Verwaltungsgericht Sigmaringen Beschluss, 05. Okt. 2009 - 6 K 2270/09

bei uns veröffentlicht am05.10.2009

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht ohne Ratenzahlung gewährt und Rechtsanwältin S., beigeordnet.

Gründe

 
I.
Der Antragsteller begehrt Eilrechtsschutz gegen eine Verfügung, die ihm das Recht abspricht, von seiner slowakischen Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen.
Der 1984 geborene Antragsteller zog im Jahre 2002 aus Kasachstan nach Deutschland und ließ in der Folge seine kasachische Fahrerlaubnis nach Bestehen einer theoretischen und einer praktischen Fahrprüfung umschreiben. In der sich anschließenden Probezeit für die neu erteilte Fahrerlaubnis der Klasse B beging der Antragsteller eine Ordnungswidrigkeit (Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 25 km/h) und nahm - nach entsprechender Anordnung - an einem Aufbauseminar für verkehrsauffällige Fahranfänger teil. Im August 2004 beging der Antragsteller eine weitere Ordnungswidrigkeit (Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 34 km/h). Mit Strafbefehl vom 14.09.2004 entzog das Amtsgericht R. dem Antragsteller die Fahrerlaubnis, nachdem er sich der fahrlässigen Trunkenheit im Straßenverkehr schuldig gemacht hatte. Auf einen Neuerteilungsantrag hin verlangte das Landratsamt B. die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens. Die MPU GmbH Stuttgart - Zentrum für Medizinisch-psychologische Untersuchungen - gelangte in ihrem Gutachten vom 09.08.2005 zu der Bewertung, dass der Antragsteller nicht die geistigen Voraussetzungen zum sicheren Führen eines Kraftfahrzeugs der Gruppe 1 (Klasse B) erfülle; es sei insbesondere zu erwarten, dass er erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen verstoßen oder ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss führen werde. Zur Bearbeitung und stabilen Veränderung des Verhaltens in den „ungelösten Problembereichen“ werde empfohlen, weiterhin psychotherapeutische bzw. verkehrspsychologische Hilfestellung in Anspruch zu nehmen. Hierbei solle sich der Antragsteller für eine stabile Abstinenz oder - wenn möglich - zu einem tragfähigen Trinkkonzept entschließen und das neue Verhalten stabilisieren. Des Weiteren solle er sich mit den Hintergründen seiner Fehleinstellungen bezüglich des Straßenverkehrs auseinander setzen. Der diesbezügliche Erfolg sei durch eine erneute Untersuchung in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung abzusichern. In der Folge nahm der Antragsteller seinen Neuerteilungsantrag zurück. Im Januar 2006 beantragte der Antragsteller erneut die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis. Das in diesem Zusammenhang mit der neuerlichen Begutachtung beauftragte Medizinisch-Psychologische Institut des TÜV Süd (Stuttgart) kam in seinem Fahreignungsgutachten vom 11.04.2006 zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller trotz der aktenkundigen Verstöße gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen (mit und ohne Alkoholeinfluss) die körperlichen und geistigen Anforderungen an das sichere Führen von Kraftfahrzeugen der beantragten Klasse erfülle. Es sei insbesondere nicht mit erhöhter Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass er auch künftig erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen verstoßen oder ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss führen werde. Im Mai 2006 erteilte das Landratsamt B. daraufhin die Fahrerlaubnis neu und wies ihn zugleich darauf hin, dass er mit einer abermaligen medizinisch-psychologischen Untersuchung zu rechnen habe, falls ihm die Fahrerlaubnis erneut entzogen werde oder er erheblich in verkehrs- oder strafrechtlicher Hinsicht auffalle.
Bereits am 16.09.2006 verursachte der Antragsteller unter Alkoholeinfluss (eine Stunde nach der Tat: 1,72 ‰) einen Verkehrsunfall (zwei schwer verletzte Geschädigte; Sachschaden: ca. 17.000 Euro). Mit Urteil vom 17.01.2007 verurteilte das Amtsgericht R. den Antragsteller zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, und entzog dem Antragsteller die Fahrerlaubnis. Zugleich verhängte das AG eine Sperre von 16 Monaten für die Neuerteilung. Mit Schreiben vom 14.02.2007 wies das Landratsamt B. den Antragsteller darauf hin, dass es im Rahmen eines Neuerteilungsantrags eine medizinisch-psychologische Begutachtung verlangen werde. Es empfahl ihm insoweit, die Sperrfrist dazu zu nutzen, problematische Alkoholtrinkverhaltensweisen mit fachkundiger Hilfe aufzuarbeiten und seine Alkoholabstinenz zu belegen.
Am 29.06.2009 legte der Antragsteller im Rahmen einer Verkehrskontrolle eine am 20.04.2009 ausgestellte slowakische Fahrerlaubnis vor. Eine Eintragung zum Wohnsitz des Inhabers ist dort nicht vorhanden. Mit Schreiben vom 28.07.2009 hörte das Landratsamt B. den Antragsteller zum beabsichtigten Erlass eines feststellenden Verwaltungsaktes zur Klarstellung der Rechtslage an. Nachdem die Fahrerlaubnis des Antragstellers rechtskräftig entzogen worden sei, vermittle die ausländische Fahrerlaubnis im Bundesgebiet keine Fahrberechtigung (§ 28 Abs. 4 FeV, Art. 11 Abs. 4 der Richtlinie 2006/126/EG). Die Prozessbevollmächtigte des Antragstellers verwies daraufhin auf Art. 13 Nr. 2 der Richtlinie 2006/126/EG.
Mit Bescheid vom 10.08.2009 stellte das Landratsamt B. fest, dass der Antragsteller nicht berechtigt sei, von seiner slowakischen Fahrerlaubnis auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen (Nr. 1). Es ordnete weiter die sofortige Vollziehung an (Nr. 2) und forderte den Antragsteller unter Androhung von Vollstreckungsmitteln auf, seinen ausländischen Führerschein der Fahrerlaubnisbehörde zur Eintragung eines Sperrvermerks vorzulegen (Nr. 3).
Der Antragsteller legte am 10.09.2009 Widerspruch ein. Zur Begründung berief er sich im Wesentlichen auf eine auszugsweise wiedergegebene Entscheidung des VG Regensburg vom 03.07.2009 - 3 RN 5 S 09.1019 -. Seine slowakische Fahrerlaubnis sei im Bundesgebiet anzuerkennen.
Zugleich hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Sigmaringen um Eilrechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung wiederholt er sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren.
Der Antragsteller beantragt schriftsätzlich - sachdienlich gefasst -,
die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen Nr. 1 des Bescheids des Landratsamts Biberach vom 10.08.2009 wiederherzustellen sowie gegen Nr. 3 dieses Bescheids anzuordnen.
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Der Antragsgegner beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Er verweist zur Begründung auf den angegriffenen Bescheid und die neu in Kraft getretenen Regelungen der Richtlinie 2006/126/EG. Die Regelungen des § 28 Abs. 4 FeV widersprächen danach nicht mehr geltendem EG-Recht. Da der Antragsteller die slowakische Fahrerlaubnis nach Inkrafttreten des Art. 11 der Richtlinie erworben habe, entfalte der slowakische Führerschein im Bundesgebiet kraft Gesetzes keine Wirkung.
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Dem Gericht liegen die Akten des Landratsamts B. vor (ein Band). Darauf, wie auch auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen wird wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts verwiesen.
II.
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Der Antrag bleibt ohne Erfolg.
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Dabei kann dahin stehen, ob dem anwaltlich vertretenen Antragsteller für seinen auf die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gemäß § 80 Abs. 5 VwGO beschränkten Antrag ein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite steht oder ob zusätzlich ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO mit dem Ziel der vorläufigen gerichtlichen Feststellung seiner Fahrberechtigung erforderlich wäre (vgl. dazu etwa VG Ansbach, Beschluss vom 10.10.2008 - AN 10 S 08.01570 -); in Anbetracht des Umstands, dass der vom Antragsteller begehrte Suspensiveffekt hinsichtlich des angegriffenen - nur deklaratorisch (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 22.06.2009 - 11 CE 09.965 -) die ohnehin bestehende Rechtslage - feststellenden Verwaltungsakts ihm keine positive Fahrberechtigung vermittelt (und wohl allenfalls die Berufung auf einen Verbotsirrtum bei einem Vergehen der Fahrens ohne Fahrerlaubnis ermöglichen kann), bestehen insoweit gewisse Zweifel.
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Die in Nr. 1 des Bescheids des Landratsamt B. vom 10.08.2009 enthaltene Feststellung ist jedoch jedenfalls voraussichtlich zutreffend und der Bescheid rechtmäßig. Der Widerspruch des Antragstellers wird daher wahrscheinlich erfolglos bleiben, sodass bei einer Abwägung der widerstreitenden Interessen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Vorrang zukommt.
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Rechtsgrundlage für Nr. 1 des angefochtenen Bescheids ist § 6 Abs. 1 Nr. 1 lit. j) und x), § 2 Abs. 11 StVG, § 28 Abs. 4 Satz 2 i.V.m § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV (in der Fassung der Dritten Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung vom 07.01.2009, BGBl. I, S. 29). § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV ermächtigt die Fahrerlaubnisbehörde zum Erlass eines feststellenden Verwaltungsakts für den Fall, dass eine Berechtigung nach § 28 Abs. 1 FeV für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis gemäß § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV nicht gilt. Nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV gilt eine solche Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland nicht für Inhaber einer EU-Fahrerlaubnis, denen die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht oder sofort vollziehbar oder bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde entzogen worden ist, denen die Fahrerlaubnis bestandskräftig versagt worden ist oder denen die Fahrerlaubnis nur deshalb nicht entzogen worden ist, weil sie zwischenzeitlich auf die Fahrerlaubnis verzichtet haben. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Das Amtsgericht R. hatte dem Antragsteller in seinem Urteil vom 17.01.2007 die Fahrerlaubnis rechtskräftig entzogen. Diese Maßnahme ist auch im Verkehrszentralregister eingetragen und nicht getilgt (vgl. § 28 Abs. 4 Satz 3 FeV).
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Dieses aus der Auslegung des nationalen Rechts folgende Ergebnis ist auch mit Gemeinschaftsrecht vereinbar. § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV ist mit den Bestimmungen der hier anzuwendenden Richtlinie 2006/126/EG vom 20.12.2006 („Dritte Führerscheinrichtlinie“, ABl. EG v. 30.12.2006, L 403/18) vereinbar. Nach Art. 11 Abs. 4 UAbs. 2 RL 2006/126/EG, der gem. Art. 18 Abs. 2 RL 2006/126/EG seit dem 19.01.2009 gilt und folglich im Falle einer - wie hier - danach erteilten Fahrerlaubnis anzuwenden ist, lehnt ein Mitgliedstaat die Anerkennung der Gültigkeit eines Führerscheins ab, der von einem anderen Mitgliedstaat einer Person ausgestellt wurde, deren Führerschein im Hoheitsgebiet des erstgenannten Mitgliedstaats eingeschränkt, ausgesetzt oder entzogen worden ist. Diesen Vorgaben entspricht das in der Auslegung des nationalen Rechts (§ 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV) für die hier zu beurteilende Fallkonstellation gefundene Ergebnis.
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Für eine einschränkende Auslegung von Art. 11 Abs. 4 RL 2006/126/EG, insbesondere des Begriffes „entzogen“, besteht keine Veranlassung (a.A. offenbar Hailbronner / Thoms, NJW 2007, 1089, 1094). Dass die Entziehung der Fahrerlaubnis eine Maßnahme ist, wonach der „Führerschein“ auch im Sinne von Art. 11 Abs. 4 UAbs. 2 RL 2006/126/EG „entzogen worden ist“, ist nach Wortlaut und Intention der Vorschrift klar (so im Ergebnis auch Geiger, DAR 2007, 126, 127; ebenso in anderen Sprachfassungen der Richtlinie: „ withdrawn “, „ retrait “, „ ritirata “, „ retirado “). Die Bestimmung ist nunmehr auch - anders als noch in Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG („Zweite Führerscheinrichtlinie“, ABl. EG L 237 vom 24.08.1991, S. 1) - nicht mehr als bloße Ermächtigung („ kann es ablehnen, ... einen Führerschein auszustellen “), sondern als unbedingte Verpflichtung formuliert („ Ein Mitgliedstaat lehnt die Anerkennung ... ab “; vgl. dazu etwa die Begründung zur Dritten Verordnung zur Änderung der FeV in BR-Ds 851/08, S. 7 f.; ferner: Zwerger, jurisPR-VerkR 3/2009, Anm. 5; Geiger, a.a.O., S. 128; Thoms, DAR 2007, 287; Janker, DAR 2009, 181, 184; zurückhaltend Hailbronner / Thoms, a.a.O., S. 1093 f. und Riedmeyer, zfs 2009, 422 sowie OVG Saarland, Beschluss vom 23.01.2009 - 1 B 438/08 -).
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Dass demgegenüber Art. 11 Abs. 4 UAbs. 3 RL 2006/126/EG für den Fall der „Aufhebung“ („ licence ... cancelled “, „ permis [faisant] l'objet d'une annulation “, „ patente ... revocata “, „ permiso ... anulado “) weiterhin nur eine Ermächtigung der Mitgliedstaaten („ kann es ferner ablehnen, ... einen Führerschein auszustellen “) vorsieht, steht dieser Auslegung nicht entgegen. Mit dem Begriff der Aufhebung ist etwa anderes gemeint als die Entziehung der Fahrerlaubnis, auch wenn beiden gemein ist, dass sie einen fortwirkenden Ausschluss der Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen bewirken. Die Aufhebung zielt in der Terminologie des nationalen (deutschen) Verwaltungsverfahrensrechts grundsätzlich auf eine Rücknahme oder einen Widerruf, nicht aber den Entzug, was dazu führt, dass die Bestimmung für die Bundesrepublik Deutschland kaum einen Anwendungsbereich haben dürfte (Geiger, DAR 2007, 126, 128; vgl. dazu etwa auch BeckOK VwVfG, 4. Ed., § 48, Rn 10.1; VG Sigmaringen, Urteil vom 10.07.2007 - 4 K 1374/06 -, BeckRS 2007, 25171).
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Dass die neuen Bestimmungen in Art. 11 Abs. 4 RL 2006/126/EG ihrerseits weitere Rechtsfragen des Gemeinschaftsrechts aufwerfen, steht dem dargelegten Verständnis einer zwingenden Versagung der Anerkennung einer Fahrerlaubnis wie der hier in Rede stehenden gleichfalls nicht entgegen. Es mag zwar durchaus zutreffen, dass mit der Neuregelung beachtliche Beeinträchtigungen der Freizügigkeit und der Niederlassungsfreiheit hervorgerufen werden können, da Art. 11 Abs. 4 UAbs. 1 RL 2006/126/EG es einerseits einem Mitgliedstaat untersagt, einer Person einen Führerschein auszustellen, wenn ihr zuvor in einem anderen Mitgliedstaat derselbe entzogen worden ist, und andererseits der frühere Wohnsitzstaat mangels Zuständigkeit keinen neuen Führerschein mehr ausstellen dürfte (Art. 7 Abs. 1 lit. e RL 2006/126/EG), sodass nicht ohne Weiteres auf der Hand liegt, auf welchem Weg ein Betroffener zu einer Neuausstellung eines Führerscheins nach Wiedererlangung seiner Fahreignung gelangen soll (vgl. zu derartigen Bedenken GAin Kokott, DAR 2006, 604, 610; Hailbronner / Thoms, NJW 2007, 1089, 1094; Riedmeyer, zfs 2009, 422). Jedoch zeigt die Neuregelung in § 20 Abs. 4 FeV n.F. mit der dort verlangten Vorlage einer Bescheinigung des vormaligen Wohnsitzstaates über die Wiedererlangung der Fahreignung Wege zur Neuerteilung auf, die nicht von vorneherein als gemeinschaftsrechtswidrig angesehen werden können (kritisch insoweit allerdings Riedmeyer, a.a.O.).
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Die Statuierung einer zwingenden Pflicht zur Versagung der Anerkennung einer Fahrerlaubnis eines anderen Mitgliedstaats nach vorherigem nationalen Entzug war von den Rechtsetzungsorganen der EU auch beabsichtigt. Ziel der Neuregelung war eine Bekämpfung des sog. „Führerscheintourismus“. Bereits im Richtlinienvorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom 21.10.2003 (KOM (2003) 621 endg., S. 6), der sich insoweit von Art. 8 Abs. 4 der RL 91/439/EWG nicht unterschied, hieß es dazu etwa:
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Schließlich betrifft dieser Vorschlag die Frage der kohärenten, europaweiten Anwendung des Führerscheinentzugs. (...) Heute lassen sich zu viele Bürger in einem anderen Mitgliedstaat nieder, um einen neuen Führerschein zu beantragen, wenn ihnen die Fahrerlaubnis in dem Mitgliedstaat, in dem sie ihren ordentlichen Wohnsitz haben, wegen eines schweren Verkehrsverstoßes entzogen wurde. Diese Lage ist im Hinblick auf die Verkehrssicherheit sehr unbefriedigend und läuft auf einen Verstoß gegen die Richtlinie 91/439/EWG hinaus. Dieser Vorschlag besagt ausdrücklich, dass die Mitgliedstaaten keinen neuen Führerschein ausstellen dürfen für eine Person, der der Führerschein entzogen wurde und die somit indirekt immer noch Inhaber eines anderen Führerscheins ist. Mit diesem Vorschlag dürfte daher der sogenannte “Führerscheintourismus” beseitigt (...) werden, (...) “.
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Die nunmehr verabschiedete Fassung des Art. 11 Abs. 4 RL 2006/126/EG in ihrer zwingenden Formulierung beruht auf einem vom Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr des Europäischen Parlaments eingebrachten Änderungsantrag (Nr. 57 im Ausschussbericht an das EP vom 03.02.2005, Dok. A6-0016/2005, S. 31 f.). Zur Begründung hieß es dort:
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Der Führerscheintourismus soll so weit wie möglich unterbunden werden. Wird einer Person in einem Mitgliedstaat die Fahrerlaubnis eingeschränkt, entzogen, ausgesetzt oder aufgehoben, so darf der Mitgliedstaat einen Führerschein, der dieser Person von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellt wurde, nicht anerkennen.
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Die Mitgliedstaaten dürfen darüber hinaus keine Führerscheine an Personen ausstellen, deren Führerschein in einem anderen Mitgliedstaat eingeschränkt, ausgesetzt oder entzogen ist (...). Wird der Führerschein in einem Mitgliedstaat aufgehoben, so kann ein anderer Mitgliedstaat die Ausstellung eines Führerscheins verweigern.
27 
Es gibt bereits im Internet viele Angebote, in denen Personen, denen die Fahrerlaubnis in einem Mitgliedstaat entzogen wurde (z. B. wegen Fahren unter Einfluss von Alkohol/Drogen), nahe gelegt wird, einen Schein-Wohnsitz im Ausland zu begründen und dort eine Fahrerlaubnis zu erwerben, um damit die Voraussetzungen in Bezug auf die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis zu unterlaufen. Dies führt nicht nur zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit, sondern führt auch zu erheblichen Wettbewerbsverzehrungen auf dem Fahrschulsektor.
28 
Auch in der Begründung der Empfehlungen des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr des Europäischen Parlaments für die Zweite Lesung im Parlament vom 27.11.2006 (Dok. A6-0414/2006, S. 9 f.) wird der Grundgedanke der Bekämpfung des Führerscheintourismus weiter explizit betont. In gleicher Weise stellt auch der Rat der Europäischen Union in der Begründung des Gemeinsamen Standpunkts vom 18.09.2006 (CS/2006/9010/1/06 Rev 1 Add 1, S. 2 u. 5) die Betrugsbekämpfung und die Straßenverkehrssicherheit in den Vordergrund. Dort hieß es:
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„Führerscheinbetrug ist bei den Polizeibehörden der Mitgliedstaaten ein wohl bekanntes Phänomen. Die Betrügereien reichen vom Handel mit Führerscheinen über die unrechtmäßige Beschaffung von Führerscheinduplikaten bis hin zum Erwerb eines neuen Führerscheins in einem anderen Mitgliedstaat, um das Fahrverbot im eigenen Mitgliedstaat zu unterlaufen. Deshalb unterstützen Parlament und Rat uneingeschränkt den Kommissionsgrundsatz "ein Führerschein pro Person", um derartige Betrügereien in Zukunft zu unterbinden. Der Gemeinsame Standpunkt bestätigt daher den Grundsatz, wonach eine Person nur einen Führerschein besitzen darf. (...)
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Die Mitgliedstaaten werden ferner dazu verpflichtet, Personen, deren Führerschein in einem anderen Mitgliedstaat eingeschränkt, ausgesetzt oder entzogen wurde, die Ausstellung bzw. die Anerkennung der Gültigkeit von Führerscheinen zu verweigern.
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Der im Rechtsetzungsverfahren geäußerte Wille zur Bekämpfung des Führerscheintourismus und zur Etablierung einer Pflicht zur Versagung der Anerkennung missbräuchlich erworbener Führerscheine hat auch vielfach seinen Niederschlag in sonstigen Bestimmungen und in der Systematik der Richtlinie 2006/126/EG gefunden. So heißt es bereits im 15. Erwägungsgrund - wie im Übrigen auch schon in der Zweiten Führerscheinrichtlinie -, die Mitgliedstaaten sollten aus Gründen der Verkehrssicherheit die Möglichkeit haben, ihre innerstaatlichen Bestimmungen über den Entzug, die Aussetzung, die Erneuerung und die Aufhebung einer Fahrerlaubnis auf jeden Führerscheininhaber anzuwenden, der seinen ordentlichen Wohnsitz in ihrem Hoheitsgebiet begründet. Weiter betont die Dritte Führerscheinrichtlinie in Art. 7 Abs. 5 den Grundsatz, dass jede Person nur Inhaber eines einzigen Führerscheins sein darf und statuiert eine mitgliedstaatliche Verpflichtung zur Ablehnung der Ausstellung eines „zweiten“ Führerscheins sowie zur Aufhebung bzw. zum Entzug solcher Führerscheine, falls ein solcher Führerschein ausgestellt worden sein sollte, ohne dass die Voraussetzungen hierfür vorgelegen haben. Ferner untersagt Art. 11 Abs. 4 UAbs. 1 RL 2006/126/EG den Mitgliedstaaten ausdrücklich, Führerscheine Bewerbern auszustellen, die in einem anderen Mitgliedstaat bereits einem Führerscheinentzug unterlagen. In engem systematischem Zusammenhang damit steht die korrespondierende Pflicht zur Versagung der Anerkennung eines gleichwohl - entgegen dieser Bestimmung - ausgestellten Führerscheins durch Art. 11 Abs. 4 UAbs. 2 RL 2006/126/EG.
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Der nach den vorstehenden Darlegungen nunmehr als zwingend anzusehenden Verpflichtung, die Anerkennung der Gültigkeit eines Führerscheins nach Art. 11 Abs. 4 UAbs. 2 RL 2006/126/EG zu versagen, steht auch nicht Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie und die darin normierte grundsätzliche Pflicht zur gegenseitigen Anerkennung von Führerscheinen anderer Mitgliedstaaten entgegen; vielmehr ist Art. 11 Abs. 4 UAbs. 2 RL 2006/126/EG als - von den Rechtsetzungsorganen der EU selbst vorgenommene - ausdrückliche Einschränkung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung anzusehen.
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Die Rechtsprechung des EuGH zu Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG (Urteil vom 29.4.2004 - C-476/01 -, Kapper , NZV 2004, 372; Beschluss vom 06.04.2006 - C-227/05 -, Halbritter , DAR 2006, 375; Beschluss vom 28.09.2006 - C-340/05 -, Kremer , NJW 2007, 1863; Urteil vom 26.06.2008 - C-329/06 u.a. - Wiedemann und Funk ; Beschluss vom 03.07.2008 - C-225/07 -, Möginger , NJW 2009, 207; Urteil vom 20.11.2008 - C-1/07 -, Weber , NJW 2008, 3767; Urteil vom 19.02.2009 - C-321/07 -, Schwarz , DAR 2009, 191) ist auf die Dritte Führerscheinrichtlinie nicht übertragbar. Der EuGH hat in ständiger Rechtsprechung Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG als Ausnahme zum Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung der von den Mitgliedsstaaten ausgestellten Führerscheine, der im Interesse der innergemeinschaftlichen Freizügigkeit und damit einer der Grundfreiheiten der Römischen Verträge aufgestellt wurde, restriktiv ausgelegt. Andere Mitgliedsstaaten waren danach wegen Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG nicht befugt, die Beachtung der Ausstellungsbedingungen erneut zu prüfen, und konnten ihre Befugnis nach Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG grundsätzlich nur im Hinblick auf ein Verhalten des Betroffenen nach dem Erwerb der ausländischen Fahrerlaubnis ausüben. Ein von einem anderen Mitgliedsstaat ausgestellter Führerschein war somit nach dem Regelungskonzept der Zweiten Führerscheinrichtlinie als Nachweis dafür anzusehen, dass der Inhaber auch die gesundheitlichen Anforderungen nach Maßgabe der Anhänge II und III der Richtlinie 91/439/EWG erfüllt. Für den Fall, dass auf der Grundlage von Angaben im Führerscheindokument selbst oder anderen vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen feststehe, dass die Fahrerlaubnis unter Missachtung der von der Richtlinie aufgestellten Wohnsitzvoraussetzung erteilt wurde, erkannte der EuGH eine Berechtigung des Aufnahmemitgliedstaat zur Versagung der Anerkennung an (vgl. EuGH, Urteil vom 26.06.2008 - C-329/06 u.a. -, Rn 67 u. 72/73; vgl. zu den damit verbundenen Fragen des Rechtsmissbrauchs ausführlich auch VG Sigmaringen, Beschluss vom 25.07.2006 - 6 K 924/06 -; Urteil vom 31.07.2008 - 4 K 906/08 -).
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Nunmehr gibt die Richtlinie 2006/126/EG einen Spielraum für eine restriktive Auslegung der geschilderten Art nicht mehr her. Die Formulierung in Art. 11 Abs. 4 UAbs. 2 ist zwingend. Die Richtlinie selbst sieht jetzt eine Einschränkung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung vor. Das ist zulässig. Die Rechtsetzungsorgane der EU bestimmen selbst den Umfang der gemeinschaftsweiten Harmonisierung auf dem Gebiet des Führerscheinwesens. Man mag - mit einiger Berechtigung - kritisieren, dass die Harmonisierung auf diesem Gebiet nicht weit genug geht und damit das „Unwesen des Führerscheintourismus“ und den damit verbundenen massenhaften Missbrauch der Grundfreiheiten erst ermöglicht. Es ist dem Richtliniengeber - in Erkenntnis der Problemlage und in dem Bestreben, den Führerscheintourismus zu bekämpfen - aber nicht verwehrt, den Stand der Harmonisierung durch Beschränkungen der grundsätzlichen Anerkennungspflicht teilweise zurückzunehmen, wenn er sich zu einer vollständigen Harmonisierung - einschließlich der Einführung eines gemeinschaftsweit geltenden Führerscheinentzugs - nicht mit den erforderlichen Mehrheiten durchringen kann und erkennt, dass die fehlende Kohärenz der mitgliedstaatlichen Führerscheinsysteme und der dazugehörigen mitgliedstaatlichen Praxis dann einen Rückschritt bei der Harmonisierung gebietet. Primärrecht steht dem nicht entgegen. Soweit mit der eingeschränkten Anerkennung von Führerscheinen Beeinträchtigungen der Freizügigkeit, der Niederlassungsfreiheit oder der (aktiven wie passiven) Dienstleistungsfreiheit verbunden sind, sind diese offenkundig gerechtfertigt. Die Sicherheit des Straßenverkehrs als Gemeingut von überragender Bedeutung und die Bekämpfung von Betrug und Missbrauch auf dem Gebiet des Führerscheinwesens erfordern Beschränkungen der Anerkennungsverpflichtung (vgl. GA Bot, Schlussanträge in den Rs. C-329/06 u.a. vom 14.02.2008, Rn 81 ff.; zum verfassungsrechtlichen Gebot, Verkehrsteilnehmer vor Gefahren für Leib, Leben und Gesundheit zu schützen, als allgemeinem, den Rechtsordnungen aller Mitgliedstaaten gemeinsamem Rechtsgrundsatz iSv Art. 6 EUV vgl. auch VG Sigmaringen, Urteil vom 31.07.2008 - 4 K 906/08 -).
35 
Im Übrigen hält sich die nunmehr etablierte Einschränkung des sekundärrechtlichen Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung sachlich auch im Rahmen dessen, was der EuGH unter Geltung der RL 91/439/EWG bereits für zulässig gehalten hat. Für die Zweite Führerscheinrichtlinie war anerkannt, dass der Aufnahmemitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet auf den Inhaber dieses Führerscheins eine Maßnahme des Entzugs einer früheren Fahrerlaubnis angewendet worden ist, es unter bestimmten Umständen ablehnen darf, eine Fahrberechtigung anzuerkennen, wenn etwa auf der Grundlage von „vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen“ (EuGH, Urteil vom 26.06.2008 - C-329/06 u.a. - Wiedemann und Funk ) die Rechtswidrigkeit der Erteilung der Fahrerlaubnis festgestellt werden kann. Die Neuregelung in Art. 11 Abs. 4 RL 2006/126/EG setzt im Zusammenspiel von UAbs. 1 und UAbs. 2 selbst unbestreitbare Information in diesem Sinne voraus; denn ein Verstoß gegen das Erteilungsverbot des Art. 11 Abs. 4 UAbs. 1 RL 2006/126/EG ist auch ohne - sonst vom Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung untersagte - Überprüfung des Erteilungsverfahrens für den Aufnahmemitgliedstaat immer offenkundig, ohne dass es hierfür irgendwelcher Informationen aus dem Ausstellungsstaat bedürfte. Liegt aber - wie hier - ein Verstoß gegen das Erteilungsverbot des Art. 11 Abs. 4 UAbs. 1 RL 2006/126/EG vor, so ist der aufnehmende Mitgliedstaat nach UAbs. 2 automatisch verpflichtet, die Anerkennung aufgrund dieses Umstands zu versagen.
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Auch Art. 13 Abs. 2 RL 2006/126/EG steht - entgegen der Rechtsauffassung der Antragstellervertreterin - einer Anwendung von Art. 11 Abs. 4 RL 2006/126/EG hier nicht entgegen. Nach Art. 13 Abs. 2 RL 2006/126/EG darf eine vor dem 19.01.2013 erteilte Fahrerlaubnis aufgrund der Bestimmungen dieser Richtlinie weder entzogen noch in irgendeiner Weise eingeschränkt werden. Diese Bestandsschutzklausel erfasst den Regelungszusammenhang von Art. 11 Abs. 4 RL 2006/126/EG nicht. Das ergibt sich zum Einen bereits daraus, dass Art. 13 der Richtlinie gemäß Art. 16 Abs. 2 RL 2006/126/EG erst ab dem 19.01.2013 - dem Zeitpunkt der Aufhebung der RL 91/439/EWG - anzuwenden ist, wohingegen Art. 11 der Richtlinie bereits ab dem 19.01.2009 gilt (Art. 18 UAbs. 2 RL 2006/126/EG). Zum Anderen zeigt der Regelungsstandort der Bestandsschutzklausel in Art. 13 RL 2006/126/EG (amtl. Überschrift: „ Äquivalenzen zwischen nicht dem EG-Muster entsprechenden Führerscheinen “) deutlich auf, dass sie sich allein mit der Kompatibilität der alten Führerscheinklassen befasst und sich insoweit auf Art. 7 Abs. 2 lit. a) und b) RL 2006/126/EG bezieht. Dies belegt auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift, die insoweit auf einen Änderungsantrag des EP-Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr zurückgeht (Änderungsantrag 13 im Ausschussbericht vom 03.02.2005, Dok. A6-0016/2005 endg., S. 11). Der damalige Art. 3 Abs. 2b UAbs. 3 des Richtlinienvorschlags lautete danach noch ausdrücklich (Hervorhebung nur hier):
37 
„Eine vor Beginn der Anwendung dieser Richtlinie erteilte Fahrerlaubnis für eine bestimmte Klasse wird nicht aufgrund der Bestimmungen dieser Richtlinie entzogen oder in irgendeiner Weise eingeschränkt.“
38 
In der dazugehörigen Begründung des Änderungsantrags (a.a.O., S. 11 f.) hieß es dazu:
39 
(...) Der Umtausch der alten Führerscheine darf jedoch unter keinen Umständen zu einem Verlust oder einer Einschränkung der erworbenen Rechte hinsichtlich der Fahrerlaubnis von Fahrzeugen verschiedener Klassen führen.
40 
Dass der ausdrückliche Bezug auf bestimmte Klassen in der letztlich verabschiedeten Version von Art. 13 RL 2006/126/EG fehlt, mag Anlass für gewisse Auslegungszweifel gewesen sein, ändert aber nichts am Sinnzusammenhang und an der Intention der Regelung. Dass die Rechtsetzungsorgane der EU mit dieser Vorschrift einen absoluten - und durch nichts zu rechtfertigenden - Schutz von (auch ggf. rechtswidrig erworbenen) Führerscheinen für den Zeitraum bis 19.01.2013 hätten hinnehmen wollen, obwohl sich Rat und Parlament die Bekämpfung des Führerscheintourismus ausdrücklich zum Ziel gesetzt haben und sich der bestehenden Gefahren für die Straßenverkehrssicherheit bewusst waren, kann nicht angenommen werden. Soweit in Rechtsprechung und Literatur - ohne Auseinandersetzung mit der Entstehungsgeschichte der Vorschrift - ein derartiges Verständnis der Bestandsschutzklausel in den Raum gestellt wird (vgl. dazu Geiger, DAR 2007, 126, 128; Schünemann / Schünemann, DAR 2007, 382, 385; unklar Hailbronner / Thoms, NJW 2007, 1089, 1093; offen Riedmeyer, zfs 2009, 422 und OVG Saarland, Beschluss vom 23.01.2009 - 1 B 438/08 -) vermag die Kammer dieses nicht zu teilen (wie hier i.E. auch Thoms, DAR 2007, 287, 288).
41 
Nr. 3 des angefochtenen Bescheids stützt sich auf § 47 Abs. 2 FeV. Rechtliche Bedenken dagegen sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich (vgl. dazu auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.09.2008 - 10 S 994/07 -).
42 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht in Anlehnung an Nr. 46.3 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (VBlBW 2004, 467) auf § 52 Abs. 1 GKG. Dem bedürftigen Antragsteller ist Prozesskostenhilfe zu gewähren, da die hier zu entscheidenden Rechtsfragen bislang höchstrichterlich ungeklärt sind und die beabsichtigte Rechtsverfolgung damit im Sinne von § 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Mit der vom Gesetz für eine Prozesskostenhilfebewilligung verlangten „hinreichenden Erfolgsaussicht“ ist nicht der - hier verneinte - tatsächliche Erfolg in der Hauptsache gemeint; die Offenheit der Prozesssituation zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfegesuchs genügt. Sind im gerichtlichen Verfahren schwierige Rechtsfragen zu klären, so ist beim Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen grundsätzlich Prozesskostenhilfe zu gewähren (vgl. zu alledem VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.11.2004 - 7 S 2219/04 -).

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Sigmaringen Beschluss, 05. Okt. 2009 - 6 K 2270/09

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Sigmaringen Beschluss, 05. Okt. 2009 - 6 K 2270/09

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 123


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant
Verwaltungsgericht Sigmaringen Beschluss, 05. Okt. 2009 - 6 K 2270/09 zitiert 14 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 123


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 166


(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmäc

Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV 2010 | § 28 Anerkennung von Fahrerlaubnissen aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum


(1) Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Absatz 1 oder 2 in der Bundesrepublik Deutschland haben, dürfen – vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Absätzen 2 bis 4 – im Umfang ihrer Be

Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 2 Fahrerlaubnis und Führerschein


(1) Wer auf öffentlichen Straßen ein Kraftfahrzeug führt, bedarf der Erlaubnis (Fahrerlaubnis) der zuständigen Behörde (Fahrerlaubnisbehörde). Die Fahrerlaubnis wird in bestimmten Klassen erteilt. Sie ist durch eine amtliche Bescheinigung (Führersche

Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV 2010 | § 47 Verfahrensregelungen


(1) Nach der Entziehung sind von einer deutschen Behörde ausgestellte nationale und internationale Führerscheine unverzüglich der entscheidenden Behörde abzuliefern oder bei Beschränkungen oder Auflagen zur Eintragung vorzulegen. Die Verpflichtung zu

Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV 2010 | § 20 Neuerteilung einer Fahrerlaubnis


(1) Für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder nach vorangegangenem Verzicht gelten die Vorschriften für die Ersterteilung. § 15 findet vorbehaltlich des Absatzes 2 keine Anwendung. (2) Die Fahrerlaubnisbehörde

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgericht Sigmaringen Beschluss, 05. Okt. 2009 - 6 K 2270/09 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Sigmaringen Beschluss, 05. Okt. 2009 - 6 K 2270/09 zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 09. Sept. 2008 - 10 S 994/07

bei uns veröffentlicht am 09.09.2008

Tenor Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsrechts Stuttgart vom 21. März 2007 - 3 K 2360/06 - geändert. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszü

Verwaltungsgericht Sigmaringen Urteil, 31. Juli 2008 - 4 K 906/08

bei uns veröffentlicht am 31.07.2008

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand   1 Der Kläger wendet sich gegen eine verkehrsrechtliche Entscheidung, mit der ihm das Recht aberkannt wurde, v

Verwaltungsgericht Sigmaringen Urteil, 10. Juli 2007 - 4 K 1374/06

bei uns veröffentlicht am 10.07.2007

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand   1 Der Kläger setzt sich gegen eine Fahrerlaubnisentziehung zur Wehr. 2 Der am ... 1953 geborene Kläg

Verwaltungsgericht Sigmaringen Beschluss, 25. Juli 2006 - 6 K 924/06

bei uns veröffentlicht am 25.07.2006

Tenor Der Antrag wird abgelehnt. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 2.500 Euro festgesetzt. Tatbestand   I. 1  Der Antragsteller wendet sich gegen die Aberkennung des Rechts, vo

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 23. Nov. 2004 - 7 S 2219/04

bei uns veröffentlicht am 23.11.2004

Tenor Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 18. August 2004 - 7 K 813/04 - geändert. Der Antragstellerin wird für das erstinstanzliche Verfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwäl
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Sigmaringen Beschluss, 05. Okt. 2009 - 6 K 2270/09.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 21. Jan. 2010 - 10 S 2391/09

bei uns veröffentlicht am 21.01.2010

Tenor Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 14. Oktober 2009 - 7 K 3123/09 - wird zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Referenzen

(1) Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Absatz 1 oder 2 in der Bundesrepublik Deutschland haben, dürfen – vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Absätzen 2 bis 4 – im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen. Auflagen zur ausländischen Fahrerlaubnis sind auch im Inland zu beachten. Auf die Fahrerlaubnisse finden die Vorschriften dieser Verordnung Anwendung, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Umfang der Berechtigung der jeweiligen Fahrerlaubnisklassen ergibt sich aus dem Beschluss (EU) 2016/1945 der Kommission vom 14. Oktober 2016 über Äquivalenzen zwischen Führerscheinklassen (ABl. L 302 vom 9.11.2016, S. 62). Die Berechtigung nach Absatz 1 gilt nicht für Fahrerlaubnisklassen, für die die Entscheidung der Kommission keine entsprechenden Klassen ausweist. Für die Berechtigung zum Führen von Fahrzeugen der Klassen L und T gilt § 6 Absatz 3 entsprechend.

(3) Die Vorschriften über die Geltungsdauer von Fahrerlaubnissen der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE und D1E in § 23 Absatz 1 gelten auch für die entsprechenden EU- und EWR-Fahrerlaubnisse. Grundlage für die Berechnung der Geltungsdauer ist das Datum der Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis. Wäre danach eine solche Fahrerlaubnis ab dem Zeitpunkt der Verlegung des ordentlichen Wohnsitzes in die Bundesrepublik Deutschland nicht mehr gültig, weil seit der Erteilung mehr als fünf Jahre verstrichen sind, besteht die Berechtigung nach Absatz 1 Satz 1 noch sechs Monate, gerechnet von der Begründung des ordentlichen Wohnsitzes im Inland an. Für die Erteilung einer deutschen Fahrerlaubnis ist § 30 in Verbindung mit § 24 Absatz 1 entsprechend anzuwenden.

(4) Die Berechtigung nach Absatz 1 gilt nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis,

1.
die lediglich im Besitz eines Lernführerscheins oder eines anderen vorläufig ausgestellten Führerscheins sind,
2.
die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Absatz 2 die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben,
3.
denen die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht oder sofort vollziehbar oder bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde entzogen worden ist, denen die Fahrerlaubnis bestandskräftig versagt worden ist oder denen die Fahrerlaubnis nur deshalb nicht entzogen worden ist, weil sie zwischenzeitlich auf die Fahrerlaubnis verzichtet haben,
4.
denen auf Grund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung keine Fahrerlaubnis erteilt werden darf,
5.
solange sie im Inland, in dem Staat, der die Fahrerlaubnis erteilt hatte, oder in dem Staat, in dem sie ihren ordentlichen Wohnsitz haben, einem Fahrverbot unterliegen oder der Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung beschlagnahmt, sichergestellt oder in Verwahrung genommen ist,
6.
die zum Zeitpunkt des Erwerbs der ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis Inhaber einer deutschen Fahrerlaubnis waren,
7.
deren Fahrerlaubnis aufgrund einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates, der nicht in der Anlage 11 aufgeführt ist, prüfungsfrei umgetauscht worden ist, oder deren Fahrerlaubnis aufgrund eines gefälschten Führerscheins eines Drittstaates erteilt wurde,
8.
die zum Zeitpunkt der Erteilung einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates, die in eine ausländische EU- oder EWR-Fahrerlaubnis umgetauscht worden ist, oder zum Zeitpunkt der Erteilung der EU- oder EWR-Fahrerlaubnis auf Grund einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates ihren Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie die ausländische Erlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeuges als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Absatz 2 in eine ausländische EU- oder EWR-Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts umgetauscht haben, oder
9.
die den Vorbesitz einer anderen Klasse voraussetzt, wenn die Fahrerlaubnis dieser Klasse nach den Nummern 1 bis 8 im Inland nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen berechtigt.
In den Fällen des Satzes 1 kann die Behörde einen feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Berechtigung erlassen. Satz 1 Nummer 3 und 4 ist nur anzuwenden, wenn die dort genannten Maßnahmen im Fahreignungsregister eingetragen und nicht nach § 29 des Straßenverkehrsgesetzes getilgt sind. Satz 1 Nummer 9 gilt auch, wenn sich das Fehlen der Berechtigung nicht unmittelbar aus dem Führerschein ergibt.

(5) Das Recht, von einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis nach einer der in Absatz 4 Nummer 3 und 4 genannten Entscheidungen im Inland Gebrauch zu machen, wird auf Antrag erteilt, wenn die Gründe für die Entziehung oder die Sperre nicht mehr bestehen. Absatz 4 Satz 3 sowie § 20 Absatz 1 und 3 gelten entsprechend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Wer auf öffentlichen Straßen ein Kraftfahrzeug führt, bedarf der Erlaubnis (Fahrerlaubnis) der zuständigen Behörde (Fahrerlaubnisbehörde). Die Fahrerlaubnis wird in bestimmten Klassen erteilt. Sie ist durch eine amtliche Bescheinigung (Führerschein) nachzuweisen. Nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung auf Grund des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a und Absatz 3 Nummer 2 kann die Gültigkeitsdauer der Führerscheine festgelegt werden.

(2) Die Fahrerlaubnis ist für die jeweilige Klasse zu erteilen, wenn der Bewerber

1.
seinen ordentlichen Wohnsitz im Sinne des Artikels 12 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (ABl. L 403 vom 30.12.2006, S. 26) im Inland hat,
2.
das erforderliche Mindestalter erreicht hat,
3.
zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist,
4.
zum Führen von Kraftfahrzeugen nach dem Fahrlehrergesetz und den auf ihm beruhenden Rechtsvorschriften ausgebildet worden ist,
5.
die Befähigung zum Führen von Kraftfahrzeugen in einer theoretischen und praktischen Prüfung nachgewiesen hat,
6.
Erste Hilfe leisten kann und
7.
keine in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum erteilte Fahrerlaubnis dieser Klasse besitzt.
Nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b können als weitere Voraussetzungen der Vorbesitz anderer Klassen oder Fahrpraxis in einer anderen Klasse festgelegt werden. Die Fahrerlaubnis kann für die Klassen C und D sowie ihre Unterklassen und Anhängerklassen befristet erteilt werden. Sie ist auf Antrag zu verlängern, wenn der Bewerber zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist und kein Anlass zur Annahme besteht, dass eine der aus den Sätzen 1 und 2 ersichtlichen sonstigen Voraussetzungen fehlt.

(3) Nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a und b kann für die Personenbeförderung in anderen Fahrzeugen als Kraftomnibussen zusätzlich zur Fahrerlaubnis nach Absatz 1 eine besondere Erlaubnis verlangt werden. Die Erlaubnis wird befristet erteilt. Für die Erteilung und Verlängerung können dieselben Voraussetzungen bestimmt werden, die für die Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftomnibussen gelten. Außerdem kann ein Fachkundenachweis verlangt werden. Im Übrigen gelten die Bestimmungen für Fahrerlaubnisse entsprechend, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.

(4) Geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist, wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat. Ist der Bewerber auf Grund körperlicher oder geistiger Mängel nur bedingt zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet, so erteilt die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis mit Beschränkungen oder unter Auflagen, wenn dadurch das sichere Führen von Kraftfahrzeugen gewährleistet ist.

(5) Befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen ist, wer

1.
ausreichende Kenntnisse der für das Führen von Kraftfahrzeugen maßgebenden gesetzlichen Vorschriften hat,
2.
mit den Gefahren des Straßenverkehrs und den zu ihrer Abwehr erforderlichen Verhaltensweisen vertraut ist,
3.
die zum sicheren Führen eines Kraftfahrzeugs, gegebenenfalls mit Anhänger, erforderlichen technischen Kenntnisse besitzt und zu ihrer praktischen Anwendung in der Lage ist und
4.
über ausreichende Kenntnisse einer umweltbewussten und energiesparenden Fahrweise verfügt und zu ihrer praktischen Anwendung in der Lage ist.

(6) Wer die Erteilung, Erweiterung, Verlängerung oder Änderung einer Fahrerlaubnis oder einer besonderen Erlaubnis nach Absatz 3, die Aufhebung einer Beschränkung oder Auflage oder die Ausfertigung oder Änderung eines Führerscheins beantragt, hat der Fahrerlaubnisbehörde nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und Absatz 3 Nummer 1 mitzuteilen und nachzuweisen

1.
Familiennamen, Geburtsnamen, sonstige frühere Namen, Vornamen, Ordens- oder Künstlernamen, Doktorgrad, Geschlecht, Tag und Ort der Geburt, Anschrift, Staatsangehörigkeit, Art des Ausweisdokumentes und
2.
das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 bis 6 und Satz 2 und Absatz 3
sowie ein Lichtbild abzugeben. Außerdem hat der Antragsteller eine Erklärung darüber abzugeben, ob er bereits eine in- oder ausländische Fahrerlaubnis der beantragten Klasse oder einen entsprechenden Führerschein besitzt.

(7) Die Fahrerlaubnisbehörde hat zu ermitteln, ob der Antragsteller zum Führen von Kraftfahrzeugen, gegebenenfalls mit Anhänger, geeignet und befähigt ist und ob er bereits eine in- oder ausländische Fahrerlaubnis oder einen entsprechenden Führerschein besitzt. Sie hat dazu Auskünfte aus dem Fahreignungsregister und dem Zentralen Fahrerlaubnisregister nach den Vorschriften dieses Gesetzes einzuholen. Sie kann außerdem insbesondere entsprechende Auskünfte aus ausländischen Registern oder von ausländischen Stellen einholen sowie die Beibringung eines Führungszeugnisses zur Vorlage bei der Verwaltungsbehörde nach den Vorschriften des Bundeszentralregistergesetzes verlangen.

(8) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die Eignung oder Befähigung des Bewerbers begründen, so kann die Fahrerlaubnisbehörde anordnen, dass der Antragsteller ein Gutachten oder Zeugnis eines Facharztes oder Amtsarztes, ein Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung oder eines amtlichen anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr innerhalb einer angemessenen Frist beibringt. Anstelle eines erneuten Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung genügt zum Nachweis der Wiederherstellung der Eignung in der Regel die Vorlage einer Bescheinigung über die Teilnahme an einem amtlich anerkannten Kurs zur Wiederherstellung der Kraftfahreignung, wenn

1.
auf Grund eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, bestehende Eignungsmängel zu beseitigen,
2.
der Betroffene nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis ist und
3.
die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme zugestimmt hat.
Satz 2 gilt nicht, wenn die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung nach § 4 Absatz 10 Satz 4 oder wegen erheblichen oder wiederholten Verstoßes gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze angeordnet wird.

(9) Die Registerauskünfte, Führungszeugnisse, Gutachten und Gesundheitszeugnisse dürfen nur zur Feststellung oder Überprüfung der Eignung oder Befähigung verwendet werden. Sie sind nach spätestens zehn Jahren zu vernichten, es sei denn, mit ihnen im Zusammenhang stehende Eintragungen im Fahreignungsregister oder im Zentralen Fahrerlaubnisregister sind nach den Bestimmungen für diese Register zu einem früheren oder späteren Zeitpunkt zu tilgen oder zu löschen. In diesem Fall ist für die Vernichtung oder Löschung der frühere oder spätere Zeitpunkt maßgeblich. Die Zehnjahresfrist nach Satz 2 beginnt mit der rechts- oder bestandskräftigen Entscheidung oder mit der Rücknahme des Antrags durch den Antragsteller. Die Sätze 1 bis 4 gelten auch für entsprechende Unterlagen, die der Antragsteller nach Absatz 6 Satz 1 Nr. 2 beibringt. Anstelle einer Vernichtung der Unterlagen ist die Verarbeitung der darin enthaltenen Daten einzuschränken, wenn die Vernichtung wegen der besonderen Art der Führung der Akten nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist.

(10) Bundeswehr, Bundespolizei und Polizei können durch ihre Dienststellen Fahrerlaubnisse für das Führen von Dienstfahrzeugen erteilen (Dienstfahrerlaubnisse). Diese Dienststellen nehmen die Aufgaben der Fahrerlaubnisbehörde wahr. Für Dienstfahrerlaubnisse gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes und der auf ihm beruhenden Rechtsvorschriften, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Mit Dienstfahrerlaubnissen dürfen nur Dienstfahrzeuge geführt werden.

(10a) Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehren, der nach Landesrecht anerkannten Rettungsdienste, des Technischen Hilfswerks und sonstiger Einheiten des Katastrophenschutzes, die ihre Tätigkeit ehrenamtlich ausüben, Fahrberechtigungen zum Führen von Einsatzfahrzeugen auf öffentlichen Straßen bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 4,75 t – auch mit Anhängern, sofern die zulässige Gesamtmasse der Kombination 4,75 t nicht übersteigt – erteilen. Der Bewerber um die Fahrberechtigung muss

1.
mindestens seit zwei Jahren eine Fahrerlaubnis der Klasse B besitzen,
2.
in das Führen von Einsatzfahrzeugen bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 4,75 t eingewiesen worden sein und
3.
in einer praktischen Prüfung seine Befähigung nachgewiesen haben.
Die Fahrberechtigung gilt im gesamten Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland zur Aufgabenerfüllung der in Satz 1 genannten Organisationen oder Einrichtungen. Die Sätze 1 bis 3 gelten entsprechend für den Erwerb der Fahrberechtigung zum Führen von Einsatzfahrzeugen bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 7,5 t – auch mit Anhängern, sofern die zulässige Gesamtmasse der Kombination 7,5 t nicht übersteigt.

(11) Nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 3 Nummer 1 und 2 berechtigen auch ausländische Fahrerlaubnisse zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland.

(12) Die Polizei hat Informationen über Tatsachen, die auf nicht nur vorübergehende Mängel hinsichtlich der Eignung oder auf Mängel hinsichtlich der Befähigung einer Person zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen lassen, den Fahrerlaubnisbehörden zu übermitteln, soweit dies für die Überprüfung der Eignung oder Befähigung aus der Sicht der übermittelnden Stelle erforderlich ist. Soweit die mitgeteilten Informationen für die Beurteilung der Eignung oder Befähigung nicht erforderlich sind, sind die Unterlagen unverzüglich zu vernichten.

(13) Stellen oder Personen, die die Eignung oder Befähigung zur Teilnahme am Straßenverkehr oder Fachkundenachweise zwecks Vorbereitung einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung beurteilen oder prüfen oder die in Erster Hilfe (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6) ausbilden, müssen für diese Aufgaben gesetzlich oder amtlich anerkannt oder beauftragt sein. Personen, die die Befähigung zum Führen von Kraftfahrzeugen nach § 2 Abs. 5 prüfen, müssen darüber hinaus einer Technischen Prüfstelle für den Kraftfahrzeugverkehr nach § 10 des Kraftfahrsachverständigengesetzes angehören. Voraussetzungen, Inhalt, Umfang und Verfahren für die Anerkennung oder Beauftragung und die Aufsicht werden - soweit nicht bereits im Kraftfahrsachverständigengesetz oder in auf ihm beruhenden Rechtsvorschriften geregelt - durch Rechtsverordnung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c und d in Verbindung mit Absatz 3 Nummer 3 näher bestimmt. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 sind Personen, die die Voraussetzungen des Absatzes 16 für die Begleitung erfüllen, berechtigt, die Befähigung zum Führen von Einsatzfahrzeugen der in Absatz 10a Satz 1 genannten Organisationen oder Einrichtungen zu prüfen.

(14) Die Fahrerlaubnisbehörden dürfen den in Absatz 13 Satz 1 genannten Stellen und Personen die Daten übermitteln, die diese zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen. Die betreffenden Stellen und Personen dürfen diese Daten und nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c und d in Verbindung mit Absatz 3 Nummer 3 die bei der Erfüllung ihrer Aufgaben anfallenden Daten verarbeiten.

(15) Wer zur Ausbildung, zur Ablegung der Prüfung oder zur Begutachtung der Eignung oder Befähigung ein Kraftfahrzeug auf öffentlichen Straßen führt, muss dabei von einem Fahrlehrer oder einem Fahrlehreranwärter im Sinne des Fahrlehrergesetzes begleitet werden. Bei den Fahrten nach Satz 1 sowie bei der Hin- und Rückfahrt zu oder von einer Prüfung oder einer Begutachtung gilt im Sinne dieses Gesetzes der Fahrlehrer oder der Fahrlehreranwärter als Führer des Kraftfahrzeugs, wenn der Kraftfahrzeugführer keine entsprechende Fahrerlaubnis besitzt.

(16) Wer zur Einweisung oder zur Ablegung der Prüfung nach Absatz 10a ein entsprechendes Einsatzfahrzeug auf öffentlichen Straßen führt, muss von einem Fahrlehrer im Sinne des Fahrlehrergesetzes oder abweichend von Absatz 15 Satz 1 von einem Angehörigen der in Absatz 10a Satz 1 genannten Organisationen oder Einrichtungen, der

1.
das 30. Lebensjahr vollendet hat,
2.
mindestens seit fünf Jahren eine gültige Fahrerlaubnis der Klasse C1 besitzt und
3.
zum Zeitpunkt der Einweisungs- und Prüfungsfahrten im Fahreignungsregister mit nicht mehr als zwei Punkten belastet ist,
begleitet werden. Absatz 15 Satz 2 gilt entsprechend. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann überprüfen, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 erfüllt sind; sie kann die Auskunft nach Satz 1 Nummer 3 beim Fahreignungsregister einholen. Die Fahrerlaubnis nach Satz 1 Nummer 2 ist durch einen gültigen Führerschein nachzuweisen, der während der Einweisungs- und Prüfungsfahrten mitzuführen und zur Überwachung des Straßenverkehrs berechtigten Personen auszuhändigen ist.

(1) Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Absatz 1 oder 2 in der Bundesrepublik Deutschland haben, dürfen – vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Absätzen 2 bis 4 – im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen. Auflagen zur ausländischen Fahrerlaubnis sind auch im Inland zu beachten. Auf die Fahrerlaubnisse finden die Vorschriften dieser Verordnung Anwendung, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Umfang der Berechtigung der jeweiligen Fahrerlaubnisklassen ergibt sich aus dem Beschluss (EU) 2016/1945 der Kommission vom 14. Oktober 2016 über Äquivalenzen zwischen Führerscheinklassen (ABl. L 302 vom 9.11.2016, S. 62). Die Berechtigung nach Absatz 1 gilt nicht für Fahrerlaubnisklassen, für die die Entscheidung der Kommission keine entsprechenden Klassen ausweist. Für die Berechtigung zum Führen von Fahrzeugen der Klassen L und T gilt § 6 Absatz 3 entsprechend.

(3) Die Vorschriften über die Geltungsdauer von Fahrerlaubnissen der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE und D1E in § 23 Absatz 1 gelten auch für die entsprechenden EU- und EWR-Fahrerlaubnisse. Grundlage für die Berechnung der Geltungsdauer ist das Datum der Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis. Wäre danach eine solche Fahrerlaubnis ab dem Zeitpunkt der Verlegung des ordentlichen Wohnsitzes in die Bundesrepublik Deutschland nicht mehr gültig, weil seit der Erteilung mehr als fünf Jahre verstrichen sind, besteht die Berechtigung nach Absatz 1 Satz 1 noch sechs Monate, gerechnet von der Begründung des ordentlichen Wohnsitzes im Inland an. Für die Erteilung einer deutschen Fahrerlaubnis ist § 30 in Verbindung mit § 24 Absatz 1 entsprechend anzuwenden.

(4) Die Berechtigung nach Absatz 1 gilt nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis,

1.
die lediglich im Besitz eines Lernführerscheins oder eines anderen vorläufig ausgestellten Führerscheins sind,
2.
die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Absatz 2 die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben,
3.
denen die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht oder sofort vollziehbar oder bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde entzogen worden ist, denen die Fahrerlaubnis bestandskräftig versagt worden ist oder denen die Fahrerlaubnis nur deshalb nicht entzogen worden ist, weil sie zwischenzeitlich auf die Fahrerlaubnis verzichtet haben,
4.
denen auf Grund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung keine Fahrerlaubnis erteilt werden darf,
5.
solange sie im Inland, in dem Staat, der die Fahrerlaubnis erteilt hatte, oder in dem Staat, in dem sie ihren ordentlichen Wohnsitz haben, einem Fahrverbot unterliegen oder der Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung beschlagnahmt, sichergestellt oder in Verwahrung genommen ist,
6.
die zum Zeitpunkt des Erwerbs der ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis Inhaber einer deutschen Fahrerlaubnis waren,
7.
deren Fahrerlaubnis aufgrund einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates, der nicht in der Anlage 11 aufgeführt ist, prüfungsfrei umgetauscht worden ist, oder deren Fahrerlaubnis aufgrund eines gefälschten Führerscheins eines Drittstaates erteilt wurde,
8.
die zum Zeitpunkt der Erteilung einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates, die in eine ausländische EU- oder EWR-Fahrerlaubnis umgetauscht worden ist, oder zum Zeitpunkt der Erteilung der EU- oder EWR-Fahrerlaubnis auf Grund einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates ihren Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie die ausländische Erlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeuges als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Absatz 2 in eine ausländische EU- oder EWR-Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts umgetauscht haben, oder
9.
die den Vorbesitz einer anderen Klasse voraussetzt, wenn die Fahrerlaubnis dieser Klasse nach den Nummern 1 bis 8 im Inland nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen berechtigt.
In den Fällen des Satzes 1 kann die Behörde einen feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Berechtigung erlassen. Satz 1 Nummer 3 und 4 ist nur anzuwenden, wenn die dort genannten Maßnahmen im Fahreignungsregister eingetragen und nicht nach § 29 des Straßenverkehrsgesetzes getilgt sind. Satz 1 Nummer 9 gilt auch, wenn sich das Fehlen der Berechtigung nicht unmittelbar aus dem Führerschein ergibt.

(5) Das Recht, von einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis nach einer der in Absatz 4 Nummer 3 und 4 genannten Entscheidungen im Inland Gebrauch zu machen, wird auf Antrag erteilt, wenn die Gründe für die Entziehung oder die Sperre nicht mehr bestehen. Absatz 4 Satz 3 sowie § 20 Absatz 1 und 3 gelten entsprechend.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger setzt sich gegen eine Fahrerlaubnisentziehung zur Wehr.
Der am ... 1953 geborene Kläger erhielt am ... 1972 eine Fahrerlaubnis der Klassen 1 und 3 erteilt, die ihm wegen Verkehrsverstößen (15 Punkte nach Mehrfachtäter-Punktesystem) und wegen seiner Weigerung, die theoretische Fahrprüfung zu wiederholen, am ... 1988 entzogen wurde. Das Landratsamt Ravensburg lehnte die beantragte Wiedererteilung der Fahrerlaubnis mit Verfügung vom 29.8.1997 ab. Der Entscheidung lag das negative Ergebnis einer medizinisch-psychologischen Begutachtung durch den TÜV S., B., vom 11.6.1997 zugrunde. In diesem Fahreignungsgutachten wurde zur psychologischen Beurteilung ausgeführt: „... Herr P. ist in der Vergangenheit vermehrt durch verkehrsrechtliche und strafrechtliche Verstöße auffällig geworden und hat somit Anlass zu Eignungsbedenken gegeben. Es war daher im vorliegenden Fall zu untersuchen, inwieweit Herr P eine ausreichende Anpassung an allgemein- und verkehrsrechtliche Bestimmungen gelingen wird. ... Im psychologischen Untersuchungsgespräch ist insbesondere zu erkennen gewesen, dass Herr P. die wesentlichen Fehler seines Verhaltens noch nicht oder nur zum Teil wahrnimmt. ... Die durch sein Verhalten entstandenen Risiken für die Verkehrssicherheit werden von ihm nicht wahrgenommen und können nicht als motivationale Grundlage für Verhaltensänderungen angesehen werden. Insbesondere hat er immer wieder versucht, die Ursachen der Auffälligkeiten allein in den situativen Konstellationen, also äußeren Einflüssen, zu suchen. Der Eigenanteil seiner Person und damit die Vermeidbarkeit des Verhaltens wurde ihm kaum bewusst. ... Die Selbst- und Verhaltenskritik ist nur in Ansätzen vorhanden, eine tragfähige Problemeinsicht ist nur bedingt erkennbar. ... Zusammenfassend ergibt sich nach den Befunden aus psychologischer Sicht das Bild einer emotional angespannten Persönlichkeit, welche ihr Fehlverhalten noch sehr oberflächlich und undifferenziert wahrnimmt. Eine zeitlich stabile und ausreichende verkehrsrelevante Einstellungs- und Verhaltensänderung ist hier nicht festzustellen. Die aus der Vorgeschichte erwachsenen Bedenken werden durch die Untersuchungsbefunde nicht ausgeräumt. ... Es ist im Zusammenhang mit der strafrechtlichen Auffälligkeit in der Vorgeschichte auch mit erhöhter Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass Herr P. zukünftig erheblich gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen verstoßen wird. Um die Voraussetzungen für eine günstigere Beurteilung der Eignungsfrage bei einer eventuellen späteren Begutachtung zu schaffen, möchten wir Herrn P. ... empfehlen: - individuelle, psychotherapeutische Aufarbeitung der den Verkehrsauffälligkeiten zugrundeliegenden Hintergrundproblematik ... .“
Der Kläger ist wie folgt vorbestraft:
1. Mit Entscheidung des Amtsgericht N. - .../... - v. ... 1984 wegen Fahrens ohne Versicherungsschutz (letzte Tat: 5.4.1984) zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu je 40 DM.
2. Mit Entscheidung des Amtsgerichts G. - .../... - v. ... 1987 wegen Urkundenfälschung (letzte Tat: 18.12.1987) zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 40 DM.
3. Mit Entscheidung des Amtsgericht N. - .../... - vom ... 1987 wegen Fahrens ohne Versicherungsschutz (letzte Tat: 27.2.1987) zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 40 DM.
4. Mit Entscheidung des Amtsgerichts N. - .../... - v. ... 1988 wegen Fahrens ohne Versicherungsschutz (letzte Tat: 24.8.1989) zu einer Freiheitsstrafe von 2 Monaten.
5. Mit Entscheidung des Amtsgerichts Nürtingen - .../... - v. ... 1989 wegen Betrugs in 4 Fällen und Unterschlagung (letzte Tat: 25.8.1987) zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten.
6. Mit Entscheidung des Amtsgerichts N. - .../... vom ... 1989 wurde bezüglich der vorgenannten Verurteilungen 4. und 5. nachträglich eine Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten gebildet.
10 
7. Mit Entscheidung des Amtsgerichts B. - .../... - v. ... 1989 wegen fortgesetzten Vorenthaltens von Arbeitsentgelt (letzte Tat: 15.10.1987) zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 30 DM.
11 
8. Mit Entscheidung des Amtsgerichts N. - .../... - v. ... 1990 wegen Betrugs in 4 Fällen (letzte Tat: 30.5.1990) unter Einbeziehung der Entscheidungen Nr. 4, 5 und 7 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2.
12 
9. Mit Entscheidung des Amtsgerichts N. - .../... - vom ... 1991 wegen fahrlässigen Verstoßes gegen das Pflichtversicherungsgesetz (letzte Tat: 26.7.1990) zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten.
13 
10. Mit Entscheidung des Amtsgerichts N. - .../... - vom ... 1992 wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis (letzte Tat: 27.1.1992) zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 50 DM.
14 
11. Mit Entscheidung des Amtsgerichts B. - .../... - v. ... 1992 wegen Betrugs in Tateinheit mit Urkundenfälschung (letzte Tat: 27.1.1992) zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten.
15 
12. Mit Entscheidung des Amtsgerichts N. - .../... - v. ... 1993 wegen Siegelbruchs (letzte Tat: 8.4.1992) zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 30 DM.
16 
13. Mit Entscheidung des Amtsgerichts W. - .../... - vom ... 1994 wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis (letzte Tat: 27.2.1994) zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 50 DM.
17 
14. Mit Entscheidung des Amtsgerichts G. - .../... - v. ... 1994 wegen Betrugs in 2 Fällen (letzte Tat: 27.4.1993) zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten.
18 
15. Mit Entscheidung des Landgerichts R. - .../... - v. ... 1995 wegen Betrugs in 36 Fällen, vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in 7 Fällen sowie Betrugs in 8 Fällen und vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in 8 Fällen (letzte Tat: 14.7.1994) zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr. Hierbei wurden die Entscheidungen Nr. 13 und 14 miteinbezogen.
19 
16. Mit Entscheidung des Amtsgerichts W. - .../... - v. ... 2002 wegen Betrugs in 2 Fällen (letzte Tat: 20.11.2001) zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten.
20 
17. Mit Entscheidung des Amtsgerichts N.-U. - .../... - v. ... 2003 wegen Betrugs (letzte Tat: 31.10.2002) zu einer Freiheitsstrafe von 2 Monaten.
21 
18. Mit Entscheidung des Landgerichts K. - .../... - v. ... 2003, rechtskräftig seit dem 7.8.2004, wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 16 Fällen sowie wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in 8 Fällen (letzte Tat: 1.2001) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 4 Monaten. Die 8 abgeurteilten Einzeltaten des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis wurden nach den Feststellungen im Strafurteil im Zeitraum Mitte April bis Mitte August 2000 begangen.
22 
19. Mit Entscheidung des Landgerichts R. - .../... - v. ... 2004, rechtskräftig seit dem 29.9.2004, wegen Betrugs in 75 Fällen und falscher Versicherung an Eides Statt sowie Betrugs in 3 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten. Bei der Verurteilung wurden die Entscheidungen 16. und 17. einbezogen. Die abgeurteilten Tatkomplexe endeten am 20.11.2001, 28.1.2003 und 3.7.2003.
23 
20. Mit Entscheidung des Amtsgerichts K. - .../... - v. ... 2004, rechtskräftig seit dem 21.10.2004, wegen Betrugs in 3 Fällen (letzte Tat: 16.3.2004) zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 8 Monaten. Die Entscheidung 18. wurde bei der Verurteilung einbezogen.
24 
21. Mit Entscheidung des Amtsgerichts K. - .../... - v. ... 2006 wurde unter Einbeziehung der Entscheidungen 16., 17., 18., 19. und 20. eine Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 10 Monaten gebildet.
25 
Vom ... 1994 bis ... 1999 befand sich der Kläger in Strafhaft. Derzeit sitzt er seit ... 2004 wieder zur Strafverbüßung ein, wobei das Haftende voraussichtlich am ... 2009 erreicht sein wird.
26 
Am 7.4.2000 beantragte der Kläger beim Landratsamt R. erneut die Wiedererteilung seiner Fahrerlaubnis. Am 13.9.2000 unterzog er sich beim TÜV S., R., einer weiteren medizinisch-psychologischen Untersuchung, zur Frage, ob trotz der aktenkundigen Straftaten zu erwarten sei, dass er die körperlichen und geistigen Anforderungen an das sichere Führen eines Kraftfahrzeugs erfülle. Im psychologischen Untersuchungsgespräch gab er dabei an: „...Seine Punkte habe er nicht durch rüpelhaftes Verhalten angesammelt („ich bin ein vorbildlicher Fahrer“), sondern dadurch, dass die Fahrzeuge seines Unternehmens ohne Versicherungsschutz gefahren seien. Er habe sich damals nicht darum gekümmert, habe die Augen zugemacht, sich eingebildet, wichtigeres zu tun zu haben. Gegen die geforderte Nachschulung habe sich alles in ihm gesträubt. Er habe ein absolut stures Verhalten gezeigt. Als ihm der Führerschein entzogen worden sei, sei der „hemmungslos“ ohne gefahren, ohne an die Folgen zu denken. Er habe die Behörde als Feind empfunden und sich selber als unschuldiges Opfer, das ein Recht auf Regelverstöße habe. Noch während der Haftzeit habe er sehr wenig Einsicht gezeigt. Er habe sich häufig mit den Beamten angelegt, diese bewusst durcheinander gebracht und deshalb auch keine Haftzeitverkürzung bekommen. Er habe damals noch die Absicht gehabt, ein Buch über das Unrecht zu schreiben, das ihm widerfahren sei. Erst später habe er begonnen, sich mit dem auseinander zu setzen, was er getan habe. Nach Erhalt des ersten negativen Gutachtens habe er im Hinblick auf die neue MPU ab Mai/Juni 99 Gespräche mit Frau S. geführt. Dabei habe er allmählich seine eigenen Fehler eingesehen. Er sei uneinsichtig, verblendet und stur gewesen, habe sich selbst überschätzt. ... Er wolle auf keinen Fall wieder in eine ähnliche Situation hineinrutschen. ... Er sei seit seiner Haftentlassung nie mehr Auto gefahren. Es sei ihm klar, was Fahren ohne Versicherungsschutz und ohne gültige Fahrerlaubnis bedeute. Vorher sei sein Blick total verstellt gewesen. ...“ Zur Bewertung im Hinblick auf die Fahreignung wurde von den Gutachterinnen im medizinisch-psychologischen Gutachten vom 13.10.2000 ausgeführt: „... Im psychologischen Untersuchungsgespräch war zu erkennen, dass Herr P. die wesentlichen Fehler seines Verhaltens sieht und richtig bewertet. ... Seine Eigenverantwortung wird von ihm jetzt im erforderlichen Maß wahrgenommen. Eine grundlegende Voraussetzung für eine Verhaltensänderung ist, dass das eigene Fehlverhalten überhaupt als vermeidbar angesehen wird. Dies konnte sich Herr P. weitgehend eingestehen. Durch die Wahrnehmung der entscheidenden Bedingungen innerhalb der eigenen Person (insbesondere Selbstüberschätzung) ist die Voraussetzung für die Entwicklung geeigneter und stabiler Alternativen zum früheren Problemverhalten gegeben. Nach der vorliegenden Befundlage kann davon ausgegangen werden, dass Herr P. zu einer Orientierung seines Verhaltens an überindividuellen Normen sowohl hinreichend motiviert als auch in der Lage ist. ... .“ Von dieser Bewertung ausgehend gelangten die Gutachterinnen zu der Einschätzung, dass beim Kläger trotz der strafrechtlichen Auffälligkeit in der Vorgeschichte nicht mit erhöhter Wahrscheinlichkeit zu erwarten sei, dass er zukünftig erheblich gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen verstoßen werde.
27 
Am 20.12.2000 erteilte das Landratsamt R. dem Kläger nach Vorlage des Fahreignungsgutachtens vom 13.10.2000 die Fahrerlaubnis der Klassen B, M und L.
28 
Am 17.1.2001 erhielt das Landratsamt R. von der Polizeistation O. die Mitteilung, dass der Kläger beschuldigt werde, im Jahr 2000 in 8 Fällen ohne Fahrerlaubnis mit einem PKW am öffentlichen Straßenverkehr teilgenommen zu haben. Am 3.6.2001 wurde der Behörde dazu die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Kempten vom 29.5.2001 zugesandt. Am 3.7.2001 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass im Fall einer rechtskräftigen Verurteilung wegen der in der Anklageschrift enthaltenen Straßenverkehrsverstöße (Fahren ohne Fahrerlaubnis) die Fahreignung des Klägers einer erneuten Überprüfung unterzogen werden müsse.
29 
Eine am 14.1.2005 verfügte Fahrerlaubnisentziehung hob das Landratsamt R. wegen fehlender örtlicher Zuständigkeit mit Bescheid vom 7.4.2005 wieder auf. Der Kläger, der damals in der Justizvollzugsanstalt U. einsaß, kehrte am 30.7.2005 nicht vom Ausgang zurück. Nach Flucht und Wiederergreifung saß er ab dem 26.8.2005 wieder in der Justizvollzugsanstalt R. ein und befand sich damit wieder im Zuständigkeitsbereich des Landratsamts Ravensburg. Die Behörde forderte den Kläger daraufhin mit Schreiben vom 22.9.2005 dazu auf, sein Einverständnis mit der Durchführung einer Fahreignungsbegutachtung verbindlich zu erklären und das Gutachten bis zum 20.12.2005 vorzulegen. Gleichzeitig wies sie darauf hin, dass beim Kläger bei Nichtvorlage des Gutachtens von fehlender Fahreignung ausgegangen und die Fahrerlaubnis entzogen werde. Zur Begründung wurde auf die Feststellungen zu seinen Verkehrsverstößen im Strafurteil des Landgerichts K. - .../... - v. ... 2003, rechtskräftig seit dem 7.8.2004 (Verurteilung 18.), verwiesen und auf die sich daraus ergebenden Zweifel an seiner Fahreignung.
30 
Mit Verfügung vom 29.12.2005 entzog das Landratsamt R. die Fahrerlaubnis (Ziff. 1), ordnete die Abgabe des Führerscheindokuments an (Ziff. 2) und drohte für den Fall, dass die Abgabe nicht erfolgt, ein Zwangsgeld in Höhe von 450 EUR an (Nr. 3). Die sofortige Vollziehung der Regelungen Ziff. 1 und 2 wurde angeordnet. Zur Begründung wurde ausgeführt, Zweifel an der Fahreignung des Kläger lägen wegen seiner gehäuften Verkehrsstraftaten vor. Nachdem er die Vorlage des MPU-Gutachtens verweigert habe, sei bei ihm vom Fehlen der Fahreignung auszugehen.
31 
Der Kläger erhob am 9.1.2006 Widerspruch und führte zur Begründung aus, für die Anforderung des MPU-Gutachtens gebe es keine rechtliche Grundlage. Die von der Fahrerlaubnisbehörde problematisierten Straftaten seien von ihm von April bis August 2000 begangen worden, lägen jetzt also fast 6 Jahre zurück. Sie seien auch vor der Begutachtung vom 13.10.2000 begangen worden. Die positive Prognose in diesem Fahreignungsgutachten habe sich in der Folgezeit bewahrheitet. Die Entziehung der Fahrerlaubnis sei daher unverhältnismäßig.
32 
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.9.2006, zugestellt am 14.9.2006, wies das Regierungspräsidium T. den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, die seit dem 7.8.2004 rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung vom ... 2003 weise auf Zweifel an der Fahreignung des Klägers hin. Die Fahrerlaubnisbehörde habe dem Kläger bereits 2001 mitgeteilt, dass bei einer rechtskräftigen Verurteilung wegen der Taten aus dem Jahr 2000 eine medizinisch-psychologische Beurteilung erforderlich werde und ggf. ein Entzug der Fahrerlaubnis in Frage komme. Bei einer Gesamtwürdigung des Verhaltens des Klägers sei aus der Zahl und Art der Verkehrsverstöße und seiner nachweislich falschen Angaben bei der Begutachtung darauf zu schließen, dass der Kläger nicht gewillt sei, die im Interesse der allgemeinen Verkehrssicherheit erlassenen Vorschriften zu berücksichtigen.
33 
Der Kläger hat am 19.9.2006 die vorliegende Klage erhoben. Zur Begründung wird ausgeführt, der Fahreignungsgutachter werde immer mit der Möglichkeit rechnen und davon ausgehen, dass der Proband unwahre Angaben mache. Wenn der Beklagte der Meinung sei, dass eine Täuschung des Gutachters vorliege, komme nur eine Rücknahme der Fahrerlaubnis in Betracht. Diese sei aber nach Ablauf der Jahresfrist unzulässig. Außerdem lägen die tatsächlichen Eignungszweifel jetzt nicht mehr vor. Der Kläger habe seit Ende 2000 beanstandungsfrei am Straßenverkehr teilgenommen. Der Beklagte könne daher nicht im Jahr 2005 unter Hinweis auf die Taten aus dem Jahr 2000 die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens verlangen. Dies verbiete auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
34 
Der Kläger beantragt,
35 
den Bescheid des Landratsamts R. vom 29. Dezember 2005 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums T. vom 12. September 2006 mit den darin enthaltenen Gebührenentscheidungen aufzuheben und die Zuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
36 
Der Beklagte beantragt,
37 
die Klage abzuweisen.
38 
Zur Begründung wird ausgeführt, die Behörde habe die abgeurteilten Verkehrsstraftaten wegen der für den Kläger geltenden Unschuldsvermutung erst nach Eintritt der Rechtskraft des Strafurteils am 6.8.2004 berücksichtigen dürfen. Bezüglich der Berücksichtigungsfähigkeit komme es dabei allein darauf an, ob die Taten im Verkehrszentralregister noch erfasst oder bereits getilgt seien. Die Tilgungsfrist laufe bezüglich der fraglichen Taten aber erst am 29.1.2011 ab. Nicht entscheidend sei, dass die Taten bereits im Jahr 2000 begangen worden seien.
39 
Das Gericht hat eine Stellungnahme der Diplom-Psychologin W-K. eingeholt, die an der Erstellung des Fahreignungsgutachtens vom 13.10.2000 beteiligt war. In dieser Stellungnahme vom 18.4.2007 wird ausgeführt, die Frage des Gerichts, inwiefern das Ergebnis des Fahreignungsgutachtens anders ausgefallen wäre, wenn die vom Kläger von Mitte April bis Mitte August 2000 begangenen Verkehrsstraftaten den Gutachterinnen bekannt gewesen wären, lasse sich nicht eindeutig beantworten. Es sei aber wahrscheinlich, dass in diesem Fall die Fahreignungsbedenken nicht hätten ausgeräumt werden können. Die neuerlichen Delikte wären ein Hinweis darauf gewesen, dass die vom Kläger formulierten Einsichten und Vorsätze nicht genügend verhaltenswirksam gewesen seien.
40 
Dem Gericht haben die Fahrerlaubnisakten des Landratsamts R. (5 Bände) vorgelegen; bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf diese Unterlagen und auf die Ausführungen der Beteiligten in ihren Schriftsätzen verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
41 
Die zulässige Klage ist unbegründet und bleibt daher ohne Erfolg. Die streitgegenständlichen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
42 
Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Verfügung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Zustellung des Widerspruchsbescheids (BVerwG, Urteil v. 27.9.1995 - 11 C 34.94 -, BVerwGE 99, 249; Beschluss v. 22.1.2001 - 3 B 144.00 -, juris). Bezogen auf diesen Zeitpunkt (14.9.2006) erweisen sich die Verfügung des Landratsamts R. und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums T. als rechtmäßig. Dies gilt sowohl für die in Ziff. 1 verfügte Entziehung der Fahrerlaubnis (I.) als auch für die sonstigen Regelungen der Verfügung des Beklagten vom 29.12.2005 (II.). Auch die zu den streitgegenständlichen Bescheiden ergangenen Gebührenentscheidungen sind rechtlich nicht zu beanstanden (III.).
I.
43 
Rechtsgrundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis (Ziff. 1 der Verfügung vom 29.12.2005) ist § 3 Abs. 1 Satz 1 und § 6 Abs. 1 Nr. 1c StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV.
44 
1. Eine in das Ermessen der Behörde gestellte Rücknahme der Fahrerlaubnis nach § 48 Abs. 1 LVwVfG kommt dagegen nicht in Betracht. Die Fahrerlaubnis ist - entgegen klägerischer Ansicht - auch dann nach § 3 Abs 1 StVG zu entziehen, wenn sich ein Kraftfahrer aufgrund von Umständen als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist, die vor Erteilung der Fahrerlaubnis eingetreten sind.
45 
Der vorliegende Fall zeichnet sich dadurch aus, dass der Kläger durch bewusste Falschangaben das für ihn positive Fahreignungsgutachten vom 13.10.2000 bewirkt und dadurch erreicht hat, dass ihm durch den Beklagten am 20.12.2000 eine Fahrerlaubnis erteilt wurde. Die auf diese Weise erschlichene Erteilung der Fahrerlaubnis ist rechtswidrig, nachdem die nach § 2 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 4 StVG für die Erteilung notwendige Feststellung, dass der Kläger zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist, nicht vorlag. Das Gutachten vom 13.10.2000 beruht auf Falschangaben und besitzt daher bezüglich der Frage, ob der Kläger seine Fahreignung wieder erlangt hat, keinerlei Aussagekraft. Ob damit die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Rücknahme der rechtswidrig erteilten Fahrerlaubnis nach § 48 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 und 2, Abs. 4 Satz 2 LVwVfG am 29.12.2005 vorgelegen haben, kann offen bleiben. Die Fahrerlaubnisbehörde hat jedenfalls zurecht von der Rücknahme der rechtswidrig erteilte Fahrerlaubnis abgesehen und stattdessen den Weg über die Entziehung der Fahrerlaubnis gewählt. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden.
46 
Dafür, dass die Vorschriften des Straßenverkehrsgesetzes über die Entziehung der Fahrerlaubnis nur bei einer rechtmäßig erteilten Fahrerlaubnis anzuwenden wären, gibt der Wortlaut des Gesetzes nichts her. Dem Sinn des Gesetzes würde es dagegen widersprechen, wenn in den Fällen, in denen die erteilte Fahrerlaubnis von Anfang an rechtswidrig gewesen ist, auf die Rücknahmevorschriften ausgewichen würde. Die in § 48 LVwVfG nur vorgesehene Ermessensentscheidung und die dort vorgesehene Berücksichtigung von Vertrauensschutz würden die Erfüllung des fahrerlaubnisrechtlichen Schutzzwecks gefährden. Fahrerlaubnisrechtlich ist es nicht vorstellbar und nicht zu verantworten, im Ermessensweg unter Berücksichtigung von Vertrauensschutz einem nicht geeigneten Fahrer die Fahrerlaubnis zu belassen. Das Fahrerlaubnisrecht dient dem Schutz von Leib und Leben der anderen Verkehrsteilnehmer. Dieser Schutz erfordert es, dass einem Verkehrsteilnehmer bei Ungeeignetheit die Fahrerlaubnis entzogen wird, gleich aus welchen Gründen er in den Besitz der Fahrerlaubnis gelangt ist. Demgemäß ist in der Rechtsprechung bereits seit langem geklärt, dass eine „Rücknahme“ der Fahrerlaubnis ihre Rechtsgrundlage nicht in den allgemeinen verwaltungsrechtlichen Vorschriften über die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes sondern allein in den spezielleren Vorschriften über die Entziehung der Fahrerlaubnis finden kann, selbst wenn die Umstände, derentwegen die Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen anzunehmen ist, vor der Erteilung der Fahrerlaubnis eingetreten sind (BVerwG, Beschluss vom 27.1.1958 - I B 137/56 -, Buchholz 442.10 § 4 StVG Nr. 3; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 17.12.1991 - 10 S 2855/91 - VBlBW 1992, 150; Hessischer VGH, Urteil vom 4.6.1985 - 2 OE 65/83 - NJW 1985, 2909; VG Braunschweig, Beschluss vom 13.7.2004 - 6 B 297/04 - juris; Beschluss vom 17.9.2002 - 6 B 530/02 - juris; VG Minden, Beschluss vom 20.2.1991 - 3 L 1006/90 -, NZV 1991, 366, jeweils mit weiteren Nachweisen).
47 
2. Die Entscheidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis wurde vom Landratsamt R. daher zurecht auf § 3 Abs. 1 Satz 1 und § 6 Abs. 1 Nr. 1c StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV gestützt. Nach diesen Vorschriften hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich der Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist.
48 
Ob die Rechtmäßigkeit der Entziehung der Fahrerlaubnis hier bereits aus dem Umstand folgt, dass die Fahrungeeignetheit des Klägers im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG bzw. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV aufgrund besonderer Umstände ungeachtet der Nichtbeibringung des vom Beklagten mit Schreiben vom 22.9.2005 angeforderten Gutachtens positiv fest steht (vgl. BVerwG, Urteil v. 5.7.2001 - 3 C 13.01 -, NJW 2002, 78), lässt die Kammer offen. Dafür müssten Gesichtspunkte vorliegen, die die Ungeeignetheit des Klägers zum Zeitpunkt der Zustellung des Widerspruchsbescheids unabhängig von der Tatsache belegen könnten, dass dieser das von ihm geforderte Gutachten nicht vorgelegt hat. Nachweise dafür, dass das fortgesetzt (verkehrs-)regelwidrige Verhalten des Klägers, das den Anlass für die Gutachtensanordnung gegeben hat, auf einer psychischen Störung nach Nr. 7 der Anlage 4 zur FeV beruht, liegen nicht vor. Dafür, dass die fehlende Fahreignung des Klägers ungeachtet der Nichtbeibringung des angeforderten Gutachtens positiv feststeht, spricht der Umstand, dass das Fehlen der Fahreignung beim Kläger mit Fahreignungsgutachten des TÜV S., B., vom 11.6.1997 mit überzeugenden Ausführungen der Gutachter zu der Fehlhaltung des Klägers festgestellt wurde und dass eine belastbare sachverständige spätere Aussage zur Wiedererlangung der Fahreignung nicht vorliegt. Insofern wurde bereits oben ausgeführt, dass das Fahreignungsgutachten des TÜV S., R., vom 13.10.2000 wegen der Falschangaben des Klägers bezüglich der Wiedererlangung der Fahreignung keinerlei Aussagekraft besitzt. Die Vorlage eines nachweislich erschlichenen positiven Fahreignungsgutachten ändert nichts daran, dass der Betroffene nach gutachterlicher Feststellung der Fahrungeeignetheit grundsätzlich solange als ungeeignet gilt, bis der Behörde eine gegenteilige Feststellung vorliegt. Ernst zu nehmende Anhaltspunkte für eine verlässliche Änderung der im Gutachten vom 11.6.1997 festgestellten Fehlhaltung, die für die verkehrs- und strafrechtlichen Verstöße ursächlich ist, konnten von der klägerischen Seite auch auf wiederholte Nachfrage in der mündlichen Verhandlung nicht vorgetragen werden. Solche Anhaltspunkte sind für das Gericht auch nicht ersichtlich. Der Umstand, dass sich der Kläger angeblich vom 20.12.2000 bis 4.4.2004 als Verkehrsteilnehmer bewährt haben soll, dürfte ohne Verhaltensumstellung für die Annahme der Wiedererlangung der Fahreignung nicht genügen. Danach spricht einiges dafür, dass schon aufgrund der weiterhin gültigen und zu beachtenden gutachterlichen Feststellungen vom 11.6.1997 von der Fahrungeeignetheit des Klägers ausgegangen werden kann.
49 
Die Entziehungsverfügung und der Widerspruchsbescheid sind davon abgesehen aber jedenfalls deshalb rechtmäßig, weil der Beklagte gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV von der Ungeeignetheit des Klägers ausgehen durfte und dem Kläger daher gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG bzw. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV nach erfolgter Anhörung die Fahrerlaubnis entziehen musste. Die Gutachtensanforderung des Beklagten vom 22.9.2005 genügt den an sie zu stellenden formellen (1) und materiellen (2) Anforderungen. Auch im Übrigen ist die Entziehung der Fahrerlaubnis rechtmäßig (3).
50 
(1) Die Aufforderung zur Vorlage des medizinisch-psychologischen Gutachtens im Schreiben des Beklagten vom 22.9.2005 entspricht den formellen Voraussetzungen. Maßgeblich ist § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV. Danach teilt die Behörde dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle oder Stellen mit, dass er sich innerhalb der von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat. Wegen ihrer großen Bedeutung und wegen der nicht gegebenen Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung der Aufforderung muss die Anordnung im Wesentlichen aus sich heraus verständlich sein, und der Betroffene muss ihr entnehmen können, was konkret ihr Anlass ist und ob das in ihr Verlautbarte die behördlichen Zweifel an seiner Fahreignung zu rechtfertigen vermag. Die den Verdacht begründenden Umstände müssen so genau bezeichnet sein, dass es dem Betroffenen möglich ist, auch unter Heranziehung eines Rechtsanwalts abzuschätzen, ob nach den Vorschriften der Fahrerlaubnis-Verordnung hinreichender Anlass zu der angeordneten Überprüfung besteht. Unzulässig ist insbesondere die für eine Reduzierung des Inhalts der Aufforderung maßgebliche Überlegung, der Betroffene „werde schon wissen, worum es geht“ (vgl. BVerwG, Urteil v. 5.7.2001 - 3 C 13.01 -, NJW 2002, 78, bezogen auf die frühere Rechtsgrundlage des § 15b Abs. 2 StVZO). Diesen sich aus § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV ergebenden Anforderungen wird das Schreiben der Beklagten vom 22.9.2005 gerecht. Die Gutachtenanforderung erklärt ausführlich, was vom Kläger verlangt wird und warum. Das Schreiben geht dabei ausdrücklich auf die Verkehrsstraftaten, die von Mitte April bis Mitte August 2000 begangen wurden und auf die sich daraus ergebenden Eignungszweifel ein. Außerdem wird in dem Schreiben erklärt, warum die Eignungszweifel im Rahmen der vorausgegangenen Eignungsbegutachtung nicht abgeklärt werden konnten. Die Eignungsfrage (Zuverlässigkeit des Klägers bei der Einhaltung von allgemeinen Verhaltensnormen im Straßenverkehr) wird dem Kläger in dem Schreiben ebenso mitgeteilt wie das zur Klärung vorgesehene Mittel (medizinisch-psychologisches Gutachten). Entsprechend § 46 Abs. 3 i.V.m. § 11 Abs. 8 Satz 2 FeV ist der Kläger in der Gutachtensanforderung vom 22.9.2005 auch auf die Folgen einer nicht rechtzeitigen Vorlage des Gutachtens ausdrücklich hingewiesen worden. Ob die Haftsituation des Klägers die Beibringung des Gutachtens in der vorgesehenen Frist bis zum 20.12.2005 zugelassen hätte, kann dahinstehen. Sich hieraus ergebende Fehler kann der Kläger der Gutachtensanordnung schon deswegen nicht entgegenhalten, weil er die Beibringung des Gutachtens mit Schreiben vom 27.9.2005 und vom 21.10.2005 aus anderen Gründen ausdrücklich abgelehnt hat.
51 
(2) Die Gutachtensanforderung vom 22.9.2005 begegnet auch in materiell-rechtlicher Hinsicht keinen rechtlichen Bedenken. Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte unter Berücksichtigung der persönlichen Entwicklung des Klägers, der negativen Begutachtung aus dem Jahr 1997 und der Verurteilung durch das Landgericht Kempten vom 11.11.2003, rechtskräftig seit dem 7.8.2004, von Zweifeln am Bestehen der Fahreignung und einem weiteren Klärungsbedarf ausgeht.
52 
§ 2 Abs. 8 StVG, § 46 Abs. 3 sowie § 11 Abs. 2 FeV sprechen inhaltlich übereinstimmend davon, dass Maßnahmen zur Klärung von Zweifeln an der Fahreignung eines Fahrerlaubnisinhabers, wie z.B. die Verpflichtung zur Beibringung eines Gutachtens, zulässig sind, wenn Tatsachen bekannt werden, die entsprechende Bedenken begründen. Die Maßnahmen sind nach den allgemeinen Grundsätzen des Gefahrenabwehrrechts nur zulässig, wenn eine konkrete Gefahr für den öffentlichen Straßenverkehr besteht, die nur bei hinreichender Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts in absehbarer Zeit gegeben ist. Danach sind die Beeinträchtigungen im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nur angemessen, wenn die Fahrerlaubnisbehörde konkrete tatsächliche Anhaltspunkte feststellt, die den hinreichenden Verdacht fehlender Fahreignung begründen (BVerfG, Beschluss v. 20.6.2002 - 1 BvR 2062/96, NJW 2002, 2378; Beschluss v. 8.7.2002 - 1 BvR 2428/95 -, UPR 2002, 344; BVerwG, Urteil v. 5.7.2001 - 3 C 13.01 -, NJW 2002, 78). Die Anordnung zur Beibringung eines Fahreignungsgutachtens ist dabei nicht an eine bestimmte Frist gebunden. Verkehrsvergehen können nicht stets bis zur ihrer Tilgung aus dem Verkehrsregister den Verdacht fehlender Fahreignung begründen, wie der Beklagte meint. Entscheidend für die Beachtlichkeit ist, ob im Zeitpunkt der Prüfung wegen des in Rede stehenden Verkehrsverstoßes unter Berücksichtigung aller Umstände noch hinreichende Anhaltspunkte zur Begründung eines Gefahrenverdachts bestehen (so wohl auch BVerwG, Urteil vom 9.6.2005 - 3 C 25/04 - NZV 2005/603).
53 
Solche konkreten Anhaltspunkte liegen hier der Anforderung des Eignungsgutachtens zugrunde. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Fahrungeeignetheit des Klägers wegen charakterlicher Mängel mit Gutachten des TÜV S., B., vom 11.6.1997 festgestellt wurde. Brauchbare gutachterliche Feststellungen zur Wiedererlangung der Fahreignung liegen nicht vor. Die Berücksichtigung des fortgesetzt verkehrswidrigen Verhaltens im Zeitraum Mitte April bis Mitte August 2000 ist bei der Begutachtung durch den TÜV S., R., wegen der wahrheitswidrigen Angaben des Klägers unterblieben, das Gutachten vom 13.10.2000 hat in der Folge bezüglich der Frage der Wiedererlangung der Fahreignung keinerlei Aussagewert. Dies ergibt sich auch aus der Stellungnahme der Diplom-Psychologin W-K. vom 18.4.2007. Weiter ist zu berücksichtigen, dass keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Kläger seine 1997 gutachterlich festgestellte, zur Fahrungeeignetheit führende charakterliche Fehlhaltung zuverlässig abgelegt hat. Im Gegenteil. Wie sich aus der obigen Aufstellung der Bestrafungen ergibt, tut sich der Kläger nach wie vor schwer damit, Regeln einzuhalten und die rechtlich geschützte Sphäre anderer zu respektieren. Durch die von ihm im Zeitraum vom 5.4.1984 bis Mitte August 2000 begangenen mittleren und schweren Verkehrsstraftaten hat der Kläger gezeigt, dass davon sein Verhalten im Straßenverkehr nicht ausgenommen ist, sondern dass er auch im Straßenverkehr gegen Regeln verstößt, soweit es ihm passt. Den Gutachterinnen hat er dazu am 13.9.2000 angegeben, er sei uneinsichtig, verblendet und stur gewesen, habe seine eigenen Grenzen nicht erkannt und sich eigene Fehler nicht eingestehen können. Dass diese, auch den Verkehrsstraftaten zugrunde liegende Fehlhaltung inzwischen erfolgreich therapiert wurde, ist nicht zu erkennen. Eine wesentliche Verhaltensänderung ist den Eintragungen im Bundeszentralregister jedenfalls nicht zu entnehmen. Nach den dazu getroffenen Feststellungen des Gerichts hat der Kläger im Zeitraum 1.1.2001 bis zum Haftantritt am 4.4.2004, also in drei Jahren und ca. drei Monaten über 80 Betrugsstraftaten und eine falsche Versicherung an Eides Statt begangen und damit gezeigt, dass sich bei ihm nichts geändert hat. Von der Fortsetzung seines delinquenten Verhaltens konnte ihn dabei auch der Umstand nicht abhalten, dass er während der vergangenen 13 Jahre mehr als 7 Jahre im Strafvollzug eingesessen hat. Die damit belegte Unbelehrbarkeit und Uneinsichtigkeit des Klägers bestätigen auch seine schriftlichen Äußerungen im fahrerlaubnisrechtlichen Verfahren. Sie lassen jegliche Selbstkritik und jeglichen Besserungswillen vermissen und gefallen sich darin, die Schuld an der persönlichen Misere des Klägers anderen zuzuschieben.
54 
Damit ist wegen der Schwere der in Rede stehenden Verkehrsstraftaten (8 mal Fahren ohne Fahrerlaubnis von Mitte April bis Mitte August 2000), wegen der fortgesetzten anderweitigen Straffälligkeit und wegen des sonstigen Verhaltens beim Kläger die zwingend erforderliche Verhaltensumstellung nicht nachgewiesen. Ohne eine solche Verhaltensumstellung ist nach den insofern überzeugenden Ausführungen in den Fahreignungsgutachten vom 11.6.1997 und vom 13.10.2000 beim Kläger kein rechtstreues Verhalten im Straßenverkehr zu erwarten. Damit steht nicht fest, ob der Kläger sein früheres Verhalten fortsetzen und weitere Verkehrsverstöße und Verkehrsstraftaten begehen wird. Zweifel an der charakterlichen Eignung des Klägers liegen daher weiter vor. Dies genügt für die Anordnung einer Begutachtung. Ein Nachweis der bestehenden Fahrungeeignetheit muss von der Fahrerlaubnisbehörde dagegen für die Anordnung eines Gutachtens gerade nicht geführt werden.
55 
(3) Dass dem Kläger die Fahrerlaubnis entzogen worden ist, begegnet auch im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit keinen rechtlichen Bedenken. Auflagen als milderes Mittel scheiden aus. Nach den vorstehenden Ausführungen bestehen Zweifel an der Fahreignung des Klägers. Dieser hat sich geweigert, an der Klärung dieser Zweifel mitzuwirken. Der hohe Rang der durch die Verkehrsteilnahme eines Ungeeigneten gefährdeten Rechtsgüter anderer Verkehrsteilnehmer gebietet es, eine Person, die wegen der verweigerten Mitwirkung an der Klärung der Eignungszweifel als ungeeignet anzusehen ist, entsprechend § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG bzw. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV von der legalen Teilnahme am Straßenverkehr auszuschließen.
II.
56 
Auch die übrigen Regelungen der Verfügung der Beklagten vom 22.9.2005 sind rechtmäßig. Die Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheins folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 FeV. Im Interesse der tatsächlichen Umsetzung einer verfügten Fahrerlaubnisentziehung sind § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG und § 47 Abs. 1 Satz 1 FeV dahingehend auszulegen, dass sie auch die Ermächtigung der zuständigen Behörde regeln, dem Betroffenen die Verpflichtung zur Abgabe des Führerscheins aufzuerlegen. Da auch hinsichtlich der Verpflichtung zur Abgabe des Führerscheins die sofortige Vollziehung angeordnet worden ist, ist dieser Verwaltungsakt im Sinne von § 2 Nr. 2 LVwVG vollstreckbar, so dass die Festsetzung eines angemessenen Zwangsgeldes in Höhe von 450,- EUR angedroht werden konnte (§ 20 LVwVG).
III.
57 
Auch die zu den streitgegenständlichen Bescheiden ergangenen Gebührenentscheidungen sind rechtlich nicht zu beanstanden. Sie beruhen auf § 6a StVG in Verbindung mit §§ 1, 2 und 4 der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr. Konkrete Einwände gegen die Gebührenfestsetzungen hat der Kläger nicht vorgebracht. Solche sind für das Gericht auch nicht ersichtlich.
58 
Die Klage war nach alldem abzuweisen.
59 
Der Kläger trägt nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens, weil er unterliegt.

Gründe

 
41 
Die zulässige Klage ist unbegründet und bleibt daher ohne Erfolg. Die streitgegenständlichen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
42 
Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Verfügung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Zustellung des Widerspruchsbescheids (BVerwG, Urteil v. 27.9.1995 - 11 C 34.94 -, BVerwGE 99, 249; Beschluss v. 22.1.2001 - 3 B 144.00 -, juris). Bezogen auf diesen Zeitpunkt (14.9.2006) erweisen sich die Verfügung des Landratsamts R. und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums T. als rechtmäßig. Dies gilt sowohl für die in Ziff. 1 verfügte Entziehung der Fahrerlaubnis (I.) als auch für die sonstigen Regelungen der Verfügung des Beklagten vom 29.12.2005 (II.). Auch die zu den streitgegenständlichen Bescheiden ergangenen Gebührenentscheidungen sind rechtlich nicht zu beanstanden (III.).
I.
43 
Rechtsgrundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis (Ziff. 1 der Verfügung vom 29.12.2005) ist § 3 Abs. 1 Satz 1 und § 6 Abs. 1 Nr. 1c StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV.
44 
1. Eine in das Ermessen der Behörde gestellte Rücknahme der Fahrerlaubnis nach § 48 Abs. 1 LVwVfG kommt dagegen nicht in Betracht. Die Fahrerlaubnis ist - entgegen klägerischer Ansicht - auch dann nach § 3 Abs 1 StVG zu entziehen, wenn sich ein Kraftfahrer aufgrund von Umständen als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist, die vor Erteilung der Fahrerlaubnis eingetreten sind.
45 
Der vorliegende Fall zeichnet sich dadurch aus, dass der Kläger durch bewusste Falschangaben das für ihn positive Fahreignungsgutachten vom 13.10.2000 bewirkt und dadurch erreicht hat, dass ihm durch den Beklagten am 20.12.2000 eine Fahrerlaubnis erteilt wurde. Die auf diese Weise erschlichene Erteilung der Fahrerlaubnis ist rechtswidrig, nachdem die nach § 2 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 4 StVG für die Erteilung notwendige Feststellung, dass der Kläger zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist, nicht vorlag. Das Gutachten vom 13.10.2000 beruht auf Falschangaben und besitzt daher bezüglich der Frage, ob der Kläger seine Fahreignung wieder erlangt hat, keinerlei Aussagekraft. Ob damit die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Rücknahme der rechtswidrig erteilten Fahrerlaubnis nach § 48 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 und 2, Abs. 4 Satz 2 LVwVfG am 29.12.2005 vorgelegen haben, kann offen bleiben. Die Fahrerlaubnisbehörde hat jedenfalls zurecht von der Rücknahme der rechtswidrig erteilte Fahrerlaubnis abgesehen und stattdessen den Weg über die Entziehung der Fahrerlaubnis gewählt. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden.
46 
Dafür, dass die Vorschriften des Straßenverkehrsgesetzes über die Entziehung der Fahrerlaubnis nur bei einer rechtmäßig erteilten Fahrerlaubnis anzuwenden wären, gibt der Wortlaut des Gesetzes nichts her. Dem Sinn des Gesetzes würde es dagegen widersprechen, wenn in den Fällen, in denen die erteilte Fahrerlaubnis von Anfang an rechtswidrig gewesen ist, auf die Rücknahmevorschriften ausgewichen würde. Die in § 48 LVwVfG nur vorgesehene Ermessensentscheidung und die dort vorgesehene Berücksichtigung von Vertrauensschutz würden die Erfüllung des fahrerlaubnisrechtlichen Schutzzwecks gefährden. Fahrerlaubnisrechtlich ist es nicht vorstellbar und nicht zu verantworten, im Ermessensweg unter Berücksichtigung von Vertrauensschutz einem nicht geeigneten Fahrer die Fahrerlaubnis zu belassen. Das Fahrerlaubnisrecht dient dem Schutz von Leib und Leben der anderen Verkehrsteilnehmer. Dieser Schutz erfordert es, dass einem Verkehrsteilnehmer bei Ungeeignetheit die Fahrerlaubnis entzogen wird, gleich aus welchen Gründen er in den Besitz der Fahrerlaubnis gelangt ist. Demgemäß ist in der Rechtsprechung bereits seit langem geklärt, dass eine „Rücknahme“ der Fahrerlaubnis ihre Rechtsgrundlage nicht in den allgemeinen verwaltungsrechtlichen Vorschriften über die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes sondern allein in den spezielleren Vorschriften über die Entziehung der Fahrerlaubnis finden kann, selbst wenn die Umstände, derentwegen die Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen anzunehmen ist, vor der Erteilung der Fahrerlaubnis eingetreten sind (BVerwG, Beschluss vom 27.1.1958 - I B 137/56 -, Buchholz 442.10 § 4 StVG Nr. 3; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 17.12.1991 - 10 S 2855/91 - VBlBW 1992, 150; Hessischer VGH, Urteil vom 4.6.1985 - 2 OE 65/83 - NJW 1985, 2909; VG Braunschweig, Beschluss vom 13.7.2004 - 6 B 297/04 - juris; Beschluss vom 17.9.2002 - 6 B 530/02 - juris; VG Minden, Beschluss vom 20.2.1991 - 3 L 1006/90 -, NZV 1991, 366, jeweils mit weiteren Nachweisen).
47 
2. Die Entscheidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis wurde vom Landratsamt R. daher zurecht auf § 3 Abs. 1 Satz 1 und § 6 Abs. 1 Nr. 1c StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV gestützt. Nach diesen Vorschriften hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich der Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist.
48 
Ob die Rechtmäßigkeit der Entziehung der Fahrerlaubnis hier bereits aus dem Umstand folgt, dass die Fahrungeeignetheit des Klägers im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG bzw. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV aufgrund besonderer Umstände ungeachtet der Nichtbeibringung des vom Beklagten mit Schreiben vom 22.9.2005 angeforderten Gutachtens positiv fest steht (vgl. BVerwG, Urteil v. 5.7.2001 - 3 C 13.01 -, NJW 2002, 78), lässt die Kammer offen. Dafür müssten Gesichtspunkte vorliegen, die die Ungeeignetheit des Klägers zum Zeitpunkt der Zustellung des Widerspruchsbescheids unabhängig von der Tatsache belegen könnten, dass dieser das von ihm geforderte Gutachten nicht vorgelegt hat. Nachweise dafür, dass das fortgesetzt (verkehrs-)regelwidrige Verhalten des Klägers, das den Anlass für die Gutachtensanordnung gegeben hat, auf einer psychischen Störung nach Nr. 7 der Anlage 4 zur FeV beruht, liegen nicht vor. Dafür, dass die fehlende Fahreignung des Klägers ungeachtet der Nichtbeibringung des angeforderten Gutachtens positiv feststeht, spricht der Umstand, dass das Fehlen der Fahreignung beim Kläger mit Fahreignungsgutachten des TÜV S., B., vom 11.6.1997 mit überzeugenden Ausführungen der Gutachter zu der Fehlhaltung des Klägers festgestellt wurde und dass eine belastbare sachverständige spätere Aussage zur Wiedererlangung der Fahreignung nicht vorliegt. Insofern wurde bereits oben ausgeführt, dass das Fahreignungsgutachten des TÜV S., R., vom 13.10.2000 wegen der Falschangaben des Klägers bezüglich der Wiedererlangung der Fahreignung keinerlei Aussagekraft besitzt. Die Vorlage eines nachweislich erschlichenen positiven Fahreignungsgutachten ändert nichts daran, dass der Betroffene nach gutachterlicher Feststellung der Fahrungeeignetheit grundsätzlich solange als ungeeignet gilt, bis der Behörde eine gegenteilige Feststellung vorliegt. Ernst zu nehmende Anhaltspunkte für eine verlässliche Änderung der im Gutachten vom 11.6.1997 festgestellten Fehlhaltung, die für die verkehrs- und strafrechtlichen Verstöße ursächlich ist, konnten von der klägerischen Seite auch auf wiederholte Nachfrage in der mündlichen Verhandlung nicht vorgetragen werden. Solche Anhaltspunkte sind für das Gericht auch nicht ersichtlich. Der Umstand, dass sich der Kläger angeblich vom 20.12.2000 bis 4.4.2004 als Verkehrsteilnehmer bewährt haben soll, dürfte ohne Verhaltensumstellung für die Annahme der Wiedererlangung der Fahreignung nicht genügen. Danach spricht einiges dafür, dass schon aufgrund der weiterhin gültigen und zu beachtenden gutachterlichen Feststellungen vom 11.6.1997 von der Fahrungeeignetheit des Klägers ausgegangen werden kann.
49 
Die Entziehungsverfügung und der Widerspruchsbescheid sind davon abgesehen aber jedenfalls deshalb rechtmäßig, weil der Beklagte gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV von der Ungeeignetheit des Klägers ausgehen durfte und dem Kläger daher gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG bzw. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV nach erfolgter Anhörung die Fahrerlaubnis entziehen musste. Die Gutachtensanforderung des Beklagten vom 22.9.2005 genügt den an sie zu stellenden formellen (1) und materiellen (2) Anforderungen. Auch im Übrigen ist die Entziehung der Fahrerlaubnis rechtmäßig (3).
50 
(1) Die Aufforderung zur Vorlage des medizinisch-psychologischen Gutachtens im Schreiben des Beklagten vom 22.9.2005 entspricht den formellen Voraussetzungen. Maßgeblich ist § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV. Danach teilt die Behörde dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle oder Stellen mit, dass er sich innerhalb der von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat. Wegen ihrer großen Bedeutung und wegen der nicht gegebenen Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung der Aufforderung muss die Anordnung im Wesentlichen aus sich heraus verständlich sein, und der Betroffene muss ihr entnehmen können, was konkret ihr Anlass ist und ob das in ihr Verlautbarte die behördlichen Zweifel an seiner Fahreignung zu rechtfertigen vermag. Die den Verdacht begründenden Umstände müssen so genau bezeichnet sein, dass es dem Betroffenen möglich ist, auch unter Heranziehung eines Rechtsanwalts abzuschätzen, ob nach den Vorschriften der Fahrerlaubnis-Verordnung hinreichender Anlass zu der angeordneten Überprüfung besteht. Unzulässig ist insbesondere die für eine Reduzierung des Inhalts der Aufforderung maßgebliche Überlegung, der Betroffene „werde schon wissen, worum es geht“ (vgl. BVerwG, Urteil v. 5.7.2001 - 3 C 13.01 -, NJW 2002, 78, bezogen auf die frühere Rechtsgrundlage des § 15b Abs. 2 StVZO). Diesen sich aus § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV ergebenden Anforderungen wird das Schreiben der Beklagten vom 22.9.2005 gerecht. Die Gutachtenanforderung erklärt ausführlich, was vom Kläger verlangt wird und warum. Das Schreiben geht dabei ausdrücklich auf die Verkehrsstraftaten, die von Mitte April bis Mitte August 2000 begangen wurden und auf die sich daraus ergebenden Eignungszweifel ein. Außerdem wird in dem Schreiben erklärt, warum die Eignungszweifel im Rahmen der vorausgegangenen Eignungsbegutachtung nicht abgeklärt werden konnten. Die Eignungsfrage (Zuverlässigkeit des Klägers bei der Einhaltung von allgemeinen Verhaltensnormen im Straßenverkehr) wird dem Kläger in dem Schreiben ebenso mitgeteilt wie das zur Klärung vorgesehene Mittel (medizinisch-psychologisches Gutachten). Entsprechend § 46 Abs. 3 i.V.m. § 11 Abs. 8 Satz 2 FeV ist der Kläger in der Gutachtensanforderung vom 22.9.2005 auch auf die Folgen einer nicht rechtzeitigen Vorlage des Gutachtens ausdrücklich hingewiesen worden. Ob die Haftsituation des Klägers die Beibringung des Gutachtens in der vorgesehenen Frist bis zum 20.12.2005 zugelassen hätte, kann dahinstehen. Sich hieraus ergebende Fehler kann der Kläger der Gutachtensanordnung schon deswegen nicht entgegenhalten, weil er die Beibringung des Gutachtens mit Schreiben vom 27.9.2005 und vom 21.10.2005 aus anderen Gründen ausdrücklich abgelehnt hat.
51 
(2) Die Gutachtensanforderung vom 22.9.2005 begegnet auch in materiell-rechtlicher Hinsicht keinen rechtlichen Bedenken. Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte unter Berücksichtigung der persönlichen Entwicklung des Klägers, der negativen Begutachtung aus dem Jahr 1997 und der Verurteilung durch das Landgericht Kempten vom 11.11.2003, rechtskräftig seit dem 7.8.2004, von Zweifeln am Bestehen der Fahreignung und einem weiteren Klärungsbedarf ausgeht.
52 
§ 2 Abs. 8 StVG, § 46 Abs. 3 sowie § 11 Abs. 2 FeV sprechen inhaltlich übereinstimmend davon, dass Maßnahmen zur Klärung von Zweifeln an der Fahreignung eines Fahrerlaubnisinhabers, wie z.B. die Verpflichtung zur Beibringung eines Gutachtens, zulässig sind, wenn Tatsachen bekannt werden, die entsprechende Bedenken begründen. Die Maßnahmen sind nach den allgemeinen Grundsätzen des Gefahrenabwehrrechts nur zulässig, wenn eine konkrete Gefahr für den öffentlichen Straßenverkehr besteht, die nur bei hinreichender Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts in absehbarer Zeit gegeben ist. Danach sind die Beeinträchtigungen im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nur angemessen, wenn die Fahrerlaubnisbehörde konkrete tatsächliche Anhaltspunkte feststellt, die den hinreichenden Verdacht fehlender Fahreignung begründen (BVerfG, Beschluss v. 20.6.2002 - 1 BvR 2062/96, NJW 2002, 2378; Beschluss v. 8.7.2002 - 1 BvR 2428/95 -, UPR 2002, 344; BVerwG, Urteil v. 5.7.2001 - 3 C 13.01 -, NJW 2002, 78). Die Anordnung zur Beibringung eines Fahreignungsgutachtens ist dabei nicht an eine bestimmte Frist gebunden. Verkehrsvergehen können nicht stets bis zur ihrer Tilgung aus dem Verkehrsregister den Verdacht fehlender Fahreignung begründen, wie der Beklagte meint. Entscheidend für die Beachtlichkeit ist, ob im Zeitpunkt der Prüfung wegen des in Rede stehenden Verkehrsverstoßes unter Berücksichtigung aller Umstände noch hinreichende Anhaltspunkte zur Begründung eines Gefahrenverdachts bestehen (so wohl auch BVerwG, Urteil vom 9.6.2005 - 3 C 25/04 - NZV 2005/603).
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Solche konkreten Anhaltspunkte liegen hier der Anforderung des Eignungsgutachtens zugrunde. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Fahrungeeignetheit des Klägers wegen charakterlicher Mängel mit Gutachten des TÜV S., B., vom 11.6.1997 festgestellt wurde. Brauchbare gutachterliche Feststellungen zur Wiedererlangung der Fahreignung liegen nicht vor. Die Berücksichtigung des fortgesetzt verkehrswidrigen Verhaltens im Zeitraum Mitte April bis Mitte August 2000 ist bei der Begutachtung durch den TÜV S., R., wegen der wahrheitswidrigen Angaben des Klägers unterblieben, das Gutachten vom 13.10.2000 hat in der Folge bezüglich der Frage der Wiedererlangung der Fahreignung keinerlei Aussagewert. Dies ergibt sich auch aus der Stellungnahme der Diplom-Psychologin W-K. vom 18.4.2007. Weiter ist zu berücksichtigen, dass keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Kläger seine 1997 gutachterlich festgestellte, zur Fahrungeeignetheit führende charakterliche Fehlhaltung zuverlässig abgelegt hat. Im Gegenteil. Wie sich aus der obigen Aufstellung der Bestrafungen ergibt, tut sich der Kläger nach wie vor schwer damit, Regeln einzuhalten und die rechtlich geschützte Sphäre anderer zu respektieren. Durch die von ihm im Zeitraum vom 5.4.1984 bis Mitte August 2000 begangenen mittleren und schweren Verkehrsstraftaten hat der Kläger gezeigt, dass davon sein Verhalten im Straßenverkehr nicht ausgenommen ist, sondern dass er auch im Straßenverkehr gegen Regeln verstößt, soweit es ihm passt. Den Gutachterinnen hat er dazu am 13.9.2000 angegeben, er sei uneinsichtig, verblendet und stur gewesen, habe seine eigenen Grenzen nicht erkannt und sich eigene Fehler nicht eingestehen können. Dass diese, auch den Verkehrsstraftaten zugrunde liegende Fehlhaltung inzwischen erfolgreich therapiert wurde, ist nicht zu erkennen. Eine wesentliche Verhaltensänderung ist den Eintragungen im Bundeszentralregister jedenfalls nicht zu entnehmen. Nach den dazu getroffenen Feststellungen des Gerichts hat der Kläger im Zeitraum 1.1.2001 bis zum Haftantritt am 4.4.2004, also in drei Jahren und ca. drei Monaten über 80 Betrugsstraftaten und eine falsche Versicherung an Eides Statt begangen und damit gezeigt, dass sich bei ihm nichts geändert hat. Von der Fortsetzung seines delinquenten Verhaltens konnte ihn dabei auch der Umstand nicht abhalten, dass er während der vergangenen 13 Jahre mehr als 7 Jahre im Strafvollzug eingesessen hat. Die damit belegte Unbelehrbarkeit und Uneinsichtigkeit des Klägers bestätigen auch seine schriftlichen Äußerungen im fahrerlaubnisrechtlichen Verfahren. Sie lassen jegliche Selbstkritik und jeglichen Besserungswillen vermissen und gefallen sich darin, die Schuld an der persönlichen Misere des Klägers anderen zuzuschieben.
54 
Damit ist wegen der Schwere der in Rede stehenden Verkehrsstraftaten (8 mal Fahren ohne Fahrerlaubnis von Mitte April bis Mitte August 2000), wegen der fortgesetzten anderweitigen Straffälligkeit und wegen des sonstigen Verhaltens beim Kläger die zwingend erforderliche Verhaltensumstellung nicht nachgewiesen. Ohne eine solche Verhaltensumstellung ist nach den insofern überzeugenden Ausführungen in den Fahreignungsgutachten vom 11.6.1997 und vom 13.10.2000 beim Kläger kein rechtstreues Verhalten im Straßenverkehr zu erwarten. Damit steht nicht fest, ob der Kläger sein früheres Verhalten fortsetzen und weitere Verkehrsverstöße und Verkehrsstraftaten begehen wird. Zweifel an der charakterlichen Eignung des Klägers liegen daher weiter vor. Dies genügt für die Anordnung einer Begutachtung. Ein Nachweis der bestehenden Fahrungeeignetheit muss von der Fahrerlaubnisbehörde dagegen für die Anordnung eines Gutachtens gerade nicht geführt werden.
55 
(3) Dass dem Kläger die Fahrerlaubnis entzogen worden ist, begegnet auch im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit keinen rechtlichen Bedenken. Auflagen als milderes Mittel scheiden aus. Nach den vorstehenden Ausführungen bestehen Zweifel an der Fahreignung des Klägers. Dieser hat sich geweigert, an der Klärung dieser Zweifel mitzuwirken. Der hohe Rang der durch die Verkehrsteilnahme eines Ungeeigneten gefährdeten Rechtsgüter anderer Verkehrsteilnehmer gebietet es, eine Person, die wegen der verweigerten Mitwirkung an der Klärung der Eignungszweifel als ungeeignet anzusehen ist, entsprechend § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG bzw. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV von der legalen Teilnahme am Straßenverkehr auszuschließen.
II.
56 
Auch die übrigen Regelungen der Verfügung der Beklagten vom 22.9.2005 sind rechtmäßig. Die Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheins folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 FeV. Im Interesse der tatsächlichen Umsetzung einer verfügten Fahrerlaubnisentziehung sind § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG und § 47 Abs. 1 Satz 1 FeV dahingehend auszulegen, dass sie auch die Ermächtigung der zuständigen Behörde regeln, dem Betroffenen die Verpflichtung zur Abgabe des Führerscheins aufzuerlegen. Da auch hinsichtlich der Verpflichtung zur Abgabe des Führerscheins die sofortige Vollziehung angeordnet worden ist, ist dieser Verwaltungsakt im Sinne von § 2 Nr. 2 LVwVG vollstreckbar, so dass die Festsetzung eines angemessenen Zwangsgeldes in Höhe von 450,- EUR angedroht werden konnte (§ 20 LVwVG).
III.
57 
Auch die zu den streitgegenständlichen Bescheiden ergangenen Gebührenentscheidungen sind rechtlich nicht zu beanstanden. Sie beruhen auf § 6a StVG in Verbindung mit §§ 1, 2 und 4 der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr. Konkrete Einwände gegen die Gebührenfestsetzungen hat der Kläger nicht vorgebracht. Solche sind für das Gericht auch nicht ersichtlich.
58 
Die Klage war nach alldem abzuweisen.
59 
Der Kläger trägt nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens, weil er unterliegt.

(1) Für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder nach vorangegangenem Verzicht gelten die Vorschriften für die Ersterteilung. § 15 findet vorbehaltlich des Absatzes 2 keine Anwendung.

(2) Die Fahrerlaubnisbehörde ordnet eine Fahrerlaubnisprüfung an, wenn Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass der Bewerber die nach § 16 Absatz 1 und § 17 Absatz 1 erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht mehr besitzt.

(3) Unberührt bleibt die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung nach § 11 Absatz 3 Satz 1 Nummer 9.

(4) Die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung kann frühestens sechs Monate vor Ablauf einer Sperre

1.
nach § 2a Absatz 5 Satz 3 oder § 4 Absatz 10 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes oder
2.
nach § 69 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit § 69a Absatz 1 Satz 1 oder § 69a Absatz 1 Satz 3 in Verbindung mit Satz 1 des Strafgesetzbuches
bei der nach Landesrecht zuständigen Behörde beantragt werden.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Tatbestand

 
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die Aberkennung des Rechts, von seiner von der Tschechischen Republik erteilten Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen.
Das Landratsamt R. erteilte dem im Jahre 1968 geborenen Antragsteller am 22.12.1989 eine Fahrerlaubnis der damaligen Klasse 3. Im Januar 1991 nahm der Antragsteller mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,43 ‰ am Straßenverkehr teil, woraufhin er durch Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 08.03.1991 gegenüber dem Landratsamt R. auf seine Fahrerlaubnis verzichtete. Gleichwohl fuhr er im April 1991 wiederum mit einem Kraftfahrzeug. Mit Urteil vom 14.08.1991 - 7 Ds 307/91 - verurteilte das Amtsgericht R. den Antragsteller deshalb wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr und wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Gesamtgeldstrafe von 75 Tagessätzen, entzog ihm seine Fahrerlaubnis und verhängte eine Sperrfrist für die Neuerteilung von einem Jahr. Im November 1994 lehnte das Landratsamt R. einen Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis ab. Im Juli 2000 teilte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers mit, dass ein Neuerteilungsantrag beabsichtigt sei und nahm Einsicht in die Akten des Landratsamts. Am 02.08.2003 überschritt der Antragsteller ausweislich eines weiteren Eintrags im Verkehrszentralregister die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 23 km/h und fuhr dabei offenkundig ohne die erforderliche Fahrerlaubnis. Mit Strafbefehl vom 23.02.2004 - 12 Cs 34 Js 1656/04 - verurteilte das Amtsgericht T. den Antragsteller wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen, nachdem er zuvor am 17.01.2004 ohne die erforderliche Fahrerlaubnis am Steuer eines Kraftfahrzeugs angetroffen worden war. Atemalkoholkontrollen hatten eine Alkoholkonzentration von 0,36 bzw. 0,42 mg/l (= 0,72 bzw. 0,84 ‰) ergeben. Zugleich verhängte es ein Fahrverbot für Kraftfahrzeuge jeder Art für die Dauer von einem Monat.
Im Juli 2004 teilte die Polizeidirektion B. dem Landratsamt mit, der Antragsteller sei mit seinem PKW am 15.07.2004 angehalten und kontrolliert worden. In seiner Hosentasche habe man ein Longpaper, ein abgeschnittenes Trinkröhrchen und ein Briefchen mit ca. 0,5 g Speed gefunden. Der Antragsteller habe angegeben, mittags einen Joint geraucht zu haben. Der daraufhin durchgeführte Urintest sei auf THC und Amphetamin positiv verlaufen. Der Antragsteller habe ferner angegeben, im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis zu sein. Das in der Folge erstellte rechtsmedizinische Gutachten der Eberhard-Karls-Universität Tübingen vom 31.07.2004 stellte im Blut des Antragstellers einen THC-Wert von 31,3 ng/ml und einen THC-COOH-Wert von 160 ng/ml fest; Amphetamine konnten im Blut nicht nachgewiesen werden. Mit Strafbefehl vom 26.01.2005 - 10 Cs 34 Js 22192/04 - verurteilte das Amtsgericht R. den Antragsteller daraufhin wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe in Höhe von 40 Tagessätzen - durch Urteil vom 24.02.2005 ermäßigt auf 35 Tagessätze - und verbot ihm für die Dauer von drei Monaten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder Art zu führen. Am 08.05.2005 nahm der Antragsteller erneut ohne die erforderliche Fahrerlaubnis am Straßenverkehr teil, weshalb ihn das Amtsgericht R. mit Urteil vom 01.12.2005 - 10 Ds 34 Js 10871/05 - nunmehr zu einer Freiheitsstrafe von 2 Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilte.
Mit Schreiben vom 03.01.2006 teilte die Polizeidirektion R. mit, dass der Antragsteller am 28.12.2005 bei einer Verkehrskontrolle mit einer am 23.06.2005 in der Tschechischen Republik ausgestellten Fahrerlaubnis angetroffen worden sei. Auf Befragen habe er angegeben, dass er in der Bundesrepublik Deutschland Probleme habe, eine medizinisch-psychologische Untersuchung zu bestehen und deshalb die Fahrerlaubnis in Tschechien erworben habe. Unter Nr. 8 ist in der tschechischen Fahrerlaubnis „R.“ als Wohnsitz angegeben; ausweislich einer Auskunft der Stadt R. vom Februar 2006 ist der Antragsteller seit 1999 durchgehend unter seiner derzeitigen R. Anschrift gemeldet. Mit Schreiben vom 26.01.2006 teilte das Landratsamt R. dem Antragsteller seine Bedenken bezüglich dessen Fahreignung im Einzelnen mit und ordnete die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens an. Mit weiterem Schreiben vom 08.02.2006 wandte sich das Landratsamt über das Kraftfahrt-Bundesamt an die zuständige tschechische Fahrerlaubnisbehörde mit der Bitte um Prüfung und Rücknahme der erteilten Fahrerlaubnis. Am 26.02.2006 erklärte sich der Antragsteller schriftlich bereit, ein medizinisch-psychologisches Gutachten des TÜV T. zu seiner Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen beizubringen. Am 27.03.2006 reichte das Medizinisch-Psychologische Institut des TÜV Tübingen die Fahrerlaubnisakten des Antragstellers zurück, ohne dass der Antragsteller jedoch in der Folge ein Gutachten vorlegte. Mit Schreiben vom 04.04.2006 hörte das Landratsamt R. den Antragsteller daraufhin zur nunmehr beabsichtigten Aberkennung der ausländischen Fahrerlaubnis für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland an.
Mit Bescheid vom 10.05.2006 erkannte das Landratsamt R. dem Antragsteller das „Recht, von einer ausländischen (u.a. tschechischen) Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen“, ab und ordnete die sofortige Vollziehung an. Zur Begründung hieß es im Wesentlichen, die erheblichen Bedenken bezüglich der Kraftfahreignung des Antragstellers hätten nur durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten ausgeräumt werden könne, das der Antragsteller jedoch nicht beigebracht habe. Gemäß § 11 Abs. 8 FeV habe die Fahrerlaubnisbehörde daher den Schluss der Ungeeignetheit des Antragstellers gezogen. Am 31.05.2006 legte der Antragsteller Widerspruch ein.
Der Antragsteller hat am 28.06.2006 beim Verwaltungsgericht Sigmaringen um Eilrechtsschutz nachgesucht und einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gestellt. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, die angefochtene Verfügung berücksichtige nicht ausreichend, dass der Antragsteller auf seine Fahrerlaubnis angewiesen sei. Zudem werde verkannt, dass er seit Erwerb der tschechischen Fahrerlaubnis verkehrsrechtlich nicht mehr aufgefallen sei. Der Antragsteller konsumiere nur äußerst selten Alkohol. Im Übrigen sei der Bescheid deshalb rechtswidrig, weil das Amtsgericht R. 1991 eine Wiedererteilungssperre von einem Jahr festgesetzt habe, die seit Mitte 1992 abgelaufen sei. Zum Nachteil des Antragstellers weiche das Landratsamt mit seiner Verfügung in unzulässiger Weise (§ 3 Abs. 4 StVG) vom Inhalt dieses Urteils ab. Nach Ablauf der Sperrfrist sei die Fahreignung des Antragstellers zu bejahen, was sich auch aus dem Wortlaut des § 267 Abs. 6 Satz 2 StPO ergebe, wonach die Urteilsgründe ergeben müssten, weshalb eine Maßregel gerade nicht angeordnet worden sei, wenn die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69 a Abs. 1 Satz 3 StGB verhängt worden sei. Zudem verstoße die Entscheidung gegen Europäisches Gemeinschaftsrecht. Insoweit beruft sich der Antragsteller auf den Beschluss des EuGH vom 06.04.2006 in der Rechtssache C-227/05 (Halbritter).
Der Antragsteller beantragt,
die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid des Landratsamts R. vom 10.05.2006 wiederherzustellen bzw. anzuordnen.
Der Antragsgegner beantragt,
10 
den Antrag abzulehnen.
11 
Der Antragsteller sei zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet. Er habe unter Einfluss von Alkohol und Cannabis Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr begangen. Konsum von Betäubungsmitteln und Fahren könne er nicht trennen. Durch den hohen Wert von THC-COOH sei belegt, dass der Antragsteller regelmäßiger Cannabis-Konsument sei. Gleichwohl sei dem Antragsteller Gelegenheit gegeben worden, seine Kraftfahreignung durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten nachzuweisen. Von dieser Möglichkeit habe der Antragsteller jedoch keinen Gebrauch gemacht. Die vom Antragsteller zitierte Entscheidung des EuGH sei nicht uneingeschränkt einschlägig. Im dort zu entscheidenden Fall sei es um die Umschreibung einer österreichischen in eine deutsche Fahrerlaubnis gegangen. Der dortige Kläger habe sich in Österreich einer der deutschen Eignungsüberprüfung vergleichbaren Untersuchung in Bezug auf seine charakterliche Eignung unterzogen. Hier jedoch sei den tschechischen Behörden nicht bekannt gewesen, dass der Antragsteller wegen seiner Probleme mit Alkohol und Cannabis sowie wegen wiederholter Verstöße gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen als ungeeignet gelte. Im Übrigen habe sich die Fahrerlaubnisbehörde an die Vorgaben des EuGH gehalten und die tschechische Fahrerlaubnis als solche gerade anerkannt und die tschechischen Behörden zur Rücknahme aufgefordert.
12 
Dem Gericht liegen die Akten des Landratsamts R. (ein Band) vor. Darauf, wie auch auf die Gerichtsakte wird wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
II.
13 
Der nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 , Abs. 5 VwGO zulässige Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid des Landratsamts R. vom 10.05.2006 hat keinen Erfolg.
14 
Die Anordnung des Sofortvollzuges erweist sich zunächst in formeller Hinsicht als rechtmäßig. Sie entspricht der Vorschrift des § 80 Abs. 3 VwGO. Die besondere Begründung für den Sofortvollzug wiederholt nicht lediglich den Gesetzeswortlaut des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO. Die Begründung ist insbesondere auch nicht deshalb fehlerhaft, weil sie „formularmäßig" wirkt, denn im Bereich des Fahrerlaubnisentzugs besteht die Besonderheit, dass es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg, der sich die Kammer angeschlossen hat, nicht vorstellbar ist, einen vermutlich ungeeigneten oder nicht befähigten Kraftfahrer weiterhin am Straßenverkehr teilnehmen zu lassen. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn eine Behörde in Orientierung an diesem Grundsatz den Vorrang des öffentlichen Interesses gegenüber den privaten Belangen abstrakt begründet und darauf verzichtet, auf Einzelheiten des konkreten Falles einzugehen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.02.1978 - X 535/77 -, DÖV 1978, 450 ff.).
15 
Bei der von der Kammer zu treffenden eigenen Entscheidung über die Frage der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs sind die privaten Interessen des Antragstellers an der Verschonung vom Vollzug des Verwaltungsakts bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das eingelegte Rechtsmittel und das Interesse der Allgemeinheit am sofortigen Vollzug gegeneinander abzuwägen. Dabei sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs, dessen aufschiebende Wirkung wiederhergestellt werden soll, ein wesentliches Kriterium. Erweist sich der Rechtsbehelf als wahrscheinlich erfolgreich, so wird auch dem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz in aller Regel zu entsprechen sein. Erweist sich der Rechtsbehelf hingegen als wahrscheinlich erfolglos, so dürfte regelmäßig dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Vorrang zukommen.Lässt sich eine Aussage über die vermutliche Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der mit dem Rechtsbehelf angegriffenen Verfügung aber in den Kategorien der Offensichtlichkeit oder der deutlich überwiegenden Wahrscheinlichkeit im Eilverfahren nicht treffen, so ist eine reine, am Einzelfall orientierte Interessenabwägung durch das erkennende Gericht zu treffen (J. Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 11. Aufl. 2000, § 80, Rn 77).
16 
Die Erfolgsaussichten des Widerspruchs des Antragstellers stellen sich derzeit als offen dar. Bei Abwägung aller in Betracht kommenden privaten und öffentlichen Interessen überwiegt derzeit das öffentliche Interesse am Vollzug der getroffenen Entscheidung.
17 
1. Als Ermächtigungsgrundlage für die Regelung in Nr. 1 des Bescheids kommen die §§ 3 Abs. 1 Satz 1 und 2 StVG in Verbindung mit § 46 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 2 FeV in Betracht. Nach diesen Vorschriften muss die Fahrerlaubnisbehörde einem Kraftfahrer die Fahrerlaubnis entziehen, wenn er sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 StVG i.V.m. § 46 Abs. 5 Satz 2 FeV bewirkt die (Entziehungs-)Entscheidung bei einer ausländischen Fahrerlaubnis das Erlöschen des Rechts zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland. Zwar unterscheidet § 46 FeV beim Begriff der „Entziehung“ der Fahrerlaubnis nicht zwischen deutschen und ausländischen Fahrerlaubnissen, jedoch ergibt sich aus §§ 46 Abs. 5 Satz 2 FeV, 3 Abs. 1 Satz 2 StVG, dass die „Entziehung“ der Fahrerlaubnis bei einer ausländischen Fahrerlaubnis - im Unterschied zur Regelung des § 46 Abs. 5 Satz 1 FeV - nicht die Rechtsfolge des Erlöschens zeitigt, sondern allein die (auf das Bundesgebiet beschränkte) Folge hat, dass der Betroffene im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland keine Kraftfahrzeuge führen darf. Mit dieser differenzierten Rechtsfolge ist der Tatsache Rechnung getragen, dass eine deutsche Fahrerlaubnisbehörde eine ausländische Fahrerlaubnis anzuerkennen hat und deren (europaweites) Erlöschen nicht anordnen darf.
18 
Die fehlende Eignung des Antragstellers ergibt sich bei Anwendung nationalen Rechts u.a. bereits aus dem regelmäßigen Cannabiskonsum des Antragstellers, jedenfalls aber - wie vom Antragsgegner angenommen - aus der Nicht-Vorlage des angeordneten medizinisch-psychologischen Gutachtens zum Nachweis der Fahreignung des Antragstellers oder aus § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV.
19 
Der Antragsteller ist bereits nach § 3 Abs. 1 StVG, § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV i.V. mit Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV als regelmäßiger Konsument von Cannabis ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen (zu den Auswirkungen regelmäßigen Konsums auf die Fahreignung vgl. nur VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.05.2003 - 10 S 1907/02 -). Aus dem rechtsmedizinischen Gutachten der Eberhard-Karls-Universität ergibt sich, dass der Antragsteller täglich oder nahezu täglich Cannabis konsumiert hat bzw. noch konsumiert (zu den Anforderungen an „regelmäßigen“ Konsum vgl. nur VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.11.2003 - 10 S 2048/03 -, DAR 2004, 170). In seinem Blut wurden 160 ng/ml des THC-Abbauprodukts THC-COOH nachgewiesen. Bereits bei einem über 75 ng/ml THC-COOH liegenden Wert wird im Allgemeinen ein regelmäßiger Konsum angenommen (vgl. etwa den Erlass des Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Technologie und Verkehr Nordrhein-Westfalen - Az. 632-21-03/2.1 - zur Beurteilung von Cannabiskonsum; ebenso OVG Saarland, Beschluss vom 30.09.2002 - 9 W 25/02 -, ZfSch 2003, 44). Selbst wenn man - wie etwa das OVG Niedersachsen (Beschluss vom 11.07.2003 - 12 ME 287/03 -, NVwZ-RR 2003, 899) unter Berufung auf Daldrup (Blutalkohol 2000, 39, 44) - einen THC-Carbonsäurewert von 150 ng/ml verlangen wollte, wäre von einem regelmäßigen Konsum auszugehen. Hinzu kommt, dass vieles dafür spricht, dass der Antragsteller auch Konsument von Amphetaminen ist, nachdem bei der Verkehrskontrolle am 15.07.2004 auch entsprechende Utensilien und ein halbes Gramm Speed aufgefunden wurden und nachdem auch der durchgeführte Urintest auf Amphetamine positiv reagierte; dass Amphetamine bei der nachfolgenden Blutuntersuchung nicht (mehr) nachgewiesen werden konnten, mag am schnellen Abbau des Wirkstoffs im Blut liegen. Die Wiedererlangung seiner Fahreignung - durch den Nachweis mindestens einjähriger Betäubungsmittelabstinenz (vgl. Nr. 9.5 der Anlage 4 zur FeV und VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.05.2003 - 10 S 1907/02 -; Urteil vom 30.09.2003 - 10 S 1917/02 -) - oder das Vorliegen besonderer Umstände hat der Antragsteller nicht dargelegt.
20 
Selbst wenn man nur von einem gelegentlichen Konsum ausgehen wollte, würde dies nichts an der fehlenden Kraftfahreignung des Antragstellers ändern. Diese folgt dann aus § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV i.V. mit Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV. Zusatzelement im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 ist hier das Unvermögen des Antragstellers, zwischen dem Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs zu trennen. Das erforderliche Trennungsvermögen, das eine gelegentliche Einnahme von Cannabis im Hinblick auf die Anforderungen der Verkehrssicherheit als noch hinnehmbar erscheinen lässt, kann einem Fahrerlaubnisinhaber nur dann attestiert werden, wenn dieser Fahren und Konsum in einer Weise trennt, dass eine Beeinträchtigung seiner verkehrsrelevanten Eigenschaften durch die Einnahme von Cannabis unter keinen Umständen eintreten kann (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.11.2003 - 10 S 2048/03 -, a.a.O.; Beschluss vom 28.11.2003 - 10 S 1789/03 -; Beschluss vom 01.12.2003 - 10 S 1958/03 -). Hier hat der Antragsteller das fehlende Trennungsvermögen durch die Autofahrt unter der berauschenden Wirkung von Tetrahydrocannabinol (THC) vom 15.07.2004 belegt. Nach dem Gutachten der Eberhard-Karls-Universität Tübingen betrug die THC-Konzentration noch eine knappe Stunde nach der Fahrt 31,3 ng/ml (!) zzgl. weiterer 9,8 ng/ml 11-Hydroxy-Tetrahydrocannabinol. Der VGH Baden-Württemberg geht in ständiger Rechtsprechung aufgrund von Stellungnahmen in der naturwissenschaftlichen Literatur davon aus, dass jedenfalls bei THC-Konzentrationen über 2 ng/ml nennenswerte Leistungseinbußen möglich sind und dementsprechend durch das Führen eines Kraftfahrzeugs mit einer solchen THC-Konzentration das fehlende Trennungsvermögen belegt ist (vgl. Beschluss vom 15.11.2005 - 10 S 2143/05 -; Beschluss vom 10.05.2004 - 10 S 427/04 -, DAR 2004, 604; Beschluss vom 15.11.2004 - 10 S 2194/04 -, Blutalkohol 2005, 187); zuletzt hält der VGH Baden-Württemberg sogar eine THC-Konzentration von mindestens 1,0 ng/ml für ausreichend um von fehlendem Trennungsvermögen im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV auszugehen (Beschluss vom 27.03.2006 - 10 S 2519/05 -, NJW 2006, 2135; Beschluss vom 15.11.2004 - 10 S 2194/04 -; vgl. dazu auch VG Freiburg, Beschluss vom 09.01.2006 - 1 K 1914/05 -). Letztlich ergibt sich das fehlende Trennungsvermögen auch aus der eigenen Einlassung des Antragstellers, der gegenüber der Polizei angegeben hat, am gleichen Tag gegen 12.30 Uhr einen „Joint“ geraucht zu haben.
21 
Die in Anbetracht dessen für den Antragsteller entgegenkommende - und wohl auf dem Umstand, dass er zwischenzeitlich in der Tschechischen Republik eine Fahrerlaubnis erteilt bekommen hatte, beruhende - Verfahrensweise des Landratsamts, dem Antragsteller die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu ermöglichen, gründet sich im Übrigen auf § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV, nachdem der Antragsteller insgesamt sechs Mal in erheblicher strafrechtlicher Weise - und zum Teil unter Einfluss von Alkohol oder Cannabis - verkehrsauffällig geworden ist (Januar 1991: fahrlässige Trunkenheit im Verkehr mit einer BAK von 1,43 ‰; April 1991, August 2003, Januar 2004, Juli 2004, Mai 2005: Fahren ohne Fahrerlaubnis, davon einmal mit einer BAK von 0,84 ‰ und einmal unter THC-Einwirkung); dabei dürften auch die Straftaten aus dem Jahr 1991 nach § 29 Abs. 5 StVG noch verwertbar sein, wobei es darauf angesichts der erheblichen Vorfälle in den letzten drei Jahren nicht in entscheidungserheblicher Weise ankommt.
22 
Das nach nationalem Recht somit zu Recht angeforderte medizinisch-psychologische Gutachten hat der Antragsteller nicht vorgelegt, obwohl er zunächst sein Einverständnis mit einer Begutachtung erklärte hatte. Das Landratsamt durfte daher nach § 11 Abs. 8 FeV, dessen Voraussetzungen im Übrigen erfüllt sind, auf die Ungeeignetheit des Antragstellers schließen.
23 
Entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellervertreters steht dem nicht die Bindungswirkung des strafgerichtlichen Urteils aus dem Jahr 1991 entgegen. Aus § 3 Abs. 4 StVG folgt keineswegs, dass die Fahreignung eines Betroffenen nach Ablauf der Sperrfrist für die Wiedererteilung zu bejahen ist. Die Bindungswirkung der strafgerichtlichen Feststellungen reicht nicht über die festgesetzte Sperrfrist hinaus; nach Ablauf der Sperrfrist hat die Fahrerlaubnisbehörde vielmehr eigenständig zu prüfen, ob die Fahrerlaubnis wieder erteilt werden kann (vgl. dazu nur Hentschel, Straßenverkehrsrecht, StVG § 3, Rn 29 a.E. und Rn 31 und im Übrigen § 20 FeV).
24 
Nach § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV gilt die Berechtigung aus § 28 Abs. 1 FeV zum Führen von Kraftfahrzeugen aufgrund einer EU-Fahrerlaubnis - vorbehaltlich einer (hier fehlenden) positiven Zuerkennungsentscheidung nach § 28 Abs. 5 FeV - dann nicht, wenn dem Inhaber die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht oder sofort vollziehbar oder bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde entzogen worden ist, die Fahrerlaubnis bestandskräftig versagt worden ist oder dem die Fahrerlaubnis nur deshalb nicht entzogen worden ist, weil er zwischenzeitlich auf die Fahrerlaubnis verzichtet hat. Diesen Tatbestand erfüllt der Antragsteller auf Grund der 1991 erfolgten Entziehung. Darüber hinaus haben die Strafgerichte bei der Aburteilung der zahlreichen Vergehen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis - z.T. unter Alkohol- bzw. Cannabiseinwirkung - offenkundig nur deshalb vom Entzug der Fahrerlaubnis abgesehen, weil der Antragsteller 1991 auf dieselbe verzichtet hatte (§ 28 Abs. 4 Nr. 3 3. Alt. FeV). Danach erwiese sich auch bei Anwendung der Vorschrift des § 28 FeV der Bescheid als voraussichtlich rechtmäßig.
25 
2. Allerdings bestehen Zweifel an der Konformität der angewandten Vorschriften mit Gemeinschaftsrecht. Es ist fraglich, ob die Anwendung der nationalen Bestimmungen mit den Regelungen in Art. 1 Abs. 2 und Art. 8 Abs. 2 und 4 der RL 91/439/EWG vereinbar sind (vgl. hierzu ergänzend zu den nachstehenden Ausführungen ausführlich VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 19.09.2005 - 10 S 1194/05 -, VBlBW 2006, 27; Beschluss vom 07.11.2005 - 10 S 1057/05 -, VBlBW 2006, 110; VG Sigmaringen, Beschluss vom 06.10.2005 - 2 K 1276/05 -; VG Stuttgart, Beschluss vom 19.01.2006 - 10 K 3261/05 -). Dies gilt sowohl für die Anwendung des § 28 Abs. 4 FeV als auch für die Anwendung des § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, sei es kraft festgestellter Ungeeignetheit, sei es auf der Grundlage des Schlusses gemäß § 11 Abs. 8 FeV. Für letztere Alternative ist schließlich zu beachten, dass nur aus einer berechtigterweise verlangten Mitwirkungshandlung im Weigerungsfalle die schwerwiegende Rechtsfolge des § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV abgeleitet werden kann (vgl. nur OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.11.2002 - 19 B 814/01, NZV 2002, 427 ff.; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl. 2005, § 11 FeV, Rn 22 m.w.N.). Es stellt sich unter dem Blickwinkel des sekundären Gemeinschaftsrechts derzeit aber als offen dar, ob § 28 Abs. 4 FeV hier anwendbar ist, die Eignung des Antragstellers überhaupt überprüft werden durfte und ob die Gutachtensanforderung zu Recht ergangen ist (vgl. dazu wiederum ausführlich die bereits zitierte Rechtsprechung).
26 
Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG sieht die gegenseitige Anerkennung der von den Mitgliedsstaaten ausgestellten Führerscheine vor. Nach der Rechtsprechung des EuGH gilt dies ohne jede Formalität; der Besitz eines EU-Führerscheins ist als Nachweis dafür anzusehen, dass sein Inhaber die in der Richtlinie 91/439/EWG vorgesehenen Voraussetzungen für die Ausstellung erfüllt hat (EuGH, Urteil vom 29.4.2004 - C-476/01 -, Kapper , NZV 2004, 372, Rn 46 m.w.N.). Zugleich erlegt Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG den Mitgliedstaaten damit eine klare und unbedingte Verpflichtung zur Anerkennung auf, die keinen Ermessensspielraum in Bezug auf die Maßnahmen einräumt, die zu erlassen sind, um dieser Verpflichtung nachzukommen (vgl. EuGH, Beschluss vom 06.04.2006 - C-227/05 -, Halbritter , Rn 25). Die Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Erteilung des Führerscheins z.B. hinsichtlich der in Art. 7 Abs. 1 lit. b) und Art. 9 der Richtlinie 91/439/EWG vorgesehenen Wohnsitzvoraussetzungen erfüllt sind, ist nach der durch den EuGH erfolgten verbindlichen Auslegung der zitierten Richtlinie somit ausschließlich Sache des ausstellenden Mitgliedsstaates. Damit sind der Überprüfung von EU-Fahrerlaubnissen nach innerstaatlichem Recht enge Grenzen gesetzt. So darf ein Mitgliedsstaat die Anerkennung der Gültigkeit eines von einem anderen Mitgliedsstaat ausgestellten Führerscheins gemäß Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG nicht deshalb ablehnen, weil in seinem Hoheitsgebiet auf den Inhaber des Führerscheins eine Maßnahme des Entzugs oder der Aufhebung einer von diesem Staat erteilten Fahrerlaubnis angewendet wurde, wenn die zusammen mit dieser Maßnahme angeordnete Sperrfrist für die Neuerteilung in diesem Mitgliedsstaat abgelaufen war, bevor der Führerschein von dem anderen Mitgliedsstaat ausgestellt worden ist. Denn Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG ist als Ausnahme zum Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung der von den Mitgliedsstaaten ausgestellten Führerscheine, der im Interesse der innergemeinschaftlichen Freizügigkeit und damit einer der Grundfreiheiten der Römischen Verträge aufgestellt wurde, restriktiv auszulegen (vgl. EuGH, Urteil vom 29.4.2004, a.a.O., Rn 72; Beschluss vom 06.04.2006, a.a.O., Rn 26). Andere Mitgliedsstaaten sind wegen Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG nicht befugt, die Beachtung der Ausstellungsbedingungen erneut zu prüfen, und können ihre Befugnis nach Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG nur im Hinblick auf ein Verhalten des Betroffenen nach dem Erwerb der ausländischen Fahrerlaubnis ausüben (vgl. EuGH, Beschluss vom 06.04.2006, a.a.O., Rn 38). Ein von einem anderen Mitgliedsstaat ausgestellter Führerschein ist somit nach dem Regelungskonzept der Richtlinie als Nachweis dafür anzusehen, dass der Inhaber auch die gesundheitlichen Anforderungen nach Maßgabe der Anhänge II und III der Richtlinie 91/439/EWG erfüllt.
27 
Auch nach dem Beschluss des EuGH in der Rechtssache Halbritter, auf den sich der Antragstellervertreter beruft, sind die hier entscheidenden gemeinschaftsrechtlichen Fragestellungen jedoch noch nicht abschließend geklärt (ebenso - z.T. mit unterschiedlicher Begründung -: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.07.2006 - 10 S 1337/06 -; VG Chemnitz, Beschluss vom 05.07.2006 - 2 K 1025/05 -; VG Karlsruhe, Beschluss vom 21.06.2006 - 9 K 1542/06 unter Berufung auf EuGH, Urteil vom 10.01.1985 - Rs. 229/83 -, Buchpreisbindung , NJW 1985, 1615, Rn 27; VG Freiburg, Beschluss vom 01.06.2006 - 1 K 752/06 -; VG Münster, Beschluss vom 26.06.2006 - 10 L 361/06 -; VG Wiesbaden, Beschluss vom 30.05.2006 - 7 G 508/06 (V) -; VG Sigmaringen, Beschluss vom 11.07.2006 - 7 K 474/06 -; LG Freiburg, Urteil vom 08.05.2006 - 7 Ns 540 Js 26426/05 -; zu einem teilweise anderen - dem Antragsteller günstigen - Ergebnis gelangen VG Chemnitz, Beschluss vom 21.06.2006 - 2 K 356/06 -; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 20.06.2006 - 4 MB 44/06 -).
28 
Zunächst weicht der hier zu entscheidende Sachverhalt bereits erheblich von demjenigen des Halbritter-Verfahrens ab, wo das Wohnsitzerfordernis der Richtlinie fraglos erfüllt war und eine medizinisch-psychologische Untersuchung im ausstellenden Mitgliedsstaat stattgefunden hat (vgl. dazu insbesondere auch die Rnrn 30 und 31 des Halbritter-Beschlusses, wo der EuGH - bei strenger Anwendung seiner Grundsätze: ohne Veranlassung - zu diesen an sich nicht zu prüfenden Umständen Stellung nimmt). Aus der bisherigen Rechtsprechung des EuGH zu Art. 8 der Richtlinie 91/439/EWG kann somit noch nicht geschlossen werden, dass Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie in Fällen wie dem vorliegenden nicht anwendbar und die im EU-Ausland erteilte Fahrerlaubnis anzuerkennen ist.
29 
Hier ist der Antragsteller nach Aktenlage zum Führen von Kraftfahrzeugen offensichtlich ungeeignet. Es spricht derzeit alles dafür, dass sich der Antragsteller nicht in Ausübung seiner Grundfreiheiten in die Tschechische Republik begeben und dort eine Fahrerlaubnis erworben hat, sondern dass dies allein der Umgehung der in der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen eines Neuerteilungsverfahrens erforderlichen medizinisch-psychologischen Untersuchung diente. Der Antragsteller selbst gab in diesem Zusammenhang gegenüber den ihn kontrollierenden Polizeibeamten an, dass er in Deutschland Probleme mit dem Bestehen der MPU habe und deshalb die Fahrerlaubnis in Tschechien erworben habe. Bestätigt wird dies durch den Umstand, dass im tschechischen Führerschein des Antragstellers unter der Rubrik Nr. 8 (Wohnort) kein tschechischer Ort, sondern „ R., Spolková Republika Německo “ eingetragen ist. Die Berufung auf das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung ist in einem solchen Fall rechtsmissbräuchlich.
30 
Auch nach der Rechtsprechung des EuGH darf Gemeinschaftsrecht jedoch nicht missbräuchlich geltend gemacht werden. Die nationalen Gerichte können das missbräuchliche oder betrügerische Verhalten des Betroffenen auf der Grundlage objektiver Kriterien in Rechnung stellen, um ihm ggf. die Berufung auf das einschlägige Gemeinschaftsrecht zu verwehren, wenn sie bei der Würdigung eines solchen Verhaltens die Ziele der fraglichen Bestimmungen beachten (vgl. dazu die Rechtsprechung des EuGH aus dem Bereich des freien Dienstleistungsverkehrs: Urteil vom 03.12.1974 - Rs. 33/74 -, Van Binsbergen , Slg. 1974, 1299, Rn 13; Urteil vom 03.02.1993 - C-148/91 -, Veronica Omroep Organisatie , Slg. 1993, I-487, Rn 12; Urteil vom 05.10.1994 - C-23/93 -, TV10 , Slg. 1994, I-4795, Rn 21; auf dem Gebiet der Niederlassungsfreiheit: Urteil vom 07.02.1979 - Rs. 115/78 - Knoors , Slg. 1979, 399, Rn 25; Urteil vom 03.10.1990 - C-61/89 -, Bouchoucha , Slg. 1990, I-3551, Rn 14 sowie Urteil vom 09.03.1999 - C 212/97 -, Centros Ltd. -, Rn 24; Urteil vom 30.09.2003 - C 167/01 -, Inspire Art , Rn 136; auf dem Gebiet des freien Warenverkehrs: Urteil vom 10.01.1985 - Rs. 229/83 -, Leclerc u. a. , Slg. 1985, 1, Rn 27; auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit: Urteil vom 02.05.1996 - C-206/94 -, Brennet AG / Vittorio Paletta , NJW 1996, 1881, Rn 24f.; Urteil vom 12.04.2005 - C-145/03 -, Erben der Annette Keller , Rn 50; auf dem Gebiet der Freizügigkeit der Arbeitnehmer: Urteil vom 21.06.1988 - Rs. 39/86 -, Lair , Slg. 1988, 3161, Rn 43; Urteil vom 21.06.1988 - Rs. 39/86 -, NJW 1988, 2165, Rn 43; auf dem Gebiet der gemeinsamen Agrarpolitik: Urteil vom 03.03.1993 - C-8/92 -, General Milk Products , Slg. 1993, I-779, Rn 21); und auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts: Urteil vom 12.05.1998 - C-367/96 -, Kefalas u. a. , Slg. 1998, I-2843, Rn 20; Urteil vom 23.03.2000 - C-373/97 -, Diamantis , Rn 33; auch in gänzlich anderem Zusammenhang akzeptiert der EuGH täuschendes Verhalten zur Erschleichung von Vorteilen nicht: Urteil vom 05.06.1997 - C-285/95 -, Suat Kol/Land Berlin , NVwZ 1998, 50, Rn 25 ff. zu Beschäftigungszeiten nach Art. 6 ARB 1/80).
31 
Die hier im Blick zu behaltenden Ziele der Richtlinie bestehen nicht lediglich darin, die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, die Niederlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungsverkehr zu gewährleisten; auch die Verkehrssicherheit nimmt hier ausweislich der Begründungserwägungen der Richtlinie breiten Raum ein. Die Straßenverkehrssicherheit zählt im Übrigen zu den zwingenden Gründen des Allgemeininteresses, die eine Beschränkung der durch den EG-Vertrag garantierten Grundfreiheiten rechtfertigen können, sofern die streitige Maßnahme tatsächlich unterschiedslos auf Staatsangehörige aller Mitgliedstaaten anwendbar wird und sie geeignet erscheint, die Verwirklichung des verfolgten Zwecks zu gewährleisten (EuGH, Urteil vom 10.07.2003 - C-246/00 -, Kommission / Niederlande , Slg. 2003, I-7485, Rn 67). In Anbetracht dessen darf dem Antragsteller, der sich offenkundig kurzfristig und ohne einen Wohnsitz zu begründen allein zu dem Zweck in die Tschechische Republik begeben hat, dort eine Fahrerlaubnis zu erhalten, deren Erteilung im Inland er - nach seiner Einschätzung - nicht hätte erreichen können, die Berufung auf die Bestimmungen der Richtlinie 91/439/EWG verwehrt werden.
32 
Weiterhin ist auch nicht ausgeschlossen, dass die dem Antragsteller erteilte tschechische Fahrerlaubnis als nichtig und damit wirkungslos anzusehen ist, nachdem aus dem Führerscheindokument selbst bereits offenkundig und für jedermann erkennbar hervorgeht, dass die tschechischen Behörden das Wohnsitzerfordernis des Art. 9 der Richtlinie 91/439/EWG nicht geprüft haben. Insoweit nimmt das Gericht keine - ggf. nach der Richtlinie unzulässige - Überprüfung der Erteilungsvoraussetzungen, die allein dem ausstellenden Mitgliedsstaat obliegt und vorbehalten ist, vor. Der EuGH hat im Kapper-Urteil (a.a.O., Rn 47 mit Verweis auf seinen Beschluss vom 11.12.2003 - C-408/02 -, Silva Carvalho -, Rn 22) aus dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung allein gefolgert, dass ein Mitgliedsstaat bei einer in seinem Hoheitsgebiet vorgenommenen Straßenverkehrskontrolle die Anerkennung eines Führerscheins nicht mit der Begründung verweigern kann, „nach den Informationen, über die der Mitgliedsstaat verfüge“, habe der Betroffene zum Zeitpunkt der Ausstellung des Dokuments seinen Wohnsitz im (kontrollierenden) Mitgliedsstaat und nicht im Ausstellungsstaat gehabt. Damit ist ersichtlich auf Informationen etwa aus dem Melderegister Bezug genommen, die eine erste Nachprüfung der Wohnsitzfrage ermöglichen. Auch im Urteil Kommission ./. Niederlande (Urteil vom 10.07.2003 - C-246/00 -, a.a.O., Rn 75) hat sich der Gerichtshof mit systematischen Erfassungen des Wohnsitzes (im Rahmen der Registrierung ausländischer Führerscheine) befasst. Ist aber - wie hier - bereits aus dem Führerscheindokument selbst ersichtlich, dass das Wohnsitzerfordernis nicht beachtet wurde, so spricht vieles dafür, die erteilte Fahrerlaubnis als nichtig anzusehen. Dann aber geht es in Fallkonstellationen der hier zu beurteilenden Art gar nicht mehr um den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung, weil es bereits an einem anerkennungsfähigen Rechtsakt fehlt. Der angefochtene Bescheid des Landratsamts hätte dann wohl lediglich deklaratorische Bedeutung, dem Antragsteller würde das Rechtsschutzbedürfnis fehlen.
33 
Die durch die vorstehenden Darlegungen aufgeworfenen umfänglichen Rechtsfragen des Gemeinschaftsrechts bedürfen noch weiterer Klärung im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens gemäß Art. 234 EG. Das VG Sigmaringen hat bereits mit Beschluss vom 27.06.2006 - 4 K 1058/05 - vergleichbare Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Auch das VG Chemnitz hat angekündigt, im Verfahren 2 K 1380/05 einen Vorlagebeschluss zu fassen. In Anbetracht der offenen, im Widerspruchs- bzw. Hauptsacheverfahren zu klärenden Rechtsfragen und angesichts der noch nicht entschiedenen Vorlageverfahren beim EuGH ist offen, ob die Anwendung der nationalen Regelungen mit den Regelungen in Art. 1 Abs. 2 und Art. 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG vereinbar ist. Somit ist von offenen Erfolgsaussichten des Widerspruchs des Antragstellers auszugehen.
34 
3. Der Antrag ist gleichwohl abzulehnen, weil die Kammer nach der danach erforderlichen Interessenabwägung kein überwiegendes Suspensivinteresse des Antragstellers festzustellen vermag.
35 
Erweisen sich die Erfolgsaussichten als offen, so sind die Interessen der Beteiligten im Rahmen einer Folgenabwägung zu gewichten. Als Maßstab sind dabei die Erwägungen sinngemäß heranzuziehen, welche das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 20.06.2002 zur Frage von Gutachtensanforderungen bei einmaligem Haschischkonsum (BVerfG, Beschluss vom 20.06.2002 - 1 BvR 2062/96 -, NJW 2002, 2378 ff.) angestellt hat (Bay. VGH, Beschluss vom 01.07.2005 - 11 C 05.940 -; VG Sigmaringen, Beschluss vom 06.10.2005 - 2 K 1276/05 -), da dieser Maßstab die Sicherheitsinteressen einerseits und die Interessen an der Ausnutzung der noch nicht bestandskräftig entzogenen Fahrerlaubnis andererseits zu einem angemessenen Ausgleich bringt.
36 
Unter Anwendung dieses Maßstabs des Bundesverfassungsgerichts ist zu berücksichtigen, dass das öffentliche Interesse am Vollzug dann überwiegt und der Betroffene die Vollziehbarkeit der Entziehungsverfügung hinnehmen muss, wenn hinreichender Anlass zu der Annahme besteht, dass aus seiner aktiven Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr eine Gefahr für dessen Sicherheit resultiert. Das Sicherheitsrisiko muss deutlich über demjenigen liegen, das allgemein mit der Zulassung von Personen zum Führen von Kraftfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr verbunden ist. Das Interesse der Allgemeinheit an der Sicherheit des Straßenverkehrs und der aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ableitbare Auftrag zum Schutz vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben gebieten es, hohe Anforderungen an die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zu stellen.
37 
Im Fall des Antragstellers bedeutet dies, dass auf Grund seines regelmäßigen Rauschmittelkonsums, aufgrund der Entziehung seiner Fahrerlaubnis durch das Amtsgericht R. im Jahre 1991 wie auch insbesondere in Anbetracht der zahlreichen abgeurteilten Vergehen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis und nicht zuletzt des Umstands, dass der Antragsteller im Rahmen des jüngsten Neuerteilungsverfahren die medizinisch-psychologische Begutachtungen abgebrochen hat bzw. jedenfalls kein positives Gutachten vorlegen konnte, derzeit nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit von einer Fahreignung des Antragstellers ausgegangen werden kann. Noch kurz vor Erteilung seiner tschechischen Fahrerlaubnis fuhr der Antragsteller ohne die erforderliche Fahrerlaubnis. Substantiierte Einzelheiten über Inhalt und Ablauf einer in Tschechien ggf. vorgenommenen ärztlichen Untersuchung hat der Antragsteller nicht geschildert, im Gegenteil hat er angegeben, nach Tschechien gefahren zu sein, weil er in der Bundesrepublik Deutschland Probleme mit der MPU hätte. Sofern eine ärztliche Untersuchung in Tschechien überhaupt stattgefunden haben sollte (zu den beträchtlichen diesbezüglichen Bedenken vgl. die Ausführungen und Auswertungen verschiedener Erkenntnisquellen aus dem Internet im Beschluss des VGH Baden-Württemberg vom 21.07.2006 - 10 S 1337/06 -), ist derzeit davon auszugehen, dass es sich allenfalls um eine Routine-Untersuchung handelte, die - ohne Kenntnis der drogenbedingten körperlichen und psychischen, sowie der charakterlichen Probleme des Antragstellers und ohne Kenntnis seiner Vorgeschichte - auf etwaige Alkohol- und Drogenprobleme nicht eingegangen ist. Wäre es anders gewesen, wäre darüber hinaus auch zu erwarten gewesen, dass der Antragsteller ein derartiges positives Untersuchungsergebnis ohne Weiteres mitgeteilt hätte. Schließlich kann auch der Umstand einer (vorgeblich) beanstandungsfreien Teilnahme am Straßenverkehr über mehrere Monate hinweg seit Erteilung der tschechischen Fahrerlaubnis hier zu keiner anderen Betrachtungsweise führen. Angesichts der hohen Dunkelziffer von Verkehrsordnungswidrigkeiten und -straftaten ist die bloße beanstandungsfreie Teilnahme am Straßenverkehr kein Indiz für die wiedererlangte Geeignetheit eines Verkehrsteilnehmers.
38 
Der Interessenabwägung steht auch nicht entgegen, dass für den Fall, dass sich die Maßnahmen als gemeinschaftsrechtswidrig erweisen sollten, mit der vorliegenden Entscheidung die Durchsetzung von Gemeinschaftsrecht einstweilen im Einzelfall gehemmt wird. Zwar ist die Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts von übergeordneter Bedeutung. Die Mitgliedstaaten - und insbesondere auch deren Gerichte (vgl. dazu Streinz, EUV/EGV, 1. Aufl. 2003, Art. 10 EG Rn. 31 ff.) - haben nach Art. 10 EG alle geeigneten Maßnahmen zur Erfüllung der Verpflichtungen aus dem EG-Vertrag zu treffen und alle Maßnahmen zu unterlassen, welche die Verwirklichung der Ziele des EG-Vertrages gefährden könnten. Daher ist bei der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes durch die nationalen Gerichte darauf zu achten, dass die zu treffende Entscheidung dem Gemeinschaftsrecht nicht die praktische Wirksamkeit nimmt. Diese Gefahr besteht hier indes nicht. Insbesondere handelt es sich hier gerade nicht um den Fall eines Unionsbürgers, der durch die Aberkennung des Rechts, von seiner Fahrerlaubnis Gebrauch zu machen, daran gehindert wird, von seinem Freizügigkeitsrecht Gebrauch zu machen. Ausweislich des ersten Erwägungsgrundes zur RL 91/439/EWG soll aber gerade die Freizügigkeit von Personen erleichtert werden, die sich in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen niederlassen wollen, in dem sie ihre Fahrprüfung abgelegt haben. Damit ist die Richtlinie und ihre wesentliche Bedeutung im vorliegenden Fall nur in einem Randbereich ihres Regelungsgehalts betroffen, sodass es hier nicht einer Entscheidung zugunsten des Antragstellers bedarf, um die praktische Wirksamkeit der Gemeinschaftsrechtsordnung sicherzustellen (VG Sigmaringen, Beschluss vom 05.01.2005 - 4 K 2198/04 -). Somit bleibt bei einer Gesamtabwägung aller Interessen die bedrohte Verkehrssicherheit Ausschlag gebend für die Ermessensentscheidung des Gerichts.
39 
Die Kammer sieht sich weiter zu dem Hinweis veranlasst, dass die derzeit im Rechtsetzungsverfahren befindliche Neufassung der einschlägigen Ausnahmebestimmungen der Richtlinie 91/439/EWG möglicherweise ohnehin die Konformität der bestehenden nationalen Bestimmungen herstellen wird, sodass der als kraftfahrungeeignet anzusehende Antragsteller ggf. spätestens dann mit neuerlichen Maßnahmen der Fahrerlaubnisbehörden wird rechnen müssen. Nach Art. 11 Abs. 4 des Richtlinienentwurfs in der Fassung, die der Rat der Europäischen Union auf seiner 2721. Tagung am 27.03.2006 beschlossen hat (vgl. den Text in der Vorlage vom 17.03.2006 zum Dossier 2003/0252 (COD) 7437/06 ADD 1, http://register.consilium.europa.eu/pdf/de/06/ st07 / st07 437- ad01 . de06 .pdf), lehnt es ein Mitgliedsstaat ab, einem Bewerber, dessen Führerschein in einem anderen Mitgliedsstaat eingeschränkt, ausgesetzt oder entzogen wurde, einen Führerschein auszustellen; weiter lehnt ein Mitgliedsstaat die Anerkennung der Gültigkeit eines Führerscheins ab, der von einem anderen Mitgliedsstaat einer Person ausgestellt wurde, deren Führerschein in seinem Hoheitsgebiet eingeschränkt, ausgesetzt oder entzogen ist. Auch wenn der Anwendungsbereich dieser neuen Vorschriften ggf. wiederum nicht ohne eine neuerliche Vorlage an den EuGH zu klären sein wird, ist die hinter dem Richtlinienänderungsentwurf stehende Absicht, Maßnahmen gegen den sog. „Führerscheintourismus“ zu ergreifen deutlich erkennbar. Zwar ist nach Art. 18 der derzeitigen Fassung des Entwurfs ein Inkrafttreten der Bestimmung des Art. 11 Abs. 4 erst zwei Jahre nach der Veröffentlichung im Amtsblatt vorgesehen und zu erwarten, dass das anhängige Widerspruchsverfahren bis dahin abgeschlossen sein wird. Auch kann derzeit - vor endgültiger Beschlussfassung über den Richtlinientext - noch keine Rede von eventuellen Vorwirkungen der Richtlinienänderung die Rede sein. Gleichwohl ist bemerkenswert und im Rahmen der Interessenabwägung des Gerichts nicht ohne Bedeutung, dass auch die Rechtsetzungsorgane der EG zwischenzeitlich offenkundig die Folgen der - massenhaften - missbräuchlichen Geltendmachung von Gemeinschaftsrecht erkannt haben.
40 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
41 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3, 62 Abs. 2 GKG und erfolgt in Anwendung von Nr. 1.5 und Nr. 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 (NVwZ 2004, 1327 ff.).

Gründe

 
II.
13 
Der nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 , Abs. 5 VwGO zulässige Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid des Landratsamts R. vom 10.05.2006 hat keinen Erfolg.
14 
Die Anordnung des Sofortvollzuges erweist sich zunächst in formeller Hinsicht als rechtmäßig. Sie entspricht der Vorschrift des § 80 Abs. 3 VwGO. Die besondere Begründung für den Sofortvollzug wiederholt nicht lediglich den Gesetzeswortlaut des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO. Die Begründung ist insbesondere auch nicht deshalb fehlerhaft, weil sie „formularmäßig" wirkt, denn im Bereich des Fahrerlaubnisentzugs besteht die Besonderheit, dass es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg, der sich die Kammer angeschlossen hat, nicht vorstellbar ist, einen vermutlich ungeeigneten oder nicht befähigten Kraftfahrer weiterhin am Straßenverkehr teilnehmen zu lassen. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn eine Behörde in Orientierung an diesem Grundsatz den Vorrang des öffentlichen Interesses gegenüber den privaten Belangen abstrakt begründet und darauf verzichtet, auf Einzelheiten des konkreten Falles einzugehen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.02.1978 - X 535/77 -, DÖV 1978, 450 ff.).
15 
Bei der von der Kammer zu treffenden eigenen Entscheidung über die Frage der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs sind die privaten Interessen des Antragstellers an der Verschonung vom Vollzug des Verwaltungsakts bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das eingelegte Rechtsmittel und das Interesse der Allgemeinheit am sofortigen Vollzug gegeneinander abzuwägen. Dabei sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs, dessen aufschiebende Wirkung wiederhergestellt werden soll, ein wesentliches Kriterium. Erweist sich der Rechtsbehelf als wahrscheinlich erfolgreich, so wird auch dem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz in aller Regel zu entsprechen sein. Erweist sich der Rechtsbehelf hingegen als wahrscheinlich erfolglos, so dürfte regelmäßig dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Vorrang zukommen.Lässt sich eine Aussage über die vermutliche Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der mit dem Rechtsbehelf angegriffenen Verfügung aber in den Kategorien der Offensichtlichkeit oder der deutlich überwiegenden Wahrscheinlichkeit im Eilverfahren nicht treffen, so ist eine reine, am Einzelfall orientierte Interessenabwägung durch das erkennende Gericht zu treffen (J. Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 11. Aufl. 2000, § 80, Rn 77).
16 
Die Erfolgsaussichten des Widerspruchs des Antragstellers stellen sich derzeit als offen dar. Bei Abwägung aller in Betracht kommenden privaten und öffentlichen Interessen überwiegt derzeit das öffentliche Interesse am Vollzug der getroffenen Entscheidung.
17 
1. Als Ermächtigungsgrundlage für die Regelung in Nr. 1 des Bescheids kommen die §§ 3 Abs. 1 Satz 1 und 2 StVG in Verbindung mit § 46 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 2 FeV in Betracht. Nach diesen Vorschriften muss die Fahrerlaubnisbehörde einem Kraftfahrer die Fahrerlaubnis entziehen, wenn er sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 StVG i.V.m. § 46 Abs. 5 Satz 2 FeV bewirkt die (Entziehungs-)Entscheidung bei einer ausländischen Fahrerlaubnis das Erlöschen des Rechts zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland. Zwar unterscheidet § 46 FeV beim Begriff der „Entziehung“ der Fahrerlaubnis nicht zwischen deutschen und ausländischen Fahrerlaubnissen, jedoch ergibt sich aus §§ 46 Abs. 5 Satz 2 FeV, 3 Abs. 1 Satz 2 StVG, dass die „Entziehung“ der Fahrerlaubnis bei einer ausländischen Fahrerlaubnis - im Unterschied zur Regelung des § 46 Abs. 5 Satz 1 FeV - nicht die Rechtsfolge des Erlöschens zeitigt, sondern allein die (auf das Bundesgebiet beschränkte) Folge hat, dass der Betroffene im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland keine Kraftfahrzeuge führen darf. Mit dieser differenzierten Rechtsfolge ist der Tatsache Rechnung getragen, dass eine deutsche Fahrerlaubnisbehörde eine ausländische Fahrerlaubnis anzuerkennen hat und deren (europaweites) Erlöschen nicht anordnen darf.
18 
Die fehlende Eignung des Antragstellers ergibt sich bei Anwendung nationalen Rechts u.a. bereits aus dem regelmäßigen Cannabiskonsum des Antragstellers, jedenfalls aber - wie vom Antragsgegner angenommen - aus der Nicht-Vorlage des angeordneten medizinisch-psychologischen Gutachtens zum Nachweis der Fahreignung des Antragstellers oder aus § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV.
19 
Der Antragsteller ist bereits nach § 3 Abs. 1 StVG, § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV i.V. mit Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV als regelmäßiger Konsument von Cannabis ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen (zu den Auswirkungen regelmäßigen Konsums auf die Fahreignung vgl. nur VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.05.2003 - 10 S 1907/02 -). Aus dem rechtsmedizinischen Gutachten der Eberhard-Karls-Universität ergibt sich, dass der Antragsteller täglich oder nahezu täglich Cannabis konsumiert hat bzw. noch konsumiert (zu den Anforderungen an „regelmäßigen“ Konsum vgl. nur VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.11.2003 - 10 S 2048/03 -, DAR 2004, 170). In seinem Blut wurden 160 ng/ml des THC-Abbauprodukts THC-COOH nachgewiesen. Bereits bei einem über 75 ng/ml THC-COOH liegenden Wert wird im Allgemeinen ein regelmäßiger Konsum angenommen (vgl. etwa den Erlass des Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Technologie und Verkehr Nordrhein-Westfalen - Az. 632-21-03/2.1 - zur Beurteilung von Cannabiskonsum; ebenso OVG Saarland, Beschluss vom 30.09.2002 - 9 W 25/02 -, ZfSch 2003, 44). Selbst wenn man - wie etwa das OVG Niedersachsen (Beschluss vom 11.07.2003 - 12 ME 287/03 -, NVwZ-RR 2003, 899) unter Berufung auf Daldrup (Blutalkohol 2000, 39, 44) - einen THC-Carbonsäurewert von 150 ng/ml verlangen wollte, wäre von einem regelmäßigen Konsum auszugehen. Hinzu kommt, dass vieles dafür spricht, dass der Antragsteller auch Konsument von Amphetaminen ist, nachdem bei der Verkehrskontrolle am 15.07.2004 auch entsprechende Utensilien und ein halbes Gramm Speed aufgefunden wurden und nachdem auch der durchgeführte Urintest auf Amphetamine positiv reagierte; dass Amphetamine bei der nachfolgenden Blutuntersuchung nicht (mehr) nachgewiesen werden konnten, mag am schnellen Abbau des Wirkstoffs im Blut liegen. Die Wiedererlangung seiner Fahreignung - durch den Nachweis mindestens einjähriger Betäubungsmittelabstinenz (vgl. Nr. 9.5 der Anlage 4 zur FeV und VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.05.2003 - 10 S 1907/02 -; Urteil vom 30.09.2003 - 10 S 1917/02 -) - oder das Vorliegen besonderer Umstände hat der Antragsteller nicht dargelegt.
20 
Selbst wenn man nur von einem gelegentlichen Konsum ausgehen wollte, würde dies nichts an der fehlenden Kraftfahreignung des Antragstellers ändern. Diese folgt dann aus § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV i.V. mit Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV. Zusatzelement im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 ist hier das Unvermögen des Antragstellers, zwischen dem Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs zu trennen. Das erforderliche Trennungsvermögen, das eine gelegentliche Einnahme von Cannabis im Hinblick auf die Anforderungen der Verkehrssicherheit als noch hinnehmbar erscheinen lässt, kann einem Fahrerlaubnisinhaber nur dann attestiert werden, wenn dieser Fahren und Konsum in einer Weise trennt, dass eine Beeinträchtigung seiner verkehrsrelevanten Eigenschaften durch die Einnahme von Cannabis unter keinen Umständen eintreten kann (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.11.2003 - 10 S 2048/03 -, a.a.O.; Beschluss vom 28.11.2003 - 10 S 1789/03 -; Beschluss vom 01.12.2003 - 10 S 1958/03 -). Hier hat der Antragsteller das fehlende Trennungsvermögen durch die Autofahrt unter der berauschenden Wirkung von Tetrahydrocannabinol (THC) vom 15.07.2004 belegt. Nach dem Gutachten der Eberhard-Karls-Universität Tübingen betrug die THC-Konzentration noch eine knappe Stunde nach der Fahrt 31,3 ng/ml (!) zzgl. weiterer 9,8 ng/ml 11-Hydroxy-Tetrahydrocannabinol. Der VGH Baden-Württemberg geht in ständiger Rechtsprechung aufgrund von Stellungnahmen in der naturwissenschaftlichen Literatur davon aus, dass jedenfalls bei THC-Konzentrationen über 2 ng/ml nennenswerte Leistungseinbußen möglich sind und dementsprechend durch das Führen eines Kraftfahrzeugs mit einer solchen THC-Konzentration das fehlende Trennungsvermögen belegt ist (vgl. Beschluss vom 15.11.2005 - 10 S 2143/05 -; Beschluss vom 10.05.2004 - 10 S 427/04 -, DAR 2004, 604; Beschluss vom 15.11.2004 - 10 S 2194/04 -, Blutalkohol 2005, 187); zuletzt hält der VGH Baden-Württemberg sogar eine THC-Konzentration von mindestens 1,0 ng/ml für ausreichend um von fehlendem Trennungsvermögen im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV auszugehen (Beschluss vom 27.03.2006 - 10 S 2519/05 -, NJW 2006, 2135; Beschluss vom 15.11.2004 - 10 S 2194/04 -; vgl. dazu auch VG Freiburg, Beschluss vom 09.01.2006 - 1 K 1914/05 -). Letztlich ergibt sich das fehlende Trennungsvermögen auch aus der eigenen Einlassung des Antragstellers, der gegenüber der Polizei angegeben hat, am gleichen Tag gegen 12.30 Uhr einen „Joint“ geraucht zu haben.
21 
Die in Anbetracht dessen für den Antragsteller entgegenkommende - und wohl auf dem Umstand, dass er zwischenzeitlich in der Tschechischen Republik eine Fahrerlaubnis erteilt bekommen hatte, beruhende - Verfahrensweise des Landratsamts, dem Antragsteller die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu ermöglichen, gründet sich im Übrigen auf § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV, nachdem der Antragsteller insgesamt sechs Mal in erheblicher strafrechtlicher Weise - und zum Teil unter Einfluss von Alkohol oder Cannabis - verkehrsauffällig geworden ist (Januar 1991: fahrlässige Trunkenheit im Verkehr mit einer BAK von 1,43 ‰; April 1991, August 2003, Januar 2004, Juli 2004, Mai 2005: Fahren ohne Fahrerlaubnis, davon einmal mit einer BAK von 0,84 ‰ und einmal unter THC-Einwirkung); dabei dürften auch die Straftaten aus dem Jahr 1991 nach § 29 Abs. 5 StVG noch verwertbar sein, wobei es darauf angesichts der erheblichen Vorfälle in den letzten drei Jahren nicht in entscheidungserheblicher Weise ankommt.
22 
Das nach nationalem Recht somit zu Recht angeforderte medizinisch-psychologische Gutachten hat der Antragsteller nicht vorgelegt, obwohl er zunächst sein Einverständnis mit einer Begutachtung erklärte hatte. Das Landratsamt durfte daher nach § 11 Abs. 8 FeV, dessen Voraussetzungen im Übrigen erfüllt sind, auf die Ungeeignetheit des Antragstellers schließen.
23 
Entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellervertreters steht dem nicht die Bindungswirkung des strafgerichtlichen Urteils aus dem Jahr 1991 entgegen. Aus § 3 Abs. 4 StVG folgt keineswegs, dass die Fahreignung eines Betroffenen nach Ablauf der Sperrfrist für die Wiedererteilung zu bejahen ist. Die Bindungswirkung der strafgerichtlichen Feststellungen reicht nicht über die festgesetzte Sperrfrist hinaus; nach Ablauf der Sperrfrist hat die Fahrerlaubnisbehörde vielmehr eigenständig zu prüfen, ob die Fahrerlaubnis wieder erteilt werden kann (vgl. dazu nur Hentschel, Straßenverkehrsrecht, StVG § 3, Rn 29 a.E. und Rn 31 und im Übrigen § 20 FeV).
24 
Nach § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV gilt die Berechtigung aus § 28 Abs. 1 FeV zum Führen von Kraftfahrzeugen aufgrund einer EU-Fahrerlaubnis - vorbehaltlich einer (hier fehlenden) positiven Zuerkennungsentscheidung nach § 28 Abs. 5 FeV - dann nicht, wenn dem Inhaber die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht oder sofort vollziehbar oder bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde entzogen worden ist, die Fahrerlaubnis bestandskräftig versagt worden ist oder dem die Fahrerlaubnis nur deshalb nicht entzogen worden ist, weil er zwischenzeitlich auf die Fahrerlaubnis verzichtet hat. Diesen Tatbestand erfüllt der Antragsteller auf Grund der 1991 erfolgten Entziehung. Darüber hinaus haben die Strafgerichte bei der Aburteilung der zahlreichen Vergehen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis - z.T. unter Alkohol- bzw. Cannabiseinwirkung - offenkundig nur deshalb vom Entzug der Fahrerlaubnis abgesehen, weil der Antragsteller 1991 auf dieselbe verzichtet hatte (§ 28 Abs. 4 Nr. 3 3. Alt. FeV). Danach erwiese sich auch bei Anwendung der Vorschrift des § 28 FeV der Bescheid als voraussichtlich rechtmäßig.
25 
2. Allerdings bestehen Zweifel an der Konformität der angewandten Vorschriften mit Gemeinschaftsrecht. Es ist fraglich, ob die Anwendung der nationalen Bestimmungen mit den Regelungen in Art. 1 Abs. 2 und Art. 8 Abs. 2 und 4 der RL 91/439/EWG vereinbar sind (vgl. hierzu ergänzend zu den nachstehenden Ausführungen ausführlich VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 19.09.2005 - 10 S 1194/05 -, VBlBW 2006, 27; Beschluss vom 07.11.2005 - 10 S 1057/05 -, VBlBW 2006, 110; VG Sigmaringen, Beschluss vom 06.10.2005 - 2 K 1276/05 -; VG Stuttgart, Beschluss vom 19.01.2006 - 10 K 3261/05 -). Dies gilt sowohl für die Anwendung des § 28 Abs. 4 FeV als auch für die Anwendung des § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, sei es kraft festgestellter Ungeeignetheit, sei es auf der Grundlage des Schlusses gemäß § 11 Abs. 8 FeV. Für letztere Alternative ist schließlich zu beachten, dass nur aus einer berechtigterweise verlangten Mitwirkungshandlung im Weigerungsfalle die schwerwiegende Rechtsfolge des § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV abgeleitet werden kann (vgl. nur OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.11.2002 - 19 B 814/01, NZV 2002, 427 ff.; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl. 2005, § 11 FeV, Rn 22 m.w.N.). Es stellt sich unter dem Blickwinkel des sekundären Gemeinschaftsrechts derzeit aber als offen dar, ob § 28 Abs. 4 FeV hier anwendbar ist, die Eignung des Antragstellers überhaupt überprüft werden durfte und ob die Gutachtensanforderung zu Recht ergangen ist (vgl. dazu wiederum ausführlich die bereits zitierte Rechtsprechung).
26 
Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG sieht die gegenseitige Anerkennung der von den Mitgliedsstaaten ausgestellten Führerscheine vor. Nach der Rechtsprechung des EuGH gilt dies ohne jede Formalität; der Besitz eines EU-Führerscheins ist als Nachweis dafür anzusehen, dass sein Inhaber die in der Richtlinie 91/439/EWG vorgesehenen Voraussetzungen für die Ausstellung erfüllt hat (EuGH, Urteil vom 29.4.2004 - C-476/01 -, Kapper , NZV 2004, 372, Rn 46 m.w.N.). Zugleich erlegt Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG den Mitgliedstaaten damit eine klare und unbedingte Verpflichtung zur Anerkennung auf, die keinen Ermessensspielraum in Bezug auf die Maßnahmen einräumt, die zu erlassen sind, um dieser Verpflichtung nachzukommen (vgl. EuGH, Beschluss vom 06.04.2006 - C-227/05 -, Halbritter , Rn 25). Die Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Erteilung des Führerscheins z.B. hinsichtlich der in Art. 7 Abs. 1 lit. b) und Art. 9 der Richtlinie 91/439/EWG vorgesehenen Wohnsitzvoraussetzungen erfüllt sind, ist nach der durch den EuGH erfolgten verbindlichen Auslegung der zitierten Richtlinie somit ausschließlich Sache des ausstellenden Mitgliedsstaates. Damit sind der Überprüfung von EU-Fahrerlaubnissen nach innerstaatlichem Recht enge Grenzen gesetzt. So darf ein Mitgliedsstaat die Anerkennung der Gültigkeit eines von einem anderen Mitgliedsstaat ausgestellten Führerscheins gemäß Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG nicht deshalb ablehnen, weil in seinem Hoheitsgebiet auf den Inhaber des Führerscheins eine Maßnahme des Entzugs oder der Aufhebung einer von diesem Staat erteilten Fahrerlaubnis angewendet wurde, wenn die zusammen mit dieser Maßnahme angeordnete Sperrfrist für die Neuerteilung in diesem Mitgliedsstaat abgelaufen war, bevor der Führerschein von dem anderen Mitgliedsstaat ausgestellt worden ist. Denn Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG ist als Ausnahme zum Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung der von den Mitgliedsstaaten ausgestellten Führerscheine, der im Interesse der innergemeinschaftlichen Freizügigkeit und damit einer der Grundfreiheiten der Römischen Verträge aufgestellt wurde, restriktiv auszulegen (vgl. EuGH, Urteil vom 29.4.2004, a.a.O., Rn 72; Beschluss vom 06.04.2006, a.a.O., Rn 26). Andere Mitgliedsstaaten sind wegen Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG nicht befugt, die Beachtung der Ausstellungsbedingungen erneut zu prüfen, und können ihre Befugnis nach Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG nur im Hinblick auf ein Verhalten des Betroffenen nach dem Erwerb der ausländischen Fahrerlaubnis ausüben (vgl. EuGH, Beschluss vom 06.04.2006, a.a.O., Rn 38). Ein von einem anderen Mitgliedsstaat ausgestellter Führerschein ist somit nach dem Regelungskonzept der Richtlinie als Nachweis dafür anzusehen, dass der Inhaber auch die gesundheitlichen Anforderungen nach Maßgabe der Anhänge II und III der Richtlinie 91/439/EWG erfüllt.
27 
Auch nach dem Beschluss des EuGH in der Rechtssache Halbritter, auf den sich der Antragstellervertreter beruft, sind die hier entscheidenden gemeinschaftsrechtlichen Fragestellungen jedoch noch nicht abschließend geklärt (ebenso - z.T. mit unterschiedlicher Begründung -: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.07.2006 - 10 S 1337/06 -; VG Chemnitz, Beschluss vom 05.07.2006 - 2 K 1025/05 -; VG Karlsruhe, Beschluss vom 21.06.2006 - 9 K 1542/06 unter Berufung auf EuGH, Urteil vom 10.01.1985 - Rs. 229/83 -, Buchpreisbindung , NJW 1985, 1615, Rn 27; VG Freiburg, Beschluss vom 01.06.2006 - 1 K 752/06 -; VG Münster, Beschluss vom 26.06.2006 - 10 L 361/06 -; VG Wiesbaden, Beschluss vom 30.05.2006 - 7 G 508/06 (V) -; VG Sigmaringen, Beschluss vom 11.07.2006 - 7 K 474/06 -; LG Freiburg, Urteil vom 08.05.2006 - 7 Ns 540 Js 26426/05 -; zu einem teilweise anderen - dem Antragsteller günstigen - Ergebnis gelangen VG Chemnitz, Beschluss vom 21.06.2006 - 2 K 356/06 -; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 20.06.2006 - 4 MB 44/06 -).
28 
Zunächst weicht der hier zu entscheidende Sachverhalt bereits erheblich von demjenigen des Halbritter-Verfahrens ab, wo das Wohnsitzerfordernis der Richtlinie fraglos erfüllt war und eine medizinisch-psychologische Untersuchung im ausstellenden Mitgliedsstaat stattgefunden hat (vgl. dazu insbesondere auch die Rnrn 30 und 31 des Halbritter-Beschlusses, wo der EuGH - bei strenger Anwendung seiner Grundsätze: ohne Veranlassung - zu diesen an sich nicht zu prüfenden Umständen Stellung nimmt). Aus der bisherigen Rechtsprechung des EuGH zu Art. 8 der Richtlinie 91/439/EWG kann somit noch nicht geschlossen werden, dass Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie in Fällen wie dem vorliegenden nicht anwendbar und die im EU-Ausland erteilte Fahrerlaubnis anzuerkennen ist.
29 
Hier ist der Antragsteller nach Aktenlage zum Führen von Kraftfahrzeugen offensichtlich ungeeignet. Es spricht derzeit alles dafür, dass sich der Antragsteller nicht in Ausübung seiner Grundfreiheiten in die Tschechische Republik begeben und dort eine Fahrerlaubnis erworben hat, sondern dass dies allein der Umgehung der in der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen eines Neuerteilungsverfahrens erforderlichen medizinisch-psychologischen Untersuchung diente. Der Antragsteller selbst gab in diesem Zusammenhang gegenüber den ihn kontrollierenden Polizeibeamten an, dass er in Deutschland Probleme mit dem Bestehen der MPU habe und deshalb die Fahrerlaubnis in Tschechien erworben habe. Bestätigt wird dies durch den Umstand, dass im tschechischen Führerschein des Antragstellers unter der Rubrik Nr. 8 (Wohnort) kein tschechischer Ort, sondern „ R., Spolková Republika Německo “ eingetragen ist. Die Berufung auf das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung ist in einem solchen Fall rechtsmissbräuchlich.
30 
Auch nach der Rechtsprechung des EuGH darf Gemeinschaftsrecht jedoch nicht missbräuchlich geltend gemacht werden. Die nationalen Gerichte können das missbräuchliche oder betrügerische Verhalten des Betroffenen auf der Grundlage objektiver Kriterien in Rechnung stellen, um ihm ggf. die Berufung auf das einschlägige Gemeinschaftsrecht zu verwehren, wenn sie bei der Würdigung eines solchen Verhaltens die Ziele der fraglichen Bestimmungen beachten (vgl. dazu die Rechtsprechung des EuGH aus dem Bereich des freien Dienstleistungsverkehrs: Urteil vom 03.12.1974 - Rs. 33/74 -, Van Binsbergen , Slg. 1974, 1299, Rn 13; Urteil vom 03.02.1993 - C-148/91 -, Veronica Omroep Organisatie , Slg. 1993, I-487, Rn 12; Urteil vom 05.10.1994 - C-23/93 -, TV10 , Slg. 1994, I-4795, Rn 21; auf dem Gebiet der Niederlassungsfreiheit: Urteil vom 07.02.1979 - Rs. 115/78 - Knoors , Slg. 1979, 399, Rn 25; Urteil vom 03.10.1990 - C-61/89 -, Bouchoucha , Slg. 1990, I-3551, Rn 14 sowie Urteil vom 09.03.1999 - C 212/97 -, Centros Ltd. -, Rn 24; Urteil vom 30.09.2003 - C 167/01 -, Inspire Art , Rn 136; auf dem Gebiet des freien Warenverkehrs: Urteil vom 10.01.1985 - Rs. 229/83 -, Leclerc u. a. , Slg. 1985, 1, Rn 27; auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit: Urteil vom 02.05.1996 - C-206/94 -, Brennet AG / Vittorio Paletta , NJW 1996, 1881, Rn 24f.; Urteil vom 12.04.2005 - C-145/03 -, Erben der Annette Keller , Rn 50; auf dem Gebiet der Freizügigkeit der Arbeitnehmer: Urteil vom 21.06.1988 - Rs. 39/86 -, Lair , Slg. 1988, 3161, Rn 43; Urteil vom 21.06.1988 - Rs. 39/86 -, NJW 1988, 2165, Rn 43; auf dem Gebiet der gemeinsamen Agrarpolitik: Urteil vom 03.03.1993 - C-8/92 -, General Milk Products , Slg. 1993, I-779, Rn 21); und auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts: Urteil vom 12.05.1998 - C-367/96 -, Kefalas u. a. , Slg. 1998, I-2843, Rn 20; Urteil vom 23.03.2000 - C-373/97 -, Diamantis , Rn 33; auch in gänzlich anderem Zusammenhang akzeptiert der EuGH täuschendes Verhalten zur Erschleichung von Vorteilen nicht: Urteil vom 05.06.1997 - C-285/95 -, Suat Kol/Land Berlin , NVwZ 1998, 50, Rn 25 ff. zu Beschäftigungszeiten nach Art. 6 ARB 1/80).
31 
Die hier im Blick zu behaltenden Ziele der Richtlinie bestehen nicht lediglich darin, die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, die Niederlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungsverkehr zu gewährleisten; auch die Verkehrssicherheit nimmt hier ausweislich der Begründungserwägungen der Richtlinie breiten Raum ein. Die Straßenverkehrssicherheit zählt im Übrigen zu den zwingenden Gründen des Allgemeininteresses, die eine Beschränkung der durch den EG-Vertrag garantierten Grundfreiheiten rechtfertigen können, sofern die streitige Maßnahme tatsächlich unterschiedslos auf Staatsangehörige aller Mitgliedstaaten anwendbar wird und sie geeignet erscheint, die Verwirklichung des verfolgten Zwecks zu gewährleisten (EuGH, Urteil vom 10.07.2003 - C-246/00 -, Kommission / Niederlande , Slg. 2003, I-7485, Rn 67). In Anbetracht dessen darf dem Antragsteller, der sich offenkundig kurzfristig und ohne einen Wohnsitz zu begründen allein zu dem Zweck in die Tschechische Republik begeben hat, dort eine Fahrerlaubnis zu erhalten, deren Erteilung im Inland er - nach seiner Einschätzung - nicht hätte erreichen können, die Berufung auf die Bestimmungen der Richtlinie 91/439/EWG verwehrt werden.
32 
Weiterhin ist auch nicht ausgeschlossen, dass die dem Antragsteller erteilte tschechische Fahrerlaubnis als nichtig und damit wirkungslos anzusehen ist, nachdem aus dem Führerscheindokument selbst bereits offenkundig und für jedermann erkennbar hervorgeht, dass die tschechischen Behörden das Wohnsitzerfordernis des Art. 9 der Richtlinie 91/439/EWG nicht geprüft haben. Insoweit nimmt das Gericht keine - ggf. nach der Richtlinie unzulässige - Überprüfung der Erteilungsvoraussetzungen, die allein dem ausstellenden Mitgliedsstaat obliegt und vorbehalten ist, vor. Der EuGH hat im Kapper-Urteil (a.a.O., Rn 47 mit Verweis auf seinen Beschluss vom 11.12.2003 - C-408/02 -, Silva Carvalho -, Rn 22) aus dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung allein gefolgert, dass ein Mitgliedsstaat bei einer in seinem Hoheitsgebiet vorgenommenen Straßenverkehrskontrolle die Anerkennung eines Führerscheins nicht mit der Begründung verweigern kann, „nach den Informationen, über die der Mitgliedsstaat verfüge“, habe der Betroffene zum Zeitpunkt der Ausstellung des Dokuments seinen Wohnsitz im (kontrollierenden) Mitgliedsstaat und nicht im Ausstellungsstaat gehabt. Damit ist ersichtlich auf Informationen etwa aus dem Melderegister Bezug genommen, die eine erste Nachprüfung der Wohnsitzfrage ermöglichen. Auch im Urteil Kommission ./. Niederlande (Urteil vom 10.07.2003 - C-246/00 -, a.a.O., Rn 75) hat sich der Gerichtshof mit systematischen Erfassungen des Wohnsitzes (im Rahmen der Registrierung ausländischer Führerscheine) befasst. Ist aber - wie hier - bereits aus dem Führerscheindokument selbst ersichtlich, dass das Wohnsitzerfordernis nicht beachtet wurde, so spricht vieles dafür, die erteilte Fahrerlaubnis als nichtig anzusehen. Dann aber geht es in Fallkonstellationen der hier zu beurteilenden Art gar nicht mehr um den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung, weil es bereits an einem anerkennungsfähigen Rechtsakt fehlt. Der angefochtene Bescheid des Landratsamts hätte dann wohl lediglich deklaratorische Bedeutung, dem Antragsteller würde das Rechtsschutzbedürfnis fehlen.
33 
Die durch die vorstehenden Darlegungen aufgeworfenen umfänglichen Rechtsfragen des Gemeinschaftsrechts bedürfen noch weiterer Klärung im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens gemäß Art. 234 EG. Das VG Sigmaringen hat bereits mit Beschluss vom 27.06.2006 - 4 K 1058/05 - vergleichbare Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Auch das VG Chemnitz hat angekündigt, im Verfahren 2 K 1380/05 einen Vorlagebeschluss zu fassen. In Anbetracht der offenen, im Widerspruchs- bzw. Hauptsacheverfahren zu klärenden Rechtsfragen und angesichts der noch nicht entschiedenen Vorlageverfahren beim EuGH ist offen, ob die Anwendung der nationalen Regelungen mit den Regelungen in Art. 1 Abs. 2 und Art. 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG vereinbar ist. Somit ist von offenen Erfolgsaussichten des Widerspruchs des Antragstellers auszugehen.
34 
3. Der Antrag ist gleichwohl abzulehnen, weil die Kammer nach der danach erforderlichen Interessenabwägung kein überwiegendes Suspensivinteresse des Antragstellers festzustellen vermag.
35 
Erweisen sich die Erfolgsaussichten als offen, so sind die Interessen der Beteiligten im Rahmen einer Folgenabwägung zu gewichten. Als Maßstab sind dabei die Erwägungen sinngemäß heranzuziehen, welche das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 20.06.2002 zur Frage von Gutachtensanforderungen bei einmaligem Haschischkonsum (BVerfG, Beschluss vom 20.06.2002 - 1 BvR 2062/96 -, NJW 2002, 2378 ff.) angestellt hat (Bay. VGH, Beschluss vom 01.07.2005 - 11 C 05.940 -; VG Sigmaringen, Beschluss vom 06.10.2005 - 2 K 1276/05 -), da dieser Maßstab die Sicherheitsinteressen einerseits und die Interessen an der Ausnutzung der noch nicht bestandskräftig entzogenen Fahrerlaubnis andererseits zu einem angemessenen Ausgleich bringt.
36 
Unter Anwendung dieses Maßstabs des Bundesverfassungsgerichts ist zu berücksichtigen, dass das öffentliche Interesse am Vollzug dann überwiegt und der Betroffene die Vollziehbarkeit der Entziehungsverfügung hinnehmen muss, wenn hinreichender Anlass zu der Annahme besteht, dass aus seiner aktiven Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr eine Gefahr für dessen Sicherheit resultiert. Das Sicherheitsrisiko muss deutlich über demjenigen liegen, das allgemein mit der Zulassung von Personen zum Führen von Kraftfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr verbunden ist. Das Interesse der Allgemeinheit an der Sicherheit des Straßenverkehrs und der aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ableitbare Auftrag zum Schutz vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben gebieten es, hohe Anforderungen an die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zu stellen.
37 
Im Fall des Antragstellers bedeutet dies, dass auf Grund seines regelmäßigen Rauschmittelkonsums, aufgrund der Entziehung seiner Fahrerlaubnis durch das Amtsgericht R. im Jahre 1991 wie auch insbesondere in Anbetracht der zahlreichen abgeurteilten Vergehen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis und nicht zuletzt des Umstands, dass der Antragsteller im Rahmen des jüngsten Neuerteilungsverfahren die medizinisch-psychologische Begutachtungen abgebrochen hat bzw. jedenfalls kein positives Gutachten vorlegen konnte, derzeit nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit von einer Fahreignung des Antragstellers ausgegangen werden kann. Noch kurz vor Erteilung seiner tschechischen Fahrerlaubnis fuhr der Antragsteller ohne die erforderliche Fahrerlaubnis. Substantiierte Einzelheiten über Inhalt und Ablauf einer in Tschechien ggf. vorgenommenen ärztlichen Untersuchung hat der Antragsteller nicht geschildert, im Gegenteil hat er angegeben, nach Tschechien gefahren zu sein, weil er in der Bundesrepublik Deutschland Probleme mit der MPU hätte. Sofern eine ärztliche Untersuchung in Tschechien überhaupt stattgefunden haben sollte (zu den beträchtlichen diesbezüglichen Bedenken vgl. die Ausführungen und Auswertungen verschiedener Erkenntnisquellen aus dem Internet im Beschluss des VGH Baden-Württemberg vom 21.07.2006 - 10 S 1337/06 -), ist derzeit davon auszugehen, dass es sich allenfalls um eine Routine-Untersuchung handelte, die - ohne Kenntnis der drogenbedingten körperlichen und psychischen, sowie der charakterlichen Probleme des Antragstellers und ohne Kenntnis seiner Vorgeschichte - auf etwaige Alkohol- und Drogenprobleme nicht eingegangen ist. Wäre es anders gewesen, wäre darüber hinaus auch zu erwarten gewesen, dass der Antragsteller ein derartiges positives Untersuchungsergebnis ohne Weiteres mitgeteilt hätte. Schließlich kann auch der Umstand einer (vorgeblich) beanstandungsfreien Teilnahme am Straßenverkehr über mehrere Monate hinweg seit Erteilung der tschechischen Fahrerlaubnis hier zu keiner anderen Betrachtungsweise führen. Angesichts der hohen Dunkelziffer von Verkehrsordnungswidrigkeiten und -straftaten ist die bloße beanstandungsfreie Teilnahme am Straßenverkehr kein Indiz für die wiedererlangte Geeignetheit eines Verkehrsteilnehmers.
38 
Der Interessenabwägung steht auch nicht entgegen, dass für den Fall, dass sich die Maßnahmen als gemeinschaftsrechtswidrig erweisen sollten, mit der vorliegenden Entscheidung die Durchsetzung von Gemeinschaftsrecht einstweilen im Einzelfall gehemmt wird. Zwar ist die Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts von übergeordneter Bedeutung. Die Mitgliedstaaten - und insbesondere auch deren Gerichte (vgl. dazu Streinz, EUV/EGV, 1. Aufl. 2003, Art. 10 EG Rn. 31 ff.) - haben nach Art. 10 EG alle geeigneten Maßnahmen zur Erfüllung der Verpflichtungen aus dem EG-Vertrag zu treffen und alle Maßnahmen zu unterlassen, welche die Verwirklichung der Ziele des EG-Vertrages gefährden könnten. Daher ist bei der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes durch die nationalen Gerichte darauf zu achten, dass die zu treffende Entscheidung dem Gemeinschaftsrecht nicht die praktische Wirksamkeit nimmt. Diese Gefahr besteht hier indes nicht. Insbesondere handelt es sich hier gerade nicht um den Fall eines Unionsbürgers, der durch die Aberkennung des Rechts, von seiner Fahrerlaubnis Gebrauch zu machen, daran gehindert wird, von seinem Freizügigkeitsrecht Gebrauch zu machen. Ausweislich des ersten Erwägungsgrundes zur RL 91/439/EWG soll aber gerade die Freizügigkeit von Personen erleichtert werden, die sich in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen niederlassen wollen, in dem sie ihre Fahrprüfung abgelegt haben. Damit ist die Richtlinie und ihre wesentliche Bedeutung im vorliegenden Fall nur in einem Randbereich ihres Regelungsgehalts betroffen, sodass es hier nicht einer Entscheidung zugunsten des Antragstellers bedarf, um die praktische Wirksamkeit der Gemeinschaftsrechtsordnung sicherzustellen (VG Sigmaringen, Beschluss vom 05.01.2005 - 4 K 2198/04 -). Somit bleibt bei einer Gesamtabwägung aller Interessen die bedrohte Verkehrssicherheit Ausschlag gebend für die Ermessensentscheidung des Gerichts.
39 
Die Kammer sieht sich weiter zu dem Hinweis veranlasst, dass die derzeit im Rechtsetzungsverfahren befindliche Neufassung der einschlägigen Ausnahmebestimmungen der Richtlinie 91/439/EWG möglicherweise ohnehin die Konformität der bestehenden nationalen Bestimmungen herstellen wird, sodass der als kraftfahrungeeignet anzusehende Antragsteller ggf. spätestens dann mit neuerlichen Maßnahmen der Fahrerlaubnisbehörden wird rechnen müssen. Nach Art. 11 Abs. 4 des Richtlinienentwurfs in der Fassung, die der Rat der Europäischen Union auf seiner 2721. Tagung am 27.03.2006 beschlossen hat (vgl. den Text in der Vorlage vom 17.03.2006 zum Dossier 2003/0252 (COD) 7437/06 ADD 1, http://register.consilium.europa.eu/pdf/de/06/ st07 / st07 437- ad01 . de06 .pdf), lehnt es ein Mitgliedsstaat ab, einem Bewerber, dessen Führerschein in einem anderen Mitgliedsstaat eingeschränkt, ausgesetzt oder entzogen wurde, einen Führerschein auszustellen; weiter lehnt ein Mitgliedsstaat die Anerkennung der Gültigkeit eines Führerscheins ab, der von einem anderen Mitgliedsstaat einer Person ausgestellt wurde, deren Führerschein in seinem Hoheitsgebiet eingeschränkt, ausgesetzt oder entzogen ist. Auch wenn der Anwendungsbereich dieser neuen Vorschriften ggf. wiederum nicht ohne eine neuerliche Vorlage an den EuGH zu klären sein wird, ist die hinter dem Richtlinienänderungsentwurf stehende Absicht, Maßnahmen gegen den sog. „Führerscheintourismus“ zu ergreifen deutlich erkennbar. Zwar ist nach Art. 18 der derzeitigen Fassung des Entwurfs ein Inkrafttreten der Bestimmung des Art. 11 Abs. 4 erst zwei Jahre nach der Veröffentlichung im Amtsblatt vorgesehen und zu erwarten, dass das anhängige Widerspruchsverfahren bis dahin abgeschlossen sein wird. Auch kann derzeit - vor endgültiger Beschlussfassung über den Richtlinientext - noch keine Rede von eventuellen Vorwirkungen der Richtlinienänderung die Rede sein. Gleichwohl ist bemerkenswert und im Rahmen der Interessenabwägung des Gerichts nicht ohne Bedeutung, dass auch die Rechtsetzungsorgane der EG zwischenzeitlich offenkundig die Folgen der - massenhaften - missbräuchlichen Geltendmachung von Gemeinschaftsrecht erkannt haben.
40 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
41 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3, 62 Abs. 2 GKG und erfolgt in Anwendung von Nr. 1.5 und Nr. 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 (NVwZ 2004, 1327 ff.).

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen eine verkehrsrechtliche Entscheidung, mit der ihm das Recht aberkannt wurde, von seiner in der Tschechischen Republik erteilten Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen.
Der am … in D., K., geborene, verheiratete Kfz-Schlosser und -Lackierer, ein deutscher Staatsangehöriger, lebt seit 1993 mit seinen Eltern in der Bundesrepublik Deutschland. Ihm wurde vom Landratsamt A.-D.-K. am … 1994 eine Fahrerlaubnis der Klasse 3 erteilt. Nach positivem Drogenbefund vom ... 1996 wurde seine Fahreignung einer medizinisch-psychologischen Überprüfung unterzogen. Das Gutachten des TÜV S., U., vom ... 1997 kam zum Ergebnis, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sei, dass er in Zukunft ein Fahrzeug unter Drogeneinfluss führen werde. Im anschließenden Entziehungsverfahren erklärte er am ... 1997 den Verzicht auf seine Fahrerlaubnis. Am ... 1997 wurde er mit Urteil des Amtsgerichts E. wegen Handels mit Betäubungsmitteln in fünf Fällen und wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 30 DM verurteilt. Im Wiedererteilungsverfahren kam das Medizinisch-psychologische Institut beim TÜV U. im Gutachten vom ... 1997 zu einem weiteren negativen Befund und verlangte Belege für eine stabile Abstinenz und eine Aufarbeitung der Hintergrundproblematik des Drogenmissbrauchs. Die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis wurde daraufhin mit Bescheid des Landratsamts A.-D.-K. vom ... 1997 abgelehnt. In einem weiteren Wiedererteilungsverfahren kam das Medizinisch-psychologische Institut beim TÜV U. im Gutachten vom ... 1998 zu einem für den Kläger positiven Ergebnis. Die Einschätzung basierte auf der Annahme, dass er sich vom Drogenkonsum distanziert habe. Nach Vorlage dieses Gutachtens wurde ihm die Fahrerlaubnis der Klasse 3 vom Landratsamt A.-D.-K. am ... 1998 wieder erteilt.
Eine Kontrolle am ... 2004 ergab beim Kläger, der mit seinem PKW unterwegs war, eine Atemalkoholkonzentration von 0,25 mg/l. Der durchgeführte Mahsan-Urin-Schnelltest war positiv im Hinblick auf Cannabis. Die Untersuchung der daraufhin entnommenen Blutprobe ergab eine Konzentration des Abbauprodukts THC-Carbonsäure (THC-COOH) von 7,9 ng/ml. Am ... 2005 wurde er als Fahrzeugführer erneut einer Kontrolle unterzogen. Die Untersuchung der entnommenen Blutprobe ergab dabei eine Konzentration von 2,5 ng/ml THC und 13,1 ng/ml THC-COOH. Mit Verfügung des Landratsamts Ravensburg vom ... 2005, zugestellt am ... 2005, wurde ihm daraufhin die Fahrerlaubnis entzogen. Die Entscheidung wurde am ... 2005 bestandskräftig.
Am ... 2006 erteilte die Fahrerlaubnisbehörde der Stadt P., Tschechische Republik, dem Kläger eine Fahrerlaubnis der Klasse B. Als Wohnort wurde von der tschechischen Behörde in den dazu ausgestellten Führerschein Nr. EB ... eingetragen: „L. i. A., Spolkova Republika Nemec“ (Bundesrepublik Deutschland).
In der Folgezeit nahm der Kläger wieder am Straßenverkehr in der Bundesrepublik Deutschland teil, wobei er bei einer Polizeikontrolle am ... 2007 mit einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 49,34 km/h auffiel. Gegenüber den Beamten, denen er seinen tschechischen Führerschein vorlegte, gab er an, sein Rechtsanwalt habe ihm gesagt, er könne in der Tschechei eine neue Fahrerlaubnis wiedererlangen. Auf die Frage der Polizisten, ob er während des Erwerbs der Fahrerlaubnis in der Tschechischen Republik einen festen Wohnsitz gehabt habe, gab er an, er sei öfters an den Wochenenden in die Tschechei gefahren und habe dort bei der Fahrschule D. B. in P. die notwendigen Fahrstunden absolviert. Manchmal sei er auch 2 - 3 Wochen an einem Stück in P. gewesen.
Mit Schreiben des Landratsamts R. vom 29.11.2007, zugestellt am 4.12.2007, wurde der Kläger zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Fahreignungsgutachtens bis zum 1.3.2008 aufgefordert und zur Vorlage seiner Einverständniserklärung binnen 10 Tagen. Zur Begründung wurde ausgeführt, ohne Überprüfung seiner Fahreignung sei eine Anerkennung seiner tschechischen Fahrerlaubnis nach § 28 Abs. 5 FeV nicht möglich.
Mit Verfügung des Landratsamts R. vom ... 2008 wurde dem Kläger das Recht aberkannt, aufgrund seiner tschechischen Fahrerlaubnis Kraftfahrzeuge in der Bundesrepublik Deutschland zu führen (Regelung 1). Der Kläger wurde verpflichtet, dem Landratsamt seinen Führerschein vorzulegen, zur Anbringung des amtlichen Vermerks, dass diese Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen in der Bundesrepublik Deutschland nicht berechtigt (Regelung 2). Für den Fall der Nichtbefolgung der Regelung 2 wurde ihm ein Zwangsgeld in Höhe von 450 EUR angedroht (Regelung 3). Die sofortige Vollziehung der Regelungen 1 und 2 wurde angeordnet (Regelung 4). Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger gelte als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, nachdem er nicht bereit sei, das geforderte Gutachten vorzulegen. Eine Anerkennungspflicht treffe die Bundesrepublik Deutschland bezüglich der vom Kläger in Tschechien erworbenen Fahrerlaubnis nicht. Die Erteilung beruhe ersichtlich auf einem Verstoß gegen das Wohnsitzprinzip der Führerscheinrichtlinie 91/439/EWG.
Am ... 2008 erhob der Kläger Widerspruch.
Am 22.1.2008 beantragte er beim Verwaltungsgericht Sigmaringen die Aussetzung der sofortigen Vollziehung der Verfügung. Dieser Antrag wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 11.2.2008 - 4 K 104/08 - abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde blieb ohne Erfolg (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 3.3.2008 - 10 S 600/08 -).
10 
Mit Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums T. vom ... 2008 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung wurden die Ausführungen im Ausgangsbescheid wiederholt und vertieft. Zusätzlich wurde ausgeführt, auch wenn die tschechische Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland nicht gelte, gehe die streitgegenständliche Aberkennungsentscheidung nicht ins Leere. Sie sei gleichwohl erforderlich, weil damit im Interesse der Verkehrssicherheit festgestellt werde, dass der Kläger durch seine tschechische Fahrerlaubnis nicht berechtigt werde, in der Bundesrepublik Deutschland zu fahren.
11 
Der Kläger hat bereits am 24.4.2008 Untätigkeitsklage erhoben, in die der Widerspruchsbescheid einbezogen wurde. Zur Begründung wiederholt und vertieft er die Ausführungen zum Widerspruch. Dazu wird im Wesentlichen ausgeführt, die Rechtslage sei klar und die streitgegenständliche Verfügung stelle einen glatten Verstoß gegen Europarecht dar. Nach der Entscheidung des EuGH vom 26.6.2008 - C-329/06 - wird ausgeführt, der EuGH habe nunmehr nochmals klargestellt, dass die Bundesrepublik Deutschland auch missbräuchlich erlangte Fahrerlaubnisse anerkennen müsse. Mit der Änderung der Wohnsitzrechtsprechung habe der EuGH einen in der Praxis nur marginalen Beitrag zum „Kampf gegen den Führerscheintourismus“ geleistet. Dieser Beitrag führe im vorliegenden Fall aber nicht zur Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung. Denn hier sei entgegen Art. 8 Abs. 4 der Führerscheinrichtlinie 91/439/EWG die nach dieser Bestimmung erforderliche Ermessensentscheidung bezüglich der Nichtanerkennung von der Straßenverkehrsbehörde nicht getroffen worden.
12 
Der Kläger beantragt schriftsätzlich (sachdienlich gefasst),
13 
den Bescheid des Landratsamts R. vom ... J. 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom ... J. 2008 aufzuheben.
14 
Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,
15 
die Klage abzuweisen.
16 
Zur Begründung wird auf die Ausführungen in den Bescheiden verwiesen.
17 
Unter Hinweis auf die Entscheidung des EuGH vom 26.6.2008 - C-329/06 - wurde den Beteiligten mit Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 9.7.2008 ein Vergleich vorgeschlagen, dessen Annahme vom Kläger am 24.7.2008 abgelehnt wurde.
18 
Die Beteiligten haben erklärt, dass sie mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden sind.
19 
Der Geschäftsstelle wurde am 1.8.2008 die am 31.7.2008 beschlossene Entscheidungsformel übergeben. Danach teilte das Landratsamt Ravensburg dem Gericht am ... und ... 2008 mit, dass gegen den Kläger strafrechtlich wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und wegen Fahrens in betrunkenem Zustand ermittelt werde. Dazu wurden die Polizeiberichte der Polizeidirektion Ravensburg vom ..., ... und ... 2008 vorgelegt. Nach deren Inhalt wurde vom Kläger bei seiner polizeilichen Vernehmung am ... 2008 eingeräumt, dass er am ... 2008 zuviel Alkohol getrunken und dann nach einem Streit mit seiner Frau deren Auto genommen habe. Mit diesem sei er nach Ehingen zu seiner Mutter gefahren. Bei der Fahrt habe er sich einer Polizeikontrolle durch Flucht mit Geschwindigkeiten von zum Teil 150 km/h entzogen, wobei er nicht den Eindruck gehabt habe, richtig verfolgt zu werden. Die Ehefrau meldete der Polizei die Trunkenheitsfahrt am ... 2008 um 22:54 Uhr. Die Untersuchung der Blutprobe, die dem Kläger am ... 2008 um 4:55 Uhr entnommen wurde, ergab noch eine Blutalkoholkonzentration von 0,58 Promille. Nachtrunk wurde nicht geltend gemacht. Stand und Ausgang des Strafverfahrens sind nicht bekannt.
20 
Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Fahrerlaubnisakte (3 Bände) und der Gerichtsakten auch zum Verfahren 4 K 104/08 verwiesen sowie auf die Ausführungen der Beteiligten in ihren Schriftsätzen.

Entscheidungsgründe

 
21 
Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten erklärt haben, dass sie mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden sind (vgl. § 101 Abs. 2 VwGO).
22 
Die Mitteilungen des Beklagten vom ... u. ... 2008 zu den neuerlichen Verkehrsstraftaten des Klägers sowie die Polizeiprotokolle vom ..., ... und ... 2008 erreichten das Gericht erst nach Übergabe der Entscheidungsformel an die Geschäftsstelle am 1.8.2008. Die neuen Erkenntnisse bleiben daher unberücksichtigt und haben in der Folge auf die Entscheidung keinen Einfluss.
23 
Die Klage ist zum Teil bereits unzulässig und im übrigen unbegründet und bleibt daher insgesamt ohne Erfolg.
24 
1. a. Die Klage kann, soweit sie sich gegen die Aberkennungsentscheidung in der Regelung 1 der streitgegenständlichen Verfügung vom 11.1.2008 richtet, keinen Erfolg haben. Nachdem die in der Tschechischen Republik ausgestellte Fahrerlaubnis den Kläger in der Bundesrepublik Deutschland nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen berechtigt (dazu unten), geht die Anfechtungsklage gegen die Aberkennungsentscheidung in der Regelung 1 der streitgegenständlichen Verfügung ins Leere. Sie ist daher mangels Rechtsschutzbedürfnis bereits unzulässig und bleibt deswegen ohne Erfolg. Insofern kann auf die, den Beteiligten bekannten Ausführungen im Eilbeschluss vom 11.2.2008 - 4 K 104/08 - verwiesen werden.
25 
b. Wird die Aberkennungsentscheidung gemäß § 47 Abs. 1 LVwVfG umgedeutet, ist die Anfechtungsklage zulässig aber unbegründet. Streitgegenstand ist in diesem Fall die durch Umdeutung zustande kommende Feststellung, dass sich aus der von der Stadt P. am ... 2006 erteilten tschechischen Fahrerlaubnis für den Kläger kein Recht nach § 2 Abs. 1 StVG in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Satz 1 FeV ergibt, in der Bundesrepublik Deutschland Kraftfahrzeuge zu führen. Zur Sachdienlichkeit und Zulässigkeit der Umdeutung im vorliegenden Fall kann zunächst auf die oben zitierten Ausführungen des Regierungspräsidiums Tübingen im Widerspruchsbescheid vom ... 2008 verwiesen werden. Danach wird seitens der Widerspruchsbehörde offenbar davon ausgegangen, dass mit der Aberkennungsentscheidung ohnehin eine Feststellung, dass keine in der Bundesrepublik Deutschland ausnutzbare Fahrerlaubnis vorliegt, getroffen wurde. Im übrigen kann bezüglich der Sachdienlichkeit und Zulässigkeit auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg in zwei neueren Entscheidungen verwiesen werden, die den Beteiligten bekannt sind (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.9.2008 - 10 S 2925/06 -; Urteil vom 9.9.2008 - 10 S 994/07 -, jeweils m.w.N.).
26 
Der nach Umdeutung zu prüfende feststellende Verwaltungsakt ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Maßgeblich für die Überprüfung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.
27 
Formelle Bedenken bestehen gegen den feststellenden Verwaltungsakt nicht. Gehandelt hat das Landratsamt R. und damit die nach § 73 Abs. 1 und 2 FeV sachlich und örtlich zuständige untere Verwaltungsbehörde. Die nach § 28 Abs. 1 VwVfG Baden-Württemberg durchzuführende Anhörung ist erfolgt.
28 
In materieller Hinsicht hält die getroffene Feststellung der rechtlichen Überprüfung ebenfalls Stand. Ob die dem Kläger von der Fahrerlaubnisbehörde der Stadt P. am ... 2006 erteilte Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland gilt, ergibt sich aus § 2 Abs. 11 StVG in Verbindung mit § 28 FeV. Aus den Regelungen in § 28 FeV ergibt sich als Annex die Befugnis der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde, zur Klärung der Rechtslage die erforderlichen Feststellungen zur Ausnutzbarkeit einer in einem Mitgliedstaat erworbenen Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland zu treffen. Davon abgesehen dürfte eine Ermächtigung für die getroffene Feststellung auch aus §§ 3 Abs. 1 StVG, 46 FeV abzuleiten sein. Denn diese Vorschriften ermächtigen die Fahrerlaubnisbehörden zur Entziehung einer Fahrerlaubnis und damit erst recht zu der Feststellung, dass eine Fahrerlaubnis nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen in der Bundesrepublik Deutschland berechtigt. Bei der Auslegung und Anwendung des nationalen Fahrerlaubnisrechts hat das Gericht zu berücksichtigen, dass Gültigkeit und Anwendbarkeit dieses Rechts durch Regelungen des Rates der europäischen Gemeinschaften eingeschränkt sind. Nachdem die Umsetzungsfrist für die Richtlinie 91/439/EWG (2. Führerscheinrichtlinie) am 30.6.1996 abgelaufen ist, kann sich der Betroffene auf deren Regelungen unmittelbar berufen, soweit sie nicht ins nationale Recht umgesetzt wurden und für ihn günstiger sind. Diesbezüglich ist nach der Rechtsprechung des EuGH geklärt, dass die Mitgliedstaaten grundsätzlich nach Art. 1 Abs. 2 Richtlinie 91/439/EWG zur gegenseitigen Anerkennung der ausgestellten Führerscheine verpflichtet sind. Die Ablehnung der Anerkennung ist gemäß Art. 1 Abs. 2, 8 Abs. 2 Richtlinie 91/439/EWG nur ausnahmsweise möglich, wenn eine im Wohnsitzstaat verfügte Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis nach Entziehung noch nicht abgelaufen war (vgl. EuGH, Urteil vom 29.4.2004 - C-476/01 - Kapper). Darüber hinaus kann der Wohnsitzstaat die Anerkennung einer nach Entziehung erteilten Fahrerlaubnis ablehnen, wenn nach den Angaben im Führerschein oder nach anderen vom Ausstellerstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen feststeht, dass der Betroffene seinen ordentlichen Wohnsitz im Sinne des Art. 9 der Richtlinie 91/439/EWG nicht im Ausstellerstaat hatte (vgl. EuGH, Urteil vom 26.6.2008 - C-329/06 - Wiedemann). Zu der Frage, ob es sich in diesem Fall überhaupt um eine Fahrerlaubnis im Sinne des Richtlinie 91/439/EWG handelt, verhält sich das Urteil des EuGH vom 26.6.2008 nicht. Dafür, dass es sich nicht um eine Fahrerlaubnis im Sinne der Richtlinie handelt, könnte sprechen, dass im entschiedenen Fall die Erteilung der Fahrerlaubnis durch den Mitgliedsstaat Tschechische Republik nach den Ermittlungen des EuGH gerade deswegen erfolgte, weil dieser Mitgliedstaat die 2. Führerscheinrichtlinie bis zum 30.6.2006 nicht umgesetzt hatte und der fehlende Wohnsitz nach den nationalen Bestimmungen einer Erteilung nicht entgegenstand (vgl. Anfrage des EuGH im Verfahren C-329/06 an die tschechische Regierung vom 1.8.2007; Auskunft des tschechischen Außenministeriums vom 29.8.2007). Für den vorliegenden Fall kann dahinstehen, ob es sich bei der dem Kläger erteilten Fahrerlaubnis danach um eine EU-Fahrerlaubnis nach der 2. Führerscheinrichtlinie oder um keine solche, sondern um eine Fahrerlaubnis nach nationalem tschechischem Fahrerlaubnisrecht handelt. Das Ergebnis wird hiervon nicht berührt.
29 
Unter Berücksichtigung der dargestellten Grundsätze ist gegen die Feststellung, dass die am ... 2006 von der Stadt P. erteilte Fahrerlaubnis dem Kläger kein Recht nach § 2 Abs. 1 StVG in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Satz 1 FeV vermittelt, rechtlich nichts einzuwenden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung seiner in der Tschechischen Republik ausgestellten Fahrerlaubnis. Nach § 28 Absatz 1 Satz 1 FeV dürfen Inhaber einer gültigen EU-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland haben, im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen. Dies gilt jedoch nur unter dem Vorbehalt der Einschränkungen nach § 28 Abs. 2 bis 4 FeV. Nach § 28 Absatz 4 Nr. 3 gilt die Berechtigung nach Absatz 1 nicht für Inhaber einer EU-Fahrerlaubnis, denen die Fahrerlaubnis im Inland entzogen worden ist. Dieser Ausnahmegrund liegt beim Kläger vor. Ihm wurde die Fahrerlaubnis zuletzt mit Verfügung des Landratsamts R. vom ... 2005, bestandskräftig seit dem ... 2005, entzogen. § 28 FeV ist im Fall des Klägers auch anzuwenden. Er hatte ausweislich der Eintragung in dem Führerschein, der ihm von der Stadt P. am ... 2006 ausgestellt wurde, im Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis keinen Wohnsitz in der Tschechischen Republik. Im Führerschein wurde als Wohnsitz angegeben „L. i. A., Spolkova Republika Nemec“. Damit steht nach den Angaben im Führerschein unbestreitbar fest, dass der Kläger seinen ordentlichen Wohnsitz im Sinne des Art. 9 der Richtlinie 91/439/EWG nicht im Ausstellerstaat hatte (vgl. EuGH, Urteil vom 26.6.2008 - C-329/06 - Wiedemann). Die Richtlinie kommt daher nach der Rechtsprechung des EuGH vom 26.6.2008 im vorliegenden Fall entweder bereits nicht zur Anwendung oder es ergibt sich jedenfalls aus den Bestimmungen der Richtlinie kein Anerkennungsanspruch des Klägers gegen die Bundesrepublik Deutschland.
30 
Der Kläger kann hiergegen nicht mit Erfolg einwenden, dass von der Behörde hinsichtlich der Nichtanerkennung der Fahrerlaubnis keine Ermessensentscheidung nach Art. 8 Abs. 4 der 2. Führerscheinrichtlinie getroffen worden sei. Dem Einwand steht entgegen, dass entweder die rechtliche Beurteilung der Fahrerlaubnis des Klägers bereits nicht den Regelungen der 2. Führerscheinrichtlinie unterliegt oder, wenn die Richtlinie anwendbar sein sollte, dass Art. 8 Abs. 4 der 2. Führerscheinrichtlinie keinen Ermessenstatbestand regelt. Art. 8 Abs. 4 besagt, dass ein Wohnsitzstaat es ablehnen kann, die Gültigkeit eines Führerscheins anzuerkennen, der vom Ausstellerstaat einer Person ausgestellt wurde, der im Wohnsitzstaat die Fahrerlaubnis entzogen wurde. Nach dem Wortlaut und Zweck der Vorschrift handelt es sich ersichtlich um eine Ermächtigung gegenüber den Mitgliedstaaten. Diese sollen in ihren Fahrerlaubnisrechten entsprechende Ausnahmen von der Anerkennungspflicht regeln können. Dies ist zum Beispiel in der Bundesrepublik Deutschland mit § 28 Abs. 4 FeV, der der Fahrerlaubnisbehörde keinerlei Ermessen einräumt, erfolgt. Nachdem es sich bei Art. 8 Abs. 4 somit nur um eine vom Rat erteilte Ermächtigung für den nationalen Gesetzgeber handelt, ist die Annahme des Klägers, dass mit dieser Bestimmung der Richtlinie ein Anwendungsermessen für die Fahrerlaubnisbehörde eröffnet werde, gänzlich abwegig.
31 
Danach ist die streitgegenständliche Feststellung rechtmäßig und bleibt die dagegen gerichtete Klage daher ohne Erfolg.
32 
c. Unabhängig von den Ausführungen unter 1.b. ergibt sich die Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Feststellung hier auch daraus, dass feststeht, dass der Kläger wegen seiner Alkohol- und Drogenproblematik offensichtlich die erforderliche Fahreignung nicht besitzt und dass weiter feststeht, dass er die Fahrerlaubnis in der Tschechischen Republik offensichtlich missbräuchlich erworben hat. Auch deswegen kommt eine Anerkennung seiner in der Tschechischen Republik erlangten Fahrerlaubnis nicht in Betracht. Die in diesem Zusammenhang im Vorlagebeschluss der Kammer vom 27.6.2006 - 4 K 1058/05 - und in den Schlussanträgen des Generalanwalts Bot zum Verfahren C-329/06 - Wiedemann - vom 14.2.2008 aufgeworfenen Fragen zur Missbrauchsproblematik und zur fehlenden Pflicht des Wohnsitzstaates, die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmen durch offensichtlich ungeeignete Fahrzeugführer hinzunehmen, sind nach der Entscheidung des EuGH vom 26.6.2008 - C-329/06 - nicht geklärt (vgl. Dauer, EuGH und Führerscheintourismus, NJW 2008, 2381). Die dringend notwendige Auseinandersetzung mit der Missbrauchsproblematik ist in der Entscheidung vom 26.6.2008 unterblieben. Der vom EuGH in der Entscheidung vom 26.6.2008 stattdessen gewählte Ausweg über eine teilweise Aufgabe seiner erst 2004 geschaffenen Wohnsitzrechtsprechung führt im Ergebnis lediglich zu weiteren illegalen Umgehungsstrategien. Die Führerscheintouristikbranche reagierte auf die Entscheidung vom 26.6.2008 denn auch prompt und bot ihrer Klientel bereits am 7.7.2008 über das Internet Paketlösungen, „Wohnsitz“ für 185 Tage inklusive, an (vgl. www.euro-pappe.de, Stand 7.7.2008). In den Angeboten wurde zugesichert, dass für den Führerschein- und Wohnsitzerwerb ein eintägiger Aufenthalt in Tschechien ausreicht und der Führerschein „als versichertes Paket über DHL“ zugesandt wird (vgl. www.eu-fahrschulen.biz, Stand 7.7.2008). Als Beispiel hier das Angebot des Internetportals www.eu-fs.de für Interessierte mit Wohnsitz und Lebensmittelpunkt in der Bundesrepublik Deutschland:
33 
„Vielen Dank für Ihr Interesse zum Erwerb eines EU-Führerscheins in Tschechien! Wenn Sie noch keinen Führerschein haben, sind Sie bei uns garantiert richtig. Unser hoch professionelles und sachkundiges Team führt Sie mit sicherer Hand zu einer erfolgreich bestandenen Führerscheinprüfung und das auch ohne MPU. Dieses Angebot ist eine Expressvariante, d.h. von der Anmeldung bis zum Führerscheinerhalt dauert es nur ca. 8 Wochen! Deshalb der etwas höhere Preis!
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Wie läuft der EU Führerschein Erwerb ab? Sie senden uns folgende Unterlagen, per Post oder per Fax bzw. Sie melden sich telefonisch an:
35 
- Vollständig ausgefüllten EU-FS Antrag und vom Hausarzt unterschriebene Unbedenklichkeitsbescheinigung
- Original ihrer EU-Krankenversicherungskarte
- Original vom Personalausweis- od. falls nicht vorhanden Original Reisepass plus Meldebestätigung
- 2 Passfotos in EU-Norm (35 x 45)
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Sobald diese Unterlagen bei uns eingegangen melden wir für Sie bei der zuständigen Behörde in Tschechien einen Wohnsitz an. Diese Anmeldung ist immer am Montag oder Mittwoch. Ist die Anmeldung erledigt senden wir Ihnen sofort Ihren Personalausweis bzw. ihren Reisepass per Einschreiben zurück!
37 
Ca. 14 Tage später treffen wir uns mit Ihnen in Grenznähe zu Tschechien. Wir bringen Sie mit unserem Shuttledienst zur Ausländerbehörde, wo Sie Ihren fertigen Ausländerausweis abholen. Im Anschluss fahren wir zu unserer Fahrschule, dort machen wir die Anmeldung, eine ärztliche Untersuchung sowie einen Sehtest und Sie bekommen Ihre Lernunterlagen.
38 
Bei der zweiten Anreise absolvieren Sie Ihre theoretische sowie praktische Prüfung. Hierfür sind zwei bis drei Tage Aufenthalt (je nach Fahrpraxis) erforderlich.
39 
Der Führerschein wird durch uns von der Führerscheinstelle abgeholt und per Einschreiben an Sie weitergeleitet! Sollten Sie den Treuhandservice in Anspruch genommen haben leiten wir den Führerschein an die zuständige Anwaltskanzlei weiter!
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Unsere Leistungen/Wohnsitz
41 
- Anmeldung eines Nebenwohnsitzes in Tschechien
- Anfallende Gebühren für die Anmeldung eines Nebenwohnsitzes
- Bereitstellung einer Meldeadresse für 6 Monate
- Kosten für die Bereitstellung einer Meldeadresse
- Mietkosten für 6 Monate
- Ausstellungskosten für den Ausländerausweis
- Agenturkosten für die Abwicklung
- Transfer von Deutschland zur Ausländerbehörde
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Unsere Leistungen/Führerschein
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- Anmeldung bei den Behörden
- Anfallende Kosten bei sämtlichen Behörden
- Anfallende Kosten sämtlicher Behördengänge
- Prüfungsvorbereitungsmaterial in deutscher Sprache
- Ärztliche Untersuchung mit Sehtest
- Unterricht, Schulung und Prüfung in deutscher Sprache
- Intensivvorbereitung für die Führerscheinprüfung
- Theoretische und praktische Ausbildung
- Fahrstunden nach tschechischer Vorschrift
- Dolmetscher
- Betreuung während der Prüfung
- Transfer von der Ausländerbehörde zur Fahrschule“
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Die Berücksichtigung dieses und multipler weiterer Umgehungsangebote der Führerscheintourismusbranche verdeutlicht, dass die Missbrauchsproblematik durch die vom EuGH gewählte Lösung nicht eingedämmt wird. Bei weiterhin fehlender Vereinheitlichung des europäischen Fahrerlaubniswesens, ermöglicht es der gewählte Ausweg nicht, Personen, bei denen feststeht, dass sie die Fahreignung offensichtlich nicht besitzen, und dass sie die Fahrerlaubnis in offensichtlich rechtsmissbräuchlicher Weise erlangt haben, von der Teilnahme am Straßenverkehr und der damit verbundenen Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer in der Bundesrepublik Deutschland abzuhalten.
45 
Unter Berücksichtigung der oben dargestellten fahrerlaubnisrechtlichen Realität, geht das Gericht, anders als der Kläger, davon aus, dass bezüglich der behaupteten Pflicht der Bundesrepublik Deutschland zur Anerkennung offensichtlich missbräuchlich erlangter Fahrerlaubnisse nicht ausschließlich der europarechtliche Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung maßgeblich ist. Denn dieser lässt nationale verfassungsrechtliche Vorgaben nicht obsolet werden. Diese Vorgaben sind vielmehr weiterhin maßgeblich und im Übrigen auch als allgemeine Rechtsgrundsätze, die den Rechtsordnungen aller Mitgliedstaaten gemeinsam sind, vgl. Art. 6 EUV, zu beachten. Danach besteht in der Bundesrepublik Deutschland für den Gesetzgeber und die vollziehende Gewalt aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG weiterhin das Gebot, Verkehrsteilnehmer vor Gefahren für Leib, Leben und Gesundheit zu schützen. Das verfassungsrechtliche Gebot bindet Gesetzgeber und vollziehende Gewalt. Seine Beachtung steht nicht im Belieben staatlicher Einrichtungen. Bei der Erfüllung der sich daraus ergebenden Schutzpflicht kommen dem Gesetzgeber und der vollziehenden Gewalt zwar ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsbereich zu, der auch Raum lässt, etwa konkurrierende öffentliche und private Interessen zu berücksichtigen. Der verfassungsrechtlich vorgegebene Rahmen wird aber verlassen und die Schutzpflicht verletzt, wenn die öffentliche Gewalt Schutzvorkehrungen überhaupt nicht trifft oder die getroffenen Schutzvorrichtungen entweder gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind, das gebotene Schutzziel zu erreichen, oder erheblich dahinter zurückbleiben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.1.1988 - 1 BvR 1561/82 -, BVerfGE 77, 381). Eine Verletzung der Schutzpflicht ist danach jedenfalls dann gegeben, wenn Gesetzgeber und vollziehende Gewalt es hinnehmen, dass Personen, bei denen feststeht, dass sie die Fahreignung offensichtlich nicht besitzen, und die daher eine konkrete Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer darstellen, am öffentlichen Verkehr mit Kraftfahrzeugen teilnehmen. Hiervon ist z.B. bei alkoholkranken und drogenabhängigen Personen auszugehen, bei denen feststeht, dass sie nicht in der Lage sind, das Führen von Kraftfahrzeugen und die Teilnahme am Straßenverkehr zu trennen. Ihre Teilnahme am Straßenverkehr ist vergleichbar gefährlich wie die von akut suizidgefährdeten und blinden Personen. Bezüglich dieser Personenkreise haben Gesetzgeber und vollziehende Gewalt zwingend geeignete Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Das erforderliche Einschreiten darf dabei nicht davon abhängig gemacht werden, dass sich die akute Gefahr bereits verwirklicht hat und Dritte erheblich zu Schaden gekommen sind. Das verfassungsrechtliche Gebot aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG lässt die Annahme einer Pflicht der Bundesrepublik Deutschland zur Anerkennung von Fahrerlaubnissen, bei denen feststeht, dass sie offensichtlich missbräuchlich erlangt wurden und dass bei ihren Inhabern die Fahreignung offensichtlich fehlt, nicht zu.
46 
Nach diesen Grundsätzen besteht eine Anerkennungspflicht bezüglich der vom Kläger in der Tschechischen Republik erworbenen Fahrerlaubnis nicht. Beim Kläger ist durch seine früheren Straftaten und die Gutachten des Medizinisch-Psychologischen Instituts beim TÜV U. vom ... 1997, ... 1997 und vom ... 1998 die Verfestigung einer massiven Drogenproblematik dokumentiert. Eine sichere Teilnahme am Straßenverkehr setzt bei ihm eine stabile Abstinenz und eine Aufarbeitung der Hintergrundproblematik des Drogenmissbrauchs voraus. Hierzu ist er nicht in der Lage. Dies belegen eindrucksvoll seine Tat vom ... 2005, bei der er einen Pkw wiederum im Cannabisrausch geführt hat, sowie der oben dargestellte Sachverhalt. Beides zeigt, dass seine Teilnahme am Straßenverkehr konkret zu einer Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer führt. Bei ihm steht fest, dass die erforderliche Fahreignung offensichtlich nicht gegeben ist.
47 
Hinzu kommt, dass er die in Tschechien ausgestellte Fahrerlaubnis offensichtlich missbräuchlich, nämlich unter vorsätzlicher Umgehung der Vorschriften der 2. Fahrerlaubnisrichtlinie erlangt hat. Ein Bezug zu der von der Richtlinie geschützten Niederlassungsfreiheit bestand bei ihm in keiner Weise. Er verfügte über keinen ordentlichen Wohnsitz in der Tschechischen Republik. Sein alleiniger Lebensmittelpunkt war in L. i. A.. Der einzige Zweck seines Aufenthalts in der Tschechischen Republik war die missbräuchliche Erlangung der Fahrerlaubnis. Weiter hat der Kläger durch Verschweigen seiner verkehrsrechtlichen Vorgeschichte eine effektive Prüfung seiner Fahreignung durch die tschechischen Behörden verhindert. Insofern ist von ihm nicht vorgetragen worden, dass er dort seine Verkehrsstraftaten und seine Jahre zurückreichende und immer noch virulente Drogenproblematik wahrheitsgemäß angegeben hat. Durch das Verschweigen hat er die Anwendung der Vorschriften aus dem Anhang III der 2. Führerscheinrichtlinie durch die tschechische Behörde verhindert. Sind diese Vorschriften von einem Mitgliedstaat umgesetzt, darf er keine Fahrerlaubnis für alkoholabhängige oder drogenabhängige Fahrer ausstellen, oder für Fahrer, die mit Alkohol oder Drogen Missbrauch treiben. Danach steht beim Kläger fest, dass bei ihm die Fahreignung offensichtlich fehlt und dass er die Fahrerlaubnis offensichtlich missbräuchlich erlangt hat. In der Folge besteht bezüglich seiner in der Tschechischen Republik erworbenen Fahrerlaubnis keine Anerkennungspflicht und damit auch keine Ausnutzbarkeit in der Bundesrepublik Deutschland. Die mit der streitgegenständlichen Verfügung im Fall der Umdeutung getroffene Feststellung trifft auch aus diesen Gründen zu.
48 
Die gegen die feststellende Entscheidung erhobene Klage ist nach alldem unbegründet und abzuweisen.
49 
2. Die Klage bleibt auch im übrigen ohne Erfolg. Die Anordnung der Vorlage des Führerscheindokumentes zur Anbringung eines Vermerks über die fehlende Geltung der in Tschechien erteilten Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland, ist ebenso rechtmäßig. Die Maßnahme findet ihre Rechtsgrundlage in § 11 Abs. 2 IntVO i.V.m. §§ 3 und 46 FeV. Nach diesen Vorschriften ist die Aberkennung des Rechts auf dem ausländischen Führerschein zu vermerken und der ausstellenden Stelle des Auslands und dem Kraftfahrt-Bundesamt mitzuteilen.
50 
3. Ebenso ist die Zwangsgeldandrohung rechtmäßig. Ihre Rechtsgrundlage findet sich in den §§ 18, 19, 20, 23 LVwVG. Insbesondere ist auch die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes mit 450 EUR nicht unverhältnismäßig bemessen. Die Höhe des Zwangsgeldes hat sich an der zu vollstreckenden Pflicht zu orientieren. Die Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 450 EUR ist hier nicht ermessensfehlerhaft, da es um die Vorlage des Führerscheines zur Anbringung des Vermerks geht und da der Kläger ansonsten mit diesem Dokument durchaus in der Lage ist, nach außen den Besitz einer Fahrerlaubnis für die Bundesrepublik Deutschland vorzutäuschen.
51 
Die Klage ist danach insgesamt unbegründet und daher abzuweisen.
52 
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, weil er unterliegt (vgl. § 154 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
21 
Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten erklärt haben, dass sie mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden sind (vgl. § 101 Abs. 2 VwGO).
22 
Die Mitteilungen des Beklagten vom ... u. ... 2008 zu den neuerlichen Verkehrsstraftaten des Klägers sowie die Polizeiprotokolle vom ..., ... und ... 2008 erreichten das Gericht erst nach Übergabe der Entscheidungsformel an die Geschäftsstelle am 1.8.2008. Die neuen Erkenntnisse bleiben daher unberücksichtigt und haben in der Folge auf die Entscheidung keinen Einfluss.
23 
Die Klage ist zum Teil bereits unzulässig und im übrigen unbegründet und bleibt daher insgesamt ohne Erfolg.
24 
1. a. Die Klage kann, soweit sie sich gegen die Aberkennungsentscheidung in der Regelung 1 der streitgegenständlichen Verfügung vom 11.1.2008 richtet, keinen Erfolg haben. Nachdem die in der Tschechischen Republik ausgestellte Fahrerlaubnis den Kläger in der Bundesrepublik Deutschland nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen berechtigt (dazu unten), geht die Anfechtungsklage gegen die Aberkennungsentscheidung in der Regelung 1 der streitgegenständlichen Verfügung ins Leere. Sie ist daher mangels Rechtsschutzbedürfnis bereits unzulässig und bleibt deswegen ohne Erfolg. Insofern kann auf die, den Beteiligten bekannten Ausführungen im Eilbeschluss vom 11.2.2008 - 4 K 104/08 - verwiesen werden.
25 
b. Wird die Aberkennungsentscheidung gemäß § 47 Abs. 1 LVwVfG umgedeutet, ist die Anfechtungsklage zulässig aber unbegründet. Streitgegenstand ist in diesem Fall die durch Umdeutung zustande kommende Feststellung, dass sich aus der von der Stadt P. am ... 2006 erteilten tschechischen Fahrerlaubnis für den Kläger kein Recht nach § 2 Abs. 1 StVG in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Satz 1 FeV ergibt, in der Bundesrepublik Deutschland Kraftfahrzeuge zu führen. Zur Sachdienlichkeit und Zulässigkeit der Umdeutung im vorliegenden Fall kann zunächst auf die oben zitierten Ausführungen des Regierungspräsidiums Tübingen im Widerspruchsbescheid vom ... 2008 verwiesen werden. Danach wird seitens der Widerspruchsbehörde offenbar davon ausgegangen, dass mit der Aberkennungsentscheidung ohnehin eine Feststellung, dass keine in der Bundesrepublik Deutschland ausnutzbare Fahrerlaubnis vorliegt, getroffen wurde. Im übrigen kann bezüglich der Sachdienlichkeit und Zulässigkeit auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg in zwei neueren Entscheidungen verwiesen werden, die den Beteiligten bekannt sind (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.9.2008 - 10 S 2925/06 -; Urteil vom 9.9.2008 - 10 S 994/07 -, jeweils m.w.N.).
26 
Der nach Umdeutung zu prüfende feststellende Verwaltungsakt ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Maßgeblich für die Überprüfung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.
27 
Formelle Bedenken bestehen gegen den feststellenden Verwaltungsakt nicht. Gehandelt hat das Landratsamt R. und damit die nach § 73 Abs. 1 und 2 FeV sachlich und örtlich zuständige untere Verwaltungsbehörde. Die nach § 28 Abs. 1 VwVfG Baden-Württemberg durchzuführende Anhörung ist erfolgt.
28 
In materieller Hinsicht hält die getroffene Feststellung der rechtlichen Überprüfung ebenfalls Stand. Ob die dem Kläger von der Fahrerlaubnisbehörde der Stadt P. am ... 2006 erteilte Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland gilt, ergibt sich aus § 2 Abs. 11 StVG in Verbindung mit § 28 FeV. Aus den Regelungen in § 28 FeV ergibt sich als Annex die Befugnis der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde, zur Klärung der Rechtslage die erforderlichen Feststellungen zur Ausnutzbarkeit einer in einem Mitgliedstaat erworbenen Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland zu treffen. Davon abgesehen dürfte eine Ermächtigung für die getroffene Feststellung auch aus §§ 3 Abs. 1 StVG, 46 FeV abzuleiten sein. Denn diese Vorschriften ermächtigen die Fahrerlaubnisbehörden zur Entziehung einer Fahrerlaubnis und damit erst recht zu der Feststellung, dass eine Fahrerlaubnis nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen in der Bundesrepublik Deutschland berechtigt. Bei der Auslegung und Anwendung des nationalen Fahrerlaubnisrechts hat das Gericht zu berücksichtigen, dass Gültigkeit und Anwendbarkeit dieses Rechts durch Regelungen des Rates der europäischen Gemeinschaften eingeschränkt sind. Nachdem die Umsetzungsfrist für die Richtlinie 91/439/EWG (2. Führerscheinrichtlinie) am 30.6.1996 abgelaufen ist, kann sich der Betroffene auf deren Regelungen unmittelbar berufen, soweit sie nicht ins nationale Recht umgesetzt wurden und für ihn günstiger sind. Diesbezüglich ist nach der Rechtsprechung des EuGH geklärt, dass die Mitgliedstaaten grundsätzlich nach Art. 1 Abs. 2 Richtlinie 91/439/EWG zur gegenseitigen Anerkennung der ausgestellten Führerscheine verpflichtet sind. Die Ablehnung der Anerkennung ist gemäß Art. 1 Abs. 2, 8 Abs. 2 Richtlinie 91/439/EWG nur ausnahmsweise möglich, wenn eine im Wohnsitzstaat verfügte Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis nach Entziehung noch nicht abgelaufen war (vgl. EuGH, Urteil vom 29.4.2004 - C-476/01 - Kapper). Darüber hinaus kann der Wohnsitzstaat die Anerkennung einer nach Entziehung erteilten Fahrerlaubnis ablehnen, wenn nach den Angaben im Führerschein oder nach anderen vom Ausstellerstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen feststeht, dass der Betroffene seinen ordentlichen Wohnsitz im Sinne des Art. 9 der Richtlinie 91/439/EWG nicht im Ausstellerstaat hatte (vgl. EuGH, Urteil vom 26.6.2008 - C-329/06 - Wiedemann). Zu der Frage, ob es sich in diesem Fall überhaupt um eine Fahrerlaubnis im Sinne des Richtlinie 91/439/EWG handelt, verhält sich das Urteil des EuGH vom 26.6.2008 nicht. Dafür, dass es sich nicht um eine Fahrerlaubnis im Sinne der Richtlinie handelt, könnte sprechen, dass im entschiedenen Fall die Erteilung der Fahrerlaubnis durch den Mitgliedsstaat Tschechische Republik nach den Ermittlungen des EuGH gerade deswegen erfolgte, weil dieser Mitgliedstaat die 2. Führerscheinrichtlinie bis zum 30.6.2006 nicht umgesetzt hatte und der fehlende Wohnsitz nach den nationalen Bestimmungen einer Erteilung nicht entgegenstand (vgl. Anfrage des EuGH im Verfahren C-329/06 an die tschechische Regierung vom 1.8.2007; Auskunft des tschechischen Außenministeriums vom 29.8.2007). Für den vorliegenden Fall kann dahinstehen, ob es sich bei der dem Kläger erteilten Fahrerlaubnis danach um eine EU-Fahrerlaubnis nach der 2. Führerscheinrichtlinie oder um keine solche, sondern um eine Fahrerlaubnis nach nationalem tschechischem Fahrerlaubnisrecht handelt. Das Ergebnis wird hiervon nicht berührt.
29 
Unter Berücksichtigung der dargestellten Grundsätze ist gegen die Feststellung, dass die am ... 2006 von der Stadt P. erteilte Fahrerlaubnis dem Kläger kein Recht nach § 2 Abs. 1 StVG in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Satz 1 FeV vermittelt, rechtlich nichts einzuwenden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung seiner in der Tschechischen Republik ausgestellten Fahrerlaubnis. Nach § 28 Absatz 1 Satz 1 FeV dürfen Inhaber einer gültigen EU-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland haben, im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen. Dies gilt jedoch nur unter dem Vorbehalt der Einschränkungen nach § 28 Abs. 2 bis 4 FeV. Nach § 28 Absatz 4 Nr. 3 gilt die Berechtigung nach Absatz 1 nicht für Inhaber einer EU-Fahrerlaubnis, denen die Fahrerlaubnis im Inland entzogen worden ist. Dieser Ausnahmegrund liegt beim Kläger vor. Ihm wurde die Fahrerlaubnis zuletzt mit Verfügung des Landratsamts R. vom ... 2005, bestandskräftig seit dem ... 2005, entzogen. § 28 FeV ist im Fall des Klägers auch anzuwenden. Er hatte ausweislich der Eintragung in dem Führerschein, der ihm von der Stadt P. am ... 2006 ausgestellt wurde, im Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis keinen Wohnsitz in der Tschechischen Republik. Im Führerschein wurde als Wohnsitz angegeben „L. i. A., Spolkova Republika Nemec“. Damit steht nach den Angaben im Führerschein unbestreitbar fest, dass der Kläger seinen ordentlichen Wohnsitz im Sinne des Art. 9 der Richtlinie 91/439/EWG nicht im Ausstellerstaat hatte (vgl. EuGH, Urteil vom 26.6.2008 - C-329/06 - Wiedemann). Die Richtlinie kommt daher nach der Rechtsprechung des EuGH vom 26.6.2008 im vorliegenden Fall entweder bereits nicht zur Anwendung oder es ergibt sich jedenfalls aus den Bestimmungen der Richtlinie kein Anerkennungsanspruch des Klägers gegen die Bundesrepublik Deutschland.
30 
Der Kläger kann hiergegen nicht mit Erfolg einwenden, dass von der Behörde hinsichtlich der Nichtanerkennung der Fahrerlaubnis keine Ermessensentscheidung nach Art. 8 Abs. 4 der 2. Führerscheinrichtlinie getroffen worden sei. Dem Einwand steht entgegen, dass entweder die rechtliche Beurteilung der Fahrerlaubnis des Klägers bereits nicht den Regelungen der 2. Führerscheinrichtlinie unterliegt oder, wenn die Richtlinie anwendbar sein sollte, dass Art. 8 Abs. 4 der 2. Führerscheinrichtlinie keinen Ermessenstatbestand regelt. Art. 8 Abs. 4 besagt, dass ein Wohnsitzstaat es ablehnen kann, die Gültigkeit eines Führerscheins anzuerkennen, der vom Ausstellerstaat einer Person ausgestellt wurde, der im Wohnsitzstaat die Fahrerlaubnis entzogen wurde. Nach dem Wortlaut und Zweck der Vorschrift handelt es sich ersichtlich um eine Ermächtigung gegenüber den Mitgliedstaaten. Diese sollen in ihren Fahrerlaubnisrechten entsprechende Ausnahmen von der Anerkennungspflicht regeln können. Dies ist zum Beispiel in der Bundesrepublik Deutschland mit § 28 Abs. 4 FeV, der der Fahrerlaubnisbehörde keinerlei Ermessen einräumt, erfolgt. Nachdem es sich bei Art. 8 Abs. 4 somit nur um eine vom Rat erteilte Ermächtigung für den nationalen Gesetzgeber handelt, ist die Annahme des Klägers, dass mit dieser Bestimmung der Richtlinie ein Anwendungsermessen für die Fahrerlaubnisbehörde eröffnet werde, gänzlich abwegig.
31 
Danach ist die streitgegenständliche Feststellung rechtmäßig und bleibt die dagegen gerichtete Klage daher ohne Erfolg.
32 
c. Unabhängig von den Ausführungen unter 1.b. ergibt sich die Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Feststellung hier auch daraus, dass feststeht, dass der Kläger wegen seiner Alkohol- und Drogenproblematik offensichtlich die erforderliche Fahreignung nicht besitzt und dass weiter feststeht, dass er die Fahrerlaubnis in der Tschechischen Republik offensichtlich missbräuchlich erworben hat. Auch deswegen kommt eine Anerkennung seiner in der Tschechischen Republik erlangten Fahrerlaubnis nicht in Betracht. Die in diesem Zusammenhang im Vorlagebeschluss der Kammer vom 27.6.2006 - 4 K 1058/05 - und in den Schlussanträgen des Generalanwalts Bot zum Verfahren C-329/06 - Wiedemann - vom 14.2.2008 aufgeworfenen Fragen zur Missbrauchsproblematik und zur fehlenden Pflicht des Wohnsitzstaates, die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmen durch offensichtlich ungeeignete Fahrzeugführer hinzunehmen, sind nach der Entscheidung des EuGH vom 26.6.2008 - C-329/06 - nicht geklärt (vgl. Dauer, EuGH und Führerscheintourismus, NJW 2008, 2381). Die dringend notwendige Auseinandersetzung mit der Missbrauchsproblematik ist in der Entscheidung vom 26.6.2008 unterblieben. Der vom EuGH in der Entscheidung vom 26.6.2008 stattdessen gewählte Ausweg über eine teilweise Aufgabe seiner erst 2004 geschaffenen Wohnsitzrechtsprechung führt im Ergebnis lediglich zu weiteren illegalen Umgehungsstrategien. Die Führerscheintouristikbranche reagierte auf die Entscheidung vom 26.6.2008 denn auch prompt und bot ihrer Klientel bereits am 7.7.2008 über das Internet Paketlösungen, „Wohnsitz“ für 185 Tage inklusive, an (vgl. www.euro-pappe.de, Stand 7.7.2008). In den Angeboten wurde zugesichert, dass für den Führerschein- und Wohnsitzerwerb ein eintägiger Aufenthalt in Tschechien ausreicht und der Führerschein „als versichertes Paket über DHL“ zugesandt wird (vgl. www.eu-fahrschulen.biz, Stand 7.7.2008). Als Beispiel hier das Angebot des Internetportals www.eu-fs.de für Interessierte mit Wohnsitz und Lebensmittelpunkt in der Bundesrepublik Deutschland:
33 
„Vielen Dank für Ihr Interesse zum Erwerb eines EU-Führerscheins in Tschechien! Wenn Sie noch keinen Führerschein haben, sind Sie bei uns garantiert richtig. Unser hoch professionelles und sachkundiges Team führt Sie mit sicherer Hand zu einer erfolgreich bestandenen Führerscheinprüfung und das auch ohne MPU. Dieses Angebot ist eine Expressvariante, d.h. von der Anmeldung bis zum Führerscheinerhalt dauert es nur ca. 8 Wochen! Deshalb der etwas höhere Preis!
34 
Wie läuft der EU Führerschein Erwerb ab? Sie senden uns folgende Unterlagen, per Post oder per Fax bzw. Sie melden sich telefonisch an:
35 
- Vollständig ausgefüllten EU-FS Antrag und vom Hausarzt unterschriebene Unbedenklichkeitsbescheinigung
- Original ihrer EU-Krankenversicherungskarte
- Original vom Personalausweis- od. falls nicht vorhanden Original Reisepass plus Meldebestätigung
- 2 Passfotos in EU-Norm (35 x 45)
36 
Sobald diese Unterlagen bei uns eingegangen melden wir für Sie bei der zuständigen Behörde in Tschechien einen Wohnsitz an. Diese Anmeldung ist immer am Montag oder Mittwoch. Ist die Anmeldung erledigt senden wir Ihnen sofort Ihren Personalausweis bzw. ihren Reisepass per Einschreiben zurück!
37 
Ca. 14 Tage später treffen wir uns mit Ihnen in Grenznähe zu Tschechien. Wir bringen Sie mit unserem Shuttledienst zur Ausländerbehörde, wo Sie Ihren fertigen Ausländerausweis abholen. Im Anschluss fahren wir zu unserer Fahrschule, dort machen wir die Anmeldung, eine ärztliche Untersuchung sowie einen Sehtest und Sie bekommen Ihre Lernunterlagen.
38 
Bei der zweiten Anreise absolvieren Sie Ihre theoretische sowie praktische Prüfung. Hierfür sind zwei bis drei Tage Aufenthalt (je nach Fahrpraxis) erforderlich.
39 
Der Führerschein wird durch uns von der Führerscheinstelle abgeholt und per Einschreiben an Sie weitergeleitet! Sollten Sie den Treuhandservice in Anspruch genommen haben leiten wir den Führerschein an die zuständige Anwaltskanzlei weiter!
40 
Unsere Leistungen/Wohnsitz
41 
- Anmeldung eines Nebenwohnsitzes in Tschechien
- Anfallende Gebühren für die Anmeldung eines Nebenwohnsitzes
- Bereitstellung einer Meldeadresse für 6 Monate
- Kosten für die Bereitstellung einer Meldeadresse
- Mietkosten für 6 Monate
- Ausstellungskosten für den Ausländerausweis
- Agenturkosten für die Abwicklung
- Transfer von Deutschland zur Ausländerbehörde
42 
Unsere Leistungen/Führerschein
43 
- Anmeldung bei den Behörden
- Anfallende Kosten bei sämtlichen Behörden
- Anfallende Kosten sämtlicher Behördengänge
- Prüfungsvorbereitungsmaterial in deutscher Sprache
- Ärztliche Untersuchung mit Sehtest
- Unterricht, Schulung und Prüfung in deutscher Sprache
- Intensivvorbereitung für die Führerscheinprüfung
- Theoretische und praktische Ausbildung
- Fahrstunden nach tschechischer Vorschrift
- Dolmetscher
- Betreuung während der Prüfung
- Transfer von der Ausländerbehörde zur Fahrschule“
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Die Berücksichtigung dieses und multipler weiterer Umgehungsangebote der Führerscheintourismusbranche verdeutlicht, dass die Missbrauchsproblematik durch die vom EuGH gewählte Lösung nicht eingedämmt wird. Bei weiterhin fehlender Vereinheitlichung des europäischen Fahrerlaubniswesens, ermöglicht es der gewählte Ausweg nicht, Personen, bei denen feststeht, dass sie die Fahreignung offensichtlich nicht besitzen, und dass sie die Fahrerlaubnis in offensichtlich rechtsmissbräuchlicher Weise erlangt haben, von der Teilnahme am Straßenverkehr und der damit verbundenen Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer in der Bundesrepublik Deutschland abzuhalten.
45 
Unter Berücksichtigung der oben dargestellten fahrerlaubnisrechtlichen Realität, geht das Gericht, anders als der Kläger, davon aus, dass bezüglich der behaupteten Pflicht der Bundesrepublik Deutschland zur Anerkennung offensichtlich missbräuchlich erlangter Fahrerlaubnisse nicht ausschließlich der europarechtliche Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung maßgeblich ist. Denn dieser lässt nationale verfassungsrechtliche Vorgaben nicht obsolet werden. Diese Vorgaben sind vielmehr weiterhin maßgeblich und im Übrigen auch als allgemeine Rechtsgrundsätze, die den Rechtsordnungen aller Mitgliedstaaten gemeinsam sind, vgl. Art. 6 EUV, zu beachten. Danach besteht in der Bundesrepublik Deutschland für den Gesetzgeber und die vollziehende Gewalt aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG weiterhin das Gebot, Verkehrsteilnehmer vor Gefahren für Leib, Leben und Gesundheit zu schützen. Das verfassungsrechtliche Gebot bindet Gesetzgeber und vollziehende Gewalt. Seine Beachtung steht nicht im Belieben staatlicher Einrichtungen. Bei der Erfüllung der sich daraus ergebenden Schutzpflicht kommen dem Gesetzgeber und der vollziehenden Gewalt zwar ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsbereich zu, der auch Raum lässt, etwa konkurrierende öffentliche und private Interessen zu berücksichtigen. Der verfassungsrechtlich vorgegebene Rahmen wird aber verlassen und die Schutzpflicht verletzt, wenn die öffentliche Gewalt Schutzvorkehrungen überhaupt nicht trifft oder die getroffenen Schutzvorrichtungen entweder gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind, das gebotene Schutzziel zu erreichen, oder erheblich dahinter zurückbleiben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.1.1988 - 1 BvR 1561/82 -, BVerfGE 77, 381). Eine Verletzung der Schutzpflicht ist danach jedenfalls dann gegeben, wenn Gesetzgeber und vollziehende Gewalt es hinnehmen, dass Personen, bei denen feststeht, dass sie die Fahreignung offensichtlich nicht besitzen, und die daher eine konkrete Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer darstellen, am öffentlichen Verkehr mit Kraftfahrzeugen teilnehmen. Hiervon ist z.B. bei alkoholkranken und drogenabhängigen Personen auszugehen, bei denen feststeht, dass sie nicht in der Lage sind, das Führen von Kraftfahrzeugen und die Teilnahme am Straßenverkehr zu trennen. Ihre Teilnahme am Straßenverkehr ist vergleichbar gefährlich wie die von akut suizidgefährdeten und blinden Personen. Bezüglich dieser Personenkreise haben Gesetzgeber und vollziehende Gewalt zwingend geeignete Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Das erforderliche Einschreiten darf dabei nicht davon abhängig gemacht werden, dass sich die akute Gefahr bereits verwirklicht hat und Dritte erheblich zu Schaden gekommen sind. Das verfassungsrechtliche Gebot aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG lässt die Annahme einer Pflicht der Bundesrepublik Deutschland zur Anerkennung von Fahrerlaubnissen, bei denen feststeht, dass sie offensichtlich missbräuchlich erlangt wurden und dass bei ihren Inhabern die Fahreignung offensichtlich fehlt, nicht zu.
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Nach diesen Grundsätzen besteht eine Anerkennungspflicht bezüglich der vom Kläger in der Tschechischen Republik erworbenen Fahrerlaubnis nicht. Beim Kläger ist durch seine früheren Straftaten und die Gutachten des Medizinisch-Psychologischen Instituts beim TÜV U. vom ... 1997, ... 1997 und vom ... 1998 die Verfestigung einer massiven Drogenproblematik dokumentiert. Eine sichere Teilnahme am Straßenverkehr setzt bei ihm eine stabile Abstinenz und eine Aufarbeitung der Hintergrundproblematik des Drogenmissbrauchs voraus. Hierzu ist er nicht in der Lage. Dies belegen eindrucksvoll seine Tat vom ... 2005, bei der er einen Pkw wiederum im Cannabisrausch geführt hat, sowie der oben dargestellte Sachverhalt. Beides zeigt, dass seine Teilnahme am Straßenverkehr konkret zu einer Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer führt. Bei ihm steht fest, dass die erforderliche Fahreignung offensichtlich nicht gegeben ist.
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Hinzu kommt, dass er die in Tschechien ausgestellte Fahrerlaubnis offensichtlich missbräuchlich, nämlich unter vorsätzlicher Umgehung der Vorschriften der 2. Fahrerlaubnisrichtlinie erlangt hat. Ein Bezug zu der von der Richtlinie geschützten Niederlassungsfreiheit bestand bei ihm in keiner Weise. Er verfügte über keinen ordentlichen Wohnsitz in der Tschechischen Republik. Sein alleiniger Lebensmittelpunkt war in L. i. A.. Der einzige Zweck seines Aufenthalts in der Tschechischen Republik war die missbräuchliche Erlangung der Fahrerlaubnis. Weiter hat der Kläger durch Verschweigen seiner verkehrsrechtlichen Vorgeschichte eine effektive Prüfung seiner Fahreignung durch die tschechischen Behörden verhindert. Insofern ist von ihm nicht vorgetragen worden, dass er dort seine Verkehrsstraftaten und seine Jahre zurückreichende und immer noch virulente Drogenproblematik wahrheitsgemäß angegeben hat. Durch das Verschweigen hat er die Anwendung der Vorschriften aus dem Anhang III der 2. Führerscheinrichtlinie durch die tschechische Behörde verhindert. Sind diese Vorschriften von einem Mitgliedstaat umgesetzt, darf er keine Fahrerlaubnis für alkoholabhängige oder drogenabhängige Fahrer ausstellen, oder für Fahrer, die mit Alkohol oder Drogen Missbrauch treiben. Danach steht beim Kläger fest, dass bei ihm die Fahreignung offensichtlich fehlt und dass er die Fahrerlaubnis offensichtlich missbräuchlich erlangt hat. In der Folge besteht bezüglich seiner in der Tschechischen Republik erworbenen Fahrerlaubnis keine Anerkennungspflicht und damit auch keine Ausnutzbarkeit in der Bundesrepublik Deutschland. Die mit der streitgegenständlichen Verfügung im Fall der Umdeutung getroffene Feststellung trifft auch aus diesen Gründen zu.
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Die gegen die feststellende Entscheidung erhobene Klage ist nach alldem unbegründet und abzuweisen.
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2. Die Klage bleibt auch im übrigen ohne Erfolg. Die Anordnung der Vorlage des Führerscheindokumentes zur Anbringung eines Vermerks über die fehlende Geltung der in Tschechien erteilten Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland, ist ebenso rechtmäßig. Die Maßnahme findet ihre Rechtsgrundlage in § 11 Abs. 2 IntVO i.V.m. §§ 3 und 46 FeV. Nach diesen Vorschriften ist die Aberkennung des Rechts auf dem ausländischen Führerschein zu vermerken und der ausstellenden Stelle des Auslands und dem Kraftfahrt-Bundesamt mitzuteilen.
50 
3. Ebenso ist die Zwangsgeldandrohung rechtmäßig. Ihre Rechtsgrundlage findet sich in den §§ 18, 19, 20, 23 LVwVG. Insbesondere ist auch die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes mit 450 EUR nicht unverhältnismäßig bemessen. Die Höhe des Zwangsgeldes hat sich an der zu vollstreckenden Pflicht zu orientieren. Die Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 450 EUR ist hier nicht ermessensfehlerhaft, da es um die Vorlage des Führerscheines zur Anbringung des Vermerks geht und da der Kläger ansonsten mit diesem Dokument durchaus in der Lage ist, nach außen den Besitz einer Fahrerlaubnis für die Bundesrepublik Deutschland vorzutäuschen.
51 
Die Klage ist danach insgesamt unbegründet und daher abzuweisen.
52 
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, weil er unterliegt (vgl. § 154 Abs. 1 VwGO).

(1) Nach der Entziehung sind von einer deutschen Behörde ausgestellte nationale und internationale Führerscheine unverzüglich der entscheidenden Behörde abzuliefern oder bei Beschränkungen oder Auflagen zur Eintragung vorzulegen. Die Verpflichtung zur Ablieferung oder Vorlage des Führerscheins besteht auch, wenn die Entscheidung angefochten worden ist, die zuständige Behörde jedoch die sofortige Vollziehung ihrer Verfügung angeordnet hat.

(2) Nach der Entziehung oder der Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung oder bei Beschränkungen oder Auflagen sind ausländische und im Ausland ausgestellte internationale Führerscheine unverzüglich der entscheidenden Behörde vorzulegen; Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Nach einer Entziehung oder der Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung wird auf dem Führerschein vermerkt, dass von der Fahrerlaubnis im Inland kein Gebrauch gemacht werden darf. Dies soll in der Regel durch die Anbringung eines roten, schräg durchgestrichenen „D“ auf einem dafür geeigneten Feld des Führerscheins, im Falle eines EU-Kartenführerscheins im Feld 13, und bei internationalen Führerscheinen durch Ausfüllung des dafür vorgesehenen Vordrucks erfolgen. Im Falle von Beschränkungen oder Auflagen werden diese in den Führerschein eingetragen. Die entscheidende Behörde teilt die Aberkennung der Fahrberechtigung oder die Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung in Deutschland der Behörde, die den Führerschein ausgestellt hat, über das Kraftfahrt-Bundesamt mit. Erfolgt die Entziehung durch die erteilende oder eine sonstige zuständige ausländische Behörde, sind ausländische und im Ausland ausgestellte internationale Führerscheine unverzüglich der Fahrerlaubnisbehörde vorzulegen und dort in Verwahrung zu nehmen. Die Fahrerlaubnisbehörde sendet die Führerscheine über das Kraftfahrt-Bundesamt an die entziehende Stelle zurück.

(3) Ist dem Betroffenen nach § 31 eine deutsche Fahrerlaubnis erteilt worden, ist er aber noch im Besitz des ausländischen Führerscheins, ist auf diesem die Entziehung oder die Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung zu vermerken. Der Betroffene ist verpflichtet, der Fahrerlaubnisbehörde den Führerschein zur Eintragung vorzulegen.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsrechts Stuttgart vom 21. März 2007 - 3 K 2360/06 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der 1970 geborene Kläger war ursprünglich Inhaber der Fahrerlaubnis der Klassen 3, 4 und 5. Im Rahmen einer Verkehrskontrolle vom 28.12.2002 wurde beim Kläger eine frische Einstichstelle in der Ellenbeuge festgestellt. Ein Drogentest verlief positiv auf Kokain. Daraufhin wurde dem Kläger aufgegeben, ein ärztliches Gutachten vorzulegen, um die Bedenken an seiner Fahreignung zu klären. Dieser Anordnung kam der Kläger jedoch nicht nach. Daraufhin entzog ihm das Landratsamt Main-Tauber-Kreis mit Entscheidung vom 10.09.2003 die Fahrerlaubnis der Klassen 3, 4 und 5.
Bereits am 18.08.2003 beantragte der Kläger die Neuerteilung der Fahrerlaubnis. Mit Schreiben vom 19.11.2003 forderte das Landratsamt den Kläger zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zur Frage seiner Fahreignung auf. Der Kläger beauftragte die Gutachterstelle des TÜV Nord in Paderborn mit der Untersuchung, die dort auch durchgeführt wurde. Das Gutachten legte er dem Landratsamt jedoch nicht vor. Er gab mit am 05.08.2004 beim Landratsamt eingegangenem Schreiben an, den Test nunmehr beim Institut des TÜV in Würzburg durchführen zu wollen. Das Landratsamt machte mit Verfügung vom 06.08.2004 die Übersendung der Akten an den TÜV Würzburg von der Vorlage des Gutachtens des TÜV Paderborn abhängig. Der Kläger verfolgte sodann seinen Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis nicht weiter.
Am 29.11.2004 erwarb der Kläger in der Tschechischen Republik die Fahrerlaubnis der Klasse B. In dem dem Kläger ausgestellten Führerschein ist in der Rubrik Nr. 8 der inländische Wohnsitz des Klägers (Wertheim) eingetragen. Gegen den Kläger wurde wegen des Verdachts des Fahrens ohne Fahrerlaubnis ermittelt. Bei seiner Beschuldigtenvernehmung gab der Kläger am 29.01.2005 an, sich für den Erwerb der Fahrerlaubnis zunächst zwei Wochen und dann noch einmal zur Wiederholung der Fahrprüfung drei Tage in der Tschechischen Republik aufgehalten zu haben. Er habe aber keinen Wohnsitz in Tschechien gehabt, sondern habe im Hotel gewohnt.
Mit Schreiben vom 03.03.2005 forderte das Landratsamt den Kläger erneut zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zur Überprüfung seiner Fahreignung auf und hörte ihn mit Schreiben vom 15.03.2005 zur geplanten Aberkennung des Rechts, von seiner tschechischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, an. Hierbei verwies der Kläger auf die Gültigkeit seiner tschechischen Fahrerlaubnis.
Mit Entscheidung vom 11.05.2005 entzog das Landratsamt Main-Tauber-Kreis dem Kläger die tschechische Fahrerlaubnis der Klasse B und wies darauf hin, dass damit das Recht aberkannt werde, von der tschechischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen (Ziff. 1). Ferner wurde dem Kläger aufgegeben, den tschechischen Führerschein unverzüglich beim Landratsamt abzuliefern (Ziff. 2). Für den Fall, dass er den Führerschein nicht binnen 10 Tagen nach Zustellung der Verfügung abgegeben habe, wurde ihm als Zwangsmaßnahme die Wegnahme des Führerscheins angedroht (Ziff. 4). Zur Begründung führte das Landratsamt an, dass sich der Kläger geweigert habe, ein medizinisch-psychologisches Gutachten vorzulegen, so dass die Fahrerlaubnisbehörde nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV von seiner Ungeeignetheit ausgehen könne. Die Verpflichtung zur unverzüglichen Ablieferung des Führerscheins nach der Entziehung der Fahrerlaubnis ergebe sich aus § 47 Abs. 2 FeV. Am 17.06.2005 lieferte der Kläger den Führerschein beim Landratsamt ab.
Den Widerspruch des Klägers wies das Regierungspräsidium Stuttgart mit Widerspruchsbescheid vom 16.05.2006 zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 22.05.2006 zugestellt.
Am 20.06.2006 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben. Zur Begründung der Klage hat der Kläger auf die Rechtsprechung des EuGH verwiesen, wonach die im EU-Ausland erworbenen Fahrerlaubnisse ohne weitere Sachprüfung durch den Aufnahmemitgliedstaat anzuerkennen seien.
Mit Urteil vom 21.03.2007 - 3 K 2360/06 - hat das Verwaltungsgericht Stuttgart die Entscheidung des Landratsamtes Main-Tauber-Kreis vom 11.05.2005 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 16.05.2006 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei zulässig, weil der Kläger ein Rechtsschutzbedürfnis besitze. Nach der Rechtsprechung des EuGH sei die Vorschrift des § 28 Abs. 4 Nr. 3 und Abs. 5 FeV nicht anwendbar. Die Klage sei auch begründet. Das Landratsamt habe mit der Verpflichtung zur Beibringung eines Gutachtens auf Eignungsmängel des Klägers zurückgegriffen, die bereits Gegenstand der früheren Entziehungsverfügung vom 10.09.2003 gewesen seien und damit auch bereits bei der Erteilung der Fahrerlaubnis in der Tschechischen Republik am 29.11.2004 vorgelegen haben müssten. Nach der Rechtsprechung des EuGH sei diese Vorgehensweise jedoch gerade ausgeschlossen. Folglich habe die Nichtvorlage des Gutachtens auch nicht zum Anlass genommen werden dürfen, dem Kläger das Recht abzuerkennen, von der tschechischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. Die Bewertung als Missbrauch könne nicht allein darauf gestützt werden, dass die Fahrerlaubnis in der Tschechischen Republik unter Verstoß gegen das in Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/439/EWG geregelte Wohnsitzerfordernis erworben worden sei.
Das Urteil ist dem Beklagten am 02.04.2007 zugestellt worden. Auf Grund des Urteils gab das Landratsamt den Führerschein dem Kläger am 11.04.2007 zurück. Am 23.04.2007 hat der Beklagte die bereits vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Am 30.05.2007 hat der Beklagte einen Sachantrag gestellt und die Berufung begründet.
10 
Mit Schreiben vom 29.07.2008 hat das Landratsamt seine ursprüngliche Entscheidung vom 11.05.2005 hinsichtlich Ziff. 1 und 2 geändert. In Ziff. 1 stellt das Landratsamt fest, dass die tschechische Fahrerlaubnis den Kläger nicht berechtigt, Fahrzeuge im Bereich der Bundesrepublik Deutschland zu führen. In Ziff. 2 gibt das Landratsamt dem Kläger auf, den am 29.11.2004 ausgestellten tschechischen Führerschein der Klasse B unverzüglich beim Landratsamt zum Zwecke der Eintragung der räumlichen Beschränkung der Fahrerlaubnis vorzulegen. Zur Begründung weist das Landratsamt darauf hin, dass § 28 Abs. 4 FeV nicht unanwendbar, sondern für die rechtliche Behandlung von im EU-Ausland erworbenen Fahrerlaubnissen maßgeblich sei, wenn auf der Grundlage von Angaben im Führerschein oder anderen vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen feststehe, dass zum Zeitpunkt der Ausstellung dieses Führerscheins sein Inhaber, auf den im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaates eine Maßnahme des Entzugs einer früheren Fahrerlaubnis angewendet worden sei, seinen ordentlichen Wohnsitz nicht im Hoheitsgebiet des Ausstellermitgliedstaates hatte.
11 
Der Beklagte beantragt,
12 
das Urteil des Verwaltungsgericht Stuttgart vom 21. März 2007 - 3 K 2360/06 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
13 
Der Kläger beantragt,
14 
die Berufung zurückzuweisen.
15 
Er habe seine Fahrerlaubnis legal in der Tschechischen Republik erworben. Nach den zum Zeitpunkt des Erwerbs maßgeblichen Vorschriften der Tschechischen Republik sei dieser Erwerb legal möglich gewesen. Erst danach seien die rechtlichen Bestimmungen der Tschechischen Republik an die Vorgaben des Gemeinschaftsrechts angepasst worden.
16 
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten, auf die Akte des Landratsamtes sowie auf die Akte des Verwaltungsgerichts Stuttgart verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§ 125 Abs. 1 in Verbindung mit § 101 Abs. 2 VwGO).
18 
Die durch die Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte Berufung des Beklagten ist zulässig und auch begründet. Die - nach § 47 Abs. 1 LVwVfG teilweise (Ziff. 1) umgedeutete - Entscheidung des Landratsamtes vom 11.05.2005 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 16.05.2006 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
19 
1) Ziff. 1 der Entscheidung des Landratsamtes vom 11.05.2005 regelte die Entziehung der dem Kläger in der Tschechischen Republik erteilten Fahrerlaubnis. Diese Ziff. 1 seiner Entscheidung vom 11.05.2005 hat das Landratsamt durch sein Schreiben vom 29.07.2008 in Ansehung der Urteile des EuGH vom 26.06.2008 in den Verfahren C-329/06 und 343/06 sowie C-334/06 bis C-336/06 der Sache nach in einen feststellenden Verwaltungsakt des Inhalts umgedeutet, dass die dem Kläger in der Tschechischen Republik am 29.11.2004 erteilte Fahrerlaubnis der Klasse B ihn nicht berechtigt, im Bundesgebiet Kraftfahrzeuge dieser Klasse im Bundesgebiet zu führen. Unter Berücksichtigung aller Umstände wertet der Senat das Schreiben des Landratsamtes vom 29.07.2008 hinsichtlich Ziff. 1 der ursprünglichen Entscheidung als Umdeutung im Sinne von § 47 LVwVfG. Dabei ist unerheblich, dass das Landratsamt in diesem Schreiben, das vom Kläger in der Folge nicht gesondert angegriffen worden ist, nicht ausdrücklich auf das Institut der Umdeutung Bezug genommen hat. Denn § 47 LVwVfG setzt keine entsprechende ausdrückliche Erklärung voraus (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 47, Rn. 15).
20 
Nach § 47 Abs. 1 LVwVfG kann ein fehlerhafter Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind. Diese Bedingungen des § 47 Abs. 1 LVwVfG sind hier erfüllt. Diese Umdeutung hat zur Folge, dass die mit der Rechtsordnung vereinbare Ziff. 1 des Schreibens vom 29.07.2008 als mit der Bekanntgabe der Ausgangsentscheidung vom 11.05.2005 erlassen gilt (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 47, Rn. 6 und 37; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 47, Rn. 4). Unerheblich ist, dass die Umdeutung erst im Berufungsverfahren erfolgt ist. Denn selbst im Revisionsverfahren ist der Ausgangsbehörde eine Umdeutung möglich (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 47, Rn. 10 und 12). Die Umdeutung lässt den Streitgegenstand des gerichtlichen Verfahrens unberührt, weil es sich weiterhin um denselben Verwaltungsakt handelt und die neue Regelung als von Anfang maßgeblich gilt (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 47, Rn. 4, 12 und 32).
21 
Ziff. 1 der Entscheidung des Landratsamtes vom 11.05.2005 ist - gemessen an der neuesten Rechtsprechung des EuGH zur Auslegung der Richtlinie 91/439/EWG - fehlerhaft im Sinne von § 47 Abs. 1 LVwVfG. Der Sache nach ging es dem Landratsamt und dem Regierungspräsidium bei ihrem Vorgehen im Hinblick auf die dem Kläger in der Tschechischen Republik erteilte Fahrerlaubnis um die auf den Verdacht des Konsums „harter“ Drogen (Kokain) zurückzuführenden und seit dem Jahr 2003 nicht geklärten Zweifel an der Fahreignung des Klägers und um den Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis der Richtlinie. Dies ergibt sich aus der Begründung der Aufforderung zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens vom 03.03.2005, aus der Entziehungsverfügung vom 11.05.2005 sowie aus der Begründung des Widerspruchsbescheids (S. 9). Zum Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung vom 11.05.2006 bestand aber für die Fahrerlaubnisbehörde, um sofort die Teilnahme des Klägers am öffentlichen Straßenverkehr als Führer eines Kraftfahrzeugs zu unterbinden, nur die Möglichkeit, ihm die in der Tschechischen Republik erteilte Fahrerlaubnis zu entziehen (vgl. Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG). Denn die Mitgliedstaaten hatten nach der früheren Rechtsprechung des EuGH zur Richtlinie 91/439/EWG auch eine unter Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis erteilte Fahrerlaubnis anzuerkennen. Für den aufnehmenden Mitgliedstaat bestand lediglich die Möglichkeit, sich wegen des Verstoßes gegen das Wohnsitzerfordernis an den ausstellenden Mitgliedstaat zu wenden und diesen zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Fahrerlaubnis zu bitten (EuGH, Urt. v. 29.04.2004 - C-476/01, Slg. I-5205, Rn. 48 f.). Aus den Urteilen des EuGH vom 26.06.2008 (Rs. C-329/06 und C-343/06 sowie C-334/06 bis C-336/06) zur Auslegung der Art. 1 Abs. 2, 7 Abs. 1 sowie Art. 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG ergibt sich demgegenüber, dass der Aufnahmemitgliedstaat die Anerkennung einer im EU-Ausland erteilten Fahrerlaubnis ablehnen kann, wenn auf der Grundlage von Angaben im Führerschein oder anderen vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen feststeht, dass zum Zeitpunkt der Ausstellung dieses Führerscheins sein Inhaber, auf den im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaates eine Maßnahme des Entzugs einer früheren Fahrerlaubnis angewendet worden ist, seinen ordentlichen Wohnsitz im Sinne von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 91/439/EWG nicht im Hoheitsgebiet des Ausstellermitgliedstaats hatte. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, weil in dem dem Kläger in der Tschechischen Republik ausgestellten Führerschein in der Rubrik Nr. 8 der inländische Wohnort des Klägers (Wertheim) eingetragen ist. In der Rechtsprechung des EuGH ist ferner anerkannt, dass die Auslegung einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts, die der Gerichtshof in Ausübung der ihm durch Art. 234 Buchst. a EGV verliehenen Befugnis vornimmt, die Bedeutung und Tragweite dieser Vorschrift, so wie sie seit ihrem Inkrafttreten zu verstehen und anzuwenden ist oder gewesen wäre, erforderlichenfalls erläutert und verdeutlicht. Hieraus folgt, dass der Richter die in dieser Weise ausgelegte Vorschrift auch auf Rechtsverhältnisse, die vor Erlass des auf das Auslegungsersuchen ergangenen Urteils entstanden sind, anwenden kann und muss, wenn im Übrigen die Voraussetzungen dafür, dass ein Rechtsstreit über die Anwendung dieser Vorschrift vor die zuständigen Gerichte gebracht wird, erfüllt sind (z. B. Urt. v. 15.12.1995, Rs. C-415/93, Bosman, Slg. I-4921, Rn. 141). Von der den Mitgliedstaaten durch Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG eingeräumten Möglichkeit, unter den vom EuGH in den Urteilen vom 26.06.2008 genannten Bedingungen im EU-Ausland erworbene Fahrerlaubnisse nicht anzuerkennen, hat die Bundesrepublik Deutschland durch die Vorschrift des § 28 Abs. 4 Nr. 2 und 3 FeV Gebrauch gemacht (vgl. Senatsbeschl. v. 17.07.2008 - 10 S 1688/08 -, juris; ebenso BayVGH, Beschl. v. 07.08.2008 - 11 ZB 07.1259 - Rn. 13). Diese Vorschrift („Die Berechtigung nach Absatz 1 gilt nicht...“) hat hier zur Folge, dass die in der Tschechischen Republik erteilte Fahrerlaubnis den Kläger nie berechtigt hat, im Bundesgebiet Kraftfahrzeuge der Klasse B zu führen. Ist aber der Inhaber einer Fahrerlaubnis aufgrund dieser Fahrerlaubnis tatsächlich nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Bundesgebiet berechtigt, kann ihm diese Berechtigung auch nicht durch eine Verfügung des Aufnahmemitgliedstaates entzogen werden.
22 
Ziff. 1 des Schreibens des Landratsamtes vom 29.07.2008 ist im Sinne von § 47 Abs. 1 LVwVfG auf das gleiche Ziel gerichtet wie Ziff. 1 der Entscheidung vom 11.05.2005, weil sie beide dem gleichen öffentlichen Interesse dienen und die gleiche materiell-rechtliche Tragweite haben (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 47, Rn. 34). Es soll verhindert werden, dass der Kläger, dem im Jahr 2003 durch eine behördliche Verfügung die Fahrerlaubnis entzogen worden war und dessen Fahrgeeignetheit wegen des Verdachts des Konsums „harter“ Drogen (Kokain) immer noch zweifelhaft ist, als Führer eines Kraftfahrzeugs ohne vorherige Bestätigung seiner Fahreignung durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten im Bundesgebiet am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen kann. Auch hinsichtlich der Rechtsfolgen sind die ursprüngliche Regelung (Ziff. 1) und Ziff. 1 des Schreibens vom 29.07.2008 vergleichbar. Die Wirkung einer förmlichen Entziehungsverfügung ist bei einer im Ausland erteilten Fahrerlaubnis wegen des Territorialitätsprinzips von vornherein auf das Inland beschränkt (vgl. auch Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG). Deutsche Behörden können weder in den Bestand des von einem anderen Staat gewährten Rechts noch in die Geltung dieses Rechts im weiteren Ausland eingreifen. Diesen Vorgaben entsprechen die Bestimmungen in § 3 Abs. 1 Satz 2 StVG und § 46 Abs. 5 Satz 2 FeV, wonach die Entziehung der Fahrerlaubnis - lediglich - zur Folge hat, dass das Recht aberkannt wird, von dieser Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. Das Schreiben vom 29.07.2008 bringt in seiner Ziff. 1 gerade zum Ausdruck, dass die dem Kläger in der Tschechischen Republik erteilte Fahrerlaubnis ihn nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Bundesgebiet berechtigt.
23 
Auch hinsichtlich Zuständigkeit, Verfahren und Form bestehen gegen die vom Landratsamt vorgenommene Umdeutung keine Bedenken. Das Landratsamt ist nach § 73 Abs. 1 und 2 FeV als Fahrerlaubnisbehörde auch für den Erlass des feststellenden Verwaltungsakts sachlich und örtlich zuständig. In Bezug auf das Verfahren und die Form der Verfügung weichen die Anforderungen der umgedeuteten Verfügung nicht von denen der ursprünglichen Entscheidung ab.
24 
Ferner sind die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Erlass des feststellenden Verwaltungsakts gegeben, dass die dem Kläger in der Tschechischen Republik erteilte Fahrerlaubnis diesen nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Bundesgebiet berechtigt. Diese Bedingungen liegen entsprechend der ex-tunc-Wirksamkeit der Umdeutung (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 47, Rn. 41) auch im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Entscheidung vom 11.05.2005 vor. Wie oben dargelegt, gilt die vom EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens vorgenommene Auslegung einer Norm des Sekundärrechts ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Norm. Dementsprechend ist § 28 Abs. 4 Nr. 2 und 3 FeV, soweit er den Vorgaben der Urteile des EuGH vom 26.06.2008 entspricht, seit seinem Inkrafttreten anwendbar. Zwar fehlt in § 28 Abs. 4 FeV für die Handlungsform des feststellenden Verwaltungsakts eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung. Doch reicht es aus, wenn die Ermächtigungsgrundlage für eine Feststellung der Norm im Wege der Auslegung unter Rückgriff auf den Normzweck entnommen werden kann (BVerwG, Urt. v. 29.11.1985 - 8 C 105.83 -, BVerwGE 72, 265, 268; Urt. v. 22.10.2003 - 6 C 23.02 -, BVerwGE 119, 123, 124 f.; Urt. v. 19.05.2008 - 6 C 42.07 -, juris). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. § 28 Abs. 4 Nr. 2 und 3 FeV bringt entsprechend Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG in der Auslegung durch die Urteile des EuGH vom 26.06.2008 zum Ausdruck, dass die grundsätzliche Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen aufgrund einer im EU-Ausland erworbene Fahrerlaubnis unter den in den Urteilen vom 26.06.2008 genannten Bedingungen nicht gilt. Da diese Rechtsfolge keiner feststellenden Entscheidung bedarf, sondern kraft Gesetzes gilt und die Rechtslage zwischen der Fahrerlaubnisbehörde und dem betroffenen Fahrerlaubnisinhaber oftmals umstritten ist, besteht aus Gründen der Rechtssicherheit und Transparenz - allein im Hinblick auf die Bestimmung des § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG - ein praktisches Bedürfnis für eine verbindliche Feststellung der fehlenden Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen.
25 
Auch § 47 Abs. 2 LVwVfG steht hier der Umdeutung nicht entgegen. Danach gilt Absatz 1 nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes. Eine Umdeutung ist ferner unzulässig, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden dürfte. Wie bereits ausgeführt, entspricht Ziff. 1 des Schreibens vom 29.07.2008 der vom Landratsamt mit der Ausgangsentscheidung verfolgten Intention, den Kläger von der Verkehrsteilnahme im Bundesgebiet ohne vorherige Überprüfung seiner Fahreignung durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten auszuschließen. Die Entziehungsverfügung vom 11.05.2005 wurde gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG mit ihrer Bekanntgabe, d. h. mit der am 12.05.2005 erfolgten Zustellung, wirksam. § 47 Abs. 2 Satz 1 zweite Alt. LVwVfG schreibt vor, dass die Rechtsfolgen des umgedeuteten Verwaltungsakts für den Betroffenen nicht ungünstiger sein dürfen als die des ursprünglichen Verwaltungsakts. Danach ist Ziff. 1 des Schreibens des Landratsamtes vom 29.07.2008 dahingehend auszulegen, dass die dort getroffene Feststellung ab Bekanntgabe der Verfügung vom 11.05.2005 gilt. Die Rücknahme der Ziff. 1 der Verfügung des Landratsamtes vom 11.05.2005 - z. B. nach § 48 LVwVfG - ist nicht ausgeschlossen, so dass auch § 47 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG der Umdeutung nicht entgegensteht. Insbesondere ist die über § 47 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG einzuhaltende zeitliche Grenze des § 48 Abs. 4 LVwVfG eingehalten. Nur einen Monat nach dem Bekanntwerden der neuen Rechtsprechung des EuGH zur Auslegung des Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG durch die Urteile vom 26.06.2008 hat das Landratsamt tatsächlich Ziff. 1 seiner Entscheidung vom 11.05.2005 umgedeutet. Auch § 47 Abs. 3 LVwVfG führt nicht zur Unzulässigkeit der Umdeutung. Denn die festgestellte Rechtsfolge aus § 28 Abs. 4 Nr. 2 und 3 FeV steht im Interesse der Verkehrssicherheit ebenso wie die Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 FeV) nicht im Ermessen der Fahrerlaubnisbehörde.
26 
Selbst wenn der Kläger vor der Umdeutung entgegen § 47 Abs. 4 LVwVfG nicht angehört worden sein sollte, führte dies nicht zur Unzulässigkeit der Umdeutung. Denn entsprechend § 45 Abs. 1 Nr. 3 LVwVfG kann die im Hinblick auf eine beabsichtigte Umdeutung durchzuführende Anhörung auch noch nachgeholt werden. Wird die Umdeutung von der Behörde zulässigerweise während des gerichtlichen Verfahrens vorgenommen, so erfolgt die in § 47 Abs. 4 LVwVfG vorgesehene Anhörung nach den prozessualen Vorschriften (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 47, Rn. 59). Hier hat der Kläger nach Übermittlung des Schreibens vom 29.07.2008 im gerichtlichen Verfahren noch Gelegenheit gehabt, zur Rechtmäßigkeit der Umdeutung sowie des umgedeuteten Verwaltungsakts Stellung zu nehmen.
27 
2) Ziff. 2 der Verfügung vom 11.05.2005 regelt die Verpflichtung des Klägers zur Abgabe des in der Tschechischen Republik ausgestellten Führerscheins. Diese Anordnung hat sich noch nicht erledigt, weil dem Kläger der Führerschein am 11.04.2007 im Anschluss an das Urteil des Verwaltungsgerichts zurückgegeben worden ist.
28 
Der Begründung der Ausgangsverfügung lässt sich nicht eindeutig entnehmen, ob die Ablieferung des Führerscheins lediglich dazu dienen sollte, auf diesem einen Hinweis auf die fehlende Berechtigung des Klägers zum Führen von Kraftfahrzeugen im Bundesgebiet anzubringen oder ob der Führerschein entsprechend Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 91/439/EWG an die ausstellende Behörde der Tschechischen Republik zurückgesandt werden sollte. Der Hinweis in der Begründung der Entscheidung vom 11.05.2005 auf § 47 Abs. 2 FeV kann dahingehend verstanden werden, dass der Führerschein nach Bestandskraft der Entziehungsverfügung der ausstellenden Behörde übersandt werden sollte. Auch die Begründung des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 16.05.2006 (S. 10) deutet darauf hin. Andererseits hat das Landratsamt geltend gemacht, auf dem Führerschein des Klägers lediglich einen Aufkleber hinsichtlich der fehlenden Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Bundesgebiet anbringen zu wollen. Zudem hat das Landratsamt den Führerschein nach dem stattgebenden Urteil des Verwaltungsgerichts dem Kläger umgehend zurückgegeben. Jedenfalls lässt sich Ziff. 2 der Entscheidung vom 11.05.2005 im Lichte der Ziff. 2 der Verfügung des Landratsamtes vom 29.07.2008 dahingehend auslegen, dass die Abgabe des Führerscheins lediglich dazu dienen soll, auf diesem einen Vermerk über die fehlende Berechtigung des Klägers zum Führen von Kraftfahrzeugen im Bundesgebiet anzubringen. Ist eine Auslegung möglich, scheidet eine förmliche Umdeutung nach § 47 LVwVfG aus (BSG, Urt. v. 20.05.2003 - B 1 KR 25/01 -, NZS 2004, 334, 336 m.w.Nachw.; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 47, Rn. 6).
29 
Die Verpflichtung zur Vorlage des Führerscheins mit dem Ziel der Eintragung eines Vermerks genügt den Anforderungen der Erforderlichkeit, weil sie den Betroffenen weniger belastet als die Rückgabe des Führerscheins mit dem Ziel, diesen an die ausstellende Behörde zurückzugeben. Der betroffene Fahrerlaubnisinhaber bleibt im Besitz des Führerscheins und kann hierdurch im EU-Ausland seine dort bestehende Fahrberechtigung nachweisen. Zudem trägt die bloße Eintragung eines Vermerks auf dem Führerschein eher den Anforderungen der Verkehrssicherheit Rechnung als die Rücksendung des Führerscheins. Denn im Falle einer Rücksendung kann nicht ausgeschlossen, dass die zuständige Behörde des ausstellenden Mitgliedstaates ungeachtet des Berichts der Behörde des Aufnahmemitgliedstaates über den Anlass der Rücksendung (vgl. Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 91/439/EWG) von einer Aufhebung der Fahrerlaubnis absieht und den Führerschein dem Betroffenen unverändert wieder aushändigt. Durch diesen unverändert zurückgegebenen Führerschein könnte der Inhaber im Bundesgebiet zum Nachteil der Verkehrssicherheit den unzutreffenden Eindruck erwecken, zum Führen von Kraftfahrzeugen im Bundesgebiet berechtigt zu sein.
30 
3) Auch die wegen der am 11.04.2007 erfolgten Rückgabe des Führerscheins noch nicht erledigte Ziff. 4 der Entscheidung vom 11.05.2005 (Androhung eines Zwangsmittels) ist rechtmäßig. Wegen der Anordnung der sofortigen Vollziehung in Ziff. 3 der Entscheidung ist die Verpflichtung zur Abgabe des Führerscheins vollstreckbar (§ 2 Nr. 2 LVwVG). In der Verfügung ist dem Kläger auch eine zur Vornahme der geforderten Handlung angemessene Frist von 10 Tagen eingeräumt worden (§ 20 Abs. 1 Satz 2 LVwVG).
31 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
32 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
33 
Beschluss vom 9. September 2008
34 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 5.000,- EUR festgesetzt (§ 63 Abs. 2, § 47 und § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit der Empfehlung in Nr. 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom Juli 2004).
35 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Gründe

 
17 
Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§ 125 Abs. 1 in Verbindung mit § 101 Abs. 2 VwGO).
18 
Die durch die Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte Berufung des Beklagten ist zulässig und auch begründet. Die - nach § 47 Abs. 1 LVwVfG teilweise (Ziff. 1) umgedeutete - Entscheidung des Landratsamtes vom 11.05.2005 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 16.05.2006 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
19 
1) Ziff. 1 der Entscheidung des Landratsamtes vom 11.05.2005 regelte die Entziehung der dem Kläger in der Tschechischen Republik erteilten Fahrerlaubnis. Diese Ziff. 1 seiner Entscheidung vom 11.05.2005 hat das Landratsamt durch sein Schreiben vom 29.07.2008 in Ansehung der Urteile des EuGH vom 26.06.2008 in den Verfahren C-329/06 und 343/06 sowie C-334/06 bis C-336/06 der Sache nach in einen feststellenden Verwaltungsakt des Inhalts umgedeutet, dass die dem Kläger in der Tschechischen Republik am 29.11.2004 erteilte Fahrerlaubnis der Klasse B ihn nicht berechtigt, im Bundesgebiet Kraftfahrzeuge dieser Klasse im Bundesgebiet zu führen. Unter Berücksichtigung aller Umstände wertet der Senat das Schreiben des Landratsamtes vom 29.07.2008 hinsichtlich Ziff. 1 der ursprünglichen Entscheidung als Umdeutung im Sinne von § 47 LVwVfG. Dabei ist unerheblich, dass das Landratsamt in diesem Schreiben, das vom Kläger in der Folge nicht gesondert angegriffen worden ist, nicht ausdrücklich auf das Institut der Umdeutung Bezug genommen hat. Denn § 47 LVwVfG setzt keine entsprechende ausdrückliche Erklärung voraus (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 47, Rn. 15).
20 
Nach § 47 Abs. 1 LVwVfG kann ein fehlerhafter Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind. Diese Bedingungen des § 47 Abs. 1 LVwVfG sind hier erfüllt. Diese Umdeutung hat zur Folge, dass die mit der Rechtsordnung vereinbare Ziff. 1 des Schreibens vom 29.07.2008 als mit der Bekanntgabe der Ausgangsentscheidung vom 11.05.2005 erlassen gilt (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 47, Rn. 6 und 37; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 47, Rn. 4). Unerheblich ist, dass die Umdeutung erst im Berufungsverfahren erfolgt ist. Denn selbst im Revisionsverfahren ist der Ausgangsbehörde eine Umdeutung möglich (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 47, Rn. 10 und 12). Die Umdeutung lässt den Streitgegenstand des gerichtlichen Verfahrens unberührt, weil es sich weiterhin um denselben Verwaltungsakt handelt und die neue Regelung als von Anfang maßgeblich gilt (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 47, Rn. 4, 12 und 32).
21 
Ziff. 1 der Entscheidung des Landratsamtes vom 11.05.2005 ist - gemessen an der neuesten Rechtsprechung des EuGH zur Auslegung der Richtlinie 91/439/EWG - fehlerhaft im Sinne von § 47 Abs. 1 LVwVfG. Der Sache nach ging es dem Landratsamt und dem Regierungspräsidium bei ihrem Vorgehen im Hinblick auf die dem Kläger in der Tschechischen Republik erteilte Fahrerlaubnis um die auf den Verdacht des Konsums „harter“ Drogen (Kokain) zurückzuführenden und seit dem Jahr 2003 nicht geklärten Zweifel an der Fahreignung des Klägers und um den Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis der Richtlinie. Dies ergibt sich aus der Begründung der Aufforderung zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens vom 03.03.2005, aus der Entziehungsverfügung vom 11.05.2005 sowie aus der Begründung des Widerspruchsbescheids (S. 9). Zum Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung vom 11.05.2006 bestand aber für die Fahrerlaubnisbehörde, um sofort die Teilnahme des Klägers am öffentlichen Straßenverkehr als Führer eines Kraftfahrzeugs zu unterbinden, nur die Möglichkeit, ihm die in der Tschechischen Republik erteilte Fahrerlaubnis zu entziehen (vgl. Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG). Denn die Mitgliedstaaten hatten nach der früheren Rechtsprechung des EuGH zur Richtlinie 91/439/EWG auch eine unter Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis erteilte Fahrerlaubnis anzuerkennen. Für den aufnehmenden Mitgliedstaat bestand lediglich die Möglichkeit, sich wegen des Verstoßes gegen das Wohnsitzerfordernis an den ausstellenden Mitgliedstaat zu wenden und diesen zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Fahrerlaubnis zu bitten (EuGH, Urt. v. 29.04.2004 - C-476/01, Slg. I-5205, Rn. 48 f.). Aus den Urteilen des EuGH vom 26.06.2008 (Rs. C-329/06 und C-343/06 sowie C-334/06 bis C-336/06) zur Auslegung der Art. 1 Abs. 2, 7 Abs. 1 sowie Art. 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG ergibt sich demgegenüber, dass der Aufnahmemitgliedstaat die Anerkennung einer im EU-Ausland erteilten Fahrerlaubnis ablehnen kann, wenn auf der Grundlage von Angaben im Führerschein oder anderen vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen feststeht, dass zum Zeitpunkt der Ausstellung dieses Führerscheins sein Inhaber, auf den im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaates eine Maßnahme des Entzugs einer früheren Fahrerlaubnis angewendet worden ist, seinen ordentlichen Wohnsitz im Sinne von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 91/439/EWG nicht im Hoheitsgebiet des Ausstellermitgliedstaats hatte. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, weil in dem dem Kläger in der Tschechischen Republik ausgestellten Führerschein in der Rubrik Nr. 8 der inländische Wohnort des Klägers (Wertheim) eingetragen ist. In der Rechtsprechung des EuGH ist ferner anerkannt, dass die Auslegung einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts, die der Gerichtshof in Ausübung der ihm durch Art. 234 Buchst. a EGV verliehenen Befugnis vornimmt, die Bedeutung und Tragweite dieser Vorschrift, so wie sie seit ihrem Inkrafttreten zu verstehen und anzuwenden ist oder gewesen wäre, erforderlichenfalls erläutert und verdeutlicht. Hieraus folgt, dass der Richter die in dieser Weise ausgelegte Vorschrift auch auf Rechtsverhältnisse, die vor Erlass des auf das Auslegungsersuchen ergangenen Urteils entstanden sind, anwenden kann und muss, wenn im Übrigen die Voraussetzungen dafür, dass ein Rechtsstreit über die Anwendung dieser Vorschrift vor die zuständigen Gerichte gebracht wird, erfüllt sind (z. B. Urt. v. 15.12.1995, Rs. C-415/93, Bosman, Slg. I-4921, Rn. 141). Von der den Mitgliedstaaten durch Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG eingeräumten Möglichkeit, unter den vom EuGH in den Urteilen vom 26.06.2008 genannten Bedingungen im EU-Ausland erworbene Fahrerlaubnisse nicht anzuerkennen, hat die Bundesrepublik Deutschland durch die Vorschrift des § 28 Abs. 4 Nr. 2 und 3 FeV Gebrauch gemacht (vgl. Senatsbeschl. v. 17.07.2008 - 10 S 1688/08 -, juris; ebenso BayVGH, Beschl. v. 07.08.2008 - 11 ZB 07.1259 - Rn. 13). Diese Vorschrift („Die Berechtigung nach Absatz 1 gilt nicht...“) hat hier zur Folge, dass die in der Tschechischen Republik erteilte Fahrerlaubnis den Kläger nie berechtigt hat, im Bundesgebiet Kraftfahrzeuge der Klasse B zu führen. Ist aber der Inhaber einer Fahrerlaubnis aufgrund dieser Fahrerlaubnis tatsächlich nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Bundesgebiet berechtigt, kann ihm diese Berechtigung auch nicht durch eine Verfügung des Aufnahmemitgliedstaates entzogen werden.
22 
Ziff. 1 des Schreibens des Landratsamtes vom 29.07.2008 ist im Sinne von § 47 Abs. 1 LVwVfG auf das gleiche Ziel gerichtet wie Ziff. 1 der Entscheidung vom 11.05.2005, weil sie beide dem gleichen öffentlichen Interesse dienen und die gleiche materiell-rechtliche Tragweite haben (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 47, Rn. 34). Es soll verhindert werden, dass der Kläger, dem im Jahr 2003 durch eine behördliche Verfügung die Fahrerlaubnis entzogen worden war und dessen Fahrgeeignetheit wegen des Verdachts des Konsums „harter“ Drogen (Kokain) immer noch zweifelhaft ist, als Führer eines Kraftfahrzeugs ohne vorherige Bestätigung seiner Fahreignung durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten im Bundesgebiet am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen kann. Auch hinsichtlich der Rechtsfolgen sind die ursprüngliche Regelung (Ziff. 1) und Ziff. 1 des Schreibens vom 29.07.2008 vergleichbar. Die Wirkung einer förmlichen Entziehungsverfügung ist bei einer im Ausland erteilten Fahrerlaubnis wegen des Territorialitätsprinzips von vornherein auf das Inland beschränkt (vgl. auch Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG). Deutsche Behörden können weder in den Bestand des von einem anderen Staat gewährten Rechts noch in die Geltung dieses Rechts im weiteren Ausland eingreifen. Diesen Vorgaben entsprechen die Bestimmungen in § 3 Abs. 1 Satz 2 StVG und § 46 Abs. 5 Satz 2 FeV, wonach die Entziehung der Fahrerlaubnis - lediglich - zur Folge hat, dass das Recht aberkannt wird, von dieser Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. Das Schreiben vom 29.07.2008 bringt in seiner Ziff. 1 gerade zum Ausdruck, dass die dem Kläger in der Tschechischen Republik erteilte Fahrerlaubnis ihn nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Bundesgebiet berechtigt.
23 
Auch hinsichtlich Zuständigkeit, Verfahren und Form bestehen gegen die vom Landratsamt vorgenommene Umdeutung keine Bedenken. Das Landratsamt ist nach § 73 Abs. 1 und 2 FeV als Fahrerlaubnisbehörde auch für den Erlass des feststellenden Verwaltungsakts sachlich und örtlich zuständig. In Bezug auf das Verfahren und die Form der Verfügung weichen die Anforderungen der umgedeuteten Verfügung nicht von denen der ursprünglichen Entscheidung ab.
24 
Ferner sind die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Erlass des feststellenden Verwaltungsakts gegeben, dass die dem Kläger in der Tschechischen Republik erteilte Fahrerlaubnis diesen nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Bundesgebiet berechtigt. Diese Bedingungen liegen entsprechend der ex-tunc-Wirksamkeit der Umdeutung (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 47, Rn. 41) auch im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Entscheidung vom 11.05.2005 vor. Wie oben dargelegt, gilt die vom EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens vorgenommene Auslegung einer Norm des Sekundärrechts ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Norm. Dementsprechend ist § 28 Abs. 4 Nr. 2 und 3 FeV, soweit er den Vorgaben der Urteile des EuGH vom 26.06.2008 entspricht, seit seinem Inkrafttreten anwendbar. Zwar fehlt in § 28 Abs. 4 FeV für die Handlungsform des feststellenden Verwaltungsakts eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung. Doch reicht es aus, wenn die Ermächtigungsgrundlage für eine Feststellung der Norm im Wege der Auslegung unter Rückgriff auf den Normzweck entnommen werden kann (BVerwG, Urt. v. 29.11.1985 - 8 C 105.83 -, BVerwGE 72, 265, 268; Urt. v. 22.10.2003 - 6 C 23.02 -, BVerwGE 119, 123, 124 f.; Urt. v. 19.05.2008 - 6 C 42.07 -, juris). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. § 28 Abs. 4 Nr. 2 und 3 FeV bringt entsprechend Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG in der Auslegung durch die Urteile des EuGH vom 26.06.2008 zum Ausdruck, dass die grundsätzliche Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen aufgrund einer im EU-Ausland erworbene Fahrerlaubnis unter den in den Urteilen vom 26.06.2008 genannten Bedingungen nicht gilt. Da diese Rechtsfolge keiner feststellenden Entscheidung bedarf, sondern kraft Gesetzes gilt und die Rechtslage zwischen der Fahrerlaubnisbehörde und dem betroffenen Fahrerlaubnisinhaber oftmals umstritten ist, besteht aus Gründen der Rechtssicherheit und Transparenz - allein im Hinblick auf die Bestimmung des § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG - ein praktisches Bedürfnis für eine verbindliche Feststellung der fehlenden Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen.
25 
Auch § 47 Abs. 2 LVwVfG steht hier der Umdeutung nicht entgegen. Danach gilt Absatz 1 nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes. Eine Umdeutung ist ferner unzulässig, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden dürfte. Wie bereits ausgeführt, entspricht Ziff. 1 des Schreibens vom 29.07.2008 der vom Landratsamt mit der Ausgangsentscheidung verfolgten Intention, den Kläger von der Verkehrsteilnahme im Bundesgebiet ohne vorherige Überprüfung seiner Fahreignung durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten auszuschließen. Die Entziehungsverfügung vom 11.05.2005 wurde gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG mit ihrer Bekanntgabe, d. h. mit der am 12.05.2005 erfolgten Zustellung, wirksam. § 47 Abs. 2 Satz 1 zweite Alt. LVwVfG schreibt vor, dass die Rechtsfolgen des umgedeuteten Verwaltungsakts für den Betroffenen nicht ungünstiger sein dürfen als die des ursprünglichen Verwaltungsakts. Danach ist Ziff. 1 des Schreibens des Landratsamtes vom 29.07.2008 dahingehend auszulegen, dass die dort getroffene Feststellung ab Bekanntgabe der Verfügung vom 11.05.2005 gilt. Die Rücknahme der Ziff. 1 der Verfügung des Landratsamtes vom 11.05.2005 - z. B. nach § 48 LVwVfG - ist nicht ausgeschlossen, so dass auch § 47 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG der Umdeutung nicht entgegensteht. Insbesondere ist die über § 47 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG einzuhaltende zeitliche Grenze des § 48 Abs. 4 LVwVfG eingehalten. Nur einen Monat nach dem Bekanntwerden der neuen Rechtsprechung des EuGH zur Auslegung des Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG durch die Urteile vom 26.06.2008 hat das Landratsamt tatsächlich Ziff. 1 seiner Entscheidung vom 11.05.2005 umgedeutet. Auch § 47 Abs. 3 LVwVfG führt nicht zur Unzulässigkeit der Umdeutung. Denn die festgestellte Rechtsfolge aus § 28 Abs. 4 Nr. 2 und 3 FeV steht im Interesse der Verkehrssicherheit ebenso wie die Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 FeV) nicht im Ermessen der Fahrerlaubnisbehörde.
26 
Selbst wenn der Kläger vor der Umdeutung entgegen § 47 Abs. 4 LVwVfG nicht angehört worden sein sollte, führte dies nicht zur Unzulässigkeit der Umdeutung. Denn entsprechend § 45 Abs. 1 Nr. 3 LVwVfG kann die im Hinblick auf eine beabsichtigte Umdeutung durchzuführende Anhörung auch noch nachgeholt werden. Wird die Umdeutung von der Behörde zulässigerweise während des gerichtlichen Verfahrens vorgenommen, so erfolgt die in § 47 Abs. 4 LVwVfG vorgesehene Anhörung nach den prozessualen Vorschriften (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 47, Rn. 59). Hier hat der Kläger nach Übermittlung des Schreibens vom 29.07.2008 im gerichtlichen Verfahren noch Gelegenheit gehabt, zur Rechtmäßigkeit der Umdeutung sowie des umgedeuteten Verwaltungsakts Stellung zu nehmen.
27 
2) Ziff. 2 der Verfügung vom 11.05.2005 regelt die Verpflichtung des Klägers zur Abgabe des in der Tschechischen Republik ausgestellten Führerscheins. Diese Anordnung hat sich noch nicht erledigt, weil dem Kläger der Führerschein am 11.04.2007 im Anschluss an das Urteil des Verwaltungsgerichts zurückgegeben worden ist.
28 
Der Begründung der Ausgangsverfügung lässt sich nicht eindeutig entnehmen, ob die Ablieferung des Führerscheins lediglich dazu dienen sollte, auf diesem einen Hinweis auf die fehlende Berechtigung des Klägers zum Führen von Kraftfahrzeugen im Bundesgebiet anzubringen oder ob der Führerschein entsprechend Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 91/439/EWG an die ausstellende Behörde der Tschechischen Republik zurückgesandt werden sollte. Der Hinweis in der Begründung der Entscheidung vom 11.05.2005 auf § 47 Abs. 2 FeV kann dahingehend verstanden werden, dass der Führerschein nach Bestandskraft der Entziehungsverfügung der ausstellenden Behörde übersandt werden sollte. Auch die Begründung des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 16.05.2006 (S. 10) deutet darauf hin. Andererseits hat das Landratsamt geltend gemacht, auf dem Führerschein des Klägers lediglich einen Aufkleber hinsichtlich der fehlenden Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Bundesgebiet anbringen zu wollen. Zudem hat das Landratsamt den Führerschein nach dem stattgebenden Urteil des Verwaltungsgerichts dem Kläger umgehend zurückgegeben. Jedenfalls lässt sich Ziff. 2 der Entscheidung vom 11.05.2005 im Lichte der Ziff. 2 der Verfügung des Landratsamtes vom 29.07.2008 dahingehend auslegen, dass die Abgabe des Führerscheins lediglich dazu dienen soll, auf diesem einen Vermerk über die fehlende Berechtigung des Klägers zum Führen von Kraftfahrzeugen im Bundesgebiet anzubringen. Ist eine Auslegung möglich, scheidet eine förmliche Umdeutung nach § 47 LVwVfG aus (BSG, Urt. v. 20.05.2003 - B 1 KR 25/01 -, NZS 2004, 334, 336 m.w.Nachw.; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 47, Rn. 6).
29 
Die Verpflichtung zur Vorlage des Führerscheins mit dem Ziel der Eintragung eines Vermerks genügt den Anforderungen der Erforderlichkeit, weil sie den Betroffenen weniger belastet als die Rückgabe des Führerscheins mit dem Ziel, diesen an die ausstellende Behörde zurückzugeben. Der betroffene Fahrerlaubnisinhaber bleibt im Besitz des Führerscheins und kann hierdurch im EU-Ausland seine dort bestehende Fahrberechtigung nachweisen. Zudem trägt die bloße Eintragung eines Vermerks auf dem Führerschein eher den Anforderungen der Verkehrssicherheit Rechnung als die Rücksendung des Führerscheins. Denn im Falle einer Rücksendung kann nicht ausgeschlossen, dass die zuständige Behörde des ausstellenden Mitgliedstaates ungeachtet des Berichts der Behörde des Aufnahmemitgliedstaates über den Anlass der Rücksendung (vgl. Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 91/439/EWG) von einer Aufhebung der Fahrerlaubnis absieht und den Führerschein dem Betroffenen unverändert wieder aushändigt. Durch diesen unverändert zurückgegebenen Führerschein könnte der Inhaber im Bundesgebiet zum Nachteil der Verkehrssicherheit den unzutreffenden Eindruck erwecken, zum Führen von Kraftfahrzeugen im Bundesgebiet berechtigt zu sein.
30 
3) Auch die wegen der am 11.04.2007 erfolgten Rückgabe des Führerscheins noch nicht erledigte Ziff. 4 der Entscheidung vom 11.05.2005 (Androhung eines Zwangsmittels) ist rechtmäßig. Wegen der Anordnung der sofortigen Vollziehung in Ziff. 3 der Entscheidung ist die Verpflichtung zur Abgabe des Führerscheins vollstreckbar (§ 2 Nr. 2 LVwVG). In der Verfügung ist dem Kläger auch eine zur Vornahme der geforderten Handlung angemessene Frist von 10 Tagen eingeräumt worden (§ 20 Abs. 1 Satz 2 LVwVG).
31 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
32 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
33 
Beschluss vom 9. September 2008
34 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 5.000,- EUR festgesetzt (§ 63 Abs. 2, § 47 und § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit der Empfehlung in Nr. 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom Juli 2004).
35 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 18. August 2004 - 7 K 813/04 - geändert. Der Antragstellerin wird für das erstinstanzliche Verfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin...., beigeordnet.

Die Antragstellerin hat keine Raten oder sonstige Beträge zu zahlen.

Gründe

 
I. Die am 11.09.1917 geborene Antragstellerin ist pflegebedürftig. Sie leidet an fortschreitender Demenz und begehrt die einstweilige Übernahme der Kosten der Tagespflege. Diese Kosten waren vom Antragsgegner zunächst übernommen worden. Mit Bescheid vom 25.03.2004 hob der Antragsgegner den Bewilligungsbescheid vom 04.06.2003 auf, lehnte die Übernahme der Kosten für die Tagespflege für den Zeitraum ab dem 01.10.2002 und die 2003 und 2004 erfolgte Kurzzeitpflege ab und forderte gewährte Sozialhilfe in Höhe von 6.598,98 EUR zurück. Mit Beschluss vom 18.08.2004 lehnte das Verwaltungsgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung ab, weil der Antragstellerin ein Rückgewähranspruch gemäß § 528 BGB gegen ihre Tochter in Höhe von zumindest 5.540,79 EUR, wenn nicht gar 8.097,25 EUR zustehe. Zugleich lehnte das Verwaltungsgericht den Prozesskostenhilfeantrag der Antragstellerin ab. Zur Begründung heißt es insoweit im angegriffenen Beschluss: „Hat mithin der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz keinen Erfolg, gilt entsprechendes für den Antrag, für das vorliegende Verfahren Prozesskostenhilfe zu gewähren. Denn der Rechtsverfolgung fehlen die notwendigen Erfolgsaussichten (§ 166 i.V.m. § 114 ZPO)“.
II. Die zulässige Beschwerde ist begründet. Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht die erforderliche Erfolgsaussicht verneint.
1. Zunächst genügt die Begründung des Verwaltungsgerichts nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG.
a) In seinem Beschluss vom 26.06.2003 (1 BvR 1152/02 - NJW 2003, 3190) hat das BVerfG eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG darin gesehen, dass das OVG den im dortigen Verfahren gestellten Prozesskostenhilfeantrag nach der Entscheidung im Hauptsacheverfahren aus den Gründen des die Berufung zurück weisenden Urteils abgelehnt hat. Mit dieser Sachbehandlung habe das OVG die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Bewilligung von Prozesskostenhilfe verkannt. Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist es zwar verfassungsrechtlich unbedenklich, dass die Bewilligung von Prozesskostenhilfe von der Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung abhängig gemacht wird. Die Anforderungen, die die Fachgerichte dabei an die erforderliche Erfolgsaussicht stellen können, dürfen aber der von Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG gebotenen weitgehenden Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes nicht widersprechen. Das Prozesskostenhilfeverfahren ist dem eigentlichen Rechtsschutzverfahren vorgelagert; es soll die Rechtsverfolgung ermöglichen. Durch die Bewilligung der Prozesskostenhilfe und die Beiordnung eines rechtskundigen Prozessbevollmächtigten soll die unbemittelte Partei in eine Situation gebracht werden, die ihr eine angemessene Rechtsverfolgung erlaubt. Hieraus folgt zunächst, dass es weder Aufgabe des Prozesskostenhilfeverfahrens ist, das eigentliche Rechtsschutzverfahren zu ersetzen noch wird der Prozesskostenhilfeantrag durch die in der Sache getroffene Entscheidung gegenstands- oder bedeutungslos. Dies stellt Anforderungen in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht an die gerichtliche Entscheidung. Da die Prozesskostenhilfe die eigentliche Rechtsverfolgung ermöglichen soll, erfordert dies in aller Regel eine Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch vor der Hauptsacheentscheidung im Klageverfahren zumindest in angemessener Frist vor der mündlichen Verhandlung (VGH Bad.-Württ., VBlBW 2004, 385). Auch der unbemittelte Beteiligte muss alle prozessualen Möglichkeiten erhalten, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen. Hierzu zählt insbesondere die Akteneinsicht durch einen rechtskundigen Prozessbevollmächtigten und die vorbereitende schriftsätzliche Darstellung des klägerischen Standpunkts. Grundsätzlich sollte dem unbemittelten Beteiligten auch die Möglichkeit eröffnet sein, gegen eine ablehnende Entscheidung des Verwaltungsgerichts Beschwerde einlegen zu können, bevor in der Hauptsache entschieden wird. Eine Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch erst wenige Tage vor der mündlichen Verhandlung oder gar nach der getroffenen Hauptsacheentscheidung genügt diesen Anforderungen in aller Regel nicht. In inhaltlicher Hinsicht dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden. Mit der vom Gesetz für eine Prozesskostenhilfebewilligung verlangten „hinreichenden Erfolgsaussicht“ ist nicht der tatsächliche Erfolg in der Hauptsache gemeint; die Offenheit der Prozesssituation zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfegesuchs genügt. Sind im gerichtlichen Verfahren schwierige Rechtsfragen zu klären oder ist hinsichtlich der tatsächlichen Grundlage der zu treffenden Entscheidung Beweis zu erheben, so ist beim Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen grundsätzlich Prozesskostenhilfe zu gewähren. Eine Ablehnung des Prozesskostenhilfeantrags allein mit dem Hinweis auf das bereits erfolgte Unterliegen in der Hauptsache wird den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht gerecht.
b) Vergleichbares gilt auch für die Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, wenn Sachentscheidung und Prozesskostenhilfeentscheidung derart verbunden werden, dass wegen der fehlenden Erfolgsaussicht auf die Ablehnung des Eilantrags verwiesen wird. Zwar kann die zeitgleiche Entscheidung über den Sachantrag und den Prozesskostenhilfeantrag in eilbedürftigen Verfahren gerechtfertigt sein. Der im Prozesskostenhilfeverfahren anzulegende Prüfungsmaßstab muss allerdings den unterschiedlichen Anforderungen beider Verfahren Rechnung tragen. Wird das Prozesskostenhilfegesuch - wie im vorliegenden Fall - nur aus den Gründen der Sachentscheidung abgelehnt, so wird dies den verfassungsrechtlichen Anforderungen ebenfalls nicht gerecht. Diese Praxis ist zudem in hohem Maße unzweckmäßig. Denn für das Beschwerdeverfahren gelten hinsichtlich des vorläufigen Rechtsschutzes und der Prozesskostenhilfe völlig unterschiedliche Anforderungen. So unterliegt die Beschwerde im einstweiligen Rechtsschutzverfahren dem Vertretungszwang, die Prozesskostenhilfebeschwerde hingegen nicht. Auch hinsichtlich der Begründungserfordernisse bestehen grundlegende Unterschiede, denen die erteilten Rechtsmittelbelehrungen oft genug keine Rechnung tragen. So ist auch die im vorliegenden Fall erteilte Rechtsmittelbelehrung falsch. Sie orientiert sich allein an den im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes geltenden Anforderungen und trägt der gleichfalls getroffenen Prozesskostenhilfeentscheidung in keiner Weise Rechnung. Selbst wenn die vom Verwaltungsgericht erteilte Rechtsmittelbelehrung hinsichtlich beider unterschiedlicher Beschwerdemöglichkeiten zutreffend gewesen wäre, kann diese Vermengung unterschiedlicher Anforderungen in einer Rechtsmittelbelehrung häufig geeignet sein, Missverständnisse bei den Beteiligten zu verursachen.
2. Die vom Verwaltungsgericht getroffene Entscheidung ist auch in der Sache nicht haltbar. Das Verwaltungsgericht geht davon aus, dass der Antragstellerin ein Rückgewähranspruch aus § 528 BGB gegen ihre Tochter zustehen würde, der der Sozialhilfegewährung entgegen steht. Schon diese Frage, ob der Antragstellerin tatsächlich ein solcher Anspruch zusteht, ist nicht einfach zu beantworten. Verfehlt ist zudem die Erwägung, dass dieser Anspruch aktuell zur Bedarfsdeckung geeignet sei. Wie das Verwaltungsgericht ausführt, ist die Antragstellerin in Pflegestufe II eingestuft und leidet wohl unter Demenz. Sie selbst ist nicht mehr handlungsfähig, sondern wird von ihrer Tochter vertreten (UR-Nr. 1060/1999 des Notariats I Engstingen). Der Antragsgegner strebt ausweislich des hausinternen Schreibens vom 02.04.2004 (Bl. 89 d.A.) die Bestellung eines Betreuers nach § 1896 BGB an, weil er vom Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen ausgeht. Bei dieser Sachlage kann nicht davon gesprochen werden, dass bereite Mittel zur Bedarfsdeckung zur Verfügung stehen; jedenfalls ist diese Frage nicht einfach zu beantworten.
Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§§ 188 Satz 2, 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.