeführte Grundsatz der Abgabengerechtigkeit verlangt nicht eine Berücksichtigung aller Besonderheiten eines Einzelfalls, sondern lässt eine typisierende Verteilungsregelung zu, um zu gewährleisten, dass das Heranziehungsverfahren praktikabel und überschaubar bleibt (Habermann a.a.O. Rn. 217 m.w.N.; Böttcher a.a.O. Rn. 1003).

50

Bedenken gegen die - übliche - Tiefenbegrenzung von 50 m sind nicht ersichtlich (vgl. dazu OVG Schleswig, Beschluss vom 18.11.2015 - 4 O 49/15 -; Habermann a.a.O. Rn. 231); die Beklagte hat dazu vorgetragen, diese Tiefe der baulichen Nutzung sei im Gemeindegebiet - darauf ist abzustellen - ortsüblich.

51

Zweifel daran sind auch im Hinblick auf den vorgelegten Verteilungsplan nicht ersichtlich.

52

Die jenseits der Tiefenbegrenzungslinie gelegene Fläche ist nach § 6 Abs. 2 ABS mit dem Faktor 0,05 berücksichtigt.

53

Die Beklagte hat zu Recht das Grundstück Dorfstr. xx (Flst. xx - Verteilungsplan Nr. 35) mit einem Vollgeschoss in die Berechnung eingestellt, auf dem sich die Gaststätte XY befindet. Der älteste Teil des Gebäudes stammt aus dem Jahr 1907; das Gebäude wurde dann in der Folgezeit kontinuierlich durch Anbauten erweitert, insbesondere um einen Saal und eine Kegelbahn. Die einzelnen Gebäudeteile weisen unterschiedliche Geschossigkeiten auf, zweigeschossig sind nur die beiden östlichen Gebäudeteile (vgl. Bl. 58 ff. Gerichtsakte 9 B 39/13). Insoweit handelt es sich jedoch nicht um ein Vollgeschoss i.S.d. § 7 Abs. 12 Satz 2 ABS, wonach nur Vollgeschosse nach den landesrechtlichen Vorschriften zu berücksichtigen sind. Nach § 2 Abs. 7 Satz 1 Landesbauordnung (LBO) sind Vollgeschosse oberirdische Geschosse, wenn sie über mindestens drei Viertel der Grundfläche des darunter liegenden Geschosses eine Höhe von mindestens 2,30 m haben. Dies ist hier nicht der Fall, denn das Dachgeschoss im östlichen Gebäudeteil erstreckt sich nur über ca. ein Viertel des darunterliegenden Erdgeschosses des gesamten Gebäudes. Hierzu zählen auch der Saal und die Kegelbahn, denn es handelt sich um ein einheitliches Gebäude, auch wenn es aufgrund der Baugeschichte unterschiedliche Gebäudeteile aufweist. Damit stellt das Dachgeschoss nur ein Staffelgeschoss i.S.d. § 2 Abs. 6 LBO und kein Vollgeschoss i.S.d § 2 Abs. 7 LBO und der Ausbaubeitragssatzung dar.

54

Dies wirkt sich auch auf das davorliegende unbebaute Grundstück Flurstück xx (Verteilungsplan Nr. 34) aus, das als Vorplatz für die Gaststätte genutzt wird. Nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 c) ABS ergibt sich bei Grundstücken, die von einem Bebauungsplan nicht erfasst sind, die Zahl der Vollgeschosse bei unbebauten aber bebaubaren Grundstücken aus der Zahl der auf den Grundstücken der näheren Umgebung überwiegend vorhandenen Vollgeschosse. Da sowohl der XY als auch das Nachbargebäude eingeschossig sind, ist auch das Flurstück xx entsprechend zu berücksichtigen.

55

Zu ändern ist die Berechnung nur hinsichtlich des insgesamt 5376 qm unbebauten Grundstücks Flurstück xx (Verteilungsplan Nr. 70), das die Beklagte hinsichtlich der vor der Tiefenbegrenzungslinie liegenden Grundstücksfläche (645 qm) als eingeschossig bebaubar angesehen hat. Es handelt sich um ein Eckgrundstück, das gleichzeitig an die Straße Glindenberg angrenzt und im vorderen Bereich an der Dorfstraße nur ca. 13 - 14 m breit ist. Östlich benachbart liegt das zweigeschossig bebaute Grundstück Dorfstraße xx; das auf der gegenüberliegenden Seite der Straße Glindenberg liegende Gebäude ist ebenfalls zweigeschossig. Im rückwärtigen südlichen Bereich wird das Flurstück xx deutlich breiter und grenzt an das eingeschossig bebaute Grundstück Dorfstr. xx an, dessen Zufahrt zum Glindenberg über das Flurstück xx führt. Dieses Grundstück sowie die Grundstücke Glindenberg Nr. xx und xx hat die Beklagte als die maßgeblichen Grundstücke in der näheren Umgebung i.S.d. § 7 Abs. 2 Nr. 3 c) ABS angesehen und dies damit begründet, dass der vordere Grundstücksteil für eine Bebauung zu schmal und daher auf den rückwärtigen Grundstücksteil abzustellen sei. Dem ist jedoch nicht zu folgen.

56

Denn nach § 7 Abs. 2 Satz 1 ABS wird für die Ermittlung des unterschiedlichen Maßes der Nutzung die nach § 6 ermittelte Grundstücksflächeohne die mit dem Faktor 0,05 berücksichtigten Flächen mit den sich aus Abs. 2 Nr. 1 aus der Zahl der Vollgeschosse ergebenden Faktoren vervielfacht. Daher ist der rückwärtige Bereich jenseits der Tiefenbegrenzungslinie, dessen Fläche mit dem Faktor 0,05 vervielfacht wurde, hier außer Betracht zu lassen. Maßgeblich ist auf die bebaubare vordere Grundstücksfläche innerhalb der Tiefenbegrenzungslinie abzustellen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass diese nicht bebaubar wäre; bei einer Breite von mindestens 13 m verblieben bei Berücksichtigung der Grenzabstände für ein Gebäude noch 7 m; dies reicht aus. Bezogen auf diesen Grundstücksteil sind in der näheren Umgebung überwiegend zwei Vollgeschosse vorhanden. Der Begriff der „näheren Umgebung“ in § 7 Abs. 2 Nr. 3 c) ABS ist in gleicher Weise auszulegen wie in § 34 BauGB, da sich die Bemessung des Vorteils an der zulässigen Bebauung orientiert (vgl. Böttcher a.a.O. Rn. 648). Für den vorderen Grundstücksteil sind prägend die jeweils zweigeschossigen Gebäude links und rechts. Es kann offen bleiben, ob auch das rückwärtig gelegene Gebäude Dorfstr. xx zur „näheren Umgebung“ zu zählen ist, denn auch in diesem Fall sind überwiegend zwei Vollgeschosse vorhanden. Die eingeschossigen Grundstücke Glindenberg xx und xx prägen den vorderen Grundstücksbereich nicht mehr.

57

Daher sind die 645 qm vor der Tiefenbegrenzungslinie mit dem Faktor 1,3 zu vervielfachen, so dass für das Grundstück (645 x 1,3 =) 838,50 qm zuzüglich 237 qm nicht baulich nutzbarer Fläche und damit insgesamt 1075,50 qm und nicht wie von der Beklagten angenommen 882 qm zu berücksichtigen sind. Die Gesamtbeitragsfläche im Abrechnungsgebiet vergrößert sich dadurch um 193,50 qm auf 101.215,17 qm; der Beitragssatz verringert sich von 4,268431 €/qm auf 4,260271 €/qm. Damit ergibt sich für das Grundstück des Klägers ein voraussichtlicher Beitrag von (5574 qm x 4,260271 =) 23.746,75 €, wovon 80% und damit 18.997,40 € als Vorausleistung zu zahlen sind.

58

Die Klage war daher nur in Höhe des Differenzbetrages von 36,38 € stattzugeben; im Übrigen ist sie unbegründet.

59

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger insgesamt auferlegt, da er nur in sehr geringem Umfang obsiegt hat (§ 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO).

60

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


Urteilsbesprechung zu Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 27. Apr. 2016 - 9 A 214/14

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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

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(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

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Tenor Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Vorausleistungsbescheid der Antragsgegnerin vom 12. Juli 2013 wird angeordnet. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin. Der Streitwert wird auf 4.758,

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Tenor Der Vorauszahlungsbescheid vom 14.10.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.03.2010 wird aufgehoben, soweit er einen Betrag von 4.030,- € übersteigt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beklagte trägt 7,6 % und der K
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Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 27. Apr. 2016 - 9 A 248/14

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Tenor Der Bescheid der Beklagten vom 12.07.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.07.2014 wird insoweit aufgehoben, als darin eine Vorauszahlung von mehr als 8.042,30 € festgesetzt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die

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(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Die aufschiebende Wirkung der Widersprüche gegen die Bescheide der Antragsgegnerin vom 30.04.2015 wird hinsichtlich der drei Grundstücke

1) Lindenstraße xx, Flur xx, Flst. xx in Höhe von 4.379,70 €,

2) Lindenstraße xx, Flur xx, Flst. xx in Höhe von 848,99 €

3) Lindenstr. xx, Flur xx, Flst. xx, in Höhe von 265,93 €.

angeordnet.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin zu 84 % und der Antragsgegner zu 16 %.

Der Streitwert wird auf 8.378,60 € festgesetzt.

Gründe

I

1

Die Antragstellerin ist Eigentümerin von zehn bebauten Grundstücken in der amtsangehörigen Gemeinde B..., die durch den Straßenverlauf Hochstraße/Kockstraße/Königsberger Straße/Lindenstraße erschlossen werden. Hinsichtlich des Verlaufes dieser Straßen wird auf den Auszug der Fachdatenkarte vom 06.08.2015 verwiesen. In diesen Straßen stehen zahlreiche Einzel- und Doppelhäuser, die zu Wohnzwecken genutzt werden.

2

Die Gemeinde B... plante im Gemeindegebiet umfassende Straßensanierungen. Davon war auch der Straßenverlauf Hochstraße/Kockstraße/Königsberger Straße/Lindenstraße betroffen. Die Fahrbahn, die in den Jahren 1950-1960 gebaut bzw. asphaltiert worden war, sollte nach dem Bauprogramm von zuvor 3,1 m nunmehr eine einheitliche Breite von 3,5 m erhalten. Der Gesamtaufbau der Fahrbahn wurde von 48 cm auf 61 cm verstärkt, welche zudem erstmals mit Bordsteinen aus Beton zu den Banketten abgegrenzt werden sollte. Geh- und Radwege sind weiterhin nicht vorhanden.

3

Darüber hinaus sollten in den Straßen z.T. die Regenwasser- bzw. Schmutzwasserkanäle saniert werden.

4

Die Antragsgegnerin kalkulierte nach einer beschränkten Ausschreibung die dafür aufzuwendenden Kosten und veranlagte die Klägerin nach Beginn der Bauarbeiten mit zehn Bescheiden vom 30.04.2015 zu folgenden Vorauszahlungen in Höhe von 40 % der geschätzten endgültigen Ausbaubeiträge:

5
        

Grundstücke

geschätzter Ausbaubeitrag

Vorauszahlungen (40 %)

1)    

Flur xx, Flst. xx
Kochstraße xx

11.072,78 €

4.429,11 €

2)    

Flur xx, Flst. xx
Friesenstraße xx

17.642,89 €

7.057,16 €

3)    

Flur xx, Flst. xx
Königsberger Straße xx

7.990,15 €

3.196,06 €

4)    

Flur xx, Flst. xx
Lindenstraße x

9.284,96 €

3.713,99 €

5)    

Flur xx, Flst. xx
Königsberger Straße xx

7.991,27 €

3.196,51 €

6)    

Flur xx, Flst. xx
Königsberger Straße xx

8.035,63 €

3.214,25 €

7)    

Flur xx, Flst. xx
Königsberger Straße xx

8.031,70 €

3.212,68 €

8)    

Flur xx, Flst. xx
Lindenstraße xx

10.949,25 €

4.379,70 €

9)    

Flur xx, Flst. xx
Lindenstraße xx

2.122,47 €

848,99 €

10)     

Flur xx, Flst. xx
Lindenstraße xx/ Hinterliegergrundstück

664,82 €

265,93 €

                          

33.514,38 €

6

Die Antragstellerin legte dagegen am 12.05.2015 Widerspruch ein und stellte einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung. Diesen lehnte der Antragsgegner am 13.07.2015 ab. Über die Widersprüche ist bisher nicht entschieden worden.

7

Die Antragstellerin hat am 28.07.2015 vorläufigen Rechtsschutz beantragt.

8

Sie macht geltend, dass die Veranlagung rechtswidrig sei, denn der Beklagte habe das Abrechnungsgebiet nicht so weit ziehen dürfen. Voraussetzung für die Bildung eines einheitlichen Abrechnungsgebietes für verschiedene selbständige öffentliche Einrichtungen sei, dass die Einrichtungen in einer derartigen Beziehung zueinander stünden, dass eine der Einrichtungen ihre Funktion nur im Zusammenwirken mit der anderen in vollem Umfang zu erfüllen geeignet sei. Diese Voraussetzung erfüllten die zu einem Abrechnungsgebiet zusammengefassten Straßen aber nicht. Die vier Straßen bildeten bei natürlicher Betrachtungsweise keine gemeinsame öffentliche Einrichtung. Die querende Friesenstraße stelle eine Zäsur dar und trenne die Kockstraße diesseits- und jenseits der Friesenstraße. Auch die Hochstraße stelle eine eigenständige öffentliche Einrichtung dar, da die Anbindung an das übrige Straßennetz der Gemeinde auch über andere Straßen möglich sei. Auch seine an der Lindenstraße belegenen Grundstücke seien wegen des zu weiten Abrechnungsgebietes nicht beitragspflichtig. Soweit das Grundstück Lindenstraße xx veranlagt worden sei, so liege dieses nicht an dem Straßenzug, sondern könne nur als Hinterliegergrundstück herangezogen worden sein, ohne dass erkennbar sei, dass es über eine rechtlich und tatsächlich gesicherte Zuwegung über das Anliegergrundstück verfüge.

9

Die beschränkte Ausschreibung habe zu einer Verletzung des Grundsatzes der Erforderlichkeit und Angemessenheit der Kosten geführt, die nicht mehr ortsüblich und angemessen seien. Hinsichtlich der Berechnung der Beitragshöhe hätten nicht nur die Kosten für die Erneuerung des Schmutzwasserkanals heraus gerechnet werden müssen, sondern es hätte auch eine fiktive Kostenersparnis durch die gemeinsame Durchführung der Maßnahme berücksichtigt werden müssen.

10

Schließlich sei während des vorläufigen Eilrechtsschutzverfahrens das zuvor von der Stadtvertretung beschlossene Bauprogramm vom 07.08.2014, und damit das Abrechnungsgebiet, geändert worden. Nunmehr bildeten nach dem Beschluss des Antragsgegners der Straßenzug Hochstraße/Kockstraße/Königsberger Straße/Lindenstraße ein Abrechnungsgebiet, ohne die davon abzweigenden Stichstraßen Königsberger Straße und Lindenstraße, die zwei eigene selbständige öffentliche Einrichtungen bildeten. Doch auch die nachträgliche Änderung des Bauprogrammes ändere nichts an der Rechtswidrigkeit der Bescheide, zumal der Antragsgegner eine die Grundsätze des Verböserungsverbotes beachtende Neuberechnung nicht vorgenommen habe.

11

Grund für die Straßensanierungen sei eine von dem Antragsgegner verschleppte bzw. unterlassene Unterhaltung, so dass eine Verteilung der Kosten auf die Anlieger unzulässig sei.

12

Da die Zusammenfassung von vier Straßen zu einem Abrechnungsgebiet rechtswidrig sei, hätten ihre Grundstücke auch keinen beitragsrelevanten Vorteil durch die Baumaßnahmen. Eine bloße farbig abgesetzte Markierung der Fahrbahn und die Vornahme bestimmter baulicher Gestaltungen im Kurvenbereich des Straßenverlaufes seien ohne besonderes Gewicht.

13

Die Antragstellerin beantragt,

14

die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruches vom 11.05.2015 gegen die Festsetzungs- und Heranziehungsbescheide vom 30.04.2015 betreffend folgende Grundstücke in B... der Flur xx - Flurstück xx; Flurstück xx; Flurstück xx; Flurstück xx; Flurstück xx; Flurstück xx; Flurstück xx; Flurstück xx; Flurstück xx und Flurstück xx anzuordnen.

15

Der Antragsteller beantragt,

16

den Antrag abzulehnen.

17

Er macht geltend, der Straßenzug, der vier unterschiedliche Namen trage, werde nach Abschluss der Baumaßnahmen eine einheitliche öffentliche Einrichtung bilden. Der Kurvenverlauf, der durch farbige Markierungen gestaltet werden soll, werde dann den Straßenverlauf kenntlich machen, so dass der Eindruck entstehen werde, dass man in einer öffentlichen Einrichtung bleibe, wenn man dem Straßenverlauf folgte. Durch die Änderung des Bauprogramms sei verdeutlicht worden, dass die von der öffentlichen Einrichtung abzweigenden Stichstraßen von der Königsberger Straße und der Lindenstraße eigenständige öffentliche Einrichtungen darstellten. Man habe auch die drei Grundstücke der Antragstellerin mit den Flurstücksnummern xx, xx und xx nicht als Hinterliegergrundstücke des Grundstücks mit der Flurstücksnummer xx in die Verteilung einbezogen, sondern weil man zum Zeitpunkt der Veranlagung noch davon ausgegangen sei, dass auch die Anlieger dieser Stichstraßen als Anhängsel des Hauptzuges in das Abrechnungsgebiet einzubeziehen seien. Erst im Laufe des Verfahrens habe man sich entschieden, das Abrechnungsgebiet zu unterteilen und auch das Bauprogramm zu ändern mit der Folge, dass nunmehr aus einem Abrechnungsgebiet drei entstanden seien. Aber auch nach Abänderung des Abrechnungsgebietes erreichten die Vorauszahlungen gegenüber der Antragstellerin keine Überfinanzierung. Das Hinterliegergrundstück mit der Flurstücksnummer xx sei einbezogen worden, weil es nur über das ebenfalls der Antragstellerin gehörende Anliegergrundstück xx erschlossen werde, denn es grenze sonst nur an einen ehemaligen Bahndamm, über den das Grundstück nur fußläufig erreichbar sei. Das Grundstück werde auch einheitlich mit dem Anliegergrundstück genutzt.

18

Der Ausbau des Straßenzuges sei nach Ablauf der Nutzungsdauer auch erforderlich gewesen und der Gesamtzustand der Straße sei schlecht gewesen. Nach rund 50 Jahren sei eine komplette Erneuerung unumgänglich gewesen. Mit dem Straßenausbau sei der Straßenkörper erneuert und dem heutigen Ausbaustandard angepasst worden. Die vier Straßen bildeten eine einheitliche öffentliche Einrichtung, in der sich der Straßenverlauf auch im Kurvenverlauf durch eine farbig abgesetzte Pflasterung fortsetze.

19

Soweit zeitgleich mit den Bauarbeiten auch der Schmutzwasserkanal erneuert worden sei, seien diese Kosten heraus gerechnet worden. Dieses ergebe sich bereits aus den angefochtenen Bescheiden. Diese Kosten würden dann dem Wasserverband Nord in Rechnung gestellt werden.

20

Die Baumaßnahme im Straßenzug Hochstraße/Kockstraße/Königsberger Straße und Lindenstraße sei am 23.07.2015 abgenommen worden.

21

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.

II.

22

Der Antrag ist gem. § 80 Abs. 5 und 6 VwGO nach Ablehnung des Aussetzungsantrages und auch im Übrigen zulässig, er ist aber nur hinsichtlich der Festsetzung von Vorauszahlungen für drei Grundstücke begründet.

23

Obwohl die Bauarbeiten nach Auskunft des Antragsgegners am 23.07.2015 abgenommen worden sind und damit die sachliche Beitragspflicht entstanden ist (vgl. OVG Schleswig, U.v. 13.02.2008 - 2 LB 42/07 -, juris) hält das Gericht die Erhebung von Vorauszahlungen zum jetzigen Zeitpunkt weiterhin für zulässig. Denn zum Zeitpunkt der Festsetzung der Vorauszahlungen am 31.10.2014 war die sachliche Beitragspflicht noch nicht entstanden. Auf diesen Zeitpunkt kommt es nach der Rechtsprechung des OVG Schleswig (B. v. 22.04.2014 - 4 MB 4/14 -) aber an, denn die Frage, wann ein Vorauszahlungsbescheid erlassen werden darf, bestimmt sich nach dem materiellen Ausbaubeitragsrecht und nicht nach den Bestimmungen des Verwaltungsprozessrechts. Das Gericht hält im Hinblick auf diese Rechtsprechung an der gegenteiligen Auffassung im Beschluss vom 06.01.2014  - 9 B 38/13 -, dass es auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung ankomme, nicht mehr fest.

24

Es bestehen nur hinsichtlich der unter den Nummern 8-10 in der Liste aufgeführten Grundstücke ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Bescheide gem. § 80 Abs. 4 S. 3 VwGO, aber nicht hinsichtlich der anderen sieben Grundstücke.

25

Anspruchsgrundlage für die Heranziehung zu Vorauszahlungen auf Ausbaubeiträge ist § 8 Abs. 1 und 4 S. 4 KAG i.V.m. der Satzung über die Erhebung von Beiträgen für den Ausbau und Umbau von Straßen, Wegen und Plätzen in der Stadt B... vom 07.07.2005 i.d.F. der 7. Nachtragssatzung vom 25.06.2014 (im Folgenden ABS). Danach werden für die Herstellung, den Ausbau und Umbau sowie die Erneuerung von vorhandenen Ortsstraßen Beiträge von den Grundstückseigentümern erhoben, denen dadurch Vorteile erbracht werden. Gem. § 10 ABS können angemessene Vorauszahlungen verlangt werden, sobald mit der Ausführung der Maßnahme begonnen wird.

26

Voraussetzung für die Erhebung von Vorauszahlungen auf Ausbaubeiträge ist, dass das Grundstück an der ausgebauten öffentlichen Einrichtung anliegt. Als öffentliche Einrichtung i.S.d. § 8 Abs. 1 KAG ist regelmäßig die im Gemeindegebiet verlaufende Straße in ihrer gesamten Ausdehnung zu verstehen. Für die Feststellung der räumlichen Ausdehnung der Einrichtung i.S.d. § 8 Abs. 1 KAG ist, ausgehend von einer natürlichen Betrachtungsweise und ungeachtet einer etwa wechselnden Straßenbezeichnung, auf das Erscheinungsbild eines Straßenzuges (z.B. die Straßenführung, Straßenbreite und  -länge, Straßenausstattung, Zahl der „erschlossenen“ Grundstücke), seine Verkehrsfunktion sowie auf vorhandene Abgrenzungen (Kreuzungen, Einmündungen), die eine Verkehrsfläche augenfällig als eigenständiges Element des Straßennetzes erscheinen lassen, abzustellen (OVG Schleswig, std. Rspr., vgl. U. v. 21.10.2009  - 2 LB 15/09 -; U. v. 27.01.2009 - 2 LB 53/08 -; U. v. 06.11.2013 - 4 LB 16/12-; B. v. 06.11.2008 - 2 LA 27/08 -; U. v. 27.10.1997 - 2 L 281/95 -, Die Gemeinde 1998, 98 = DVBl. 1998, 719 = NordÖR 1998, 88 = SchlHA 1998, 141; B. v. 29.10.2007  - 2 MB 20/07 - und vom 20.08.2003 - 2 MB 80/03 -; Habermann, in Habermann/Arndt, Kommentar zum KAG, § 8, Rn. 131 ff.). Abzustellen ist auf die tatsächlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht (vgl. U. v. 25.06.2003  - 2 LB 55/02 -, Die Gemeinde 2003, 268). Diese entsteht in der Regel mit Abnahme der Bauarbeiten (vgl. U. v. 13.02.2008 - 2 LB 42/07 -, SchlHA 2008, 323). Nach dieser Definition hat das Gericht keine ernstlichen Zweifel daran, dass sich nach Verwirklichung des Bauprogramms der Straßenzug, bestehend aus der Hochstraße/Kockstraße/Königsberger Straße und Lindenstraße, als eine öffentliche Einrichtung darstellt.

27

Der Antragsgegner hat durch Vorlage der Bauzeichnungen glaubhaft gemacht, dass durch bautechnische Gestaltungselemente der einheitliche Verlauf des Straßenzuges optisch unterstrichen werden soll. Von diesen Plänen ist bei der Überprüfung von festgesetzten Vorauszahlungen auf Ausbaubeiträge auszugehen. Endgültig kann bei natürlicher Betrachtungsweise die Ausdehnung einer öffentlichen Einrichtung erst nach Abschluss der Bauarbeiten bei der Erhebung von endgültigen Ausbaubeiträgen beurteilt werden. Dabei ist es zulässig, im Rahmen von Bauarbeiten durch die Verwendung von optischen Gestaltungselementen wie Verschwenkungen oder durch farblich abgesetzte Baumaterialien die Ausdehnung einer öffentlichen Einrichtung im Vergleich zum früheren Zustand zu verändern. Die Kreuzung mit der Friesenstraße allein dürfte keine Zäsur darstellen. Einer Kreuzung kommt regelmäßig keine trennende Wirkung zu, wenn sich zwei Straßen, die nach ihrer Funktion im Straßenbetz im Wesentlichen gleichartig sind, kreuzen und sich jenseits der Kreuzung nicht verändern (vgl. OVG Schleswig, U. v. 05.03.2015 - 4 LB 4/14 -, juris, Rdnr 53). So dürfte der Fall hier liegen. Sowohl die Friesenstraße als auch die Kockstraße sind Anliegerstraßen und setzen sich nach der Kreuzung fort, ohne dass dieser eine trennende Wirkung zukommt.

28

Allerdings sind die in der Liste unter Nr. 8-10 aufgeführten Grundstücke nicht Anlieger der ausgebauten öffentlichen Einrichtung. Denn diese drei Grundstücke grenzen nicht an die öffentliche Einrichtung des ausgebauten Hauptzuges, sondern an die ebenfalls ausgebaute Stichstraße Lindenstraße, die als selbständige öffentliche Einrichtung zu verstehen ist. Dabei ist es unerheblich, dass der Antragsgegner für die Stichstraßen Lindenstraße und Königsbergerstraße zunächst mit dem Hauptzug im August 2014 ein einheitliches Bauprogramm beschlossen und dieses erst am 20.07.2015 in drei unterschiedliche Baumaßnahmen aufgeteilt hat. Denn es kommt nicht auf ein einheitliches Bauprogramm an, sondern darauf, wie sich nach Abschluss der Bauarbeiten bei natürlicher Betrachtungsweise die Ausdehnung einer öffentlichen Einrichtung beurteilt.

29

Nach der schleswig-holsteinischen Rechtsprechung stellt sich im Ausbaubeitragsrecht eine Stichstraße regelmäßig als eine selbständige öffentliche Einrichtung dar, es sei denn, diese habe lediglich den Charakter einer Zufahrt zu Hinterliegergrundstücken, d.h. wenn sie Grundstücke erschließt, die unmittelbar an die Vorderliegergrundstücke angrenzen, gleichsam in zweiter Baureihe liegen, so dass sich der Eindruck der Zugehörigkeit dieser Grundstücke zum Abrechnungsgebiet geradezu aufdrängt (vgl. OVG Schleswig, U.v. 30.04.2003 - 2 LB 118/02 - juris, Kurztext). Die Stichstraße von der Lindenstraße erschließt hier aber mehr als eine zweite Baureihe, denn auf der östlichen Straßenseite werden sechs Grundstücke erschlossen. Die Anlieger der Stichstraße sind daher nicht Anlieger des Hauptzuges und können grundsätzlich nicht zu Beiträgen herangezogen werden.

30

Die drei unter der Nr. 8-10 in der Liste aufgeführten Grundstücke in der Stichstraße Lindenstraße sind von der Antragsgegnerin auch nicht als Hinterliegergrundstücke in die Verteilung einbezogen worden, so dass diese nicht beitragspflichtig sind. Soweit der Antragsgegner aber die Auffassung zu vertreten scheint, dass trotz der Heranziehung von drei Grundstücken der Antragstellerin, die nicht an der öffentlichen Einrichtung anliegen, keine Überfinanzierung einträte, so übersieht er dabei, dass es auf die Beitragspflicht jedes konkreten Grundstücks ankommt und nicht auf die Gesamt-Vorauszahlung eines Grundstückseigentümers mit mehreren Grundstücken an der öffentlichen Einrichtung. Für ein nicht beitragspflichtiges Grundstück können deshalb keine Vorauszahlungen erhoben werden.

31

Die in der Liste unter den Nummern 1-7 aufgeführten Grundstücke der Antragstellerin grenzen aber an die ausgebaute Einrichtung und sind daher beitragspflichtig.

32

Der Beitragstatbestand der Erneuerung liegt vor, wenn die erneuerte Teileinrichtung trotz durchgeführter Unterhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten nicht mehr voll funktionsfähig, also abgängig war und deshalb Erneuerungsbedarf bestand. Die übliche Nutzungsdauer einer asphaltierten Fahrbahn beträgt in der Regel 20-25 Jahre, die hier fast um das Doppelte abgelaufen war. Darüber hinaus belegen die vorgelegten Fotos, dass die Fahrbahn abgängig war, so dass eine Erneuerung zulässig ist. Hier liegt aber auch der Beitragstatbestand des verbessernden Ausbaus vor, der dann anzunehmen ist, wenn sich eine Teileinrichtung der Straße durch den Ausbau in ihrem bisherigen Zustand verbessert hat (vgl. Habermann, aaO, § 8 Rdnr 152). Aus der Gegenüberstellung des ursprünglichen mit dem geplanten Ausbauzustand (Anlage AG 2, Bl. 6 der Beiakte A) ergibt sich, dass die Fahrbahn von zuvor ca 3,10 m auf einheitlich 3,5 m verbreitet worden ist. Darüber hinaus ist auch der Straßenaufbau verbessert worden, weil dieser von 48 auf 61 cm verstärkt worden ist. Damit wird auch der Beitragstatbestand der Verbesserung erfüllt, ohne dass es auf den von der Antragstellerin behaupteten Reparaturstau ankommt.

33

Die Behauptung der Antragstellerin, dass durch die beschränkte Ausschreibung überhöhte Preise zugrunde gelegt worden seien, teilt das Gericht nicht. Gem. § 12 Abs. 2 VOB/A sind beschränkte Ausschreibungen nach einem öffentlichen Teilnahmewettbewerb zulässig, wenn bestimmte Vorgaben eingehalten werden. Ob die beschränkte Ausschreibung zu beanstanden ist, wäre im Hauptsacheverfahren zu überprüfen. Wenn Aufträge unter Verstoß gegen das Vergaberecht erteilt werden, sind darauf zurückzuführende Mehrkosten unnötiger und nicht notwendiger Aufwand (vgl. OVG Schleswig, U.v. 26.05.1999, Die Gemeinde 1999, 185). Das Gericht hat keine Hinweise auf Mehrkosten, die durch die Art der Ausschreibung entstanden sein könnten.

34

Soweit die Antragstellerin rügt, dass fiktive Kostenersparnisse hätten berücksichtigt werden müssen, da dem Wasserverband durch die zeitgleiche Bauausführung Kosten erspart worden seien, so folgt das Gericht dieser Auffassung nicht. Eine durchzuführende schätzungsweise Veranschlagung fiktiver Kosten und eine nach dem Verhältnis der durch die Baumaßnahmen betroffenen Flächen von Kanal und Straße zu bemessende Aufteilung einer geschätzten Ersparnis würde ohne Not und rechtliche Veranlassung einen Fremdkörper in die Grundsätze der straßenausbaubeitragsrechtlichen Aufwandsermittlung einführen, der mit erheblichem Aufwand sowie gesteigerter Fehleranfälligkeit und Rechtsunsicherheit für die Gemeinden verbunden wäre (vgl. OVG Schleswig, U. v. 10.08.2012 - 4 LB 3/12 -). Im Übrigen hat der Antragsgegner in den angegriffenen Bescheiden angegeben, dass die Kosten, die durch den Bau an dem Schmutzwasserkanal entstanden sind, nicht auf die Beitragspflichtigen umgelegt werden.

35

Schließlich liegen auch die Voraussetzungen für die Erhebung von Vorauszahlungen vor, weil auch schon zum Zeitpunkt der Bescheide mit den Ausführungen gem. § 8 Abs. 4 S. 4 KAG, § 10 ABS begonnen worden war. Hier hat der Antragsgegner Vorauszahlungen in Höhe von 40 % des geschätzten endgültigen Beitrages festgesetzt. Das Gericht hat keine Zweifel an der Angemessenheit in dieser Höhe.

36

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO.

37

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG, wobei die Kammer in ständiger Rechtsprechung für den vorläufigen Rechtsschutz in Abgabensachen ein Viertel des Wertes in der Hauptsache zugrunde legt.


Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Erhebung einer Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag.

2

Die Klägerin ist Eigentümerin des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks K...straße ... im Gemeindegebiet der Beklagten. Die Beklagte baute 1981/1982 die K...straße zwischen der H... Straße (B 402) im Westen und der E... Straße im Osten aus. Den westlichen Teilabschnitt rechnete sie nach Ausbaubeitragsrecht ab, für den mittleren Abschnitt erhob sie Erschließungsbeiträge. Von dem östlichen (dritten) Abschnitt, der bis zur E... Straße führt und an dem das Grundstück der Klägerin liegt, stellte sie nur die Fahrbahn provisorisch als Baustraße sowie Teile der Straßenbeleuchtung her.

3

Im Jahre 1997 bat die Beklagte den Landkreis um dessen Einschätzung, ob es sich bei den Freiflächen nördlich und südlich der K...straße im dritten Abschnitt um abrechenbare Innenbereichs- oder um Außenbereichsgrundstücke handele. Der Landkreis stufte sämtliche Flächen als Außenbereich ein.

4

Der Umlegungsausschuss der Beklagten fasste am 24. November 2005 einen Umlegungsbeschluss für das südlich der K...straße liegende Gebiet "Ko...". Im Umlegungsgebiet liegen u.a. die im dritten Abschnitt südlich an die K...straße angrenzenden und vom Landkreis als Außenbereichsflächen qualifizierten Flurstücke a und b. Das nördlich der K...straße gelegene Grundstück der Klägerin ist nicht Teil des Umlegungsgebietes.

5

Durch den Bebauungsplan Nr. 54 "Wohnbaufläche beidseits der K...straße" vom 13. Dezember 2005 wurden die Außenbereichsflächen im dritten Abschnitt der K...straße bis zur Einmündung in die E... Straße überplant und als allgemeines Wohngebiet ausgewiesen. Innerhalb des Plangebietes liegen Teilflächen der Flurstücke a und b. Der Satzungsbeschluss wurde am 31. Januar 2006 ortsüblich bekannt gemacht.

6

Am 11. Oktober 2007 beschloss der Verwaltungsausschuss der Beklagten, für die erstmalige endgültige Herstellung des dritten Abschnitts der K...straße Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag zu erheben. ln der diesem Beschluss zugrunde liegenden Vorlage der Verwaltung heißt es, der dritte Abschnitt der K...straße sei in der Vergangenheit im Außenbereich verlaufen und daher erst durch die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 54 zu einer Erschließungsanlage geworden. Ein Endausbau des Abschnitts werde zurzeit nicht als sinnvoll angesehen, da noch viele Baugrundstücke unbebaut seien.

7

Für die Vorausleistungen ermittelte die Beklagte - unter Einbeziehung von Fremdfinanzierungskosten in Höhe von 16 984,83 € - einen umlagefähigen Aufwand von 82 178,68 €. Für das Grundstück der Klägerin setzte die Beklagte mit Bescheid vom 7. März 2008 eine Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag in Höhe von 4 417,91 € fest.

8

Am 27. Mai 2010 beschloss der Verwaltungsausschuss der Beklagten, dass der dritte Abschnitt der K...straße "in 2012 bzw. spätestens in 2013" ausgebaut werde. Es sei beabsichtigt, die bestehende Befestigung als Unterbau zu nutzen. Die vorhandene Straßenbeleuchtung bleibe bestehen und werde nur geringfügig ergänzt. Die Straßenentwässerung sei nicht vorhanden und werde durch beidseitige Rinnenanlagen und Straßenabläufe inklusive der dazugehörigen notwendigen Anlagen ergänzt.

9

Das Verwaltungsgericht hat den Vorausleistungsbescheid hinsichtlich der darin enthaltenen Fremdfinanzierungskosten aufgehoben. Bereits 1981 hätte die Beklagte durch die Aufstellung eines Bebauungsplans und gegebenenfalls einen Kostenspaltungsbeschluss die Voraussetzungen für die Erhebung von Vorausleistungen schaffen müssen. Sachliche Gründe, die es nachvollziehbar machten, hiermit 27 Jahre zu warten, seien nicht ersichtlich.

10

Das Oberverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 29. August 2013 die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und auf die Berufung der Klägerin den Bescheid insgesamt aufgehoben. Es fehle an der Bestimmbarkeit der an der Aufwandverteilung teilnehmenden Grundstücksflächen, da die im Umlegungsgebiet liegenden Flurstücke a und b in ihrem rechtlichen Bestand und ihrer Größe grundlegend in Frage gestellt seien. Darüber hinaus sei die Beklagte nicht berechtigt gewesen, Fremdfinanzierungskosten im Zusammenhang mit den 1981/1982 durchgeführten Ausbaumaßnahmen in den Aufwand einzubeziehen. Kreditbeschaffungskosten könnten erst von dem Zeitpunkt an entstehen, in dem sich die Gemeinde konkret zur erstmaligen Herstellung einer abrechnungsfähigen Erschließungsanlage entschlossen habe und ein Bedarf zur Bereitstellung von Finanzierungsmitteln entstanden sei; das sei erst mit dem Umlegungsbeschluss Ende 2005 bzw. der Beschlussfassung über den Bebauungsplan Nr. 54 Anfang 2006 der Fall gewesen.

11

Mit der vom Senat zugelassenen Revision macht die Beklagte geltend, für die Erhebung von Vorausleistungen sei es zwar erforderlich, aber entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts auch ausreichend, dass die beitragspflichtige Grundstücksgröße bestimmbar sei. Die Gemeinde könne bei der Vorausleistung nur von dem Sachverhalt ausgehen, der mit größter Wahrscheinlichkeit im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht vorliege. Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass Fremdfinanzierungskosten erst ab dem Zeitpunkt zum beitragsfähigen Aufwand zählten, an dem sich die Gemeinde entschlossen habe, die Erschließungsanlage als solche herzustellen, finde im Gesetz keine Stütze.

12

Die Beklagte beantragt,

die Urteile des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 29. August 2013 und des Verwaltungsgerichts Osnabrück vom 15. Februar 2011 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

13

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

14

Sie verteidigt das angegriffene Urteil.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision ist nicht begründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt zwar Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), erweist sich aber im Ergebnis als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO).

16

Das Oberverwaltungsgericht hat die Heranziehung der Klägerin zu einer Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag gemäß § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB als rechtswidrig angesehen und in diesem Zusammenhang entscheidungstragend angenommen, erst mit dem Zeitpunkt der Bekanntmachung der Unanfechtbarkeit des Umlegungsplans gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1 BauGB seien die an der Aufwandverteilung teilnehmenden Grundstücke und die Höhe des voraussichtlich geschuldeten Erschließungsbeitrags hinreichend sicher bestimmbar. Es hat darüber hinaus angenommen, Fremdfinanzierungskosten seien erschließungsbeitragsrechtlich erst ab dem Zeitpunkt berücksichtigungsfähig, in dem sich die Gemeinde konkret zur erstmaligen Herstellung einer abrechnungsfähigen Erschließungsanlage entschlossen habe und ein Bedarf zur Bereitstellung von Finanzierungsmitteln entstanden sei. Diese Erwägungen halten einer revisionsgerichtlichen Prüfung teilweise nicht stand (1 - 3); allerdings ist der angefochtene Vorausleistungsbescheid unabhängig davon rechtswidrig (4).

17

1. Richtig ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass es sich bei der Vorausleistung um eine auf die endgültige Beitragspflicht ausgerichtete vorgezogene Finanzierung einer Erschließungsanlage handelt (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. September 1978 - 4 C 50.76 - BVerwGE 56, 238 <245>; stRspr). Als dem Erschließungsbeitrag zeitlich vorangehende Leistungspflicht kann sie nur für ein Grundstück entstehen, das - bezogen auf die Anlage, derentwegen eine Vorausleistung erhoben werden soll - zum Kreis der beitragspflichtigen Grundstücke gehört (BVerwG, Beschluss vom 31. August 2001 - 9 B 38.01 - Buchholz 406.11 § 129 BauGB Nr. 30 S. 3). Zuzustimmen ist dem Berufungsgericht ferner darin, dass im Erschließungsbeitragsrecht grundsätzlich der bürgerlich-rechtliche Grundstücksbegriff maßgeblich ist und erschlossene Grundstücke im Sinne des § 131 Abs. 1, § 133 Abs. 1 BauGB nur so genannte Buchgrundstücke sind, die im Grundbuch im Bestandsverzeichnis unter einer eigenen laufenden Nummer aufgeführt sind. Dem Berufungsgericht ist schließlich auch darin zu folgen, dass Grundstücke, die in einem Umlegungsgebiet nach §§ 45 ff. BauGB liegen, bereits durch den das Verfahren einleitenden Umlegungsbeschluss (§ 47 Abs. 1 Satz 1 BauGB) wegen der absehbaren grundlegenden Neugestaltung des gesamten Verfahrensgebietes in ihrem Bestand und ihrer Größe rechtserheblich in Frage gestellt sind und deshalb nicht vor bestandskräftigem Abschluss des Umlegungsverfahrens zu vorläufigen Leistungen auf den zu erwartenden Erschließungsbeitrag herangezogen werden können. Als Teil der Umlegungsmasse ist ein solches Grundstück trotz seines rechtlichen Fortbestandes als Buchgrundstück bis zum bestandskräftigen Abschluss des Umlegungsverfahrens durch Bekanntmachung des Umlegungsplans (§ 72 Abs. 1 Satz 1 BauGB) ein "untergehendes" Grundstück und kann deswegen nicht Anknüpfungspunkt für die Heranziehung zu einer Vorausleistung sein.

18

Auch das (zukünftige) Abfindungsgrundstück scheidet hierfür grundsätzlich aus. Dieses kann zwar je nach Stand des Umlegungsverfahrens bereits seinem Zuschnitt und seiner Lage nach bestimmbar sein. Das ändert aber nichts daran, dass vor dem rechtsverbindlichen Abschluss des Umlegungsverfahrens weder das zukünftige Buchgrundstück als Haftungsobjekt der Vorausleistung, die als öffentliche Last im Sinne des § 134 Abs. 2 BauGB auf dem Grundstück ruht (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 1981 - 8 C 8.81 - Buchholz 406.11 § 133 BBauG Nr. 78 S. 16), rechtlich existent ist noch der Eigentümer bzw. Erbbauberechtigte als persönlicher Beitragsschuldner (§ 134 Abs. 1 BauGB) feststeht (zur Konstellation bei einem teilweise abgeschlossenen Umlegungsverfahren: OVG Münster, Urteil vom 23. Mai 1989 - 3 A 1720/86 - juris Rn. 73, bestätigt durch BVerwG, Urteil vom 8. November 1991 - 8 C 89.89 - BVerwGE 89, 177).

19

Dagegen liegt das Grundstück der Klägerin selbst nicht im Umlegungsgebiet und gehört somit nicht zur Umlegungsmasse (§ 55 BauGB). Durch das Umlegungsverfahren ist es weder in seinem rechtlichen Bestand noch in seinem Zuschnitt und seiner Größe in Frage gestellt. Das Grundstück im bürgerlich-rechtlichen Sinne, für das Vorausleistungen erhoben werden können, steht ebenso fest wie der Grundstückseigentümer als persönlich Beitragspflichtiger. Insofern unterscheidet sich die Situation der Klägerin nicht von dem erschließungsbeitragsrechtlichen "Normalfall". Ihre Heranziehung zu einer Vorausleistung scheidet daher nicht von vornherein wegen des noch nicht abgeschlossenen Umlegungsverfahrens aus.

20

2. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts stand das im Zeitpunkt des Erlasses des Vorausleistungsbescheides noch nicht abgeschlossene Umlegungsverfahren der Bestimmbarkeit der erschlossenen und an der Aufwandsverteilung teilnehmenden Grundstücke und Grundstücksflächen nicht entgegen.

21

Die Vorausleistung auf einen Erschließungsbeitrag nach § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB setzt voraus, dass die durch die abgerechnete Anlage erschlossenen Grundstücke und Grundstücksflächen bestimmbar sind. Dies ergibt sich aus der Ausrichtung der Vorausleistung auf die endgültige Beitragspflicht und findet seinen gesetzlichen Ausdruck in der in § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB enthaltenen Begrenzung der Vorausleistung "bis zur Höhe des voraussichtlichen endgültigen Erschließungsbeitrags". Eine hinreichende Bestimmbarkeit der erschlossenen und damit für die Verteilung des beitragsfähigen Aufwandes heranzuziehenden Grundstücksflächen kann jedoch entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch dann gegeben sein, wenn ein Teil der Grundstücke, auf die der Aufwand zu verteilen ist, innerhalb eines Umlegungsgebietes liegt.

22

Es sind insoweit an die Bestimmbarkeit der an der Verteilung des Herstellungsaufwandes teilnehmenden Grundstücksflächen nicht die gleichen Anforderungen zu stellen wie an die Bestimmbarkeit der zur Zahlung einer Vorausleistung heranzuziehenden beitragspflichtigen Grundstücke. Für die Bestimmbarkeit der Verteilungsfläche kommt es nicht auf die rechtliche Existenz der einzelnen Grundstücke an, sondern allein darauf, welche Grundstücksflächen die abgerechnete Anlage insgesamt erschließt. Der zukünftige Zuschnitt der einzelnen Buchgrundstücke ist daher nur insoweit von Bedeutung, als er - alleine oder mit weiteren Umständen - eine Aussage darüber erlaubt, welche Flächen voraussichtlich erschlossen werden und daher einen Sondervorteil erfahren. Aufgrund der Vorläufigkeit der Vorausleistung ist es im Regelfall weder möglich noch erforderlich, bereits bei Erlass des Vorausleistungsbescheides die Verteilungsfläche gleichsam "quadratzentimetergenau" zu bestimmen. Erforderlich und ausreichend für die Ermittlung der Höhe des Vorausleistungsbetrages ist vielmehr die Anwendung einer sachgerechten Schätzungsgrundlage. Ebenso wie bei der Ermittlung des für die endgültige Herstellung zu erwartenden beitragsfähigen Erschließungsaufwandes ist die Gemeinde lediglich gehalten, eine auf den Zeitpunkt der endgültigen Herstellung (§ 133 Abs. 2 Satz 1 BauGB) ausgerichtete Prognose über den Umfang der Verteilungsfläche anzustellen (vgl. zur Aufwandsermittlung BVerwG, Urteil vom 29. Januar 1993 - 8 C 3.92 - Buchholz 406.11 § 128 BauGB Nr. 47 S. 31). Dabei ist in Rechnung zu stellen, dass § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB lediglich eine Höchstgrenze ("bis zur Höhe") für die Heranziehung zu Vorausleistungen setzt, die Gemeinde mithin nicht verpflichtet ist, die Grenze auszuschöpfen. Je weiter die Vorausleistung hinter dem voraussichtlichen Erschließungsbeitrag zurückbleibt, desto weniger wirken sich Unwägbarkeiten bei der Bestimmung der Verteilungsfläche auf die Einhaltung der Grenze des § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB aus. Gemessen hieran ist der Vorausleistungsbescheid der Beklagten nicht zu beanstanden.

23

Die erschlossene Grundstücksfläche ist im vorliegenden Fall anhand des im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheides vorliegenden Entwurfs einer Umlegungskarte und der Ausweisung der Bauflächen in dem rechtsverbindlichen Bebauungsplan Nr. 54 "Wohnbauflächen beidseits der K...straße" der Beklagten hinreichend genau bestimmbar. Das Umlegungsverfahren befand sich im Zeitpunkt des Erlasses des angegriffenen Vorausleistungsbescheides bereits in einem fortgeschrittenen Verfahrensstadium, wie der Entwurf der Umlegungskarte zeigt. Dieser weist im gesamten Umlegungsgebiet die neu zu bildenden Grundstücke sowie die zu ihrer Erschließung erforderlichen Anbaustraßen parzellenscharf aus. Unter Zugrundelegung der Karte lassen sich die südlich der K...straße gelegenen und künftig durch diese erschlossenen Grundstücke und Grundstücksflächen ihrer Größe und ihrem Zuschnitt nach ohne Weiteres bestimmen. Die Umlegungskarte greift dabei die verbindliche Bauleitplanung der Beklagten im Bebauungsplan Nr. 54 auf und setzt die hinteren Grundstücksgrenzen der an die K...straße angrenzenden Grundstücke weitgehend in Übereinstimmung mit der rückwärtigen Plangebietsgrenze fest. Damit sind die durch die K...straße voraussichtlich erschlossenen Flächen im Umlegungsverfahren bestimmbar. Insbesondere ist - unabhängig von noch denkbaren Änderungen des Parzellenzuschnitts - nicht zu erwarten, dass abweichend von der rechtsverbindlichen Bauleitplanung die im Wege der Umlegung neu entstehenden Grundstücke eine größere Tiefe als derzeit geplant aufweisen und die in die Aufwandsverteilung einzubeziehende Grundstücksfläche sich noch vergrößert.

24

Die Beklagte hat mit der von ihr erhobenen Vorausleistung schließlich auch einen erheblichen "Sicherheitsabstand" zu dem zu erwartenden Gesamtherstellungsaufwand eingehalten. Der Berechnung der Vorausleistungen hat sie lediglich den in der Vergangenheit für die Herstellung der Baustraße angefallenen Aufwand zugrunde gelegt und damit nur einen geringen Teil des endgültig entstehenden Aufwandes abgerechnet.

25

3. Dem Berufungsgericht kann auch nicht in der Annahme gefolgt werden, Fremdfinanzierungskosten seien erschließungsbeitragsrechtlich erst ab dem Zeitpunkt berücksichtigungsfähig, in dem sich die Gemeinde konkret zur erstmaligen Herstellung einer abrechnungsfähigen Erschließungsanlage entschlossen habe und ein Bedarf zur Bereitstellung von Finanzierungsmitteln entstanden sei.

26

Das Berufungsgericht geht davon aus, dass die K...straße im dritten Abschnitt als "zumindest streckenweise" im Außenbereich verlaufendes Provisorium hergestellt worden sei und zu diesem Zeitpunkt seitens der Beklagten allenfalls die Absicht bestanden habe, irgendwann in der Zukunft die Baustraße für die Herstellung einer Erschließungsanlage zu verwenden. Diese Pläne seien nicht mit konkreten Kreditbeschaffungskosten für die erstmalige Herstellung einer Erschließungsanlage verbunden gewesen und rechtfertigten es nicht, vom Zeitpunkt ihres Bestehens an Fremdfinanzierungskosten zu Lasten der Beitragspflichtigen in den Aufwand einzubeziehen. Dem folgt der Senat nicht.

27

a) In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass zum Erschließungsaufwand im Sinne des § 128 Abs. 1 Satz 1 BauGB auch Fremdfinanzierungskosten namentlich in Gestalt von Zinsen auf von der Gemeinde zur Finanzierung beitragsfähiger Erschließungsanlagen eingesetztes Fremdkapital gehören und die sonstigen Finanzierungsmöglichkeiten vor der (endgültigen) Herstellung der Erschließungsanlage weder wirtschaftlich die Aufnahme verzinslicher Fremdmittel entbehrlich machen noch rechtlich die Anerkennung solcher Zinsen als Kosten ausschließen (BVerwG, Urteile vom 21. Juni 1974 - 4 C 41.72 - BVerwGE 45, 215 <215 f.> und vom 29. Januar 1993 - 8 C 3.92 - Buchholz 406.11 § 128 BauGB Nr. 47 S. 30). Geklärt ist ferner, dass dann, wenn der beitragsfähige Erschließungsaufwand Zinsen für Fremdkapital umfasst, mit diesen Kosten uneingeschränkt auch diejenigen Beitragspflichtigen zu belasten sind, die eine Vorausleistung erbracht und damit in deren Höhe eine Inanspruchnahme von zu verzinsendem Fremdkapital entbehrlich gemacht haben (BVerwG, Urteil vom 23. August 1990 - 8 C 4.89 - BVerwGE 85, 306 <311 ff.>).

28

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich darüber hinaus mit der Frage der erschließungsbeitragsrechtlichen Behandlung einer ehemaligen Außenbereichsstraße befasst und entschieden, dass eine nach dem Willen der Gemeinde endgültig hergestellte und ihre Aufgaben in vollem Umfang erfüllende Außenbereichsstraße, die infolge des Inkrafttretens eines sie umfassenden Bebauungsplans zu einer zum Anbau bestimmten Straße im Sinne des § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB "umgewandelt" wird, unter dem Gesichtspunkt einer erstmaligen endgültigen Herstellung (§ 133 Abs. 2 Satz 1 BauGB) neu zu beurteilen ist (BVerwG, Urteile vom 21. Oktober 1968 - 4 C 94.67 - Buchholz 406.11 § 127 BBauG Nr. 4 S. 11 und vom 10. Oktober 1995 - 8 C 13.94 - BVerwGE 99, 308 <312, 313 f.>). Bei dieser Beurteilung ist danach zu fragen, ob die Außenbereichsstraße im Zeitpunkt ihrer Umwandlung in eine Anbaustraße erstmalig endgültig hergestellt gewesen ist. War dies der Fall, sind die für die Herstellung der Außenbereichsstraße entstandenen Kosten im Sinne des § 128 Abs. 1 Satz 1 BauGB als beitragsfähig zu qualifizieren und abzurechnen. Ist dagegen im Zeitpunkt der Umwandlung noch keine endgültige Herstellung erreicht gewesen, weil die Außenbereichsstraße noch nicht dem technischen Ausbauprogramm der Gemeinde für Anbaustraßen entsprach, gehen sowohl die vor der Umwandlung als auch die nach der Umwandlung für die Herstellung entstandenen Kosten in den beitragsfähigen Erschließungsaufwand ein (BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 1995 - 8 C 13.94 - BVerwGE 99, 308 <314 f.>).

29

Nach diesen Grundsätzen spielt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts der Zeitpunkt des konkreten Entschlusses der Gemeinde zur erstmaligen Herstellung einer Erschließungsanlage keine Rolle für die Berücksichtigung von Kosten, die für den Bau einer später in eine Anbaustraße umgewandelte Außenbereichsstraße angefallen sind. Erforderlich, aber auch ausreichend ist vielmehr, dass die Fremdkapitalkosten für die Herstellung der später umgewandelten Außenbereichsstraße tatsächlich aufgewendet wurden. Ein Grund, warum bei der Ermittlung des beitragsfähigen Aufwandes die Fremdkapitalkosten zur Finanzierung der Herstellung der Außenbereichsstraße unberücksichtigt bleiben sollten, ist nicht zu erkennen. Auch diese Kosten sind - nach Umwandlung der Straße in eine Anbaustraße - den Herstellungskosten für die beitragsfähige Erschließungsanlage hinzuzurechnen.

30

Der Auffassung des Berufungsgerichts, es bedürfe eines konkreten Entschlusses der Gemeinde zur erstmaligen Herstellung einer Erschließungsanlage, stehen auch Gründe der Praktikabilität entgegen. So wird es ohne Vorliegen eines - nach der bisherigen Rechtslage nicht erforderlichen - ausdrücklichen Ratsbeschlusses regelmäßig nicht einfach zu ermitteln sein, ob und wann sich die Gemeinde konkret zur erstmaligen Herstellung einer abrechnungsfähigen Erschließungsanlage entschlossen hat.

31

b) Können somit Fremdfinanzierungskosten für die Herstellung einer später in eine Anbaustraße umgewandelten Außenbereichsstraße grundsätzlich in den beitragsfähigen Aufwand einbezogen werden, so bedeutet dies nicht, dass die Berücksichtigung von Zinsen für Fremdmittel keinen Einschränkungen unterliegen würde. Eine Grenze ergibt sich in zeitlicher Hinsicht aus dem Entstehen der sachlichen Beitragspflicht für die abgerechnete Erschließungsanlage (BVerwG, Urteile vom 23. August 1990 - 8 C 4.89 - BVerwGE 85, 306 <310 f.> und vom 26. Februar 1993 - 8 C 4.91 - Buchholz 406.11 § 133 BauGB Nr. 117 S. 42 f.). Ferner begründet die entsprechende Anwendung des § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Schutz der Beitragspflichtigen eine äußerste Grenze. Diese wird überschritten, wenn die Kosten in für die Gemeinde erkennbarer Weise eine grob unangemessene Höhe erreichen, d.h. wenn infolge eines der Gemeinde zurechenbaren Verhaltens sachlich schlechthin unvertretbare Mehrkosten entstehen (BVerwG, Urteile vom 14. Dezember 1979 - 4 C 28.76 - BVerwGE 59, 249 <252 f.> und vom 30. Januar 2013 - 9 C 11.11 - BVerwGE 145, 354 Rn. 24 m.w.N.). Solche unvertretbaren Mehrkosten sind etwa dann anzunehmen, wenn die Gemeinde es ohne irgendeinen sachlich vertretbaren Grund unterlässt, die fehlenden Voraussetzungen für das Entstehen der Beitragspflicht herbeizuführen (BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2000 - 11 C 3.99 - BVerwGE 110, 344 <353 f.>). Diese Grundsätze sind auch auf die hier gegebene Konstellation anwendbar, dass der Beginn der Erschließungsmaßnahme gewissermaßen "vorverlagert" wird auf einen Zeitpunkt, in dem die Anlage, weil im Außenbereich gelegen, noch nicht die Eigenschaft einer beitragsfähigen Anbaustraße besaß. Auch in einem solchen Fall ist zu prüfen, inwieweit sich der Gemeinde hätte aufdrängen müssen, die Beitragspflicht zu einem früheren Zeitpunkt herbeizuführen.

32

Ob diese Voraussetzungen vorliegen, hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - nicht geprüft, so dass der Senat mangels hinreichender tatsächlicher Feststellungen im Berufungsurteil hierzu keine abschließenden Aussagen treffen kann. Eine Prüfung wird sich insbesondere mit der Frage beschäftigen müssen, ob es sachliche Gründe gab, auf die Aufstellung eines Bebauungsplans und damit auf die Umwandlung der K...straße in eine abrechnungsfähige Anbaustraße bis zum Jahr 2005 zu verzichten. Sollten die Fremdmittel - wofür die Aktenlage spricht - für etwa 20 Jahre in Anspruch genommen worden sein, stellt sich abgesehen von der Frage einer verzögerten Aufstellung eines Bebauungsplans die Frage, ob einer derart langen Laufzeit von Fremdfinanzierungen mit Blick auf die grundgesetzlich geschützte Vermögensdispositionsfreiheit der Bürger unabhängig von einem Verschulden der Gemeinde und vom Entstehen der sachlichen Beitragspflicht Grenzen gesetzt werden müssen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2000 - 11 C 3.99 - BVerwGE 110, 344 <354 f.>; gegen eine zeitliche Begrenzung Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 13 Rn. 26 unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 29. Januar 1993 - 8 C 3.92 - Buchholz 406.11 § 128 BauGB Nr. 47 S. 31).

33

4. Die Entscheidung der Vorinstanz erweist sich jedoch als im Ergebnis richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO).

34

Gemäß § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB darf eine Vorausleistung nur verlangt werden, wenn die endgültige Herstellung innerhalb von vier Jahren zu erwarten ist. Mit diesem Erfordernis hat der Gesetzgeber das ursprünglich in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelte ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der Absehbarkeit der Herstellung (vgl. BVerwG, Urteile vom 19. März 1982 - 8 C 34.81 - Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 48 S. 53 und vom 8. November 1991 - 8 C 89.89 - BVerwGE 89, 177 <181>) gesetzlich festgeschrieben. Es soll im Interesse der Vorausleistenden verhindern, dass diese über Gebühr lange auf die Beendigung der von ihnen vorfinanzierten Maßnahmen warten müssen; es gilt daher sowohl für die Genehmigungs- als auch die Herstellungsvariante des § 133 Abs. 1 BauGB (vgl. zur Genehmigungsalternative bereits BVerwG, Urteil vom 8. November 1991 - 8 C 89.89 - BVerwGE 89, 177 <181>; s. auch Vogel, in: Brügelmann, BauGB, Stand Oktober 2014, § 133 Rn. 39; Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl. 2014, § 133 Rn. 34).

35

Die Absehbarkeit der endgültigen Herstellung verlangt eine an der satzungsmäßigen Merkmalsregelung und dem einschlägigen Bauprogramm ausgerichtete Prognoseentscheidung der Gemeinde, die sich nicht auf das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht, sondern allein auf den Abschluss der kostenverursachenden Erschließungsmaßnahmen bezieht (BVerwG, Urteile vom 8. November 1991 - 8 C 89.89 - BVerwGE 89, 177 <181> und vom 17. November 1995 - 8 C 4.94 - Buchholz 406.11 § 125 BauGB Nr. 33 S. 6). Die Entscheidung darf dabei nicht "ins Blaue hinein" erfolgen, sondern muss auf einer nachvollziehbaren und nachprüfbaren Prognosegrundlage basieren. Dazu wird es regelmäßig sinnvoll sein, in der betreffenden Beschlussvorlage wenigstens knapp zu begründen, worauf sich die Annahme der Gemeinde stützt, die endgültige Herstellung werde innerhalb von vier Jahren zu verwirklichen sein. Ist eine Absehbarkeit in diesem Sinne nicht gegeben, ist ein gleichwohl erlassener Vorausleistungsbescheid (zunächst) rechtswidrig. Wird die voraussichtliche endgültige Herstellung durch die Gemeinde später derart festgelegt, dass sie nunmehr innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren nach Erlass des Vorausleistungsbescheides bzw. des Widerspruchsbescheides erfolgen soll, wird der Fehler des Bescheides geheilt und der Bescheid rechtmäßig (BVerwG, Urteile vom 22. Februar 1985 - 8 C 114.83 - Buchholz 406.11 § 133 BBauG Nr. 90 S. 48 und vom 8. November 1991 - 8 C 89.89 - BVerwGE 89, 177 <182>).

36

Gemessen hieran erweist sich der angegriffene Vorausleistungsbescheid als fehlerhaft. Die Beklagte hatte nach den tatsächlichen Feststellungen im Berufungsurteil bei der Beschlussfassung über die Vorausleistungserhebung am 27. September 2007 ausdrücklich erklärt, der Ausbau der K...straße im dritten Abschnitt sei nicht sinnvoll, da noch viele Grundstücke unbebaut seien. Gleichwohl hat sie die Erhebung von Vorausleistungen beschlossen und den angegriffenen Bescheid am 7. März 2008 erlassen. Damit war im maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens - ein Vorverfahren findet in Abgabenangelegenheiten nach niedersächsischem Landesrecht (§ 8a Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 und 3 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zur Verwaltungsgerichtsordnung) nicht statt - die endgültige Herstellung schon nach der Einschätzung der Beklagten nicht innerhalb von vier Jahren zu erwarten. Hieran hat sich durch den Beschluss des Verwaltungsausschusses der Beklagten vom 27. Mai 2010, wonach der dritte Abschnitt der K...straße "in 2012 bzw. spätestens in 2013 ausgebaut (wird)" nichts geändert. Zwar ließ sich diesem Beschluss trotz der nicht auf die endgültige Herstellung, sondern nur den "Ausbau" der Straße abstellenden Formulierung (noch) hinreichend deutlich entnehmen, dass der Verwaltungsausschuss der Beklagten nunmehr die Straße im dritten Abschnitt ebenfalls endgültig herstellen wollte. Es fehlte aber an der zur Fehlerheilung erforderlichen eindeutigen Festlegung des Fertigstellungstermins auf vier Jahre nach Bescheiderlass. Der nicht mit einer Begründung versehene Beschluss eröffnete vielmehr einen zeitlichen Rahmen für die Fertigstellung der Straße, der mehr als eineinhalb Jahre über die von § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB geforderten vier Jahre hinausreicht.

37

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Tenor

Der Vorauszahlungsbescheid vom 14.10.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.03.2010 wird aufgehoben, soweit er einen Betrag von 4.030,- € übersteigt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte trägt 7,6 % und der Kläger 92,4 % der Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Dem/der jeweiligen Vollstreckungsschuldner/in bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des Vollstreckungsbetrages abzuwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Geltendmachung einer Vorauszahlung für den Ausbau der Wallstraße in Rendsburg, soweit es um das in seinem Eigentum stehende Grundstück Schleifmühlenstraße ... (Flurstück ..., ... m² groß) geht. Das Grundstück ist dreigeschossig bebaut. Das Gebäude beherbergt im Erdgeschoss ein Bistro und im darüber liegenden 1. Obergeschoss einen Kinosaal und ist über eine Durchgangstür mit dem unmittelbar daneben liegenden Gebäude des Grundstücks Schleifmühlenstraße ... verbunden. Beide Gebäude sind zur Schleifmühlenstraße hin ausgerichtet und werden gemeinsam als Kino benutzt. Das ebenfalls im Eigentum des Klägers stehende Grundstück Schleifmühlenstraße ... verfügt rückwärtig über eine Zufahrt zur Wallstraße.

2

Der Bauausschuss der Beklagten beschloss am 24.02.2009, die aus dem Jahre 1951 stammende und 1985 als Gemeindeverbindungsstraße gewidmete Wallstraße auszubauen. Entsprechend ließ die Beklagte die Wallstraße erneuern. Die Fahrbahn bestand vorher aus Granitgroßsteinpflaster, war teilweise mit Asphaltdecke überzogen und wies wegen des schlechten Unterbaus zahlreiche Schadstellen und Versackungen auf. Vom „Am Holstentor“ kommend wurde sie in einer Breite von zunächst 5,50 m und ab der Einfahrt des südlich anliegenden Parkdecks in einer Breite von 4,50 m mit Betonpflaster versehen. Hinter der Parkdeckeinfahrt verengt sie sich teilweise auf 3,50 m, so dass bei Begegnungsverkehr von Lkw auf den überfahrbar ausgebauten südlichen Gehweg ausgewichen werden muss. Im Übrigen befindet sich am Ende der Wallstraße eine Wendemöglichkeit, damit der Verkehr in der Wallstraße zurückfließen kann. Optisch abgegrenzt von der Fahrbahn wurden 2 m breite Parkstreifen aus Granitgroßsteinpflaster angelegt. Die beidseitigen Gehwegflächen wurden mit einem Neuaufbau mit Klinkerpflaster versehen. Die unzureichende und ungleichmäßige Beleuchtung vonseiten des Parkdecks wurde ersetzt durch neue Siteco „City-light plus“ Straßenleuchten. Die bisherige Oberflächenentwässerung über einen Mischkanal wurde auf ein Trennsystem umgestellt. Der Mischwasserkanal bestand bis dahin aus Steinzeug und wies gemäß dem Ergebnis einer Inspektion aus dem Jahre 1999 eine „hohe Sanierungsdringlichkeit“ auf (Scherbenbildung, Rohrbruch, Undichtigkeiten in Rohren und Schächten, bauliche Schäden).

3

Die Straßenausbauarbeiten dauerten von Mai bis November 2009. Parallel dazu wurde das in der Wallstraße liegende und zuvor von der Beklagten privatisierte Parkdeck abgerissen und neu gebaut mit einer Ein- und Ausfahrt nur noch von bzw. in Richtung Am Holstentor.

4

Auf Grundlage der Ausbaubeitragssatzung der Beklagten wurden die Anlieger der Wallstraße zu Vorauszahlungen in Höhe von 80 % auf die vorrausichtlichen Ausbaubeiträge nach § 8 KAG herangezogen. Mit Bescheid vom 14.10.2009 wurde für das klägerische Grundstück ein Betrag von abgerundet 4.360,- € bestimmt. Grundlage der Bestimmung war die Einstufung der Wallstraße als Anliegerstraße (Umlagesatz 75 %).

5

Der Kläger legte dagegen am 12.11.2009 Widerspruch ein. Seine beiden Grundstücke seien nur durch die Schleifmühlenstraße erschlossen und auf eine Nutzung der Wallstraße nicht angewiesen. Die Zufahrt zur Wallstraße vom Grundstück Schleifmühlenstraße ... aus stelle eine nur mittelbare und nicht notwendige Erschließung dar. Ferner äußerte er Zweifel an der Einstufung der Wallstraße als Anliegerstraße und an der Notwendigkeit der Erneuerung des Mischwasserkanals. Mit Widerspruchsbescheid vom 18.03.2010 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Das klägerische Grundstück sei beitragspflichtig, auch wenn es nicht unmittelbar an die Wallstraße grenze, weil es in gleichem Eigentum stehe wie das angrenzende Grundstück Schleifmühlenstraße ... und beide Grundstücke mit-einander verbunden und einheitlich genutzt würden. Die Wallstraße sei in Anbetracht der ihr planerisch zugedachten Funktion, ihres darauf basierenden Ausbauzustandes und ihrer tatsächlichen Verkehrsbedeutung nur als Anliegerstraße einzustufen, auch wenn sie zugleich als Zufahrt zum Gerbergang und zur Neuen Straße diene und in diesem Bereich auch Anlieferverkehr aufnehme. Eine Einfahrt vom Schiffbrückenplatz sei seit dem Jahre 2005 nicht mehr möglich. Eine Verbindung von Ortsteilen oder eine Sammlung des innerörtlichen Durchgangsverkehrs erfolge durch die Wallstraße nicht. Für die gleichzeitig neu verlegten Versorgungsleitungen werde im Übrigen kein beitragsfähiger Aufwand entstehen. Soweit der Träger der Abwasserentsorgung von der Ausbaumaßnahme profitiere, weil die Kanalisation erneuert werde, bleibe dies beitragsrechtlich irrelevant. Maßgeblich seien die tatsächlich entstandenen Kosten zu berücksichtigen, nicht aber eine fiktive Kostenersparnis.

6

Dagegen hat der Kläger am 19.04.2010 Klage erhoben. Er wiederholt sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren und bleibt bei der Auffassung, dass es sich bei der Wallstraße um eine Straße handele, die im Wesentlichen dem innerörtlichen Verkehr diene, also solchem, der weder Ziel noch Quelle in der Wallstraße habe. Dies gelte entgegen der Annahme der Beklagten gerade auch für die Nutzung des Parkdecks. Selbst wenn man annähme, dass auch der von in der Straße liegenden Gewerbebetrieben ausgelöste Verkehr noch Anliegerverkehr sei, könne das nur dann gelten, wenn die jeweilige gewerbliche Nutzung den anderen Anliegern im weitesten Sinne diene und keine Massierung dieser Nutzungsart auftrete. Dies sei hier aber insbesondere wegen des Parkdecks und des Kino-Centers, aber auch wegen weiterer, im Einzelnen aufgezählter gewerblicher Nutzungen der Fall. Hinzu kämen die in der Gerberstraße, der Neuen Straße und in der Schiffbrückengalerie liegenden Gewerbebetriebe, die dafür sorgten, dass der Wallstraße auch ohne ihre eigenen Anlieger noch eine wesentliche Verkehrsfunktion zukäme. Vom Ausbauzustand her betrachtet sei eine 5,50 m breite Fahrbahn für die Aufnahme innerörtlichen Verkehrs auch durchaus geeignet. Der Kläger rügt des Weiteren, dass die Baustelleneinrichtung nicht auf die verschiedenen am Bau beteiligten Träger umgelegt und dass der Verteilungsschlüssel „Regenwasser“ nicht nachvollziehbar sei. Zudem sei eine Preisgestaltung mit Einheitspreisen bzw. „runden“ Preisen ungewöhnlich und erklärungsbedürftig.

7

Der Kläger beantragt,

8

den Vorauszahlungsbescheid vom 14.10.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.03.2010 aufzuheben.

9

Die Beklagte beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Sie bleibt bei der Auffassung, dass die Wallstraße eine Anliegerstraße sei. Diese sei entsprechend ausgebaut und solle zur Ortsstraße umgewidmet werden. Da sich auch das Parkdeck auf einem Anliegergrundstück befinde, sei auch der davon ausgelöste Verkehr als Ziel- bzw. Quellverkehr der Wallstraße und damit als Anliegerverkehr anzusehen. Der vom Parkdeck ausgelösten erhöhten Verkehrsfrequenz sei durch eine entsprechende Beitragsbemessung anhand von Art und Maß der Nutzung dieses Anliegergrundstücks Rechnung getragen. Die Kosten des Titels Baustelleneinrichtung und Verkehrssicherung seien prozentual aus den Bausummenanteilen ermittelt worden. Der Aufwand für den Regenwasserkanal sei entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hälftig auf die Grundstücks- und die Straßenentwässerung aufgeteilt worden. Die Berechnung des beitragsfähigen Aufwands sei schließlich nicht anhand von Einheitspreisen, sondern anhand des Submissionsergebnisses centgenau erfolgt.

12

Nach Durchführung der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte die Ermittlung des prognostizierten Aufwands nochmals genauer erläutert und zudem festgestellt, dass das klägerische Grundstück bereits bei Abschluss der Baumaßnahme nicht mehr vier-, sondern nur dreigeschossig bebaut war. Gleichzeitig hat sie diese Feststellung zum Anlass genommen, eine korrigierte Vergleichsberechnung zu erstellen. Die Vorauszahlung für das hier in Rede stehende Grundstück reduziert sich danach um 330,- €.

13

Die Kammer hat den Rechtsstreit der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen. Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.08.2012 haben die Beteiligten auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung schriftsätzlich verzichtet. Hinsichtlich ihres weiteren Vorbringens sowie der Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die Verwaltungsakten, die dem Gericht vorgelegen haben, Bezug genommen. Hierzu zählen auch die beigezogenen Akten aus den Parallelverfahren 9 A 93/10 und 9 A 95/10.

Entscheidungsgründe

14

Die Klage ist zulässig, aber im Wesentlichen unbegründet.

15

Der Vorauszahlungsbescheid vom 14.10.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.03.2010 ist nur insoweit rechtswidrig und verletzt den Kläger nur insoweit in seinen Rechten, als er einen Betrag von 4.030,- € übersteigt (§ 113 Abs. 1 VwGO); im Übrigen ist er rechtmäßig.

16

Rechtsgrundlage ist die Satzung der Beklagten über die Erhebung von Beiträgen für den Ausbau von vorhandenen Straßen, Wegen und Plätzen vom 29.06.1998 in der Fassung der 1. Nachtragssatzung vom 28.12.2000, der 2. Nachtragssatzung vom 28.06.2004 und der 3. Nachtragssatzung vom 30.09.2005 (im Folgenden: ABS 2005) in Verbindung mit § 8 KAG. Gegen die Rechtmäßigkeit der für den vorliegenden Veranlagungsfall relevanten Bestimmungen der Ausbaubeitragssatzung sind Bedenken seitens des Klägers nicht erhoben worden und auch nicht ersichtlich. Die ABS 2005 bietet eine taugliche Rechtsgrundlage für die erhobene Vorauszahlung auf den Ausbaubeitrag.

17

Nach § 1 ABS 2005 erhebt die Beklagte zur Deckung des Aufwandes für die Herstellung sowie den Ausbau und Umbau und die Erneuerung von vorhandenen Ortsstraßen gemäß § 242 Baugesetzbuch (BauGB), für die nach den §§ 127 ff BauGB erstmalig hergestellten sowie von nicht zum Anbau bestimmten Straßen, Wegen und Plätzen Beiträge von den Grundstückseigentümerinnen und -eigentümern, denen die Maßnahme Vorteile bringt. Gemäß § 10 ABS 2005 kann die Beklagte ab Beginn der Baumaßnahme auch angemessene Vorauszahlungen erheben.

18

Die genannten gesetzlichen Voraussetzungen liegen vor und rechtfertigen die strittige Vorauszahlung dem Grunde wie der Höhe nach im tenorierten Umfang. Maßgeblicher Zeitpunkt für diese gerichtliche Beurteilung ist der Erlass der letzten Behördenentscheidung (vgl. BayVGH, Urt. v. 01.06.2011 - 6 BV 10.2536 - juris Rn. 27; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 22.11.2010 - 9 S 29.10 - juris Rn. 7), hier also der Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 18.03.2010.

19

Die Vorauszahlung wurde entsprechend § 10 Satz 1 ABS 2005, § 8 Abs. 4 Satz 4 KAG erst nach Beginn der Baumaßnahme am 04.05.2009 und vor deren Abschluss durch Bescheid vom 14.10.2009 erhoben.

20

Bei der ausgebauten Wallstraße handelt es sich um eine öffentliche Einrichtung i.S.d. § 8 KAG, die sich von der Einmündung in die Straße Am Holstentor bis zum Schiffbrückenplatz erstreckt. Sie wurde 1985 dem öffentlichen Verkehr gewidmet.

21

In der Erneuerung der abgängigen Fahrbahn, der Erneuerung der Gehwege und der Beleuchtung sowie dem Umbau der Oberflächenentwässerung in Form der Umstellung von Mischsystem auf Trennsystem liegt eine beitragsfähige Ausbaumaßnahme im Sinne des § 1 ABS 2005 i.V.m. § 8 Abs. 1 KAG. Mit der Erneuerung wird die Straße in einen Zustand versetzt, der auf Jahre oder Jahrzehnte hinaus wieder den voraussichtlichen Anforderungen des Verkehrs genügt. Die erneuerten Teileinrichtungen konnten schon deshalb als nicht mehr funktionsfähig und damit abgängig angesehen werden, weil ihre übliche Nutzungsdauer, die je nach Teileinrichtung zwischen 25 und 50 Jahren liegt (vgl. Habermann in: Habermann/ Arndt, Praxis der Kommunalverwaltung, KAG, Stand November 2010, § 8 Rn. 147, 147a), nach Herstellung der Straße im Jahre 1951 abgelaufen war. Soweit ein neuer Parkstreifen und ein Wendehammer angelegt werden, handelt es sich zudem um einen vervollständigenden Ausbau der Einrichtung bzw. der Teileinrichtung Fahrbahn (vgl. dazu Habermann a.a.O. Rn. 152 m.w.N.). Der Kläger zieht die grundsätzliche Beitragsfähigkeit dieser Maßnahmen gemäß § 8 Abs. 1 KAG auch nicht mehr in Zweifel.

22

Die in Rede stehende Straßenbaumaßnahme vermittelt dem Kläger als Eigentümer auch grundstücksbezogene Vorteile. Die hierfür erforderliche qualifizierte objektive Inanspruchnahmemöglichkeit ist gegeben, wenn das veranlagte Grundstück eine solche räumliche Nähe zur erneuerten Straße aufweist, dass diese vom Grundstück aus zugänglich ist. Auf die subjektive Sicht des einzelnen Grundstückseigentümers und die tatsächlich stattfindende Nutzung oder deren Wahrscheinlichkeit kommt es nicht an. Die Vorteilslage ergibt sich allein aus der räumlich engen Beziehung zu der ausgebauten Einrichtung, wenn der Eigentümer die ausgebaute Einrichtung von seinem Grundstück aus nutzen kann und dadurch im Vergleich zu den sonstigen Nutzern der Straße einen (Sonder-) Vorteil hat (OVG Schleswig, Urt. v. 28.10.1997 - 2 L 281/95 - Die Gemeinde 1998, 98, 99; Habermann a.a.O., Rn. 142, 176 m.w.N.).

23

Die Feststellung einer im Einzelfall ausreichenden Zugänglichkeit der Ausbaustraße hängt von der zulässigen Nutzung des jeweiligen Grundstücks ab (OVG Schleswig, Beschl. v. 19.11.2001 - 2 L 112/01 -, Habermann a.a.O. Rn. 180). Ausreichend ist insofern, dass die bestimmungsgemäße Grundstücksnutzung in einer nicht nur untergeordneten Weise über die ausgebaute Straße realisiert werden kann. Ist die bestimmungsgemäße Grundstücksnutzung eine gewerbliche, kann es ausnahmsweise erforderlich sein, dass das Grundstück von der ausgebauten Straße her nicht nur betreten werden kann, sondern dass man mit einem Fahrzeug auf das Grundstück herauffahren kann (Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl., § 35 Rn. 12, 26 m.w.N.).

24

Eine ausreichende Zugänglichkeit besteht zunächst für alle unmittelbar an die Einrichtung anliegenden Grundstücke. Dazu zählt das klägerische Grundstück Schleifmühlenstraße ..., welches durch die Zufahrt über eine unmittelbare Verbindung zur Wallstraße verfügt. An das Grundstück kann man von der Ausbaustraße nicht nur heranfahren und es von hier aus betreten, sondern man kann auch mit einem Fahrzeug auf das Grundstück herauffahren (sofern man dies wegen der gewerblichen Nutzung des Gebäudes als Kino im innerstädtischen Bereich überhaupt fordern wollte).

25

Eine ausreichende Zugänglichkeit besteht aber auch bei dem aus Sicht der Wallstraße dahinter liegenden Grundstück Schleifmühlenstraße ... Bei bestehender Identität des Eigentümers von Anlieger- und Hinterliegergrundstück kann der Gedanke eines angemessenen Vorteilsausgleichs es gebieten, auch das Hinterliegergrundstück bei der Aufwandsverteilung zu berücksichtigen (OVG Schleswig, Urt. v. 24.10.1996 - 2 L 108/96 - Die Gemeinde 1997, 217; Beschl. v. 4.10.2005 - 2 MB 35/05 -). So liegt es auch hier, da das Anlieger- und das Hinterliegergrundstück einheitlich genutzt werden. Eine vorteilsbegründende einheitliche Nutzung ist gegeben, wenn sich beide Grundstücke dadurch als ein Grundstück darstellen, dass die Grundstücksgrenze überbaut ist oder dass eine grenzübergreifende gewerbliche Nutzung erfolgt (OVG Schleswig, Beschl. v. 18.12.2007 - 2 LA 33/07 -, v. 04.10.2005 - 2 MB 35/05 -, v. 19.11.2001 - 2 L 112/01 -; Habermann a.a.O. Rn. 186, 187). Beides ist hier gegeben. Es liegt eine Überbauung vor, da die unmittelbar nebeneinander liegenden Gebäude der beiden klägerischen Grundstücke baulich miteinander verbunden sind. Diese Verbindung realisiert zugleich eine einheitliche gewerbliche Nutzung, weil die Räume beider Gebäude mittels einer Verbindungstür gemeinsam als ein einheitliches, über mehrere Säle verfügendes Kino benutzt werden.

26

Die Annahme einer vorteilsrelevanten Inanspruchnahmemöglichkeit hängt auch nicht davon ab, ob auch noch andere Straßen einen solchen – oder ähnlichen - Vorteil verschaffen. Grundstücke, die an zwei ausgebaute Straßen angrenzen und denen folglich je eine vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit geboten wird, nehmen im Ausbaubeitragsrecht an der Verteilung des umlagefähigen Aufwands für jede der entsprechenden Anlagen teil. Nichts anderes kann für Hinterliegergrundstücke gelten, die ihrerseits an eine andere Erschließungseinrichtung angrenzen. Eine zusätzliche Bewertung der objektiv gegebenen Inanspruchnahmemöglichkeit ist nicht geboten; insbesondere kommt es an dieser Stelle nicht darauf an, ob die ausgebaute Einrichtung tatsächlich in Anspruch genommen wird bzw., mit welcher Wahrscheinlichkeit oder in welchem Umfang. Systemgerecht und deshalb maßgeblich ist vielmehr auch bei „nicht-gefangenen“ Hinterliegern allein, dass Vorteile geboten werden, die in der Steigerung der Attraktivität der Wohn- und Geschäftslage zu sehen sind und nicht, ob der Grundstückseigentümer den gebotenen Vorteil im Hinblick auf die tatsächliche Nutzung des Grundstücks auch in Anspruch nimmt (vgl. schon r’kr. Einzelrichter-Urt. v. 24.10.2008 - 9 A 45/07 - m.w.N.).

27

Nach Übersendung weiterer Unterlagen zur Ermittlung der voraussichtlichen Höhe des Beitrags und damit zur Höhe der geltend gemachten Vorauszahlung bestehen im tenorierten Umfang auch keine Bedenken mehr gegen den Vorauszahlungsbescheid der Höhe nach.

28

Die Anforderungen des § 8 Abs. 4 Satz 4 KAG i.V.m. § 10 Satz 1 ABS 2005 sind erfüllt. Danach darf eine Vorauszahlung auf den Ausbaubeitrag bis zur Höhe des voraussichtlichen Beitrags verlangt werden, muss aber stets angemessen sein. Anknüpfungspunkt für die Beurteilung der Angemessenheit ist der der Gemeinde ggf. bereits entstandene und absehbar noch entstehende Aufwand. Die Forderung einer Vorauszahlung in voller Höhe des voraussichtlichen Beitrags wird allerdings nur ausnahmsweise angemessen sein (Habermann a.a.O. Rn. 370). Vorliegend kann die Angemessenheit bejaht werden, da die Beklagte nur 80 % des voraussichtlichen Beitrags fordert.

29

Zur Ermittlung des voraussichtlichen Beitrags wiederum bedarf es einer prognostischen Schätzung. Diese Schätzung bezieht sich auf den als beitragsfähig anzuerkennenden Aufwand (Aufwandsermittlung) und auf die Umlage nach Maßgabe des in der einschlägigen Ortssatzung festgelegten Verteilungsmaßstabs auf alle bevorteilten Grundstücke (Aufwandsverteilung). Sie ist auf der Grundlage der zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses vorliegenden Erkenntnisse vorzunehmen. Dabei steht der Gemeinde sowohl für den Weg der Schätzung als auch für das Ergebnis ein Schätzungsspielraum zu. Bis zu dem für die gerichtliche Kontrolle maßgeblichen Zeitpunkt ist sie allerdings gehalten, ihre Schätzung mit der fortschreitenden Realisierung zu aktualisieren und zu konkretisieren. Sowohl die Schätzung als auch ihr Ergebnis unterliegen der gerichtlichen Kontrolle. Maßgeblich sind dabei nicht die Deckungsgleichheit mit dem noch nicht abschließend feststellbaren beitragsfähigen Aufwand, sondern (nur) die Sachgerechtigkeit der Methode sowie die Folgerichtigkeit und die Nachvollziehbarkeit des Rechenwerkes. Ein Anspruch auf eine Kostenaufstellung, die alle Details der endgültigen Abrechnung bereits umfasst, besteht nicht, weil dies angesichts der regelmäßig noch offenen Kosten weder möglich wäre noch dem Charakter der Vorauszahlung als Instrument der Vorfinanzierung entspräche (vgl. OVG Saarland, Urt. v. 27.09.2005 - 1 R 9/05 - in juris Rn. 50-56 m.w.N.; BayVGH, Beschl. v. 10.09.2009 - 6 CS 09.1435 - juris Rn. 17; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 09.03.2010 - 9 S 3.09 - juris Rn. 7 und v. 22.10.2010 - 9 S 29/10 - in juris Rn. 8; Driehaus a.a.O., § 38 Rn. 10 i.V.m. § 21 Rn. 33 ff. m.w.N.).

30

Sachgerecht ist es, sich bei der Schätzung des beitragsfähigen Aufwands am Angebot des im Vergabeverfahren günstigsten und deshalb auch beauftragten Unternehmens zu orientieren (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 23.09.1993 - 2 S 462/92 - juris Rn. 24). Dies hat die Beklagte getan. Die mit Schreiben vom 18.09.2012 übersandte Aufstellung (Anlage B1 = BA E zu 9 A 95/10) führt die im Oktober 2009 angestellten Ermittlungen mit der Aufstellung vom 08.10.2009 (im allg. Verwaltungsvorgang ab Bl. 253 ff.) anhand von Kostengruppen gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 ABS 2005 fort. Entsprechend wurde ein beitragsfähiger Aufwand von 603.612,06 € zzgl. des Aufwands für Angleichungsarbeiten über 13.776,89 € = 617.388,95 € berechnet. Die eingesetzten Beträge setzen sich aus einzelnen Positionen aus dem Angebot des beauftragten Unternehmens ... vom 01.04.2009 zusammen, welches nunmehr auch vorliegt, die Schätzung damit nachvollziehbar macht und zugleich die Folgerichtigkeit des Rechenwerks belegt.

31

Bei der Ermittlung der beitragsfähigen Kosten darf die Gemeinde im Übrigen nur solche Kosten einstellen, die für notwendige Maßnahmen entstehen. Bei der Bestimmung dessen, was notwendig ist, steht ihr wiederum ein weites Ermessen zu, begrenzt durch die Vorgabe, dass keine sachlich schlechthin unvertretbaren Kosten entstehen (Habermann a.a.O. Rn. 303 m.w.N.). Dass die Beklagte ihren diesbezüglichen Rahmen überschritten hätte, ist weder geltend gemacht noch ersichtlich.

32

Die Kosten für den zugleich erneuerten Schmutzwasserkanal hat die Beklagte zutreffend nicht mit eingestellt, da sie ausschließlich zur Einrichtung „Grundstücksentwässerung“ und nicht zur Einrichtung „Straße“ zählen. Entsprechendes gilt für die zugleich neu verlegten Versorgungsleitungen. Die Höhe der maßgeblichen Kosten schmälert sich weiter nicht dadurch, dass diese Arbeiten „bei Gelegenheit“ des Straßenausbaus erfolgten, die jeweiligen Träger sich aber nicht an den Kosten des Straßenausbaus beteiligten. Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 KAG kommt es stets nur auf die tatsächlich entstandenen Kosten und die tatsächlich eingetretenen Ersparnisse an. Aufwandsmindernd berücksichtigt werden können deshalb nur die tatsächlich erfolgten Leistungen und Zuschüsse Dritter. Eine hypothetische Betrachtungsweise, nach der der Gesamtaufwand bei getrennten Maßnahmen höher wäre und deshalb Minderkosten aufzuteilen seien, bleibt nach schleswig-holsteinischem Landesrecht ebenso irrelevant wie die Frage nach einer möglichen, aber tatsächlich weder gebotenen noch realisierten Beteiligung eines andere Trägers (std. Rspr.: OVG Schleswig, Urt. v. 11.02.1998 - 2 L 136/96 - Die Gemeinde 1998, 220, 224, - 2 L 79/96 - NordÖR 1998, 268, 272, in juris Rn. 48 f. und Urt. v. 10.08.2012 - 4 LB 22/11 -; VG Schleswig, Einzelrichter-Urt. v. 27.06.2008 - 9 A 333/05 - und v. 19.04.2011 - 9 A 134/08 -; s.a. Habermann a.a.O. Rn. 304).

33

Anders ist der Fall einer Anlage mit Mehrfachfunktion zu beurteilen, wenn - wie hier - ein neuer Regenwasserkanal gelegt wird, der nicht nur der Straßenentwässerung, sondern zugleich auch der Grundstücksentwässerung dient. In diesem Falle ist die Anlage als eigenständige Teileinrichtung „Straßenentwässerung“ der öffentlichen Einrichtung „Straße“ zuzuordnen. Kommt die Erneuerung aber nicht nur der Straßen- sondern zugleich auch der Grundstücksentwässerung zu gute, ist der diesbezügliche, tatsächlich entstandene Aufwand kostenorientiert hälftig zu teilen (Habermann a.a.O. Rn. 304 a.E. und Rn. 313 m.w.N.). Das ist nach den Darlegungen der Beklagten allerdings auch erfolgt, vgl. Kostengruppe II, Pos. 1.2.6.a) in der aktualisierten Aufstellung vom 08.10.2009. Ebenso nachvollziehbar legt die Beklagte dar, dass die Kosten für die Baustelleneinrichtung und die Verkehrssicherung nach dem Anteil der Leistungen im Verhältnis zu der Gesamtauftragssumme zunächst zwischen den Stadtwerken und der Beklagten und sodann entsprechend den Anteilen bezogen auf die Wallstraße, den Gerbergang und An der Bleiche verteilt worden sind, vgl. Kostengruppe II, Pos. 1.5.3.3.

34

Umlagefähig ist von diesen beitragsfähigen Kosten gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 und 3 ABS 2005 ein Anteil von 75 % für die in § 2 Abs. 1 Nr. 3 ABS 2005 genannten und hier ausgebauten Teileinrichtungen. Die Höhe der Anteile folgt aus dem Umstand, dass die Ausbaustraße in rechtlich nicht zu beanstandender Weise als eine Straße eingestuft worden ist, die im Wesentlichen dem Anliegerverkehr dient.

35

Es obliegt dem Satzungsermessen der Gemeinde, nach welchen Straßentypen zu unterscheiden und infolgedessen der Anliegeranteil zu staffeln ist. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass sie sich dabei aus Gründen der Praktikabilität auf eine relativ grobe Unterscheidungen beschränken darf, wie hier etwa auf die Unterscheidung in § 4 ABS 2005 nach Anliegerstraße / Innerortsstraße / Durchgangsstraße und Fußgängerbereich (OVG Schleswig, Urt. v. 23.07.2008 - 2 LB 54/07 - NVwZ-RR 2009, 130; r’kr. Einzelrichter-Urt. v. 05.11.2010 - 9 A 72/07 - in juris Rn. 43). Auch wenn es eine zweckmäßigere Einteilung der Straßen geben mag (etwa nach Anliegerstraßen, Haupterschließungsstraßen und Hauptverkehrsstraßen), ist diese Einteilung vom Satzungsermessen der Gemeinde gedeckt. Stellt der Satzungsgeber mithin in rechtlich annehmbarer Weise auf die überwiegenden Nutzungsarten ab, kommt es darauf an, ob die Straße überwiegend einer der genannten Verkehrsarten dient (vgl. schon OVG Schleswig, Urt. v. 11.02.1998 - 2 L 79/96 - NordÖR 1998, 268 in juris Rn. 34, 36; Beschl. der Kammer v. 08.08.2012 - 9 B 20/12 -; Hess. VGH, Beschl. v. 21.03.2012 - 5 A 1892/11.Z - in juris Rn. 5; vgl. auch Habermann a.a.O. Rn. 206).

36

Dass die Wallstraße im Verzeichnis der Satzung von 1998 gemäß § 4 Abs. 4 ABS 2005 als eine im Wesentlichen dem innerörtlichen Verkehr dienende Straße eingeordnet ist, ist nicht konstitutiv und unerheblich, da die Zuordnung selbst der vollen gerichtlichen Nachprüfung unterliegt. Dabei sind die von der Satzung verwendeten Begriffe regelmäßig nicht straßenrechtlich, sondern beitragsrechtlich zu verstehen (OVG Schleswig, Beschl. v. 16.01.2009 - 2 MB 29/08 - mit Verweis auf Urt. v. 23.07.2008 a.a.O.). Dies bedeutet entgegen der Auffassung des Klägers und des OVG Lüneburg allerdings nicht, dass diesen Begriffen je nach den konkreten Verhältnissen vor Ort eine unterschiedliche Bedeutung zukäme. Insoweit hat das OVG Schleswig klargestellt, dass die in verschiedenen Ausbaubeitragssatzungen identisch verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe nicht einer unterschiedlichen Auslegung zugeführt werden können (Urt. v. 11.02.1998 a.a.O. Rn. 39, dem folgend Beschl. der Kammer v. 08.08.2012 - 9 B 20/12 -). Generell orientiert sich die beitragsrechtliche Zuordnung zu dem einen oder anderen Straßentyp „an ihren wesentlichen, für die Straße insgesamt bedeutsamen und sie überwiegend charakterisierenden Merkmalen, wobei von der Funktion der Straße im Gesamtverkehrsnetz der Gemeinde auszugehen ist, wie sie durch ihre Lage, die Art der Ausgestaltung und die Belastung ihre Ausprägung gefunden hat (OVG Schleswig, Urt. v. 23.07.2008 a.a.O.; Habermann a.a.O. Rn. 331 m.w.N.). Dabei richtet sich die Funktion vor allem nach der Verkehrsplanung der Gemeinde und dem darauf beruhenden Ausbauzustand (OVG Schleswig, Beschl. v. 03.07.2002 - 2 L 164/01 -). Stellt der Satzungsgeber - wie hier - auf die überwiegenden Nutzungsarten ab, kann es sein, dass erhebliche, aber die Straßenfunktion nicht prägende Nutzungen bei der Klassifizierung unbeachtlich bleiben (OVG Schleswig, Urt. v. 11.02.1998 a.a.O. Rn. 36 m.w.N.).

37

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Zuordnung ist der der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht (OVG Schleswig, Urt. v. 20.09.2007 - 2 LB 20/07 - Die Gemeinde 2008, 42), hier mithin das Jahr 2009. Danach ist die Wallstraße als Anliegerstraße einzustufen. Eine Bedeutung als Innerortsstraße, wie sie die Beklagte anderen Straßen im Stadtgebiet beimisst, ist für die Wallstraße gerade nicht gegeben. Entsprechend der Definition in § 4 Abs. 1 ABS 2005 dient sie (nicht nur, aber) überwiegend dem Anliegerverkehr. Beim Anliegerverkehr handelt es sich nicht nur um die verkehrliche Nutzung der Straße durch die Anlieger selbst, sondern allgemeiner um den Verkehr, der zu den in Anspruch genommenen Grundstücken hinführt und von ihnen ausgeht, um den sog. Ziel- und Quellverkehr. Ausreichend ist, dass der Verkehr entweder sein Ziel oder seinen Ausgangspunkt an der betreffenden Straße hat (OVG Schleswig, Beschl. v. 16.01.2009 - 2 MB 29/98 -). Die Innerortsstraße dient demgegenüber überwiegend dem innerörtlichen Verkehr. Im Rahmen der hier gewählten dreistufigen Klassifizierung gilt sie als Erschließungsstraße mit innerörtlicher Verkehrsbedeutung, die zur Aufnahme des innerörtlichen Durchgangsverkehrs bestimmt ist, Ortsteile verbindet und den Verkehr in Richtung eines anderen Ortsbereichs sammelt (OVG Schleswig, Urt. v. 20.09.2007 a.a.O.) oder sonst eine Verkehrsbedeutung hat, die die Erschließungsfunktion für die anliegenden Grundstücke stark zurücktreten lässt. Dabei liegen Ziel oder / und Quelle des Verkehrs innerhalb des Orts, aber außerhalb der Einrichtung (Beschl. der Kammer v. 08.08.2012 - 9 B 20/12 - Habermann a.a.O. Rn. 336 m.w.N.).

38

Trotz der zentralen Lage im Altstadtbereich kommt der Wallstraße innerhalb des Gesamtstraßennetzes keine innerörtliche Verkehrsbedeutung im Sinne einer baugebiets- oder ortsteilübergreifenden Funktion zu. Allein die Tatsache, dass sie über den Gerbergang und den Schiffbrückenplatz eine Verbindung herstellt zur Neuen Straße, genügt insoweit nicht. Denn jede Straße im Gemeindegebiet besitzt – bis auf Sackgassen - neben der reinen Erschließungsfunktion eine mehr oder weniger bedeutsame Verbindungsfunktion für andere Straßen und Baugebiete. Das allein macht sie noch nicht zur Innerortsstraße (vgl. OVG Schleswig, Urt. v. 20.09.2007 a.a.O.). Belegt wird die Bedeutung als Anliegerstraße auch durch die Ausgestaltung als verkehrsberuhigter Bereich (Tempo-30-Zone) mit abgesenkten Bordsteinen, Parkflächen parallel zur Fahrbahn und Baumpflanzungen. Mit einer Breite von 5,50 m ist die Wallstraße nur auf der Strecke Am Holstentor bis zur Einfahrt zum Parkdeck für Begegnungsverkehr ausgelegt; im Übrigen ist ein Begegnungsverkehr bei einer Breite von 4,50 m bzw. nur 3,50 m jedenfalls für anliefernde Lkw nur bei verlangsamter Geschwindigkeit und mit Ausweichmanövern möglich (vgl. auch OVG Greifswald, Urt. v. 13.12.2011 - 1 L 170/08 - NordÖR 2012, 212 (Leitsatz), in juris Rn. 24; Habermann a.a.O., Rn. 333).

39

Auf eine Zählung der in der Wallstraße tatsächlich verkehrenden Fahrzeuge kommt es unter diesen Umständen nicht an. Abgesehen davon, dass eine Zählung noch nichts über Ziel und Quelle des gezählten Verkehrs besagt, ist eine rein mathematisch vergleichende Betrachtungsweise nach der zitierten Rechtsprechung auch nicht ausschlaggebend. Solange Ausgestaltung und verkehrsmäßige Planung der Ausbaustraße im Gesamtverkehrsnetz die Funktion einer Innerortsstraße gerade nicht beimessen und die in der Straße verkehrenden Fahrzeuge auch tatsächlich im Baugebiet / Ortsteil bleiben, ohne einen innerörtlichen Durchgangsverkehr im o.g. Sinne darzustellen, käme es letztlich noch nicht einmal darauf an, dass der Fremdverkehr gegenüber dem Anliegerverkehr möglicherweise sogar überwiegt, weil dies allein eine Gleichstellung mit einer Innerortsstraße nicht rechtfertigen würde (vgl. OVG Schleswig, Beschl. v. 14.11.2008 - 2 MB 21/08 -; Beschl. der Kammer v. 11.05.2011 - 9 B 102/10 -).

40

Zudem ist nicht zu verkennen, dass die Wallstraße selbst schon zahlreiche Einrichtungen und Gewerbebetriebe erschließt, die wiederum einen eigenen Anliefer- und Besucherverkehr erzeugen und der als prägender Anliegerverkehr zu betrachten ist (vgl. Habermann a.a.O., Rn. 334; OVG Schleswig, Beschl. v. 16.01.2009 - 2 MB 29/08 -). Nach der o.g. Definition zählt selbst der Verkehr zum und vom Parkdeck zum Anliegerverkehr der Wallstraße. Ob und inwieweit das Parkdeck oder andere gewerbliche Nutzungen in der Straße den Anliegern dienen, ist unerheblich. Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, dass sich der bei Gewerbebetrieben gegebene höhere Nutzungsgrad der ausgebauten Straße in der jeweiligen Vorteilsbemessung und in der konkreten Beitragshöhe für das entsprechende Grundstück niederschlägt und sich damit mittelbar auch zugunsten der anderen Anlieger auswirkt.

41

Von der in ihrer Ausdehnung her definierten Einrichtung „Wallstraße“ ist auch das Abrechnungsgebiet i.S.d § 5 Abs. 1 ABS 2005 zutreffend ermittelt worden, insbesondere zählt nach den obigen Ausführungen zu den erschlossenen und damit bevorteilten Grundstücke der Einrichtung auch das klägerische Grundstück als sogenanntes Hinterliegergrundstück.

42

In Anwendung des in § 6 Abs. 1 - 5 ABS 2005 definierten Beitragsmaßstabes nach Art und Maß der jeweiligen Grundstücksnutzung ist schließlich auch die Flächenermittlung, die Ermittlung des Beitragssatzes und die konkrete Höhe des auf das klägerische Grundstück entfallenden Anteils - hier mit seiner Lage im unbeplanten Innenbereich sowie unter Berücksichtigung der dreigeschossigen Bebauung und der gewerblichen Nutzung - im Wesentlichen nicht zu beanstanden. Rechnerisch korrekt ergibt sich aus der nachgereichten Vergleichsberechnung für das hier in Rede stehende klägerische Grundstück die im Tenor berücksichtigte Reduzierung um 330,- €.

43

Ausgehend von der maßgeblichen Grundstücksfläche (§ 6 Abs. 2 ABS 2005) wird das Maß der Grundstücksnutzung anhand der Zahl der Vollgeschosse bemessen. Im unbeplanten Innenbereich ist die tatsächlich vorhandene Anzahl der Vollgeschosse maßgeblich (§ 6 Abs. 3 und 4 Nr. 2.1 ABS 2005). Hiervon ausgehend hat die Beklagte für das klägerische Grundstück auf der Grundlage des baurechtlichen Vollgeschossbegriffes in § 2 Abs. 7 LBO jetzt zutreffend eine nur dreigeschossige Bebauung zugrunde gelegt.

44

Die Art der Grundstücksnutzung findet ihre Berücksichtigung in den Regelungen des § 6 Abs. 5 ABS 2005, indem diese für gewerblich genutzte Grundstücke eine Erhöhung der ermittelten Fläche um 25 % vorsehen (Artzuschlag). Dabei wird zwischen einem gebietsbezogenen und einem grundstücksbezogenen Artzuschlag unterschieden. Die Erhebung eines Artzuschlags rechtfertigt sich aus der gegenüber der Wohnnutzung gesteigerten Abhängigkeit von der qualitativen Ausgestaltung der ausgebauten Straße und der gegenüber der Wohnnutzung qualifizierten Nutzungsart und den damit den Grundstückseigentümern gebotenen erhöhten Gebrauchsvorteilen (OVG Schleswig, Urt. v. 23.07.2008 - 2 LB 56/07 - in juris Rn. 27, 38). So erklärt sich, dass der Begriff „gewerblich“ im Ausbaubeitragsrecht weit auszulegen ist und alle Dienstleistungsbetriebe und beruflichen Tätigkeiten erfasst, die einen erhöhten Ziel- und Quellverkehr verursachen (vgl. Habermann a.a.O. Rn. 252 m.w.N.). Entsprechend beschreibt auch § 6 Abs. 5 ABS 2005 die gewerbliche Nutzung als eine solche im Sinne eines privatwirtschaftlichen Gewinnstrebens. Hierunter fällt auch die Nutzung eines Gebäudes mit einem Kino nebst Bistro.

45

Der hier erhobene grundstücksbezogene Artzuschlag ist auch in Anbetracht der bereits erörterten Hinterliegereigenschaft des klägerischen Grundstücks gerechtfertigt. Anders als beim beitragsfähigen Vorteil, der bei entsprechender räumlicher Nähe zur ausgebauten Straße bereits bei Bejahung einer qualifizierten Inanspruchnahmemöglichkeit besteht, kommt es nach der Rechtsprechung des OVG Schleswig bei dem grundstücksbezogenen Artzuschlag für Grundstücke, die zugleich an zwei Straßen angrenzen, auf die tatsächlichen Grundstücksverhältnisse und auf eine tatsächliche Ausnutzbarkeit des besonderen Vorteils an, der dem Grundstück gerade von der abgerechneten Ausbaustraße geboten wird. Findet ein gewerblich bedingter Ziel- und Quellverkehr erkennbar nicht statt und ist dies ohne Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse auf dem Grundstück auch nicht möglich, entfällt nach Auffassung des OVG auch die Rechtfertigung der Belastung eines Grundstückes mit einem Artzuschlag (Urt. v. 23.07.2008 - 2 LB 56/07 - in juris Rn. 29, 35 ff.; Driehaus a.a.O., § 18 Rn. 55). Ob diese Rechtsprechung auf die hier gegebene Situation eines Grundstücks, welches zur zweiten Straße nur als Hinterlieger beitragspflichtig ist, übertragen werden kann und ob dem dann zu folgen wäre (anders z.B. noch Driehaus a.a.O. in der 7. Auflage), kann dahinstehen, da der Zugang durch das Gebäude Schleifmühlenstraße ... zum Gebäude des Grundstücks Schleifmühlenstraße ... nicht nur geschaffen werden könnte, sondern tatsächlich geschaffen worden ist, um hier eine räumliche Verbindung herzustellen. Diese Verbindung wird auch tatsächlich genutzt.

46

Unerheblich bleibt weiter, dass das klägerische Hinterliegergrundstück auf diesem Wege nur zu Fuß betreten werden kann. Bereits für die Vorteilsbegründung kam es aufgrund der festgestellten Überbauung und der einheitlichen gewerblichen Nutzung von Anlieger- und Hinterliegergrundstück darauf nicht an. Hier reichte die Feststellung, dass das Anliegergrundstück über eine Zufahrt zur Ausbaustraße verfügt und dass man - so man dies fordern möchte - von der Ausbaustraße her auf das Anliegergrundstück herauffahren kann. In der gegebenen Konstellation - Überbauung und einheitliche gewerbliche Nutzung von Anlieger- und Hinterliegergrundstück durch ein Kino im Innenstadtbereich - muss dies auch mit Blick auf den grundstücksbezogenen Artzuschlag ausreichen. Die von der ausgebauten Wallstraße gebotene Vorteilslage wird aufgrund der einheitlichen gewerblichen Nutzung von beiden Grundstücken tatsächlich gleichermaßen in Anspruch genommen.

47

Eine Ermäßigung des Beitrags nach § 6 Abs. 6 ABS 2005 um 1/3 wegen der vorhandenen Mehrfacherschließung kommt gemäß § 6 Abs. 7 ABS 2005 nicht in Betracht, weil das Grundstück zu mehr als 15 % der Gebäudefläche gewerblich genutzt wird und diese Nutzung nicht nur von untergeordneter Bedeutung ist. Entgegen der Ansicht des Klägers ist es nicht nur zulässig, sondern geboten, die Gewährung einer solchen Ermäßigung für Eckgrundstücke oder mehrfach erschlossene Grundstücke auf Wohngrundstücke zu beschränken. Der Eigentümer eines Wohngrundstückes hat regelmäßig nur ein Interesse am Ausbau der Einrichtung, von der er tatsächlich Zugang nimmt. Grundstücken in Kern-, Gewerbe-, Industrie-, oder sonstigen Sondergebieten sowie gewerblich oder vergleichbar genutzten Grundstücken in anderen Gebieten wächst demgegenüber nicht nur durch den Ausbau jeder angrenzenden Straße ein ungeschmälerter Vorteil in Form einer Inanspruchnahmemöglichkeit zu, vielmehr wird er in diesen Fällen auch tatsächlich in Anspruch genommen werden. Die Erhebung des vollen Beitrages bei gewerblicher Nutzung verstößt daher nicht gegen den Gleichheitssatz; im Gegenteil trägt sie ihm gerade Rechnung (Habermann a.a.O. Rn. 274; OVG Schleswig, Urteil vom 16.09.1997 - 2 L 198/96 - Die Gemeinde 1998, 166; Einzelrichter-Urt. v. 29.04.2011 - 9 A 164/09 - ).

48

Da weitere Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit nicht geltend gemacht und auch nicht ersichtlich sind, musste die Klage daher im tenorierten Umfang abgewiesen werden.

49

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tatbestand

1

In der Revisionsinstanz streiten die Beteiligten nur noch über die Frage, ob die Beklagte bis zum Inkrafttreten einer Veränderungssperre verpflichtet war, der Klägerin einen Bauvorbescheid zu erteilen.

2

Die Klägerin begehrte einen bauplanungsrechtlichen Vorbescheid für die Errichtung von zwei Einfamilienhäusern und zehn Doppelhaushälften in zweigeschossiger Bauweise. Die Vorhabengrundstücke liegen in einem Straßengeviert, das straßenseitig überwiegend mit ein- bis dreigeschossigen Wohnhäusern, landwirtschaftlichen Hofstellen sowie gartenbaulich oder gewerblich genutzten Gebäuden in offener Bauweise bebaut ist. Im Inneren des Gevierts befinden oder befanden sich großflächige Gewächshäuser, die sich an die Straßenrandbebauung anschließen, sowie gartenbaulich oder landwirtschaftlich genutzte Freiflächen. Ein Bebauungsplan existierte zunächst nicht.

3

Die Beklagte lehnte den beantragten Bauvorbescheid ab mit der Begründung, dass es in der von der Klägerin geplanten Bautiefe bislang nur unbebaute Flächen oder Bebauung mit Gewächshäusern gebe, die für den Außenbereich prägend seien. Das nicht privilegierte Vorhaben beeinträchtige öffentliche Belange. Es widerspreche den Darstellungen des Flächennutzungsplans und lasse zudem die Entstehung einer Splittersiedlung befürchten.

4

Die Verpflichtungsklage der Klägerin blieb erstinstanzlich ohne Erfolg. Das Hintergelände - so das Verwaltungsgericht - nehme trotz der vorhandenen Gewächshäuser nicht am Bebauungszusammenhang der Straßenrandbebauung teil, weil die dort vorhandenen Gewächshäuser nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienten.

5

Während des Berufungszulassungsverfahrens beschloss die Beklagte die Aufstellung eines Bebauungsplans, der "durch die Definition einer überbaubaren Zone entlang der Straßen zukünftig eine geordnete städtebauliche Entwicklung gewährleisten und durch die Festsetzung von Flächen für die Landwirtschaft in den rückwärtigen Bereichen die Gartenbaubetriebe und sonstigen landwirtschaftlichen Nutzungen nachhaltig" sichern sollte. Sie sicherte die Planung mit einer Veränderungssperre.

6

Im Berufungsverfahren beantragte die Klägerin zusätzlich zur weiter verfolgten Verpflichtungsklage hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte bis zum Inkrafttreten der Veränderungssperre verpflichtet war, ihr den beantragten Vorbescheid zu erteilen.

7

Das Oberverwaltungsgericht hat der Klage im Hilfsantrag stattgegeben; im Übrigen hat es die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die zulässige Fortsetzungsfeststellungsklage sei begründet. Die Klägerin habe bis zum Inkrafttreten der Veränderungssperre einen Anspruch auf Erteilung des begehrten bauplanungsrechtlichen Vorbescheids gehabt. Das Vorhaben stehe mit § 34 BauGB im Einklang. Entgegen der Auffassung der Beklagten gehöre es nicht dem Außenbereich an, sondern liege innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinne des § 34 BauGB. Die Vorhabengrundstücke nähmen am Bebauungszusammenhang des Gevierts teil, die Straßenrandbebauung setze sich in Höhe der Vorhabengrundstücke weiter fort. Die sich im Hintergelände unmittelbar an die straßenseitig errichteten Wohn- und Betriebsgebäude anschließenden großflächigen Gewächshäuser bildeten über eine Ausdehnung von bis zu 160 m in der Breite und bis zu 100 m in der Länge einen Gebäudekomplex, der den Eindruck einer durchgehenden Bebauung zwischen den das Geviert begrenzenden Straßen vermittele. Bei den Gewächshäusern handele es sich um Gebäude, die geeignet seien, dem Gebiet ein bestimmtes städtebauliches Gepräge zu verleihen. Aufgrund ihrer Ausmaße und ihrer massiven Bauweise komme ihnen bereits eine gewisse städtebauliche Bedeutung zu, die über den Charakter einer nur vorübergehend genutzten Baulichkeit hinausgehe. Sie dienten nicht nur dem vorübergehenden Aufenthalt von Menschen, sondern würden als Betriebsstätte der Gartenbaubetriebe genutzt, was eine stetige Pflege und Kultivierung der dort untergebrachten Pflanzen durch deren Mitarbeiter erfordere. Der durch die Gewächshäuser vermittelte Eindruck von Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit werde auch nicht durch den Abriss einzelner Gewächshäuser aufgehoben.

8

Im Umfang ihres Unterliegens hat die Beklagte von dem vom Senat zugelassenen Rechtsmittel der Revision Gebrauch gemacht. Die Klägerin verteidigt das angegriffene Urteil.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Das Berufungsurteil verletzt Bundesrecht. Die fehlende Spruchreife führt zur Zurückverweisung der Sache (§ 144 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 VwGO).

10

1. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, das Vorhaben liege innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB, weil die sich an die straßenseitig errichteten Wohn- und Betriebsgebäude anschließenden großflächigen Gewächshäuser in Höhe der Vorhabengrundstücke einen Gebäudekomplex bildeten, der den Eindruck einer durchgehenden Bebauung zwischen den beiden das Geviert nach Osten und Westen begrenzenden Straßen vermittele, verletzt Bundesrecht.

11

Die Anwendung des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB setzt einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil voraus. Die Tatbestandsmerkmale "im Zusammenhang bebaut" und "Ortsteil" gehen nicht ineinander auf, sondern sind kumulativer Natur (BVerwG, Urteil vom 19. April 2012 - 4 C 10.11 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 386 Rn. 13 m.w.N.). "Ortsteil" im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Ein "Bebauungszusammenhang" ist gegeben, soweit die aufeinanderfolgende Bebauung trotz vorhandener Baulücken den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt (zusammenfassend BVerwG, Urteil vom 6. November 1968 - 4 C 2.66 - BVerwGE 31, 20 <21 f.>; siehe auch Urteil vom 1. Dezember 1972 - 4 C 6.71 - BVerwGE 41, 227 <233>).

12

Vorliegend ist nicht streitig, dass die straßenseitig errichteten Wohn- und Betriebsgebäude in einem Bebauungszusammenhang stehen, desgleichen nicht, dass dieser Bebauungszusammenhang Ortsteilqualität hat. Streitentscheidend ist allein, ob die Vorhabengrundstücke dem Bebauungszusammenhang der Straßenrandbebauung zuzurechnen sind, mithin, ob sie "innerhalb" dieses im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegen.

13

Ein Grundstück fällt nicht bereits deshalb unter § 34 Abs. 1 BauGB, weil es von einer zusammenhängenden Bebauung umgeben ist. Erforderlich ist vielmehr, dass das Grundstück selbst einen Bestandteil des Zusammenhangs bildet, selbst also an dem Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit teilnimmt (BVerwG, Urteil vom 1. Dezember 1972 - 4 C 6.71 - BVerwGE 41, 227 <234>). Fehlt es hieran, so liegt das Grundstück zwar geographisch, nicht jedoch auch im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB "innerhalb" eines Bebauungszusammenhangs. Mögliche Bestandteile eines Bebauungszusammenhangs sind nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Dezember 1972 - 4 C 6.71 - a.a.O. S. 233 m.w.N.) erstens bebaute Grundstücke, soweit die darauf befindliche Bebauung geeignet ist, den Bebauungszusammenhang selbst herzustellen oder an seiner Entstehung mitzuwirken. Zweitens können auch unbebaute Grundstücke dem Bebauungszusammenhang angehören, wenn es sich um eine Baulücke im engeren Sinne des Wortes handelt, d.h. um ein zwar unbebautes, aber bebauungsfähiges Grundstück, das trotz der fehlenden Bebauung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit der umgebenden Bebauung nicht stört; dem Fall eines unbebauten Grundstücks gleichzustellen sind Grundstücke mit baulichen Anlagen, die selbst nicht geeignet sind, den Bebauungszusammenhang herzustellen oder an seiner Entstehung mitzuwirken (BVerwG, Beschluss vom 2. August 2001 - 4 B 26.01 - ZfBR 2002, 69). Bestandteil des Bebauungszusammenhangs können drittens auch freie Flächen sein, die wegen ihrer natürlichen Beschaffenheit oder wegen ihrer besonderen Zweckbestimmung einer Bebauung entzogen sind. Von diesen Möglichkeiten hat das Oberverwaltungsgericht vorliegend allein die erstgenannte in Betracht gezogen: Es ist davon ausgegangen, dass die großflächigen Gewächshäuser im Hintergelände der Straßenrandbebauung geeignet seien, den Bebauungszusammenhang selbst herzustellen, weil sie einen Gebäudekomplex bildeten, der den Eindruck einer durchgehenden Bebauung zwischen den beiden das Geviert nach Osten und Westen begrenzenden Straßen vermittele.

14

a) Die Kriterien, anhand derer zu beurteilen ist, welche vorhandene Bebauung geeignet ist, den Bebauungszusammenhang selbst herzustellen oder an seiner Entstehung mitzuwirken, sind in der Rechtsprechung des Senats im Grundsatz geklärt (BVerwG, Beschluss vom 2. April 2007 - 4 B 7.07 - ZfBR 2007, 480). Maßgeblich ist die tatsächlich vorhandene Bebauung. Die Gründe für deren Genehmigung sind unerheblich (BVerwG, Beschlüsse vom 23. November 1998 - 4 B 29.98 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 192 und vom 2. April 2007 - 4 B 7.07 - ZfBR 2007, 480 = juris Rn. 4). Deshalb können auch Gebäude, die nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB im Außenbereich privilegiert zulässig oder zugelassen worden sind, zur Entwicklung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils beitragen. Es kommt weder auf die Zweckbestimmung noch auf die Entstehungsgeschichte der vorhandenen Bebauung an.

15

"Bebauung" im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist indes nicht jede beliebige bauliche Anlage. Den Bebauungszusammenhang selbst herstellen oder zu seiner Entwicklung beitragen können nur Bauwerke, die optisch wahrnehmbar sind und ein gewisses Gewicht haben, so dass sie geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten Charakter zu prägen (BVerwG, Urteil vom 14. September 1992 - 4 C 15.90 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 152 S. 67). Der Senat hat hieraus gefolgert, dass zur "Bebauung" im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB grundsätzlich nur Bauwerke gehören, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen (BVerwG, Beschlüsse vom 2. März 2000 - 4 B 15.00 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 198 S. 16 und vom 2. April 2007 - 4 B 7.07 - ZfBR 2007, 480 = juris Rn. 5 sowie Urteil vom 19. April 2012 - 4 C 10.11 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 386 Rn. 13 m.w.N.). Baulichkeiten, die nur vorübergehend genutzt werden oder in einem weiteren Sinne "Nebenanlagen" zu einer landwirtschaftlichen, (klein-)gärtnerischen oder sonstigen Hauptnutzung sind, sind in aller Regel keine Bauten, die für sich genommen ein für die Siedlungsstruktur prägendes Element darstellen (BVerwG, Urteil vom 17. Februar 1984 - 4 C 55.81 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 97 S. 34 und Beschlüsse vom 10. Juli 2000 - 4 B 39.00 - Buchholz 406.11 BauGB § 34 Nr. 201 und vom 11. Juli 2002 - 4 BN 30.02 - ZfBR 2002, 808; zuletzt Urteil vom 19. April 2012 a.a.O.).

16

Darüber, wo die Grenze des Bebauungszusammenhangs verläuft, ist nicht nach geographisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden, die gesamten örtlichen Gegebenheiten erschöpfend würdigenden Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhalts zu entscheiden. Diese Aufgabe zu erfüllen ist Sache des Tatsachengerichts. An dessen Wertung und Bewertung ist das Revisionsgericht gebunden, es sei denn, die Sachverhalts- und Beweiswürdigung beruht auf einem Rechtsirrtum oder verstößt gegen allgemeine Beweiswürdigungsgrundsätze, zu denen die gesetzlichen Beweisregeln, die Denkgesetze und die allgemeinen Erfahrungssätze rechnen (BVerwG, Urteil vom 19. April 2012 - 4 C 10.11 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 386 Rn. 11 m.w.N.).

17

b) Das Oberverwaltungsgericht hat die rechtlichen Maßstäbe - abstrakt - zutreffend wiedergegeben. Bei der Anwendung dieser Maßstäbe wird jedoch offenbar, dass es deren Bedeutung missverstanden hat. Seine Annahme, die Vorhabengrundstücke seien dem Bebauungszusammenhang der Straßenrandbebauung zuzurechnen, beruht auf diesem Rechtsirrtum und ist deshalb für den Senat nicht bindend.

18

Das Oberverwaltungsgericht (UA S. 17 ff.) hat angenommen, dass die Gewächshäuser geeignet seien, dem Gebiet ein bestimmtes Gepräge zu verleihen. Ihnen komme aufgrund ihrer Ausmaße und ihrer massiven Bauweise bereits eine gewisse städtebauliche Bedeutung zu, die über den Charakter einer nur vorübergehend genutzten Baulichkeit hinausgehe. Die geschlossenen, teilweise mit Fenstern versehenen Gewächshäuser wiesen Ausmaße von bis zu 95 m in der Länge und 12 m in der Breite auf. Ihre Glaseindeckung sei von einem Ständerwerk aus Metall getragen, das auf einem betonierten Fundament ruhe. Die Gewächshäuser dienten auch nicht nur dem vorübergehenden Aufenthalt von Menschen. Als Betriebsstätte der angesiedelten Gartenbaubetriebe würden sie für die gartenbauliche Produktion beziehungsweise Zucht genutzt, was eine stetige Pflege und Kultivierung der dort untergebrachten Pflanzen durch die Mitarbeiter der Betriebe erfordere. Diese Rechtsanwendung offenbart eine Verkennung der einschlägigen rechtlichen Maßstäbe.

19

Zu Unrecht hat das Oberverwaltungsgericht angenommen, dass die Gewächshäuser auf den Vorhabengrundstücken nicht nur dem vorübergehenden Aufenthalt von Menschen dienen. Seine Begründung belegt, dass es den in der Rechtsprechung des Senats geprägten Begriff der "Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen", missverstanden hat. Der Senatsrechtsprechung (BVerwG, Beschluss vom 2. April 2007 - 4 B 7.07 - ZfBR 2007, 480 = juris Rn. 5 f.) lässt sich zwar die Formulierung entnehmen, dass auch landwirtschaftlichen oder erwerbsgärtnerischen Zwecken dienende Betriebsgebäude zu den Bauwerken gehören können, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen. Gewächshäuser waren damit aber nicht gemeint, wie sich aus der Wiedergabe der entscheidungstragenden Erwägungen der Vorinstanz ergibt. Der Senat hat sie vielmehr gerade den landwirtschaftlich oder erwerbsgärtnerisch genutzten Betriebsgebäuden gegenübergestellt. Bereits daraus lässt sich ersehen, dass Gewächshäuser - unabhängig davon, in welcher Intensität die in den Gewächshäusern stattfindende gartenbauliche Produktion einer Pflege und Kultivierung durch Menschen bedarf - als von Menschen nur vorübergehend genutzte Baulichkeiten einzustufen sind mit der Folge, dass sie für sich genommen in aller Regel kein für die Siedlungsstruktur prägendes Element darstellen. Dass dies nur "in aller Regel" gilt und mithin abweichende Schlussfolgerungen in Ausnahmefällen nicht ausschließt (BVerwG, Beschluss vom 11. Juli 2002 - 4 B 30.02 - ZfBR 2002, 808 = juris Rn. 3: "Raum für abweichende Fallgestaltungen" im Falle eines in Massivbauweise errichteten, für die Umgebung prägenden Sanitärgebäudes eines Campingplatzes), ändert nichts am Grundsatz.

20

Das Oberverwaltungsgericht hat ferner verkannt, dass Gewächshäuser nur Nebenanlagen zur erwerbsgärtnerischen Hauptnutzung sind und auch aus diesem Grunde für den Bebauungszusammenhang grundsätzlich nicht maßstabsbildend sein können. Der Senat hat wiederholt hervorgehoben (grundlegend Urteil vom 17. Februar 1984 - 4 C 55.81 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 97; vgl. auch Beschluss vom 2. August 2001 - 4 B 26.01 - ZfBR 2002, 69), dass Baulichkeiten, die nur vorübergehend genutzt zu werden pflegen, unabhängig davon, ob sie landwirtschaftlichen Zwecken (z.B. Scheunen oder Ställe), Freizeitzwecken (z.B. Wochenendhäuser, Gartenhäuser) oder sonstigen Zwecken dienen, für sich allein genommen in aller Regel keine Bauten sind, die einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil bilden können. Er hat sich hierbei maßgeblich auf die Erwägung gestützt, dass derartige Anlagen nur eine der Hauptnutzung dienende Hilfsfunktion aufweisen und mithin in einem weiteren Sinne "Nebenanlagen" zur landwirtschaftlichen, (klein-)gärtnerischen oder sonstigen Hauptnutzung sind und deshalb für sich genommen nichts zu einer organischen Siedlungsstruktur beitragen können. Im Umkehrschluss lässt sich daraus ableiten, dass grundsätzlich nur Hauptanlagen geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten Charakter zu prägen. Gewächshäuser, die nur eine der erwerbsgärtnerischen Hauptnutzung dienende Hilfsfunktion aufweisen, scheiden auch aus diesem Grunde in aller Regel als maßstabsbildende und damit den Bebauungszusammenhang selbst herstellende Bebauung aus.

21

Vor allem aber ist dem Oberverwaltungsgericht aus dem Blick geraten, dass die durch ein- bis dreigeschossige Wohn- und Betriebsgebäude und offene Bauweise geprägte Siedlungsstruktur der Straßenrandbebauung jedenfalls hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung, der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche jede Kontur verlöre, wenn die vorhandenen Gewächshäuser mit einer Länge von bis zu 95 m für den städtebaulichen Charakter des Gebiets als prägend erachtet würden und deshalb für die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit künftiger Bauvorhaben maßstabsbildend wären. Mit den Begriffen der "Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen" und der "Hauptanlagen" hat der Senat lediglich Hilfskriterien formuliert, anhand derer die maßstabsbildende Kraft eines Bauwerks "in aller Regel" beurteilt werden kann. Letztmaßgeblich bleiben aber die Umstände des Einzelfalls. Zutreffend hat sich das Oberverwaltungsgericht deshalb mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Gewächshäuser geeignet sind, dem Gebiet ein bestimmtes städtebauliches Gepräge zu verleihen. Indes lässt das bei dieser Prüfung gewonnene Ergebnis wiederum auf eine Verkennung bundesrechtlicher Maßstäbe schließen. Das Erfordernis der prägenden Wirkung erklärt sich aus der planersetzenden Maßstabsfunktion der vorhandenen Bebauung für die Zulässigkeit von Vorhaben im unbeplanten Innenbereich: Was sich im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, lässt sich im unbeplanten Innenbereich mangels planerischer Festsetzungen nur anhand eines durch die Umgebungsbebauung gebildeten Rahmens beurteilen. Der innere Grund für die Rechtsfolge des § 34 BauGB liegt darin, dass die nach der Siedlungsstruktur angemessene Fortentwicklung der Bebauung eines Bereichs zugelassen werden soll (BVerwG, Urteil vom 14. September 1992 - 4 C 15.90 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB S. 67 sowie Beschluss vom 2. März 2000 - 4 B 15.00 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 198 S. 16). Folglich können auch nur solche Bauwerke dem im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zugerechnet werden, die für eine nach der vorhandenen Siedlungsstruktur angemessene Fortentwicklung der Bebauung maßstabsbildend sind. Welche Fortentwicklung angemessen ist, ist mit Blick auf das im Begriff des "Ortsteils" anklingende Ziel einer "organischen Siedlungsstruktur" zu bestimmen, und zwar für jedes einzelne der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB genannten rahmenbildenden Kriterien. Auch unter diesem Gesichtspunkt hätte das Oberverwaltungsgericht nicht zu dem Ergebnis gelangen dürfen, dass die vorhandenen Gewächshäuser Baulichkeiten darstellen, die den Charakter der Straßenrandbebauung mitbestimmen, weil ihnen "aufgrund ihrer Ausmaße und ihrer massiven Bauweise bereits eine gewisse städtebauliche Bedeutung" zukomme.

22

2. Die tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts reichen nicht aus, um beurteilen zu können, ob sich das Berufungsurteil aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 144 Abs. 4 VwGO). Auf der Grundlage dieser Feststellungen kann der Senat auch nicht in der Sache selbst entscheiden. Das angegriffene Berufungsurteil war deshalb, soweit mit der Revision angegriffen, aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

Tenor

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Vorausleistungsbescheid der Antragsgegnerin vom 12. Juli 2013 wird angeordnet.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.

Der Streitwert wird auf 4.758,44 € festgesetzt.

Gründe

1

Der Antrag ist nach § 80 Abs. 5 und 6 VwGO zulässig; er ist auch begründet.

2

Im Falle der Erhebung öffentlicher Abgaben und Kosten im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO kommt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage regelmäßig nur in Betracht, wenn gemäß § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen oder die Vollziehung für den Abgaben- und Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel bestehen nach der ständigen Rechtsprechung des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts und der Kammer schon dann, wenn auf Grund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage ein Erfolg des Rechtsbehelfs im Hauptsacheverfahren ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg (vgl. zuletzt OVG Schleswig, Beschluss vom 16.10.2013 - 4 MB 53/13 -).

3

Dies ist hier der Fall. Nach der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung bestehen erhebliche Zweifel daran, dass die Erhebung einer Vorausleistung auf den Straßenausbaubeitrag noch zulässig ist.

4

Nach § 8 Abs. 4 Satz 4 KAG können auf Beiträge angemessene Vorauszahlungen gefordert werden, sobald mit der Ausführung der Maßnahme begonnen wird. Zweck der Vorauszahlung ist die Vorfinanzierung von Ausbaumaßnahmen. Daraus folgt, dass die Erhebung von Vorauszahlungen nur bis zur Entstehung der sachlichen Beitragspflicht für eine Maßnahme zulässig ist, denn danach ist die Gemeinde gehalten, endgültige Beiträge zu erheben (Habermann in Habermann/Arndt, KAG, Stand Dez. 2012, § 8 Rn. 367; vgl. auch OVG Greifswald, Beschluss vom 07.10.2003 - 1 M 34/03 - und VGH München, Urteil vom 01.03.2012 - 20 B 11.1723 -, beide juris). Im vorliegenden Fall war die sachliche Beitragspflicht zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides vom 12. Juli 2013 noch nicht entstanden. Nach dem Vortrag des Antragstellers in einem Parallelverfahren, dem die Antragsgegnerin nicht entgegen getreten ist, ist dies inzwischen jedoch mit Abschluss und Abnahme der vorgesehenen Bauarbeiten in der Dorfstraße der Fall. Dieser Umstand wird bei der noch ausstehenden Entscheidung über den Widerspruch zu berücksichtigen sein, denn entgegen der im Parallelverfahren geäußerten Ansicht der Antragsgegnerin ist für die Frage der Rechtmäßigkeit auch eines Vorauszahlungsbescheides auf den Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides als der letzten Verwaltungsentscheidung abzustellen (Habermann a.a.O. Rn. 372, 85). Ausgangsbescheid und Widerspruchsbescheid sind eine einheitliche Verwaltungsentscheidung; nach § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO gibt der Widerspruchsbescheid dem Bescheid die für die gerichtliche Überprüfung maßgebliche Gestalt. Änderungen der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse sind deshalb bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Vorauszahlungsbescheides bis zum Erlass des Widerspruchsbescheids zu berücksichtigen (VGH München a.a.O.; VG Greifswald, Urteil vom 26.07.2012 - 3 A 229/09 -, juris; vgl. auch OVG Berlin, Beschluss vom 22.11.2010 - 9 S 29.10 - und OVG Koblenz, Urteil vom 19.03.2009 - 6 A 10750/08 -, beide juris, zur Höhe des einzubeziehenden Aufwandes). Es ist nicht ersichtlich, warum dies beim Vorauszahlungsbescheid anders sein sollte. Das OVG Weimar (Hinweisbeschluss vom 01.08.2000 - 4 VO 711/99 -; ihm ohne weitere Begründung folgend OVG Greifswald, Beschluss vom 07.10.2003 - 1 M 34/03 -, beide juris) verweist zur Begründung seiner gegenteiligen Auffassung auf den engen Zusammenhang zwischen Vorausleistungsbescheid und endgültigem Bescheid. Es sei sinnwidrig, den Vorauszahlungsbescheid aufzuheben, wenn die Behörde andererseits verpflichtet sei, umgehend einen Beitragsbescheid zu erlassen. Insoweit sei die Situation ähnlich gelagert wie in dem Fall, in dem die Beitragspflicht bei Erlass eines endgültigen Bescheids noch nicht bestanden habe, aber im Laufe des Widerspruchsverfahrens oder des gerichtlichen Verfahrens gegen den Beitragsbescheid entstehe. Diese Auffassung verkennt jedoch, dass sich Vorauszahlungsbescheid und endgültiger Bescheid hinsichtlich der Voraussetzungen und der Folgen wesentlich unterscheiden. Ein Vorauszahlungsbescheid kann daher auch nicht als endgültiger Bescheid aufrechterhalten werden (vgl. im Einzelnen Habermann a.a.O. Rn. 84, 77).

5

Auch eine Umdeutung des Vorauszahlungsbescheides in einen endgültigen Beitragsbescheid ist unzulässig. Mit der Umdeutung wird dem Bescheid rückwirkend auf den Zeitpunkt seiner Bekanntgabe ein anderer Regelungsgehalt beigemessen, d.h. der ursprüngliche Vorauszahlungsbescheid würde als endgültiger Bescheid qualifiziert. Eine solche Umdeutung ist nach § 11 Abs. 1 KAG i.V.m. § 115a Abs. 2 LVwG nicht zulässig, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes. Es erscheint schon fraglich, ob der Erlass eines endgültigen Bescheides der Absicht der Antragsgegnerin entspräche. Zweck eines Vorausleistungsbescheides ist die Vorfinanzierung einer Maßnahme, für die Schätzungen ausreichen, während der endgültige Bescheid die abschließende „centgenaue“ Abrechnung zum Ziel hat. Für die hier in Rede stehende Maßnahme dürften zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch noch keine Schlussrechnungen vorliegen, die eine endgültige Abrechnung ermöglichen würden. Jedenfalls sind die Rechtswirkungen eines endgültigen Beitragsbescheides für die Betroffenen regelmäßig ungünstiger als die eines Vorausleistungsbescheides. Der Vorausleistungsbescheid regelt die Zahlungspflicht für den Adressaten nicht endgültig. Nach Erlass des endgültigen Bescheides ist die gezahlte Summe zu verrechnen, Überzahlungen sind zu erstatten. Dies ist für den Grundstückseigentümer nicht selten Anlass, trotz rechtlicher Bedenken den Vorausleistungsbescheid bestandskräftig werden zu lassen und zunächst die endgültige Veranlagung abzuwarten. Darüber hinaus hat die nachträgliche Qualifizierung als endgültiger Bescheid zur Folge, dass rückwirkend auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe des Vorausleistungsbescheides die persönliche Beitragspflicht entsteht, die grundsätzlich eine Nachveranlagungsmöglichkeit wegen nicht ausgeschöpfter Beitragsanteile auch im Fall des Eigentümerwechsels ermöglicht. Dies ist bei einem Vorauszahlungsbescheid nicht der Fall (Habermann a.a.O., Rn. 96). Stellt somit der endgültige Beitragsbescheid wegen der abschließenden Regelung der Zahlungspflicht und der persönlichen Beitragspflicht eine stärkere Belastung des Beitragspflichtigen dar als ein Vorausleistungsbescheid, scheidet dessen Umdeutung in einen endgültigen Bescheid aus (OVG Koblenz, Urteil vom 01.04.2003 - 6 A 10778/02 - juris, auch VGH München a.a.O.; anders Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. § 21 Rn. 27 m.w.N.).

6

Nach den o.g. Maßstäben bestehen deshalb ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Vorauszahlungsbescheides, so dass die aufschiebende Wirkung des dagegen eingelegten Widerspruchs anzuordnen war.

7

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin gem. § 154 Abs. 1 VwGO.

8

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG, wobei die Kammer in ständiger Rechtsprechung für den vorläufigen Rechtsschutz in Abgabensachen ein Viertel des Wertes der Hauptsache zugrundelegt.


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.