Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 26. Jan. 2016 - 9 B 20/15

ECLI:ECLI:DE:VGSH:2016:0126.9B20.15.0A
bei uns veröffentlicht am26.01.2016

Tenor

Die aufschiebende Wirkung der Widersprüche gegen die Bescheide der Antragsgegnerin vom 30.04.2015 wird hinsichtlich der drei Grundstücke

1) Lindenstraße xx, Flur xx, Flst. xx in Höhe von 4.379,70 €,

2) Lindenstraße xx, Flur xx, Flst. xx in Höhe von 848,99 €

3) Lindenstr. xx, Flur xx, Flst. xx, in Höhe von 265,93 €.

angeordnet.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin zu 84 % und der Antragsgegner zu 16 %.

Der Streitwert wird auf 8.378,60 € festgesetzt.

Gründe

I

1

Die Antragstellerin ist Eigentümerin von zehn bebauten Grundstücken in der amtsangehörigen Gemeinde B..., die durch den Straßenverlauf Hochstraße/Kockstraße/Königsberger Straße/Lindenstraße erschlossen werden. Hinsichtlich des Verlaufes dieser Straßen wird auf den Auszug der Fachdatenkarte vom 06.08.2015 verwiesen. In diesen Straßen stehen zahlreiche Einzel- und Doppelhäuser, die zu Wohnzwecken genutzt werden.

2

Die Gemeinde B... plante im Gemeindegebiet umfassende Straßensanierungen. Davon war auch der Straßenverlauf Hochstraße/Kockstraße/Königsberger Straße/Lindenstraße betroffen. Die Fahrbahn, die in den Jahren 1950-1960 gebaut bzw. asphaltiert worden war, sollte nach dem Bauprogramm von zuvor 3,1 m nunmehr eine einheitliche Breite von 3,5 m erhalten. Der Gesamtaufbau der Fahrbahn wurde von 48 cm auf 61 cm verstärkt, welche zudem erstmals mit Bordsteinen aus Beton zu den Banketten abgegrenzt werden sollte. Geh- und Radwege sind weiterhin nicht vorhanden.

3

Darüber hinaus sollten in den Straßen z.T. die Regenwasser- bzw. Schmutzwasserkanäle saniert werden.

4

Die Antragsgegnerin kalkulierte nach einer beschränkten Ausschreibung die dafür aufzuwendenden Kosten und veranlagte die Klägerin nach Beginn der Bauarbeiten mit zehn Bescheiden vom 30.04.2015 zu folgenden Vorauszahlungen in Höhe von 40 % der geschätzten endgültigen Ausbaubeiträge:

5
        

Grundstücke

geschätzter Ausbaubeitrag

Vorauszahlungen (40 %)

1)    

Flur xx, Flst. xx
Kochstraße xx

11.072,78 €

4.429,11 €

2)    

Flur xx, Flst. xx
Friesenstraße xx

17.642,89 €

7.057,16 €

3)    

Flur xx, Flst. xx
Königsberger Straße xx

7.990,15 €

3.196,06 €

4)    

Flur xx, Flst. xx
Lindenstraße x

9.284,96 €

3.713,99 €

5)    

Flur xx, Flst. xx
Königsberger Straße xx

7.991,27 €

3.196,51 €

6)    

Flur xx, Flst. xx
Königsberger Straße xx

8.035,63 €

3.214,25 €

7)    

Flur xx, Flst. xx
Königsberger Straße xx

8.031,70 €

3.212,68 €

8)    

Flur xx, Flst. xx
Lindenstraße xx

10.949,25 €

4.379,70 €

9)    

Flur xx, Flst. xx
Lindenstraße xx

2.122,47 €

848,99 €

10)     

Flur xx, Flst. xx
Lindenstraße xx/ Hinterliegergrundstück

664,82 €

265,93 €

                          

33.514,38 €

6

Die Antragstellerin legte dagegen am 12.05.2015 Widerspruch ein und stellte einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung. Diesen lehnte der Antragsgegner am 13.07.2015 ab. Über die Widersprüche ist bisher nicht entschieden worden.

7

Die Antragstellerin hat am 28.07.2015 vorläufigen Rechtsschutz beantragt.

8

Sie macht geltend, dass die Veranlagung rechtswidrig sei, denn der Beklagte habe das Abrechnungsgebiet nicht so weit ziehen dürfen. Voraussetzung für die Bildung eines einheitlichen Abrechnungsgebietes für verschiedene selbständige öffentliche Einrichtungen sei, dass die Einrichtungen in einer derartigen Beziehung zueinander stünden, dass eine der Einrichtungen ihre Funktion nur im Zusammenwirken mit der anderen in vollem Umfang zu erfüllen geeignet sei. Diese Voraussetzung erfüllten die zu einem Abrechnungsgebiet zusammengefassten Straßen aber nicht. Die vier Straßen bildeten bei natürlicher Betrachtungsweise keine gemeinsame öffentliche Einrichtung. Die querende Friesenstraße stelle eine Zäsur dar und trenne die Kockstraße diesseits- und jenseits der Friesenstraße. Auch die Hochstraße stelle eine eigenständige öffentliche Einrichtung dar, da die Anbindung an das übrige Straßennetz der Gemeinde auch über andere Straßen möglich sei. Auch seine an der Lindenstraße belegenen Grundstücke seien wegen des zu weiten Abrechnungsgebietes nicht beitragspflichtig. Soweit das Grundstück Lindenstraße xx veranlagt worden sei, so liege dieses nicht an dem Straßenzug, sondern könne nur als Hinterliegergrundstück herangezogen worden sein, ohne dass erkennbar sei, dass es über eine rechtlich und tatsächlich gesicherte Zuwegung über das Anliegergrundstück verfüge.

9

Die beschränkte Ausschreibung habe zu einer Verletzung des Grundsatzes der Erforderlichkeit und Angemessenheit der Kosten geführt, die nicht mehr ortsüblich und angemessen seien. Hinsichtlich der Berechnung der Beitragshöhe hätten nicht nur die Kosten für die Erneuerung des Schmutzwasserkanals heraus gerechnet werden müssen, sondern es hätte auch eine fiktive Kostenersparnis durch die gemeinsame Durchführung der Maßnahme berücksichtigt werden müssen.

10

Schließlich sei während des vorläufigen Eilrechtsschutzverfahrens das zuvor von der Stadtvertretung beschlossene Bauprogramm vom 07.08.2014, und damit das Abrechnungsgebiet, geändert worden. Nunmehr bildeten nach dem Beschluss des Antragsgegners der Straßenzug Hochstraße/Kockstraße/Königsberger Straße/Lindenstraße ein Abrechnungsgebiet, ohne die davon abzweigenden Stichstraßen Königsberger Straße und Lindenstraße, die zwei eigene selbständige öffentliche Einrichtungen bildeten. Doch auch die nachträgliche Änderung des Bauprogrammes ändere nichts an der Rechtswidrigkeit der Bescheide, zumal der Antragsgegner eine die Grundsätze des Verböserungsverbotes beachtende Neuberechnung nicht vorgenommen habe.

11

Grund für die Straßensanierungen sei eine von dem Antragsgegner verschleppte bzw. unterlassene Unterhaltung, so dass eine Verteilung der Kosten auf die Anlieger unzulässig sei.

12

Da die Zusammenfassung von vier Straßen zu einem Abrechnungsgebiet rechtswidrig sei, hätten ihre Grundstücke auch keinen beitragsrelevanten Vorteil durch die Baumaßnahmen. Eine bloße farbig abgesetzte Markierung der Fahrbahn und die Vornahme bestimmter baulicher Gestaltungen im Kurvenbereich des Straßenverlaufes seien ohne besonderes Gewicht.

13

Die Antragstellerin beantragt,

14

die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruches vom 11.05.2015 gegen die Festsetzungs- und Heranziehungsbescheide vom 30.04.2015 betreffend folgende Grundstücke in B... der Flur xx - Flurstück xx; Flurstück xx; Flurstück xx; Flurstück xx; Flurstück xx; Flurstück xx; Flurstück xx; Flurstück xx; Flurstück xx und Flurstück xx anzuordnen.

15

Der Antragsteller beantragt,

16

den Antrag abzulehnen.

17

Er macht geltend, der Straßenzug, der vier unterschiedliche Namen trage, werde nach Abschluss der Baumaßnahmen eine einheitliche öffentliche Einrichtung bilden. Der Kurvenverlauf, der durch farbige Markierungen gestaltet werden soll, werde dann den Straßenverlauf kenntlich machen, so dass der Eindruck entstehen werde, dass man in einer öffentlichen Einrichtung bleibe, wenn man dem Straßenverlauf folgte. Durch die Änderung des Bauprogramms sei verdeutlicht worden, dass die von der öffentlichen Einrichtung abzweigenden Stichstraßen von der Königsberger Straße und der Lindenstraße eigenständige öffentliche Einrichtungen darstellten. Man habe auch die drei Grundstücke der Antragstellerin mit den Flurstücksnummern xx, xx und xx nicht als Hinterliegergrundstücke des Grundstücks mit der Flurstücksnummer xx in die Verteilung einbezogen, sondern weil man zum Zeitpunkt der Veranlagung noch davon ausgegangen sei, dass auch die Anlieger dieser Stichstraßen als Anhängsel des Hauptzuges in das Abrechnungsgebiet einzubeziehen seien. Erst im Laufe des Verfahrens habe man sich entschieden, das Abrechnungsgebiet zu unterteilen und auch das Bauprogramm zu ändern mit der Folge, dass nunmehr aus einem Abrechnungsgebiet drei entstanden seien. Aber auch nach Abänderung des Abrechnungsgebietes erreichten die Vorauszahlungen gegenüber der Antragstellerin keine Überfinanzierung. Das Hinterliegergrundstück mit der Flurstücksnummer xx sei einbezogen worden, weil es nur über das ebenfalls der Antragstellerin gehörende Anliegergrundstück xx erschlossen werde, denn es grenze sonst nur an einen ehemaligen Bahndamm, über den das Grundstück nur fußläufig erreichbar sei. Das Grundstück werde auch einheitlich mit dem Anliegergrundstück genutzt.

18

Der Ausbau des Straßenzuges sei nach Ablauf der Nutzungsdauer auch erforderlich gewesen und der Gesamtzustand der Straße sei schlecht gewesen. Nach rund 50 Jahren sei eine komplette Erneuerung unumgänglich gewesen. Mit dem Straßenausbau sei der Straßenkörper erneuert und dem heutigen Ausbaustandard angepasst worden. Die vier Straßen bildeten eine einheitliche öffentliche Einrichtung, in der sich der Straßenverlauf auch im Kurvenverlauf durch eine farbig abgesetzte Pflasterung fortsetze.

19

Soweit zeitgleich mit den Bauarbeiten auch der Schmutzwasserkanal erneuert worden sei, seien diese Kosten heraus gerechnet worden. Dieses ergebe sich bereits aus den angefochtenen Bescheiden. Diese Kosten würden dann dem Wasserverband Nord in Rechnung gestellt werden.

20

Die Baumaßnahme im Straßenzug Hochstraße/Kockstraße/Königsberger Straße und Lindenstraße sei am 23.07.2015 abgenommen worden.

21

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.

II.

22

Der Antrag ist gem. § 80 Abs. 5 und 6 VwGO nach Ablehnung des Aussetzungsantrages und auch im Übrigen zulässig, er ist aber nur hinsichtlich der Festsetzung von Vorauszahlungen für drei Grundstücke begründet.

23

Obwohl die Bauarbeiten nach Auskunft des Antragsgegners am 23.07.2015 abgenommen worden sind und damit die sachliche Beitragspflicht entstanden ist (vgl. OVG Schleswig, U.v. 13.02.2008 - 2 LB 42/07 -, juris) hält das Gericht die Erhebung von Vorauszahlungen zum jetzigen Zeitpunkt weiterhin für zulässig. Denn zum Zeitpunkt der Festsetzung der Vorauszahlungen am 31.10.2014 war die sachliche Beitragspflicht noch nicht entstanden. Auf diesen Zeitpunkt kommt es nach der Rechtsprechung des OVG Schleswig (B. v. 22.04.2014 - 4 MB 4/14 -) aber an, denn die Frage, wann ein Vorauszahlungsbescheid erlassen werden darf, bestimmt sich nach dem materiellen Ausbaubeitragsrecht und nicht nach den Bestimmungen des Verwaltungsprozessrechts. Das Gericht hält im Hinblick auf diese Rechtsprechung an der gegenteiligen Auffassung im Beschluss vom 06.01.2014  - 9 B 38/13 -, dass es auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung ankomme, nicht mehr fest.

24

Es bestehen nur hinsichtlich der unter den Nummern 8-10 in der Liste aufgeführten Grundstücke ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Bescheide gem. § 80 Abs. 4 S. 3 VwGO, aber nicht hinsichtlich der anderen sieben Grundstücke.

25

Anspruchsgrundlage für die Heranziehung zu Vorauszahlungen auf Ausbaubeiträge ist § 8 Abs. 1 und 4 S. 4 KAG i.V.m. der Satzung über die Erhebung von Beiträgen für den Ausbau und Umbau von Straßen, Wegen und Plätzen in der Stadt B... vom 07.07.2005 i.d.F. der 7. Nachtragssatzung vom 25.06.2014 (im Folgenden ABS). Danach werden für die Herstellung, den Ausbau und Umbau sowie die Erneuerung von vorhandenen Ortsstraßen Beiträge von den Grundstückseigentümern erhoben, denen dadurch Vorteile erbracht werden. Gem. § 10 ABS können angemessene Vorauszahlungen verlangt werden, sobald mit der Ausführung der Maßnahme begonnen wird.

26

Voraussetzung für die Erhebung von Vorauszahlungen auf Ausbaubeiträge ist, dass das Grundstück an der ausgebauten öffentlichen Einrichtung anliegt. Als öffentliche Einrichtung i.S.d. § 8 Abs. 1 KAG ist regelmäßig die im Gemeindegebiet verlaufende Straße in ihrer gesamten Ausdehnung zu verstehen. Für die Feststellung der räumlichen Ausdehnung der Einrichtung i.S.d. § 8 Abs. 1 KAG ist, ausgehend von einer natürlichen Betrachtungsweise und ungeachtet einer etwa wechselnden Straßenbezeichnung, auf das Erscheinungsbild eines Straßenzuges (z.B. die Straßenführung, Straßenbreite und  -länge, Straßenausstattung, Zahl der „erschlossenen“ Grundstücke), seine Verkehrsfunktion sowie auf vorhandene Abgrenzungen (Kreuzungen, Einmündungen), die eine Verkehrsfläche augenfällig als eigenständiges Element des Straßennetzes erscheinen lassen, abzustellen (OVG Schleswig, std. Rspr., vgl. U. v. 21.10.2009  - 2 LB 15/09 -; U. v. 27.01.2009 - 2 LB 53/08 -; U. v. 06.11.2013 - 4 LB 16/12-; B. v. 06.11.2008 - 2 LA 27/08 -; U. v. 27.10.1997 - 2 L 281/95 -, Die Gemeinde 1998, 98 = DVBl. 1998, 719 = NordÖR 1998, 88 = SchlHA 1998, 141; B. v. 29.10.2007  - 2 MB 20/07 - und vom 20.08.2003 - 2 MB 80/03 -; Habermann, in Habermann/Arndt, Kommentar zum KAG, § 8, Rn. 131 ff.). Abzustellen ist auf die tatsächlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht (vgl. U. v. 25.06.2003  - 2 LB 55/02 -, Die Gemeinde 2003, 268). Diese entsteht in der Regel mit Abnahme der Bauarbeiten (vgl. U. v. 13.02.2008 - 2 LB 42/07 -, SchlHA 2008, 323). Nach dieser Definition hat das Gericht keine ernstlichen Zweifel daran, dass sich nach Verwirklichung des Bauprogramms der Straßenzug, bestehend aus der Hochstraße/Kockstraße/Königsberger Straße und Lindenstraße, als eine öffentliche Einrichtung darstellt.

27

Der Antragsgegner hat durch Vorlage der Bauzeichnungen glaubhaft gemacht, dass durch bautechnische Gestaltungselemente der einheitliche Verlauf des Straßenzuges optisch unterstrichen werden soll. Von diesen Plänen ist bei der Überprüfung von festgesetzten Vorauszahlungen auf Ausbaubeiträge auszugehen. Endgültig kann bei natürlicher Betrachtungsweise die Ausdehnung einer öffentlichen Einrichtung erst nach Abschluss der Bauarbeiten bei der Erhebung von endgültigen Ausbaubeiträgen beurteilt werden. Dabei ist es zulässig, im Rahmen von Bauarbeiten durch die Verwendung von optischen Gestaltungselementen wie Verschwenkungen oder durch farblich abgesetzte Baumaterialien die Ausdehnung einer öffentlichen Einrichtung im Vergleich zum früheren Zustand zu verändern. Die Kreuzung mit der Friesenstraße allein dürfte keine Zäsur darstellen. Einer Kreuzung kommt regelmäßig keine trennende Wirkung zu, wenn sich zwei Straßen, die nach ihrer Funktion im Straßenbetz im Wesentlichen gleichartig sind, kreuzen und sich jenseits der Kreuzung nicht verändern (vgl. OVG Schleswig, U. v. 05.03.2015 - 4 LB 4/14 -, juris, Rdnr 53). So dürfte der Fall hier liegen. Sowohl die Friesenstraße als auch die Kockstraße sind Anliegerstraßen und setzen sich nach der Kreuzung fort, ohne dass dieser eine trennende Wirkung zukommt.

28

Allerdings sind die in der Liste unter Nr. 8-10 aufgeführten Grundstücke nicht Anlieger der ausgebauten öffentlichen Einrichtung. Denn diese drei Grundstücke grenzen nicht an die öffentliche Einrichtung des ausgebauten Hauptzuges, sondern an die ebenfalls ausgebaute Stichstraße Lindenstraße, die als selbständige öffentliche Einrichtung zu verstehen ist. Dabei ist es unerheblich, dass der Antragsgegner für die Stichstraßen Lindenstraße und Königsbergerstraße zunächst mit dem Hauptzug im August 2014 ein einheitliches Bauprogramm beschlossen und dieses erst am 20.07.2015 in drei unterschiedliche Baumaßnahmen aufgeteilt hat. Denn es kommt nicht auf ein einheitliches Bauprogramm an, sondern darauf, wie sich nach Abschluss der Bauarbeiten bei natürlicher Betrachtungsweise die Ausdehnung einer öffentlichen Einrichtung beurteilt.

29

Nach der schleswig-holsteinischen Rechtsprechung stellt sich im Ausbaubeitragsrecht eine Stichstraße regelmäßig als eine selbständige öffentliche Einrichtung dar, es sei denn, diese habe lediglich den Charakter einer Zufahrt zu Hinterliegergrundstücken, d.h. wenn sie Grundstücke erschließt, die unmittelbar an die Vorderliegergrundstücke angrenzen, gleichsam in zweiter Baureihe liegen, so dass sich der Eindruck der Zugehörigkeit dieser Grundstücke zum Abrechnungsgebiet geradezu aufdrängt (vgl. OVG Schleswig, U.v. 30.04.2003 - 2 LB 118/02 - juris, Kurztext). Die Stichstraße von der Lindenstraße erschließt hier aber mehr als eine zweite Baureihe, denn auf der östlichen Straßenseite werden sechs Grundstücke erschlossen. Die Anlieger der Stichstraße sind daher nicht Anlieger des Hauptzuges und können grundsätzlich nicht zu Beiträgen herangezogen werden.

30

Die drei unter der Nr. 8-10 in der Liste aufgeführten Grundstücke in der Stichstraße Lindenstraße sind von der Antragsgegnerin auch nicht als Hinterliegergrundstücke in die Verteilung einbezogen worden, so dass diese nicht beitragspflichtig sind. Soweit der Antragsgegner aber die Auffassung zu vertreten scheint, dass trotz der Heranziehung von drei Grundstücken der Antragstellerin, die nicht an der öffentlichen Einrichtung anliegen, keine Überfinanzierung einträte, so übersieht er dabei, dass es auf die Beitragspflicht jedes konkreten Grundstücks ankommt und nicht auf die Gesamt-Vorauszahlung eines Grundstückseigentümers mit mehreren Grundstücken an der öffentlichen Einrichtung. Für ein nicht beitragspflichtiges Grundstück können deshalb keine Vorauszahlungen erhoben werden.

31

Die in der Liste unter den Nummern 1-7 aufgeführten Grundstücke der Antragstellerin grenzen aber an die ausgebaute Einrichtung und sind daher beitragspflichtig.

32

Der Beitragstatbestand der Erneuerung liegt vor, wenn die erneuerte Teileinrichtung trotz durchgeführter Unterhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten nicht mehr voll funktionsfähig, also abgängig war und deshalb Erneuerungsbedarf bestand. Die übliche Nutzungsdauer einer asphaltierten Fahrbahn beträgt in der Regel 20-25 Jahre, die hier fast um das Doppelte abgelaufen war. Darüber hinaus belegen die vorgelegten Fotos, dass die Fahrbahn abgängig war, so dass eine Erneuerung zulässig ist. Hier liegt aber auch der Beitragstatbestand des verbessernden Ausbaus vor, der dann anzunehmen ist, wenn sich eine Teileinrichtung der Straße durch den Ausbau in ihrem bisherigen Zustand verbessert hat (vgl. Habermann, aaO, § 8 Rdnr 152). Aus der Gegenüberstellung des ursprünglichen mit dem geplanten Ausbauzustand (Anlage AG 2, Bl. 6 der Beiakte A) ergibt sich, dass die Fahrbahn von zuvor ca 3,10 m auf einheitlich 3,5 m verbreitet worden ist. Darüber hinaus ist auch der Straßenaufbau verbessert worden, weil dieser von 48 auf 61 cm verstärkt worden ist. Damit wird auch der Beitragstatbestand der Verbesserung erfüllt, ohne dass es auf den von der Antragstellerin behaupteten Reparaturstau ankommt.

33

Die Behauptung der Antragstellerin, dass durch die beschränkte Ausschreibung überhöhte Preise zugrunde gelegt worden seien, teilt das Gericht nicht. Gem. § 12 Abs. 2 VOB/A sind beschränkte Ausschreibungen nach einem öffentlichen Teilnahmewettbewerb zulässig, wenn bestimmte Vorgaben eingehalten werden. Ob die beschränkte Ausschreibung zu beanstanden ist, wäre im Hauptsacheverfahren zu überprüfen. Wenn Aufträge unter Verstoß gegen das Vergaberecht erteilt werden, sind darauf zurückzuführende Mehrkosten unnötiger und nicht notwendiger Aufwand (vgl. OVG Schleswig, U.v. 26.05.1999, Die Gemeinde 1999, 185). Das Gericht hat keine Hinweise auf Mehrkosten, die durch die Art der Ausschreibung entstanden sein könnten.

34

Soweit die Antragstellerin rügt, dass fiktive Kostenersparnisse hätten berücksichtigt werden müssen, da dem Wasserverband durch die zeitgleiche Bauausführung Kosten erspart worden seien, so folgt das Gericht dieser Auffassung nicht. Eine durchzuführende schätzungsweise Veranschlagung fiktiver Kosten und eine nach dem Verhältnis der durch die Baumaßnahmen betroffenen Flächen von Kanal und Straße zu bemessende Aufteilung einer geschätzten Ersparnis würde ohne Not und rechtliche Veranlassung einen Fremdkörper in die Grundsätze der straßenausbaubeitragsrechtlichen Aufwandsermittlung einführen, der mit erheblichem Aufwand sowie gesteigerter Fehleranfälligkeit und Rechtsunsicherheit für die Gemeinden verbunden wäre (vgl. OVG Schleswig, U. v. 10.08.2012 - 4 LB 3/12 -). Im Übrigen hat der Antragsgegner in den angegriffenen Bescheiden angegeben, dass die Kosten, die durch den Bau an dem Schmutzwasserkanal entstanden sind, nicht auf die Beitragspflichtigen umgelegt werden.

35

Schließlich liegen auch die Voraussetzungen für die Erhebung von Vorauszahlungen vor, weil auch schon zum Zeitpunkt der Bescheide mit den Ausführungen gem. § 8 Abs. 4 S. 4 KAG, § 10 ABS begonnen worden war. Hier hat der Antragsgegner Vorauszahlungen in Höhe von 40 % des geschätzten endgültigen Beitrages festgesetzt. Das Gericht hat keine Zweifel an der Angemessenheit in dieser Höhe.

36

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO.

37

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG, wobei die Kammer in ständiger Rechtsprechung für den vorläufigen Rechtsschutz in Abgabensachen ein Viertel des Wertes in der Hauptsache zugrunde legt.


Urteilsbesprechung zu Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 26. Jan. 2016 - 9 B 20/15

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Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili
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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Vorausleistungsbescheid der Antragsgegnerin vom 12. Juli 2013 wird angeordnet.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.

Der Streitwert wird auf 16.510,37 € festgesetzt.

Gründe

1

Der Antrag ist nach § 80 Abs. 5 und 6 VwGO zulässig; er ist auch begründet.

2

Im Falle der Erhebung öffentlicher Abgaben und Kosten im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO kommt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage regelmäßig nur in Betracht, wenn gemäß § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen oder die Vollziehung für den Abgaben- und Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel bestehen nach der ständigen Rechtsprechung des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts und der Kammer schon dann, wenn auf Grund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage ein Erfolg des Rechtsbehelfs im Hauptsacheverfahren ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg (vgl. zuletzt OVG Schleswig, Beschluss vom 16.10.2013 - 4 MB 53/13 -).

3

Dies ist hier der Fall. Nach der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung bestehen erhebliche Zweifel daran, dass die Erhebung einer Vorausleistung auf den Straßenausbaubeitrag noch zulässig ist.

4

Nach § 8 Abs. 4 Satz 4 KAG können auf Beiträge angemessene Vorauszahlungen gefordert werden, sobald mit der Ausführung der Maßnahme begonnen wird. Zweck der Vorauszahlung ist die Vorfinanzierung von Ausbaumaßnahmen. Daraus folgt, dass die Erhebung von Vorauszahlungen nur bis zur Entstehung der sachlichen Beitragspflicht für eine Maßnahme zulässig ist, denn danach ist die Gemeinde gehalten, endgültige Beiträge zu erheben (Habermann in Habermann/Arndt, KAG, Stand Dez. 2012, § 8 Rn. 367; vgl. auch OVG Greifswald, Beschluss vom 07.10.2003 - 1 M 34/03 - und VGH München, Urteil vom 01.03.2012 - 20 B 11.1723 -, beide juris). Im vorliegenden Fall war die sachliche Beitragspflicht zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides vom 12. Juli 2013 noch nicht entstanden. Nach dem Vortrag des Antragstellers, dem die Antragsgegnerin nicht entgegen getreten ist, ist dies inzwischen jedoch mit Abschluss und Abnahme der vorgesehenen Bauarbeiten in der A-Straße der Fall. Dieser Umstand wird bei der noch ausstehenden Entscheidung über den Widerspruch zu berücksichtigen sein, denn entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin ist für die Frage der Rechtmäßigkeit auch eines Vorauszahlungsbescheides auf den Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides als der letzten Verwaltungsentscheidung abzustellen (Habermann a.a.O. Rn. 372, 85). Ausgangsbescheid und Widerspruchsbescheid sind eine einheitliche Verwaltungsentscheidung; nach § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO gibt der Widerspruchsbescheid dem Bescheid die für die gerichtliche Überprüfung maßgebliche Gestalt. Änderungen der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse sind deshalb bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Vorauszahlungsbescheides bis zum Erlass des Widerspruchsbescheids zu berücksichtigen (VGH München a.a.O.; VG Greifswald, Urteil vom 26.07.2012 - 3 A 229/09 -, juris; vgl. auch OVG Berlin, Beschluss vom 22.11.2010 - 9 S 29.10 - und OVG Koblenz, Urteil vom 19.03.2009 - 6 A 10750/08 -, beide juris, zur Höhe des einzubeziehenden Aufwandes). Es ist nicht ersichtlich, warum dies beim Vorauszahlungsbescheid anders sein sollte. Das OVG Weimar (Hinweisbeschluss vom 01.08.2000 - 4 VO 711/99 -; ihm ohne weitere Begründung folgend OVG Greifswald, Beschluss vom 07.10.2003 - 1 M 34/03 -, beide juris) verweist zur Begründung seiner gegenteiligen Auffassung auf den engen Zusammenhang zwischen Vorausleistungsbescheid und endgültigem Bescheid. Es sei sinnwidrig, den Vorauszahlungsbescheid aufzuheben, wenn die Behörde andererseits verpflichtet sei, umgehend einen Beitragsbescheid zu erlassen. Insoweit sei die Situation ähnlich gelagert wie in dem Fall, in dem die Beitragspflicht bei Erlass eines endgültigen Bescheids noch nicht bestanden habe, aber im Laufe des Widerspruchsverfahrens oder des gerichtlichen Verfahrens gegen den Beitragsbescheid entstehe. Diese Auffassung verkennt jedoch, dass sich Vorauszahlungsbescheid und endgültiger Bescheid hinsichtlich der Voraussetzungen und der Folgen wesentlich unterscheiden. Ein Vorauszahlungsbescheid kann daher auch nicht als endgültiger Bescheid aufrechterhalten werden (vgl. im Einzelnen Habermann a.a.O. Rn. 84, 77).

5

Auch eine Umdeutung des Vorauszahlungsbescheides in einen endgültigen Beitragsbescheid ist unzulässig. Mit der Umdeutung wird dem Bescheid rückwirkend auf den Zeitpunkt seiner Bekanntgabe ein anderer Regelungsgehalt beigemessen, d.h. der ursprüngliche Vorauszahlungsbescheid würde als endgültiger Bescheid qualifiziert. Eine solche Umdeutung ist nach § 11 Abs. 1 KAG i.V.m. § 115a Abs. 2 LVwG nicht zulässig, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes. Es erscheint schon fraglich, ob der Erlass eines endgültigen Bescheides der Absicht der Antragsgegnerin entspräche. Zweck eines Vorausleistungsbescheides ist die Vorfinanzierung einer Maßnahme, für die Schätzungen ausreichen, während der endgültige Bescheid die abschließende „centgenaue“ Abrechnung zum Ziel hat. Für die hier in Rede stehende Maßnahme dürften zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch noch keine Schlussrechnungen vorliegen, die eine endgültige Abrechnung ermöglichen würden. Jedenfalls sind die Rechtswirkungen eines endgültigen Beitragsbescheides für die Betroffenen regelmäßig ungünstiger als die eines Vorausleistungsbescheides. Der Vorausleistungsbescheid regelt die Zahlungspflicht für den Adressaten nicht endgültig. Nach Erlass des endgültigen Bescheides ist die gezahlte Summe zu verrechnen, Überzahlungen sind zu erstatten. Dies ist für den Grundstückseigentümer nicht selten Anlass, trotz rechtlicher Bedenken den Vorausleistungsbescheid bestandskräftig werden zu lassen und zunächst die endgültige Veranlagung abzuwarten. Darüber hinaus hat die nachträgliche Qualifizierung als endgültiger Bescheid zur Folge, dass rückwirkend auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe des Vorausleistungsbescheides die persönliche Beitragspflicht entsteht, die grundsätzlich eine Nachveranlagungsmöglichkeit wegen nicht ausgeschöpfter Beitragsanteile auch im Fall des Eigentümerwechsels ermöglicht. Dies ist bei einem Vorauszahlungsbescheid nicht der Fall (Habermann a.a.O., Rn. 96). Stellt somit der endgültige Beitragsbescheid wegen der abschließenden Regelung der Zahlungspflicht und der persönlichen Beitragspflicht eine stärkere Belastung des Beitragspflichtigen dar als der Vorausleistungsbescheid, scheidet dessen Umdeutung in einen endgültigen Bescheid aus (OVG Koblenz, Urteil vom 01.04.2003 - 6 A 10778/02 - juris, auch VGH München a.a.O.; anders Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. § 21 Rn. 27 m.w.N.).

6

Nach den o.g. Maßstäben bestehen deshalb ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Vorauszahlungsbescheides, so dass die aufschiebende Wirkung des dagegen eingelegten Widerspruchs anzuordnen war.

7

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin gem. § 154 Abs. 1 VwGO.

8

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG, wobei die Kammer in ständiger Rechtsprechung für den vorläufigen Rechtsschutz in Abgabensachen ein Viertel des Wertes der Hauptsache zugrundelegt.


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 18. Juli 2013 geändert:

Der Bescheid der Beklagten vom 20. Juli 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 2010 sowie des Bescheides vom 3. September 2013 wird aufgehoben, soweit der Rechtsvorgänger der Klägerin zu einem Ausbaubeitrag von mehr als 1.086,95 Euro für das Grundstück, Flurstück 12/73, und von mehr als 1,76 Euro für die Grundstücke, Flurstücke 12/62, 12/66 und 12/70, herangezogen worden ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens zu 56 %, die Be

klagte zu 44 %.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Den Beteiligten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu einem Straßenausbaubeitrag.

2

Sie ist Rechtsnachfolgerung des verstorbenen früheren Klägers und Eigentümers des Grundstücks Buschberger Weg .... (Flurstück .... der Flur ...., Gemarkung Harksheide), das über eine private Zufahrt vom Wendehammer des Buschberger Weges im Ortsteil Harksheide der Beklagten aus erreichbar ist. Die Flurstücke der Zufahrt sind im Grundbuchblatt der Gemarkung Harksheide Nr. 3596 unter verschiedenen Nummern gebucht und stehen zu je 1/6 im Miteigentum der Eigentümer der 6 angrenzenden Grundstücke.

3

Die insgesamt ca. 450 m lange Straße Buschberger Weg entstand als Erschließungsanlage in zwei Abschnitten. Den vorhandenen ca. 185 m langen Wirtschaftsweg zwischen den Straßen Am Hange und Lütt Wittmoor (östlicher Teil) baute die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die ehemals selbständige Gemeinde Harksheide, Anfang der 60er Jahre aus, um den Anliegern des südlich parallel verlaufenden Mühlenweges eine Teilung ihrer sehr tiefen Grundstücke zu ermöglichen. Die Fahrbahn erhielt einen frostsicheren Unterbau und eine Asphaltdecke, der südlich gelegene Gehweg wurde in Schlacke mit Grandschicht hergestellt. Zur Oberflächenentwässerung ließ die Gemeinde auf der Nordseite eine 1,5 m breite Sickermulde im Erdreich neben der Fahrbahn erstellen. Daneben erhielt die Straße zwei Mastansatzleuchten. Die Gemeindevertretung Harksheide stellte mit Beschluss vom 11. Oktober 1965 fest, „dass der Ausbau des Buschberger Weges hergestellt wurde". Die Fahrbahn habe eine Asphaltdecke erhalten und gelte als endgültig ausgebaut (Ziff. 1). Fußwege und Oberflächenentwässerung seien hergestellt. Ein weiterer Ausbau bleibe Vorbehalten (Ziff. 2). Die Gemeinde zog daraufhin im November 1965 die Anlieger für diese Maßnahmen im Wege der Kostenspaltung zu Teilerschließungsbeiträgen heran. In den Bescheiden heißt es, dass die Erschließungsanlage noch nicht endgültig hergestellt sei. Die Festsetzung und Erhebung eines weiteren Erschließungsbeitrages für die noch durchzuführenden Maßnahmen bleibe vorbehalten. Die Erschließungsstraße wurde am 5. Mai 1969 gewidmet.

4

Im Jahr 1976 ließ die Beklagte in dieser Straße sowohl eine Regen- als auch eine Schmutzwasserleitung verlegen, Straßenabläufe wurden nicht erstellt. Seit Mitte der 90iger Jahre erfolgte die Straßenentwässerung zwischen der Buchweizenkoppel und Lütt Wittmoor über Betonmulden und drei Sickerschächte. Zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Straßenausbaus war zudem eine dritte Straßenleuchte vorhanden.

5

Ende der 70iger / Anfang der 80iger Jahre wurde der westliche Teil des Buschberger Weges von der Straße Am Hange aus in ca. 260 m Länge Richtung Westen hergestellt. Er endet in einem Wendehammer, von dem die Zufahrt zum Grundstück der Klägerin abzweigt. Grundlage war der Bebauungsplan 137 der Beklagten, der auch in diesem, vorher nur landwirtschaftlich genutzten Bereich eine Bebauung ermöglichte. Die Straße erhielt in diesem Bereich eine Asphaltfahrbahn mit Straßenentwässerung, einen Parkstreifen, Gehwege mit Betonplatten sowie eine Straßenbeleuchtung mit Peitschenlampen. Sie wurde im Mai 1981 gewidmet. Der Bauausschuss der Beklagten stellte am 9. August 1984 fest, dass dieser westliche Teil des Buschberger Weges endgültig hergestellt sei und einen Abschnitt bilde, für den der beitragsfähige Aufwand zu ermitteln sei. In der Folgezeit wurden die Anlieger des Buschberger Weges zwischen dem Wendehammer und der Straße Am Hange zu Erschließungsbeiträgen herangezogen.

6

In den Jahren 2007 und 2008 führte die Beklagte nach einem entsprechenden Beschluss des Bauausschusses Baumaßnahmen im östlichen Bereich des Buschberger Weges zwischen den Straßen Am Hange und Lütt Wittmoor durch. Die Fahrbahn wurde mit einer Asphaltdecke in einer Breite von 5 m neu hergestellt, zur Verkehrsberuhigung wurden an vier Stellen seitlich angeordnete Pflanzinseln in einer Breite von 2 m eingebaut. Die nördlichen und südlichen Gehwege erhielten in einer Breite von 1,45 m eine wassergebundene Decke (Glensanda). Zur Straßenentwässerung wurden Straßenabläufe neu hergestellt, die an die vorhandene Regenentwässerungsleitung angeschlossen wurden. Die vorhandene Beleuchtung wurde durch vier neue Mastaufsatzleuchten ersetzt. Die Abnahme der Arbeiten erfolgte am 22. Mai 2008.

7

Mit Bescheiden vom 20. Juli 2010 zog die Beklagte alle Anlieger des Buschberger Weges zu Straßenausbaubeiträgen für den Ausbau des Buschberger Weges mit den Teileinrichtungen Fahrbahn, Gehwege, Parkstreifen, Straßenentwässerung, Straßenbeleuchtung und Straßenbegleitgrün zwischen den Straßen Am Hange und Lütt Wittmoor heran. Sie stufte den Buschberger Weg als Anliegerstraße ein und legte 75% des entstandenen Aufwandes (einschließlich der Kosten für die Regenwasserleitung) auf die Anlieger um.

8

Für das Grundstück der Klägerin setzte sie einen Beitrag in Höhe von 1.935,63 Euro fest. Dabei bezog sie in die Berechnung der Beitragsfläche nicht nur das Hausgrundstück, sondern auch 2/12 der Fläche der Wegegrundstücke ein und legte insgesamt 729,33 m2 der Beitragsbemessung zugrunde. Diese multiplizierte sie nach dem Vollgeschossmaß stab ihrer Straßenausbaubeitragssatzung mit dem Faktor 1,3, da der Bebauungsplan für diesen Bereich eine zweigeschossige Bebauung zulässt.

9

Der frühere Kläger legte fristgemäß Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. Oktober 2010 zurückwies.

10

Der frühere Kläger hat fristgemäß Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen:
Die Beklagte gehe zu Unrecht davon aus, dass es sich beim Buschberger Weg um eine einheitliche Erschließungsanlage handele, vielmehr stellten der westlich und der östlich der Straße Am Hange gelegene Teil schon aufgrund ihres unterschiedlichen Erscheinungsbildes jeweils eigene Einrichtungen dar. Dies ergebe sich auch aus der Historie und dem unterschiedlichen Ausbauzustand beider Teile vor den jetzt abgerechneten Maßnahmen. Es sei zweifelhaft, ob es sich beim Ausbau des östlichen Teils des Buschberger Weges nicht um eine erstmalige Herstellung handele. Dieser Teil sei nie endgültig ausgebaut gewesen. Auch zum Zeitpunkt der Herstellung dieser Straße in den 60igerer Jahren seien befestigte Bürgersteige und eine Straßenentwässerung Standard gewesen, all dies habe hier gefehlt. Im Übrigen handele es sich beim westlichen Teil des Buschberger Weges um eine Sackgasse, die eine Zubringerfunktion nur für die anliegenden Grundstücke habe. Der Rest des Weges habe einen ganz unterschiedlichen Einzugsbereich. Die Selbständigkeit beider Teile ergebe sich auch daraus, dass der östliche Teil des Buschberger Weges als verkehrsberuhigter Bereich ausgebaut worden sei.

11

Selbst wenn man aber der Ansicht sei, dass der Buschberger Weg auch in diesem Bereich vor der jetzt abgerechneten Maßnahme bereits erstmalig endgültig hergestellt gewesen sei, sei die Umlage der Ausbaukosten auf alle Anlieger nicht gerechtfertigt. Aufgrund der historischen Entwicklung sei die Beklagte nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verpflichtet gewesen, eine Trennung der Abrechnungsgebiete herbeizuführen. Auch wenn es keinen Anspruch auf Abschnittbildung gebe, erfordere dieser Grundsatz doch, dass die Anlieger des östlichen Teils allein mit den Kosten belastet würden, die erforderlich seien, um ihn auf den Ausbauzustand des westlichen Teils im Jahre 1980 zu bringen.

12

Im Übrigen sei auch die Verteilungsfläche unzutreffend ermittelt. Die Beklagte lege für den östlichen Bereich eine zulässige Anzahl von einem Vollgeschoss zugrunde, für den westlichen dagegen zwei Vollgeschosse. Dies sei jedoch nicht gerechtfertigt, denn zum Zeitpunkt der Errichtung der Häuser an diesem Abschnitt sei nach dem Bebauungsplan nur eine eingeschossige Bauweise erlaubt gewesen. Erst später sei der Bebauungsplan entsprechend geändert worden, die jetzige Ausnutzbarkeit mit zwei Vollgeschossen komme den Eigentümern der älteren Häuser aber nicht mehr zugute.

13

Darüber hinaus sei die beitragsfähige Fläche falsch berechnet. Die Zufahrt zu seinem Grundstück sei zu Unrecht als beitragspflichtig eingestuft und gemeinsam mit dem Hauptgrundstück veranlagt worden. Es handele sich um einen Privatweg, über den die angrenzenden Grundstücke erschlossen seien. Die Fläche sei als Wegefläche im Grundbuch eingetragen und stehe im Miteigentum der Eigentümer der sechs angrenzenden Grundstücke. Diese Fläche sei den jeweiligen Grundstücken zu 1/6 zugeschlagen worden, obwohl sie nicht baulich nutzbar sei.

14

Auch habe die Beklagte zu Unrecht eine in ihrem Eigentum stehende Wegefläche bei der Verteilung nicht berücksichtigt.

15

Der frühere Kläger hat beantragt,

16

den Heranziehungsbescheid der Beklagten vom 20. Juli 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 2010 aufzuheben.

17

Die Beklagte hat beantragt,

18

die Klage abzuweisen.

19

Zur Begründung hat sie geltend gemacht:

20

Der Buschberger Weg stelle von der Straße Lütt Wittmoor bis zum Wendeplatz eine einheitliche Einrichtung dar. Für die Frage, welche räumliche Ausdehnung eine Einrichtung habe, sei auf den Zeitpunkt der Entstehung der Beitragspflicht abzustellen, auf die historische Entwicklung komme es nicht an. Die Straße Am Hange habe nach natürlicher Betrachtungsweise keine trennende Wirkung. Der östliche und der westliche Straßenteil des Buschberger Weges wiesen in Bezug auf Straßenbreite und -ausstattung keine Unterschiede auf, die dem erneuerten Straßenteil einen gänzlich anderen Charakter zukommen ließen, als dem in den 80iger Jahren hergestellten. Die beiden Straßenteile hätten auch keine unterschiedliche Funktion, insbesondere stelle sich der westliche Teil nicht eindeutig als Sackgasse dar. Der abzweigende Hochmoorweg nehme dem Buschberger Weg hier den Charakter einer von der Straße Am Hange und dem übrigen Straßennetz abgetrennten Anlage. Es treffe auch nicht zu, dass der östliche Teil als verkehrsberuhigte Zone ausgebaut worden sei. Es handele sich nicht um eine Mischverkehrsfläche mit niveaugleichen Nutzflächen und einer entsprechenden Ausschilderung nach der StVO. Es seien lediglich vier „Baumnasen“ angelegt worden und zwei von drei Einmündungsbereichen mit von der Fahrbahn farblich abweichenden Aufpflasterungen versehen worden. Dies entspreche aber einer üblichen Ausstattungsvariante einer Anliegerstraße.

21

Beide Straßenabschnitte seien auch rechtlich als eine einheitliche Einrichtung anzusehen, insbesondere seien beide vor dem jetzt abgerechneten Ausbau bereits erstmalig endgültig hergestellt gewesen. Der östliche Teil sei in den 60iger Jahren erstmalig und endgültig hergestellt worden, was durch den Beschluss der Gemeindevertretung Harksheide vom 11. Oktober 1965 und durch die Heranziehung zu Erschließungsbeiträgen belegt sei. Bei der späteren Verlängerung nach Westen sei dieser Teil erstmalig endgültig hergestellt und die Anlieger ebenfalls zu Erschließungsbeiträgen herangezogen worden. Beide Straßenteile seien daher rechtlich gleich zu beurteilen und die Ausbaumaßnahme einheitlich nach dem Kommunalabgabengesetz abzurechnen. Die Teilstreckenerneuerung sei nach Ablauf der üblichen Lebensdauer erfolgt. Ein Abschnittsbildungsbeschluss sei nicht zulässig gewesen, da die Voraussetzung dafür sei, dass der Ausbau fortgesetzt werde. Ein Ausbau bzw. eine Erneuerung des westlichen Teils sei aber nicht absehbar.

22

Die Verteilungsfläche sei korrekt ermittelt. Für die nach dem Verteilungsmaßstab maßgebliche Zahl der Vollgeschosse sei auf die Festsetzungen der zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entstehung der Beitragspflicht geltenden Bebauungspläne abzustellen. Auf die Frage der tatsächlichen Nutzung komme es nicht an.

23

Die Fläche der privaten Zuwegung sei den jeweiligen Grundstücken mit dem entsprechenden Miteigentumsanteil zuzurechnen. Es bestehe eine atypische Situation, die eine Abweichung vom Grundstücksbegriff notwendig erscheinen lasse, um eine vorteilsgerechte Verteilung zu ermöglichen.

24

Der öffentliche und gewidmete Verbindungsweg der Gemeinde, der sich auch nach dem Bebauungsplan als öffentliche Verkehrsfläche darstelle, sei bei der Aufwandsverteilung nicht zu berücksichtigen.

25

Das Verwaltungsgericht hat am 10. April 2013 eine Ortsbesichtigung durchgeführt. Hinsichtlich des Ergebnisses wird auf die Niederschrift Bezug genommen.

26

Mit Urteil vom 18. Juli 2013 hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt:

27

Der Beitragsbescheid sei bereits aus formellen Gründen rechtswidrig, denn er genüge nicht den Anforderungen an die inhaltliche Bestimmtheit. Maßgeblich sei der grundbuchrechtliche Grundstücksbegriff. Der in den angefochtenen Bescheiden festgesetzte Beitrag erfasse jedoch zwei Buchgrundstücke, die auch keine wirtschaftliche Einheit darstellten, weil Hausgrundstück und Wegegrundstück nicht denselben Eigentümern gehörten.

28

Unabhängig von der Rechtswidrigkeit aus formalen Gründen seien die angefochtenen Bescheide aber auch materiell rechtswidrig. Nach der durchgeführten Ortsbesichtigung sei das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass es sich bei den beiden Teilen des Buschberger Weges westlich und östlich der Straße Am Hange um zwei verschiedene Einrichtungen handele. Der Beklagten sei allerdings zuzugeben, dass die Kreuzung für sich genommen keine trennende Wirkung habe. Es möge sein, dass die Straße Am Hange einen deutlich stärkeren Verkehr aufweise als der Buschberger Weg, insbesondere im westlichen Teil, sie sei aber etwa gleich breit und auch nicht durch Markierungen oder Vorfahrtszeichen als „dominierende“ Straße gekennzeichnet. Gleichwohl stelle sie eine Zäsur dar, denn jenseits der Kreuzung habe der Buschberger Weg einen deutlichen anderen Ausbauzustand, der ihm einen anderen Charakter verleihe. Während im westlichen Teil der Gehweg in grauem Betonpflaster verlegt sei, sei für den östlichen Teil bis auf die Zufahrten eine wasserdurchlässige helle Sandoberfläche (Glensanda) gewählt worden, die sich optisch deutlich von der Fahrbahn absetze. Statt der im westlichen Teil vorhandenen Peitschenlampen weise der östliche Teil Mastaufsatzleuchten auf. Insbesondere entstehe der Eindruck einer anderen Straße aber deshalb, weil im Bereich zwischen der Straße Am Hange und der Straße Lütt Wittmoor vier optisch markante sogenannte „Baumnasen“ vorhanden seien, die ca. 2 m in die Fahrbahn ragten und den Verkehr verlangsamen sollen. Dies mache aus der Straße zwar keine „verkehrsberuhigte Zone“ im Sinne des Straßenverkehrsrechts, präge sie aufgrund der Bäume im Fahrbahnbereich aber und verleihe ihr gemeinsam mit den Unterschieden bei Gehwegen und Beleuchtung sowie auch den roten Aufpfasterungen in den Kreuzungsbereichen Buchweizenkoppel und Lütt Wittmoor einen eigenständigen Charakter. Dies werde dadurch verstärkt, dass in der Zäsur durch die Kreuzung zugleich ein Wechsel von „alt“ nach „neu“ liege. Die unterschiedliche Historie des westlichen und des östlichen Teils des Buschberger Weges mache sich im unterschiedlichen Erscheinungsbild einer Anfang der 80iger Jahre hergestellten und einer neu ausgebauten Straße bemerkbar. Auch dies sei in die Betrachtung einzubeziehen.

29

Damit stelle die Einrichtung Buschberger Weg östlich der Kreuzung mit der Straße Am Hange nach natürlicher Betrachtungsweise eine eigenständige Einrichtung dar, von deren Ausbau die Anlieger des westlichen Teils keinen Vorteil hätten.

30

Es könne daher offen bleiben, welche beitragsrechtlichen Folgerungen daraus zu ziehen seien, dass der östliche Teil vor dem jetzt abgerechneten Ausbau jedenfalls deshalb noch nicht erstmalig hergestellt gewesen sein dürfte, weil die im Bereich zwischen Am Hange und Buchweizenkoppel vorher nur vorhandene Versickerung des Oberflächenwassers in einer seitlichen Mulde ohne weitere Zu- und Abführung des Oberflächenwassers keine hinreichende Straßenentwässerung im Sinne der zum Zeitpunkt der Herstellung gelten den Erschließungsbeitragssatzung der Gemeinde vom 12. September 1961 oder weiterer Erschließungsbeitragssatzungen gewesen sein dürfte.

31

Mit Bescheid vom 3. September 2013 hat die Beklagte den Heranziehungsbescheid vom 20 Juli 2010 umgedeutet und nunmehr für das Hausgrundstück (Flurstück 12/73) einen Beitrag in Höhe von 1.857,79 Euro und für die Wegefläche einen anteiligen Beitrag in Höhe von 77,85 Euro festgesetzt.

32

Der Senat hat auf Antrag der Beklagten die Berufung mit Beschluss vom 30. Januar 2014 zugelassen.

33

Zur Begründung der Berufung führt die Beklagte aus:

34

Auf eine mögliche formelle Rechtswidrigkeit des Heranziehungsbescheides vom 20. Juli 2010 wegen mangelnder inhaltlicher Bestimmtheit könne eine Aufhebung des Bescheides nicht mehr gestützt werden, da der Bescheid gemäß § 115 a LVwG mit Schreiben vom 3. September 2013 umgedeutet worden sei und damit den rechtlichen Anforderungen genüge.

35

Das Verwaltungsgericht weiche mit seiner Entscheidung von der Rechtsprechung des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts ab, indem es unter Zuhilfenahme der „natürlichen Betrachtungsweise“ allein auf optische Merkmale abstelle, die durch technische Fortschritte und geschmacklichen Wandel der Ausbauprogramme bedingt seien, wie den Wechsel von Beleuchtungsmasten und der Gehwegoberflächengestaltung. Wenn eine Modernisierung oder eine Verbesserung sich auf die Teilstrecke einer Einrichtung beziehen dürfe, mit dem Ergebnis, dass der Aufwand auf die Grundstücke entlang der gesamten Einrichtung zu verteilen sei, könne es nicht sein, dass unterschiedliche Modernisierungsgrade zu dem Ergebnis führten, es handele sich bei zwei, zu unterschiedlichen Zeitpunkten und daher lediglich mit unterschiedlich „modernen“ Gestaltungsmerkmalen ausgebauten Teilstrecken einer Einrichtung nunmehr um zwei selbständige, gesondert zu betrachtende Einrichtungen. Es sei gewissermaßen typisch, dass nach einer beitragsfähigen Verbesserungsmaßnahme im Bereich einer Teilstrecke der gesamten Einrichtung sich diese Teilstrecke als moderner darstelle als der bisher noch nicht erneuerte / verbesserte Teil der Einrichtung. Wenn ein Gehwegausbau im Verlaufe einer Straße in seiner Gestaltung wechsle, könne es nur darauf ankommen, ob diese unterschiedlichen Gehweggestaltungen beitragsfähig seien oder nicht. Optische Unterschiede seien hingegen irrelevant. Dies gelte auch für die Frage, ob unterschiedlich gestaltete Beleuchtungsmasten als Begründung für getrennte Einrichtungen taugten. Handele es sich um im Sinne der einschlägigen Satzungen beitragsfähige Erschließungseinrichtungen, so könne es nicht auf optische Gestaltungen, bedingt durch geschmackliche Änderungen, ankommen. Auch technische Fortschritte, wie z.B. der Verwendung von LED-Leuchten, könnten nicht zur Trennung von Einrichtungen führen. Auch das Vorhandensein von „Baumnasen“ in einem Teil der Straße begründe keine Trennung. Im vorliegenden Fall handele es sich nämlich nicht um eine nur im östlichen Teil vorhandene „verkehrsberuhigte Zone“. Die Gestaltung von Anliegerstraßen durch Einplanung von neu gesetzten Bäumen innerhalb von „Baumnasen“ entspreche dem Zeitgeist und sei nicht geeignet die beitragsrechtliche Frage nach der „Einrichtung“ zu beeinflussen. Der Buschberger Weg entspreche in seiner gesamten Ausdehnung weiterhin dem Charakter typischer Anliegerstraßen. Der Umstand, dass nicht alle Anlieger des westlichen Teils den östlichen Teil als Verbindung zum weiteren Verkehrsnetz nutzten, stelle nicht die Eigenschaft als einheitliche Anlage in Frage.

36

Das Verwaltungsgericht habe keine abschließende Bewertung vorgenommen, ob die Teileinrichtung Straßenentwässerung im östlichen Teil vor dem hier abgerechneten Ausbau erstmalig und endgültig hergestellt worden sei. Die zuvor bestehende Straßenentwässerung sei entsprechend den Festsetzungen des einschlägigen Bebauungsplanes Nr. 10, Harksheide, hergestellt und anschließend über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen abgerechnet worden. Es sei eine für in Ortsrandlage befindliche, seinerzeit einseitig anbaubare Straße eine ausreichende Entwässerungseinrichtung erstellt worden.

37

Die Beklagte beantragt,

38

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

39

Die Klägerin beantragt,

40

die Berufung zurückzuweisen

41

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze sowie den Verwaltungsvorgang, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

42

Die zugelassene und im Übrigen zulässige Berufung ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

43

Die von der Beklagten in den Jahren 2007 und 2008 durchgeführten Straßenbaumaßnahmen am Buschberger Weg zwischen den Straßen Am Hange und Lütt Wittmoor sind ein Straßenausbau im Sinne des § 8 Abs. 1 KAG, soweit die Teileinrichtungen Fahrbahn und Beleuchtung erneuert bzw. verbessert wurden und die Teileinrichtung Parkstreifen im Wege des Umbaus hinzugefügt wurde.

44

Die Fahrbahn wurde in diesem Bereich Anfang der 60iger Jahre des vorigen Jahrhunderts erstmalig endgültig mit frostsicherem Unterbau und Asphaltdecke hergestellt und im Zuge des Straßenausbaus 2007/8 vollständig erneuert. Vor dem Straßenausbau 2007/8 waren drei Beleuchtungskörper vorhanden, die durch 4 Mastaufsatzleuchten in Lichtpunktabständen ersetzt wurden. Insoweit handelt es sich um einen verbessernden Ausbau.

45

Dass mit dem auf der Südseite der Straße ehemals vorhandenen Gehweg mit einem Unterbau aus Schlacke und einer Grandbestigung die Teileinrichtung Gehweg endgültig hergestellt war, kann dagegen nicht angenommen werden. Entsprechendes gilt für die Teileinrichtung Oberflächenentwässerung, die lediglich aus einer im Erdreich angelegten unbefestigten Sickermulde, abgedeckt mit Mutterboden, bestand.

46

Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung der endgültigen Herstellung sind (zunächst) die Herstellungsmerkmale der Erschließungsbeitragssatzung der Gemeinde Harksheide vom 13. September 1961.

47

Nach § 10 Abs. 2 dieser Satzung sind Bürgersteige hergestellt, wenn sie von der Fahrbahn abgegrenzt sind sowie eine Befestigung mit Platten, Pflaster, Asphaltbelag oder eine ähnliche Decke neuzeitlicher Bauweise aufweisen. Demnach erforderte die endgültige Herstellung von Bürgersteigen eine harte Befestigung. „Ähnliche Decke“ bezieht sich auf die vorgenannten Befestigungsarten. Ähnlich ist demnach nur eine Decke aus einem anderen harten Material und nicht die hier hergestellte Grandschicht aus Schlacke. Dies hat - auch wenn es darauf nicht entscheidungserheblich ankommt - die Beklagte ebenso gesehen und deshalb erstinstanzlich darauf hingewiesen, dass ein Minderausbau beschlossen worden sei. Nach § 10 Abs. 2 der Erschließungsbeitragssatzung 1961 der Gemeinde Harksheide bedurften die Bürgersteige der vorgenannten harten Befestigung zur endgültigen Herstellung, „soweit die Gemeinde nicht beschließt, dass bei einfachen Wohnwegen und Siedlungsstraßen. Gehwege in einfacher Form angelegt werden“. Dem genügt nach Auffassung der Beklagten der Beschluss der Gemeindevertretung Harksheide vom 11. Oktober 1965. Dem kann nicht gefolgt werden. Schon nach der Ursprungsfassung des §132 BBauG aus dem Jahre 1960 (Bundesgesetzblatt I S. 341, 373) waren die Merkmale der endgültigen Herstellung einer Erschließungsanlage durch Satzung zu regeln. Demzufolge lag auch schon seinerzeit eine endgültige Herstellung im Falle eines Minderausbaus nur dann vor, wenn der Ausbau den Merkmalen einer für den Einzelfall erlassenen sogenannten Abweichungssatzung entsprach. Der Beschluss der Gemeindevertretung vom 11. Oktober 1965 vermag eine Abweichungssatzung nicht zu ersetzen. Der Beschluss ist ein Herstellungsbeschluss nach § 10 Abs. 4 der Satzung und kein Satzungsbeschluss. Zudem fehlt es - soweit ersichtlich - an der Veröffentlichung. Im Übrigen heißt es unter Ziffer 1 des Beschlusses, dass die Fahrbahn endgültig ausgebaut sei, während unter Ziffer 2 nur festgestellt wird, dass Fußwege und Oberflächenentwässerung hergestellt sind, versehen mit dem Zusatz: „Ein weiterer Ausbau bleibt vorbehalten“. Die Unterscheidung zwischen endgültigem Ausbau und bloßer Herstellung mit dem Vorbehalt eines weiteren Ausbaus legt nahe, dass auch nach damaliger Auffassung der Gehweg noch nicht endgültig hergestellt war. Anhaltspunkte dafür, dass der Gehweg entsprechend nachfolgender Satzungsregelungen endgültig hergestellt worden ist, sind nicht ersichtlich.

48

Entsprechendes gilt für die Oberflächenentwässerung. Nach § 10 Abs. 1 der Erschließungsbeitragssatzung der Gemeinde Harksheide 1961 sind Straßen unter anderem dann endgültig hergestellt, wenn sie eine Straßenentwässerung aufweisen (§10 Abs. 1 Ziff. 3). Die Straßenentwässerung gehört demnach zum sogenannten Teileinrichtungsprogramm. Eine Regelung darüber, welchen technischen Anforderungen die Teileinrichtung Straßenentwässerung genügen muss, um als endgültig hergestellt zu gelten, enthält die Satzung nicht. Ohne eine Merkmalsregelung zur technischen Ausgestaltung lässt sich jedoch die endgültige Herstellung nicht feststellen (s. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl., § 11 Rn. 64). Dem genügte erstmalig die Vorschrift des § 8 der Nachfolgesatzung der Beklagten vom 22. Dezember 1983. Danach erforderte die endgültige Herstellung einer Straße unter anderem eine Straßenentwässerung mit Anschluss an die öffentliche Kanalisation (§ 8 Abs. 1 Nr. 4 a V). Diese ist erst im Zuge der streitgegenständlichen Straßenbaumaßnahme in den Jahren 2007 / 2008 verlegt worden. Auf die Ortsüblichkeit der Herstellung nur einer Sickermulde zur Oberflächenentwässerung in Harksheide oder die Herstellung entsprechend dem Durchführungsplan von 1959, der die Herstellung von Sickermulden zur Straßenentwässerung in Form von Profilen vorsieht, kommt es daher nicht an. Abgesehen davon genügte die bloße Versickerung des auf der Fahrbahn anfallenden Niederschlagswassers im Erdreich, auch bei Anlegung einer Sickermulde, schon den auch seinerzeit einzuhaltenden Mindestanforderungen an die Herstellung einer Oberflächenentwässerung nicht (s. hierzu OVG Schleswig, Urt. v. 13.01.2011 - 2 LB 18/10 -). Die spätere Verlegung von Betonmulden und der Einbau von Sickertrummen vor der hier streitgegenständlichen Straßenausbaumaßnahme nur im Abschnitt zwischen Buchweizenkoppel und Lütt Wittmoor war schon keine Herstellung auf ganzer Länge und konnte somit nicht zur endgültigen Herstellung der Teileinrichtung Oberflächenentwässerung führen.

49

Straßenausbaubeiträge gemäß § 8 KAG konnte die Beklagte für die nunmehr möglicherweise endgültige Herstellung der Teileinrichtungen Gehwege und Oberflächenentwässerung daher nicht erheben. Eine teilweise Umdeutung des an den Rechtsvorgänger der Klägerin ergangenen Straßenausbaubeitragsbescheides in einen Erschließungsbeitragsbescheid kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil nach Herstellung des westlichen Teils des Buschberger Weges Anfang der 80iger Jahre, an dem das Grundstück der Klägerin gelegen ist, der Bauausschuss der Beklagten am 9. August 1984 einen Abschnittbildungsbeschluss gefasst hat, mit dem dieser Abschnitt erschließungsbeitragsrechtlich verselbständigt wurde.

50

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist der frühere Kläger als Eigentümer eines vom westlichen Teil des Buschberger Weges erschlossenen Grundstücks zu Recht zu einem Straßenausbaubeitrag herangezogen worden.

51

Der Ausbau nur einer Teilstrecke einer Einrichtung steht der Heranziehung der Grundstückseigentümer, deren Grundstücke an der Einrichtung außerhalb der Ausbaustrecke gelegen sind, nicht entgegen. Nach ständiger Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Schleswig sind die Vorteilswirkungen einer Straßenbaumaßnahme grundsätzlich nicht auf den eigentlichen (technischen) Bauabschnitt beschränkt, sondern erstrecken sich auf alle an der Einrichtung gelegenen Grundstücke (Urt. v. 28.10.1997 - 2 L 281/95 -, SchlHA 1998, 141). Wenn die Einrichtung als solche vorteilhaft ausgebaut oder erneuert wird, wachsen regelmäßig allen Grundstücken, die zu dieser Einrichtung in einer räumlich engen Beziehung stehen, Vorteile zu (OVG Schleswig, Urt. v. 13.05.2004 - 2 LB 78/03 -; Urt. v. 17.08.2005 - 2 LB 38/04 -, NordÖR 2006, 84). Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Einrichtung durch Kreuzungsbereiche unterteilt ist (OVG Schleswig, Urt. v. 21.10.2009 - 2 LB 15/09 -, NVwZ-RR 2010, 372). Eine Abschnittbildung steht im Ermessen der Gemeinde und ist vorliegend nicht erfolgt. Sie ist im Übrigen zur abschnittsweisen Abrechnung nur erforderlich und auch nur zulässig, wenn sich die Maßnahme nach dem Bauprogramm über mehrere Abschnitte erstreckt, was hier nicht der Fall ist. Gründe der Verhältnismäßigkeit können eine Abschnittbildung nicht entbehrlich machen, wenn Grundstücken auch außerhalb der ausgebauten Teilstrecke Vorteile zuwachsen. Dass der östliche Teil des Buschberger Weges erst mit dem „Restausbau“ auf den Ausbauzustand des westlichen Teils gebracht wurde, trifft im Übrigen nur zu, soweit er endgültig hergestellt wurde.

52

Der Buschberger Weg ist von der Einmündung in die Straße Lütt Wittmoor bis zum Wendehammer eine Einrichtung im Sinne des § 8 Abs. 1 KAG.

53

Nach ständiger Rechtsprechung des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts ist, ausgehend von einer natürlichen Betrachtungsweise, maßgeblich auf das Erscheinungsbild eines Straßenzuges nach Abschluss der Straßenausbaumaßnahme abzustellen, das ihn augenfällig als selbständiges Element des Straßennetzes erscheinen lässt (s. z.B. OVG Schleswig, Urt. v. 21.10.2009, a.a.O.). Die historische Entwicklung der erstmaligen Herstellung ist insoweit ohne rechtlichen Belang (OVG Schleswig, Urt. v. 30.04.2003 - 2 LB 118/02 -, SchlHA 2004, 53). An Kreuzungen kann eine Einrichtung enden, wenn der Straßenzug nach seinem Erscheinungsbild in die Querstraße einmündet und in der gegenüberliegenden, ebenfalls einmündenden Straße keine Fortsetzung findet (OVG Schleswig, Urt. v. 30.04.2003, a.a.O.). Trennende Wirkung kommt einer Kreuzung regelmäßig nicht zu, wenn sich zwei Straßen, die nach ihrer Funktion im Straßennetz im Wesentlichen gleichartig sind, kreuzen und sich jenseits der Kreuzung nicht verändern. So liegt der Fall hier. Schon das Verwaltungsgericht hat nach Ortsbesichtigung eingeräumt, dass die Kreuzung des Buschberger Weges mit der Straße Am Hange für sich genommen keine trennende Wirkung hat, und der Straße Am Hange keine „dominierende“ Bedeutung zukommt (s. hierzu OVG Schleswig, Urt. v. 20.03.2014 - 4 LB 19/13 -). Das Verwaltungsgericht hat bei seiner Entscheidung, der östliche Teil des Buschberger Weges sei eine selbständige Einrichtung, auf die unterschiedliche Gehwegbefestigung, die unterschiedliche technische Ausgestaltung der Beleuchtung, insbesondere aber den Einbau von sogenannten „Baumnasen“ im östlichen Bereich und zusätzlich auf Aufpflasterungen in Kreuzungsbereichen abgestellt. Eine durch den Teilstreckenausbau verwirklichte Gestaltungsvielfalt steht der Annahme einer einheitlichen Einrichtung nicht entgegen, wenn insgesamt ein einheitlicher Ausstattungsstandart vorhanden ist und Zäsuren nicht eindeutig lokalisiert werden können (OVG Schleswig, Urt. v. 21.10.2009, a.a.O.). Die Ausstattung der westlichen und der östlichen Teilstrecke des Buschberger Weges jenseits der Straße Am Hange mit Teileinrichtungen ist im Wesentlichen gleichartig. Die Kreuzung Am Hange / Buschberger Weg hat, wie das Verwaltungsgericht erkannt hat, keine trennende Wirkung. Unterschiede bestehen in der Gestaltung, dass heißt in der Art der Gehwegbefestigung und der Beleuchtungskörper sowie infolge von Aufpflasterungen in einem Kreuzungs- und des Einmündungsbereichs in die Straße Lütt Wittmoor, letzteres markiert nur den Anfang der Straße. Bloße Unterschiede der Ausgestaltung der Einrichtung am Ende der Ausbaustrecke, die typischerweise mit einem Teilstreckenausbau verbunden sind bzw. sein können, dass heißt das Zusammentreffen von alt und neu, stellen regelmäßig nicht das Ende der Einrichtung dar (OVG Schleswig, Urt. v. 06.11.2013 - 4 LB 16/12 -). Dies gilt auch dann, wenn die Ausbaustrecke an einem Kreuzungsbereich endet, was üblicherweise der Fall ist. Der einzig bedeutsame Unterschied, der über die bloße Gestaltung hinausgeht, besteht vorliegend darin, dass im Rahmen des Teilstreckenausbaus der östliche Bereich des Buschberger Weges mit 4 sogenannten „Baumnasen“ zur Entschleunigung des Straßenverkehrs versehen wurde. Dies macht den östlichen Teil aber nicht zu einem augenfällig selbständigen Element des Straßennetzes. Anders als bei einer Fußgängerzone und im Falle des Umbaus einer Fahrstraße zu einer verkehrsberuhigten Mischfläche (s. hierzu OVG Lüneburg, Beschl. v. 13.06.2000 - 9 M 1349/00 -, NVBl. 2001, 18) ändert sich die Funktion des Straßenteilstücks durch den Einbau von Baumnasen nicht. Die Straße bleibt eine Fahrstraße, das Separationsprinzip bleibt erhalten, lediglich punktuell wird die Straße verengt, so dass an diesen Stellen passierende Kraftfahrzeuge die Fahrbahnmitte überfahren müssen und ein Begegnungsverkehr nicht möglich ist.

54

Der umlagefähige Aufwand der Straßenbaumaßnahme reduziert sich demzufolge entsprechend der Vergleichsberechnung der Beklagten auf 57.683,90 Euro.

55

Im Rahmen der Aufwandsverteilung hat die Beklagte zutreffend berücksichtigt, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entstehung sachlicher Beitragspflichten der geltende Bebauungsplan Nr. 137 in der Neufassung vom 2007 für die Grundstücke westlich der Straße Am Hange eine zulässige zweigeschossige Bebaubarkeit vorsah. Nach ständiger Rechtsprechung ist für die Aufwandsverteilung nach Vorteilsgesichtspunkten die zulässige und nicht die tatsächliche bauliche Nutzung maßgeblich. Ebenfalls nicht zu beanstanden ist, dass die Beklagte die Fläche des kreuzendes Gemeindeweges nicht in die Aufwandsverteilung einbezogen hat. Hierbei handelt es sich um eine öffentliche Verkehrsfläche. Erschließungsanlagen nehmen an der Aufwandsverteilung nicht teil. Die Fläche der Zufahrt zu dem Grundstück der Klägerin ist dagegen nicht mit dem Faktor 1,3 für zweigeschossige Bebaubarkeit nach § 6 Abs. 2 Nr. 1 1. Unterabsatz i.V.m. Abs. 3 Nr. 1 a der Straßenausbaubeitragssatzung der Beklagten vom 18. Mai 2001 in der Fassung der 1. Nachtragssatzung (ABS) zu multiplizieren. Maßgeblich ist der Buchgrundstücksbegriff. Die Zufahrt besteht aus 3 selbständigen Buchgrundstücken, die nach dem Bebauungsplan Nr. 137 nicht bebaubar sind. § 6 Abs. 2 Nr. 1 3. Unterabsatz sieht für derartige Flächen einen Verteilungsfaktor von 0,05 vor. Danach ist die Verteilungsfläche mit 48.293,43 qm zu bemessen.

56

Der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beitragsbescheides stehen die vom Verwaltungsgericht zu Recht beanstandeten formellen Mängel nicht mehr entgegen, weil sie durch den Umdeutungsbescheid vom 3. September 2013 ausgeräumt sind. Zwar hat die Beklagte mit Bescheid vom 3. September 2013 für die 3 selbständigen Buchgrundstücke, die die Zufahrt bilden, nur einen (anteiligen) Beitrag festgesetzt. Wegen ihrer ausschließlichen Zweckbestimmung als Zufahrt bilden sie jedoch eine wirtschaftliche Einheit. Insoweit ist daher eine Abweichung vom formellen Grundstücksbegriff gerechtfertigt (OVG Schleswig, Urt. v. 22.02.1995 - 2 L 266/93 -).

57

Nach alledem war das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und der Beitragsbescheid vom 20. Juli 2010 in der Fassung des Umdeutungsbescheides vom 3. September 2013 teilweise - wie aus dem Tenor ersichtlich - aufzuheben.

58

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 S. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

59

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe hierfür (§ 132 Abs. 2 VwGO) nicht gegeben sind.


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.