Verwaltungsgericht Sigmaringen Urteil, 20. Feb. 2018 - 7 K 6063/16

bei uns veröffentlicht am20.02.2018

Tenor

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 09.08.2016 und des Beschwerdebescheids desselben vom 10.11.2016 verpflichtet, den Zeitpunkt der Beförderungsreife der Klägerin entsprechend ihres Antrags vom 29.07.2016 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu festzusetzen und über ihren Antrag auf Beförderung und Planstelleneinweisung sowie Schadensersatz vom 13.03.2017 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin ¼, die Beklagte ¾.

Die Hinzuziehung einer Bevollmächtigten im Beschwerdeverfahren wird für notwendig erklärt.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt nachträglich die Feststellung der Beförderungsreife zum Stabsfeldwebel entsprechend ihres Antrags vom 29.07.2016 und weiter, sie besoldungs-, versorgungs- und dienstrechtlich so zu stellen, als wenn sie bereits zum Zeitpunkt des Eintritts der Beförderungsreife zum Stabsfeldwebel befördert worden wäre.
Die 1967 geborene Klägerin war bis zum 30.06.2017 Berufssoldatin. Sie trat am 01.07.1993 als Sanitätssoldatin in den Dienst der Bundeswehr und wurde am 01.07.1997 zum Feldwebel ernannt. Seit dem 01.04.2002 hatte sie den Dienstgrad des Hauptfeldwebel inne. Seit dem 01.10.2002 war die Klägerin auf dem Dienstposten Wehrdienstberaterfeldwebel beim Zentrum für Nachwuchsgewinnung Süd in U. und im Zeitraum vom 01.11.2007 bis zum 31.07.2008 - im Rahmen einer Teilzeitbeschäftigung - auf dem Dienstposten Sanitätsfeldwebel und Stabsdienstbearbeiter Streitkräfte in D. eingesetzt.
Am 26.02.2005 kam die Tochter der Klägerin zur Welt.
Auf Antrag der Klägerin vom 01.06.2005 bewilligte die Stammdienststelle des Heeres der Klägerin mit Bescheid vom 21.06.2005 für die Zeit vom 15.08.2005 bis zum 25.02.2008 (antragsgemäß) Elternzeit zur Betreuung ihrer Tochter.
Mit Bescheid vom 21.11.2005 lehnte die Stammdienststelle des Heeres den Antrag der Klägerin vom 07.09.2003 für eine integrierte/nationale Auslandsverwendung aus dienstlichen Gründen ab.
Mit Schreiben vom 06.02.2007 beantragte die Klägerin ihre Versetzung ab 01.11.2007 auf einen Dienstposten als Sanitätsfeldwebel / Stabsdienstbearbeiter beim Einsatzlazarett in D. mit einer Teilzeitbeschäftigung im Umfang von 50 % der wöchentlichen Rahmendienstzeit. Da ihr Ehemann als Hauptfeldwebel voraussichtlich ab 10/2009 für die integrierte Verwendung vorgesehen sei, beabsichtige die Klägerin, den Dienstposten nur vorübergehend bis zu diesem Zeitpunkt zu besetzen.
Mit Bescheid vom 23.05.2007 bewilligte die Stammdienststelle gem. § 30a SG die beantragte Teilzeitbeschäftigung bis zum 30.09.2009 im Umfang von 50 % der wöchentlichen Rahmendienstzeit und verkürzte mit weiterem Bescheid vom selben Tage die (ursprünglich bis zum 25.02.2008 fortdauernde) Elternzeit auf den 31.10.2007. Mit Versetzungsverfügung vom 21.06.2007 wurde die Klägerin zum 01.11.2007 auf den Dienstposten Sanitätsfeldwebel und Stabsdienstbearbeiter Streitkräfte beim Einsatzlazarett in D. versetzt.
Mit Schreiben vom 03.03.2008 bewarb sich die Klägerin erneut für die integrierte Verwendung im Ausland. Da ihr Mann bereits mit Wirkung vom 01.08.2008 in die integrierte Verwendung versetzt werden solle, bitte sie um erneute Überprüfung einer Einplanungsmöglichkeit in zeitlichem Zusammenhang.
Im Rahmen eines Personalgesprächs am 30.04.2008 eröffnete der Disziplinarvorgesetzte der Klägerin dieser, dass geplant sei, sie ab dem 01.08.2008 bei SanStff M. für die Dauer der integrierten Verwendung ihres Ehemannes einzusetzen. Die Klägerin äußerte, dass sie mit der geplanten Versetzung nach M. nicht einverstanden sei. Sie führte aus: Die einfache Entfernung zwischen künftigem Wohnort (B.) und M. betrage 86 km mit einer zu erwartenden Fahrzeit von 1 1/2 h. Mit der familiären Situation sei dies nicht zu vereinbaren. Aufgrund der Betreuungsbedürftigkeit der Tochter müsse sie im Notfall schnell vor Ort sein können. Dies sei mit der geplanten Verwendung in M. nicht möglich. Sollte keinerlei Alternative möglich sein, bitte sie, eine Einplanungsmöglichkeit in räumlicher Nähe zu ihrem Mann zu einem späteren Zeitpunkt in Betracht zu ziehen.
10 
Im Rahmen eines weiteren Personalgesprächs am 11.06.2008 eröffnete der Personalreferent der Stammdienststelle der Bundeswehr der Klägerin, dass es außer dem angebotenen Dienstposten in M. keine Einplanungsmöglichkeit im grenznahen regionalen Nahbereich (A., G.) zum Dienststandort ihres Mannes gebe. Auch eine Verwendung in B. selbst sei nicht möglich.
11 
Mit zwei Schreiben vom 12.06.2008 bzw. 17.06.2008 beantragte die Klägerin die Gewährung restlicher Elternzeit zur Betreuung ihrer Tochter für den Zeitraum vom 01.08.2008 bis zum 25.11.2008. Zur Begründung verwies sie auf die Verwendung ihres Ehemannes in einer integrierten Verwendung in B./Niederlande ab 01.08.2008 (voraussichtlich bis 31.07.2010) und führte aus, sie wolle ihm mit der Tochter ins Ausland folgen. Da man ihr im Personalgespräch vom 11.06.2008 eröffnet habe, dass eine Teilzeitbeschäftigung in räumlicher Nähe zu ihrem Ehemann nicht möglich sei und weil die Betreuungssituation der Tochter vor Ort noch nicht geklärt sei, bitte sie um Übertragung der Restelternzeit. Dass der Antrag auf Übertragung nach einem Erlass des Bundesministeriums des Innern vom 22.12.2006 bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres ihrer Tochter habe gestellt werden müssen, sei ihr nicht bekannt gewesen.
12 
Mit Bescheid vom 03.07.2008 lehnte die Stammdienststelle der Bundeswehr den Antrag der Klägerin auf Bewilligung der zweiten Elternzeit für die Tochter vom 12.06.2008 bzw. 17.06.2008 ab. Das sodann durchgeführte Beschwerdeverfahren blieb erfolglos.
13 
Aufgrund der Ablehnung der Bewilligung der Restelternzeit mit Bescheid vom 03.07.2008 beantragte die Klägerin Betreuungsurlaub ab dem 01.08.2008 bis zum 30.10.2010 und gleichzeitig die Genehmigung einer Teilzeitbeschäftigung / Nebentätigkeit während der Dauer des Betreuungsurlaubs mit einem Umfang von maximal 30 h/Woche.
14 
Mit Bescheid vom 17.07.2008 verkürzte die Stammdienststelle der Bundeswehr antragsgemäß die ursprünglich bis zum 30.09.2009 genehmigte Teilzeitbeschäftigung der Klägerin bis zum 31.07.2008 und gewährte ihr mit separatem Bescheid vom selben Tage antragsgemäß Betreuungsurlaub für die Zeit vom 01.08.2008 bis zum 30.09.2010 zur Betreuung ihrer minderjährigen Tochter. Die von der Klägerin mit gleichem Antrag beantragte Nebentätigkeit wurde abgelehnt.
15 
Weitere Versuche der Klägerin, an den Standorten B., A. oder G. in Teilzeit eingesetzt zu werden, waren erfolglos.
16 
Mit Bescheid der Stammdienststelle der Bundeswehr vom 13.10.2010 hob diese ihre Bescheide vom 17.07.2008 und vom 03.07.2008 auf und bewilligte der Klägerin gem. § 1 Abs. 1 S. 2 und 3 EltZSoldV antragsgemäß die Übertragung eines Anteils ihrer Elternzeit von 3 Monaten und 24 Tagen über das dritte Lebensjahr ihrer Tochter hinaus. Ferner gewährte die Stammdienststelle der Bundeswehr der Klägerin antragsgemäß rückwirkend Elternzeit für die Zeit vom 01.08.2008 bis zum 24.11.2008 und Betreuungsurlaub vom 25.11.2008 bis zum 31.08.2011.
17 
Mit Urteil vom 27.10.2010 (Az. 1 WB 13.09) stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass der Klägerin ein Anspruch auf Elternzeit in dem im Schreiben vom 17.06.2008 beantragten Umfang (zweite Elternzeit für die Tochter) zusteht.
18 
Mit Bescheid der Stammdienststelle der Bundeswehr vom 12.04.2011 verlängerte diese der Klägerin auf ihren Antrag vom 23.03.2011 die mit Bescheid vom 13.10.2010 verfügte Beurlaubung bis zum 30.04.2012, die nachträglich (nicht aktenkundig) auf den 29.02.2012 verkürzt wurde.
19 
Ab dem 01.03.2012 verrichtete die Klägerin ihren Dienst im Zentrum für Nachwuchsgewinnung Süd, Dezernat 5 - Wehrdienstberatung - in U. in der Funktion eines Wehrdienstberaterfeldwebels Streitkräfte. Aus Anlass der Regelbeurteilung zum 30.09.2012 führte die Klägerin mit der personalbearbeitenden Stelle der Bundeswehr eine Auseinandersetzung wegen dieser Beurteilung, die erst im Jahre 2015 ihren Abschluss fand.
20 
Zum 01.01.2013 wurde die Klägerin wegen des Wegfalls ihres bisherigen Dienstpostens zum Bundeswehrkrankenhaus U. versetzt.
21 
Mit Bescheid vom 15.03.2013 gewährte das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr der Klägerin auf ihren Antrag vom 02.01.2013 hin gem. § 30a SG i. V. m. der STzV eine Teilzeitbeschäftigung für die Zeit vom 02.04.2013 bis 31.12.2014 im Umfang von 83,75 % der wöchentlich zu leistenden Rahmendienstzeit.
22 
Mit Bescheid vom 01.10.2014 setzte das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr das Dienstzeitende der Klägerin entsprechend ihres Antrags auf vorzeitige Versetzung in den Ruhestand auf den 30.06.2017 fest.
23 
Seit dem 01.04.2015 verrichtete die Klägerin ihren Dienst als Sanitätsfeldwebel im Sanitätsregiment 3 in D. auf einem mit A7 - A9 M bewerteten Dienstposten (OrgBearb SanDst).
24 
Am 25.02.2015 wurde die Klägerin zuletzt (zum 30.09.2014 regel-)beurteilt. Die Beurteilung ergab einen Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung von 6,20 Punkten (auf einer Benotungsskala von 1 bis 9 Punkten).
25 
Mit Schreiben vom 29.07.2016 beantragte die Klägerin (unter Bezugnahme auf die Erlasse 1-1340/49 Nr. 215 und 216, A-2640/22, den GAIP 13-02-00 Nr. 1.5 und 13-06-00 Nr. 1.5 sowie die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 SKPersStrukAnpG) die Überprüfung der Beförderungsreife zum Stabsfeldwebel. Im Rahmen der Überprüfung bitte sie, folgende Zeiten zu berücksichtigen:
26 
DE 01.07.1993
Einstellung als SanSold mit abgeschlossenem Beruf
als milchwirtschaftliche Laborantin
Ernennung zum Fw 
01.07.1997
Ernennung zum HF
Seit 01.04.2002
Elternzeit 1
15.08.2005-31.10.2007
Elternzeit 2
01.08.2008-24.11.2008
Betreuungsurlaub
25.11.2008-29.02.2012
27 
Handschriftlich ist neben dieser Aufstellung vermerkt: „01.07.1997+16 = 01.07.2013 + 1 Jahr = 01.07.2014; Max 1 Jahr?“
28 
Die Klägerin führte aus: Mutterschutz und Teilzeit seien ihrer Auffassung nach als Dienstzeit gleich zu behandeln und nicht heraus zu rechnen. Außerdem wolle sie auf die Bescheide des Vizepräsidenten BAPersBw vom 11.03. und 11.09.2015 und den Bescheid des stv. Abteilungsleiters II als Beauftragter für Angelegenheiten des militärischen Personals der Abteilung Personalgewinnung im BAPersBw vom 07.08.2015 verweisen, in denen jedes Mal als Entschuldigung explizit darauf hingewiesen worden sei, dass ihr durch die verspätete Vorlage der Beurteilung von 2012 im „Februar 2015“ keine laufbahnrechtlichen Nachteile entstehen würden, da sie die Beförderungsreife zum Stabsfeldwebel erst zum 17.04.2018 erreichen würde. Da sie bei der Berechnung auf einen anderen Zeitpunkt komme, bitte sie unabhängig von ihrer vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand, die mögliche Beförderung zum Stabsfeldwebel neu zu berechnen und im Detail die nicht berücksichtigungsfähigen Zeiten aufzulisten.
29 
Mit hier streitgegenständlichem Bescheid vom 09.08.2016 stellte das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr fest, dass die Beförderungsreife zum Stabsfeldwebel zum 17.04.2018 (Berechnung gemäß Anlage) vorliege. Der Anlage ist Folgendes zu entnehmen:
30 
„Abwesenheitszeiten (historisch)
Ab F/B-Bef. bzw. ab Wieder-/Einstellung als OF/OB-HF/HB-SF/SB
                          
„brutto“ von
„netto“ nicht anrbarer ZtR von
„brutto“ bis einschl.
KalTage gesamt
Anrechenbare Tage
„abwBefReife“
15.08.2005
15.08.2006
31.10.2007
808
365
17.09.2014
01.08.2008
01.08.2008
24.11.2008
116
0
11.01.2015
25.11.2008
25.11.2008
31.08.2011
1010
0
17.10.2017
01.09.2011
01.09.2011
29.02.2012
182
0
17.04.2018
31 
Somit abwBefReife: 17.04.2018 zum SF/ A9 M“
32 
Mit Schreiben vom 05.09.2016 legte die Klägerin Beschwerde gegen den Bescheid zur Überprüfung der Beförderungsreife vom 09.08.2016 ein. Zur Begründung führte sie aus: Bei den GAIP IV 13-02-00 und 13-06-00 handele es sich um getrennt voneinander zu betrachtende Ausführungsbestimmungen. Die Folge daraus, dass grundsätzlich bei einem Kind nur maximal ein Jahr anrechenbar sei, sei Auslegungssache. Sie sei u. a. zwischen den Elternzeiten und dem Betreuungsurlaub vom 01.11.2007 bis 31.08.2008 (gemeint: 31.07.2008) im Dienst gewesen. In ihrem Fall sei sowohl die Elternzeit als auch der später genommene Betreuungsurlaub als eine Einheit betrachtet worden. Sie bitte unter Berücksichtigung ihrer bisherigen Dienstzeit und Leistungen vor der Geburt ihrer Tochter und der Hintergründe, warum sie Betreuungsurlaub habe nehmen müssen, um erneute Überprüfung der Beförderungsreife. Den Betreuungsurlaub habe sie nur deswegen in Anspruch nehmen müssen, da ihr während des Aufenthaltes in den Niederlanden (im Zuge der integrierten Verwendung ihres Mannes) trotz mehrfach gestellter Anträge von 2008 bis 2011 nur ablehnende Bescheide erteilt worden seien, die nicht nachvollziehbar gewesen seien. Auch die anschließende Verlängerung des Betreuungsurlaubs bis Februar 2012 sei nicht freiwillig gewesen, da es die damalige Personalführung von 2008 bis zur geplanten Rückkehr im Sommer 2011 innerhalb von drei Jahren nicht geschafft habe, sie auf einen Dienstposten im Standortbereich U. zu bringen. Zu dieser Zeit habe sie bereits einen durch den beratenden Arzt anerkannten Härtefall in der Familie vorliegen gehabt und zeitgleich sei ein komplettes Sanitätsregiment in D. aufgestellt worden, wo man sie habe unterbringen können.
33 
Mit Schreiben vom 20.09.2016 führte die Verfahrensbevollmächtigte der Klägerin ergänzend aus, die Berücksichtigung der Elternzeit der Klägerin mit nur 365 Tagen verstoße gegen § 15 Abs. 3 Soldatengleichstellungsgesetz. Es müssten nach der dazu erlassenen Rechtsverordnung in den damals jeweils gültigen Fassungen zumindest zwei Jahre berücksichtigt werden, § 5 Abs. 6 Nr. 4 Soldatenlaufbahnverordnung (SLV), da Elternzeit nacheinander in Anspruch genommen worden sei. Zugleich verstoße die Berechnung durch die Beklagte gegen § 15 Abs. 4 Bundesgleichstellungsgesetz, welches nach seinem Anwendungsbereich ebenfalls anwendbar sei. Danach dürfe sich die Beurlaubung nicht nachteilig auf eine Beförderungsreihenfolge und die Möglichkeiten einer Höhergruppierung oder Höherreihung auswirken.
34 
Mit Beschwerdebescheid vom 10.11.2016 wies das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr die Beschwerde der Klägerin vom 05.09.2016 gegen das Schreiben des BAPersBw IV 3.1.1.2 vom 09.08.2016 zurück. Zur Begründung führte die personalverwaltende Stelle aus: Die Klägerin sei zum 01.07.1993 im untersten Mannschaftsdienstgrad für die Laufbahn der Mannschaften im Sanitätsdienst in die Bundeswehr eingestellt und später für die Laufbahn der Feldwebel im Sanitätsdienst zugelassen worden. Die Klägerin sei zum „Sanitätsfeldwebel“ ausgebildet und in dieser Verwendung mit Wirkung vom 14.08.1998 in das Dienstverhältnis einer Berufssoldatin berufen worden. Die Dienstzeit der Klägerin ende in Anwendung des § 2 Abs. 1 Streitkräftepersonalstruktur-Anpassungsgesetz (SKPersStruktAnpG) zum 30.06.2017. Die Klägerin werde seit dem 01.04.2015 auf einem Dienstposten „Sanitätsfeldwebel/Organisationsbearbeiterin Sanitätsdienst“ beim Ausbildungs- und Simulationszentrum des Sanitätsregimentes 3 in D. verwendet. Die Klägerin sei am 17.04.2002 zum Hauptfeldwebel befördert worden.
35 
In rechtlicher Hinsicht führte die personalverwaltende Stelle aus: Die Beschwerde sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, denn die Klägerin werde nicht mehr für mindestens zwei Jahre als Berufssoldatin verwendet, weshalb nach den Bestimmungen der Nr. 219 der Zentralen Dienstvorschrift A-1340/49 ihre Beförderung nicht mehr zulässig sei. Die Festlegung ihrer Beförderungsreife zum Stabsfeldwebel unter Berücksichtigung der nach § 28 Abs. 7 SG bzw. § 28 Abs. 5 SG gewährten Elternzeiten und Betreuungsurlauben als Dienstzeit nach § 5a Abs. 3 Nr. 4 SLV habe daher keine Auswirkungen mehr auf das aktive Dienstverhältnis der Klägerin. Sie bekäme erst dann Bedeutung, wenn von der Zurruhesetzung nach § 2 Abs. 1 SKPersStruktAnpG zum 30.06.2017 aus dienstlichen oder anderen Gründen abgesehen würde und (daher) in der Zukunft noch tatsächlich über die Beförderungsreife der Klägerin zum Stabsfeldwebel zu entscheiden wäre. Darüber hinaus fehle der Mitteilung des frühestmöglichen Beförderungstermins der Klägerin auch der Maßnahmecharakter i. S. d. § 1 WBO.
36 
Mit Schreiben vom 13.03.2017 stellte die Klägerin beim Bundesamt für das Personalwesen der Bundeswehr auf dem Dienstwege einen Antrag auf (umgehende) Beförderung zum Stabsfeldwebel und auf Planstelleneinweisung sowie Schadensersatz wegen bislang rechtswidrig unterbliebener Beförderung. Im Wege des Schadensersatzes bitte sie ihren Dienstherrn, sie dienst- und besoldungsrechtlich so zu behandeln, als wenn die Beförderung bereits zum 01.07.2013 erfolgt wäre.
37 
Bereits am 15.12.2016 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben, mit der sie zunächst ihr außergerichtliches Begehren weiterverfolgt hat; im Zuge einer Klageerweiterung mit Schriftsatz vom 04.10.2017 begehrt sie ferner die Beförderung zum Stabsfeldwebel bereits zum Zeitpunkt des Eintritts der Beförderungsreife sowie die Einweisung in eine Planstelle A 9 zu diesem Zeitpunkt und macht Schadensersatz wegen der verspäteten Beförderung geltend.
38 
Zur Begründung trägt die Klägerin in Ergänzung ihres bisherigen Vorbringens vor: Die Zurückweisung der Beschwerde als unzulässig unter Verweis auf Nr. 219 ZDv A-1340/49 sei rechtswidrig, weil die Klägerin eine Beförderung nach A 9 begehre, die vom Regelungsbereich der Dienstvorschrift nicht erfasst sei. Das von der Beklagten zitierte Urteil des 1. Wehrdienstsenats des BVerwG betreffe einen Konkurrentenstreit und sei mit der vorliegenden Konstellation dahingehend nicht vergleichbar, als die Klägerin bereits jetzt einen Dienstposten bekleide, auf dem sie auch mit A 9 eingruppiert werden könnte, ohne (so im Verfahren vor dem BVerwG) auf einen anderen Dienstposten wechseln zu müssen. Zudem sei die Vereinbarkeit der Bestimmung mit Art. 33 Abs. 2 GG zu verneinen. Die Restdienstzeit sei kein zulässiges Kriterium i. S. d. Art. 33 Abs. 2 GG. Auch wenn eine Beförderung ggf. nicht mehr versorgungsrelevant würde, führte sie doch zu einer höheren Besoldung während der Restdienstzeit und ermöglichte es, mit einem höheren Dienstgrad in den Ruhestand zu treten und diesen mit der Bezeichnung „a. D.“ weiter zu führen.
39 
Auch in der Sache sei der angegriffene Bescheid rechtswidrig: Bei vollständiger Berücksichtigung der relevanten Elternzeiträume wäre die Beförderungsreife der Klägerin zum Stabsfeldwebel zum 01.07.2013 eingetreten. Gem. § 5a Abs. 6 S. 1 Nr. 4 SLV in der ab dem 01.01.2005 geltenden Fassung gelte als Dienstzeit auch die Zeit einer Elternzeit. Es sei nicht nachvollziehbar, dass der Klägerin nicht jedenfalls insgesamt zwei Jahre Elternzeit angerechnet worden seien. Dies zugrunde gelegt, wäre die Beförderungsreife zum 17.04.2017 eingetreten.
40 
Die Berücksichtigung von maximal zwei Jahren Elternzeit gem. § 5a Abs. 6 Nr. 4 SLV stelle darüber hinaus eine Verletzung von Art. 157 AEUV und der Richtlinien 2010/18/EU, 2006/54/EG und 2002/73/EG sowie von Art. 3 Abs. 1 und 3 GG und des Bundesgleichstellungsgesetzes (BGleiG) bzw. des Soldatengleichstellungsgesetzes (SGleiG) dar.
41 
Ein Verstoß gegen Art. 157 AEUV liege vor, wenn Elternzeit nicht als Dienstzeit berücksichtigt werde und daher Verzögerungen bei der Beförderung bewirke. Denn dies habe unmittelbare Auswirkungen auf den Entgeltanspruch, der ohne die entsprechende Beförderung niedriger sei. Dabei komme es nach der Rechtsprechung des EuGH lediglich darauf an, dass (faktisch) Elternzeit mehr und länger von Frauen als von Männern in Anspruch genommen werde. Die Regelung des § 5a Abs. 6 Nr. 4 SLV führe mithin zu einer unionsrechtlich durch Art. 157 AEUV verbotenen mittelbaren Diskriminierung wegen des Geschlechts.
42 
Insofern liege auch eine Verletzung von Art. 1, 2 lit. b), 4 und 14 lit. a) RL 2006/54/EG und Art. 3 lit. a) RL 2002/73/EG vor, nach denen eine mittelbare Diskriminierung beim Zugang zur Beschäftigung einschließlich des beruflichen Aufstiegs verboten sei.
43 
Gleichermaßen verbiete Art. 3 Abs. 3 GG eine Diskriminierung wegen des Geschlechts und werde vorliegend verletzt. Weiter liege eine Verletzung von § 15 Abs. 4 BGleiG vor, weil Elternzeit eine von der Norm erfasste familienbedingte Beurlaubung darstelle, die auch für Soldaten gelten müsse. Schließlich verletze § 5a Abs. 6 Nr. 4 SLV auch § 15 Abs. 3 SGleiG, wonach bei Beförderungen die sich aus der familienbedingten Beurlaubung ergebenden Verzögerungen angemessen zu berücksichtigen seien. Eine Berücksichtigung von maximal zwei Jahren sei nicht angemessen und führe im Falle der Klägerin zu einer unangemessenen Benachteiligung. Daher sei die gesamte Elternzeit der Klägerin bei der Berechnung der Beförderungsreife mit zu berücksichtigen gewesen.
44 
Die Klägerin führt mit ihrem Schriftsatz vom 04.10.2017 weiter aus, zwischenzeitlich sei eine Gesetzesänderung eingetreten, die auch Auswirkungen auf den vorliegenden Fall habe: Die in der Klagebegründung zitierte Fassung des § 5 Abs. 6 S. 1 Nr. 4 SLV vom 01.02.2005, die bislang gem. § 48 Abs. 2 SLV habe berücksichtigt werden müssen, sei durch die am 16.03.2017 eingetretene Rechtsänderung nunmehr dahingehend geändert worden, dass als Dienstzeit auch die Zeit einer Elternzeit nach § 28 Abs. 7 SG gelte und es insoweit keine zeitliche Höchstgrenze mehr gebe. In § 48 SLV n. F. gebe es auch keine Übergangsregelungen, die dazu führten, dass Zeiten vor 2017 nicht erfasst werden sollten. Damit ergebe sich nunmehr der Rechtsanspruch der Klägerin aus der aktuellen Fassung der SLV und sei die ZDv A-1340/49 mit Stand Januar 2017 überholt.
45 
Aufgrund des zwischenzeitlich eingetretenen Dienstzeitendes werde eine Klageerweiterung erforderlich, nämlich ein Übergang zum Schadensersatzbegehren, welches die Klägerin mit Schreiben an das BAPersBW vom März 2017 bereits anhängig gemacht habe, über welches jedoch bislang nicht entschieden sei, sodass der Klageerweiterungsantrag als Untätigkeitsklage gem. § 75 VwGO statthaft sei.
46 
Die Klägerin beantragt,
47 
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 09.08.2016 und des Beschwerdebescheids desselben vom 10.11.2016 zu verpflichten, den Zeitpunkt ihrer Beförderungsreife entsprechend ihres Antrags vom 29.07.2016 neu festzusetzen und die Hinzuziehung einer Bevollmächtigten im Beschwerdeverfahren für notwendig zu erklären und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 09.08.2016 und des Beschwerdebescheids desselben vom 10.11.2016 zu verpflichten, sie zum Zeitpunkt des Eintritts der Beförderungsreife besoldungs-, versorgungs- und dienstrechtlich so zu stellen, als wenn sie zu diesem Zeitpunkt zum Stabsfeldwebel befördert worden wäre und den sich ergebenden Betrag ab Rechtshängigkeit mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.
48 
Die Beklagte beantragt,
49 
die Klage abzuweisen.
50 
Zur Begründung verweist sie auf die angegriffenen Bescheide und führt ergänzend aus: Die Klägerin erfülle nicht die von Nr. 219 der ZDv A-1340/49 gestellten Anforderung an eine Beförderung, da ihre weitere Verwendung in der Bundeswehr nicht für mindestens zwei Jahre vorgesehen sei. Die Regelung sei auch mit Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar. Denn die Berücksichtigung einer hinreichenden Restdienstzeit bei Verwendungsentscheidungen, die mit der Übertragung eines höher bewerteten Dienstpostens verbunden sei, könne ein zulässiges Eingrenzungskriterium darstellen, wenn - wie hier - generell an die Restdienstzeit und nicht an das individuelle Lebensalter des Bewerbers angeknüpft werde. Die Regelung bilde insoweit eine sachliche Erwägung für die Beschränkung des Kandidatenkreises, die das Leistungsprinzip nicht infrage stelle. Das Erfordernis einer hinreichenden Restdienstzeit rechtfertige sich inhaltlich vor allem aus dem Aspekt der erforderlichen Kontinuität und Effektivität der Aufgabenerfüllung auf dem höherwertigen Dienstposten. Darüber hinaus sei es eine personalpolitisch sachgerechte Erwägung, auf förderlichen Dienstposten nicht nur eine Förderung, sondern auch eine ruhegehaltsfähige Beförderung des jeweiligen Soldaten zu erreichen.
51 
Eine andere Bewertung folge auch nicht vor dem Hintergrund, dass Zeiträume der Elternzeit der Klägerin nicht ausreichend als Dienstzeit angerechnet worden seien. Insoweit verweise die Beklagte auf § 5a Abs. 3 S. 1 Nr. 4 Hs. 2 SLV, wonach die Elternzeit insgesamt höchstens für einen Zeitraum von zwei Jahren berücksichtigt werden könne.
52 
Eine Verletzung von Art. 157 AEUV liege weder unmittelbar noch mittelbar vor. Denn die anzurechnende Dienstzeit sei nur eine (unter mehreren) Voraussetzung(en) für die von der Klägerin angestrebte Beförderung. Die zentralen Beförderungsvoraussetzungen seien in Art. 33 Abs. 2 GG geregelt, sodass insoweit § 5a Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SLV nur eine untergeordnete Bedeutung zukomme. Des weiteren sei § 5a Abs. 3 S 1 Nr. 4 Hs. 2 SLV geschlechtsneutral formuliert. Eine Ungleichbehandlung und damit ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 und 3 GG sowie gegen das BGleiG sei aus denselben Gründen nicht gegeben.
53 
Die Kammer hat am 20.02.2018 über die Sache mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.
54 
Dem Gericht haben die Behördenakten der Beklagten vorgelegen. Auf diese sowie auf die im gerichtlichen Verfahren gewechselten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
55 
Die Klage ist sowohl im Erst- als auch im Erweiterungsantrag zulässig und im tenorierten Umfang begründet.
I.
56 
Die Klage ist hinsichtlich des ersten Klageantrages zulässig, insbesondere hat sich dieser (bzw. die mit diesem angegriffenen Bescheide) weder zwischenzeitlich durch die vorzeitige Zurruhesetzung der Klägerin zum 30.06.2017 erledigt (1.), noch fehlt es der Klägerin am insoweit erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis (2.).
1.
57 
Die Frage des Zeitpunkts des Beförderungsreife ist - nach wie vor - entscheidungserheblich für die Möglichkeit der Klägerin, auch nachträglich (zu dieser Möglichkeit, die einer Erledigung des Rechtsstreits entgegensteht, BVerwG, Beschluss vom 23.02.2017 – 1 WB 2/16 – juris Rn. 21 m. w. N.) tatsächlich befördert zu werden und zugleich Vorfrage für den nunmehr mit dem zweiten Klageantrag verfolgten Schadensersatzanspruch. Die streitgegenständlichen Bescheide des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 09.08.2016 und vom 10.11.2016 stehen der Annahme eines früheren Zeitpunkts der Beförderungsreife zum Stabsfeldwebel - wie mit dem ersten Klageantrag begehrt - nach wie vor entgegen, sodass sie sich nicht i. S. d. § 43 Abs. 2 VwVfG erledigt haben.
2.
58 
Die Klägerin verfügt deshalb auch insoweit über das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis.
59 
Diesem steht auch die von der Beklagten herangezogene Nr. 219 der ZDv A-1340/49 („Beförderung, Einstellung, Übernahme und Zulassung von Soldatinnen und Soldaten“, Stand: Januar 2017) nicht entgehen. Danach sind die Beförderung von Berufssoldatinnen und Berufssoldaten und die Einweisung in eine Planstelle der Besoldungsgruppen A 12, A 15, B 2 und B 3 nur zulässig, wenn die weitere Verwendung in der Bundeswehr für mindestens zwei Jahre vorgesehen ist.
60 
Im vorliegenden Fall besteht das Rechtsschutzbedürfnis - ungeachtet der Frage, wie Nr. 219 ZDv 1340/49 auszulegen ist und ob diese den Fall der Klägerin (Beförderung nach A 9) überhaupt erfasst - jedenfalls deshalb, weil die Klägerin ausweislich ihres Antrags vom 29.07.2016 den Eintritt der Beförderungsreife bereits zu einem Zeitpunkt begehrt (spätestens zum 01.07.2013), zu dem sie noch mehr als zwei Jahre im Dienst der Bundeswehr war.
61 
Schließlich ist das Rechtsschutzbedürfnis auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil sich die Klägerin bis zu ihrem Dienstzeitende nicht aktiv auf einen Beförderungsposten beworben hat. Denn eine solche (Initiativ-)Bewerbung durch die Klägerin war für eine Beförderung nicht erforderlich, da die Bundeswehr auf eigenes Betreiben hin für die von ihr ausgerufenen jeweiligen Beförderungsrunden sog. Beförderungs- und Einweisungsreihenfolgen festlegt und hierbei alle beförderungsreifen und aufgrund der letzten Regelbeurteilung(en) in Betracht kommenden Soldatinnen und Soldaten berücksichtigt.
II.
62 
Die Klage ist hinsichtlich des ersten Klageantrages auch begründet. Die Nicht- bzw. nur anteilige Berücksichtigung der Zeiten der Elternzeit und des Betreuungsurlaubs der Klägerin für ihre Tochter durch die Beklagte (1.) war ebenso rechtswidrig wie die Abhängigmachung der Beförderungsreife von einer Mindestdienstzeit von 16 Jahren seit der Ernennung der Klägerin zum Feldwebel am 01.07.1997 (2.).
1.
63 
Die von der Klägerin zur Betreuung ihrer Tochter in Anspruch genommenen Zeiträume der Elternzeit (vom 15.08.2005 bis 31.10.2007 und vom 01.08.2008 bis 24.11.2008) sowie jene des Betreuungsurlaubs (vom 25.11.2008 bis 29.02.2012) waren als Dienstzeit anzurechnen, durften den Zeitpunkt des Eintritts der Beförderungsreife mithin nicht hinauszögern.
64 
Zwar kommt der Klägerin die Neufassung des § 5a Abs. 3 Nr. 4 SLV vom 18.07.2017 nicht (mehr) zugute (a)). Die für die maßgeblichen Betreuungszeiten heranzuziehenden Bestimmungen des § 5 Abs. 6 S. 1 Nr. 4 SLV i. d. F. vom 01.01.2005 bzw. § 5a Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SLV i. d. F. vom 19.08.2011 sind in der durch die Kammer vorgenommenen Auslegung (b)) wegen ihrer Unvereinbarkeit mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 3 GG sowie des Entgeltgleichheitsgrundsatzes von Frauen und Männern bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit des Art. 157 Abs. 1 AEUV unwirksam und daher nicht anwendbar. Diese Regelungen scheiden deshalb hier als taugliche Rechtsgrundlage für die Hinauszögerung des Eintritts der Beförderungsreife aus. Vielmehr gebieten die genannten verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Bestimmungen, die Zeiten der Betreuungszeit jenen der Dienstzeit gleichzustellen (c)). Die Bestimmung ist auch einer verfassungs- und europarechtskonformen Auslegung nicht zugänglich (d)).
a)
65 
Die durch die Vierte Verordnung zur Änderung der Soldatenlaufbahnverordnung vom 18.07.2017 (BGBl 2017-2654 vom 25.07.2017) in Kraft getretene Änderung des § 5a Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SLV dahingehend, dass Zeiten einer Elternzeit nach § 28 Abs. 7 SG sowie eines Betreuungsurlaubs nach § 28 Abs. 5 SG der Dienstzeit nunmehr einschränkungslos gleichstehen, findet auf die Klägerin bzw. die von ihr in Anspruch genommenen Betreuungszeiten für ihre Tochter keine Anwendung.
66 
Zwar ist § 5a Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SLV i. d. F. ab dem 18.07.2017 auch auf bereits zuvor in Anspruch genommene Betreuungszeiten anwendbar. Dies schließt die Kammer einerseits daraus, dass mit der 4. Änderungsverordnung zur SLV § 48 Abs. 2 SLV a. F. aufgehoben wurde, der eine Stichtagsregelung für vor dem 01.01.2005 in Anspruch genommene Betreuungszeiten vorsah, sodass aus dem Wegfall dieser Stichtagsregelung geschlossen werden kann, dass ohne eine solche auch frühere Betreuungszeiten von der Neufassung einschränkungslos erfasst werden sollen. Hierfür spricht andererseits auch, dass der Anknüpfungspunkt für die Berücksichtigung als Dienstzeit - nämlich die Betreuungszeit - zwar bereits abgeschlossen ist, letztere aber auf die aktuelle besoldungs-, versorgungs- und dienstrechtliche Stellung eines Soldaten oder einer Soldatin nach wie vor Auswirkungen hat/haben kann. Um einen Fall echter Rückwirkung handelt es sich folglich - abstrakt gesehen - bei § 5a Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SLV n. F. nicht.
67 
Anders liegt es jedoch im vorliegenden Fall der Klägerin, die bereits vor Inkrafttreten der 4. Änderungsverordnung in den Ruhestand getreten ist. Im Falle der Klägerin wäre besonders begründungsbedürftig, warum die Neuregelung auch auf - durch die Zurruhesetzung der Klägerin - abgeschlossene Dienstverhältnisse noch Auswirkungen haben sollte. Insofern steht ein Fall echter Rückwirkung in Rede. Dass der Verordnungsgeber auch insoweit eine umfassende, rückwirkende Besserstellung aller früheren Soldatinnen und Soldaten, die Elternzeit oder Betreuungsurlaub in Anspruch genommen haben, bewirken wollte, ist nicht ersichtlich und im Sinne einer Plausibilitätskontrolle auch fernliegend. Vielmehr ist es gerade sachtypisch für eine Gesetzesänderung, dass vor dem Stichtag ihres Inkrafttretens abgeschlossene Rechtsverhältnisse von dieser nicht mehr erfasst werden.
b)
68 
Maßgeblich sind daher für die von der Klägerin in Anspruch genommenen Zeiträume der Elternzeit (1 und 2) sowie des Betreuungsurlaubs die Regelungen des § 5 Abs. 6 S. 1 Nr. 4 SLV i. d. F. v. 01.01.2005 bzw. § 5a Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SLV i. d. F. v. 19.08.2011, die jedoch in der von der Kammer vorgenommen Auslegung mit höherrangigem Recht unvereinbar sind. Dies führt zur vollen Anrechenbarkeit der von der Klägerin in Anspruch genommenen Betreuungszeiten für ihre Tochter.
69 
Danach gilt als Dienstzeit auch die Zeit einer Elternzeit nach § 28 Abs. 7 des Soldatengesetzes sowie eines Urlaubs nach § 28 Abs. 5 des Soldatengesetzes; nimmt eine Soldatin oder ein Soldat Elternzeit oder Urlaub einmal in Anspruch, ist der Zeitraum der tatsächlichen Verzögerung (auch bei Inanspruchnahme in mehreren Zeitabschnitten) bis zu einem Jahr zu berücksichtigen; wird die Elternzeit oder der Urlaub wiederholt oder nacheinander in Anspruch genommen, ist insgesamt höchstens ein Zeitraum von zwei Jahren zu berücksichtigen.
70 
Die in Rede stehende Vorschrift in den jeweiligen, nicht signifikant voneinander abweichenden Fassungen begegnet unter Auslegungsgesichtspunkten erheblichen Unklarheiten. So ist bei unbefangenem Wortlautstudium unklar, ob der Fall der Klägerin unter den zweiten (ein Jahr Anrechnungsmöglichkeit) oder dritten Halbsatz (zwei Jahre Anrechnungsmöglichkeit) fällt. Bei einer antragsbezogenen Betrachtungsweise wäre letzteres naheliegend, bei einer kindbezogenen ersteres nahezu zwingend.
71 
Die Gesetzesbegründung zum Soldatengleichstellungsdurchsetzungsgesetz (BT-Drs. 15/3918, hier: Art. 3, S. 28 f.) vermag insoweit keine Klärung herbeizuführen. Darin heißt es, dass nach der Neuregelung (ab 01.01.2005) „auch Zeiten einer Elternzeit und eines Betreuungsurlaubs anrechenbar [sind], allerdings nur bis zu einer Höchstdauer von insgesamt zwei Jahren. Nimmt die Soldatin oder der Soldat nur einmal Elternzeit oder Betreuungsurlaub in Anspruch, kann hierfür längstens ein Jahr als Dienstzeit im Sinne der Soldatenlaufbahnverordnung angerechnet werden.“
72 
Unter Auslegungsgesichtspunkten bleibt insoweit (weiter) unklar, ob sachlicher Anknüpfungspunkt ein konkreter Antrag auf Elternzeit oder Betreuungsurlaub ist (antragsbezogene Betrachtungsweise) oder ob die Differenzierung zwischen einer ein- oder zweijährigen Anrechenbarkeit an das oder die Kinder anknüpft, für die die Betreuungszeit in Anspruch genommen wird (kindbezogene Betrachtungsweise).
73 
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Beklagten unter Vorlage einer internen Mitteilung des Bundesministeriums der Verteidigung vom 17.09.2010, Referat PSZ I 1, diesbezüglich ausgeführt, dass eine kindbezogene Betrachtungsweise von der Beklagten beabsichtigt ist und in der Praxis angewandt werden soll. Dem entspricht auch die von der Bundeswehrpersonalverwaltung vorliegend vorgenommene Berechnung im streitgegenständlichen Bescheid. In der Mitteilung des Verteidigungsministeriums heißt es hierzu, dass § 5 Abs. 6 S. 1 Nr. 4 SLV auf den jeweiligen Elternzeit- oder Betreuungsfall bezogene Anrechnungsregelungen treffe. Dienstzeit i. S. d. SLV sei demnach die Zeit einer Elternzeit (bezogen auf ein Kind) höchstens bis zur Dauer eines Jahres und die Zeit eines Betreuungsurlaubs (für einen Betreuungsfall) ebenfalls höchstens bis zur Dauer eines Jahres. Unterbrechungen der Elternzeit bewirkten keine andere Anrechnung. Der Wortlaut der Verordnung („auch bei in Anspruchnahme in mehreren Zeitabschnitten bis zu einem Jahr“) werde insoweit als eindeutig bewertet. Nur wenn Elternzeit für ein weiteres Kind in Anspruch genommen werde, liege folglich ein neuer Elternzeitfall (eine i. S. d. Verordnung „wiederholte“ Inanspruchnahme von Elternzeit) vor. Die Aufteilung einer Elternzeit in zwei Teile führe nicht dazu, dass der zweite Teil eine anspruchserweiternde „wiederholte“ Elternzeit darstellte. Es handele sich lediglich um den zweiten Teilabschnitt der ersten - personenbezogen einheitlich zu betrachtenden - Elternzeit, für die höchstens ein Jahr berücksichtigt werden könne. Werde im Anschluss an die Elternzeit Betreuungsurlaub in Anspruch genommen, liege ein Nacheinander von Elternzeit und Betreuungsurlaub vor. Bei wiederholter Inanspruchnahme von Elternzeit (also für ein anderes Kind) oder Inanspruchnahme von Betreuungsurlaub im Anschluss an die Elternzeit (egal ob für das Kind, für das Elternzeit in Anspruch genommen werde, oder für einen anderen Betreuungsfall) gelte als Dienstzeit ein Zeitraum von höchstens zwei Jahren.
74 
Damit ist von einer kindbezogenen Betrachtungsweise auszugehen.
c)
75 
Die in Rede stehende Vorschrift über die Anrechenbarkeit der Betreuungszeiten verstößt in der von der Kammer zugrunde gelegten Auslegung sowohl gegen Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG (aa)) als auch gegen Art. 157 Abs. 1 AEUV (bb)).
aa)
76 
Nach Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG darf niemand wegen seines Geschlechts benachteiligt oder bevorzugt werden. Die Vorschrift konkretisiert und verstärkt den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, indem sie der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers engere Grenzen setzt. Das Geschlecht darf grundsätzlich nicht zum Anknüpfungspunkt und zur Rechtfertigung für rechtliche Ungleichbehandlungen benachteiligender oder bevorzugender Art herangezogen werden. Das gilt auch dann, wenn eine Regelung nicht auf eine nach Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG verbotene Ungleichbehandlung ausgelegt ist, sondern in erster Linie - oder gänzlich - andere Ziele verfolgt (BVerfG, Beschl. v. 28.04.2011 - 1 BvR 1409/10 - juris Rn. 52 = NZA 2011, 857). Wenn der Gesetzgeber eine Gruppe nach sachlichen Merkmalen bestimmt, die nicht in Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG genannt sind, so ist diese Regelung an Art. 3 Abs. 1 GG zu messen. Etwas anderes gilt, wenn der vom Gesetzgeber gewählte, durch Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG nicht verbotene sachliche Anknüpfungspunkt in der gesellschaftlichen Wirklichkeit weitgehend nur für eine Gruppe zutrifft oder die differenzierende Regelung sich weitgehend nur auf eine Gruppe im Sinne einer faktischen Benachteiligung auswirkt, deren Ungleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG strikt verboten ist (mittelbare Diskriminierung). Eine Anknüpfung an das Geschlecht kann deshalb auch dann vorliegen, wenn eine geschlechtsneutral formulierte Regelung überwiegend Frauen trifft und dies auf natürliche oder gesellschaftliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern zurückzuführen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.06.2008 - 2 BvL 6/07 - juris = BVerfGE 121, 241 - m. w. N.; BVerfG, Beschluss vom 14.04.2010 - 1 BvL 8/08 - juris Rn. 65 = BVerfGE 126, 29; kritisch hierzu Langenfeld, in: Maunz/Dürig, 74 Lfg. Mai 2015, Art. 3 Abs. 3 Rn. 37 m. w. N. sowie ders., Art. 3 Abs. 2 Rn. 28 ff.). Auch der im Bereich des Besoldungsrechts anerkannte weite Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers entbindet diesen nicht von der Beachtung des speziellen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BVerfG, Beschluss vom 27.11.1997 - 1 BvL 12/91 - BVerfGE 97, 35). Gerade im Bereich der Beförderungen wird die mittelbare Diskriminierung von Frauen virulent (vgl. Schmidt, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 18. Aufl. 2018, Art. 3 GG Rn. 87 m. w. N.).
77 
Ausgehend hiervon verstößt die streitgegenständliche Norm in den hier relevanten Fassungen bereits deswegen gegen Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG, weil sie eine „Deckelung“ der anrechenbaren Betreuungszeiten auf zwei Jahre vorsieht, unabhängig davon, für wie viele Kinder der Soldat oder die Soldatin Elternzeit oder Betreuungsurlaub in Anspruch nimmt. Hierdurch werden Soldatinnen und Soldaten unmittelbar benachteiligt, die für mehr als zwei Kinder Elternzeit oder Betreuungsurlaub in Anspruch nehmen (wollen). Eine sachliche Rechtfertigung dieser Deckelung im Sinne einer zwingenden Rechtfertigung (zu diesem Maßstab i. R. e. unmittelbaren Diskriminierung wegen des Geschlechts vgl. BVerfG, Beschl. v. 28. 4. 2011 − 1 BvR 1409/10 - juris Rn. 53 m. w. N.) ist nicht im Ansatz ersichtlich. Vielmehr dürften personalpolitische Erwägungen den Verordnungsgeber dazu bewogen haben, die Anrechenbarkeit von Betreuungszeiten auf ein Höchstmaß von zwei Jahren zu beschränken. Dass die Konstellation der Deckelung der anrechenbaren Betreuungszeiten hier nicht in Rede steht, ist unerheblich. Denn die Norm ist bereits abstrakt gesehen mit Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG unvereinbar. Allein hierauf kommt es an.
78 
Darüber hinaus - und ein solcher Fall ist hier streitgegenständlich - verstößt die Norm auch insoweit gegen Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG, als sie eine maximal zulässige Anrechenbarkeit von Betreuungszeiten von ein bzw. zwei Jahren vorsieht und diese nicht vollständig als Dienstzeit berücksichtigt.
79 
Hierin liegt eine mittelbare Diskriminierung von Frauen (konkret: von Soldatinnen), die gegenüber Männern (Soldaten) nach den der Kammer vorliegenden statistischen Erkenntnissen Elternzeit deutlich häufiger und länger in Anspruch nehmen. Dies führt mittelbar zu einer Benachteiligung von Soldatinnen gegenüber Soldaten bei der Berücksichtigungsfähigkeit im Rahmen von Beförderungsentscheidungen, da diese aufgrund der häufigeren und längeren Inanspruchnahme von Betreuungszeiten den Zeitpunkt der Beförderungsreife im Vergleich mit Soldaten durchschnittlich betrachtet später erreichen.
80 
Nach den Feststellungen der 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Sigmaringen (Urteil vom 27.09.2016 - 3 K 5436/15 - juris Rn. 23), die sich die vorliegend zur Entscheidung berufene Kammer zu eigen macht, nehmen Frauen ausweislich der auf dem Mikrozensus beruhenden Erkenntnis des Statistischen Bundesamtes wesentlich häufiger Elternzeit in Anspruch als Männer. Im Jahre 2015 waren 41,6 Prozent der Mütter, deren jüngstes Kind unter drei Jahren ist, in Elternzeit; bei den Vätern waren dies nur 2,5 Prozent. Diese Betrachtung fällt auch nicht wesentlich anders aus, wenn ältere Kinder in den Blick genommen werden. Im Jahr 2015 waren 24,1 Prozent der Frauen, deren jüngstes Kind unter sechs Jahren ist, in Elternzeit; für Männer galt dies nur für 1,5 Prozent. Auch wird die Elternzeit von Männern wesentlich kürzer als von Frauen in Anspruch genommen. So haben Väter in Baden-Württemberg im Jahre 2013 im Schnitt lediglich 2,7 Monate Elternzeit in Anspruch genommen, während Mütter dies für durchschnittlich 11,6 Monate taten (sämtliche statistischen Daten stammen aus dem Internetauftritt des Statistischen Bundesamtes „DESTATIS“ - Personen in Elternzeit). Der Präsident des Statistischen Bundesamtes hat hieraus in seiner Pressekonferenz am 30.07.2014 (im Internet zugänglich) folgenden Befund abgeleitet: „Nach wie vor sind also hauptsächlich Frauen für die Kinderbetreuung zuständig; sie schränken ihre Erwerbstätigkeit ein, sind häufiger alleinerziehend und machen eine längere Pause nach der Geburt. Diese Situation ist eine der Ursachen für die Verdienstunterschiede von Frauen und Männern“.
81 
Auch die Ergebnisse des Mikrozensus 2016 (abrufbar unter https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressekonferenzen/2017/Mikrozensus_2017/Pressebroschuere_Mikrozensus_2017.html, Tabelle 6.1, S. 124) belegen eindeutig dieses Bild: Demnach waren Mütter von unter Einjährigen durchschnittlich zu 44,3 %, Väter dagegen nur zu 4,1 % in Elternzeit. Im 2. Quartal 2015 haben Mütter bundesweit durchschnittlich 11,8 Monate lang Elterngeld bezogen, Väter 4,1 Monate lang (https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Soziales/Sozialleistungen/Elterngeld/Tabellen/Tabellen_LeistungsbezuegeGeschlechtBeziehendenBezugsdauerLaender2015.html).
82 
Aus diesen statistischen Daten folgt, dass bundesweit erheblich mehr weibliche als männliche Beschäftigte Elternzeit in Anspruch nehmen. Ein erster Anschein spricht (daher) dafür, dass auch bei Soldatinnen und Soldaten der Frauenanteil bzgl. der Inanspruchnahme von Elternzeit weit überwiegt (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 25.03.2010 - 2 C 72.08 - juris = BVerwGE 136, 165). Weitergehende statistische Erhebungen oder Ermittlungen zur Situation der Inanspruchnahme von Elternzeit in der Bundeswehr waren nicht angezeigt.
83 
Die unter Auswertung des statistischen Datenmaterials festgestellte mittelbare Benachteiligung von Soldatinnen gegenüber Soldaten bzgl. des Zeitpunkts des Erreichens der Beförderungsreife ist auch nicht sachlich i. S. d. Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG gerechtfertigt.
84 
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kommt eine sachliche Rechtfertigung bei einer mittelbaren Diskriminierung wegen eines Gesichtspunkts des Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG in Betracht, wenn sie auf hinreichenden sachlichen Gründen beruht, die nichts mit der geschlechtsbezogenen Benachteiligung zu tun haben (BVerfG, Beschluss vom 14.04.2010 - 1 BvL 8/08 - juris Rn. 67 = BVerfGE 126, 29 (54) unter Verweis auf die Rechtsprechung des EuGH, dazu s. u. bb); Langenfeld, in: Maunz/Dürig, Art. 3 Abs. 2 Rn. 46), wobei eine Gleichstellung mit den Rechtfertigungsanforderungen bei unmittelbaren Diskriminierungen (zwingende Erforderlichkeit bei einem außerordentlich strengen Prüfungsmaßstab) in der Literatur Bedenken begegnet (Langenfeld, a. a. O. Rn. 46 f. und Schmidt, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 18. Aufl. 2018, GG Art. 3 Rn. 89). Insbesondere ist unklar, ob auch kollidierendes Verfassungsrecht („sonstige Güter von Verfassungsrang“) eine sachliche Rechtfertigung begründen kann. In jedem Fall muss der Differenzierungsgrund objektiv sachlich gerechtfertigt sein.
85 
Einen solchen sachlichen Differenzierungsgrund vermag die Kammer hier nicht zu erkennen. Zwar mag es insbesondere im Bereich der Streitkräfte (gleich ob bei Berufssoldaten oder bei Soldaten auf Zeit) ein legitimes Anliegen des Dienstherrn sein, dass der jeweilige Soldat oder die Soldatin dem Dienstherrn in einem nennenswerten Umfang auch tatsächlich dienstlich zur Verfügung steht. Dass dies aber auf Beförderungsentscheidungen Auswirkungen haben muss, ist nicht zwingend. Insoweit stünde es dem Gesetzgeber frei, die Zeiten der Betreuungszeit aus familiären Gründen - wie partiell in § 40 Abs. 4 bzw. § 46 Abs. 4 SG geschehen - auf die tatsächlich zu erbringende Dienstzeit nicht anzurechnen, sodass sie der Soldat oder die Soldatin über das reguläre Ende seiner/ihrer Dienstzeit hinaus „nachholen“ muss. Geschieht dies - wie im Falle der Klägerin - nicht, verkürzt sich durch die streitgegenständliche Bestimmung die tatsächliche Dienstzeit des Soldaten oder der Soldatin, sodass ihm/ihr der Beförderungsaufstieg erschwert wird. Eine sachliche Rechtfertigung hierfür ist von der Beklagten nicht dargelegt worden und auch nicht anderweitig erkennbar.
86 
Mit ihrem Vorbringen, der Eintritt der Beförderungsreife sei nur ein Erfordernis unter mehreren für die Beförderung, dringt die Beklagte nicht durch. Denn das Mindestdienstzeiterfordernis ist - von einer Ausnahmegenehmigung abgesehen, vgl. Nr. 241 ZDv A-1340/49 - zwingende Voraussetzung dafür, überhaupt in die Beförderungsauswahlentscheidung mit einbezogen werden zu können. Die festgestellte Diskriminierung ist damit auch kausal für die Benachteiligung, die die Klägerin erfahren hat.
bb)
87 
Die streitgegenständliche Regelung ist auch mit Europarecht, namentlich Art. 157 Abs. 1 AEUV und bzw. i. V. m. Art. 14 Abs. 1 lit. a) RL 2006/54/EG (Neufassung von Art. 2 Abs. 1, 2, Art. 3 Abs. 1, 2 lit. c) RL 76/207/EWG bzw. Art. 2 Abs. 1, 2, Art. 3 Abs. 1, 2 RL 2002/73/EG) unvereinbar, weil auch insoweit eine mittelbare Diskriminierung von Frauen (Soldatinnen) gegenüber Männern (Soldaten) bei Beförderungsentscheidungen wegen der häufigeren und längeren Inanspruchnahme von Elternzeit in Rede steht. Auch dies rechtfertigt es, die fragliche Bestimmung unangewendet zu lassen.
88 
Die maßstabsbildenden Erwägungen zu Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG sind insoweit auf das europarechtliche Diskriminierungsverbot (des Art. 157 Abs. 1 AUEV) übertragbar, nachdem sich das BVerfG in seiner Judikatur wesentlich an jener des EuGH orientiert (s. o. aa) und im Folgenden).
89 
Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH liegt eine mittelbare Diskriminierung (i. S. d. Art. 2 Abs. 2, 2. Spiegelstrich RL 2002/73/EG) vor, wenn eine nationale Maßnahme zwar neutral formuliert ist, in ihrer Anwendung aber eine sehr viel höhere Zahl von Frauen als Männer benachteiligt (Urteil vom 20.06.2013 - C-7/12 - Riezniece - juris Rn. 39 m. w. N.). Nach den Feststellungen des EuGH nehmen Frauen weitaus häufiger als Männer Elternurlaub in Anspruch (a. a. O. juris Rn. 40). Dabei ist es Sache des nationalen Gerichts, bei der Auslegung der in Rede stehenden Norm zu prüfen, ob von dieser weitaus häufiger Frauen als Männer mittelbar benachteiligt werden. Das nationale Gericht hat bei der Beurteilung der Frage, ob eine Maßnahme eines Mitgliedstaats derart unterschiedliche Wirkung für Männer und Frauen hat, dass sie eine mittelbare Diskriminierung darstellt, zu prüfen, ob sich aus den verfügbaren statistischen Daten ergibt, dass ein wesentlich geringerer Prozentsatz der weiblichen als der männlichen Arbeitnehmer die durch diese Maßnahme aufgestellte Voraussetzung erfüllen kann (EuGH, Urt. v. 09.02.1999 - C-167/97 - Seymour-Smith und Perez - Ls. Nr. 4).
90 
Nach obigen Feststellungen begründet § 5 Abs. 6 S. 1 Nr. 4 SLV i. d. F. v. 01.01.2005 bzw. § 5a Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SLV i. d. F. v. 19.08.2011 eine mittelbare Diskriminierung von Soldatinnen gegenüber Soldaten hinsichtlich der Berücksichtigung von Betreuungszeiten im Rahmen der Prüfung des Zeitpunkts des Eintritts der Beförderungsreife.
91 
Diese mittelbare Diskriminierung ist europarechtlich nicht gerechtfertigt. Liegt eine mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts vor, kann diese Maßnahme nur durch objektive Faktoren sachlich gerechtfertigt sein, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben (EuGH, Urt. v. 09.02.1999 - C-167/97 - Seymour-Smith und Perez - Ls. Nr. 4; ebenso die Ratio von Art. 14 Abs. 2 RL2006/54/EG: Eine Ungleichbehandlung wegen eines geschlechtsbezogenen Merkmals stellt keine Diskriminierung dar, „wenn das betreffende Merkmal aufgrund der Art einer bestimmten beruflichen Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern es sich um einen rechtmäßigen Zweck und eine angemessene Anforderung handelt.“).
92 
Vorliegend knüpft die in Streit stehende Bestimmung nicht an unterschiedliche berufliche Anforderungen oder Bedingungen der Berufsausübung an, sondern rechtfertigt sich (s. o.) wohl allein daraus, dass Soldatinnen und Soldaten dem Dienstherrn in einem nennenswerten Umfang tatsächlich dienstlich zur Verfügung stehen sollen. Insoweit gilt das oben zu Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG Ausgeführte entsprechend: Eine sachliche Rechtfertigung ist insoweit nicht ersichtlich. Dem Gesetzgeber hätten andere legitime Instrumente (etwa die Dienstzeitverlängerung) zur Verfügung gestanden, um sein Ziel diskriminierungsfrei zu erreichen.
d)
93 
§ 5 Abs. 6 S. 1 Nr. 4 SLV i. d. F. v. 01.01.2005 bzw. § 5a Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SLV i. d. F. v. 19.08.2011 lässt sich auch nicht verfassungs- und europarechtskonform geltungserhaltend auslegen. Die von der Kammer in Erwägung gezogene antragsbezogene Auslegung, die zur Folge hätte, dass bzgl. der Klägerin zumindest zwei Jahre Betreuungszeit auf ihre Mindestdienstzeit anzurechnen wären, dürfte schon deswegen nicht herangezogen werden können, weil die Beklagte die Norm tatsächlich gegenteilig anwendet. Selbst wenn dies einer antragsbezogenen Betrachtungsweise nicht entgegenstünde, wäre diese dennoch nicht geeignet, die festgestellte Diskriminierung vollständig aufzulösen. Denn auch wenn der Klägerin zwei Jahre Betreuungszeit angerechnet würden, blieben die weiteren Betreuungszeiten ohne sachliche Rechtfertigung (s. o.) unberücksichtigt.
94 
Eine umfassende Anrechenbarkeit der Betreuungszeiten gibt der Wortlaut, der die äußerste Grenze der Auslegung darstellt, nicht her, und würde der Konzeption des Verordnungsgebers diametral widersprechen (hierzu insgesamt BVerfG, Beschluss vom 19.09.2007 - 2 BvF 3/02 -, BVerfGE 119, 247; BVerfG, Beschluss vom 14.04.2010 - 1 BvL 8/08 - juris Rn. 50 = BVerfGE 126, 29; BVerwG, Urteil vom 21.04.2016 - 2 C 13.15 - juris).
e)
95 
Der Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG und Art. 157 Abs. 1 AEUV und bzw. i. V. m. Art. 14 Abs. 1 lit. a) RL 2006/54/EG führt dazu, dass die Klägerin die vollständige Berücksichtigung ihrer Betreuungszeiten im Rahmen der Berechnung des Zeitpunkts ihrer Beförderungsreife verlangen kann (vgl. in einer vergleichbaren Sachverhaltskonstellation - Berücksichtigungsfähigkeit von Mutterschutzzeiten im Rahmen der Berechnung des versorgungspflichtigen Entgelts - BVerfG, Beschl. v. 28. 4. 2011 − 1 BvR 1409/10 - juris Rn. 61).
2.
96 
Die streitgegenständlichen Bescheide sind auch insoweit rechtswidrig, als sie den Eintritt der Beförderungsreife der Klägerin zum Stabsfeldwebel von einer Mindestdienstzeit von 16 Jahren ab dem Zeitpunkt ihrer Ernennung zum Feldwebel abhängig machen.
97 
Die hierfür von der Beklagten herangezogene Nr. 236 der ZDv A-1340/49 ist mit Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG unvereinbar. Insoweit überträgt die Kammer die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur insoweit parallelen Konstellation bei Polizisten (Beförderungen von Polizeiobermeistern zu Polizeihauptmeistern) auf den Fall der Klägerin und mithin generell auf Beförderungsentscheidungen bei Soldaten.
98 
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 28.10.2004 (Az. 2 C 23/03 - juris Ls. 1, 2) judiziert, dass es mit dem in Art. 33 Abs. 2 GG verankerten Leistungsgrundsatz unvereinbar ist, Beförderungsmöglichkeiten innerhalb einer Laufbahn von einer Mindestverweildauer von mehr als 10 Jahren in dem bisherigen Amt oder von einem Mindestdienstalter abhängig zu machen und ist damit der gegenteiligen Auffassung des OVG Schleswig-Holstein (Urteil vom 13.06.2003 - 3 L 136/01 - juris) in der Vorinstanz nicht gefolgt. Danach (a. a. O. juris Rn. 15 f.) gehören Dienst- und Lebenszeitalter nicht zu den unmittelbar leistungsbezogenen Gesichtspunkten, die der Bewerberauswahl für eine Beförderungsstelle zugrunde zu legen sind. Zwar wird sich insbesondere das Dienstalter häufig auf die Beurteilung von leistungsbezogenen Gesichtspunkten unter dem Aspekt der größeren Berufserfahrung auswirken, zwingend ist dies jedoch nicht. Dementsprechend ist die Berücksichtigung des Dienstalters bei der Besetzung von Beförderungsstellen nur im Falle eines Leistungsgleichstands mit Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar. Mindestdienstzeiten, die aufgrund ihrer Länge auf reine Wartezeiten hinauslaufen, weil sie keinen Bezug zur beruflichen Bewährung mehr aufweisen, sind daher verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt. Dieser Zweck als „Bewährungszeit“ setzt dem Umfang von Wartezeiten unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten Grenzen. Sie dürfen nicht länger bemessen sein, als es typischerweise erforderlich ist, um die tatsächlichen Grundlagen für die Beurteilung und Prognose zu schaffen. Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich die Kammer anschließt, stellt der für eine Regelbeurteilung vorgesehene Zeitraum in aller Regel die obere Grenze des Zulässigen dar. Erst recht gilt dies - wie auch im vorliegenden Falle der zum damaligen Zeitpunkt auf einem gebündelten Dienstposten A7 bis A9 eingesetzten Klägerin -, wenn es um eine Beförderung geht, mit der üblicherweise keine Änderung des Amtes im funktionellen Sinne verbunden ist.
99 
Die vom OVG Schleswig-Holstein in der Vorinstanz als sachlichen Rechtfertigungsgrund für ausreichend erachtete personalpolitische Zielsetzung, eine ausgewogene Altersstruktur in einer Laufbahn zu gewährleisten, ist nach Auffassung des BVerwG (a. a. O. juris Rn. 18) kein mit Art. 33 Abs. 2 GG zu vereinbarender Gesichtspunkt, weil ihr im Verhältnis zum Leistungsgrundsatz ein deutlich zu hoher Stellenwert beigemessen wird und dies auf eine unzulässige Vorauswahl der Beförderungsbewerber nach dem Anciennitätsgrundsatz hinausläuft. Für die Bundeswehr gilt im Vergleich zur zivilen Laufbahn der Polizeimeister nichts anderes, wie sich bereits formal aus § 3 Abs. 1 SG ergibt. Auch unter sachlichen Gesichtspunkten (etwa der Bedeutung des Hierarchiegedankens in der Bundeswehr) erachtet die Kammer die Fallkonstellationen als vergleichbar. Dass die Organisationsgewalt des Dienstherrn in der Bundeswehr weiter ginge als in den vom BVerwG entschiedenen Fällen der Beförderungsentscheidungen bei Polizisten (zuletzt Urteil vom 19.03.2015 - 2 C 12/14 - juris = BVerwGE 151, 333) und damit den Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG ein-/beschränken könnte, vermag die Kammer ebenfalls nicht anzunehmen, sodass auch die diesbezüglichen Ausführungen des BVerwG (a. a. O. Rn. 21) auf den vorliegenden Fall der Klägerin bzw. allgemein auf Beförderungsentscheidungen bei Soldatinnen und Soldaten übertragbar sind (in diesem Sinne auch Eichen, in: Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 3. Aufl. 2016, § 3 Ernennungs- und Verwendungsgrundsätze, Rn. 103; ders., § 27 Laufbahnvorschriften, 4. Absatz 4 Rn. 25).
II.
100 
Der im Wege der Klageerweiterung geltend gemachte zweite Klageantrag ist zulässig (1.) und im tenorierten Umfang begründet (2.).
1.
101 
Die Klageerweiterung dürfte bereits gem. § 173 S. 1 VwGO i. V. m. § 264 Nr. 3 ZPO im Hinblick auf die zwischenzeitlich nach Klageerhebung erfolgte Zurruhesetzung der Klägerin zulässig sein (vgl. hierzu allgemein BeckOK ZPO/Bacher, 27. Ed. 1.12.2017, ZPO § 264 Rn. 7 f., gerade auch zur Konstellation eines Schadensersatzbegehrens anstelle des ursprünglich Geforderten). Jedenfalls ist der Klageerweiterungsantrag gem. § 91 Abs. 1 Alt. 2 VwGO sachdienlich, weil er geeignet ist, einen weiteren Folgeprozess über die Konsequenzen einer früher eingetretenen Beförderungsreife der Klägerin zu vermeiden und in inhaltlichem Zusammenhang mit dem ersten Klageantrag steht (vgl. zur Begrifflichkeit der Sachdienlichkeit allgemein Ortloff/Riese, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 17. EL Oktober 2008, § 91 Rn. 61). Im Übrigen hat sich die Beklagte durch Verhandlung zur Sache auf den Klageerweiterungsantrag eingelassen, sodass i. S. d. § 91 Abs. 1 Alt. 1, Abs. 2 VwGO die konkludente Einwilligung der Beklagten in die Klageerweiterung anzunehmen ist.
102 
Der Antrag ist als Verpflichtungsklage auch statthaft und gem. § 75 S. 1 VwGO trotz fehlender Entscheidung der Beklagten über den Sachantrag der Klägerin im Verwaltungsverfahren vom 13.03.2017 auch im Übrigen zulässig.
103 
Mit ihrem Antrag vom 13.03.2017 hat die Klägerin nicht nur ihre umgehende Beförderung nach A 9, sondern auch ihre dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtliche Gleichstellung dahingehend beantragt, als wenn sie bereits zum Zeitpunkt des Eintritts der Beförderungsreife befördert worden wäre. Damit trägt der Antrag im Verwaltungsverfahren den Klageerweiterungsantrag (vgl. zu diesem Erfordernis OVG NRW, Urteil vom 08.06.2010 - 1 A 2859/07 - juris Rn. 27).
2.
104 
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Entscheidung über ihren im Verwaltungsverfahren geltend gemachten Schadensersatzanspruch auf besoldungs-, versorgungs- und dienstrechtliche Gleichstellung wegen unterbliebener Beförderung (a). Umgekehrt ist die Beklagte insoweit zur Bescheidung über diesen Antrag verpflichtet, § 113 Abs. 5 S. 2 VwGO. Das Gericht vermag jedoch nicht festzustellen, dass die Klägerin einen vollumfassenden Anspruch entsprechend ihres Klageantrags dahingehend hat, dass sie bereits zum Zeitpunkt des Eintritts ihrer Beförderungsreife tatsächlich hätte befördert werden müssen. Insoweit ist der Beklagten die Möglichkeit einzuräumen, über diesen Anspruch (und dabei insbesondere über den Zeitpunkt der möglichen Beförderung bei rechtmäßigem Geschehensablauf) ermessensfehlerfrei und unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (erstmals) zu entscheiden (b).
a)
105 
Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch findet seine Grundlage im allgemeinen beamtenrechtlichen Schadensersatzanspruch, der aus dem beamtenrechtlichen Dienstverhältnis herrührt (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.03.2015 - 2 C 12/14 - juris Rn. 9 = BVerwGE 151, 333) und auch auf Soldaten zu übertragen ist (hintergründig OVG NRW, Urteil vom 08.06.2010 - 1 A 2859/07 - juris Rn. 31 ff. w. n. N.).
106 
Voraussetzung für das Bestehen des beamtenrechtlichen Schadensersatzanspruchs ist eine die sich aus dem Beamtenverhältnis ergebende Pflicht des Dienstherrn verletzende Handlung eines Amtswalters, dessen sich der Dienstherrn bedient, wenn der entstandene Schaden durch diese Pflichtverletzung adäquat kausal verursacht wurde und die Pflichtverletzung schuldhaft erfolgt ist und der Anspruchsteller unter Ausschöpfung aller Rechtsschutzmöglichkeiten seiner Schadensminderungspflicht nachgekommen ist (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 17.08.2005 - 2 C 37.04 - juris = BVerwGE 124, 99 m. w. N.). Den ursprünglich auf die Verletzung der Fürsorgepflicht beschränkten Anspruch hat das Bundesverwaltungsgericht auf Fälle rechtswidriger Beförderungsauswahlentscheidungen unter Verweis auf eine Verletzung von Art. 33 Abs. 2 GG ausgeweitet (hintergründig BVerwG, Urteil vom 19.03.2015 - 2 C 12/14 - juris Rn. 10 = BVerwGE 151, 333).
107 
Ein Beamter (Soldat) kann danach von seinem Dienstherrn Ersatz des ihm durch eine Nichtbeförderung entstandenen Schadens verlangen, wenn der Dienstherr bei der Vergabe eines Beförderungsamtes den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch des Beamten auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl schuldhaft verletzt hat, dem Beamten das Amt ohne diesen Rechtsverstoß voraussichtlich übertragen worden wäre und dieser es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden (BVerwG, a. a. O. juris Rn. 12 unter Verweis auf die st. Rspr.). Wird - wie im Fall der Klägerin - bereits im Vorfeld eines Beförderungsverfahrens die Teilnahme an diesem durch eine rechtswidrige Nichtberücksichtigung des jeweiligen Bewerbers unter Verweis auf die noch nicht erreichte Beförderungsreife abgelehnt, stellt dies eine relevante Verletzung von Art. 33 Abs. 2 GG dar (vgl. die insoweit vergleichbare Konstellation bei BVerwG, a. a. O. juris Rn. 19; zu einer ähnlichen Konstellation der vorverlagerten Verletzung des Bewerberverfahrensanspruchs OVG NRW, Urteil vom 08.06.2010 - 1 A 2859/07 - juris Rn. 44).
b)
108 
Die aufgezeigten Rechtsverstöße sind von der Beklagten auch zu vertreten. Insoweit gilt der zivilrechtliche Verschuldensmaßstab des § 276 Abs. 2 BGB (BVerwG, Urteil vom 17.08.2005 - 2 C 37.04 - juris = BVerwGE 124, 99 (104)). Von den für die Beförderungsrunden und anschließenden Auswahlentscheidungen verantwortlichen Beamten der Beklagten muss verlangt werden, dass sie die Sach- und Rechtslage unter Heranziehung aller ihnen zu Gebote stehenden Hilfsmittel gewissenhaft prüfen und sich auf Grund vernünftiger Überlegungen eine Rechtsauffassung bilden. Dazu gehören auch die Auswertung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und ggf. die ernsthafte Auseinandersetzung mit der Frage, ob aus sachfremden Erwägungen gewünschte Personalentscheidungen am Maßstab der relevanten Rechtsnormen Bestand haben können (BVerwG, Urteil vom 26.02.2002 - 2 A 7.09 - juris Rn. 39 = BVerwGE 141, 369).
109 
Nach diesen Maßstäben ist der Beklagten zurechenbar zumindest ein Fahrlässigkeitsvorwurf zu machen: Bei sorgfältiger rechtlicher Prüfung hätte von den verantwortlichen Beamten einerseits erkannt werden müssen, dass die nur eingeschränkte Berücksichtigung der Betreuungszeiten der Klägerin (bzw. abstrakt entsprechend § 5 Abs. 6 S. 1 Nr. 4 SLV i. d. F. v. 01.01.2005 bzw. § 5a Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SLV i. d. F. v. 19.08.2011) gegen Art. 3 Abs. 3 GG sowie Art. 157 Abs. 1 AEUV verstößt, und dass die Abhängigmachung des Eintritts der Beförderungsreife zum Stabsfeldwebel von einer 16-jährigen Mindestdienstzeit als Feldwebel gegen Art. 33 Abs. 2 GG verstößt. Insbesondere bei der von der Beklagten vorgenommenen kindbezogenen Betrachtungsweise des § 5a Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SLV drängte sich der Gleichheitsverstoß auf. Auch im Übrigen war er unter Auseinandersetzung mit der Judikatur des EuGH sowie des BVerfG zur mittelbaren Diskriminierung wegen des Geschlechts unschwer erkennbar. Die Beklagte muss sich insoweit vorhalten lassen, dass sie selbst die Verfassungs- und Europarechtswidrigkeit des § 5a Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SLV a. F. tatsächlich erkannt hatte, weil sie ihn mit der 4. Änderungsverordnung zum 18.07.2017 entsprechend der von der Kammer für geboten erachteten Auslegung dahingehend geändert hat, dass Betreuungszeiten den Dienstzeiten nunmehr vollumfänglich gleichstehen. Weiter war auch der Verstoß des Mindestdienstzeiterfordernisses für die handelnden Beamten der Beklagten bei Auseinandersetzung mit der diesbezüglichen Judikatur des BVerwG zu den Fällen von Polizeiobermeistern erkennbar und drängte sich nach Einschätzung der Kammer die Übertragbarkeit dieser allgemeinen Rechtsprechungslinie auf die Konstellation von/bei Soldaten förmlich auf.
c)
110 
Die Klägerin hat auch mit dem vorliegend streitgegenständlichen, ersten Klageantrag die ihr auf Primärebene zumutbaren Möglichkeiten zur Verfolgung ihres Beförderungsbegehrens ausgeschöpft. Insoweit hat sie, zeitnah nachdem sie erfahren hatte, dass die Beklagte von einem Zeitpunkt ihrer Beförderungsreife nach jenem ihrer Zurruhesetzung ausging, einen Antrag auf Überprüfung des Zeitpunkts der Beförderungsreife gestellt und nach für sie negativem Ausgang des Verwaltungsverfahrens Klage erhoben. Weil die Frage der Beförderungsreife Vorfrage und nach der Praxis der Beklagten (Mindest-)Voraussetzung für eine tatsächliche Beförderung ist/war, war die Klägerin auch nicht gehalten, direkt mit dem ersten Klageantrag ihre tatsächliche Beförderung im Klagewege einzufordern, zumal die Beklagte wie bereits ausgeführt Beförderungsrunden ohne Initiativbewerbungen der potentiellen Bewerber durchführt. Mangels Kenntnis von konkreten Beförderungsrunden der Beklagten war die Klägerin auch nicht gehalten, diese im Wege des Klageverfahrens und des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens für ihre eigene, potentielle Beförderung offenzuhalten.
d)
111 
Letztlich vermag die Kammer jedoch nicht mit der für einen Verpflichtungsausspruch gebotenen Sicherheit festzustellen, dass die Klägerin im Falle ihrer Berücksichtigung in früheren Beförderungsrunden tatsächlich bzw. mit dem erforderlichen Grad an Wahrscheinlichkeit befördert worden wäre.
112 
Grundsätzlich setzt der für einen beamtenrechtlichen Schadensersatz erforderliche adäquat kausale Zusammenhang zwischen der Rechtsverletzung und dem Schadenseintritt voraus, dass der Beamte ohne den schuldhaften Verstoß tatsächlich befördert worden wäre. Seine Berücksichtigung muss nach Lage der Dinge wegen der Unwägbarkeiten der nachträglichen Beurteilung des hypothetischen rechtmäßigen Kausalverlaufs jedenfalls ernsthaft möglich gewesen sein. Für diese Annahme muss festgestellt werden, welcher hypothetische Kausalverlauf bei rechtmäßigem Vorgehen des Dienstherrn voraussichtlich an die Stelle des tatsächlichen Verlaufs getreten wäre (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urteile vom 17.08.2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <108>; vom 26. 01.2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 42 f.; vom 30.10.2013 - 2 C 23.12 - BVerwGE 148, 217 Rn. 45; vom 19.03.2015 - 2 C 12/14 - juris Rn. 27 = BVerwGE 151, 333).
113 
Vorliegend ist für die Kammer anhand der von der Beklagten vorgelegten Behördenakten und des im gerichtlichen Verfahren geäußerten Vortrags nicht nachvollziehbar und damit auch nicht überprüfbar, wie wahrscheinlich oder auch nur möglich es gewesen wäre, dass die Klägerin im Falle ihrer Berücksichtigung in früheren Beförderungsrunden zum Zuge gekommen wäre.
114 
Die Kammer vermag insoweit aber nicht so weit zu gehen, diese (derzeitige) Unaufklärbarkeit derart zulasten der Beklagten zu werten, dass hieraus eine Verpflichtung derselben zur Leistung von Schadensersatz bereits ab dem Zeitpunkt des Eintritts der Beförderungsreife der Klägerin folgen würde. Die von der Klägerin insoweit ins Feld geführte Entscheidung des OVG NRW (Urteil vom 08.06.2010 - 1 A 2859/07 - juris Rn. 155 ff.), in der dieses Gericht aufgrund einer Beweislastumkehr die Beklagte zur Leistung von Schadensersatz wegen der im dortigen Verfahren nicht mehr (tatsächlich) möglichen Nachzeichnung des konkreten Bewerberverfahrens verpflichtete, ist auf den vorliegenden Fall nur eingeschränkt übertragbar und rechtfertigt nicht den Verpflichtungsausspruch, sondern lediglich die Verpflichtung der Beklagten zur Bescheidung des klägerischen Antrags vom 13.03.2017 auf tatsächliche Beförderung und besoldungs-, versorgungs- und dienstrechtliche Gleichstellung.
115 
Zwar ist die Grundannahme des OVG NRW, die Nichtaufklärbarkeit des hypothetischen rechtmäßigen Kausalverlaufs gehe zulasten der Beklagten, weil es in ihre Sphäre fällt, die Beförderungsauswahlverfahren durchzuführen und ggf. nachzuzeichnen und umgekehrt der Beförderungsbewerber hierzu mangels Einblick in die Verwaltungsvorgänge des Dienstherrn nicht imstande ist (a. a. O. juris Rn. 158 mit Verweis auf BVerwG, Urteile vom 21.08.2003 - 2 C 14/02 - juris Rn. 25 - und vom 17.08.2005 - 2 C 37/04 - juris Rn. 37 f. = BVerwGE 124, 99).
116 
Der Übertragbarkeit der zitierten Entscheidungen des OVG NRW und des BVerwG dürfte zwar nicht bereits entgegenstehen, dass vorliegend kein konkretes Beförderungsverfahren in Rede steht. Allerdings vermag hier die Kammer im Fall der Klägerin gerade (noch) nicht anzunehmen, dass sich der hypothetische rechtmäßige Kausalverlauf nicht mehr nachzeichnen lässt. Die Beklagte hat dies schlichtweg noch nicht unternommen. Zwar kann abstrakt jede Verletzung der Mitwirkungspflicht des Dienstherrn bei der Aufklärung der internen Entscheidungsfindung wegen der materiellen Beweislastumkehr die Schadensersatzpflicht auslösen, wenn die Beförderung ohne den schuldhaften Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG nach Lage der Dinge ernsthaft möglich gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.08.2005 - 2 C 37/04 - juris Rn. 39 m. w. N.). Den zitierten Urteilen lag jedoch jeweils die Konstellation zugrunde, dass die Beklagte in den dortigen Fällen erklärtermaßen nicht mehr in der Lage war, die Nachzeichnung durchzuführen. Im vorliegenden Fall fehlte es soweit ersichtlich bislang aber allein am Willen der Beklagten (dies allerdings grundsätzlich als ausreichend erachtend BVerwG, Urteil vom 26.01.2012 - 2 A 7/09 - juris Rn. 44f., wobei es auf den jeweiligen Einzelfall ankommt). Inwieweit dies vorliegend gleichsteht, ist nicht entscheidungserheblich. Hierfür spricht freilich, dass die Frage des (Nicht-) Wollens oder Könnens an der Beweislastverteilung zulasten der Beklagten nichts ändert.
117 
Hier kommt aber zusätzlich zu dem Umstand, dass die Verletzung des Bewerberverfahrensanspruchs der Klägerin seitens der Beklagten weit im Vorfeld einer konkreten Beförderung erfolgte, sodass die hypothetische Nachzeichnung etwaiger Beförderungsrunden besonderen Schwierigkeiten unterliegt, weiter hinzu, dass ausweislich des Entscheidungsausspruchs zum ersten Klageantrag noch nicht (einmal) feststeht, was der relevante Zeitraum ist, für den die Beklagte die Beförderungsrunden unter Einbeziehung der Klägerin nachzeichnen müsste. Jedenfalls dies rechtfertigt es, auch hinsichtlich des zweiten Klageantrags nur die Verpflichtung der Beklagten zur Bescheidung des Antrags der Klägerin vom 13.03.2017 auszusprechen.
118 
Dabei ist es Sache der Beklagten, unter Berücksichtigung der Vorgaben der Kammer bzgl. des ersten Klageantrags (insbesondere: vollumfängliche Berücksichtigung der Betreuungszeiten der Klägerin, angemessene Berücksichtigung der Mindestdienstzeiten bis zur Dauer einer Regelbeurteilung) zunächst den relevanten Zeitraum, ab dem die Klägerin hätte befördert werden können, abzustecken und sodann in einem zweiten Schritt nachzuverfolgen, ob die Klägerin in den Beförderungsrunden, die in diesem Zeitraum bis zur Zurruhesetzung der Klägerin lagen, bei einem hypothetisch rechtmäßigen Kausalverlauf tatsächlich befördert worden wäre.
3.
119 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Dabei erachtet die Kammer den mit dem zweiten Klageantrag verfolgten Verpflichtungsausspruch, bzgl. dessen die Klägerin unterliegt, gegenüber dem stattgegebenen Bescheidungsausspruch als gleichwertig an, sodass insoweit eine hälftige Kostentragung ermessensgerecht erscheint. Dies führt zu den tenorierten Obsiegens- und Unterliegensanteilen.
4.
120 
Die Berufung wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gem. § 124a Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen. Zwar dürfte eine grundsätzliche Bedeutung hinsichtlich der Frage der Berücksichtigungsfähigkeit der Betreuungszeiten gem. § 5a Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SLV a. F. nicht mehr anzunehmen sein, weil derartige Fälle angesichts der Vierten SLV-Änderungsverordnung vom 18.07.2017 nur noch in einer Übergangszeit auftreten werden (vgl. hierzu Rudisile, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 29 EL Oktober 2015, § 124 Rn. 32). Grundsätzliche Bedeutung hat jedoch die entscheidungserhebliche Frage, ob Mindestdienstzeiten in der Feldwebellaufbahn von (maximal) 16 Jahren mit Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar sind und insbesondere, ob die diesbezügliche Rechtsprechung des BVerwG zur Polizeimeisterlaufbahn auf jene der Feldwebel übertragbar ist.

Gründe

 
55 
Die Klage ist sowohl im Erst- als auch im Erweiterungsantrag zulässig und im tenorierten Umfang begründet.
I.
56 
Die Klage ist hinsichtlich des ersten Klageantrages zulässig, insbesondere hat sich dieser (bzw. die mit diesem angegriffenen Bescheide) weder zwischenzeitlich durch die vorzeitige Zurruhesetzung der Klägerin zum 30.06.2017 erledigt (1.), noch fehlt es der Klägerin am insoweit erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis (2.).
1.
57 
Die Frage des Zeitpunkts des Beförderungsreife ist - nach wie vor - entscheidungserheblich für die Möglichkeit der Klägerin, auch nachträglich (zu dieser Möglichkeit, die einer Erledigung des Rechtsstreits entgegensteht, BVerwG, Beschluss vom 23.02.2017 – 1 WB 2/16 – juris Rn. 21 m. w. N.) tatsächlich befördert zu werden und zugleich Vorfrage für den nunmehr mit dem zweiten Klageantrag verfolgten Schadensersatzanspruch. Die streitgegenständlichen Bescheide des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 09.08.2016 und vom 10.11.2016 stehen der Annahme eines früheren Zeitpunkts der Beförderungsreife zum Stabsfeldwebel - wie mit dem ersten Klageantrag begehrt - nach wie vor entgegen, sodass sie sich nicht i. S. d. § 43 Abs. 2 VwVfG erledigt haben.
2.
58 
Die Klägerin verfügt deshalb auch insoweit über das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis.
59 
Diesem steht auch die von der Beklagten herangezogene Nr. 219 der ZDv A-1340/49 („Beförderung, Einstellung, Übernahme und Zulassung von Soldatinnen und Soldaten“, Stand: Januar 2017) nicht entgehen. Danach sind die Beförderung von Berufssoldatinnen und Berufssoldaten und die Einweisung in eine Planstelle der Besoldungsgruppen A 12, A 15, B 2 und B 3 nur zulässig, wenn die weitere Verwendung in der Bundeswehr für mindestens zwei Jahre vorgesehen ist.
60 
Im vorliegenden Fall besteht das Rechtsschutzbedürfnis - ungeachtet der Frage, wie Nr. 219 ZDv 1340/49 auszulegen ist und ob diese den Fall der Klägerin (Beförderung nach A 9) überhaupt erfasst - jedenfalls deshalb, weil die Klägerin ausweislich ihres Antrags vom 29.07.2016 den Eintritt der Beförderungsreife bereits zu einem Zeitpunkt begehrt (spätestens zum 01.07.2013), zu dem sie noch mehr als zwei Jahre im Dienst der Bundeswehr war.
61 
Schließlich ist das Rechtsschutzbedürfnis auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil sich die Klägerin bis zu ihrem Dienstzeitende nicht aktiv auf einen Beförderungsposten beworben hat. Denn eine solche (Initiativ-)Bewerbung durch die Klägerin war für eine Beförderung nicht erforderlich, da die Bundeswehr auf eigenes Betreiben hin für die von ihr ausgerufenen jeweiligen Beförderungsrunden sog. Beförderungs- und Einweisungsreihenfolgen festlegt und hierbei alle beförderungsreifen und aufgrund der letzten Regelbeurteilung(en) in Betracht kommenden Soldatinnen und Soldaten berücksichtigt.
II.
62 
Die Klage ist hinsichtlich des ersten Klageantrages auch begründet. Die Nicht- bzw. nur anteilige Berücksichtigung der Zeiten der Elternzeit und des Betreuungsurlaubs der Klägerin für ihre Tochter durch die Beklagte (1.) war ebenso rechtswidrig wie die Abhängigmachung der Beförderungsreife von einer Mindestdienstzeit von 16 Jahren seit der Ernennung der Klägerin zum Feldwebel am 01.07.1997 (2.).
1.
63 
Die von der Klägerin zur Betreuung ihrer Tochter in Anspruch genommenen Zeiträume der Elternzeit (vom 15.08.2005 bis 31.10.2007 und vom 01.08.2008 bis 24.11.2008) sowie jene des Betreuungsurlaubs (vom 25.11.2008 bis 29.02.2012) waren als Dienstzeit anzurechnen, durften den Zeitpunkt des Eintritts der Beförderungsreife mithin nicht hinauszögern.
64 
Zwar kommt der Klägerin die Neufassung des § 5a Abs. 3 Nr. 4 SLV vom 18.07.2017 nicht (mehr) zugute (a)). Die für die maßgeblichen Betreuungszeiten heranzuziehenden Bestimmungen des § 5 Abs. 6 S. 1 Nr. 4 SLV i. d. F. vom 01.01.2005 bzw. § 5a Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SLV i. d. F. vom 19.08.2011 sind in der durch die Kammer vorgenommenen Auslegung (b)) wegen ihrer Unvereinbarkeit mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 3 GG sowie des Entgeltgleichheitsgrundsatzes von Frauen und Männern bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit des Art. 157 Abs. 1 AEUV unwirksam und daher nicht anwendbar. Diese Regelungen scheiden deshalb hier als taugliche Rechtsgrundlage für die Hinauszögerung des Eintritts der Beförderungsreife aus. Vielmehr gebieten die genannten verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Bestimmungen, die Zeiten der Betreuungszeit jenen der Dienstzeit gleichzustellen (c)). Die Bestimmung ist auch einer verfassungs- und europarechtskonformen Auslegung nicht zugänglich (d)).
a)
65 
Die durch die Vierte Verordnung zur Änderung der Soldatenlaufbahnverordnung vom 18.07.2017 (BGBl 2017-2654 vom 25.07.2017) in Kraft getretene Änderung des § 5a Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SLV dahingehend, dass Zeiten einer Elternzeit nach § 28 Abs. 7 SG sowie eines Betreuungsurlaubs nach § 28 Abs. 5 SG der Dienstzeit nunmehr einschränkungslos gleichstehen, findet auf die Klägerin bzw. die von ihr in Anspruch genommenen Betreuungszeiten für ihre Tochter keine Anwendung.
66 
Zwar ist § 5a Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SLV i. d. F. ab dem 18.07.2017 auch auf bereits zuvor in Anspruch genommene Betreuungszeiten anwendbar. Dies schließt die Kammer einerseits daraus, dass mit der 4. Änderungsverordnung zur SLV § 48 Abs. 2 SLV a. F. aufgehoben wurde, der eine Stichtagsregelung für vor dem 01.01.2005 in Anspruch genommene Betreuungszeiten vorsah, sodass aus dem Wegfall dieser Stichtagsregelung geschlossen werden kann, dass ohne eine solche auch frühere Betreuungszeiten von der Neufassung einschränkungslos erfasst werden sollen. Hierfür spricht andererseits auch, dass der Anknüpfungspunkt für die Berücksichtigung als Dienstzeit - nämlich die Betreuungszeit - zwar bereits abgeschlossen ist, letztere aber auf die aktuelle besoldungs-, versorgungs- und dienstrechtliche Stellung eines Soldaten oder einer Soldatin nach wie vor Auswirkungen hat/haben kann. Um einen Fall echter Rückwirkung handelt es sich folglich - abstrakt gesehen - bei § 5a Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SLV n. F. nicht.
67 
Anders liegt es jedoch im vorliegenden Fall der Klägerin, die bereits vor Inkrafttreten der 4. Änderungsverordnung in den Ruhestand getreten ist. Im Falle der Klägerin wäre besonders begründungsbedürftig, warum die Neuregelung auch auf - durch die Zurruhesetzung der Klägerin - abgeschlossene Dienstverhältnisse noch Auswirkungen haben sollte. Insofern steht ein Fall echter Rückwirkung in Rede. Dass der Verordnungsgeber auch insoweit eine umfassende, rückwirkende Besserstellung aller früheren Soldatinnen und Soldaten, die Elternzeit oder Betreuungsurlaub in Anspruch genommen haben, bewirken wollte, ist nicht ersichtlich und im Sinne einer Plausibilitätskontrolle auch fernliegend. Vielmehr ist es gerade sachtypisch für eine Gesetzesänderung, dass vor dem Stichtag ihres Inkrafttretens abgeschlossene Rechtsverhältnisse von dieser nicht mehr erfasst werden.
b)
68 
Maßgeblich sind daher für die von der Klägerin in Anspruch genommenen Zeiträume der Elternzeit (1 und 2) sowie des Betreuungsurlaubs die Regelungen des § 5 Abs. 6 S. 1 Nr. 4 SLV i. d. F. v. 01.01.2005 bzw. § 5a Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SLV i. d. F. v. 19.08.2011, die jedoch in der von der Kammer vorgenommen Auslegung mit höherrangigem Recht unvereinbar sind. Dies führt zur vollen Anrechenbarkeit der von der Klägerin in Anspruch genommenen Betreuungszeiten für ihre Tochter.
69 
Danach gilt als Dienstzeit auch die Zeit einer Elternzeit nach § 28 Abs. 7 des Soldatengesetzes sowie eines Urlaubs nach § 28 Abs. 5 des Soldatengesetzes; nimmt eine Soldatin oder ein Soldat Elternzeit oder Urlaub einmal in Anspruch, ist der Zeitraum der tatsächlichen Verzögerung (auch bei Inanspruchnahme in mehreren Zeitabschnitten) bis zu einem Jahr zu berücksichtigen; wird die Elternzeit oder der Urlaub wiederholt oder nacheinander in Anspruch genommen, ist insgesamt höchstens ein Zeitraum von zwei Jahren zu berücksichtigen.
70 
Die in Rede stehende Vorschrift in den jeweiligen, nicht signifikant voneinander abweichenden Fassungen begegnet unter Auslegungsgesichtspunkten erheblichen Unklarheiten. So ist bei unbefangenem Wortlautstudium unklar, ob der Fall der Klägerin unter den zweiten (ein Jahr Anrechnungsmöglichkeit) oder dritten Halbsatz (zwei Jahre Anrechnungsmöglichkeit) fällt. Bei einer antragsbezogenen Betrachtungsweise wäre letzteres naheliegend, bei einer kindbezogenen ersteres nahezu zwingend.
71 
Die Gesetzesbegründung zum Soldatengleichstellungsdurchsetzungsgesetz (BT-Drs. 15/3918, hier: Art. 3, S. 28 f.) vermag insoweit keine Klärung herbeizuführen. Darin heißt es, dass nach der Neuregelung (ab 01.01.2005) „auch Zeiten einer Elternzeit und eines Betreuungsurlaubs anrechenbar [sind], allerdings nur bis zu einer Höchstdauer von insgesamt zwei Jahren. Nimmt die Soldatin oder der Soldat nur einmal Elternzeit oder Betreuungsurlaub in Anspruch, kann hierfür längstens ein Jahr als Dienstzeit im Sinne der Soldatenlaufbahnverordnung angerechnet werden.“
72 
Unter Auslegungsgesichtspunkten bleibt insoweit (weiter) unklar, ob sachlicher Anknüpfungspunkt ein konkreter Antrag auf Elternzeit oder Betreuungsurlaub ist (antragsbezogene Betrachtungsweise) oder ob die Differenzierung zwischen einer ein- oder zweijährigen Anrechenbarkeit an das oder die Kinder anknüpft, für die die Betreuungszeit in Anspruch genommen wird (kindbezogene Betrachtungsweise).
73 
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Beklagten unter Vorlage einer internen Mitteilung des Bundesministeriums der Verteidigung vom 17.09.2010, Referat PSZ I 1, diesbezüglich ausgeführt, dass eine kindbezogene Betrachtungsweise von der Beklagten beabsichtigt ist und in der Praxis angewandt werden soll. Dem entspricht auch die von der Bundeswehrpersonalverwaltung vorliegend vorgenommene Berechnung im streitgegenständlichen Bescheid. In der Mitteilung des Verteidigungsministeriums heißt es hierzu, dass § 5 Abs. 6 S. 1 Nr. 4 SLV auf den jeweiligen Elternzeit- oder Betreuungsfall bezogene Anrechnungsregelungen treffe. Dienstzeit i. S. d. SLV sei demnach die Zeit einer Elternzeit (bezogen auf ein Kind) höchstens bis zur Dauer eines Jahres und die Zeit eines Betreuungsurlaubs (für einen Betreuungsfall) ebenfalls höchstens bis zur Dauer eines Jahres. Unterbrechungen der Elternzeit bewirkten keine andere Anrechnung. Der Wortlaut der Verordnung („auch bei in Anspruchnahme in mehreren Zeitabschnitten bis zu einem Jahr“) werde insoweit als eindeutig bewertet. Nur wenn Elternzeit für ein weiteres Kind in Anspruch genommen werde, liege folglich ein neuer Elternzeitfall (eine i. S. d. Verordnung „wiederholte“ Inanspruchnahme von Elternzeit) vor. Die Aufteilung einer Elternzeit in zwei Teile führe nicht dazu, dass der zweite Teil eine anspruchserweiternde „wiederholte“ Elternzeit darstellte. Es handele sich lediglich um den zweiten Teilabschnitt der ersten - personenbezogen einheitlich zu betrachtenden - Elternzeit, für die höchstens ein Jahr berücksichtigt werden könne. Werde im Anschluss an die Elternzeit Betreuungsurlaub in Anspruch genommen, liege ein Nacheinander von Elternzeit und Betreuungsurlaub vor. Bei wiederholter Inanspruchnahme von Elternzeit (also für ein anderes Kind) oder Inanspruchnahme von Betreuungsurlaub im Anschluss an die Elternzeit (egal ob für das Kind, für das Elternzeit in Anspruch genommen werde, oder für einen anderen Betreuungsfall) gelte als Dienstzeit ein Zeitraum von höchstens zwei Jahren.
74 
Damit ist von einer kindbezogenen Betrachtungsweise auszugehen.
c)
75 
Die in Rede stehende Vorschrift über die Anrechenbarkeit der Betreuungszeiten verstößt in der von der Kammer zugrunde gelegten Auslegung sowohl gegen Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG (aa)) als auch gegen Art. 157 Abs. 1 AEUV (bb)).
aa)
76 
Nach Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG darf niemand wegen seines Geschlechts benachteiligt oder bevorzugt werden. Die Vorschrift konkretisiert und verstärkt den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, indem sie der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers engere Grenzen setzt. Das Geschlecht darf grundsätzlich nicht zum Anknüpfungspunkt und zur Rechtfertigung für rechtliche Ungleichbehandlungen benachteiligender oder bevorzugender Art herangezogen werden. Das gilt auch dann, wenn eine Regelung nicht auf eine nach Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG verbotene Ungleichbehandlung ausgelegt ist, sondern in erster Linie - oder gänzlich - andere Ziele verfolgt (BVerfG, Beschl. v. 28.04.2011 - 1 BvR 1409/10 - juris Rn. 52 = NZA 2011, 857). Wenn der Gesetzgeber eine Gruppe nach sachlichen Merkmalen bestimmt, die nicht in Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG genannt sind, so ist diese Regelung an Art. 3 Abs. 1 GG zu messen. Etwas anderes gilt, wenn der vom Gesetzgeber gewählte, durch Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG nicht verbotene sachliche Anknüpfungspunkt in der gesellschaftlichen Wirklichkeit weitgehend nur für eine Gruppe zutrifft oder die differenzierende Regelung sich weitgehend nur auf eine Gruppe im Sinne einer faktischen Benachteiligung auswirkt, deren Ungleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG strikt verboten ist (mittelbare Diskriminierung). Eine Anknüpfung an das Geschlecht kann deshalb auch dann vorliegen, wenn eine geschlechtsneutral formulierte Regelung überwiegend Frauen trifft und dies auf natürliche oder gesellschaftliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern zurückzuführen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.06.2008 - 2 BvL 6/07 - juris = BVerfGE 121, 241 - m. w. N.; BVerfG, Beschluss vom 14.04.2010 - 1 BvL 8/08 - juris Rn. 65 = BVerfGE 126, 29; kritisch hierzu Langenfeld, in: Maunz/Dürig, 74 Lfg. Mai 2015, Art. 3 Abs. 3 Rn. 37 m. w. N. sowie ders., Art. 3 Abs. 2 Rn. 28 ff.). Auch der im Bereich des Besoldungsrechts anerkannte weite Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers entbindet diesen nicht von der Beachtung des speziellen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BVerfG, Beschluss vom 27.11.1997 - 1 BvL 12/91 - BVerfGE 97, 35). Gerade im Bereich der Beförderungen wird die mittelbare Diskriminierung von Frauen virulent (vgl. Schmidt, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 18. Aufl. 2018, Art. 3 GG Rn. 87 m. w. N.).
77 
Ausgehend hiervon verstößt die streitgegenständliche Norm in den hier relevanten Fassungen bereits deswegen gegen Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG, weil sie eine „Deckelung“ der anrechenbaren Betreuungszeiten auf zwei Jahre vorsieht, unabhängig davon, für wie viele Kinder der Soldat oder die Soldatin Elternzeit oder Betreuungsurlaub in Anspruch nimmt. Hierdurch werden Soldatinnen und Soldaten unmittelbar benachteiligt, die für mehr als zwei Kinder Elternzeit oder Betreuungsurlaub in Anspruch nehmen (wollen). Eine sachliche Rechtfertigung dieser Deckelung im Sinne einer zwingenden Rechtfertigung (zu diesem Maßstab i. R. e. unmittelbaren Diskriminierung wegen des Geschlechts vgl. BVerfG, Beschl. v. 28. 4. 2011 − 1 BvR 1409/10 - juris Rn. 53 m. w. N.) ist nicht im Ansatz ersichtlich. Vielmehr dürften personalpolitische Erwägungen den Verordnungsgeber dazu bewogen haben, die Anrechenbarkeit von Betreuungszeiten auf ein Höchstmaß von zwei Jahren zu beschränken. Dass die Konstellation der Deckelung der anrechenbaren Betreuungszeiten hier nicht in Rede steht, ist unerheblich. Denn die Norm ist bereits abstrakt gesehen mit Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG unvereinbar. Allein hierauf kommt es an.
78 
Darüber hinaus - und ein solcher Fall ist hier streitgegenständlich - verstößt die Norm auch insoweit gegen Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG, als sie eine maximal zulässige Anrechenbarkeit von Betreuungszeiten von ein bzw. zwei Jahren vorsieht und diese nicht vollständig als Dienstzeit berücksichtigt.
79 
Hierin liegt eine mittelbare Diskriminierung von Frauen (konkret: von Soldatinnen), die gegenüber Männern (Soldaten) nach den der Kammer vorliegenden statistischen Erkenntnissen Elternzeit deutlich häufiger und länger in Anspruch nehmen. Dies führt mittelbar zu einer Benachteiligung von Soldatinnen gegenüber Soldaten bei der Berücksichtigungsfähigkeit im Rahmen von Beförderungsentscheidungen, da diese aufgrund der häufigeren und längeren Inanspruchnahme von Betreuungszeiten den Zeitpunkt der Beförderungsreife im Vergleich mit Soldaten durchschnittlich betrachtet später erreichen.
80 
Nach den Feststellungen der 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Sigmaringen (Urteil vom 27.09.2016 - 3 K 5436/15 - juris Rn. 23), die sich die vorliegend zur Entscheidung berufene Kammer zu eigen macht, nehmen Frauen ausweislich der auf dem Mikrozensus beruhenden Erkenntnis des Statistischen Bundesamtes wesentlich häufiger Elternzeit in Anspruch als Männer. Im Jahre 2015 waren 41,6 Prozent der Mütter, deren jüngstes Kind unter drei Jahren ist, in Elternzeit; bei den Vätern waren dies nur 2,5 Prozent. Diese Betrachtung fällt auch nicht wesentlich anders aus, wenn ältere Kinder in den Blick genommen werden. Im Jahr 2015 waren 24,1 Prozent der Frauen, deren jüngstes Kind unter sechs Jahren ist, in Elternzeit; für Männer galt dies nur für 1,5 Prozent. Auch wird die Elternzeit von Männern wesentlich kürzer als von Frauen in Anspruch genommen. So haben Väter in Baden-Württemberg im Jahre 2013 im Schnitt lediglich 2,7 Monate Elternzeit in Anspruch genommen, während Mütter dies für durchschnittlich 11,6 Monate taten (sämtliche statistischen Daten stammen aus dem Internetauftritt des Statistischen Bundesamtes „DESTATIS“ - Personen in Elternzeit). Der Präsident des Statistischen Bundesamtes hat hieraus in seiner Pressekonferenz am 30.07.2014 (im Internet zugänglich) folgenden Befund abgeleitet: „Nach wie vor sind also hauptsächlich Frauen für die Kinderbetreuung zuständig; sie schränken ihre Erwerbstätigkeit ein, sind häufiger alleinerziehend und machen eine längere Pause nach der Geburt. Diese Situation ist eine der Ursachen für die Verdienstunterschiede von Frauen und Männern“.
81 
Auch die Ergebnisse des Mikrozensus 2016 (abrufbar unter https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressekonferenzen/2017/Mikrozensus_2017/Pressebroschuere_Mikrozensus_2017.html, Tabelle 6.1, S. 124) belegen eindeutig dieses Bild: Demnach waren Mütter von unter Einjährigen durchschnittlich zu 44,3 %, Väter dagegen nur zu 4,1 % in Elternzeit. Im 2. Quartal 2015 haben Mütter bundesweit durchschnittlich 11,8 Monate lang Elterngeld bezogen, Väter 4,1 Monate lang (https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Soziales/Sozialleistungen/Elterngeld/Tabellen/Tabellen_LeistungsbezuegeGeschlechtBeziehendenBezugsdauerLaender2015.html).
82 
Aus diesen statistischen Daten folgt, dass bundesweit erheblich mehr weibliche als männliche Beschäftigte Elternzeit in Anspruch nehmen. Ein erster Anschein spricht (daher) dafür, dass auch bei Soldatinnen und Soldaten der Frauenanteil bzgl. der Inanspruchnahme von Elternzeit weit überwiegt (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 25.03.2010 - 2 C 72.08 - juris = BVerwGE 136, 165). Weitergehende statistische Erhebungen oder Ermittlungen zur Situation der Inanspruchnahme von Elternzeit in der Bundeswehr waren nicht angezeigt.
83 
Die unter Auswertung des statistischen Datenmaterials festgestellte mittelbare Benachteiligung von Soldatinnen gegenüber Soldaten bzgl. des Zeitpunkts des Erreichens der Beförderungsreife ist auch nicht sachlich i. S. d. Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG gerechtfertigt.
84 
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kommt eine sachliche Rechtfertigung bei einer mittelbaren Diskriminierung wegen eines Gesichtspunkts des Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG in Betracht, wenn sie auf hinreichenden sachlichen Gründen beruht, die nichts mit der geschlechtsbezogenen Benachteiligung zu tun haben (BVerfG, Beschluss vom 14.04.2010 - 1 BvL 8/08 - juris Rn. 67 = BVerfGE 126, 29 (54) unter Verweis auf die Rechtsprechung des EuGH, dazu s. u. bb); Langenfeld, in: Maunz/Dürig, Art. 3 Abs. 2 Rn. 46), wobei eine Gleichstellung mit den Rechtfertigungsanforderungen bei unmittelbaren Diskriminierungen (zwingende Erforderlichkeit bei einem außerordentlich strengen Prüfungsmaßstab) in der Literatur Bedenken begegnet (Langenfeld, a. a. O. Rn. 46 f. und Schmidt, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 18. Aufl. 2018, GG Art. 3 Rn. 89). Insbesondere ist unklar, ob auch kollidierendes Verfassungsrecht („sonstige Güter von Verfassungsrang“) eine sachliche Rechtfertigung begründen kann. In jedem Fall muss der Differenzierungsgrund objektiv sachlich gerechtfertigt sein.
85 
Einen solchen sachlichen Differenzierungsgrund vermag die Kammer hier nicht zu erkennen. Zwar mag es insbesondere im Bereich der Streitkräfte (gleich ob bei Berufssoldaten oder bei Soldaten auf Zeit) ein legitimes Anliegen des Dienstherrn sein, dass der jeweilige Soldat oder die Soldatin dem Dienstherrn in einem nennenswerten Umfang auch tatsächlich dienstlich zur Verfügung steht. Dass dies aber auf Beförderungsentscheidungen Auswirkungen haben muss, ist nicht zwingend. Insoweit stünde es dem Gesetzgeber frei, die Zeiten der Betreuungszeit aus familiären Gründen - wie partiell in § 40 Abs. 4 bzw. § 46 Abs. 4 SG geschehen - auf die tatsächlich zu erbringende Dienstzeit nicht anzurechnen, sodass sie der Soldat oder die Soldatin über das reguläre Ende seiner/ihrer Dienstzeit hinaus „nachholen“ muss. Geschieht dies - wie im Falle der Klägerin - nicht, verkürzt sich durch die streitgegenständliche Bestimmung die tatsächliche Dienstzeit des Soldaten oder der Soldatin, sodass ihm/ihr der Beförderungsaufstieg erschwert wird. Eine sachliche Rechtfertigung hierfür ist von der Beklagten nicht dargelegt worden und auch nicht anderweitig erkennbar.
86 
Mit ihrem Vorbringen, der Eintritt der Beförderungsreife sei nur ein Erfordernis unter mehreren für die Beförderung, dringt die Beklagte nicht durch. Denn das Mindestdienstzeiterfordernis ist - von einer Ausnahmegenehmigung abgesehen, vgl. Nr. 241 ZDv A-1340/49 - zwingende Voraussetzung dafür, überhaupt in die Beförderungsauswahlentscheidung mit einbezogen werden zu können. Die festgestellte Diskriminierung ist damit auch kausal für die Benachteiligung, die die Klägerin erfahren hat.
bb)
87 
Die streitgegenständliche Regelung ist auch mit Europarecht, namentlich Art. 157 Abs. 1 AEUV und bzw. i. V. m. Art. 14 Abs. 1 lit. a) RL 2006/54/EG (Neufassung von Art. 2 Abs. 1, 2, Art. 3 Abs. 1, 2 lit. c) RL 76/207/EWG bzw. Art. 2 Abs. 1, 2, Art. 3 Abs. 1, 2 RL 2002/73/EG) unvereinbar, weil auch insoweit eine mittelbare Diskriminierung von Frauen (Soldatinnen) gegenüber Männern (Soldaten) bei Beförderungsentscheidungen wegen der häufigeren und längeren Inanspruchnahme von Elternzeit in Rede steht. Auch dies rechtfertigt es, die fragliche Bestimmung unangewendet zu lassen.
88 
Die maßstabsbildenden Erwägungen zu Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG sind insoweit auf das europarechtliche Diskriminierungsverbot (des Art. 157 Abs. 1 AUEV) übertragbar, nachdem sich das BVerfG in seiner Judikatur wesentlich an jener des EuGH orientiert (s. o. aa) und im Folgenden).
89 
Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH liegt eine mittelbare Diskriminierung (i. S. d. Art. 2 Abs. 2, 2. Spiegelstrich RL 2002/73/EG) vor, wenn eine nationale Maßnahme zwar neutral formuliert ist, in ihrer Anwendung aber eine sehr viel höhere Zahl von Frauen als Männer benachteiligt (Urteil vom 20.06.2013 - C-7/12 - Riezniece - juris Rn. 39 m. w. N.). Nach den Feststellungen des EuGH nehmen Frauen weitaus häufiger als Männer Elternurlaub in Anspruch (a. a. O. juris Rn. 40). Dabei ist es Sache des nationalen Gerichts, bei der Auslegung der in Rede stehenden Norm zu prüfen, ob von dieser weitaus häufiger Frauen als Männer mittelbar benachteiligt werden. Das nationale Gericht hat bei der Beurteilung der Frage, ob eine Maßnahme eines Mitgliedstaats derart unterschiedliche Wirkung für Männer und Frauen hat, dass sie eine mittelbare Diskriminierung darstellt, zu prüfen, ob sich aus den verfügbaren statistischen Daten ergibt, dass ein wesentlich geringerer Prozentsatz der weiblichen als der männlichen Arbeitnehmer die durch diese Maßnahme aufgestellte Voraussetzung erfüllen kann (EuGH, Urt. v. 09.02.1999 - C-167/97 - Seymour-Smith und Perez - Ls. Nr. 4).
90 
Nach obigen Feststellungen begründet § 5 Abs. 6 S. 1 Nr. 4 SLV i. d. F. v. 01.01.2005 bzw. § 5a Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SLV i. d. F. v. 19.08.2011 eine mittelbare Diskriminierung von Soldatinnen gegenüber Soldaten hinsichtlich der Berücksichtigung von Betreuungszeiten im Rahmen der Prüfung des Zeitpunkts des Eintritts der Beförderungsreife.
91 
Diese mittelbare Diskriminierung ist europarechtlich nicht gerechtfertigt. Liegt eine mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts vor, kann diese Maßnahme nur durch objektive Faktoren sachlich gerechtfertigt sein, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben (EuGH, Urt. v. 09.02.1999 - C-167/97 - Seymour-Smith und Perez - Ls. Nr. 4; ebenso die Ratio von Art. 14 Abs. 2 RL2006/54/EG: Eine Ungleichbehandlung wegen eines geschlechtsbezogenen Merkmals stellt keine Diskriminierung dar, „wenn das betreffende Merkmal aufgrund der Art einer bestimmten beruflichen Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern es sich um einen rechtmäßigen Zweck und eine angemessene Anforderung handelt.“).
92 
Vorliegend knüpft die in Streit stehende Bestimmung nicht an unterschiedliche berufliche Anforderungen oder Bedingungen der Berufsausübung an, sondern rechtfertigt sich (s. o.) wohl allein daraus, dass Soldatinnen und Soldaten dem Dienstherrn in einem nennenswerten Umfang tatsächlich dienstlich zur Verfügung stehen sollen. Insoweit gilt das oben zu Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG Ausgeführte entsprechend: Eine sachliche Rechtfertigung ist insoweit nicht ersichtlich. Dem Gesetzgeber hätten andere legitime Instrumente (etwa die Dienstzeitverlängerung) zur Verfügung gestanden, um sein Ziel diskriminierungsfrei zu erreichen.
d)
93 
§ 5 Abs. 6 S. 1 Nr. 4 SLV i. d. F. v. 01.01.2005 bzw. § 5a Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SLV i. d. F. v. 19.08.2011 lässt sich auch nicht verfassungs- und europarechtskonform geltungserhaltend auslegen. Die von der Kammer in Erwägung gezogene antragsbezogene Auslegung, die zur Folge hätte, dass bzgl. der Klägerin zumindest zwei Jahre Betreuungszeit auf ihre Mindestdienstzeit anzurechnen wären, dürfte schon deswegen nicht herangezogen werden können, weil die Beklagte die Norm tatsächlich gegenteilig anwendet. Selbst wenn dies einer antragsbezogenen Betrachtungsweise nicht entgegenstünde, wäre diese dennoch nicht geeignet, die festgestellte Diskriminierung vollständig aufzulösen. Denn auch wenn der Klägerin zwei Jahre Betreuungszeit angerechnet würden, blieben die weiteren Betreuungszeiten ohne sachliche Rechtfertigung (s. o.) unberücksichtigt.
94 
Eine umfassende Anrechenbarkeit der Betreuungszeiten gibt der Wortlaut, der die äußerste Grenze der Auslegung darstellt, nicht her, und würde der Konzeption des Verordnungsgebers diametral widersprechen (hierzu insgesamt BVerfG, Beschluss vom 19.09.2007 - 2 BvF 3/02 -, BVerfGE 119, 247; BVerfG, Beschluss vom 14.04.2010 - 1 BvL 8/08 - juris Rn. 50 = BVerfGE 126, 29; BVerwG, Urteil vom 21.04.2016 - 2 C 13.15 - juris).
e)
95 
Der Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG und Art. 157 Abs. 1 AEUV und bzw. i. V. m. Art. 14 Abs. 1 lit. a) RL 2006/54/EG führt dazu, dass die Klägerin die vollständige Berücksichtigung ihrer Betreuungszeiten im Rahmen der Berechnung des Zeitpunkts ihrer Beförderungsreife verlangen kann (vgl. in einer vergleichbaren Sachverhaltskonstellation - Berücksichtigungsfähigkeit von Mutterschutzzeiten im Rahmen der Berechnung des versorgungspflichtigen Entgelts - BVerfG, Beschl. v. 28. 4. 2011 − 1 BvR 1409/10 - juris Rn. 61).
2.
96 
Die streitgegenständlichen Bescheide sind auch insoweit rechtswidrig, als sie den Eintritt der Beförderungsreife der Klägerin zum Stabsfeldwebel von einer Mindestdienstzeit von 16 Jahren ab dem Zeitpunkt ihrer Ernennung zum Feldwebel abhängig machen.
97 
Die hierfür von der Beklagten herangezogene Nr. 236 der ZDv A-1340/49 ist mit Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG unvereinbar. Insoweit überträgt die Kammer die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur insoweit parallelen Konstellation bei Polizisten (Beförderungen von Polizeiobermeistern zu Polizeihauptmeistern) auf den Fall der Klägerin und mithin generell auf Beförderungsentscheidungen bei Soldaten.
98 
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 28.10.2004 (Az. 2 C 23/03 - juris Ls. 1, 2) judiziert, dass es mit dem in Art. 33 Abs. 2 GG verankerten Leistungsgrundsatz unvereinbar ist, Beförderungsmöglichkeiten innerhalb einer Laufbahn von einer Mindestverweildauer von mehr als 10 Jahren in dem bisherigen Amt oder von einem Mindestdienstalter abhängig zu machen und ist damit der gegenteiligen Auffassung des OVG Schleswig-Holstein (Urteil vom 13.06.2003 - 3 L 136/01 - juris) in der Vorinstanz nicht gefolgt. Danach (a. a. O. juris Rn. 15 f.) gehören Dienst- und Lebenszeitalter nicht zu den unmittelbar leistungsbezogenen Gesichtspunkten, die der Bewerberauswahl für eine Beförderungsstelle zugrunde zu legen sind. Zwar wird sich insbesondere das Dienstalter häufig auf die Beurteilung von leistungsbezogenen Gesichtspunkten unter dem Aspekt der größeren Berufserfahrung auswirken, zwingend ist dies jedoch nicht. Dementsprechend ist die Berücksichtigung des Dienstalters bei der Besetzung von Beförderungsstellen nur im Falle eines Leistungsgleichstands mit Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar. Mindestdienstzeiten, die aufgrund ihrer Länge auf reine Wartezeiten hinauslaufen, weil sie keinen Bezug zur beruflichen Bewährung mehr aufweisen, sind daher verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt. Dieser Zweck als „Bewährungszeit“ setzt dem Umfang von Wartezeiten unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten Grenzen. Sie dürfen nicht länger bemessen sein, als es typischerweise erforderlich ist, um die tatsächlichen Grundlagen für die Beurteilung und Prognose zu schaffen. Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich die Kammer anschließt, stellt der für eine Regelbeurteilung vorgesehene Zeitraum in aller Regel die obere Grenze des Zulässigen dar. Erst recht gilt dies - wie auch im vorliegenden Falle der zum damaligen Zeitpunkt auf einem gebündelten Dienstposten A7 bis A9 eingesetzten Klägerin -, wenn es um eine Beförderung geht, mit der üblicherweise keine Änderung des Amtes im funktionellen Sinne verbunden ist.
99 
Die vom OVG Schleswig-Holstein in der Vorinstanz als sachlichen Rechtfertigungsgrund für ausreichend erachtete personalpolitische Zielsetzung, eine ausgewogene Altersstruktur in einer Laufbahn zu gewährleisten, ist nach Auffassung des BVerwG (a. a. O. juris Rn. 18) kein mit Art. 33 Abs. 2 GG zu vereinbarender Gesichtspunkt, weil ihr im Verhältnis zum Leistungsgrundsatz ein deutlich zu hoher Stellenwert beigemessen wird und dies auf eine unzulässige Vorauswahl der Beförderungsbewerber nach dem Anciennitätsgrundsatz hinausläuft. Für die Bundeswehr gilt im Vergleich zur zivilen Laufbahn der Polizeimeister nichts anderes, wie sich bereits formal aus § 3 Abs. 1 SG ergibt. Auch unter sachlichen Gesichtspunkten (etwa der Bedeutung des Hierarchiegedankens in der Bundeswehr) erachtet die Kammer die Fallkonstellationen als vergleichbar. Dass die Organisationsgewalt des Dienstherrn in der Bundeswehr weiter ginge als in den vom BVerwG entschiedenen Fällen der Beförderungsentscheidungen bei Polizisten (zuletzt Urteil vom 19.03.2015 - 2 C 12/14 - juris = BVerwGE 151, 333) und damit den Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG ein-/beschränken könnte, vermag die Kammer ebenfalls nicht anzunehmen, sodass auch die diesbezüglichen Ausführungen des BVerwG (a. a. O. Rn. 21) auf den vorliegenden Fall der Klägerin bzw. allgemein auf Beförderungsentscheidungen bei Soldatinnen und Soldaten übertragbar sind (in diesem Sinne auch Eichen, in: Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 3. Aufl. 2016, § 3 Ernennungs- und Verwendungsgrundsätze, Rn. 103; ders., § 27 Laufbahnvorschriften, 4. Absatz 4 Rn. 25).
II.
100 
Der im Wege der Klageerweiterung geltend gemachte zweite Klageantrag ist zulässig (1.) und im tenorierten Umfang begründet (2.).
1.
101 
Die Klageerweiterung dürfte bereits gem. § 173 S. 1 VwGO i. V. m. § 264 Nr. 3 ZPO im Hinblick auf die zwischenzeitlich nach Klageerhebung erfolgte Zurruhesetzung der Klägerin zulässig sein (vgl. hierzu allgemein BeckOK ZPO/Bacher, 27. Ed. 1.12.2017, ZPO § 264 Rn. 7 f., gerade auch zur Konstellation eines Schadensersatzbegehrens anstelle des ursprünglich Geforderten). Jedenfalls ist der Klageerweiterungsantrag gem. § 91 Abs. 1 Alt. 2 VwGO sachdienlich, weil er geeignet ist, einen weiteren Folgeprozess über die Konsequenzen einer früher eingetretenen Beförderungsreife der Klägerin zu vermeiden und in inhaltlichem Zusammenhang mit dem ersten Klageantrag steht (vgl. zur Begrifflichkeit der Sachdienlichkeit allgemein Ortloff/Riese, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 17. EL Oktober 2008, § 91 Rn. 61). Im Übrigen hat sich die Beklagte durch Verhandlung zur Sache auf den Klageerweiterungsantrag eingelassen, sodass i. S. d. § 91 Abs. 1 Alt. 1, Abs. 2 VwGO die konkludente Einwilligung der Beklagten in die Klageerweiterung anzunehmen ist.
102 
Der Antrag ist als Verpflichtungsklage auch statthaft und gem. § 75 S. 1 VwGO trotz fehlender Entscheidung der Beklagten über den Sachantrag der Klägerin im Verwaltungsverfahren vom 13.03.2017 auch im Übrigen zulässig.
103 
Mit ihrem Antrag vom 13.03.2017 hat die Klägerin nicht nur ihre umgehende Beförderung nach A 9, sondern auch ihre dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtliche Gleichstellung dahingehend beantragt, als wenn sie bereits zum Zeitpunkt des Eintritts der Beförderungsreife befördert worden wäre. Damit trägt der Antrag im Verwaltungsverfahren den Klageerweiterungsantrag (vgl. zu diesem Erfordernis OVG NRW, Urteil vom 08.06.2010 - 1 A 2859/07 - juris Rn. 27).
2.
104 
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Entscheidung über ihren im Verwaltungsverfahren geltend gemachten Schadensersatzanspruch auf besoldungs-, versorgungs- und dienstrechtliche Gleichstellung wegen unterbliebener Beförderung (a). Umgekehrt ist die Beklagte insoweit zur Bescheidung über diesen Antrag verpflichtet, § 113 Abs. 5 S. 2 VwGO. Das Gericht vermag jedoch nicht festzustellen, dass die Klägerin einen vollumfassenden Anspruch entsprechend ihres Klageantrags dahingehend hat, dass sie bereits zum Zeitpunkt des Eintritts ihrer Beförderungsreife tatsächlich hätte befördert werden müssen. Insoweit ist der Beklagten die Möglichkeit einzuräumen, über diesen Anspruch (und dabei insbesondere über den Zeitpunkt der möglichen Beförderung bei rechtmäßigem Geschehensablauf) ermessensfehlerfrei und unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (erstmals) zu entscheiden (b).
a)
105 
Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch findet seine Grundlage im allgemeinen beamtenrechtlichen Schadensersatzanspruch, der aus dem beamtenrechtlichen Dienstverhältnis herrührt (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.03.2015 - 2 C 12/14 - juris Rn. 9 = BVerwGE 151, 333) und auch auf Soldaten zu übertragen ist (hintergründig OVG NRW, Urteil vom 08.06.2010 - 1 A 2859/07 - juris Rn. 31 ff. w. n. N.).
106 
Voraussetzung für das Bestehen des beamtenrechtlichen Schadensersatzanspruchs ist eine die sich aus dem Beamtenverhältnis ergebende Pflicht des Dienstherrn verletzende Handlung eines Amtswalters, dessen sich der Dienstherrn bedient, wenn der entstandene Schaden durch diese Pflichtverletzung adäquat kausal verursacht wurde und die Pflichtverletzung schuldhaft erfolgt ist und der Anspruchsteller unter Ausschöpfung aller Rechtsschutzmöglichkeiten seiner Schadensminderungspflicht nachgekommen ist (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 17.08.2005 - 2 C 37.04 - juris = BVerwGE 124, 99 m. w. N.). Den ursprünglich auf die Verletzung der Fürsorgepflicht beschränkten Anspruch hat das Bundesverwaltungsgericht auf Fälle rechtswidriger Beförderungsauswahlentscheidungen unter Verweis auf eine Verletzung von Art. 33 Abs. 2 GG ausgeweitet (hintergründig BVerwG, Urteil vom 19.03.2015 - 2 C 12/14 - juris Rn. 10 = BVerwGE 151, 333).
107 
Ein Beamter (Soldat) kann danach von seinem Dienstherrn Ersatz des ihm durch eine Nichtbeförderung entstandenen Schadens verlangen, wenn der Dienstherr bei der Vergabe eines Beförderungsamtes den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch des Beamten auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl schuldhaft verletzt hat, dem Beamten das Amt ohne diesen Rechtsverstoß voraussichtlich übertragen worden wäre und dieser es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden (BVerwG, a. a. O. juris Rn. 12 unter Verweis auf die st. Rspr.). Wird - wie im Fall der Klägerin - bereits im Vorfeld eines Beförderungsverfahrens die Teilnahme an diesem durch eine rechtswidrige Nichtberücksichtigung des jeweiligen Bewerbers unter Verweis auf die noch nicht erreichte Beförderungsreife abgelehnt, stellt dies eine relevante Verletzung von Art. 33 Abs. 2 GG dar (vgl. die insoweit vergleichbare Konstellation bei BVerwG, a. a. O. juris Rn. 19; zu einer ähnlichen Konstellation der vorverlagerten Verletzung des Bewerberverfahrensanspruchs OVG NRW, Urteil vom 08.06.2010 - 1 A 2859/07 - juris Rn. 44).
b)
108 
Die aufgezeigten Rechtsverstöße sind von der Beklagten auch zu vertreten. Insoweit gilt der zivilrechtliche Verschuldensmaßstab des § 276 Abs. 2 BGB (BVerwG, Urteil vom 17.08.2005 - 2 C 37.04 - juris = BVerwGE 124, 99 (104)). Von den für die Beförderungsrunden und anschließenden Auswahlentscheidungen verantwortlichen Beamten der Beklagten muss verlangt werden, dass sie die Sach- und Rechtslage unter Heranziehung aller ihnen zu Gebote stehenden Hilfsmittel gewissenhaft prüfen und sich auf Grund vernünftiger Überlegungen eine Rechtsauffassung bilden. Dazu gehören auch die Auswertung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und ggf. die ernsthafte Auseinandersetzung mit der Frage, ob aus sachfremden Erwägungen gewünschte Personalentscheidungen am Maßstab der relevanten Rechtsnormen Bestand haben können (BVerwG, Urteil vom 26.02.2002 - 2 A 7.09 - juris Rn. 39 = BVerwGE 141, 369).
109 
Nach diesen Maßstäben ist der Beklagten zurechenbar zumindest ein Fahrlässigkeitsvorwurf zu machen: Bei sorgfältiger rechtlicher Prüfung hätte von den verantwortlichen Beamten einerseits erkannt werden müssen, dass die nur eingeschränkte Berücksichtigung der Betreuungszeiten der Klägerin (bzw. abstrakt entsprechend § 5 Abs. 6 S. 1 Nr. 4 SLV i. d. F. v. 01.01.2005 bzw. § 5a Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SLV i. d. F. v. 19.08.2011) gegen Art. 3 Abs. 3 GG sowie Art. 157 Abs. 1 AEUV verstößt, und dass die Abhängigmachung des Eintritts der Beförderungsreife zum Stabsfeldwebel von einer 16-jährigen Mindestdienstzeit als Feldwebel gegen Art. 33 Abs. 2 GG verstößt. Insbesondere bei der von der Beklagten vorgenommenen kindbezogenen Betrachtungsweise des § 5a Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SLV drängte sich der Gleichheitsverstoß auf. Auch im Übrigen war er unter Auseinandersetzung mit der Judikatur des EuGH sowie des BVerfG zur mittelbaren Diskriminierung wegen des Geschlechts unschwer erkennbar. Die Beklagte muss sich insoweit vorhalten lassen, dass sie selbst die Verfassungs- und Europarechtswidrigkeit des § 5a Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SLV a. F. tatsächlich erkannt hatte, weil sie ihn mit der 4. Änderungsverordnung zum 18.07.2017 entsprechend der von der Kammer für geboten erachteten Auslegung dahingehend geändert hat, dass Betreuungszeiten den Dienstzeiten nunmehr vollumfänglich gleichstehen. Weiter war auch der Verstoß des Mindestdienstzeiterfordernisses für die handelnden Beamten der Beklagten bei Auseinandersetzung mit der diesbezüglichen Judikatur des BVerwG zu den Fällen von Polizeiobermeistern erkennbar und drängte sich nach Einschätzung der Kammer die Übertragbarkeit dieser allgemeinen Rechtsprechungslinie auf die Konstellation von/bei Soldaten förmlich auf.
c)
110 
Die Klägerin hat auch mit dem vorliegend streitgegenständlichen, ersten Klageantrag die ihr auf Primärebene zumutbaren Möglichkeiten zur Verfolgung ihres Beförderungsbegehrens ausgeschöpft. Insoweit hat sie, zeitnah nachdem sie erfahren hatte, dass die Beklagte von einem Zeitpunkt ihrer Beförderungsreife nach jenem ihrer Zurruhesetzung ausging, einen Antrag auf Überprüfung des Zeitpunkts der Beförderungsreife gestellt und nach für sie negativem Ausgang des Verwaltungsverfahrens Klage erhoben. Weil die Frage der Beförderungsreife Vorfrage und nach der Praxis der Beklagten (Mindest-)Voraussetzung für eine tatsächliche Beförderung ist/war, war die Klägerin auch nicht gehalten, direkt mit dem ersten Klageantrag ihre tatsächliche Beförderung im Klagewege einzufordern, zumal die Beklagte wie bereits ausgeführt Beförderungsrunden ohne Initiativbewerbungen der potentiellen Bewerber durchführt. Mangels Kenntnis von konkreten Beförderungsrunden der Beklagten war die Klägerin auch nicht gehalten, diese im Wege des Klageverfahrens und des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens für ihre eigene, potentielle Beförderung offenzuhalten.
d)
111 
Letztlich vermag die Kammer jedoch nicht mit der für einen Verpflichtungsausspruch gebotenen Sicherheit festzustellen, dass die Klägerin im Falle ihrer Berücksichtigung in früheren Beförderungsrunden tatsächlich bzw. mit dem erforderlichen Grad an Wahrscheinlichkeit befördert worden wäre.
112 
Grundsätzlich setzt der für einen beamtenrechtlichen Schadensersatz erforderliche adäquat kausale Zusammenhang zwischen der Rechtsverletzung und dem Schadenseintritt voraus, dass der Beamte ohne den schuldhaften Verstoß tatsächlich befördert worden wäre. Seine Berücksichtigung muss nach Lage der Dinge wegen der Unwägbarkeiten der nachträglichen Beurteilung des hypothetischen rechtmäßigen Kausalverlaufs jedenfalls ernsthaft möglich gewesen sein. Für diese Annahme muss festgestellt werden, welcher hypothetische Kausalverlauf bei rechtmäßigem Vorgehen des Dienstherrn voraussichtlich an die Stelle des tatsächlichen Verlaufs getreten wäre (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urteile vom 17.08.2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <108>; vom 26. 01.2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 42 f.; vom 30.10.2013 - 2 C 23.12 - BVerwGE 148, 217 Rn. 45; vom 19.03.2015 - 2 C 12/14 - juris Rn. 27 = BVerwGE 151, 333).
113 
Vorliegend ist für die Kammer anhand der von der Beklagten vorgelegten Behördenakten und des im gerichtlichen Verfahren geäußerten Vortrags nicht nachvollziehbar und damit auch nicht überprüfbar, wie wahrscheinlich oder auch nur möglich es gewesen wäre, dass die Klägerin im Falle ihrer Berücksichtigung in früheren Beförderungsrunden zum Zuge gekommen wäre.
114 
Die Kammer vermag insoweit aber nicht so weit zu gehen, diese (derzeitige) Unaufklärbarkeit derart zulasten der Beklagten zu werten, dass hieraus eine Verpflichtung derselben zur Leistung von Schadensersatz bereits ab dem Zeitpunkt des Eintritts der Beförderungsreife der Klägerin folgen würde. Die von der Klägerin insoweit ins Feld geführte Entscheidung des OVG NRW (Urteil vom 08.06.2010 - 1 A 2859/07 - juris Rn. 155 ff.), in der dieses Gericht aufgrund einer Beweislastumkehr die Beklagte zur Leistung von Schadensersatz wegen der im dortigen Verfahren nicht mehr (tatsächlich) möglichen Nachzeichnung des konkreten Bewerberverfahrens verpflichtete, ist auf den vorliegenden Fall nur eingeschränkt übertragbar und rechtfertigt nicht den Verpflichtungsausspruch, sondern lediglich die Verpflichtung der Beklagten zur Bescheidung des klägerischen Antrags vom 13.03.2017 auf tatsächliche Beförderung und besoldungs-, versorgungs- und dienstrechtliche Gleichstellung.
115 
Zwar ist die Grundannahme des OVG NRW, die Nichtaufklärbarkeit des hypothetischen rechtmäßigen Kausalverlaufs gehe zulasten der Beklagten, weil es in ihre Sphäre fällt, die Beförderungsauswahlverfahren durchzuführen und ggf. nachzuzeichnen und umgekehrt der Beförderungsbewerber hierzu mangels Einblick in die Verwaltungsvorgänge des Dienstherrn nicht imstande ist (a. a. O. juris Rn. 158 mit Verweis auf BVerwG, Urteile vom 21.08.2003 - 2 C 14/02 - juris Rn. 25 - und vom 17.08.2005 - 2 C 37/04 - juris Rn. 37 f. = BVerwGE 124, 99).
116 
Der Übertragbarkeit der zitierten Entscheidungen des OVG NRW und des BVerwG dürfte zwar nicht bereits entgegenstehen, dass vorliegend kein konkretes Beförderungsverfahren in Rede steht. Allerdings vermag hier die Kammer im Fall der Klägerin gerade (noch) nicht anzunehmen, dass sich der hypothetische rechtmäßige Kausalverlauf nicht mehr nachzeichnen lässt. Die Beklagte hat dies schlichtweg noch nicht unternommen. Zwar kann abstrakt jede Verletzung der Mitwirkungspflicht des Dienstherrn bei der Aufklärung der internen Entscheidungsfindung wegen der materiellen Beweislastumkehr die Schadensersatzpflicht auslösen, wenn die Beförderung ohne den schuldhaften Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG nach Lage der Dinge ernsthaft möglich gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.08.2005 - 2 C 37/04 - juris Rn. 39 m. w. N.). Den zitierten Urteilen lag jedoch jeweils die Konstellation zugrunde, dass die Beklagte in den dortigen Fällen erklärtermaßen nicht mehr in der Lage war, die Nachzeichnung durchzuführen. Im vorliegenden Fall fehlte es soweit ersichtlich bislang aber allein am Willen der Beklagten (dies allerdings grundsätzlich als ausreichend erachtend BVerwG, Urteil vom 26.01.2012 - 2 A 7/09 - juris Rn. 44f., wobei es auf den jeweiligen Einzelfall ankommt). Inwieweit dies vorliegend gleichsteht, ist nicht entscheidungserheblich. Hierfür spricht freilich, dass die Frage des (Nicht-) Wollens oder Könnens an der Beweislastverteilung zulasten der Beklagten nichts ändert.
117 
Hier kommt aber zusätzlich zu dem Umstand, dass die Verletzung des Bewerberverfahrensanspruchs der Klägerin seitens der Beklagten weit im Vorfeld einer konkreten Beförderung erfolgte, sodass die hypothetische Nachzeichnung etwaiger Beförderungsrunden besonderen Schwierigkeiten unterliegt, weiter hinzu, dass ausweislich des Entscheidungsausspruchs zum ersten Klageantrag noch nicht (einmal) feststeht, was der relevante Zeitraum ist, für den die Beklagte die Beförderungsrunden unter Einbeziehung der Klägerin nachzeichnen müsste. Jedenfalls dies rechtfertigt es, auch hinsichtlich des zweiten Klageantrags nur die Verpflichtung der Beklagten zur Bescheidung des Antrags der Klägerin vom 13.03.2017 auszusprechen.
118 
Dabei ist es Sache der Beklagten, unter Berücksichtigung der Vorgaben der Kammer bzgl. des ersten Klageantrags (insbesondere: vollumfängliche Berücksichtigung der Betreuungszeiten der Klägerin, angemessene Berücksichtigung der Mindestdienstzeiten bis zur Dauer einer Regelbeurteilung) zunächst den relevanten Zeitraum, ab dem die Klägerin hätte befördert werden können, abzustecken und sodann in einem zweiten Schritt nachzuverfolgen, ob die Klägerin in den Beförderungsrunden, die in diesem Zeitraum bis zur Zurruhesetzung der Klägerin lagen, bei einem hypothetisch rechtmäßigen Kausalverlauf tatsächlich befördert worden wäre.
3.
119 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Dabei erachtet die Kammer den mit dem zweiten Klageantrag verfolgten Verpflichtungsausspruch, bzgl. dessen die Klägerin unterliegt, gegenüber dem stattgegebenen Bescheidungsausspruch als gleichwertig an, sodass insoweit eine hälftige Kostentragung ermessensgerecht erscheint. Dies führt zu den tenorierten Obsiegens- und Unterliegensanteilen.
4.
120 
Die Berufung wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gem. § 124a Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen. Zwar dürfte eine grundsätzliche Bedeutung hinsichtlich der Frage der Berücksichtigungsfähigkeit der Betreuungszeiten gem. § 5a Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SLV a. F. nicht mehr anzunehmen sein, weil derartige Fälle angesichts der Vierten SLV-Änderungsverordnung vom 18.07.2017 nur noch in einer Übergangszeit auftreten werden (vgl. hierzu Rudisile, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 29 EL Oktober 2015, § 124 Rn. 32). Grundsätzliche Bedeutung hat jedoch die entscheidungserhebliche Frage, ob Mindestdienstzeiten in der Feldwebellaufbahn von (maximal) 16 Jahren mit Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar sind und insbesondere, ob die diesbezügliche Rechtsprechung des BVerwG zur Polizeimeisterlaufbahn auf jene der Feldwebel übertragbar ist.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Sigmaringen Urteil, 20. Feb. 2018 - 7 K 6063/16

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
Verwaltungsgericht Sigmaringen Urteil, 20. Feb. 2018 - 7 K 6063/16 zitiert 32 §§.

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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

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(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 33


(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten. (2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte. (3) Der Genuß bürgerlicher und st

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Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfa

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 276 Verantwortlichkeit des Schuldners


(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos

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Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von d

Zivilprozessordnung - ZPO | § 264 Keine Klageänderung


Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes1.die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;2.der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert od

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(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

Soldatengesetz - SG | § 3 Ernennungs- und Verwendungsgrundsätze


(1) Der Soldat ist nach Eignung, Befähigung und Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, sexuelle Identität, Abstammung, Rasse, Glauben, Weltanschauung, religiöse oder politische Anschauungen, Heimat, ethnische oder sonstige Herkunft zu ernennen und z

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(1) Ein Berufssoldat ist entlassen, wenn er die Eigenschaft als Deutscher im Sinne des Artikels 116 des Grundgesetzes verliert. Das Bundesministerium der Verteidigung entscheidet darüber, ob diese Voraussetzung vorliegt, und stellt den Tag der Beendi

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(1) Dem Soldaten steht alljährlich ein Erholungsurlaub unter Belassung der Geld- und Sachbezüge zu. (2) Der Urlaub darf versagt werden, soweit und solange zwingende dienstliche Erfordernisse einer Urlaubserteilung entgegenstehen. (3) Dem Sold

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(1) Der Soldat kann sich beschweren, wenn er glaubt, von Vorgesetzten oder von Dienststellen der Bundeswehr unrichtig behandelt oder durch pflichtwidriges Verhalten von Kameraden verletzt zu sein. Das Beschwerderecht der Vertrauensperson regelt das S

Soldatengesetz - SG | § 30a Teilzeitbeschäftigung, Familienpflegezeit und Pflegezeit


(1) Einem Soldaten kann auf Antrag Teilzeitbeschäftigung im Umfang von mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit nach § 30c Absatz 1 und bis zur jeweils beantragten Dauer, längstens für zwölf Jahre bewilligt werden, soweit dienstliche Gründe

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Streitkräftepersonalstruktur-Anpassungsgesetz - SKPersStruktAnpG

Gesetz zur Gleichstellung von Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr


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Elternzeitverordnung für Soldatinnen und Soldaten - ErzUrlSoldV | § 1 Beginn und Ende des Anspruchs


(1) Soldatinnen und Soldaten haben nach Maßgabe des § 15 Absatz 1 oder 1a des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes Anspruch auf Elternzeit unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge mit Ausnahme der unentgeltlichen truppenärztlichen Versorgung und oh

Soldatenlaufbahnverordnung - SLV 2002 | § 5a Dienstzeiterfordernisse


(1) Eine Beförderung ist, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, frühestens ein Jahr nach der Einstellung oder der letzten Beförderung zulässig, es sei denn, dass der bisherige Dienstgrad nicht regelmäßig durchlaufen werden musste.

Bundesgleichstellungsgesetz - BGleiG 2015 | § 15 Arbeitszeiten und sonstige Rahmenbedingungen


Die Dienststellen haben Arbeitszeiten und sonstige Rahmenbedingungen anzubieten, die allen Beschäftigten die Vereinbarkeit von Familie oder Pflege mit der Berufstätigkeit erleichtern, soweit zwingende dienstliche Belange oder zwingende betriebliche B

Verordnung über die Teilzeitbeschäftigung von Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr


Soldatinnen- und Soldatenteilzeitbeschäftigungsverordnung - STzV

Soldatenlaufbahnverordnung - SLV 2002 | § 5 Beförderung


(1) Beförderung ist die Verleihung eines höheren Dienstgrades. (2) Die Dienstgrade einer Laufbahn sind regelmäßig zu durchlaufen, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist. (3) Den in § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 6 Genannten kann abweichen

Soldatenlaufbahnverordnung - SLV 2002 | § 48 Übergangsvorschriften


(1) Frühere Soldatinnen und frühere Soldaten, deren Laufbahnen weggefallen sind, sind bei erneuter Einstellung einer Laufbahn zuzuordnen, die ihrer Eignung, Befähigung und Leistung entspricht. Ihre Zustimmung zum Laufbahnwechsel ist nicht erforderlic

Soldatinnen- und Soldatengleichstellungsgesetz - SGleiG | § 15 Benachteiligungsverbot bei Teilzeitbeschäftigung und familienbedingter Beurlaubung


(1) Teilzeitbeschäftigung darf sich nicht nachteilig auf das berufliche Fortkommen und die dienstliche Beurteilung auswirken. Eine unterschiedliche Behandlung von teilzeitbeschäftigten und vollzeitbeschäftigten Soldatinnen und Soldaten ist nur zuläss

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Verwaltungsgericht Sigmaringen Urteil, 20. Feb. 2018 - 7 K 6063/16 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Sigmaringen Urteil, 20. Feb. 2018 - 7 K 6063/16 zitiert 6 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 23. Feb. 2017 - 1 WB 2/16

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bei uns veröffentlicht am 27.09.2016

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Tatbestand 1 Die 1961 geborene Klägerin steht seit 1981 im Polizeidienst der Beklagten. Ab November 1999 bekleidete sie ein Amt der Besoldungsgruppe A 9 LBesO, zunächst

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Tatbestand 1 Der 19.. geborene Kläger bekleidet als Leitender Regierungsdirektor (Besoldungsgruppe BBesO A 16) den Dienstposten eines Referatsleiters beim Bundesnachrich

Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 28. Apr. 2011 - 1 BvR 1409/10

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Tenor 1. Das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 5. Februar 2010 - 6 S 18/09 - und das Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 9. Juni 2009 - 2 C 112/09 - verletzen die Beschwerdeführerin in

Bundesverfassungsgericht Beschluss, 14. Apr. 2010 - 1 BvL 8/08

bei uns veröffentlicht am 14.04.2010

Tenor 1. § 17 Satz 1 des Gesetzes über den Hamburgischen Versorgungsfonds - Anstalt öffentlichen Rechts - (HVFG) vom 21. November 2006 (Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt I Seite 557) ist m

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(1) Einem Soldaten kann auf Antrag Teilzeitbeschäftigung im Umfang von mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit nach § 30c Absatz 1 und bis zur jeweils beantragten Dauer, längstens für zwölf Jahre bewilligt werden, soweit dienstliche Gründe nicht entgegenstehen. Die Teilzeitbeschäftigung soll bewilligt werden, wenn er mindestens ein Kind unter 18 Jahren oder einen pflegebedürftigen sonstigen Angehörigen tatsächlich betreut oder pflegt und zwingende dienstliche Gründe nicht entgegenstehen. Die Pflegebedürftigkeit ist nachzuweisen durch ein ärztliches Gutachten oder durch eine Bescheinigung der Pflegekasse oder des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung oder durch eine entsprechende Bescheinigung einer privaten Pflegeversicherung. Soweit Anspruch auf Elternzeit nach § 28 Absatz 7 besteht, kann anstelle von Elternzeit eine Teilzeitbeschäftigung auch im Umfang von weniger als der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit bewilligt werden. Der Anspruch auf Elternzeit vermindert sich um die Zeit, in der diese Teilzeitbeschäftigung in Anspruch genommen wird.

(2) Über den Antrag entscheidet das Bundesministerium der Verteidigung oder die von ihm beauftragte Stelle. Die Ablehnung von Anträgen ist im Einzelnen zu begründen. Einem Antrag darf nur entsprochen werden, wenn der Soldat sich verpflichtet, während des Bewilligungszeitraumes Nebentätigkeiten nur in dem Umfang einzugehen, in dem nach § 20 den in Vollzeit beschäftigten Soldaten die Ausübung von Nebentätigkeiten gestattet ist. Es dürfen nur solche Nebentätigkeiten genehmigt werden, die dem Zweck der Teilzeitbewilligung nicht zuwiderlaufen. Wird die Verpflichtung nach Satz 3 schuldhaft verletzt, soll die Bewilligung widerrufen werden.

(3) Die zuständige Stelle kann auch nachträglich die Dauer der Teilzeitbeschäftigung beschränken, den Umfang der zu leistenden Arbeitszeit erhöhen oder deren Bewilligung widerrufen, soweit zwingende dienstliche Gründe dies erfordern. Sie soll den Übergang zur Vollzeitbeschäftigung zulassen, wenn dem Soldaten die Teilzeitbeschäftigung nicht mehr zugemutet werden kann und dienstliche Belange nicht entgegenstehen.

(4) Bemessungsgrundlage für die Arbeitszeit im Sinne von § 6 Abs. 1 des Bundesbesoldungsgesetzes ist bei teilzeitbeschäftigten Soldaten die regelmäßige Arbeitszeit gemäß § 30c Absatz 1.

(5) Das Nähere zur Teilzeitbeschäftigung der Soldaten wird in einer Rechtsverordnung geregelt. In der Rechtsverordnung werden die Wehrdienstarten bestimmt, bei denen Teilzeitbeschäftigung zulässig ist. Dort können auch bestimmte Verwendungen und Truppenteile festgelegt werden, in denen eine Teilzeitbeschäftigung nicht möglich ist. Des Weiteren kann darin, außer in den Fällen des Absatzes 1 Satz 4, vor der erstmaligen Bewilligung von Teilzeitbeschäftigung eine Mindestdienstzeit von höchstens vier Jahren gefordert werden.

(6) Abweichend von Absatz 1 wird einem Berufssoldaten oder Soldaten auf Zeit in entsprechender Anwendung des § 92a des Bundesbeamtengesetzes Teilzeitbeschäftigung als Familienpflegezeit mit Vorschuss bewilligt. Die Absätze 2 bis 5 gelten entsprechend.

(7) Einem Berufssoldaten oder Soldaten auf Zeit wird in entsprechender Anwendung des § 92b des Bundesbeamtengesetzes

1.
abweichend von Absatz 1 Teilzeitbeschäftigung oder
2.
Urlaub unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge mit Ausnahme der unentgeltlichen truppenärztlichen Versorgung
als Pflegezeit mit Vorschuss bewilligt. Im Übrigen gelten für die Bewilligung von Teilzeitbeschäftigung nach Satz 1 Nummer 1 die Absätze 2 bis 5 entsprechend.

(1) Soldatinnen und Soldaten haben nach Maßgabe des § 15 Absatz 1 oder 1a des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes Anspruch auf Elternzeit unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge mit Ausnahme der unentgeltlichen truppenärztlichen Versorgung und ohne Leistungen nach dem Unterhaltssicherungsgesetz.

(2) Der Anspruch auf Elternzeit besteht bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes, bei einem angenommenen, in Vollzeitpflege oder in Adoptionspflege genommenen Kind bis zu drei Jahren ab der Aufnahme bei der berechtigten Person, längstens bis zur Vollendung des achten Lebensjahres des Kindes. Ein Anteil von bis zu 24 Monaten kann jedoch zu einem späteren Zeitpunkt nach Maßgabe des § 28 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 des Soldatengesetzes genommen werden. Insgesamt kann die Elternzeit auf bis zu vier Zeitabschnitte verteilt werden. Die Übertragung eines Anteils der Elternzeit muss rechtzeitig vor Beginn des zu übertragenden Zeitraums beantragt werden. Sie bedarf nicht der Zustimmung der Elternzeit erteilenden Stelle.

(3) Die Elternzeit steht beiden Eltern zu; sie können sie, auch anteilig, jeweils allein oder gemeinsam nehmen. Satz 1 gilt auch für Adoptiveltern, Adoptivpflegeeltern und Vollzeitpflegeeltern.

(4) Die Elternzeit kann vorzeitig beendet oder im Rahmen des Absatzes 2 verlängert werden, wenn die nach § 3 Abs. 1 zuständige Stelle zustimmt. Die vorzeitige Beendigung wegen der Geburt eines weiteren Kindes oder wegen eines besonderen Härtefalles (§ 7 Absatz 2 Satz 3 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes) kann nur innerhalb von vier Wochen nach Antragstellung aus zwingenden dienstlichen Gründen abgelehnt werden. Die Elternzeit kann zur Inanspruchnahme der Schutzfristen nach § 5 Absatz 1 Satz 1 der Mutterschutzverordnung für Soldatinnen auch ohne Zustimmung des Dienstherrn vorzeitig beendet werden; in diesen Fällen soll die Soldatin die Beendigung der Elternzeit rechtzeitig mitteilen. Die Elternzeit ist auf Wunsch zu verlängern, wenn ein vorgesehener Wechsel in der Anspruchsberechtigung aus einem wichtigen Grund nicht erfolgen kann.

(5) Stirbt das Kind während der Elternzeit, so endet diese spätestens drei Wochen nach dem Tod des Kindes.

(6) Die von der Bundeswehr erteilte Elternzeit endet ferner mit der Beendigung des Wehrdienstverhältnisses.

(1) Einem Soldaten kann auf Antrag Teilzeitbeschäftigung im Umfang von mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit nach § 30c Absatz 1 und bis zur jeweils beantragten Dauer, längstens für zwölf Jahre bewilligt werden, soweit dienstliche Gründe nicht entgegenstehen. Die Teilzeitbeschäftigung soll bewilligt werden, wenn er mindestens ein Kind unter 18 Jahren oder einen pflegebedürftigen sonstigen Angehörigen tatsächlich betreut oder pflegt und zwingende dienstliche Gründe nicht entgegenstehen. Die Pflegebedürftigkeit ist nachzuweisen durch ein ärztliches Gutachten oder durch eine Bescheinigung der Pflegekasse oder des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung oder durch eine entsprechende Bescheinigung einer privaten Pflegeversicherung. Soweit Anspruch auf Elternzeit nach § 28 Absatz 7 besteht, kann anstelle von Elternzeit eine Teilzeitbeschäftigung auch im Umfang von weniger als der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit bewilligt werden. Der Anspruch auf Elternzeit vermindert sich um die Zeit, in der diese Teilzeitbeschäftigung in Anspruch genommen wird.

(2) Über den Antrag entscheidet das Bundesministerium der Verteidigung oder die von ihm beauftragte Stelle. Die Ablehnung von Anträgen ist im Einzelnen zu begründen. Einem Antrag darf nur entsprochen werden, wenn der Soldat sich verpflichtet, während des Bewilligungszeitraumes Nebentätigkeiten nur in dem Umfang einzugehen, in dem nach § 20 den in Vollzeit beschäftigten Soldaten die Ausübung von Nebentätigkeiten gestattet ist. Es dürfen nur solche Nebentätigkeiten genehmigt werden, die dem Zweck der Teilzeitbewilligung nicht zuwiderlaufen. Wird die Verpflichtung nach Satz 3 schuldhaft verletzt, soll die Bewilligung widerrufen werden.

(3) Die zuständige Stelle kann auch nachträglich die Dauer der Teilzeitbeschäftigung beschränken, den Umfang der zu leistenden Arbeitszeit erhöhen oder deren Bewilligung widerrufen, soweit zwingende dienstliche Gründe dies erfordern. Sie soll den Übergang zur Vollzeitbeschäftigung zulassen, wenn dem Soldaten die Teilzeitbeschäftigung nicht mehr zugemutet werden kann und dienstliche Belange nicht entgegenstehen.

(4) Bemessungsgrundlage für die Arbeitszeit im Sinne von § 6 Abs. 1 des Bundesbesoldungsgesetzes ist bei teilzeitbeschäftigten Soldaten die regelmäßige Arbeitszeit gemäß § 30c Absatz 1.

(5) Das Nähere zur Teilzeitbeschäftigung der Soldaten wird in einer Rechtsverordnung geregelt. In der Rechtsverordnung werden die Wehrdienstarten bestimmt, bei denen Teilzeitbeschäftigung zulässig ist. Dort können auch bestimmte Verwendungen und Truppenteile festgelegt werden, in denen eine Teilzeitbeschäftigung nicht möglich ist. Des Weiteren kann darin, außer in den Fällen des Absatzes 1 Satz 4, vor der erstmaligen Bewilligung von Teilzeitbeschäftigung eine Mindestdienstzeit von höchstens vier Jahren gefordert werden.

(6) Abweichend von Absatz 1 wird einem Berufssoldaten oder Soldaten auf Zeit in entsprechender Anwendung des § 92a des Bundesbeamtengesetzes Teilzeitbeschäftigung als Familienpflegezeit mit Vorschuss bewilligt. Die Absätze 2 bis 5 gelten entsprechend.

(7) Einem Berufssoldaten oder Soldaten auf Zeit wird in entsprechender Anwendung des § 92b des Bundesbeamtengesetzes

1.
abweichend von Absatz 1 Teilzeitbeschäftigung oder
2.
Urlaub unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge mit Ausnahme der unentgeltlichen truppenärztlichen Versorgung
als Pflegezeit mit Vorschuss bewilligt. Im Übrigen gelten für die Bewilligung von Teilzeitbeschäftigung nach Satz 1 Nummer 1 die Absätze 2 bis 5 entsprechend.

(1) Beförderung ist die Verleihung eines höheren Dienstgrades.

(2) Die Dienstgrade einer Laufbahn sind regelmäßig zu durchlaufen, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist.

(3) Den in § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 6 Genannten kann abweichend von Absatz 2 ein höherer Dienstgrad verliehen werden

1.
für eine militärische Verwendung, wenn die für diese Verwendung erforderlichen militärischen Kenntnisse und Fähigkeiten und die erforderliche Lebenserfahrung durch eine berufliche Tätigkeit in Streitkräften oder streitkräfteähnlichen Einrichtungen erworben worden sind, oder
2.
für eine militärfachliche Verwendung, insbesondere eine solche, die einem Berufsbild aus dem Bereich des Gesundheits-, Verwaltungs-, Logistik- oder Medienwesens oder einem technischen Beruf entspricht, wenn die für diese Verwendung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten und die erforderliche Lebenserfahrung durch eine zivilberufliche Tätigkeit erworben worden sind.
Den in § 1 Satz 1 Nummer 3 bis 6 Genannten wird der Dienstgrad vorläufig verliehen; er kann nach einem Wehrdienst von mindestens der in § 10 Absatz 2 Satz 1, § 22 Absatz 2 Satz 5 und § 43 Absatz 5 Satz 2 jeweils bestimmten Dauer endgültig verliehen werden. In den Fällen nach Satz 1 Nummer 2 kann der höhere Dienstgrad auch zeitweilig für die Dauer der Verwendung verliehen werden. Über die Verleihung der höheren Dienstgrade entscheidet das Bundesministerium der Verteidigung oder die von ihm beauftragte Stelle. Die Laufbahn ist in der Entscheidung zu bezeichnen. Die Sätze 1 und 4 gelten entsprechend für die in § 1 Satz 1 Nummer 7 Genannten; der höhere Dienstgrad darf nur für die Dauer der dienstlichen Veranstaltung verliehen werden.

(1) Dem Soldaten steht alljährlich ein Erholungsurlaub unter Belassung der Geld- und Sachbezüge zu.

(2) Der Urlaub darf versagt werden, soweit und solange zwingende dienstliche Erfordernisse einer Urlaubserteilung entgegenstehen.

(3) Dem Soldaten kann aus besonderen Anlässen Urlaub erteilt werden.

(4) Die Erteilung und die Dauer des Urlaubs regelt eine Rechtsverordnung. Sie bestimmt, ob und inwieweit die Geld- und Sachbezüge während eines Urlaubs aus besonderen Anlässen zu belassen sind.

(5) Einem Berufssoldaten oder Soldaten auf Zeit kann auf Antrag unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge mit Ausnahme der unentgeltlichen truppenärztlichen Versorgung Urlaub bis zur Dauer von drei Jahren mit der Möglichkeit der Verlängerung auf längstens 15 Jahre gewährt werden, wenn er

1.
mindestens ein Kind unter 18 Jahren oder
2.
einen nach ärztlichem Gutachten pflegebedürftigen sonstigen Angehörigen
tatsächlich betreut oder pflegt. Bei einem Soldaten auf Zeit ist die Gewährung nur insoweit zulässig, als er nicht mehr verpflichtet ist, auf Grund der Wehrpflicht Grundwehrdienst zu leisten. Der Antrag auf Verlängerung einer Beurlaubung ist spätestens sechs Monate vor Ablauf der genehmigten Beurlaubung zu stellen. Während der Beurlaubung dürfen nur solche Nebentätigkeiten genehmigt werden, die dem Zweck der Beurlaubung nicht zuwiderlaufen. Ein bereits bewilligter Urlaub kann aus zwingenden Gründen der Verteidigung widerrufen werden.

(6) Stimmt ein Berufssoldat oder Soldat auf Zeit seiner Aufstellung als Bewerber für die Wahl zum Europäischen Parlament, zum Deutschen Bundestag oder zu der gesetzgebenden Körperschaft eines Landes zu, ist ihm auf Antrag innerhalb der letzten zwei Monate vor dem Wahltag der zur Vorbereitung seiner Wahl erforderliche Urlaub unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge zu gewähren.

(7) Soldaten haben Anspruch auf Elternzeit unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge mit Ausnahme der unentgeltlichen truppenärztlichen Versorgung. Das Nähere wird durch eine Rechtsverordnung geregelt, die die Eigenart des militärischen Dienstes berücksichtigt.

(1) Eine Beförderung ist, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, frühestens ein Jahr nach der Einstellung oder der letzten Beförderung zulässig, es sei denn, dass der bisherige Dienstgrad nicht regelmäßig durchlaufen werden musste.

(2) Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden ab dem Tag der Einstellung gerechnet oder, falls die Dienstzeit in einem bestimmten Dienstgrad abgeleistet sein muss, ab dem Tag, an dem die Ernennung wirksam geworden ist. Dabei gilt bei einer Einstellung oder Einberufung mit einem höheren als dem untersten Dienstgrad der Mannschaften die Zeit als erfüllt, die nach dieser Verordnung für eine Beförderung zu dem Dienstgrad, mit dem die Soldatin oder der Soldat eingestellt oder einberufen worden ist, erforderlich ist. Bei Soldatinnen oder Soldaten, die vor ihrer Einstellung Dienst als Beamtinnen oder Beamte im Bundesgrenzschutz, in der Bundespolizei oder in einer Bereitschaftspolizei der Länder geleistet haben, wird diese Dienstzeit auf die entsprechenden Dienstzeiten angerechnet, die Voraussetzung für die Beförderungen sind.

(3) Als Dienstzeit gilt auch die Zeit

1.
in einem vorläufigen Dienstgrad, wenn der Soldatin oder dem Soldaten dieser Dienstgrad verliehen worden ist; dies gilt nicht für die Zeit in einem vorläufigen Dienstgrad, den frühere Angehörige der ehemaligen Nationalen Volksarmee auf Anordnung des Bundesministeriums der Verteidigung während des Dienstverhältnisses besonderer Art geführt haben;
2.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge für die Tätigkeit in öffentlichen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen oder zur Übernahme von Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit;
3.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge, der dienstlichen Interessen oder öffentlichen Belangen dient, bis zur Dauer von insgesamt zwei Jahren; die zeitliche Grenze gilt nicht, wenn der Urlaub für eine der folgenden Tätigkeiten erteilt worden ist:
a)
für eine Tätigkeit als wissenschaftliche Assistentin oder wissenschaftlicher Assistent oder als Geschäftsführerin oder Geschäftsführer bei Fraktionen des Deutschen Bundestages oder der Landtage,
b)
für eine Tätigkeit bei der Deutschen Flugsicherung GmbH,
c)
für eine Tätigkeit bei sonstigen Gesellschaften des Bundes oder Gesellschaften mit Bundesbeteiligung oder
d)
für eine Tätigkeit bei Unternehmen, mit denen die Bundeswehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben auf vertraglicher Grundlage zusammenarbeitet;
4.
einer Elternzeit nach § 28 Absatz 7 des Soldatengesetzes sowie eines Urlaubs nach § 28 Absatz 5 des Soldatengesetzes.
Satz 1 Nummer 2 oder 3 ist nur anzuwenden, wenn die Soldatin oder der Soldat Aufgaben wahrnimmt, die ihrem oder seinem Dienstgrad entsprechen. Das Bundesministerium der Verteidigung hat bei Gewährung des Urlaubs schriftlich festzustellen, dass die Voraussetzungen vorliegen.

(4) Bei der Anrechnung von Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden Teilzeitbeschäftigung und Vollzeitbeschäftigung gleich behandelt.

(1) Bis zum 31. Dezember 2017 können bis zu2 170 Berufssoldatinnenund Berufssoldaten mit ihrer Zustimmung in den Ruhestand versetzt werden, wenn

1.
dies zur Verringerung der Zahl der Soldatinnen und Soldaten erforderlich ist,
2.
eine zumutbare Weiterverwendung bei einer Bundesbehörde oder bei einem anderen öffentlich-rechtlichen Dienstherrn nicht möglich ist,
3.
sonstige dienstliche Gründe einer Versetzung in den Ruhestand nicht entgegenstehen und
4.
die Berufssoldatinnen und Berufssoldaten das 40. Lebensjahr vollendet und eine Dienstzeit von mindestens 20 Jahren abgeleistet haben;
stellt das Bundesministerium der Verteidigung nach dem 30. September 2014 einen unabweisbaren Bedarf für weitere Zurruhesetzungen fest, kann es unbeschadet des § 11 zulassen, dass unter den Voraussetzungen der Nummern 1 bis 4 bis zum 31. Dezember 2017 insgesamt bis zu 3 100 Berufssoldatinnen und Berufssoldaten mit ihrer Zustimmung in den Ruhestand versetzt werden. Für Berufsunteroffiziere, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, und Berufsoffiziere, die das 52. Lebensjahr vollendet haben, gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass eine Versetzung in den Ruhestand abweichend von Satz 1 Nummer 1 auch zur Verjüngung des Personalkörpers erfolgen kann.

(2) Als Dienstzeit im Sinne des Absatzes 1 werden Zeiten im Sinne des § 15 Absatz 2 und des § 23 Absatz 1 des Soldatenversorgungsgesetzes berücksichtigt, soweit sie ruhegehaltfähig sind.

(3) Die Versetzung in den Ruhestand wird von der Stelle verfügt, die nach § 4 Absatz 2 des Soldatengesetzes für die Ernennung der Berufssoldatin oder des Berufssoldaten zuständig wäre. Die Verfügung ist spätestens drei Monate vor dem Beginn des Ruhestandes schriftlich zuzustellen. Sie kann bis zum Beginn des Ruhestandes widerrufen werden, wenn dienstliche Gründe die Fortsetzung des Dienstverhältnisses erfordern und die Fortsetzung unter Berücksichtigung der persönlichen, insbesondere häuslichen, beruflichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse zumutbar ist.

(4) Im Ruhestand darf die Dienstgradbezeichnung mit dem Zusatz „außer Dienst“ oder „a. D.“ geführt werden. Während eines erneuten Wehrdienstverhältnisses entfällt dieser Zusatz.

(1) Der Soldat kann sich beschweren, wenn er glaubt, von Vorgesetzten oder von Dienststellen der Bundeswehr unrichtig behandelt oder durch pflichtwidriges Verhalten von Kameraden verletzt zu sein. Das Beschwerderecht der Vertrauensperson regelt das Soldatenbeteiligungsgesetz.

(2) Der Soldat kann die Beschwerde auch darauf stützen, dass ihm auf einen Antrag innerhalb eines Monats kein Bescheid erteilt worden ist.

(3) Nach Beendigung eines Wehrdienstverhältnisses steht dem früheren Soldaten das Beschwerderecht zu, wenn der Beschwerdeanlass in die Wehrdienstzeit fällt.

(4) Gemeinschaftliche Beschwerden sind unzulässig. Insoweit wird das Petitionsrecht nach Artikel 17 des Grundgesetzes eingeschränkt.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Eine Beförderung ist, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, frühestens ein Jahr nach der Einstellung oder der letzten Beförderung zulässig, es sei denn, dass der bisherige Dienstgrad nicht regelmäßig durchlaufen werden musste.

(2) Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden ab dem Tag der Einstellung gerechnet oder, falls die Dienstzeit in einem bestimmten Dienstgrad abgeleistet sein muss, ab dem Tag, an dem die Ernennung wirksam geworden ist. Dabei gilt bei einer Einstellung oder Einberufung mit einem höheren als dem untersten Dienstgrad der Mannschaften die Zeit als erfüllt, die nach dieser Verordnung für eine Beförderung zu dem Dienstgrad, mit dem die Soldatin oder der Soldat eingestellt oder einberufen worden ist, erforderlich ist. Bei Soldatinnen oder Soldaten, die vor ihrer Einstellung Dienst als Beamtinnen oder Beamte im Bundesgrenzschutz, in der Bundespolizei oder in einer Bereitschaftspolizei der Länder geleistet haben, wird diese Dienstzeit auf die entsprechenden Dienstzeiten angerechnet, die Voraussetzung für die Beförderungen sind.

(3) Als Dienstzeit gilt auch die Zeit

1.
in einem vorläufigen Dienstgrad, wenn der Soldatin oder dem Soldaten dieser Dienstgrad verliehen worden ist; dies gilt nicht für die Zeit in einem vorläufigen Dienstgrad, den frühere Angehörige der ehemaligen Nationalen Volksarmee auf Anordnung des Bundesministeriums der Verteidigung während des Dienstverhältnisses besonderer Art geführt haben;
2.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge für die Tätigkeit in öffentlichen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen oder zur Übernahme von Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit;
3.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge, der dienstlichen Interessen oder öffentlichen Belangen dient, bis zur Dauer von insgesamt zwei Jahren; die zeitliche Grenze gilt nicht, wenn der Urlaub für eine der folgenden Tätigkeiten erteilt worden ist:
a)
für eine Tätigkeit als wissenschaftliche Assistentin oder wissenschaftlicher Assistent oder als Geschäftsführerin oder Geschäftsführer bei Fraktionen des Deutschen Bundestages oder der Landtage,
b)
für eine Tätigkeit bei der Deutschen Flugsicherung GmbH,
c)
für eine Tätigkeit bei sonstigen Gesellschaften des Bundes oder Gesellschaften mit Bundesbeteiligung oder
d)
für eine Tätigkeit bei Unternehmen, mit denen die Bundeswehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben auf vertraglicher Grundlage zusammenarbeitet;
4.
einer Elternzeit nach § 28 Absatz 7 des Soldatengesetzes sowie eines Urlaubs nach § 28 Absatz 5 des Soldatengesetzes.
Satz 1 Nummer 2 oder 3 ist nur anzuwenden, wenn die Soldatin oder der Soldat Aufgaben wahrnimmt, die ihrem oder seinem Dienstgrad entsprechen. Das Bundesministerium der Verteidigung hat bei Gewährung des Urlaubs schriftlich festzustellen, dass die Voraussetzungen vorliegen.

(4) Bei der Anrechnung von Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden Teilzeitbeschäftigung und Vollzeitbeschäftigung gleich behandelt.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Eine Beförderung ist, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, frühestens ein Jahr nach der Einstellung oder der letzten Beförderung zulässig, es sei denn, dass der bisherige Dienstgrad nicht regelmäßig durchlaufen werden musste.

(2) Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden ab dem Tag der Einstellung gerechnet oder, falls die Dienstzeit in einem bestimmten Dienstgrad abgeleistet sein muss, ab dem Tag, an dem die Ernennung wirksam geworden ist. Dabei gilt bei einer Einstellung oder Einberufung mit einem höheren als dem untersten Dienstgrad der Mannschaften die Zeit als erfüllt, die nach dieser Verordnung für eine Beförderung zu dem Dienstgrad, mit dem die Soldatin oder der Soldat eingestellt oder einberufen worden ist, erforderlich ist. Bei Soldatinnen oder Soldaten, die vor ihrer Einstellung Dienst als Beamtinnen oder Beamte im Bundesgrenzschutz, in der Bundespolizei oder in einer Bereitschaftspolizei der Länder geleistet haben, wird diese Dienstzeit auf die entsprechenden Dienstzeiten angerechnet, die Voraussetzung für die Beförderungen sind.

(3) Als Dienstzeit gilt auch die Zeit

1.
in einem vorläufigen Dienstgrad, wenn der Soldatin oder dem Soldaten dieser Dienstgrad verliehen worden ist; dies gilt nicht für die Zeit in einem vorläufigen Dienstgrad, den frühere Angehörige der ehemaligen Nationalen Volksarmee auf Anordnung des Bundesministeriums der Verteidigung während des Dienstverhältnisses besonderer Art geführt haben;
2.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge für die Tätigkeit in öffentlichen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen oder zur Übernahme von Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit;
3.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge, der dienstlichen Interessen oder öffentlichen Belangen dient, bis zur Dauer von insgesamt zwei Jahren; die zeitliche Grenze gilt nicht, wenn der Urlaub für eine der folgenden Tätigkeiten erteilt worden ist:
a)
für eine Tätigkeit als wissenschaftliche Assistentin oder wissenschaftlicher Assistent oder als Geschäftsführerin oder Geschäftsführer bei Fraktionen des Deutschen Bundestages oder der Landtage,
b)
für eine Tätigkeit bei der Deutschen Flugsicherung GmbH,
c)
für eine Tätigkeit bei sonstigen Gesellschaften des Bundes oder Gesellschaften mit Bundesbeteiligung oder
d)
für eine Tätigkeit bei Unternehmen, mit denen die Bundeswehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben auf vertraglicher Grundlage zusammenarbeitet;
4.
einer Elternzeit nach § 28 Absatz 7 des Soldatengesetzes sowie eines Urlaubs nach § 28 Absatz 5 des Soldatengesetzes.
Satz 1 Nummer 2 oder 3 ist nur anzuwenden, wenn die Soldatin oder der Soldat Aufgaben wahrnimmt, die ihrem oder seinem Dienstgrad entsprechen. Das Bundesministerium der Verteidigung hat bei Gewährung des Urlaubs schriftlich festzustellen, dass die Voraussetzungen vorliegen.

(4) Bei der Anrechnung von Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden Teilzeitbeschäftigung und Vollzeitbeschäftigung gleich behandelt.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Die Dienststellen haben Arbeitszeiten und sonstige Rahmenbedingungen anzubieten, die allen Beschäftigten die Vereinbarkeit von Familie oder Pflege mit der Berufstätigkeit erleichtern, soweit zwingende dienstliche Belange oder zwingende betriebliche Belange dem nicht entgegenstehen. Zu den sonstigen Rahmenbedingungen können Möglichkeiten zur Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Personen einschließlich entsprechender Beratungs- und Vermittlungsleistungen gehören.

(1) Eine Beförderung ist, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, frühestens ein Jahr nach der Einstellung oder der letzten Beförderung zulässig, es sei denn, dass der bisherige Dienstgrad nicht regelmäßig durchlaufen werden musste.

(2) Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden ab dem Tag der Einstellung gerechnet oder, falls die Dienstzeit in einem bestimmten Dienstgrad abgeleistet sein muss, ab dem Tag, an dem die Ernennung wirksam geworden ist. Dabei gilt bei einer Einstellung oder Einberufung mit einem höheren als dem untersten Dienstgrad der Mannschaften die Zeit als erfüllt, die nach dieser Verordnung für eine Beförderung zu dem Dienstgrad, mit dem die Soldatin oder der Soldat eingestellt oder einberufen worden ist, erforderlich ist. Bei Soldatinnen oder Soldaten, die vor ihrer Einstellung Dienst als Beamtinnen oder Beamte im Bundesgrenzschutz, in der Bundespolizei oder in einer Bereitschaftspolizei der Länder geleistet haben, wird diese Dienstzeit auf die entsprechenden Dienstzeiten angerechnet, die Voraussetzung für die Beförderungen sind.

(3) Als Dienstzeit gilt auch die Zeit

1.
in einem vorläufigen Dienstgrad, wenn der Soldatin oder dem Soldaten dieser Dienstgrad verliehen worden ist; dies gilt nicht für die Zeit in einem vorläufigen Dienstgrad, den frühere Angehörige der ehemaligen Nationalen Volksarmee auf Anordnung des Bundesministeriums der Verteidigung während des Dienstverhältnisses besonderer Art geführt haben;
2.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge für die Tätigkeit in öffentlichen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen oder zur Übernahme von Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit;
3.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge, der dienstlichen Interessen oder öffentlichen Belangen dient, bis zur Dauer von insgesamt zwei Jahren; die zeitliche Grenze gilt nicht, wenn der Urlaub für eine der folgenden Tätigkeiten erteilt worden ist:
a)
für eine Tätigkeit als wissenschaftliche Assistentin oder wissenschaftlicher Assistent oder als Geschäftsführerin oder Geschäftsführer bei Fraktionen des Deutschen Bundestages oder der Landtage,
b)
für eine Tätigkeit bei der Deutschen Flugsicherung GmbH,
c)
für eine Tätigkeit bei sonstigen Gesellschaften des Bundes oder Gesellschaften mit Bundesbeteiligung oder
d)
für eine Tätigkeit bei Unternehmen, mit denen die Bundeswehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben auf vertraglicher Grundlage zusammenarbeitet;
4.
einer Elternzeit nach § 28 Absatz 7 des Soldatengesetzes sowie eines Urlaubs nach § 28 Absatz 5 des Soldatengesetzes.
Satz 1 Nummer 2 oder 3 ist nur anzuwenden, wenn die Soldatin oder der Soldat Aufgaben wahrnimmt, die ihrem oder seinem Dienstgrad entsprechen. Das Bundesministerium der Verteidigung hat bei Gewährung des Urlaubs schriftlich festzustellen, dass die Voraussetzungen vorliegen.

(4) Bei der Anrechnung von Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden Teilzeitbeschäftigung und Vollzeitbeschäftigung gleich behandelt.

(1) Teilzeitbeschäftigung darf sich nicht nachteilig auf das berufliche Fortkommen und die dienstliche Beurteilung auswirken. Eine unterschiedliche Behandlung von teilzeitbeschäftigten und vollzeitbeschäftigten Soldatinnen und Soldaten ist nur zulässig, wenn wichtige sachliche Gründe sie rechtfertigen.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend für wegen Familienpflichten beurlaubte Soldatinnen und Soldaten; eine regelmäßige Gleichbehandlung von Zeiten der Beurlaubung, der Teilzeit- und der Vollzeitbeschäftigung ist damit nicht verbunden.

(3) Bei Beförderungen sind die sich aus der familienbedingten Beurlaubung ergebenden Verzögerungen angemessen zu berücksichtigen.

(4) Soldatinnen und Soldaten können während einer Beurlaubung gemäß Absatz 2 befördert werden, wenn die Eignung für den höheren Dienstgrad vor der Beurlaubung nachgewiesen wurde und die übrigen laufbahnrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind.

(1) Beförderung ist die Verleihung eines höheren Dienstgrades.

(2) Die Dienstgrade einer Laufbahn sind regelmäßig zu durchlaufen, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist.

(3) Den in § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 6 Genannten kann abweichend von Absatz 2 ein höherer Dienstgrad verliehen werden

1.
für eine militärische Verwendung, wenn die für diese Verwendung erforderlichen militärischen Kenntnisse und Fähigkeiten und die erforderliche Lebenserfahrung durch eine berufliche Tätigkeit in Streitkräften oder streitkräfteähnlichen Einrichtungen erworben worden sind, oder
2.
für eine militärfachliche Verwendung, insbesondere eine solche, die einem Berufsbild aus dem Bereich des Gesundheits-, Verwaltungs-, Logistik- oder Medienwesens oder einem technischen Beruf entspricht, wenn die für diese Verwendung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten und die erforderliche Lebenserfahrung durch eine zivilberufliche Tätigkeit erworben worden sind.
Den in § 1 Satz 1 Nummer 3 bis 6 Genannten wird der Dienstgrad vorläufig verliehen; er kann nach einem Wehrdienst von mindestens der in § 10 Absatz 2 Satz 1, § 22 Absatz 2 Satz 5 und § 43 Absatz 5 Satz 2 jeweils bestimmten Dauer endgültig verliehen werden. In den Fällen nach Satz 1 Nummer 2 kann der höhere Dienstgrad auch zeitweilig für die Dauer der Verwendung verliehen werden. Über die Verleihung der höheren Dienstgrade entscheidet das Bundesministerium der Verteidigung oder die von ihm beauftragte Stelle. Die Laufbahn ist in der Entscheidung zu bezeichnen. Die Sätze 1 und 4 gelten entsprechend für die in § 1 Satz 1 Nummer 7 Genannten; der höhere Dienstgrad darf nur für die Dauer der dienstlichen Veranstaltung verliehen werden.

(1) Frühere Soldatinnen und frühere Soldaten, deren Laufbahnen weggefallen sind, sind bei erneuter Einstellung einer Laufbahn zuzuordnen, die ihrer Eignung, Befähigung und Leistung entspricht. Ihre Zustimmung zum Laufbahnwechsel ist nicht erforderlich.

(2) Für vor dem 1. Juli 2011 nach § 38 Absatz 1 in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung eingestellte Offiziere in der Laufbahn der Offiziere des Geoinformationsdienstes der Bundeswehr gilt für die Beförderung zum Major § 5a Absatz 1. Dies gilt auch für Studierende, die sich vor dem 1. Juli 2011 zu einem späteren Dienst als Offizier in der Laufbahn der Offiziere des Geoinformationsdienstes der Bundeswehr verpflichtet haben und deshalb eine Studienbeihilfe von der Bundeswehr erhalten.

(1) Dem Soldaten steht alljährlich ein Erholungsurlaub unter Belassung der Geld- und Sachbezüge zu.

(2) Der Urlaub darf versagt werden, soweit und solange zwingende dienstliche Erfordernisse einer Urlaubserteilung entgegenstehen.

(3) Dem Soldaten kann aus besonderen Anlässen Urlaub erteilt werden.

(4) Die Erteilung und die Dauer des Urlaubs regelt eine Rechtsverordnung. Sie bestimmt, ob und inwieweit die Geld- und Sachbezüge während eines Urlaubs aus besonderen Anlässen zu belassen sind.

(5) Einem Berufssoldaten oder Soldaten auf Zeit kann auf Antrag unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge mit Ausnahme der unentgeltlichen truppenärztlichen Versorgung Urlaub bis zur Dauer von drei Jahren mit der Möglichkeit der Verlängerung auf längstens 15 Jahre gewährt werden, wenn er

1.
mindestens ein Kind unter 18 Jahren oder
2.
einen nach ärztlichem Gutachten pflegebedürftigen sonstigen Angehörigen
tatsächlich betreut oder pflegt. Bei einem Soldaten auf Zeit ist die Gewährung nur insoweit zulässig, als er nicht mehr verpflichtet ist, auf Grund der Wehrpflicht Grundwehrdienst zu leisten. Der Antrag auf Verlängerung einer Beurlaubung ist spätestens sechs Monate vor Ablauf der genehmigten Beurlaubung zu stellen. Während der Beurlaubung dürfen nur solche Nebentätigkeiten genehmigt werden, die dem Zweck der Beurlaubung nicht zuwiderlaufen. Ein bereits bewilligter Urlaub kann aus zwingenden Gründen der Verteidigung widerrufen werden.

(6) Stimmt ein Berufssoldat oder Soldat auf Zeit seiner Aufstellung als Bewerber für die Wahl zum Europäischen Parlament, zum Deutschen Bundestag oder zu der gesetzgebenden Körperschaft eines Landes zu, ist ihm auf Antrag innerhalb der letzten zwei Monate vor dem Wahltag der zur Vorbereitung seiner Wahl erforderliche Urlaub unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge zu gewähren.

(7) Soldaten haben Anspruch auf Elternzeit unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge mit Ausnahme der unentgeltlichen truppenärztlichen Versorgung. Das Nähere wird durch eine Rechtsverordnung geregelt, die die Eigenart des militärischen Dienstes berücksichtigt.

(1) Frühere Soldatinnen und frühere Soldaten, deren Laufbahnen weggefallen sind, sind bei erneuter Einstellung einer Laufbahn zuzuordnen, die ihrer Eignung, Befähigung und Leistung entspricht. Ihre Zustimmung zum Laufbahnwechsel ist nicht erforderlich.

(2) Für vor dem 1. Juli 2011 nach § 38 Absatz 1 in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung eingestellte Offiziere in der Laufbahn der Offiziere des Geoinformationsdienstes der Bundeswehr gilt für die Beförderung zum Major § 5a Absatz 1. Dies gilt auch für Studierende, die sich vor dem 1. Juli 2011 zu einem späteren Dienst als Offizier in der Laufbahn der Offiziere des Geoinformationsdienstes der Bundeswehr verpflichtet haben und deshalb eine Studienbeihilfe von der Bundeswehr erhalten.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Eine Beförderung ist, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, frühestens ein Jahr nach der Einstellung oder der letzten Beförderung zulässig, es sei denn, dass der bisherige Dienstgrad nicht regelmäßig durchlaufen werden musste.

(2) Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden ab dem Tag der Einstellung gerechnet oder, falls die Dienstzeit in einem bestimmten Dienstgrad abgeleistet sein muss, ab dem Tag, an dem die Ernennung wirksam geworden ist. Dabei gilt bei einer Einstellung oder Einberufung mit einem höheren als dem untersten Dienstgrad der Mannschaften die Zeit als erfüllt, die nach dieser Verordnung für eine Beförderung zu dem Dienstgrad, mit dem die Soldatin oder der Soldat eingestellt oder einberufen worden ist, erforderlich ist. Bei Soldatinnen oder Soldaten, die vor ihrer Einstellung Dienst als Beamtinnen oder Beamte im Bundesgrenzschutz, in der Bundespolizei oder in einer Bereitschaftspolizei der Länder geleistet haben, wird diese Dienstzeit auf die entsprechenden Dienstzeiten angerechnet, die Voraussetzung für die Beförderungen sind.

(3) Als Dienstzeit gilt auch die Zeit

1.
in einem vorläufigen Dienstgrad, wenn der Soldatin oder dem Soldaten dieser Dienstgrad verliehen worden ist; dies gilt nicht für die Zeit in einem vorläufigen Dienstgrad, den frühere Angehörige der ehemaligen Nationalen Volksarmee auf Anordnung des Bundesministeriums der Verteidigung während des Dienstverhältnisses besonderer Art geführt haben;
2.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge für die Tätigkeit in öffentlichen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen oder zur Übernahme von Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit;
3.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge, der dienstlichen Interessen oder öffentlichen Belangen dient, bis zur Dauer von insgesamt zwei Jahren; die zeitliche Grenze gilt nicht, wenn der Urlaub für eine der folgenden Tätigkeiten erteilt worden ist:
a)
für eine Tätigkeit als wissenschaftliche Assistentin oder wissenschaftlicher Assistent oder als Geschäftsführerin oder Geschäftsführer bei Fraktionen des Deutschen Bundestages oder der Landtage,
b)
für eine Tätigkeit bei der Deutschen Flugsicherung GmbH,
c)
für eine Tätigkeit bei sonstigen Gesellschaften des Bundes oder Gesellschaften mit Bundesbeteiligung oder
d)
für eine Tätigkeit bei Unternehmen, mit denen die Bundeswehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben auf vertraglicher Grundlage zusammenarbeitet;
4.
einer Elternzeit nach § 28 Absatz 7 des Soldatengesetzes sowie eines Urlaubs nach § 28 Absatz 5 des Soldatengesetzes.
Satz 1 Nummer 2 oder 3 ist nur anzuwenden, wenn die Soldatin oder der Soldat Aufgaben wahrnimmt, die ihrem oder seinem Dienstgrad entsprechen. Das Bundesministerium der Verteidigung hat bei Gewährung des Urlaubs schriftlich festzustellen, dass die Voraussetzungen vorliegen.

(4) Bei der Anrechnung von Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden Teilzeitbeschäftigung und Vollzeitbeschäftigung gleich behandelt.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tatbestand

1

Der Antragsteller begehrt die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes für das Auswahljahr 2015.

2

Der ... Antragsteller ist Soldat auf Zeit. Seine zuletzt auf zwölf Jahre festgesetzte Dienstzeit wird mit Ablauf des 30. Juni 20.. enden. Er ist Angehöriger der Laufbahn der Unteroffiziere mit Portepée in der Marine und gehört der Ausbildungs- und Verwendungsreihe ... an. Er wurde am 3. Oktober 20.. zum Bootsmann, am 3. Oktober 20.. zum Oberbootsmann und zuletzt am 1. Juli 20.. zum Hauptbootsmann ernannt. Seit dem ... ist er auf Bootsmann-Dienstposten eingesetzt. Nach Mitteilung des Bundesministeriums der Verteidigung wird er seit dem 1. April 2014 auf dem Dienstposten eines Marinesicherungsbootsmanns ... verwendet.

3

Zum Vorlagetermin 31. März 2013 erhielt der Antragsteller am 15. März 2013 gemäß Nr. 204 Buchst. a Nr. 1, Buchst. b Satz 1 der damals gültigen ZDv 20/6 seine erste planmäßige Beurteilung als Portepéeunteroffizier.

4

Mit Schreiben vom 25. Juli 2013 beantragte er seine Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes für das Auswahljahr 2014. Er wurde in das Auswahlverfahren 2014 einbezogen. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 7. Mai 2014 lehnte das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr (im Folgenden: Bundesamt für das Personalmanagement) den Zulassungsantrag ab. Es führte zur Begründung aus, dass die Auswahlkonferenz für Offiziere des militärfachlichen Dienstes 2014 in ihrer Sitzung vom 10. Februar 2014 bis zum 15. April 2014 Bewerber bzw. Bewerberinnen für eine Zulassung vorgeschlagen habe, deren Eignungs- und Leistungsbild günstiger als das des Antragstellers gewesen sei. Diese Ablehnungsentscheidung lasse eine erneute Bewerbung des Antragstellers in einem zukünftigen Auswahlverfahren bei Erfüllen aller dann notwendigen Teilnahmevoraussetzungen unberührt.

5

Mit Beschluss vom 17. Dezember 2013 - BVerwG 1 WB 51.12 - hatte das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass das Aufrufen einzelner Geburtsjahrgänge kein dem Grundsatz der Bestenauslese im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG und des § 3 Abs. 1 SG genügendes Auswahlkriterium für die Bewerberauswahl bei der Zulassung von Feldwebeln zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes darstelle. Im Hinblick auf diese Rechtsprechung änderte das Bundesministerium der Verteidigung seinen Erlass zur Auswahl von Feldwebeln für die Zulassung zu dieser Laufbahn, der auf den jeweiligen Geburtsjahrgang der Bewerber abgestellt und für die Teilnahme am Auswahlverfahren unter anderem das Vorliegen einer planmäßigen Beurteilung als Feldwebel verlangt hatte ("Richtlinie für die Auswahl von Feldwebeln für die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes" vom 19. Dezember 2008). Erstmals geltend für das Auswahljahr 2015 erließ das Bundesministerium der Verteidigung die ZDv A-1340/75 ("Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes"), nach deren Nr. 201 nunmehr das Vorliegen von zwei planmäßigen Beurteilungen als Portepéeunteroffizier Teilnahmevoraussetzung für das Auswahlverfahren ist. Diese Anforderung wird in Nr. 3.2.1 der "Grundsätzlichen Anweisung und Information der Abteilung IV des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr für das Auswahljahr 2015" (GAIP 2015) wiederholt.

6

Unter dem 22. Juli 2014 beantragte der Antragsteller seine Zulassung zu der in Rede stehenden Laufbahn im Auswahljahr 2015. Den Antrag lehnte das Bundesamt für das Personalmanagement mit dem angefochtenen Bescheid vom 22. Juni 2015 ab. Es legte zur Begründung dar, dass nach Nr. 3.2.1 GAIP 2015 nur die Portepéeunteroffiziere in das Auswahlverfahren einbezogen würden, bei denen mindestens zwei planmäßige Beurteilungen als Feldwebel/Bootsmann bis zum 30. September des Antragsjahres zu erstellen bzw. beim Bundesamt für das Personalmanagement vorzulegen gewesen wären. Diese Voraussetzung habe der Antragsteller nicht erfüllt.

7

Hiergegen legte der Antragsteller mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 12. August 2015 Beschwerde ein und machte im Wesentlichen geltend, dass das Erfordernis zweier planmäßiger Beurteilungen ihm erst seit September 2014 bekannt gewesen sei. Damit habe für ihn keine Möglichkeit mehr bestanden, die zweite Beurteilung vorziehen zu lassen. Infolge der neugeregelten Anforderung einer zweiten planmäßigen Beurteilung entstehe ihm für die angestrebte Laufbahn ein Zeitverlust von zwei Jahren, bis er sich wieder bewerben könne. Man hätte ihm die Möglichkeit einer zweiten Beurteilung, möglicherweise in Gestalt einer Sonderbeurteilung, eröffnen müssen, weil er über ein sehr gutes Leistungsbild verfüge. Außerdem äußerte sich der Antragsteller in der Beschwerde zu der von ihm parallel angestrebten Umwandlung seines Dienstverhältnisses als Soldat auf Zeit in das eines Berufssoldaten.

8

Die Beschwerde wies das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - mit Bescheid vom 7. Oktober 2015 zurück. Zur Begründung erklärte es, nach Nr. 201 ZDv A-1340/75 sei für die Teilnahmeberechtigung am Auswahlverfahren 2015 das Vorliegen zweier planmäßiger Beurteilungen als Portepéeunteroffizier unabdingbar. Diese Voraussetzung erfülle der Antragsteller nicht. Für Soldatinnen und Soldaten, die nur über eine planmäßige Beurteilung als Portepéeunteroffizier verfügten und in ihrer Dienstzeit keine weitere planmäßige Beurteilung erhielten, ermögliche das Bundesamt für das Personalmanagement mindestens eine Teilnahme am Auswahlverfahren, z.B. durch Anforderung einer Sonderbeurteilung. Auch dieser Bedingung entspreche der Antragsteller, der überdies bereits am Auswahlverfahren 2014 teilgenommen habe, nicht. Ein Anspruch auf Erstellung einer Sonderbeurteilung von Amts wegen bestehe nicht. Vielmehr werde der Antragsteller zum 30. September 2015 seine nächste planmäßige Beurteilung als zweite Anlassbeurteilung erhalten, sodass ihm dann die Teilnahme am Auswahlverfahren für Offiziere des militärfachlichen Dienstes im Auswahljahr 2016 eröffnet sein werde.

9

Gegen diesen Beschwerdebescheid, der den Bevollmächtigten des Antragstellers am 8. Oktober 2015 und dem Antragsteller am 15. Dezember 2015 eröffnet wurde, beantragte der Antragsteller am 6. November 2015 und erneut am 15. Januar 2016 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Den Antrag hat das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - mit seiner Stellungnahme vom 20. Januar 2016 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

10

Zur Begründung seines Rechtsschutzbegehrens vertieft der Antragsteller sein Beschwerdevorbringen und lässt ergänzend insbesondere vortragen:

Für ihn sei die Teilnahme am Auswahlverfahren für Offiziere des militärfachlichen Dienstes in den Jahren 2014 und 2015 verhindert worden. Dabei sei unberücksichtigt geblieben, dass Art. 33 Abs. 2 GG auch für Ämter der Bundeswehr und insbesondere für die Zulassung zu der hier strittigen Laufbahn gelte. Ablehnungsgründe könnten daher nur auf den Leistungsgrundsatz gestützt werden. Er habe einen Einstellungsanspruch. Die Einschränkung seiner Teilnahmemöglichkeit verletze seine Rechte aus Art. 33 Abs. 2 GG. Die Anforderung einer zweiten planmäßigen Beurteilung als Feldwebel gehöre nicht zu den unmittelbar leistungsbezogenen Gesichtspunkten, die für die Auswahl für die angestrebte Laufbahn maßgeblich seien. Darüber hinaus sei die bei Auswahlentscheidungen einzuhaltende Dokumentationspflicht nicht hinreichend erfüllt worden.

11

Der Antragsteller beantragt,

den Bescheid des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 22. Juni 2015 in der Gestalt der Entscheidung des Bundesministeriums der Verteidigung vom 7. Oktober 2015 aufzuheben und das Bundesministerium der Verteidigung zu verpflichten, ihn gemäß § 40 SLV zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes für das Auswahljahr 2015 zuzulassen.

12

Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

13

Es verteidigt den Inhalt des Beschwerdebescheids und unterstreicht, dass sämtliche Ausführungen des Antragstellers zum Auswahlverfahren für Berufssoldaten im vorliegenden Verfahren ins Leere gingen.

14

Der Antragsteller hat sich für die Auswahljahre 2014 und 2015 um die Umwandlung seines Dienstverhältnisses in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten beworben. Bei dem ... Verwaltungsgericht war insoweit für das Auswahljahr 2014 das (inzwischen erledigte) Klageverfahren 12 A ... und ist für das Auswahljahr 2015 das Klageverfahren 12 A ... anhängig.

15

Der Antragsteller hat im Dienstgrad Hauptbootsmann am 17. August 2015 zum Vorlagetermin 30. September 2015 eine weitere planmäßige Beurteilung erhalten.

16

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministeriums der Verteidigung - R II 2 - 1319/15 - und die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

Entscheidungsgründe

17

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.

18

1. Streitgegenstand des Verfahrens ist die Zulassung des Antragstellers zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes im Auswahljahr 2015. Darauf beziehen sich ausdrücklich sein Zulassungsantrag vom 22. Juli 2014, der Inhalt der beiden angefochtenen Bescheide sowie der vom Antragsteller im gerichtlichen Verfahren mit anwaltlichen Schriftsätzen vom 6. November 2015, vom 15. Januar 2016 und vom 25. Februar 2016 gestellte Sachantrag.

19

Verfahrensgegenstand ist hingegen nicht die von ihm angestrebte Umwandlung seines Dienstverhältnisses als Soldat auf Zeit in das eines Berufssoldaten. Darauf bezogene statusrechtliche Streitigkeiten gehören nicht in die Zuständigkeit der Wehrdienstgerichte. Das ergibt sich aus § 82 Abs. 1 SG, § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO und § 39 SG. Für das Auswahljahr 2014 war und für das Auswahljahr 2015 ist beim ... Verwaltungsgericht jeweils ein entsprechendes Klageverfahren anhängig (Verfahren 12 A ... und Verfahren 12 A ...). Das umfangreiche Vorbringen des Antragstellers zu diesem Statuswechsel und die insoweit insbesondere im anwaltlichen Schriftsatz vom 17. November 2016 gestellten Beweisanträge hat der Senat deshalb außer Betracht zu lassen.

20

2. Der auf das Auswahljahr 2015 bezogene Antrag ist zulässig.

21

Der Zulässigkeit steht insbesondere nicht entgegen, dass der nach Nr. 932 ZDv 20/7 bzw. nunmehr nach Nr. 1027 ZDv A-1340/49 ("Beförderung, Einstellung, Übernahme und Zulassung von Soldatinnen und Soldaten") für das Antragsbegehren maßgebliche Zulassungstermin 1. Oktober 2015 bereits verstrichen ist. Der Rechtsstreit hat sich dadurch nicht in der Hauptsache erledigt, weil eine rückwirkende Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes rechtlich zulässig ist und nach der Praxis des Bundesministeriums der Verteidigung aufgrund einer Ausnahmegenehmigung noch erfolgen könnte, wenn der Zulassungsantrag in der Sache erfolgreich wäre (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 17. Dezember 2013 - 1 WB 51.12 - Buchholz 449 § 3 SG Nr. 67 = juris Rn. 19 und vom 24. November 2016 - 1 WB 13.16 - juris Rn. 20). Gegenteiliges hat das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - im vorliegenden Verfahren nicht geltend gemacht.

22

3. Der Antrag ist jedoch unbegründet.

23

Der Ablehnungsbescheid des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 22. Juni 2015 und der Beschwerdebescheid des Bundesministeriums der Verteidigung vom 7. Oktober 2015 sind rechtmäßig und verletzen den Antragsteller nicht in seinen Rechten. Dieser hat keinen Anspruch auf Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes im Auswahljahr 2015. Er kann insoweit - als hilfsweise zu betrachtendes Antragsbegehren - auch keine erneute Bescheidung verlangen. Der Antragsteller ist ohne Verstoß gegen seinen Bewerbungsverfahrensanspruch nicht als Bewerber in das Auswahlverfahren 2015 einbezogen worden.

24

a) Ein Soldat bzw. eine Soldatin hat keinen Anspruch auf eine bestimmte örtliche oder fachliche Verwendung. Das gilt auch für die Entscheidung über die Zulassung zu einer Offizierslaufbahn bzw. über einen Laufbahnwechsel im Wege der Übernahme (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 21. Juli 2011 - 1 WB 46.10 - Rn. 31 § 6 slv 2002 nr. 5> und vom 30. Januar 2014 - 1 WB 1.13 - Buchholz 449.2 § 6 SLV 2002 Nr. 6 Rn. 22). Über die Verwendung eines Soldaten entscheidet der zuständige Vorgesetzte bzw. die zuständige personalbearbeitende Stelle nach pflichtgemäßem Ermessen. Diese Ermessensentscheidung kann vom Wehrdienstgericht gemäß § 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 114 VwGO nur auf Ermessensfehler überprüft werden. Die gerichtliche Überprüfung richtet sich auch darauf, ob die vom Bundesministerium der Verteidigung im Wege der Selbstbindung in Verwaltungsvorschriften (wie z.B. Erlassen oder Richtlinien) festgelegten Maßgaben und Verfahrensvorschriften eingehalten sind (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 27. Februar 2003 - 1 WB 57.02 - BVerwGE 118, 25 <27>).

25

Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die Zulassung als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes sind § 40 Abs. 1 SLV sowie für das hier in Rede stehende Auswahljahr 2015 Kap. 9 ZDv A-1340/49 ("Beförderung, Einstellung, Übernahme und Zulassung von Soldatinnen und Soldaten") i.V.m. der ZDv A-1340/75 ("Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes"). Nach § 40 Abs. 1 SLV und Nr. 901 ZDv A-1340/49 steht die Zulassung im Ermessen des Bundesministeriums der Verteidigung und setzt Bedarf und Eignung des Bewerbers voraus. Die Auswahl erfolgt gemäß Nr. 905 ZDv A-1340/49 nach der ZDv A-1340/75 sowie nach der für das Auswahljahr 2015 erlassenen "Grundsätzlichen Anweisung und Information der Abteilung IV des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr" (GAIP 2015). Ziel des Auswahlverfahrens ist es, unter Berücksichtigung der streitkräftegemeinsamen Bedarfsträgerforderungen den aus dem jeweils gültigen Personalstrukturmodell und der Soll-Organisation der Bundeswehr abgeleiteten Bedarf der Bundeswehr an Offizieren des militärfachlichen Dienstes durch Bestenauslese nach Eignung, Befähigung und Leistung bei größtmöglicher Chancengerechtigkeit optimal zu decken (Nr. 102 ZDv A-1340/75).

26

Zusätzlich ist im Rahmen der hier streitigen Laufbahnzulassung der aus Art. 33 Abs. 2 GG folgende Bewerbungsverfahrensanspruch von Bewerbern um ein öffentliches Amt auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl zu berücksichtigen. § 3 Abs. 1 SG übernimmt die Grundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG in das Dienstverhältnis der Soldaten und erstreckt sie über Ernennungen hinaus ausdrücklich auf Verwendungsentscheidungen. Der Senat hat deshalb einen dem Beamtenrecht entsprechenden Bewerbungsverfahrensanspruch auch für soldatenrechtliche Konkurrenzverhältnisse anerkannt (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 27. Februar 2014 - 1 WB 7.13 - BVerwGE 149, 153 Rn. 27 m.w.N.), wenn es sich um Konkurrentenstreitigkeiten um höherwertige Verwendungen auf bestimmten Dienstposten handelt. Dieser Grundsatz der sogenannten Bestenauslese aus Art. 33 Abs. 2 GG und aus § 3 Abs. 1 SG ist ebenso bei Entscheidungen über einen Laufbahnaufstieg (BVerfG, Kammerbeschluss vom 10. Dezember 2008 - 2 BvR 2571/07 - NVwZ 2009, 389 = juris Rn. 10) und bei Entscheidungen zu beachten, die - wie hier - die Zulassung zu einer höheren Laufbahn betreffen (stRspr, z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 28. Oktober 2008 - 1 WB 32.08 - Rn. 25, vom 21. Juli 2011 - 1 WB 46.10 - Rn. 37 und vom 28. April 2015 - 1 WB 45.14 - Rn. 29; abgrenzend in Fällen eines "horizontalen Laufbahnwechsels": BVerwG, Beschluss vom 30. Januar 2014 - 1 WB 1.13 - Buchholz 449.2 § 6 SLV 2002 Nr. 6 Rn. 33 f.).

27

b) Nach Nr. 201 ZDv A-1340/75 können Soldatinnen und Soldaten, die einer Laufbahn der Feldwebel angehören, ihre Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes beantragen oder von ihren beurteilenden oder stellungnehmenden Vorgesetzten vorgeschlagen werden; teilnahmeberechtigt am Auswahlverfahren sind alle Soldatinnen und Soldaten in einer Laufbahn der Feldwebel nach Vorliegen von zwei planmäßigen Beurteilungen als Portepéeunteroffizier. In Fußnote 4 zu dieser Regelung ist festgelegt, dass planmäßige Beurteilungen nach Nr. 204 Buchst. a ZDv 20/6 und Sonderbeurteilungen, die eine planmäßige Beurteilung ersetzen (Nr. 206 Buchst. a ZDv 20/6), mit eingeschlossen sind; Soldatinnen und Soldaten, die nur über eine planmäßige Beurteilung als Portepéeunteroffizier verfügen und in ihrer Dienstzeit keine weitere planmäßige Beurteilung erhalten, ist durch das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr die Möglichkeit mindestens einer Teilnahme am Auswahlverfahren während ihrer Dienstzeit, z.B. durch Anforderung einer Sonderbeurteilung, zu ermöglichen.

28

Die GAIP 2015 bestimmt in Nr. 3.2, dass in das Auswahlverfahren nur die Portepéeunteroffiziere einbezogen werden, für die zwei planmäßige Beurteilungen vorliegen, von denen die letzte planmäßige Beurteilung zum 30. Juni 2015 nicht älter als zwei Jahre ist. Nach Nr. 3.2.1 GAIP 2015 besteht die Möglichkeit zur Teilnahme am Auswahlverfahren ausschließlich bei Vorliegen von mindestens zwei planmäßigen Beurteilungen als Portepéeunteroffizier. Eine Sonderbeurteilung ist nur dann zu erstellen, wenn der Vorlagetermin der letzten dieser beiden planmäßigen Beurteilungen am 30. Juni 2015 länger als 24 Monate zurückliegt.

29

c) Die auf diesen Vorschriften basierende Ablehnungsentscheidung des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr in der Fassung des Beschwerdebescheids des Bundesministeriums der Verteidigung ist rechtlich nicht zu beanstanden und enthält insbesondere keine Ermessensfehler.

30

aa) Für die getroffene Ablehnungsentscheidung konnten die Regelungen der ZDv A-1340/75 und der GAIP für das Auswahljahr 2015 als Rechtsgrundlagen herangezogen werden. Das hier strittige Zulassungskriterium im Auswahlverfahren für die Zulassung als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes bedurfte keiner normativen Regelung im Soldatengesetz bzw. in der Soldatenlaufbahnverordnung.

31

Nach § 27 Abs. 1 SG und § 93 Abs. 1 Nr. 2 SG werden Vorschriften über die Laufbahnen der Soldaten nach den Grundsätzen des § 27 Abs. 2 bis Abs. 6 SG durch Rechtsverordnung der Bundesregierung erlassen. Diese Verordnungsermächtigung trägt dem Vorbehalt des Gesetzes gemäß Art. 80 Abs. 1 GG in dem erforderlichen Umfang Rechnung (ebenso - auch zum Folgenden - für Offizier-Laufbahnwechsel: BVerwG, Beschluss vom 21. Juli 2011 - 1 WB 46.10 - Buchholz 449.2 § 6 SLV 2002 Nr. 5 Rn. 45, 46). Gemäß Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetz bestimmt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es nicht erforderlich, dass die Ermächtigung in ihrem Wortlaut so genau wie nur irgend möglich formuliert und gefasst ist; sie hat von Verfassungs wegen hinreichend bestimmt zu sein. Danach kann zur Klärung von Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung der Sinnzusammenhang der Norm mit anderen Bestimmungen und das von der gesetzlichen Regelung insgesamt verfolgte Ziel (auch unter Heranziehung der Entstehungsgeschichte) der Norm berücksichtigt werden. Die Bestimmtheitsanforderungen im Einzelnen sind von den Besonderheiten des jeweiligen Regelungsgegenstandes sowie der Intensität der Maßnahme abhängig; geringere Anforderungen sind vor allem bei vielgestaltigen Sachverhalten zu stellen oder wenn zu erwarten ist, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse alsbald ändern werden (BVerfG, Beschluss vom 20. Oktober 1981 - 1 BvR 640/80 - BVerfGE 58, 257 <277 f.>).

32

Die Verordnungsermächtigung in § 27 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 bis Abs. 6 SG, auf deren Grundlage die Soldatenlaufbahnverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. August 2011 (BGBI I S. 1813), insoweit zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 5 des Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes vom 8. April 2013 (BGBl I S. 730), durch die Bundesregierung erlassen worden ist, begegnet bei Anlegung dieser Maßstäbe keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. § 27 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 bis Abs. 6 SG legt Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung für die Regelungen der Laufbahnen der Soldaten in der Soldatenlaufbahnverordnung fest. Der Inhalt der Ermächtigung erstreckt sich auf die Verwirklichung des Laufbahnprinzips im soldatischen Dienstrecht. Das Laufbahnprinzip gibt dem in Art. 33 Abs. 2 GG festgelegten Grundsatz der Bestenauslese für Soldaten insoweit Konturen, als es von den Bewerbern, die für bestimmte soldatische Verwendungsbereiche nach ihrer zivilen Vor- und Ausbildung ausgewählt worden sind, regelmäßig weitere militärisch geprägte Ausbildungsmaßnahmen verlangt, die zur Erlangung der Laufbahnbefähigung in der jeweiligen Laufbahn - und ggf. vor Beförderungen - erfolgreich abgeschlossen werden müssen (Eichen in: Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 3. Auflage, 2016, § 27 Rn. 9). Hinsichtlich des Zwecks und des Ausmaßes der Ermächtigung dokumentiert § 27 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 SG hinreichend deutlich, dass der Zugang zu den Laufbahnen der Unteroffiziere und der Offiziere vorrangig den Regelbewerbern eröffnet sein soll, deren Verwendung und Werdegangsgestaltung sich in der Laufbahn vollzieht, für die sie eingestellt und ausgebildet werden. Außerdem ermöglicht die Ermächtigung in § 27 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 SG für die Laufbahnen der Offiziere die Laufbahnzulassung in Gestalt des vertikalen Laufbahnwechsels (Begriff bei Dolpp/Weniger, Soldatenlaufbahnverordnung, 7. Auflage 2009, § 6 Rn. 609) durch den Aufstieg aus den Laufbahnen der Unteroffiziere in die Laufbahnen der Offiziere. Speziell ermöglicht die Ermächtigung in § 27 Abs. 1 i.V.m. Abs. 6 Satz 2 SLV den Aufstieg in die Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes (ebenso: Walz/Eichen/Sohm, SG, 3. Aufl. 2016, § 27 Rn. 29). Die wesentlichen Regelungen für den Zugang zur Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes sind in § 3 SLV i.V.m. § 23 ff. SLV für Regelbewerber und in § 29 SLV für Aufstiegsbewerber im Truppendienst sowie in § 40 SLV für Aufstiegsbewerber zum militärfachlichen Dienst aus den Laufbahnen der Unteroffiziere getroffen worden. § 40 Abs. 1 SLV schreibt als reguläre Voraussetzungen für die Zulassung das Zeugnis über den erfolgreichen Abschluss einer Realschule oder einen als gleichwertig anerkannten Bildungsstand und mindestens den Dienstgrad Feldwebel vor.

33

Einer weitergehenden normativen Regelung bedurfte der hier in Rede stehende vertikale Laufbahnwechsel hinsichtlich der strittigen Frage der Heranziehung von (planmäßigen) Beurteilungen für das Auswahlverfahren nicht.

34

Nach § 3 Abs. 1 SG ist ein Soldat nach Eignung, Leistung und Befähigung zu verwenden. Eine derartige Verwendung ist auch der Eintritt als Anwärter in die hier in Rede stehende Laufbahn und die Teilnahme an der Ausbildung der Offizieranwärter für den militärfachlichen Dienst. Als elementares Instrument des Nachweises der Eignung, Leistung und Befähigung ist - normativ - in § 2 Abs. 1 SLV die dienstliche Beurteilung in Gestalt einer planmäßigen Beurteilung oder einer Anlassbeurteilung festgelegt. § 2 Abs. 2 SLV fixiert - ebenfalls normativ - als zwingenden Inhalt der Beurteilungen, dass die Leistungen der Soldatinnen und Soldaten nachvollziehbar darzustellen sowie Eignung und Befähigung für künftige Verwendungen einzuschätzen sind.

35

Dass (planmäßige) Beurteilungen ein nicht nur zulässiges, sondern notwendiges Kriterium im Auswahlverfahren für die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes darstellen, folgt mithin unmittelbar aus den normativen Bestimmungen der Soldatenlaufbahnverordnung.

36

bb) Der Antragsteller erfüllte für das Auswahljahr 2015 nicht die Voraussetzungen der Nr. 201 ZDv A-1340/75 und der Nr. 3.2.1 GAIP 2015.

37

Er verfügte bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der Vorlage der vollständigen Bewerbungsunterlagen am 1. Oktober 2014 (Nr. 4 GAIP 2015) lediglich über eine planmäßige Beurteilung als Portepéeunteroffizier. Diese hatte er nach seinem erstmaligen Dienstantritt am 4. Oktober 2011 auf einem Bootsmann-Dienstposten gemäß Nr. 204 Buchst. a Nr. 1, Buchst. b Satz 1 der damals gültigen ZDv 20/6 zum Vorlagetermin 31. März 2013 anlassbezogen erhalten. Bis zu dem genannten Bewerbungs-Stichtag hatte er keinen Anspruch auf Erstellung einer zweiten planmäßigen Beurteilung oder einer Sonderbeurteilung. Das hat das Bundesministerium der Verteidigung innerhalb seiner umfassenden Kontrollkompetenz (§ 13 WBO) unter Berücksichtigung der Aspekte des Einzelfalls des Antragstellers im Beschwerdebescheid, in dessen Gestalt die Ablehnungsentscheidung des Bundesamts für das Personalmanagement gerichtlich zu überprüfen ist (vgl. § 23 a Abs. 2 WBO in Verbindung mit § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), erörtert und ohne Rechtsfehler festgestellt.

38

Bis zum 1. Oktober 2014 wäre für den Antragsteller nach Nr. 204 Buchst. c (der auch im Jahr 2014 noch gültigen) ZDv 20/6 die nächstfolgende planmäßige Beurteilung nur dann zu erstellen gewesen, wenn zwischen zwei Vorlageterminen nach Nr. 203 Buchst. a (30. September der Jahre mit ungerader Endziffer) oder - für den Antragsteller maßgeblich - zwischen dem resultierenden Vorlagetermin nach Nr. 204 Buchst. a Nr. 1 (hier: 31. März 2013) und dem nächsten Vorlagetermin nach Nr. 203 Buchst. a (hier: 30. September 2013) ein Zeitraum vom mindestens zwölf Monaten gelegen hätte. Diese Bedingung war beim Antragsteller nicht erfüllt.

39

Der reguläre Vorlagetermin planmäßiger Beurteilungen nach Nr. 203 Buchst. a ZDv 20/6 für Portepéeunteroffiziere im Dienstgrad Hauptbootsmann/Stabsbootsmann (hier: 30. September 2014) galt für den Antragsteller als Oberbootsmann im Jahr 2014 noch nicht.

40

Eine Sonderbeurteilung nach Fußnote 4 zu Nr. 201 Satz 2 ZDv A-1340/75 war für den Antragsteller nicht zu erstellen, weil er bis zum Ende seiner Dienstzeit noch mindestens eine weitere planmäßige Beurteilung erhält (und inzwischen erhalten hat). Der Schutzzweck der Vorschrift in Fußnote 4, die eine ähnliche Zielrichtung verfolgt wie die "Erstbewerberregelung" in der früheren Erlasslage, trifft überdies auf die Situation des Antragstellers nicht zu, weil dieser bereits an einem vorangegangenen Auswahlverfahren (im Auswahljahr 2014) teilgenommen hat.

41

Auch nach Nr. 3.2.1 GAIP 2015 (2. Absatz) war für ihn keine Sonderbeurteilung zu fertigen. Diese Vorschrift bezieht sich nach ihrem eindeutigen Wortlaut ("der letzten dieser beiden planmäßigen Beurteilungen") nur auf Fälle, in denen ein Laufbahnbewerber bereits zwei planmäßige Beurteilungen als Portepéeunteroffizier erhalten hat und der Vorlagetermin der zweiten Beurteilung am 30. Juni 2015 länger als 24 Monate zurückliegt. Der Wortlaut der Bestimmung ermöglicht nicht eine Sonderbeurteilung bei Vorliegen nur einer planmäßigen Beurteilung als Portepéeunteroffizier, deren Vorlage länger als 24 Monat zurückliegt. Eine vom Wortlaut abweichende Verwaltungspraxis haben die Verfahrensbeteiligten nicht geltend gemacht.

42

Ferner hatte der Antragsteller keinen Anspruch darauf, die ihm im Jahr 2015 zu erteilende zweite planmäßige Beurteilung vorziehen zu lassen. Für ein Vorziehen der Beurteilung aus dem Jahr 2015 zum 30. September 2014 waren die zeitlichen und materiellen Voraussetzungen der Nr. 203 Buchst. d oder Buchst. g ZDv 20/6 (bzw. ZDv A-1340/50) nicht erfüllt.

43

Schließlich ergab sich bis zum 1. Oktober 2014 für den Antragsteller kein Anspruch auf Erteilung einer Sonderbeurteilung unmittelbar aus § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SLV. Der in dieser Norm enthaltene Begriff der "Erforderlichkeit" einer Sonderbeurteilung kann sich nach der Rechtsprechung des Senats auf die Vorbereitung konkreter Verwendungs- oder Personalentscheidungen durch die personalbearbeitende Stelle beziehen; dabei sind die aus dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG resultierenden Anforderungen mit zu berücksichtigen (BVerwG, Beschluss vom 26. Februar 2015 - 1 WB 32.14 - juris Rn. 42). Diese Rechtsprechung hat das Bundesministerium der Verteidigung im Beschwerdebescheid bei der Prüfung der Frage, ob im Einzelfall des Antragstellers eine weitere (planmäßige oder Sonder-) Beurteilung zu erstellen gewesen wäre, ausdrücklich zitiert und berücksichtigt. Bei ihren Vorbereitungshandlungen für das Auswahlverfahren des Jahres 2015 war die personalbearbeitende Stelle an Art. 3 Abs. 1 GG gebunden, der sie bei der Anwendung der ZDv A-1340/75, der GAIP 2015 und der Beurteilungsbestimmungen der ZDv 20/6 zur Gleichbehandlung der Bewerber bzw. der für den Laufbahnwechsel vorgeschlagenen Soldaten verpflichtete; sie war nicht verpflichtet, allein dem Antragsteller außerhalb der Erlasslage durch eine Sonderbeurteilung die Basis für seine Teilnahmeberechtigung zu verschaffen. Nichts anderes folgt aus dem Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers. Dieser Anspruch verpflichtet die personalbearbeitende Stelle zur Gleichbehandlung der Bewerber innerhalb des Auswahlverfahrens, bietet aber keine Rechtsgrundlage dafür, einem einzelnen Bewerber außerhalb der maßgeblichen Verfahrensregelungen einen individuellen Vorteil für die Teilnahme am Auswahlverfahren zu eröffnen.

44

cc) Hinsichtlich der im Ermessen des Bundesministeriums der Verteidigung stehenden Entscheidung über die Zulassung zur strittigen Laufbahn gelten für das Auswahlverfahren mit der Anforderung von zwei planmäßigen Beurteilungen als Portepéeunteroffizier die Rechtsgrundsätze, die der 2. Revisionssenat des Bundesverwaltungsgerichts entwickelt hat und die auf die strittige Laufbahnzulassung im militärischen Bereich übertragen werden können.

45

Hiernach steuert der Dienstherr den Zugang zu einem Aufstiegsverfahren nach seinem Eignungsurteil und seinem personalpolitischen Ermessen. Ihm ist eine gerichtlich nur beschränkt nachprüfbare Beurteilungsermächtigung für die Frage eingeräumt, ob und gegebenenfalls in welchem Maße ein Beamter die über die Anforderungen der bisherigen Laufbahn wesentlich hinausgehende Eignung für den Aufstieg besitzt bzw. erwarten lässt, ferner eine weitere Ermessensermächtigung hinsichtlich der Frage, wie viele und welche der als geeignet erscheinenden Beamten zum Aufstieg zugelassen werden. Der Beamte kann andererseits beanspruchen, dass über seine vorgeschlagene oder beantragte Zulassung zum Aufstiegsverfahren ohne Rechtsfehler entschieden wird und von praktizierten ermessensbindenden Richtlinien nicht zu seinem Nachteil grundlos abgewichen wird (BVerwG, Urteile vom 27. Mai 1982 - 2 A 1.79 - Buchholz 232.1 § 33 Nr. 1 und vom 22. September 1988 - 2 C 35.86 - BVerwGE 80, 224 f. = juris Rn. 19, 20).

46

Dieses weitgefasste personalpolitische Ermessen im Rahmen der Beurteilungsermächtigung erstreckt sich auch auf die Frage, welche Bewerber für das Auswahlverfahren antragsberechtigt sein sollen.

47

dd) Die Beschränkung des Bewerberkreises für das Auswahlverfahren zur Zulassung als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes auf Soldaten mit zwei planmäßigen Beurteilungen als Portepéeunteroffizier ist sachgerecht und überschreitet die Grenzen der vorgenannten Beurteilungsermächtigung nicht.

48

Mit der planmäßigen Beurteilung muss nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SLV das Eignungs- und Leistungsbild des beurteilten Soldaten über einen längeren Zeitraum ("Abstände") hinweg betrachtet werden. Sinn dieser Regelung ist, dass die planmäßige Beurteilung nicht die Qualitäten des beurteilten Soldaten nur in kurzfristigen Dienstleistungen oder Einsätzen abbilden soll. Sie soll mithin keine Momentaufnahme liefern, sondern vielmehr das kontinuierlich über einen längeren Abstand gezeigte, ggf. gefestigte oder auch schwankende Eignungs- und Leistungsbild des Soldaten dokumentieren. Als regulären "Abstand" definiert die aufgrund der Ermächtigung in § 2 Abs. 1 Satz 2 SLV erlassene ZDv 20/6 (seit Februar 2015 die ZDv A-1340/50 "Beurteilungen der Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr") in Nr. 203 Buchst. a und Nr. 406 den Beurteilungszeitraum, der grundsätzlich zwei Jahre umfasst. Ein Soldat, der die normative Voraussetzung des § 40 Abs. 1 Nr. 2 SLV ("mindestens den Dienstgrad eines Feldwebels") erfüllt, erhält erstmals eine planmäßige Beurteilung als Feldwebel gemäß Nr. 204 Buchst. a Nr. 1 ZDv 20/6 bzw. ZDv A-1340/50 schon nach zwölfmonatiger Wahrnehmung der Funktionen eines seinem Dienstgrad entsprechenden Dienstpostens als anlassbezogene planmäßige Beurteilung. Vor dem Hintergrund der Bedeutung der Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes, die für den Bewerber einen Statuswechsel und die Eröffnung zahlreicher höherwertiger Dienstposten ermöglicht, ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Bundesministerium der Verteidigung für eine solide und tragfähige Ermittlung des Eignungs- und Leistungsbildes des Bewerbers als Teilnahmevoraussetzung eine zweite planmäßige Beurteilung verlangt. Denn mit der ersten anlassbezogenen planmäßigen Beurteilung nach Nr. 204 Buchst. a Nr. 1 ZDv 20/6 (bzw. ZDv A-1340/50) wird per definitionem nicht der reguläre Beurteilungszeitraum von zwei Jahren abgedeckt.

49

ee) Auf die bisherige Erlasslage und deren Beibehaltung hinsichtlich der Anforderung von lediglich einer planmäßigen Beurteilung als Portepéeunteroffizier kann sich der Antragsteller nicht berufen.

50

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann eine durch Verwaltungsvorschriften vorgenommene Ermessensbindung jederzeit aus sachgerechten Erwägungen für die Zukunft geändert werden. In gleicher Weise kann eine Ermessensbindung in Gestalt einer rein tatsächlichen Verwaltungspraxis - ohne Verstoß gegen Vertrauensschutzaspekte - aus sachgerechten Erwägungen für die Zukunft geändert werden, auch wenn die Betroffenen gegenüber der bisherigen Praxis benachteiligt werden (stRspr, vgl., z.B. BVerwG, Beschluss vom 26. Juni 2007 - 1 WB 12.07 - Buchholz 449.2 § 40 SLV 2002 Nr. 3 Rn. 29 m.w.N.).

51

ff) Die Anforderung des Vorliegens von zwei planmäßigen Beurteilungen als Portepéeunteroffizier im Rahmen der Teilnahmevoraussetzungen für das Auswahlverfahren steht auch im Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG.

52

Hiernach stellen Beurteilungen ein klassisches leistungsbezogenes Auswahlkriterium dar, das einem Bewerber als Erfordernis für ein Verfahren, in dem der Bewerbungsverfahrensanspruch gilt, entgegengehalten werden kann.

53

gg) Soweit der Antragsteller geltend macht, er habe erst im September 2014 Kenntnis von der geänderten Erlasslage erlangt, ist hieraus ein Verstoß gegen geschützte Rechte in seiner Person nicht erkennbar. Auch bei einer früheren Kenntnisnahme hätte er nach den obigen Ausführungen keinen Anspruch auf eine zweite planmäßige Beurteilung oder auf eine Sonderbeurteilung oder auf ein Vorziehen seiner Beurteilung aus dem Jahr 2015 gehabt.

54

hh) Ohne Erfolg macht der Antragsteller geltend, dass ihm durch die neue Erlassregelung zwei Jahre lang eine Teilnahmemöglichkeit am Auswahlverfahren vorenthalten werde. Er hat am Auswahlverfahren 2014 teilgenommen. Er hat im August 2015 eine zweite planmäßige Beurteilung als Portepéeunteroffizier erhalten und konnte sich damit bereits für das Auswahljahr 2016 erneut bewerben.

55

Abschließend weist der Senat darauf hin, dass die Rüge des Antragstellers bezüglich einer unzureichend eingehaltenen Dokumentationspflicht fehl geht. Diese Pflicht besteht nur bei Auswahlentscheidungen für höherwertige Verwendungen. Zu einer Auswahlentscheidung der Auswahlkonferenz ist es im Fall des Antragstellers - ohne Rechtsfehler - jedoch gar nicht erst gekommen, weil er die Teilnahmevoraussetzungen für das Auswahljahr 2015 nicht erfüllte.

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

(1) Eine Beförderung ist, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, frühestens ein Jahr nach der Einstellung oder der letzten Beförderung zulässig, es sei denn, dass der bisherige Dienstgrad nicht regelmäßig durchlaufen werden musste.

(2) Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden ab dem Tag der Einstellung gerechnet oder, falls die Dienstzeit in einem bestimmten Dienstgrad abgeleistet sein muss, ab dem Tag, an dem die Ernennung wirksam geworden ist. Dabei gilt bei einer Einstellung oder Einberufung mit einem höheren als dem untersten Dienstgrad der Mannschaften die Zeit als erfüllt, die nach dieser Verordnung für eine Beförderung zu dem Dienstgrad, mit dem die Soldatin oder der Soldat eingestellt oder einberufen worden ist, erforderlich ist. Bei Soldatinnen oder Soldaten, die vor ihrer Einstellung Dienst als Beamtinnen oder Beamte im Bundesgrenzschutz, in der Bundespolizei oder in einer Bereitschaftspolizei der Länder geleistet haben, wird diese Dienstzeit auf die entsprechenden Dienstzeiten angerechnet, die Voraussetzung für die Beförderungen sind.

(3) Als Dienstzeit gilt auch die Zeit

1.
in einem vorläufigen Dienstgrad, wenn der Soldatin oder dem Soldaten dieser Dienstgrad verliehen worden ist; dies gilt nicht für die Zeit in einem vorläufigen Dienstgrad, den frühere Angehörige der ehemaligen Nationalen Volksarmee auf Anordnung des Bundesministeriums der Verteidigung während des Dienstverhältnisses besonderer Art geführt haben;
2.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge für die Tätigkeit in öffentlichen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen oder zur Übernahme von Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit;
3.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge, der dienstlichen Interessen oder öffentlichen Belangen dient, bis zur Dauer von insgesamt zwei Jahren; die zeitliche Grenze gilt nicht, wenn der Urlaub für eine der folgenden Tätigkeiten erteilt worden ist:
a)
für eine Tätigkeit als wissenschaftliche Assistentin oder wissenschaftlicher Assistent oder als Geschäftsführerin oder Geschäftsführer bei Fraktionen des Deutschen Bundestages oder der Landtage,
b)
für eine Tätigkeit bei der Deutschen Flugsicherung GmbH,
c)
für eine Tätigkeit bei sonstigen Gesellschaften des Bundes oder Gesellschaften mit Bundesbeteiligung oder
d)
für eine Tätigkeit bei Unternehmen, mit denen die Bundeswehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben auf vertraglicher Grundlage zusammenarbeitet;
4.
einer Elternzeit nach § 28 Absatz 7 des Soldatengesetzes sowie eines Urlaubs nach § 28 Absatz 5 des Soldatengesetzes.
Satz 1 Nummer 2 oder 3 ist nur anzuwenden, wenn die Soldatin oder der Soldat Aufgaben wahrnimmt, die ihrem oder seinem Dienstgrad entsprechen. Das Bundesministerium der Verteidigung hat bei Gewährung des Urlaubs schriftlich festzustellen, dass die Voraussetzungen vorliegen.

(4) Bei der Anrechnung von Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden Teilzeitbeschäftigung und Vollzeitbeschäftigung gleich behandelt.

(1) Beförderung ist die Verleihung eines höheren Dienstgrades.

(2) Die Dienstgrade einer Laufbahn sind regelmäßig zu durchlaufen, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist.

(3) Den in § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 6 Genannten kann abweichend von Absatz 2 ein höherer Dienstgrad verliehen werden

1.
für eine militärische Verwendung, wenn die für diese Verwendung erforderlichen militärischen Kenntnisse und Fähigkeiten und die erforderliche Lebenserfahrung durch eine berufliche Tätigkeit in Streitkräften oder streitkräfteähnlichen Einrichtungen erworben worden sind, oder
2.
für eine militärfachliche Verwendung, insbesondere eine solche, die einem Berufsbild aus dem Bereich des Gesundheits-, Verwaltungs-, Logistik- oder Medienwesens oder einem technischen Beruf entspricht, wenn die für diese Verwendung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten und die erforderliche Lebenserfahrung durch eine zivilberufliche Tätigkeit erworben worden sind.
Den in § 1 Satz 1 Nummer 3 bis 6 Genannten wird der Dienstgrad vorläufig verliehen; er kann nach einem Wehrdienst von mindestens der in § 10 Absatz 2 Satz 1, § 22 Absatz 2 Satz 5 und § 43 Absatz 5 Satz 2 jeweils bestimmten Dauer endgültig verliehen werden. In den Fällen nach Satz 1 Nummer 2 kann der höhere Dienstgrad auch zeitweilig für die Dauer der Verwendung verliehen werden. Über die Verleihung der höheren Dienstgrade entscheidet das Bundesministerium der Verteidigung oder die von ihm beauftragte Stelle. Die Laufbahn ist in der Entscheidung zu bezeichnen. Die Sätze 1 und 4 gelten entsprechend für die in § 1 Satz 1 Nummer 7 Genannten; der höhere Dienstgrad darf nur für die Dauer der dienstlichen Veranstaltung verliehen werden.

(1) Eine Beförderung ist, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, frühestens ein Jahr nach der Einstellung oder der letzten Beförderung zulässig, es sei denn, dass der bisherige Dienstgrad nicht regelmäßig durchlaufen werden musste.

(2) Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden ab dem Tag der Einstellung gerechnet oder, falls die Dienstzeit in einem bestimmten Dienstgrad abgeleistet sein muss, ab dem Tag, an dem die Ernennung wirksam geworden ist. Dabei gilt bei einer Einstellung oder Einberufung mit einem höheren als dem untersten Dienstgrad der Mannschaften die Zeit als erfüllt, die nach dieser Verordnung für eine Beförderung zu dem Dienstgrad, mit dem die Soldatin oder der Soldat eingestellt oder einberufen worden ist, erforderlich ist. Bei Soldatinnen oder Soldaten, die vor ihrer Einstellung Dienst als Beamtinnen oder Beamte im Bundesgrenzschutz, in der Bundespolizei oder in einer Bereitschaftspolizei der Länder geleistet haben, wird diese Dienstzeit auf die entsprechenden Dienstzeiten angerechnet, die Voraussetzung für die Beförderungen sind.

(3) Als Dienstzeit gilt auch die Zeit

1.
in einem vorläufigen Dienstgrad, wenn der Soldatin oder dem Soldaten dieser Dienstgrad verliehen worden ist; dies gilt nicht für die Zeit in einem vorläufigen Dienstgrad, den frühere Angehörige der ehemaligen Nationalen Volksarmee auf Anordnung des Bundesministeriums der Verteidigung während des Dienstverhältnisses besonderer Art geführt haben;
2.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge für die Tätigkeit in öffentlichen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen oder zur Übernahme von Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit;
3.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge, der dienstlichen Interessen oder öffentlichen Belangen dient, bis zur Dauer von insgesamt zwei Jahren; die zeitliche Grenze gilt nicht, wenn der Urlaub für eine der folgenden Tätigkeiten erteilt worden ist:
a)
für eine Tätigkeit als wissenschaftliche Assistentin oder wissenschaftlicher Assistent oder als Geschäftsführerin oder Geschäftsführer bei Fraktionen des Deutschen Bundestages oder der Landtage,
b)
für eine Tätigkeit bei der Deutschen Flugsicherung GmbH,
c)
für eine Tätigkeit bei sonstigen Gesellschaften des Bundes oder Gesellschaften mit Bundesbeteiligung oder
d)
für eine Tätigkeit bei Unternehmen, mit denen die Bundeswehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben auf vertraglicher Grundlage zusammenarbeitet;
4.
einer Elternzeit nach § 28 Absatz 7 des Soldatengesetzes sowie eines Urlaubs nach § 28 Absatz 5 des Soldatengesetzes.
Satz 1 Nummer 2 oder 3 ist nur anzuwenden, wenn die Soldatin oder der Soldat Aufgaben wahrnimmt, die ihrem oder seinem Dienstgrad entsprechen. Das Bundesministerium der Verteidigung hat bei Gewährung des Urlaubs schriftlich festzustellen, dass die Voraussetzungen vorliegen.

(4) Bei der Anrechnung von Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden Teilzeitbeschäftigung und Vollzeitbeschäftigung gleich behandelt.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Eine Beförderung ist, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, frühestens ein Jahr nach der Einstellung oder der letzten Beförderung zulässig, es sei denn, dass der bisherige Dienstgrad nicht regelmäßig durchlaufen werden musste.

(2) Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden ab dem Tag der Einstellung gerechnet oder, falls die Dienstzeit in einem bestimmten Dienstgrad abgeleistet sein muss, ab dem Tag, an dem die Ernennung wirksam geworden ist. Dabei gilt bei einer Einstellung oder Einberufung mit einem höheren als dem untersten Dienstgrad der Mannschaften die Zeit als erfüllt, die nach dieser Verordnung für eine Beförderung zu dem Dienstgrad, mit dem die Soldatin oder der Soldat eingestellt oder einberufen worden ist, erforderlich ist. Bei Soldatinnen oder Soldaten, die vor ihrer Einstellung Dienst als Beamtinnen oder Beamte im Bundesgrenzschutz, in der Bundespolizei oder in einer Bereitschaftspolizei der Länder geleistet haben, wird diese Dienstzeit auf die entsprechenden Dienstzeiten angerechnet, die Voraussetzung für die Beförderungen sind.

(3) Als Dienstzeit gilt auch die Zeit

1.
in einem vorläufigen Dienstgrad, wenn der Soldatin oder dem Soldaten dieser Dienstgrad verliehen worden ist; dies gilt nicht für die Zeit in einem vorläufigen Dienstgrad, den frühere Angehörige der ehemaligen Nationalen Volksarmee auf Anordnung des Bundesministeriums der Verteidigung während des Dienstverhältnisses besonderer Art geführt haben;
2.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge für die Tätigkeit in öffentlichen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen oder zur Übernahme von Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit;
3.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge, der dienstlichen Interessen oder öffentlichen Belangen dient, bis zur Dauer von insgesamt zwei Jahren; die zeitliche Grenze gilt nicht, wenn der Urlaub für eine der folgenden Tätigkeiten erteilt worden ist:
a)
für eine Tätigkeit als wissenschaftliche Assistentin oder wissenschaftlicher Assistent oder als Geschäftsführerin oder Geschäftsführer bei Fraktionen des Deutschen Bundestages oder der Landtage,
b)
für eine Tätigkeit bei der Deutschen Flugsicherung GmbH,
c)
für eine Tätigkeit bei sonstigen Gesellschaften des Bundes oder Gesellschaften mit Bundesbeteiligung oder
d)
für eine Tätigkeit bei Unternehmen, mit denen die Bundeswehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben auf vertraglicher Grundlage zusammenarbeitet;
4.
einer Elternzeit nach § 28 Absatz 7 des Soldatengesetzes sowie eines Urlaubs nach § 28 Absatz 5 des Soldatengesetzes.
Satz 1 Nummer 2 oder 3 ist nur anzuwenden, wenn die Soldatin oder der Soldat Aufgaben wahrnimmt, die ihrem oder seinem Dienstgrad entsprechen. Das Bundesministerium der Verteidigung hat bei Gewährung des Urlaubs schriftlich festzustellen, dass die Voraussetzungen vorliegen.

(4) Bei der Anrechnung von Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden Teilzeitbeschäftigung und Vollzeitbeschäftigung gleich behandelt.

(1) Dem Soldaten steht alljährlich ein Erholungsurlaub unter Belassung der Geld- und Sachbezüge zu.

(2) Der Urlaub darf versagt werden, soweit und solange zwingende dienstliche Erfordernisse einer Urlaubserteilung entgegenstehen.

(3) Dem Soldaten kann aus besonderen Anlässen Urlaub erteilt werden.

(4) Die Erteilung und die Dauer des Urlaubs regelt eine Rechtsverordnung. Sie bestimmt, ob und inwieweit die Geld- und Sachbezüge während eines Urlaubs aus besonderen Anlässen zu belassen sind.

(5) Einem Berufssoldaten oder Soldaten auf Zeit kann auf Antrag unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge mit Ausnahme der unentgeltlichen truppenärztlichen Versorgung Urlaub bis zur Dauer von drei Jahren mit der Möglichkeit der Verlängerung auf längstens 15 Jahre gewährt werden, wenn er

1.
mindestens ein Kind unter 18 Jahren oder
2.
einen nach ärztlichem Gutachten pflegebedürftigen sonstigen Angehörigen
tatsächlich betreut oder pflegt. Bei einem Soldaten auf Zeit ist die Gewährung nur insoweit zulässig, als er nicht mehr verpflichtet ist, auf Grund der Wehrpflicht Grundwehrdienst zu leisten. Der Antrag auf Verlängerung einer Beurlaubung ist spätestens sechs Monate vor Ablauf der genehmigten Beurlaubung zu stellen. Während der Beurlaubung dürfen nur solche Nebentätigkeiten genehmigt werden, die dem Zweck der Beurlaubung nicht zuwiderlaufen. Ein bereits bewilligter Urlaub kann aus zwingenden Gründen der Verteidigung widerrufen werden.

(6) Stimmt ein Berufssoldat oder Soldat auf Zeit seiner Aufstellung als Bewerber für die Wahl zum Europäischen Parlament, zum Deutschen Bundestag oder zu der gesetzgebenden Körperschaft eines Landes zu, ist ihm auf Antrag innerhalb der letzten zwei Monate vor dem Wahltag der zur Vorbereitung seiner Wahl erforderliche Urlaub unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge zu gewähren.

(7) Soldaten haben Anspruch auf Elternzeit unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge mit Ausnahme der unentgeltlichen truppenärztlichen Versorgung. Das Nähere wird durch eine Rechtsverordnung geregelt, die die Eigenart des militärischen Dienstes berücksichtigt.

(1) Eine Beförderung ist, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, frühestens ein Jahr nach der Einstellung oder der letzten Beförderung zulässig, es sei denn, dass der bisherige Dienstgrad nicht regelmäßig durchlaufen werden musste.

(2) Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden ab dem Tag der Einstellung gerechnet oder, falls die Dienstzeit in einem bestimmten Dienstgrad abgeleistet sein muss, ab dem Tag, an dem die Ernennung wirksam geworden ist. Dabei gilt bei einer Einstellung oder Einberufung mit einem höheren als dem untersten Dienstgrad der Mannschaften die Zeit als erfüllt, die nach dieser Verordnung für eine Beförderung zu dem Dienstgrad, mit dem die Soldatin oder der Soldat eingestellt oder einberufen worden ist, erforderlich ist. Bei Soldatinnen oder Soldaten, die vor ihrer Einstellung Dienst als Beamtinnen oder Beamte im Bundesgrenzschutz, in der Bundespolizei oder in einer Bereitschaftspolizei der Länder geleistet haben, wird diese Dienstzeit auf die entsprechenden Dienstzeiten angerechnet, die Voraussetzung für die Beförderungen sind.

(3) Als Dienstzeit gilt auch die Zeit

1.
in einem vorläufigen Dienstgrad, wenn der Soldatin oder dem Soldaten dieser Dienstgrad verliehen worden ist; dies gilt nicht für die Zeit in einem vorläufigen Dienstgrad, den frühere Angehörige der ehemaligen Nationalen Volksarmee auf Anordnung des Bundesministeriums der Verteidigung während des Dienstverhältnisses besonderer Art geführt haben;
2.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge für die Tätigkeit in öffentlichen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen oder zur Übernahme von Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit;
3.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge, der dienstlichen Interessen oder öffentlichen Belangen dient, bis zur Dauer von insgesamt zwei Jahren; die zeitliche Grenze gilt nicht, wenn der Urlaub für eine der folgenden Tätigkeiten erteilt worden ist:
a)
für eine Tätigkeit als wissenschaftliche Assistentin oder wissenschaftlicher Assistent oder als Geschäftsführerin oder Geschäftsführer bei Fraktionen des Deutschen Bundestages oder der Landtage,
b)
für eine Tätigkeit bei der Deutschen Flugsicherung GmbH,
c)
für eine Tätigkeit bei sonstigen Gesellschaften des Bundes oder Gesellschaften mit Bundesbeteiligung oder
d)
für eine Tätigkeit bei Unternehmen, mit denen die Bundeswehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben auf vertraglicher Grundlage zusammenarbeitet;
4.
einer Elternzeit nach § 28 Absatz 7 des Soldatengesetzes sowie eines Urlaubs nach § 28 Absatz 5 des Soldatengesetzes.
Satz 1 Nummer 2 oder 3 ist nur anzuwenden, wenn die Soldatin oder der Soldat Aufgaben wahrnimmt, die ihrem oder seinem Dienstgrad entsprechen. Das Bundesministerium der Verteidigung hat bei Gewährung des Urlaubs schriftlich festzustellen, dass die Voraussetzungen vorliegen.

(4) Bei der Anrechnung von Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden Teilzeitbeschäftigung und Vollzeitbeschäftigung gleich behandelt.

(1) Frühere Soldatinnen und frühere Soldaten, deren Laufbahnen weggefallen sind, sind bei erneuter Einstellung einer Laufbahn zuzuordnen, die ihrer Eignung, Befähigung und Leistung entspricht. Ihre Zustimmung zum Laufbahnwechsel ist nicht erforderlich.

(2) Für vor dem 1. Juli 2011 nach § 38 Absatz 1 in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung eingestellte Offiziere in der Laufbahn der Offiziere des Geoinformationsdienstes der Bundeswehr gilt für die Beförderung zum Major § 5a Absatz 1. Dies gilt auch für Studierende, die sich vor dem 1. Juli 2011 zu einem späteren Dienst als Offizier in der Laufbahn der Offiziere des Geoinformationsdienstes der Bundeswehr verpflichtet haben und deshalb eine Studienbeihilfe von der Bundeswehr erhalten.

(1) Eine Beförderung ist, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, frühestens ein Jahr nach der Einstellung oder der letzten Beförderung zulässig, es sei denn, dass der bisherige Dienstgrad nicht regelmäßig durchlaufen werden musste.

(2) Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden ab dem Tag der Einstellung gerechnet oder, falls die Dienstzeit in einem bestimmten Dienstgrad abgeleistet sein muss, ab dem Tag, an dem die Ernennung wirksam geworden ist. Dabei gilt bei einer Einstellung oder Einberufung mit einem höheren als dem untersten Dienstgrad der Mannschaften die Zeit als erfüllt, die nach dieser Verordnung für eine Beförderung zu dem Dienstgrad, mit dem die Soldatin oder der Soldat eingestellt oder einberufen worden ist, erforderlich ist. Bei Soldatinnen oder Soldaten, die vor ihrer Einstellung Dienst als Beamtinnen oder Beamte im Bundesgrenzschutz, in der Bundespolizei oder in einer Bereitschaftspolizei der Länder geleistet haben, wird diese Dienstzeit auf die entsprechenden Dienstzeiten angerechnet, die Voraussetzung für die Beförderungen sind.

(3) Als Dienstzeit gilt auch die Zeit

1.
in einem vorläufigen Dienstgrad, wenn der Soldatin oder dem Soldaten dieser Dienstgrad verliehen worden ist; dies gilt nicht für die Zeit in einem vorläufigen Dienstgrad, den frühere Angehörige der ehemaligen Nationalen Volksarmee auf Anordnung des Bundesministeriums der Verteidigung während des Dienstverhältnisses besonderer Art geführt haben;
2.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge für die Tätigkeit in öffentlichen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen oder zur Übernahme von Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit;
3.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge, der dienstlichen Interessen oder öffentlichen Belangen dient, bis zur Dauer von insgesamt zwei Jahren; die zeitliche Grenze gilt nicht, wenn der Urlaub für eine der folgenden Tätigkeiten erteilt worden ist:
a)
für eine Tätigkeit als wissenschaftliche Assistentin oder wissenschaftlicher Assistent oder als Geschäftsführerin oder Geschäftsführer bei Fraktionen des Deutschen Bundestages oder der Landtage,
b)
für eine Tätigkeit bei der Deutschen Flugsicherung GmbH,
c)
für eine Tätigkeit bei sonstigen Gesellschaften des Bundes oder Gesellschaften mit Bundesbeteiligung oder
d)
für eine Tätigkeit bei Unternehmen, mit denen die Bundeswehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben auf vertraglicher Grundlage zusammenarbeitet;
4.
einer Elternzeit nach § 28 Absatz 7 des Soldatengesetzes sowie eines Urlaubs nach § 28 Absatz 5 des Soldatengesetzes.
Satz 1 Nummer 2 oder 3 ist nur anzuwenden, wenn die Soldatin oder der Soldat Aufgaben wahrnimmt, die ihrem oder seinem Dienstgrad entsprechen. Das Bundesministerium der Verteidigung hat bei Gewährung des Urlaubs schriftlich festzustellen, dass die Voraussetzungen vorliegen.

(4) Bei der Anrechnung von Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden Teilzeitbeschäftigung und Vollzeitbeschäftigung gleich behandelt.

(1) Beförderung ist die Verleihung eines höheren Dienstgrades.

(2) Die Dienstgrade einer Laufbahn sind regelmäßig zu durchlaufen, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist.

(3) Den in § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 6 Genannten kann abweichend von Absatz 2 ein höherer Dienstgrad verliehen werden

1.
für eine militärische Verwendung, wenn die für diese Verwendung erforderlichen militärischen Kenntnisse und Fähigkeiten und die erforderliche Lebenserfahrung durch eine berufliche Tätigkeit in Streitkräften oder streitkräfteähnlichen Einrichtungen erworben worden sind, oder
2.
für eine militärfachliche Verwendung, insbesondere eine solche, die einem Berufsbild aus dem Bereich des Gesundheits-, Verwaltungs-, Logistik- oder Medienwesens oder einem technischen Beruf entspricht, wenn die für diese Verwendung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten und die erforderliche Lebenserfahrung durch eine zivilberufliche Tätigkeit erworben worden sind.
Den in § 1 Satz 1 Nummer 3 bis 6 Genannten wird der Dienstgrad vorläufig verliehen; er kann nach einem Wehrdienst von mindestens der in § 10 Absatz 2 Satz 1, § 22 Absatz 2 Satz 5 und § 43 Absatz 5 Satz 2 jeweils bestimmten Dauer endgültig verliehen werden. In den Fällen nach Satz 1 Nummer 2 kann der höhere Dienstgrad auch zeitweilig für die Dauer der Verwendung verliehen werden. Über die Verleihung der höheren Dienstgrade entscheidet das Bundesministerium der Verteidigung oder die von ihm beauftragte Stelle. Die Laufbahn ist in der Entscheidung zu bezeichnen. Die Sätze 1 und 4 gelten entsprechend für die in § 1 Satz 1 Nummer 7 Genannten; der höhere Dienstgrad darf nur für die Dauer der dienstlichen Veranstaltung verliehen werden.

(1) Eine Beförderung ist, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, frühestens ein Jahr nach der Einstellung oder der letzten Beförderung zulässig, es sei denn, dass der bisherige Dienstgrad nicht regelmäßig durchlaufen werden musste.

(2) Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden ab dem Tag der Einstellung gerechnet oder, falls die Dienstzeit in einem bestimmten Dienstgrad abgeleistet sein muss, ab dem Tag, an dem die Ernennung wirksam geworden ist. Dabei gilt bei einer Einstellung oder Einberufung mit einem höheren als dem untersten Dienstgrad der Mannschaften die Zeit als erfüllt, die nach dieser Verordnung für eine Beförderung zu dem Dienstgrad, mit dem die Soldatin oder der Soldat eingestellt oder einberufen worden ist, erforderlich ist. Bei Soldatinnen oder Soldaten, die vor ihrer Einstellung Dienst als Beamtinnen oder Beamte im Bundesgrenzschutz, in der Bundespolizei oder in einer Bereitschaftspolizei der Länder geleistet haben, wird diese Dienstzeit auf die entsprechenden Dienstzeiten angerechnet, die Voraussetzung für die Beförderungen sind.

(3) Als Dienstzeit gilt auch die Zeit

1.
in einem vorläufigen Dienstgrad, wenn der Soldatin oder dem Soldaten dieser Dienstgrad verliehen worden ist; dies gilt nicht für die Zeit in einem vorläufigen Dienstgrad, den frühere Angehörige der ehemaligen Nationalen Volksarmee auf Anordnung des Bundesministeriums der Verteidigung während des Dienstverhältnisses besonderer Art geführt haben;
2.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge für die Tätigkeit in öffentlichen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen oder zur Übernahme von Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit;
3.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge, der dienstlichen Interessen oder öffentlichen Belangen dient, bis zur Dauer von insgesamt zwei Jahren; die zeitliche Grenze gilt nicht, wenn der Urlaub für eine der folgenden Tätigkeiten erteilt worden ist:
a)
für eine Tätigkeit als wissenschaftliche Assistentin oder wissenschaftlicher Assistent oder als Geschäftsführerin oder Geschäftsführer bei Fraktionen des Deutschen Bundestages oder der Landtage,
b)
für eine Tätigkeit bei der Deutschen Flugsicherung GmbH,
c)
für eine Tätigkeit bei sonstigen Gesellschaften des Bundes oder Gesellschaften mit Bundesbeteiligung oder
d)
für eine Tätigkeit bei Unternehmen, mit denen die Bundeswehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben auf vertraglicher Grundlage zusammenarbeitet;
4.
einer Elternzeit nach § 28 Absatz 7 des Soldatengesetzes sowie eines Urlaubs nach § 28 Absatz 5 des Soldatengesetzes.
Satz 1 Nummer 2 oder 3 ist nur anzuwenden, wenn die Soldatin oder der Soldat Aufgaben wahrnimmt, die ihrem oder seinem Dienstgrad entsprechen. Das Bundesministerium der Verteidigung hat bei Gewährung des Urlaubs schriftlich festzustellen, dass die Voraussetzungen vorliegen.

(4) Bei der Anrechnung von Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden Teilzeitbeschäftigung und Vollzeitbeschäftigung gleich behandelt.

(1) Dem Soldaten steht alljährlich ein Erholungsurlaub unter Belassung der Geld- und Sachbezüge zu.

(2) Der Urlaub darf versagt werden, soweit und solange zwingende dienstliche Erfordernisse einer Urlaubserteilung entgegenstehen.

(3) Dem Soldaten kann aus besonderen Anlässen Urlaub erteilt werden.

(4) Die Erteilung und die Dauer des Urlaubs regelt eine Rechtsverordnung. Sie bestimmt, ob und inwieweit die Geld- und Sachbezüge während eines Urlaubs aus besonderen Anlässen zu belassen sind.

(5) Einem Berufssoldaten oder Soldaten auf Zeit kann auf Antrag unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge mit Ausnahme der unentgeltlichen truppenärztlichen Versorgung Urlaub bis zur Dauer von drei Jahren mit der Möglichkeit der Verlängerung auf längstens 15 Jahre gewährt werden, wenn er

1.
mindestens ein Kind unter 18 Jahren oder
2.
einen nach ärztlichem Gutachten pflegebedürftigen sonstigen Angehörigen
tatsächlich betreut oder pflegt. Bei einem Soldaten auf Zeit ist die Gewährung nur insoweit zulässig, als er nicht mehr verpflichtet ist, auf Grund der Wehrpflicht Grundwehrdienst zu leisten. Der Antrag auf Verlängerung einer Beurlaubung ist spätestens sechs Monate vor Ablauf der genehmigten Beurlaubung zu stellen. Während der Beurlaubung dürfen nur solche Nebentätigkeiten genehmigt werden, die dem Zweck der Beurlaubung nicht zuwiderlaufen. Ein bereits bewilligter Urlaub kann aus zwingenden Gründen der Verteidigung widerrufen werden.

(6) Stimmt ein Berufssoldat oder Soldat auf Zeit seiner Aufstellung als Bewerber für die Wahl zum Europäischen Parlament, zum Deutschen Bundestag oder zu der gesetzgebenden Körperschaft eines Landes zu, ist ihm auf Antrag innerhalb der letzten zwei Monate vor dem Wahltag der zur Vorbereitung seiner Wahl erforderliche Urlaub unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge zu gewähren.

(7) Soldaten haben Anspruch auf Elternzeit unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge mit Ausnahme der unentgeltlichen truppenärztlichen Versorgung. Das Nähere wird durch eine Rechtsverordnung geregelt, die die Eigenart des militärischen Dienstes berücksichtigt.

(1) Beförderung ist die Verleihung eines höheren Dienstgrades.

(2) Die Dienstgrade einer Laufbahn sind regelmäßig zu durchlaufen, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist.

(3) Den in § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 6 Genannten kann abweichend von Absatz 2 ein höherer Dienstgrad verliehen werden

1.
für eine militärische Verwendung, wenn die für diese Verwendung erforderlichen militärischen Kenntnisse und Fähigkeiten und die erforderliche Lebenserfahrung durch eine berufliche Tätigkeit in Streitkräften oder streitkräfteähnlichen Einrichtungen erworben worden sind, oder
2.
für eine militärfachliche Verwendung, insbesondere eine solche, die einem Berufsbild aus dem Bereich des Gesundheits-, Verwaltungs-, Logistik- oder Medienwesens oder einem technischen Beruf entspricht, wenn die für diese Verwendung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten und die erforderliche Lebenserfahrung durch eine zivilberufliche Tätigkeit erworben worden sind.
Den in § 1 Satz 1 Nummer 3 bis 6 Genannten wird der Dienstgrad vorläufig verliehen; er kann nach einem Wehrdienst von mindestens der in § 10 Absatz 2 Satz 1, § 22 Absatz 2 Satz 5 und § 43 Absatz 5 Satz 2 jeweils bestimmten Dauer endgültig verliehen werden. In den Fällen nach Satz 1 Nummer 2 kann der höhere Dienstgrad auch zeitweilig für die Dauer der Verwendung verliehen werden. Über die Verleihung der höheren Dienstgrade entscheidet das Bundesministerium der Verteidigung oder die von ihm beauftragte Stelle. Die Laufbahn ist in der Entscheidung zu bezeichnen. Die Sätze 1 und 4 gelten entsprechend für die in § 1 Satz 1 Nummer 7 Genannten; der höhere Dienstgrad darf nur für die Dauer der dienstlichen Veranstaltung verliehen werden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

1. Das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 5. Februar 2010 - 6 S 18/09 - und das Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 9. Juni 2009 - 2 C 112/09 - verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 3 Satz 1 des Grundgesetzes.

2. Das Urteil des Landgerichts Karlsruhe wird aufgehoben und die Sache an das Landgericht zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.

3. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

4. ...

Gründe

A.

1

Die Beschwerdeführerin wendet sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen die Nichtberücksichtigung von Zeiten des gesetzlichen Mutterschutzes als Umlagemonate im Rahmen der betrieblichen Zusatzversorgung nach der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Satzung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL).

I.

2

1. Die VBL hat als Zusatzversorgungseinrichtung für Beschäftigte des öffentlichen Dienstes die Aufgabe, den Arbeitnehmern der an ihr beteiligten Arbeitgeber im Wege privatrechtlicher Versicherung eine Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren. Diese ergänzt die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

3

Die Zusatzversorgungseinrichtung, der Arbeitgeber sowie dessen Arbeitnehmer befinden sich in einer rechtlichen Dreiecksbeziehung. Die Arbeitnehmer besitzen gegenüber ihrem Arbeitgeber einen arbeitsrechtlichen Anspruch auf Gewährleistung der Zusatzversorgung. Um diesem zu genügen, schließt der Arbeitgeber zugunsten seiner Arbeitnehmer mit der VBL einen privatrechtlichen Gruppenversicherungsvertrag ab. Aus diesem Vertrag erwächst den Arbeitnehmern gegenüber der VBL ein unmittelbarer versicherungsrechtlicher Anspruch auf eine Zusatzversorgungsrente.

4

Dem System der Zusatzversorgung der VBL lag bis zum 31. Dezember 2000 der "Tarifvertrag über die Versorgung der Arbeitnehmer des Bundes und der Länder sowie von Arbeitnehmern kommunaler Verwaltungen und Betriebe" vom 4. November 1966 (Versorgungs-TV) zugrunde. Dieser sah eine Versicherungspflicht bei der VBL vor und traf dazu einige grundlegende Regelungen. Die konkrete Ausgestaltung der Zusatzversicherung ergab sich aus der Satzung der VBL in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (VBLS a.F.).

5

a) Die vom Arbeitnehmer im Rahmen der Zusatzversorgung im Normalfall zu erreichende Versorgungsrente (§§ 37 ff. VBLS a.F.) beruhte nach dem alten System auf dem so genannten Gesamtversorgungsprinzip. Damit sollte dem Versicherten ein bestimmtes Gesamtniveau seiner Versorgung gewährt werden, das sich an der Beamtenversorgung orientierte. Einen Anspruch auf Versorgungsrente hatte der Versicherte allerdings nur, wenn er zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls - insbesondere bei Erreichen der Regelaltersgrenze - weiter in der Zusatzversicherung pflichtversichert war (§ 37 Abs. 1 Buchstabe a VBLS a.F.). Andernfalls hatten Versicherte nach Erfüllung der Wartezeit Anspruch auf eine Versicherungsrente (§ 37 Abs. 1 Buchstabe b VBLS a.F.). Die Versicherungsrente war der versicherungsmathematische Gegenwert einer für jeden Versicherten zum Rentenbeginn feststehenden Beitragssumme.

6

b) Mit der Neufassung ihrer Satzung vom 22. November 2002 (VBLS) hat die VBL ihr Zusatzversorgungssystem rückwirkend zum 31. Dezember 2001 (Umstellungsstichtag) grundlegend umgestellt und das frühere Gesamtversorgungssystem durch ein auf einem Punktemodell beruhendes, beitragsorientiertes Betriebsrentensystem ersetzt. Den Systemwechsel hatten zuvor die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes vereinbart.

7

2. Die Finanzierung der Zusatzversorgung für die öffentlich Beschäftigten erfolgte seit 1978 und erfolgt auch nach der Neuregelung im Jahr 2002 grundsätzlich durch ein Umlagesystem.

8

a) Der jeweilige Umlagesatz entspricht einem bestimmten Prozentsatz des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts des versicherten Arbeitnehmers. Diese Umlage wird nicht zur Finanzierung der späteren Rente des versicherten Arbeitnehmers benutzt, sondern dient nach der Art eines "Generationenvertrags" der Finanzierung der bereits vorhandenen Renten, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums, des so genannten Deckungsabschnitts, neu entstehen.

9

b) Für den Erwerb von Anwartschaften auf eine Versorgungs- oder Versicherungsrente nach der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Satzung der VBL muss der Versicherte nach § 37 Abs. 1, § 38 Abs. 1 VBLS a.F. eine Wartezeit von 60 Umlagemonaten erfüllt haben. Die Vorschriften lauten:

10

§ 37

11

(1) Tritt bei dem Versicherten, der die Wartezeit (§ 38) erfüllt hat, der Versicherungsfall (§ 39) ein und ist er in diesem Zeitpunkt

12

a) pflichtversichert, hat er einen Anspruch auf Versorgungsrente für Versicherte (§§ 40 bis 43b) (Versorgungsrentenberechtigter),

13

b) freiwillig weiterversichert oder beitragsfrei versichert, hat er einen Anspruch auf Versicherungsrente für Versicherte (§§ 44, 44a) (Versicherungsrentenberechtigter).

14

...

15

§ 38

16

(1) Die Wartezeit beträgt 60 Umlagemonate (§ 29 Abs. 10).

17

Als ein Umlagemonat gilt dabei gemäß § 29 Abs. 10 Satz 1 VBLS a.F. ein Kalendermonat, für den eine Umlage für mindestens einen Tag für laufendes, zusatzversorgungspflichtiges Entgelt entrichtet wurde. Was als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt anzusehen ist, bestimmt § 29 Abs. 7 VBLS a.F., der auf der Regelung des § 8 Abs. 5 Versorgungs-TV beruht und diese inhaltlich übernommen hat. Er definiert als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt den steuerpflichtigen Arbeitslohn und regelt die zeitliche Zuordnung des zusatzversorgungsrechtlichen Entgelts nach den Bestimmungen der gesetzlichen Rentenversicherung (Bauer, Die Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst, 1998, S. 20). Die Regelungen des § 29 Abs. 1 und Abs. 7 Satz 1 VBLS a.F. in der hier maßgeblichen bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung lautet:

18

§ 29

19

(1) Der Arbeitgeber hat eine monatliche Umlage in Höhe des nach § 76 festgesetzten Satzes des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts (Absatz 7) des Versicherten einschließlich eines vom Pflichtversicherten erhobenen Beitrags nach § 76 Abs. 1a zu zahlen.

20

21

(7) Zusatzversorgungspflichtiges Entgelt ist, soweit nachstehend nichts anderes bestimmt ist, der entsprechend den Bestimmungen über die Beitragsentrichtung in der gesetzlichen Rentenversicherung zeitlich zugeordnete steuerpflichtige Arbeitslohn. …

22

§ 29 Abs. 7 Satz 3 VBLS a.F. legt bestimmte Leistungen des Arbeitgebers fest, die nicht als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt anzusehen sind, darunter etwa geldwerte Vorteile, vermögenswirksame Leistungen oder Krankengeldzuschüsse. Für Krankheitszeiten, in denen ein versicherter Arbeitnehmer einen Zuschuss zum Krankengeld erhält, sieht § 29 Abs. 7 Satz 5 VBLS a.F. eine spezielle Anrechnungsregel vor. Damit wird gewährleistet, dass sämtliche Krankheitszeiten, in denen ein Arbeitnehmer gesetzliche Lohnfortzahlung oder einen Krankengeldzuschuss nach den tarifvertraglichen Regelungen des öffentlichen Dienstes erhalten hat, als Umlagezeiten berücksichtigt werden. Die Bestimmung lautet:

23

(7) … Hat der Arbeitnehmer für einen Zahlungszeitraum/Abrechnungszeitraum oder für einen Teil eines Zahlungszeitraums/Abrechnungszeitraums Anspruch auf Krankengeldzuschuss, gilt - auch wenn der Krankengeldzuschuss wegen der Höhe der Barleistungen des Sozialversicherungsträgers nicht gezahlt wird - für diesen Zahlungszeitraum/Abrechnungszeitraum als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt der Urlaubslohn (zuzüglich eines etwaigen Sozialzuschlags, es sei denn, dass dieser durch Tarifvertrag ausdrücklich als nicht gesamtversorgungsfähig bezeichnet ist) bzw. die Urlaubsvergütung für die Tage, für die der Arbeitnehmer Anspruch auf Lohn, Vergütung, Urlaubslohn, Urlaubsvergütung, Krankenbezüge oder Krankengeldzuschuss hat.

24

In diesem Zahlungszeitraum/Abrechnungszeitraum geleistete einmalige Zahlungen sind neben dem Urlaubslohn bzw. der Urlaubsvergütung nach Maßgabe der Sätze 1 bis 3 zusatzversorgungspflichtiges Entgelt.

25

c) Nach der Regelung des § 29 Abs. 7 Satz 1 VBLS a.F. gelten hingegen Zuschüsse des Arbeitgebers zum Mutterschaftsgeld während der Zeiten eines Beschäftigungsverbots nach § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 MuSchG - in der Regel sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt - nicht als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt, da sie als Lohnersatzleistungen gemäß § 3 Nr. 1 Buchstabe d EStG steuerfrei gestellt sind und damit keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellen (vgl. Gilbert/Hesse, Die Versorgung der Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes, Satzung der VBL, § 29 B, Rn. 17). Dementsprechend wurden im Rahmen der Zusatzversorgung nach der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Regelung während der Mutterschutzzeiten keine Umlagen durch den jeweiligen Arbeitgeber erbracht.

26

3. Die Zahl der Umlagemonate spielt sowohl bei der Erfüllung der Wartezeit als auch bei der Berechnung von Leistungen aus der Zusatzversorgung eine entscheidende Rolle. So richtet sich die Höhe der mit Erfüllung der Wartezeit erworbenen Rentenanwartschaft im Fall einer Versorgungsrente entsprechend der alten Satzungsregelung nach dem gesamtversorgungsfähigen Entgelt sowie der gesamtversorgungsfähigen Zeit (§§ 40 ff. VBLS a.F.). Gesamtversorgungsfähige Zeit sind die bis zum Beginn der Versorgungsrente zurückgelegten Umlagemonate (§ 42 Abs. 1 VBLS a.F.).

27

Für den Fall, dass der Versicherte Anwartschaften auf eine Versicherungsrente erworben hat, die nach § 80 VBLS in das neue System übergeleitet wurden, bemisst sich die Höhe der Rente nach einem bestimmten Vomhundertsatz der zusatzversorgungspflichtigen Entgelte, von denen tatsächlich Umlagen entrichtet worden sind (§ 44 VBLS a.F.).

28

4. Die Vereinbarkeit der Nichtberücksichtigung von Mutterschutzzeiten im Rahmen der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes war Gegenstand einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union. Mit Urteil vom 13. Januar 2005 (Rs. C-356/03, Mayer) stellte der Gerichtshof fest, dass Art. 6 Abs. 1 Buchstabe g der Richtlinie 86/378/EWG in der durch die Richtlinie 96/97/EG geänderten Fassung nationalen Bestimmungen wie § 29 Abs. 7 VBLS a.F. entgegensteht, nach denen eine Arbeitnehmerin während des teilweise vom Arbeitgeber bezahlten gesetzlichen Mutterschaftsurlaubs keine Anwartschaften auf eine Versicherungsrente, die Teil eines Zusatzversorgungssystems ist, erwirbt, weil die Entstehung solcher Anwartschaften davon abhängt, dass die Arbeitnehmerin während des Mutterschaftsurlaubs steuerpflichtigen Arbeitslohn erhält. Der Bundesgerichtshof folgte in seinem Urteil vom 1. Juni 2005 (IV ZR 100/02, NJW-RR 2005, S. 1161) der bindenden Vorlageentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union, stellte aber zugleich fest, dass er an seiner Auffassung, die Regelungen § 29 Abs. 1 und Abs. 7 VBLS a.F. verstießen nicht gegen nationales Recht und insbesondere nicht gegen Grundrechte der Versicherten, festhalte.

29

Diese Entscheidungen beziehen sich nur auf Beschäftigungszeiten, die nach dem 17. Mai 1990 liegen. Dies ergibt sich aus Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 96/97/EG, der die zeitliche Rückwirkung der einschlägigen Richtlinie entsprechend der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache Barber (EuGH, Urteil vom 17. Mai 2001, Rs. - C-262/88, Barber, Slg. 1990 I-1889) begrenzt.

II.

30

Die am 22. März 1948 geborene Beschwerdeführerin stand in der Zeit vom 13. August 1986 bis 31. Dezember 1988 und vom 12. September 2005 bis 9. September 2007 in einem Arbeitsverhältnis zum Freistaat Bayern, in der Zeit vom 1. Juli 1992 bis 31. Januar 1993 arbeitete sie beim Deutschen Jugendinstitut. Sie war jeweils über ihren Arbeitgeber bei der VBL versichert. Vom 20. April 1988 bis 26. Juli 1988 befand sich die Beschwerdeführerin im Mutterschutz.

31

1. Die VBL teilte der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 16. Juni 2008 mit, dass sie insgesamt 59 Umlagemonate angesammelt habe, ein Anspruch auf Betriebsrente jedoch nicht bestehe, da die Wartezeit von 60 Monaten nicht erreicht sei. Die Mutterschutzzeiten wurden dabei nicht als umlagefähige Zeiten berücksichtigt.

32

2. Darauf erhob die Beschwerdeführerin Klage gegen die VBL vor dem Amtsgericht Karlsruhe mit dem Antrag, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, bei der Berechnung der der Beschwerdeführerin zustehenden Betriebsrentenanwartschaft die Zeiten des Mutterschutzes wie Umlagemonate zu berücksichtigen. Die Beschwerdeführerin berief sich dabei wegen der zeitlichen Begrenzung der Richtlinie 96/97/EG auf ihr Grundrecht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 3 GG. Das Amtsgericht wies die Klage ab.

33

3. Die dagegen gerichtete Berufung wies das Landgericht Karlsruhe mit Urteil vom 5. Februar 2010 zurück. Prüfungsmaßstab für die Nichtberücksichtigung von Mutterschutzzeiten bei der Berechnung des versorgungspflichtigen Entgelts nach der VBLS a.F. sei das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG, das hier in Verbindung mit dem Gebot der Familienförderung aus Art. 6 Abs. 1 GG gesehen werden müsse. Aus dieser Wertentscheidung der Verfassung zugunsten der Familie sei die allgemeine Pflicht des Staates und sonstiger Versorgungsträger zu einem Familienlastenausgleich zu entnehmen. Der Satzungsgeber müsse auch darauf achten, dass Kindererziehende in den bestehenden Altersversorgungssystemen gegenüber Erwerbstätigen benachteiligt seien. Eine sachwidrige Ungleichbehandlung liege indes nicht vor.

34

Die Beschwerdeführerin habe während des Mutterschutzes kein zusatzversorgungspflichtiges Entgelt erhalten, da sie keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn gezahlt bekommen habe. Weil der Arbeitgeber beziehungsweise die Beschwerdeführerin nicht zur Zahlung von Umlagen verpflichtet gewesen sei, würden die Zeiten des Mutterschutzes konsequenterweise auch nicht als Umlagemonate berücksichtigt. Bei der Berechnung der Versorgungsrente blieben die Mutterschutzzeiten jedoch auch nicht gänzlich unberücksichtigt, sie würden vielmehr im Rahmen der Ermittlung der gesamtversorgungsfähigen Zeit zur Hälfte angerechnet (§ 42 Abs. 1, 2 VBLS a.F. i.V.m. § 54 Abs. 1 Nr. 1b, § 54 Abs. 3, § 58 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI).

35

Die Alterssicherung auf der Grundlage der VBLS erfolge nach dem Abschnittsdeckungsverfahren. Dieses bewirke, dass die Versorgungsleistungen grundsätzlich aus den von den Mitgliedern selbst angesammelten Beiträgen zu finanzieren seien. Der Satzungsgeber der Zusatzversorgung dürfe daher eher auf Beitragsleistungen während Mutterschutz- und Kinderbetreuungszeiten bestehen als derjenige der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Beklagte erhalte insbesondere keine Bundes- oder Landeszuschüsse zum Ausgleich "versicherungsfremder" Leistungen wie Rentenanwartschaften für Mutterschutz- und Kinderbetreuungszeiten, wie dies in der gesetzlichen Rentenversicherung der Fall sei.

III.

36

Mit der unmittelbar gegen die Entscheidungen des Amts- und des Landgerichts und mittelbar gegen § 29 Abs. 7 Satz 1 VBLS a.F. sowie § 8 Abs. 5 Versorgungs-TV erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG und des allgemeinen Gleichheitssatzes in Art. 3 Abs. 1 GG.

37

1. Die Satzung der VBL sei ungeachtet ihres privatrechtlichen Charakters am Maßstab des Art. 3 GG zu messen, da die VBL als Anstalt des öffentlichen Rechts eine öffentliche Aufgabe wahrnehme.

38

Nach Art. 3 Abs. 3 GG dürfe das Geschlecht grundsätzlich nicht Anknüpfungspunkt für eine rechtliche Ungleichbehandlung sein. Dies gelte auch dann, wenn eine Regelung nicht auf eine nach Art. 3 Abs. 3 GG verbotene Ungleichbehandlung angelegt sei, sondern in erster Linie andere Ziele verfolge. Die Beschwerdeführerin werde unmittelbar wegen ihres Geschlechts diskriminiert. Ausschließlich Frauen könnten Mutterschutz in Anspruch nehmen.

39

2. Es gebe keine zwingenden Gründe, die eine solche Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten. Der Verweis des Landgerichts darauf, dass die VBL ihre Leistungen nach den ihr zufließenden Umlagen auszurichten habe, was einer Berücksichtigung umlagefreier Zeiten wie Mutterschutzzeiten entgegenstehe, berücksichtige nicht, dass der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld ohne Not umlagefrei gestellt worden sei. Der Satzungsgeber wäre gehalten gewesen, die Satzung diskriminierungsfrei auszugestalten. Außerdem habe es das vom Landgericht und vom Bundesgerichtshof angenommene Prinzip, wonach VBL-Leistungen ausschließlich für durch Umlagen abgedeckte Zeiten gewährt worden seien, überhaupt nicht gegeben. Vielmehr seien in erheblichem Umfang versicherungsfremde Leistungen erbracht worden. Hierbei müsse insbesondere die Bestimmung des § 29 Abs. 7 Satz 5 VBLS a.F. beachtet werden. Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes hätten nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums Krankengeld seitens der gesetzlichen Krankenversicherung und einen Krankengeldzuschuss seitens des Arbeitgebers erhalten. Obwohl es sich nur bei letzterem um steuerpflichtiges Entgelt handele, hätten die Arbeitgeber Umlagen auf der Basis eines fiktiven Urlaubslohns, also auch für steuerfreie Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, abführen müssen. Die Ungleichbehandlung zwischen den längerfristig erkrankten Versicherten und den in Mutterschutz befindlichen versicherten Frauen sei augenscheinlich. Beide hätten steuerfreie Leistungen erhalten, die allerdings nur im Falle des Krankengeldes angerechnet würden.

40

3. Die Beschwerdeführerin sieht sich jedenfalls mittelbar diskriminiert. Der gewählte Anknüpfungspunkt des steuerpflichtigen Arbeitslohns in der Satzung der VBL wirke sich auf die Gruppe der Versicherten, die Mutterschutz in Anspruch genommen hätten, im Sinne einer faktischen Benachteiligung aus. Auch eine solche mittelbare Diskriminierung sei nach Art. 3 Abs. 3 GG verboten.

41

4. Sofern das Landgericht Karlsruhe darauf verweise, dass die vom Gerichtshof der Europäischen Union gewährte Übergangsfrist in das deutsche Verfassungsrecht übernommen werden könnte, sei dem die Entscheidung des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juni 2008 - 2 BvL 6/07 - (BVerfGE 121, 241 ff.) entgegenzuhalten. Auch im Fall des beamtenrechtlichen Versorgungsabschlags, der für teilzeitbeschäftigte Beamte eine überproportionale Kürzung von Versorgungsanwartschaften vorsah, habe das Bundesverfassungsgericht die zeitliche Begrenzung aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht übernommen.

IV.

42

Zur Verfassungsbeschwerde hat die VBL als Beklagte des Ausgangsverfahrens Stellung genommen. Nach ihrer Ansicht verstößt es weder gegen Art. 3 Abs. 3 noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG, dass die Zeiten des Mutterschutzes nicht als Umlagemonate bei der Erfüllung der Wartezeit im Rahmen einer Versicherungsrente berücksichtigt werden.

43

1. Die VBL habe Leistungen nur zu erbringen, soweit ihr Beiträge beziehungsweise Umlagen zugeflossen seien. Zuschüsse von dritter Seite würden in der Zusatzversorgung nicht gezahlt. Anders als die staatliche Sozialversicherung und insbesondere die gesetzliche Rentenversicherung sei sie nicht dem Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes unterworfen. Sie sei daher nicht verpflichtet, Zeiten, für die keine Beiträge beziehungsweise Umlagen entrichtet worden seien, zu berücksichtigen.

44

Die Versicherung der VBL sei Teil der betrieblichen Altersversorgung. Sie sei eine Gegenleistung aus dem Arbeitsvertrag und damit eine besondere Form der Vergütung. Es sei daher ein sachgerechtes Differenzierungskriterium, wenn Versicherungszeiten und die Leistungsberechnung an den Bezug von steuerpflichtigem Arbeitslohn anknüpften und steuerfreie Einnahmen eines Beschäftigten - wie der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld -, die vornehmlich sozialen Zwecken dienten, nicht in die Zusatzversorgung einbezogen würden.

45

2. Ein Vergleich zwischen der Gruppe der Beschäftigten während der Mutterschutzzeiten und den Beschäftigten, die einen Krankengeldzuschuss erhielten, sei nicht sachgerecht. Anders als der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld, der nach § 3 Satz 1 Buchstabe d EStG steuerfrei und damit nicht zusatzversorgungspflichtig sei, sei der Zuschuss des Arbeitgebers zum Krankengeld nach § 2 Abs. 2 Nr. 5 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung steuerpflichtig. Damit wäre der Zuschuss zum Krankengeld nach der Regelung in § 29 Abs. 7 Satz 1 VBLS a.F. an sich auch zusatzversorgungspflichtig. Die Berücksichtigung des Krankengeldzuschusses als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt mindere eine Versorgung eines Leistungsberechtigten gegenüber der Versorgung eines Beschäftigten, der nicht länger krank gewesen sei, jedoch dann erheblich, wenn der Krankengeldzuschuss in den Dreijahreszeitraum für die Berechnung einer Versorgungsrente falle (§ 43 Abs. 1 VBLS a.F.). Deshalb würde der Zuschuss zum Krankengeld - trotz seiner Steuerpflichtigkeit - nach § 29 Abs. 7 Satz 3 Buchstabe d VBLS a.F. von der Zusatzversorgungspflicht ausgenommen, um stattdessen eine Sonderregelung in § 29 Abs. 7 Satz 5 VBLS a.F. zu treffen. Nach dieser Sonderregelung sei, wenn in einem Abrechnungszeitraum Anspruch auf Krankengeldzuschuss bestehe, die Urlaubsvergütung als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt zugrunde zu legen. Auf diese Weise könne bei der Berechnung einer Versorgungsrente anstelle des Krankengeldzuschusses der regelmäßig höhere Urlaubslohn als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt berücksichtigt werden, wenn die Krankheit in den letzten drei Jahren vor Rentenbeginn eingetreten sei. Eine vergleichbare Interessenlage bestehe beim Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nicht, da nur in Ausnahmefällen die Mutterschutzzeiten in den Dreijahreszeitraum vor Beginn einer Versorgungsrente fielen. Eine Sonderregelung wie beim Krankengeldzuschuss sei daher nicht erforderlich gewesen.

B.

46

Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung gemäß § 93c Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG liegen vor.

47

Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden (vgl. BVerfGE 115, 259; 121, 241; 124, 199; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 14. April 2010 - 1 BvL 8/08 -, juris).

48

Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist zur Durchsetzung von in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechten der Beschwerdeführerin, hier des Grundrechts aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG, angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Sie ist, soweit sie sich gegen die Entscheidungen des Amtsgerichts und des Landgerichts wendet, zulässig und auch offensichtlich begründet (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).

I.

49

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig, soweit sie sich gegen die Entscheidungen des Amtsgerichts und des Landgerichts richtet. Dabei sind die Satzungsbestimmungen vom Bundesverfassungsgericht jedenfalls insoweit auf mögliche Grundrechtsverletzungen zu prüfen, als die angegriffenen fachgerichtlichen Entscheidungen auf ihrer Anwendung beruhen (vgl. BVerfGE 124, 199 <218>). Soweit zugleich die Regelung des § 8 Abs. 5 Versorgungs-TV mittelbar angegriffen wird, ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig und daher nicht zur Entscheidung anzunehmen. Tarifvertragliche Regelungen, die nicht für allgemeinverbindlich erklärt worden sind (dazu BVerfGE 44, 322 <340 ff.>), stellen keine Akte der öffentlichen Gewalt im Sinne des § 90 Abs. 1 BVerfGG, Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG dar und können daher mit der Verfassungsbeschwerde nicht angegriffen werden.

II.

50

Soweit die Verfassungsbeschwerde zulässig ist, ist sie auch offensichtlich begründet. Die angegriffenen Urteile verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG.

51

1. Die Zusatzversorgung der im öffentlichen Dienst Beschäftigten nach der Satzung der VBL ist am Grundrecht auf Gleichbehandlung zu messen. Sie ist zwar privatrechtlich ausgestaltet und findet Anwendung auf die Gruppenversicherungsverträge, die die an der VBL beteiligten öffentlichen Arbeitgeber mit der VBL zugunsten ihrer Arbeitnehmer abschließen. Die Einordnung der Satzungsbestimmungen als privatrechtliche Allgemeine Geschäftsbedingungen in der Form Allgemeiner Versicherungsbedingungen ist verfassungsrechtlich auch unbedenklich (vgl. BVerfGE 124, 199 <218>; BVerfGK 11, 130 <140>; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 18. April 2008 - 1 BvR 759/05 -, DVBl 2008, S. 780). Jedoch nimmt die VBL als Anstalt des öffentlichen Rechts eine öffentliche Aufgabe lediglich in privatrechtlicher Form wahr (vgl. BVerfGE 124, 199 <218>; siehe auch BVerfGE 98, 365 <393>; 116, 135 <153>). Daher ist die Satzung der VBL an die Beachtung des Gleichheitsgrundrechts gebunden.

52

2. Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG konkretisiert und verstärkt den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Das Geschlecht darf grundsätzlich nicht als Anknüpfungspunkt für eine rechtliche Ungleichbehandlung herangezogen werden. Das gilt auch dann, wenn eine Regelung nicht auf eine nach Art. 3 Abs. 3 GG verbotene Ungleichbehandlung angelegt ist, sondern in erster Linie andere Ziele verfolgt (vgl. BVerfGE 85, 191 <206>; 97, 35 <43>). Es kommt auch nicht darauf an, dass neben dem Geschlecht weitere Gründe für die Ungleichbehandlung maßgeblich waren (vgl. BVerfGE 89, 276 <289>).

53

An das Geschlecht anknüpfende differenzierende Regelungen sind mit Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG nur vereinbar, soweit sie zur Lösung von Problemen, die nur entweder bei Männern oder Frauen auftreten können, zwingend erforderlich sind. Fehlt es an zwingenden Gründen für eine Ungleichbehandlung, lässt sich diese einzig im Wege einer Abwägung mit kollidierendem Verfassungsrecht legitimieren (vgl. BVerfGE 85, 191 <207>; 92, 91 <109>).

54

a) Soweit eine Regelung an Schwangerschaft oder Mutterschaft anknüpft, differenziert sie unmittelbar nach dem Geschlecht. Es handelt sich nicht etwa um eine neutrale Vorschrift, die sich eventuell mittelbar ganz überwiegend auf Frauen oder ganz überwiegend auf Männer nachteilig auswirkt. Vielmehr trifft eine solche Regelung normativ kategorial ausschließlich Frauen (vgl. klarstellend § 3 Abs. 1 Satz 2 AGG; für das Recht der EU Art. 2 Abs. 2 Buchstabe c der Richtlinie 2006/54/EG; EuGH, Urteil vom 11. November 2010, Rs. C-232/09, Danosa; Urteil vom 8. November 1990, Rs. C-177/88, Dekker, Slg. I-1990, 3941 <3973>; Urteil vom 27. Februar 2003, Rs. C-320/01, Busch, Slg. I-2003, 2041 <2075>; Urteil vom 29. Oktober 2009, Rs. C-63/08, Alabaster). Eine solche Regelung berührt zwar auch Art. 6 Abs. 4 GG als Grundrecht auf Schutz und Fürsorge von Müttern durch den Staat. Art. 6 Abs. 4 GG enthält allerdings in erster Linie einen positiven Regelungsauftrag, der Eingriffe in Rechte Dritter legitimiert (vgl. BVerfGE 109, 64 <84 ff.>). Der Schutz von Müttern vor geschlechtsbezogener Diskriminierung ist im besonderen Gleichheitsrecht des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG verankert.

55

b) Die Anrechnung von Mutterschutzzeiten als Umlagemonate für die Zusatzversorgung der VBL bestimmt sich gemäß § 29 Abs. 10 VBLS a.F. nach der Regelung des § 29 Abs. 7 VBLS a.F., die durch § 8 Abs. 5 Versorgungs-TV inhaltsgleich vorgegeben wird. § 29 Abs. 7 VBLS a.F. statuiert eine Ungleichbehandlung von Müttern in zweifacher Hinsicht.

56

In § 29 Abs. 7 Satz 1 VBLS a.F. wird als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt der steuerpflichtige Arbeitslohn definiert; Mutterschaftsgeld ist als Lohnersatzleistung nach § 3 Nr. 1 Buchstabe d EStG jedoch steuerfrei gestellt. Der Ausschluss von Zeiten des Mutterschutzes aus der Wartezeitberechnung nach § 29 Abs. 7 Satz 1 VBLS a.F. stellt folglich eine Ungleichbehandlung von Frauen mit Mutterschutzzeiten gegenüber männlichen Arbeitnehmern dar, deren Erwerbsbiografien im öffentlichen Angestelltenverhältnis nicht durch die gesetzlich zwingend vorgegebenen Mutterschutzzeiten unterbrochen wurden und auch nicht werden können. Frauen, die Mutterschutz in Anspruch genommen haben und den Beschäftigungsverboten der § 3 Abs. 2, § 6 Abs. 1 MuSchG unterfallen, erwerben, wenn sie - wie die Beschwerdeführerin - aufgrund ihrer Mutterschutzzeiten die Wartezeit des § 38 Abs. 1 VBLS a.F. nicht erreichen, keinen Anspruch auf Versicherungsrente.

57

Zudem liegt eine Ungleichbehandlung von Frauen in Mutterschutz hier auch gegenüber denjenigen männlichen und weiblichen Versicherten vor, die Krankengeld und einen (im Verhältnis deutlich geringeren) Krankengeldzuschuss des Arbeitgebers erhalten. Zwar ist das von der Krankenversicherung gezahlte Krankengeld wie das Mutterschaftsgeld nach § 3 Nr. 1 EStG steuerfrei. Doch sind die Krankheitszeiten gemäß § 29 Abs. 7 Satz 5 VBLS a.F., der auf dem wortgleichen § 5 Abs. 5 Satz 5 Versorgungs-TV beruht, auf Basis des (fiktiven) Urlaubslohns, also praktisch in Höhe des normalen Arbeitsverdienstes als versorgungspflichtiges Entgelt anzurechnen (vgl. Gilbert/Hesse, Die Versorgung der Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes, Satzung der VBL, § 29 B, Rn. 39); in den Zeiten der Entgeltfortzahlung sowie des Bezugs eines Krankengeldzuschusses werden auch Umlagen entrichtet, die Krankheitszeiten bei der Berechnung der Zusatzversorgungsrente also voll als umlagefähige Monate angerechnet. Für den Mutterschutz findet sich keine entsprechende Regel.

58

c) An das Geschlecht anknüpfende differenzierende Regelungen sind nach bisheriger Rechtsprechung mit Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG nur vereinbar, soweit sie zur Lösung von Problemen, die ihrer Natur nach nur entweder bei Männern oder bei Frauen auftreten können, zwingend erforderlich sind. Fehlt es an zwingenden Gründen für solche Differenzierungen, lassen sie sich nur noch im Wege einer Abwägung mit kollidierendem Verfassungsrecht legitimieren (BVerfGE 85, 191 <207 ff.>; 92, 91 <109>).

59

Die Regelung der VBLS zur Berücksichtigung von Mutterschutzzeiten aus der Wartezeitberechnung für den Erwerb einer Rentenanwartschaft gilt zwar einer geschlechtsspezifischen Problemstellung, stellt jedoch eine Ungleichbehandlung dar, die nicht zwingend erforderlich ist. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits in der Leitentscheidung zum Mutterschutz ausgeführt, dass dessen Ausgestaltung sich an der Gleichberechtigung orientieren muss (vgl. BVerfGE 109, 64 <89> m.w.N.; auch BVerfGE 87, 1 <42>). Auf eine tatsächliche Gleichstellung zielt die Freistellung der Arbeitgeber von der Umlage für Mutterschutzzeiten. So wird versucht, eine mögliche negative Steuerungswirkung der Belastung mit den Kosten des Mutterschutzes für Unternehmen durch ein Ausgleichs- und Umlageverfahren zu verhindern (vgl. BVerfGE 109, 64 <90>). Der Gesetzgeber verfolgt also ein verfassungsrechtlich vorgegebenes Ziel, wenn er den Mutterschutz umlagefrei stellt, denn täte er dies nicht, wäre ein Anreiz für Arbeitgeber vorhanden, Frauen in gebärfähigem Alter nicht zu beschäftigen. Diese Systementscheidung darf aber nicht über daran anknüpfende Regeln wie die der VBLS a.F. zu Lasten von Müttern gehen (vgl. auch EuGH, Urteil vom 1. Juli 2010, Rs. C-194/08, Gassmayr; Urteil vom 13. Januar 2005, Rs. C-356/03, Mayer). Zwar steht es dem Gesetzgeber ebenso wie der VBL frei zu entscheiden, wie genau die Lasten des Mutterschutzes verteilt werden. Jedoch rechtfertigt dies keine Diskriminierung von Müttern durch die Hintertür.

60

Für die hier entscheidungserhebliche Regelung der VBLS a.F. zum Mutterschutz sind auch sonst keine sachlichen Gründe erkennbar, die eine Benachteiligung von Müttern rechtfertigen könnten. Insbesondere ist die Anrechnung von Mutterschaftszeiten bei Bezug einer Versorgungsrente im Rahmen der Ermittlung der gesamtversorgungsfähigen Zeit nach § 42 Abs. 2 Buchstabe a VBLS a.F. in Verbindung mit § 54 Abs. 1 und 3, § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI zur Hälfte nicht geeignet, die Nichtberücksichtigung für die Wartezeit zu legitimieren. Vielmehr stellt auch diese Halbanrechnung Mütter schlechter als diejenigen, die einen Krankengeldzuschuss des Arbeitgebers beziehen, da deren Zeiten voll als Umlagemonate angerechnet werden. Zudem gilt die hälftige Anrechnung auch nur für die Versorgungsrente, käme also von vornherein für die Beschwerdeführerin nicht in Betracht, die lediglich einen Anspruch auf Versicherungsrente geltend macht.

61

3. Der Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG führt dazu, dass die Beschwerdeführerin die Berücksichtigung ihrer Mutterschutzzeiten im Rahmen der Berechnung ihres versorgungspflichtigen Entgelts und der zurückgelegten Umlagemonate nach § 29 Abs. 7 und Abs. 10 VBLS a.F. verlangen kann. Entsprechend sind diese Zeiten auf die Wartezeit nach § 38 Abs. 1 VBLS a.F. anzurechnen.

62

a) Verstoßen Allgemeine Versicherungsbedingungen - wie hier in Form der Satzung der VBL - gegen Art. 3 GG, so bewirkt dies nach der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Rechtsprechung der Zivilgerichte die (teilweise) Unwirksamkeit der betroffenen Klausel. Hierdurch entstehende Regelungslücken können im Wege ergänzender Vertragsauslegung geschlossen werden (vgl. BVerfGE 124, 199 <233 f.>; BGHZ 174, 127 <175 ff.>). Zwar führt der gleichheitswidrige Ausschluss von einer Vergünstigung dann nicht notwendigerweise dazu, dass dem Betroffenen ein Anspruch auf Gewährung der Vergünstigung zusteht. Das gilt insbesondere, wenn es mehrere Möglichkeiten gibt, um eine verfassungsgemäße Regelung zu erzielen. Insofern können die für Gleichheitsverstöße des Gesetzgebers entwickelten Grundsätze entsprechend herangezogen werden (vgl. BVerfGE 82, 126 <154 f.>; 103, 225 <240>; 107, 27 <57>; 120, 125 <167>). Etwas anderes gilt aber, wenn der Gleichheitsverstoß nur durch eine Ausdehnung der begünstigenden Regelung auf die ausgeschlossene Gruppe beseitigt werden kann (vgl. BVerfGE 29, 283 <303>; 55, 100 <113 f.>; 92, 91 <121>). So liegt der Fall hier. Eine Gleichbehandlung der Versicherten, die während ihrer Versicherungszeiten Mutterschutz in Anspruch genommen haben, und denjenigen, für die während ihrer Krankheit gemäß § 29 Abs. 1 und Abs. 7 Satz 5 VBLS a.F. von ihren Arbeitgebern Umlagen entrichtet worden sind, lässt sich nachträglich nur dadurch erreichen, dass die Mutterschutzzeiten als Umlagezeiten angerechnet werden.

63

b) Bei einem Verstoß gegen das Gleichheitsgrundrecht stellt sich grundsätzlich die Frage nach einer zeitlichen Begrenzung (vgl. BVerfGE 121, 241 <266>). So kann das Bundesverfassungsgericht die Fortgeltung einer verfassungswidrigen Norm zum Beispiel anordnen, wenn dies aus Gründen einer geordneten Finanz- und Haushaltsplanung geboten ist oder wenn die Verfassungslage bisher nicht hinreichend geklärt war und dem Gesetzgeber aus diesem Grund eine angemessene Frist zur Schaffung einer Neuregelung - auch für Tatbestände in der Vergangenheit - zu gewähren ist (vgl. BVerfGE 120, 125 <168> m.w.N.). Entsprechend kann auch bei einem Grundrechtsverstoß durch die Ausgestaltung von Versicherungsbedingungen im Rahmen einer Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst, die auf der Satzung einer öffentlichen Anstalt beruht, eine zeitliche und sachliche Beschränkung der Folgewirkungen zulässig und geboten sein, wenn ansonsten eine schwerwiegende Störung des finanziellen Gleichgewichts im Versicherungssystem zu befürchten wäre (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Mai 2001, Rs. C-262/88, Barber, Slg. 1990 I-1889 <1955>). Dies folgt bereits aus der Schutzpflicht gegenüber den Grundrechtspositionen anderer Versicherter aus Art. 14 Abs. 1 GG.

64

Von der Gefahr einer derartigen Störung kann aber vorliegend nicht ausgegangen werden. Eine Anrechnung von Mutterschutzzeiten, die auch schon vor dem 17. Mai 1990 in Anspruch genommen wurden, stellt jedenfalls dann keine echte rückwirkende Regelung dar, wenn der Versicherungsfall wie bei der Beschwerdeführerin bislang noch nicht eingetreten ist und Ausschlussfristen der Geltendmachung ihres Anspruchs nicht entgegenstehen. Denn die ausgezahlte Rente wird erst mit Eintritt des Versicherungsfalls berechnet (vgl. §§ 33 ff. VBLS). Auch sonst ist die Gefahr einer Störung des finanziellen Gleichgewichts der Zusatzversorgung durch die Berücksichtigung von Mutterschutzzeiten der Versicherten nicht ersichtlich. Das gilt auch, weil wegen der Ausschlussfristen in der Satzung der VBL eine rückwirkende Berücksichtigung von Mutterschutzzeiten nur sehr begrenzt in Betracht kommen dürfte.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

1. § 17 Satz 1 des Gesetzes über den Hamburgischen Versorgungsfonds - Anstalt öffentlichen Rechts - (HVFG) vom 21. November 2006 (Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt I Seite 557) ist mit Artikel 3 Absatz 1 und 2 des Grundgesetzes unvereinbar.

2. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, spätestens bis zum 31. Dezember 2010 eine Neuregelung zu treffen.

Gründe

A.

1

Das konkrete Normenkontrollverfahren betrifft die Frage, inwieweit der Landesgesetzgeber zwischen verschiedenen Arbeitnehmergruppen differenzieren darf, wenn er bestimmten Arbeitnehmern, die im Bereich des öffentlichen Dienstes beschäftigt waren, für den Fall der Privatisierung ihres Arbeitgebers einen Anspruch auf Rückkehr in ein Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst gewährt und anderen Arbeitnehmern nicht.

I.

2

1. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Klägerin) ist seit dem 22. Juni 1987 als Reinigungskraft im Allgemeinen Krankenhaus Altona tätig. Der damals bestehende städtische Landesbetrieb Krankenhäuser (LBK) war rechtlich nicht verselbständigt. Das Arbeitsverhältnis bestand daher unmittelbar mit der Freien und Hansestadt Hamburg.

3

2. Aufgrund § 17 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Errichtung der Anstalt Landesbetrieb Krankenhäuser vom 11. April 1995 (LBKHG - HmbGVBl I S. 77) gingen die Arbeitsverhältnisse der in den städtischen Krankenhäusern tätigen Arbeitnehmer auf den Landesbetrieb Krankenhäuser Hamburg (LBK Hamburg), eine rechtsfähige Anstalt öffentlichen Rechts, über. Träger des LBK Hamburg war gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 LBKHG die Stadt. § 17 Abs. 2 LBKHG lautete:

4

Die Freie und Hansestadt Hamburg ist verpflichtet, für den Fall der Überführung der Anstalt in eine andere Trägerschaft dafür Sorge zu tragen, dass die Beschäftigten, die zum Stichtag des Übergangs auf den LBK Hamburg bei den Landesbetrieben beschäftigt waren, von dem neuen Träger unter Wahrung ihres Besitzstandes übernommen werden.Die Freie und Hansestadt Hamburg ist außerdem verpflichtet, im Falle einer Überführung der gesamten Anstalt in eine andere Trägerschaft ohne Mehrheitsbeteiligung der Freien und Hansestadt Hamburg diese Mitarbeiter auf deren Wunsch unter Wahrung der bei der Anstalt erreichten Lohn- und Vergütungsgruppe und Beschäftigungszeit wieder in den Diensten der Freien und Hansestadt Hamburg zu beschäftigen.Im Falle der Überführung einzelner Krankenhäuser oder anderer Einrichtungen des LBK Hamburg oder Teilen von ihnen in eine andere Trägerschaft ohne Mehrheitsbeteiligung des LBK Hamburg ist der LBK Hamburg verpflichtet, den Beschäftigten, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes als Arbeitnehmer oder Beamte beim LBK … beschäftigt gewesen sind, unter Wahrung der beim LBK Hamburg erreichten Lohn- und Vergütungsgruppe sowie Beschäftigungszeit den Verbleib in der Anstalt zu ermöglichen.

5

3. Ab dem 1. Januar 2000 beauftragte der LBK Hamburg die C ... GmbH mit der Durchführung der Reinigungsarbeiten in den Krankenhäusern. Die Arbeitsverhältnisse der im Reinigungsbereich tätigen Arbeitnehmer gingen aufgrund eines Betriebsteilübergangs gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die C... GmbH über. Auch die Klägerin wurde fortan von diesem Unternehmen, einer hundertprozentigen Tochter des LBK Hamburg, beschäftigt.

6

4. Mit dem Gesetz zur Errichtung der Betriebsanstalt LBK Hamburg (LBKBetriebG), das als Art. 1 des Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse des Landesbetriebs Krankenhäuser Hamburg - Anstalt öffentlichen Rechts - vom 17. Dezember 2004 (HmbGVBl I S. 487) in Kraft getreten ist, wurde mit Wirkung zum 1. Januar 2005 die Betriebsanstalt "LBK Hamburg - Anstalt öffentlichen Rechts" (Betriebsanstalt LBK Hamburg) errichtet. Zugleich wurde das LBKHG durch Art. 3 Ziffer 1 des Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse des Landesbetriebs Krankenhäuser Hamburg - Anstalt öffentlichen Rechts - vom 17. Dezember 2004 in "Gesetz zur Errichtung der Anstalt Landesbetrieb Krankenhäuser Hamburg Immobilien Anstalt öffentlichen Rechts (LBK-Immobilien Gesetz)" umbenannt, und dementsprechend wurde der bisherige LBK Hamburg gemäß Art. 3 Ziffer 2 des Neuregelungsgesetzes in LBK-Immobilien umbenannt. Bei der nunmehr neben der neu errichteten Betriebsanstalt LBK Hamburg bestehenden, nur noch als Besitzanstalt fungierenden LBK-Immobilien verblieben nur vier Personalstellen. Der Betrieb der Krankenhäuser wurde auf die Betriebsanstalt LBK Hamburg übertragen, deren Träger der LBK-Immobilien war (§ 1 Abs. 1 Satz 4 LBKBetriebG).

7

Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 LBKBetriebG gingen die Arbeitsverhältnisse der bisher beim ("alten") LBK Hamburg beschäftigten Arbeitnehmer mit Wirkung zum 1. Januar 2005 auf die Betriebsanstalt LBK Hamburg (den "neuen" LBK Hamburg) über. In § 14 Abs. 1 Satz 2 LBKBetriebG war geregelt, dass § 613a Absätze 1, 2 und 4 bis 6 BGB entsprechend gelten sollten. Die betroffenen Arbeitnehmer wurden darauf hingewiesen, dass sie dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse auf die Betriebsanstalt LBK Hamburg widersprechen könnten.

8

Mit der Verordnung zur Umwandlung der Betriebsanstalt LBK Hamburg in eine Kapitalgesellschaft vom 4. Januar 2005 (HmbGVBl I S. 4) wurde die Betriebsanstalt LBK Hamburg, bisher Anstalt öffentlichen Rechts mit dem LBK-Immobilien als ihrem Träger, sodann in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung umgewandelt, deren Mehrheitsgesellschafterin die Besitzanstalt LBK-Immobilien war. Nach § 2 Abs. 1 dieser Verordnung blieben die Rechte und Pflichten der Beschäftigten aus den bestehenden Arbeitsverträgen durch den Formwechsel unberührt.

9

Damit wurde der Großteil der bereits 1995 von der Stadt auf den LBK Hamburg übergeleiteten und dort ununterbrochen beschäftigten Arbeitnehmer zum Jahreswechsel 2004/2005 mit der Betriebsanstalt LBK Hamburg ausgegliedert, um das Arbeitsverhältnis anschließend nach der Umwandlung der Betriebsanstalt mit der neu gegründeten LBK Hamburg GmbH fortzusetzen. Mehrheitsgesellschafter der LBK Hamburg GmbH blieb vorerst die öffentliche Hand in Gestalt der Besitzanstalt LBK-Immobilien, deren Träger die Stadt war. Ziel der Umstrukturierung war aber, die Betriebsgesellschaft nach dem Formwechsel "durch Aufnahme des strategischen Partners" teilweise zu privatisieren (Bürgerschafts-Drucks 18/849, S. 11).

10

Der früheren Regelung zum Rückkehrrecht der Arbeitnehmer in § 17 Abs. 2 LBKHG entsprach nunmehr § 15 Abs. 2 LBK-Immobilien Gesetz (vgl. Art. 3 Ziffer 15 des Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse des Landesbetriebs Krankenhäuser Hamburg - Anstalt öffentlichen Rechts - vom 17. Dezember 2004 ). Ergänzend wurde in Abs. 3 des § 15 LBK-Immobilien Gesetzes geregelt, dass das Rückkehrrecht auch dann besteht, wenn die neu errichtete Anstalt öffentlichen Rechts in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt worden ist und der LBK-Immobilien seine Beteiligung an der Kapitalgesellschaft mehrheitlich veräußert.

11

5. Die Mehrheit der Anteile an der LBK Hamburg GmbH (74,9 %) ging am 1. Januar 2007 von der Stadt auf die A ... GmbH (im Folgenden: A ... GmbH) über. Zuvor war das LBK-Immobilien Gesetz durch Art. 1 Ziffer 1 des Gesetzes zur Änderung des LBK-Immobilien Gesetzes vom 21. November 2006 (HmbGVBl I S. 557) in "Gesetz über den Hamburgischen Versorgungsfonds - Anstalt öffentlichen Rechts - (HVFG)" umbenannt worden. Dementsprechend wurde der LBK-Immobilen in Hamburgischer Versorgungsfonds (HVF) umbenannt (§ 1 Abs. 1 Satz 1 HVFG in der Fassung des Art. 1 Ziffer 2 des Gesetzes zur Änderung des LBK-Immobilien Gesetzes vom 21. November 2006).

12

In § 17 HVFG wurde das Rückkehrrecht nunmehr wie folgt geregelt:

13

Veräußert der HVF seine Beteiligung an der LBK Hamburg GmbH mehrheitlich, so ist die Freie und Hansestadt Hamburg verpflichtet, diejenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der LBK Hamburg GmbH, die bereits im Zeitpunkt der Errichtung der LBK Hamburg - Anstalt öffentlichen Rechts - dort beschäftigt waren, auf deren Wunsch unter Wahrung der beim LBK Hamburg erreichten Lohn- und Vergütungsgruppe und Beschäftigungszeit wieder in den Diensten der Freien und Hansestadt Hamburg zu beschäftigen. Maßgeblicher Veräußerungszeitpunkt ist der Zeitpunkt des dinglichen Übergangs der Anteilsmehrheit. In diesem Fall hat die Leitung der LBK Hamburg GmbH alle betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von ihrem Recht nach Satz 1 schriftlich zu unterrichten. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können innerhalb von sechs Monaten nach Eingang der Mitteilung der Geschäftsleitung schriftlich mitteilen, dass sie von ihrem Recht Gebrauch machen. Die Überführung der Arbeitsverhältnisse in den Dienst der Freien und Hansestadt Hamburg soll dann binnen eines weiteren Jahres erfolgen. …

14

In der Gesetzesbegründung heißt es dazu (Bürgerschafts-Drucks 18/4930, S. 14):

15

Die Regelung über das Rückkehrrecht von bestimmten Beschäftigten der LBK Hamburg GmbH in den Dienst der Freien und Hansestadt Hamburg findet sich an dieser Stelle, weil der HVF die Anteile an der LBK Hamburg GmbH für die Stadt hält. Nur die Übertragung einer Mehrheit von Anteilen an der LBK Hamburg GmbH kann das Rückkehrrecht auslösen. Der Übergang der Anteilsmehrheit an der LBK Hamburg GmbH ist für den 1. Januar 2007 vorgesehen. Zur Verdeutlichung ist klargestellt, dass entsprechend der Regelung im LBKHG vom 11. April 1995 (HmbGVBl. S. 77), zuletzt geändert durch das Dritte Gesetz zur Änderung des LBK Hamburg Gesetzes vom 17. Dezember 2004 (HmbGVBl. S. 487) dieses Rückkehrrecht nur für die Beschäftigten der LBK Hamburg GmbH gilt, die bereits bei der Errichtung des Landesbetriebs Krankenhäuser Hamburg - Anstalt öffentlichen Rechts - dort beschäftigt waren und deren Beschäftigungsverhältnis bei der LBK Hamburg GmbH seitdem noch immer besteht.

16

Mit der Übertragung der Anteilsmehrheit auf die A ... GmbH waren die Voraussetzungen eines Rückkehrrechts nach § 17 HVFG für die in dieser Vorschrift bezeichnete Gruppe von Arbeitnehmern der LBK Hamburg GmbH zum 1. Januar 2007 erfüllt. Das von der Klägerin unter Hinweis auf ihre Zugehörigkeit zu dieser Gruppe ausgeübte Rückkehrrecht lehnte die Stadt mit der Begründung ab, die Klägerin sei nicht Arbeitnehmerin der LBK Hamburg GmbH, sondern der rechtlich selbständigen C ... GmbH.

II.

17

1. Die Klägerin erhob daraufhin vor dem Arbeitsgericht Klage gegen die Stadt und beantragte "festzustellen, dass ihr ein Rückkehrrecht zur Stadt nach § 17 S. 1 bis 5 HVFG zusteht".

18

Sie vertrat die Auffassung, dass die Vorschrift nach ihrem Sinn und Zweck auch auf die Arbeitnehmer Anwendung finden könne, deren Arbeitsverhältnisse im Jahr 2000 auf die C ... GmbH übergegangen seien. Ein auf die Arbeitnehmer der LBK Hamburg GmbH beschränktes Verständnis der Norm verstoße zudem gegen Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG sowie gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG folgende Gebot des Vertrauensschutzes. Dass ihr im Jahr 2000 ein Widerspruch gegen den sie betreffenden Betriebsübergang möglich gewesen wäre, könne die Versagung eines Rückkehrrechts nach dem Wortlaut des § 17 HVFG nicht rechtfertigen. Auch die früher beim LBK Hamburg beschäftigten Arbeitnehmer, denen anders als ihr ein Rückkehrrecht zugebilligt worden sei, hätten dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse auf die LBK Hamburg GmbH am 1. Januar 2005 nach § 613a Abs. 6 BGB widersprechen können.

19

Die Stadt machte zur Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmergruppen geltend, die Tatsache, dass sie von Anfang an nur denjenigen Arbeitnehmern ein Rückkehrrecht habe einräumen wollen, die dem LBK Hamburg seit 1995 eng verbunden verblieben seien, stelle einen legitimen Differenzierungsgrund dar. Der Landesgesetzgeber habe im Jahr 1995 mit der Einräumung des Rückkehrrechts gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 LBKHG einen Ausgleich dafür geschaffen, dass den damals auf den LBK Hamburg übergeleiteten Beschäftigten kein Widerspruchsrecht gegen die Übertragung ihrer Arbeitsverhältnisse zugestanden habe. § 613a BGB habe aufgrund der gesetzlich angeordneten Organisationsänderung innerhalb des öffentlichen Dienstes nicht zur Anwendung kommen können, und der Gesetzgeber habe auch im LBKHG kein entsprechendes Widerspruchsrecht normiert. Um die Beschäftigten des neu geschaffenen LBK Hamburg dennoch umfassend vor dem von ihnen nicht beeinflussbaren Verlust ihres Arbeitsplatzes im öffentlichen Dienst abzusichern, sei ihnen im Falle einer späteren Überführung der gesamten Anstalt in eine private Trägerschaft das Rückkehrrecht zur Stadt eingeräumt worden. Auch bei der Aufspaltung und Umwandlung des LBK Hamburg nach dem LBKBetriebG in den Jahren 2004/2005 habe es sich um eine gesetzlich angeordnete Überleitung der Arbeitsverhältnisse gehandelt, bei der die Schutzvorschrift des § 613a BGB nicht unmittelbar habe Anwendung finden können. Dementsprechend sei den von der Übertragung betroffenen Arbeitnehmern weiterhin das potentielle Rückkehrrecht zur Stadt eingeräumt worden. Die Regelung der entsprechenden Anwendbarkeit des § 613a BGB in § 14 Abs. 1 Satz 2 LBKBetriebG sei nur deshalb getroffen worden, weil der Gesetzgeber nicht habe ausschließen können, dass die Gerichte den Arbeitnehmern im Falle eines Rechtsstreits auch ohne unmittelbare Geltung des § 613a BGB ein Widerspruchsrecht zugebilligt hätten. Solchen Rechtsstreitigkeiten habe vorgebeugt werden sollen. Faktisch wäre das Widerspruchsrecht aber ins Leere gelaufen, da die widersprechenden Arbeitnehmer zwar beim LBK-Immobilien verblieben wären, aber wegen dort fehlender Beschäftigungsmöglichkeiten mit einer betriebsbedingten Kündigung hätten rechnen müssen. Das Fortbestehen des gesetzlichen Rückkehrrechts sei damit im Ergebnis weiterhin die einzige Möglichkeit geblieben, im Falle der Privatisierung des gesamten Krankenhausbetriebs in den öffentlichen Dienst zurückzukehren. Anders habe sich die Situation bei den Beschäftigten dargestellt, deren Arbeitsverhältnisse im Jahre 2000 aufgrund einer unternehmerischen Entscheidung des LBK Hamburg durch einen rechtsgeschäftlichen Teilbetriebsübergang auf die C ... GmbH übergegangen seien. Sie hätten den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf eine privatrechtliche Gesellschaft durch Ausübung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB verhindern können. Die Gefahr einer betriebsbedingten Kündigung sei zwar nicht gänzlich auszuschließen gewesen. In Anbetracht des beim LBK Hamburg verbliebenen Personalkörpers und Aufgabenkreises sowie des zu beachtenden Grundsatzes der Sozialauswahl wäre eine solche Kündigung aber kaum durchsetzbar gewesen. Insofern hätten die von dieser Teilausgliederung betroffenen Arbeitnehmer keines besonderen, über das Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB hinausgehenden Schutzes durch ein Rückkehrrecht zur Stadt bedurft. Diese Arbeitnehmer, die sich - indem sie nicht widersprochen hätten - entschieden hätten, ihre Tätigkeit ab 2000 bei der C ... GmbH auszuüben, hätten davon ausgehen müssen, dass mit der Ausgliederung auf ein eigenständiges Unternehmen auch Veränderungen in ihren Arbeitsverhältnissen einhergingen. Die Klägerin habe die für sie nachteilige Folge, kein Rückkehrrecht mehr geltend machen zu können, selbst verursacht, indem sie dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die C ... GmbH nicht widersprochen habe. Außerdem stelle die Gebäudereinigung keine genuin medizinische oder wie im Falle des technischen und des Verwaltungspersonals annexförmig dem Gesundheitswesen angegliederte Dienstleistung dar.

20

Die Klägerin schloss sich der Auffassung der Stadt an, dass die Widerspruchsmöglichkeit der Beschäftigten des LBK Hamburg zum Jahreswechsel 2004/2005 nach den tatsächlichen Verhältnissen bedeutungslos gewesen sei, weil bei Ausübung des Widerspruchsrechts die Gefahr einer betriebsbedingten Kündigung wegen fehlender verbleibender Arbeitsplätze beim LBK Hamburg bestanden hätte. Nicht anders sei aber die Situation der Beschäftigten im Reinigungsbereich im Jahr 2000 gewesen. Auch für sie hätte bei Erklärung eines Widerspruchs gegen den Betriebsübergang auf die C ... GmbH die Gefahr einer betriebsbedingten Kündigung bestanden. Ihre Arbeitsplätze seien beim LBK Hamburg mit der Ausgliederung weggefallen, und andere vergleichbare Arbeitsplätze seien beim LBK Hamburg schon mangels entsprechender sonstiger Qualifikation der Reinigungskräfte nicht vorhanden gewesen.

21

2. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Die Klägerin legte Berufung ein. Mit Beschluss vom 13. August 2008 setzte das Landesarbeitsgericht den Rechtsstreit aus und legte dem Bundesverfassungsgericht die Frage vor, ob § 17 HVFG mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

22

a) Die dem Bundesverfassungsgericht vorgelegte Frage sei entscheidungserheblich. Sei § 17 HVFG anzuwenden, müsse die Klage abgewiesen werden, weil eine Anspruchsgrundlage für das geltend gemachte Rückkehrrecht fehle. § 17 HVFG setze voraus, dass die Klägerin am 1. Januar 2007 als dem Zeitpunkt, in dem die Stadt die Anteilsmehrheit an der LBK Hamburg GmbH an die A ... GmbH übertragen habe, Arbeitnehmerin der LBK Hamburg GmbH gewesen sei. Die Klägerin stehe jedoch aufgrund eines Betriebsteilübergangs gemäß § 613a BGB seit dem 1. Januar 2000 in einem Arbeitsverhältnis mit der C ... GmbH. Für eine analoge Anwendung von § 17 HVFG sei kein Raum. Es fehle bereits an einer planwidrigen Regelungslücke. Der Wille des Gesetzgebers, dem die Ausgliederung des Reinigungsbereichs bekannt gewesen sei, gehe vielmehr ausweislich des klaren Wortlauts des Gesetzes dahin, das Rückkehrrecht auf diejenigen zu beschränken, die Beschäftigte der LBK Hamburg GmbH gewesen seien. Deshalb sei es den Fachgerichten auch nicht möglich, durch eine verfassungskonforme Auslegung den Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG im Falle der Klägerin zu vermeiden. Da die Chance bestehe, dass der Gesetzgeber nach einer Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Regelung über das Rückkehrrecht § 17 HVFG dahingehend ändere, dass er auch der Klägerin ein Rückkehrrecht einräume, komme es für die Entscheidung im Ausgangsverfahren auf die Verfassungsmäßigkeit der zur Überprüfung gestellten Vorschrift an.

23

b) Nach Überzeugung des Landesarbeitsgerichts verstößt § 17 HVFG gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

24

Die Vergleichsgruppen bestünden aus den seit 2000 bei der C ... GmbH beschäftigten Reinigungskräften einerseits und aus den damals beim LBK Hamburg verbliebenen Arbeitnehmern andererseits. Für letztere habe der Gesetzgeber auch bei den gesetzlichen Fortschreibungen ein im Wesentlichen unverändertes Rückkehrrecht zur Stadt vorgesehen, für erstere aber nicht, was im Hinblick auf Haftung, Arbeitsplatzsicherheit und Anwendbarkeit tariflicher Regelungen, beispielsweise des Ausschlusses einer ordentlichen Kündigung nach längerer Betriebszugehörigkeit, einen nicht unbeträchtlichen Nachteil darstelle.

25

Es handele sich um eine unterschiedliche Regelung für Personengruppen. Daher sei eine strenge Prüfung notwendig. Soweit der Gesetzgeber in § 17 HVFG der einen Gruppe ein Rückkehrrecht zur Stadt zubillige, der Gruppe, zu der die Klägerin gehöre, aber nicht, fehle es an einem sachlichen Differenzierungsgrund. Bereits im Jahr 1995 sei es die gesetzgeberische Absicht gewesen, die Beschäftigten des neu geschaffenen LBK Hamburg umfassend vor dem nicht beeinflussbaren Verlust ihrer Arbeitsstelle im öffentlichen Dienst abzusichern. Deshalb sei für den Fall einer späteren Überführung der gesamten Anstalt in eine private Trägerschaft das Rückkehrrecht zur Stadt gesetzlich eingeräumt worden. Die Rechtsstellung der Beschäftigten habe so gewahrt werden sollen, und finanzielle Nachteile hätten so verhindert werden sollen. Von dieser gesetzgeberischen Wohltat seien damals auch die Reinigungskräfte erfasst worden. Ihr später aufgrund unternehmerischer Entscheidung erfolgter Wechsel in eine hundertprozentige Tochtergesellschaft stelle keinen sachlichen Grund dar, ihnen im Gegensatz zu ihren vergleichbaren Kollegen bei Erlass des § 17 HVFG das Rückkehrrecht vorzuenthalten. Für eine solche Differenzierung lasse sich kein vernünftiger, aus der Natur der Sache folgender oder sonst einleuchtender Grund finden.

26

Der Gesetzgeber knüpfe für das Entstehen des Rückkehrrechts nicht an den formalen Wechsel der Person des jeweiligen Arbeitgebers oder seiner Rechtsform an, sondern stelle darauf ab, ob aufgrund der Übertragung von Mehrheitsanteilen von einer das Rückkehrrecht auslösenden Privatisierung des LBK Hamburg auszugehen sei. Es bestehe auch kein Unterschied in der Wahlmöglichkeit der Beschäftigten beider Gruppen beim Wechsel des Arbeitgebers. Allen Beschäftigten sei 1995 ein Rückkehrrecht zur Kompensation des gesetzlich angeordneten, von den Beschäftigten nicht beeinflussbaren Arbeitgeberwechsels eingeräumt worden. Sodann sei zum 1. Januar 2000 ein weiterer, diesmal rechtsgeschäftlicher Wechsel für die Beschäftigten im Reinigungsbereich mit einem von der Rechtsprechung anerkannten Widerspruchsrecht gemäß § 613a BGB erfolgt. Da keine vergleichbaren Arbeitsplätze beim LBK Hamburg verblieben seien, wäre im Falle des Widerspruchs eine betriebsbedingte Kündigung zu erwarten gewesen. Keinesfalls wäre es arbeitsrechtlich angeraten gewesen, dem Betriebsübergang zu widersprechen. Genauso theoretisch sei das den Beschäftigten der Vergleichsgruppe eingeräumte Widerspruchsrecht durch den gemäß § 14 Abs. 1 LBKBetriebG vom 17. Dezember 2004 erfolgten Verweis auf § 613a Abs. 6 BGB gewesen, da bei der Besitzanstalt LBK-Immobilien nur vier Arbeitsplätze verblieben seien.

27

Die Differenzierung könne auch nicht mit den unterschiedlichen Aufgaben der Betroffenen begründet werden. Ohne Reinigungsarbeiten lasse sich ein Krankenhaus genauso wenig betreiben wie ohne medizinische, pflegerische, technische oder verwaltende Tätigkeiten. Würde der unterschiedliche Aufgabenbereich, der Grad der Vorbildung oder die Nähe der Aufgabe zum medizinischen Kerngeschäft als Kriterium herangezogen, würde sich angesichts des weitaus größeren Frauenanteils in der Gruppe der bei der C ... GmbH Beschäftigten zudem das Problem einer mittelbaren Diskriminierung stellen.

28

Ein zulässiger Differenzierungsgrund könne zwar auch in der Befugnis des Gesetzgebers zur Typisierung und Generalisierung von Sachverhalten liegen. Die damit verbundenen Belastungen seien hinzunehmen, wenn sie nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären, lediglich eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen beträfen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv sei. Auch danach erweise sich die Regelung aber nicht als verfassungsgemäß. Die Belastung der Reinigungskräfte ließe sich durch ihre Einbeziehung in das Rückkehrrecht einfach vermeiden. Es sei auch keine im Verhältnis zur begünstigten Gruppe nur kleine Zahl von Personen betroffen, und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz sei nicht belanglos.

III.

29

Zur Vorlage haben der Präses der Justizbehörde für den Senat der Freien und Hansestadt Hamburg, die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts, der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, die dbb Tarifunion und die Klägerin des Ausgangsverfahrens Stellung genommen.

30

1. Im Anschluss an den Vortrag der Stadt im Ausgangsverfahren hat der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg im Hinblick auf die Ausführungen der Klägerin, ein Widerspruch gegen den Betriebsübergang sei angesichts des Risikos einer dann folgenden betriebsbedingten Kündigung eine rein theoretische Möglichkeit gewesen, auf § 9 der "Rahmendienstvereinbarung Beschäftigungssicherung im LBK Hamburg" vom 23. Juni 1997 und auf Anschlussvereinbarungen vom 4. Januar 1999 und 22. Dezember 2000 hingewiesen. In diesen Dienstvereinbarungen des Vorstands und des Gesamtpersonalrats des LBK Hamburg ist geregelt, dass der LBK Hamburg im Zusammenhang mit Maßnahmen, die dem Geltungsbereich dieser Dienstvereinbarungen unterfielen, zeitlich befristet auf betriebsbedingte Änderungs- und Beendigungskündigungen verzichtet. Zur Frage einer mittelbaren Frauendiskriminierung hat der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg mitgeteilt, dass im Januar 2007 der Anteil der weiblichen Beschäftigten im LBK Hamburg bei 69,5 % und bei der C ... GmbH bei 93,5 % lag.

31

2. Die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts hat eine Stellungnahme des Vorsitzenden des Achten Senats übersandt, wonach dort mehrere Revisionsverfahren zu Fragen des Rückkehrrechts in den Landesdienst nach dem HVFG anhängig seien.

32

3. Nach Ansicht des Deutschen Gewerkschaftsbunds wäre § 17 HVFG verfassungswidrig, wenn man die Vorschrift so wie das Landesarbeitsgericht interpretierte. Dann läge eine willkürliche, gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Ungleichbehandlung zwischen den auf die C... GmbH übergegangenen Arbeitnehmern des Reinigungsbereichs und den bei dem LBK Hamburg verbliebenen Arbeitnehmern vor. Die gerichtliche Auslegung des § 17 Satz 1 HVFG, nach der für ein Rückkehrrecht ein Arbeitsverhältnis mit der LBK Hamburg GmbH bestehen müsse, sei jedoch zu eng. Richtig sei vielmehr eine Auslegung, die von der gesellschaftsrechtlichen Lage abstrahiere und auf den letztlich hinter den gesellschaftsrechtlichen Konstruktionen stehenden Eigentümer abstelle. Daher genüge es bei verfassungskonformer Auslegung der Norm, dass der Mitarbeiter seine Tätigkeit an einem Objekt der LBK Hamburg ausübe, auch wenn das Arbeitsverhältnis mit der C ... GmbH bestehe.

33

4. Nach Auffassung der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und der dbb Tarifunion ist § 17 HVFG, soweit er das Rückkehrrecht auf Mitarbeiter der LBK Hamburg GmbH beschränkt, wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verfassungswidrig. Für die Vergleichsgruppen, die Beschäftigten bei der C ... GmbH und bei der LBK Hamburg GmbH, führe die Regelung zu unterschiedlichen, für die Klägerin nachteiligen Ergebnissen. Diese unterschiedliche Behandlung vergleichbarer Personengruppen sei mangels eines sachlichen Differenzierungsgrundes verfassungswidrig. Die Angestellten der C ... GmbH seien ebenso wie das sonstige Krankenhauspersonal in den internen Arbeitsablauf integriert. Der Entzug des Rückkehrrechts betreffe auch keine vergleichsweise kleine Personengruppe, die bei einer typisierenden Regelung nicht hätte berücksichtigt werden müssen. Jedenfalls sei es auch unter dem Gesichtspunkt der Typisierung verfassungsrechtlich nicht erlaubt, die fiskalischen Interessen der Stadt durch die willkürliche Herausnahme von sozial besonders schutzbedürftigen Arbeitnehmern aus einem Rückkehrangebot zu wahren. Die Klägerin hätte den Eintritt der ihr mit der Gesetzesänderung vom 21. November 2006 entstehenden Nachteile auch nicht durch Ausübung des Widerspruchsrechts verhindern können. Da beim LBK Hamburg keine Arbeitsplätze im Reinigungsbereich verblieben seien, hätte mit einer betriebsbedingten Kündigung gerechnet werden müssen. Die Stadt, der LBK Hamburg und die C ... GmbH hätten den arbeitsrechtlichen Schutz der Klägerin systematisch ausgehebelt.

34

5. Die Klägerin hat sich unter Bezugnahme auf ihren Vortrag im Ausgangsverfahren ebenfalls der Auffassung des Landesarbeitsgerichts angeschlossen, § 17 HVFG sei verfassungswidrig.

B.

35

Die Vorlage ist zulässig. Das Landesarbeitsgericht hat seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit des § 17 Satz 1 HVFG und von der Entscheidungserheblichkeit der verfassungsrechtlichen Beurteilung der Norm ausreichend begründet (§ 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG).

C.

36

§ 17 Satz 1 HVFG ist mit Art. 3 Abs. 1 und 2 GG unvereinbar.

I.

37

Die Regelung des § 17 Satz 1 HVFG verstößt gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, weil sie die schon im April 1995 und seitdem ununterbrochen in den ehemals städtischen Krankenhäusern tätigen, seit 2000 bei der C... GmbH angestellten Arbeitnehmer in nicht zu rechtfertigender Weise gegenüber vergleichbaren Arbeitnehmern benachteiligt.

38

1. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Verboten ist auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird (vgl. BVerfGE 110, 412 <431>; 112, 164 <174>; 116, 164 <180>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 7. Juli 2009 - 1 BvR 1164/07 -, VersR 2009, S. 1607 <1609>).

39

2. § 17 Satz 1 HVFG führt zu einer Ungleichbehandlung innerhalb der Gruppe der Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse 1995 von der Stadt auf den LBK Hamburg übergeleitet wurden. Den Reinigungskräften, denen damals mit den anderen an den Kliniken der Stadt bei der Gründung des LBK Hamburg beschäftigten Arbeitnehmern durch § 17 Abs. 2 LBKHG für den Fall der Privatisierung ein Rückkehrrecht in den öffentlichen Dienst gewährt wurde, wird nunmehr durch die Neuregelung des § 17 Satz 1 HVFG ein solches Rückkehrrecht verwehrt. Dieses Recht soll nach dieser Vorschrift nur den Arbeitnehmern zustehen, die zuletzt bei der LBK Hamburg GmbH beschäftigt waren, nicht aber denjenigen, deren Arbeitsverhältnisse schon im Jahr 2000 vom LBK Hamburg auf die C ... GmbH übergegangen waren, weil diese Arbeitnehmer am 1. Januar 2007 nicht "Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der LBK Hamburg GmbH" waren.

40

a) Die Ungleichbehandlung der Arbeitnehmergruppen wird bei einer Gegenüberstellung der sie betreffenden rechtlichen Rahmenbedingungen seit 1995 deutlich.

41

aa) Die in den städtischen Krankenhäusern beschäftigten Arbeitnehmer mit Ausnahme des Reinigungspersonals standen bis 2004 in einem Arbeitsverhältnis mit dem LBK Hamburg. Zum 1. Januar 2005 gingen diese Arbeitsverhältnisse kraft Gesetzes auf die neu errichtete Betriebsanstalt LBK Hamburg über. Der Gesetzgeber ordnete in § 14 Abs. 1 Satz 2 LBKBetriebG an, dass § 613a Abs. 6 BGB entsprechend gelten solle, die Arbeitnehmer dem Arbeitgeberwechsel also widersprechen könnten. Der Widerspruch hätte zur Folge gehabt, dass das Arbeitsverhältnis mit dem früheren LBK Hamburg fortbestanden hätte, der nunmehr Landesbetrieb Krankenhäuser Hamburg Immobilien hieß und nur noch als Besitzanstalt fungierte. Die nicht widersprechenden Mitarbeiter wurden sodann Arbeitnehmer der durch Umwandlung der Betriebsanstalt LBK Hamburg entstandenen LBK Hamburg GmbH.

42

Ein Rückkehrrecht nach § 15 Abs. 2 LBK-Immobilien Gesetz, der den ab 1995 geltenden § 17 Abs. 2 LBKHG ersetzte, lösten diese Vorgänge nicht aus. Dies wurde in § 15 Abs. 3 Satz 1 LBK-Immobilien Gesetz ausdrücklich klargestellt. Träger der Betriebsanstalt LBK Hamburg war der LBK-Immobilien, also der umbenannte frühere LBK Hamburg, dessen Träger wiederum die Stadt war. Die Umwandlung der Betriebsanstalt in die LBK Hamburg GmbH hatte zur Folge, dass der LBK-Immobilien die Gesellschafterstellung in der GmbH einnahm. Es kam zu keinem Verlust der Mehrheitsbeteiligung der Stadt beziehungsweise des früheren LBK Hamburg, so dass die Option einer Rückkehr in den weiter bestehenden Bereich des öffentlichen Dienstes nicht notwendig war. In § 15 Abs. 3 Satz 2 LBK-Immobilien Gesetz wurde aber § 15 Abs. 2 Satz 2 LBK-Immobilien Gesetz als Nachfolgeregelung des § 17 Abs. 2 Satz 2 LBKHG, also das Rückkehrrecht zur Stadt, für anwendbar erklärt, sobald der LBK-Immobilien seine Mehrheitsbeteiligung an der LBK Hamburg GmbH aufgeben sollte.

43

Dieser Fall trat am 1. Januar 2007 ein. Zu diesem Zeitpunkt hielt allerdings nicht mehr der LBK-Immobilien die Anteile an der LBK-Hamburg GmbH für die Stadt, sondern die mit dem Gesetz zur Änderung des LBK-Immobilien Gesetzes vom 21. November 2006 neu errichtete, Hamburgischer Versorgungsfonds genannte Anstalt öffentlichen Rechts. Das Rückkehrrecht der "Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der LBK Hamburg GmbH, die bereits im Zeitpunkt der Errichtung der LBK Hamburg - Anstalt öffentlichen Rechts - dort beschäftigt waren", in ein Arbeitsverhältnis unmittelbar mit der Stadt ergab sich nunmehr aus § 17 Satz 1 HVFG, da der HVF seine Beteiligung an der LBK Hamburg GmbH mehrheitlich veräußert hatte. Durch die Regelung begünstigt wurden also die Arbeitnehmer, deren Arbeitgeber vor der Errichtung des früheren LBK Hamburg die Stadt selbst war und deren Arbeitsverhältnisse im April 1995 kraft Gesetzes auf den LBK Hamburg übergegangen waren und zuletzt im Zeitpunkt der Privatisierung am 1. Januar 2007 mit der LBK Hamburg GmbH bestanden.

44

Für diese Arbeitnehmer sahen die Gesetze demnach seit April 1995 in allen zwischenzeitlich geltenden Fassungen ein Rückkehrrecht in den öffentlichen Dienst im Falle einer materiellen Privatisierung vor. Die gesetzlichen Voraussetzungen des Rückkehrrechts waren für sie erstmals am 1. Januar 2007 erfüllt. Außerdem hätte ihnen zum Jahreswechsel 2004/2005 ein Widerspruchsrecht zugestanden.

45

bb) Im Vergleich dazu entwickelte sich die Rechtslage für die im Bereich der Krankenhausreinigung beschäftigten Arbeitnehmer wie folgt:

46

Am 1. Januar 2000 gingen ihre Arbeitsverhältnisse gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB vom LBK Hamburg auf die C... GmbH über. Die Voraussetzungen eines Rückkehrrechts nach § 17 Abs. 2 LBKHG waren nicht erfüllt. Weder wurde der gesamte LBK Hamburg in eine andere Trägerschaft überführt (§ 17 Abs. 2 Satz 2 LBKHG), noch handelte es sich um die Überführung einer einzelnen Einrichtung der Anstalt in eine andere Trägerschaft ohne Mehrheitsbeteiligung des LBK Hamburg (§ 17 Abs. 2 Satz 3 LBKHG). Der LBK Hamburg hielt vielmehr 100 % der Anteile der C ... GmbH. Die Arbeitnehmer hätten dem Arbeitgeberwechsel allerdings widersprechen können. Zwar wurde das Widerspruchsrecht der von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer erst durch das Gesetz zur Änderung des Seemannsgesetzes und anderer Gesetze vom 23. März 2002 (BGBl I S. 1163) in § 613a Abs. 6 BGB kodifiziert. Es war aber schon zuvor in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts anerkannt (vgl. BAG, Urteil vom 8. Mai 2001 - 9 AZR 95/00 -, AP BGB § 613a Nr. 219, unter I 1 b cc der Gründe, m.w.N.). Bei einem Widerspruch hätte das Arbeitsverhältnis zum LBK Hamburg fortbestanden.

47

Zum 1. Januar 2005 ergab sich für das bei der C ... GmbH beschäftigte Reinigungspersonal keine Änderung ihrer arbeitsrechtlichen Position. Infolge der Umwandlung des LBK Hamburg in die LBK Hamburg GmbH rückte lediglich diese GmbH in die Gesellschafterstellung bei der C ... GmbH ein. Es lag daher kein Betriebsübergang vor, der ein Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB hätte auslösen können. Ein Rückkehrrecht zum LBK Hamburg konnte aus § 15 Abs. 2 LBK-Immobilien Gesetz, der § 17 Abs. 2 LBKHG ersetzte, schon deshalb nicht folgen, weil die Stadt weiterhin ihre Mehrheitsbeteiligung an der Besitzanstalt LBK-Immobilien, der Gesellschafterin der LBK Hamburg GmbH, hielt.

48

Auch zum 1. Januar 2007 änderte sich nichts daran, dass Arbeitgeber der Reinigungskräfte die C ... GmbH blieb. Eine Anwendung des § 613a Abs. 6 BGB schied daher aus. Allenfalls kam ein gesetzliches Rückkehrrecht der Arbeitnehmer zur Stadt in Betracht. Rechtsgrundlage dafür war nunmehr § 17 Satz 1 HVFG. Die sachliche Voraussetzung der Norm war erfüllt: Mehrheitsgesellschafterin der C ... GmbH war zwar weiterhin die LBK Hamburg GmbH, aber deren Mehrheitsgesellschafterin war ab diesem Zeitpunkt die nicht von der Stadt beherrschte A ... GmbH. In persönlicher Hinsicht kommt die im Zeitpunkt der Privatisierung geltende gesetzliche Grundlage für das Rückkehrrecht jedoch nur den Mitarbeitern zugute, die am 1. Januar 2007 bei der LBK Hamburg GmbH beschäftigt waren. Der persönliche Geltungsbereich der Norm erstreckt sich nicht auf die Reinigungskräfte als Arbeitnehmer einer Tochtergesellschaft der LBK Hamburg GmbH.

49

Diese Arbeitnehmer hätten also dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse auf die C ... GmbH zum 1. Januar 2000 widersprechen können. Ein Rückkehrrecht nach einem der seit 1995 für den Krankenhausbereich geltenden Landesgesetze konnten sie hingegen zu keinem Zeitpunkt geltend machen.

50

b) Eine abweichende Auslegung des § 17 Satz 1 HVFG dahingehend, dass auch den auf die C... GmbH übergeleiteten Arbeitnehmern ein Rückkehrrecht zusteht, kommt nicht in Betracht. Das Bemühen um eine verfassungskonforme Auslegung mit dem Ziel, einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG zu vermeiden, stößt dort an seine Grenzen, wo einem bereits nach dem Wortlaut, aber jedenfalls nach dem gesetzgeberischen Willen eindeutigen Gesetz eine davon abweichende Bedeutung verliehen beziehungsweise das gesetzgeberische Ziel in einem wesentlichen Punkt verfehlt oder verfälscht würde. Eine solche Auslegung, mit der an die Stelle der Gesetzesvorschrift inhaltlich eine andere gesetzt oder mit der ein Regelungsinhalt erstmals geschaffen wird, ist grundsätzlich nicht zulässig (vgl. BVerfGE 59, 330 <334>; 78, 20 <24>; zum gegenläufigen Willen des Landesgesetzgebers vgl. auch BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 1. Dezember 2009 - 1 BvR 2857/07, 1 BvR 2858/07 -, DVBl 2010, S. 108 <114>, Rn. 185). Ob schon der Wortlaut des § 17 Satz 1 HVFG unüberbrückbar einer Auslegung entgegensteht, nach der auch die bei einer Tochtergesellschaft der LBK Hamburg GmbH angestellten Reinigungskräfte eine Übernahme in ein Arbeitsverhältnis mit der Stadt verlangen könnten, muss nicht abschließend beurteilt werden. Eine Einbeziehung dieser Arbeitnehmer in den Anwendungsbereich der Norm scheidet jedenfalls nach dem eindeutig in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommenden und in der Praxis durch die Ablehnung der Rückkehr der Klägerin seitens der Stadt bestätigten Willen des Landesgesetzgebers aus, der das Rückkehrrecht in Kenntnis der Ausgliederung des Reinigungsbereichs im Jahr 2000 ausdrücklich auf die zuletzt bei der LBK Hamburg GmbH beschäftigten Mitarbeiter beschränken wollte.

51

3. Diese Ungleichbehandlung ist nicht gerechtfertigt.

52

a) Eine Ungleichbehandlung von Personengruppen verletzt Art. 3 Abs. 1 GG, wenn keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfGE 55, 72 <88>; 84, 197 <199>; 100, 195 <205>; 109, 96 <123>; 110, 274 <291>). Sie trifft hier mit den Reinigungskräften eine nach ihrer sozialen Zusammensetzung und ihrer ökonomischen Stellung eher schwache Gruppe, die tendenziell weniger in der Lage ist, sich gegen eine Schlechterstellung zu wehren. Zur Begründung dieser Ungleichbehandlung reicht es nicht aus, dass der Normgeber ein seiner Art nach geeignetes Unterscheidungsmerkmal berücksichtigt hat. Vielmehr muss auch für das Maß der Differenzierung ein innerer Zusammenhang zwischen den vorgefundenen Verschiedenheiten und der differenzierenden Regelung bestehen, der sich als sachlich vertretbarer Unterscheidungsgesichtspunkt von hinreichendem Gewicht anführen lässt (vgl. BVerfGE 93, 386 <401>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 7. Juli 2009 - 1 BvR 1164/07 -, VersR 2009, S. 1607 <1609>). Dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers sind dabei umso engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten, hier der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG), nachteilig auswirken kann (vgl. BVerfGE 121, 317 <370>).

53

b) Die Benachteiligung der Reinigungskräfte gegenüber den sonstigen Arbeitnehmern ist nicht gerechtfertigt. Ein sachlicher Differenzierungsgrund ist nicht erkennbar.

54

aa) Ein tragfähiger Grund für die Ungleichbehandlung liegt nicht darin, dass die Reinigungskräfte schon vor der das Rückkehrrecht nach § 17 Satz 1 HVFG auslösenden Privatisierung in einem privatrechtlich organisierten Unternehmen beschäftigt waren. Für die Arbeitnehmer, die die gesetzlichen Voraussetzungen des Rückkehrrechts zur Stadt erfüllen, gilt nämlich nichts anderes. Ihr Arbeitgeber war seit Anfang 2005 die LBK Hamburg GmbH. Beide Arbeitnehmergruppen waren damit zuletzt bei einer Kapitalgesellschaft beschäftigt, auf die die Stadt aber bis zum 31. Dezember 2006 kraft ihrer Beteiligung beherrschenden Einfluss hatte. Außerdem sollten die Arbeitnehmer durch das ursprünglich in § 17 Abs. 2 LBKHG und zuletzt in § 17 Satz 1 HVFG geregelte Rückkehrrecht nicht vor einem formalen Arbeitgeberwechsel oder einer Umstrukturierung, die den beherrschenden Einfluss der Stadt nicht berührt, geschützt werden. Vielmehr hat das Rückkehrrecht erst dann eingegriffen, als die Zugehörigkeit zum öffentlichen Dienst auch materiell dadurch verloren gegangen ist, dass die Stadt ihre Anteilsmehrheit aufgegeben hat.

55

bb) Die Argumentation der Stadt, die Reinigungskräfte hätten ihre Zugehörigkeit zum öffentlichen Dienst bei ihrer Ausgliederung am 1. Januar 2000 durch Erklärung eines Widerspruchs gegen den Arbeitgeberwechsel aufrecht erhalten können, zeigt keinen rechtserheblichen Unterschied zu den übrigen Arbeitnehmern auf.

56

(1) Den Reinigungskräften kann nicht unterstellt werden, sich im Jahr 2000 bewusst gegen einen Verbleib im öffentlichen Dienst entschieden zu haben. Vielmehr haben sie den Betriebsteilübergang vom LBK Hamburg auf die damals noch von der Stadt beherrschte C ... GmbH lediglich widerspruchslos hingenommen. Damit haben sie den Umstrukturierungsmaßnahmen der Stadt im Krankenhausbereich Folge geleistet und insofern sogar ihre Solidarität mit der städtischen Personalplanung unter Beweis gestellt. Daher kann dieses Verhalten nicht als Abkehr von der Stadt interpretiert werden und darf den Reinigungskräften nunmehr nicht zum Nachteil gereichen.

57

(2) Die auf einen unterstellten Abkehrwillen der Reinigungskräfte im Jahr 2000 gestützte Differenzierung ist aber auch aus einem weiteren Grund nicht tragfähig.

58

Die Stadt hatte den anderen, bis dahin beim LBK Hamburg beschäftigten Arbeitnehmern im Zuge der zum Jahreswechsel 2004/2005 durchgeführten Umwandlungen mit der Folge eines kraft Gesetzes eingetretenen Arbeitgeberwechsels ein Widerspruchsrecht entsprechend § 613a Abs. 6 BGB eingeräumt. Die Rechtslage war daher für beide Arbeitnehmergruppen in dem Zeitpunkt, in dem der LBK Hamburg aus der Arbeitgeberstellung zu ihnen ausschied, identisch. Beide Arbeitnehmergruppen hätten den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses mit dem LBK Hamburg durch Erklärung eines Widerspruchs herbeiführen können: Die Reinigungskräfte, als ihre Arbeitsverhältnisse am 1. Januar 2000 gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die C... GmbH übergingen, und die anderen Arbeitnehmer zum Jahreswechsel 2004/2005, als durch § 14 LBKBetriebG die neue, dann in eine GmbH umgewandelte Betriebsanstalt LBK Hamburg ihr Arbeitgeber wurde. Folglich ist es sachlich nicht gerechtfertigt, dass der Gesetzgeber im Hinblick auf das frühere Widerspruchsrecht der Reinigungskräfte nur den übrigen, nicht im Reinigungsbereich eingesetzten Arbeitnehmern für den Fall der späteren Privatisierung ein weiteres Instrumentarium zur Fortsetzung ihrer Beschäftigung im öffentlichen Dienst an die Hand geben wollte.

59

Ein rechtlich beachtlicher Unterschied kann auch nicht darin gesehen werden, dass die Reinigungskräfte im Januar 2000 einen erheblichen Anlass zum Widerspruch gegen den Arbeitgeberwechsel gehabt hätten, die anderen Arbeitnehmer zum Jahreswechsel 2004/2005 hingegen nicht. In beiden Fällen war ihr Arbeitgeber zuvor eine Anstalt öffentlichen Rechts und nach der Umstrukturierung eine privatrechtlich organisierte Kapitalgesellschaft, deren Anteile - zumindest mittelbar - mehrheitlich von der Stadt gehalten wurden. Beide Arbeitnehmergruppen konnten sich zum jeweiligen Zeitpunkt außerdem für den Fall einer späteren Veräußerung der Mehrheitsbeteiligung der Stadt auf ein gesetzliches Rückkehrrecht in den öffentlichen Dienst berufen. Den Reinigungskräften kann daher nicht entgegengehalten werden, sie hätten im Januar 2000 eine bessere Gelegenheit zum Widerspruch gegen den Arbeitgeberwechsel verstreichen lassen als die übrigen Arbeitnehmer zum Jahreswechsel 2004/2005.

60

Ein unterschiedlich starker Abkehrwille von der Stadt kommt im Unterlassen des Widerspruchs auch dann nicht zum Ausdruck, wenn man die jeweilige Motivation der Arbeitnehmer für ihr Verhalten zum jeweils maßgeblichen Zeitpunkt in den Blick nimmt. Der Hinweis der Stadt darauf, dass ein Widerspruch der zum Jahreswechsel 2004/2005 beim LBK Hamburg beschäftigten Arbeitnehmer vernünftigerweise nicht in Betracht gekommen sei, weil bei dieser Anstalt beziehungsweise bei der Besitzanstalt LBK-Immobilien im Zuge der durchgeführten Umstrukturierungen keine geeigneten Arbeitsplätze verblieben seien, greift nicht durch. Es ist nicht erkennbar, dass das Reinigungspersonal beim Betriebsteilübergang im Jahr 2000 den Widerspruch gegen den Arbeitgeberwechsel demgegenüber eher als vernünftige Option hätte ansehen können. Der LBK Hamburg hatte die Reinigungsarbeiten ausgegliedert und daher keinen Bedarf mehr für eine Beschäftigung eigener Reinigungskräfte. Für die Arbeitnehmer beider Gruppen hat sich somit in dem Zeitpunkt, in dem ihre Arbeitsverhältnisse vom LBK Hamburg auf einen neuen Arbeitgeber übergingen, keine Perspektive einer sicheren Weiterbeschäftigung beim LBK Hamburg geboten, wenn sie ihr Recht zum Widerspruch gegen den Arbeitgeberwechsel wahrgenommen hätten. An dieser Einschätzung ändert sich auch nichts, wenn angenommen wird, dass eine betriebsbedingte Kündigung der Reinigungskräfte durch den LBK Hamburg aufgrund einer im Januar 2000 geltenden Dienstvereinbarung bis Ende 2001 ausgeschlossen gewesen wäre. Damit wäre zwar vorübergehend der rechtliche Fortbestand des Arbeitsverhältnisses im Falle des Widerspruchs gesichert gewesen. Eine tatsächliche, auf Dauer angelegte Beschäftigungsmöglichkeit bestand nach dem Betriebsteilübergang aber nur noch bei der C ... GmbH, und genau diese Art des Einsatzes der Reinigungskräfte in den Krankenhäusern entsprach der damaligen Organisationsentscheidung der Stadt. Es kann daher keine Rede davon sein, dass die Reinigungskräfte eine Ausweichoption gehabt hätten, mit der sie sich keinem nennenswerten rechtlichen oder wirtschaftlichen Risiko ausgesetzt hätten (vgl. BVerfGE 120, 1 <53>).

61

Im Übrigen kommen hier derartige spekulative Überlegungen zur Motivationslage der Arbeitnehmer ohnehin nicht als Differenzierungsgrund in Betracht. Normativ betrachtet hat die Stadt für die von der Überleitung ihrer Arbeitsverhältnisse zum Jahreswechsel 2004/2005 betroffenen Arbeitnehmer durch Gesetz ein Widerspruchsrecht entsprechend § 613a Abs. 6 BGB vorgesehen und ihnen damit die Gelegenheit gegeben, sich für oder gegen einen Verbleib beim LBK Hamburg zu entscheiden. Vergleichbar war die Gesetzeslage für die am 1. Januar 2000 von einem Arbeitgeberwechsel betroffenen Reinigungskräfte. Die Argumentation der Stadt ist nicht schlüssig, wenn sie einerseits den Arbeitnehmern gesetzliche Widerspruchs- und Rückkehrrechte einräumt, andererseits jedoch meint, diese Rechte liefen in einem Falle leer, hätten aber im anderen Falle wahrgenommen werden müssen, um den Willen zum Verbleib im öffentlichen Dienst unter Beweis zu stellen. Der zunächst mit § 17 Abs. 2 LBKHG und zuletzt mit § 17 Satz 1 HVFG angestrebte gesetzliche "Schutz vor einer Privatisierung" muss daher losgelöst von der Frage betrachtet werden, ob und aus welchen Gründen sich die Arbeitnehmer gegebenenfalls dagegen entschieden hätten, diesen Schutz in Anspruch zu nehmen. Die Stadt muss sich an der von ihr gesetzten Rechtslage festhalten lassen.

62

cc) Die Benachteiligung der Reinigungskräfte kann entgegen dem Vorbringen der Stadt im Ausgangsverfahren auch nicht überzeugend darauf gestützt werden, dass die Gebäudereinigung keine dem Gesundheitswesen zuzuordnende Dienstleistung sei. Die Stadt hatte zunächst den gesamten Betrieb des Krankenhauses - einschließlich der Gebäudereinigung - in eigener Regie geführt und hat sämtliche Bereiche der früher städtischen Krankenhäuser privatisiert. Dabei wurde keine Notwendigkeit gesehen, einzelne Bereiche in öffentlicher Hand zu belassen. Dann kann es aber nicht überzeugen, dass im Zuge der umfassenden Privatisierung nur bestimmte Arbeitnehmergruppen eine Weiterbeschäftigung im öffentlichen Dienst verlangen dürfen. Ohnehin kann mit dieser Begründung nicht gerechtfertigt werden, dass beispielsweise die in der Verwaltung der Krankenhäuser oder in der Haustechnik eingesetzten Arbeitnehmer ein Rückkehrrecht erhalten, die Reinigungskräfte aber nicht. Plausibel ist eine Abgrenzung, nach der nur dem eng mit dem Gesundheitswesen verknüpften Personal ein Widerspruchsrecht eingeräumt werden soll, außerdem deshalb nicht, weil nach der Privatisierung der Krankenhäuser gerade für diese Arbeitnehmer Einsatzmöglichkeiten bei der Stadt schwieriger zu finden sein dürften als für weniger spezialisierte Mitarbeiter.

63

dd) Die Ungleichbehandlung kann auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass dem Gesetzgeber die grundsätzliche Befugnis zu einer Typisierung und Generalisierung zugebilligt wird (vgl. BVerfGE 99, 280 <290>; 111, 115 <137>). Die Absicht des Gesetzgebers, bestimmten Arbeitnehmern die Rückkehr in den öffentlichen Dienst zu ermöglichen und anderen nicht, beruht nicht auf einer gesetzgeberischen Beurteilung von typischen, einer pauschalierenden Regelung zugänglichen Sachverhalten. Hintergrund, Regelungsgegenstand und Zweck des § 17 Satz 1 HVFG sind vielmehr konkret greifbar. Darüber hinausgehende pauschalierende Erwägungen oder Typisierungen, mit denen die gesetzliche Differenzierung gerechtfertigt werden könnte, sind nicht erkennbar. Insbesondere ist die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu gesetzlichen Stichtagsregelungen nicht einschlägig. Das Tatbestandsmerkmal des § 17 Satz 1 HVFG, das die bei der C... GmbH beschäftigten Reinigungskräfte vom Rückkehrrecht ausnimmt, ist keine Stichtagsregelung, denn die Reinigungskräfte werden ausgeschlossen, weil sie nicht "Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der LBK Hamburg GmbH" sind. Diese Voraussetzung musste zwar gerade im Zeitpunkt der Privatisierung erfüllt sein, damit das Rückkehrrecht ausgeübt werden konnte. Die Verknüpfung mehrerer sachlicher und persönlicher Voraussetzungen mit einem Zeitmerkmal macht die Norm aber nicht zu einer Stichtagsregelung.

II.

64

Darüber hinaus ist § 17 Satz 1 HVFG mit Art. 3 Abs. 2 GG unvereinbar.

65

1. Art. 3 Abs. 2 GG bietet Schutz auch vor faktischen Benachteiligungen. Die Verfassungsnorm zielt auf die Angleichung der Lebensverhältnisse von Frauen und Männern (vgl. BVerfGE 87, 1 <42>; 109, 64 <89>; 113, 1 <15>). Durch die Anfügung von Satz 2 in Art. 3 Abs. 2 GG ist ausdrücklich klargestellt worden, dass sich das Gleichberechtigungsgebot auf die gesellschaftliche Wirklichkeit erstreckt (vgl. BVerfGE 92, 91 <109>; 109, 64 <89>; 113, 1 <15>). In diesem Bereich wird die Durchsetzung der Gleichberechtigung auch durch Regelungen gehindert, die zwar geschlechtsneutral formuliert sind, im Ergebnis aber aufgrund natürlicher Unterschiede oder der gesellschaftlichen Bedingungen überwiegend Frauen betreffen (vgl. BVerfGE 97, 35 <43>; 104, 373 <393>; 113, 1 <15>). Demnach ist es nicht entscheidend, dass eine Ungleichbehandlung unmittelbar und ausdrücklich an das Geschlecht anknüpft. Über eine solche unmittelbare Ungleichbehandlung hinaus erlangen für Art. 3 Abs. 2 GG die unterschiedlichen Auswirkungen einer Regelung für Frauen und Männer ebenfalls Bedeutung. Eine solche Berücksichtigung der mittelbaren Diskriminierung im Rahmen des Gleichberechtigungsgebots entspricht der Rechtsentwicklung im Europarecht (vgl. Art. 2 der Richtlinie 76/207/EWG in der Fassung der Richtlinie 2002/73/EG vom 23. September 2002 zur Änderung der Richtlinie 76/207/EWG des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen, ABl Nr. L 269 vom 5. Oktober 2002, S. 15 <17>; Art. 2 Buchstabe b der Richtlinie 2004/113/EG vom 13. Dezember 2004 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, ABl Nr. L 373 vom 21. Dezember 2004, S. 37 <40>; EuGH, Urteil vom 13. Juli 1989 - C-171/88 -, Slg. 1989, S. 2743; Urteil vom 23. Oktober 2003 - C-4/02 und C-5/02 -, Slg. 2003, S. I-12575).

66

2. Der Landesgesetzgeber hat ganz überwiegend Arbeitnehmerinnen benachteiligt, indem er das Rückkehrrecht auf die zuletzt bei der LBK Hamburg GmbH angestellten Arbeitnehmer beschränkt und die bei der C ... GmbH beschäftigten Reinigungskräfte ausgeschlossen hat. Die geschlechtsspezifische Wirkung der Regelung folgt aus der in der sozialen Wirklichkeit vorfindbaren Zusammensetzung dieser Berufsgruppe. Bei der Sonderregelung für Reinigungskräfte im vorliegenden Fall steht faktisch fest, dass sie mit einem Anteil von 93,5 % hauptsächlich Frauen trifft. Dieser Anteil liegt damit wesentlich über dem im Klinikbereich hier ohnehin hohen Frauenanteil (69,5 %). Das löst damit genau die Gefahr einer mittelbaren Diskriminierung aus, der Art. 3 Abs. 2 GG begegnen will.

67

Unter diesen Bedingungen könnte eine solche Ungleichbehandlung nur dann gerechtfertigt werden, wenn sie auf hinreichenden sachlichen Gründen beruht, die nichts mit der geschlechtsbezogenen Benachteiligung zu tun haben (vgl. BVerfGE 113, 1 <20 f.>; vgl. auch EuGH, Urteil vom 13. Mai 1986 - Rs. 170/84 -, Slg. 1986, S. 1607; Urteil vom 27. Mai 2004 - C-285/02 -, Slg. 2004, S. I-5861; BAG, Urteil vom 25. Juli 1996 - 6 AZR 138/94 -, AP BAT § 35 Nr. 6). Da hier jedoch schon keine vor Art. 3 Abs. 1 GG tragfähigen Rechtfertigungsgründe ersichtlich sind, scheidet eine Rechtfertigung der mittelbaren geschlechtsspezifischen Diskriminierung nach Art. 3 Abs. 2 GG erst recht aus.

III.

68

Da eine verfassungskonforme Auslegung des § 17 Satz 1 HVFG nicht möglich ist, kann die Verletzung des Art. 3 Abs. 1 und 2 GG nur dadurch beseitigt werden, dass das Rückkehrrecht, bezogen auf den hier maßgeblichen Zeitpunkt der zum Jahreswechsel 2006/2007 durchgeführten Privatisierung, neu geregelt wird. Bis zu einer Neuregelung, die der Gesetzgeber bis zum 31. Dezember 2010 zu treffen hat, muss der Rechtsstreit vor dem Landesarbeitsgericht weiter ausgesetzt werden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

1. Das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 5. Februar 2010 - 6 S 18/09 - und das Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 9. Juni 2009 - 2 C 112/09 - verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 3 Satz 1 des Grundgesetzes.

2. Das Urteil des Landgerichts Karlsruhe wird aufgehoben und die Sache an das Landgericht zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.

3. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

4. ...

Gründe

A.

1

Die Beschwerdeführerin wendet sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen die Nichtberücksichtigung von Zeiten des gesetzlichen Mutterschutzes als Umlagemonate im Rahmen der betrieblichen Zusatzversorgung nach der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Satzung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL).

I.

2

1. Die VBL hat als Zusatzversorgungseinrichtung für Beschäftigte des öffentlichen Dienstes die Aufgabe, den Arbeitnehmern der an ihr beteiligten Arbeitgeber im Wege privatrechtlicher Versicherung eine Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren. Diese ergänzt die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

3

Die Zusatzversorgungseinrichtung, der Arbeitgeber sowie dessen Arbeitnehmer befinden sich in einer rechtlichen Dreiecksbeziehung. Die Arbeitnehmer besitzen gegenüber ihrem Arbeitgeber einen arbeitsrechtlichen Anspruch auf Gewährleistung der Zusatzversorgung. Um diesem zu genügen, schließt der Arbeitgeber zugunsten seiner Arbeitnehmer mit der VBL einen privatrechtlichen Gruppenversicherungsvertrag ab. Aus diesem Vertrag erwächst den Arbeitnehmern gegenüber der VBL ein unmittelbarer versicherungsrechtlicher Anspruch auf eine Zusatzversorgungsrente.

4

Dem System der Zusatzversorgung der VBL lag bis zum 31. Dezember 2000 der "Tarifvertrag über die Versorgung der Arbeitnehmer des Bundes und der Länder sowie von Arbeitnehmern kommunaler Verwaltungen und Betriebe" vom 4. November 1966 (Versorgungs-TV) zugrunde. Dieser sah eine Versicherungspflicht bei der VBL vor und traf dazu einige grundlegende Regelungen. Die konkrete Ausgestaltung der Zusatzversicherung ergab sich aus der Satzung der VBL in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (VBLS a.F.).

5

a) Die vom Arbeitnehmer im Rahmen der Zusatzversorgung im Normalfall zu erreichende Versorgungsrente (§§ 37 ff. VBLS a.F.) beruhte nach dem alten System auf dem so genannten Gesamtversorgungsprinzip. Damit sollte dem Versicherten ein bestimmtes Gesamtniveau seiner Versorgung gewährt werden, das sich an der Beamtenversorgung orientierte. Einen Anspruch auf Versorgungsrente hatte der Versicherte allerdings nur, wenn er zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls - insbesondere bei Erreichen der Regelaltersgrenze - weiter in der Zusatzversicherung pflichtversichert war (§ 37 Abs. 1 Buchstabe a VBLS a.F.). Andernfalls hatten Versicherte nach Erfüllung der Wartezeit Anspruch auf eine Versicherungsrente (§ 37 Abs. 1 Buchstabe b VBLS a.F.). Die Versicherungsrente war der versicherungsmathematische Gegenwert einer für jeden Versicherten zum Rentenbeginn feststehenden Beitragssumme.

6

b) Mit der Neufassung ihrer Satzung vom 22. November 2002 (VBLS) hat die VBL ihr Zusatzversorgungssystem rückwirkend zum 31. Dezember 2001 (Umstellungsstichtag) grundlegend umgestellt und das frühere Gesamtversorgungssystem durch ein auf einem Punktemodell beruhendes, beitragsorientiertes Betriebsrentensystem ersetzt. Den Systemwechsel hatten zuvor die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes vereinbart.

7

2. Die Finanzierung der Zusatzversorgung für die öffentlich Beschäftigten erfolgte seit 1978 und erfolgt auch nach der Neuregelung im Jahr 2002 grundsätzlich durch ein Umlagesystem.

8

a) Der jeweilige Umlagesatz entspricht einem bestimmten Prozentsatz des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts des versicherten Arbeitnehmers. Diese Umlage wird nicht zur Finanzierung der späteren Rente des versicherten Arbeitnehmers benutzt, sondern dient nach der Art eines "Generationenvertrags" der Finanzierung der bereits vorhandenen Renten, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums, des so genannten Deckungsabschnitts, neu entstehen.

9

b) Für den Erwerb von Anwartschaften auf eine Versorgungs- oder Versicherungsrente nach der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Satzung der VBL muss der Versicherte nach § 37 Abs. 1, § 38 Abs. 1 VBLS a.F. eine Wartezeit von 60 Umlagemonaten erfüllt haben. Die Vorschriften lauten:

10

§ 37

11

(1) Tritt bei dem Versicherten, der die Wartezeit (§ 38) erfüllt hat, der Versicherungsfall (§ 39) ein und ist er in diesem Zeitpunkt

12

a) pflichtversichert, hat er einen Anspruch auf Versorgungsrente für Versicherte (§§ 40 bis 43b) (Versorgungsrentenberechtigter),

13

b) freiwillig weiterversichert oder beitragsfrei versichert, hat er einen Anspruch auf Versicherungsrente für Versicherte (§§ 44, 44a) (Versicherungsrentenberechtigter).

14

...

15

§ 38

16

(1) Die Wartezeit beträgt 60 Umlagemonate (§ 29 Abs. 10).

17

Als ein Umlagemonat gilt dabei gemäß § 29 Abs. 10 Satz 1 VBLS a.F. ein Kalendermonat, für den eine Umlage für mindestens einen Tag für laufendes, zusatzversorgungspflichtiges Entgelt entrichtet wurde. Was als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt anzusehen ist, bestimmt § 29 Abs. 7 VBLS a.F., der auf der Regelung des § 8 Abs. 5 Versorgungs-TV beruht und diese inhaltlich übernommen hat. Er definiert als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt den steuerpflichtigen Arbeitslohn und regelt die zeitliche Zuordnung des zusatzversorgungsrechtlichen Entgelts nach den Bestimmungen der gesetzlichen Rentenversicherung (Bauer, Die Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst, 1998, S. 20). Die Regelungen des § 29 Abs. 1 und Abs. 7 Satz 1 VBLS a.F. in der hier maßgeblichen bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung lautet:

18

§ 29

19

(1) Der Arbeitgeber hat eine monatliche Umlage in Höhe des nach § 76 festgesetzten Satzes des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts (Absatz 7) des Versicherten einschließlich eines vom Pflichtversicherten erhobenen Beitrags nach § 76 Abs. 1a zu zahlen.

20

21

(7) Zusatzversorgungspflichtiges Entgelt ist, soweit nachstehend nichts anderes bestimmt ist, der entsprechend den Bestimmungen über die Beitragsentrichtung in der gesetzlichen Rentenversicherung zeitlich zugeordnete steuerpflichtige Arbeitslohn. …

22

§ 29 Abs. 7 Satz 3 VBLS a.F. legt bestimmte Leistungen des Arbeitgebers fest, die nicht als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt anzusehen sind, darunter etwa geldwerte Vorteile, vermögenswirksame Leistungen oder Krankengeldzuschüsse. Für Krankheitszeiten, in denen ein versicherter Arbeitnehmer einen Zuschuss zum Krankengeld erhält, sieht § 29 Abs. 7 Satz 5 VBLS a.F. eine spezielle Anrechnungsregel vor. Damit wird gewährleistet, dass sämtliche Krankheitszeiten, in denen ein Arbeitnehmer gesetzliche Lohnfortzahlung oder einen Krankengeldzuschuss nach den tarifvertraglichen Regelungen des öffentlichen Dienstes erhalten hat, als Umlagezeiten berücksichtigt werden. Die Bestimmung lautet:

23

(7) … Hat der Arbeitnehmer für einen Zahlungszeitraum/Abrechnungszeitraum oder für einen Teil eines Zahlungszeitraums/Abrechnungszeitraums Anspruch auf Krankengeldzuschuss, gilt - auch wenn der Krankengeldzuschuss wegen der Höhe der Barleistungen des Sozialversicherungsträgers nicht gezahlt wird - für diesen Zahlungszeitraum/Abrechnungszeitraum als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt der Urlaubslohn (zuzüglich eines etwaigen Sozialzuschlags, es sei denn, dass dieser durch Tarifvertrag ausdrücklich als nicht gesamtversorgungsfähig bezeichnet ist) bzw. die Urlaubsvergütung für die Tage, für die der Arbeitnehmer Anspruch auf Lohn, Vergütung, Urlaubslohn, Urlaubsvergütung, Krankenbezüge oder Krankengeldzuschuss hat.

24

In diesem Zahlungszeitraum/Abrechnungszeitraum geleistete einmalige Zahlungen sind neben dem Urlaubslohn bzw. der Urlaubsvergütung nach Maßgabe der Sätze 1 bis 3 zusatzversorgungspflichtiges Entgelt.

25

c) Nach der Regelung des § 29 Abs. 7 Satz 1 VBLS a.F. gelten hingegen Zuschüsse des Arbeitgebers zum Mutterschaftsgeld während der Zeiten eines Beschäftigungsverbots nach § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 MuSchG - in der Regel sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt - nicht als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt, da sie als Lohnersatzleistungen gemäß § 3 Nr. 1 Buchstabe d EStG steuerfrei gestellt sind und damit keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellen (vgl. Gilbert/Hesse, Die Versorgung der Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes, Satzung der VBL, § 29 B, Rn. 17). Dementsprechend wurden im Rahmen der Zusatzversorgung nach der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Regelung während der Mutterschutzzeiten keine Umlagen durch den jeweiligen Arbeitgeber erbracht.

26

3. Die Zahl der Umlagemonate spielt sowohl bei der Erfüllung der Wartezeit als auch bei der Berechnung von Leistungen aus der Zusatzversorgung eine entscheidende Rolle. So richtet sich die Höhe der mit Erfüllung der Wartezeit erworbenen Rentenanwartschaft im Fall einer Versorgungsrente entsprechend der alten Satzungsregelung nach dem gesamtversorgungsfähigen Entgelt sowie der gesamtversorgungsfähigen Zeit (§§ 40 ff. VBLS a.F.). Gesamtversorgungsfähige Zeit sind die bis zum Beginn der Versorgungsrente zurückgelegten Umlagemonate (§ 42 Abs. 1 VBLS a.F.).

27

Für den Fall, dass der Versicherte Anwartschaften auf eine Versicherungsrente erworben hat, die nach § 80 VBLS in das neue System übergeleitet wurden, bemisst sich die Höhe der Rente nach einem bestimmten Vomhundertsatz der zusatzversorgungspflichtigen Entgelte, von denen tatsächlich Umlagen entrichtet worden sind (§ 44 VBLS a.F.).

28

4. Die Vereinbarkeit der Nichtberücksichtigung von Mutterschutzzeiten im Rahmen der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes war Gegenstand einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union. Mit Urteil vom 13. Januar 2005 (Rs. C-356/03, Mayer) stellte der Gerichtshof fest, dass Art. 6 Abs. 1 Buchstabe g der Richtlinie 86/378/EWG in der durch die Richtlinie 96/97/EG geänderten Fassung nationalen Bestimmungen wie § 29 Abs. 7 VBLS a.F. entgegensteht, nach denen eine Arbeitnehmerin während des teilweise vom Arbeitgeber bezahlten gesetzlichen Mutterschaftsurlaubs keine Anwartschaften auf eine Versicherungsrente, die Teil eines Zusatzversorgungssystems ist, erwirbt, weil die Entstehung solcher Anwartschaften davon abhängt, dass die Arbeitnehmerin während des Mutterschaftsurlaubs steuerpflichtigen Arbeitslohn erhält. Der Bundesgerichtshof folgte in seinem Urteil vom 1. Juni 2005 (IV ZR 100/02, NJW-RR 2005, S. 1161) der bindenden Vorlageentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union, stellte aber zugleich fest, dass er an seiner Auffassung, die Regelungen § 29 Abs. 1 und Abs. 7 VBLS a.F. verstießen nicht gegen nationales Recht und insbesondere nicht gegen Grundrechte der Versicherten, festhalte.

29

Diese Entscheidungen beziehen sich nur auf Beschäftigungszeiten, die nach dem 17. Mai 1990 liegen. Dies ergibt sich aus Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 96/97/EG, der die zeitliche Rückwirkung der einschlägigen Richtlinie entsprechend der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache Barber (EuGH, Urteil vom 17. Mai 2001, Rs. - C-262/88, Barber, Slg. 1990 I-1889) begrenzt.

II.

30

Die am 22. März 1948 geborene Beschwerdeführerin stand in der Zeit vom 13. August 1986 bis 31. Dezember 1988 und vom 12. September 2005 bis 9. September 2007 in einem Arbeitsverhältnis zum Freistaat Bayern, in der Zeit vom 1. Juli 1992 bis 31. Januar 1993 arbeitete sie beim Deutschen Jugendinstitut. Sie war jeweils über ihren Arbeitgeber bei der VBL versichert. Vom 20. April 1988 bis 26. Juli 1988 befand sich die Beschwerdeführerin im Mutterschutz.

31

1. Die VBL teilte der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 16. Juni 2008 mit, dass sie insgesamt 59 Umlagemonate angesammelt habe, ein Anspruch auf Betriebsrente jedoch nicht bestehe, da die Wartezeit von 60 Monaten nicht erreicht sei. Die Mutterschutzzeiten wurden dabei nicht als umlagefähige Zeiten berücksichtigt.

32

2. Darauf erhob die Beschwerdeführerin Klage gegen die VBL vor dem Amtsgericht Karlsruhe mit dem Antrag, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, bei der Berechnung der der Beschwerdeführerin zustehenden Betriebsrentenanwartschaft die Zeiten des Mutterschutzes wie Umlagemonate zu berücksichtigen. Die Beschwerdeführerin berief sich dabei wegen der zeitlichen Begrenzung der Richtlinie 96/97/EG auf ihr Grundrecht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 3 GG. Das Amtsgericht wies die Klage ab.

33

3. Die dagegen gerichtete Berufung wies das Landgericht Karlsruhe mit Urteil vom 5. Februar 2010 zurück. Prüfungsmaßstab für die Nichtberücksichtigung von Mutterschutzzeiten bei der Berechnung des versorgungspflichtigen Entgelts nach der VBLS a.F. sei das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG, das hier in Verbindung mit dem Gebot der Familienförderung aus Art. 6 Abs. 1 GG gesehen werden müsse. Aus dieser Wertentscheidung der Verfassung zugunsten der Familie sei die allgemeine Pflicht des Staates und sonstiger Versorgungsträger zu einem Familienlastenausgleich zu entnehmen. Der Satzungsgeber müsse auch darauf achten, dass Kindererziehende in den bestehenden Altersversorgungssystemen gegenüber Erwerbstätigen benachteiligt seien. Eine sachwidrige Ungleichbehandlung liege indes nicht vor.

34

Die Beschwerdeführerin habe während des Mutterschutzes kein zusatzversorgungspflichtiges Entgelt erhalten, da sie keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn gezahlt bekommen habe. Weil der Arbeitgeber beziehungsweise die Beschwerdeführerin nicht zur Zahlung von Umlagen verpflichtet gewesen sei, würden die Zeiten des Mutterschutzes konsequenterweise auch nicht als Umlagemonate berücksichtigt. Bei der Berechnung der Versorgungsrente blieben die Mutterschutzzeiten jedoch auch nicht gänzlich unberücksichtigt, sie würden vielmehr im Rahmen der Ermittlung der gesamtversorgungsfähigen Zeit zur Hälfte angerechnet (§ 42 Abs. 1, 2 VBLS a.F. i.V.m. § 54 Abs. 1 Nr. 1b, § 54 Abs. 3, § 58 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI).

35

Die Alterssicherung auf der Grundlage der VBLS erfolge nach dem Abschnittsdeckungsverfahren. Dieses bewirke, dass die Versorgungsleistungen grundsätzlich aus den von den Mitgliedern selbst angesammelten Beiträgen zu finanzieren seien. Der Satzungsgeber der Zusatzversorgung dürfe daher eher auf Beitragsleistungen während Mutterschutz- und Kinderbetreuungszeiten bestehen als derjenige der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Beklagte erhalte insbesondere keine Bundes- oder Landeszuschüsse zum Ausgleich "versicherungsfremder" Leistungen wie Rentenanwartschaften für Mutterschutz- und Kinderbetreuungszeiten, wie dies in der gesetzlichen Rentenversicherung der Fall sei.

III.

36

Mit der unmittelbar gegen die Entscheidungen des Amts- und des Landgerichts und mittelbar gegen § 29 Abs. 7 Satz 1 VBLS a.F. sowie § 8 Abs. 5 Versorgungs-TV erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG und des allgemeinen Gleichheitssatzes in Art. 3 Abs. 1 GG.

37

1. Die Satzung der VBL sei ungeachtet ihres privatrechtlichen Charakters am Maßstab des Art. 3 GG zu messen, da die VBL als Anstalt des öffentlichen Rechts eine öffentliche Aufgabe wahrnehme.

38

Nach Art. 3 Abs. 3 GG dürfe das Geschlecht grundsätzlich nicht Anknüpfungspunkt für eine rechtliche Ungleichbehandlung sein. Dies gelte auch dann, wenn eine Regelung nicht auf eine nach Art. 3 Abs. 3 GG verbotene Ungleichbehandlung angelegt sei, sondern in erster Linie andere Ziele verfolge. Die Beschwerdeführerin werde unmittelbar wegen ihres Geschlechts diskriminiert. Ausschließlich Frauen könnten Mutterschutz in Anspruch nehmen.

39

2. Es gebe keine zwingenden Gründe, die eine solche Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten. Der Verweis des Landgerichts darauf, dass die VBL ihre Leistungen nach den ihr zufließenden Umlagen auszurichten habe, was einer Berücksichtigung umlagefreier Zeiten wie Mutterschutzzeiten entgegenstehe, berücksichtige nicht, dass der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld ohne Not umlagefrei gestellt worden sei. Der Satzungsgeber wäre gehalten gewesen, die Satzung diskriminierungsfrei auszugestalten. Außerdem habe es das vom Landgericht und vom Bundesgerichtshof angenommene Prinzip, wonach VBL-Leistungen ausschließlich für durch Umlagen abgedeckte Zeiten gewährt worden seien, überhaupt nicht gegeben. Vielmehr seien in erheblichem Umfang versicherungsfremde Leistungen erbracht worden. Hierbei müsse insbesondere die Bestimmung des § 29 Abs. 7 Satz 5 VBLS a.F. beachtet werden. Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes hätten nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums Krankengeld seitens der gesetzlichen Krankenversicherung und einen Krankengeldzuschuss seitens des Arbeitgebers erhalten. Obwohl es sich nur bei letzterem um steuerpflichtiges Entgelt handele, hätten die Arbeitgeber Umlagen auf der Basis eines fiktiven Urlaubslohns, also auch für steuerfreie Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, abführen müssen. Die Ungleichbehandlung zwischen den längerfristig erkrankten Versicherten und den in Mutterschutz befindlichen versicherten Frauen sei augenscheinlich. Beide hätten steuerfreie Leistungen erhalten, die allerdings nur im Falle des Krankengeldes angerechnet würden.

40

3. Die Beschwerdeführerin sieht sich jedenfalls mittelbar diskriminiert. Der gewählte Anknüpfungspunkt des steuerpflichtigen Arbeitslohns in der Satzung der VBL wirke sich auf die Gruppe der Versicherten, die Mutterschutz in Anspruch genommen hätten, im Sinne einer faktischen Benachteiligung aus. Auch eine solche mittelbare Diskriminierung sei nach Art. 3 Abs. 3 GG verboten.

41

4. Sofern das Landgericht Karlsruhe darauf verweise, dass die vom Gerichtshof der Europäischen Union gewährte Übergangsfrist in das deutsche Verfassungsrecht übernommen werden könnte, sei dem die Entscheidung des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juni 2008 - 2 BvL 6/07 - (BVerfGE 121, 241 ff.) entgegenzuhalten. Auch im Fall des beamtenrechtlichen Versorgungsabschlags, der für teilzeitbeschäftigte Beamte eine überproportionale Kürzung von Versorgungsanwartschaften vorsah, habe das Bundesverfassungsgericht die zeitliche Begrenzung aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht übernommen.

IV.

42

Zur Verfassungsbeschwerde hat die VBL als Beklagte des Ausgangsverfahrens Stellung genommen. Nach ihrer Ansicht verstößt es weder gegen Art. 3 Abs. 3 noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG, dass die Zeiten des Mutterschutzes nicht als Umlagemonate bei der Erfüllung der Wartezeit im Rahmen einer Versicherungsrente berücksichtigt werden.

43

1. Die VBL habe Leistungen nur zu erbringen, soweit ihr Beiträge beziehungsweise Umlagen zugeflossen seien. Zuschüsse von dritter Seite würden in der Zusatzversorgung nicht gezahlt. Anders als die staatliche Sozialversicherung und insbesondere die gesetzliche Rentenversicherung sei sie nicht dem Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes unterworfen. Sie sei daher nicht verpflichtet, Zeiten, für die keine Beiträge beziehungsweise Umlagen entrichtet worden seien, zu berücksichtigen.

44

Die Versicherung der VBL sei Teil der betrieblichen Altersversorgung. Sie sei eine Gegenleistung aus dem Arbeitsvertrag und damit eine besondere Form der Vergütung. Es sei daher ein sachgerechtes Differenzierungskriterium, wenn Versicherungszeiten und die Leistungsberechnung an den Bezug von steuerpflichtigem Arbeitslohn anknüpften und steuerfreie Einnahmen eines Beschäftigten - wie der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld -, die vornehmlich sozialen Zwecken dienten, nicht in die Zusatzversorgung einbezogen würden.

45

2. Ein Vergleich zwischen der Gruppe der Beschäftigten während der Mutterschutzzeiten und den Beschäftigten, die einen Krankengeldzuschuss erhielten, sei nicht sachgerecht. Anders als der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld, der nach § 3 Satz 1 Buchstabe d EStG steuerfrei und damit nicht zusatzversorgungspflichtig sei, sei der Zuschuss des Arbeitgebers zum Krankengeld nach § 2 Abs. 2 Nr. 5 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung steuerpflichtig. Damit wäre der Zuschuss zum Krankengeld nach der Regelung in § 29 Abs. 7 Satz 1 VBLS a.F. an sich auch zusatzversorgungspflichtig. Die Berücksichtigung des Krankengeldzuschusses als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt mindere eine Versorgung eines Leistungsberechtigten gegenüber der Versorgung eines Beschäftigten, der nicht länger krank gewesen sei, jedoch dann erheblich, wenn der Krankengeldzuschuss in den Dreijahreszeitraum für die Berechnung einer Versorgungsrente falle (§ 43 Abs. 1 VBLS a.F.). Deshalb würde der Zuschuss zum Krankengeld - trotz seiner Steuerpflichtigkeit - nach § 29 Abs. 7 Satz 3 Buchstabe d VBLS a.F. von der Zusatzversorgungspflicht ausgenommen, um stattdessen eine Sonderregelung in § 29 Abs. 7 Satz 5 VBLS a.F. zu treffen. Nach dieser Sonderregelung sei, wenn in einem Abrechnungszeitraum Anspruch auf Krankengeldzuschuss bestehe, die Urlaubsvergütung als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt zugrunde zu legen. Auf diese Weise könne bei der Berechnung einer Versorgungsrente anstelle des Krankengeldzuschusses der regelmäßig höhere Urlaubslohn als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt berücksichtigt werden, wenn die Krankheit in den letzten drei Jahren vor Rentenbeginn eingetreten sei. Eine vergleichbare Interessenlage bestehe beim Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nicht, da nur in Ausnahmefällen die Mutterschutzzeiten in den Dreijahreszeitraum vor Beginn einer Versorgungsrente fielen. Eine Sonderregelung wie beim Krankengeldzuschuss sei daher nicht erforderlich gewesen.

B.

46

Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung gemäß § 93c Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG liegen vor.

47

Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden (vgl. BVerfGE 115, 259; 121, 241; 124, 199; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 14. April 2010 - 1 BvL 8/08 -, juris).

48

Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist zur Durchsetzung von in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechten der Beschwerdeführerin, hier des Grundrechts aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG, angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Sie ist, soweit sie sich gegen die Entscheidungen des Amtsgerichts und des Landgerichts wendet, zulässig und auch offensichtlich begründet (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).

I.

49

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig, soweit sie sich gegen die Entscheidungen des Amtsgerichts und des Landgerichts richtet. Dabei sind die Satzungsbestimmungen vom Bundesverfassungsgericht jedenfalls insoweit auf mögliche Grundrechtsverletzungen zu prüfen, als die angegriffenen fachgerichtlichen Entscheidungen auf ihrer Anwendung beruhen (vgl. BVerfGE 124, 199 <218>). Soweit zugleich die Regelung des § 8 Abs. 5 Versorgungs-TV mittelbar angegriffen wird, ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig und daher nicht zur Entscheidung anzunehmen. Tarifvertragliche Regelungen, die nicht für allgemeinverbindlich erklärt worden sind (dazu BVerfGE 44, 322 <340 ff.>), stellen keine Akte der öffentlichen Gewalt im Sinne des § 90 Abs. 1 BVerfGG, Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG dar und können daher mit der Verfassungsbeschwerde nicht angegriffen werden.

II.

50

Soweit die Verfassungsbeschwerde zulässig ist, ist sie auch offensichtlich begründet. Die angegriffenen Urteile verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG.

51

1. Die Zusatzversorgung der im öffentlichen Dienst Beschäftigten nach der Satzung der VBL ist am Grundrecht auf Gleichbehandlung zu messen. Sie ist zwar privatrechtlich ausgestaltet und findet Anwendung auf die Gruppenversicherungsverträge, die die an der VBL beteiligten öffentlichen Arbeitgeber mit der VBL zugunsten ihrer Arbeitnehmer abschließen. Die Einordnung der Satzungsbestimmungen als privatrechtliche Allgemeine Geschäftsbedingungen in der Form Allgemeiner Versicherungsbedingungen ist verfassungsrechtlich auch unbedenklich (vgl. BVerfGE 124, 199 <218>; BVerfGK 11, 130 <140>; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 18. April 2008 - 1 BvR 759/05 -, DVBl 2008, S. 780). Jedoch nimmt die VBL als Anstalt des öffentlichen Rechts eine öffentliche Aufgabe lediglich in privatrechtlicher Form wahr (vgl. BVerfGE 124, 199 <218>; siehe auch BVerfGE 98, 365 <393>; 116, 135 <153>). Daher ist die Satzung der VBL an die Beachtung des Gleichheitsgrundrechts gebunden.

52

2. Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG konkretisiert und verstärkt den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Das Geschlecht darf grundsätzlich nicht als Anknüpfungspunkt für eine rechtliche Ungleichbehandlung herangezogen werden. Das gilt auch dann, wenn eine Regelung nicht auf eine nach Art. 3 Abs. 3 GG verbotene Ungleichbehandlung angelegt ist, sondern in erster Linie andere Ziele verfolgt (vgl. BVerfGE 85, 191 <206>; 97, 35 <43>). Es kommt auch nicht darauf an, dass neben dem Geschlecht weitere Gründe für die Ungleichbehandlung maßgeblich waren (vgl. BVerfGE 89, 276 <289>).

53

An das Geschlecht anknüpfende differenzierende Regelungen sind mit Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG nur vereinbar, soweit sie zur Lösung von Problemen, die nur entweder bei Männern oder Frauen auftreten können, zwingend erforderlich sind. Fehlt es an zwingenden Gründen für eine Ungleichbehandlung, lässt sich diese einzig im Wege einer Abwägung mit kollidierendem Verfassungsrecht legitimieren (vgl. BVerfGE 85, 191 <207>; 92, 91 <109>).

54

a) Soweit eine Regelung an Schwangerschaft oder Mutterschaft anknüpft, differenziert sie unmittelbar nach dem Geschlecht. Es handelt sich nicht etwa um eine neutrale Vorschrift, die sich eventuell mittelbar ganz überwiegend auf Frauen oder ganz überwiegend auf Männer nachteilig auswirkt. Vielmehr trifft eine solche Regelung normativ kategorial ausschließlich Frauen (vgl. klarstellend § 3 Abs. 1 Satz 2 AGG; für das Recht der EU Art. 2 Abs. 2 Buchstabe c der Richtlinie 2006/54/EG; EuGH, Urteil vom 11. November 2010, Rs. C-232/09, Danosa; Urteil vom 8. November 1990, Rs. C-177/88, Dekker, Slg. I-1990, 3941 <3973>; Urteil vom 27. Februar 2003, Rs. C-320/01, Busch, Slg. I-2003, 2041 <2075>; Urteil vom 29. Oktober 2009, Rs. C-63/08, Alabaster). Eine solche Regelung berührt zwar auch Art. 6 Abs. 4 GG als Grundrecht auf Schutz und Fürsorge von Müttern durch den Staat. Art. 6 Abs. 4 GG enthält allerdings in erster Linie einen positiven Regelungsauftrag, der Eingriffe in Rechte Dritter legitimiert (vgl. BVerfGE 109, 64 <84 ff.>). Der Schutz von Müttern vor geschlechtsbezogener Diskriminierung ist im besonderen Gleichheitsrecht des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG verankert.

55

b) Die Anrechnung von Mutterschutzzeiten als Umlagemonate für die Zusatzversorgung der VBL bestimmt sich gemäß § 29 Abs. 10 VBLS a.F. nach der Regelung des § 29 Abs. 7 VBLS a.F., die durch § 8 Abs. 5 Versorgungs-TV inhaltsgleich vorgegeben wird. § 29 Abs. 7 VBLS a.F. statuiert eine Ungleichbehandlung von Müttern in zweifacher Hinsicht.

56

In § 29 Abs. 7 Satz 1 VBLS a.F. wird als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt der steuerpflichtige Arbeitslohn definiert; Mutterschaftsgeld ist als Lohnersatzleistung nach § 3 Nr. 1 Buchstabe d EStG jedoch steuerfrei gestellt. Der Ausschluss von Zeiten des Mutterschutzes aus der Wartezeitberechnung nach § 29 Abs. 7 Satz 1 VBLS a.F. stellt folglich eine Ungleichbehandlung von Frauen mit Mutterschutzzeiten gegenüber männlichen Arbeitnehmern dar, deren Erwerbsbiografien im öffentlichen Angestelltenverhältnis nicht durch die gesetzlich zwingend vorgegebenen Mutterschutzzeiten unterbrochen wurden und auch nicht werden können. Frauen, die Mutterschutz in Anspruch genommen haben und den Beschäftigungsverboten der § 3 Abs. 2, § 6 Abs. 1 MuSchG unterfallen, erwerben, wenn sie - wie die Beschwerdeführerin - aufgrund ihrer Mutterschutzzeiten die Wartezeit des § 38 Abs. 1 VBLS a.F. nicht erreichen, keinen Anspruch auf Versicherungsrente.

57

Zudem liegt eine Ungleichbehandlung von Frauen in Mutterschutz hier auch gegenüber denjenigen männlichen und weiblichen Versicherten vor, die Krankengeld und einen (im Verhältnis deutlich geringeren) Krankengeldzuschuss des Arbeitgebers erhalten. Zwar ist das von der Krankenversicherung gezahlte Krankengeld wie das Mutterschaftsgeld nach § 3 Nr. 1 EStG steuerfrei. Doch sind die Krankheitszeiten gemäß § 29 Abs. 7 Satz 5 VBLS a.F., der auf dem wortgleichen § 5 Abs. 5 Satz 5 Versorgungs-TV beruht, auf Basis des (fiktiven) Urlaubslohns, also praktisch in Höhe des normalen Arbeitsverdienstes als versorgungspflichtiges Entgelt anzurechnen (vgl. Gilbert/Hesse, Die Versorgung der Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes, Satzung der VBL, § 29 B, Rn. 39); in den Zeiten der Entgeltfortzahlung sowie des Bezugs eines Krankengeldzuschusses werden auch Umlagen entrichtet, die Krankheitszeiten bei der Berechnung der Zusatzversorgungsrente also voll als umlagefähige Monate angerechnet. Für den Mutterschutz findet sich keine entsprechende Regel.

58

c) An das Geschlecht anknüpfende differenzierende Regelungen sind nach bisheriger Rechtsprechung mit Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG nur vereinbar, soweit sie zur Lösung von Problemen, die ihrer Natur nach nur entweder bei Männern oder bei Frauen auftreten können, zwingend erforderlich sind. Fehlt es an zwingenden Gründen für solche Differenzierungen, lassen sie sich nur noch im Wege einer Abwägung mit kollidierendem Verfassungsrecht legitimieren (BVerfGE 85, 191 <207 ff.>; 92, 91 <109>).

59

Die Regelung der VBLS zur Berücksichtigung von Mutterschutzzeiten aus der Wartezeitberechnung für den Erwerb einer Rentenanwartschaft gilt zwar einer geschlechtsspezifischen Problemstellung, stellt jedoch eine Ungleichbehandlung dar, die nicht zwingend erforderlich ist. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits in der Leitentscheidung zum Mutterschutz ausgeführt, dass dessen Ausgestaltung sich an der Gleichberechtigung orientieren muss (vgl. BVerfGE 109, 64 <89> m.w.N.; auch BVerfGE 87, 1 <42>). Auf eine tatsächliche Gleichstellung zielt die Freistellung der Arbeitgeber von der Umlage für Mutterschutzzeiten. So wird versucht, eine mögliche negative Steuerungswirkung der Belastung mit den Kosten des Mutterschutzes für Unternehmen durch ein Ausgleichs- und Umlageverfahren zu verhindern (vgl. BVerfGE 109, 64 <90>). Der Gesetzgeber verfolgt also ein verfassungsrechtlich vorgegebenes Ziel, wenn er den Mutterschutz umlagefrei stellt, denn täte er dies nicht, wäre ein Anreiz für Arbeitgeber vorhanden, Frauen in gebärfähigem Alter nicht zu beschäftigen. Diese Systementscheidung darf aber nicht über daran anknüpfende Regeln wie die der VBLS a.F. zu Lasten von Müttern gehen (vgl. auch EuGH, Urteil vom 1. Juli 2010, Rs. C-194/08, Gassmayr; Urteil vom 13. Januar 2005, Rs. C-356/03, Mayer). Zwar steht es dem Gesetzgeber ebenso wie der VBL frei zu entscheiden, wie genau die Lasten des Mutterschutzes verteilt werden. Jedoch rechtfertigt dies keine Diskriminierung von Müttern durch die Hintertür.

60

Für die hier entscheidungserhebliche Regelung der VBLS a.F. zum Mutterschutz sind auch sonst keine sachlichen Gründe erkennbar, die eine Benachteiligung von Müttern rechtfertigen könnten. Insbesondere ist die Anrechnung von Mutterschaftszeiten bei Bezug einer Versorgungsrente im Rahmen der Ermittlung der gesamtversorgungsfähigen Zeit nach § 42 Abs. 2 Buchstabe a VBLS a.F. in Verbindung mit § 54 Abs. 1 und 3, § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI zur Hälfte nicht geeignet, die Nichtberücksichtigung für die Wartezeit zu legitimieren. Vielmehr stellt auch diese Halbanrechnung Mütter schlechter als diejenigen, die einen Krankengeldzuschuss des Arbeitgebers beziehen, da deren Zeiten voll als Umlagemonate angerechnet werden. Zudem gilt die hälftige Anrechnung auch nur für die Versorgungsrente, käme also von vornherein für die Beschwerdeführerin nicht in Betracht, die lediglich einen Anspruch auf Versicherungsrente geltend macht.

61

3. Der Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG führt dazu, dass die Beschwerdeführerin die Berücksichtigung ihrer Mutterschutzzeiten im Rahmen der Berechnung ihres versorgungspflichtigen Entgelts und der zurückgelegten Umlagemonate nach § 29 Abs. 7 und Abs. 10 VBLS a.F. verlangen kann. Entsprechend sind diese Zeiten auf die Wartezeit nach § 38 Abs. 1 VBLS a.F. anzurechnen.

62

a) Verstoßen Allgemeine Versicherungsbedingungen - wie hier in Form der Satzung der VBL - gegen Art. 3 GG, so bewirkt dies nach der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Rechtsprechung der Zivilgerichte die (teilweise) Unwirksamkeit der betroffenen Klausel. Hierdurch entstehende Regelungslücken können im Wege ergänzender Vertragsauslegung geschlossen werden (vgl. BVerfGE 124, 199 <233 f.>; BGHZ 174, 127 <175 ff.>). Zwar führt der gleichheitswidrige Ausschluss von einer Vergünstigung dann nicht notwendigerweise dazu, dass dem Betroffenen ein Anspruch auf Gewährung der Vergünstigung zusteht. Das gilt insbesondere, wenn es mehrere Möglichkeiten gibt, um eine verfassungsgemäße Regelung zu erzielen. Insofern können die für Gleichheitsverstöße des Gesetzgebers entwickelten Grundsätze entsprechend herangezogen werden (vgl. BVerfGE 82, 126 <154 f.>; 103, 225 <240>; 107, 27 <57>; 120, 125 <167>). Etwas anderes gilt aber, wenn der Gleichheitsverstoß nur durch eine Ausdehnung der begünstigenden Regelung auf die ausgeschlossene Gruppe beseitigt werden kann (vgl. BVerfGE 29, 283 <303>; 55, 100 <113 f.>; 92, 91 <121>). So liegt der Fall hier. Eine Gleichbehandlung der Versicherten, die während ihrer Versicherungszeiten Mutterschutz in Anspruch genommen haben, und denjenigen, für die während ihrer Krankheit gemäß § 29 Abs. 1 und Abs. 7 Satz 5 VBLS a.F. von ihren Arbeitgebern Umlagen entrichtet worden sind, lässt sich nachträglich nur dadurch erreichen, dass die Mutterschutzzeiten als Umlagezeiten angerechnet werden.

63

b) Bei einem Verstoß gegen das Gleichheitsgrundrecht stellt sich grundsätzlich die Frage nach einer zeitlichen Begrenzung (vgl. BVerfGE 121, 241 <266>). So kann das Bundesverfassungsgericht die Fortgeltung einer verfassungswidrigen Norm zum Beispiel anordnen, wenn dies aus Gründen einer geordneten Finanz- und Haushaltsplanung geboten ist oder wenn die Verfassungslage bisher nicht hinreichend geklärt war und dem Gesetzgeber aus diesem Grund eine angemessene Frist zur Schaffung einer Neuregelung - auch für Tatbestände in der Vergangenheit - zu gewähren ist (vgl. BVerfGE 120, 125 <168> m.w.N.). Entsprechend kann auch bei einem Grundrechtsverstoß durch die Ausgestaltung von Versicherungsbedingungen im Rahmen einer Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst, die auf der Satzung einer öffentlichen Anstalt beruht, eine zeitliche und sachliche Beschränkung der Folgewirkungen zulässig und geboten sein, wenn ansonsten eine schwerwiegende Störung des finanziellen Gleichgewichts im Versicherungssystem zu befürchten wäre (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Mai 2001, Rs. C-262/88, Barber, Slg. 1990 I-1889 <1955>). Dies folgt bereits aus der Schutzpflicht gegenüber den Grundrechtspositionen anderer Versicherter aus Art. 14 Abs. 1 GG.

64

Von der Gefahr einer derartigen Störung kann aber vorliegend nicht ausgegangen werden. Eine Anrechnung von Mutterschutzzeiten, die auch schon vor dem 17. Mai 1990 in Anspruch genommen wurden, stellt jedenfalls dann keine echte rückwirkende Regelung dar, wenn der Versicherungsfall wie bei der Beschwerdeführerin bislang noch nicht eingetreten ist und Ausschlussfristen der Geltendmachung ihres Anspruchs nicht entgegenstehen. Denn die ausgezahlte Rente wird erst mit Eintritt des Versicherungsfalls berechnet (vgl. §§ 33 ff. VBLS). Auch sonst ist die Gefahr einer Störung des finanziellen Gleichgewichts der Zusatzversorgung durch die Berücksichtigung von Mutterschutzzeiten der Versicherten nicht ersichtlich. Das gilt auch, weil wegen der Ausschlussfristen in der Satzung der VBL eine rückwirkende Berücksichtigung von Mutterschutzzeiten nur sehr begrenzt in Betracht kommen dürfte.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

Der Beklagte wird verpflichtet, die Kinderbetreuungszeit der Klägerin vom 04.09.2007 bis zum 31.03.2011 anzuerkennen und den Zeitpunkt des Beginns des Aufsteigens in den Erfahrungsstufen unter Berücksichtigung dieser weiteren Zeiten erneut festzusetzen. Der Bescheid des Landesamtes für Besoldung und Versorgung vom 04.05.2015 und dessen Widerspruchsbescheid vom 23.11.2015 werden aufgehoben, soweit sie dieser Verpflichtung entgegenstehen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin und der Beklagte jeweils die Hälfte.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Neufestlegung des Beginns des Aufsteigens in den Erfahrungsstufen.
Die am ... geborene Klägerin absolvierte nach dem Abitur vom 01.10.1995 bis zum 30.09.1998 an dem Universitätsklinikum F. eine Ausbildung zur Krankenschwester; vom 11.11.1998 bis zum 30.09.1999 arbeitete sie in diesem Beruf an der Universitätsklinik F.. Ab dem 01.10.1999 studierte die Klägerin an der A.-L.-U. F. Psychologie; dieses Studium schloss sie am 04.10.2005 mit der Diplomprüfung als Psychologin ab. Im Anschluss daran absolvierte die Klägerin eine theoretische und praktische Ausbildung zur psychologischen Psychotherapeutin. Im Zeitraum vom 01.07.2006 bis zum 31.08.2007 war sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Universitätsklinikum F. beschäftigt. Nach der Geburt ihres ersten Kindes nahm die Klägerin vom 04.09.2007 an Elternzeit, die nach der Geburt eines weiteren Kindes bis zum 31.03.2011 andauerte. Mit Urkunde vom 09.08.2012 erhielt die Klägerin ihre Approbation als psychologische Psychotherapeutin. Vom 01.04.2011 bis zum 31.08.2011 war sie als Diplompsychologin bei der S. E.-S. in B. W. tätig. Daran schloss sich eine Tätigkeit als Diplompsychologin beim Staatlichen Schulamt B. vom 01.09.2011 bis zum 26.02.2013 an. Nach der Geburt ihres dritten Kindes nahm die Klägerin vom 27.02.2013 bis zum 31.12.2013 erneut Elternzeit. Vom 01.01.2014 an war sie wieder als Diplompsychologin beim Staatlichen Schulamt B. im Angestelltenverhältnis tätig. Mit Wirkung zum 07.07.2014 wurde die Klägerin in das Beamtenverhältnis auf Probe als Psychologierätin ernannt. In dieser Funktion war die Klägerin bei dem Staatlichen Schulamt B. bis zum Eintritt in den Mutterschutz nach der Geburt ihres vierten Kindes tätig. Das Amt der Klägerin ist in die Besoldungsstufe A13 eingestuft.
Mit Bescheid vom 04.05.2015 setzte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg - im Folgenden: Landesamt - den Zeitpunkt des Beginns des Aufsteigens in den Erfahrungsstufen auf den 01.03.2012 fest. Als berücksichtigungsfähige Zeiten im Sinne von § 32 Landesbesoldungsgesetz Baden-Württemberg - LBesGBW - erkannte das Landesamt die Tätigkeit der Klägerin als Krankenschwester am Universitätsklinikum F., als Diplompsychologin bei dem Staatlichen Schulamt B. im Zeitraum vom 01.02.2013 bis zum 26.02.2013, die Kinderbetreuungszeit vom 27.02.2013 bis zum 31.12.2013 und schließlich die Tätigkeit bei dem Staatlichen Schulamt B. im Angestelltenverhältnis vom 01.01.2014 bis zum 30.06.2014 an. Das Landesamt ging nach Beteiligung des Regierungspräsidiums Tübingen davon aus, dass im Übrigen keine förderlichen Zeiten nach § 32 Abs. 1 Nr. 3 LBesGBW vorlägen. Die Zeit der Beschäftigung der Klägerin an der Universitätsklinik F. vom 01.07.2006 bis zum 31.08.2007, die Tätigkeit bei der S. E.-S. B. W. sowie die Beschäftigung im Angestelltenverhältnis bei dem Staatlichen Schulamt B. vom 01.09.2011 bis zum 31.01.2013 sei für die Zulassung zur Laufbahn als Psychologin beim Staatlichen Schulamt notwendig gewesen. Des Weiteren erkannte das Landesamt die Kinderbetreuungszeit vom 04.09.2007 bis zum 31.03.2011 nicht als berücksichtigungsfähige Zeiten nach § 32 LBesGBW an; es handle sich um nicht berücksichtigungsfähige Kinderbetreuungszeiten, da vor dem Beginn der Kinderbetreuungszeit (04.09.2007) nahtlos keine hauptberufliche Tätigkeit im öffentlichen Dienst ausgeübt worden sei.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies das Landesamt mit Widerspruchsbescheid vom 23.11.2015 zurück. Der Klägerin stehe kein Anspruch auf Berücksichtigung der Kinderbetreuungszeiten für ihr erstes und zweites Kind im Zeitraum vom 04.09.2007 bis zum 31.03.2011 zu. Das seit dem 01.01.2011 geltende Beamtenrecht in Baden-Württemberg sehe keine generelle Berücksichtigung von Kinderbetreuungszeiten vor dem Eintritt in das Beamtenverhältnis vor. Eine Kinderbetreuungszeit könne grundsätzlich nur nach Eintritt in das Beamtenverhältnis den Aufstieg in den Erfahrungsstufen nicht verzögern. Dies gelte auch für Kinderbetreuungszeiten während einer hauptberuflichen Tätigkeit als Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst, sofern diese dadurch unterbrochen werde (§ 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW). Zeiten einer Kinderbetreuung blieben damit unberücksichtigt, wenn vor dem Beginn der Kinderbetreuungszeit kein Beschäftigungsverhältnis bestanden habe oder die Kinderbetreuungszeit am Ende einer sonstigen berücksichtigungsfähigen Zeit nach § 31 Abs. 1 LBesGBW liege. An einem derartigen unmittelbarem Anschluss der Kinderbetreuungszeit an eine berücksichtigungsfähige Zeit fehle es bei der Klägerin, nachdem sie im Zeitraum vom 01.07.2006 bis zum 31.08.2007 einer befristeten Tätigkeit im Angestelltenverhältnis bei dem Universitätsklinikum F. nachgegangen und die Geburt des ersten Kindes erst am 04.09.2007 erfolgt sei. Die Kinderbetreuungszeit könne nicht berücksichtigt werden, da die hauptberufliche Tätigkeit der Klägerin als Arbeitnehmerin nicht unterbrochen worden sei, sondern erst nach Ablauf des befristeten Beschäftigungsverhältnisses begonnen habe.
Hiergegen hat die Klägerin am 30.12.2015 Klage zum Verwaltungsgericht Sigmaringen erhoben. Zur Begründung macht sie geltend, ihr stehe ein Anspruch auf Neufestsetzung ihrer Erfahrungszeiten unter Berücksichtigung der im Antragsschreiben vom 26.08.2014 aufgeführten Betätigungszeiten zu. Das Landesamt habe insbesondere die Zeit der Kinderbetreuung vom 04.09.2007 bis zum 31.03.2011 als für die Festsetzung der Erfahrungsstufen nicht relevant angesehen. Damit setze sich das Landesamt in Widerspruch zu den einschlägigen Verwaltungsvorschriften des Finanz- und Wirtschaftsministeriums. So werde in Ziff. 31.1.3 der maßgeblichen Verwaltungsvorschrift ausgeführt, dass Erfahrungszeiten nach § 31 Abs. 1 auch dann zu berücksichtigen seien, wenn hierbei Tätigkeiten wahrgenommen werden, die als solche zu keiner Berücksichtigung führen würden. In Ziff. 31.2.4 der vorgenannten Verwaltungsvorschrift werde ausgeführt, dass die in § 32 Abs. 2 abschließend aufgeführten Zeiten nicht zu einer Verzögerung des Stufenaufstiegs führten. Hierzu gehörten zum Beispiel Zeiten einer Kinderbetreuung bis zu drei Jahren für jedes Kind. Die in § 32 Abs. 2 genannten Zeiten würden somit im Ergebnis wie Erfahrungszeiten bei den Stufenlaufzeiten berücksichtigt. Bereits vor diesem Hintergrund erscheine es rechtswidrig, dass die diesbezüglichen Zeiten bei der Klägerin nicht zur Anrechnung gebracht worden sind.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Landesamts vom 04.05.2015 und dessen Widerspruchsbescheid vom 23.11.2015 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin antragsgemäß die weitergehenden Erfahrungszeiten aus dem Antrag vom 26.08.2014 zuzubilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
10 
Der Beklagte tritt der Klage aus den im Widerspruchsbescheid dargestellten Gründen entgegen.
11 
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schrift-sätze, wegen der sonstigen Einzelheiten auf die einschlägigen Verwaltungsakten sowie die Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
12 
Die zulässige Klage hat im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zuerkennung weiterer Erfahrungszeiten zu; der versagende Bescheid des Landesamtes vom 04.05.2015 und dessen Widerspruchsbescheid vom 23.11.2015 sind in diesem Umfang rechtswidrig (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
13 
Nach § 31 Abs. 1 LBesGBW wird die Höhe des Grundgehalts in den Besoldungsgruppen der Landesbesoldungsordnung A nach Stufen bemessen. Das Aufsteigen in den Stufen bestimmt sich nach Zeiten mit dienstlicher Erfahrung (Erfahrungszeiten). Erfahrungszeiten sind Zeiten im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn. Das Aufsteigen in den Stufen beginnt nach § 31 Abs. 3 Satz 1 LBesGBW mit dem Anfangsgrundgehalt der jeweiligen Besoldungsgruppe mit Wirkung vom Ersten des Monats, in dem die erste Ernennung mit Anspruch auf Dienstbezüge bei dem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn wirksam wird. Der Zeitpunkt des Beginns wird um die zu diesem Zeitpunkt vorliegenden, nach § 32 Abs. 1 LBesGBW berücksichtigungsfähigen Zeiten vorverlegt (§ 31 Abs. 3 Satz 2 LBesGBW).
14 
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Klägerin einen Anspruch auf eine (weitere) Vorverlegung des Zeitpunkts des Beginns des Aufsteigens in den Stufen des Grundgehalts. Zwar steht ihr kein Anspruch auf Berücksichtigung weiterer Zeiten hauptberuflicher Tätigkeit zu, die nicht Voraussetzung für die Zulassung zur einschlägigen Laufbahn sind (1.). Indes hat die Klägerin einen Anspruch auf Berücksichtigung der Kinderbetreuungszeit vom 04.09.2007 bis zum 31.03.2011 (2.).
15 
1. Berücksichtigungsfähige Zeiten im Sinne von § 31 Abs. 3 Satz 2 LBesGBW nach dem hier allein in Betracht kommenden § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBesGBW sind sonstige Zeiten einer hauptberuflichen Tätigkeit, die nicht Voraussetzung für die Zulassung zur Laufbahn sind oder diese Voraussetzung ersetzen, soweit diese für die Verwendung des Beamten förderlich sind, sofern die hauptberufliche Tätigkeit mindestens a) auf der Qualifikationsebene eines Ausbildungsberufs und b) sechs Monate ohne Unterbrechung ausgeübt wurde. Die Entscheidung über die Anerkennung von förderlichen Zeiten trifft die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle (§ 32 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 LBesGBW), hier das für die Ernennung der Klägerin zuständige Regierungspräsidium Tübingen (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 BeamtZuVO i.V.m. §§ 1, 2 und 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ErnG), wobei dieser Entscheidung nur interne Bindungswirkung zukommt. Für den Erlass der Entscheidung gegenüber dem betroffenen Beamten ist nach § 31 Abs. 3 Satz 4 LBesGBW die bezügezahlende Stelle - hier das Landesamt - zuständig. Die Entscheidung über die Berücksichtigung von förderlichen Zeiten nach § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 LBesGBW steht nicht im Ermessen der zuständigen Behörde; auch ein Beurteilungsspielraum ist ihr insoweit nicht eingeräumt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.03.2014 - 4 S 2129/13 - juris; Beschluss vom 25.07.2016 - 4 S 604/16 - juris). Strukturgleich zu den oben dargestellten Vorschriften bestimmt § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBesGBW, dass Zeiten einer hauptberuflichen Tätigkeiten als Arbeitnehmer im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn oder im Dienst von öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften und ihren Verbänden, die nicht Voraussetzung für die Zulassung zur Laufbahn sind, berücksichtigungsfähig im Sinne von § 31 Abs. 3 Satz 2 LBesGBW sind.
16 
Gemessen hieran hat das Landesamt den Zeitpunkt des Beginns des Aufsteigens in den Stufen des Grundgehalts zu Recht nicht um die von der Klägerin geltend gemachten Tätigkeitszeiten vorverlegt. Die Zeiten ihrer hauptberuflichen Tätigkeit an der Universitätsklinik F. vom 01.07.2006 bis zum 31.08.2007, bei der S. E.-S. B. W. vom 01.04.2011 bis zum 31.08.2011 und schließlich in der schulpsychologischen Beratungsstelle des Staatlichen Schulamts B. vom 01.09.2011 bis zum 31.01.2013 sind nicht gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 LBesGBW berücksichtigungsfähig. Der Anrechnung dieser Zeiten einer hauptberuflichen Tätigkeit im öffentlichen Dienst bzw. bei einem sonstigen Arbeitgeber steht entgegen, dass die Berufsausübung in diesen Zeiten Voraussetzung für die Zulassung zu der von der Klägerin eingeschlagenen Laufbahn ist. Die Landeslaufbahnverordnung in der Fassung vom 28.08.1991 (LVO - GBl. 1991, Nr. 23, S. 586 f) regelt in § 33 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 12, dass als Psychologe in das Beamtenverhältnis auf Probe eingestellt werden kann, wer eine dreijährige Tätigkeit abgeleistet hat, die ihm die Eignung zur selbständigen Wahrnehmung eines Amtes seiner Laufbahn vermittelt. Gemäß Art. 62 § 1 Abs. 2 des Dienstrechtsreformgesetzes vom 09.11.2010 (GBl. 2010, Nr. 19, S. 984) gelten die §§ 33 bis 44 LVO in der alten Fassung bis zum 31.12.2014 fort. Da die Klägerin am 07.07.2014 in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen wurde, finden die oben zitierten Vorschriften Anwendung. Dies hat das Regierungspräsidium in seiner Stellungnahme vom 23.04.2015 an das Landesamt zutreffend im Einzelnen näher dargelegt. Substantiierte Einwendungen hiergegen hat die Klägerin nicht erhoben.
17 
2. Der Klägerin steht entgegen der Auffassung des beklagten Landes ein Anspruch auf Berücksichtigung der Betreuungszeit für ihr erstes und zweites Kind vom 04.09.2007 bis zum 31.03.2011 zu. Dabei bestimmt § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW, dass Zeiten nach Satz 1 der Bestimmung durch Unterbrechungszeiten nach Absatz 2 nicht vermindert werden; gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 2 LBesGBW wird abweichend von § 31 Abs. 2 Satz 2 LBesGBW der Aufstieg in den Stufen insbesondere nicht durch Zeiten einer Kinderbetreuung bis zu drei Jahren für jedes Kind verzögert. Diese Vorschriften sind hier dahingehend auszulegen, dass sie der Anerkennung der von der Klägerin vor dem Eintritt in das Beamtenverhältnis abgeleisteten Kindererziehungszeiten nicht entgegenstehen. Zwar deuten - worauf das Landesamt zutreffend hinweist - der Wortlaut von § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW und dessen systematische Stellung auf einen gegenteiligen Befund (2.1). Eine verfassungs- und unionsrechtskonforme Auslegung der Vorschrift gebietet jedoch das hier vertretene Normverständnis (2.2).
18 
2.1 Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landesamt in seinem Widerspruchsbescheid am 23.11.2015 dargestellt, dass die Bestimmungen des Baden-Württembergischen Landesbesoldungsgesetzes keine generelle Berücksichtigung von Kinderbetreuungszeiten vor dem Eintritt in das Beamtenverhältnis vorsehen. Im Ausgangspunkt bestimmt § 31 Abs. 2 Satz 2 LBesGBW, dass nach Eintritt in das Beamtenverhältnis Zeiten ohne Anspruch auf Grundgehalt den Stufenaufstieg um diese Zeiten verzögern, soweit nicht in § 32 Abs. 2 LBesGBW anderes geregelt ist. Gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 2 LBesGBW werden bei einem aktiven Beamten oder einer aktiven Beamtin Kinderbetreuungszeiten bis zu drei Jahren für jedes Kind anerkannt und verzögern damit den Aufstieg in den Erfahrungsstufen nicht. Diesen Grundgedanken überträgt § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW auf vor Eintritt in das Beamtenverhältnis geleistete, berücksichtigungsfähige Zeiten nach § 32 Abs. 1 LBesGBW und bestimmt, dass Zeiten nach Satz 1 durch Unterbrechungszeiten nach Absatz 2 nicht vermindert werden. Bereits der Wortlaut von § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW und insbesondere die dort verwendete Formulierung „Unterbrechungszeiten“ spricht bei einem ersten Zugriff dafür, dass eine Berücksichtigung dieser Zeiten einen unmittelbaren Anschluss an berücksichtigungsfähige Tätigkeiten im Sinne von Absatz 1 Satz 1 der Bestimmung voraussetzt. Denn unter einer „Unterbrechung“ wird nach allgemeinen Sprachgebrauch „eine kurzzeitige Aussetzung einer Handlung, um diese später wieder aufzunehmen“ verstanden (vgl. die Definition des Begriffs „Unterbrechung“ bei Wiktionary, dem freien Wörterbuch). Hierauf deutet auch der systematische Zusammenhang von § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW zu § 31 Abs. 2 Satz 2 2. HS dieses Gesetzes. § 32 Abs. 1 Satz 3 stellt bei systematischer Betrachtung eine Parallelbestimmung zu § 31 Abs. 2 Satz 2 2. HS LBesGBW dar und überträgt den dort normierten Rechtsgedanken auf Zeiten, die nach § 32 Abs. 1 LBesGBW außerhalb eines Beamtenverhältnisses berücksichtigungsfähig sind.
19 
2.2 Höherrangiges Recht gebietet jedoch eine Auslegung von § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW dahingehend, dass Zeiten einer Kinderbetreuung auch dann den Aufstieg in den Erfahrungsstufen nicht verzögern, wenn die Kinderbetreuungszeit nicht in unmittelbarem Anschluss an eine hauptberufliche Tätigkeit im öffentlichen Dienst oder an eine sonstige berücksichtigungsfähige Zeit im Sinne von § 32 Abs. 1 LBesGBW abgeleistet wird. Dieses Verständnis ist sowohl durch Verfassungsrecht (2.2.1) als auch durch Unionsrecht (2.2.2) zwingend vorgegeben.
20 
2.2.1 Die von der Kammer vorgenommene Auslegung von § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW ist erforderlich, um in der gegenständlichen Fallgestaltung einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG zu vermeiden.
21 
2.2.1.1 Nach Art. 3 Abs. 3 GG darf niemand wegen seines Geschlechts benachteiligt oder bevorzugt werden. Die Vorschrift konkretisiert und verstärkt den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, indem sie der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers engere Grenzen setzt. Das Geschlecht darf grundsätzlich nicht zum Anknüpfungspunkt und zur Rechtfertigung für rechtliche Ungleichbehandlungen benachteiligender oder bevorzugender Art herangezogen werden. Das gilt auch dann, wenn eine Regelung nicht auf eine nach Art. 3 Abs. 3 GG verbotene Ungleichbehandlung ausgelegt ist, sondern in erster Linie - oder gänzlich - andere Ziele verfolgt. Wenn der Gesetzgeber eine Gruppe nach sachlichen Merkmalen bestimmt, die nicht in Art. 3 Abs. 3 GG genannt sind, so ist diese Regelung an Art. 3 Abs. 1 GG zu messen. Etwas anderes gilt, wenn der vom Gesetzgeber gewählte, durch Art. 3 Abs. 3 GG nicht verbotene sachliche Anknüpfungspunkt in der gesellschaftlichen Wirklichkeit weitgehend nur für eine Gruppe zutrifft oder die differenzierende Regelung sich weitgehend nur auf eine Gruppe im Sinne einer faktischen Benachteiligung auswirkt, deren Ungleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 3 GG strikt verboten ist (mittelbare Diskriminierung). Eine Anknüpfung an das Geschlecht kann deshalb auch dann vorliegen, wenn eine geschlechtsneutral formulierte Regelung überwiegend Frauen trifft und dies auf natürliche oder gesellschaftliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern zurückzuführen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.06.2008 - 2 BvL 6/07 -, BVerfGE 121, 241 - m.w.N.). Auch der im Bereich des Besoldungsrechts anerkannte weite Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers entbindet diesen nicht von der Beachtung des speziellen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 3 GG (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BVerfG, Beschluss vom 27.11.1997 - 1 BvL 12/91 -, BVerfGE 97, 35).
22 
2.2.1.2 Ausgehend von diesem Maßstab ist hier § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW dahingehend auszulegen, dass er der Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten auch dann nicht entgegensteht, wenn diese nicht im unmittelbaren Anschluss an sonst bei der Festsetzung der Erfahrungsstufen berücksichtigungsfähige Zeiten abgeleistet werden. Dabei ist die Norm des § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW geschlechtsneutral formuliert; dem Wortlaut nach findet die Vorschrift sowohl auf Kinderbetreuungszeiten durch Mütter als auch durch Väter Anwendung. Entscheidend ist jedoch die Frage, ob eine als solche geschlechtsneutral formulierte Regelung Frauen ohne hinreichenden verfassungsrechtlichen Grund benachteiligt. Dies wäre indes der Fall, wenn die Vorschrift entsprechend der Auffassung des Beklagten dahingehend ausgelegt wird, dass sie einen unmittelbaren Anschluss der Kindererziehungszeit an berücksichtigungsfähige Zeiten voraussetzt.
23 
Bei diesem Verständnis von § 31 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW werden mittelbar Frauen benachteiligt, da von der Möglichkeit der Elternzeit in überwiegendem Maße Frauen Gebrauch machen. Nach der auf dem Mikrozensus beruhenden Erkenntnis des Statistischen Bundesamtes nehmen Frauen wesentlich häufiger Elternzeit in Anspruch als Männer. Im Jahre 2015 waren 41,6 Prozent der Mütter, deren jüngstes Kind unter drei Jahren ist, in Elternzeit; bei den Vätern waren dies nur 2,5 Prozent. Diese Betrachtung fällt auch nicht wesentlich anders aus, wenn ältere Kinder in den Blick genommen werden. Im Jahr 2015 waren 24,1 Prozent der Frauen, deren jüngstes Kind unter sechs Jahren ist, in Elternzeit; für Männer galt dies nur für 1,5 Prozent. Auch wird die Elternzeit von Männern wesentlich kürzer als von Frauen in Anspruch genommen. So haben Väter in Baden-Württemberg im Jahre 2013 im Schnitt lediglich 2,7 Monate Elternzeit in Anspruch genommen, während Mütter dies für durchschnittlich 11,6 Monate taten (sämtliche statistischen Daten stammen aus dem Internetauftritt des Statistischen Bundesamtes „DESTATIS“ - Personen in Elternzeit). Der Präsident des Statistischen Bundesamtes hat hieraus in seiner Pressekonferenz am 30.07.2014 (im Internet zugänglich) folgenden Befund abgeleitet: „Nach wie vor sind also hauptsächlich Frauen für die Kinderbetreuung zuständig; sie schränken ihre Erwerbstätigkeit ein, sind häufiger alleinerziehend und machen eine längere Pause nach der Geburt. Diese Situation ist eine der Ursachen für die Verdienstunterschiede von Frauen und Männern“.
24 
Aus diesen statistischen Daten folgt, dass bundesweit erheblich mehr weibliche als männliche Beschäftigte Elternzeit in Anspruch nehmen. Daher reichen diese Feststellungen, wonach bundesweit erheblich mehr weibliche als männliche Beschäftigte Elternzeit in Anspruch nehmen, für die Annahme aus, dass nach dem ersten Anschein der Frauenanteil der betreffenden Beamten bzw. Beamtenanwärter weit überwiegt (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 25.03.2010 - 2 C 72.08 -, BVerwGE 136, 165).
25 
Daneben sprechen allgemeine Überlegungen dafür, dass es bei dem vom Beklagten befürworteten Normverständnis zu einer Benachteiligung von Frauen kommt. Wie oben dargestellt, wird gerade die Erziehungsleistung für Kleinkinder unter drei Jahren ganz überwiegend von Frauen erbracht. Da sich diese Betreuungszeit regelmäßig direkt an die Geburt des Kindes anschließt, ist ihr Beginn naturgemäß nur eingeschränkt planbar. Daher werden ganz überwiegend Frauen in die Lage kommen, dass sich die Erziehungszeit nicht direkt an eine an sich berücksichtigungsfähige Zeit anschließt. Diese Problematik zeigt sich im hier zu entscheidenden Fall in paradigmatischer Weise. So dauerte das letzte befristete Beschäftigungsverhältnis der Klägerin bei dem Universitätsklinikum F. bis zum 31.08.2007; die Geburt des ersten Kindes erfolgte am 04.09.2007. Bereits dieser zeitliche Ablauf verdeutlicht, dass die Parteien des Arbeitsvertrages eine Fortdauer des Arbeitsverhältnisses bis direkt zum Geburtszeitpunkt beabsichtigt haben; diese Erwartung ist lediglich durch die Zufälligkeit des Geburtstermins nicht eingetreten. Keiner abschließenden Klärung bedarf in diesem Zusammenhang, ob die Klägerin - wie von ihrem Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung angedeutet - nur aufgrund der Inanspruchnahme von Erziehungszeit keinen weiteren Zeitvertrag an der Universität F. angeboten bekommen hat.
26 
2.2.1.3 Die Vorschrift des § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW ist der hier vorgenommenen verfassungskonformen Auslegung zugänglich. Das Gebot verfassungskonformer Gesetzesauslegung verlangt von mehreren möglichen Normdeutungen, die teils zu einem verfassungswidrigen, teils zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führen, diejenige vorzuziehen, die mit dem Grundgesetz in Einklang steht. Eine Norm ist daher nur dann für verfassungswidrig zu erklären, wenn keine nach anerkannten Auslegungsgrundsätzen zulässige und mit der Verfassung zu vereinbarende Auslegung möglich ist. Lassen der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte, der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen und deren Sinn und Zweck mehrere Deutungen zu, von denen eine zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führt, so ist diese geboten. Auch im Wege der verfassungskonformen Interpretation darf aber der normative Gehalt einer Regelung nicht neu bestimmt werden. Die zur Vermeidung eines Nichtigkeitsausspruchs gefundene Interpretation muss daher eine nach den anerkannten Auslegungsgrundsätzen zulässige Auslegung sein. Die Grenzen verfassungskonformer Auslegung ergeben sich damit grundsätzlich aus dem ordnungsgemäßen Gebrauch der anerkannten Auslegungsmethoden. Der Respekt vor der gesetzgebenden Gewalt gebietet es dabei, in den Grenzen der Verfassung das Maximum dessen aufrecht zu erhalten, was der Gesetzgeber gewollt hat. Er erfordert mithin eine verfassungskonforme Auslegung der Norm, die durch den Wortlaut des Gesetzes gedeckt ist und die prinzipielle Zielsetzung des Gesetzgebers wahrt. Die Deutung darf nicht dazu führen, dass das gesetzgeberische Ziel in einem wesentlichen Punkt verfehlt oder verfälscht wird (ständige Rechtsprechung, vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.09.2007 - 2 BvF 3/02 -, BVerfGE 119, 247; BVerwG, Urteil vom 21.04.2016 - 2 C 13.15 -, juris). Das Gebot verfassungskonformer Auslegung nicht eindeutiger Regelungen in diesem Sinne gilt auch für das Besoldungsrecht. Nach wie vor kommt dem Wortlaut der besoldungsrechtlichen Regelung gesteigerte Bedeutung für die Auslegung zu. Namentlich im Besoldungsrecht drückt sich der Wille des Gesetzgebers regelmäßig widerspruchsfrei in der Sprache des Gesetzes aus. Erst wenn die manifestierte Zielsetzung des Gesetzgebers und der Buchstabe des Gesetzes nicht in Übereinstimmung zu bringen sind und das Gericht bei rein grammatikalischer Interpretation von der Verfassungswidrigkeit einer Vorschrift ausgeht, ist der Weg einer verfassungskonformen Auslegung eröffnet (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.09.2005 - 2 C 44.04 -, BVerwGE 124, 227).
27 
Eine an den Maßstäben des nationalen Verfassungsrechts orientierte Gesetzesauslegung gebietet hier, die Vorschrift des § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW dahingehend auszulegen, dass sie der Berücksichtigung von Kinderbetreuungszeiten auch dann nicht entgegensteht, wenn sie nicht in unmittelbarem Anschluss an berücksichtigungsfähige Zeiten abgeleistet werden. Der Wortlaut der Norm steht diesem Verständnis nicht entgegen, auch wenn er - wie oben unter 2.1. gezeigt - eher in die gegensätzliche Richtung weist. Auch zu dem verobjektivierten Willen des Gesetzgebers steht diese Auslegung nicht in Widerspruch. Die Begründung des Entwurfs des Gesetzes zur Reform des öffentlichen Dienstrechts (Dienstrechtsreformgesetz - DRG -) vom 20.07.2010 (LT-Drs. 14/6694) lässt nicht erkennen, dass der Gesetzgeber die hier in Rede stehende Fallgestaltung vorhergesehen hat. Der Gesetzesbegründung lässt sich jedenfalls nichts für das vom Beklagten vorgeschlagene Normverständnis entnehmen. Die von der Kammer vorgenommene Auslegung steht demgegenüber mit den normübergreifenden Vorstellungen des Gesetzgebers in Einklang. So wird in der Gesetzesbegründung zu § 32 LBesGBW darauf hingewiesen, Sinn der Regelung sei es, bei der Stufenzuordnung zum einen förderliche Vordienstzeiten und zum anderen familien- und gesellschaftspolitisch erwünschte Zeiten in angemessenem Umfang zu berücksichtigen (LT-Drs. 14/6694, S. 466). Gerade die vom Gesetzgeber hervorgehobene familienpolitische Zielsetzung der Anrechnung von Erziehungszeiten spricht dafür, § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW nicht zu eng auszulegen. Wie der vorliegende Fall exemplarisch zeigt, würden bei einem gegenteiligen Verständnis Zufälligkeiten darüber entscheiden, ob die vom Gesetzgeber grundsätzlich gewünschte, familienpolitisch motivierte Anrechnung von Betreuungszeiten im Einzelfall zum Tragen kommt.
28 
2.2.2 Die von der Kammer vorgenommene Auslegung von § 31 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW ist auch aus unionsrechtlichen Erwägungen geboten. Nach Art. 157 Abs. 1 AEUV stellt jeder Mitgliedstaat die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit sicher. Der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zufolge umfasst der Begriff des Entgelts in Sinne von Art. 157 Abs. 2 AEUV alle gegenwärtigen oder künftigen in bar oder in Sachleistung gewährten Vergütungen, vorausgesetzt, dass der Arbeitgeber sie dem Arbeitnehmer wenigstens mittelbar aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses gewährt (vgl. EuGH, Urteile vom 26.09.2013 - C-476/11 -, NVwZ 2013, 1401; und vom 21.01.2015 - C-529/13 -, NVwZ 2015, 798). Ausgehend hiervon ist nicht zweifelhaft, dass die Eingliederung in die Erfahrungsstufen entgeltrelevant im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist. Wie oben dargestellt, hängt von der Berücksichtigung der Erfahrungszeiten die Höhe des Entgelts des Beamten ab. Auch verbietet das europäische Unionsrecht - ebenso wie das nationale Verfassungsrecht - die mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. Gemäß Art. 2 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05.07.2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis bezeichnet der Ausdruck mittelbare Diskriminierung eine Situation, in der dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen des einen Geschlechts in besonderer Weise gegenüber Personen des anderen Geschlechts benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich.
29 
Auch europäisches Unionsrecht gebietet daher das hier vertretene Normverständnis von § 31 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW, um eine mittelbare Diskriminierung von Frauen zu vermeiden. Insoweit kann auf die Ausführungen unter 2.2.1.2 verwiesen werden. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hat ein nationales Gericht bei der Prüfung, ob eine Vorschrift erheblich mehr Frauen als Männer betrifft, die Gesamtheit der Beschäftigten zu berücksichtigen, für die die nationale Regelung gilt. Dabei besteht die beste Methode zur Auswertung der Statistiken darin, die Gruppe der männlichen mit jener der weiblichen Arbeitskräfte darauf hin zu vergleichen, wie hoch in jeder Gruppe der Anteil der von der Ungleichbehandlung Betroffenen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 06.12.2007 - C-300/06 -, juris). Indes kann auch hier dem ersten Anschein nach von einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts ausgegangen werden, wenn § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW nicht wie von der Kammer vorgeschlagen ausgelegt würde. Zwar liegen der Kammer keine statistischen Daten bezogen auf die Beamten des Landes Baden-Württemberg vor, die von § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW betroffen werden. Weitere Ermittlungen dahingehend waren hier jedoch nicht erfolgsversprechend und daher nicht geboten. Wie die Vertreterin des beklagten Landes in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, wird bei dem Landesamt bereits nicht statistisch erfasst, in welchem Verhältnis die Geschlechter Elternzeit in Anspruch nehmen. Erst recht sind bei dem Landesamt keine Erkenntnisse darüber vorhanden, in welchem Verhältnis sich die Vorschrift des § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW auf Männer und Frauen jeweils auswirkt. Vielmehr hat die Sitzungsvertreterin des beklagten Landes darauf hingewiesen, dass ihr ein vergleichbarer Sachverhalt nicht bekannt ist.
30 
Des Weitern liegt hier keine Fallgestaltung vor, in der eine mittelbare Benachteiligung aufgrund des Geschlechtes gerechtfertigt ist. Mittelbare Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts verstoßen dann nicht gegen Art. 157 AEUV, wenn die streitige Maßnahme durch objektive Faktoren gerechtfertigt ist, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben (vgl. EuGH, Urteile vom 30.03.2000 - C-236/98 -, Slg. 2000, I-2189; und vom 22.11.2012 - C-385/11 -, juris Rdnr. 32). Das ist der Fall, wenn die gewählten Mittel einem legitimen Ziel dienen und zur Erreichung dieses Ziel geeignet und erforderlich sind (vgl. EuGH, Urteile vom 09.02.1999 - C-167/97 -, Slg. 1999, I-623; und vom 22.11.2012 - C-385/11 -, juris Rdnr. 32). Gemessen hieran ist kein objektiver Grund ersichtlich, der die bei dem Normverständnis des Beklagten eintretende mittelbare Diskriminierung rechtfertigen könnte. Wie mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erörtert, sieht das beklagte Land die Rechtfertigung für das Erfordernis des direkten Anschlusses der Erziehungszeit an eine berücksichtigungsfähige Zeit darin, dass damit ein leicht handhabbares Kriterium für die Berücksichtigung von Erziehungszeiten eingeführt wird. Indes rechtfertigen Erwägungen der Praktikabilität des Verwaltungsvollzugs nicht eine mittelbare Diskriminierung. Dieses Normverständnis ist nicht erforderlich im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Erreichung des angestrebten Ziels. Auch in einer Fallgestaltung wie der hier vorliegenden, in der zwischen dem Beginn der Erziehungszeit und der berücksichtigungsfähigen Zeit eine geringfügige Lücke liegt, werden die vom Gesetzgeber mit der Anrechnung verfolgten Ziele erreicht.
31 
Nach alldem hat die Klage insoweit Erfolg, als die Klägerin eine Berücksichtigung der Erziehungszeit erstrebt.
32 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Gründe

 
12 
Die zulässige Klage hat im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zuerkennung weiterer Erfahrungszeiten zu; der versagende Bescheid des Landesamtes vom 04.05.2015 und dessen Widerspruchsbescheid vom 23.11.2015 sind in diesem Umfang rechtswidrig (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
13 
Nach § 31 Abs. 1 LBesGBW wird die Höhe des Grundgehalts in den Besoldungsgruppen der Landesbesoldungsordnung A nach Stufen bemessen. Das Aufsteigen in den Stufen bestimmt sich nach Zeiten mit dienstlicher Erfahrung (Erfahrungszeiten). Erfahrungszeiten sind Zeiten im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn. Das Aufsteigen in den Stufen beginnt nach § 31 Abs. 3 Satz 1 LBesGBW mit dem Anfangsgrundgehalt der jeweiligen Besoldungsgruppe mit Wirkung vom Ersten des Monats, in dem die erste Ernennung mit Anspruch auf Dienstbezüge bei dem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn wirksam wird. Der Zeitpunkt des Beginns wird um die zu diesem Zeitpunkt vorliegenden, nach § 32 Abs. 1 LBesGBW berücksichtigungsfähigen Zeiten vorverlegt (§ 31 Abs. 3 Satz 2 LBesGBW).
14 
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Klägerin einen Anspruch auf eine (weitere) Vorverlegung des Zeitpunkts des Beginns des Aufsteigens in den Stufen des Grundgehalts. Zwar steht ihr kein Anspruch auf Berücksichtigung weiterer Zeiten hauptberuflicher Tätigkeit zu, die nicht Voraussetzung für die Zulassung zur einschlägigen Laufbahn sind (1.). Indes hat die Klägerin einen Anspruch auf Berücksichtigung der Kinderbetreuungszeit vom 04.09.2007 bis zum 31.03.2011 (2.).
15 
1. Berücksichtigungsfähige Zeiten im Sinne von § 31 Abs. 3 Satz 2 LBesGBW nach dem hier allein in Betracht kommenden § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBesGBW sind sonstige Zeiten einer hauptberuflichen Tätigkeit, die nicht Voraussetzung für die Zulassung zur Laufbahn sind oder diese Voraussetzung ersetzen, soweit diese für die Verwendung des Beamten förderlich sind, sofern die hauptberufliche Tätigkeit mindestens a) auf der Qualifikationsebene eines Ausbildungsberufs und b) sechs Monate ohne Unterbrechung ausgeübt wurde. Die Entscheidung über die Anerkennung von förderlichen Zeiten trifft die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle (§ 32 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 LBesGBW), hier das für die Ernennung der Klägerin zuständige Regierungspräsidium Tübingen (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 BeamtZuVO i.V.m. §§ 1, 2 und 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ErnG), wobei dieser Entscheidung nur interne Bindungswirkung zukommt. Für den Erlass der Entscheidung gegenüber dem betroffenen Beamten ist nach § 31 Abs. 3 Satz 4 LBesGBW die bezügezahlende Stelle - hier das Landesamt - zuständig. Die Entscheidung über die Berücksichtigung von förderlichen Zeiten nach § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 LBesGBW steht nicht im Ermessen der zuständigen Behörde; auch ein Beurteilungsspielraum ist ihr insoweit nicht eingeräumt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.03.2014 - 4 S 2129/13 - juris; Beschluss vom 25.07.2016 - 4 S 604/16 - juris). Strukturgleich zu den oben dargestellten Vorschriften bestimmt § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBesGBW, dass Zeiten einer hauptberuflichen Tätigkeiten als Arbeitnehmer im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn oder im Dienst von öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften und ihren Verbänden, die nicht Voraussetzung für die Zulassung zur Laufbahn sind, berücksichtigungsfähig im Sinne von § 31 Abs. 3 Satz 2 LBesGBW sind.
16 
Gemessen hieran hat das Landesamt den Zeitpunkt des Beginns des Aufsteigens in den Stufen des Grundgehalts zu Recht nicht um die von der Klägerin geltend gemachten Tätigkeitszeiten vorverlegt. Die Zeiten ihrer hauptberuflichen Tätigkeit an der Universitätsklinik F. vom 01.07.2006 bis zum 31.08.2007, bei der S. E.-S. B. W. vom 01.04.2011 bis zum 31.08.2011 und schließlich in der schulpsychologischen Beratungsstelle des Staatlichen Schulamts B. vom 01.09.2011 bis zum 31.01.2013 sind nicht gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 LBesGBW berücksichtigungsfähig. Der Anrechnung dieser Zeiten einer hauptberuflichen Tätigkeit im öffentlichen Dienst bzw. bei einem sonstigen Arbeitgeber steht entgegen, dass die Berufsausübung in diesen Zeiten Voraussetzung für die Zulassung zu der von der Klägerin eingeschlagenen Laufbahn ist. Die Landeslaufbahnverordnung in der Fassung vom 28.08.1991 (LVO - GBl. 1991, Nr. 23, S. 586 f) regelt in § 33 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 12, dass als Psychologe in das Beamtenverhältnis auf Probe eingestellt werden kann, wer eine dreijährige Tätigkeit abgeleistet hat, die ihm die Eignung zur selbständigen Wahrnehmung eines Amtes seiner Laufbahn vermittelt. Gemäß Art. 62 § 1 Abs. 2 des Dienstrechtsreformgesetzes vom 09.11.2010 (GBl. 2010, Nr. 19, S. 984) gelten die §§ 33 bis 44 LVO in der alten Fassung bis zum 31.12.2014 fort. Da die Klägerin am 07.07.2014 in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen wurde, finden die oben zitierten Vorschriften Anwendung. Dies hat das Regierungspräsidium in seiner Stellungnahme vom 23.04.2015 an das Landesamt zutreffend im Einzelnen näher dargelegt. Substantiierte Einwendungen hiergegen hat die Klägerin nicht erhoben.
17 
2. Der Klägerin steht entgegen der Auffassung des beklagten Landes ein Anspruch auf Berücksichtigung der Betreuungszeit für ihr erstes und zweites Kind vom 04.09.2007 bis zum 31.03.2011 zu. Dabei bestimmt § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW, dass Zeiten nach Satz 1 der Bestimmung durch Unterbrechungszeiten nach Absatz 2 nicht vermindert werden; gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 2 LBesGBW wird abweichend von § 31 Abs. 2 Satz 2 LBesGBW der Aufstieg in den Stufen insbesondere nicht durch Zeiten einer Kinderbetreuung bis zu drei Jahren für jedes Kind verzögert. Diese Vorschriften sind hier dahingehend auszulegen, dass sie der Anerkennung der von der Klägerin vor dem Eintritt in das Beamtenverhältnis abgeleisteten Kindererziehungszeiten nicht entgegenstehen. Zwar deuten - worauf das Landesamt zutreffend hinweist - der Wortlaut von § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW und dessen systematische Stellung auf einen gegenteiligen Befund (2.1). Eine verfassungs- und unionsrechtskonforme Auslegung der Vorschrift gebietet jedoch das hier vertretene Normverständnis (2.2).
18 
2.1 Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landesamt in seinem Widerspruchsbescheid am 23.11.2015 dargestellt, dass die Bestimmungen des Baden-Württembergischen Landesbesoldungsgesetzes keine generelle Berücksichtigung von Kinderbetreuungszeiten vor dem Eintritt in das Beamtenverhältnis vorsehen. Im Ausgangspunkt bestimmt § 31 Abs. 2 Satz 2 LBesGBW, dass nach Eintritt in das Beamtenverhältnis Zeiten ohne Anspruch auf Grundgehalt den Stufenaufstieg um diese Zeiten verzögern, soweit nicht in § 32 Abs. 2 LBesGBW anderes geregelt ist. Gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 2 LBesGBW werden bei einem aktiven Beamten oder einer aktiven Beamtin Kinderbetreuungszeiten bis zu drei Jahren für jedes Kind anerkannt und verzögern damit den Aufstieg in den Erfahrungsstufen nicht. Diesen Grundgedanken überträgt § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW auf vor Eintritt in das Beamtenverhältnis geleistete, berücksichtigungsfähige Zeiten nach § 32 Abs. 1 LBesGBW und bestimmt, dass Zeiten nach Satz 1 durch Unterbrechungszeiten nach Absatz 2 nicht vermindert werden. Bereits der Wortlaut von § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW und insbesondere die dort verwendete Formulierung „Unterbrechungszeiten“ spricht bei einem ersten Zugriff dafür, dass eine Berücksichtigung dieser Zeiten einen unmittelbaren Anschluss an berücksichtigungsfähige Tätigkeiten im Sinne von Absatz 1 Satz 1 der Bestimmung voraussetzt. Denn unter einer „Unterbrechung“ wird nach allgemeinen Sprachgebrauch „eine kurzzeitige Aussetzung einer Handlung, um diese später wieder aufzunehmen“ verstanden (vgl. die Definition des Begriffs „Unterbrechung“ bei Wiktionary, dem freien Wörterbuch). Hierauf deutet auch der systematische Zusammenhang von § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW zu § 31 Abs. 2 Satz 2 2. HS dieses Gesetzes. § 32 Abs. 1 Satz 3 stellt bei systematischer Betrachtung eine Parallelbestimmung zu § 31 Abs. 2 Satz 2 2. HS LBesGBW dar und überträgt den dort normierten Rechtsgedanken auf Zeiten, die nach § 32 Abs. 1 LBesGBW außerhalb eines Beamtenverhältnisses berücksichtigungsfähig sind.
19 
2.2 Höherrangiges Recht gebietet jedoch eine Auslegung von § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW dahingehend, dass Zeiten einer Kinderbetreuung auch dann den Aufstieg in den Erfahrungsstufen nicht verzögern, wenn die Kinderbetreuungszeit nicht in unmittelbarem Anschluss an eine hauptberufliche Tätigkeit im öffentlichen Dienst oder an eine sonstige berücksichtigungsfähige Zeit im Sinne von § 32 Abs. 1 LBesGBW abgeleistet wird. Dieses Verständnis ist sowohl durch Verfassungsrecht (2.2.1) als auch durch Unionsrecht (2.2.2) zwingend vorgegeben.
20 
2.2.1 Die von der Kammer vorgenommene Auslegung von § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW ist erforderlich, um in der gegenständlichen Fallgestaltung einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG zu vermeiden.
21 
2.2.1.1 Nach Art. 3 Abs. 3 GG darf niemand wegen seines Geschlechts benachteiligt oder bevorzugt werden. Die Vorschrift konkretisiert und verstärkt den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, indem sie der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers engere Grenzen setzt. Das Geschlecht darf grundsätzlich nicht zum Anknüpfungspunkt und zur Rechtfertigung für rechtliche Ungleichbehandlungen benachteiligender oder bevorzugender Art herangezogen werden. Das gilt auch dann, wenn eine Regelung nicht auf eine nach Art. 3 Abs. 3 GG verbotene Ungleichbehandlung ausgelegt ist, sondern in erster Linie - oder gänzlich - andere Ziele verfolgt. Wenn der Gesetzgeber eine Gruppe nach sachlichen Merkmalen bestimmt, die nicht in Art. 3 Abs. 3 GG genannt sind, so ist diese Regelung an Art. 3 Abs. 1 GG zu messen. Etwas anderes gilt, wenn der vom Gesetzgeber gewählte, durch Art. 3 Abs. 3 GG nicht verbotene sachliche Anknüpfungspunkt in der gesellschaftlichen Wirklichkeit weitgehend nur für eine Gruppe zutrifft oder die differenzierende Regelung sich weitgehend nur auf eine Gruppe im Sinne einer faktischen Benachteiligung auswirkt, deren Ungleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 3 GG strikt verboten ist (mittelbare Diskriminierung). Eine Anknüpfung an das Geschlecht kann deshalb auch dann vorliegen, wenn eine geschlechtsneutral formulierte Regelung überwiegend Frauen trifft und dies auf natürliche oder gesellschaftliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern zurückzuführen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.06.2008 - 2 BvL 6/07 -, BVerfGE 121, 241 - m.w.N.). Auch der im Bereich des Besoldungsrechts anerkannte weite Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers entbindet diesen nicht von der Beachtung des speziellen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 3 GG (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BVerfG, Beschluss vom 27.11.1997 - 1 BvL 12/91 -, BVerfGE 97, 35).
22 
2.2.1.2 Ausgehend von diesem Maßstab ist hier § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW dahingehend auszulegen, dass er der Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten auch dann nicht entgegensteht, wenn diese nicht im unmittelbaren Anschluss an sonst bei der Festsetzung der Erfahrungsstufen berücksichtigungsfähige Zeiten abgeleistet werden. Dabei ist die Norm des § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW geschlechtsneutral formuliert; dem Wortlaut nach findet die Vorschrift sowohl auf Kinderbetreuungszeiten durch Mütter als auch durch Väter Anwendung. Entscheidend ist jedoch die Frage, ob eine als solche geschlechtsneutral formulierte Regelung Frauen ohne hinreichenden verfassungsrechtlichen Grund benachteiligt. Dies wäre indes der Fall, wenn die Vorschrift entsprechend der Auffassung des Beklagten dahingehend ausgelegt wird, dass sie einen unmittelbaren Anschluss der Kindererziehungszeit an berücksichtigungsfähige Zeiten voraussetzt.
23 
Bei diesem Verständnis von § 31 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW werden mittelbar Frauen benachteiligt, da von der Möglichkeit der Elternzeit in überwiegendem Maße Frauen Gebrauch machen. Nach der auf dem Mikrozensus beruhenden Erkenntnis des Statistischen Bundesamtes nehmen Frauen wesentlich häufiger Elternzeit in Anspruch als Männer. Im Jahre 2015 waren 41,6 Prozent der Mütter, deren jüngstes Kind unter drei Jahren ist, in Elternzeit; bei den Vätern waren dies nur 2,5 Prozent. Diese Betrachtung fällt auch nicht wesentlich anders aus, wenn ältere Kinder in den Blick genommen werden. Im Jahr 2015 waren 24,1 Prozent der Frauen, deren jüngstes Kind unter sechs Jahren ist, in Elternzeit; für Männer galt dies nur für 1,5 Prozent. Auch wird die Elternzeit von Männern wesentlich kürzer als von Frauen in Anspruch genommen. So haben Väter in Baden-Württemberg im Jahre 2013 im Schnitt lediglich 2,7 Monate Elternzeit in Anspruch genommen, während Mütter dies für durchschnittlich 11,6 Monate taten (sämtliche statistischen Daten stammen aus dem Internetauftritt des Statistischen Bundesamtes „DESTATIS“ - Personen in Elternzeit). Der Präsident des Statistischen Bundesamtes hat hieraus in seiner Pressekonferenz am 30.07.2014 (im Internet zugänglich) folgenden Befund abgeleitet: „Nach wie vor sind also hauptsächlich Frauen für die Kinderbetreuung zuständig; sie schränken ihre Erwerbstätigkeit ein, sind häufiger alleinerziehend und machen eine längere Pause nach der Geburt. Diese Situation ist eine der Ursachen für die Verdienstunterschiede von Frauen und Männern“.
24 
Aus diesen statistischen Daten folgt, dass bundesweit erheblich mehr weibliche als männliche Beschäftigte Elternzeit in Anspruch nehmen. Daher reichen diese Feststellungen, wonach bundesweit erheblich mehr weibliche als männliche Beschäftigte Elternzeit in Anspruch nehmen, für die Annahme aus, dass nach dem ersten Anschein der Frauenanteil der betreffenden Beamten bzw. Beamtenanwärter weit überwiegt (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 25.03.2010 - 2 C 72.08 -, BVerwGE 136, 165).
25 
Daneben sprechen allgemeine Überlegungen dafür, dass es bei dem vom Beklagten befürworteten Normverständnis zu einer Benachteiligung von Frauen kommt. Wie oben dargestellt, wird gerade die Erziehungsleistung für Kleinkinder unter drei Jahren ganz überwiegend von Frauen erbracht. Da sich diese Betreuungszeit regelmäßig direkt an die Geburt des Kindes anschließt, ist ihr Beginn naturgemäß nur eingeschränkt planbar. Daher werden ganz überwiegend Frauen in die Lage kommen, dass sich die Erziehungszeit nicht direkt an eine an sich berücksichtigungsfähige Zeit anschließt. Diese Problematik zeigt sich im hier zu entscheidenden Fall in paradigmatischer Weise. So dauerte das letzte befristete Beschäftigungsverhältnis der Klägerin bei dem Universitätsklinikum F. bis zum 31.08.2007; die Geburt des ersten Kindes erfolgte am 04.09.2007. Bereits dieser zeitliche Ablauf verdeutlicht, dass die Parteien des Arbeitsvertrages eine Fortdauer des Arbeitsverhältnisses bis direkt zum Geburtszeitpunkt beabsichtigt haben; diese Erwartung ist lediglich durch die Zufälligkeit des Geburtstermins nicht eingetreten. Keiner abschließenden Klärung bedarf in diesem Zusammenhang, ob die Klägerin - wie von ihrem Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung angedeutet - nur aufgrund der Inanspruchnahme von Erziehungszeit keinen weiteren Zeitvertrag an der Universität F. angeboten bekommen hat.
26 
2.2.1.3 Die Vorschrift des § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW ist der hier vorgenommenen verfassungskonformen Auslegung zugänglich. Das Gebot verfassungskonformer Gesetzesauslegung verlangt von mehreren möglichen Normdeutungen, die teils zu einem verfassungswidrigen, teils zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führen, diejenige vorzuziehen, die mit dem Grundgesetz in Einklang steht. Eine Norm ist daher nur dann für verfassungswidrig zu erklären, wenn keine nach anerkannten Auslegungsgrundsätzen zulässige und mit der Verfassung zu vereinbarende Auslegung möglich ist. Lassen der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte, der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen und deren Sinn und Zweck mehrere Deutungen zu, von denen eine zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führt, so ist diese geboten. Auch im Wege der verfassungskonformen Interpretation darf aber der normative Gehalt einer Regelung nicht neu bestimmt werden. Die zur Vermeidung eines Nichtigkeitsausspruchs gefundene Interpretation muss daher eine nach den anerkannten Auslegungsgrundsätzen zulässige Auslegung sein. Die Grenzen verfassungskonformer Auslegung ergeben sich damit grundsätzlich aus dem ordnungsgemäßen Gebrauch der anerkannten Auslegungsmethoden. Der Respekt vor der gesetzgebenden Gewalt gebietet es dabei, in den Grenzen der Verfassung das Maximum dessen aufrecht zu erhalten, was der Gesetzgeber gewollt hat. Er erfordert mithin eine verfassungskonforme Auslegung der Norm, die durch den Wortlaut des Gesetzes gedeckt ist und die prinzipielle Zielsetzung des Gesetzgebers wahrt. Die Deutung darf nicht dazu führen, dass das gesetzgeberische Ziel in einem wesentlichen Punkt verfehlt oder verfälscht wird (ständige Rechtsprechung, vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.09.2007 - 2 BvF 3/02 -, BVerfGE 119, 247; BVerwG, Urteil vom 21.04.2016 - 2 C 13.15 -, juris). Das Gebot verfassungskonformer Auslegung nicht eindeutiger Regelungen in diesem Sinne gilt auch für das Besoldungsrecht. Nach wie vor kommt dem Wortlaut der besoldungsrechtlichen Regelung gesteigerte Bedeutung für die Auslegung zu. Namentlich im Besoldungsrecht drückt sich der Wille des Gesetzgebers regelmäßig widerspruchsfrei in der Sprache des Gesetzes aus. Erst wenn die manifestierte Zielsetzung des Gesetzgebers und der Buchstabe des Gesetzes nicht in Übereinstimmung zu bringen sind und das Gericht bei rein grammatikalischer Interpretation von der Verfassungswidrigkeit einer Vorschrift ausgeht, ist der Weg einer verfassungskonformen Auslegung eröffnet (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.09.2005 - 2 C 44.04 -, BVerwGE 124, 227).
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Eine an den Maßstäben des nationalen Verfassungsrechts orientierte Gesetzesauslegung gebietet hier, die Vorschrift des § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW dahingehend auszulegen, dass sie der Berücksichtigung von Kinderbetreuungszeiten auch dann nicht entgegensteht, wenn sie nicht in unmittelbarem Anschluss an berücksichtigungsfähige Zeiten abgeleistet werden. Der Wortlaut der Norm steht diesem Verständnis nicht entgegen, auch wenn er - wie oben unter 2.1. gezeigt - eher in die gegensätzliche Richtung weist. Auch zu dem verobjektivierten Willen des Gesetzgebers steht diese Auslegung nicht in Widerspruch. Die Begründung des Entwurfs des Gesetzes zur Reform des öffentlichen Dienstrechts (Dienstrechtsreformgesetz - DRG -) vom 20.07.2010 (LT-Drs. 14/6694) lässt nicht erkennen, dass der Gesetzgeber die hier in Rede stehende Fallgestaltung vorhergesehen hat. Der Gesetzesbegründung lässt sich jedenfalls nichts für das vom Beklagten vorgeschlagene Normverständnis entnehmen. Die von der Kammer vorgenommene Auslegung steht demgegenüber mit den normübergreifenden Vorstellungen des Gesetzgebers in Einklang. So wird in der Gesetzesbegründung zu § 32 LBesGBW darauf hingewiesen, Sinn der Regelung sei es, bei der Stufenzuordnung zum einen förderliche Vordienstzeiten und zum anderen familien- und gesellschaftspolitisch erwünschte Zeiten in angemessenem Umfang zu berücksichtigen (LT-Drs. 14/6694, S. 466). Gerade die vom Gesetzgeber hervorgehobene familienpolitische Zielsetzung der Anrechnung von Erziehungszeiten spricht dafür, § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW nicht zu eng auszulegen. Wie der vorliegende Fall exemplarisch zeigt, würden bei einem gegenteiligen Verständnis Zufälligkeiten darüber entscheiden, ob die vom Gesetzgeber grundsätzlich gewünschte, familienpolitisch motivierte Anrechnung von Betreuungszeiten im Einzelfall zum Tragen kommt.
28 
2.2.2 Die von der Kammer vorgenommene Auslegung von § 31 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW ist auch aus unionsrechtlichen Erwägungen geboten. Nach Art. 157 Abs. 1 AEUV stellt jeder Mitgliedstaat die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit sicher. Der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zufolge umfasst der Begriff des Entgelts in Sinne von Art. 157 Abs. 2 AEUV alle gegenwärtigen oder künftigen in bar oder in Sachleistung gewährten Vergütungen, vorausgesetzt, dass der Arbeitgeber sie dem Arbeitnehmer wenigstens mittelbar aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses gewährt (vgl. EuGH, Urteile vom 26.09.2013 - C-476/11 -, NVwZ 2013, 1401; und vom 21.01.2015 - C-529/13 -, NVwZ 2015, 798). Ausgehend hiervon ist nicht zweifelhaft, dass die Eingliederung in die Erfahrungsstufen entgeltrelevant im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist. Wie oben dargestellt, hängt von der Berücksichtigung der Erfahrungszeiten die Höhe des Entgelts des Beamten ab. Auch verbietet das europäische Unionsrecht - ebenso wie das nationale Verfassungsrecht - die mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. Gemäß Art. 2 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05.07.2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis bezeichnet der Ausdruck mittelbare Diskriminierung eine Situation, in der dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen des einen Geschlechts in besonderer Weise gegenüber Personen des anderen Geschlechts benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich.
29 
Auch europäisches Unionsrecht gebietet daher das hier vertretene Normverständnis von § 31 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW, um eine mittelbare Diskriminierung von Frauen zu vermeiden. Insoweit kann auf die Ausführungen unter 2.2.1.2 verwiesen werden. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hat ein nationales Gericht bei der Prüfung, ob eine Vorschrift erheblich mehr Frauen als Männer betrifft, die Gesamtheit der Beschäftigten zu berücksichtigen, für die die nationale Regelung gilt. Dabei besteht die beste Methode zur Auswertung der Statistiken darin, die Gruppe der männlichen mit jener der weiblichen Arbeitskräfte darauf hin zu vergleichen, wie hoch in jeder Gruppe der Anteil der von der Ungleichbehandlung Betroffenen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 06.12.2007 - C-300/06 -, juris). Indes kann auch hier dem ersten Anschein nach von einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts ausgegangen werden, wenn § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW nicht wie von der Kammer vorgeschlagen ausgelegt würde. Zwar liegen der Kammer keine statistischen Daten bezogen auf die Beamten des Landes Baden-Württemberg vor, die von § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW betroffen werden. Weitere Ermittlungen dahingehend waren hier jedoch nicht erfolgsversprechend und daher nicht geboten. Wie die Vertreterin des beklagten Landes in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, wird bei dem Landesamt bereits nicht statistisch erfasst, in welchem Verhältnis die Geschlechter Elternzeit in Anspruch nehmen. Erst recht sind bei dem Landesamt keine Erkenntnisse darüber vorhanden, in welchem Verhältnis sich die Vorschrift des § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW auf Männer und Frauen jeweils auswirkt. Vielmehr hat die Sitzungsvertreterin des beklagten Landes darauf hingewiesen, dass ihr ein vergleichbarer Sachverhalt nicht bekannt ist.
30 
Des Weitern liegt hier keine Fallgestaltung vor, in der eine mittelbare Benachteiligung aufgrund des Geschlechtes gerechtfertigt ist. Mittelbare Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts verstoßen dann nicht gegen Art. 157 AEUV, wenn die streitige Maßnahme durch objektive Faktoren gerechtfertigt ist, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben (vgl. EuGH, Urteile vom 30.03.2000 - C-236/98 -, Slg. 2000, I-2189; und vom 22.11.2012 - C-385/11 -, juris Rdnr. 32). Das ist der Fall, wenn die gewählten Mittel einem legitimen Ziel dienen und zur Erreichung dieses Ziel geeignet und erforderlich sind (vgl. EuGH, Urteile vom 09.02.1999 - C-167/97 -, Slg. 1999, I-623; und vom 22.11.2012 - C-385/11 -, juris Rdnr. 32). Gemessen hieran ist kein objektiver Grund ersichtlich, der die bei dem Normverständnis des Beklagten eintretende mittelbare Diskriminierung rechtfertigen könnte. Wie mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erörtert, sieht das beklagte Land die Rechtfertigung für das Erfordernis des direkten Anschlusses der Erziehungszeit an eine berücksichtigungsfähige Zeit darin, dass damit ein leicht handhabbares Kriterium für die Berücksichtigung von Erziehungszeiten eingeführt wird. Indes rechtfertigen Erwägungen der Praktikabilität des Verwaltungsvollzugs nicht eine mittelbare Diskriminierung. Dieses Normverständnis ist nicht erforderlich im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Erreichung des angestrebten Ziels. Auch in einer Fallgestaltung wie der hier vorliegenden, in der zwischen dem Beginn der Erziehungszeit und der berücksichtigungsfähigen Zeit eine geringfügige Lücke liegt, werden die vom Gesetzgeber mit der Anrechnung verfolgten Ziele erreicht.
31 
Nach alldem hat die Klage insoweit Erfolg, als die Klägerin eine Berücksichtigung der Erziehungszeit erstrebt.
32 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

1. § 17 Satz 1 des Gesetzes über den Hamburgischen Versorgungsfonds - Anstalt öffentlichen Rechts - (HVFG) vom 21. November 2006 (Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt I Seite 557) ist mit Artikel 3 Absatz 1 und 2 des Grundgesetzes unvereinbar.

2. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, spätestens bis zum 31. Dezember 2010 eine Neuregelung zu treffen.

Gründe

A.

1

Das konkrete Normenkontrollverfahren betrifft die Frage, inwieweit der Landesgesetzgeber zwischen verschiedenen Arbeitnehmergruppen differenzieren darf, wenn er bestimmten Arbeitnehmern, die im Bereich des öffentlichen Dienstes beschäftigt waren, für den Fall der Privatisierung ihres Arbeitgebers einen Anspruch auf Rückkehr in ein Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst gewährt und anderen Arbeitnehmern nicht.

I.

2

1. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Klägerin) ist seit dem 22. Juni 1987 als Reinigungskraft im Allgemeinen Krankenhaus Altona tätig. Der damals bestehende städtische Landesbetrieb Krankenhäuser (LBK) war rechtlich nicht verselbständigt. Das Arbeitsverhältnis bestand daher unmittelbar mit der Freien und Hansestadt Hamburg.

3

2. Aufgrund § 17 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Errichtung der Anstalt Landesbetrieb Krankenhäuser vom 11. April 1995 (LBKHG - HmbGVBl I S. 77) gingen die Arbeitsverhältnisse der in den städtischen Krankenhäusern tätigen Arbeitnehmer auf den Landesbetrieb Krankenhäuser Hamburg (LBK Hamburg), eine rechtsfähige Anstalt öffentlichen Rechts, über. Träger des LBK Hamburg war gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 LBKHG die Stadt. § 17 Abs. 2 LBKHG lautete:

4

Die Freie und Hansestadt Hamburg ist verpflichtet, für den Fall der Überführung der Anstalt in eine andere Trägerschaft dafür Sorge zu tragen, dass die Beschäftigten, die zum Stichtag des Übergangs auf den LBK Hamburg bei den Landesbetrieben beschäftigt waren, von dem neuen Träger unter Wahrung ihres Besitzstandes übernommen werden.Die Freie und Hansestadt Hamburg ist außerdem verpflichtet, im Falle einer Überführung der gesamten Anstalt in eine andere Trägerschaft ohne Mehrheitsbeteiligung der Freien und Hansestadt Hamburg diese Mitarbeiter auf deren Wunsch unter Wahrung der bei der Anstalt erreichten Lohn- und Vergütungsgruppe und Beschäftigungszeit wieder in den Diensten der Freien und Hansestadt Hamburg zu beschäftigen.Im Falle der Überführung einzelner Krankenhäuser oder anderer Einrichtungen des LBK Hamburg oder Teilen von ihnen in eine andere Trägerschaft ohne Mehrheitsbeteiligung des LBK Hamburg ist der LBK Hamburg verpflichtet, den Beschäftigten, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes als Arbeitnehmer oder Beamte beim LBK … beschäftigt gewesen sind, unter Wahrung der beim LBK Hamburg erreichten Lohn- und Vergütungsgruppe sowie Beschäftigungszeit den Verbleib in der Anstalt zu ermöglichen.

5

3. Ab dem 1. Januar 2000 beauftragte der LBK Hamburg die C ... GmbH mit der Durchführung der Reinigungsarbeiten in den Krankenhäusern. Die Arbeitsverhältnisse der im Reinigungsbereich tätigen Arbeitnehmer gingen aufgrund eines Betriebsteilübergangs gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die C... GmbH über. Auch die Klägerin wurde fortan von diesem Unternehmen, einer hundertprozentigen Tochter des LBK Hamburg, beschäftigt.

6

4. Mit dem Gesetz zur Errichtung der Betriebsanstalt LBK Hamburg (LBKBetriebG), das als Art. 1 des Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse des Landesbetriebs Krankenhäuser Hamburg - Anstalt öffentlichen Rechts - vom 17. Dezember 2004 (HmbGVBl I S. 487) in Kraft getreten ist, wurde mit Wirkung zum 1. Januar 2005 die Betriebsanstalt "LBK Hamburg - Anstalt öffentlichen Rechts" (Betriebsanstalt LBK Hamburg) errichtet. Zugleich wurde das LBKHG durch Art. 3 Ziffer 1 des Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse des Landesbetriebs Krankenhäuser Hamburg - Anstalt öffentlichen Rechts - vom 17. Dezember 2004 in "Gesetz zur Errichtung der Anstalt Landesbetrieb Krankenhäuser Hamburg Immobilien Anstalt öffentlichen Rechts (LBK-Immobilien Gesetz)" umbenannt, und dementsprechend wurde der bisherige LBK Hamburg gemäß Art. 3 Ziffer 2 des Neuregelungsgesetzes in LBK-Immobilien umbenannt. Bei der nunmehr neben der neu errichteten Betriebsanstalt LBK Hamburg bestehenden, nur noch als Besitzanstalt fungierenden LBK-Immobilien verblieben nur vier Personalstellen. Der Betrieb der Krankenhäuser wurde auf die Betriebsanstalt LBK Hamburg übertragen, deren Träger der LBK-Immobilien war (§ 1 Abs. 1 Satz 4 LBKBetriebG).

7

Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 LBKBetriebG gingen die Arbeitsverhältnisse der bisher beim ("alten") LBK Hamburg beschäftigten Arbeitnehmer mit Wirkung zum 1. Januar 2005 auf die Betriebsanstalt LBK Hamburg (den "neuen" LBK Hamburg) über. In § 14 Abs. 1 Satz 2 LBKBetriebG war geregelt, dass § 613a Absätze 1, 2 und 4 bis 6 BGB entsprechend gelten sollten. Die betroffenen Arbeitnehmer wurden darauf hingewiesen, dass sie dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse auf die Betriebsanstalt LBK Hamburg widersprechen könnten.

8

Mit der Verordnung zur Umwandlung der Betriebsanstalt LBK Hamburg in eine Kapitalgesellschaft vom 4. Januar 2005 (HmbGVBl I S. 4) wurde die Betriebsanstalt LBK Hamburg, bisher Anstalt öffentlichen Rechts mit dem LBK-Immobilien als ihrem Träger, sodann in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung umgewandelt, deren Mehrheitsgesellschafterin die Besitzanstalt LBK-Immobilien war. Nach § 2 Abs. 1 dieser Verordnung blieben die Rechte und Pflichten der Beschäftigten aus den bestehenden Arbeitsverträgen durch den Formwechsel unberührt.

9

Damit wurde der Großteil der bereits 1995 von der Stadt auf den LBK Hamburg übergeleiteten und dort ununterbrochen beschäftigten Arbeitnehmer zum Jahreswechsel 2004/2005 mit der Betriebsanstalt LBK Hamburg ausgegliedert, um das Arbeitsverhältnis anschließend nach der Umwandlung der Betriebsanstalt mit der neu gegründeten LBK Hamburg GmbH fortzusetzen. Mehrheitsgesellschafter der LBK Hamburg GmbH blieb vorerst die öffentliche Hand in Gestalt der Besitzanstalt LBK-Immobilien, deren Träger die Stadt war. Ziel der Umstrukturierung war aber, die Betriebsgesellschaft nach dem Formwechsel "durch Aufnahme des strategischen Partners" teilweise zu privatisieren (Bürgerschafts-Drucks 18/849, S. 11).

10

Der früheren Regelung zum Rückkehrrecht der Arbeitnehmer in § 17 Abs. 2 LBKHG entsprach nunmehr § 15 Abs. 2 LBK-Immobilien Gesetz (vgl. Art. 3 Ziffer 15 des Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse des Landesbetriebs Krankenhäuser Hamburg - Anstalt öffentlichen Rechts - vom 17. Dezember 2004 ). Ergänzend wurde in Abs. 3 des § 15 LBK-Immobilien Gesetzes geregelt, dass das Rückkehrrecht auch dann besteht, wenn die neu errichtete Anstalt öffentlichen Rechts in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt worden ist und der LBK-Immobilien seine Beteiligung an der Kapitalgesellschaft mehrheitlich veräußert.

11

5. Die Mehrheit der Anteile an der LBK Hamburg GmbH (74,9 %) ging am 1. Januar 2007 von der Stadt auf die A ... GmbH (im Folgenden: A ... GmbH) über. Zuvor war das LBK-Immobilien Gesetz durch Art. 1 Ziffer 1 des Gesetzes zur Änderung des LBK-Immobilien Gesetzes vom 21. November 2006 (HmbGVBl I S. 557) in "Gesetz über den Hamburgischen Versorgungsfonds - Anstalt öffentlichen Rechts - (HVFG)" umbenannt worden. Dementsprechend wurde der LBK-Immobilen in Hamburgischer Versorgungsfonds (HVF) umbenannt (§ 1 Abs. 1 Satz 1 HVFG in der Fassung des Art. 1 Ziffer 2 des Gesetzes zur Änderung des LBK-Immobilien Gesetzes vom 21. November 2006).

12

In § 17 HVFG wurde das Rückkehrrecht nunmehr wie folgt geregelt:

13

Veräußert der HVF seine Beteiligung an der LBK Hamburg GmbH mehrheitlich, so ist die Freie und Hansestadt Hamburg verpflichtet, diejenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der LBK Hamburg GmbH, die bereits im Zeitpunkt der Errichtung der LBK Hamburg - Anstalt öffentlichen Rechts - dort beschäftigt waren, auf deren Wunsch unter Wahrung der beim LBK Hamburg erreichten Lohn- und Vergütungsgruppe und Beschäftigungszeit wieder in den Diensten der Freien und Hansestadt Hamburg zu beschäftigen. Maßgeblicher Veräußerungszeitpunkt ist der Zeitpunkt des dinglichen Übergangs der Anteilsmehrheit. In diesem Fall hat die Leitung der LBK Hamburg GmbH alle betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von ihrem Recht nach Satz 1 schriftlich zu unterrichten. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können innerhalb von sechs Monaten nach Eingang der Mitteilung der Geschäftsleitung schriftlich mitteilen, dass sie von ihrem Recht Gebrauch machen. Die Überführung der Arbeitsverhältnisse in den Dienst der Freien und Hansestadt Hamburg soll dann binnen eines weiteren Jahres erfolgen. …

14

In der Gesetzesbegründung heißt es dazu (Bürgerschafts-Drucks 18/4930, S. 14):

15

Die Regelung über das Rückkehrrecht von bestimmten Beschäftigten der LBK Hamburg GmbH in den Dienst der Freien und Hansestadt Hamburg findet sich an dieser Stelle, weil der HVF die Anteile an der LBK Hamburg GmbH für die Stadt hält. Nur die Übertragung einer Mehrheit von Anteilen an der LBK Hamburg GmbH kann das Rückkehrrecht auslösen. Der Übergang der Anteilsmehrheit an der LBK Hamburg GmbH ist für den 1. Januar 2007 vorgesehen. Zur Verdeutlichung ist klargestellt, dass entsprechend der Regelung im LBKHG vom 11. April 1995 (HmbGVBl. S. 77), zuletzt geändert durch das Dritte Gesetz zur Änderung des LBK Hamburg Gesetzes vom 17. Dezember 2004 (HmbGVBl. S. 487) dieses Rückkehrrecht nur für die Beschäftigten der LBK Hamburg GmbH gilt, die bereits bei der Errichtung des Landesbetriebs Krankenhäuser Hamburg - Anstalt öffentlichen Rechts - dort beschäftigt waren und deren Beschäftigungsverhältnis bei der LBK Hamburg GmbH seitdem noch immer besteht.

16

Mit der Übertragung der Anteilsmehrheit auf die A ... GmbH waren die Voraussetzungen eines Rückkehrrechts nach § 17 HVFG für die in dieser Vorschrift bezeichnete Gruppe von Arbeitnehmern der LBK Hamburg GmbH zum 1. Januar 2007 erfüllt. Das von der Klägerin unter Hinweis auf ihre Zugehörigkeit zu dieser Gruppe ausgeübte Rückkehrrecht lehnte die Stadt mit der Begründung ab, die Klägerin sei nicht Arbeitnehmerin der LBK Hamburg GmbH, sondern der rechtlich selbständigen C ... GmbH.

II.

17

1. Die Klägerin erhob daraufhin vor dem Arbeitsgericht Klage gegen die Stadt und beantragte "festzustellen, dass ihr ein Rückkehrrecht zur Stadt nach § 17 S. 1 bis 5 HVFG zusteht".

18

Sie vertrat die Auffassung, dass die Vorschrift nach ihrem Sinn und Zweck auch auf die Arbeitnehmer Anwendung finden könne, deren Arbeitsverhältnisse im Jahr 2000 auf die C ... GmbH übergegangen seien. Ein auf die Arbeitnehmer der LBK Hamburg GmbH beschränktes Verständnis der Norm verstoße zudem gegen Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG sowie gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG folgende Gebot des Vertrauensschutzes. Dass ihr im Jahr 2000 ein Widerspruch gegen den sie betreffenden Betriebsübergang möglich gewesen wäre, könne die Versagung eines Rückkehrrechts nach dem Wortlaut des § 17 HVFG nicht rechtfertigen. Auch die früher beim LBK Hamburg beschäftigten Arbeitnehmer, denen anders als ihr ein Rückkehrrecht zugebilligt worden sei, hätten dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse auf die LBK Hamburg GmbH am 1. Januar 2005 nach § 613a Abs. 6 BGB widersprechen können.

19

Die Stadt machte zur Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmergruppen geltend, die Tatsache, dass sie von Anfang an nur denjenigen Arbeitnehmern ein Rückkehrrecht habe einräumen wollen, die dem LBK Hamburg seit 1995 eng verbunden verblieben seien, stelle einen legitimen Differenzierungsgrund dar. Der Landesgesetzgeber habe im Jahr 1995 mit der Einräumung des Rückkehrrechts gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 LBKHG einen Ausgleich dafür geschaffen, dass den damals auf den LBK Hamburg übergeleiteten Beschäftigten kein Widerspruchsrecht gegen die Übertragung ihrer Arbeitsverhältnisse zugestanden habe. § 613a BGB habe aufgrund der gesetzlich angeordneten Organisationsänderung innerhalb des öffentlichen Dienstes nicht zur Anwendung kommen können, und der Gesetzgeber habe auch im LBKHG kein entsprechendes Widerspruchsrecht normiert. Um die Beschäftigten des neu geschaffenen LBK Hamburg dennoch umfassend vor dem von ihnen nicht beeinflussbaren Verlust ihres Arbeitsplatzes im öffentlichen Dienst abzusichern, sei ihnen im Falle einer späteren Überführung der gesamten Anstalt in eine private Trägerschaft das Rückkehrrecht zur Stadt eingeräumt worden. Auch bei der Aufspaltung und Umwandlung des LBK Hamburg nach dem LBKBetriebG in den Jahren 2004/2005 habe es sich um eine gesetzlich angeordnete Überleitung der Arbeitsverhältnisse gehandelt, bei der die Schutzvorschrift des § 613a BGB nicht unmittelbar habe Anwendung finden können. Dementsprechend sei den von der Übertragung betroffenen Arbeitnehmern weiterhin das potentielle Rückkehrrecht zur Stadt eingeräumt worden. Die Regelung der entsprechenden Anwendbarkeit des § 613a BGB in § 14 Abs. 1 Satz 2 LBKBetriebG sei nur deshalb getroffen worden, weil der Gesetzgeber nicht habe ausschließen können, dass die Gerichte den Arbeitnehmern im Falle eines Rechtsstreits auch ohne unmittelbare Geltung des § 613a BGB ein Widerspruchsrecht zugebilligt hätten. Solchen Rechtsstreitigkeiten habe vorgebeugt werden sollen. Faktisch wäre das Widerspruchsrecht aber ins Leere gelaufen, da die widersprechenden Arbeitnehmer zwar beim LBK-Immobilien verblieben wären, aber wegen dort fehlender Beschäftigungsmöglichkeiten mit einer betriebsbedingten Kündigung hätten rechnen müssen. Das Fortbestehen des gesetzlichen Rückkehrrechts sei damit im Ergebnis weiterhin die einzige Möglichkeit geblieben, im Falle der Privatisierung des gesamten Krankenhausbetriebs in den öffentlichen Dienst zurückzukehren. Anders habe sich die Situation bei den Beschäftigten dargestellt, deren Arbeitsverhältnisse im Jahre 2000 aufgrund einer unternehmerischen Entscheidung des LBK Hamburg durch einen rechtsgeschäftlichen Teilbetriebsübergang auf die C ... GmbH übergegangen seien. Sie hätten den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf eine privatrechtliche Gesellschaft durch Ausübung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB verhindern können. Die Gefahr einer betriebsbedingten Kündigung sei zwar nicht gänzlich auszuschließen gewesen. In Anbetracht des beim LBK Hamburg verbliebenen Personalkörpers und Aufgabenkreises sowie des zu beachtenden Grundsatzes der Sozialauswahl wäre eine solche Kündigung aber kaum durchsetzbar gewesen. Insofern hätten die von dieser Teilausgliederung betroffenen Arbeitnehmer keines besonderen, über das Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB hinausgehenden Schutzes durch ein Rückkehrrecht zur Stadt bedurft. Diese Arbeitnehmer, die sich - indem sie nicht widersprochen hätten - entschieden hätten, ihre Tätigkeit ab 2000 bei der C ... GmbH auszuüben, hätten davon ausgehen müssen, dass mit der Ausgliederung auf ein eigenständiges Unternehmen auch Veränderungen in ihren Arbeitsverhältnissen einhergingen. Die Klägerin habe die für sie nachteilige Folge, kein Rückkehrrecht mehr geltend machen zu können, selbst verursacht, indem sie dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die C ... GmbH nicht widersprochen habe. Außerdem stelle die Gebäudereinigung keine genuin medizinische oder wie im Falle des technischen und des Verwaltungspersonals annexförmig dem Gesundheitswesen angegliederte Dienstleistung dar.

20

Die Klägerin schloss sich der Auffassung der Stadt an, dass die Widerspruchsmöglichkeit der Beschäftigten des LBK Hamburg zum Jahreswechsel 2004/2005 nach den tatsächlichen Verhältnissen bedeutungslos gewesen sei, weil bei Ausübung des Widerspruchsrechts die Gefahr einer betriebsbedingten Kündigung wegen fehlender verbleibender Arbeitsplätze beim LBK Hamburg bestanden hätte. Nicht anders sei aber die Situation der Beschäftigten im Reinigungsbereich im Jahr 2000 gewesen. Auch für sie hätte bei Erklärung eines Widerspruchs gegen den Betriebsübergang auf die C ... GmbH die Gefahr einer betriebsbedingten Kündigung bestanden. Ihre Arbeitsplätze seien beim LBK Hamburg mit der Ausgliederung weggefallen, und andere vergleichbare Arbeitsplätze seien beim LBK Hamburg schon mangels entsprechender sonstiger Qualifikation der Reinigungskräfte nicht vorhanden gewesen.

21

2. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Die Klägerin legte Berufung ein. Mit Beschluss vom 13. August 2008 setzte das Landesarbeitsgericht den Rechtsstreit aus und legte dem Bundesverfassungsgericht die Frage vor, ob § 17 HVFG mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

22

a) Die dem Bundesverfassungsgericht vorgelegte Frage sei entscheidungserheblich. Sei § 17 HVFG anzuwenden, müsse die Klage abgewiesen werden, weil eine Anspruchsgrundlage für das geltend gemachte Rückkehrrecht fehle. § 17 HVFG setze voraus, dass die Klägerin am 1. Januar 2007 als dem Zeitpunkt, in dem die Stadt die Anteilsmehrheit an der LBK Hamburg GmbH an die A ... GmbH übertragen habe, Arbeitnehmerin der LBK Hamburg GmbH gewesen sei. Die Klägerin stehe jedoch aufgrund eines Betriebsteilübergangs gemäß § 613a BGB seit dem 1. Januar 2000 in einem Arbeitsverhältnis mit der C ... GmbH. Für eine analoge Anwendung von § 17 HVFG sei kein Raum. Es fehle bereits an einer planwidrigen Regelungslücke. Der Wille des Gesetzgebers, dem die Ausgliederung des Reinigungsbereichs bekannt gewesen sei, gehe vielmehr ausweislich des klaren Wortlauts des Gesetzes dahin, das Rückkehrrecht auf diejenigen zu beschränken, die Beschäftigte der LBK Hamburg GmbH gewesen seien. Deshalb sei es den Fachgerichten auch nicht möglich, durch eine verfassungskonforme Auslegung den Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG im Falle der Klägerin zu vermeiden. Da die Chance bestehe, dass der Gesetzgeber nach einer Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Regelung über das Rückkehrrecht § 17 HVFG dahingehend ändere, dass er auch der Klägerin ein Rückkehrrecht einräume, komme es für die Entscheidung im Ausgangsverfahren auf die Verfassungsmäßigkeit der zur Überprüfung gestellten Vorschrift an.

23

b) Nach Überzeugung des Landesarbeitsgerichts verstößt § 17 HVFG gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

24

Die Vergleichsgruppen bestünden aus den seit 2000 bei der C ... GmbH beschäftigten Reinigungskräften einerseits und aus den damals beim LBK Hamburg verbliebenen Arbeitnehmern andererseits. Für letztere habe der Gesetzgeber auch bei den gesetzlichen Fortschreibungen ein im Wesentlichen unverändertes Rückkehrrecht zur Stadt vorgesehen, für erstere aber nicht, was im Hinblick auf Haftung, Arbeitsplatzsicherheit und Anwendbarkeit tariflicher Regelungen, beispielsweise des Ausschlusses einer ordentlichen Kündigung nach längerer Betriebszugehörigkeit, einen nicht unbeträchtlichen Nachteil darstelle.

25

Es handele sich um eine unterschiedliche Regelung für Personengruppen. Daher sei eine strenge Prüfung notwendig. Soweit der Gesetzgeber in § 17 HVFG der einen Gruppe ein Rückkehrrecht zur Stadt zubillige, der Gruppe, zu der die Klägerin gehöre, aber nicht, fehle es an einem sachlichen Differenzierungsgrund. Bereits im Jahr 1995 sei es die gesetzgeberische Absicht gewesen, die Beschäftigten des neu geschaffenen LBK Hamburg umfassend vor dem nicht beeinflussbaren Verlust ihrer Arbeitsstelle im öffentlichen Dienst abzusichern. Deshalb sei für den Fall einer späteren Überführung der gesamten Anstalt in eine private Trägerschaft das Rückkehrrecht zur Stadt gesetzlich eingeräumt worden. Die Rechtsstellung der Beschäftigten habe so gewahrt werden sollen, und finanzielle Nachteile hätten so verhindert werden sollen. Von dieser gesetzgeberischen Wohltat seien damals auch die Reinigungskräfte erfasst worden. Ihr später aufgrund unternehmerischer Entscheidung erfolgter Wechsel in eine hundertprozentige Tochtergesellschaft stelle keinen sachlichen Grund dar, ihnen im Gegensatz zu ihren vergleichbaren Kollegen bei Erlass des § 17 HVFG das Rückkehrrecht vorzuenthalten. Für eine solche Differenzierung lasse sich kein vernünftiger, aus der Natur der Sache folgender oder sonst einleuchtender Grund finden.

26

Der Gesetzgeber knüpfe für das Entstehen des Rückkehrrechts nicht an den formalen Wechsel der Person des jeweiligen Arbeitgebers oder seiner Rechtsform an, sondern stelle darauf ab, ob aufgrund der Übertragung von Mehrheitsanteilen von einer das Rückkehrrecht auslösenden Privatisierung des LBK Hamburg auszugehen sei. Es bestehe auch kein Unterschied in der Wahlmöglichkeit der Beschäftigten beider Gruppen beim Wechsel des Arbeitgebers. Allen Beschäftigten sei 1995 ein Rückkehrrecht zur Kompensation des gesetzlich angeordneten, von den Beschäftigten nicht beeinflussbaren Arbeitgeberwechsels eingeräumt worden. Sodann sei zum 1. Januar 2000 ein weiterer, diesmal rechtsgeschäftlicher Wechsel für die Beschäftigten im Reinigungsbereich mit einem von der Rechtsprechung anerkannten Widerspruchsrecht gemäß § 613a BGB erfolgt. Da keine vergleichbaren Arbeitsplätze beim LBK Hamburg verblieben seien, wäre im Falle des Widerspruchs eine betriebsbedingte Kündigung zu erwarten gewesen. Keinesfalls wäre es arbeitsrechtlich angeraten gewesen, dem Betriebsübergang zu widersprechen. Genauso theoretisch sei das den Beschäftigten der Vergleichsgruppe eingeräumte Widerspruchsrecht durch den gemäß § 14 Abs. 1 LBKBetriebG vom 17. Dezember 2004 erfolgten Verweis auf § 613a Abs. 6 BGB gewesen, da bei der Besitzanstalt LBK-Immobilien nur vier Arbeitsplätze verblieben seien.

27

Die Differenzierung könne auch nicht mit den unterschiedlichen Aufgaben der Betroffenen begründet werden. Ohne Reinigungsarbeiten lasse sich ein Krankenhaus genauso wenig betreiben wie ohne medizinische, pflegerische, technische oder verwaltende Tätigkeiten. Würde der unterschiedliche Aufgabenbereich, der Grad der Vorbildung oder die Nähe der Aufgabe zum medizinischen Kerngeschäft als Kriterium herangezogen, würde sich angesichts des weitaus größeren Frauenanteils in der Gruppe der bei der C ... GmbH Beschäftigten zudem das Problem einer mittelbaren Diskriminierung stellen.

28

Ein zulässiger Differenzierungsgrund könne zwar auch in der Befugnis des Gesetzgebers zur Typisierung und Generalisierung von Sachverhalten liegen. Die damit verbundenen Belastungen seien hinzunehmen, wenn sie nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären, lediglich eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen beträfen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv sei. Auch danach erweise sich die Regelung aber nicht als verfassungsgemäß. Die Belastung der Reinigungskräfte ließe sich durch ihre Einbeziehung in das Rückkehrrecht einfach vermeiden. Es sei auch keine im Verhältnis zur begünstigten Gruppe nur kleine Zahl von Personen betroffen, und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz sei nicht belanglos.

III.

29

Zur Vorlage haben der Präses der Justizbehörde für den Senat der Freien und Hansestadt Hamburg, die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts, der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, die dbb Tarifunion und die Klägerin des Ausgangsverfahrens Stellung genommen.

30

1. Im Anschluss an den Vortrag der Stadt im Ausgangsverfahren hat der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg im Hinblick auf die Ausführungen der Klägerin, ein Widerspruch gegen den Betriebsübergang sei angesichts des Risikos einer dann folgenden betriebsbedingten Kündigung eine rein theoretische Möglichkeit gewesen, auf § 9 der "Rahmendienstvereinbarung Beschäftigungssicherung im LBK Hamburg" vom 23. Juni 1997 und auf Anschlussvereinbarungen vom 4. Januar 1999 und 22. Dezember 2000 hingewiesen. In diesen Dienstvereinbarungen des Vorstands und des Gesamtpersonalrats des LBK Hamburg ist geregelt, dass der LBK Hamburg im Zusammenhang mit Maßnahmen, die dem Geltungsbereich dieser Dienstvereinbarungen unterfielen, zeitlich befristet auf betriebsbedingte Änderungs- und Beendigungskündigungen verzichtet. Zur Frage einer mittelbaren Frauendiskriminierung hat der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg mitgeteilt, dass im Januar 2007 der Anteil der weiblichen Beschäftigten im LBK Hamburg bei 69,5 % und bei der C ... GmbH bei 93,5 % lag.

31

2. Die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts hat eine Stellungnahme des Vorsitzenden des Achten Senats übersandt, wonach dort mehrere Revisionsverfahren zu Fragen des Rückkehrrechts in den Landesdienst nach dem HVFG anhängig seien.

32

3. Nach Ansicht des Deutschen Gewerkschaftsbunds wäre § 17 HVFG verfassungswidrig, wenn man die Vorschrift so wie das Landesarbeitsgericht interpretierte. Dann läge eine willkürliche, gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Ungleichbehandlung zwischen den auf die C... GmbH übergegangenen Arbeitnehmern des Reinigungsbereichs und den bei dem LBK Hamburg verbliebenen Arbeitnehmern vor. Die gerichtliche Auslegung des § 17 Satz 1 HVFG, nach der für ein Rückkehrrecht ein Arbeitsverhältnis mit der LBK Hamburg GmbH bestehen müsse, sei jedoch zu eng. Richtig sei vielmehr eine Auslegung, die von der gesellschaftsrechtlichen Lage abstrahiere und auf den letztlich hinter den gesellschaftsrechtlichen Konstruktionen stehenden Eigentümer abstelle. Daher genüge es bei verfassungskonformer Auslegung der Norm, dass der Mitarbeiter seine Tätigkeit an einem Objekt der LBK Hamburg ausübe, auch wenn das Arbeitsverhältnis mit der C ... GmbH bestehe.

33

4. Nach Auffassung der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und der dbb Tarifunion ist § 17 HVFG, soweit er das Rückkehrrecht auf Mitarbeiter der LBK Hamburg GmbH beschränkt, wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verfassungswidrig. Für die Vergleichsgruppen, die Beschäftigten bei der C ... GmbH und bei der LBK Hamburg GmbH, führe die Regelung zu unterschiedlichen, für die Klägerin nachteiligen Ergebnissen. Diese unterschiedliche Behandlung vergleichbarer Personengruppen sei mangels eines sachlichen Differenzierungsgrundes verfassungswidrig. Die Angestellten der C ... GmbH seien ebenso wie das sonstige Krankenhauspersonal in den internen Arbeitsablauf integriert. Der Entzug des Rückkehrrechts betreffe auch keine vergleichsweise kleine Personengruppe, die bei einer typisierenden Regelung nicht hätte berücksichtigt werden müssen. Jedenfalls sei es auch unter dem Gesichtspunkt der Typisierung verfassungsrechtlich nicht erlaubt, die fiskalischen Interessen der Stadt durch die willkürliche Herausnahme von sozial besonders schutzbedürftigen Arbeitnehmern aus einem Rückkehrangebot zu wahren. Die Klägerin hätte den Eintritt der ihr mit der Gesetzesänderung vom 21. November 2006 entstehenden Nachteile auch nicht durch Ausübung des Widerspruchsrechts verhindern können. Da beim LBK Hamburg keine Arbeitsplätze im Reinigungsbereich verblieben seien, hätte mit einer betriebsbedingten Kündigung gerechnet werden müssen. Die Stadt, der LBK Hamburg und die C ... GmbH hätten den arbeitsrechtlichen Schutz der Klägerin systematisch ausgehebelt.

34

5. Die Klägerin hat sich unter Bezugnahme auf ihren Vortrag im Ausgangsverfahren ebenfalls der Auffassung des Landesarbeitsgerichts angeschlossen, § 17 HVFG sei verfassungswidrig.

B.

35

Die Vorlage ist zulässig. Das Landesarbeitsgericht hat seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit des § 17 Satz 1 HVFG und von der Entscheidungserheblichkeit der verfassungsrechtlichen Beurteilung der Norm ausreichend begründet (§ 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG).

C.

36

§ 17 Satz 1 HVFG ist mit Art. 3 Abs. 1 und 2 GG unvereinbar.

I.

37

Die Regelung des § 17 Satz 1 HVFG verstößt gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, weil sie die schon im April 1995 und seitdem ununterbrochen in den ehemals städtischen Krankenhäusern tätigen, seit 2000 bei der C... GmbH angestellten Arbeitnehmer in nicht zu rechtfertigender Weise gegenüber vergleichbaren Arbeitnehmern benachteiligt.

38

1. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Verboten ist auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird (vgl. BVerfGE 110, 412 <431>; 112, 164 <174>; 116, 164 <180>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 7. Juli 2009 - 1 BvR 1164/07 -, VersR 2009, S. 1607 <1609>).

39

2. § 17 Satz 1 HVFG führt zu einer Ungleichbehandlung innerhalb der Gruppe der Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse 1995 von der Stadt auf den LBK Hamburg übergeleitet wurden. Den Reinigungskräften, denen damals mit den anderen an den Kliniken der Stadt bei der Gründung des LBK Hamburg beschäftigten Arbeitnehmern durch § 17 Abs. 2 LBKHG für den Fall der Privatisierung ein Rückkehrrecht in den öffentlichen Dienst gewährt wurde, wird nunmehr durch die Neuregelung des § 17 Satz 1 HVFG ein solches Rückkehrrecht verwehrt. Dieses Recht soll nach dieser Vorschrift nur den Arbeitnehmern zustehen, die zuletzt bei der LBK Hamburg GmbH beschäftigt waren, nicht aber denjenigen, deren Arbeitsverhältnisse schon im Jahr 2000 vom LBK Hamburg auf die C ... GmbH übergegangen waren, weil diese Arbeitnehmer am 1. Januar 2007 nicht "Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der LBK Hamburg GmbH" waren.

40

a) Die Ungleichbehandlung der Arbeitnehmergruppen wird bei einer Gegenüberstellung der sie betreffenden rechtlichen Rahmenbedingungen seit 1995 deutlich.

41

aa) Die in den städtischen Krankenhäusern beschäftigten Arbeitnehmer mit Ausnahme des Reinigungspersonals standen bis 2004 in einem Arbeitsverhältnis mit dem LBK Hamburg. Zum 1. Januar 2005 gingen diese Arbeitsverhältnisse kraft Gesetzes auf die neu errichtete Betriebsanstalt LBK Hamburg über. Der Gesetzgeber ordnete in § 14 Abs. 1 Satz 2 LBKBetriebG an, dass § 613a Abs. 6 BGB entsprechend gelten solle, die Arbeitnehmer dem Arbeitgeberwechsel also widersprechen könnten. Der Widerspruch hätte zur Folge gehabt, dass das Arbeitsverhältnis mit dem früheren LBK Hamburg fortbestanden hätte, der nunmehr Landesbetrieb Krankenhäuser Hamburg Immobilien hieß und nur noch als Besitzanstalt fungierte. Die nicht widersprechenden Mitarbeiter wurden sodann Arbeitnehmer der durch Umwandlung der Betriebsanstalt LBK Hamburg entstandenen LBK Hamburg GmbH.

42

Ein Rückkehrrecht nach § 15 Abs. 2 LBK-Immobilien Gesetz, der den ab 1995 geltenden § 17 Abs. 2 LBKHG ersetzte, lösten diese Vorgänge nicht aus. Dies wurde in § 15 Abs. 3 Satz 1 LBK-Immobilien Gesetz ausdrücklich klargestellt. Träger der Betriebsanstalt LBK Hamburg war der LBK-Immobilien, also der umbenannte frühere LBK Hamburg, dessen Träger wiederum die Stadt war. Die Umwandlung der Betriebsanstalt in die LBK Hamburg GmbH hatte zur Folge, dass der LBK-Immobilien die Gesellschafterstellung in der GmbH einnahm. Es kam zu keinem Verlust der Mehrheitsbeteiligung der Stadt beziehungsweise des früheren LBK Hamburg, so dass die Option einer Rückkehr in den weiter bestehenden Bereich des öffentlichen Dienstes nicht notwendig war. In § 15 Abs. 3 Satz 2 LBK-Immobilien Gesetz wurde aber § 15 Abs. 2 Satz 2 LBK-Immobilien Gesetz als Nachfolgeregelung des § 17 Abs. 2 Satz 2 LBKHG, also das Rückkehrrecht zur Stadt, für anwendbar erklärt, sobald der LBK-Immobilien seine Mehrheitsbeteiligung an der LBK Hamburg GmbH aufgeben sollte.

43

Dieser Fall trat am 1. Januar 2007 ein. Zu diesem Zeitpunkt hielt allerdings nicht mehr der LBK-Immobilien die Anteile an der LBK-Hamburg GmbH für die Stadt, sondern die mit dem Gesetz zur Änderung des LBK-Immobilien Gesetzes vom 21. November 2006 neu errichtete, Hamburgischer Versorgungsfonds genannte Anstalt öffentlichen Rechts. Das Rückkehrrecht der "Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der LBK Hamburg GmbH, die bereits im Zeitpunkt der Errichtung der LBK Hamburg - Anstalt öffentlichen Rechts - dort beschäftigt waren", in ein Arbeitsverhältnis unmittelbar mit der Stadt ergab sich nunmehr aus § 17 Satz 1 HVFG, da der HVF seine Beteiligung an der LBK Hamburg GmbH mehrheitlich veräußert hatte. Durch die Regelung begünstigt wurden also die Arbeitnehmer, deren Arbeitgeber vor der Errichtung des früheren LBK Hamburg die Stadt selbst war und deren Arbeitsverhältnisse im April 1995 kraft Gesetzes auf den LBK Hamburg übergegangen waren und zuletzt im Zeitpunkt der Privatisierung am 1. Januar 2007 mit der LBK Hamburg GmbH bestanden.

44

Für diese Arbeitnehmer sahen die Gesetze demnach seit April 1995 in allen zwischenzeitlich geltenden Fassungen ein Rückkehrrecht in den öffentlichen Dienst im Falle einer materiellen Privatisierung vor. Die gesetzlichen Voraussetzungen des Rückkehrrechts waren für sie erstmals am 1. Januar 2007 erfüllt. Außerdem hätte ihnen zum Jahreswechsel 2004/2005 ein Widerspruchsrecht zugestanden.

45

bb) Im Vergleich dazu entwickelte sich die Rechtslage für die im Bereich der Krankenhausreinigung beschäftigten Arbeitnehmer wie folgt:

46

Am 1. Januar 2000 gingen ihre Arbeitsverhältnisse gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB vom LBK Hamburg auf die C... GmbH über. Die Voraussetzungen eines Rückkehrrechts nach § 17 Abs. 2 LBKHG waren nicht erfüllt. Weder wurde der gesamte LBK Hamburg in eine andere Trägerschaft überführt (§ 17 Abs. 2 Satz 2 LBKHG), noch handelte es sich um die Überführung einer einzelnen Einrichtung der Anstalt in eine andere Trägerschaft ohne Mehrheitsbeteiligung des LBK Hamburg (§ 17 Abs. 2 Satz 3 LBKHG). Der LBK Hamburg hielt vielmehr 100 % der Anteile der C ... GmbH. Die Arbeitnehmer hätten dem Arbeitgeberwechsel allerdings widersprechen können. Zwar wurde das Widerspruchsrecht der von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer erst durch das Gesetz zur Änderung des Seemannsgesetzes und anderer Gesetze vom 23. März 2002 (BGBl I S. 1163) in § 613a Abs. 6 BGB kodifiziert. Es war aber schon zuvor in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts anerkannt (vgl. BAG, Urteil vom 8. Mai 2001 - 9 AZR 95/00 -, AP BGB § 613a Nr. 219, unter I 1 b cc der Gründe, m.w.N.). Bei einem Widerspruch hätte das Arbeitsverhältnis zum LBK Hamburg fortbestanden.

47

Zum 1. Januar 2005 ergab sich für das bei der C ... GmbH beschäftigte Reinigungspersonal keine Änderung ihrer arbeitsrechtlichen Position. Infolge der Umwandlung des LBK Hamburg in die LBK Hamburg GmbH rückte lediglich diese GmbH in die Gesellschafterstellung bei der C ... GmbH ein. Es lag daher kein Betriebsübergang vor, der ein Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB hätte auslösen können. Ein Rückkehrrecht zum LBK Hamburg konnte aus § 15 Abs. 2 LBK-Immobilien Gesetz, der § 17 Abs. 2 LBKHG ersetzte, schon deshalb nicht folgen, weil die Stadt weiterhin ihre Mehrheitsbeteiligung an der Besitzanstalt LBK-Immobilien, der Gesellschafterin der LBK Hamburg GmbH, hielt.

48

Auch zum 1. Januar 2007 änderte sich nichts daran, dass Arbeitgeber der Reinigungskräfte die C ... GmbH blieb. Eine Anwendung des § 613a Abs. 6 BGB schied daher aus. Allenfalls kam ein gesetzliches Rückkehrrecht der Arbeitnehmer zur Stadt in Betracht. Rechtsgrundlage dafür war nunmehr § 17 Satz 1 HVFG. Die sachliche Voraussetzung der Norm war erfüllt: Mehrheitsgesellschafterin der C ... GmbH war zwar weiterhin die LBK Hamburg GmbH, aber deren Mehrheitsgesellschafterin war ab diesem Zeitpunkt die nicht von der Stadt beherrschte A ... GmbH. In persönlicher Hinsicht kommt die im Zeitpunkt der Privatisierung geltende gesetzliche Grundlage für das Rückkehrrecht jedoch nur den Mitarbeitern zugute, die am 1. Januar 2007 bei der LBK Hamburg GmbH beschäftigt waren. Der persönliche Geltungsbereich der Norm erstreckt sich nicht auf die Reinigungskräfte als Arbeitnehmer einer Tochtergesellschaft der LBK Hamburg GmbH.

49

Diese Arbeitnehmer hätten also dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse auf die C ... GmbH zum 1. Januar 2000 widersprechen können. Ein Rückkehrrecht nach einem der seit 1995 für den Krankenhausbereich geltenden Landesgesetze konnten sie hingegen zu keinem Zeitpunkt geltend machen.

50

b) Eine abweichende Auslegung des § 17 Satz 1 HVFG dahingehend, dass auch den auf die C... GmbH übergeleiteten Arbeitnehmern ein Rückkehrrecht zusteht, kommt nicht in Betracht. Das Bemühen um eine verfassungskonforme Auslegung mit dem Ziel, einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG zu vermeiden, stößt dort an seine Grenzen, wo einem bereits nach dem Wortlaut, aber jedenfalls nach dem gesetzgeberischen Willen eindeutigen Gesetz eine davon abweichende Bedeutung verliehen beziehungsweise das gesetzgeberische Ziel in einem wesentlichen Punkt verfehlt oder verfälscht würde. Eine solche Auslegung, mit der an die Stelle der Gesetzesvorschrift inhaltlich eine andere gesetzt oder mit der ein Regelungsinhalt erstmals geschaffen wird, ist grundsätzlich nicht zulässig (vgl. BVerfGE 59, 330 <334>; 78, 20 <24>; zum gegenläufigen Willen des Landesgesetzgebers vgl. auch BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 1. Dezember 2009 - 1 BvR 2857/07, 1 BvR 2858/07 -, DVBl 2010, S. 108 <114>, Rn. 185). Ob schon der Wortlaut des § 17 Satz 1 HVFG unüberbrückbar einer Auslegung entgegensteht, nach der auch die bei einer Tochtergesellschaft der LBK Hamburg GmbH angestellten Reinigungskräfte eine Übernahme in ein Arbeitsverhältnis mit der Stadt verlangen könnten, muss nicht abschließend beurteilt werden. Eine Einbeziehung dieser Arbeitnehmer in den Anwendungsbereich der Norm scheidet jedenfalls nach dem eindeutig in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommenden und in der Praxis durch die Ablehnung der Rückkehr der Klägerin seitens der Stadt bestätigten Willen des Landesgesetzgebers aus, der das Rückkehrrecht in Kenntnis der Ausgliederung des Reinigungsbereichs im Jahr 2000 ausdrücklich auf die zuletzt bei der LBK Hamburg GmbH beschäftigten Mitarbeiter beschränken wollte.

51

3. Diese Ungleichbehandlung ist nicht gerechtfertigt.

52

a) Eine Ungleichbehandlung von Personengruppen verletzt Art. 3 Abs. 1 GG, wenn keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfGE 55, 72 <88>; 84, 197 <199>; 100, 195 <205>; 109, 96 <123>; 110, 274 <291>). Sie trifft hier mit den Reinigungskräften eine nach ihrer sozialen Zusammensetzung und ihrer ökonomischen Stellung eher schwache Gruppe, die tendenziell weniger in der Lage ist, sich gegen eine Schlechterstellung zu wehren. Zur Begründung dieser Ungleichbehandlung reicht es nicht aus, dass der Normgeber ein seiner Art nach geeignetes Unterscheidungsmerkmal berücksichtigt hat. Vielmehr muss auch für das Maß der Differenzierung ein innerer Zusammenhang zwischen den vorgefundenen Verschiedenheiten und der differenzierenden Regelung bestehen, der sich als sachlich vertretbarer Unterscheidungsgesichtspunkt von hinreichendem Gewicht anführen lässt (vgl. BVerfGE 93, 386 <401>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 7. Juli 2009 - 1 BvR 1164/07 -, VersR 2009, S. 1607 <1609>). Dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers sind dabei umso engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten, hier der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG), nachteilig auswirken kann (vgl. BVerfGE 121, 317 <370>).

53

b) Die Benachteiligung der Reinigungskräfte gegenüber den sonstigen Arbeitnehmern ist nicht gerechtfertigt. Ein sachlicher Differenzierungsgrund ist nicht erkennbar.

54

aa) Ein tragfähiger Grund für die Ungleichbehandlung liegt nicht darin, dass die Reinigungskräfte schon vor der das Rückkehrrecht nach § 17 Satz 1 HVFG auslösenden Privatisierung in einem privatrechtlich organisierten Unternehmen beschäftigt waren. Für die Arbeitnehmer, die die gesetzlichen Voraussetzungen des Rückkehrrechts zur Stadt erfüllen, gilt nämlich nichts anderes. Ihr Arbeitgeber war seit Anfang 2005 die LBK Hamburg GmbH. Beide Arbeitnehmergruppen waren damit zuletzt bei einer Kapitalgesellschaft beschäftigt, auf die die Stadt aber bis zum 31. Dezember 2006 kraft ihrer Beteiligung beherrschenden Einfluss hatte. Außerdem sollten die Arbeitnehmer durch das ursprünglich in § 17 Abs. 2 LBKHG und zuletzt in § 17 Satz 1 HVFG geregelte Rückkehrrecht nicht vor einem formalen Arbeitgeberwechsel oder einer Umstrukturierung, die den beherrschenden Einfluss der Stadt nicht berührt, geschützt werden. Vielmehr hat das Rückkehrrecht erst dann eingegriffen, als die Zugehörigkeit zum öffentlichen Dienst auch materiell dadurch verloren gegangen ist, dass die Stadt ihre Anteilsmehrheit aufgegeben hat.

55

bb) Die Argumentation der Stadt, die Reinigungskräfte hätten ihre Zugehörigkeit zum öffentlichen Dienst bei ihrer Ausgliederung am 1. Januar 2000 durch Erklärung eines Widerspruchs gegen den Arbeitgeberwechsel aufrecht erhalten können, zeigt keinen rechtserheblichen Unterschied zu den übrigen Arbeitnehmern auf.

56

(1) Den Reinigungskräften kann nicht unterstellt werden, sich im Jahr 2000 bewusst gegen einen Verbleib im öffentlichen Dienst entschieden zu haben. Vielmehr haben sie den Betriebsteilübergang vom LBK Hamburg auf die damals noch von der Stadt beherrschte C ... GmbH lediglich widerspruchslos hingenommen. Damit haben sie den Umstrukturierungsmaßnahmen der Stadt im Krankenhausbereich Folge geleistet und insofern sogar ihre Solidarität mit der städtischen Personalplanung unter Beweis gestellt. Daher kann dieses Verhalten nicht als Abkehr von der Stadt interpretiert werden und darf den Reinigungskräften nunmehr nicht zum Nachteil gereichen.

57

(2) Die auf einen unterstellten Abkehrwillen der Reinigungskräfte im Jahr 2000 gestützte Differenzierung ist aber auch aus einem weiteren Grund nicht tragfähig.

58

Die Stadt hatte den anderen, bis dahin beim LBK Hamburg beschäftigten Arbeitnehmern im Zuge der zum Jahreswechsel 2004/2005 durchgeführten Umwandlungen mit der Folge eines kraft Gesetzes eingetretenen Arbeitgeberwechsels ein Widerspruchsrecht entsprechend § 613a Abs. 6 BGB eingeräumt. Die Rechtslage war daher für beide Arbeitnehmergruppen in dem Zeitpunkt, in dem der LBK Hamburg aus der Arbeitgeberstellung zu ihnen ausschied, identisch. Beide Arbeitnehmergruppen hätten den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses mit dem LBK Hamburg durch Erklärung eines Widerspruchs herbeiführen können: Die Reinigungskräfte, als ihre Arbeitsverhältnisse am 1. Januar 2000 gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die C... GmbH übergingen, und die anderen Arbeitnehmer zum Jahreswechsel 2004/2005, als durch § 14 LBKBetriebG die neue, dann in eine GmbH umgewandelte Betriebsanstalt LBK Hamburg ihr Arbeitgeber wurde. Folglich ist es sachlich nicht gerechtfertigt, dass der Gesetzgeber im Hinblick auf das frühere Widerspruchsrecht der Reinigungskräfte nur den übrigen, nicht im Reinigungsbereich eingesetzten Arbeitnehmern für den Fall der späteren Privatisierung ein weiteres Instrumentarium zur Fortsetzung ihrer Beschäftigung im öffentlichen Dienst an die Hand geben wollte.

59

Ein rechtlich beachtlicher Unterschied kann auch nicht darin gesehen werden, dass die Reinigungskräfte im Januar 2000 einen erheblichen Anlass zum Widerspruch gegen den Arbeitgeberwechsel gehabt hätten, die anderen Arbeitnehmer zum Jahreswechsel 2004/2005 hingegen nicht. In beiden Fällen war ihr Arbeitgeber zuvor eine Anstalt öffentlichen Rechts und nach der Umstrukturierung eine privatrechtlich organisierte Kapitalgesellschaft, deren Anteile - zumindest mittelbar - mehrheitlich von der Stadt gehalten wurden. Beide Arbeitnehmergruppen konnten sich zum jeweiligen Zeitpunkt außerdem für den Fall einer späteren Veräußerung der Mehrheitsbeteiligung der Stadt auf ein gesetzliches Rückkehrrecht in den öffentlichen Dienst berufen. Den Reinigungskräften kann daher nicht entgegengehalten werden, sie hätten im Januar 2000 eine bessere Gelegenheit zum Widerspruch gegen den Arbeitgeberwechsel verstreichen lassen als die übrigen Arbeitnehmer zum Jahreswechsel 2004/2005.

60

Ein unterschiedlich starker Abkehrwille von der Stadt kommt im Unterlassen des Widerspruchs auch dann nicht zum Ausdruck, wenn man die jeweilige Motivation der Arbeitnehmer für ihr Verhalten zum jeweils maßgeblichen Zeitpunkt in den Blick nimmt. Der Hinweis der Stadt darauf, dass ein Widerspruch der zum Jahreswechsel 2004/2005 beim LBK Hamburg beschäftigten Arbeitnehmer vernünftigerweise nicht in Betracht gekommen sei, weil bei dieser Anstalt beziehungsweise bei der Besitzanstalt LBK-Immobilien im Zuge der durchgeführten Umstrukturierungen keine geeigneten Arbeitsplätze verblieben seien, greift nicht durch. Es ist nicht erkennbar, dass das Reinigungspersonal beim Betriebsteilübergang im Jahr 2000 den Widerspruch gegen den Arbeitgeberwechsel demgegenüber eher als vernünftige Option hätte ansehen können. Der LBK Hamburg hatte die Reinigungsarbeiten ausgegliedert und daher keinen Bedarf mehr für eine Beschäftigung eigener Reinigungskräfte. Für die Arbeitnehmer beider Gruppen hat sich somit in dem Zeitpunkt, in dem ihre Arbeitsverhältnisse vom LBK Hamburg auf einen neuen Arbeitgeber übergingen, keine Perspektive einer sicheren Weiterbeschäftigung beim LBK Hamburg geboten, wenn sie ihr Recht zum Widerspruch gegen den Arbeitgeberwechsel wahrgenommen hätten. An dieser Einschätzung ändert sich auch nichts, wenn angenommen wird, dass eine betriebsbedingte Kündigung der Reinigungskräfte durch den LBK Hamburg aufgrund einer im Januar 2000 geltenden Dienstvereinbarung bis Ende 2001 ausgeschlossen gewesen wäre. Damit wäre zwar vorübergehend der rechtliche Fortbestand des Arbeitsverhältnisses im Falle des Widerspruchs gesichert gewesen. Eine tatsächliche, auf Dauer angelegte Beschäftigungsmöglichkeit bestand nach dem Betriebsteilübergang aber nur noch bei der C ... GmbH, und genau diese Art des Einsatzes der Reinigungskräfte in den Krankenhäusern entsprach der damaligen Organisationsentscheidung der Stadt. Es kann daher keine Rede davon sein, dass die Reinigungskräfte eine Ausweichoption gehabt hätten, mit der sie sich keinem nennenswerten rechtlichen oder wirtschaftlichen Risiko ausgesetzt hätten (vgl. BVerfGE 120, 1 <53>).

61

Im Übrigen kommen hier derartige spekulative Überlegungen zur Motivationslage der Arbeitnehmer ohnehin nicht als Differenzierungsgrund in Betracht. Normativ betrachtet hat die Stadt für die von der Überleitung ihrer Arbeitsverhältnisse zum Jahreswechsel 2004/2005 betroffenen Arbeitnehmer durch Gesetz ein Widerspruchsrecht entsprechend § 613a Abs. 6 BGB vorgesehen und ihnen damit die Gelegenheit gegeben, sich für oder gegen einen Verbleib beim LBK Hamburg zu entscheiden. Vergleichbar war die Gesetzeslage für die am 1. Januar 2000 von einem Arbeitgeberwechsel betroffenen Reinigungskräfte. Die Argumentation der Stadt ist nicht schlüssig, wenn sie einerseits den Arbeitnehmern gesetzliche Widerspruchs- und Rückkehrrechte einräumt, andererseits jedoch meint, diese Rechte liefen in einem Falle leer, hätten aber im anderen Falle wahrgenommen werden müssen, um den Willen zum Verbleib im öffentlichen Dienst unter Beweis zu stellen. Der zunächst mit § 17 Abs. 2 LBKHG und zuletzt mit § 17 Satz 1 HVFG angestrebte gesetzliche "Schutz vor einer Privatisierung" muss daher losgelöst von der Frage betrachtet werden, ob und aus welchen Gründen sich die Arbeitnehmer gegebenenfalls dagegen entschieden hätten, diesen Schutz in Anspruch zu nehmen. Die Stadt muss sich an der von ihr gesetzten Rechtslage festhalten lassen.

62

cc) Die Benachteiligung der Reinigungskräfte kann entgegen dem Vorbringen der Stadt im Ausgangsverfahren auch nicht überzeugend darauf gestützt werden, dass die Gebäudereinigung keine dem Gesundheitswesen zuzuordnende Dienstleistung sei. Die Stadt hatte zunächst den gesamten Betrieb des Krankenhauses - einschließlich der Gebäudereinigung - in eigener Regie geführt und hat sämtliche Bereiche der früher städtischen Krankenhäuser privatisiert. Dabei wurde keine Notwendigkeit gesehen, einzelne Bereiche in öffentlicher Hand zu belassen. Dann kann es aber nicht überzeugen, dass im Zuge der umfassenden Privatisierung nur bestimmte Arbeitnehmergruppen eine Weiterbeschäftigung im öffentlichen Dienst verlangen dürfen. Ohnehin kann mit dieser Begründung nicht gerechtfertigt werden, dass beispielsweise die in der Verwaltung der Krankenhäuser oder in der Haustechnik eingesetzten Arbeitnehmer ein Rückkehrrecht erhalten, die Reinigungskräfte aber nicht. Plausibel ist eine Abgrenzung, nach der nur dem eng mit dem Gesundheitswesen verknüpften Personal ein Widerspruchsrecht eingeräumt werden soll, außerdem deshalb nicht, weil nach der Privatisierung der Krankenhäuser gerade für diese Arbeitnehmer Einsatzmöglichkeiten bei der Stadt schwieriger zu finden sein dürften als für weniger spezialisierte Mitarbeiter.

63

dd) Die Ungleichbehandlung kann auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass dem Gesetzgeber die grundsätzliche Befugnis zu einer Typisierung und Generalisierung zugebilligt wird (vgl. BVerfGE 99, 280 <290>; 111, 115 <137>). Die Absicht des Gesetzgebers, bestimmten Arbeitnehmern die Rückkehr in den öffentlichen Dienst zu ermöglichen und anderen nicht, beruht nicht auf einer gesetzgeberischen Beurteilung von typischen, einer pauschalierenden Regelung zugänglichen Sachverhalten. Hintergrund, Regelungsgegenstand und Zweck des § 17 Satz 1 HVFG sind vielmehr konkret greifbar. Darüber hinausgehende pauschalierende Erwägungen oder Typisierungen, mit denen die gesetzliche Differenzierung gerechtfertigt werden könnte, sind nicht erkennbar. Insbesondere ist die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu gesetzlichen Stichtagsregelungen nicht einschlägig. Das Tatbestandsmerkmal des § 17 Satz 1 HVFG, das die bei der C... GmbH beschäftigten Reinigungskräfte vom Rückkehrrecht ausnimmt, ist keine Stichtagsregelung, denn die Reinigungskräfte werden ausgeschlossen, weil sie nicht "Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der LBK Hamburg GmbH" sind. Diese Voraussetzung musste zwar gerade im Zeitpunkt der Privatisierung erfüllt sein, damit das Rückkehrrecht ausgeübt werden konnte. Die Verknüpfung mehrerer sachlicher und persönlicher Voraussetzungen mit einem Zeitmerkmal macht die Norm aber nicht zu einer Stichtagsregelung.

II.

64

Darüber hinaus ist § 17 Satz 1 HVFG mit Art. 3 Abs. 2 GG unvereinbar.

65

1. Art. 3 Abs. 2 GG bietet Schutz auch vor faktischen Benachteiligungen. Die Verfassungsnorm zielt auf die Angleichung der Lebensverhältnisse von Frauen und Männern (vgl. BVerfGE 87, 1 <42>; 109, 64 <89>; 113, 1 <15>). Durch die Anfügung von Satz 2 in Art. 3 Abs. 2 GG ist ausdrücklich klargestellt worden, dass sich das Gleichberechtigungsgebot auf die gesellschaftliche Wirklichkeit erstreckt (vgl. BVerfGE 92, 91 <109>; 109, 64 <89>; 113, 1 <15>). In diesem Bereich wird die Durchsetzung der Gleichberechtigung auch durch Regelungen gehindert, die zwar geschlechtsneutral formuliert sind, im Ergebnis aber aufgrund natürlicher Unterschiede oder der gesellschaftlichen Bedingungen überwiegend Frauen betreffen (vgl. BVerfGE 97, 35 <43>; 104, 373 <393>; 113, 1 <15>). Demnach ist es nicht entscheidend, dass eine Ungleichbehandlung unmittelbar und ausdrücklich an das Geschlecht anknüpft. Über eine solche unmittelbare Ungleichbehandlung hinaus erlangen für Art. 3 Abs. 2 GG die unterschiedlichen Auswirkungen einer Regelung für Frauen und Männer ebenfalls Bedeutung. Eine solche Berücksichtigung der mittelbaren Diskriminierung im Rahmen des Gleichberechtigungsgebots entspricht der Rechtsentwicklung im Europarecht (vgl. Art. 2 der Richtlinie 76/207/EWG in der Fassung der Richtlinie 2002/73/EG vom 23. September 2002 zur Änderung der Richtlinie 76/207/EWG des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen, ABl Nr. L 269 vom 5. Oktober 2002, S. 15 <17>; Art. 2 Buchstabe b der Richtlinie 2004/113/EG vom 13. Dezember 2004 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, ABl Nr. L 373 vom 21. Dezember 2004, S. 37 <40>; EuGH, Urteil vom 13. Juli 1989 - C-171/88 -, Slg. 1989, S. 2743; Urteil vom 23. Oktober 2003 - C-4/02 und C-5/02 -, Slg. 2003, S. I-12575).

66

2. Der Landesgesetzgeber hat ganz überwiegend Arbeitnehmerinnen benachteiligt, indem er das Rückkehrrecht auf die zuletzt bei der LBK Hamburg GmbH angestellten Arbeitnehmer beschränkt und die bei der C ... GmbH beschäftigten Reinigungskräfte ausgeschlossen hat. Die geschlechtsspezifische Wirkung der Regelung folgt aus der in der sozialen Wirklichkeit vorfindbaren Zusammensetzung dieser Berufsgruppe. Bei der Sonderregelung für Reinigungskräfte im vorliegenden Fall steht faktisch fest, dass sie mit einem Anteil von 93,5 % hauptsächlich Frauen trifft. Dieser Anteil liegt damit wesentlich über dem im Klinikbereich hier ohnehin hohen Frauenanteil (69,5 %). Das löst damit genau die Gefahr einer mittelbaren Diskriminierung aus, der Art. 3 Abs. 2 GG begegnen will.

67

Unter diesen Bedingungen könnte eine solche Ungleichbehandlung nur dann gerechtfertigt werden, wenn sie auf hinreichenden sachlichen Gründen beruht, die nichts mit der geschlechtsbezogenen Benachteiligung zu tun haben (vgl. BVerfGE 113, 1 <20 f.>; vgl. auch EuGH, Urteil vom 13. Mai 1986 - Rs. 170/84 -, Slg. 1986, S. 1607; Urteil vom 27. Mai 2004 - C-285/02 -, Slg. 2004, S. I-5861; BAG, Urteil vom 25. Juli 1996 - 6 AZR 138/94 -, AP BAT § 35 Nr. 6). Da hier jedoch schon keine vor Art. 3 Abs. 1 GG tragfähigen Rechtfertigungsgründe ersichtlich sind, scheidet eine Rechtfertigung der mittelbaren geschlechtsspezifischen Diskriminierung nach Art. 3 Abs. 2 GG erst recht aus.

III.

68

Da eine verfassungskonforme Auslegung des § 17 Satz 1 HVFG nicht möglich ist, kann die Verletzung des Art. 3 Abs. 1 und 2 GG nur dadurch beseitigt werden, dass das Rückkehrrecht, bezogen auf den hier maßgeblichen Zeitpunkt der zum Jahreswechsel 2006/2007 durchgeführten Privatisierung, neu geregelt wird. Bis zu einer Neuregelung, die der Gesetzgeber bis zum 31. Dezember 2010 zu treffen hat, muss der Rechtsstreit vor dem Landesarbeitsgericht weiter ausgesetzt werden.

(1) Ein Berufssoldat ist entlassen, wenn er die Eigenschaft als Deutscher im Sinne des Artikels 116 des Grundgesetzes verliert. Das Bundesministerium der Verteidigung entscheidet darüber, ob diese Voraussetzung vorliegt, und stellt den Tag der Beendigung des Dienstverhältnisses fest.

(2) Ein Berufssoldat ist zu entlassen,

1.
wenn er aus einem der in § 38 genannten Gründe nicht hätte ernannt werden dürfen und das Hindernis noch fortbesteht,
2.
wenn er seine Ernennung durch Zwang, arglistige Täuschung oder Bestechung herbeigeführt hat,
3.
wenn sich herausstellt, dass er vor seiner Ernennung eine Straftat begangen hat, die ihn der Berufung in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten unwürdig erscheinen lässt, und er deswegen zu einer Strafe verurteilt war oder wird,
4.
wenn er sich weigert, den Eid abzulegen,
5.
wenn er zur Zeit der Ernennung Mitglied des Europäischen Parlaments, des Bundestages oder eines Landtages war und nicht innerhalb der vom Bundesministerium der Verteidigung gesetzten angemessenen Frist sein Mandat niederlegt,
6.
wenn in den Fällen des § 44 Abs. 1 bis 3 die Voraussetzungen des § 44 Abs. 5 nicht erfüllt sind,
7.
wenn er als Kriegsdienstverweigerer anerkannt ist; diese Entlassung gilt als Entlassung auf eigenen Antrag, oder
8.
wenn er ohne Genehmigung des Bundesministeriums der Verteidigung seinen Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes nimmt.
In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 kann das Bundesministerium der Verteidigung wegen besonderer Härte eine Ausnahme zulassen. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 8 kann das Bundesministerium der Verteidigung seine Zuständigkeit auf andere Stellen übertragen.

(3) Der Berufssoldat kann jederzeit seine Entlassung verlangen; soweit seine militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war, gilt dies jedoch erst nach einer sich daran anschließenden Dienstzeit, die der dreifachen Dauer des Studiums oder der Fachausbildung entspricht, längstens nach zehn Jahren. In einer Rechtsverordnung kann für bestimmte Verwendungen wegen der Höhe der mit dem Studium oder der Fachausbildung verbundenen Kosten oder auf Grund sonstiger studien- oder ausbildungsbedingter Besonderheiten eine längere als die dreifache Dauer bestimmt werden; die in Satz 1 genannte Höchstdauer darf nicht überschritten werden.

(3a) Ein Berufssoldat ist entlassen, wenn er zum Beamten ernannt wird. Die Entlassung gilt als solche auf eigenen Antrag. Satz 1 gilt nicht, wenn der Berufssoldat

1.
in ein Beamtenverhältnis als Ehrenbeamter oder
2.
als Professor, Juniorprofessor, wissenschaftlicher oder künstlerischer Mitarbeiter an einer nach Landesrecht staatlich anerkannten oder genehmigten Hochschule, deren Personal im Dienste des Bundes steht, in ein Beamtenverhältnis auf Zeit
berufen wird. Satz 1 gilt ebenfalls nicht, solange das Bundesministerium der Verteidigung oder eine von ihm bestimmte Stelle in seinem Geschäftsbereich der Entlassung nach Satz 1 nicht zugestimmt hat. Die Zustimmung ist zu erteilen, wenn der Soldat nach Absatz 3 seine Entlassung verlangen könnte. Im Übrigen kann die Zustimmung unter Berücksichtigung der dienstlichen Interessen der Bundeswehr erteilt werden.

(4) Hat der Berufssoldat Elternzeit nach § 28 Abs. 7 im Anschluss an ein Studium oder eine Fachausbildung in Anspruch genommen, verlängert sich die Dienstzeit nach Absatz 3 um diese Zeit entsprechend, soweit das Studium oder die Fachausbildung mehr als sechs Monate gedauert hat; die Höchstdauer von zehn Jahren bleibt unberührt. Gleiches gilt für einen Berufssoldaten, der eine Teilzeitbeschäftigung nach § 30a in Anspruch genommen hat; die Dienstzeit nach Absatz 3 verlängert sich um die Differenz der Teilzeitbeschäftigung zur Vollzeitbeschäftigung.

(5) Der Berufsoffizier kann auch dann, wenn er weder ein Studium noch eine Fachausbildung erhalten hat, seine Entlassung erst nach Ende des sechsten Dienstjahres als Offizier verlangen.

(6) Vor Ablauf der in den Absätzen 3, 4 und 5 genannten Dienstzeiten ist der Berufssoldat auf seinen Antrag zu entlassen, wenn das Verbleiben im Dienst für ihn wegen persönlicher, insbesondere häuslicher, beruflicher oder wirtschaftlicher Gründe eine besondere Härte bedeuten würde.

(7) Das Verlangen auf Entlassung muss dem Disziplinarvorgesetzten schriftlich erklärt werden. Die Erklärung kann, solange die Entlassungsverfügung dem Soldaten noch nicht zugegangen ist, innerhalb zweier Wochen nach Zugang bei dem Disziplinarvorgesetzten zurückgenommen werden, mit Zustimmung der für die Entlassung zuständigen Stelle auch nach Ablauf dieser Frist. Die Entlassung ist für den beantragten Zeitpunkt auszusprechen; sie kann jedoch so lange hinausgeschoben werden, bis der Berufssoldat seine dienstlichen Obliegenheiten ordnungsgemäß erledigt hat, längstens drei Monate.

(8) Ein Leutnant kann in Ausnahmefällen bis zum Ende des dritten Dienstjahres als Offizier, spätestens vor dem Ende des zehnten Jahres der Gesamtdienstzeit in der Bundeswehr, wegen mangelnder Eignung als Berufsoffizier entlassen werden. Die in diesen Fällen zu gewährende Dienstzeitversorgung regelt das Soldatenversorgungsgesetz.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Beförderung ist die Verleihung eines höheren Dienstgrades.

(2) Die Dienstgrade einer Laufbahn sind regelmäßig zu durchlaufen, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist.

(3) Den in § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 6 Genannten kann abweichend von Absatz 2 ein höherer Dienstgrad verliehen werden

1.
für eine militärische Verwendung, wenn die für diese Verwendung erforderlichen militärischen Kenntnisse und Fähigkeiten und die erforderliche Lebenserfahrung durch eine berufliche Tätigkeit in Streitkräften oder streitkräfteähnlichen Einrichtungen erworben worden sind, oder
2.
für eine militärfachliche Verwendung, insbesondere eine solche, die einem Berufsbild aus dem Bereich des Gesundheits-, Verwaltungs-, Logistik- oder Medienwesens oder einem technischen Beruf entspricht, wenn die für diese Verwendung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten und die erforderliche Lebenserfahrung durch eine zivilberufliche Tätigkeit erworben worden sind.
Den in § 1 Satz 1 Nummer 3 bis 6 Genannten wird der Dienstgrad vorläufig verliehen; er kann nach einem Wehrdienst von mindestens der in § 10 Absatz 2 Satz 1, § 22 Absatz 2 Satz 5 und § 43 Absatz 5 Satz 2 jeweils bestimmten Dauer endgültig verliehen werden. In den Fällen nach Satz 1 Nummer 2 kann der höhere Dienstgrad auch zeitweilig für die Dauer der Verwendung verliehen werden. Über die Verleihung der höheren Dienstgrade entscheidet das Bundesministerium der Verteidigung oder die von ihm beauftragte Stelle. Die Laufbahn ist in der Entscheidung zu bezeichnen. Die Sätze 1 und 4 gelten entsprechend für die in § 1 Satz 1 Nummer 7 Genannten; der höhere Dienstgrad darf nur für die Dauer der dienstlichen Veranstaltung verliehen werden.

(1) Eine Beförderung ist, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, frühestens ein Jahr nach der Einstellung oder der letzten Beförderung zulässig, es sei denn, dass der bisherige Dienstgrad nicht regelmäßig durchlaufen werden musste.

(2) Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden ab dem Tag der Einstellung gerechnet oder, falls die Dienstzeit in einem bestimmten Dienstgrad abgeleistet sein muss, ab dem Tag, an dem die Ernennung wirksam geworden ist. Dabei gilt bei einer Einstellung oder Einberufung mit einem höheren als dem untersten Dienstgrad der Mannschaften die Zeit als erfüllt, die nach dieser Verordnung für eine Beförderung zu dem Dienstgrad, mit dem die Soldatin oder der Soldat eingestellt oder einberufen worden ist, erforderlich ist. Bei Soldatinnen oder Soldaten, die vor ihrer Einstellung Dienst als Beamtinnen oder Beamte im Bundesgrenzschutz, in der Bundespolizei oder in einer Bereitschaftspolizei der Länder geleistet haben, wird diese Dienstzeit auf die entsprechenden Dienstzeiten angerechnet, die Voraussetzung für die Beförderungen sind.

(3) Als Dienstzeit gilt auch die Zeit

1.
in einem vorläufigen Dienstgrad, wenn der Soldatin oder dem Soldaten dieser Dienstgrad verliehen worden ist; dies gilt nicht für die Zeit in einem vorläufigen Dienstgrad, den frühere Angehörige der ehemaligen Nationalen Volksarmee auf Anordnung des Bundesministeriums der Verteidigung während des Dienstverhältnisses besonderer Art geführt haben;
2.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge für die Tätigkeit in öffentlichen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen oder zur Übernahme von Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit;
3.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge, der dienstlichen Interessen oder öffentlichen Belangen dient, bis zur Dauer von insgesamt zwei Jahren; die zeitliche Grenze gilt nicht, wenn der Urlaub für eine der folgenden Tätigkeiten erteilt worden ist:
a)
für eine Tätigkeit als wissenschaftliche Assistentin oder wissenschaftlicher Assistent oder als Geschäftsführerin oder Geschäftsführer bei Fraktionen des Deutschen Bundestages oder der Landtage,
b)
für eine Tätigkeit bei der Deutschen Flugsicherung GmbH,
c)
für eine Tätigkeit bei sonstigen Gesellschaften des Bundes oder Gesellschaften mit Bundesbeteiligung oder
d)
für eine Tätigkeit bei Unternehmen, mit denen die Bundeswehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben auf vertraglicher Grundlage zusammenarbeitet;
4.
einer Elternzeit nach § 28 Absatz 7 des Soldatengesetzes sowie eines Urlaubs nach § 28 Absatz 5 des Soldatengesetzes.
Satz 1 Nummer 2 oder 3 ist nur anzuwenden, wenn die Soldatin oder der Soldat Aufgaben wahrnimmt, die ihrem oder seinem Dienstgrad entsprechen. Das Bundesministerium der Verteidigung hat bei Gewährung des Urlaubs schriftlich festzustellen, dass die Voraussetzungen vorliegen.

(4) Bei der Anrechnung von Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden Teilzeitbeschäftigung und Vollzeitbeschäftigung gleich behandelt.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Beförderung ist die Verleihung eines höheren Dienstgrades.

(2) Die Dienstgrade einer Laufbahn sind regelmäßig zu durchlaufen, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist.

(3) Den in § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 6 Genannten kann abweichend von Absatz 2 ein höherer Dienstgrad verliehen werden

1.
für eine militärische Verwendung, wenn die für diese Verwendung erforderlichen militärischen Kenntnisse und Fähigkeiten und die erforderliche Lebenserfahrung durch eine berufliche Tätigkeit in Streitkräften oder streitkräfteähnlichen Einrichtungen erworben worden sind, oder
2.
für eine militärfachliche Verwendung, insbesondere eine solche, die einem Berufsbild aus dem Bereich des Gesundheits-, Verwaltungs-, Logistik- oder Medienwesens oder einem technischen Beruf entspricht, wenn die für diese Verwendung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten und die erforderliche Lebenserfahrung durch eine zivilberufliche Tätigkeit erworben worden sind.
Den in § 1 Satz 1 Nummer 3 bis 6 Genannten wird der Dienstgrad vorläufig verliehen; er kann nach einem Wehrdienst von mindestens der in § 10 Absatz 2 Satz 1, § 22 Absatz 2 Satz 5 und § 43 Absatz 5 Satz 2 jeweils bestimmten Dauer endgültig verliehen werden. In den Fällen nach Satz 1 Nummer 2 kann der höhere Dienstgrad auch zeitweilig für die Dauer der Verwendung verliehen werden. Über die Verleihung der höheren Dienstgrade entscheidet das Bundesministerium der Verteidigung oder die von ihm beauftragte Stelle. Die Laufbahn ist in der Entscheidung zu bezeichnen. Die Sätze 1 und 4 gelten entsprechend für die in § 1 Satz 1 Nummer 7 Genannten; der höhere Dienstgrad darf nur für die Dauer der dienstlichen Veranstaltung verliehen werden.

(1) Eine Beförderung ist, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, frühestens ein Jahr nach der Einstellung oder der letzten Beförderung zulässig, es sei denn, dass der bisherige Dienstgrad nicht regelmäßig durchlaufen werden musste.

(2) Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden ab dem Tag der Einstellung gerechnet oder, falls die Dienstzeit in einem bestimmten Dienstgrad abgeleistet sein muss, ab dem Tag, an dem die Ernennung wirksam geworden ist. Dabei gilt bei einer Einstellung oder Einberufung mit einem höheren als dem untersten Dienstgrad der Mannschaften die Zeit als erfüllt, die nach dieser Verordnung für eine Beförderung zu dem Dienstgrad, mit dem die Soldatin oder der Soldat eingestellt oder einberufen worden ist, erforderlich ist. Bei Soldatinnen oder Soldaten, die vor ihrer Einstellung Dienst als Beamtinnen oder Beamte im Bundesgrenzschutz, in der Bundespolizei oder in einer Bereitschaftspolizei der Länder geleistet haben, wird diese Dienstzeit auf die entsprechenden Dienstzeiten angerechnet, die Voraussetzung für die Beförderungen sind.

(3) Als Dienstzeit gilt auch die Zeit

1.
in einem vorläufigen Dienstgrad, wenn der Soldatin oder dem Soldaten dieser Dienstgrad verliehen worden ist; dies gilt nicht für die Zeit in einem vorläufigen Dienstgrad, den frühere Angehörige der ehemaligen Nationalen Volksarmee auf Anordnung des Bundesministeriums der Verteidigung während des Dienstverhältnisses besonderer Art geführt haben;
2.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge für die Tätigkeit in öffentlichen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen oder zur Übernahme von Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit;
3.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge, der dienstlichen Interessen oder öffentlichen Belangen dient, bis zur Dauer von insgesamt zwei Jahren; die zeitliche Grenze gilt nicht, wenn der Urlaub für eine der folgenden Tätigkeiten erteilt worden ist:
a)
für eine Tätigkeit als wissenschaftliche Assistentin oder wissenschaftlicher Assistent oder als Geschäftsführerin oder Geschäftsführer bei Fraktionen des Deutschen Bundestages oder der Landtage,
b)
für eine Tätigkeit bei der Deutschen Flugsicherung GmbH,
c)
für eine Tätigkeit bei sonstigen Gesellschaften des Bundes oder Gesellschaften mit Bundesbeteiligung oder
d)
für eine Tätigkeit bei Unternehmen, mit denen die Bundeswehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben auf vertraglicher Grundlage zusammenarbeitet;
4.
einer Elternzeit nach § 28 Absatz 7 des Soldatengesetzes sowie eines Urlaubs nach § 28 Absatz 5 des Soldatengesetzes.
Satz 1 Nummer 2 oder 3 ist nur anzuwenden, wenn die Soldatin oder der Soldat Aufgaben wahrnimmt, die ihrem oder seinem Dienstgrad entsprechen. Das Bundesministerium der Verteidigung hat bei Gewährung des Urlaubs schriftlich festzustellen, dass die Voraussetzungen vorliegen.

(4) Bei der Anrechnung von Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden Teilzeitbeschäftigung und Vollzeitbeschäftigung gleich behandelt.

Tenor

1. § 17 Satz 1 des Gesetzes über den Hamburgischen Versorgungsfonds - Anstalt öffentlichen Rechts - (HVFG) vom 21. November 2006 (Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt I Seite 557) ist mit Artikel 3 Absatz 1 und 2 des Grundgesetzes unvereinbar.

2. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, spätestens bis zum 31. Dezember 2010 eine Neuregelung zu treffen.

Gründe

A.

1

Das konkrete Normenkontrollverfahren betrifft die Frage, inwieweit der Landesgesetzgeber zwischen verschiedenen Arbeitnehmergruppen differenzieren darf, wenn er bestimmten Arbeitnehmern, die im Bereich des öffentlichen Dienstes beschäftigt waren, für den Fall der Privatisierung ihres Arbeitgebers einen Anspruch auf Rückkehr in ein Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst gewährt und anderen Arbeitnehmern nicht.

I.

2

1. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Klägerin) ist seit dem 22. Juni 1987 als Reinigungskraft im Allgemeinen Krankenhaus Altona tätig. Der damals bestehende städtische Landesbetrieb Krankenhäuser (LBK) war rechtlich nicht verselbständigt. Das Arbeitsverhältnis bestand daher unmittelbar mit der Freien und Hansestadt Hamburg.

3

2. Aufgrund § 17 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Errichtung der Anstalt Landesbetrieb Krankenhäuser vom 11. April 1995 (LBKHG - HmbGVBl I S. 77) gingen die Arbeitsverhältnisse der in den städtischen Krankenhäusern tätigen Arbeitnehmer auf den Landesbetrieb Krankenhäuser Hamburg (LBK Hamburg), eine rechtsfähige Anstalt öffentlichen Rechts, über. Träger des LBK Hamburg war gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 LBKHG die Stadt. § 17 Abs. 2 LBKHG lautete:

4

Die Freie und Hansestadt Hamburg ist verpflichtet, für den Fall der Überführung der Anstalt in eine andere Trägerschaft dafür Sorge zu tragen, dass die Beschäftigten, die zum Stichtag des Übergangs auf den LBK Hamburg bei den Landesbetrieben beschäftigt waren, von dem neuen Träger unter Wahrung ihres Besitzstandes übernommen werden.Die Freie und Hansestadt Hamburg ist außerdem verpflichtet, im Falle einer Überführung der gesamten Anstalt in eine andere Trägerschaft ohne Mehrheitsbeteiligung der Freien und Hansestadt Hamburg diese Mitarbeiter auf deren Wunsch unter Wahrung der bei der Anstalt erreichten Lohn- und Vergütungsgruppe und Beschäftigungszeit wieder in den Diensten der Freien und Hansestadt Hamburg zu beschäftigen.Im Falle der Überführung einzelner Krankenhäuser oder anderer Einrichtungen des LBK Hamburg oder Teilen von ihnen in eine andere Trägerschaft ohne Mehrheitsbeteiligung des LBK Hamburg ist der LBK Hamburg verpflichtet, den Beschäftigten, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes als Arbeitnehmer oder Beamte beim LBK … beschäftigt gewesen sind, unter Wahrung der beim LBK Hamburg erreichten Lohn- und Vergütungsgruppe sowie Beschäftigungszeit den Verbleib in der Anstalt zu ermöglichen.

5

3. Ab dem 1. Januar 2000 beauftragte der LBK Hamburg die C ... GmbH mit der Durchführung der Reinigungsarbeiten in den Krankenhäusern. Die Arbeitsverhältnisse der im Reinigungsbereich tätigen Arbeitnehmer gingen aufgrund eines Betriebsteilübergangs gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die C... GmbH über. Auch die Klägerin wurde fortan von diesem Unternehmen, einer hundertprozentigen Tochter des LBK Hamburg, beschäftigt.

6

4. Mit dem Gesetz zur Errichtung der Betriebsanstalt LBK Hamburg (LBKBetriebG), das als Art. 1 des Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse des Landesbetriebs Krankenhäuser Hamburg - Anstalt öffentlichen Rechts - vom 17. Dezember 2004 (HmbGVBl I S. 487) in Kraft getreten ist, wurde mit Wirkung zum 1. Januar 2005 die Betriebsanstalt "LBK Hamburg - Anstalt öffentlichen Rechts" (Betriebsanstalt LBK Hamburg) errichtet. Zugleich wurde das LBKHG durch Art. 3 Ziffer 1 des Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse des Landesbetriebs Krankenhäuser Hamburg - Anstalt öffentlichen Rechts - vom 17. Dezember 2004 in "Gesetz zur Errichtung der Anstalt Landesbetrieb Krankenhäuser Hamburg Immobilien Anstalt öffentlichen Rechts (LBK-Immobilien Gesetz)" umbenannt, und dementsprechend wurde der bisherige LBK Hamburg gemäß Art. 3 Ziffer 2 des Neuregelungsgesetzes in LBK-Immobilien umbenannt. Bei der nunmehr neben der neu errichteten Betriebsanstalt LBK Hamburg bestehenden, nur noch als Besitzanstalt fungierenden LBK-Immobilien verblieben nur vier Personalstellen. Der Betrieb der Krankenhäuser wurde auf die Betriebsanstalt LBK Hamburg übertragen, deren Träger der LBK-Immobilien war (§ 1 Abs. 1 Satz 4 LBKBetriebG).

7

Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 LBKBetriebG gingen die Arbeitsverhältnisse der bisher beim ("alten") LBK Hamburg beschäftigten Arbeitnehmer mit Wirkung zum 1. Januar 2005 auf die Betriebsanstalt LBK Hamburg (den "neuen" LBK Hamburg) über. In § 14 Abs. 1 Satz 2 LBKBetriebG war geregelt, dass § 613a Absätze 1, 2 und 4 bis 6 BGB entsprechend gelten sollten. Die betroffenen Arbeitnehmer wurden darauf hingewiesen, dass sie dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse auf die Betriebsanstalt LBK Hamburg widersprechen könnten.

8

Mit der Verordnung zur Umwandlung der Betriebsanstalt LBK Hamburg in eine Kapitalgesellschaft vom 4. Januar 2005 (HmbGVBl I S. 4) wurde die Betriebsanstalt LBK Hamburg, bisher Anstalt öffentlichen Rechts mit dem LBK-Immobilien als ihrem Träger, sodann in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung umgewandelt, deren Mehrheitsgesellschafterin die Besitzanstalt LBK-Immobilien war. Nach § 2 Abs. 1 dieser Verordnung blieben die Rechte und Pflichten der Beschäftigten aus den bestehenden Arbeitsverträgen durch den Formwechsel unberührt.

9

Damit wurde der Großteil der bereits 1995 von der Stadt auf den LBK Hamburg übergeleiteten und dort ununterbrochen beschäftigten Arbeitnehmer zum Jahreswechsel 2004/2005 mit der Betriebsanstalt LBK Hamburg ausgegliedert, um das Arbeitsverhältnis anschließend nach der Umwandlung der Betriebsanstalt mit der neu gegründeten LBK Hamburg GmbH fortzusetzen. Mehrheitsgesellschafter der LBK Hamburg GmbH blieb vorerst die öffentliche Hand in Gestalt der Besitzanstalt LBK-Immobilien, deren Träger die Stadt war. Ziel der Umstrukturierung war aber, die Betriebsgesellschaft nach dem Formwechsel "durch Aufnahme des strategischen Partners" teilweise zu privatisieren (Bürgerschafts-Drucks 18/849, S. 11).

10

Der früheren Regelung zum Rückkehrrecht der Arbeitnehmer in § 17 Abs. 2 LBKHG entsprach nunmehr § 15 Abs. 2 LBK-Immobilien Gesetz (vgl. Art. 3 Ziffer 15 des Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse des Landesbetriebs Krankenhäuser Hamburg - Anstalt öffentlichen Rechts - vom 17. Dezember 2004 ). Ergänzend wurde in Abs. 3 des § 15 LBK-Immobilien Gesetzes geregelt, dass das Rückkehrrecht auch dann besteht, wenn die neu errichtete Anstalt öffentlichen Rechts in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt worden ist und der LBK-Immobilien seine Beteiligung an der Kapitalgesellschaft mehrheitlich veräußert.

11

5. Die Mehrheit der Anteile an der LBK Hamburg GmbH (74,9 %) ging am 1. Januar 2007 von der Stadt auf die A ... GmbH (im Folgenden: A ... GmbH) über. Zuvor war das LBK-Immobilien Gesetz durch Art. 1 Ziffer 1 des Gesetzes zur Änderung des LBK-Immobilien Gesetzes vom 21. November 2006 (HmbGVBl I S. 557) in "Gesetz über den Hamburgischen Versorgungsfonds - Anstalt öffentlichen Rechts - (HVFG)" umbenannt worden. Dementsprechend wurde der LBK-Immobilen in Hamburgischer Versorgungsfonds (HVF) umbenannt (§ 1 Abs. 1 Satz 1 HVFG in der Fassung des Art. 1 Ziffer 2 des Gesetzes zur Änderung des LBK-Immobilien Gesetzes vom 21. November 2006).

12

In § 17 HVFG wurde das Rückkehrrecht nunmehr wie folgt geregelt:

13

Veräußert der HVF seine Beteiligung an der LBK Hamburg GmbH mehrheitlich, so ist die Freie und Hansestadt Hamburg verpflichtet, diejenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der LBK Hamburg GmbH, die bereits im Zeitpunkt der Errichtung der LBK Hamburg - Anstalt öffentlichen Rechts - dort beschäftigt waren, auf deren Wunsch unter Wahrung der beim LBK Hamburg erreichten Lohn- und Vergütungsgruppe und Beschäftigungszeit wieder in den Diensten der Freien und Hansestadt Hamburg zu beschäftigen. Maßgeblicher Veräußerungszeitpunkt ist der Zeitpunkt des dinglichen Übergangs der Anteilsmehrheit. In diesem Fall hat die Leitung der LBK Hamburg GmbH alle betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von ihrem Recht nach Satz 1 schriftlich zu unterrichten. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können innerhalb von sechs Monaten nach Eingang der Mitteilung der Geschäftsleitung schriftlich mitteilen, dass sie von ihrem Recht Gebrauch machen. Die Überführung der Arbeitsverhältnisse in den Dienst der Freien und Hansestadt Hamburg soll dann binnen eines weiteren Jahres erfolgen. …

14

In der Gesetzesbegründung heißt es dazu (Bürgerschafts-Drucks 18/4930, S. 14):

15

Die Regelung über das Rückkehrrecht von bestimmten Beschäftigten der LBK Hamburg GmbH in den Dienst der Freien und Hansestadt Hamburg findet sich an dieser Stelle, weil der HVF die Anteile an der LBK Hamburg GmbH für die Stadt hält. Nur die Übertragung einer Mehrheit von Anteilen an der LBK Hamburg GmbH kann das Rückkehrrecht auslösen. Der Übergang der Anteilsmehrheit an der LBK Hamburg GmbH ist für den 1. Januar 2007 vorgesehen. Zur Verdeutlichung ist klargestellt, dass entsprechend der Regelung im LBKHG vom 11. April 1995 (HmbGVBl. S. 77), zuletzt geändert durch das Dritte Gesetz zur Änderung des LBK Hamburg Gesetzes vom 17. Dezember 2004 (HmbGVBl. S. 487) dieses Rückkehrrecht nur für die Beschäftigten der LBK Hamburg GmbH gilt, die bereits bei der Errichtung des Landesbetriebs Krankenhäuser Hamburg - Anstalt öffentlichen Rechts - dort beschäftigt waren und deren Beschäftigungsverhältnis bei der LBK Hamburg GmbH seitdem noch immer besteht.

16

Mit der Übertragung der Anteilsmehrheit auf die A ... GmbH waren die Voraussetzungen eines Rückkehrrechts nach § 17 HVFG für die in dieser Vorschrift bezeichnete Gruppe von Arbeitnehmern der LBK Hamburg GmbH zum 1. Januar 2007 erfüllt. Das von der Klägerin unter Hinweis auf ihre Zugehörigkeit zu dieser Gruppe ausgeübte Rückkehrrecht lehnte die Stadt mit der Begründung ab, die Klägerin sei nicht Arbeitnehmerin der LBK Hamburg GmbH, sondern der rechtlich selbständigen C ... GmbH.

II.

17

1. Die Klägerin erhob daraufhin vor dem Arbeitsgericht Klage gegen die Stadt und beantragte "festzustellen, dass ihr ein Rückkehrrecht zur Stadt nach § 17 S. 1 bis 5 HVFG zusteht".

18

Sie vertrat die Auffassung, dass die Vorschrift nach ihrem Sinn und Zweck auch auf die Arbeitnehmer Anwendung finden könne, deren Arbeitsverhältnisse im Jahr 2000 auf die C ... GmbH übergegangen seien. Ein auf die Arbeitnehmer der LBK Hamburg GmbH beschränktes Verständnis der Norm verstoße zudem gegen Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG sowie gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG folgende Gebot des Vertrauensschutzes. Dass ihr im Jahr 2000 ein Widerspruch gegen den sie betreffenden Betriebsübergang möglich gewesen wäre, könne die Versagung eines Rückkehrrechts nach dem Wortlaut des § 17 HVFG nicht rechtfertigen. Auch die früher beim LBK Hamburg beschäftigten Arbeitnehmer, denen anders als ihr ein Rückkehrrecht zugebilligt worden sei, hätten dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse auf die LBK Hamburg GmbH am 1. Januar 2005 nach § 613a Abs. 6 BGB widersprechen können.

19

Die Stadt machte zur Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmergruppen geltend, die Tatsache, dass sie von Anfang an nur denjenigen Arbeitnehmern ein Rückkehrrecht habe einräumen wollen, die dem LBK Hamburg seit 1995 eng verbunden verblieben seien, stelle einen legitimen Differenzierungsgrund dar. Der Landesgesetzgeber habe im Jahr 1995 mit der Einräumung des Rückkehrrechts gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 LBKHG einen Ausgleich dafür geschaffen, dass den damals auf den LBK Hamburg übergeleiteten Beschäftigten kein Widerspruchsrecht gegen die Übertragung ihrer Arbeitsverhältnisse zugestanden habe. § 613a BGB habe aufgrund der gesetzlich angeordneten Organisationsänderung innerhalb des öffentlichen Dienstes nicht zur Anwendung kommen können, und der Gesetzgeber habe auch im LBKHG kein entsprechendes Widerspruchsrecht normiert. Um die Beschäftigten des neu geschaffenen LBK Hamburg dennoch umfassend vor dem von ihnen nicht beeinflussbaren Verlust ihres Arbeitsplatzes im öffentlichen Dienst abzusichern, sei ihnen im Falle einer späteren Überführung der gesamten Anstalt in eine private Trägerschaft das Rückkehrrecht zur Stadt eingeräumt worden. Auch bei der Aufspaltung und Umwandlung des LBK Hamburg nach dem LBKBetriebG in den Jahren 2004/2005 habe es sich um eine gesetzlich angeordnete Überleitung der Arbeitsverhältnisse gehandelt, bei der die Schutzvorschrift des § 613a BGB nicht unmittelbar habe Anwendung finden können. Dementsprechend sei den von der Übertragung betroffenen Arbeitnehmern weiterhin das potentielle Rückkehrrecht zur Stadt eingeräumt worden. Die Regelung der entsprechenden Anwendbarkeit des § 613a BGB in § 14 Abs. 1 Satz 2 LBKBetriebG sei nur deshalb getroffen worden, weil der Gesetzgeber nicht habe ausschließen können, dass die Gerichte den Arbeitnehmern im Falle eines Rechtsstreits auch ohne unmittelbare Geltung des § 613a BGB ein Widerspruchsrecht zugebilligt hätten. Solchen Rechtsstreitigkeiten habe vorgebeugt werden sollen. Faktisch wäre das Widerspruchsrecht aber ins Leere gelaufen, da die widersprechenden Arbeitnehmer zwar beim LBK-Immobilien verblieben wären, aber wegen dort fehlender Beschäftigungsmöglichkeiten mit einer betriebsbedingten Kündigung hätten rechnen müssen. Das Fortbestehen des gesetzlichen Rückkehrrechts sei damit im Ergebnis weiterhin die einzige Möglichkeit geblieben, im Falle der Privatisierung des gesamten Krankenhausbetriebs in den öffentlichen Dienst zurückzukehren. Anders habe sich die Situation bei den Beschäftigten dargestellt, deren Arbeitsverhältnisse im Jahre 2000 aufgrund einer unternehmerischen Entscheidung des LBK Hamburg durch einen rechtsgeschäftlichen Teilbetriebsübergang auf die C ... GmbH übergegangen seien. Sie hätten den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf eine privatrechtliche Gesellschaft durch Ausübung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB verhindern können. Die Gefahr einer betriebsbedingten Kündigung sei zwar nicht gänzlich auszuschließen gewesen. In Anbetracht des beim LBK Hamburg verbliebenen Personalkörpers und Aufgabenkreises sowie des zu beachtenden Grundsatzes der Sozialauswahl wäre eine solche Kündigung aber kaum durchsetzbar gewesen. Insofern hätten die von dieser Teilausgliederung betroffenen Arbeitnehmer keines besonderen, über das Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB hinausgehenden Schutzes durch ein Rückkehrrecht zur Stadt bedurft. Diese Arbeitnehmer, die sich - indem sie nicht widersprochen hätten - entschieden hätten, ihre Tätigkeit ab 2000 bei der C ... GmbH auszuüben, hätten davon ausgehen müssen, dass mit der Ausgliederung auf ein eigenständiges Unternehmen auch Veränderungen in ihren Arbeitsverhältnissen einhergingen. Die Klägerin habe die für sie nachteilige Folge, kein Rückkehrrecht mehr geltend machen zu können, selbst verursacht, indem sie dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die C ... GmbH nicht widersprochen habe. Außerdem stelle die Gebäudereinigung keine genuin medizinische oder wie im Falle des technischen und des Verwaltungspersonals annexförmig dem Gesundheitswesen angegliederte Dienstleistung dar.

20

Die Klägerin schloss sich der Auffassung der Stadt an, dass die Widerspruchsmöglichkeit der Beschäftigten des LBK Hamburg zum Jahreswechsel 2004/2005 nach den tatsächlichen Verhältnissen bedeutungslos gewesen sei, weil bei Ausübung des Widerspruchsrechts die Gefahr einer betriebsbedingten Kündigung wegen fehlender verbleibender Arbeitsplätze beim LBK Hamburg bestanden hätte. Nicht anders sei aber die Situation der Beschäftigten im Reinigungsbereich im Jahr 2000 gewesen. Auch für sie hätte bei Erklärung eines Widerspruchs gegen den Betriebsübergang auf die C ... GmbH die Gefahr einer betriebsbedingten Kündigung bestanden. Ihre Arbeitsplätze seien beim LBK Hamburg mit der Ausgliederung weggefallen, und andere vergleichbare Arbeitsplätze seien beim LBK Hamburg schon mangels entsprechender sonstiger Qualifikation der Reinigungskräfte nicht vorhanden gewesen.

21

2. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Die Klägerin legte Berufung ein. Mit Beschluss vom 13. August 2008 setzte das Landesarbeitsgericht den Rechtsstreit aus und legte dem Bundesverfassungsgericht die Frage vor, ob § 17 HVFG mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

22

a) Die dem Bundesverfassungsgericht vorgelegte Frage sei entscheidungserheblich. Sei § 17 HVFG anzuwenden, müsse die Klage abgewiesen werden, weil eine Anspruchsgrundlage für das geltend gemachte Rückkehrrecht fehle. § 17 HVFG setze voraus, dass die Klägerin am 1. Januar 2007 als dem Zeitpunkt, in dem die Stadt die Anteilsmehrheit an der LBK Hamburg GmbH an die A ... GmbH übertragen habe, Arbeitnehmerin der LBK Hamburg GmbH gewesen sei. Die Klägerin stehe jedoch aufgrund eines Betriebsteilübergangs gemäß § 613a BGB seit dem 1. Januar 2000 in einem Arbeitsverhältnis mit der C ... GmbH. Für eine analoge Anwendung von § 17 HVFG sei kein Raum. Es fehle bereits an einer planwidrigen Regelungslücke. Der Wille des Gesetzgebers, dem die Ausgliederung des Reinigungsbereichs bekannt gewesen sei, gehe vielmehr ausweislich des klaren Wortlauts des Gesetzes dahin, das Rückkehrrecht auf diejenigen zu beschränken, die Beschäftigte der LBK Hamburg GmbH gewesen seien. Deshalb sei es den Fachgerichten auch nicht möglich, durch eine verfassungskonforme Auslegung den Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG im Falle der Klägerin zu vermeiden. Da die Chance bestehe, dass der Gesetzgeber nach einer Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Regelung über das Rückkehrrecht § 17 HVFG dahingehend ändere, dass er auch der Klägerin ein Rückkehrrecht einräume, komme es für die Entscheidung im Ausgangsverfahren auf die Verfassungsmäßigkeit der zur Überprüfung gestellten Vorschrift an.

23

b) Nach Überzeugung des Landesarbeitsgerichts verstößt § 17 HVFG gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

24

Die Vergleichsgruppen bestünden aus den seit 2000 bei der C ... GmbH beschäftigten Reinigungskräften einerseits und aus den damals beim LBK Hamburg verbliebenen Arbeitnehmern andererseits. Für letztere habe der Gesetzgeber auch bei den gesetzlichen Fortschreibungen ein im Wesentlichen unverändertes Rückkehrrecht zur Stadt vorgesehen, für erstere aber nicht, was im Hinblick auf Haftung, Arbeitsplatzsicherheit und Anwendbarkeit tariflicher Regelungen, beispielsweise des Ausschlusses einer ordentlichen Kündigung nach längerer Betriebszugehörigkeit, einen nicht unbeträchtlichen Nachteil darstelle.

25

Es handele sich um eine unterschiedliche Regelung für Personengruppen. Daher sei eine strenge Prüfung notwendig. Soweit der Gesetzgeber in § 17 HVFG der einen Gruppe ein Rückkehrrecht zur Stadt zubillige, der Gruppe, zu der die Klägerin gehöre, aber nicht, fehle es an einem sachlichen Differenzierungsgrund. Bereits im Jahr 1995 sei es die gesetzgeberische Absicht gewesen, die Beschäftigten des neu geschaffenen LBK Hamburg umfassend vor dem nicht beeinflussbaren Verlust ihrer Arbeitsstelle im öffentlichen Dienst abzusichern. Deshalb sei für den Fall einer späteren Überführung der gesamten Anstalt in eine private Trägerschaft das Rückkehrrecht zur Stadt gesetzlich eingeräumt worden. Die Rechtsstellung der Beschäftigten habe so gewahrt werden sollen, und finanzielle Nachteile hätten so verhindert werden sollen. Von dieser gesetzgeberischen Wohltat seien damals auch die Reinigungskräfte erfasst worden. Ihr später aufgrund unternehmerischer Entscheidung erfolgter Wechsel in eine hundertprozentige Tochtergesellschaft stelle keinen sachlichen Grund dar, ihnen im Gegensatz zu ihren vergleichbaren Kollegen bei Erlass des § 17 HVFG das Rückkehrrecht vorzuenthalten. Für eine solche Differenzierung lasse sich kein vernünftiger, aus der Natur der Sache folgender oder sonst einleuchtender Grund finden.

26

Der Gesetzgeber knüpfe für das Entstehen des Rückkehrrechts nicht an den formalen Wechsel der Person des jeweiligen Arbeitgebers oder seiner Rechtsform an, sondern stelle darauf ab, ob aufgrund der Übertragung von Mehrheitsanteilen von einer das Rückkehrrecht auslösenden Privatisierung des LBK Hamburg auszugehen sei. Es bestehe auch kein Unterschied in der Wahlmöglichkeit der Beschäftigten beider Gruppen beim Wechsel des Arbeitgebers. Allen Beschäftigten sei 1995 ein Rückkehrrecht zur Kompensation des gesetzlich angeordneten, von den Beschäftigten nicht beeinflussbaren Arbeitgeberwechsels eingeräumt worden. Sodann sei zum 1. Januar 2000 ein weiterer, diesmal rechtsgeschäftlicher Wechsel für die Beschäftigten im Reinigungsbereich mit einem von der Rechtsprechung anerkannten Widerspruchsrecht gemäß § 613a BGB erfolgt. Da keine vergleichbaren Arbeitsplätze beim LBK Hamburg verblieben seien, wäre im Falle des Widerspruchs eine betriebsbedingte Kündigung zu erwarten gewesen. Keinesfalls wäre es arbeitsrechtlich angeraten gewesen, dem Betriebsübergang zu widersprechen. Genauso theoretisch sei das den Beschäftigten der Vergleichsgruppe eingeräumte Widerspruchsrecht durch den gemäß § 14 Abs. 1 LBKBetriebG vom 17. Dezember 2004 erfolgten Verweis auf § 613a Abs. 6 BGB gewesen, da bei der Besitzanstalt LBK-Immobilien nur vier Arbeitsplätze verblieben seien.

27

Die Differenzierung könne auch nicht mit den unterschiedlichen Aufgaben der Betroffenen begründet werden. Ohne Reinigungsarbeiten lasse sich ein Krankenhaus genauso wenig betreiben wie ohne medizinische, pflegerische, technische oder verwaltende Tätigkeiten. Würde der unterschiedliche Aufgabenbereich, der Grad der Vorbildung oder die Nähe der Aufgabe zum medizinischen Kerngeschäft als Kriterium herangezogen, würde sich angesichts des weitaus größeren Frauenanteils in der Gruppe der bei der C ... GmbH Beschäftigten zudem das Problem einer mittelbaren Diskriminierung stellen.

28

Ein zulässiger Differenzierungsgrund könne zwar auch in der Befugnis des Gesetzgebers zur Typisierung und Generalisierung von Sachverhalten liegen. Die damit verbundenen Belastungen seien hinzunehmen, wenn sie nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären, lediglich eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen beträfen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv sei. Auch danach erweise sich die Regelung aber nicht als verfassungsgemäß. Die Belastung der Reinigungskräfte ließe sich durch ihre Einbeziehung in das Rückkehrrecht einfach vermeiden. Es sei auch keine im Verhältnis zur begünstigten Gruppe nur kleine Zahl von Personen betroffen, und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz sei nicht belanglos.

III.

29

Zur Vorlage haben der Präses der Justizbehörde für den Senat der Freien und Hansestadt Hamburg, die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts, der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, die dbb Tarifunion und die Klägerin des Ausgangsverfahrens Stellung genommen.

30

1. Im Anschluss an den Vortrag der Stadt im Ausgangsverfahren hat der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg im Hinblick auf die Ausführungen der Klägerin, ein Widerspruch gegen den Betriebsübergang sei angesichts des Risikos einer dann folgenden betriebsbedingten Kündigung eine rein theoretische Möglichkeit gewesen, auf § 9 der "Rahmendienstvereinbarung Beschäftigungssicherung im LBK Hamburg" vom 23. Juni 1997 und auf Anschlussvereinbarungen vom 4. Januar 1999 und 22. Dezember 2000 hingewiesen. In diesen Dienstvereinbarungen des Vorstands und des Gesamtpersonalrats des LBK Hamburg ist geregelt, dass der LBK Hamburg im Zusammenhang mit Maßnahmen, die dem Geltungsbereich dieser Dienstvereinbarungen unterfielen, zeitlich befristet auf betriebsbedingte Änderungs- und Beendigungskündigungen verzichtet. Zur Frage einer mittelbaren Frauendiskriminierung hat der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg mitgeteilt, dass im Januar 2007 der Anteil der weiblichen Beschäftigten im LBK Hamburg bei 69,5 % und bei der C ... GmbH bei 93,5 % lag.

31

2. Die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts hat eine Stellungnahme des Vorsitzenden des Achten Senats übersandt, wonach dort mehrere Revisionsverfahren zu Fragen des Rückkehrrechts in den Landesdienst nach dem HVFG anhängig seien.

32

3. Nach Ansicht des Deutschen Gewerkschaftsbunds wäre § 17 HVFG verfassungswidrig, wenn man die Vorschrift so wie das Landesarbeitsgericht interpretierte. Dann läge eine willkürliche, gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Ungleichbehandlung zwischen den auf die C... GmbH übergegangenen Arbeitnehmern des Reinigungsbereichs und den bei dem LBK Hamburg verbliebenen Arbeitnehmern vor. Die gerichtliche Auslegung des § 17 Satz 1 HVFG, nach der für ein Rückkehrrecht ein Arbeitsverhältnis mit der LBK Hamburg GmbH bestehen müsse, sei jedoch zu eng. Richtig sei vielmehr eine Auslegung, die von der gesellschaftsrechtlichen Lage abstrahiere und auf den letztlich hinter den gesellschaftsrechtlichen Konstruktionen stehenden Eigentümer abstelle. Daher genüge es bei verfassungskonformer Auslegung der Norm, dass der Mitarbeiter seine Tätigkeit an einem Objekt der LBK Hamburg ausübe, auch wenn das Arbeitsverhältnis mit der C ... GmbH bestehe.

33

4. Nach Auffassung der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und der dbb Tarifunion ist § 17 HVFG, soweit er das Rückkehrrecht auf Mitarbeiter der LBK Hamburg GmbH beschränkt, wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verfassungswidrig. Für die Vergleichsgruppen, die Beschäftigten bei der C ... GmbH und bei der LBK Hamburg GmbH, führe die Regelung zu unterschiedlichen, für die Klägerin nachteiligen Ergebnissen. Diese unterschiedliche Behandlung vergleichbarer Personengruppen sei mangels eines sachlichen Differenzierungsgrundes verfassungswidrig. Die Angestellten der C ... GmbH seien ebenso wie das sonstige Krankenhauspersonal in den internen Arbeitsablauf integriert. Der Entzug des Rückkehrrechts betreffe auch keine vergleichsweise kleine Personengruppe, die bei einer typisierenden Regelung nicht hätte berücksichtigt werden müssen. Jedenfalls sei es auch unter dem Gesichtspunkt der Typisierung verfassungsrechtlich nicht erlaubt, die fiskalischen Interessen der Stadt durch die willkürliche Herausnahme von sozial besonders schutzbedürftigen Arbeitnehmern aus einem Rückkehrangebot zu wahren. Die Klägerin hätte den Eintritt der ihr mit der Gesetzesänderung vom 21. November 2006 entstehenden Nachteile auch nicht durch Ausübung des Widerspruchsrechts verhindern können. Da beim LBK Hamburg keine Arbeitsplätze im Reinigungsbereich verblieben seien, hätte mit einer betriebsbedingten Kündigung gerechnet werden müssen. Die Stadt, der LBK Hamburg und die C ... GmbH hätten den arbeitsrechtlichen Schutz der Klägerin systematisch ausgehebelt.

34

5. Die Klägerin hat sich unter Bezugnahme auf ihren Vortrag im Ausgangsverfahren ebenfalls der Auffassung des Landesarbeitsgerichts angeschlossen, § 17 HVFG sei verfassungswidrig.

B.

35

Die Vorlage ist zulässig. Das Landesarbeitsgericht hat seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit des § 17 Satz 1 HVFG und von der Entscheidungserheblichkeit der verfassungsrechtlichen Beurteilung der Norm ausreichend begründet (§ 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG).

C.

36

§ 17 Satz 1 HVFG ist mit Art. 3 Abs. 1 und 2 GG unvereinbar.

I.

37

Die Regelung des § 17 Satz 1 HVFG verstößt gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, weil sie die schon im April 1995 und seitdem ununterbrochen in den ehemals städtischen Krankenhäusern tätigen, seit 2000 bei der C... GmbH angestellten Arbeitnehmer in nicht zu rechtfertigender Weise gegenüber vergleichbaren Arbeitnehmern benachteiligt.

38

1. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Verboten ist auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird (vgl. BVerfGE 110, 412 <431>; 112, 164 <174>; 116, 164 <180>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 7. Juli 2009 - 1 BvR 1164/07 -, VersR 2009, S. 1607 <1609>).

39

2. § 17 Satz 1 HVFG führt zu einer Ungleichbehandlung innerhalb der Gruppe der Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse 1995 von der Stadt auf den LBK Hamburg übergeleitet wurden. Den Reinigungskräften, denen damals mit den anderen an den Kliniken der Stadt bei der Gründung des LBK Hamburg beschäftigten Arbeitnehmern durch § 17 Abs. 2 LBKHG für den Fall der Privatisierung ein Rückkehrrecht in den öffentlichen Dienst gewährt wurde, wird nunmehr durch die Neuregelung des § 17 Satz 1 HVFG ein solches Rückkehrrecht verwehrt. Dieses Recht soll nach dieser Vorschrift nur den Arbeitnehmern zustehen, die zuletzt bei der LBK Hamburg GmbH beschäftigt waren, nicht aber denjenigen, deren Arbeitsverhältnisse schon im Jahr 2000 vom LBK Hamburg auf die C ... GmbH übergegangen waren, weil diese Arbeitnehmer am 1. Januar 2007 nicht "Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der LBK Hamburg GmbH" waren.

40

a) Die Ungleichbehandlung der Arbeitnehmergruppen wird bei einer Gegenüberstellung der sie betreffenden rechtlichen Rahmenbedingungen seit 1995 deutlich.

41

aa) Die in den städtischen Krankenhäusern beschäftigten Arbeitnehmer mit Ausnahme des Reinigungspersonals standen bis 2004 in einem Arbeitsverhältnis mit dem LBK Hamburg. Zum 1. Januar 2005 gingen diese Arbeitsverhältnisse kraft Gesetzes auf die neu errichtete Betriebsanstalt LBK Hamburg über. Der Gesetzgeber ordnete in § 14 Abs. 1 Satz 2 LBKBetriebG an, dass § 613a Abs. 6 BGB entsprechend gelten solle, die Arbeitnehmer dem Arbeitgeberwechsel also widersprechen könnten. Der Widerspruch hätte zur Folge gehabt, dass das Arbeitsverhältnis mit dem früheren LBK Hamburg fortbestanden hätte, der nunmehr Landesbetrieb Krankenhäuser Hamburg Immobilien hieß und nur noch als Besitzanstalt fungierte. Die nicht widersprechenden Mitarbeiter wurden sodann Arbeitnehmer der durch Umwandlung der Betriebsanstalt LBK Hamburg entstandenen LBK Hamburg GmbH.

42

Ein Rückkehrrecht nach § 15 Abs. 2 LBK-Immobilien Gesetz, der den ab 1995 geltenden § 17 Abs. 2 LBKHG ersetzte, lösten diese Vorgänge nicht aus. Dies wurde in § 15 Abs. 3 Satz 1 LBK-Immobilien Gesetz ausdrücklich klargestellt. Träger der Betriebsanstalt LBK Hamburg war der LBK-Immobilien, also der umbenannte frühere LBK Hamburg, dessen Träger wiederum die Stadt war. Die Umwandlung der Betriebsanstalt in die LBK Hamburg GmbH hatte zur Folge, dass der LBK-Immobilien die Gesellschafterstellung in der GmbH einnahm. Es kam zu keinem Verlust der Mehrheitsbeteiligung der Stadt beziehungsweise des früheren LBK Hamburg, so dass die Option einer Rückkehr in den weiter bestehenden Bereich des öffentlichen Dienstes nicht notwendig war. In § 15 Abs. 3 Satz 2 LBK-Immobilien Gesetz wurde aber § 15 Abs. 2 Satz 2 LBK-Immobilien Gesetz als Nachfolgeregelung des § 17 Abs. 2 Satz 2 LBKHG, also das Rückkehrrecht zur Stadt, für anwendbar erklärt, sobald der LBK-Immobilien seine Mehrheitsbeteiligung an der LBK Hamburg GmbH aufgeben sollte.

43

Dieser Fall trat am 1. Januar 2007 ein. Zu diesem Zeitpunkt hielt allerdings nicht mehr der LBK-Immobilien die Anteile an der LBK-Hamburg GmbH für die Stadt, sondern die mit dem Gesetz zur Änderung des LBK-Immobilien Gesetzes vom 21. November 2006 neu errichtete, Hamburgischer Versorgungsfonds genannte Anstalt öffentlichen Rechts. Das Rückkehrrecht der "Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der LBK Hamburg GmbH, die bereits im Zeitpunkt der Errichtung der LBK Hamburg - Anstalt öffentlichen Rechts - dort beschäftigt waren", in ein Arbeitsverhältnis unmittelbar mit der Stadt ergab sich nunmehr aus § 17 Satz 1 HVFG, da der HVF seine Beteiligung an der LBK Hamburg GmbH mehrheitlich veräußert hatte. Durch die Regelung begünstigt wurden also die Arbeitnehmer, deren Arbeitgeber vor der Errichtung des früheren LBK Hamburg die Stadt selbst war und deren Arbeitsverhältnisse im April 1995 kraft Gesetzes auf den LBK Hamburg übergegangen waren und zuletzt im Zeitpunkt der Privatisierung am 1. Januar 2007 mit der LBK Hamburg GmbH bestanden.

44

Für diese Arbeitnehmer sahen die Gesetze demnach seit April 1995 in allen zwischenzeitlich geltenden Fassungen ein Rückkehrrecht in den öffentlichen Dienst im Falle einer materiellen Privatisierung vor. Die gesetzlichen Voraussetzungen des Rückkehrrechts waren für sie erstmals am 1. Januar 2007 erfüllt. Außerdem hätte ihnen zum Jahreswechsel 2004/2005 ein Widerspruchsrecht zugestanden.

45

bb) Im Vergleich dazu entwickelte sich die Rechtslage für die im Bereich der Krankenhausreinigung beschäftigten Arbeitnehmer wie folgt:

46

Am 1. Januar 2000 gingen ihre Arbeitsverhältnisse gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB vom LBK Hamburg auf die C... GmbH über. Die Voraussetzungen eines Rückkehrrechts nach § 17 Abs. 2 LBKHG waren nicht erfüllt. Weder wurde der gesamte LBK Hamburg in eine andere Trägerschaft überführt (§ 17 Abs. 2 Satz 2 LBKHG), noch handelte es sich um die Überführung einer einzelnen Einrichtung der Anstalt in eine andere Trägerschaft ohne Mehrheitsbeteiligung des LBK Hamburg (§ 17 Abs. 2 Satz 3 LBKHG). Der LBK Hamburg hielt vielmehr 100 % der Anteile der C ... GmbH. Die Arbeitnehmer hätten dem Arbeitgeberwechsel allerdings widersprechen können. Zwar wurde das Widerspruchsrecht der von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer erst durch das Gesetz zur Änderung des Seemannsgesetzes und anderer Gesetze vom 23. März 2002 (BGBl I S. 1163) in § 613a Abs. 6 BGB kodifiziert. Es war aber schon zuvor in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts anerkannt (vgl. BAG, Urteil vom 8. Mai 2001 - 9 AZR 95/00 -, AP BGB § 613a Nr. 219, unter I 1 b cc der Gründe, m.w.N.). Bei einem Widerspruch hätte das Arbeitsverhältnis zum LBK Hamburg fortbestanden.

47

Zum 1. Januar 2005 ergab sich für das bei der C ... GmbH beschäftigte Reinigungspersonal keine Änderung ihrer arbeitsrechtlichen Position. Infolge der Umwandlung des LBK Hamburg in die LBK Hamburg GmbH rückte lediglich diese GmbH in die Gesellschafterstellung bei der C ... GmbH ein. Es lag daher kein Betriebsübergang vor, der ein Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB hätte auslösen können. Ein Rückkehrrecht zum LBK Hamburg konnte aus § 15 Abs. 2 LBK-Immobilien Gesetz, der § 17 Abs. 2 LBKHG ersetzte, schon deshalb nicht folgen, weil die Stadt weiterhin ihre Mehrheitsbeteiligung an der Besitzanstalt LBK-Immobilien, der Gesellschafterin der LBK Hamburg GmbH, hielt.

48

Auch zum 1. Januar 2007 änderte sich nichts daran, dass Arbeitgeber der Reinigungskräfte die C ... GmbH blieb. Eine Anwendung des § 613a Abs. 6 BGB schied daher aus. Allenfalls kam ein gesetzliches Rückkehrrecht der Arbeitnehmer zur Stadt in Betracht. Rechtsgrundlage dafür war nunmehr § 17 Satz 1 HVFG. Die sachliche Voraussetzung der Norm war erfüllt: Mehrheitsgesellschafterin der C ... GmbH war zwar weiterhin die LBK Hamburg GmbH, aber deren Mehrheitsgesellschafterin war ab diesem Zeitpunkt die nicht von der Stadt beherrschte A ... GmbH. In persönlicher Hinsicht kommt die im Zeitpunkt der Privatisierung geltende gesetzliche Grundlage für das Rückkehrrecht jedoch nur den Mitarbeitern zugute, die am 1. Januar 2007 bei der LBK Hamburg GmbH beschäftigt waren. Der persönliche Geltungsbereich der Norm erstreckt sich nicht auf die Reinigungskräfte als Arbeitnehmer einer Tochtergesellschaft der LBK Hamburg GmbH.

49

Diese Arbeitnehmer hätten also dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse auf die C ... GmbH zum 1. Januar 2000 widersprechen können. Ein Rückkehrrecht nach einem der seit 1995 für den Krankenhausbereich geltenden Landesgesetze konnten sie hingegen zu keinem Zeitpunkt geltend machen.

50

b) Eine abweichende Auslegung des § 17 Satz 1 HVFG dahingehend, dass auch den auf die C... GmbH übergeleiteten Arbeitnehmern ein Rückkehrrecht zusteht, kommt nicht in Betracht. Das Bemühen um eine verfassungskonforme Auslegung mit dem Ziel, einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG zu vermeiden, stößt dort an seine Grenzen, wo einem bereits nach dem Wortlaut, aber jedenfalls nach dem gesetzgeberischen Willen eindeutigen Gesetz eine davon abweichende Bedeutung verliehen beziehungsweise das gesetzgeberische Ziel in einem wesentlichen Punkt verfehlt oder verfälscht würde. Eine solche Auslegung, mit der an die Stelle der Gesetzesvorschrift inhaltlich eine andere gesetzt oder mit der ein Regelungsinhalt erstmals geschaffen wird, ist grundsätzlich nicht zulässig (vgl. BVerfGE 59, 330 <334>; 78, 20 <24>; zum gegenläufigen Willen des Landesgesetzgebers vgl. auch BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 1. Dezember 2009 - 1 BvR 2857/07, 1 BvR 2858/07 -, DVBl 2010, S. 108 <114>, Rn. 185). Ob schon der Wortlaut des § 17 Satz 1 HVFG unüberbrückbar einer Auslegung entgegensteht, nach der auch die bei einer Tochtergesellschaft der LBK Hamburg GmbH angestellten Reinigungskräfte eine Übernahme in ein Arbeitsverhältnis mit der Stadt verlangen könnten, muss nicht abschließend beurteilt werden. Eine Einbeziehung dieser Arbeitnehmer in den Anwendungsbereich der Norm scheidet jedenfalls nach dem eindeutig in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommenden und in der Praxis durch die Ablehnung der Rückkehr der Klägerin seitens der Stadt bestätigten Willen des Landesgesetzgebers aus, der das Rückkehrrecht in Kenntnis der Ausgliederung des Reinigungsbereichs im Jahr 2000 ausdrücklich auf die zuletzt bei der LBK Hamburg GmbH beschäftigten Mitarbeiter beschränken wollte.

51

3. Diese Ungleichbehandlung ist nicht gerechtfertigt.

52

a) Eine Ungleichbehandlung von Personengruppen verletzt Art. 3 Abs. 1 GG, wenn keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfGE 55, 72 <88>; 84, 197 <199>; 100, 195 <205>; 109, 96 <123>; 110, 274 <291>). Sie trifft hier mit den Reinigungskräften eine nach ihrer sozialen Zusammensetzung und ihrer ökonomischen Stellung eher schwache Gruppe, die tendenziell weniger in der Lage ist, sich gegen eine Schlechterstellung zu wehren. Zur Begründung dieser Ungleichbehandlung reicht es nicht aus, dass der Normgeber ein seiner Art nach geeignetes Unterscheidungsmerkmal berücksichtigt hat. Vielmehr muss auch für das Maß der Differenzierung ein innerer Zusammenhang zwischen den vorgefundenen Verschiedenheiten und der differenzierenden Regelung bestehen, der sich als sachlich vertretbarer Unterscheidungsgesichtspunkt von hinreichendem Gewicht anführen lässt (vgl. BVerfGE 93, 386 <401>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 7. Juli 2009 - 1 BvR 1164/07 -, VersR 2009, S. 1607 <1609>). Dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers sind dabei umso engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten, hier der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG), nachteilig auswirken kann (vgl. BVerfGE 121, 317 <370>).

53

b) Die Benachteiligung der Reinigungskräfte gegenüber den sonstigen Arbeitnehmern ist nicht gerechtfertigt. Ein sachlicher Differenzierungsgrund ist nicht erkennbar.

54

aa) Ein tragfähiger Grund für die Ungleichbehandlung liegt nicht darin, dass die Reinigungskräfte schon vor der das Rückkehrrecht nach § 17 Satz 1 HVFG auslösenden Privatisierung in einem privatrechtlich organisierten Unternehmen beschäftigt waren. Für die Arbeitnehmer, die die gesetzlichen Voraussetzungen des Rückkehrrechts zur Stadt erfüllen, gilt nämlich nichts anderes. Ihr Arbeitgeber war seit Anfang 2005 die LBK Hamburg GmbH. Beide Arbeitnehmergruppen waren damit zuletzt bei einer Kapitalgesellschaft beschäftigt, auf die die Stadt aber bis zum 31. Dezember 2006 kraft ihrer Beteiligung beherrschenden Einfluss hatte. Außerdem sollten die Arbeitnehmer durch das ursprünglich in § 17 Abs. 2 LBKHG und zuletzt in § 17 Satz 1 HVFG geregelte Rückkehrrecht nicht vor einem formalen Arbeitgeberwechsel oder einer Umstrukturierung, die den beherrschenden Einfluss der Stadt nicht berührt, geschützt werden. Vielmehr hat das Rückkehrrecht erst dann eingegriffen, als die Zugehörigkeit zum öffentlichen Dienst auch materiell dadurch verloren gegangen ist, dass die Stadt ihre Anteilsmehrheit aufgegeben hat.

55

bb) Die Argumentation der Stadt, die Reinigungskräfte hätten ihre Zugehörigkeit zum öffentlichen Dienst bei ihrer Ausgliederung am 1. Januar 2000 durch Erklärung eines Widerspruchs gegen den Arbeitgeberwechsel aufrecht erhalten können, zeigt keinen rechtserheblichen Unterschied zu den übrigen Arbeitnehmern auf.

56

(1) Den Reinigungskräften kann nicht unterstellt werden, sich im Jahr 2000 bewusst gegen einen Verbleib im öffentlichen Dienst entschieden zu haben. Vielmehr haben sie den Betriebsteilübergang vom LBK Hamburg auf die damals noch von der Stadt beherrschte C ... GmbH lediglich widerspruchslos hingenommen. Damit haben sie den Umstrukturierungsmaßnahmen der Stadt im Krankenhausbereich Folge geleistet und insofern sogar ihre Solidarität mit der städtischen Personalplanung unter Beweis gestellt. Daher kann dieses Verhalten nicht als Abkehr von der Stadt interpretiert werden und darf den Reinigungskräften nunmehr nicht zum Nachteil gereichen.

57

(2) Die auf einen unterstellten Abkehrwillen der Reinigungskräfte im Jahr 2000 gestützte Differenzierung ist aber auch aus einem weiteren Grund nicht tragfähig.

58

Die Stadt hatte den anderen, bis dahin beim LBK Hamburg beschäftigten Arbeitnehmern im Zuge der zum Jahreswechsel 2004/2005 durchgeführten Umwandlungen mit der Folge eines kraft Gesetzes eingetretenen Arbeitgeberwechsels ein Widerspruchsrecht entsprechend § 613a Abs. 6 BGB eingeräumt. Die Rechtslage war daher für beide Arbeitnehmergruppen in dem Zeitpunkt, in dem der LBK Hamburg aus der Arbeitgeberstellung zu ihnen ausschied, identisch. Beide Arbeitnehmergruppen hätten den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses mit dem LBK Hamburg durch Erklärung eines Widerspruchs herbeiführen können: Die Reinigungskräfte, als ihre Arbeitsverhältnisse am 1. Januar 2000 gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die C... GmbH übergingen, und die anderen Arbeitnehmer zum Jahreswechsel 2004/2005, als durch § 14 LBKBetriebG die neue, dann in eine GmbH umgewandelte Betriebsanstalt LBK Hamburg ihr Arbeitgeber wurde. Folglich ist es sachlich nicht gerechtfertigt, dass der Gesetzgeber im Hinblick auf das frühere Widerspruchsrecht der Reinigungskräfte nur den übrigen, nicht im Reinigungsbereich eingesetzten Arbeitnehmern für den Fall der späteren Privatisierung ein weiteres Instrumentarium zur Fortsetzung ihrer Beschäftigung im öffentlichen Dienst an die Hand geben wollte.

59

Ein rechtlich beachtlicher Unterschied kann auch nicht darin gesehen werden, dass die Reinigungskräfte im Januar 2000 einen erheblichen Anlass zum Widerspruch gegen den Arbeitgeberwechsel gehabt hätten, die anderen Arbeitnehmer zum Jahreswechsel 2004/2005 hingegen nicht. In beiden Fällen war ihr Arbeitgeber zuvor eine Anstalt öffentlichen Rechts und nach der Umstrukturierung eine privatrechtlich organisierte Kapitalgesellschaft, deren Anteile - zumindest mittelbar - mehrheitlich von der Stadt gehalten wurden. Beide Arbeitnehmergruppen konnten sich zum jeweiligen Zeitpunkt außerdem für den Fall einer späteren Veräußerung der Mehrheitsbeteiligung der Stadt auf ein gesetzliches Rückkehrrecht in den öffentlichen Dienst berufen. Den Reinigungskräften kann daher nicht entgegengehalten werden, sie hätten im Januar 2000 eine bessere Gelegenheit zum Widerspruch gegen den Arbeitgeberwechsel verstreichen lassen als die übrigen Arbeitnehmer zum Jahreswechsel 2004/2005.

60

Ein unterschiedlich starker Abkehrwille von der Stadt kommt im Unterlassen des Widerspruchs auch dann nicht zum Ausdruck, wenn man die jeweilige Motivation der Arbeitnehmer für ihr Verhalten zum jeweils maßgeblichen Zeitpunkt in den Blick nimmt. Der Hinweis der Stadt darauf, dass ein Widerspruch der zum Jahreswechsel 2004/2005 beim LBK Hamburg beschäftigten Arbeitnehmer vernünftigerweise nicht in Betracht gekommen sei, weil bei dieser Anstalt beziehungsweise bei der Besitzanstalt LBK-Immobilien im Zuge der durchgeführten Umstrukturierungen keine geeigneten Arbeitsplätze verblieben seien, greift nicht durch. Es ist nicht erkennbar, dass das Reinigungspersonal beim Betriebsteilübergang im Jahr 2000 den Widerspruch gegen den Arbeitgeberwechsel demgegenüber eher als vernünftige Option hätte ansehen können. Der LBK Hamburg hatte die Reinigungsarbeiten ausgegliedert und daher keinen Bedarf mehr für eine Beschäftigung eigener Reinigungskräfte. Für die Arbeitnehmer beider Gruppen hat sich somit in dem Zeitpunkt, in dem ihre Arbeitsverhältnisse vom LBK Hamburg auf einen neuen Arbeitgeber übergingen, keine Perspektive einer sicheren Weiterbeschäftigung beim LBK Hamburg geboten, wenn sie ihr Recht zum Widerspruch gegen den Arbeitgeberwechsel wahrgenommen hätten. An dieser Einschätzung ändert sich auch nichts, wenn angenommen wird, dass eine betriebsbedingte Kündigung der Reinigungskräfte durch den LBK Hamburg aufgrund einer im Januar 2000 geltenden Dienstvereinbarung bis Ende 2001 ausgeschlossen gewesen wäre. Damit wäre zwar vorübergehend der rechtliche Fortbestand des Arbeitsverhältnisses im Falle des Widerspruchs gesichert gewesen. Eine tatsächliche, auf Dauer angelegte Beschäftigungsmöglichkeit bestand nach dem Betriebsteilübergang aber nur noch bei der C ... GmbH, und genau diese Art des Einsatzes der Reinigungskräfte in den Krankenhäusern entsprach der damaligen Organisationsentscheidung der Stadt. Es kann daher keine Rede davon sein, dass die Reinigungskräfte eine Ausweichoption gehabt hätten, mit der sie sich keinem nennenswerten rechtlichen oder wirtschaftlichen Risiko ausgesetzt hätten (vgl. BVerfGE 120, 1 <53>).

61

Im Übrigen kommen hier derartige spekulative Überlegungen zur Motivationslage der Arbeitnehmer ohnehin nicht als Differenzierungsgrund in Betracht. Normativ betrachtet hat die Stadt für die von der Überleitung ihrer Arbeitsverhältnisse zum Jahreswechsel 2004/2005 betroffenen Arbeitnehmer durch Gesetz ein Widerspruchsrecht entsprechend § 613a Abs. 6 BGB vorgesehen und ihnen damit die Gelegenheit gegeben, sich für oder gegen einen Verbleib beim LBK Hamburg zu entscheiden. Vergleichbar war die Gesetzeslage für die am 1. Januar 2000 von einem Arbeitgeberwechsel betroffenen Reinigungskräfte. Die Argumentation der Stadt ist nicht schlüssig, wenn sie einerseits den Arbeitnehmern gesetzliche Widerspruchs- und Rückkehrrechte einräumt, andererseits jedoch meint, diese Rechte liefen in einem Falle leer, hätten aber im anderen Falle wahrgenommen werden müssen, um den Willen zum Verbleib im öffentlichen Dienst unter Beweis zu stellen. Der zunächst mit § 17 Abs. 2 LBKHG und zuletzt mit § 17 Satz 1 HVFG angestrebte gesetzliche "Schutz vor einer Privatisierung" muss daher losgelöst von der Frage betrachtet werden, ob und aus welchen Gründen sich die Arbeitnehmer gegebenenfalls dagegen entschieden hätten, diesen Schutz in Anspruch zu nehmen. Die Stadt muss sich an der von ihr gesetzten Rechtslage festhalten lassen.

62

cc) Die Benachteiligung der Reinigungskräfte kann entgegen dem Vorbringen der Stadt im Ausgangsverfahren auch nicht überzeugend darauf gestützt werden, dass die Gebäudereinigung keine dem Gesundheitswesen zuzuordnende Dienstleistung sei. Die Stadt hatte zunächst den gesamten Betrieb des Krankenhauses - einschließlich der Gebäudereinigung - in eigener Regie geführt und hat sämtliche Bereiche der früher städtischen Krankenhäuser privatisiert. Dabei wurde keine Notwendigkeit gesehen, einzelne Bereiche in öffentlicher Hand zu belassen. Dann kann es aber nicht überzeugen, dass im Zuge der umfassenden Privatisierung nur bestimmte Arbeitnehmergruppen eine Weiterbeschäftigung im öffentlichen Dienst verlangen dürfen. Ohnehin kann mit dieser Begründung nicht gerechtfertigt werden, dass beispielsweise die in der Verwaltung der Krankenhäuser oder in der Haustechnik eingesetzten Arbeitnehmer ein Rückkehrrecht erhalten, die Reinigungskräfte aber nicht. Plausibel ist eine Abgrenzung, nach der nur dem eng mit dem Gesundheitswesen verknüpften Personal ein Widerspruchsrecht eingeräumt werden soll, außerdem deshalb nicht, weil nach der Privatisierung der Krankenhäuser gerade für diese Arbeitnehmer Einsatzmöglichkeiten bei der Stadt schwieriger zu finden sein dürften als für weniger spezialisierte Mitarbeiter.

63

dd) Die Ungleichbehandlung kann auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass dem Gesetzgeber die grundsätzliche Befugnis zu einer Typisierung und Generalisierung zugebilligt wird (vgl. BVerfGE 99, 280 <290>; 111, 115 <137>). Die Absicht des Gesetzgebers, bestimmten Arbeitnehmern die Rückkehr in den öffentlichen Dienst zu ermöglichen und anderen nicht, beruht nicht auf einer gesetzgeberischen Beurteilung von typischen, einer pauschalierenden Regelung zugänglichen Sachverhalten. Hintergrund, Regelungsgegenstand und Zweck des § 17 Satz 1 HVFG sind vielmehr konkret greifbar. Darüber hinausgehende pauschalierende Erwägungen oder Typisierungen, mit denen die gesetzliche Differenzierung gerechtfertigt werden könnte, sind nicht erkennbar. Insbesondere ist die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu gesetzlichen Stichtagsregelungen nicht einschlägig. Das Tatbestandsmerkmal des § 17 Satz 1 HVFG, das die bei der C... GmbH beschäftigten Reinigungskräfte vom Rückkehrrecht ausnimmt, ist keine Stichtagsregelung, denn die Reinigungskräfte werden ausgeschlossen, weil sie nicht "Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der LBK Hamburg GmbH" sind. Diese Voraussetzung musste zwar gerade im Zeitpunkt der Privatisierung erfüllt sein, damit das Rückkehrrecht ausgeübt werden konnte. Die Verknüpfung mehrerer sachlicher und persönlicher Voraussetzungen mit einem Zeitmerkmal macht die Norm aber nicht zu einer Stichtagsregelung.

II.

64

Darüber hinaus ist § 17 Satz 1 HVFG mit Art. 3 Abs. 2 GG unvereinbar.

65

1. Art. 3 Abs. 2 GG bietet Schutz auch vor faktischen Benachteiligungen. Die Verfassungsnorm zielt auf die Angleichung der Lebensverhältnisse von Frauen und Männern (vgl. BVerfGE 87, 1 <42>; 109, 64 <89>; 113, 1 <15>). Durch die Anfügung von Satz 2 in Art. 3 Abs. 2 GG ist ausdrücklich klargestellt worden, dass sich das Gleichberechtigungsgebot auf die gesellschaftliche Wirklichkeit erstreckt (vgl. BVerfGE 92, 91 <109>; 109, 64 <89>; 113, 1 <15>). In diesem Bereich wird die Durchsetzung der Gleichberechtigung auch durch Regelungen gehindert, die zwar geschlechtsneutral formuliert sind, im Ergebnis aber aufgrund natürlicher Unterschiede oder der gesellschaftlichen Bedingungen überwiegend Frauen betreffen (vgl. BVerfGE 97, 35 <43>; 104, 373 <393>; 113, 1 <15>). Demnach ist es nicht entscheidend, dass eine Ungleichbehandlung unmittelbar und ausdrücklich an das Geschlecht anknüpft. Über eine solche unmittelbare Ungleichbehandlung hinaus erlangen für Art. 3 Abs. 2 GG die unterschiedlichen Auswirkungen einer Regelung für Frauen und Männer ebenfalls Bedeutung. Eine solche Berücksichtigung der mittelbaren Diskriminierung im Rahmen des Gleichberechtigungsgebots entspricht der Rechtsentwicklung im Europarecht (vgl. Art. 2 der Richtlinie 76/207/EWG in der Fassung der Richtlinie 2002/73/EG vom 23. September 2002 zur Änderung der Richtlinie 76/207/EWG des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen, ABl Nr. L 269 vom 5. Oktober 2002, S. 15 <17>; Art. 2 Buchstabe b der Richtlinie 2004/113/EG vom 13. Dezember 2004 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, ABl Nr. L 373 vom 21. Dezember 2004, S. 37 <40>; EuGH, Urteil vom 13. Juli 1989 - C-171/88 -, Slg. 1989, S. 2743; Urteil vom 23. Oktober 2003 - C-4/02 und C-5/02 -, Slg. 2003, S. I-12575).

66

2. Der Landesgesetzgeber hat ganz überwiegend Arbeitnehmerinnen benachteiligt, indem er das Rückkehrrecht auf die zuletzt bei der LBK Hamburg GmbH angestellten Arbeitnehmer beschränkt und die bei der C ... GmbH beschäftigten Reinigungskräfte ausgeschlossen hat. Die geschlechtsspezifische Wirkung der Regelung folgt aus der in der sozialen Wirklichkeit vorfindbaren Zusammensetzung dieser Berufsgruppe. Bei der Sonderregelung für Reinigungskräfte im vorliegenden Fall steht faktisch fest, dass sie mit einem Anteil von 93,5 % hauptsächlich Frauen trifft. Dieser Anteil liegt damit wesentlich über dem im Klinikbereich hier ohnehin hohen Frauenanteil (69,5 %). Das löst damit genau die Gefahr einer mittelbaren Diskriminierung aus, der Art. 3 Abs. 2 GG begegnen will.

67

Unter diesen Bedingungen könnte eine solche Ungleichbehandlung nur dann gerechtfertigt werden, wenn sie auf hinreichenden sachlichen Gründen beruht, die nichts mit der geschlechtsbezogenen Benachteiligung zu tun haben (vgl. BVerfGE 113, 1 <20 f.>; vgl. auch EuGH, Urteil vom 13. Mai 1986 - Rs. 170/84 -, Slg. 1986, S. 1607; Urteil vom 27. Mai 2004 - C-285/02 -, Slg. 2004, S. I-5861; BAG, Urteil vom 25. Juli 1996 - 6 AZR 138/94 -, AP BAT § 35 Nr. 6). Da hier jedoch schon keine vor Art. 3 Abs. 1 GG tragfähigen Rechtfertigungsgründe ersichtlich sind, scheidet eine Rechtfertigung der mittelbaren geschlechtsspezifischen Diskriminierung nach Art. 3 Abs. 2 GG erst recht aus.

III.

68

Da eine verfassungskonforme Auslegung des § 17 Satz 1 HVFG nicht möglich ist, kann die Verletzung des Art. 3 Abs. 1 und 2 GG nur dadurch beseitigt werden, dass das Rückkehrrecht, bezogen auf den hier maßgeblichen Zeitpunkt der zum Jahreswechsel 2006/2007 durchgeführten Privatisierung, neu geregelt wird. Bis zu einer Neuregelung, die der Gesetzgeber bis zum 31. Dezember 2010 zu treffen hat, muss der Rechtsstreit vor dem Landesarbeitsgericht weiter ausgesetzt werden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

1. Das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 5. Februar 2010 - 6 S 18/09 - und das Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 9. Juni 2009 - 2 C 112/09 - verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 3 Satz 1 des Grundgesetzes.

2. Das Urteil des Landgerichts Karlsruhe wird aufgehoben und die Sache an das Landgericht zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.

3. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

4. ...

Gründe

A.

1

Die Beschwerdeführerin wendet sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen die Nichtberücksichtigung von Zeiten des gesetzlichen Mutterschutzes als Umlagemonate im Rahmen der betrieblichen Zusatzversorgung nach der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Satzung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL).

I.

2

1. Die VBL hat als Zusatzversorgungseinrichtung für Beschäftigte des öffentlichen Dienstes die Aufgabe, den Arbeitnehmern der an ihr beteiligten Arbeitgeber im Wege privatrechtlicher Versicherung eine Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren. Diese ergänzt die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

3

Die Zusatzversorgungseinrichtung, der Arbeitgeber sowie dessen Arbeitnehmer befinden sich in einer rechtlichen Dreiecksbeziehung. Die Arbeitnehmer besitzen gegenüber ihrem Arbeitgeber einen arbeitsrechtlichen Anspruch auf Gewährleistung der Zusatzversorgung. Um diesem zu genügen, schließt der Arbeitgeber zugunsten seiner Arbeitnehmer mit der VBL einen privatrechtlichen Gruppenversicherungsvertrag ab. Aus diesem Vertrag erwächst den Arbeitnehmern gegenüber der VBL ein unmittelbarer versicherungsrechtlicher Anspruch auf eine Zusatzversorgungsrente.

4

Dem System der Zusatzversorgung der VBL lag bis zum 31. Dezember 2000 der "Tarifvertrag über die Versorgung der Arbeitnehmer des Bundes und der Länder sowie von Arbeitnehmern kommunaler Verwaltungen und Betriebe" vom 4. November 1966 (Versorgungs-TV) zugrunde. Dieser sah eine Versicherungspflicht bei der VBL vor und traf dazu einige grundlegende Regelungen. Die konkrete Ausgestaltung der Zusatzversicherung ergab sich aus der Satzung der VBL in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (VBLS a.F.).

5

a) Die vom Arbeitnehmer im Rahmen der Zusatzversorgung im Normalfall zu erreichende Versorgungsrente (§§ 37 ff. VBLS a.F.) beruhte nach dem alten System auf dem so genannten Gesamtversorgungsprinzip. Damit sollte dem Versicherten ein bestimmtes Gesamtniveau seiner Versorgung gewährt werden, das sich an der Beamtenversorgung orientierte. Einen Anspruch auf Versorgungsrente hatte der Versicherte allerdings nur, wenn er zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls - insbesondere bei Erreichen der Regelaltersgrenze - weiter in der Zusatzversicherung pflichtversichert war (§ 37 Abs. 1 Buchstabe a VBLS a.F.). Andernfalls hatten Versicherte nach Erfüllung der Wartezeit Anspruch auf eine Versicherungsrente (§ 37 Abs. 1 Buchstabe b VBLS a.F.). Die Versicherungsrente war der versicherungsmathematische Gegenwert einer für jeden Versicherten zum Rentenbeginn feststehenden Beitragssumme.

6

b) Mit der Neufassung ihrer Satzung vom 22. November 2002 (VBLS) hat die VBL ihr Zusatzversorgungssystem rückwirkend zum 31. Dezember 2001 (Umstellungsstichtag) grundlegend umgestellt und das frühere Gesamtversorgungssystem durch ein auf einem Punktemodell beruhendes, beitragsorientiertes Betriebsrentensystem ersetzt. Den Systemwechsel hatten zuvor die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes vereinbart.

7

2. Die Finanzierung der Zusatzversorgung für die öffentlich Beschäftigten erfolgte seit 1978 und erfolgt auch nach der Neuregelung im Jahr 2002 grundsätzlich durch ein Umlagesystem.

8

a) Der jeweilige Umlagesatz entspricht einem bestimmten Prozentsatz des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts des versicherten Arbeitnehmers. Diese Umlage wird nicht zur Finanzierung der späteren Rente des versicherten Arbeitnehmers benutzt, sondern dient nach der Art eines "Generationenvertrags" der Finanzierung der bereits vorhandenen Renten, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums, des so genannten Deckungsabschnitts, neu entstehen.

9

b) Für den Erwerb von Anwartschaften auf eine Versorgungs- oder Versicherungsrente nach der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Satzung der VBL muss der Versicherte nach § 37 Abs. 1, § 38 Abs. 1 VBLS a.F. eine Wartezeit von 60 Umlagemonaten erfüllt haben. Die Vorschriften lauten:

10

§ 37

11

(1) Tritt bei dem Versicherten, der die Wartezeit (§ 38) erfüllt hat, der Versicherungsfall (§ 39) ein und ist er in diesem Zeitpunkt

12

a) pflichtversichert, hat er einen Anspruch auf Versorgungsrente für Versicherte (§§ 40 bis 43b) (Versorgungsrentenberechtigter),

13

b) freiwillig weiterversichert oder beitragsfrei versichert, hat er einen Anspruch auf Versicherungsrente für Versicherte (§§ 44, 44a) (Versicherungsrentenberechtigter).

14

...

15

§ 38

16

(1) Die Wartezeit beträgt 60 Umlagemonate (§ 29 Abs. 10).

17

Als ein Umlagemonat gilt dabei gemäß § 29 Abs. 10 Satz 1 VBLS a.F. ein Kalendermonat, für den eine Umlage für mindestens einen Tag für laufendes, zusatzversorgungspflichtiges Entgelt entrichtet wurde. Was als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt anzusehen ist, bestimmt § 29 Abs. 7 VBLS a.F., der auf der Regelung des § 8 Abs. 5 Versorgungs-TV beruht und diese inhaltlich übernommen hat. Er definiert als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt den steuerpflichtigen Arbeitslohn und regelt die zeitliche Zuordnung des zusatzversorgungsrechtlichen Entgelts nach den Bestimmungen der gesetzlichen Rentenversicherung (Bauer, Die Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst, 1998, S. 20). Die Regelungen des § 29 Abs. 1 und Abs. 7 Satz 1 VBLS a.F. in der hier maßgeblichen bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung lautet:

18

§ 29

19

(1) Der Arbeitgeber hat eine monatliche Umlage in Höhe des nach § 76 festgesetzten Satzes des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts (Absatz 7) des Versicherten einschließlich eines vom Pflichtversicherten erhobenen Beitrags nach § 76 Abs. 1a zu zahlen.

20

21

(7) Zusatzversorgungspflichtiges Entgelt ist, soweit nachstehend nichts anderes bestimmt ist, der entsprechend den Bestimmungen über die Beitragsentrichtung in der gesetzlichen Rentenversicherung zeitlich zugeordnete steuerpflichtige Arbeitslohn. …

22

§ 29 Abs. 7 Satz 3 VBLS a.F. legt bestimmte Leistungen des Arbeitgebers fest, die nicht als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt anzusehen sind, darunter etwa geldwerte Vorteile, vermögenswirksame Leistungen oder Krankengeldzuschüsse. Für Krankheitszeiten, in denen ein versicherter Arbeitnehmer einen Zuschuss zum Krankengeld erhält, sieht § 29 Abs. 7 Satz 5 VBLS a.F. eine spezielle Anrechnungsregel vor. Damit wird gewährleistet, dass sämtliche Krankheitszeiten, in denen ein Arbeitnehmer gesetzliche Lohnfortzahlung oder einen Krankengeldzuschuss nach den tarifvertraglichen Regelungen des öffentlichen Dienstes erhalten hat, als Umlagezeiten berücksichtigt werden. Die Bestimmung lautet:

23

(7) … Hat der Arbeitnehmer für einen Zahlungszeitraum/Abrechnungszeitraum oder für einen Teil eines Zahlungszeitraums/Abrechnungszeitraums Anspruch auf Krankengeldzuschuss, gilt - auch wenn der Krankengeldzuschuss wegen der Höhe der Barleistungen des Sozialversicherungsträgers nicht gezahlt wird - für diesen Zahlungszeitraum/Abrechnungszeitraum als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt der Urlaubslohn (zuzüglich eines etwaigen Sozialzuschlags, es sei denn, dass dieser durch Tarifvertrag ausdrücklich als nicht gesamtversorgungsfähig bezeichnet ist) bzw. die Urlaubsvergütung für die Tage, für die der Arbeitnehmer Anspruch auf Lohn, Vergütung, Urlaubslohn, Urlaubsvergütung, Krankenbezüge oder Krankengeldzuschuss hat.

24

In diesem Zahlungszeitraum/Abrechnungszeitraum geleistete einmalige Zahlungen sind neben dem Urlaubslohn bzw. der Urlaubsvergütung nach Maßgabe der Sätze 1 bis 3 zusatzversorgungspflichtiges Entgelt.

25

c) Nach der Regelung des § 29 Abs. 7 Satz 1 VBLS a.F. gelten hingegen Zuschüsse des Arbeitgebers zum Mutterschaftsgeld während der Zeiten eines Beschäftigungsverbots nach § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 MuSchG - in der Regel sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt - nicht als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt, da sie als Lohnersatzleistungen gemäß § 3 Nr. 1 Buchstabe d EStG steuerfrei gestellt sind und damit keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellen (vgl. Gilbert/Hesse, Die Versorgung der Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes, Satzung der VBL, § 29 B, Rn. 17). Dementsprechend wurden im Rahmen der Zusatzversorgung nach der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Regelung während der Mutterschutzzeiten keine Umlagen durch den jeweiligen Arbeitgeber erbracht.

26

3. Die Zahl der Umlagemonate spielt sowohl bei der Erfüllung der Wartezeit als auch bei der Berechnung von Leistungen aus der Zusatzversorgung eine entscheidende Rolle. So richtet sich die Höhe der mit Erfüllung der Wartezeit erworbenen Rentenanwartschaft im Fall einer Versorgungsrente entsprechend der alten Satzungsregelung nach dem gesamtversorgungsfähigen Entgelt sowie der gesamtversorgungsfähigen Zeit (§§ 40 ff. VBLS a.F.). Gesamtversorgungsfähige Zeit sind die bis zum Beginn der Versorgungsrente zurückgelegten Umlagemonate (§ 42 Abs. 1 VBLS a.F.).

27

Für den Fall, dass der Versicherte Anwartschaften auf eine Versicherungsrente erworben hat, die nach § 80 VBLS in das neue System übergeleitet wurden, bemisst sich die Höhe der Rente nach einem bestimmten Vomhundertsatz der zusatzversorgungspflichtigen Entgelte, von denen tatsächlich Umlagen entrichtet worden sind (§ 44 VBLS a.F.).

28

4. Die Vereinbarkeit der Nichtberücksichtigung von Mutterschutzzeiten im Rahmen der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes war Gegenstand einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union. Mit Urteil vom 13. Januar 2005 (Rs. C-356/03, Mayer) stellte der Gerichtshof fest, dass Art. 6 Abs. 1 Buchstabe g der Richtlinie 86/378/EWG in der durch die Richtlinie 96/97/EG geänderten Fassung nationalen Bestimmungen wie § 29 Abs. 7 VBLS a.F. entgegensteht, nach denen eine Arbeitnehmerin während des teilweise vom Arbeitgeber bezahlten gesetzlichen Mutterschaftsurlaubs keine Anwartschaften auf eine Versicherungsrente, die Teil eines Zusatzversorgungssystems ist, erwirbt, weil die Entstehung solcher Anwartschaften davon abhängt, dass die Arbeitnehmerin während des Mutterschaftsurlaubs steuerpflichtigen Arbeitslohn erhält. Der Bundesgerichtshof folgte in seinem Urteil vom 1. Juni 2005 (IV ZR 100/02, NJW-RR 2005, S. 1161) der bindenden Vorlageentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union, stellte aber zugleich fest, dass er an seiner Auffassung, die Regelungen § 29 Abs. 1 und Abs. 7 VBLS a.F. verstießen nicht gegen nationales Recht und insbesondere nicht gegen Grundrechte der Versicherten, festhalte.

29

Diese Entscheidungen beziehen sich nur auf Beschäftigungszeiten, die nach dem 17. Mai 1990 liegen. Dies ergibt sich aus Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 96/97/EG, der die zeitliche Rückwirkung der einschlägigen Richtlinie entsprechend der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache Barber (EuGH, Urteil vom 17. Mai 2001, Rs. - C-262/88, Barber, Slg. 1990 I-1889) begrenzt.

II.

30

Die am 22. März 1948 geborene Beschwerdeführerin stand in der Zeit vom 13. August 1986 bis 31. Dezember 1988 und vom 12. September 2005 bis 9. September 2007 in einem Arbeitsverhältnis zum Freistaat Bayern, in der Zeit vom 1. Juli 1992 bis 31. Januar 1993 arbeitete sie beim Deutschen Jugendinstitut. Sie war jeweils über ihren Arbeitgeber bei der VBL versichert. Vom 20. April 1988 bis 26. Juli 1988 befand sich die Beschwerdeführerin im Mutterschutz.

31

1. Die VBL teilte der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 16. Juni 2008 mit, dass sie insgesamt 59 Umlagemonate angesammelt habe, ein Anspruch auf Betriebsrente jedoch nicht bestehe, da die Wartezeit von 60 Monaten nicht erreicht sei. Die Mutterschutzzeiten wurden dabei nicht als umlagefähige Zeiten berücksichtigt.

32

2. Darauf erhob die Beschwerdeführerin Klage gegen die VBL vor dem Amtsgericht Karlsruhe mit dem Antrag, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, bei der Berechnung der der Beschwerdeführerin zustehenden Betriebsrentenanwartschaft die Zeiten des Mutterschutzes wie Umlagemonate zu berücksichtigen. Die Beschwerdeführerin berief sich dabei wegen der zeitlichen Begrenzung der Richtlinie 96/97/EG auf ihr Grundrecht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 3 GG. Das Amtsgericht wies die Klage ab.

33

3. Die dagegen gerichtete Berufung wies das Landgericht Karlsruhe mit Urteil vom 5. Februar 2010 zurück. Prüfungsmaßstab für die Nichtberücksichtigung von Mutterschutzzeiten bei der Berechnung des versorgungspflichtigen Entgelts nach der VBLS a.F. sei das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG, das hier in Verbindung mit dem Gebot der Familienförderung aus Art. 6 Abs. 1 GG gesehen werden müsse. Aus dieser Wertentscheidung der Verfassung zugunsten der Familie sei die allgemeine Pflicht des Staates und sonstiger Versorgungsträger zu einem Familienlastenausgleich zu entnehmen. Der Satzungsgeber müsse auch darauf achten, dass Kindererziehende in den bestehenden Altersversorgungssystemen gegenüber Erwerbstätigen benachteiligt seien. Eine sachwidrige Ungleichbehandlung liege indes nicht vor.

34

Die Beschwerdeführerin habe während des Mutterschutzes kein zusatzversorgungspflichtiges Entgelt erhalten, da sie keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn gezahlt bekommen habe. Weil der Arbeitgeber beziehungsweise die Beschwerdeführerin nicht zur Zahlung von Umlagen verpflichtet gewesen sei, würden die Zeiten des Mutterschutzes konsequenterweise auch nicht als Umlagemonate berücksichtigt. Bei der Berechnung der Versorgungsrente blieben die Mutterschutzzeiten jedoch auch nicht gänzlich unberücksichtigt, sie würden vielmehr im Rahmen der Ermittlung der gesamtversorgungsfähigen Zeit zur Hälfte angerechnet (§ 42 Abs. 1, 2 VBLS a.F. i.V.m. § 54 Abs. 1 Nr. 1b, § 54 Abs. 3, § 58 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI).

35

Die Alterssicherung auf der Grundlage der VBLS erfolge nach dem Abschnittsdeckungsverfahren. Dieses bewirke, dass die Versorgungsleistungen grundsätzlich aus den von den Mitgliedern selbst angesammelten Beiträgen zu finanzieren seien. Der Satzungsgeber der Zusatzversorgung dürfe daher eher auf Beitragsleistungen während Mutterschutz- und Kinderbetreuungszeiten bestehen als derjenige der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Beklagte erhalte insbesondere keine Bundes- oder Landeszuschüsse zum Ausgleich "versicherungsfremder" Leistungen wie Rentenanwartschaften für Mutterschutz- und Kinderbetreuungszeiten, wie dies in der gesetzlichen Rentenversicherung der Fall sei.

III.

36

Mit der unmittelbar gegen die Entscheidungen des Amts- und des Landgerichts und mittelbar gegen § 29 Abs. 7 Satz 1 VBLS a.F. sowie § 8 Abs. 5 Versorgungs-TV erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG und des allgemeinen Gleichheitssatzes in Art. 3 Abs. 1 GG.

37

1. Die Satzung der VBL sei ungeachtet ihres privatrechtlichen Charakters am Maßstab des Art. 3 GG zu messen, da die VBL als Anstalt des öffentlichen Rechts eine öffentliche Aufgabe wahrnehme.

38

Nach Art. 3 Abs. 3 GG dürfe das Geschlecht grundsätzlich nicht Anknüpfungspunkt für eine rechtliche Ungleichbehandlung sein. Dies gelte auch dann, wenn eine Regelung nicht auf eine nach Art. 3 Abs. 3 GG verbotene Ungleichbehandlung angelegt sei, sondern in erster Linie andere Ziele verfolge. Die Beschwerdeführerin werde unmittelbar wegen ihres Geschlechts diskriminiert. Ausschließlich Frauen könnten Mutterschutz in Anspruch nehmen.

39

2. Es gebe keine zwingenden Gründe, die eine solche Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten. Der Verweis des Landgerichts darauf, dass die VBL ihre Leistungen nach den ihr zufließenden Umlagen auszurichten habe, was einer Berücksichtigung umlagefreier Zeiten wie Mutterschutzzeiten entgegenstehe, berücksichtige nicht, dass der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld ohne Not umlagefrei gestellt worden sei. Der Satzungsgeber wäre gehalten gewesen, die Satzung diskriminierungsfrei auszugestalten. Außerdem habe es das vom Landgericht und vom Bundesgerichtshof angenommene Prinzip, wonach VBL-Leistungen ausschließlich für durch Umlagen abgedeckte Zeiten gewährt worden seien, überhaupt nicht gegeben. Vielmehr seien in erheblichem Umfang versicherungsfremde Leistungen erbracht worden. Hierbei müsse insbesondere die Bestimmung des § 29 Abs. 7 Satz 5 VBLS a.F. beachtet werden. Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes hätten nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums Krankengeld seitens der gesetzlichen Krankenversicherung und einen Krankengeldzuschuss seitens des Arbeitgebers erhalten. Obwohl es sich nur bei letzterem um steuerpflichtiges Entgelt handele, hätten die Arbeitgeber Umlagen auf der Basis eines fiktiven Urlaubslohns, also auch für steuerfreie Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, abführen müssen. Die Ungleichbehandlung zwischen den längerfristig erkrankten Versicherten und den in Mutterschutz befindlichen versicherten Frauen sei augenscheinlich. Beide hätten steuerfreie Leistungen erhalten, die allerdings nur im Falle des Krankengeldes angerechnet würden.

40

3. Die Beschwerdeführerin sieht sich jedenfalls mittelbar diskriminiert. Der gewählte Anknüpfungspunkt des steuerpflichtigen Arbeitslohns in der Satzung der VBL wirke sich auf die Gruppe der Versicherten, die Mutterschutz in Anspruch genommen hätten, im Sinne einer faktischen Benachteiligung aus. Auch eine solche mittelbare Diskriminierung sei nach Art. 3 Abs. 3 GG verboten.

41

4. Sofern das Landgericht Karlsruhe darauf verweise, dass die vom Gerichtshof der Europäischen Union gewährte Übergangsfrist in das deutsche Verfassungsrecht übernommen werden könnte, sei dem die Entscheidung des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juni 2008 - 2 BvL 6/07 - (BVerfGE 121, 241 ff.) entgegenzuhalten. Auch im Fall des beamtenrechtlichen Versorgungsabschlags, der für teilzeitbeschäftigte Beamte eine überproportionale Kürzung von Versorgungsanwartschaften vorsah, habe das Bundesverfassungsgericht die zeitliche Begrenzung aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht übernommen.

IV.

42

Zur Verfassungsbeschwerde hat die VBL als Beklagte des Ausgangsverfahrens Stellung genommen. Nach ihrer Ansicht verstößt es weder gegen Art. 3 Abs. 3 noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG, dass die Zeiten des Mutterschutzes nicht als Umlagemonate bei der Erfüllung der Wartezeit im Rahmen einer Versicherungsrente berücksichtigt werden.

43

1. Die VBL habe Leistungen nur zu erbringen, soweit ihr Beiträge beziehungsweise Umlagen zugeflossen seien. Zuschüsse von dritter Seite würden in der Zusatzversorgung nicht gezahlt. Anders als die staatliche Sozialversicherung und insbesondere die gesetzliche Rentenversicherung sei sie nicht dem Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes unterworfen. Sie sei daher nicht verpflichtet, Zeiten, für die keine Beiträge beziehungsweise Umlagen entrichtet worden seien, zu berücksichtigen.

44

Die Versicherung der VBL sei Teil der betrieblichen Altersversorgung. Sie sei eine Gegenleistung aus dem Arbeitsvertrag und damit eine besondere Form der Vergütung. Es sei daher ein sachgerechtes Differenzierungskriterium, wenn Versicherungszeiten und die Leistungsberechnung an den Bezug von steuerpflichtigem Arbeitslohn anknüpften und steuerfreie Einnahmen eines Beschäftigten - wie der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld -, die vornehmlich sozialen Zwecken dienten, nicht in die Zusatzversorgung einbezogen würden.

45

2. Ein Vergleich zwischen der Gruppe der Beschäftigten während der Mutterschutzzeiten und den Beschäftigten, die einen Krankengeldzuschuss erhielten, sei nicht sachgerecht. Anders als der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld, der nach § 3 Satz 1 Buchstabe d EStG steuerfrei und damit nicht zusatzversorgungspflichtig sei, sei der Zuschuss des Arbeitgebers zum Krankengeld nach § 2 Abs. 2 Nr. 5 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung steuerpflichtig. Damit wäre der Zuschuss zum Krankengeld nach der Regelung in § 29 Abs. 7 Satz 1 VBLS a.F. an sich auch zusatzversorgungspflichtig. Die Berücksichtigung des Krankengeldzuschusses als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt mindere eine Versorgung eines Leistungsberechtigten gegenüber der Versorgung eines Beschäftigten, der nicht länger krank gewesen sei, jedoch dann erheblich, wenn der Krankengeldzuschuss in den Dreijahreszeitraum für die Berechnung einer Versorgungsrente falle (§ 43 Abs. 1 VBLS a.F.). Deshalb würde der Zuschuss zum Krankengeld - trotz seiner Steuerpflichtigkeit - nach § 29 Abs. 7 Satz 3 Buchstabe d VBLS a.F. von der Zusatzversorgungspflicht ausgenommen, um stattdessen eine Sonderregelung in § 29 Abs. 7 Satz 5 VBLS a.F. zu treffen. Nach dieser Sonderregelung sei, wenn in einem Abrechnungszeitraum Anspruch auf Krankengeldzuschuss bestehe, die Urlaubsvergütung als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt zugrunde zu legen. Auf diese Weise könne bei der Berechnung einer Versorgungsrente anstelle des Krankengeldzuschusses der regelmäßig höhere Urlaubslohn als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt berücksichtigt werden, wenn die Krankheit in den letzten drei Jahren vor Rentenbeginn eingetreten sei. Eine vergleichbare Interessenlage bestehe beim Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nicht, da nur in Ausnahmefällen die Mutterschutzzeiten in den Dreijahreszeitraum vor Beginn einer Versorgungsrente fielen. Eine Sonderregelung wie beim Krankengeldzuschuss sei daher nicht erforderlich gewesen.

B.

46

Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung gemäß § 93c Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG liegen vor.

47

Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden (vgl. BVerfGE 115, 259; 121, 241; 124, 199; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 14. April 2010 - 1 BvL 8/08 -, juris).

48

Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist zur Durchsetzung von in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechten der Beschwerdeführerin, hier des Grundrechts aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG, angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Sie ist, soweit sie sich gegen die Entscheidungen des Amtsgerichts und des Landgerichts wendet, zulässig und auch offensichtlich begründet (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).

I.

49

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig, soweit sie sich gegen die Entscheidungen des Amtsgerichts und des Landgerichts richtet. Dabei sind die Satzungsbestimmungen vom Bundesverfassungsgericht jedenfalls insoweit auf mögliche Grundrechtsverletzungen zu prüfen, als die angegriffenen fachgerichtlichen Entscheidungen auf ihrer Anwendung beruhen (vgl. BVerfGE 124, 199 <218>). Soweit zugleich die Regelung des § 8 Abs. 5 Versorgungs-TV mittelbar angegriffen wird, ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig und daher nicht zur Entscheidung anzunehmen. Tarifvertragliche Regelungen, die nicht für allgemeinverbindlich erklärt worden sind (dazu BVerfGE 44, 322 <340 ff.>), stellen keine Akte der öffentlichen Gewalt im Sinne des § 90 Abs. 1 BVerfGG, Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG dar und können daher mit der Verfassungsbeschwerde nicht angegriffen werden.

II.

50

Soweit die Verfassungsbeschwerde zulässig ist, ist sie auch offensichtlich begründet. Die angegriffenen Urteile verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG.

51

1. Die Zusatzversorgung der im öffentlichen Dienst Beschäftigten nach der Satzung der VBL ist am Grundrecht auf Gleichbehandlung zu messen. Sie ist zwar privatrechtlich ausgestaltet und findet Anwendung auf die Gruppenversicherungsverträge, die die an der VBL beteiligten öffentlichen Arbeitgeber mit der VBL zugunsten ihrer Arbeitnehmer abschließen. Die Einordnung der Satzungsbestimmungen als privatrechtliche Allgemeine Geschäftsbedingungen in der Form Allgemeiner Versicherungsbedingungen ist verfassungsrechtlich auch unbedenklich (vgl. BVerfGE 124, 199 <218>; BVerfGK 11, 130 <140>; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 18. April 2008 - 1 BvR 759/05 -, DVBl 2008, S. 780). Jedoch nimmt die VBL als Anstalt des öffentlichen Rechts eine öffentliche Aufgabe lediglich in privatrechtlicher Form wahr (vgl. BVerfGE 124, 199 <218>; siehe auch BVerfGE 98, 365 <393>; 116, 135 <153>). Daher ist die Satzung der VBL an die Beachtung des Gleichheitsgrundrechts gebunden.

52

2. Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG konkretisiert und verstärkt den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Das Geschlecht darf grundsätzlich nicht als Anknüpfungspunkt für eine rechtliche Ungleichbehandlung herangezogen werden. Das gilt auch dann, wenn eine Regelung nicht auf eine nach Art. 3 Abs. 3 GG verbotene Ungleichbehandlung angelegt ist, sondern in erster Linie andere Ziele verfolgt (vgl. BVerfGE 85, 191 <206>; 97, 35 <43>). Es kommt auch nicht darauf an, dass neben dem Geschlecht weitere Gründe für die Ungleichbehandlung maßgeblich waren (vgl. BVerfGE 89, 276 <289>).

53

An das Geschlecht anknüpfende differenzierende Regelungen sind mit Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG nur vereinbar, soweit sie zur Lösung von Problemen, die nur entweder bei Männern oder Frauen auftreten können, zwingend erforderlich sind. Fehlt es an zwingenden Gründen für eine Ungleichbehandlung, lässt sich diese einzig im Wege einer Abwägung mit kollidierendem Verfassungsrecht legitimieren (vgl. BVerfGE 85, 191 <207>; 92, 91 <109>).

54

a) Soweit eine Regelung an Schwangerschaft oder Mutterschaft anknüpft, differenziert sie unmittelbar nach dem Geschlecht. Es handelt sich nicht etwa um eine neutrale Vorschrift, die sich eventuell mittelbar ganz überwiegend auf Frauen oder ganz überwiegend auf Männer nachteilig auswirkt. Vielmehr trifft eine solche Regelung normativ kategorial ausschließlich Frauen (vgl. klarstellend § 3 Abs. 1 Satz 2 AGG; für das Recht der EU Art. 2 Abs. 2 Buchstabe c der Richtlinie 2006/54/EG; EuGH, Urteil vom 11. November 2010, Rs. C-232/09, Danosa; Urteil vom 8. November 1990, Rs. C-177/88, Dekker, Slg. I-1990, 3941 <3973>; Urteil vom 27. Februar 2003, Rs. C-320/01, Busch, Slg. I-2003, 2041 <2075>; Urteil vom 29. Oktober 2009, Rs. C-63/08, Alabaster). Eine solche Regelung berührt zwar auch Art. 6 Abs. 4 GG als Grundrecht auf Schutz und Fürsorge von Müttern durch den Staat. Art. 6 Abs. 4 GG enthält allerdings in erster Linie einen positiven Regelungsauftrag, der Eingriffe in Rechte Dritter legitimiert (vgl. BVerfGE 109, 64 <84 ff.>). Der Schutz von Müttern vor geschlechtsbezogener Diskriminierung ist im besonderen Gleichheitsrecht des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG verankert.

55

b) Die Anrechnung von Mutterschutzzeiten als Umlagemonate für die Zusatzversorgung der VBL bestimmt sich gemäß § 29 Abs. 10 VBLS a.F. nach der Regelung des § 29 Abs. 7 VBLS a.F., die durch § 8 Abs. 5 Versorgungs-TV inhaltsgleich vorgegeben wird. § 29 Abs. 7 VBLS a.F. statuiert eine Ungleichbehandlung von Müttern in zweifacher Hinsicht.

56

In § 29 Abs. 7 Satz 1 VBLS a.F. wird als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt der steuerpflichtige Arbeitslohn definiert; Mutterschaftsgeld ist als Lohnersatzleistung nach § 3 Nr. 1 Buchstabe d EStG jedoch steuerfrei gestellt. Der Ausschluss von Zeiten des Mutterschutzes aus der Wartezeitberechnung nach § 29 Abs. 7 Satz 1 VBLS a.F. stellt folglich eine Ungleichbehandlung von Frauen mit Mutterschutzzeiten gegenüber männlichen Arbeitnehmern dar, deren Erwerbsbiografien im öffentlichen Angestelltenverhältnis nicht durch die gesetzlich zwingend vorgegebenen Mutterschutzzeiten unterbrochen wurden und auch nicht werden können. Frauen, die Mutterschutz in Anspruch genommen haben und den Beschäftigungsverboten der § 3 Abs. 2, § 6 Abs. 1 MuSchG unterfallen, erwerben, wenn sie - wie die Beschwerdeführerin - aufgrund ihrer Mutterschutzzeiten die Wartezeit des § 38 Abs. 1 VBLS a.F. nicht erreichen, keinen Anspruch auf Versicherungsrente.

57

Zudem liegt eine Ungleichbehandlung von Frauen in Mutterschutz hier auch gegenüber denjenigen männlichen und weiblichen Versicherten vor, die Krankengeld und einen (im Verhältnis deutlich geringeren) Krankengeldzuschuss des Arbeitgebers erhalten. Zwar ist das von der Krankenversicherung gezahlte Krankengeld wie das Mutterschaftsgeld nach § 3 Nr. 1 EStG steuerfrei. Doch sind die Krankheitszeiten gemäß § 29 Abs. 7 Satz 5 VBLS a.F., der auf dem wortgleichen § 5 Abs. 5 Satz 5 Versorgungs-TV beruht, auf Basis des (fiktiven) Urlaubslohns, also praktisch in Höhe des normalen Arbeitsverdienstes als versorgungspflichtiges Entgelt anzurechnen (vgl. Gilbert/Hesse, Die Versorgung der Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes, Satzung der VBL, § 29 B, Rn. 39); in den Zeiten der Entgeltfortzahlung sowie des Bezugs eines Krankengeldzuschusses werden auch Umlagen entrichtet, die Krankheitszeiten bei der Berechnung der Zusatzversorgungsrente also voll als umlagefähige Monate angerechnet. Für den Mutterschutz findet sich keine entsprechende Regel.

58

c) An das Geschlecht anknüpfende differenzierende Regelungen sind nach bisheriger Rechtsprechung mit Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG nur vereinbar, soweit sie zur Lösung von Problemen, die ihrer Natur nach nur entweder bei Männern oder bei Frauen auftreten können, zwingend erforderlich sind. Fehlt es an zwingenden Gründen für solche Differenzierungen, lassen sie sich nur noch im Wege einer Abwägung mit kollidierendem Verfassungsrecht legitimieren (BVerfGE 85, 191 <207 ff.>; 92, 91 <109>).

59

Die Regelung der VBLS zur Berücksichtigung von Mutterschutzzeiten aus der Wartezeitberechnung für den Erwerb einer Rentenanwartschaft gilt zwar einer geschlechtsspezifischen Problemstellung, stellt jedoch eine Ungleichbehandlung dar, die nicht zwingend erforderlich ist. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits in der Leitentscheidung zum Mutterschutz ausgeführt, dass dessen Ausgestaltung sich an der Gleichberechtigung orientieren muss (vgl. BVerfGE 109, 64 <89> m.w.N.; auch BVerfGE 87, 1 <42>). Auf eine tatsächliche Gleichstellung zielt die Freistellung der Arbeitgeber von der Umlage für Mutterschutzzeiten. So wird versucht, eine mögliche negative Steuerungswirkung der Belastung mit den Kosten des Mutterschutzes für Unternehmen durch ein Ausgleichs- und Umlageverfahren zu verhindern (vgl. BVerfGE 109, 64 <90>). Der Gesetzgeber verfolgt also ein verfassungsrechtlich vorgegebenes Ziel, wenn er den Mutterschutz umlagefrei stellt, denn täte er dies nicht, wäre ein Anreiz für Arbeitgeber vorhanden, Frauen in gebärfähigem Alter nicht zu beschäftigen. Diese Systementscheidung darf aber nicht über daran anknüpfende Regeln wie die der VBLS a.F. zu Lasten von Müttern gehen (vgl. auch EuGH, Urteil vom 1. Juli 2010, Rs. C-194/08, Gassmayr; Urteil vom 13. Januar 2005, Rs. C-356/03, Mayer). Zwar steht es dem Gesetzgeber ebenso wie der VBL frei zu entscheiden, wie genau die Lasten des Mutterschutzes verteilt werden. Jedoch rechtfertigt dies keine Diskriminierung von Müttern durch die Hintertür.

60

Für die hier entscheidungserhebliche Regelung der VBLS a.F. zum Mutterschutz sind auch sonst keine sachlichen Gründe erkennbar, die eine Benachteiligung von Müttern rechtfertigen könnten. Insbesondere ist die Anrechnung von Mutterschaftszeiten bei Bezug einer Versorgungsrente im Rahmen der Ermittlung der gesamtversorgungsfähigen Zeit nach § 42 Abs. 2 Buchstabe a VBLS a.F. in Verbindung mit § 54 Abs. 1 und 3, § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI zur Hälfte nicht geeignet, die Nichtberücksichtigung für die Wartezeit zu legitimieren. Vielmehr stellt auch diese Halbanrechnung Mütter schlechter als diejenigen, die einen Krankengeldzuschuss des Arbeitgebers beziehen, da deren Zeiten voll als Umlagemonate angerechnet werden. Zudem gilt die hälftige Anrechnung auch nur für die Versorgungsrente, käme also von vornherein für die Beschwerdeführerin nicht in Betracht, die lediglich einen Anspruch auf Versicherungsrente geltend macht.

61

3. Der Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG führt dazu, dass die Beschwerdeführerin die Berücksichtigung ihrer Mutterschutzzeiten im Rahmen der Berechnung ihres versorgungspflichtigen Entgelts und der zurückgelegten Umlagemonate nach § 29 Abs. 7 und Abs. 10 VBLS a.F. verlangen kann. Entsprechend sind diese Zeiten auf die Wartezeit nach § 38 Abs. 1 VBLS a.F. anzurechnen.

62

a) Verstoßen Allgemeine Versicherungsbedingungen - wie hier in Form der Satzung der VBL - gegen Art. 3 GG, so bewirkt dies nach der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Rechtsprechung der Zivilgerichte die (teilweise) Unwirksamkeit der betroffenen Klausel. Hierdurch entstehende Regelungslücken können im Wege ergänzender Vertragsauslegung geschlossen werden (vgl. BVerfGE 124, 199 <233 f.>; BGHZ 174, 127 <175 ff.>). Zwar führt der gleichheitswidrige Ausschluss von einer Vergünstigung dann nicht notwendigerweise dazu, dass dem Betroffenen ein Anspruch auf Gewährung der Vergünstigung zusteht. Das gilt insbesondere, wenn es mehrere Möglichkeiten gibt, um eine verfassungsgemäße Regelung zu erzielen. Insofern können die für Gleichheitsverstöße des Gesetzgebers entwickelten Grundsätze entsprechend herangezogen werden (vgl. BVerfGE 82, 126 <154 f.>; 103, 225 <240>; 107, 27 <57>; 120, 125 <167>). Etwas anderes gilt aber, wenn der Gleichheitsverstoß nur durch eine Ausdehnung der begünstigenden Regelung auf die ausgeschlossene Gruppe beseitigt werden kann (vgl. BVerfGE 29, 283 <303>; 55, 100 <113 f.>; 92, 91 <121>). So liegt der Fall hier. Eine Gleichbehandlung der Versicherten, die während ihrer Versicherungszeiten Mutterschutz in Anspruch genommen haben, und denjenigen, für die während ihrer Krankheit gemäß § 29 Abs. 1 und Abs. 7 Satz 5 VBLS a.F. von ihren Arbeitgebern Umlagen entrichtet worden sind, lässt sich nachträglich nur dadurch erreichen, dass die Mutterschutzzeiten als Umlagezeiten angerechnet werden.

63

b) Bei einem Verstoß gegen das Gleichheitsgrundrecht stellt sich grundsätzlich die Frage nach einer zeitlichen Begrenzung (vgl. BVerfGE 121, 241 <266>). So kann das Bundesverfassungsgericht die Fortgeltung einer verfassungswidrigen Norm zum Beispiel anordnen, wenn dies aus Gründen einer geordneten Finanz- und Haushaltsplanung geboten ist oder wenn die Verfassungslage bisher nicht hinreichend geklärt war und dem Gesetzgeber aus diesem Grund eine angemessene Frist zur Schaffung einer Neuregelung - auch für Tatbestände in der Vergangenheit - zu gewähren ist (vgl. BVerfGE 120, 125 <168> m.w.N.). Entsprechend kann auch bei einem Grundrechtsverstoß durch die Ausgestaltung von Versicherungsbedingungen im Rahmen einer Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst, die auf der Satzung einer öffentlichen Anstalt beruht, eine zeitliche und sachliche Beschränkung der Folgewirkungen zulässig und geboten sein, wenn ansonsten eine schwerwiegende Störung des finanziellen Gleichgewichts im Versicherungssystem zu befürchten wäre (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Mai 2001, Rs. C-262/88, Barber, Slg. 1990 I-1889 <1955>). Dies folgt bereits aus der Schutzpflicht gegenüber den Grundrechtspositionen anderer Versicherter aus Art. 14 Abs. 1 GG.

64

Von der Gefahr einer derartigen Störung kann aber vorliegend nicht ausgegangen werden. Eine Anrechnung von Mutterschutzzeiten, die auch schon vor dem 17. Mai 1990 in Anspruch genommen wurden, stellt jedenfalls dann keine echte rückwirkende Regelung dar, wenn der Versicherungsfall wie bei der Beschwerdeführerin bislang noch nicht eingetreten ist und Ausschlussfristen der Geltendmachung ihres Anspruchs nicht entgegenstehen. Denn die ausgezahlte Rente wird erst mit Eintritt des Versicherungsfalls berechnet (vgl. §§ 33 ff. VBLS). Auch sonst ist die Gefahr einer Störung des finanziellen Gleichgewichts der Zusatzversorgung durch die Berücksichtigung von Mutterschutzzeiten der Versicherten nicht ersichtlich. Das gilt auch, weil wegen der Ausschlussfristen in der Satzung der VBL eine rückwirkende Berücksichtigung von Mutterschutzzeiten nur sehr begrenzt in Betracht kommen dürfte.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Der Soldat ist nach Eignung, Befähigung und Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, sexuelle Identität, Abstammung, Rasse, Glauben, Weltanschauung, religiöse oder politische Anschauungen, Heimat, ethnische oder sonstige Herkunft zu ernennen und zu verwenden.

(2) Bei der Feststellung der Dienstfähigkeit sowie bei Ernennungs- und Verwendungsentscheidungen kann ein geringeres Maß der körperlichen Eignung verlangt werden, soweit die Einschränkung der körperlichen Eignung zurückzuführen ist auf

1.
eine Wehrdienstbeschädigung im Sinne des § 81 Absatz 1 oder Absatz 2 Nummer 1 oder 3 des Soldatenversorgungsgesetzes oder
2.
einen Einsatzunfall im Sinne des § 63c Absatz 2 des Soldatenversorgungsgesetzes.
Satz 1 gilt nicht, wenn der Soldat die Schädigung vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat, es sei denn, dass der Ausschluss eine unbillige Härte bedeuten würde.

(3) Absatz 2 gilt entsprechend für die Wiedereinstellung früherer Soldaten, denen kein Anspruch nach dem Einsatz-Weiterverwendungsgesetz zusteht.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Der Soldat ist nach Eignung, Befähigung und Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, sexuelle Identität, Abstammung, Rasse, Glauben, Weltanschauung, religiöse oder politische Anschauungen, Heimat, ethnische oder sonstige Herkunft zu ernennen und zu verwenden.

(2) Bei der Feststellung der Dienstfähigkeit sowie bei Ernennungs- und Verwendungsentscheidungen kann ein geringeres Maß der körperlichen Eignung verlangt werden, soweit die Einschränkung der körperlichen Eignung zurückzuführen ist auf

1.
eine Wehrdienstbeschädigung im Sinne des § 81 Absatz 1 oder Absatz 2 Nummer 1 oder 3 des Soldatenversorgungsgesetzes oder
2.
einen Einsatzunfall im Sinne des § 63c Absatz 2 des Soldatenversorgungsgesetzes.
Satz 1 gilt nicht, wenn der Soldat die Schädigung vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat, es sei denn, dass der Ausschluss eine unbillige Härte bedeuten würde.

(3) Absatz 2 gilt entsprechend für die Wiedereinstellung früherer Soldaten, denen kein Anspruch nach dem Einsatz-Weiterverwendungsgesetz zusteht.

Tatbestand

1

Die 1961 geborene Klägerin steht seit 1981 im Polizeidienst der Beklagten. Ab November 1999 bekleidete sie ein Amt der Besoldungsgruppe A 9 LBesO, zunächst als Polizeihauptmeisterin im mittleren Dienst und seit Juni 2002 als Polizeikommissarin im gehobenen Dienst. Am 19. Juni 2009 wurde sie zur Polizeioberkommissarin (Besoldungsgruppe A 10 LBesO) befördert. Mit der Klage begehrt sie Schadensersatz ab 1. Mai 2008 wegen verspäteter Beförderung.

2

Die Beklagte beförderte im Jahr 2008 insgesamt 397 Bewerber zu Polizei- oder Kriminaloberkommissaren. Grundlage hierfür war ein Laufbahnmodell, das einen Regelaufstieg der Polizeivollzugsbeamten bis zur Besoldungsgruppe A 11 LBesO vorsah. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die vorgesehenen Beförderungen waren Regelverweilzeiten im jeweiligen Amt, die für die Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 10 LBesO sieben Jahre betrugen. Vor Erreichen dieser Wartezeiten waren Beförderungen nur für überdurchschnittlich leistungsstarke Beamte möglich. Das hierfür geregelte Leistungsträgerfeststellungsverfahren sollte einmal jährlich durchgeführt und Ende Oktober abgeschlossen sein. Im Jahr 2008 wurden auf diesem Wege 26 Bewerber befördert.

3

Da die Klägerin die vorausgesetzte Verweilzeit von sieben Jahren noch nicht absolviert hatte, lehnte die Polizeibehörde den Antrag auf Einbeziehung in die Auswahlverfahren des Jahres 2008 für die Vergabe von Beförderungsämtern der Besoldungsgruppe A 10 LBesO ab und verwies auf das zum Jahresende noch ausstehende Leistungsträgerfeststellungsverfahren. Ein Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat die Klägerin für erledigt erklärt, nachdem sie zur Polizeioberkommissarin befördert worden war. Das Laufbahnmodell der Beklagten ist nachfolgend durch Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 17. Februar 2010 - 1 Bs 241/09 - (ZBR 2010, 265) beanstandet worden.

4

Den Antrag auf Gewährung von Schadensersatz wegen rechtswidrig unterlassener Beförderung lehnte die Beklagte ab. Auch das Klageverfahren blieb erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht hat hierzu ausgeführt: Zwar habe die Beklagte den Bewerbungsverfahrensanspruch der Klägerin dadurch schuldhaft verletzt, dass sie schlechter beurteilte Beamte allein wegen ihrer siebenjährigen Verweildauer vorgezogen habe. Es fehle aber die erforderliche adäquate Kausalität zwischen dieser schuldhaften Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs und der unterbliebenen Beförderung.

5

Tatsächlich habe die Beklagte zwar 397 Beförderungen vorgenommen. Bei hypothetischer Zugrundelegung eines rechtmäßigen Vorgehens und damit ohne Berücksichtigung der geforderten Verweilzeit von sieben Jahren im Amt eines Polizeikommissars hätte sie aber voraussichtlich nur eine geringere Zahl von Beförderungen ausgesprochen. Dies folge aus dem im Haushaltsplan ausgebrachten Stellenvermerk, der eine Beförderung nur nach Maßgabe der kalkulatorischen Regelverweilzeiten zugelassen habe. Für das Haushaltsjahr 2008 hätten damit nur 4 033 Beförderungsmonate zur Verfügung gestanden. Die Zahl der Beförderungsstellen hänge damit von der Verweildauer der Ausgewählten ab, weil die Beförderung dienstjüngerer Beamter zu einer höheren Ausschöpfung von Beförderungsmonaten führe. Für die hypothetische Auswahlrangliste könne entgegen dem von der Beklagten vorgelegten Alternativmodell nicht allein auf die Leistungsnote zurückgegriffen werden. Zur Berücksichtigung der in der dienstlichen Beurteilung ausgewiesenen Potenzialeinschätzung hat das Oberverwaltungsgericht eine Potenzialgesamtnote gebildet und alternative Berechnungen ausgehend von einer gleichen Gewichtung der Noten bis zu einer vierfachen Gewichtung der Leistungsnote angestellt. Da die Klägerin in allen Modellen einen berücksichtigungsfähigen Rangplatz nicht erreichte, hat das Oberverwaltungsgericht eine ernsthafte Beförderungsmöglichkeit bei rechtmäßigem Alternativverhalten verneint.

6

Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Schadensersatzbegehren fort. Sie beantragt,

die Urteile des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 16. November 2012 und des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 4. August 2009, soweit darin ein Schadensersatzantrag abgelehnt wurde, sowie den Bescheid der Polizei Hamburg vom 3. Juli 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als sei sie bereits zum 1. Mai 2008, hilfsweise zu einem späteren Zeitpunkt, zur Polizeioberkommissarin (Besoldungsgruppe A 10 LBesO) befördert worden.

7

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt zwar dadurch revisibles Bundes- (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) und Landesbeamtenrecht (§ 191 Abs. 2 VwGO, § 127 Nr. 2 BRRG, § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG), dass es zur Ermittlung der hypothetischen Beförderungsauswahl eine Befähigungsgesamtnote gebildet und diese zur Erstellung einer Beförderungsrangliste herangezogen hat. Die Entscheidung stellt sich im Ergebnis aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die Klägerin hat keinen Schadensersatzanspruch, weil sie bei rechtmäßiger Gestaltung des Auswahlverfahrens voraussichtlich nicht im Jahr 2008 befördert worden wäre.

9

1. Rechtsgrundlage für das geltend gemachte Begehren ist der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch. Dieses Rechtsinstitut ist in der Rechtsprechung seit langem anerkannt (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. August 1961 - 2 C 165.59 - BVerwGE 13, 17 <18 ff.> mit umfangreichen Nachweisen zur Rechtsprechung des Reichsgerichts sowie Laubinger, VerwArch, Bd. 99 <2008> S. 278 ff.). Es findet seinen Rechtsgrund im Beamtenverhältnis und begründet einen unmittelbar gegen den Dienstherrn gerichteten Ersatzanspruch für Schäden, die aus einer Verletzung der aus dem Beamtenverhältnis folgenden Pflichten entstehen. Als im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis wurzelndes und insofern "quasi-vertragliches" Institut gewährleistet der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch Sekundärrechtsschutz für Pflichtverletzungen aus dem Beamtenverhältnis, wie dies § 280 Abs. 1 BGB für vertragliche Schuldverhältnisse vorsieht (vgl. zur Bezugnahme auf Grundsätze der positiven Vertragsverletzung auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 13. Januar 2010 - 2 BvR 811/09 - BayVBl 2010, 303 Rn. 9).

10

Der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch war ursprünglich auf Verletzungen der Fürsorgepflicht bezogen. Er ist in der Rechtsprechung aber nachfolgend auch auf andere Pflichtverletzungen ausgedehnt worden (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 21. Dezember 2000 - 2 C 39.99 - BVerwGE 112, 308 <312> für die Verletzung der Pflicht zur Berücksichtigung der Kindergeldberechtigung bei der Besoldung), insbesondere auf die Verletzung der Auswahlgrundsätze aus Art. 33 Abs. 2 GG (BVerwG, Urteil vom 25. August 1988 - 2 C 51.86 - BVerwGE 80, 123 <124 f.>).

11

Obwohl der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch im Gegensatz zu § 839 Abs. 1 BGB ein bereits bestehendes Rechtsverhältnis voraussetzt, beansprucht der in § 839 Abs. 3 BGB niedergelegte Rechtsgedanke vom Vorrang des Primärrechtsschutzes auch und gerade für Ansprüche aus dem Beamtenverhältnis wie den hier streitigen Geltung (BVerwG, Urteil vom 28. Mai 1998 - 2 C 29.97 - BVerwGE 107, 29 <31 f.>). Die sekundäre Ersatzpflicht für rechtswidriges staatliches Handeln tritt nicht ein, wenn der Verletzte unmittelbar gegen die beanstandete Entscheidung mögliche Rechtsbehelfe ohne hinreichenden Grund nicht in Anspruch genommen hat.

12

Ein Beamter kann danach von seinem Dienstherrn Ersatz des ihm durch eine Nichtbeförderung entstandenen Schadens verlangen, wenn der Dienstherr bei der Vergabe eines Beförderungsamtes den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch des Beamten auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl schuldhaft verletzt hat, dem Beamten das Amt ohne diesen Rechtsverstoß voraussichtlich übertragen worden wäre und dieser es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <101 f.>, vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 15, vom 29. November 2012 - 2 C 6.11 - BVerwGE 145, 185 Rn. 9 und vom 30. Oktober 2013 - 2 C 23.12 - BVerwGE 148, 217 Rn. 42).

13

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Zwar hat die Beklagte den Bewerbungsverfahrensanspruch der Klägerin verletzt (2.) und dies zu vertreten (3.). Die Klägerin hat auch alle ihr zumutbaren Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verhinderung des Schadenseintritts ausgeschöpft (4.). Es fehlt aber an dem Kausalzusammenhang zwischen der Rechtsverletzung der Beklagten und dem von der Klägerin geltend gemachten Schaden (5.).

14

2. Die Nichteinbeziehung der Klägerin in das Auswahlverfahren 2008 wegen einer fehlenden Verweildauer von mindestens sieben Jahren im Statusamt einer Polizeikommissarin war mit Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG und § 7 Abs. 1 des Hamburgischen Beamtengesetzes in der Fassung vom 29. November 1977 (HmbGVBl. S. 367) nicht vereinbar.

15

Art. 33 Abs. 2 GG sowie die einfach-rechtlichen Konkretisierungen in den Beamtengesetzen gewährleisten jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt im statusrechtlichen Sinne nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Der Grundsatz der Bestenauswahl ist demnach von der Verfassung verbindlich und vorbehaltlos vorgeschrieben. Andere Kriterien können bei der Vergabe öffentlicher Ämter nur Berücksichtigung finden, wenn sie ebenfalls Verfassungsrang haben (BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/04 - BVerfGK 12, 265 <268>). Art. 33 Abs. 2 GG dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes; dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität sollen gerade durch die ungeschmälerte Anwendung des Leistungsgrundsatzes gewährleistet werden. Zum anderen trägt die Vorschrift dem berechtigten Interesse der Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass sie grundrechtsgleiche Rechte auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl begründet. Jeder Bewerber um ein öffentliches Amt hat einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr seine Bewerbung nur aus Gründen zurückweist, die durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind (stRspr, vgl. zuletzt BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 - BVerwGE 147, 20 Rn. 19 f.).

16

Die in einem bestimmten Statusamt geleistete Dienstzeit gehört nicht zu den in Art. 33 Abs. 2 GG genannten Kriterien. Zwar kann sich das Dienstalter auf die Beurteilung von leistungsbezogenen Gesichtspunkten auswirken, weil sich die durch ein höheres Dienstalter typischerweise zum Ausdruck kommende umfassendere Berufserfahrung häufig leistungsfördernd niederschlagen wird. Es gibt jedoch keinen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass von einem höheren Dienstalter stets auf einen höheren Leistungsstand und bessere Bewährungsvoraussetzungen geschlossen werden kann. Dementsprechend ist die Berücksichtigung des Dienstalters bei der Besetzung von Beförderungsstellen grundsätzlich nur im Falle eines Leistungsgleichstands mit Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar (BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <151>).

17

An das Dienstalter anknüpfende Wartezeitregelungen stehen daher nur dann mit Art. 33 Abs. 2 GG in Einklang, wenn sie der sachgerechten Anwendung des Grundsatzes der Bestenauswahl dienen und mit ihnen die praktische Bewährung des Bewerbers im bisherigen Statusamt festgestellt werden soll. Dieser Zweck, die zuverlässige Beurteilung des Leistungsvermögens und eine fundierte Prognose über die voraussichtliche Bewährung in einem höheren Amt zu ermöglichen, setzt dem zeitlichen Umfang solcher "Bewährungszeiten" Grenzen. Sie dürfen nicht länger bemessen sein, als es typischerweise erforderlich ist, um die tatsächlichen Grundlagen für eine Beurteilung und Prognose zu schaffen. Danach hängt die Dauer von Wartezeiten entscheidend vom Inhalt der jeweiligen Ämter ab. Der für eine Regelbeurteilung vorgesehene Zeitraum wird in aller Regel die Obergrenze darstellen (BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <152>; Beschluss vom 25. Oktober 2011 - 2 VR 4.11 - NVwZ-RR 2012, 241 Rn. 35; Urteil vom 26. September 2012 - 2 C 74.10 - BVerwGE 144, 186 Rn. 23; vgl. auch die Vorgabe von zwei Jahren bei der Erprobung für Führungsämter in BVerfG, Beschluss vom 28. Mai 2008 - 2 BvL 11/07 - BVerfGE 121, 205 <228>).

18

Diesen Vorgaben entspricht die in § 7 Abs. 2 i.V.m. § 11 der Richtlinie vom 18. Dezember 2007 zu einem funktions- und leistungsorientierten Laufbahnverlaufsmodell für die Laufbahnabschnitte I und II des Polizeivollzugsdienstes in Hamburg (- LVM-RL -) vorgeschriebene Regelverweilzeit für die Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 10 von sieben Jahren nicht (ebenso bereits OVG Hamburg, Beschluss vom 17. Februar 2010 - 1 Bs 241/09 - ZBR 2010, 265 Rn. 16 ff.). Sie überschreitet die für die Regelbeurteilung vorgesehene Zeit von vier Jahren (vgl. Nr. 4.1 der Richtlinie zum Personalbeurteilungssystem für den Polizeivollzugsdienst der Freien und Hansestadt Hamburg vom 13. März 2007 - Beurteilungs-RL 2007 -) erheblich.

19

Der Umstand, dass die Klägerin in das Leistungsträgerfeststellungsverfahren einbezogen werden konnte, ändert hieran nichts. Für die außerhalb dieses Verfahrens vergebenen Ämter - die im Übrigen quantitativ den weitaus größeren Teil darstellten - wurde ihre Einbeziehung in das Auswahlverfahren ohne rechtfertigenden Grund abgelehnt.

20

3. Diese Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs hat die Beklagte auch zu vertreten.

21

Für die Haftung des Dienstherrn auf Schadensersatz wegen Verletzung von Pflichten aus dem Beamtenverhältnis gilt der allgemeine Verschuldensmaßstab des bürgerlichen Rechts (BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <104> m.w.N.). Zu vertreten hat der Dienstherr danach Vorsatz und Fahrlässigkeit. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 2 BGB). Von den für die Auswahlentscheidung verantwortlichen Beamten muss verlangt werden, dass sie die Sach- und Rechtslage unter Heranziehung aller ihnen zu Gebote stehenden Hilfsmittel gewissenhaft prüfen und sich auf Grund vernünftiger Überlegungen eine Rechtsauffassung bilden. Dazu gehören auch die Auswertung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und ggf. die ernsthafte Auseinandersetzung mit der Frage, ob aus sachfremden Erwägungen gewünschte Personalentscheidungen am Maßstab der relevanten Rechtsnormen Bestand haben können (BVerwG, Urteil vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 39).

22

Nach diesen Maßstäben hat die Beklagte den Verstoß gegen den Grundsatz der Bestenauswahl aus Art. 33 Abs. 2 GG jedenfalls mit Fahrlässigkeit zu vertreten. Bei sorgfältiger rechtlicher Prüfung hätte von den verantwortlichen Beamten erkannt werden müssen, dass die Anforderung einer Mindestverweildauer von sieben Jahren im Statusamt eines Polizeikommissars den rechtlichen Anforderungen und der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht entspricht. Hieran konnte jedenfalls nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - (BVerwGE 122, 147) kein vernünftiger Zweifel mehr bestehen. Auch die von der Beklagten in Auftrag gegebene gutachtliche Stellungnahme von Prof. Dr. S. vom Dezember 2007 war zu dem Ergebnis gelangt, dass der Anciennitätsgrundsatz aus den Beförderungsstrukturen "ganz und gar eliminiert" werden müsse und sich eine Beschränkung des Bewerberkreises in Anknüpfung an Regelverweildauern von vornherein verbiete.

23

4. Die Klägerin hat auch die ihr auf Primärebene zumutbaren Möglichkeiten zur Verfolgung ihres Beförderungsbegehrens ausgeschöpft.

24

Effektiven Rechtsschutz gegen eine zu Unrecht verweigerte Einbeziehung in ein beamtenrechtliches Auswahlverfahren kann der Beamte durch die Erhebung des Widerspruchs (§ 126 Abs. 3 BRRG, § 54 Abs. 2 und § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG) und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 123 Abs. 1 VwGO) gegen die Vergabe des dem Auswahlverfahren zugrunde liegenden Amtes erlangen. Beide Rechtsschutzmöglichkeiten hat die Klägerin wahrgenommen.

25

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts muss sich die Klägerin auch nicht entgegenhalten lassen, den Widerspruchsbescheid vom 9. September 2008 nicht angegriffen zu haben. Dies folgt zunächst schon daraus, dass nicht klar ist, worauf sich die teilweise Zurückweisung des Widerspruchs bezog und was damit ggf. in Bestandskraft hätte erwachsen können. Denn die dort angesprochene Teilnahme am Leistungsträgerfeststellungsverfahren war nicht Gegenstand des Antrags der Klägerin und ist von der Beklagten auch nie in Zweifel gezogen worden. Die Unklarheit, worauf sich die ausgesprochene Neubescheidung der Polizeibehörde bezieht, hat die Klägerin bereits in ihrer Klagebegründung angesprochen. Hätte der Widerspruchsbescheid die beantragte Einbeziehung in die außerhalb des Leistungsträgerfeststellungsverfahrens stattfindenden Auswahlverfahren abgelehnt, müsste daher auch das Klagebegehren dahingehend aufgefasst werden, dass nicht nur Schadensersatz, sondern auch Primärrechtsschutz beantragt worden ist (vgl. zum Grundsatz der rechtsschutzfreundlichen Auslegung BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2013 - 2 C 23.12 - BVerwGE 148, 217 Rn. 15 ff.). Dass die Klägerin trotz der fehlenden Verweilzeit von sieben Jahren im bisherigen Statusamt befördert werden wollte, ist unmissverständlich zum Ausdruck gebracht worden. Kern ihres Anliegens war stets der Vortrag, dass sie auch außerhalb des Leistungsträgerfeststellungsverfahrens in die Auswahlverfahren einbezogen werden müsse. Dies kommt auch in ihrem Klageantrag zum Ausdruck, weil sie die Aufhebung des Bescheids vom 28. Mai 2008 beantragt hat.

26

5. Die Klägerin wäre bei rechtmäßiger Gestaltung des Auswahlverfahrens aber voraussichtlich nicht befördert worden, sodass es an der Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und dem geltend gemachten Schaden fehlt.

27

Der für einen beamtenrechtlichen Schadensersatzanspruch erforderliche adäquat kausale Zusammenhang zwischen der Rechtsverletzung und dem Schaden setzt voraus, dass der Beamte ohne den schuldhaften Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG voraussichtlich befördert worden wäre. Seine Berücksichtigung muss nach Lage der Dinge jedenfalls ernsthaft möglich gewesen sein. Für diese Annahme muss festgestellt werden, welcher hypothetische Kausalverlauf bei rechtmäßigem Vorgehen des Dienstherrn voraussichtlich an die Stelle des tatsächlichen Verlaufs getreten und ob der Beamte ausgewählt worden wäre, wenn der Dienstherr eine rechtmäßige Gestaltung des Auswahlverfahrens vorgenommen hätte (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <108>, vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 42 f. und vom 30. Oktober 2013 - 2 C 23.12 - BVerwGE 148, 217 Rn. 45).

28

Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Die Beklagte hätte bei zutreffender Erkenntnis von der Unzulässigkeit der geforderten Mindestverweilzeit im vorangegangenen Statusamt wegen der Besonderheiten der haushaltsrechtlichen Vorgaben weniger als die tatsächlich beförderten 397 Beamten ausgewählt (a). Bei einer danach zu treffenden Auswahlentscheidung hätte die Klägerin voraussichtlich keine ernsthafte Beförderungschance besessen (b).

29

a) Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hätte die Beklagte, wenn ihr die Rechtswidrigkeit der geforderten Mindestverweilzeit von sieben Jahren im Amt des Polizeikommissars vor einer Beförderung zum Polizeioberkommissar bewusst gewesen wäre, nicht 397 Beamte befördert, sondern nur Beförderungen in derjenigen Anzahl vorgenommen, die durch den Stellenvermerk des Haushaltsbeschlusses ausfinanziert war.

30

aa) Diese Feststellung hypothetischer Tatsachen nimmt an der Bindungswirkung des § 137 Abs. 2 VwGO teil (vgl. Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, Großkommentar, 4. Aufl. 2014, § 137 Rn. 126; Kraft, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 137 Rn. 47). Dies folgt aus der Aufgabenteilung zwischen Revisionsgericht und Tatsacheninstanz. Die Revision ist darauf beschränkt, neben der Einhaltung des Verfahrens die Rechtsanwendung des Tatsachengerichts zu überprüfen. Das Revisionsgericht nimmt daher keine eigenständige Tatsachenfeststellung vor, sondern legt seiner Beurteilung - sofern keine begründeten Verfahrensrügen erhoben worden sind - den von der Vorinstanz festgestellten Lebenssachverhalt zugrunde. Die Bindungswirkung aus § 137 Abs. 2 VwGO erstreckt sich deshalb auf die entscheidungserheblichen Tatsachen, welche die Tatbestandsmerkmale der einschlägigen Rechtsnormen ausfüllen sollen. Ausgehend hiervon überprüft das Revisionsgericht die Anwendung des Rechts auf eine Verletzung von Bundesrecht oder anderen revisiblen Rechtsnormen.

31

Zur Beantwortung der Frage, ob eine fehlerhafte Gestaltung des Auswahlverfahrens adäquat kausal für die Nichtbeförderung war, muss das Tatsachengericht den Prozess der Entscheidungsfindung aufklären, um beurteilen zu können, welchen Verlauf die Dinge bei Vermeidung des Verstoßes gegen Art. 33 Abs. 2 GG voraussichtlich genommen hätten (BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <108>). Die eigenständige Feststellung dieser hypothetischen Tatsachen ist dem Revisionsgericht verwehrt. Die Erkenntnis hierüber ist nicht Teil der Rechtsanwendung, sondern Feststellung des ihr vorausliegenden Sachverhalts.

32

bb) Diese hypothetische Annahme unterstellt ein rechtmäßiges Alternativverhalten der Beklagten und ist daher revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.

33

Nach § 49 Abs. 1 LHO HH in der Fassung vom 12. Juni 2007 darf ein Amt nur zusammen mit der Einweisung in eine besetzbare Planstelle verliehen werden. Auch bei der Betrachtung des hypothetischen Alternativverhaltens der Beklagten sind diese haushaltsrechtlichen Vorgaben für mögliche Beförderungen zu berücksichtigen. Eine andere Gestaltung des Beförderungsgeschehens wäre nicht rechtmäßig gewesen.

34

Die Beschränkung ergibt sich indes nicht bereits aus der Zahl der vom Haushaltsgeber zur Verfügung gestellten Planstellen. Denn durch Beschluss der Bürgerschaft vom 5. Juli 2007 (Plenarprotokoll 18/85 S. 4552) sind die im Haushaltsplan 2007/2008 (Stellenplan des Einzelplans 8.1 für die Behörde für Inneres) bewilligten Polizeivollzugsstellen der Besoldungsgruppen A 7 bis A 11 LBesO gestrichen und in gleicher Zahl als gebündelte Stellen A 7/A 8/A 9/A 10/A 11 LBesO für die Schutz- und Wasserschutzpolizei und als gebündelte Stellen A 9/A 10/A 11 LBesO für die Kriminalpolizei ausgebracht worden (Bürgerschafts-Drs. 18/6273 S. 3). Eine ausreichende Anzahl von A 10-Planstellen für die tatsächlich vorgenommenen 397 Beförderungen war deshalb vorhanden.

35

Der Haushaltsansatz war jedoch mit dem Stellenvermerk versehen: "Die Stellen dürfen im Rahmen der in dieser Drucksache genannten Verweilzeiten ausgenutzt werden". Nur in diesem Umfang waren die freien Planstellen nach dem wirksamen Haushaltsbeschluss der Bürgerschaft deshalb besetzbar.

36

Für den Funktionskreis 2 "A 9 - A 10" war in Anlage 1 der Drucksache eine "kalkulatorische Verweilzeit" von 11 Jahren vorgesehen. Auf Basis dieser Verweilzeiten wurden die jährlich anfallenden Mehrkosten - insgesamt 3,9 Mio. € bis ins Jahr 2027 - berechnet (Anlage 2 der Drucksache). Der Mittelansatz für die gebündelten Stellen ging daher von einer durch die vorgegebenen Regelverweilzeiten gesteuerten Beförderungspraxis aus und legte der Berechnung die sich hieraus ergebende Verteilung von A 9, A 10 und A 11 Stellen zugrunde. Der Stellenvermerk hat damit zwar keinen konkreten Betrag als Begrenzung möglicher Beförderungen genannt. Er hat jedoch ein Berechnungsmodell vorgegeben, aus dem sich jeweils ein bestimmbarer Betrag ergab. Dementsprechend hat die Beklagte ermittelt, wie viele Beamte in welchem Monat des Jahres 2008 die vorgesehene Regelverweildauer erreicht hätten. Daraus wurde entnommen, wie viel Geld im Haushaltsjahr für diese Beamten im Falle der Beförderung benötigt würde. Diese in Beförderungsmonaten ausgewiesene Grenze war der haushaltsrechtliche Rahmen, der für Beförderungen zur Verfügung stand. Für das Jahr 2008 ergaben sich so 4 033 Beförderungsmonate A 10 LBesO. Nur in diesem Umfang standen der Beklagten besetzbare Planstellen zur Verfügung.

37

Dem Stellenvermerk des Haushaltsbeschlusses lag damit zwar als kalkulatorische Grundlage eine an Verweilzeiten orientierte Beförderungspraxis zugrunde, die Art. 33 Abs. 2 GG nicht entspricht. Dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass besetzbare Planstellen für die Polizei nur in dem ausgebrachten Umfang zur Verfügung standen. An diese limitierende Vorgabe hätte sich die Beklagte auch dann halten müssen, wenn ihr die Rechtswidrigkeit der dem Laufbahnmodell zugrunde liegenden Mindestverweildauer von sieben Jahren im Statusamt eines Polizeikommissars bewusst gewesen wäre. In keinem Falle hätte der Dienstherr den im Haushaltsbeschluss vorgegebenen Rahmen überschreiten dürfen.

38

Ist der Haushaltsplan für das Rechnungsjahr durch Beschluss der Bürgerschaft aufgestellt worden, so darf der Senat bei der Ausgabe von Haushaltsmitteln die Haushaltsansätze nicht überschreiten (Art. 66 der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg vom 6. Juni 1952, HmbGVBl. S. 117). Erweisen sich die vorhandenen Haushaltsansätze im Laufe des jeweiligen Haushaltsjahres als zu gering oder ergeben sich sachliche Bedürfnisse, die der Haushaltsbeschluss nicht berücksichtigt hat, muss der Senat eine Nachbewilligung von Haushaltsmitteln nach Maßgabe des Art. 68 der Verfassung herbeiführen (vgl. zur entsprechenden Lage auf Bundesebene: BVerfG, Urteile vom 25. Mai 1977 - 2 BvE 1/74 - BVerfGE 45, 1 <34> und vom 18. März 2014 - 2 BvR 1390/12 u.a. - NJW 2014, 1505 Rn. 201). Solange ein entsprechender Nachtragshaushalt nicht beschlossen worden ist, stehen weitere Mittel nicht zur Verfügung.

39

Auch die Betrachtungen zur hypothetischen Kausalität müssen deshalb von einem Alternativmodell ausgehen, das den vorgegebenen Haushaltsansatz wahrt. Bezugspunkt der hypothetischen Erwägungen ist die Pflichtverletzung des Dienstherrn, hieran knüpft der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch an. Auf die Frage, ob bereits dem Beschluss der Bürgerschaft selbst ein Verstoß gegen die Auswahlgrundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG anhaftet (verneinend OVG Hamburg, Urteil vom 20. Mai 2011 - 1 Bf 284/09 - S. 16 f.), kommt es daher nicht an. Ebenso ist unerheblich, dass ein Schadensersatzanspruch nicht unter dem Vorbehalt der haushaltsrechtlichen Bewilligung steht. Streitig ist nicht die Zahlung eines bestehenden Schadensersatzbetrages, sondern die vorgelagerte Frage, ob ein Schadensersatzanspruch entstanden ist. Für die damit ausschlaggebende Frage, welcher hypothetische Kausalverlauf bei rechtmäßigem Vorgehen des Dienstherrn voraussichtlich an die Stelle des tatsächlichen Verlaufs getreten wäre, sind die haushaltsrechtlichen Vorgaben zu berücksichtigen. Die Anzahl der möglichen Beförderungen hängt damit von der konkreten Zusammensetzung der Bewerberrangliste ab.

40

b) Bei einer hypothetischen Auswahlentscheidung, die auch diejenigen Bewerber einbezieht, die nicht über eine Mindestverweilzeit von sieben Jahren im vorangegangenen Statusamt verfügen, wäre die Klägerin voraussichtlich nicht berücksichtigt worden.

41

aa) Entgegen der vom Oberverwaltungsgericht vertretenen Auffassung wäre die Beklagte dabei nicht verpflichtet gewesen, aus den in der dienstlichen Beurteilung enthaltenen "Potenzialeinschätzungen" eine Gesamtnote zu bilden und diese bei der Bildung einer Auswahlrangliste zu berücksichtigen.

42

In der dienstlichen Beurteilung der Beklagten werden "Potenzialeinschätzungen" zu den Merkmalen: Teamfähigkeit, Konfliktfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, schriftliche Ausdrucksfähigkeit, Entscheidungsfähigkeit, Planungs- und Organisationsfähigkeit, Selbstständigkeit, Dienstleistungs-/Kundenorientierung, Flexibilität/Innovationsfähigkeit, kognitive Fähigkeiten, körperliche Belastungsfähigkeit, Stressfähigkeit (und vorliegend nicht bewertet Führungsfähigkeit) verlangt und abgegeben. Damit werden allgemein für die dienstliche Verwendung bedeutsame Eigenschaften des Beamten angesprochen, die - weil nicht auf ein bestimmtes Amt und die hierfür bestehenden Anforderungen bezogen (dann Eignung, vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 - BVerwGE 147, 244 Rn. 10) - unter den Begriff der Befähigung im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG fallen (BVerfG, Beschluss vom 20. April 2004 - 1 BvR 838/01 u.a. - BVerfGE 110, 304 <322>; BVerwG, Urteile vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <150 f.> und vom 26. September 2012 - 2 C 74.10 - BVerwGE 144, 186 Rn. 20; vgl. zum Begriff der Befähigung auch die Legaldefinition in § 2 Abs. 3 BLV).

43

Diese personenbezogenen Eigenschaften sind von Art. 33 Abs. 2 GG erfasst und können bei einer Auswahlentscheidung daher auch berücksichtigt werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn das angestrebte Amt - etwa im Hinblick auf mit ihm typischerweise verbundene Führungsaufgaben - andere Anforderungen stellt als das vom Beamten bislang innegehabte, und der Prognoseschluss für die künftige Eignung sich daher nicht in der Bewertung der bislang erbrachten Leistungen erschöpfen kann.

44

Befähigungsmerkmale entziehen sich aber einer generellen und bezugsunabhängigen Gesamtbewertung oder gar Notenvergabe. Nach welchen Maßstäben und zu welchem Zweck die Eigenschaften des Beamten, die weder in der auf dem Dienstposten gezeigten Leistung Ausdruck gefunden haben noch als Eignungsmerkmale für die Anforderungen des angestrebten Amtes zu berücksichtigen sind, in einer umfassenden persönlichen Befähigungsgesamtnote zusammengefasst werden sollten oder könnten, ist nicht ersichtlich. Eine derartige Gesamtsaldierung widerspricht vielmehr dem Sinn der Befähigungsanalyse, mit der individuelle Stärken und Schwächen des Beamten herausdifferenziert werden sollen, um eine fundierte Erkenntnisgrundlage für die künftige Verwendung des Beamten zu schaffen (vgl. Schäfer, ZBR 1983, 173 <179>; Schnellenbach/Bodanowitz, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, Stand September 2014, Rn. 257). Folgerichtig war in Nr. 9 der Beurteilungs-RL 2007 auch ausdrücklich vorgegeben, dass eine zusammenfassende Bewertung (Gesamturteil) oder Potenzialeinschätzungen unzulässig ist und zu unterbleiben hat. Die Forderung des Oberverwaltungsgerichts nach einer Befähigungsgesamtnote entbehrt daher der rechtlichen Grundlage.

45

bb) Zutreffend ist allerdings die Ausgangserwägung, dass der Dienstherr für die Auswahlentscheidung eine Eignungsprognose abzugeben hat, die sich grundsätzlich nicht in der Bewertung der bislang gezeigten Leistungen erschöpft. Das maßgebliche Gesamturteil muss auf die Anforderungen des zu vergebenden Amtes bezogen sein. Dies gilt auch für die Einreihung in eine Rangliste, wenn diese maßgeblich für die nachfolgenden Beförderungen sein soll (BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 - 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83 Rn. 14). Insbesondere wenn die Anforderungen des angestrebten Amtes - etwa im Hinblick auf typischerweise wahrzunehmende Führungsaufgaben - nicht identisch mit denjenigen des bisherigen Amtes sind, müssen daher zusätzliche Erwägungen angestellt werden. Hierfür sind die in der dienstlichen Beurteilung ausgewiesenen Befähigungseinschätzungen heranzuziehen. Auswahlerwägungen, die diesen Maßstäben genügen, hat die Beklagte nicht angestellt.

46

Die vom Oberverwaltungsgericht festgestellten Tatsachen bieten aber eine ausreichende Grundlage für den Schluss, dass eine Auswahl der Klägerin auch bei ordnungsgemäßem Auswahlverfahren nicht ernsthaft möglich gewesen wäre. Der Abstand ihrer Leistungsnote von denjenigen Notenwerten, die bei Zugrundelegung der hypothetischen Beförderungsrangliste und der sich aus den haushaltsrechtlichen Bindungen der Beklagten noch für eine Berücksichtigung in der Beförderungsrunde 2008 ausgereicht hätten, ist zu weit und die Anzahl der in ihren bisherigen Leistungen besser beurteilten Mitbewerber damit zu groß, um bei einer hypothetischen Alternativbetrachtung für das Jahr 2008 von einer reellen Beförderungschance ausgehen zu können.

47

Für diese Feststellung kann auf die zum Stichtagsdatum 19. September 2008 aus Anlass des damaligen Leistungsträgerfeststellungsverfahrens erstellten dienstlichen Beurteilungen zurückgegriffen werden. Diese nehmen zwar für die vor dem Stichtagsdatum liegenden Beförderungsentscheidungen nicht auf den zutreffenden Beurteilungszeitraum Bezug und weisen auch nur hinsichtlich der rückschauend betrachteten Leistung eine Beurteilung aus. Die hieraus entwickelte Rangliste entspricht daher nicht den an eine ordnungsgemäße Beförderungsauswahl zu stellenden Anforderungen. Die aus dem Jahr 2008 stammenden und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhenden dienstlichen Beurteilungen stellen aber eine hinreichend sichere Vergleichsbasis für die im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs allein zu entscheidende Frage dar, ob die Klägerin bei einem ordnungsgemäß durchgeführten Auswahlverfahren im Jahr 2008 voraussichtlich befördert worden wäre.

48

Ausreichende Anhaltspunkte für die Rekonstruktion der hypothetischen Auswahlentscheidung lassen sich diesen dienstlichen Beurteilungen insbesondere deshalb entnehmen, weil bei einer Beförderung innerhalb der Laufbahn des gehobenen Polizeivollzugsdienstes maßgeblich auf die bisher im niedrigeren Statusamt der Laufbahn erbrachten fachlichen Leistungen abzustellen ist.

49

Art. 33 Abs. 2 GG dient dem Interesse der bestmöglichen Besetzung öffentlicher Ämter. Ausgewählt werden soll der Bewerber, der für die künftige Amtstätigkeit am besten geeignet ist. Die Auswahlentscheidung erfordert daher eine vorausschauende Aussage darüber, ob und wie der Bewerber die ihm in dem angestrebtem Amt obliegenden beamtenrechtlichen Pflichten erfüllen wird (BVerfG, Urteil vom 24. September 2003 - 2 BvR 1436/02 - BVerfGE 108, 282 <296>). Für den Vergleich der Bewerber um ein Beförderungsamt kann und muss auf die im bisherigen Amt erbrachten Leistungen zurückgegriffen werden. Nur die im bisherigen Amt gezeigten Leistungen bieten eine hinreichende Tatsachengrundlage für den Prognoseschluss, ob sich der Beamte auch in dem angestrebten höheren Amt voraussichtlich bewähren wird (BVerwG, Beschluss vom 22. November 2012 - 2 VR 5.12 - BVerwGE 145, 112 Rn. 23 f.).

50

Die besondere Bedeutung der bislang gezeigten fachlichen Leistung folgt hier überdies aus dem Umstand, dass die Polizeivollzugsbeamten der Beklagten auf gebündelten Dienstposten eingesetzt werden und die Anforderungen des bisherigen und diejenigen des künftigen Amtes nach Auffassung der Beklagten daher weitgehend identisch sind. Es ist daher davon auszugehen, dass die Beurteilung der erbrachten Leistung hier grundsätzlich auch der Eignungsprognose entspricht. Angesichts weitgehend identischer Amtsanforderungen dürfte sich daher nur in besonders gelagerten Fällen aus den persönlichen Eigenschaften eine von der Leistungsbeurteilung abweichende Eignungsprognose ergeben. Dieser Unsicherheit kann im Rahmen der hypothetischen Auswahlerwägungen durch einen Sicherheitszuschlag Rechnung getragen werden.

51

Da die Klägerin mit ihrer Leistungsbeurteilung von 3,25 weit von den für eine Beförderung erforderlichen Notenwerten entfernt gewesen ist, kann auch bei Hinzurechnung eines angemessenen Sicherheitszuschlags festgestellt werden, dass sie im Falle einer rechtmäßigen Gestaltung des Auswahlverfahrens durch die Beklagte voraussichtlich nicht befördert worden wäre.

52

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

B e s c h l u s s

vom 19. März 2015

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 20 602,44 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 GKG). Eine Festsetzung anhand der bloßen Besoldungsdifferenz nach § 52 Abs. 1 GKG scheidet aus, weil beamtenrechtliche Schadensersatzklagen auch dienst- und versorgungsrechtliche Konsequenzen bewirken.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tatbestand

1

Die 1961 geborene Klägerin steht seit 1981 im Polizeidienst der Beklagten. Ab November 1999 bekleidete sie ein Amt der Besoldungsgruppe A 9 LBesO, zunächst als Polizeihauptmeisterin im mittleren Dienst und seit Juni 2002 als Polizeikommissarin im gehobenen Dienst. Am 19. Juni 2009 wurde sie zur Polizeioberkommissarin (Besoldungsgruppe A 10 LBesO) befördert. Mit der Klage begehrt sie Schadensersatz ab 1. Mai 2008 wegen verspäteter Beförderung.

2

Die Beklagte beförderte im Jahr 2008 insgesamt 397 Bewerber zu Polizei- oder Kriminaloberkommissaren. Grundlage hierfür war ein Laufbahnmodell, das einen Regelaufstieg der Polizeivollzugsbeamten bis zur Besoldungsgruppe A 11 LBesO vorsah. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die vorgesehenen Beförderungen waren Regelverweilzeiten im jeweiligen Amt, die für die Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 10 LBesO sieben Jahre betrugen. Vor Erreichen dieser Wartezeiten waren Beförderungen nur für überdurchschnittlich leistungsstarke Beamte möglich. Das hierfür geregelte Leistungsträgerfeststellungsverfahren sollte einmal jährlich durchgeführt und Ende Oktober abgeschlossen sein. Im Jahr 2008 wurden auf diesem Wege 26 Bewerber befördert.

3

Da die Klägerin die vorausgesetzte Verweilzeit von sieben Jahren noch nicht absolviert hatte, lehnte die Polizeibehörde den Antrag auf Einbeziehung in die Auswahlverfahren des Jahres 2008 für die Vergabe von Beförderungsämtern der Besoldungsgruppe A 10 LBesO ab und verwies auf das zum Jahresende noch ausstehende Leistungsträgerfeststellungsverfahren. Ein Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat die Klägerin für erledigt erklärt, nachdem sie zur Polizeioberkommissarin befördert worden war. Das Laufbahnmodell der Beklagten ist nachfolgend durch Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 17. Februar 2010 - 1 Bs 241/09 - (ZBR 2010, 265) beanstandet worden.

4

Den Antrag auf Gewährung von Schadensersatz wegen rechtswidrig unterlassener Beförderung lehnte die Beklagte ab. Auch das Klageverfahren blieb erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht hat hierzu ausgeführt: Zwar habe die Beklagte den Bewerbungsverfahrensanspruch der Klägerin dadurch schuldhaft verletzt, dass sie schlechter beurteilte Beamte allein wegen ihrer siebenjährigen Verweildauer vorgezogen habe. Es fehle aber die erforderliche adäquate Kausalität zwischen dieser schuldhaften Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs und der unterbliebenen Beförderung.

5

Tatsächlich habe die Beklagte zwar 397 Beförderungen vorgenommen. Bei hypothetischer Zugrundelegung eines rechtmäßigen Vorgehens und damit ohne Berücksichtigung der geforderten Verweilzeit von sieben Jahren im Amt eines Polizeikommissars hätte sie aber voraussichtlich nur eine geringere Zahl von Beförderungen ausgesprochen. Dies folge aus dem im Haushaltsplan ausgebrachten Stellenvermerk, der eine Beförderung nur nach Maßgabe der kalkulatorischen Regelverweilzeiten zugelassen habe. Für das Haushaltsjahr 2008 hätten damit nur 4 033 Beförderungsmonate zur Verfügung gestanden. Die Zahl der Beförderungsstellen hänge damit von der Verweildauer der Ausgewählten ab, weil die Beförderung dienstjüngerer Beamter zu einer höheren Ausschöpfung von Beförderungsmonaten führe. Für die hypothetische Auswahlrangliste könne entgegen dem von der Beklagten vorgelegten Alternativmodell nicht allein auf die Leistungsnote zurückgegriffen werden. Zur Berücksichtigung der in der dienstlichen Beurteilung ausgewiesenen Potenzialeinschätzung hat das Oberverwaltungsgericht eine Potenzialgesamtnote gebildet und alternative Berechnungen ausgehend von einer gleichen Gewichtung der Noten bis zu einer vierfachen Gewichtung der Leistungsnote angestellt. Da die Klägerin in allen Modellen einen berücksichtigungsfähigen Rangplatz nicht erreichte, hat das Oberverwaltungsgericht eine ernsthafte Beförderungsmöglichkeit bei rechtmäßigem Alternativverhalten verneint.

6

Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Schadensersatzbegehren fort. Sie beantragt,

die Urteile des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 16. November 2012 und des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 4. August 2009, soweit darin ein Schadensersatzantrag abgelehnt wurde, sowie den Bescheid der Polizei Hamburg vom 3. Juli 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als sei sie bereits zum 1. Mai 2008, hilfsweise zu einem späteren Zeitpunkt, zur Polizeioberkommissarin (Besoldungsgruppe A 10 LBesO) befördert worden.

7

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt zwar dadurch revisibles Bundes- (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) und Landesbeamtenrecht (§ 191 Abs. 2 VwGO, § 127 Nr. 2 BRRG, § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG), dass es zur Ermittlung der hypothetischen Beförderungsauswahl eine Befähigungsgesamtnote gebildet und diese zur Erstellung einer Beförderungsrangliste herangezogen hat. Die Entscheidung stellt sich im Ergebnis aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die Klägerin hat keinen Schadensersatzanspruch, weil sie bei rechtmäßiger Gestaltung des Auswahlverfahrens voraussichtlich nicht im Jahr 2008 befördert worden wäre.

9

1. Rechtsgrundlage für das geltend gemachte Begehren ist der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch. Dieses Rechtsinstitut ist in der Rechtsprechung seit langem anerkannt (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. August 1961 - 2 C 165.59 - BVerwGE 13, 17 <18 ff.> mit umfangreichen Nachweisen zur Rechtsprechung des Reichsgerichts sowie Laubinger, VerwArch, Bd. 99 <2008> S. 278 ff.). Es findet seinen Rechtsgrund im Beamtenverhältnis und begründet einen unmittelbar gegen den Dienstherrn gerichteten Ersatzanspruch für Schäden, die aus einer Verletzung der aus dem Beamtenverhältnis folgenden Pflichten entstehen. Als im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis wurzelndes und insofern "quasi-vertragliches" Institut gewährleistet der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch Sekundärrechtsschutz für Pflichtverletzungen aus dem Beamtenverhältnis, wie dies § 280 Abs. 1 BGB für vertragliche Schuldverhältnisse vorsieht (vgl. zur Bezugnahme auf Grundsätze der positiven Vertragsverletzung auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 13. Januar 2010 - 2 BvR 811/09 - BayVBl 2010, 303 Rn. 9).

10

Der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch war ursprünglich auf Verletzungen der Fürsorgepflicht bezogen. Er ist in der Rechtsprechung aber nachfolgend auch auf andere Pflichtverletzungen ausgedehnt worden (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 21. Dezember 2000 - 2 C 39.99 - BVerwGE 112, 308 <312> für die Verletzung der Pflicht zur Berücksichtigung der Kindergeldberechtigung bei der Besoldung), insbesondere auf die Verletzung der Auswahlgrundsätze aus Art. 33 Abs. 2 GG (BVerwG, Urteil vom 25. August 1988 - 2 C 51.86 - BVerwGE 80, 123 <124 f.>).

11

Obwohl der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch im Gegensatz zu § 839 Abs. 1 BGB ein bereits bestehendes Rechtsverhältnis voraussetzt, beansprucht der in § 839 Abs. 3 BGB niedergelegte Rechtsgedanke vom Vorrang des Primärrechtsschutzes auch und gerade für Ansprüche aus dem Beamtenverhältnis wie den hier streitigen Geltung (BVerwG, Urteil vom 28. Mai 1998 - 2 C 29.97 - BVerwGE 107, 29 <31 f.>). Die sekundäre Ersatzpflicht für rechtswidriges staatliches Handeln tritt nicht ein, wenn der Verletzte unmittelbar gegen die beanstandete Entscheidung mögliche Rechtsbehelfe ohne hinreichenden Grund nicht in Anspruch genommen hat.

12

Ein Beamter kann danach von seinem Dienstherrn Ersatz des ihm durch eine Nichtbeförderung entstandenen Schadens verlangen, wenn der Dienstherr bei der Vergabe eines Beförderungsamtes den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch des Beamten auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl schuldhaft verletzt hat, dem Beamten das Amt ohne diesen Rechtsverstoß voraussichtlich übertragen worden wäre und dieser es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <101 f.>, vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 15, vom 29. November 2012 - 2 C 6.11 - BVerwGE 145, 185 Rn. 9 und vom 30. Oktober 2013 - 2 C 23.12 - BVerwGE 148, 217 Rn. 42).

13

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Zwar hat die Beklagte den Bewerbungsverfahrensanspruch der Klägerin verletzt (2.) und dies zu vertreten (3.). Die Klägerin hat auch alle ihr zumutbaren Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verhinderung des Schadenseintritts ausgeschöpft (4.). Es fehlt aber an dem Kausalzusammenhang zwischen der Rechtsverletzung der Beklagten und dem von der Klägerin geltend gemachten Schaden (5.).

14

2. Die Nichteinbeziehung der Klägerin in das Auswahlverfahren 2008 wegen einer fehlenden Verweildauer von mindestens sieben Jahren im Statusamt einer Polizeikommissarin war mit Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG und § 7 Abs. 1 des Hamburgischen Beamtengesetzes in der Fassung vom 29. November 1977 (HmbGVBl. S. 367) nicht vereinbar.

15

Art. 33 Abs. 2 GG sowie die einfach-rechtlichen Konkretisierungen in den Beamtengesetzen gewährleisten jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt im statusrechtlichen Sinne nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Der Grundsatz der Bestenauswahl ist demnach von der Verfassung verbindlich und vorbehaltlos vorgeschrieben. Andere Kriterien können bei der Vergabe öffentlicher Ämter nur Berücksichtigung finden, wenn sie ebenfalls Verfassungsrang haben (BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/04 - BVerfGK 12, 265 <268>). Art. 33 Abs. 2 GG dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes; dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität sollen gerade durch die ungeschmälerte Anwendung des Leistungsgrundsatzes gewährleistet werden. Zum anderen trägt die Vorschrift dem berechtigten Interesse der Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass sie grundrechtsgleiche Rechte auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl begründet. Jeder Bewerber um ein öffentliches Amt hat einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr seine Bewerbung nur aus Gründen zurückweist, die durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind (stRspr, vgl. zuletzt BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 - BVerwGE 147, 20 Rn. 19 f.).

16

Die in einem bestimmten Statusamt geleistete Dienstzeit gehört nicht zu den in Art. 33 Abs. 2 GG genannten Kriterien. Zwar kann sich das Dienstalter auf die Beurteilung von leistungsbezogenen Gesichtspunkten auswirken, weil sich die durch ein höheres Dienstalter typischerweise zum Ausdruck kommende umfassendere Berufserfahrung häufig leistungsfördernd niederschlagen wird. Es gibt jedoch keinen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass von einem höheren Dienstalter stets auf einen höheren Leistungsstand und bessere Bewährungsvoraussetzungen geschlossen werden kann. Dementsprechend ist die Berücksichtigung des Dienstalters bei der Besetzung von Beförderungsstellen grundsätzlich nur im Falle eines Leistungsgleichstands mit Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar (BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <151>).

17

An das Dienstalter anknüpfende Wartezeitregelungen stehen daher nur dann mit Art. 33 Abs. 2 GG in Einklang, wenn sie der sachgerechten Anwendung des Grundsatzes der Bestenauswahl dienen und mit ihnen die praktische Bewährung des Bewerbers im bisherigen Statusamt festgestellt werden soll. Dieser Zweck, die zuverlässige Beurteilung des Leistungsvermögens und eine fundierte Prognose über die voraussichtliche Bewährung in einem höheren Amt zu ermöglichen, setzt dem zeitlichen Umfang solcher "Bewährungszeiten" Grenzen. Sie dürfen nicht länger bemessen sein, als es typischerweise erforderlich ist, um die tatsächlichen Grundlagen für eine Beurteilung und Prognose zu schaffen. Danach hängt die Dauer von Wartezeiten entscheidend vom Inhalt der jeweiligen Ämter ab. Der für eine Regelbeurteilung vorgesehene Zeitraum wird in aller Regel die Obergrenze darstellen (BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <152>; Beschluss vom 25. Oktober 2011 - 2 VR 4.11 - NVwZ-RR 2012, 241 Rn. 35; Urteil vom 26. September 2012 - 2 C 74.10 - BVerwGE 144, 186 Rn. 23; vgl. auch die Vorgabe von zwei Jahren bei der Erprobung für Führungsämter in BVerfG, Beschluss vom 28. Mai 2008 - 2 BvL 11/07 - BVerfGE 121, 205 <228>).

18

Diesen Vorgaben entspricht die in § 7 Abs. 2 i.V.m. § 11 der Richtlinie vom 18. Dezember 2007 zu einem funktions- und leistungsorientierten Laufbahnverlaufsmodell für die Laufbahnabschnitte I und II des Polizeivollzugsdienstes in Hamburg (- LVM-RL -) vorgeschriebene Regelverweilzeit für die Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 10 von sieben Jahren nicht (ebenso bereits OVG Hamburg, Beschluss vom 17. Februar 2010 - 1 Bs 241/09 - ZBR 2010, 265 Rn. 16 ff.). Sie überschreitet die für die Regelbeurteilung vorgesehene Zeit von vier Jahren (vgl. Nr. 4.1 der Richtlinie zum Personalbeurteilungssystem für den Polizeivollzugsdienst der Freien und Hansestadt Hamburg vom 13. März 2007 - Beurteilungs-RL 2007 -) erheblich.

19

Der Umstand, dass die Klägerin in das Leistungsträgerfeststellungsverfahren einbezogen werden konnte, ändert hieran nichts. Für die außerhalb dieses Verfahrens vergebenen Ämter - die im Übrigen quantitativ den weitaus größeren Teil darstellten - wurde ihre Einbeziehung in das Auswahlverfahren ohne rechtfertigenden Grund abgelehnt.

20

3. Diese Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs hat die Beklagte auch zu vertreten.

21

Für die Haftung des Dienstherrn auf Schadensersatz wegen Verletzung von Pflichten aus dem Beamtenverhältnis gilt der allgemeine Verschuldensmaßstab des bürgerlichen Rechts (BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <104> m.w.N.). Zu vertreten hat der Dienstherr danach Vorsatz und Fahrlässigkeit. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 2 BGB). Von den für die Auswahlentscheidung verantwortlichen Beamten muss verlangt werden, dass sie die Sach- und Rechtslage unter Heranziehung aller ihnen zu Gebote stehenden Hilfsmittel gewissenhaft prüfen und sich auf Grund vernünftiger Überlegungen eine Rechtsauffassung bilden. Dazu gehören auch die Auswertung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und ggf. die ernsthafte Auseinandersetzung mit der Frage, ob aus sachfremden Erwägungen gewünschte Personalentscheidungen am Maßstab der relevanten Rechtsnormen Bestand haben können (BVerwG, Urteil vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 39).

22

Nach diesen Maßstäben hat die Beklagte den Verstoß gegen den Grundsatz der Bestenauswahl aus Art. 33 Abs. 2 GG jedenfalls mit Fahrlässigkeit zu vertreten. Bei sorgfältiger rechtlicher Prüfung hätte von den verantwortlichen Beamten erkannt werden müssen, dass die Anforderung einer Mindestverweildauer von sieben Jahren im Statusamt eines Polizeikommissars den rechtlichen Anforderungen und der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht entspricht. Hieran konnte jedenfalls nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - (BVerwGE 122, 147) kein vernünftiger Zweifel mehr bestehen. Auch die von der Beklagten in Auftrag gegebene gutachtliche Stellungnahme von Prof. Dr. S. vom Dezember 2007 war zu dem Ergebnis gelangt, dass der Anciennitätsgrundsatz aus den Beförderungsstrukturen "ganz und gar eliminiert" werden müsse und sich eine Beschränkung des Bewerberkreises in Anknüpfung an Regelverweildauern von vornherein verbiete.

23

4. Die Klägerin hat auch die ihr auf Primärebene zumutbaren Möglichkeiten zur Verfolgung ihres Beförderungsbegehrens ausgeschöpft.

24

Effektiven Rechtsschutz gegen eine zu Unrecht verweigerte Einbeziehung in ein beamtenrechtliches Auswahlverfahren kann der Beamte durch die Erhebung des Widerspruchs (§ 126 Abs. 3 BRRG, § 54 Abs. 2 und § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG) und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 123 Abs. 1 VwGO) gegen die Vergabe des dem Auswahlverfahren zugrunde liegenden Amtes erlangen. Beide Rechtsschutzmöglichkeiten hat die Klägerin wahrgenommen.

25

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts muss sich die Klägerin auch nicht entgegenhalten lassen, den Widerspruchsbescheid vom 9. September 2008 nicht angegriffen zu haben. Dies folgt zunächst schon daraus, dass nicht klar ist, worauf sich die teilweise Zurückweisung des Widerspruchs bezog und was damit ggf. in Bestandskraft hätte erwachsen können. Denn die dort angesprochene Teilnahme am Leistungsträgerfeststellungsverfahren war nicht Gegenstand des Antrags der Klägerin und ist von der Beklagten auch nie in Zweifel gezogen worden. Die Unklarheit, worauf sich die ausgesprochene Neubescheidung der Polizeibehörde bezieht, hat die Klägerin bereits in ihrer Klagebegründung angesprochen. Hätte der Widerspruchsbescheid die beantragte Einbeziehung in die außerhalb des Leistungsträgerfeststellungsverfahrens stattfindenden Auswahlverfahren abgelehnt, müsste daher auch das Klagebegehren dahingehend aufgefasst werden, dass nicht nur Schadensersatz, sondern auch Primärrechtsschutz beantragt worden ist (vgl. zum Grundsatz der rechtsschutzfreundlichen Auslegung BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2013 - 2 C 23.12 - BVerwGE 148, 217 Rn. 15 ff.). Dass die Klägerin trotz der fehlenden Verweilzeit von sieben Jahren im bisherigen Statusamt befördert werden wollte, ist unmissverständlich zum Ausdruck gebracht worden. Kern ihres Anliegens war stets der Vortrag, dass sie auch außerhalb des Leistungsträgerfeststellungsverfahrens in die Auswahlverfahren einbezogen werden müsse. Dies kommt auch in ihrem Klageantrag zum Ausdruck, weil sie die Aufhebung des Bescheids vom 28. Mai 2008 beantragt hat.

26

5. Die Klägerin wäre bei rechtmäßiger Gestaltung des Auswahlverfahrens aber voraussichtlich nicht befördert worden, sodass es an der Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und dem geltend gemachten Schaden fehlt.

27

Der für einen beamtenrechtlichen Schadensersatzanspruch erforderliche adäquat kausale Zusammenhang zwischen der Rechtsverletzung und dem Schaden setzt voraus, dass der Beamte ohne den schuldhaften Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG voraussichtlich befördert worden wäre. Seine Berücksichtigung muss nach Lage der Dinge jedenfalls ernsthaft möglich gewesen sein. Für diese Annahme muss festgestellt werden, welcher hypothetische Kausalverlauf bei rechtmäßigem Vorgehen des Dienstherrn voraussichtlich an die Stelle des tatsächlichen Verlaufs getreten und ob der Beamte ausgewählt worden wäre, wenn der Dienstherr eine rechtmäßige Gestaltung des Auswahlverfahrens vorgenommen hätte (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <108>, vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 42 f. und vom 30. Oktober 2013 - 2 C 23.12 - BVerwGE 148, 217 Rn. 45).

28

Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Die Beklagte hätte bei zutreffender Erkenntnis von der Unzulässigkeit der geforderten Mindestverweilzeit im vorangegangenen Statusamt wegen der Besonderheiten der haushaltsrechtlichen Vorgaben weniger als die tatsächlich beförderten 397 Beamten ausgewählt (a). Bei einer danach zu treffenden Auswahlentscheidung hätte die Klägerin voraussichtlich keine ernsthafte Beförderungschance besessen (b).

29

a) Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hätte die Beklagte, wenn ihr die Rechtswidrigkeit der geforderten Mindestverweilzeit von sieben Jahren im Amt des Polizeikommissars vor einer Beförderung zum Polizeioberkommissar bewusst gewesen wäre, nicht 397 Beamte befördert, sondern nur Beförderungen in derjenigen Anzahl vorgenommen, die durch den Stellenvermerk des Haushaltsbeschlusses ausfinanziert war.

30

aa) Diese Feststellung hypothetischer Tatsachen nimmt an der Bindungswirkung des § 137 Abs. 2 VwGO teil (vgl. Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, Großkommentar, 4. Aufl. 2014, § 137 Rn. 126; Kraft, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 137 Rn. 47). Dies folgt aus der Aufgabenteilung zwischen Revisionsgericht und Tatsacheninstanz. Die Revision ist darauf beschränkt, neben der Einhaltung des Verfahrens die Rechtsanwendung des Tatsachengerichts zu überprüfen. Das Revisionsgericht nimmt daher keine eigenständige Tatsachenfeststellung vor, sondern legt seiner Beurteilung - sofern keine begründeten Verfahrensrügen erhoben worden sind - den von der Vorinstanz festgestellten Lebenssachverhalt zugrunde. Die Bindungswirkung aus § 137 Abs. 2 VwGO erstreckt sich deshalb auf die entscheidungserheblichen Tatsachen, welche die Tatbestandsmerkmale der einschlägigen Rechtsnormen ausfüllen sollen. Ausgehend hiervon überprüft das Revisionsgericht die Anwendung des Rechts auf eine Verletzung von Bundesrecht oder anderen revisiblen Rechtsnormen.

31

Zur Beantwortung der Frage, ob eine fehlerhafte Gestaltung des Auswahlverfahrens adäquat kausal für die Nichtbeförderung war, muss das Tatsachengericht den Prozess der Entscheidungsfindung aufklären, um beurteilen zu können, welchen Verlauf die Dinge bei Vermeidung des Verstoßes gegen Art. 33 Abs. 2 GG voraussichtlich genommen hätten (BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <108>). Die eigenständige Feststellung dieser hypothetischen Tatsachen ist dem Revisionsgericht verwehrt. Die Erkenntnis hierüber ist nicht Teil der Rechtsanwendung, sondern Feststellung des ihr vorausliegenden Sachverhalts.

32

bb) Diese hypothetische Annahme unterstellt ein rechtmäßiges Alternativverhalten der Beklagten und ist daher revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.

33

Nach § 49 Abs. 1 LHO HH in der Fassung vom 12. Juni 2007 darf ein Amt nur zusammen mit der Einweisung in eine besetzbare Planstelle verliehen werden. Auch bei der Betrachtung des hypothetischen Alternativverhaltens der Beklagten sind diese haushaltsrechtlichen Vorgaben für mögliche Beförderungen zu berücksichtigen. Eine andere Gestaltung des Beförderungsgeschehens wäre nicht rechtmäßig gewesen.

34

Die Beschränkung ergibt sich indes nicht bereits aus der Zahl der vom Haushaltsgeber zur Verfügung gestellten Planstellen. Denn durch Beschluss der Bürgerschaft vom 5. Juli 2007 (Plenarprotokoll 18/85 S. 4552) sind die im Haushaltsplan 2007/2008 (Stellenplan des Einzelplans 8.1 für die Behörde für Inneres) bewilligten Polizeivollzugsstellen der Besoldungsgruppen A 7 bis A 11 LBesO gestrichen und in gleicher Zahl als gebündelte Stellen A 7/A 8/A 9/A 10/A 11 LBesO für die Schutz- und Wasserschutzpolizei und als gebündelte Stellen A 9/A 10/A 11 LBesO für die Kriminalpolizei ausgebracht worden (Bürgerschafts-Drs. 18/6273 S. 3). Eine ausreichende Anzahl von A 10-Planstellen für die tatsächlich vorgenommenen 397 Beförderungen war deshalb vorhanden.

35

Der Haushaltsansatz war jedoch mit dem Stellenvermerk versehen: "Die Stellen dürfen im Rahmen der in dieser Drucksache genannten Verweilzeiten ausgenutzt werden". Nur in diesem Umfang waren die freien Planstellen nach dem wirksamen Haushaltsbeschluss der Bürgerschaft deshalb besetzbar.

36

Für den Funktionskreis 2 "A 9 - A 10" war in Anlage 1 der Drucksache eine "kalkulatorische Verweilzeit" von 11 Jahren vorgesehen. Auf Basis dieser Verweilzeiten wurden die jährlich anfallenden Mehrkosten - insgesamt 3,9 Mio. € bis ins Jahr 2027 - berechnet (Anlage 2 der Drucksache). Der Mittelansatz für die gebündelten Stellen ging daher von einer durch die vorgegebenen Regelverweilzeiten gesteuerten Beförderungspraxis aus und legte der Berechnung die sich hieraus ergebende Verteilung von A 9, A 10 und A 11 Stellen zugrunde. Der Stellenvermerk hat damit zwar keinen konkreten Betrag als Begrenzung möglicher Beförderungen genannt. Er hat jedoch ein Berechnungsmodell vorgegeben, aus dem sich jeweils ein bestimmbarer Betrag ergab. Dementsprechend hat die Beklagte ermittelt, wie viele Beamte in welchem Monat des Jahres 2008 die vorgesehene Regelverweildauer erreicht hätten. Daraus wurde entnommen, wie viel Geld im Haushaltsjahr für diese Beamten im Falle der Beförderung benötigt würde. Diese in Beförderungsmonaten ausgewiesene Grenze war der haushaltsrechtliche Rahmen, der für Beförderungen zur Verfügung stand. Für das Jahr 2008 ergaben sich so 4 033 Beförderungsmonate A 10 LBesO. Nur in diesem Umfang standen der Beklagten besetzbare Planstellen zur Verfügung.

37

Dem Stellenvermerk des Haushaltsbeschlusses lag damit zwar als kalkulatorische Grundlage eine an Verweilzeiten orientierte Beförderungspraxis zugrunde, die Art. 33 Abs. 2 GG nicht entspricht. Dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass besetzbare Planstellen für die Polizei nur in dem ausgebrachten Umfang zur Verfügung standen. An diese limitierende Vorgabe hätte sich die Beklagte auch dann halten müssen, wenn ihr die Rechtswidrigkeit der dem Laufbahnmodell zugrunde liegenden Mindestverweildauer von sieben Jahren im Statusamt eines Polizeikommissars bewusst gewesen wäre. In keinem Falle hätte der Dienstherr den im Haushaltsbeschluss vorgegebenen Rahmen überschreiten dürfen.

38

Ist der Haushaltsplan für das Rechnungsjahr durch Beschluss der Bürgerschaft aufgestellt worden, so darf der Senat bei der Ausgabe von Haushaltsmitteln die Haushaltsansätze nicht überschreiten (Art. 66 der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg vom 6. Juni 1952, HmbGVBl. S. 117). Erweisen sich die vorhandenen Haushaltsansätze im Laufe des jeweiligen Haushaltsjahres als zu gering oder ergeben sich sachliche Bedürfnisse, die der Haushaltsbeschluss nicht berücksichtigt hat, muss der Senat eine Nachbewilligung von Haushaltsmitteln nach Maßgabe des Art. 68 der Verfassung herbeiführen (vgl. zur entsprechenden Lage auf Bundesebene: BVerfG, Urteile vom 25. Mai 1977 - 2 BvE 1/74 - BVerfGE 45, 1 <34> und vom 18. März 2014 - 2 BvR 1390/12 u.a. - NJW 2014, 1505 Rn. 201). Solange ein entsprechender Nachtragshaushalt nicht beschlossen worden ist, stehen weitere Mittel nicht zur Verfügung.

39

Auch die Betrachtungen zur hypothetischen Kausalität müssen deshalb von einem Alternativmodell ausgehen, das den vorgegebenen Haushaltsansatz wahrt. Bezugspunkt der hypothetischen Erwägungen ist die Pflichtverletzung des Dienstherrn, hieran knüpft der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch an. Auf die Frage, ob bereits dem Beschluss der Bürgerschaft selbst ein Verstoß gegen die Auswahlgrundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG anhaftet (verneinend OVG Hamburg, Urteil vom 20. Mai 2011 - 1 Bf 284/09 - S. 16 f.), kommt es daher nicht an. Ebenso ist unerheblich, dass ein Schadensersatzanspruch nicht unter dem Vorbehalt der haushaltsrechtlichen Bewilligung steht. Streitig ist nicht die Zahlung eines bestehenden Schadensersatzbetrages, sondern die vorgelagerte Frage, ob ein Schadensersatzanspruch entstanden ist. Für die damit ausschlaggebende Frage, welcher hypothetische Kausalverlauf bei rechtmäßigem Vorgehen des Dienstherrn voraussichtlich an die Stelle des tatsächlichen Verlaufs getreten wäre, sind die haushaltsrechtlichen Vorgaben zu berücksichtigen. Die Anzahl der möglichen Beförderungen hängt damit von der konkreten Zusammensetzung der Bewerberrangliste ab.

40

b) Bei einer hypothetischen Auswahlentscheidung, die auch diejenigen Bewerber einbezieht, die nicht über eine Mindestverweilzeit von sieben Jahren im vorangegangenen Statusamt verfügen, wäre die Klägerin voraussichtlich nicht berücksichtigt worden.

41

aa) Entgegen der vom Oberverwaltungsgericht vertretenen Auffassung wäre die Beklagte dabei nicht verpflichtet gewesen, aus den in der dienstlichen Beurteilung enthaltenen "Potenzialeinschätzungen" eine Gesamtnote zu bilden und diese bei der Bildung einer Auswahlrangliste zu berücksichtigen.

42

In der dienstlichen Beurteilung der Beklagten werden "Potenzialeinschätzungen" zu den Merkmalen: Teamfähigkeit, Konfliktfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, schriftliche Ausdrucksfähigkeit, Entscheidungsfähigkeit, Planungs- und Organisationsfähigkeit, Selbstständigkeit, Dienstleistungs-/Kundenorientierung, Flexibilität/Innovationsfähigkeit, kognitive Fähigkeiten, körperliche Belastungsfähigkeit, Stressfähigkeit (und vorliegend nicht bewertet Führungsfähigkeit) verlangt und abgegeben. Damit werden allgemein für die dienstliche Verwendung bedeutsame Eigenschaften des Beamten angesprochen, die - weil nicht auf ein bestimmtes Amt und die hierfür bestehenden Anforderungen bezogen (dann Eignung, vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 - BVerwGE 147, 244 Rn. 10) - unter den Begriff der Befähigung im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG fallen (BVerfG, Beschluss vom 20. April 2004 - 1 BvR 838/01 u.a. - BVerfGE 110, 304 <322>; BVerwG, Urteile vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <150 f.> und vom 26. September 2012 - 2 C 74.10 - BVerwGE 144, 186 Rn. 20; vgl. zum Begriff der Befähigung auch die Legaldefinition in § 2 Abs. 3 BLV).

43

Diese personenbezogenen Eigenschaften sind von Art. 33 Abs. 2 GG erfasst und können bei einer Auswahlentscheidung daher auch berücksichtigt werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn das angestrebte Amt - etwa im Hinblick auf mit ihm typischerweise verbundene Führungsaufgaben - andere Anforderungen stellt als das vom Beamten bislang innegehabte, und der Prognoseschluss für die künftige Eignung sich daher nicht in der Bewertung der bislang erbrachten Leistungen erschöpfen kann.

44

Befähigungsmerkmale entziehen sich aber einer generellen und bezugsunabhängigen Gesamtbewertung oder gar Notenvergabe. Nach welchen Maßstäben und zu welchem Zweck die Eigenschaften des Beamten, die weder in der auf dem Dienstposten gezeigten Leistung Ausdruck gefunden haben noch als Eignungsmerkmale für die Anforderungen des angestrebten Amtes zu berücksichtigen sind, in einer umfassenden persönlichen Befähigungsgesamtnote zusammengefasst werden sollten oder könnten, ist nicht ersichtlich. Eine derartige Gesamtsaldierung widerspricht vielmehr dem Sinn der Befähigungsanalyse, mit der individuelle Stärken und Schwächen des Beamten herausdifferenziert werden sollen, um eine fundierte Erkenntnisgrundlage für die künftige Verwendung des Beamten zu schaffen (vgl. Schäfer, ZBR 1983, 173 <179>; Schnellenbach/Bodanowitz, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, Stand September 2014, Rn. 257). Folgerichtig war in Nr. 9 der Beurteilungs-RL 2007 auch ausdrücklich vorgegeben, dass eine zusammenfassende Bewertung (Gesamturteil) oder Potenzialeinschätzungen unzulässig ist und zu unterbleiben hat. Die Forderung des Oberverwaltungsgerichts nach einer Befähigungsgesamtnote entbehrt daher der rechtlichen Grundlage.

45

bb) Zutreffend ist allerdings die Ausgangserwägung, dass der Dienstherr für die Auswahlentscheidung eine Eignungsprognose abzugeben hat, die sich grundsätzlich nicht in der Bewertung der bislang gezeigten Leistungen erschöpft. Das maßgebliche Gesamturteil muss auf die Anforderungen des zu vergebenden Amtes bezogen sein. Dies gilt auch für die Einreihung in eine Rangliste, wenn diese maßgeblich für die nachfolgenden Beförderungen sein soll (BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 - 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83 Rn. 14). Insbesondere wenn die Anforderungen des angestrebten Amtes - etwa im Hinblick auf typischerweise wahrzunehmende Führungsaufgaben - nicht identisch mit denjenigen des bisherigen Amtes sind, müssen daher zusätzliche Erwägungen angestellt werden. Hierfür sind die in der dienstlichen Beurteilung ausgewiesenen Befähigungseinschätzungen heranzuziehen. Auswahlerwägungen, die diesen Maßstäben genügen, hat die Beklagte nicht angestellt.

46

Die vom Oberverwaltungsgericht festgestellten Tatsachen bieten aber eine ausreichende Grundlage für den Schluss, dass eine Auswahl der Klägerin auch bei ordnungsgemäßem Auswahlverfahren nicht ernsthaft möglich gewesen wäre. Der Abstand ihrer Leistungsnote von denjenigen Notenwerten, die bei Zugrundelegung der hypothetischen Beförderungsrangliste und der sich aus den haushaltsrechtlichen Bindungen der Beklagten noch für eine Berücksichtigung in der Beförderungsrunde 2008 ausgereicht hätten, ist zu weit und die Anzahl der in ihren bisherigen Leistungen besser beurteilten Mitbewerber damit zu groß, um bei einer hypothetischen Alternativbetrachtung für das Jahr 2008 von einer reellen Beförderungschance ausgehen zu können.

47

Für diese Feststellung kann auf die zum Stichtagsdatum 19. September 2008 aus Anlass des damaligen Leistungsträgerfeststellungsverfahrens erstellten dienstlichen Beurteilungen zurückgegriffen werden. Diese nehmen zwar für die vor dem Stichtagsdatum liegenden Beförderungsentscheidungen nicht auf den zutreffenden Beurteilungszeitraum Bezug und weisen auch nur hinsichtlich der rückschauend betrachteten Leistung eine Beurteilung aus. Die hieraus entwickelte Rangliste entspricht daher nicht den an eine ordnungsgemäße Beförderungsauswahl zu stellenden Anforderungen. Die aus dem Jahr 2008 stammenden und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhenden dienstlichen Beurteilungen stellen aber eine hinreichend sichere Vergleichsbasis für die im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs allein zu entscheidende Frage dar, ob die Klägerin bei einem ordnungsgemäß durchgeführten Auswahlverfahren im Jahr 2008 voraussichtlich befördert worden wäre.

48

Ausreichende Anhaltspunkte für die Rekonstruktion der hypothetischen Auswahlentscheidung lassen sich diesen dienstlichen Beurteilungen insbesondere deshalb entnehmen, weil bei einer Beförderung innerhalb der Laufbahn des gehobenen Polizeivollzugsdienstes maßgeblich auf die bisher im niedrigeren Statusamt der Laufbahn erbrachten fachlichen Leistungen abzustellen ist.

49

Art. 33 Abs. 2 GG dient dem Interesse der bestmöglichen Besetzung öffentlicher Ämter. Ausgewählt werden soll der Bewerber, der für die künftige Amtstätigkeit am besten geeignet ist. Die Auswahlentscheidung erfordert daher eine vorausschauende Aussage darüber, ob und wie der Bewerber die ihm in dem angestrebtem Amt obliegenden beamtenrechtlichen Pflichten erfüllen wird (BVerfG, Urteil vom 24. September 2003 - 2 BvR 1436/02 - BVerfGE 108, 282 <296>). Für den Vergleich der Bewerber um ein Beförderungsamt kann und muss auf die im bisherigen Amt erbrachten Leistungen zurückgegriffen werden. Nur die im bisherigen Amt gezeigten Leistungen bieten eine hinreichende Tatsachengrundlage für den Prognoseschluss, ob sich der Beamte auch in dem angestrebten höheren Amt voraussichtlich bewähren wird (BVerwG, Beschluss vom 22. November 2012 - 2 VR 5.12 - BVerwGE 145, 112 Rn. 23 f.).

50

Die besondere Bedeutung der bislang gezeigten fachlichen Leistung folgt hier überdies aus dem Umstand, dass die Polizeivollzugsbeamten der Beklagten auf gebündelten Dienstposten eingesetzt werden und die Anforderungen des bisherigen und diejenigen des künftigen Amtes nach Auffassung der Beklagten daher weitgehend identisch sind. Es ist daher davon auszugehen, dass die Beurteilung der erbrachten Leistung hier grundsätzlich auch der Eignungsprognose entspricht. Angesichts weitgehend identischer Amtsanforderungen dürfte sich daher nur in besonders gelagerten Fällen aus den persönlichen Eigenschaften eine von der Leistungsbeurteilung abweichende Eignungsprognose ergeben. Dieser Unsicherheit kann im Rahmen der hypothetischen Auswahlerwägungen durch einen Sicherheitszuschlag Rechnung getragen werden.

51

Da die Klägerin mit ihrer Leistungsbeurteilung von 3,25 weit von den für eine Beförderung erforderlichen Notenwerten entfernt gewesen ist, kann auch bei Hinzurechnung eines angemessenen Sicherheitszuschlags festgestellt werden, dass sie im Falle einer rechtmäßigen Gestaltung des Auswahlverfahrens durch die Beklagte voraussichtlich nicht befördert worden wäre.

52

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

B e s c h l u s s

vom 19. März 2015

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 20 602,44 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 GKG). Eine Festsetzung anhand der bloßen Besoldungsdifferenz nach § 52 Abs. 1 GKG scheidet aus, weil beamtenrechtliche Schadensersatzklagen auch dienst- und versorgungsrechtliche Konsequenzen bewirken.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Tatbestand

1

Die 1961 geborene Klägerin steht seit 1981 im Polizeidienst der Beklagten. Ab November 1999 bekleidete sie ein Amt der Besoldungsgruppe A 9 LBesO, zunächst als Polizeihauptmeisterin im mittleren Dienst und seit Juni 2002 als Polizeikommissarin im gehobenen Dienst. Am 19. Juni 2009 wurde sie zur Polizeioberkommissarin (Besoldungsgruppe A 10 LBesO) befördert. Mit der Klage begehrt sie Schadensersatz ab 1. Mai 2008 wegen verspäteter Beförderung.

2

Die Beklagte beförderte im Jahr 2008 insgesamt 397 Bewerber zu Polizei- oder Kriminaloberkommissaren. Grundlage hierfür war ein Laufbahnmodell, das einen Regelaufstieg der Polizeivollzugsbeamten bis zur Besoldungsgruppe A 11 LBesO vorsah. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die vorgesehenen Beförderungen waren Regelverweilzeiten im jeweiligen Amt, die für die Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 10 LBesO sieben Jahre betrugen. Vor Erreichen dieser Wartezeiten waren Beförderungen nur für überdurchschnittlich leistungsstarke Beamte möglich. Das hierfür geregelte Leistungsträgerfeststellungsverfahren sollte einmal jährlich durchgeführt und Ende Oktober abgeschlossen sein. Im Jahr 2008 wurden auf diesem Wege 26 Bewerber befördert.

3

Da die Klägerin die vorausgesetzte Verweilzeit von sieben Jahren noch nicht absolviert hatte, lehnte die Polizeibehörde den Antrag auf Einbeziehung in die Auswahlverfahren des Jahres 2008 für die Vergabe von Beförderungsämtern der Besoldungsgruppe A 10 LBesO ab und verwies auf das zum Jahresende noch ausstehende Leistungsträgerfeststellungsverfahren. Ein Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat die Klägerin für erledigt erklärt, nachdem sie zur Polizeioberkommissarin befördert worden war. Das Laufbahnmodell der Beklagten ist nachfolgend durch Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 17. Februar 2010 - 1 Bs 241/09 - (ZBR 2010, 265) beanstandet worden.

4

Den Antrag auf Gewährung von Schadensersatz wegen rechtswidrig unterlassener Beförderung lehnte die Beklagte ab. Auch das Klageverfahren blieb erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht hat hierzu ausgeführt: Zwar habe die Beklagte den Bewerbungsverfahrensanspruch der Klägerin dadurch schuldhaft verletzt, dass sie schlechter beurteilte Beamte allein wegen ihrer siebenjährigen Verweildauer vorgezogen habe. Es fehle aber die erforderliche adäquate Kausalität zwischen dieser schuldhaften Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs und der unterbliebenen Beförderung.

5

Tatsächlich habe die Beklagte zwar 397 Beförderungen vorgenommen. Bei hypothetischer Zugrundelegung eines rechtmäßigen Vorgehens und damit ohne Berücksichtigung der geforderten Verweilzeit von sieben Jahren im Amt eines Polizeikommissars hätte sie aber voraussichtlich nur eine geringere Zahl von Beförderungen ausgesprochen. Dies folge aus dem im Haushaltsplan ausgebrachten Stellenvermerk, der eine Beförderung nur nach Maßgabe der kalkulatorischen Regelverweilzeiten zugelassen habe. Für das Haushaltsjahr 2008 hätten damit nur 4 033 Beförderungsmonate zur Verfügung gestanden. Die Zahl der Beförderungsstellen hänge damit von der Verweildauer der Ausgewählten ab, weil die Beförderung dienstjüngerer Beamter zu einer höheren Ausschöpfung von Beförderungsmonaten führe. Für die hypothetische Auswahlrangliste könne entgegen dem von der Beklagten vorgelegten Alternativmodell nicht allein auf die Leistungsnote zurückgegriffen werden. Zur Berücksichtigung der in der dienstlichen Beurteilung ausgewiesenen Potenzialeinschätzung hat das Oberverwaltungsgericht eine Potenzialgesamtnote gebildet und alternative Berechnungen ausgehend von einer gleichen Gewichtung der Noten bis zu einer vierfachen Gewichtung der Leistungsnote angestellt. Da die Klägerin in allen Modellen einen berücksichtigungsfähigen Rangplatz nicht erreichte, hat das Oberverwaltungsgericht eine ernsthafte Beförderungsmöglichkeit bei rechtmäßigem Alternativverhalten verneint.

6

Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Schadensersatzbegehren fort. Sie beantragt,

die Urteile des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 16. November 2012 und des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 4. August 2009, soweit darin ein Schadensersatzantrag abgelehnt wurde, sowie den Bescheid der Polizei Hamburg vom 3. Juli 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als sei sie bereits zum 1. Mai 2008, hilfsweise zu einem späteren Zeitpunkt, zur Polizeioberkommissarin (Besoldungsgruppe A 10 LBesO) befördert worden.

7

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt zwar dadurch revisibles Bundes- (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) und Landesbeamtenrecht (§ 191 Abs. 2 VwGO, § 127 Nr. 2 BRRG, § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG), dass es zur Ermittlung der hypothetischen Beförderungsauswahl eine Befähigungsgesamtnote gebildet und diese zur Erstellung einer Beförderungsrangliste herangezogen hat. Die Entscheidung stellt sich im Ergebnis aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die Klägerin hat keinen Schadensersatzanspruch, weil sie bei rechtmäßiger Gestaltung des Auswahlverfahrens voraussichtlich nicht im Jahr 2008 befördert worden wäre.

9

1. Rechtsgrundlage für das geltend gemachte Begehren ist der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch. Dieses Rechtsinstitut ist in der Rechtsprechung seit langem anerkannt (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. August 1961 - 2 C 165.59 - BVerwGE 13, 17 <18 ff.> mit umfangreichen Nachweisen zur Rechtsprechung des Reichsgerichts sowie Laubinger, VerwArch, Bd. 99 <2008> S. 278 ff.). Es findet seinen Rechtsgrund im Beamtenverhältnis und begründet einen unmittelbar gegen den Dienstherrn gerichteten Ersatzanspruch für Schäden, die aus einer Verletzung der aus dem Beamtenverhältnis folgenden Pflichten entstehen. Als im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis wurzelndes und insofern "quasi-vertragliches" Institut gewährleistet der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch Sekundärrechtsschutz für Pflichtverletzungen aus dem Beamtenverhältnis, wie dies § 280 Abs. 1 BGB für vertragliche Schuldverhältnisse vorsieht (vgl. zur Bezugnahme auf Grundsätze der positiven Vertragsverletzung auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 13. Januar 2010 - 2 BvR 811/09 - BayVBl 2010, 303 Rn. 9).

10

Der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch war ursprünglich auf Verletzungen der Fürsorgepflicht bezogen. Er ist in der Rechtsprechung aber nachfolgend auch auf andere Pflichtverletzungen ausgedehnt worden (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 21. Dezember 2000 - 2 C 39.99 - BVerwGE 112, 308 <312> für die Verletzung der Pflicht zur Berücksichtigung der Kindergeldberechtigung bei der Besoldung), insbesondere auf die Verletzung der Auswahlgrundsätze aus Art. 33 Abs. 2 GG (BVerwG, Urteil vom 25. August 1988 - 2 C 51.86 - BVerwGE 80, 123 <124 f.>).

11

Obwohl der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch im Gegensatz zu § 839 Abs. 1 BGB ein bereits bestehendes Rechtsverhältnis voraussetzt, beansprucht der in § 839 Abs. 3 BGB niedergelegte Rechtsgedanke vom Vorrang des Primärrechtsschutzes auch und gerade für Ansprüche aus dem Beamtenverhältnis wie den hier streitigen Geltung (BVerwG, Urteil vom 28. Mai 1998 - 2 C 29.97 - BVerwGE 107, 29 <31 f.>). Die sekundäre Ersatzpflicht für rechtswidriges staatliches Handeln tritt nicht ein, wenn der Verletzte unmittelbar gegen die beanstandete Entscheidung mögliche Rechtsbehelfe ohne hinreichenden Grund nicht in Anspruch genommen hat.

12

Ein Beamter kann danach von seinem Dienstherrn Ersatz des ihm durch eine Nichtbeförderung entstandenen Schadens verlangen, wenn der Dienstherr bei der Vergabe eines Beförderungsamtes den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch des Beamten auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl schuldhaft verletzt hat, dem Beamten das Amt ohne diesen Rechtsverstoß voraussichtlich übertragen worden wäre und dieser es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <101 f.>, vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 15, vom 29. November 2012 - 2 C 6.11 - BVerwGE 145, 185 Rn. 9 und vom 30. Oktober 2013 - 2 C 23.12 - BVerwGE 148, 217 Rn. 42).

13

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Zwar hat die Beklagte den Bewerbungsverfahrensanspruch der Klägerin verletzt (2.) und dies zu vertreten (3.). Die Klägerin hat auch alle ihr zumutbaren Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verhinderung des Schadenseintritts ausgeschöpft (4.). Es fehlt aber an dem Kausalzusammenhang zwischen der Rechtsverletzung der Beklagten und dem von der Klägerin geltend gemachten Schaden (5.).

14

2. Die Nichteinbeziehung der Klägerin in das Auswahlverfahren 2008 wegen einer fehlenden Verweildauer von mindestens sieben Jahren im Statusamt einer Polizeikommissarin war mit Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG und § 7 Abs. 1 des Hamburgischen Beamtengesetzes in der Fassung vom 29. November 1977 (HmbGVBl. S. 367) nicht vereinbar.

15

Art. 33 Abs. 2 GG sowie die einfach-rechtlichen Konkretisierungen in den Beamtengesetzen gewährleisten jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt im statusrechtlichen Sinne nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Der Grundsatz der Bestenauswahl ist demnach von der Verfassung verbindlich und vorbehaltlos vorgeschrieben. Andere Kriterien können bei der Vergabe öffentlicher Ämter nur Berücksichtigung finden, wenn sie ebenfalls Verfassungsrang haben (BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/04 - BVerfGK 12, 265 <268>). Art. 33 Abs. 2 GG dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes; dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität sollen gerade durch die ungeschmälerte Anwendung des Leistungsgrundsatzes gewährleistet werden. Zum anderen trägt die Vorschrift dem berechtigten Interesse der Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass sie grundrechtsgleiche Rechte auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl begründet. Jeder Bewerber um ein öffentliches Amt hat einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr seine Bewerbung nur aus Gründen zurückweist, die durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind (stRspr, vgl. zuletzt BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 - BVerwGE 147, 20 Rn. 19 f.).

16

Die in einem bestimmten Statusamt geleistete Dienstzeit gehört nicht zu den in Art. 33 Abs. 2 GG genannten Kriterien. Zwar kann sich das Dienstalter auf die Beurteilung von leistungsbezogenen Gesichtspunkten auswirken, weil sich die durch ein höheres Dienstalter typischerweise zum Ausdruck kommende umfassendere Berufserfahrung häufig leistungsfördernd niederschlagen wird. Es gibt jedoch keinen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass von einem höheren Dienstalter stets auf einen höheren Leistungsstand und bessere Bewährungsvoraussetzungen geschlossen werden kann. Dementsprechend ist die Berücksichtigung des Dienstalters bei der Besetzung von Beförderungsstellen grundsätzlich nur im Falle eines Leistungsgleichstands mit Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar (BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <151>).

17

An das Dienstalter anknüpfende Wartezeitregelungen stehen daher nur dann mit Art. 33 Abs. 2 GG in Einklang, wenn sie der sachgerechten Anwendung des Grundsatzes der Bestenauswahl dienen und mit ihnen die praktische Bewährung des Bewerbers im bisherigen Statusamt festgestellt werden soll. Dieser Zweck, die zuverlässige Beurteilung des Leistungsvermögens und eine fundierte Prognose über die voraussichtliche Bewährung in einem höheren Amt zu ermöglichen, setzt dem zeitlichen Umfang solcher "Bewährungszeiten" Grenzen. Sie dürfen nicht länger bemessen sein, als es typischerweise erforderlich ist, um die tatsächlichen Grundlagen für eine Beurteilung und Prognose zu schaffen. Danach hängt die Dauer von Wartezeiten entscheidend vom Inhalt der jeweiligen Ämter ab. Der für eine Regelbeurteilung vorgesehene Zeitraum wird in aller Regel die Obergrenze darstellen (BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <152>; Beschluss vom 25. Oktober 2011 - 2 VR 4.11 - NVwZ-RR 2012, 241 Rn. 35; Urteil vom 26. September 2012 - 2 C 74.10 - BVerwGE 144, 186 Rn. 23; vgl. auch die Vorgabe von zwei Jahren bei der Erprobung für Führungsämter in BVerfG, Beschluss vom 28. Mai 2008 - 2 BvL 11/07 - BVerfGE 121, 205 <228>).

18

Diesen Vorgaben entspricht die in § 7 Abs. 2 i.V.m. § 11 der Richtlinie vom 18. Dezember 2007 zu einem funktions- und leistungsorientierten Laufbahnverlaufsmodell für die Laufbahnabschnitte I und II des Polizeivollzugsdienstes in Hamburg (- LVM-RL -) vorgeschriebene Regelverweilzeit für die Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 10 von sieben Jahren nicht (ebenso bereits OVG Hamburg, Beschluss vom 17. Februar 2010 - 1 Bs 241/09 - ZBR 2010, 265 Rn. 16 ff.). Sie überschreitet die für die Regelbeurteilung vorgesehene Zeit von vier Jahren (vgl. Nr. 4.1 der Richtlinie zum Personalbeurteilungssystem für den Polizeivollzugsdienst der Freien und Hansestadt Hamburg vom 13. März 2007 - Beurteilungs-RL 2007 -) erheblich.

19

Der Umstand, dass die Klägerin in das Leistungsträgerfeststellungsverfahren einbezogen werden konnte, ändert hieran nichts. Für die außerhalb dieses Verfahrens vergebenen Ämter - die im Übrigen quantitativ den weitaus größeren Teil darstellten - wurde ihre Einbeziehung in das Auswahlverfahren ohne rechtfertigenden Grund abgelehnt.

20

3. Diese Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs hat die Beklagte auch zu vertreten.

21

Für die Haftung des Dienstherrn auf Schadensersatz wegen Verletzung von Pflichten aus dem Beamtenverhältnis gilt der allgemeine Verschuldensmaßstab des bürgerlichen Rechts (BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <104> m.w.N.). Zu vertreten hat der Dienstherr danach Vorsatz und Fahrlässigkeit. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 2 BGB). Von den für die Auswahlentscheidung verantwortlichen Beamten muss verlangt werden, dass sie die Sach- und Rechtslage unter Heranziehung aller ihnen zu Gebote stehenden Hilfsmittel gewissenhaft prüfen und sich auf Grund vernünftiger Überlegungen eine Rechtsauffassung bilden. Dazu gehören auch die Auswertung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und ggf. die ernsthafte Auseinandersetzung mit der Frage, ob aus sachfremden Erwägungen gewünschte Personalentscheidungen am Maßstab der relevanten Rechtsnormen Bestand haben können (BVerwG, Urteil vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 39).

22

Nach diesen Maßstäben hat die Beklagte den Verstoß gegen den Grundsatz der Bestenauswahl aus Art. 33 Abs. 2 GG jedenfalls mit Fahrlässigkeit zu vertreten. Bei sorgfältiger rechtlicher Prüfung hätte von den verantwortlichen Beamten erkannt werden müssen, dass die Anforderung einer Mindestverweildauer von sieben Jahren im Statusamt eines Polizeikommissars den rechtlichen Anforderungen und der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht entspricht. Hieran konnte jedenfalls nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - (BVerwGE 122, 147) kein vernünftiger Zweifel mehr bestehen. Auch die von der Beklagten in Auftrag gegebene gutachtliche Stellungnahme von Prof. Dr. S. vom Dezember 2007 war zu dem Ergebnis gelangt, dass der Anciennitätsgrundsatz aus den Beförderungsstrukturen "ganz und gar eliminiert" werden müsse und sich eine Beschränkung des Bewerberkreises in Anknüpfung an Regelverweildauern von vornherein verbiete.

23

4. Die Klägerin hat auch die ihr auf Primärebene zumutbaren Möglichkeiten zur Verfolgung ihres Beförderungsbegehrens ausgeschöpft.

24

Effektiven Rechtsschutz gegen eine zu Unrecht verweigerte Einbeziehung in ein beamtenrechtliches Auswahlverfahren kann der Beamte durch die Erhebung des Widerspruchs (§ 126 Abs. 3 BRRG, § 54 Abs. 2 und § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG) und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 123 Abs. 1 VwGO) gegen die Vergabe des dem Auswahlverfahren zugrunde liegenden Amtes erlangen. Beide Rechtsschutzmöglichkeiten hat die Klägerin wahrgenommen.

25

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts muss sich die Klägerin auch nicht entgegenhalten lassen, den Widerspruchsbescheid vom 9. September 2008 nicht angegriffen zu haben. Dies folgt zunächst schon daraus, dass nicht klar ist, worauf sich die teilweise Zurückweisung des Widerspruchs bezog und was damit ggf. in Bestandskraft hätte erwachsen können. Denn die dort angesprochene Teilnahme am Leistungsträgerfeststellungsverfahren war nicht Gegenstand des Antrags der Klägerin und ist von der Beklagten auch nie in Zweifel gezogen worden. Die Unklarheit, worauf sich die ausgesprochene Neubescheidung der Polizeibehörde bezieht, hat die Klägerin bereits in ihrer Klagebegründung angesprochen. Hätte der Widerspruchsbescheid die beantragte Einbeziehung in die außerhalb des Leistungsträgerfeststellungsverfahrens stattfindenden Auswahlverfahren abgelehnt, müsste daher auch das Klagebegehren dahingehend aufgefasst werden, dass nicht nur Schadensersatz, sondern auch Primärrechtsschutz beantragt worden ist (vgl. zum Grundsatz der rechtsschutzfreundlichen Auslegung BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2013 - 2 C 23.12 - BVerwGE 148, 217 Rn. 15 ff.). Dass die Klägerin trotz der fehlenden Verweilzeit von sieben Jahren im bisherigen Statusamt befördert werden wollte, ist unmissverständlich zum Ausdruck gebracht worden. Kern ihres Anliegens war stets der Vortrag, dass sie auch außerhalb des Leistungsträgerfeststellungsverfahrens in die Auswahlverfahren einbezogen werden müsse. Dies kommt auch in ihrem Klageantrag zum Ausdruck, weil sie die Aufhebung des Bescheids vom 28. Mai 2008 beantragt hat.

26

5. Die Klägerin wäre bei rechtmäßiger Gestaltung des Auswahlverfahrens aber voraussichtlich nicht befördert worden, sodass es an der Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und dem geltend gemachten Schaden fehlt.

27

Der für einen beamtenrechtlichen Schadensersatzanspruch erforderliche adäquat kausale Zusammenhang zwischen der Rechtsverletzung und dem Schaden setzt voraus, dass der Beamte ohne den schuldhaften Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG voraussichtlich befördert worden wäre. Seine Berücksichtigung muss nach Lage der Dinge jedenfalls ernsthaft möglich gewesen sein. Für diese Annahme muss festgestellt werden, welcher hypothetische Kausalverlauf bei rechtmäßigem Vorgehen des Dienstherrn voraussichtlich an die Stelle des tatsächlichen Verlaufs getreten und ob der Beamte ausgewählt worden wäre, wenn der Dienstherr eine rechtmäßige Gestaltung des Auswahlverfahrens vorgenommen hätte (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <108>, vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 42 f. und vom 30. Oktober 2013 - 2 C 23.12 - BVerwGE 148, 217 Rn. 45).

28

Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Die Beklagte hätte bei zutreffender Erkenntnis von der Unzulässigkeit der geforderten Mindestverweilzeit im vorangegangenen Statusamt wegen der Besonderheiten der haushaltsrechtlichen Vorgaben weniger als die tatsächlich beförderten 397 Beamten ausgewählt (a). Bei einer danach zu treffenden Auswahlentscheidung hätte die Klägerin voraussichtlich keine ernsthafte Beförderungschance besessen (b).

29

a) Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hätte die Beklagte, wenn ihr die Rechtswidrigkeit der geforderten Mindestverweilzeit von sieben Jahren im Amt des Polizeikommissars vor einer Beförderung zum Polizeioberkommissar bewusst gewesen wäre, nicht 397 Beamte befördert, sondern nur Beförderungen in derjenigen Anzahl vorgenommen, die durch den Stellenvermerk des Haushaltsbeschlusses ausfinanziert war.

30

aa) Diese Feststellung hypothetischer Tatsachen nimmt an der Bindungswirkung des § 137 Abs. 2 VwGO teil (vgl. Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, Großkommentar, 4. Aufl. 2014, § 137 Rn. 126; Kraft, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 137 Rn. 47). Dies folgt aus der Aufgabenteilung zwischen Revisionsgericht und Tatsacheninstanz. Die Revision ist darauf beschränkt, neben der Einhaltung des Verfahrens die Rechtsanwendung des Tatsachengerichts zu überprüfen. Das Revisionsgericht nimmt daher keine eigenständige Tatsachenfeststellung vor, sondern legt seiner Beurteilung - sofern keine begründeten Verfahrensrügen erhoben worden sind - den von der Vorinstanz festgestellten Lebenssachverhalt zugrunde. Die Bindungswirkung aus § 137 Abs. 2 VwGO erstreckt sich deshalb auf die entscheidungserheblichen Tatsachen, welche die Tatbestandsmerkmale der einschlägigen Rechtsnormen ausfüllen sollen. Ausgehend hiervon überprüft das Revisionsgericht die Anwendung des Rechts auf eine Verletzung von Bundesrecht oder anderen revisiblen Rechtsnormen.

31

Zur Beantwortung der Frage, ob eine fehlerhafte Gestaltung des Auswahlverfahrens adäquat kausal für die Nichtbeförderung war, muss das Tatsachengericht den Prozess der Entscheidungsfindung aufklären, um beurteilen zu können, welchen Verlauf die Dinge bei Vermeidung des Verstoßes gegen Art. 33 Abs. 2 GG voraussichtlich genommen hätten (BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <108>). Die eigenständige Feststellung dieser hypothetischen Tatsachen ist dem Revisionsgericht verwehrt. Die Erkenntnis hierüber ist nicht Teil der Rechtsanwendung, sondern Feststellung des ihr vorausliegenden Sachverhalts.

32

bb) Diese hypothetische Annahme unterstellt ein rechtmäßiges Alternativverhalten der Beklagten und ist daher revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.

33

Nach § 49 Abs. 1 LHO HH in der Fassung vom 12. Juni 2007 darf ein Amt nur zusammen mit der Einweisung in eine besetzbare Planstelle verliehen werden. Auch bei der Betrachtung des hypothetischen Alternativverhaltens der Beklagten sind diese haushaltsrechtlichen Vorgaben für mögliche Beförderungen zu berücksichtigen. Eine andere Gestaltung des Beförderungsgeschehens wäre nicht rechtmäßig gewesen.

34

Die Beschränkung ergibt sich indes nicht bereits aus der Zahl der vom Haushaltsgeber zur Verfügung gestellten Planstellen. Denn durch Beschluss der Bürgerschaft vom 5. Juli 2007 (Plenarprotokoll 18/85 S. 4552) sind die im Haushaltsplan 2007/2008 (Stellenplan des Einzelplans 8.1 für die Behörde für Inneres) bewilligten Polizeivollzugsstellen der Besoldungsgruppen A 7 bis A 11 LBesO gestrichen und in gleicher Zahl als gebündelte Stellen A 7/A 8/A 9/A 10/A 11 LBesO für die Schutz- und Wasserschutzpolizei und als gebündelte Stellen A 9/A 10/A 11 LBesO für die Kriminalpolizei ausgebracht worden (Bürgerschafts-Drs. 18/6273 S. 3). Eine ausreichende Anzahl von A 10-Planstellen für die tatsächlich vorgenommenen 397 Beförderungen war deshalb vorhanden.

35

Der Haushaltsansatz war jedoch mit dem Stellenvermerk versehen: "Die Stellen dürfen im Rahmen der in dieser Drucksache genannten Verweilzeiten ausgenutzt werden". Nur in diesem Umfang waren die freien Planstellen nach dem wirksamen Haushaltsbeschluss der Bürgerschaft deshalb besetzbar.

36

Für den Funktionskreis 2 "A 9 - A 10" war in Anlage 1 der Drucksache eine "kalkulatorische Verweilzeit" von 11 Jahren vorgesehen. Auf Basis dieser Verweilzeiten wurden die jährlich anfallenden Mehrkosten - insgesamt 3,9 Mio. € bis ins Jahr 2027 - berechnet (Anlage 2 der Drucksache). Der Mittelansatz für die gebündelten Stellen ging daher von einer durch die vorgegebenen Regelverweilzeiten gesteuerten Beförderungspraxis aus und legte der Berechnung die sich hieraus ergebende Verteilung von A 9, A 10 und A 11 Stellen zugrunde. Der Stellenvermerk hat damit zwar keinen konkreten Betrag als Begrenzung möglicher Beförderungen genannt. Er hat jedoch ein Berechnungsmodell vorgegeben, aus dem sich jeweils ein bestimmbarer Betrag ergab. Dementsprechend hat die Beklagte ermittelt, wie viele Beamte in welchem Monat des Jahres 2008 die vorgesehene Regelverweildauer erreicht hätten. Daraus wurde entnommen, wie viel Geld im Haushaltsjahr für diese Beamten im Falle der Beförderung benötigt würde. Diese in Beförderungsmonaten ausgewiesene Grenze war der haushaltsrechtliche Rahmen, der für Beförderungen zur Verfügung stand. Für das Jahr 2008 ergaben sich so 4 033 Beförderungsmonate A 10 LBesO. Nur in diesem Umfang standen der Beklagten besetzbare Planstellen zur Verfügung.

37

Dem Stellenvermerk des Haushaltsbeschlusses lag damit zwar als kalkulatorische Grundlage eine an Verweilzeiten orientierte Beförderungspraxis zugrunde, die Art. 33 Abs. 2 GG nicht entspricht. Dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass besetzbare Planstellen für die Polizei nur in dem ausgebrachten Umfang zur Verfügung standen. An diese limitierende Vorgabe hätte sich die Beklagte auch dann halten müssen, wenn ihr die Rechtswidrigkeit der dem Laufbahnmodell zugrunde liegenden Mindestverweildauer von sieben Jahren im Statusamt eines Polizeikommissars bewusst gewesen wäre. In keinem Falle hätte der Dienstherr den im Haushaltsbeschluss vorgegebenen Rahmen überschreiten dürfen.

38

Ist der Haushaltsplan für das Rechnungsjahr durch Beschluss der Bürgerschaft aufgestellt worden, so darf der Senat bei der Ausgabe von Haushaltsmitteln die Haushaltsansätze nicht überschreiten (Art. 66 der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg vom 6. Juni 1952, HmbGVBl. S. 117). Erweisen sich die vorhandenen Haushaltsansätze im Laufe des jeweiligen Haushaltsjahres als zu gering oder ergeben sich sachliche Bedürfnisse, die der Haushaltsbeschluss nicht berücksichtigt hat, muss der Senat eine Nachbewilligung von Haushaltsmitteln nach Maßgabe des Art. 68 der Verfassung herbeiführen (vgl. zur entsprechenden Lage auf Bundesebene: BVerfG, Urteile vom 25. Mai 1977 - 2 BvE 1/74 - BVerfGE 45, 1 <34> und vom 18. März 2014 - 2 BvR 1390/12 u.a. - NJW 2014, 1505 Rn. 201). Solange ein entsprechender Nachtragshaushalt nicht beschlossen worden ist, stehen weitere Mittel nicht zur Verfügung.

39

Auch die Betrachtungen zur hypothetischen Kausalität müssen deshalb von einem Alternativmodell ausgehen, das den vorgegebenen Haushaltsansatz wahrt. Bezugspunkt der hypothetischen Erwägungen ist die Pflichtverletzung des Dienstherrn, hieran knüpft der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch an. Auf die Frage, ob bereits dem Beschluss der Bürgerschaft selbst ein Verstoß gegen die Auswahlgrundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG anhaftet (verneinend OVG Hamburg, Urteil vom 20. Mai 2011 - 1 Bf 284/09 - S. 16 f.), kommt es daher nicht an. Ebenso ist unerheblich, dass ein Schadensersatzanspruch nicht unter dem Vorbehalt der haushaltsrechtlichen Bewilligung steht. Streitig ist nicht die Zahlung eines bestehenden Schadensersatzbetrages, sondern die vorgelagerte Frage, ob ein Schadensersatzanspruch entstanden ist. Für die damit ausschlaggebende Frage, welcher hypothetische Kausalverlauf bei rechtmäßigem Vorgehen des Dienstherrn voraussichtlich an die Stelle des tatsächlichen Verlaufs getreten wäre, sind die haushaltsrechtlichen Vorgaben zu berücksichtigen. Die Anzahl der möglichen Beförderungen hängt damit von der konkreten Zusammensetzung der Bewerberrangliste ab.

40

b) Bei einer hypothetischen Auswahlentscheidung, die auch diejenigen Bewerber einbezieht, die nicht über eine Mindestverweilzeit von sieben Jahren im vorangegangenen Statusamt verfügen, wäre die Klägerin voraussichtlich nicht berücksichtigt worden.

41

aa) Entgegen der vom Oberverwaltungsgericht vertretenen Auffassung wäre die Beklagte dabei nicht verpflichtet gewesen, aus den in der dienstlichen Beurteilung enthaltenen "Potenzialeinschätzungen" eine Gesamtnote zu bilden und diese bei der Bildung einer Auswahlrangliste zu berücksichtigen.

42

In der dienstlichen Beurteilung der Beklagten werden "Potenzialeinschätzungen" zu den Merkmalen: Teamfähigkeit, Konfliktfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, schriftliche Ausdrucksfähigkeit, Entscheidungsfähigkeit, Planungs- und Organisationsfähigkeit, Selbstständigkeit, Dienstleistungs-/Kundenorientierung, Flexibilität/Innovationsfähigkeit, kognitive Fähigkeiten, körperliche Belastungsfähigkeit, Stressfähigkeit (und vorliegend nicht bewertet Führungsfähigkeit) verlangt und abgegeben. Damit werden allgemein für die dienstliche Verwendung bedeutsame Eigenschaften des Beamten angesprochen, die - weil nicht auf ein bestimmtes Amt und die hierfür bestehenden Anforderungen bezogen (dann Eignung, vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 - BVerwGE 147, 244 Rn. 10) - unter den Begriff der Befähigung im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG fallen (BVerfG, Beschluss vom 20. April 2004 - 1 BvR 838/01 u.a. - BVerfGE 110, 304 <322>; BVerwG, Urteile vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <150 f.> und vom 26. September 2012 - 2 C 74.10 - BVerwGE 144, 186 Rn. 20; vgl. zum Begriff der Befähigung auch die Legaldefinition in § 2 Abs. 3 BLV).

43

Diese personenbezogenen Eigenschaften sind von Art. 33 Abs. 2 GG erfasst und können bei einer Auswahlentscheidung daher auch berücksichtigt werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn das angestrebte Amt - etwa im Hinblick auf mit ihm typischerweise verbundene Führungsaufgaben - andere Anforderungen stellt als das vom Beamten bislang innegehabte, und der Prognoseschluss für die künftige Eignung sich daher nicht in der Bewertung der bislang erbrachten Leistungen erschöpfen kann.

44

Befähigungsmerkmale entziehen sich aber einer generellen und bezugsunabhängigen Gesamtbewertung oder gar Notenvergabe. Nach welchen Maßstäben und zu welchem Zweck die Eigenschaften des Beamten, die weder in der auf dem Dienstposten gezeigten Leistung Ausdruck gefunden haben noch als Eignungsmerkmale für die Anforderungen des angestrebten Amtes zu berücksichtigen sind, in einer umfassenden persönlichen Befähigungsgesamtnote zusammengefasst werden sollten oder könnten, ist nicht ersichtlich. Eine derartige Gesamtsaldierung widerspricht vielmehr dem Sinn der Befähigungsanalyse, mit der individuelle Stärken und Schwächen des Beamten herausdifferenziert werden sollen, um eine fundierte Erkenntnisgrundlage für die künftige Verwendung des Beamten zu schaffen (vgl. Schäfer, ZBR 1983, 173 <179>; Schnellenbach/Bodanowitz, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, Stand September 2014, Rn. 257). Folgerichtig war in Nr. 9 der Beurteilungs-RL 2007 auch ausdrücklich vorgegeben, dass eine zusammenfassende Bewertung (Gesamturteil) oder Potenzialeinschätzungen unzulässig ist und zu unterbleiben hat. Die Forderung des Oberverwaltungsgerichts nach einer Befähigungsgesamtnote entbehrt daher der rechtlichen Grundlage.

45

bb) Zutreffend ist allerdings die Ausgangserwägung, dass der Dienstherr für die Auswahlentscheidung eine Eignungsprognose abzugeben hat, die sich grundsätzlich nicht in der Bewertung der bislang gezeigten Leistungen erschöpft. Das maßgebliche Gesamturteil muss auf die Anforderungen des zu vergebenden Amtes bezogen sein. Dies gilt auch für die Einreihung in eine Rangliste, wenn diese maßgeblich für die nachfolgenden Beförderungen sein soll (BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 - 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83 Rn. 14). Insbesondere wenn die Anforderungen des angestrebten Amtes - etwa im Hinblick auf typischerweise wahrzunehmende Führungsaufgaben - nicht identisch mit denjenigen des bisherigen Amtes sind, müssen daher zusätzliche Erwägungen angestellt werden. Hierfür sind die in der dienstlichen Beurteilung ausgewiesenen Befähigungseinschätzungen heranzuziehen. Auswahlerwägungen, die diesen Maßstäben genügen, hat die Beklagte nicht angestellt.

46

Die vom Oberverwaltungsgericht festgestellten Tatsachen bieten aber eine ausreichende Grundlage für den Schluss, dass eine Auswahl der Klägerin auch bei ordnungsgemäßem Auswahlverfahren nicht ernsthaft möglich gewesen wäre. Der Abstand ihrer Leistungsnote von denjenigen Notenwerten, die bei Zugrundelegung der hypothetischen Beförderungsrangliste und der sich aus den haushaltsrechtlichen Bindungen der Beklagten noch für eine Berücksichtigung in der Beförderungsrunde 2008 ausgereicht hätten, ist zu weit und die Anzahl der in ihren bisherigen Leistungen besser beurteilten Mitbewerber damit zu groß, um bei einer hypothetischen Alternativbetrachtung für das Jahr 2008 von einer reellen Beförderungschance ausgehen zu können.

47

Für diese Feststellung kann auf die zum Stichtagsdatum 19. September 2008 aus Anlass des damaligen Leistungsträgerfeststellungsverfahrens erstellten dienstlichen Beurteilungen zurückgegriffen werden. Diese nehmen zwar für die vor dem Stichtagsdatum liegenden Beförderungsentscheidungen nicht auf den zutreffenden Beurteilungszeitraum Bezug und weisen auch nur hinsichtlich der rückschauend betrachteten Leistung eine Beurteilung aus. Die hieraus entwickelte Rangliste entspricht daher nicht den an eine ordnungsgemäße Beförderungsauswahl zu stellenden Anforderungen. Die aus dem Jahr 2008 stammenden und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhenden dienstlichen Beurteilungen stellen aber eine hinreichend sichere Vergleichsbasis für die im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs allein zu entscheidende Frage dar, ob die Klägerin bei einem ordnungsgemäß durchgeführten Auswahlverfahren im Jahr 2008 voraussichtlich befördert worden wäre.

48

Ausreichende Anhaltspunkte für die Rekonstruktion der hypothetischen Auswahlentscheidung lassen sich diesen dienstlichen Beurteilungen insbesondere deshalb entnehmen, weil bei einer Beförderung innerhalb der Laufbahn des gehobenen Polizeivollzugsdienstes maßgeblich auf die bisher im niedrigeren Statusamt der Laufbahn erbrachten fachlichen Leistungen abzustellen ist.

49

Art. 33 Abs. 2 GG dient dem Interesse der bestmöglichen Besetzung öffentlicher Ämter. Ausgewählt werden soll der Bewerber, der für die künftige Amtstätigkeit am besten geeignet ist. Die Auswahlentscheidung erfordert daher eine vorausschauende Aussage darüber, ob und wie der Bewerber die ihm in dem angestrebtem Amt obliegenden beamtenrechtlichen Pflichten erfüllen wird (BVerfG, Urteil vom 24. September 2003 - 2 BvR 1436/02 - BVerfGE 108, 282 <296>). Für den Vergleich der Bewerber um ein Beförderungsamt kann und muss auf die im bisherigen Amt erbrachten Leistungen zurückgegriffen werden. Nur die im bisherigen Amt gezeigten Leistungen bieten eine hinreichende Tatsachengrundlage für den Prognoseschluss, ob sich der Beamte auch in dem angestrebten höheren Amt voraussichtlich bewähren wird (BVerwG, Beschluss vom 22. November 2012 - 2 VR 5.12 - BVerwGE 145, 112 Rn. 23 f.).

50

Die besondere Bedeutung der bislang gezeigten fachlichen Leistung folgt hier überdies aus dem Umstand, dass die Polizeivollzugsbeamten der Beklagten auf gebündelten Dienstposten eingesetzt werden und die Anforderungen des bisherigen und diejenigen des künftigen Amtes nach Auffassung der Beklagten daher weitgehend identisch sind. Es ist daher davon auszugehen, dass die Beurteilung der erbrachten Leistung hier grundsätzlich auch der Eignungsprognose entspricht. Angesichts weitgehend identischer Amtsanforderungen dürfte sich daher nur in besonders gelagerten Fällen aus den persönlichen Eigenschaften eine von der Leistungsbeurteilung abweichende Eignungsprognose ergeben. Dieser Unsicherheit kann im Rahmen der hypothetischen Auswahlerwägungen durch einen Sicherheitszuschlag Rechnung getragen werden.

51

Da die Klägerin mit ihrer Leistungsbeurteilung von 3,25 weit von den für eine Beförderung erforderlichen Notenwerten entfernt gewesen ist, kann auch bei Hinzurechnung eines angemessenen Sicherheitszuschlags festgestellt werden, dass sie im Falle einer rechtmäßigen Gestaltung des Auswahlverfahrens durch die Beklagte voraussichtlich nicht befördert worden wäre.

52

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

B e s c h l u s s

vom 19. März 2015

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 20 602,44 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 GKG). Eine Festsetzung anhand der bloßen Besoldungsdifferenz nach § 52 Abs. 1 GKG scheidet aus, weil beamtenrechtliche Schadensersatzklagen auch dienst- und versorgungsrechtliche Konsequenzen bewirken.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.

(1) Beförderung ist die Verleihung eines höheren Dienstgrades.

(2) Die Dienstgrade einer Laufbahn sind regelmäßig zu durchlaufen, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist.

(3) Den in § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 6 Genannten kann abweichend von Absatz 2 ein höherer Dienstgrad verliehen werden

1.
für eine militärische Verwendung, wenn die für diese Verwendung erforderlichen militärischen Kenntnisse und Fähigkeiten und die erforderliche Lebenserfahrung durch eine berufliche Tätigkeit in Streitkräften oder streitkräfteähnlichen Einrichtungen erworben worden sind, oder
2.
für eine militärfachliche Verwendung, insbesondere eine solche, die einem Berufsbild aus dem Bereich des Gesundheits-, Verwaltungs-, Logistik- oder Medienwesens oder einem technischen Beruf entspricht, wenn die für diese Verwendung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten und die erforderliche Lebenserfahrung durch eine zivilberufliche Tätigkeit erworben worden sind.
Den in § 1 Satz 1 Nummer 3 bis 6 Genannten wird der Dienstgrad vorläufig verliehen; er kann nach einem Wehrdienst von mindestens der in § 10 Absatz 2 Satz 1, § 22 Absatz 2 Satz 5 und § 43 Absatz 5 Satz 2 jeweils bestimmten Dauer endgültig verliehen werden. In den Fällen nach Satz 1 Nummer 2 kann der höhere Dienstgrad auch zeitweilig für die Dauer der Verwendung verliehen werden. Über die Verleihung der höheren Dienstgrade entscheidet das Bundesministerium der Verteidigung oder die von ihm beauftragte Stelle. Die Laufbahn ist in der Entscheidung zu bezeichnen. Die Sätze 1 und 4 gelten entsprechend für die in § 1 Satz 1 Nummer 7 Genannten; der höhere Dienstgrad darf nur für die Dauer der dienstlichen Veranstaltung verliehen werden.

(1) Eine Beförderung ist, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, frühestens ein Jahr nach der Einstellung oder der letzten Beförderung zulässig, es sei denn, dass der bisherige Dienstgrad nicht regelmäßig durchlaufen werden musste.

(2) Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden ab dem Tag der Einstellung gerechnet oder, falls die Dienstzeit in einem bestimmten Dienstgrad abgeleistet sein muss, ab dem Tag, an dem die Ernennung wirksam geworden ist. Dabei gilt bei einer Einstellung oder Einberufung mit einem höheren als dem untersten Dienstgrad der Mannschaften die Zeit als erfüllt, die nach dieser Verordnung für eine Beförderung zu dem Dienstgrad, mit dem die Soldatin oder der Soldat eingestellt oder einberufen worden ist, erforderlich ist. Bei Soldatinnen oder Soldaten, die vor ihrer Einstellung Dienst als Beamtinnen oder Beamte im Bundesgrenzschutz, in der Bundespolizei oder in einer Bereitschaftspolizei der Länder geleistet haben, wird diese Dienstzeit auf die entsprechenden Dienstzeiten angerechnet, die Voraussetzung für die Beförderungen sind.

(3) Als Dienstzeit gilt auch die Zeit

1.
in einem vorläufigen Dienstgrad, wenn der Soldatin oder dem Soldaten dieser Dienstgrad verliehen worden ist; dies gilt nicht für die Zeit in einem vorläufigen Dienstgrad, den frühere Angehörige der ehemaligen Nationalen Volksarmee auf Anordnung des Bundesministeriums der Verteidigung während des Dienstverhältnisses besonderer Art geführt haben;
2.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge für die Tätigkeit in öffentlichen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen oder zur Übernahme von Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit;
3.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge, der dienstlichen Interessen oder öffentlichen Belangen dient, bis zur Dauer von insgesamt zwei Jahren; die zeitliche Grenze gilt nicht, wenn der Urlaub für eine der folgenden Tätigkeiten erteilt worden ist:
a)
für eine Tätigkeit als wissenschaftliche Assistentin oder wissenschaftlicher Assistent oder als Geschäftsführerin oder Geschäftsführer bei Fraktionen des Deutschen Bundestages oder der Landtage,
b)
für eine Tätigkeit bei der Deutschen Flugsicherung GmbH,
c)
für eine Tätigkeit bei sonstigen Gesellschaften des Bundes oder Gesellschaften mit Bundesbeteiligung oder
d)
für eine Tätigkeit bei Unternehmen, mit denen die Bundeswehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben auf vertraglicher Grundlage zusammenarbeitet;
4.
einer Elternzeit nach § 28 Absatz 7 des Soldatengesetzes sowie eines Urlaubs nach § 28 Absatz 5 des Soldatengesetzes.
Satz 1 Nummer 2 oder 3 ist nur anzuwenden, wenn die Soldatin oder der Soldat Aufgaben wahrnimmt, die ihrem oder seinem Dienstgrad entsprechen. Das Bundesministerium der Verteidigung hat bei Gewährung des Urlaubs schriftlich festzustellen, dass die Voraussetzungen vorliegen.

(4) Bei der Anrechnung von Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden Teilzeitbeschäftigung und Vollzeitbeschäftigung gleich behandelt.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Eine Beförderung ist, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, frühestens ein Jahr nach der Einstellung oder der letzten Beförderung zulässig, es sei denn, dass der bisherige Dienstgrad nicht regelmäßig durchlaufen werden musste.

(2) Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden ab dem Tag der Einstellung gerechnet oder, falls die Dienstzeit in einem bestimmten Dienstgrad abgeleistet sein muss, ab dem Tag, an dem die Ernennung wirksam geworden ist. Dabei gilt bei einer Einstellung oder Einberufung mit einem höheren als dem untersten Dienstgrad der Mannschaften die Zeit als erfüllt, die nach dieser Verordnung für eine Beförderung zu dem Dienstgrad, mit dem die Soldatin oder der Soldat eingestellt oder einberufen worden ist, erforderlich ist. Bei Soldatinnen oder Soldaten, die vor ihrer Einstellung Dienst als Beamtinnen oder Beamte im Bundesgrenzschutz, in der Bundespolizei oder in einer Bereitschaftspolizei der Länder geleistet haben, wird diese Dienstzeit auf die entsprechenden Dienstzeiten angerechnet, die Voraussetzung für die Beförderungen sind.

(3) Als Dienstzeit gilt auch die Zeit

1.
in einem vorläufigen Dienstgrad, wenn der Soldatin oder dem Soldaten dieser Dienstgrad verliehen worden ist; dies gilt nicht für die Zeit in einem vorläufigen Dienstgrad, den frühere Angehörige der ehemaligen Nationalen Volksarmee auf Anordnung des Bundesministeriums der Verteidigung während des Dienstverhältnisses besonderer Art geführt haben;
2.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge für die Tätigkeit in öffentlichen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen oder zur Übernahme von Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit;
3.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge, der dienstlichen Interessen oder öffentlichen Belangen dient, bis zur Dauer von insgesamt zwei Jahren; die zeitliche Grenze gilt nicht, wenn der Urlaub für eine der folgenden Tätigkeiten erteilt worden ist:
a)
für eine Tätigkeit als wissenschaftliche Assistentin oder wissenschaftlicher Assistent oder als Geschäftsführerin oder Geschäftsführer bei Fraktionen des Deutschen Bundestages oder der Landtage,
b)
für eine Tätigkeit bei der Deutschen Flugsicherung GmbH,
c)
für eine Tätigkeit bei sonstigen Gesellschaften des Bundes oder Gesellschaften mit Bundesbeteiligung oder
d)
für eine Tätigkeit bei Unternehmen, mit denen die Bundeswehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben auf vertraglicher Grundlage zusammenarbeitet;
4.
einer Elternzeit nach § 28 Absatz 7 des Soldatengesetzes sowie eines Urlaubs nach § 28 Absatz 5 des Soldatengesetzes.
Satz 1 Nummer 2 oder 3 ist nur anzuwenden, wenn die Soldatin oder der Soldat Aufgaben wahrnimmt, die ihrem oder seinem Dienstgrad entsprechen. Das Bundesministerium der Verteidigung hat bei Gewährung des Urlaubs schriftlich festzustellen, dass die Voraussetzungen vorliegen.

(4) Bei der Anrechnung von Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden Teilzeitbeschäftigung und Vollzeitbeschäftigung gleich behandelt.

Tatbestand

1

Die 1961 geborene Klägerin steht seit 1981 im Polizeidienst der Beklagten. Ab November 1999 bekleidete sie ein Amt der Besoldungsgruppe A 9 LBesO, zunächst als Polizeihauptmeisterin im mittleren Dienst und seit Juni 2002 als Polizeikommissarin im gehobenen Dienst. Am 19. Juni 2009 wurde sie zur Polizeioberkommissarin (Besoldungsgruppe A 10 LBesO) befördert. Mit der Klage begehrt sie Schadensersatz ab 1. Mai 2008 wegen verspäteter Beförderung.

2

Die Beklagte beförderte im Jahr 2008 insgesamt 397 Bewerber zu Polizei- oder Kriminaloberkommissaren. Grundlage hierfür war ein Laufbahnmodell, das einen Regelaufstieg der Polizeivollzugsbeamten bis zur Besoldungsgruppe A 11 LBesO vorsah. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die vorgesehenen Beförderungen waren Regelverweilzeiten im jeweiligen Amt, die für die Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 10 LBesO sieben Jahre betrugen. Vor Erreichen dieser Wartezeiten waren Beförderungen nur für überdurchschnittlich leistungsstarke Beamte möglich. Das hierfür geregelte Leistungsträgerfeststellungsverfahren sollte einmal jährlich durchgeführt und Ende Oktober abgeschlossen sein. Im Jahr 2008 wurden auf diesem Wege 26 Bewerber befördert.

3

Da die Klägerin die vorausgesetzte Verweilzeit von sieben Jahren noch nicht absolviert hatte, lehnte die Polizeibehörde den Antrag auf Einbeziehung in die Auswahlverfahren des Jahres 2008 für die Vergabe von Beförderungsämtern der Besoldungsgruppe A 10 LBesO ab und verwies auf das zum Jahresende noch ausstehende Leistungsträgerfeststellungsverfahren. Ein Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat die Klägerin für erledigt erklärt, nachdem sie zur Polizeioberkommissarin befördert worden war. Das Laufbahnmodell der Beklagten ist nachfolgend durch Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 17. Februar 2010 - 1 Bs 241/09 - (ZBR 2010, 265) beanstandet worden.

4

Den Antrag auf Gewährung von Schadensersatz wegen rechtswidrig unterlassener Beförderung lehnte die Beklagte ab. Auch das Klageverfahren blieb erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht hat hierzu ausgeführt: Zwar habe die Beklagte den Bewerbungsverfahrensanspruch der Klägerin dadurch schuldhaft verletzt, dass sie schlechter beurteilte Beamte allein wegen ihrer siebenjährigen Verweildauer vorgezogen habe. Es fehle aber die erforderliche adäquate Kausalität zwischen dieser schuldhaften Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs und der unterbliebenen Beförderung.

5

Tatsächlich habe die Beklagte zwar 397 Beförderungen vorgenommen. Bei hypothetischer Zugrundelegung eines rechtmäßigen Vorgehens und damit ohne Berücksichtigung der geforderten Verweilzeit von sieben Jahren im Amt eines Polizeikommissars hätte sie aber voraussichtlich nur eine geringere Zahl von Beförderungen ausgesprochen. Dies folge aus dem im Haushaltsplan ausgebrachten Stellenvermerk, der eine Beförderung nur nach Maßgabe der kalkulatorischen Regelverweilzeiten zugelassen habe. Für das Haushaltsjahr 2008 hätten damit nur 4 033 Beförderungsmonate zur Verfügung gestanden. Die Zahl der Beförderungsstellen hänge damit von der Verweildauer der Ausgewählten ab, weil die Beförderung dienstjüngerer Beamter zu einer höheren Ausschöpfung von Beförderungsmonaten führe. Für die hypothetische Auswahlrangliste könne entgegen dem von der Beklagten vorgelegten Alternativmodell nicht allein auf die Leistungsnote zurückgegriffen werden. Zur Berücksichtigung der in der dienstlichen Beurteilung ausgewiesenen Potenzialeinschätzung hat das Oberverwaltungsgericht eine Potenzialgesamtnote gebildet und alternative Berechnungen ausgehend von einer gleichen Gewichtung der Noten bis zu einer vierfachen Gewichtung der Leistungsnote angestellt. Da die Klägerin in allen Modellen einen berücksichtigungsfähigen Rangplatz nicht erreichte, hat das Oberverwaltungsgericht eine ernsthafte Beförderungsmöglichkeit bei rechtmäßigem Alternativverhalten verneint.

6

Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Schadensersatzbegehren fort. Sie beantragt,

die Urteile des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 16. November 2012 und des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 4. August 2009, soweit darin ein Schadensersatzantrag abgelehnt wurde, sowie den Bescheid der Polizei Hamburg vom 3. Juli 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als sei sie bereits zum 1. Mai 2008, hilfsweise zu einem späteren Zeitpunkt, zur Polizeioberkommissarin (Besoldungsgruppe A 10 LBesO) befördert worden.

7

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt zwar dadurch revisibles Bundes- (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) und Landesbeamtenrecht (§ 191 Abs. 2 VwGO, § 127 Nr. 2 BRRG, § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG), dass es zur Ermittlung der hypothetischen Beförderungsauswahl eine Befähigungsgesamtnote gebildet und diese zur Erstellung einer Beförderungsrangliste herangezogen hat. Die Entscheidung stellt sich im Ergebnis aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die Klägerin hat keinen Schadensersatzanspruch, weil sie bei rechtmäßiger Gestaltung des Auswahlverfahrens voraussichtlich nicht im Jahr 2008 befördert worden wäre.

9

1. Rechtsgrundlage für das geltend gemachte Begehren ist der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch. Dieses Rechtsinstitut ist in der Rechtsprechung seit langem anerkannt (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. August 1961 - 2 C 165.59 - BVerwGE 13, 17 <18 ff.> mit umfangreichen Nachweisen zur Rechtsprechung des Reichsgerichts sowie Laubinger, VerwArch, Bd. 99 <2008> S. 278 ff.). Es findet seinen Rechtsgrund im Beamtenverhältnis und begründet einen unmittelbar gegen den Dienstherrn gerichteten Ersatzanspruch für Schäden, die aus einer Verletzung der aus dem Beamtenverhältnis folgenden Pflichten entstehen. Als im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis wurzelndes und insofern "quasi-vertragliches" Institut gewährleistet der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch Sekundärrechtsschutz für Pflichtverletzungen aus dem Beamtenverhältnis, wie dies § 280 Abs. 1 BGB für vertragliche Schuldverhältnisse vorsieht (vgl. zur Bezugnahme auf Grundsätze der positiven Vertragsverletzung auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 13. Januar 2010 - 2 BvR 811/09 - BayVBl 2010, 303 Rn. 9).

10

Der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch war ursprünglich auf Verletzungen der Fürsorgepflicht bezogen. Er ist in der Rechtsprechung aber nachfolgend auch auf andere Pflichtverletzungen ausgedehnt worden (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 21. Dezember 2000 - 2 C 39.99 - BVerwGE 112, 308 <312> für die Verletzung der Pflicht zur Berücksichtigung der Kindergeldberechtigung bei der Besoldung), insbesondere auf die Verletzung der Auswahlgrundsätze aus Art. 33 Abs. 2 GG (BVerwG, Urteil vom 25. August 1988 - 2 C 51.86 - BVerwGE 80, 123 <124 f.>).

11

Obwohl der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch im Gegensatz zu § 839 Abs. 1 BGB ein bereits bestehendes Rechtsverhältnis voraussetzt, beansprucht der in § 839 Abs. 3 BGB niedergelegte Rechtsgedanke vom Vorrang des Primärrechtsschutzes auch und gerade für Ansprüche aus dem Beamtenverhältnis wie den hier streitigen Geltung (BVerwG, Urteil vom 28. Mai 1998 - 2 C 29.97 - BVerwGE 107, 29 <31 f.>). Die sekundäre Ersatzpflicht für rechtswidriges staatliches Handeln tritt nicht ein, wenn der Verletzte unmittelbar gegen die beanstandete Entscheidung mögliche Rechtsbehelfe ohne hinreichenden Grund nicht in Anspruch genommen hat.

12

Ein Beamter kann danach von seinem Dienstherrn Ersatz des ihm durch eine Nichtbeförderung entstandenen Schadens verlangen, wenn der Dienstherr bei der Vergabe eines Beförderungsamtes den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch des Beamten auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl schuldhaft verletzt hat, dem Beamten das Amt ohne diesen Rechtsverstoß voraussichtlich übertragen worden wäre und dieser es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <101 f.>, vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 15, vom 29. November 2012 - 2 C 6.11 - BVerwGE 145, 185 Rn. 9 und vom 30. Oktober 2013 - 2 C 23.12 - BVerwGE 148, 217 Rn. 42).

13

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Zwar hat die Beklagte den Bewerbungsverfahrensanspruch der Klägerin verletzt (2.) und dies zu vertreten (3.). Die Klägerin hat auch alle ihr zumutbaren Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verhinderung des Schadenseintritts ausgeschöpft (4.). Es fehlt aber an dem Kausalzusammenhang zwischen der Rechtsverletzung der Beklagten und dem von der Klägerin geltend gemachten Schaden (5.).

14

2. Die Nichteinbeziehung der Klägerin in das Auswahlverfahren 2008 wegen einer fehlenden Verweildauer von mindestens sieben Jahren im Statusamt einer Polizeikommissarin war mit Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG und § 7 Abs. 1 des Hamburgischen Beamtengesetzes in der Fassung vom 29. November 1977 (HmbGVBl. S. 367) nicht vereinbar.

15

Art. 33 Abs. 2 GG sowie die einfach-rechtlichen Konkretisierungen in den Beamtengesetzen gewährleisten jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt im statusrechtlichen Sinne nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Der Grundsatz der Bestenauswahl ist demnach von der Verfassung verbindlich und vorbehaltlos vorgeschrieben. Andere Kriterien können bei der Vergabe öffentlicher Ämter nur Berücksichtigung finden, wenn sie ebenfalls Verfassungsrang haben (BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/04 - BVerfGK 12, 265 <268>). Art. 33 Abs. 2 GG dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes; dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität sollen gerade durch die ungeschmälerte Anwendung des Leistungsgrundsatzes gewährleistet werden. Zum anderen trägt die Vorschrift dem berechtigten Interesse der Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass sie grundrechtsgleiche Rechte auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl begründet. Jeder Bewerber um ein öffentliches Amt hat einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr seine Bewerbung nur aus Gründen zurückweist, die durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind (stRspr, vgl. zuletzt BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 - BVerwGE 147, 20 Rn. 19 f.).

16

Die in einem bestimmten Statusamt geleistete Dienstzeit gehört nicht zu den in Art. 33 Abs. 2 GG genannten Kriterien. Zwar kann sich das Dienstalter auf die Beurteilung von leistungsbezogenen Gesichtspunkten auswirken, weil sich die durch ein höheres Dienstalter typischerweise zum Ausdruck kommende umfassendere Berufserfahrung häufig leistungsfördernd niederschlagen wird. Es gibt jedoch keinen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass von einem höheren Dienstalter stets auf einen höheren Leistungsstand und bessere Bewährungsvoraussetzungen geschlossen werden kann. Dementsprechend ist die Berücksichtigung des Dienstalters bei der Besetzung von Beförderungsstellen grundsätzlich nur im Falle eines Leistungsgleichstands mit Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar (BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <151>).

17

An das Dienstalter anknüpfende Wartezeitregelungen stehen daher nur dann mit Art. 33 Abs. 2 GG in Einklang, wenn sie der sachgerechten Anwendung des Grundsatzes der Bestenauswahl dienen und mit ihnen die praktische Bewährung des Bewerbers im bisherigen Statusamt festgestellt werden soll. Dieser Zweck, die zuverlässige Beurteilung des Leistungsvermögens und eine fundierte Prognose über die voraussichtliche Bewährung in einem höheren Amt zu ermöglichen, setzt dem zeitlichen Umfang solcher "Bewährungszeiten" Grenzen. Sie dürfen nicht länger bemessen sein, als es typischerweise erforderlich ist, um die tatsächlichen Grundlagen für eine Beurteilung und Prognose zu schaffen. Danach hängt die Dauer von Wartezeiten entscheidend vom Inhalt der jeweiligen Ämter ab. Der für eine Regelbeurteilung vorgesehene Zeitraum wird in aller Regel die Obergrenze darstellen (BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <152>; Beschluss vom 25. Oktober 2011 - 2 VR 4.11 - NVwZ-RR 2012, 241 Rn. 35; Urteil vom 26. September 2012 - 2 C 74.10 - BVerwGE 144, 186 Rn. 23; vgl. auch die Vorgabe von zwei Jahren bei der Erprobung für Führungsämter in BVerfG, Beschluss vom 28. Mai 2008 - 2 BvL 11/07 - BVerfGE 121, 205 <228>).

18

Diesen Vorgaben entspricht die in § 7 Abs. 2 i.V.m. § 11 der Richtlinie vom 18. Dezember 2007 zu einem funktions- und leistungsorientierten Laufbahnverlaufsmodell für die Laufbahnabschnitte I und II des Polizeivollzugsdienstes in Hamburg (- LVM-RL -) vorgeschriebene Regelverweilzeit für die Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 10 von sieben Jahren nicht (ebenso bereits OVG Hamburg, Beschluss vom 17. Februar 2010 - 1 Bs 241/09 - ZBR 2010, 265 Rn. 16 ff.). Sie überschreitet die für die Regelbeurteilung vorgesehene Zeit von vier Jahren (vgl. Nr. 4.1 der Richtlinie zum Personalbeurteilungssystem für den Polizeivollzugsdienst der Freien und Hansestadt Hamburg vom 13. März 2007 - Beurteilungs-RL 2007 -) erheblich.

19

Der Umstand, dass die Klägerin in das Leistungsträgerfeststellungsverfahren einbezogen werden konnte, ändert hieran nichts. Für die außerhalb dieses Verfahrens vergebenen Ämter - die im Übrigen quantitativ den weitaus größeren Teil darstellten - wurde ihre Einbeziehung in das Auswahlverfahren ohne rechtfertigenden Grund abgelehnt.

20

3. Diese Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs hat die Beklagte auch zu vertreten.

21

Für die Haftung des Dienstherrn auf Schadensersatz wegen Verletzung von Pflichten aus dem Beamtenverhältnis gilt der allgemeine Verschuldensmaßstab des bürgerlichen Rechts (BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <104> m.w.N.). Zu vertreten hat der Dienstherr danach Vorsatz und Fahrlässigkeit. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 2 BGB). Von den für die Auswahlentscheidung verantwortlichen Beamten muss verlangt werden, dass sie die Sach- und Rechtslage unter Heranziehung aller ihnen zu Gebote stehenden Hilfsmittel gewissenhaft prüfen und sich auf Grund vernünftiger Überlegungen eine Rechtsauffassung bilden. Dazu gehören auch die Auswertung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und ggf. die ernsthafte Auseinandersetzung mit der Frage, ob aus sachfremden Erwägungen gewünschte Personalentscheidungen am Maßstab der relevanten Rechtsnormen Bestand haben können (BVerwG, Urteil vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 39).

22

Nach diesen Maßstäben hat die Beklagte den Verstoß gegen den Grundsatz der Bestenauswahl aus Art. 33 Abs. 2 GG jedenfalls mit Fahrlässigkeit zu vertreten. Bei sorgfältiger rechtlicher Prüfung hätte von den verantwortlichen Beamten erkannt werden müssen, dass die Anforderung einer Mindestverweildauer von sieben Jahren im Statusamt eines Polizeikommissars den rechtlichen Anforderungen und der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht entspricht. Hieran konnte jedenfalls nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - (BVerwGE 122, 147) kein vernünftiger Zweifel mehr bestehen. Auch die von der Beklagten in Auftrag gegebene gutachtliche Stellungnahme von Prof. Dr. S. vom Dezember 2007 war zu dem Ergebnis gelangt, dass der Anciennitätsgrundsatz aus den Beförderungsstrukturen "ganz und gar eliminiert" werden müsse und sich eine Beschränkung des Bewerberkreises in Anknüpfung an Regelverweildauern von vornherein verbiete.

23

4. Die Klägerin hat auch die ihr auf Primärebene zumutbaren Möglichkeiten zur Verfolgung ihres Beförderungsbegehrens ausgeschöpft.

24

Effektiven Rechtsschutz gegen eine zu Unrecht verweigerte Einbeziehung in ein beamtenrechtliches Auswahlverfahren kann der Beamte durch die Erhebung des Widerspruchs (§ 126 Abs. 3 BRRG, § 54 Abs. 2 und § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG) und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 123 Abs. 1 VwGO) gegen die Vergabe des dem Auswahlverfahren zugrunde liegenden Amtes erlangen. Beide Rechtsschutzmöglichkeiten hat die Klägerin wahrgenommen.

25

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts muss sich die Klägerin auch nicht entgegenhalten lassen, den Widerspruchsbescheid vom 9. September 2008 nicht angegriffen zu haben. Dies folgt zunächst schon daraus, dass nicht klar ist, worauf sich die teilweise Zurückweisung des Widerspruchs bezog und was damit ggf. in Bestandskraft hätte erwachsen können. Denn die dort angesprochene Teilnahme am Leistungsträgerfeststellungsverfahren war nicht Gegenstand des Antrags der Klägerin und ist von der Beklagten auch nie in Zweifel gezogen worden. Die Unklarheit, worauf sich die ausgesprochene Neubescheidung der Polizeibehörde bezieht, hat die Klägerin bereits in ihrer Klagebegründung angesprochen. Hätte der Widerspruchsbescheid die beantragte Einbeziehung in die außerhalb des Leistungsträgerfeststellungsverfahrens stattfindenden Auswahlverfahren abgelehnt, müsste daher auch das Klagebegehren dahingehend aufgefasst werden, dass nicht nur Schadensersatz, sondern auch Primärrechtsschutz beantragt worden ist (vgl. zum Grundsatz der rechtsschutzfreundlichen Auslegung BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2013 - 2 C 23.12 - BVerwGE 148, 217 Rn. 15 ff.). Dass die Klägerin trotz der fehlenden Verweilzeit von sieben Jahren im bisherigen Statusamt befördert werden wollte, ist unmissverständlich zum Ausdruck gebracht worden. Kern ihres Anliegens war stets der Vortrag, dass sie auch außerhalb des Leistungsträgerfeststellungsverfahrens in die Auswahlverfahren einbezogen werden müsse. Dies kommt auch in ihrem Klageantrag zum Ausdruck, weil sie die Aufhebung des Bescheids vom 28. Mai 2008 beantragt hat.

26

5. Die Klägerin wäre bei rechtmäßiger Gestaltung des Auswahlverfahrens aber voraussichtlich nicht befördert worden, sodass es an der Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und dem geltend gemachten Schaden fehlt.

27

Der für einen beamtenrechtlichen Schadensersatzanspruch erforderliche adäquat kausale Zusammenhang zwischen der Rechtsverletzung und dem Schaden setzt voraus, dass der Beamte ohne den schuldhaften Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG voraussichtlich befördert worden wäre. Seine Berücksichtigung muss nach Lage der Dinge jedenfalls ernsthaft möglich gewesen sein. Für diese Annahme muss festgestellt werden, welcher hypothetische Kausalverlauf bei rechtmäßigem Vorgehen des Dienstherrn voraussichtlich an die Stelle des tatsächlichen Verlaufs getreten und ob der Beamte ausgewählt worden wäre, wenn der Dienstherr eine rechtmäßige Gestaltung des Auswahlverfahrens vorgenommen hätte (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <108>, vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 42 f. und vom 30. Oktober 2013 - 2 C 23.12 - BVerwGE 148, 217 Rn. 45).

28

Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Die Beklagte hätte bei zutreffender Erkenntnis von der Unzulässigkeit der geforderten Mindestverweilzeit im vorangegangenen Statusamt wegen der Besonderheiten der haushaltsrechtlichen Vorgaben weniger als die tatsächlich beförderten 397 Beamten ausgewählt (a). Bei einer danach zu treffenden Auswahlentscheidung hätte die Klägerin voraussichtlich keine ernsthafte Beförderungschance besessen (b).

29

a) Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hätte die Beklagte, wenn ihr die Rechtswidrigkeit der geforderten Mindestverweilzeit von sieben Jahren im Amt des Polizeikommissars vor einer Beförderung zum Polizeioberkommissar bewusst gewesen wäre, nicht 397 Beamte befördert, sondern nur Beförderungen in derjenigen Anzahl vorgenommen, die durch den Stellenvermerk des Haushaltsbeschlusses ausfinanziert war.

30

aa) Diese Feststellung hypothetischer Tatsachen nimmt an der Bindungswirkung des § 137 Abs. 2 VwGO teil (vgl. Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, Großkommentar, 4. Aufl. 2014, § 137 Rn. 126; Kraft, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 137 Rn. 47). Dies folgt aus der Aufgabenteilung zwischen Revisionsgericht und Tatsacheninstanz. Die Revision ist darauf beschränkt, neben der Einhaltung des Verfahrens die Rechtsanwendung des Tatsachengerichts zu überprüfen. Das Revisionsgericht nimmt daher keine eigenständige Tatsachenfeststellung vor, sondern legt seiner Beurteilung - sofern keine begründeten Verfahrensrügen erhoben worden sind - den von der Vorinstanz festgestellten Lebenssachverhalt zugrunde. Die Bindungswirkung aus § 137 Abs. 2 VwGO erstreckt sich deshalb auf die entscheidungserheblichen Tatsachen, welche die Tatbestandsmerkmale der einschlägigen Rechtsnormen ausfüllen sollen. Ausgehend hiervon überprüft das Revisionsgericht die Anwendung des Rechts auf eine Verletzung von Bundesrecht oder anderen revisiblen Rechtsnormen.

31

Zur Beantwortung der Frage, ob eine fehlerhafte Gestaltung des Auswahlverfahrens adäquat kausal für die Nichtbeförderung war, muss das Tatsachengericht den Prozess der Entscheidungsfindung aufklären, um beurteilen zu können, welchen Verlauf die Dinge bei Vermeidung des Verstoßes gegen Art. 33 Abs. 2 GG voraussichtlich genommen hätten (BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <108>). Die eigenständige Feststellung dieser hypothetischen Tatsachen ist dem Revisionsgericht verwehrt. Die Erkenntnis hierüber ist nicht Teil der Rechtsanwendung, sondern Feststellung des ihr vorausliegenden Sachverhalts.

32

bb) Diese hypothetische Annahme unterstellt ein rechtmäßiges Alternativverhalten der Beklagten und ist daher revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.

33

Nach § 49 Abs. 1 LHO HH in der Fassung vom 12. Juni 2007 darf ein Amt nur zusammen mit der Einweisung in eine besetzbare Planstelle verliehen werden. Auch bei der Betrachtung des hypothetischen Alternativverhaltens der Beklagten sind diese haushaltsrechtlichen Vorgaben für mögliche Beförderungen zu berücksichtigen. Eine andere Gestaltung des Beförderungsgeschehens wäre nicht rechtmäßig gewesen.

34

Die Beschränkung ergibt sich indes nicht bereits aus der Zahl der vom Haushaltsgeber zur Verfügung gestellten Planstellen. Denn durch Beschluss der Bürgerschaft vom 5. Juli 2007 (Plenarprotokoll 18/85 S. 4552) sind die im Haushaltsplan 2007/2008 (Stellenplan des Einzelplans 8.1 für die Behörde für Inneres) bewilligten Polizeivollzugsstellen der Besoldungsgruppen A 7 bis A 11 LBesO gestrichen und in gleicher Zahl als gebündelte Stellen A 7/A 8/A 9/A 10/A 11 LBesO für die Schutz- und Wasserschutzpolizei und als gebündelte Stellen A 9/A 10/A 11 LBesO für die Kriminalpolizei ausgebracht worden (Bürgerschafts-Drs. 18/6273 S. 3). Eine ausreichende Anzahl von A 10-Planstellen für die tatsächlich vorgenommenen 397 Beförderungen war deshalb vorhanden.

35

Der Haushaltsansatz war jedoch mit dem Stellenvermerk versehen: "Die Stellen dürfen im Rahmen der in dieser Drucksache genannten Verweilzeiten ausgenutzt werden". Nur in diesem Umfang waren die freien Planstellen nach dem wirksamen Haushaltsbeschluss der Bürgerschaft deshalb besetzbar.

36

Für den Funktionskreis 2 "A 9 - A 10" war in Anlage 1 der Drucksache eine "kalkulatorische Verweilzeit" von 11 Jahren vorgesehen. Auf Basis dieser Verweilzeiten wurden die jährlich anfallenden Mehrkosten - insgesamt 3,9 Mio. € bis ins Jahr 2027 - berechnet (Anlage 2 der Drucksache). Der Mittelansatz für die gebündelten Stellen ging daher von einer durch die vorgegebenen Regelverweilzeiten gesteuerten Beförderungspraxis aus und legte der Berechnung die sich hieraus ergebende Verteilung von A 9, A 10 und A 11 Stellen zugrunde. Der Stellenvermerk hat damit zwar keinen konkreten Betrag als Begrenzung möglicher Beförderungen genannt. Er hat jedoch ein Berechnungsmodell vorgegeben, aus dem sich jeweils ein bestimmbarer Betrag ergab. Dementsprechend hat die Beklagte ermittelt, wie viele Beamte in welchem Monat des Jahres 2008 die vorgesehene Regelverweildauer erreicht hätten. Daraus wurde entnommen, wie viel Geld im Haushaltsjahr für diese Beamten im Falle der Beförderung benötigt würde. Diese in Beförderungsmonaten ausgewiesene Grenze war der haushaltsrechtliche Rahmen, der für Beförderungen zur Verfügung stand. Für das Jahr 2008 ergaben sich so 4 033 Beförderungsmonate A 10 LBesO. Nur in diesem Umfang standen der Beklagten besetzbare Planstellen zur Verfügung.

37

Dem Stellenvermerk des Haushaltsbeschlusses lag damit zwar als kalkulatorische Grundlage eine an Verweilzeiten orientierte Beförderungspraxis zugrunde, die Art. 33 Abs. 2 GG nicht entspricht. Dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass besetzbare Planstellen für die Polizei nur in dem ausgebrachten Umfang zur Verfügung standen. An diese limitierende Vorgabe hätte sich die Beklagte auch dann halten müssen, wenn ihr die Rechtswidrigkeit der dem Laufbahnmodell zugrunde liegenden Mindestverweildauer von sieben Jahren im Statusamt eines Polizeikommissars bewusst gewesen wäre. In keinem Falle hätte der Dienstherr den im Haushaltsbeschluss vorgegebenen Rahmen überschreiten dürfen.

38

Ist der Haushaltsplan für das Rechnungsjahr durch Beschluss der Bürgerschaft aufgestellt worden, so darf der Senat bei der Ausgabe von Haushaltsmitteln die Haushaltsansätze nicht überschreiten (Art. 66 der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg vom 6. Juni 1952, HmbGVBl. S. 117). Erweisen sich die vorhandenen Haushaltsansätze im Laufe des jeweiligen Haushaltsjahres als zu gering oder ergeben sich sachliche Bedürfnisse, die der Haushaltsbeschluss nicht berücksichtigt hat, muss der Senat eine Nachbewilligung von Haushaltsmitteln nach Maßgabe des Art. 68 der Verfassung herbeiführen (vgl. zur entsprechenden Lage auf Bundesebene: BVerfG, Urteile vom 25. Mai 1977 - 2 BvE 1/74 - BVerfGE 45, 1 <34> und vom 18. März 2014 - 2 BvR 1390/12 u.a. - NJW 2014, 1505 Rn. 201). Solange ein entsprechender Nachtragshaushalt nicht beschlossen worden ist, stehen weitere Mittel nicht zur Verfügung.

39

Auch die Betrachtungen zur hypothetischen Kausalität müssen deshalb von einem Alternativmodell ausgehen, das den vorgegebenen Haushaltsansatz wahrt. Bezugspunkt der hypothetischen Erwägungen ist die Pflichtverletzung des Dienstherrn, hieran knüpft der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch an. Auf die Frage, ob bereits dem Beschluss der Bürgerschaft selbst ein Verstoß gegen die Auswahlgrundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG anhaftet (verneinend OVG Hamburg, Urteil vom 20. Mai 2011 - 1 Bf 284/09 - S. 16 f.), kommt es daher nicht an. Ebenso ist unerheblich, dass ein Schadensersatzanspruch nicht unter dem Vorbehalt der haushaltsrechtlichen Bewilligung steht. Streitig ist nicht die Zahlung eines bestehenden Schadensersatzbetrages, sondern die vorgelagerte Frage, ob ein Schadensersatzanspruch entstanden ist. Für die damit ausschlaggebende Frage, welcher hypothetische Kausalverlauf bei rechtmäßigem Vorgehen des Dienstherrn voraussichtlich an die Stelle des tatsächlichen Verlaufs getreten wäre, sind die haushaltsrechtlichen Vorgaben zu berücksichtigen. Die Anzahl der möglichen Beförderungen hängt damit von der konkreten Zusammensetzung der Bewerberrangliste ab.

40

b) Bei einer hypothetischen Auswahlentscheidung, die auch diejenigen Bewerber einbezieht, die nicht über eine Mindestverweilzeit von sieben Jahren im vorangegangenen Statusamt verfügen, wäre die Klägerin voraussichtlich nicht berücksichtigt worden.

41

aa) Entgegen der vom Oberverwaltungsgericht vertretenen Auffassung wäre die Beklagte dabei nicht verpflichtet gewesen, aus den in der dienstlichen Beurteilung enthaltenen "Potenzialeinschätzungen" eine Gesamtnote zu bilden und diese bei der Bildung einer Auswahlrangliste zu berücksichtigen.

42

In der dienstlichen Beurteilung der Beklagten werden "Potenzialeinschätzungen" zu den Merkmalen: Teamfähigkeit, Konfliktfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, schriftliche Ausdrucksfähigkeit, Entscheidungsfähigkeit, Planungs- und Organisationsfähigkeit, Selbstständigkeit, Dienstleistungs-/Kundenorientierung, Flexibilität/Innovationsfähigkeit, kognitive Fähigkeiten, körperliche Belastungsfähigkeit, Stressfähigkeit (und vorliegend nicht bewertet Führungsfähigkeit) verlangt und abgegeben. Damit werden allgemein für die dienstliche Verwendung bedeutsame Eigenschaften des Beamten angesprochen, die - weil nicht auf ein bestimmtes Amt und die hierfür bestehenden Anforderungen bezogen (dann Eignung, vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 - BVerwGE 147, 244 Rn. 10) - unter den Begriff der Befähigung im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG fallen (BVerfG, Beschluss vom 20. April 2004 - 1 BvR 838/01 u.a. - BVerfGE 110, 304 <322>; BVerwG, Urteile vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <150 f.> und vom 26. September 2012 - 2 C 74.10 - BVerwGE 144, 186 Rn. 20; vgl. zum Begriff der Befähigung auch die Legaldefinition in § 2 Abs. 3 BLV).

43

Diese personenbezogenen Eigenschaften sind von Art. 33 Abs. 2 GG erfasst und können bei einer Auswahlentscheidung daher auch berücksichtigt werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn das angestrebte Amt - etwa im Hinblick auf mit ihm typischerweise verbundene Führungsaufgaben - andere Anforderungen stellt als das vom Beamten bislang innegehabte, und der Prognoseschluss für die künftige Eignung sich daher nicht in der Bewertung der bislang erbrachten Leistungen erschöpfen kann.

44

Befähigungsmerkmale entziehen sich aber einer generellen und bezugsunabhängigen Gesamtbewertung oder gar Notenvergabe. Nach welchen Maßstäben und zu welchem Zweck die Eigenschaften des Beamten, die weder in der auf dem Dienstposten gezeigten Leistung Ausdruck gefunden haben noch als Eignungsmerkmale für die Anforderungen des angestrebten Amtes zu berücksichtigen sind, in einer umfassenden persönlichen Befähigungsgesamtnote zusammengefasst werden sollten oder könnten, ist nicht ersichtlich. Eine derartige Gesamtsaldierung widerspricht vielmehr dem Sinn der Befähigungsanalyse, mit der individuelle Stärken und Schwächen des Beamten herausdifferenziert werden sollen, um eine fundierte Erkenntnisgrundlage für die künftige Verwendung des Beamten zu schaffen (vgl. Schäfer, ZBR 1983, 173 <179>; Schnellenbach/Bodanowitz, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, Stand September 2014, Rn. 257). Folgerichtig war in Nr. 9 der Beurteilungs-RL 2007 auch ausdrücklich vorgegeben, dass eine zusammenfassende Bewertung (Gesamturteil) oder Potenzialeinschätzungen unzulässig ist und zu unterbleiben hat. Die Forderung des Oberverwaltungsgerichts nach einer Befähigungsgesamtnote entbehrt daher der rechtlichen Grundlage.

45

bb) Zutreffend ist allerdings die Ausgangserwägung, dass der Dienstherr für die Auswahlentscheidung eine Eignungsprognose abzugeben hat, die sich grundsätzlich nicht in der Bewertung der bislang gezeigten Leistungen erschöpft. Das maßgebliche Gesamturteil muss auf die Anforderungen des zu vergebenden Amtes bezogen sein. Dies gilt auch für die Einreihung in eine Rangliste, wenn diese maßgeblich für die nachfolgenden Beförderungen sein soll (BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 - 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83 Rn. 14). Insbesondere wenn die Anforderungen des angestrebten Amtes - etwa im Hinblick auf typischerweise wahrzunehmende Führungsaufgaben - nicht identisch mit denjenigen des bisherigen Amtes sind, müssen daher zusätzliche Erwägungen angestellt werden. Hierfür sind die in der dienstlichen Beurteilung ausgewiesenen Befähigungseinschätzungen heranzuziehen. Auswahlerwägungen, die diesen Maßstäben genügen, hat die Beklagte nicht angestellt.

46

Die vom Oberverwaltungsgericht festgestellten Tatsachen bieten aber eine ausreichende Grundlage für den Schluss, dass eine Auswahl der Klägerin auch bei ordnungsgemäßem Auswahlverfahren nicht ernsthaft möglich gewesen wäre. Der Abstand ihrer Leistungsnote von denjenigen Notenwerten, die bei Zugrundelegung der hypothetischen Beförderungsrangliste und der sich aus den haushaltsrechtlichen Bindungen der Beklagten noch für eine Berücksichtigung in der Beförderungsrunde 2008 ausgereicht hätten, ist zu weit und die Anzahl der in ihren bisherigen Leistungen besser beurteilten Mitbewerber damit zu groß, um bei einer hypothetischen Alternativbetrachtung für das Jahr 2008 von einer reellen Beförderungschance ausgehen zu können.

47

Für diese Feststellung kann auf die zum Stichtagsdatum 19. September 2008 aus Anlass des damaligen Leistungsträgerfeststellungsverfahrens erstellten dienstlichen Beurteilungen zurückgegriffen werden. Diese nehmen zwar für die vor dem Stichtagsdatum liegenden Beförderungsentscheidungen nicht auf den zutreffenden Beurteilungszeitraum Bezug und weisen auch nur hinsichtlich der rückschauend betrachteten Leistung eine Beurteilung aus. Die hieraus entwickelte Rangliste entspricht daher nicht den an eine ordnungsgemäße Beförderungsauswahl zu stellenden Anforderungen. Die aus dem Jahr 2008 stammenden und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhenden dienstlichen Beurteilungen stellen aber eine hinreichend sichere Vergleichsbasis für die im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs allein zu entscheidende Frage dar, ob die Klägerin bei einem ordnungsgemäß durchgeführten Auswahlverfahren im Jahr 2008 voraussichtlich befördert worden wäre.

48

Ausreichende Anhaltspunkte für die Rekonstruktion der hypothetischen Auswahlentscheidung lassen sich diesen dienstlichen Beurteilungen insbesondere deshalb entnehmen, weil bei einer Beförderung innerhalb der Laufbahn des gehobenen Polizeivollzugsdienstes maßgeblich auf die bisher im niedrigeren Statusamt der Laufbahn erbrachten fachlichen Leistungen abzustellen ist.

49

Art. 33 Abs. 2 GG dient dem Interesse der bestmöglichen Besetzung öffentlicher Ämter. Ausgewählt werden soll der Bewerber, der für die künftige Amtstätigkeit am besten geeignet ist. Die Auswahlentscheidung erfordert daher eine vorausschauende Aussage darüber, ob und wie der Bewerber die ihm in dem angestrebtem Amt obliegenden beamtenrechtlichen Pflichten erfüllen wird (BVerfG, Urteil vom 24. September 2003 - 2 BvR 1436/02 - BVerfGE 108, 282 <296>). Für den Vergleich der Bewerber um ein Beförderungsamt kann und muss auf die im bisherigen Amt erbrachten Leistungen zurückgegriffen werden. Nur die im bisherigen Amt gezeigten Leistungen bieten eine hinreichende Tatsachengrundlage für den Prognoseschluss, ob sich der Beamte auch in dem angestrebten höheren Amt voraussichtlich bewähren wird (BVerwG, Beschluss vom 22. November 2012 - 2 VR 5.12 - BVerwGE 145, 112 Rn. 23 f.).

50

Die besondere Bedeutung der bislang gezeigten fachlichen Leistung folgt hier überdies aus dem Umstand, dass die Polizeivollzugsbeamten der Beklagten auf gebündelten Dienstposten eingesetzt werden und die Anforderungen des bisherigen und diejenigen des künftigen Amtes nach Auffassung der Beklagten daher weitgehend identisch sind. Es ist daher davon auszugehen, dass die Beurteilung der erbrachten Leistung hier grundsätzlich auch der Eignungsprognose entspricht. Angesichts weitgehend identischer Amtsanforderungen dürfte sich daher nur in besonders gelagerten Fällen aus den persönlichen Eigenschaften eine von der Leistungsbeurteilung abweichende Eignungsprognose ergeben. Dieser Unsicherheit kann im Rahmen der hypothetischen Auswahlerwägungen durch einen Sicherheitszuschlag Rechnung getragen werden.

51

Da die Klägerin mit ihrer Leistungsbeurteilung von 3,25 weit von den für eine Beförderung erforderlichen Notenwerten entfernt gewesen ist, kann auch bei Hinzurechnung eines angemessenen Sicherheitszuschlags festgestellt werden, dass sie im Falle einer rechtmäßigen Gestaltung des Auswahlverfahrens durch die Beklagte voraussichtlich nicht befördert worden wäre.

52

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

B e s c h l u s s

vom 19. März 2015

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 20 602,44 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 GKG). Eine Festsetzung anhand der bloßen Besoldungsdifferenz nach § 52 Abs. 1 GKG scheidet aus, weil beamtenrechtliche Schadensersatzklagen auch dienst- und versorgungsrechtliche Konsequenzen bewirken.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Tatbestand

1

Der 19.. geborene Kläger bekleidet als Leitender Regierungsdirektor (Besoldungsgruppe BBesO A 16) den Dienstposten eines Referatsleiters beim Bundesnachrichtendienst (BND). Er macht Schadensersatz wegen rechtswidrig unterlassener Beförderung geltend.

2

Zum 1. Februar 20.. war die Stelle des Leiters der Unterabteilung ... beim BND (Besoldungsgruppe BBesO B 3) zu besetzen. Die Stelle wurde nicht ausgeschrieben. Neben zwei Interessenten, die sich beworben hatten, bezog die Beklagte zunächst acht weitere Kandidatinnen und Kandidaten von Amts wegen in die Betrachtung ein, darunter den Kläger. Grundlage für die Auswahlentscheidung bildete ein Anforderungsprofil vom 14. März 20.., das gründliche Kenntnisse der Aufbau- und Ablauforganisation des Dienstes und eine langjährige Bewährung in Führungspositionen unterschiedlicher Bereiche verlangte. Anlassbeurteilungen wurden nicht erstellt.

3

Zwei Vorschläge des BND, die Stelle mit Konkurrenten des Klägers zu besetzen, scheiterten, weil das Bundeskanzleramt nicht zustimmte.

4

In der Folge bemühte sich der BND um die Erweiterung des Bewerberkreises und schlug am 12. April 20.. einen im Dienst des ... ... tätigen Leitenden Polizeidirektor (BBesO A 16) für den zu besetzenden Dienstposten vor. Er eigne sich besonders gut, weil er Erfahrung bei der Abwicklung großer Projekte sowie im Umgang mit der Verlegung von Behörden und in der interbehördlichen Kommunikation habe. Er müsse allerdings noch durch seinen bisherigen Dienstherrn in ein Amt der Besoldungsgruppe BBesO B 3 befördert werden und könne danach ämtergleich versetzt werden. Auch diese Vorlage wies das Bundeskanzleramt als unzureichend zurück, weil eine eingehende Begründung für die Übernahme des über 55 Jahre alten Kandidaten in den Bundesdienst fehle; außerdem müsse eine Analyse der durch die Übernahme verursachten Kosten vorgelegt werden. Daraufhin ergänzte der BND das bisherige Anforderungsprofil am 19. April 20.. um die Aspekte "Erfahrung mit der Abwicklung großer Projekte, mit der Verlegung von Behörden und der interbehördlichen Kommunikation". Schließlich wurde der ausgewählte Bewerber vom bisherigen Dienstherrn am 17. Juli 20.. zum Polizeivizepräsidenten (Besoldungsgruppe BBesO B 3) befördert und mit gleichem Wirkungsdatum in den Bundesdienst zum BND versetzt. Die Beklagte übertrug ihm den Dienstposten des Leiters der Unterabteilung ...

5

Die in die Auswahl einbezogenen Kandidatinnen und Kandidaten wurden über die Stellenbesetzung vor dem 17. Juli 20.. nicht informiert. Ein Mitarbeiter des BND hatte eine solche Unterrichtung zwar mehrfach rechtzeitig vorgeschlagen. Er war jedoch angewiesen worden, die unterlegenen Kandidaten "nicht jetzt, keinesfalls vor dem 14. bzw. 'eingangstechnisch' 17.07.20..!" zu informieren. Die Mitteilung über die Stellenbesetzung wurde am 14. Juli 20.. versandt; der Kläger erhielt sie am 19. Juli 20...

6

Schon zuvor, am 18. Mai 20.., hatte der Kläger gegenüber dem Bundeskanzleramt geltend gemacht, er sei trotz seiner Spitzenbeurteilung übergangen worden. Am 24. Juli 20.. bat er erneut um Auskunft über den Ablauf des Verfahrens und um Akteneinsicht.

7

Durch Schreiben vom 10. Oktober 20.. beantragte der Kläger schließlich, ihn im Wege des Schadensersatzes dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als sei er zum 17. Juli 20.. zum Direktor beim BND (Besoldungsgruppe BBesO B 3) befördert worden. Er sei der einzige Kandidat mit der Spitzennote gewesen, so dass die Entscheidung zu seinen Gunsten hätte ausfallen müssen. Ihm sei auch die Möglichkeit verweigert worden, rechtzeitig um Rechtsschutz nachzusuchen. Die Beklagte lehnte diesen Antrag durch Bescheid vom 27. Februar 20.. mit der Begründung ab, nur der ausgewählte Kandidat habe das Anforderungsprofil in wesentlichen Punkten erfüllt. Der Widerspruch des Klägers wurde zurückgewiesen: Für die zu besetzende Stelle habe ein konstitutives Anforderungsprofil bestanden, da die speziellen Eignungsvoraussetzungen durch Regelbeurteilungen nicht abgedeckt gewesen seien. In einem solchen Fall spiele die dienstliche Beurteilung erst dann eine Rolle, wenn alle Kandidaten, die dem Anforderungsprofil nicht entsprächen, ausgeschieden worden seien. Die Änderung des Anforderungsprofils sei nicht zu beanstanden: Im Laufe des Stellenbesetzungsverfahrens habe sich gezeigt, dass die Aufgaben der Unterabteilung ... den Erfordernissen im Hinblick auf den Umzug des BND nach Berlin anzupassen gewesen seien. Deshalb sei das erste Auswahlverfahren konkludent abgebrochen worden. Schließlich sei auch der Rechtsschutz des Klägers nicht vereitelt worden, da Art. 33 Abs. 2 GG bei der ämtergleichen Versetzung des Kandidaten aus... nicht zu beachten gewesen sei.

8

Mit seiner am 5. August 20.. erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Die Auswechslung des Anforderungsprofils im laufenden Stellenbesetzungsverfahren sei unzulässig gewesen und habe allein dem Zweck gedient, den ausgewählten Kandidaten befördern zu können. Das laufende Verfahren sei auch nicht abgebrochen worden; weder sei hierzu irgendetwas verlautbart worden noch sei ein konkludenter Abbruch überhaupt zulässig. Das Verschulden des Beklagten sei offensichtlich, und dies gelte auch für die Kausalität des Rechtsverstoßes für den eingetretenen Schaden. Im Übrigen greife zu seinen Gunsten eine Beweislastumkehr ein.

9

Der Kläger beantragt,

den Bescheid des Bundesnachrichtendienstes vom 27. Februar 20.. in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Juli 20.. aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Kläger dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als sei er am 17. Juli 20.. zum Direktor beim Bundesnachrichtendienst mit der Besoldungsgruppe B 3 ernannt worden, sowie die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger die Prozesszinsen zu zahlen.

10

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

11

Sie hält das Stellenbesetzungsverfahren für rechtsfehlerfrei. Es liege schon keine Beförderungssituation vor, da nur eine ämtergleiche Versetzung vorgenommen worden sei. Das erste Auswahlverfahren sei nach der zwingend notwendigen Änderung des Anforderungsprofils aus sachlichen Gründen abgebrochen worden. Im neuen Verfahren sei es auf einen Vergleich der Beurteilungen der betrachteten Kandidaten nicht angekommen, weil nur der ausgewählte Kandidat die Anforderungen der Stelle erfüllt habe. Im Übrigen habe der Kläger es versäumt, um Rechtsschutz nachzusuchen, obwohl ihm dies möglich gewesen wäre.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verfahrens- und Personalakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

13

Das Bundesverwaltungsgericht ist für das Verfahren nach § 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO in erster und letzter Instanz zuständig.

14

Die Klage ist zulässig und im Wesentlichen begründet. Der Kläger kann beanspruchen, dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so gestellt zu werden, als wäre er am 17. Juli 20.. zum Direktor beim Bundesnachrichtendienst mit der Besoldungsgruppe B 3 ernannt worden.

15

Ein Beamter kann von seinem Dienstherrn Ersatz des ihm durch die Nichtbeförderung entstandenen Schadens verlangen, wenn der Dienstherr bei der Vergabe eines Beförderungsamtes den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Bewerbungsverfahrensanspruch des Beamten auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl schuldhaft verletzt hat, wenn diese Rechtsverletzung für die Nichtbeförderung des Beamten kausal war und wenn der Beamte es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Rechtsgrundlage dieses unabhängig vom Schadensersatzanspruch aus Amtshaftung (§ 839 Abs. 1 Satz 1 BGB, Art. 34 Satz 1 GG) bestehenden Anspruchs ist das Beamtenverhältnis; eines Rückgriffs auf die Verletzung der Fürsorgepflicht bedarf es nicht (BVerfG, Kammerbeschluss vom 13. Januar 2010 - 2 BvR 811/09 - BayVBI 2010, 303; BVerwG, Urteile vom 25. August 1988 - BVerwG 2 C 51.86 - BVerwGE 80, 123 <124> = Buchholz 237.7 § 7 NWLBG Nr. 5 S. 2 f.; vom 28. Mai 1998 - BVerwG 2 C 29.97 - BVerwGE 107, 29 <31> = Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 40 S. 3; vom 1. April 2004 - BVerwG 2 C 26.03 - Buchholz 237.8 § 10 RhPLBG Nr. 1; vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <101 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 S. 28 f. und vom 31. März 2010 - BVerwG 2 A 2.09 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 48 Rn. 15; zum Schadensersatzanspruch von Einstellungsbewerbern: Urteil vom 25. Februar 2010 - BVerwG 2 C 22.09 - BVerwG 136, 140 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 45). Seine Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben.

16

1. Die Beklagte hat den Anspruch des Klägers auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl verletzt.

17

a) Nach Art. 33 Abs. 2 GG sind öffentliche Ämter nach Maßgabe des Leistungsgrundsatzes zu vergeben. Der Bewerberauswahl für die Besetzung eines öffentlichen Amtes dürfen nur Kriterien zu Grunde gelegt werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Ein Bewerber kann deshalb verlangen, dass der Dienstherr seine Bewerbung nur aus Gründen zurückweist, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind. Belange, die nicht im Leistungsgrundsatz verankert sind, können bei der Besetzung öffentlicher Ämter nur Berücksichtigung finden, wenn ihnen ebenfalls Verfassungsrang eingeräumt ist. Der für die Auswahlentscheidung maßgebliche Leistungsvergleich muss, um diesen Anforderungen gerecht zu werden, auf aussagekräftige, d.h. hinreichend differenzierte und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhende dienstliche Beurteilungen gestützt werden (Urteile vom 17. August a.a.O. S. 103 f. und vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 47 jeweils Rn. 20).

18

Welche konkreten Anforderungen an die Bewerber um ein öffentliches Amt zu stellen sind, muss unter Leistungsgesichtspunkten aus der Funktionsbeschreibung des zu besetzenden Dienstpostens abgeleitet sein. Dabei fällt die Entscheidung darüber, welchen "Zuschnitt" eine Stelle erhalten soll, welche Zuständigkeiten ihr also im Einzelfall zugewiesen sind und welche Fachkenntnisse zur Erfüllung der daraus resultierenden Aufgaben erforderlich sind, in das Organisationsermessen des Dienstherrn, das gerichtlich nur auf sachfremde Erwägungen überprüfbar ist (Urteil vom 16. Oktober 2008 - BVerwG 2 A 9.07 - BVerwGE 132, 110 = Buchholz 11 Art. 87a GG Nr. 6 jeweils Rn. 54). Als sachfremd ist es z.B. anzusehen, wenn dem Dienstposten eine Leistungsbeschreibung zugeordnet würde, die den tatsächlich auf diesem Dienstposten anfallenden Tätigkeiten nicht oder im Wesentlichen nicht entspricht, sondern den Zweck verfolgt, "Alleinstellungsmerkmale" für einen bevorzugten Bewerber zu schaffen, um eine Auswahlentscheidung zu seinen Gunsten zu erleichtern.

19

Der Dienstherr ist auch berechtigt, dem Auswahlverfahren ein Anforderungsprofil zugrunde zu legen. Dieses muss jedoch ausschließlich auf leistungsbezogene Auswahlkriterien abstellen, die zudem in einem engen inhaltlichen Zusammenhang mit den Anforderungen der zu besetzenden Stelle stehen müssen. Ein solches Anforderungsprofil entfaltet Bindungswirkung für die Festlegung und Gewichtung der Leistungsmerkmale bei der Bewerberauswahl. Art und Ausmaß der Bindungswirkung hängen von dem durch Auslegung zu bestimmenden Inhalt des Anforderungsprofils ab. Einem Bewerber, der in seiner Beurteilung zwar nicht das beste Gesamturteil des Bewerberfeldes aufweist, kann daher im Hinblick auf das Anforderungsprofil dennoch der Vorrang gebühren, wenn er spezifische Anforderungen des Dienstpostens voraussichtlich am besten erfüllt. Im Hinblick auf diese weitgehenden Wirkungen muss der Inhalt des Anforderungsprofil mit Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar sein (BVerfG, Kammerbeschluss vom 25. November 2011 - 2 BvR 2305/11 - IÖD 2012, 26 Rn. 15 m.w.N.; BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 2011 - BVerwG 2 VR 4.11 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 50 = IÖD 2012, 2, jeweils Rn. 17). Ob ein Anforderungsprofil diesen Anforderungen genügt, unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle; dabei ist es unerheblich, ob das Anforderungsprofil vom Dienstherrn als "konstitutiv" oder "deklaratorisch" bezeichnet wird.

20

b) Gemessen an diesen Maßstäben hat die Beklagte den Anspruch des Klägers auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl verletzt. Das der Stellenbesetzung zugrunde liegende Anforderungsprofil vom 19. April 20.. ist rechtswidrig (aa). Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, sie habe das auf der Grundlage des ursprünglich erstellten Anforderungsprofils vom 14. März 20.. geführte Stellenbesetzungsverfahren aus sachlichen Gründen abgebrochen (bb). Die zu Lasten des Klägers getroffene Personalentscheidung ist schließlich auch deshalb rechtswidrig, weil die Annahme der Beklagten fehlerhaft ist, Art. 33 Abs. 2 GG finde keine Anwendung, weil der Fall einer "ämtergleichen" Versetzung vorliege (cc). Im Übrigen liegen der Auswahlentscheidung nicht hinreichend differenzierte und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhende dienstliche Beurteilungen zu Grunde (dd).

21

aa) Das von der Beklagten zu Grunde gelegte Anforderungsprofil vom 19. April 2006 ist rechtswidrig, da es nicht aus dem Anforderungsprofil des betroffenen Dienstpostens abgeleitet ist. Dies führt schon für sich genommen zur Rechtswidrigkeit der zu Gunsten des Kandidaten K. und zu Lasten des Klägers getroffenen Entscheidung über die Besetzung der Stelle eines Leiters der Unterabteilung ...

22

Das Anforderungsprofil vom 19. April 20.. ist gegenüber dem Profil vom 14. März 20.. um drei Positionen - Erfahrung in der Abwicklung großer Projekte, im Umfeld der räumlichen Verlegung von Dienststellen und in der interbehördlichen Zusammenarbeit - erweitert worden, während u.a. das Erfordernis gründlicher Kenntnisse der Aufbau- und Ablauforganisation des Dienstes entfallen ist. Diese Neuformulierung des Anforderungsprofils spiegelt indes nicht eine objektiv feststellbare und vom Organisationsermessen des Dienstherrn gedeckte Veränderung des Stellenzuschnitts bei dem Dienstposten des Leiters der Unterabteilung ... wider, sondern dient in sachfremder Weise dazu, die Anforderungen des zu besetzenden Dienstpostens mit den Leistungs- und Eignungsmerkmalen eines bestimmten Bewerbers in Übereinstimmung zu bringen.

23

Den vorgelegten Akten und dem Vortrag der Beteiligten lässt sich entnehmen, dass sich der Zuschnitt dieses Dienstpostens im Verlauf des Stellenbesetzungsverfahrens tatsächlich nicht wesentlich verändert hat; weder sind Aufgaben, die den Zuständigkeitsbereich der Unterabteilung ... bisher gekennzeichnet hatten, weggefallen noch sind in nennenswertem Umfang zusätzliche Aufgaben und Funktionen hinzugekommen. Erst recht hat sich der für die Formulierung eines Anforderungsprofils maßgebliche Schwerpunkt der dieser Stelle zugeordneten Funktionen nicht verändert (vgl. Urteil vom 23. Mai 2002 - BVerwG 2 A 5.01 - Buchholz 240 § 18 BBesG Nr. 27). Vielmehr gehörten zu der Unterabteilung auch im Zeitpunkt der zu Lasten des Klägers getroffenen Personalentscheidung unverändert das ..., ..., ..., ... und ..., ... sowie das ....

24

Die Behauptung der Beklagten, der Unterabteilung sei die "zentrale Aufgabe" des Umzugs von Pullach nach Berlin zugewachsen, findet eine Bestätigung weder in den vorgelegten Organisationsplänen des Dienstes, in denen die Zuständigkeiten für den Umzug an anderer Stelle verankert sind, noch in der von der Beklagten nicht in Frage gestellten Beobachtung des Klägers, der im Juli 20.. ernannte Unterabteilungsleiter habe in der Folge keine anderen Aufgaben wahrgenommen als schon sein Vorgänger. Vor diesem Hintergrund ist weder zu erklären, warum die 20.. noch geforderte Vertrautheit mit der Ablauf- und Aufbauorganisation des Dienstes nicht mehr erforderlich sein sollte, noch erst recht, warum Erfahrungen mit der Durchführung von Groß- und Umzugsprojekten als wesentlicher Bestandteil in das neue Anforderungsprofil aufgenommen worden ist.

25

Auch wenn der Umzug einer zentralen Personalabteilung nach Berlin sicherlich von gewisser Bedeutung für den Umzug der gesamten Verwaltung des Dienstes gewesen sein mag, liegt vielmehr der Schluss nahe, dass die Veränderungen im Anforderungsprofil auf den vom BND ausgewählten Bewerber zugeschnitten war. Denn er hatte als Außenstehender naturgemäß keine vertieften Kenntnisse der Ablauf- und Aufbauorganisation des Dienstes, aber Erfahrung in der Betreuung großer Bauprojekte - Bau von Polizeikasernen - und im Zusammenhang mit dem Umzug von Behörden. Dass die in sich unschlüssige Neufassung des Anforderungsprofils nicht die Folge tatsächlicher Veränderungen im Zuschnitt des zu besetzenden Dienstpostens ist, ergibt sich auch aus dem Umstand, dass in den Besetzungsvorschlägen zu Gunsten des Kandidaten K. die Stellenbeschreibung des Anforderungsprofils vom 14. März 20.. zunächst noch unverändert enthalten war.

26

bb) Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass das im Frühjahr 2005 eingeleitete Stellenbesetzungsverfahren aus sachlichem Grund mit der Folge abgebrochen worden ist, dass der Bewerbungsverfahrensanspruch des Klägers untergegangen ist. Vielmehr lag ein einziges Verfahren vor, das mit der Erarbeitung des Anforderungsprofils vom 14. März 20.. für den ersten Besetzungsvorschlag (22. August 20..) begann und erst durch die Vergabe des Dienstpostens an den Kandidaten K. abgeschlossen wurde. Der in diesem Verfahren bestehende Bewerbungsverfahrensanspruch des Klägers ist insbesondere nicht durch die mehrfache Neuformulierung des Anforderungsprofils untergegangen.

27

Zwar ist der Dienstherr aufgrund seines Beurteilungsspielraums bei der Bewerberauswahl berechtigt, ein Auswahlverfahren aus sachlichem Grund vor der Auswahlentscheidung abzubrechen, wenn kein Bewerber den Erwartungen entspricht oder das Verfahren womöglich nicht (mehr) zu einer rechtsfehlerfreien Auswahlentscheidung führen kann. Unsachlich sind Gründe für einen Abbruch des Auswahlverfahrens, wenn sie nicht aus Art. 33 Abs. 2 GG abgeleitet werden können, etwa wenn sie das Ziel verfolgen, einen unerwünschten Kandidaten aus leistungsfremden Erwägungen von der weiteren Auswahl für die Stelle auszuschließen (Urteile vom 25. April 1996 - BVerwG 2 C 21.95 - BVerwGE 101, 112 und vom 31. März 2011 a.a.O.).

28

Der Abbruch eines Auswahlverfahrens kann allerdings nur dann rechtmäßig sein, wenn neben dem Vorliegen eines sachlichen Grundes sichergestellt ist, dass die von dem Verfahren Betroffenen von dem Abbruch rechtzeitig und in geeigneter Form Kenntnis erlangen. Dies kann durch eine öffentliche Verlautbarung, etwa die erneute Ausschreibung der zu besetzenden Stelle, oder durch Mitteilungen an die im Verfahren bisher beteiligten Personen geschehen. Denn ihnen muss die Möglichkeit eingeräumt werden, ihr aus dem Bewerbungsverfahrensanspruch folgendes Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in das Verfahren ggf. geltend zu machen, insbesondere Rechtsschutz zu suchen. Dies setzt voraus, dass die in ein Auswahlverfahren einbezogenen Beamten jederzeit zweifelsfrei über den Stand des Verfahrens informiert sind, weil ihr Bewerbungsverfahrensanspruch mit einem rechtmäßigen Abbruch des Auswahlverfahrens untergeht.

29

Will der Dienstherr das Auswahlverfahren entweder ohne Stellenbesetzung endgültig beenden oder es bei fortbestehender Stellenbesetzungsabsicht gewissermaßen "auf Null" zurücksetzen und mit dem Auswahlprozess erneut beginnen, so muss er dies unmissverständlich zum Ausdruck bringen. Der für den Abbruch maßgebliche Grund muss, sofern er sich nicht evident aus dem Vorgang selbst ergibt, schriftlich dokumentiert werden (BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. November 2011 - 2 BvR 1181/11 - IÖD 2012, Rn. 23 m.w.N.). Die Annahme der Beklagten, ein Auswahlverfahren könne auch konkludent abgebrochen werden, ohne dass dies den bisher in das Verfahren einbezogenen Beamten mitzuteilen oder auch nur in den Akten zu dokumentieren wäre, trifft deshalb nicht zu. Das im Rechtsstaatsprinzip und in Art. 19 Abs. 4 GG wurzelnde Gebot der Publizität des Verfahrensabbruchs erfordert - auch um die ansonsten offenkundige Missbrauchsgefahr zu verringern - eine klare Zäsur zwischen dem abgebrochenen und dem an seiner Stelle neu aufgenommenen Auswahlverfahren. Dies führt allerdings zwangsläufig dazu, dass Kandidaten, die ohne ihre Kenntnis in ein laufendes Auswahlverfahren einbezogen worden sind, mit der Information über den Abbruch des Verfahrens zugleich darüber unterrichtet werden, dass sie in das abgebrochene Verfahren einbezogen waren.

30

Nach diesen Grundsätzen ist das im Frühjahr 20.. auf der Grundlage des Anforderungsprofils vom 14. März 20.. eingeleitete Stellenbesetzungsverfahren nicht abgebrochen, sondern erst durch Besetzung der Stelle mit dem Kandidaten K. abgeschlossen worden. Dafür spricht bereits, dass viele der ursprünglich vorhandenen Bewerber und von Amts wegen betrachteten Kandidaten in die späteren Besetzungsvorschläge erneut einbezogen wurden. Auch ist zu keiner Zeit aktenkundig gemacht worden, dass das Auswahlverfahren gewissermaßen "auf Null" zurückgesetzt und sodann erneut eingeleitet werden sollte, etwa auf der Grundlage veränderter Stellenanforderungen. Auch ist keiner der Bewerber, erst recht keiner der von Amts wegen in die Betrachtung einbezogenen Kandidaten über einen Abbruch des bisherigen Verfahrens unterrichtet worden. Dies gilt insbesondere auch für den Zeitpunkt, in dem das Anforderungsprofil vom 19. April 20.. in das Verfahren eingeführt wurde, da dies - wie aus der Korrespondenz mit dem Bundeskanzleramt deutlich wird - allein zu dem Zweck geschah, den Bedenken gegenüber der vorgesehenen Stellenbesetzung Rechnung zu tragen.

31

cc) Die Notwendigkeit, die zu Lasten des Klägers getroffene Personalentscheidung an Art. 33 Abs. 2 GG zu messen, ist auch nicht etwa dadurch entfallen, dass der ausgewählte Kandidat bloßer Versetzungsbewerber gewesen wäre, so dass eine Konkurrenzsituation überhaupt nicht vorgelegen habe.

32

Art. 33 Abs. 2 GG wird nicht berührt, wenn der Dienstherr einen Dienstposten durch Umsetzung, Abordnung oder eine den Status nicht berührende Versetzung besetzt. Entscheidet sich der Dienstherr jedoch, bei einer konkreten Stellenbesetzung im Bewerberfeld sowohl Versetzungs- als auch Beförderungsbewerber zu berücksichtigen, so legt er sich auch gegenüber den Versetzungsbewerbern auf die Auslese nach den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG fest (Urteil vom 25. November 2004 - BVerwG 2 C 17.03 - BVerwGE 122, 237 <240>, Beschluss vom 25. März 2010 - BVerwG 1 WB 37.09 - BVerwGE 136, 204).

33

Hier liegt eine Auswahlentscheidung ausschließlich zwischen Beförderungsbewerbern vor, die am Leistungsgrundsatz zu messen ist.

34

Die Auswahlentscheidung ist am 14. Juni 20.. getroffen worden. Zu diesem Zeitpunkt waren alle betrachteten Kandidaten Beförderungsbewerber, die nach BBesO A 16 besoldete Ämter innehatten. Zwar ist der ausgewählte Bewerber unmittelbar vor seiner Versetzung in den Bundesdienst noch innerhalb des Landesdienstes befördert worden, doch ändert dies nichts daran, dass der für die Auswahlentscheidung maßgebliche Zeitpunkt nicht derjenige der Übertragung des Beförderungsamtes ist, sondern der frühere Zeitpunkt der Auswahlentscheidung. An diesem Tag sind die Eignung, Befähigung und fachliche Leistung aller Kandidaten zu bewerten und miteinander zu vergleichen. Späteren möglichen Entwicklungen - etwa hinsichtlich des Gesundheitszustands eines ausgewählten Kandidaten oder hinsichtlich anderer relevanter Umstände - kann durch Abbruch des Verfahrens Rechnung getragen werden; sie dürfen jedoch der Auswahlentscheidung noch nicht zu Grunde gelegt werden. Deshalb handelte es sich bei der Auswahlentscheidung ungeachtet der nachfolgenden Beförderung des ausgewählten Bewerbers im Landesdienst um die Auswahl zwischen zwei Beförderungsbewerbern, deren Maßstab Art. 33 Abs. 2 GG darstellt.

35

dd) Die Auswahlentscheidung zu Lasten des Klägers ist schließlich auch deshalb rechtswidrig, weil sie nicht auf der Grundlage hinreichend differenzierter und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhender dienstlicher Beurteilungen getroffen worden ist. Vielmehr sind die dienstlichen Beurteilungen des ausgewählten Kandidaten und der übrigen Bewerber nach unterschiedlichen Bewertungssystemen erstellt worden und deshalb nicht miteinander vergleichbar.

36

Der ausgewählte Bewerber ist nach dem im ... Polizeivollzugsdienst eingeführten Beurteilungsbogen Polizei beurteilt worden, der eine Bewertungsskala von 15 Punkten vorsieht, während der Kläger einer vierstufigen, zudem anders strukturierten Beurteilungsskala unterworfen war. Der Vergleich des Gesamturteils 1 ("absolute Spitzenleistung") des Klägers mit dem Gesamturteil 14 (ohne textliche Erläuterung) des erfolgreichen Kandidaten lässt nicht erkennen, ob beide Bewertungen gleichwertig sind. Sollte dies nicht der Fall sein - wofür Überwiegendes spricht -, fehlt jedenfalls eine Auseinandersetzung mit dem Umstand, dass der Kläger trotz der ihm erteilten Spitzennote nicht ausgewählt worden ist. Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, ob die Beurteilungen im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung (Juni 20..) hinreichend aktuell waren; allerdings ist festzustellen, dass die Beurteilungszeiträume für den Kläger (1.10.20.. bis 30.9.20..) und den erfolgreichen Kandidaten (1.6.20.. bis 31.5.20..) sich nicht decken, da die Beurteilung des letztgenannten Kandidaten im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung bereits mehr als zwei Jahre alt und zudem vier Monate älter war als diejenige des Klägers.

37

Im Übrigen krankt die Auswahlentscheidung auch daran, dass sie den ausgewählten Kandidaten als Versetzungsbewerber behandelt und so bewertet, als habe er das Amt eines Polizeivizepräsidenten (BBesO B 3) inne, obwohl er im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung lediglich Leitender Polizeidirektor (BBesO A 16) war und auch als solcher beurteilt worden war. Dementsprechend durfte er, wie ausgeführt, nur als Beförderungsbewerber, nicht aber als Versetzungsbewerber bewertet werden. Auch insofern fehlt es der Auswahlentscheidung an einer hinreichend verlässlichen Grundlage.

38

2. Die Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Klägers ist auf schuldhaftes Verhalten des Dienstherrn zurückzuführen.

39

Für die Haftung des Dienstherrn auf Schadensersatz wegen Verletzung von Pflichten aus dem allgemeinen Beamtenverhältnis gilt der allgemeine, objektiv-abstrakte Verschuldensmaßstab des bürgerlichen Rechts. Danach handelt fahrlässig, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (Urteil vom 17. August 2005 a.a.O. S. 104). Von den für die Auswahlentscheidung verantwortlichen Beamten muss verlangt werden, dass sie die Sach- und Rechtslage unter Heranziehung aller ihnen zu Gebote stehenden Hilfsmittel gewissenhaft prüfen und sich auf Grund vernünftiger Überlegungen eine Rechtsauffassung bilden. Dazu gehören auch die Auswertung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und die ernsthafte Auseinandersetzung mit der Frage, ob ggf. aus politischen Gründen gewünschte Personalentscheidungen auch am Maßstab der relevanten Rechtsnormen Bestand haben.

40

Nach diesem Maßstab trifft die Beklagte an dem Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG ein Verschulden. Weder der mehrfache Wechsel des Anforderungsprofils im Laufe des Stellenbesetzungsverfahrens noch die Formulierung eines auf die Fähigkeiten eines bestimmten Bewerbers zugeschnittenen Anforderungsprofils entsprachen der ständigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte und waren deshalb als rechtswidrig erkennbar. Dasselbe gilt für den Versuch, das Stellenbesetzungsverfahren ohne Vorliegen sachlicher Gründe abzubrechen, für die fehlerhafte Annahme, der Leistungsgrundsatz gelte in einem aus Beförderungs- und Versetzungsbewerbern gemischten Bewerberfeld nicht, sowie für die Heranziehung von miteinander nicht vergleichbaren dienstlichen Beurteilungen der Bewerberinnen und Bewerber.

41

3. Die Verletzung des Art. 33 Abs. 2 GG zu Lasten des Klägers war kausal für seine Nichtbeförderung.

42

Ein Schadensersatzanspruch wegen rechtswidrig unterlassener Beförderung kann nur begründet sein, wenn dem Beamten ohne den Rechtsverstoß das angestrebte Amt voraussichtlich übertragen worden wäre (Urteil vom 11. Februar 2009 - BVerwG 2 A 7.06 - Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 44, bestätigt durch BVerfG, Kammerbeschluss vom 13. Januar 2010 - 2 BvR 811.09 - BayVBl 2010, 303). Erforderlich ist ein adäquat kausaler Zusammenhang zwischen der Rechtsverletzung und dem Schaden, d.h. der Nichtbeförderung. Ob ein solcher Zusammenhang gegeben ist, hängt von allen Umständen des konkreten Falles ab. Das Gericht hat demgemäß den hypothetischen Kausalverlauf zu ermitteln, den das Auswahlverfahren ohne den Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG voraussichtlich genommen hätte. Es muss ermitteln, welche Handlungsalternativen der Dienstherr erwogen und warum er sich für den konkret eingeschlagenen fehlerhaften Weg entschieden hat. Es muss beurteilen, welchem Bewerber der Dienstherr den Vorzug gegeben hätte, wenn er eine rechtmäßige Alternative verfolgt hätte.

43

Allerdings ist die Darlegung und Ermittlung eines derartigen hypothetischen Kausalverlaufs desto schwieriger, je fehlerhafter das Auswahlverfahren im konkreten Fall gewesen ist. Denn auch wenn es häufig möglich sein wird, einzelne Rechtsfehler eines Auswahlverfahrens hinwegzudenken, um den hypothetischen Kausalverlauf bei rechtmäßigem Verhalten des Dienstherrn nachzuzeichnen, werden hinreichende Anhaltspunkte für eine derartige Betrachtung häufig fehlen, wenn - wie im vorliegenden Fall - das Auswahlverfahren durch eine Vielzahl miteinander verschränkter Rechtsfehler gekennzeichnet ist.

44

Schwierig, wenn nicht vielfach unmöglich, kann die Ermittlung des hypothetischen Kausalverlaufs auch dann sein, wenn der Dienstherr zu seiner Aufklärung nichts beiträgt, vor allem, wenn ihm dies möglich wäre, etwa durch umfassende Aktenvorlage (Urteil vom 21. August 2003 - BVerwG 2 C 14.02 - BVerwGE 118, 370 <379>). Denn unter diesen Umständen ist das Fehlen einer tragfähigen Entscheidungsgrundlage auf die Verwaltungspraxis oder das Verhalten des Dienstherrn im Prozess zurückzuführen und kann dem Beamten nicht angelastet werden. Dies gilt in gleichem Maße, wenn Unterlagen zwar vorgelegt werden, ihnen aber nicht zu entnehmen ist, dass der Dienstherr eine rechtmäßige Handlungsalternative verfolgt hat.

45

In einem solchen Fall kann das Gericht Beweiserleichterungen bis hin zur Beweislastumkehr zu Gunsten des Klägers erwägen oder der Situation bei seiner Prognose eines möglichen Erfolgs des Klägers bei rechtmäßigem Verhalten des Dienstherrn Rechnung tragen. Ein Anspruch auf Schadensersatz wird hierbei schon dann regelmäßig in Betracht kommen, wenn der unterlegene Kandidat bei einer Entscheidung nach leistungsbezogenen Auswahlkriterien zumindest reelle Beförderungschancen gehabt hätte, wenn also seine Beförderung ohne den schuldhaften Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG nach Lage der Dinge ernsthaft möglich gewesen wäre (Urteil vom 17. August 2005 a.a.O. S. 109 f.; ebenso Urteil vom 23. November 1995 - BVerwG 2 A 1.94 - Schütz BeamtR ES/B III 8 Nr. 10). Dies schließt die Möglichkeit ein, dass in Einzelfällen nicht nur ein, sondern mehrere unterlegene Kandidaten einen Anspruch auf Schadensersatz wegen rechtswidrig unterbliebener Beförderung geltend machen können, wenn sie die ernsthafte Möglichkeit einer für sie positiven Auswahlentscheidung darlegen können.

46

Nach diesen Maßstäben geht der Senat im vorliegenden Fall davon aus, dass der Kläger zumindest ernsthafte Beförderungschancen gehabt hätte, wären die Rechtsfehler des Auswahlverfahrens vermieden worden. Zwar ist die ihm erteilte Regelbeurteilung nicht vollkommen widerspruchsfrei, wie das Bundeskanzleramt im Verfahren zu Recht angemerkt hat. Die berechtigten Zweifel an der Schlüssigkeit der Beurteilung sind jedoch nicht derart gravierend, dass die Beurteilung mit der Spitzennote übergangen werden könnte. Fest steht auch, dass der Kläger in allen Besetzungsvorschlägen, in denen mehrere Kandidaten betrachtet worden sind, in die engere Wahl für die Besetzung der zu vergebenden Stelle einbezogen war. Dies ergibt sich sowohl aus der Begründung der Besetzungsvorschläge als auch aus der Reaktion des Bundeskanzleramtes nach Vorlage des ersten Besetzungsvorschlags. Der Umstand, dass ein weiterer Kandidat mit der Spitzennote beurteilt war, ändert daran nichts, da der Kläger nicht den Nachweis erbringen muss, dass allein er für die Besetzung der Stelle in Betracht gekommen wäre. Schließlich hat die Beklagte im Verfahren keine Hinweise vorgelegt, die zur Klärung der Frage beigetragen hätten, welche Auswahlentscheidung bei rechtmäßigem Alternativverhalten getroffen worden wäre. Weder hat sie nachvollziehbar erläutert, aus welchen Gründen der erfolgreiche Kandidat ausgewählt worden ist, noch ist deutlich geworden, warum sie an den in den ersten Besetzungsvorschlägen ausgewählten Kandidaten nicht - etwa durch Nachbesserung dieser Vorschläge - festgehalten oder warum sie sich in jedem Vorschlag gegen den Kläger entschieden hat.

47

4. Der Kläger hat es schließlich nicht schuldhaft unterlassen, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

48

Nach dem Rechtsgedanken des § 839 Abs. 3 BGB kann ein zu Unrecht nicht beförderter Beamter Schadensersatz für diese Verletzung seines aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Bewerbungsverfahrensanspruchs verlangen, wenn er sich bemüht hat, den eingetretenen Schaden dadurch abzuwenden, dass er um gerichtlichen Rechtsschutz gegen die bevorstehende Personalentscheidung nachgesucht hat (Urteil vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 <109 ff.>, stRspr). Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass unterlegenen Kandidaten die Auswahlentscheidung rechtzeitig, d.h. zwei Wochen vor dem vorgesehenen Zeitpunkt der Stellenbesetzung mitgeteilt wird und dass auch während eines laufenden Rechtsschutzverfahrens nach Abschluss einer Instanz jeweils genug Zeit bleibt, die Überprüfung einer nachteiligen Entscheidung, ggf. durch das Bundesverfassungsgericht, einzuleiten. Wird diese Möglichkeit durch den Dienstherrn vereitelt, kann dem Bewerber nicht vorgeworfen werden, er habe es versäumt, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Eine Rechtsschutzvereitelung liegt auch dann vor, wenn der Dienstherr die Ernennung ohne vorherige Mitteilung an die unterlegenen Bewerber vornimmt (Urteil vom 4. November 2010 a.a.O. S. 113).

49

So liegt der Fall hier. Den Akten lässt sich entnehmen, dass die unterlegenen Kandidaten, unter ihnen der Kläger, auf Grund einer ausdrücklichen dienstinternen Anweisung erst unterrichtet worden sind, als der Dienstposten des Leiters der Unterabteilung ... an den ausgewählten Kandidaten vergeben war. Dies stellt eine gezielte Rechtsschutzvereitelung dar. Die Beklagte kann sich, wie bereits ausgeführt, auch nicht darauf berufen, es habe eine ämtergleiche Versetzung vorgelegen, so dass die Möglichkeit des Rechtsschutzes durch die Vergabe des Dienstpostens nicht abgeschnitten worden sei.

50

5. Der Kläger kann verlangen, dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so gestellt zu werden, als sei er am 17. Juli 20.. zum Direktor beim Bundesnachrichtendienst (BBesO B 3) befördert worden. Besoldungsleistungen und die ihm nach dem Eintritt in den Ruhestand zustehende Versorgung sind deshalb so zu berechnen, als sei er seit diesem Zeitpunkt in die Besoldungsgruppe B 3 einzustufen.

51

Soweit der Kläger Prozesszinsen verlangt, ist die Klage hingegen unbegründet. Nach § 291 BGB, der im Verwaltungsprozess entsprechend anwendbar ist (Urteil vom 4. Dezember 2001 - BVerwG 4 C 2.00 - BVerwGE 115, 274), hat der Schuldner eine Geldschuld vom Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen. Dies gilt allerdings nur, sofern die öffentlich-rechtliche Klage unmittelbar auf Leistung einer fälligen Geldforderung gerichtet ist (Beschluss vom 29. Juni 1998 - BVerwG 8 B 64.98 - Buchholz 310 § 90 VwGO Nr. 7). Im vorliegenden Fall liegt der Schwerpunkt des geltend gemachten Anspruchs trotz seiner finanziellen Auswirkungen allerdings nicht auf dem Erlass eines die Zahlung unmittelbar auslösenden Verwaltungsakts (vgl. Beschluss vom 9. Februar 2005 - BVerwG 6 B 80.04 - juris) oder auf einer Leistungsklage auf Zahlung eines fälligen Geldbetrags. Das Begehren des Klägers ist vielmehr auf dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtliche Gleichstellung mit der Rechtsstellung gerichtet, die mit einem ihm verweigerten Statusamt verbunden gewesen wäre. Zahlungsansprüche sind daher nicht Gegenstand, sondern Folge des geltend gemachten Anspruchs.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Eine Beförderung ist, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, frühestens ein Jahr nach der Einstellung oder der letzten Beförderung zulässig, es sei denn, dass der bisherige Dienstgrad nicht regelmäßig durchlaufen werden musste.

(2) Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden ab dem Tag der Einstellung gerechnet oder, falls die Dienstzeit in einem bestimmten Dienstgrad abgeleistet sein muss, ab dem Tag, an dem die Ernennung wirksam geworden ist. Dabei gilt bei einer Einstellung oder Einberufung mit einem höheren als dem untersten Dienstgrad der Mannschaften die Zeit als erfüllt, die nach dieser Verordnung für eine Beförderung zu dem Dienstgrad, mit dem die Soldatin oder der Soldat eingestellt oder einberufen worden ist, erforderlich ist. Bei Soldatinnen oder Soldaten, die vor ihrer Einstellung Dienst als Beamtinnen oder Beamte im Bundesgrenzschutz, in der Bundespolizei oder in einer Bereitschaftspolizei der Länder geleistet haben, wird diese Dienstzeit auf die entsprechenden Dienstzeiten angerechnet, die Voraussetzung für die Beförderungen sind.

(3) Als Dienstzeit gilt auch die Zeit

1.
in einem vorläufigen Dienstgrad, wenn der Soldatin oder dem Soldaten dieser Dienstgrad verliehen worden ist; dies gilt nicht für die Zeit in einem vorläufigen Dienstgrad, den frühere Angehörige der ehemaligen Nationalen Volksarmee auf Anordnung des Bundesministeriums der Verteidigung während des Dienstverhältnisses besonderer Art geführt haben;
2.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge für die Tätigkeit in öffentlichen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen oder zur Übernahme von Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit;
3.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge, der dienstlichen Interessen oder öffentlichen Belangen dient, bis zur Dauer von insgesamt zwei Jahren; die zeitliche Grenze gilt nicht, wenn der Urlaub für eine der folgenden Tätigkeiten erteilt worden ist:
a)
für eine Tätigkeit als wissenschaftliche Assistentin oder wissenschaftlicher Assistent oder als Geschäftsführerin oder Geschäftsführer bei Fraktionen des Deutschen Bundestages oder der Landtage,
b)
für eine Tätigkeit bei der Deutschen Flugsicherung GmbH,
c)
für eine Tätigkeit bei sonstigen Gesellschaften des Bundes oder Gesellschaften mit Bundesbeteiligung oder
d)
für eine Tätigkeit bei Unternehmen, mit denen die Bundeswehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben auf vertraglicher Grundlage zusammenarbeitet;
4.
einer Elternzeit nach § 28 Absatz 7 des Soldatengesetzes sowie eines Urlaubs nach § 28 Absatz 5 des Soldatengesetzes.
Satz 1 Nummer 2 oder 3 ist nur anzuwenden, wenn die Soldatin oder der Soldat Aufgaben wahrnimmt, die ihrem oder seinem Dienstgrad entsprechen. Das Bundesministerium der Verteidigung hat bei Gewährung des Urlaubs schriftlich festzustellen, dass die Voraussetzungen vorliegen.

(4) Bei der Anrechnung von Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden Teilzeitbeschäftigung und Vollzeitbeschäftigung gleich behandelt.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Tatbestand

1

Der Antragsteller begehrt die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes für das Auswahljahr 2015.

2

Der ... Antragsteller ist Soldat auf Zeit. Seine zuletzt auf zwölf Jahre festgesetzte Dienstzeit wird mit Ablauf des 30. Juni 20.. enden. Er ist Angehöriger der Laufbahn der Unteroffiziere mit Portepée in der Marine und gehört der Ausbildungs- und Verwendungsreihe ... an. Er wurde am 3. Oktober 20.. zum Bootsmann, am 3. Oktober 20.. zum Oberbootsmann und zuletzt am 1. Juli 20.. zum Hauptbootsmann ernannt. Seit dem ... ist er auf Bootsmann-Dienstposten eingesetzt. Nach Mitteilung des Bundesministeriums der Verteidigung wird er seit dem 1. April 2014 auf dem Dienstposten eines Marinesicherungsbootsmanns ... verwendet.

3

Zum Vorlagetermin 31. März 2013 erhielt der Antragsteller am 15. März 2013 gemäß Nr. 204 Buchst. a Nr. 1, Buchst. b Satz 1 der damals gültigen ZDv 20/6 seine erste planmäßige Beurteilung als Portepéeunteroffizier.

4

Mit Schreiben vom 25. Juli 2013 beantragte er seine Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes für das Auswahljahr 2014. Er wurde in das Auswahlverfahren 2014 einbezogen. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 7. Mai 2014 lehnte das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr (im Folgenden: Bundesamt für das Personalmanagement) den Zulassungsantrag ab. Es führte zur Begründung aus, dass die Auswahlkonferenz für Offiziere des militärfachlichen Dienstes 2014 in ihrer Sitzung vom 10. Februar 2014 bis zum 15. April 2014 Bewerber bzw. Bewerberinnen für eine Zulassung vorgeschlagen habe, deren Eignungs- und Leistungsbild günstiger als das des Antragstellers gewesen sei. Diese Ablehnungsentscheidung lasse eine erneute Bewerbung des Antragstellers in einem zukünftigen Auswahlverfahren bei Erfüllen aller dann notwendigen Teilnahmevoraussetzungen unberührt.

5

Mit Beschluss vom 17. Dezember 2013 - BVerwG 1 WB 51.12 - hatte das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass das Aufrufen einzelner Geburtsjahrgänge kein dem Grundsatz der Bestenauslese im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG und des § 3 Abs. 1 SG genügendes Auswahlkriterium für die Bewerberauswahl bei der Zulassung von Feldwebeln zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes darstelle. Im Hinblick auf diese Rechtsprechung änderte das Bundesministerium der Verteidigung seinen Erlass zur Auswahl von Feldwebeln für die Zulassung zu dieser Laufbahn, der auf den jeweiligen Geburtsjahrgang der Bewerber abgestellt und für die Teilnahme am Auswahlverfahren unter anderem das Vorliegen einer planmäßigen Beurteilung als Feldwebel verlangt hatte ("Richtlinie für die Auswahl von Feldwebeln für die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes" vom 19. Dezember 2008). Erstmals geltend für das Auswahljahr 2015 erließ das Bundesministerium der Verteidigung die ZDv A-1340/75 ("Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes"), nach deren Nr. 201 nunmehr das Vorliegen von zwei planmäßigen Beurteilungen als Portepéeunteroffizier Teilnahmevoraussetzung für das Auswahlverfahren ist. Diese Anforderung wird in Nr. 3.2.1 der "Grundsätzlichen Anweisung und Information der Abteilung IV des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr für das Auswahljahr 2015" (GAIP 2015) wiederholt.

6

Unter dem 22. Juli 2014 beantragte der Antragsteller seine Zulassung zu der in Rede stehenden Laufbahn im Auswahljahr 2015. Den Antrag lehnte das Bundesamt für das Personalmanagement mit dem angefochtenen Bescheid vom 22. Juni 2015 ab. Es legte zur Begründung dar, dass nach Nr. 3.2.1 GAIP 2015 nur die Portepéeunteroffiziere in das Auswahlverfahren einbezogen würden, bei denen mindestens zwei planmäßige Beurteilungen als Feldwebel/Bootsmann bis zum 30. September des Antragsjahres zu erstellen bzw. beim Bundesamt für das Personalmanagement vorzulegen gewesen wären. Diese Voraussetzung habe der Antragsteller nicht erfüllt.

7

Hiergegen legte der Antragsteller mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 12. August 2015 Beschwerde ein und machte im Wesentlichen geltend, dass das Erfordernis zweier planmäßiger Beurteilungen ihm erst seit September 2014 bekannt gewesen sei. Damit habe für ihn keine Möglichkeit mehr bestanden, die zweite Beurteilung vorziehen zu lassen. Infolge der neugeregelten Anforderung einer zweiten planmäßigen Beurteilung entstehe ihm für die angestrebte Laufbahn ein Zeitverlust von zwei Jahren, bis er sich wieder bewerben könne. Man hätte ihm die Möglichkeit einer zweiten Beurteilung, möglicherweise in Gestalt einer Sonderbeurteilung, eröffnen müssen, weil er über ein sehr gutes Leistungsbild verfüge. Außerdem äußerte sich der Antragsteller in der Beschwerde zu der von ihm parallel angestrebten Umwandlung seines Dienstverhältnisses als Soldat auf Zeit in das eines Berufssoldaten.

8

Die Beschwerde wies das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - mit Bescheid vom 7. Oktober 2015 zurück. Zur Begründung erklärte es, nach Nr. 201 ZDv A-1340/75 sei für die Teilnahmeberechtigung am Auswahlverfahren 2015 das Vorliegen zweier planmäßiger Beurteilungen als Portepéeunteroffizier unabdingbar. Diese Voraussetzung erfülle der Antragsteller nicht. Für Soldatinnen und Soldaten, die nur über eine planmäßige Beurteilung als Portepéeunteroffizier verfügten und in ihrer Dienstzeit keine weitere planmäßige Beurteilung erhielten, ermögliche das Bundesamt für das Personalmanagement mindestens eine Teilnahme am Auswahlverfahren, z.B. durch Anforderung einer Sonderbeurteilung. Auch dieser Bedingung entspreche der Antragsteller, der überdies bereits am Auswahlverfahren 2014 teilgenommen habe, nicht. Ein Anspruch auf Erstellung einer Sonderbeurteilung von Amts wegen bestehe nicht. Vielmehr werde der Antragsteller zum 30. September 2015 seine nächste planmäßige Beurteilung als zweite Anlassbeurteilung erhalten, sodass ihm dann die Teilnahme am Auswahlverfahren für Offiziere des militärfachlichen Dienstes im Auswahljahr 2016 eröffnet sein werde.

9

Gegen diesen Beschwerdebescheid, der den Bevollmächtigten des Antragstellers am 8. Oktober 2015 und dem Antragsteller am 15. Dezember 2015 eröffnet wurde, beantragte der Antragsteller am 6. November 2015 und erneut am 15. Januar 2016 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Den Antrag hat das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - mit seiner Stellungnahme vom 20. Januar 2016 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

10

Zur Begründung seines Rechtsschutzbegehrens vertieft der Antragsteller sein Beschwerdevorbringen und lässt ergänzend insbesondere vortragen:

Für ihn sei die Teilnahme am Auswahlverfahren für Offiziere des militärfachlichen Dienstes in den Jahren 2014 und 2015 verhindert worden. Dabei sei unberücksichtigt geblieben, dass Art. 33 Abs. 2 GG auch für Ämter der Bundeswehr und insbesondere für die Zulassung zu der hier strittigen Laufbahn gelte. Ablehnungsgründe könnten daher nur auf den Leistungsgrundsatz gestützt werden. Er habe einen Einstellungsanspruch. Die Einschränkung seiner Teilnahmemöglichkeit verletze seine Rechte aus Art. 33 Abs. 2 GG. Die Anforderung einer zweiten planmäßigen Beurteilung als Feldwebel gehöre nicht zu den unmittelbar leistungsbezogenen Gesichtspunkten, die für die Auswahl für die angestrebte Laufbahn maßgeblich seien. Darüber hinaus sei die bei Auswahlentscheidungen einzuhaltende Dokumentationspflicht nicht hinreichend erfüllt worden.

11

Der Antragsteller beantragt,

den Bescheid des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 22. Juni 2015 in der Gestalt der Entscheidung des Bundesministeriums der Verteidigung vom 7. Oktober 2015 aufzuheben und das Bundesministerium der Verteidigung zu verpflichten, ihn gemäß § 40 SLV zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes für das Auswahljahr 2015 zuzulassen.

12

Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

13

Es verteidigt den Inhalt des Beschwerdebescheids und unterstreicht, dass sämtliche Ausführungen des Antragstellers zum Auswahlverfahren für Berufssoldaten im vorliegenden Verfahren ins Leere gingen.

14

Der Antragsteller hat sich für die Auswahljahre 2014 und 2015 um die Umwandlung seines Dienstverhältnisses in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten beworben. Bei dem ... Verwaltungsgericht war insoweit für das Auswahljahr 2014 das (inzwischen erledigte) Klageverfahren 12 A ... und ist für das Auswahljahr 2015 das Klageverfahren 12 A ... anhängig.

15

Der Antragsteller hat im Dienstgrad Hauptbootsmann am 17. August 2015 zum Vorlagetermin 30. September 2015 eine weitere planmäßige Beurteilung erhalten.

16

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministeriums der Verteidigung - R II 2 - 1319/15 - und die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

Entscheidungsgründe

17

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.

18

1. Streitgegenstand des Verfahrens ist die Zulassung des Antragstellers zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes im Auswahljahr 2015. Darauf beziehen sich ausdrücklich sein Zulassungsantrag vom 22. Juli 2014, der Inhalt der beiden angefochtenen Bescheide sowie der vom Antragsteller im gerichtlichen Verfahren mit anwaltlichen Schriftsätzen vom 6. November 2015, vom 15. Januar 2016 und vom 25. Februar 2016 gestellte Sachantrag.

19

Verfahrensgegenstand ist hingegen nicht die von ihm angestrebte Umwandlung seines Dienstverhältnisses als Soldat auf Zeit in das eines Berufssoldaten. Darauf bezogene statusrechtliche Streitigkeiten gehören nicht in die Zuständigkeit der Wehrdienstgerichte. Das ergibt sich aus § 82 Abs. 1 SG, § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO und § 39 SG. Für das Auswahljahr 2014 war und für das Auswahljahr 2015 ist beim ... Verwaltungsgericht jeweils ein entsprechendes Klageverfahren anhängig (Verfahren 12 A ... und Verfahren 12 A ...). Das umfangreiche Vorbringen des Antragstellers zu diesem Statuswechsel und die insoweit insbesondere im anwaltlichen Schriftsatz vom 17. November 2016 gestellten Beweisanträge hat der Senat deshalb außer Betracht zu lassen.

20

2. Der auf das Auswahljahr 2015 bezogene Antrag ist zulässig.

21

Der Zulässigkeit steht insbesondere nicht entgegen, dass der nach Nr. 932 ZDv 20/7 bzw. nunmehr nach Nr. 1027 ZDv A-1340/49 ("Beförderung, Einstellung, Übernahme und Zulassung von Soldatinnen und Soldaten") für das Antragsbegehren maßgebliche Zulassungstermin 1. Oktober 2015 bereits verstrichen ist. Der Rechtsstreit hat sich dadurch nicht in der Hauptsache erledigt, weil eine rückwirkende Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes rechtlich zulässig ist und nach der Praxis des Bundesministeriums der Verteidigung aufgrund einer Ausnahmegenehmigung noch erfolgen könnte, wenn der Zulassungsantrag in der Sache erfolgreich wäre (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 17. Dezember 2013 - 1 WB 51.12 - Buchholz 449 § 3 SG Nr. 67 = juris Rn. 19 und vom 24. November 2016 - 1 WB 13.16 - juris Rn. 20). Gegenteiliges hat das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - im vorliegenden Verfahren nicht geltend gemacht.

22

3. Der Antrag ist jedoch unbegründet.

23

Der Ablehnungsbescheid des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 22. Juni 2015 und der Beschwerdebescheid des Bundesministeriums der Verteidigung vom 7. Oktober 2015 sind rechtmäßig und verletzen den Antragsteller nicht in seinen Rechten. Dieser hat keinen Anspruch auf Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes im Auswahljahr 2015. Er kann insoweit - als hilfsweise zu betrachtendes Antragsbegehren - auch keine erneute Bescheidung verlangen. Der Antragsteller ist ohne Verstoß gegen seinen Bewerbungsverfahrensanspruch nicht als Bewerber in das Auswahlverfahren 2015 einbezogen worden.

24

a) Ein Soldat bzw. eine Soldatin hat keinen Anspruch auf eine bestimmte örtliche oder fachliche Verwendung. Das gilt auch für die Entscheidung über die Zulassung zu einer Offizierslaufbahn bzw. über einen Laufbahnwechsel im Wege der Übernahme (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 21. Juli 2011 - 1 WB 46.10 - Rn. 31 § 6 slv 2002 nr. 5> und vom 30. Januar 2014 - 1 WB 1.13 - Buchholz 449.2 § 6 SLV 2002 Nr. 6 Rn. 22). Über die Verwendung eines Soldaten entscheidet der zuständige Vorgesetzte bzw. die zuständige personalbearbeitende Stelle nach pflichtgemäßem Ermessen. Diese Ermessensentscheidung kann vom Wehrdienstgericht gemäß § 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 114 VwGO nur auf Ermessensfehler überprüft werden. Die gerichtliche Überprüfung richtet sich auch darauf, ob die vom Bundesministerium der Verteidigung im Wege der Selbstbindung in Verwaltungsvorschriften (wie z.B. Erlassen oder Richtlinien) festgelegten Maßgaben und Verfahrensvorschriften eingehalten sind (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 27. Februar 2003 - 1 WB 57.02 - BVerwGE 118, 25 <27>).

25

Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die Zulassung als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes sind § 40 Abs. 1 SLV sowie für das hier in Rede stehende Auswahljahr 2015 Kap. 9 ZDv A-1340/49 ("Beförderung, Einstellung, Übernahme und Zulassung von Soldatinnen und Soldaten") i.V.m. der ZDv A-1340/75 ("Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes"). Nach § 40 Abs. 1 SLV und Nr. 901 ZDv A-1340/49 steht die Zulassung im Ermessen des Bundesministeriums der Verteidigung und setzt Bedarf und Eignung des Bewerbers voraus. Die Auswahl erfolgt gemäß Nr. 905 ZDv A-1340/49 nach der ZDv A-1340/75 sowie nach der für das Auswahljahr 2015 erlassenen "Grundsätzlichen Anweisung und Information der Abteilung IV des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr" (GAIP 2015). Ziel des Auswahlverfahrens ist es, unter Berücksichtigung der streitkräftegemeinsamen Bedarfsträgerforderungen den aus dem jeweils gültigen Personalstrukturmodell und der Soll-Organisation der Bundeswehr abgeleiteten Bedarf der Bundeswehr an Offizieren des militärfachlichen Dienstes durch Bestenauslese nach Eignung, Befähigung und Leistung bei größtmöglicher Chancengerechtigkeit optimal zu decken (Nr. 102 ZDv A-1340/75).

26

Zusätzlich ist im Rahmen der hier streitigen Laufbahnzulassung der aus Art. 33 Abs. 2 GG folgende Bewerbungsverfahrensanspruch von Bewerbern um ein öffentliches Amt auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl zu berücksichtigen. § 3 Abs. 1 SG übernimmt die Grundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG in das Dienstverhältnis der Soldaten und erstreckt sie über Ernennungen hinaus ausdrücklich auf Verwendungsentscheidungen. Der Senat hat deshalb einen dem Beamtenrecht entsprechenden Bewerbungsverfahrensanspruch auch für soldatenrechtliche Konkurrenzverhältnisse anerkannt (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 27. Februar 2014 - 1 WB 7.13 - BVerwGE 149, 153 Rn. 27 m.w.N.), wenn es sich um Konkurrentenstreitigkeiten um höherwertige Verwendungen auf bestimmten Dienstposten handelt. Dieser Grundsatz der sogenannten Bestenauslese aus Art. 33 Abs. 2 GG und aus § 3 Abs. 1 SG ist ebenso bei Entscheidungen über einen Laufbahnaufstieg (BVerfG, Kammerbeschluss vom 10. Dezember 2008 - 2 BvR 2571/07 - NVwZ 2009, 389 = juris Rn. 10) und bei Entscheidungen zu beachten, die - wie hier - die Zulassung zu einer höheren Laufbahn betreffen (stRspr, z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 28. Oktober 2008 - 1 WB 32.08 - Rn. 25, vom 21. Juli 2011 - 1 WB 46.10 - Rn. 37 und vom 28. April 2015 - 1 WB 45.14 - Rn. 29; abgrenzend in Fällen eines "horizontalen Laufbahnwechsels": BVerwG, Beschluss vom 30. Januar 2014 - 1 WB 1.13 - Buchholz 449.2 § 6 SLV 2002 Nr. 6 Rn. 33 f.).

27

b) Nach Nr. 201 ZDv A-1340/75 können Soldatinnen und Soldaten, die einer Laufbahn der Feldwebel angehören, ihre Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes beantragen oder von ihren beurteilenden oder stellungnehmenden Vorgesetzten vorgeschlagen werden; teilnahmeberechtigt am Auswahlverfahren sind alle Soldatinnen und Soldaten in einer Laufbahn der Feldwebel nach Vorliegen von zwei planmäßigen Beurteilungen als Portepéeunteroffizier. In Fußnote 4 zu dieser Regelung ist festgelegt, dass planmäßige Beurteilungen nach Nr. 204 Buchst. a ZDv 20/6 und Sonderbeurteilungen, die eine planmäßige Beurteilung ersetzen (Nr. 206 Buchst. a ZDv 20/6), mit eingeschlossen sind; Soldatinnen und Soldaten, die nur über eine planmäßige Beurteilung als Portepéeunteroffizier verfügen und in ihrer Dienstzeit keine weitere planmäßige Beurteilung erhalten, ist durch das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr die Möglichkeit mindestens einer Teilnahme am Auswahlverfahren während ihrer Dienstzeit, z.B. durch Anforderung einer Sonderbeurteilung, zu ermöglichen.

28

Die GAIP 2015 bestimmt in Nr. 3.2, dass in das Auswahlverfahren nur die Portepéeunteroffiziere einbezogen werden, für die zwei planmäßige Beurteilungen vorliegen, von denen die letzte planmäßige Beurteilung zum 30. Juni 2015 nicht älter als zwei Jahre ist. Nach Nr. 3.2.1 GAIP 2015 besteht die Möglichkeit zur Teilnahme am Auswahlverfahren ausschließlich bei Vorliegen von mindestens zwei planmäßigen Beurteilungen als Portepéeunteroffizier. Eine Sonderbeurteilung ist nur dann zu erstellen, wenn der Vorlagetermin der letzten dieser beiden planmäßigen Beurteilungen am 30. Juni 2015 länger als 24 Monate zurückliegt.

29

c) Die auf diesen Vorschriften basierende Ablehnungsentscheidung des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr in der Fassung des Beschwerdebescheids des Bundesministeriums der Verteidigung ist rechtlich nicht zu beanstanden und enthält insbesondere keine Ermessensfehler.

30

aa) Für die getroffene Ablehnungsentscheidung konnten die Regelungen der ZDv A-1340/75 und der GAIP für das Auswahljahr 2015 als Rechtsgrundlagen herangezogen werden. Das hier strittige Zulassungskriterium im Auswahlverfahren für die Zulassung als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes bedurfte keiner normativen Regelung im Soldatengesetz bzw. in der Soldatenlaufbahnverordnung.

31

Nach § 27 Abs. 1 SG und § 93 Abs. 1 Nr. 2 SG werden Vorschriften über die Laufbahnen der Soldaten nach den Grundsätzen des § 27 Abs. 2 bis Abs. 6 SG durch Rechtsverordnung der Bundesregierung erlassen. Diese Verordnungsermächtigung trägt dem Vorbehalt des Gesetzes gemäß Art. 80 Abs. 1 GG in dem erforderlichen Umfang Rechnung (ebenso - auch zum Folgenden - für Offizier-Laufbahnwechsel: BVerwG, Beschluss vom 21. Juli 2011 - 1 WB 46.10 - Buchholz 449.2 § 6 SLV 2002 Nr. 5 Rn. 45, 46). Gemäß Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetz bestimmt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es nicht erforderlich, dass die Ermächtigung in ihrem Wortlaut so genau wie nur irgend möglich formuliert und gefasst ist; sie hat von Verfassungs wegen hinreichend bestimmt zu sein. Danach kann zur Klärung von Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung der Sinnzusammenhang der Norm mit anderen Bestimmungen und das von der gesetzlichen Regelung insgesamt verfolgte Ziel (auch unter Heranziehung der Entstehungsgeschichte) der Norm berücksichtigt werden. Die Bestimmtheitsanforderungen im Einzelnen sind von den Besonderheiten des jeweiligen Regelungsgegenstandes sowie der Intensität der Maßnahme abhängig; geringere Anforderungen sind vor allem bei vielgestaltigen Sachverhalten zu stellen oder wenn zu erwarten ist, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse alsbald ändern werden (BVerfG, Beschluss vom 20. Oktober 1981 - 1 BvR 640/80 - BVerfGE 58, 257 <277 f.>).

32

Die Verordnungsermächtigung in § 27 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 bis Abs. 6 SG, auf deren Grundlage die Soldatenlaufbahnverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. August 2011 (BGBI I S. 1813), insoweit zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 5 des Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes vom 8. April 2013 (BGBl I S. 730), durch die Bundesregierung erlassen worden ist, begegnet bei Anlegung dieser Maßstäbe keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. § 27 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 bis Abs. 6 SG legt Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung für die Regelungen der Laufbahnen der Soldaten in der Soldatenlaufbahnverordnung fest. Der Inhalt der Ermächtigung erstreckt sich auf die Verwirklichung des Laufbahnprinzips im soldatischen Dienstrecht. Das Laufbahnprinzip gibt dem in Art. 33 Abs. 2 GG festgelegten Grundsatz der Bestenauslese für Soldaten insoweit Konturen, als es von den Bewerbern, die für bestimmte soldatische Verwendungsbereiche nach ihrer zivilen Vor- und Ausbildung ausgewählt worden sind, regelmäßig weitere militärisch geprägte Ausbildungsmaßnahmen verlangt, die zur Erlangung der Laufbahnbefähigung in der jeweiligen Laufbahn - und ggf. vor Beförderungen - erfolgreich abgeschlossen werden müssen (Eichen in: Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 3. Auflage, 2016, § 27 Rn. 9). Hinsichtlich des Zwecks und des Ausmaßes der Ermächtigung dokumentiert § 27 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 SG hinreichend deutlich, dass der Zugang zu den Laufbahnen der Unteroffiziere und der Offiziere vorrangig den Regelbewerbern eröffnet sein soll, deren Verwendung und Werdegangsgestaltung sich in der Laufbahn vollzieht, für die sie eingestellt und ausgebildet werden. Außerdem ermöglicht die Ermächtigung in § 27 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 SG für die Laufbahnen der Offiziere die Laufbahnzulassung in Gestalt des vertikalen Laufbahnwechsels (Begriff bei Dolpp/Weniger, Soldatenlaufbahnverordnung, 7. Auflage 2009, § 6 Rn. 609) durch den Aufstieg aus den Laufbahnen der Unteroffiziere in die Laufbahnen der Offiziere. Speziell ermöglicht die Ermächtigung in § 27 Abs. 1 i.V.m. Abs. 6 Satz 2 SLV den Aufstieg in die Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes (ebenso: Walz/Eichen/Sohm, SG, 3. Aufl. 2016, § 27 Rn. 29). Die wesentlichen Regelungen für den Zugang zur Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes sind in § 3 SLV i.V.m. § 23 ff. SLV für Regelbewerber und in § 29 SLV für Aufstiegsbewerber im Truppendienst sowie in § 40 SLV für Aufstiegsbewerber zum militärfachlichen Dienst aus den Laufbahnen der Unteroffiziere getroffen worden. § 40 Abs. 1 SLV schreibt als reguläre Voraussetzungen für die Zulassung das Zeugnis über den erfolgreichen Abschluss einer Realschule oder einen als gleichwertig anerkannten Bildungsstand und mindestens den Dienstgrad Feldwebel vor.

33

Einer weitergehenden normativen Regelung bedurfte der hier in Rede stehende vertikale Laufbahnwechsel hinsichtlich der strittigen Frage der Heranziehung von (planmäßigen) Beurteilungen für das Auswahlverfahren nicht.

34

Nach § 3 Abs. 1 SG ist ein Soldat nach Eignung, Leistung und Befähigung zu verwenden. Eine derartige Verwendung ist auch der Eintritt als Anwärter in die hier in Rede stehende Laufbahn und die Teilnahme an der Ausbildung der Offizieranwärter für den militärfachlichen Dienst. Als elementares Instrument des Nachweises der Eignung, Leistung und Befähigung ist - normativ - in § 2 Abs. 1 SLV die dienstliche Beurteilung in Gestalt einer planmäßigen Beurteilung oder einer Anlassbeurteilung festgelegt. § 2 Abs. 2 SLV fixiert - ebenfalls normativ - als zwingenden Inhalt der Beurteilungen, dass die Leistungen der Soldatinnen und Soldaten nachvollziehbar darzustellen sowie Eignung und Befähigung für künftige Verwendungen einzuschätzen sind.

35

Dass (planmäßige) Beurteilungen ein nicht nur zulässiges, sondern notwendiges Kriterium im Auswahlverfahren für die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes darstellen, folgt mithin unmittelbar aus den normativen Bestimmungen der Soldatenlaufbahnverordnung.

36

bb) Der Antragsteller erfüllte für das Auswahljahr 2015 nicht die Voraussetzungen der Nr. 201 ZDv A-1340/75 und der Nr. 3.2.1 GAIP 2015.

37

Er verfügte bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der Vorlage der vollständigen Bewerbungsunterlagen am 1. Oktober 2014 (Nr. 4 GAIP 2015) lediglich über eine planmäßige Beurteilung als Portepéeunteroffizier. Diese hatte er nach seinem erstmaligen Dienstantritt am 4. Oktober 2011 auf einem Bootsmann-Dienstposten gemäß Nr. 204 Buchst. a Nr. 1, Buchst. b Satz 1 der damals gültigen ZDv 20/6 zum Vorlagetermin 31. März 2013 anlassbezogen erhalten. Bis zu dem genannten Bewerbungs-Stichtag hatte er keinen Anspruch auf Erstellung einer zweiten planmäßigen Beurteilung oder einer Sonderbeurteilung. Das hat das Bundesministerium der Verteidigung innerhalb seiner umfassenden Kontrollkompetenz (§ 13 WBO) unter Berücksichtigung der Aspekte des Einzelfalls des Antragstellers im Beschwerdebescheid, in dessen Gestalt die Ablehnungsentscheidung des Bundesamts für das Personalmanagement gerichtlich zu überprüfen ist (vgl. § 23 a Abs. 2 WBO in Verbindung mit § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), erörtert und ohne Rechtsfehler festgestellt.

38

Bis zum 1. Oktober 2014 wäre für den Antragsteller nach Nr. 204 Buchst. c (der auch im Jahr 2014 noch gültigen) ZDv 20/6 die nächstfolgende planmäßige Beurteilung nur dann zu erstellen gewesen, wenn zwischen zwei Vorlageterminen nach Nr. 203 Buchst. a (30. September der Jahre mit ungerader Endziffer) oder - für den Antragsteller maßgeblich - zwischen dem resultierenden Vorlagetermin nach Nr. 204 Buchst. a Nr. 1 (hier: 31. März 2013) und dem nächsten Vorlagetermin nach Nr. 203 Buchst. a (hier: 30. September 2013) ein Zeitraum vom mindestens zwölf Monaten gelegen hätte. Diese Bedingung war beim Antragsteller nicht erfüllt.

39

Der reguläre Vorlagetermin planmäßiger Beurteilungen nach Nr. 203 Buchst. a ZDv 20/6 für Portepéeunteroffiziere im Dienstgrad Hauptbootsmann/Stabsbootsmann (hier: 30. September 2014) galt für den Antragsteller als Oberbootsmann im Jahr 2014 noch nicht.

40

Eine Sonderbeurteilung nach Fußnote 4 zu Nr. 201 Satz 2 ZDv A-1340/75 war für den Antragsteller nicht zu erstellen, weil er bis zum Ende seiner Dienstzeit noch mindestens eine weitere planmäßige Beurteilung erhält (und inzwischen erhalten hat). Der Schutzzweck der Vorschrift in Fußnote 4, die eine ähnliche Zielrichtung verfolgt wie die "Erstbewerberregelung" in der früheren Erlasslage, trifft überdies auf die Situation des Antragstellers nicht zu, weil dieser bereits an einem vorangegangenen Auswahlverfahren (im Auswahljahr 2014) teilgenommen hat.

41

Auch nach Nr. 3.2.1 GAIP 2015 (2. Absatz) war für ihn keine Sonderbeurteilung zu fertigen. Diese Vorschrift bezieht sich nach ihrem eindeutigen Wortlaut ("der letzten dieser beiden planmäßigen Beurteilungen") nur auf Fälle, in denen ein Laufbahnbewerber bereits zwei planmäßige Beurteilungen als Portepéeunteroffizier erhalten hat und der Vorlagetermin der zweiten Beurteilung am 30. Juni 2015 länger als 24 Monate zurückliegt. Der Wortlaut der Bestimmung ermöglicht nicht eine Sonderbeurteilung bei Vorliegen nur einer planmäßigen Beurteilung als Portepéeunteroffizier, deren Vorlage länger als 24 Monat zurückliegt. Eine vom Wortlaut abweichende Verwaltungspraxis haben die Verfahrensbeteiligten nicht geltend gemacht.

42

Ferner hatte der Antragsteller keinen Anspruch darauf, die ihm im Jahr 2015 zu erteilende zweite planmäßige Beurteilung vorziehen zu lassen. Für ein Vorziehen der Beurteilung aus dem Jahr 2015 zum 30. September 2014 waren die zeitlichen und materiellen Voraussetzungen der Nr. 203 Buchst. d oder Buchst. g ZDv 20/6 (bzw. ZDv A-1340/50) nicht erfüllt.

43

Schließlich ergab sich bis zum 1. Oktober 2014 für den Antragsteller kein Anspruch auf Erteilung einer Sonderbeurteilung unmittelbar aus § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SLV. Der in dieser Norm enthaltene Begriff der "Erforderlichkeit" einer Sonderbeurteilung kann sich nach der Rechtsprechung des Senats auf die Vorbereitung konkreter Verwendungs- oder Personalentscheidungen durch die personalbearbeitende Stelle beziehen; dabei sind die aus dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG resultierenden Anforderungen mit zu berücksichtigen (BVerwG, Beschluss vom 26. Februar 2015 - 1 WB 32.14 - juris Rn. 42). Diese Rechtsprechung hat das Bundesministerium der Verteidigung im Beschwerdebescheid bei der Prüfung der Frage, ob im Einzelfall des Antragstellers eine weitere (planmäßige oder Sonder-) Beurteilung zu erstellen gewesen wäre, ausdrücklich zitiert und berücksichtigt. Bei ihren Vorbereitungshandlungen für das Auswahlverfahren des Jahres 2015 war die personalbearbeitende Stelle an Art. 3 Abs. 1 GG gebunden, der sie bei der Anwendung der ZDv A-1340/75, der GAIP 2015 und der Beurteilungsbestimmungen der ZDv 20/6 zur Gleichbehandlung der Bewerber bzw. der für den Laufbahnwechsel vorgeschlagenen Soldaten verpflichtete; sie war nicht verpflichtet, allein dem Antragsteller außerhalb der Erlasslage durch eine Sonderbeurteilung die Basis für seine Teilnahmeberechtigung zu verschaffen. Nichts anderes folgt aus dem Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers. Dieser Anspruch verpflichtet die personalbearbeitende Stelle zur Gleichbehandlung der Bewerber innerhalb des Auswahlverfahrens, bietet aber keine Rechtsgrundlage dafür, einem einzelnen Bewerber außerhalb der maßgeblichen Verfahrensregelungen einen individuellen Vorteil für die Teilnahme am Auswahlverfahren zu eröffnen.

44

cc) Hinsichtlich der im Ermessen des Bundesministeriums der Verteidigung stehenden Entscheidung über die Zulassung zur strittigen Laufbahn gelten für das Auswahlverfahren mit der Anforderung von zwei planmäßigen Beurteilungen als Portepéeunteroffizier die Rechtsgrundsätze, die der 2. Revisionssenat des Bundesverwaltungsgerichts entwickelt hat und die auf die strittige Laufbahnzulassung im militärischen Bereich übertragen werden können.

45

Hiernach steuert der Dienstherr den Zugang zu einem Aufstiegsverfahren nach seinem Eignungsurteil und seinem personalpolitischen Ermessen. Ihm ist eine gerichtlich nur beschränkt nachprüfbare Beurteilungsermächtigung für die Frage eingeräumt, ob und gegebenenfalls in welchem Maße ein Beamter die über die Anforderungen der bisherigen Laufbahn wesentlich hinausgehende Eignung für den Aufstieg besitzt bzw. erwarten lässt, ferner eine weitere Ermessensermächtigung hinsichtlich der Frage, wie viele und welche der als geeignet erscheinenden Beamten zum Aufstieg zugelassen werden. Der Beamte kann andererseits beanspruchen, dass über seine vorgeschlagene oder beantragte Zulassung zum Aufstiegsverfahren ohne Rechtsfehler entschieden wird und von praktizierten ermessensbindenden Richtlinien nicht zu seinem Nachteil grundlos abgewichen wird (BVerwG, Urteile vom 27. Mai 1982 - 2 A 1.79 - Buchholz 232.1 § 33 Nr. 1 und vom 22. September 1988 - 2 C 35.86 - BVerwGE 80, 224 f. = juris Rn. 19, 20).

46

Dieses weitgefasste personalpolitische Ermessen im Rahmen der Beurteilungsermächtigung erstreckt sich auch auf die Frage, welche Bewerber für das Auswahlverfahren antragsberechtigt sein sollen.

47

dd) Die Beschränkung des Bewerberkreises für das Auswahlverfahren zur Zulassung als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes auf Soldaten mit zwei planmäßigen Beurteilungen als Portepéeunteroffizier ist sachgerecht und überschreitet die Grenzen der vorgenannten Beurteilungsermächtigung nicht.

48

Mit der planmäßigen Beurteilung muss nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SLV das Eignungs- und Leistungsbild des beurteilten Soldaten über einen längeren Zeitraum ("Abstände") hinweg betrachtet werden. Sinn dieser Regelung ist, dass die planmäßige Beurteilung nicht die Qualitäten des beurteilten Soldaten nur in kurzfristigen Dienstleistungen oder Einsätzen abbilden soll. Sie soll mithin keine Momentaufnahme liefern, sondern vielmehr das kontinuierlich über einen längeren Abstand gezeigte, ggf. gefestigte oder auch schwankende Eignungs- und Leistungsbild des Soldaten dokumentieren. Als regulären "Abstand" definiert die aufgrund der Ermächtigung in § 2 Abs. 1 Satz 2 SLV erlassene ZDv 20/6 (seit Februar 2015 die ZDv A-1340/50 "Beurteilungen der Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr") in Nr. 203 Buchst. a und Nr. 406 den Beurteilungszeitraum, der grundsätzlich zwei Jahre umfasst. Ein Soldat, der die normative Voraussetzung des § 40 Abs. 1 Nr. 2 SLV ("mindestens den Dienstgrad eines Feldwebels") erfüllt, erhält erstmals eine planmäßige Beurteilung als Feldwebel gemäß Nr. 204 Buchst. a Nr. 1 ZDv 20/6 bzw. ZDv A-1340/50 schon nach zwölfmonatiger Wahrnehmung der Funktionen eines seinem Dienstgrad entsprechenden Dienstpostens als anlassbezogene planmäßige Beurteilung. Vor dem Hintergrund der Bedeutung der Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes, die für den Bewerber einen Statuswechsel und die Eröffnung zahlreicher höherwertiger Dienstposten ermöglicht, ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Bundesministerium der Verteidigung für eine solide und tragfähige Ermittlung des Eignungs- und Leistungsbildes des Bewerbers als Teilnahmevoraussetzung eine zweite planmäßige Beurteilung verlangt. Denn mit der ersten anlassbezogenen planmäßigen Beurteilung nach Nr. 204 Buchst. a Nr. 1 ZDv 20/6 (bzw. ZDv A-1340/50) wird per definitionem nicht der reguläre Beurteilungszeitraum von zwei Jahren abgedeckt.

49

ee) Auf die bisherige Erlasslage und deren Beibehaltung hinsichtlich der Anforderung von lediglich einer planmäßigen Beurteilung als Portepéeunteroffizier kann sich der Antragsteller nicht berufen.

50

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann eine durch Verwaltungsvorschriften vorgenommene Ermessensbindung jederzeit aus sachgerechten Erwägungen für die Zukunft geändert werden. In gleicher Weise kann eine Ermessensbindung in Gestalt einer rein tatsächlichen Verwaltungspraxis - ohne Verstoß gegen Vertrauensschutzaspekte - aus sachgerechten Erwägungen für die Zukunft geändert werden, auch wenn die Betroffenen gegenüber der bisherigen Praxis benachteiligt werden (stRspr, vgl., z.B. BVerwG, Beschluss vom 26. Juni 2007 - 1 WB 12.07 - Buchholz 449.2 § 40 SLV 2002 Nr. 3 Rn. 29 m.w.N.).

51

ff) Die Anforderung des Vorliegens von zwei planmäßigen Beurteilungen als Portepéeunteroffizier im Rahmen der Teilnahmevoraussetzungen für das Auswahlverfahren steht auch im Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG.

52

Hiernach stellen Beurteilungen ein klassisches leistungsbezogenes Auswahlkriterium dar, das einem Bewerber als Erfordernis für ein Verfahren, in dem der Bewerbungsverfahrensanspruch gilt, entgegengehalten werden kann.

53

gg) Soweit der Antragsteller geltend macht, er habe erst im September 2014 Kenntnis von der geänderten Erlasslage erlangt, ist hieraus ein Verstoß gegen geschützte Rechte in seiner Person nicht erkennbar. Auch bei einer früheren Kenntnisnahme hätte er nach den obigen Ausführungen keinen Anspruch auf eine zweite planmäßige Beurteilung oder auf eine Sonderbeurteilung oder auf ein Vorziehen seiner Beurteilung aus dem Jahr 2015 gehabt.

54

hh) Ohne Erfolg macht der Antragsteller geltend, dass ihm durch die neue Erlassregelung zwei Jahre lang eine Teilnahmemöglichkeit am Auswahlverfahren vorenthalten werde. Er hat am Auswahlverfahren 2014 teilgenommen. Er hat im August 2015 eine zweite planmäßige Beurteilung als Portepéeunteroffizier erhalten und konnte sich damit bereits für das Auswahljahr 2016 erneut bewerben.

55

Abschließend weist der Senat darauf hin, dass die Rüge des Antragstellers bezüglich einer unzureichend eingehaltenen Dokumentationspflicht fehl geht. Diese Pflicht besteht nur bei Auswahlentscheidungen für höherwertige Verwendungen. Zu einer Auswahlentscheidung der Auswahlkonferenz ist es im Fall des Antragstellers - ohne Rechtsfehler - jedoch gar nicht erst gekommen, weil er die Teilnahmevoraussetzungen für das Auswahljahr 2015 nicht erfüllte.

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

(1) Eine Beförderung ist, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, frühestens ein Jahr nach der Einstellung oder der letzten Beförderung zulässig, es sei denn, dass der bisherige Dienstgrad nicht regelmäßig durchlaufen werden musste.

(2) Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden ab dem Tag der Einstellung gerechnet oder, falls die Dienstzeit in einem bestimmten Dienstgrad abgeleistet sein muss, ab dem Tag, an dem die Ernennung wirksam geworden ist. Dabei gilt bei einer Einstellung oder Einberufung mit einem höheren als dem untersten Dienstgrad der Mannschaften die Zeit als erfüllt, die nach dieser Verordnung für eine Beförderung zu dem Dienstgrad, mit dem die Soldatin oder der Soldat eingestellt oder einberufen worden ist, erforderlich ist. Bei Soldatinnen oder Soldaten, die vor ihrer Einstellung Dienst als Beamtinnen oder Beamte im Bundesgrenzschutz, in der Bundespolizei oder in einer Bereitschaftspolizei der Länder geleistet haben, wird diese Dienstzeit auf die entsprechenden Dienstzeiten angerechnet, die Voraussetzung für die Beförderungen sind.

(3) Als Dienstzeit gilt auch die Zeit

1.
in einem vorläufigen Dienstgrad, wenn der Soldatin oder dem Soldaten dieser Dienstgrad verliehen worden ist; dies gilt nicht für die Zeit in einem vorläufigen Dienstgrad, den frühere Angehörige der ehemaligen Nationalen Volksarmee auf Anordnung des Bundesministeriums der Verteidigung während des Dienstverhältnisses besonderer Art geführt haben;
2.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge für die Tätigkeit in öffentlichen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen oder zur Übernahme von Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit;
3.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge, der dienstlichen Interessen oder öffentlichen Belangen dient, bis zur Dauer von insgesamt zwei Jahren; die zeitliche Grenze gilt nicht, wenn der Urlaub für eine der folgenden Tätigkeiten erteilt worden ist:
a)
für eine Tätigkeit als wissenschaftliche Assistentin oder wissenschaftlicher Assistent oder als Geschäftsführerin oder Geschäftsführer bei Fraktionen des Deutschen Bundestages oder der Landtage,
b)
für eine Tätigkeit bei der Deutschen Flugsicherung GmbH,
c)
für eine Tätigkeit bei sonstigen Gesellschaften des Bundes oder Gesellschaften mit Bundesbeteiligung oder
d)
für eine Tätigkeit bei Unternehmen, mit denen die Bundeswehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben auf vertraglicher Grundlage zusammenarbeitet;
4.
einer Elternzeit nach § 28 Absatz 7 des Soldatengesetzes sowie eines Urlaubs nach § 28 Absatz 5 des Soldatengesetzes.
Satz 1 Nummer 2 oder 3 ist nur anzuwenden, wenn die Soldatin oder der Soldat Aufgaben wahrnimmt, die ihrem oder seinem Dienstgrad entsprechen. Das Bundesministerium der Verteidigung hat bei Gewährung des Urlaubs schriftlich festzustellen, dass die Voraussetzungen vorliegen.

(4) Bei der Anrechnung von Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden Teilzeitbeschäftigung und Vollzeitbeschäftigung gleich behandelt.

(1) Beförderung ist die Verleihung eines höheren Dienstgrades.

(2) Die Dienstgrade einer Laufbahn sind regelmäßig zu durchlaufen, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist.

(3) Den in § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 6 Genannten kann abweichend von Absatz 2 ein höherer Dienstgrad verliehen werden

1.
für eine militärische Verwendung, wenn die für diese Verwendung erforderlichen militärischen Kenntnisse und Fähigkeiten und die erforderliche Lebenserfahrung durch eine berufliche Tätigkeit in Streitkräften oder streitkräfteähnlichen Einrichtungen erworben worden sind, oder
2.
für eine militärfachliche Verwendung, insbesondere eine solche, die einem Berufsbild aus dem Bereich des Gesundheits-, Verwaltungs-, Logistik- oder Medienwesens oder einem technischen Beruf entspricht, wenn die für diese Verwendung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten und die erforderliche Lebenserfahrung durch eine zivilberufliche Tätigkeit erworben worden sind.
Den in § 1 Satz 1 Nummer 3 bis 6 Genannten wird der Dienstgrad vorläufig verliehen; er kann nach einem Wehrdienst von mindestens der in § 10 Absatz 2 Satz 1, § 22 Absatz 2 Satz 5 und § 43 Absatz 5 Satz 2 jeweils bestimmten Dauer endgültig verliehen werden. In den Fällen nach Satz 1 Nummer 2 kann der höhere Dienstgrad auch zeitweilig für die Dauer der Verwendung verliehen werden. Über die Verleihung der höheren Dienstgrade entscheidet das Bundesministerium der Verteidigung oder die von ihm beauftragte Stelle. Die Laufbahn ist in der Entscheidung zu bezeichnen. Die Sätze 1 und 4 gelten entsprechend für die in § 1 Satz 1 Nummer 7 Genannten; der höhere Dienstgrad darf nur für die Dauer der dienstlichen Veranstaltung verliehen werden.

(1) Eine Beförderung ist, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, frühestens ein Jahr nach der Einstellung oder der letzten Beförderung zulässig, es sei denn, dass der bisherige Dienstgrad nicht regelmäßig durchlaufen werden musste.

(2) Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden ab dem Tag der Einstellung gerechnet oder, falls die Dienstzeit in einem bestimmten Dienstgrad abgeleistet sein muss, ab dem Tag, an dem die Ernennung wirksam geworden ist. Dabei gilt bei einer Einstellung oder Einberufung mit einem höheren als dem untersten Dienstgrad der Mannschaften die Zeit als erfüllt, die nach dieser Verordnung für eine Beförderung zu dem Dienstgrad, mit dem die Soldatin oder der Soldat eingestellt oder einberufen worden ist, erforderlich ist. Bei Soldatinnen oder Soldaten, die vor ihrer Einstellung Dienst als Beamtinnen oder Beamte im Bundesgrenzschutz, in der Bundespolizei oder in einer Bereitschaftspolizei der Länder geleistet haben, wird diese Dienstzeit auf die entsprechenden Dienstzeiten angerechnet, die Voraussetzung für die Beförderungen sind.

(3) Als Dienstzeit gilt auch die Zeit

1.
in einem vorläufigen Dienstgrad, wenn der Soldatin oder dem Soldaten dieser Dienstgrad verliehen worden ist; dies gilt nicht für die Zeit in einem vorläufigen Dienstgrad, den frühere Angehörige der ehemaligen Nationalen Volksarmee auf Anordnung des Bundesministeriums der Verteidigung während des Dienstverhältnisses besonderer Art geführt haben;
2.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge für die Tätigkeit in öffentlichen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen oder zur Übernahme von Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit;
3.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge, der dienstlichen Interessen oder öffentlichen Belangen dient, bis zur Dauer von insgesamt zwei Jahren; die zeitliche Grenze gilt nicht, wenn der Urlaub für eine der folgenden Tätigkeiten erteilt worden ist:
a)
für eine Tätigkeit als wissenschaftliche Assistentin oder wissenschaftlicher Assistent oder als Geschäftsführerin oder Geschäftsführer bei Fraktionen des Deutschen Bundestages oder der Landtage,
b)
für eine Tätigkeit bei der Deutschen Flugsicherung GmbH,
c)
für eine Tätigkeit bei sonstigen Gesellschaften des Bundes oder Gesellschaften mit Bundesbeteiligung oder
d)
für eine Tätigkeit bei Unternehmen, mit denen die Bundeswehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben auf vertraglicher Grundlage zusammenarbeitet;
4.
einer Elternzeit nach § 28 Absatz 7 des Soldatengesetzes sowie eines Urlaubs nach § 28 Absatz 5 des Soldatengesetzes.
Satz 1 Nummer 2 oder 3 ist nur anzuwenden, wenn die Soldatin oder der Soldat Aufgaben wahrnimmt, die ihrem oder seinem Dienstgrad entsprechen. Das Bundesministerium der Verteidigung hat bei Gewährung des Urlaubs schriftlich festzustellen, dass die Voraussetzungen vorliegen.

(4) Bei der Anrechnung von Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden Teilzeitbeschäftigung und Vollzeitbeschäftigung gleich behandelt.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Eine Beförderung ist, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, frühestens ein Jahr nach der Einstellung oder der letzten Beförderung zulässig, es sei denn, dass der bisherige Dienstgrad nicht regelmäßig durchlaufen werden musste.

(2) Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden ab dem Tag der Einstellung gerechnet oder, falls die Dienstzeit in einem bestimmten Dienstgrad abgeleistet sein muss, ab dem Tag, an dem die Ernennung wirksam geworden ist. Dabei gilt bei einer Einstellung oder Einberufung mit einem höheren als dem untersten Dienstgrad der Mannschaften die Zeit als erfüllt, die nach dieser Verordnung für eine Beförderung zu dem Dienstgrad, mit dem die Soldatin oder der Soldat eingestellt oder einberufen worden ist, erforderlich ist. Bei Soldatinnen oder Soldaten, die vor ihrer Einstellung Dienst als Beamtinnen oder Beamte im Bundesgrenzschutz, in der Bundespolizei oder in einer Bereitschaftspolizei der Länder geleistet haben, wird diese Dienstzeit auf die entsprechenden Dienstzeiten angerechnet, die Voraussetzung für die Beförderungen sind.

(3) Als Dienstzeit gilt auch die Zeit

1.
in einem vorläufigen Dienstgrad, wenn der Soldatin oder dem Soldaten dieser Dienstgrad verliehen worden ist; dies gilt nicht für die Zeit in einem vorläufigen Dienstgrad, den frühere Angehörige der ehemaligen Nationalen Volksarmee auf Anordnung des Bundesministeriums der Verteidigung während des Dienstverhältnisses besonderer Art geführt haben;
2.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge für die Tätigkeit in öffentlichen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen oder zur Übernahme von Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit;
3.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge, der dienstlichen Interessen oder öffentlichen Belangen dient, bis zur Dauer von insgesamt zwei Jahren; die zeitliche Grenze gilt nicht, wenn der Urlaub für eine der folgenden Tätigkeiten erteilt worden ist:
a)
für eine Tätigkeit als wissenschaftliche Assistentin oder wissenschaftlicher Assistent oder als Geschäftsführerin oder Geschäftsführer bei Fraktionen des Deutschen Bundestages oder der Landtage,
b)
für eine Tätigkeit bei der Deutschen Flugsicherung GmbH,
c)
für eine Tätigkeit bei sonstigen Gesellschaften des Bundes oder Gesellschaften mit Bundesbeteiligung oder
d)
für eine Tätigkeit bei Unternehmen, mit denen die Bundeswehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben auf vertraglicher Grundlage zusammenarbeitet;
4.
einer Elternzeit nach § 28 Absatz 7 des Soldatengesetzes sowie eines Urlaubs nach § 28 Absatz 5 des Soldatengesetzes.
Satz 1 Nummer 2 oder 3 ist nur anzuwenden, wenn die Soldatin oder der Soldat Aufgaben wahrnimmt, die ihrem oder seinem Dienstgrad entsprechen. Das Bundesministerium der Verteidigung hat bei Gewährung des Urlaubs schriftlich festzustellen, dass die Voraussetzungen vorliegen.

(4) Bei der Anrechnung von Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden Teilzeitbeschäftigung und Vollzeitbeschäftigung gleich behandelt.

(1) Dem Soldaten steht alljährlich ein Erholungsurlaub unter Belassung der Geld- und Sachbezüge zu.

(2) Der Urlaub darf versagt werden, soweit und solange zwingende dienstliche Erfordernisse einer Urlaubserteilung entgegenstehen.

(3) Dem Soldaten kann aus besonderen Anlässen Urlaub erteilt werden.

(4) Die Erteilung und die Dauer des Urlaubs regelt eine Rechtsverordnung. Sie bestimmt, ob und inwieweit die Geld- und Sachbezüge während eines Urlaubs aus besonderen Anlässen zu belassen sind.

(5) Einem Berufssoldaten oder Soldaten auf Zeit kann auf Antrag unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge mit Ausnahme der unentgeltlichen truppenärztlichen Versorgung Urlaub bis zur Dauer von drei Jahren mit der Möglichkeit der Verlängerung auf längstens 15 Jahre gewährt werden, wenn er

1.
mindestens ein Kind unter 18 Jahren oder
2.
einen nach ärztlichem Gutachten pflegebedürftigen sonstigen Angehörigen
tatsächlich betreut oder pflegt. Bei einem Soldaten auf Zeit ist die Gewährung nur insoweit zulässig, als er nicht mehr verpflichtet ist, auf Grund der Wehrpflicht Grundwehrdienst zu leisten. Der Antrag auf Verlängerung einer Beurlaubung ist spätestens sechs Monate vor Ablauf der genehmigten Beurlaubung zu stellen. Während der Beurlaubung dürfen nur solche Nebentätigkeiten genehmigt werden, die dem Zweck der Beurlaubung nicht zuwiderlaufen. Ein bereits bewilligter Urlaub kann aus zwingenden Gründen der Verteidigung widerrufen werden.

(6) Stimmt ein Berufssoldat oder Soldat auf Zeit seiner Aufstellung als Bewerber für die Wahl zum Europäischen Parlament, zum Deutschen Bundestag oder zu der gesetzgebenden Körperschaft eines Landes zu, ist ihm auf Antrag innerhalb der letzten zwei Monate vor dem Wahltag der zur Vorbereitung seiner Wahl erforderliche Urlaub unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge zu gewähren.

(7) Soldaten haben Anspruch auf Elternzeit unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge mit Ausnahme der unentgeltlichen truppenärztlichen Versorgung. Das Nähere wird durch eine Rechtsverordnung geregelt, die die Eigenart des militärischen Dienstes berücksichtigt.

(1) Eine Beförderung ist, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, frühestens ein Jahr nach der Einstellung oder der letzten Beförderung zulässig, es sei denn, dass der bisherige Dienstgrad nicht regelmäßig durchlaufen werden musste.

(2) Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden ab dem Tag der Einstellung gerechnet oder, falls die Dienstzeit in einem bestimmten Dienstgrad abgeleistet sein muss, ab dem Tag, an dem die Ernennung wirksam geworden ist. Dabei gilt bei einer Einstellung oder Einberufung mit einem höheren als dem untersten Dienstgrad der Mannschaften die Zeit als erfüllt, die nach dieser Verordnung für eine Beförderung zu dem Dienstgrad, mit dem die Soldatin oder der Soldat eingestellt oder einberufen worden ist, erforderlich ist. Bei Soldatinnen oder Soldaten, die vor ihrer Einstellung Dienst als Beamtinnen oder Beamte im Bundesgrenzschutz, in der Bundespolizei oder in einer Bereitschaftspolizei der Länder geleistet haben, wird diese Dienstzeit auf die entsprechenden Dienstzeiten angerechnet, die Voraussetzung für die Beförderungen sind.

(3) Als Dienstzeit gilt auch die Zeit

1.
in einem vorläufigen Dienstgrad, wenn der Soldatin oder dem Soldaten dieser Dienstgrad verliehen worden ist; dies gilt nicht für die Zeit in einem vorläufigen Dienstgrad, den frühere Angehörige der ehemaligen Nationalen Volksarmee auf Anordnung des Bundesministeriums der Verteidigung während des Dienstverhältnisses besonderer Art geführt haben;
2.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge für die Tätigkeit in öffentlichen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen oder zur Übernahme von Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit;
3.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge, der dienstlichen Interessen oder öffentlichen Belangen dient, bis zur Dauer von insgesamt zwei Jahren; die zeitliche Grenze gilt nicht, wenn der Urlaub für eine der folgenden Tätigkeiten erteilt worden ist:
a)
für eine Tätigkeit als wissenschaftliche Assistentin oder wissenschaftlicher Assistent oder als Geschäftsführerin oder Geschäftsführer bei Fraktionen des Deutschen Bundestages oder der Landtage,
b)
für eine Tätigkeit bei der Deutschen Flugsicherung GmbH,
c)
für eine Tätigkeit bei sonstigen Gesellschaften des Bundes oder Gesellschaften mit Bundesbeteiligung oder
d)
für eine Tätigkeit bei Unternehmen, mit denen die Bundeswehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben auf vertraglicher Grundlage zusammenarbeitet;
4.
einer Elternzeit nach § 28 Absatz 7 des Soldatengesetzes sowie eines Urlaubs nach § 28 Absatz 5 des Soldatengesetzes.
Satz 1 Nummer 2 oder 3 ist nur anzuwenden, wenn die Soldatin oder der Soldat Aufgaben wahrnimmt, die ihrem oder seinem Dienstgrad entsprechen. Das Bundesministerium der Verteidigung hat bei Gewährung des Urlaubs schriftlich festzustellen, dass die Voraussetzungen vorliegen.

(4) Bei der Anrechnung von Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden Teilzeitbeschäftigung und Vollzeitbeschäftigung gleich behandelt.

(1) Frühere Soldatinnen und frühere Soldaten, deren Laufbahnen weggefallen sind, sind bei erneuter Einstellung einer Laufbahn zuzuordnen, die ihrer Eignung, Befähigung und Leistung entspricht. Ihre Zustimmung zum Laufbahnwechsel ist nicht erforderlich.

(2) Für vor dem 1. Juli 2011 nach § 38 Absatz 1 in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung eingestellte Offiziere in der Laufbahn der Offiziere des Geoinformationsdienstes der Bundeswehr gilt für die Beförderung zum Major § 5a Absatz 1. Dies gilt auch für Studierende, die sich vor dem 1. Juli 2011 zu einem späteren Dienst als Offizier in der Laufbahn der Offiziere des Geoinformationsdienstes der Bundeswehr verpflichtet haben und deshalb eine Studienbeihilfe von der Bundeswehr erhalten.

(1) Eine Beförderung ist, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, frühestens ein Jahr nach der Einstellung oder der letzten Beförderung zulässig, es sei denn, dass der bisherige Dienstgrad nicht regelmäßig durchlaufen werden musste.

(2) Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden ab dem Tag der Einstellung gerechnet oder, falls die Dienstzeit in einem bestimmten Dienstgrad abgeleistet sein muss, ab dem Tag, an dem die Ernennung wirksam geworden ist. Dabei gilt bei einer Einstellung oder Einberufung mit einem höheren als dem untersten Dienstgrad der Mannschaften die Zeit als erfüllt, die nach dieser Verordnung für eine Beförderung zu dem Dienstgrad, mit dem die Soldatin oder der Soldat eingestellt oder einberufen worden ist, erforderlich ist. Bei Soldatinnen oder Soldaten, die vor ihrer Einstellung Dienst als Beamtinnen oder Beamte im Bundesgrenzschutz, in der Bundespolizei oder in einer Bereitschaftspolizei der Länder geleistet haben, wird diese Dienstzeit auf die entsprechenden Dienstzeiten angerechnet, die Voraussetzung für die Beförderungen sind.

(3) Als Dienstzeit gilt auch die Zeit

1.
in einem vorläufigen Dienstgrad, wenn der Soldatin oder dem Soldaten dieser Dienstgrad verliehen worden ist; dies gilt nicht für die Zeit in einem vorläufigen Dienstgrad, den frühere Angehörige der ehemaligen Nationalen Volksarmee auf Anordnung des Bundesministeriums der Verteidigung während des Dienstverhältnisses besonderer Art geführt haben;
2.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge für die Tätigkeit in öffentlichen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen oder zur Übernahme von Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit;
3.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge, der dienstlichen Interessen oder öffentlichen Belangen dient, bis zur Dauer von insgesamt zwei Jahren; die zeitliche Grenze gilt nicht, wenn der Urlaub für eine der folgenden Tätigkeiten erteilt worden ist:
a)
für eine Tätigkeit als wissenschaftliche Assistentin oder wissenschaftlicher Assistent oder als Geschäftsführerin oder Geschäftsführer bei Fraktionen des Deutschen Bundestages oder der Landtage,
b)
für eine Tätigkeit bei der Deutschen Flugsicherung GmbH,
c)
für eine Tätigkeit bei sonstigen Gesellschaften des Bundes oder Gesellschaften mit Bundesbeteiligung oder
d)
für eine Tätigkeit bei Unternehmen, mit denen die Bundeswehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben auf vertraglicher Grundlage zusammenarbeitet;
4.
einer Elternzeit nach § 28 Absatz 7 des Soldatengesetzes sowie eines Urlaubs nach § 28 Absatz 5 des Soldatengesetzes.
Satz 1 Nummer 2 oder 3 ist nur anzuwenden, wenn die Soldatin oder der Soldat Aufgaben wahrnimmt, die ihrem oder seinem Dienstgrad entsprechen. Das Bundesministerium der Verteidigung hat bei Gewährung des Urlaubs schriftlich festzustellen, dass die Voraussetzungen vorliegen.

(4) Bei der Anrechnung von Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden Teilzeitbeschäftigung und Vollzeitbeschäftigung gleich behandelt.

(1) Beförderung ist die Verleihung eines höheren Dienstgrades.

(2) Die Dienstgrade einer Laufbahn sind regelmäßig zu durchlaufen, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist.

(3) Den in § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 6 Genannten kann abweichend von Absatz 2 ein höherer Dienstgrad verliehen werden

1.
für eine militärische Verwendung, wenn die für diese Verwendung erforderlichen militärischen Kenntnisse und Fähigkeiten und die erforderliche Lebenserfahrung durch eine berufliche Tätigkeit in Streitkräften oder streitkräfteähnlichen Einrichtungen erworben worden sind, oder
2.
für eine militärfachliche Verwendung, insbesondere eine solche, die einem Berufsbild aus dem Bereich des Gesundheits-, Verwaltungs-, Logistik- oder Medienwesens oder einem technischen Beruf entspricht, wenn die für diese Verwendung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten und die erforderliche Lebenserfahrung durch eine zivilberufliche Tätigkeit erworben worden sind.
Den in § 1 Satz 1 Nummer 3 bis 6 Genannten wird der Dienstgrad vorläufig verliehen; er kann nach einem Wehrdienst von mindestens der in § 10 Absatz 2 Satz 1, § 22 Absatz 2 Satz 5 und § 43 Absatz 5 Satz 2 jeweils bestimmten Dauer endgültig verliehen werden. In den Fällen nach Satz 1 Nummer 2 kann der höhere Dienstgrad auch zeitweilig für die Dauer der Verwendung verliehen werden. Über die Verleihung der höheren Dienstgrade entscheidet das Bundesministerium der Verteidigung oder die von ihm beauftragte Stelle. Die Laufbahn ist in der Entscheidung zu bezeichnen. Die Sätze 1 und 4 gelten entsprechend für die in § 1 Satz 1 Nummer 7 Genannten; der höhere Dienstgrad darf nur für die Dauer der dienstlichen Veranstaltung verliehen werden.

(1) Eine Beförderung ist, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, frühestens ein Jahr nach der Einstellung oder der letzten Beförderung zulässig, es sei denn, dass der bisherige Dienstgrad nicht regelmäßig durchlaufen werden musste.

(2) Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden ab dem Tag der Einstellung gerechnet oder, falls die Dienstzeit in einem bestimmten Dienstgrad abgeleistet sein muss, ab dem Tag, an dem die Ernennung wirksam geworden ist. Dabei gilt bei einer Einstellung oder Einberufung mit einem höheren als dem untersten Dienstgrad der Mannschaften die Zeit als erfüllt, die nach dieser Verordnung für eine Beförderung zu dem Dienstgrad, mit dem die Soldatin oder der Soldat eingestellt oder einberufen worden ist, erforderlich ist. Bei Soldatinnen oder Soldaten, die vor ihrer Einstellung Dienst als Beamtinnen oder Beamte im Bundesgrenzschutz, in der Bundespolizei oder in einer Bereitschaftspolizei der Länder geleistet haben, wird diese Dienstzeit auf die entsprechenden Dienstzeiten angerechnet, die Voraussetzung für die Beförderungen sind.

(3) Als Dienstzeit gilt auch die Zeit

1.
in einem vorläufigen Dienstgrad, wenn der Soldatin oder dem Soldaten dieser Dienstgrad verliehen worden ist; dies gilt nicht für die Zeit in einem vorläufigen Dienstgrad, den frühere Angehörige der ehemaligen Nationalen Volksarmee auf Anordnung des Bundesministeriums der Verteidigung während des Dienstverhältnisses besonderer Art geführt haben;
2.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge für die Tätigkeit in öffentlichen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen oder zur Übernahme von Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit;
3.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge, der dienstlichen Interessen oder öffentlichen Belangen dient, bis zur Dauer von insgesamt zwei Jahren; die zeitliche Grenze gilt nicht, wenn der Urlaub für eine der folgenden Tätigkeiten erteilt worden ist:
a)
für eine Tätigkeit als wissenschaftliche Assistentin oder wissenschaftlicher Assistent oder als Geschäftsführerin oder Geschäftsführer bei Fraktionen des Deutschen Bundestages oder der Landtage,
b)
für eine Tätigkeit bei der Deutschen Flugsicherung GmbH,
c)
für eine Tätigkeit bei sonstigen Gesellschaften des Bundes oder Gesellschaften mit Bundesbeteiligung oder
d)
für eine Tätigkeit bei Unternehmen, mit denen die Bundeswehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben auf vertraglicher Grundlage zusammenarbeitet;
4.
einer Elternzeit nach § 28 Absatz 7 des Soldatengesetzes sowie eines Urlaubs nach § 28 Absatz 5 des Soldatengesetzes.
Satz 1 Nummer 2 oder 3 ist nur anzuwenden, wenn die Soldatin oder der Soldat Aufgaben wahrnimmt, die ihrem oder seinem Dienstgrad entsprechen. Das Bundesministerium der Verteidigung hat bei Gewährung des Urlaubs schriftlich festzustellen, dass die Voraussetzungen vorliegen.

(4) Bei der Anrechnung von Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden Teilzeitbeschäftigung und Vollzeitbeschäftigung gleich behandelt.

(1) Dem Soldaten steht alljährlich ein Erholungsurlaub unter Belassung der Geld- und Sachbezüge zu.

(2) Der Urlaub darf versagt werden, soweit und solange zwingende dienstliche Erfordernisse einer Urlaubserteilung entgegenstehen.

(3) Dem Soldaten kann aus besonderen Anlässen Urlaub erteilt werden.

(4) Die Erteilung und die Dauer des Urlaubs regelt eine Rechtsverordnung. Sie bestimmt, ob und inwieweit die Geld- und Sachbezüge während eines Urlaubs aus besonderen Anlässen zu belassen sind.

(5) Einem Berufssoldaten oder Soldaten auf Zeit kann auf Antrag unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge mit Ausnahme der unentgeltlichen truppenärztlichen Versorgung Urlaub bis zur Dauer von drei Jahren mit der Möglichkeit der Verlängerung auf längstens 15 Jahre gewährt werden, wenn er

1.
mindestens ein Kind unter 18 Jahren oder
2.
einen nach ärztlichem Gutachten pflegebedürftigen sonstigen Angehörigen
tatsächlich betreut oder pflegt. Bei einem Soldaten auf Zeit ist die Gewährung nur insoweit zulässig, als er nicht mehr verpflichtet ist, auf Grund der Wehrpflicht Grundwehrdienst zu leisten. Der Antrag auf Verlängerung einer Beurlaubung ist spätestens sechs Monate vor Ablauf der genehmigten Beurlaubung zu stellen. Während der Beurlaubung dürfen nur solche Nebentätigkeiten genehmigt werden, die dem Zweck der Beurlaubung nicht zuwiderlaufen. Ein bereits bewilligter Urlaub kann aus zwingenden Gründen der Verteidigung widerrufen werden.

(6) Stimmt ein Berufssoldat oder Soldat auf Zeit seiner Aufstellung als Bewerber für die Wahl zum Europäischen Parlament, zum Deutschen Bundestag oder zu der gesetzgebenden Körperschaft eines Landes zu, ist ihm auf Antrag innerhalb der letzten zwei Monate vor dem Wahltag der zur Vorbereitung seiner Wahl erforderliche Urlaub unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge zu gewähren.

(7) Soldaten haben Anspruch auf Elternzeit unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge mit Ausnahme der unentgeltlichen truppenärztlichen Versorgung. Das Nähere wird durch eine Rechtsverordnung geregelt, die die Eigenart des militärischen Dienstes berücksichtigt.

(1) Beförderung ist die Verleihung eines höheren Dienstgrades.

(2) Die Dienstgrade einer Laufbahn sind regelmäßig zu durchlaufen, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist.

(3) Den in § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 6 Genannten kann abweichend von Absatz 2 ein höherer Dienstgrad verliehen werden

1.
für eine militärische Verwendung, wenn die für diese Verwendung erforderlichen militärischen Kenntnisse und Fähigkeiten und die erforderliche Lebenserfahrung durch eine berufliche Tätigkeit in Streitkräften oder streitkräfteähnlichen Einrichtungen erworben worden sind, oder
2.
für eine militärfachliche Verwendung, insbesondere eine solche, die einem Berufsbild aus dem Bereich des Gesundheits-, Verwaltungs-, Logistik- oder Medienwesens oder einem technischen Beruf entspricht, wenn die für diese Verwendung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten und die erforderliche Lebenserfahrung durch eine zivilberufliche Tätigkeit erworben worden sind.
Den in § 1 Satz 1 Nummer 3 bis 6 Genannten wird der Dienstgrad vorläufig verliehen; er kann nach einem Wehrdienst von mindestens der in § 10 Absatz 2 Satz 1, § 22 Absatz 2 Satz 5 und § 43 Absatz 5 Satz 2 jeweils bestimmten Dauer endgültig verliehen werden. In den Fällen nach Satz 1 Nummer 2 kann der höhere Dienstgrad auch zeitweilig für die Dauer der Verwendung verliehen werden. Über die Verleihung der höheren Dienstgrade entscheidet das Bundesministerium der Verteidigung oder die von ihm beauftragte Stelle. Die Laufbahn ist in der Entscheidung zu bezeichnen. Die Sätze 1 und 4 gelten entsprechend für die in § 1 Satz 1 Nummer 7 Genannten; der höhere Dienstgrad darf nur für die Dauer der dienstlichen Veranstaltung verliehen werden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

1. Das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 5. Februar 2010 - 6 S 18/09 - und das Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 9. Juni 2009 - 2 C 112/09 - verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 3 Satz 1 des Grundgesetzes.

2. Das Urteil des Landgerichts Karlsruhe wird aufgehoben und die Sache an das Landgericht zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.

3. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

4. ...

Gründe

A.

1

Die Beschwerdeführerin wendet sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen die Nichtberücksichtigung von Zeiten des gesetzlichen Mutterschutzes als Umlagemonate im Rahmen der betrieblichen Zusatzversorgung nach der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Satzung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL).

I.

2

1. Die VBL hat als Zusatzversorgungseinrichtung für Beschäftigte des öffentlichen Dienstes die Aufgabe, den Arbeitnehmern der an ihr beteiligten Arbeitgeber im Wege privatrechtlicher Versicherung eine Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren. Diese ergänzt die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

3

Die Zusatzversorgungseinrichtung, der Arbeitgeber sowie dessen Arbeitnehmer befinden sich in einer rechtlichen Dreiecksbeziehung. Die Arbeitnehmer besitzen gegenüber ihrem Arbeitgeber einen arbeitsrechtlichen Anspruch auf Gewährleistung der Zusatzversorgung. Um diesem zu genügen, schließt der Arbeitgeber zugunsten seiner Arbeitnehmer mit der VBL einen privatrechtlichen Gruppenversicherungsvertrag ab. Aus diesem Vertrag erwächst den Arbeitnehmern gegenüber der VBL ein unmittelbarer versicherungsrechtlicher Anspruch auf eine Zusatzversorgungsrente.

4

Dem System der Zusatzversorgung der VBL lag bis zum 31. Dezember 2000 der "Tarifvertrag über die Versorgung der Arbeitnehmer des Bundes und der Länder sowie von Arbeitnehmern kommunaler Verwaltungen und Betriebe" vom 4. November 1966 (Versorgungs-TV) zugrunde. Dieser sah eine Versicherungspflicht bei der VBL vor und traf dazu einige grundlegende Regelungen. Die konkrete Ausgestaltung der Zusatzversicherung ergab sich aus der Satzung der VBL in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (VBLS a.F.).

5

a) Die vom Arbeitnehmer im Rahmen der Zusatzversorgung im Normalfall zu erreichende Versorgungsrente (§§ 37 ff. VBLS a.F.) beruhte nach dem alten System auf dem so genannten Gesamtversorgungsprinzip. Damit sollte dem Versicherten ein bestimmtes Gesamtniveau seiner Versorgung gewährt werden, das sich an der Beamtenversorgung orientierte. Einen Anspruch auf Versorgungsrente hatte der Versicherte allerdings nur, wenn er zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls - insbesondere bei Erreichen der Regelaltersgrenze - weiter in der Zusatzversicherung pflichtversichert war (§ 37 Abs. 1 Buchstabe a VBLS a.F.). Andernfalls hatten Versicherte nach Erfüllung der Wartezeit Anspruch auf eine Versicherungsrente (§ 37 Abs. 1 Buchstabe b VBLS a.F.). Die Versicherungsrente war der versicherungsmathematische Gegenwert einer für jeden Versicherten zum Rentenbeginn feststehenden Beitragssumme.

6

b) Mit der Neufassung ihrer Satzung vom 22. November 2002 (VBLS) hat die VBL ihr Zusatzversorgungssystem rückwirkend zum 31. Dezember 2001 (Umstellungsstichtag) grundlegend umgestellt und das frühere Gesamtversorgungssystem durch ein auf einem Punktemodell beruhendes, beitragsorientiertes Betriebsrentensystem ersetzt. Den Systemwechsel hatten zuvor die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes vereinbart.

7

2. Die Finanzierung der Zusatzversorgung für die öffentlich Beschäftigten erfolgte seit 1978 und erfolgt auch nach der Neuregelung im Jahr 2002 grundsätzlich durch ein Umlagesystem.

8

a) Der jeweilige Umlagesatz entspricht einem bestimmten Prozentsatz des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts des versicherten Arbeitnehmers. Diese Umlage wird nicht zur Finanzierung der späteren Rente des versicherten Arbeitnehmers benutzt, sondern dient nach der Art eines "Generationenvertrags" der Finanzierung der bereits vorhandenen Renten, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums, des so genannten Deckungsabschnitts, neu entstehen.

9

b) Für den Erwerb von Anwartschaften auf eine Versorgungs- oder Versicherungsrente nach der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Satzung der VBL muss der Versicherte nach § 37 Abs. 1, § 38 Abs. 1 VBLS a.F. eine Wartezeit von 60 Umlagemonaten erfüllt haben. Die Vorschriften lauten:

10

§ 37

11

(1) Tritt bei dem Versicherten, der die Wartezeit (§ 38) erfüllt hat, der Versicherungsfall (§ 39) ein und ist er in diesem Zeitpunkt

12

a) pflichtversichert, hat er einen Anspruch auf Versorgungsrente für Versicherte (§§ 40 bis 43b) (Versorgungsrentenberechtigter),

13

b) freiwillig weiterversichert oder beitragsfrei versichert, hat er einen Anspruch auf Versicherungsrente für Versicherte (§§ 44, 44a) (Versicherungsrentenberechtigter).

14

...

15

§ 38

16

(1) Die Wartezeit beträgt 60 Umlagemonate (§ 29 Abs. 10).

17

Als ein Umlagemonat gilt dabei gemäß § 29 Abs. 10 Satz 1 VBLS a.F. ein Kalendermonat, für den eine Umlage für mindestens einen Tag für laufendes, zusatzversorgungspflichtiges Entgelt entrichtet wurde. Was als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt anzusehen ist, bestimmt § 29 Abs. 7 VBLS a.F., der auf der Regelung des § 8 Abs. 5 Versorgungs-TV beruht und diese inhaltlich übernommen hat. Er definiert als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt den steuerpflichtigen Arbeitslohn und regelt die zeitliche Zuordnung des zusatzversorgungsrechtlichen Entgelts nach den Bestimmungen der gesetzlichen Rentenversicherung (Bauer, Die Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst, 1998, S. 20). Die Regelungen des § 29 Abs. 1 und Abs. 7 Satz 1 VBLS a.F. in der hier maßgeblichen bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung lautet:

18

§ 29

19

(1) Der Arbeitgeber hat eine monatliche Umlage in Höhe des nach § 76 festgesetzten Satzes des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts (Absatz 7) des Versicherten einschließlich eines vom Pflichtversicherten erhobenen Beitrags nach § 76 Abs. 1a zu zahlen.

20

21

(7) Zusatzversorgungspflichtiges Entgelt ist, soweit nachstehend nichts anderes bestimmt ist, der entsprechend den Bestimmungen über die Beitragsentrichtung in der gesetzlichen Rentenversicherung zeitlich zugeordnete steuerpflichtige Arbeitslohn. …

22

§ 29 Abs. 7 Satz 3 VBLS a.F. legt bestimmte Leistungen des Arbeitgebers fest, die nicht als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt anzusehen sind, darunter etwa geldwerte Vorteile, vermögenswirksame Leistungen oder Krankengeldzuschüsse. Für Krankheitszeiten, in denen ein versicherter Arbeitnehmer einen Zuschuss zum Krankengeld erhält, sieht § 29 Abs. 7 Satz 5 VBLS a.F. eine spezielle Anrechnungsregel vor. Damit wird gewährleistet, dass sämtliche Krankheitszeiten, in denen ein Arbeitnehmer gesetzliche Lohnfortzahlung oder einen Krankengeldzuschuss nach den tarifvertraglichen Regelungen des öffentlichen Dienstes erhalten hat, als Umlagezeiten berücksichtigt werden. Die Bestimmung lautet:

23

(7) … Hat der Arbeitnehmer für einen Zahlungszeitraum/Abrechnungszeitraum oder für einen Teil eines Zahlungszeitraums/Abrechnungszeitraums Anspruch auf Krankengeldzuschuss, gilt - auch wenn der Krankengeldzuschuss wegen der Höhe der Barleistungen des Sozialversicherungsträgers nicht gezahlt wird - für diesen Zahlungszeitraum/Abrechnungszeitraum als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt der Urlaubslohn (zuzüglich eines etwaigen Sozialzuschlags, es sei denn, dass dieser durch Tarifvertrag ausdrücklich als nicht gesamtversorgungsfähig bezeichnet ist) bzw. die Urlaubsvergütung für die Tage, für die der Arbeitnehmer Anspruch auf Lohn, Vergütung, Urlaubslohn, Urlaubsvergütung, Krankenbezüge oder Krankengeldzuschuss hat.

24

In diesem Zahlungszeitraum/Abrechnungszeitraum geleistete einmalige Zahlungen sind neben dem Urlaubslohn bzw. der Urlaubsvergütung nach Maßgabe der Sätze 1 bis 3 zusatzversorgungspflichtiges Entgelt.

25

c) Nach der Regelung des § 29 Abs. 7 Satz 1 VBLS a.F. gelten hingegen Zuschüsse des Arbeitgebers zum Mutterschaftsgeld während der Zeiten eines Beschäftigungsverbots nach § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 MuSchG - in der Regel sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt - nicht als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt, da sie als Lohnersatzleistungen gemäß § 3 Nr. 1 Buchstabe d EStG steuerfrei gestellt sind und damit keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellen (vgl. Gilbert/Hesse, Die Versorgung der Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes, Satzung der VBL, § 29 B, Rn. 17). Dementsprechend wurden im Rahmen der Zusatzversorgung nach der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Regelung während der Mutterschutzzeiten keine Umlagen durch den jeweiligen Arbeitgeber erbracht.

26

3. Die Zahl der Umlagemonate spielt sowohl bei der Erfüllung der Wartezeit als auch bei der Berechnung von Leistungen aus der Zusatzversorgung eine entscheidende Rolle. So richtet sich die Höhe der mit Erfüllung der Wartezeit erworbenen Rentenanwartschaft im Fall einer Versorgungsrente entsprechend der alten Satzungsregelung nach dem gesamtversorgungsfähigen Entgelt sowie der gesamtversorgungsfähigen Zeit (§§ 40 ff. VBLS a.F.). Gesamtversorgungsfähige Zeit sind die bis zum Beginn der Versorgungsrente zurückgelegten Umlagemonate (§ 42 Abs. 1 VBLS a.F.).

27

Für den Fall, dass der Versicherte Anwartschaften auf eine Versicherungsrente erworben hat, die nach § 80 VBLS in das neue System übergeleitet wurden, bemisst sich die Höhe der Rente nach einem bestimmten Vomhundertsatz der zusatzversorgungspflichtigen Entgelte, von denen tatsächlich Umlagen entrichtet worden sind (§ 44 VBLS a.F.).

28

4. Die Vereinbarkeit der Nichtberücksichtigung von Mutterschutzzeiten im Rahmen der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes war Gegenstand einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union. Mit Urteil vom 13. Januar 2005 (Rs. C-356/03, Mayer) stellte der Gerichtshof fest, dass Art. 6 Abs. 1 Buchstabe g der Richtlinie 86/378/EWG in der durch die Richtlinie 96/97/EG geänderten Fassung nationalen Bestimmungen wie § 29 Abs. 7 VBLS a.F. entgegensteht, nach denen eine Arbeitnehmerin während des teilweise vom Arbeitgeber bezahlten gesetzlichen Mutterschaftsurlaubs keine Anwartschaften auf eine Versicherungsrente, die Teil eines Zusatzversorgungssystems ist, erwirbt, weil die Entstehung solcher Anwartschaften davon abhängt, dass die Arbeitnehmerin während des Mutterschaftsurlaubs steuerpflichtigen Arbeitslohn erhält. Der Bundesgerichtshof folgte in seinem Urteil vom 1. Juni 2005 (IV ZR 100/02, NJW-RR 2005, S. 1161) der bindenden Vorlageentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union, stellte aber zugleich fest, dass er an seiner Auffassung, die Regelungen § 29 Abs. 1 und Abs. 7 VBLS a.F. verstießen nicht gegen nationales Recht und insbesondere nicht gegen Grundrechte der Versicherten, festhalte.

29

Diese Entscheidungen beziehen sich nur auf Beschäftigungszeiten, die nach dem 17. Mai 1990 liegen. Dies ergibt sich aus Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 96/97/EG, der die zeitliche Rückwirkung der einschlägigen Richtlinie entsprechend der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache Barber (EuGH, Urteil vom 17. Mai 2001, Rs. - C-262/88, Barber, Slg. 1990 I-1889) begrenzt.

II.

30

Die am 22. März 1948 geborene Beschwerdeführerin stand in der Zeit vom 13. August 1986 bis 31. Dezember 1988 und vom 12. September 2005 bis 9. September 2007 in einem Arbeitsverhältnis zum Freistaat Bayern, in der Zeit vom 1. Juli 1992 bis 31. Januar 1993 arbeitete sie beim Deutschen Jugendinstitut. Sie war jeweils über ihren Arbeitgeber bei der VBL versichert. Vom 20. April 1988 bis 26. Juli 1988 befand sich die Beschwerdeführerin im Mutterschutz.

31

1. Die VBL teilte der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 16. Juni 2008 mit, dass sie insgesamt 59 Umlagemonate angesammelt habe, ein Anspruch auf Betriebsrente jedoch nicht bestehe, da die Wartezeit von 60 Monaten nicht erreicht sei. Die Mutterschutzzeiten wurden dabei nicht als umlagefähige Zeiten berücksichtigt.

32

2. Darauf erhob die Beschwerdeführerin Klage gegen die VBL vor dem Amtsgericht Karlsruhe mit dem Antrag, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, bei der Berechnung der der Beschwerdeführerin zustehenden Betriebsrentenanwartschaft die Zeiten des Mutterschutzes wie Umlagemonate zu berücksichtigen. Die Beschwerdeführerin berief sich dabei wegen der zeitlichen Begrenzung der Richtlinie 96/97/EG auf ihr Grundrecht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 3 GG. Das Amtsgericht wies die Klage ab.

33

3. Die dagegen gerichtete Berufung wies das Landgericht Karlsruhe mit Urteil vom 5. Februar 2010 zurück. Prüfungsmaßstab für die Nichtberücksichtigung von Mutterschutzzeiten bei der Berechnung des versorgungspflichtigen Entgelts nach der VBLS a.F. sei das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG, das hier in Verbindung mit dem Gebot der Familienförderung aus Art. 6 Abs. 1 GG gesehen werden müsse. Aus dieser Wertentscheidung der Verfassung zugunsten der Familie sei die allgemeine Pflicht des Staates und sonstiger Versorgungsträger zu einem Familienlastenausgleich zu entnehmen. Der Satzungsgeber müsse auch darauf achten, dass Kindererziehende in den bestehenden Altersversorgungssystemen gegenüber Erwerbstätigen benachteiligt seien. Eine sachwidrige Ungleichbehandlung liege indes nicht vor.

34

Die Beschwerdeführerin habe während des Mutterschutzes kein zusatzversorgungspflichtiges Entgelt erhalten, da sie keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn gezahlt bekommen habe. Weil der Arbeitgeber beziehungsweise die Beschwerdeführerin nicht zur Zahlung von Umlagen verpflichtet gewesen sei, würden die Zeiten des Mutterschutzes konsequenterweise auch nicht als Umlagemonate berücksichtigt. Bei der Berechnung der Versorgungsrente blieben die Mutterschutzzeiten jedoch auch nicht gänzlich unberücksichtigt, sie würden vielmehr im Rahmen der Ermittlung der gesamtversorgungsfähigen Zeit zur Hälfte angerechnet (§ 42 Abs. 1, 2 VBLS a.F. i.V.m. § 54 Abs. 1 Nr. 1b, § 54 Abs. 3, § 58 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI).

35

Die Alterssicherung auf der Grundlage der VBLS erfolge nach dem Abschnittsdeckungsverfahren. Dieses bewirke, dass die Versorgungsleistungen grundsätzlich aus den von den Mitgliedern selbst angesammelten Beiträgen zu finanzieren seien. Der Satzungsgeber der Zusatzversorgung dürfe daher eher auf Beitragsleistungen während Mutterschutz- und Kinderbetreuungszeiten bestehen als derjenige der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Beklagte erhalte insbesondere keine Bundes- oder Landeszuschüsse zum Ausgleich "versicherungsfremder" Leistungen wie Rentenanwartschaften für Mutterschutz- und Kinderbetreuungszeiten, wie dies in der gesetzlichen Rentenversicherung der Fall sei.

III.

36

Mit der unmittelbar gegen die Entscheidungen des Amts- und des Landgerichts und mittelbar gegen § 29 Abs. 7 Satz 1 VBLS a.F. sowie § 8 Abs. 5 Versorgungs-TV erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG und des allgemeinen Gleichheitssatzes in Art. 3 Abs. 1 GG.

37

1. Die Satzung der VBL sei ungeachtet ihres privatrechtlichen Charakters am Maßstab des Art. 3 GG zu messen, da die VBL als Anstalt des öffentlichen Rechts eine öffentliche Aufgabe wahrnehme.

38

Nach Art. 3 Abs. 3 GG dürfe das Geschlecht grundsätzlich nicht Anknüpfungspunkt für eine rechtliche Ungleichbehandlung sein. Dies gelte auch dann, wenn eine Regelung nicht auf eine nach Art. 3 Abs. 3 GG verbotene Ungleichbehandlung angelegt sei, sondern in erster Linie andere Ziele verfolge. Die Beschwerdeführerin werde unmittelbar wegen ihres Geschlechts diskriminiert. Ausschließlich Frauen könnten Mutterschutz in Anspruch nehmen.

39

2. Es gebe keine zwingenden Gründe, die eine solche Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten. Der Verweis des Landgerichts darauf, dass die VBL ihre Leistungen nach den ihr zufließenden Umlagen auszurichten habe, was einer Berücksichtigung umlagefreier Zeiten wie Mutterschutzzeiten entgegenstehe, berücksichtige nicht, dass der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld ohne Not umlagefrei gestellt worden sei. Der Satzungsgeber wäre gehalten gewesen, die Satzung diskriminierungsfrei auszugestalten. Außerdem habe es das vom Landgericht und vom Bundesgerichtshof angenommene Prinzip, wonach VBL-Leistungen ausschließlich für durch Umlagen abgedeckte Zeiten gewährt worden seien, überhaupt nicht gegeben. Vielmehr seien in erheblichem Umfang versicherungsfremde Leistungen erbracht worden. Hierbei müsse insbesondere die Bestimmung des § 29 Abs. 7 Satz 5 VBLS a.F. beachtet werden. Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes hätten nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums Krankengeld seitens der gesetzlichen Krankenversicherung und einen Krankengeldzuschuss seitens des Arbeitgebers erhalten. Obwohl es sich nur bei letzterem um steuerpflichtiges Entgelt handele, hätten die Arbeitgeber Umlagen auf der Basis eines fiktiven Urlaubslohns, also auch für steuerfreie Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, abführen müssen. Die Ungleichbehandlung zwischen den längerfristig erkrankten Versicherten und den in Mutterschutz befindlichen versicherten Frauen sei augenscheinlich. Beide hätten steuerfreie Leistungen erhalten, die allerdings nur im Falle des Krankengeldes angerechnet würden.

40

3. Die Beschwerdeführerin sieht sich jedenfalls mittelbar diskriminiert. Der gewählte Anknüpfungspunkt des steuerpflichtigen Arbeitslohns in der Satzung der VBL wirke sich auf die Gruppe der Versicherten, die Mutterschutz in Anspruch genommen hätten, im Sinne einer faktischen Benachteiligung aus. Auch eine solche mittelbare Diskriminierung sei nach Art. 3 Abs. 3 GG verboten.

41

4. Sofern das Landgericht Karlsruhe darauf verweise, dass die vom Gerichtshof der Europäischen Union gewährte Übergangsfrist in das deutsche Verfassungsrecht übernommen werden könnte, sei dem die Entscheidung des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juni 2008 - 2 BvL 6/07 - (BVerfGE 121, 241 ff.) entgegenzuhalten. Auch im Fall des beamtenrechtlichen Versorgungsabschlags, der für teilzeitbeschäftigte Beamte eine überproportionale Kürzung von Versorgungsanwartschaften vorsah, habe das Bundesverfassungsgericht die zeitliche Begrenzung aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht übernommen.

IV.

42

Zur Verfassungsbeschwerde hat die VBL als Beklagte des Ausgangsverfahrens Stellung genommen. Nach ihrer Ansicht verstößt es weder gegen Art. 3 Abs. 3 noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG, dass die Zeiten des Mutterschutzes nicht als Umlagemonate bei der Erfüllung der Wartezeit im Rahmen einer Versicherungsrente berücksichtigt werden.

43

1. Die VBL habe Leistungen nur zu erbringen, soweit ihr Beiträge beziehungsweise Umlagen zugeflossen seien. Zuschüsse von dritter Seite würden in der Zusatzversorgung nicht gezahlt. Anders als die staatliche Sozialversicherung und insbesondere die gesetzliche Rentenversicherung sei sie nicht dem Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes unterworfen. Sie sei daher nicht verpflichtet, Zeiten, für die keine Beiträge beziehungsweise Umlagen entrichtet worden seien, zu berücksichtigen.

44

Die Versicherung der VBL sei Teil der betrieblichen Altersversorgung. Sie sei eine Gegenleistung aus dem Arbeitsvertrag und damit eine besondere Form der Vergütung. Es sei daher ein sachgerechtes Differenzierungskriterium, wenn Versicherungszeiten und die Leistungsberechnung an den Bezug von steuerpflichtigem Arbeitslohn anknüpften und steuerfreie Einnahmen eines Beschäftigten - wie der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld -, die vornehmlich sozialen Zwecken dienten, nicht in die Zusatzversorgung einbezogen würden.

45

2. Ein Vergleich zwischen der Gruppe der Beschäftigten während der Mutterschutzzeiten und den Beschäftigten, die einen Krankengeldzuschuss erhielten, sei nicht sachgerecht. Anders als der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld, der nach § 3 Satz 1 Buchstabe d EStG steuerfrei und damit nicht zusatzversorgungspflichtig sei, sei der Zuschuss des Arbeitgebers zum Krankengeld nach § 2 Abs. 2 Nr. 5 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung steuerpflichtig. Damit wäre der Zuschuss zum Krankengeld nach der Regelung in § 29 Abs. 7 Satz 1 VBLS a.F. an sich auch zusatzversorgungspflichtig. Die Berücksichtigung des Krankengeldzuschusses als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt mindere eine Versorgung eines Leistungsberechtigten gegenüber der Versorgung eines Beschäftigten, der nicht länger krank gewesen sei, jedoch dann erheblich, wenn der Krankengeldzuschuss in den Dreijahreszeitraum für die Berechnung einer Versorgungsrente falle (§ 43 Abs. 1 VBLS a.F.). Deshalb würde der Zuschuss zum Krankengeld - trotz seiner Steuerpflichtigkeit - nach § 29 Abs. 7 Satz 3 Buchstabe d VBLS a.F. von der Zusatzversorgungspflicht ausgenommen, um stattdessen eine Sonderregelung in § 29 Abs. 7 Satz 5 VBLS a.F. zu treffen. Nach dieser Sonderregelung sei, wenn in einem Abrechnungszeitraum Anspruch auf Krankengeldzuschuss bestehe, die Urlaubsvergütung als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt zugrunde zu legen. Auf diese Weise könne bei der Berechnung einer Versorgungsrente anstelle des Krankengeldzuschusses der regelmäßig höhere Urlaubslohn als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt berücksichtigt werden, wenn die Krankheit in den letzten drei Jahren vor Rentenbeginn eingetreten sei. Eine vergleichbare Interessenlage bestehe beim Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nicht, da nur in Ausnahmefällen die Mutterschutzzeiten in den Dreijahreszeitraum vor Beginn einer Versorgungsrente fielen. Eine Sonderregelung wie beim Krankengeldzuschuss sei daher nicht erforderlich gewesen.

B.

46

Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung gemäß § 93c Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG liegen vor.

47

Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden (vgl. BVerfGE 115, 259; 121, 241; 124, 199; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 14. April 2010 - 1 BvL 8/08 -, juris).

48

Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist zur Durchsetzung von in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechten der Beschwerdeführerin, hier des Grundrechts aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG, angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Sie ist, soweit sie sich gegen die Entscheidungen des Amtsgerichts und des Landgerichts wendet, zulässig und auch offensichtlich begründet (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).

I.

49

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig, soweit sie sich gegen die Entscheidungen des Amtsgerichts und des Landgerichts richtet. Dabei sind die Satzungsbestimmungen vom Bundesverfassungsgericht jedenfalls insoweit auf mögliche Grundrechtsverletzungen zu prüfen, als die angegriffenen fachgerichtlichen Entscheidungen auf ihrer Anwendung beruhen (vgl. BVerfGE 124, 199 <218>). Soweit zugleich die Regelung des § 8 Abs. 5 Versorgungs-TV mittelbar angegriffen wird, ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig und daher nicht zur Entscheidung anzunehmen. Tarifvertragliche Regelungen, die nicht für allgemeinverbindlich erklärt worden sind (dazu BVerfGE 44, 322 <340 ff.>), stellen keine Akte der öffentlichen Gewalt im Sinne des § 90 Abs. 1 BVerfGG, Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG dar und können daher mit der Verfassungsbeschwerde nicht angegriffen werden.

II.

50

Soweit die Verfassungsbeschwerde zulässig ist, ist sie auch offensichtlich begründet. Die angegriffenen Urteile verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG.

51

1. Die Zusatzversorgung der im öffentlichen Dienst Beschäftigten nach der Satzung der VBL ist am Grundrecht auf Gleichbehandlung zu messen. Sie ist zwar privatrechtlich ausgestaltet und findet Anwendung auf die Gruppenversicherungsverträge, die die an der VBL beteiligten öffentlichen Arbeitgeber mit der VBL zugunsten ihrer Arbeitnehmer abschließen. Die Einordnung der Satzungsbestimmungen als privatrechtliche Allgemeine Geschäftsbedingungen in der Form Allgemeiner Versicherungsbedingungen ist verfassungsrechtlich auch unbedenklich (vgl. BVerfGE 124, 199 <218>; BVerfGK 11, 130 <140>; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 18. April 2008 - 1 BvR 759/05 -, DVBl 2008, S. 780). Jedoch nimmt die VBL als Anstalt des öffentlichen Rechts eine öffentliche Aufgabe lediglich in privatrechtlicher Form wahr (vgl. BVerfGE 124, 199 <218>; siehe auch BVerfGE 98, 365 <393>; 116, 135 <153>). Daher ist die Satzung der VBL an die Beachtung des Gleichheitsgrundrechts gebunden.

52

2. Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG konkretisiert und verstärkt den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Das Geschlecht darf grundsätzlich nicht als Anknüpfungspunkt für eine rechtliche Ungleichbehandlung herangezogen werden. Das gilt auch dann, wenn eine Regelung nicht auf eine nach Art. 3 Abs. 3 GG verbotene Ungleichbehandlung angelegt ist, sondern in erster Linie andere Ziele verfolgt (vgl. BVerfGE 85, 191 <206>; 97, 35 <43>). Es kommt auch nicht darauf an, dass neben dem Geschlecht weitere Gründe für die Ungleichbehandlung maßgeblich waren (vgl. BVerfGE 89, 276 <289>).

53

An das Geschlecht anknüpfende differenzierende Regelungen sind mit Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG nur vereinbar, soweit sie zur Lösung von Problemen, die nur entweder bei Männern oder Frauen auftreten können, zwingend erforderlich sind. Fehlt es an zwingenden Gründen für eine Ungleichbehandlung, lässt sich diese einzig im Wege einer Abwägung mit kollidierendem Verfassungsrecht legitimieren (vgl. BVerfGE 85, 191 <207>; 92, 91 <109>).

54

a) Soweit eine Regelung an Schwangerschaft oder Mutterschaft anknüpft, differenziert sie unmittelbar nach dem Geschlecht. Es handelt sich nicht etwa um eine neutrale Vorschrift, die sich eventuell mittelbar ganz überwiegend auf Frauen oder ganz überwiegend auf Männer nachteilig auswirkt. Vielmehr trifft eine solche Regelung normativ kategorial ausschließlich Frauen (vgl. klarstellend § 3 Abs. 1 Satz 2 AGG; für das Recht der EU Art. 2 Abs. 2 Buchstabe c der Richtlinie 2006/54/EG; EuGH, Urteil vom 11. November 2010, Rs. C-232/09, Danosa; Urteil vom 8. November 1990, Rs. C-177/88, Dekker, Slg. I-1990, 3941 <3973>; Urteil vom 27. Februar 2003, Rs. C-320/01, Busch, Slg. I-2003, 2041 <2075>; Urteil vom 29. Oktober 2009, Rs. C-63/08, Alabaster). Eine solche Regelung berührt zwar auch Art. 6 Abs. 4 GG als Grundrecht auf Schutz und Fürsorge von Müttern durch den Staat. Art. 6 Abs. 4 GG enthält allerdings in erster Linie einen positiven Regelungsauftrag, der Eingriffe in Rechte Dritter legitimiert (vgl. BVerfGE 109, 64 <84 ff.>). Der Schutz von Müttern vor geschlechtsbezogener Diskriminierung ist im besonderen Gleichheitsrecht des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG verankert.

55

b) Die Anrechnung von Mutterschutzzeiten als Umlagemonate für die Zusatzversorgung der VBL bestimmt sich gemäß § 29 Abs. 10 VBLS a.F. nach der Regelung des § 29 Abs. 7 VBLS a.F., die durch § 8 Abs. 5 Versorgungs-TV inhaltsgleich vorgegeben wird. § 29 Abs. 7 VBLS a.F. statuiert eine Ungleichbehandlung von Müttern in zweifacher Hinsicht.

56

In § 29 Abs. 7 Satz 1 VBLS a.F. wird als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt der steuerpflichtige Arbeitslohn definiert; Mutterschaftsgeld ist als Lohnersatzleistung nach § 3 Nr. 1 Buchstabe d EStG jedoch steuerfrei gestellt. Der Ausschluss von Zeiten des Mutterschutzes aus der Wartezeitberechnung nach § 29 Abs. 7 Satz 1 VBLS a.F. stellt folglich eine Ungleichbehandlung von Frauen mit Mutterschutzzeiten gegenüber männlichen Arbeitnehmern dar, deren Erwerbsbiografien im öffentlichen Angestelltenverhältnis nicht durch die gesetzlich zwingend vorgegebenen Mutterschutzzeiten unterbrochen wurden und auch nicht werden können. Frauen, die Mutterschutz in Anspruch genommen haben und den Beschäftigungsverboten der § 3 Abs. 2, § 6 Abs. 1 MuSchG unterfallen, erwerben, wenn sie - wie die Beschwerdeführerin - aufgrund ihrer Mutterschutzzeiten die Wartezeit des § 38 Abs. 1 VBLS a.F. nicht erreichen, keinen Anspruch auf Versicherungsrente.

57

Zudem liegt eine Ungleichbehandlung von Frauen in Mutterschutz hier auch gegenüber denjenigen männlichen und weiblichen Versicherten vor, die Krankengeld und einen (im Verhältnis deutlich geringeren) Krankengeldzuschuss des Arbeitgebers erhalten. Zwar ist das von der Krankenversicherung gezahlte Krankengeld wie das Mutterschaftsgeld nach § 3 Nr. 1 EStG steuerfrei. Doch sind die Krankheitszeiten gemäß § 29 Abs. 7 Satz 5 VBLS a.F., der auf dem wortgleichen § 5 Abs. 5 Satz 5 Versorgungs-TV beruht, auf Basis des (fiktiven) Urlaubslohns, also praktisch in Höhe des normalen Arbeitsverdienstes als versorgungspflichtiges Entgelt anzurechnen (vgl. Gilbert/Hesse, Die Versorgung der Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes, Satzung der VBL, § 29 B, Rn. 39); in den Zeiten der Entgeltfortzahlung sowie des Bezugs eines Krankengeldzuschusses werden auch Umlagen entrichtet, die Krankheitszeiten bei der Berechnung der Zusatzversorgungsrente also voll als umlagefähige Monate angerechnet. Für den Mutterschutz findet sich keine entsprechende Regel.

58

c) An das Geschlecht anknüpfende differenzierende Regelungen sind nach bisheriger Rechtsprechung mit Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG nur vereinbar, soweit sie zur Lösung von Problemen, die ihrer Natur nach nur entweder bei Männern oder bei Frauen auftreten können, zwingend erforderlich sind. Fehlt es an zwingenden Gründen für solche Differenzierungen, lassen sie sich nur noch im Wege einer Abwägung mit kollidierendem Verfassungsrecht legitimieren (BVerfGE 85, 191 <207 ff.>; 92, 91 <109>).

59

Die Regelung der VBLS zur Berücksichtigung von Mutterschutzzeiten aus der Wartezeitberechnung für den Erwerb einer Rentenanwartschaft gilt zwar einer geschlechtsspezifischen Problemstellung, stellt jedoch eine Ungleichbehandlung dar, die nicht zwingend erforderlich ist. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits in der Leitentscheidung zum Mutterschutz ausgeführt, dass dessen Ausgestaltung sich an der Gleichberechtigung orientieren muss (vgl. BVerfGE 109, 64 <89> m.w.N.; auch BVerfGE 87, 1 <42>). Auf eine tatsächliche Gleichstellung zielt die Freistellung der Arbeitgeber von der Umlage für Mutterschutzzeiten. So wird versucht, eine mögliche negative Steuerungswirkung der Belastung mit den Kosten des Mutterschutzes für Unternehmen durch ein Ausgleichs- und Umlageverfahren zu verhindern (vgl. BVerfGE 109, 64 <90>). Der Gesetzgeber verfolgt also ein verfassungsrechtlich vorgegebenes Ziel, wenn er den Mutterschutz umlagefrei stellt, denn täte er dies nicht, wäre ein Anreiz für Arbeitgeber vorhanden, Frauen in gebärfähigem Alter nicht zu beschäftigen. Diese Systementscheidung darf aber nicht über daran anknüpfende Regeln wie die der VBLS a.F. zu Lasten von Müttern gehen (vgl. auch EuGH, Urteil vom 1. Juli 2010, Rs. C-194/08, Gassmayr; Urteil vom 13. Januar 2005, Rs. C-356/03, Mayer). Zwar steht es dem Gesetzgeber ebenso wie der VBL frei zu entscheiden, wie genau die Lasten des Mutterschutzes verteilt werden. Jedoch rechtfertigt dies keine Diskriminierung von Müttern durch die Hintertür.

60

Für die hier entscheidungserhebliche Regelung der VBLS a.F. zum Mutterschutz sind auch sonst keine sachlichen Gründe erkennbar, die eine Benachteiligung von Müttern rechtfertigen könnten. Insbesondere ist die Anrechnung von Mutterschaftszeiten bei Bezug einer Versorgungsrente im Rahmen der Ermittlung der gesamtversorgungsfähigen Zeit nach § 42 Abs. 2 Buchstabe a VBLS a.F. in Verbindung mit § 54 Abs. 1 und 3, § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI zur Hälfte nicht geeignet, die Nichtberücksichtigung für die Wartezeit zu legitimieren. Vielmehr stellt auch diese Halbanrechnung Mütter schlechter als diejenigen, die einen Krankengeldzuschuss des Arbeitgebers beziehen, da deren Zeiten voll als Umlagemonate angerechnet werden. Zudem gilt die hälftige Anrechnung auch nur für die Versorgungsrente, käme also von vornherein für die Beschwerdeführerin nicht in Betracht, die lediglich einen Anspruch auf Versicherungsrente geltend macht.

61

3. Der Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG führt dazu, dass die Beschwerdeführerin die Berücksichtigung ihrer Mutterschutzzeiten im Rahmen der Berechnung ihres versorgungspflichtigen Entgelts und der zurückgelegten Umlagemonate nach § 29 Abs. 7 und Abs. 10 VBLS a.F. verlangen kann. Entsprechend sind diese Zeiten auf die Wartezeit nach § 38 Abs. 1 VBLS a.F. anzurechnen.

62

a) Verstoßen Allgemeine Versicherungsbedingungen - wie hier in Form der Satzung der VBL - gegen Art. 3 GG, so bewirkt dies nach der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Rechtsprechung der Zivilgerichte die (teilweise) Unwirksamkeit der betroffenen Klausel. Hierdurch entstehende Regelungslücken können im Wege ergänzender Vertragsauslegung geschlossen werden (vgl. BVerfGE 124, 199 <233 f.>; BGHZ 174, 127 <175 ff.>). Zwar führt der gleichheitswidrige Ausschluss von einer Vergünstigung dann nicht notwendigerweise dazu, dass dem Betroffenen ein Anspruch auf Gewährung der Vergünstigung zusteht. Das gilt insbesondere, wenn es mehrere Möglichkeiten gibt, um eine verfassungsgemäße Regelung zu erzielen. Insofern können die für Gleichheitsverstöße des Gesetzgebers entwickelten Grundsätze entsprechend herangezogen werden (vgl. BVerfGE 82, 126 <154 f.>; 103, 225 <240>; 107, 27 <57>; 120, 125 <167>). Etwas anderes gilt aber, wenn der Gleichheitsverstoß nur durch eine Ausdehnung der begünstigenden Regelung auf die ausgeschlossene Gruppe beseitigt werden kann (vgl. BVerfGE 29, 283 <303>; 55, 100 <113 f.>; 92, 91 <121>). So liegt der Fall hier. Eine Gleichbehandlung der Versicherten, die während ihrer Versicherungszeiten Mutterschutz in Anspruch genommen haben, und denjenigen, für die während ihrer Krankheit gemäß § 29 Abs. 1 und Abs. 7 Satz 5 VBLS a.F. von ihren Arbeitgebern Umlagen entrichtet worden sind, lässt sich nachträglich nur dadurch erreichen, dass die Mutterschutzzeiten als Umlagezeiten angerechnet werden.

63

b) Bei einem Verstoß gegen das Gleichheitsgrundrecht stellt sich grundsätzlich die Frage nach einer zeitlichen Begrenzung (vgl. BVerfGE 121, 241 <266>). So kann das Bundesverfassungsgericht die Fortgeltung einer verfassungswidrigen Norm zum Beispiel anordnen, wenn dies aus Gründen einer geordneten Finanz- und Haushaltsplanung geboten ist oder wenn die Verfassungslage bisher nicht hinreichend geklärt war und dem Gesetzgeber aus diesem Grund eine angemessene Frist zur Schaffung einer Neuregelung - auch für Tatbestände in der Vergangenheit - zu gewähren ist (vgl. BVerfGE 120, 125 <168> m.w.N.). Entsprechend kann auch bei einem Grundrechtsverstoß durch die Ausgestaltung von Versicherungsbedingungen im Rahmen einer Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst, die auf der Satzung einer öffentlichen Anstalt beruht, eine zeitliche und sachliche Beschränkung der Folgewirkungen zulässig und geboten sein, wenn ansonsten eine schwerwiegende Störung des finanziellen Gleichgewichts im Versicherungssystem zu befürchten wäre (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Mai 2001, Rs. C-262/88, Barber, Slg. 1990 I-1889 <1955>). Dies folgt bereits aus der Schutzpflicht gegenüber den Grundrechtspositionen anderer Versicherter aus Art. 14 Abs. 1 GG.

64

Von der Gefahr einer derartigen Störung kann aber vorliegend nicht ausgegangen werden. Eine Anrechnung von Mutterschutzzeiten, die auch schon vor dem 17. Mai 1990 in Anspruch genommen wurden, stellt jedenfalls dann keine echte rückwirkende Regelung dar, wenn der Versicherungsfall wie bei der Beschwerdeführerin bislang noch nicht eingetreten ist und Ausschlussfristen der Geltendmachung ihres Anspruchs nicht entgegenstehen. Denn die ausgezahlte Rente wird erst mit Eintritt des Versicherungsfalls berechnet (vgl. §§ 33 ff. VBLS). Auch sonst ist die Gefahr einer Störung des finanziellen Gleichgewichts der Zusatzversorgung durch die Berücksichtigung von Mutterschutzzeiten der Versicherten nicht ersichtlich. Das gilt auch, weil wegen der Ausschlussfristen in der Satzung der VBL eine rückwirkende Berücksichtigung von Mutterschutzzeiten nur sehr begrenzt in Betracht kommen dürfte.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

1. § 17 Satz 1 des Gesetzes über den Hamburgischen Versorgungsfonds - Anstalt öffentlichen Rechts - (HVFG) vom 21. November 2006 (Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt I Seite 557) ist mit Artikel 3 Absatz 1 und 2 des Grundgesetzes unvereinbar.

2. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, spätestens bis zum 31. Dezember 2010 eine Neuregelung zu treffen.

Gründe

A.

1

Das konkrete Normenkontrollverfahren betrifft die Frage, inwieweit der Landesgesetzgeber zwischen verschiedenen Arbeitnehmergruppen differenzieren darf, wenn er bestimmten Arbeitnehmern, die im Bereich des öffentlichen Dienstes beschäftigt waren, für den Fall der Privatisierung ihres Arbeitgebers einen Anspruch auf Rückkehr in ein Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst gewährt und anderen Arbeitnehmern nicht.

I.

2

1. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Klägerin) ist seit dem 22. Juni 1987 als Reinigungskraft im Allgemeinen Krankenhaus Altona tätig. Der damals bestehende städtische Landesbetrieb Krankenhäuser (LBK) war rechtlich nicht verselbständigt. Das Arbeitsverhältnis bestand daher unmittelbar mit der Freien und Hansestadt Hamburg.

3

2. Aufgrund § 17 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Errichtung der Anstalt Landesbetrieb Krankenhäuser vom 11. April 1995 (LBKHG - HmbGVBl I S. 77) gingen die Arbeitsverhältnisse der in den städtischen Krankenhäusern tätigen Arbeitnehmer auf den Landesbetrieb Krankenhäuser Hamburg (LBK Hamburg), eine rechtsfähige Anstalt öffentlichen Rechts, über. Träger des LBK Hamburg war gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 LBKHG die Stadt. § 17 Abs. 2 LBKHG lautete:

4

Die Freie und Hansestadt Hamburg ist verpflichtet, für den Fall der Überführung der Anstalt in eine andere Trägerschaft dafür Sorge zu tragen, dass die Beschäftigten, die zum Stichtag des Übergangs auf den LBK Hamburg bei den Landesbetrieben beschäftigt waren, von dem neuen Träger unter Wahrung ihres Besitzstandes übernommen werden.Die Freie und Hansestadt Hamburg ist außerdem verpflichtet, im Falle einer Überführung der gesamten Anstalt in eine andere Trägerschaft ohne Mehrheitsbeteiligung der Freien und Hansestadt Hamburg diese Mitarbeiter auf deren Wunsch unter Wahrung der bei der Anstalt erreichten Lohn- und Vergütungsgruppe und Beschäftigungszeit wieder in den Diensten der Freien und Hansestadt Hamburg zu beschäftigen.Im Falle der Überführung einzelner Krankenhäuser oder anderer Einrichtungen des LBK Hamburg oder Teilen von ihnen in eine andere Trägerschaft ohne Mehrheitsbeteiligung des LBK Hamburg ist der LBK Hamburg verpflichtet, den Beschäftigten, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes als Arbeitnehmer oder Beamte beim LBK … beschäftigt gewesen sind, unter Wahrung der beim LBK Hamburg erreichten Lohn- und Vergütungsgruppe sowie Beschäftigungszeit den Verbleib in der Anstalt zu ermöglichen.

5

3. Ab dem 1. Januar 2000 beauftragte der LBK Hamburg die C ... GmbH mit der Durchführung der Reinigungsarbeiten in den Krankenhäusern. Die Arbeitsverhältnisse der im Reinigungsbereich tätigen Arbeitnehmer gingen aufgrund eines Betriebsteilübergangs gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die C... GmbH über. Auch die Klägerin wurde fortan von diesem Unternehmen, einer hundertprozentigen Tochter des LBK Hamburg, beschäftigt.

6

4. Mit dem Gesetz zur Errichtung der Betriebsanstalt LBK Hamburg (LBKBetriebG), das als Art. 1 des Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse des Landesbetriebs Krankenhäuser Hamburg - Anstalt öffentlichen Rechts - vom 17. Dezember 2004 (HmbGVBl I S. 487) in Kraft getreten ist, wurde mit Wirkung zum 1. Januar 2005 die Betriebsanstalt "LBK Hamburg - Anstalt öffentlichen Rechts" (Betriebsanstalt LBK Hamburg) errichtet. Zugleich wurde das LBKHG durch Art. 3 Ziffer 1 des Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse des Landesbetriebs Krankenhäuser Hamburg - Anstalt öffentlichen Rechts - vom 17. Dezember 2004 in "Gesetz zur Errichtung der Anstalt Landesbetrieb Krankenhäuser Hamburg Immobilien Anstalt öffentlichen Rechts (LBK-Immobilien Gesetz)" umbenannt, und dementsprechend wurde der bisherige LBK Hamburg gemäß Art. 3 Ziffer 2 des Neuregelungsgesetzes in LBK-Immobilien umbenannt. Bei der nunmehr neben der neu errichteten Betriebsanstalt LBK Hamburg bestehenden, nur noch als Besitzanstalt fungierenden LBK-Immobilien verblieben nur vier Personalstellen. Der Betrieb der Krankenhäuser wurde auf die Betriebsanstalt LBK Hamburg übertragen, deren Träger der LBK-Immobilien war (§ 1 Abs. 1 Satz 4 LBKBetriebG).

7

Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 LBKBetriebG gingen die Arbeitsverhältnisse der bisher beim ("alten") LBK Hamburg beschäftigten Arbeitnehmer mit Wirkung zum 1. Januar 2005 auf die Betriebsanstalt LBK Hamburg (den "neuen" LBK Hamburg) über. In § 14 Abs. 1 Satz 2 LBKBetriebG war geregelt, dass § 613a Absätze 1, 2 und 4 bis 6 BGB entsprechend gelten sollten. Die betroffenen Arbeitnehmer wurden darauf hingewiesen, dass sie dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse auf die Betriebsanstalt LBK Hamburg widersprechen könnten.

8

Mit der Verordnung zur Umwandlung der Betriebsanstalt LBK Hamburg in eine Kapitalgesellschaft vom 4. Januar 2005 (HmbGVBl I S. 4) wurde die Betriebsanstalt LBK Hamburg, bisher Anstalt öffentlichen Rechts mit dem LBK-Immobilien als ihrem Träger, sodann in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung umgewandelt, deren Mehrheitsgesellschafterin die Besitzanstalt LBK-Immobilien war. Nach § 2 Abs. 1 dieser Verordnung blieben die Rechte und Pflichten der Beschäftigten aus den bestehenden Arbeitsverträgen durch den Formwechsel unberührt.

9

Damit wurde der Großteil der bereits 1995 von der Stadt auf den LBK Hamburg übergeleiteten und dort ununterbrochen beschäftigten Arbeitnehmer zum Jahreswechsel 2004/2005 mit der Betriebsanstalt LBK Hamburg ausgegliedert, um das Arbeitsverhältnis anschließend nach der Umwandlung der Betriebsanstalt mit der neu gegründeten LBK Hamburg GmbH fortzusetzen. Mehrheitsgesellschafter der LBK Hamburg GmbH blieb vorerst die öffentliche Hand in Gestalt der Besitzanstalt LBK-Immobilien, deren Träger die Stadt war. Ziel der Umstrukturierung war aber, die Betriebsgesellschaft nach dem Formwechsel "durch Aufnahme des strategischen Partners" teilweise zu privatisieren (Bürgerschafts-Drucks 18/849, S. 11).

10

Der früheren Regelung zum Rückkehrrecht der Arbeitnehmer in § 17 Abs. 2 LBKHG entsprach nunmehr § 15 Abs. 2 LBK-Immobilien Gesetz (vgl. Art. 3 Ziffer 15 des Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse des Landesbetriebs Krankenhäuser Hamburg - Anstalt öffentlichen Rechts - vom 17. Dezember 2004 ). Ergänzend wurde in Abs. 3 des § 15 LBK-Immobilien Gesetzes geregelt, dass das Rückkehrrecht auch dann besteht, wenn die neu errichtete Anstalt öffentlichen Rechts in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt worden ist und der LBK-Immobilien seine Beteiligung an der Kapitalgesellschaft mehrheitlich veräußert.

11

5. Die Mehrheit der Anteile an der LBK Hamburg GmbH (74,9 %) ging am 1. Januar 2007 von der Stadt auf die A ... GmbH (im Folgenden: A ... GmbH) über. Zuvor war das LBK-Immobilien Gesetz durch Art. 1 Ziffer 1 des Gesetzes zur Änderung des LBK-Immobilien Gesetzes vom 21. November 2006 (HmbGVBl I S. 557) in "Gesetz über den Hamburgischen Versorgungsfonds - Anstalt öffentlichen Rechts - (HVFG)" umbenannt worden. Dementsprechend wurde der LBK-Immobilen in Hamburgischer Versorgungsfonds (HVF) umbenannt (§ 1 Abs. 1 Satz 1 HVFG in der Fassung des Art. 1 Ziffer 2 des Gesetzes zur Änderung des LBK-Immobilien Gesetzes vom 21. November 2006).

12

In § 17 HVFG wurde das Rückkehrrecht nunmehr wie folgt geregelt:

13

Veräußert der HVF seine Beteiligung an der LBK Hamburg GmbH mehrheitlich, so ist die Freie und Hansestadt Hamburg verpflichtet, diejenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der LBK Hamburg GmbH, die bereits im Zeitpunkt der Errichtung der LBK Hamburg - Anstalt öffentlichen Rechts - dort beschäftigt waren, auf deren Wunsch unter Wahrung der beim LBK Hamburg erreichten Lohn- und Vergütungsgruppe und Beschäftigungszeit wieder in den Diensten der Freien und Hansestadt Hamburg zu beschäftigen. Maßgeblicher Veräußerungszeitpunkt ist der Zeitpunkt des dinglichen Übergangs der Anteilsmehrheit. In diesem Fall hat die Leitung der LBK Hamburg GmbH alle betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von ihrem Recht nach Satz 1 schriftlich zu unterrichten. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können innerhalb von sechs Monaten nach Eingang der Mitteilung der Geschäftsleitung schriftlich mitteilen, dass sie von ihrem Recht Gebrauch machen. Die Überführung der Arbeitsverhältnisse in den Dienst der Freien und Hansestadt Hamburg soll dann binnen eines weiteren Jahres erfolgen. …

14

In der Gesetzesbegründung heißt es dazu (Bürgerschafts-Drucks 18/4930, S. 14):

15

Die Regelung über das Rückkehrrecht von bestimmten Beschäftigten der LBK Hamburg GmbH in den Dienst der Freien und Hansestadt Hamburg findet sich an dieser Stelle, weil der HVF die Anteile an der LBK Hamburg GmbH für die Stadt hält. Nur die Übertragung einer Mehrheit von Anteilen an der LBK Hamburg GmbH kann das Rückkehrrecht auslösen. Der Übergang der Anteilsmehrheit an der LBK Hamburg GmbH ist für den 1. Januar 2007 vorgesehen. Zur Verdeutlichung ist klargestellt, dass entsprechend der Regelung im LBKHG vom 11. April 1995 (HmbGVBl. S. 77), zuletzt geändert durch das Dritte Gesetz zur Änderung des LBK Hamburg Gesetzes vom 17. Dezember 2004 (HmbGVBl. S. 487) dieses Rückkehrrecht nur für die Beschäftigten der LBK Hamburg GmbH gilt, die bereits bei der Errichtung des Landesbetriebs Krankenhäuser Hamburg - Anstalt öffentlichen Rechts - dort beschäftigt waren und deren Beschäftigungsverhältnis bei der LBK Hamburg GmbH seitdem noch immer besteht.

16

Mit der Übertragung der Anteilsmehrheit auf die A ... GmbH waren die Voraussetzungen eines Rückkehrrechts nach § 17 HVFG für die in dieser Vorschrift bezeichnete Gruppe von Arbeitnehmern der LBK Hamburg GmbH zum 1. Januar 2007 erfüllt. Das von der Klägerin unter Hinweis auf ihre Zugehörigkeit zu dieser Gruppe ausgeübte Rückkehrrecht lehnte die Stadt mit der Begründung ab, die Klägerin sei nicht Arbeitnehmerin der LBK Hamburg GmbH, sondern der rechtlich selbständigen C ... GmbH.

II.

17

1. Die Klägerin erhob daraufhin vor dem Arbeitsgericht Klage gegen die Stadt und beantragte "festzustellen, dass ihr ein Rückkehrrecht zur Stadt nach § 17 S. 1 bis 5 HVFG zusteht".

18

Sie vertrat die Auffassung, dass die Vorschrift nach ihrem Sinn und Zweck auch auf die Arbeitnehmer Anwendung finden könne, deren Arbeitsverhältnisse im Jahr 2000 auf die C ... GmbH übergegangen seien. Ein auf die Arbeitnehmer der LBK Hamburg GmbH beschränktes Verständnis der Norm verstoße zudem gegen Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG sowie gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG folgende Gebot des Vertrauensschutzes. Dass ihr im Jahr 2000 ein Widerspruch gegen den sie betreffenden Betriebsübergang möglich gewesen wäre, könne die Versagung eines Rückkehrrechts nach dem Wortlaut des § 17 HVFG nicht rechtfertigen. Auch die früher beim LBK Hamburg beschäftigten Arbeitnehmer, denen anders als ihr ein Rückkehrrecht zugebilligt worden sei, hätten dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse auf die LBK Hamburg GmbH am 1. Januar 2005 nach § 613a Abs. 6 BGB widersprechen können.

19

Die Stadt machte zur Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmergruppen geltend, die Tatsache, dass sie von Anfang an nur denjenigen Arbeitnehmern ein Rückkehrrecht habe einräumen wollen, die dem LBK Hamburg seit 1995 eng verbunden verblieben seien, stelle einen legitimen Differenzierungsgrund dar. Der Landesgesetzgeber habe im Jahr 1995 mit der Einräumung des Rückkehrrechts gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 LBKHG einen Ausgleich dafür geschaffen, dass den damals auf den LBK Hamburg übergeleiteten Beschäftigten kein Widerspruchsrecht gegen die Übertragung ihrer Arbeitsverhältnisse zugestanden habe. § 613a BGB habe aufgrund der gesetzlich angeordneten Organisationsänderung innerhalb des öffentlichen Dienstes nicht zur Anwendung kommen können, und der Gesetzgeber habe auch im LBKHG kein entsprechendes Widerspruchsrecht normiert. Um die Beschäftigten des neu geschaffenen LBK Hamburg dennoch umfassend vor dem von ihnen nicht beeinflussbaren Verlust ihres Arbeitsplatzes im öffentlichen Dienst abzusichern, sei ihnen im Falle einer späteren Überführung der gesamten Anstalt in eine private Trägerschaft das Rückkehrrecht zur Stadt eingeräumt worden. Auch bei der Aufspaltung und Umwandlung des LBK Hamburg nach dem LBKBetriebG in den Jahren 2004/2005 habe es sich um eine gesetzlich angeordnete Überleitung der Arbeitsverhältnisse gehandelt, bei der die Schutzvorschrift des § 613a BGB nicht unmittelbar habe Anwendung finden können. Dementsprechend sei den von der Übertragung betroffenen Arbeitnehmern weiterhin das potentielle Rückkehrrecht zur Stadt eingeräumt worden. Die Regelung der entsprechenden Anwendbarkeit des § 613a BGB in § 14 Abs. 1 Satz 2 LBKBetriebG sei nur deshalb getroffen worden, weil der Gesetzgeber nicht habe ausschließen können, dass die Gerichte den Arbeitnehmern im Falle eines Rechtsstreits auch ohne unmittelbare Geltung des § 613a BGB ein Widerspruchsrecht zugebilligt hätten. Solchen Rechtsstreitigkeiten habe vorgebeugt werden sollen. Faktisch wäre das Widerspruchsrecht aber ins Leere gelaufen, da die widersprechenden Arbeitnehmer zwar beim LBK-Immobilien verblieben wären, aber wegen dort fehlender Beschäftigungsmöglichkeiten mit einer betriebsbedingten Kündigung hätten rechnen müssen. Das Fortbestehen des gesetzlichen Rückkehrrechts sei damit im Ergebnis weiterhin die einzige Möglichkeit geblieben, im Falle der Privatisierung des gesamten Krankenhausbetriebs in den öffentlichen Dienst zurückzukehren. Anders habe sich die Situation bei den Beschäftigten dargestellt, deren Arbeitsverhältnisse im Jahre 2000 aufgrund einer unternehmerischen Entscheidung des LBK Hamburg durch einen rechtsgeschäftlichen Teilbetriebsübergang auf die C ... GmbH übergegangen seien. Sie hätten den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf eine privatrechtliche Gesellschaft durch Ausübung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB verhindern können. Die Gefahr einer betriebsbedingten Kündigung sei zwar nicht gänzlich auszuschließen gewesen. In Anbetracht des beim LBK Hamburg verbliebenen Personalkörpers und Aufgabenkreises sowie des zu beachtenden Grundsatzes der Sozialauswahl wäre eine solche Kündigung aber kaum durchsetzbar gewesen. Insofern hätten die von dieser Teilausgliederung betroffenen Arbeitnehmer keines besonderen, über das Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB hinausgehenden Schutzes durch ein Rückkehrrecht zur Stadt bedurft. Diese Arbeitnehmer, die sich - indem sie nicht widersprochen hätten - entschieden hätten, ihre Tätigkeit ab 2000 bei der C ... GmbH auszuüben, hätten davon ausgehen müssen, dass mit der Ausgliederung auf ein eigenständiges Unternehmen auch Veränderungen in ihren Arbeitsverhältnissen einhergingen. Die Klägerin habe die für sie nachteilige Folge, kein Rückkehrrecht mehr geltend machen zu können, selbst verursacht, indem sie dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die C ... GmbH nicht widersprochen habe. Außerdem stelle die Gebäudereinigung keine genuin medizinische oder wie im Falle des technischen und des Verwaltungspersonals annexförmig dem Gesundheitswesen angegliederte Dienstleistung dar.

20

Die Klägerin schloss sich der Auffassung der Stadt an, dass die Widerspruchsmöglichkeit der Beschäftigten des LBK Hamburg zum Jahreswechsel 2004/2005 nach den tatsächlichen Verhältnissen bedeutungslos gewesen sei, weil bei Ausübung des Widerspruchsrechts die Gefahr einer betriebsbedingten Kündigung wegen fehlender verbleibender Arbeitsplätze beim LBK Hamburg bestanden hätte. Nicht anders sei aber die Situation der Beschäftigten im Reinigungsbereich im Jahr 2000 gewesen. Auch für sie hätte bei Erklärung eines Widerspruchs gegen den Betriebsübergang auf die C ... GmbH die Gefahr einer betriebsbedingten Kündigung bestanden. Ihre Arbeitsplätze seien beim LBK Hamburg mit der Ausgliederung weggefallen, und andere vergleichbare Arbeitsplätze seien beim LBK Hamburg schon mangels entsprechender sonstiger Qualifikation der Reinigungskräfte nicht vorhanden gewesen.

21

2. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Die Klägerin legte Berufung ein. Mit Beschluss vom 13. August 2008 setzte das Landesarbeitsgericht den Rechtsstreit aus und legte dem Bundesverfassungsgericht die Frage vor, ob § 17 HVFG mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

22

a) Die dem Bundesverfassungsgericht vorgelegte Frage sei entscheidungserheblich. Sei § 17 HVFG anzuwenden, müsse die Klage abgewiesen werden, weil eine Anspruchsgrundlage für das geltend gemachte Rückkehrrecht fehle. § 17 HVFG setze voraus, dass die Klägerin am 1. Januar 2007 als dem Zeitpunkt, in dem die Stadt die Anteilsmehrheit an der LBK Hamburg GmbH an die A ... GmbH übertragen habe, Arbeitnehmerin der LBK Hamburg GmbH gewesen sei. Die Klägerin stehe jedoch aufgrund eines Betriebsteilübergangs gemäß § 613a BGB seit dem 1. Januar 2000 in einem Arbeitsverhältnis mit der C ... GmbH. Für eine analoge Anwendung von § 17 HVFG sei kein Raum. Es fehle bereits an einer planwidrigen Regelungslücke. Der Wille des Gesetzgebers, dem die Ausgliederung des Reinigungsbereichs bekannt gewesen sei, gehe vielmehr ausweislich des klaren Wortlauts des Gesetzes dahin, das Rückkehrrecht auf diejenigen zu beschränken, die Beschäftigte der LBK Hamburg GmbH gewesen seien. Deshalb sei es den Fachgerichten auch nicht möglich, durch eine verfassungskonforme Auslegung den Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG im Falle der Klägerin zu vermeiden. Da die Chance bestehe, dass der Gesetzgeber nach einer Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Regelung über das Rückkehrrecht § 17 HVFG dahingehend ändere, dass er auch der Klägerin ein Rückkehrrecht einräume, komme es für die Entscheidung im Ausgangsverfahren auf die Verfassungsmäßigkeit der zur Überprüfung gestellten Vorschrift an.

23

b) Nach Überzeugung des Landesarbeitsgerichts verstößt § 17 HVFG gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

24

Die Vergleichsgruppen bestünden aus den seit 2000 bei der C ... GmbH beschäftigten Reinigungskräften einerseits und aus den damals beim LBK Hamburg verbliebenen Arbeitnehmern andererseits. Für letztere habe der Gesetzgeber auch bei den gesetzlichen Fortschreibungen ein im Wesentlichen unverändertes Rückkehrrecht zur Stadt vorgesehen, für erstere aber nicht, was im Hinblick auf Haftung, Arbeitsplatzsicherheit und Anwendbarkeit tariflicher Regelungen, beispielsweise des Ausschlusses einer ordentlichen Kündigung nach längerer Betriebszugehörigkeit, einen nicht unbeträchtlichen Nachteil darstelle.

25

Es handele sich um eine unterschiedliche Regelung für Personengruppen. Daher sei eine strenge Prüfung notwendig. Soweit der Gesetzgeber in § 17 HVFG der einen Gruppe ein Rückkehrrecht zur Stadt zubillige, der Gruppe, zu der die Klägerin gehöre, aber nicht, fehle es an einem sachlichen Differenzierungsgrund. Bereits im Jahr 1995 sei es die gesetzgeberische Absicht gewesen, die Beschäftigten des neu geschaffenen LBK Hamburg umfassend vor dem nicht beeinflussbaren Verlust ihrer Arbeitsstelle im öffentlichen Dienst abzusichern. Deshalb sei für den Fall einer späteren Überführung der gesamten Anstalt in eine private Trägerschaft das Rückkehrrecht zur Stadt gesetzlich eingeräumt worden. Die Rechtsstellung der Beschäftigten habe so gewahrt werden sollen, und finanzielle Nachteile hätten so verhindert werden sollen. Von dieser gesetzgeberischen Wohltat seien damals auch die Reinigungskräfte erfasst worden. Ihr später aufgrund unternehmerischer Entscheidung erfolgter Wechsel in eine hundertprozentige Tochtergesellschaft stelle keinen sachlichen Grund dar, ihnen im Gegensatz zu ihren vergleichbaren Kollegen bei Erlass des § 17 HVFG das Rückkehrrecht vorzuenthalten. Für eine solche Differenzierung lasse sich kein vernünftiger, aus der Natur der Sache folgender oder sonst einleuchtender Grund finden.

26

Der Gesetzgeber knüpfe für das Entstehen des Rückkehrrechts nicht an den formalen Wechsel der Person des jeweiligen Arbeitgebers oder seiner Rechtsform an, sondern stelle darauf ab, ob aufgrund der Übertragung von Mehrheitsanteilen von einer das Rückkehrrecht auslösenden Privatisierung des LBK Hamburg auszugehen sei. Es bestehe auch kein Unterschied in der Wahlmöglichkeit der Beschäftigten beider Gruppen beim Wechsel des Arbeitgebers. Allen Beschäftigten sei 1995 ein Rückkehrrecht zur Kompensation des gesetzlich angeordneten, von den Beschäftigten nicht beeinflussbaren Arbeitgeberwechsels eingeräumt worden. Sodann sei zum 1. Januar 2000 ein weiterer, diesmal rechtsgeschäftlicher Wechsel für die Beschäftigten im Reinigungsbereich mit einem von der Rechtsprechung anerkannten Widerspruchsrecht gemäß § 613a BGB erfolgt. Da keine vergleichbaren Arbeitsplätze beim LBK Hamburg verblieben seien, wäre im Falle des Widerspruchs eine betriebsbedingte Kündigung zu erwarten gewesen. Keinesfalls wäre es arbeitsrechtlich angeraten gewesen, dem Betriebsübergang zu widersprechen. Genauso theoretisch sei das den Beschäftigten der Vergleichsgruppe eingeräumte Widerspruchsrecht durch den gemäß § 14 Abs. 1 LBKBetriebG vom 17. Dezember 2004 erfolgten Verweis auf § 613a Abs. 6 BGB gewesen, da bei der Besitzanstalt LBK-Immobilien nur vier Arbeitsplätze verblieben seien.

27

Die Differenzierung könne auch nicht mit den unterschiedlichen Aufgaben der Betroffenen begründet werden. Ohne Reinigungsarbeiten lasse sich ein Krankenhaus genauso wenig betreiben wie ohne medizinische, pflegerische, technische oder verwaltende Tätigkeiten. Würde der unterschiedliche Aufgabenbereich, der Grad der Vorbildung oder die Nähe der Aufgabe zum medizinischen Kerngeschäft als Kriterium herangezogen, würde sich angesichts des weitaus größeren Frauenanteils in der Gruppe der bei der C ... GmbH Beschäftigten zudem das Problem einer mittelbaren Diskriminierung stellen.

28

Ein zulässiger Differenzierungsgrund könne zwar auch in der Befugnis des Gesetzgebers zur Typisierung und Generalisierung von Sachverhalten liegen. Die damit verbundenen Belastungen seien hinzunehmen, wenn sie nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären, lediglich eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen beträfen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv sei. Auch danach erweise sich die Regelung aber nicht als verfassungsgemäß. Die Belastung der Reinigungskräfte ließe sich durch ihre Einbeziehung in das Rückkehrrecht einfach vermeiden. Es sei auch keine im Verhältnis zur begünstigten Gruppe nur kleine Zahl von Personen betroffen, und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz sei nicht belanglos.

III.

29

Zur Vorlage haben der Präses der Justizbehörde für den Senat der Freien und Hansestadt Hamburg, die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts, der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, die dbb Tarifunion und die Klägerin des Ausgangsverfahrens Stellung genommen.

30

1. Im Anschluss an den Vortrag der Stadt im Ausgangsverfahren hat der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg im Hinblick auf die Ausführungen der Klägerin, ein Widerspruch gegen den Betriebsübergang sei angesichts des Risikos einer dann folgenden betriebsbedingten Kündigung eine rein theoretische Möglichkeit gewesen, auf § 9 der "Rahmendienstvereinbarung Beschäftigungssicherung im LBK Hamburg" vom 23. Juni 1997 und auf Anschlussvereinbarungen vom 4. Januar 1999 und 22. Dezember 2000 hingewiesen. In diesen Dienstvereinbarungen des Vorstands und des Gesamtpersonalrats des LBK Hamburg ist geregelt, dass der LBK Hamburg im Zusammenhang mit Maßnahmen, die dem Geltungsbereich dieser Dienstvereinbarungen unterfielen, zeitlich befristet auf betriebsbedingte Änderungs- und Beendigungskündigungen verzichtet. Zur Frage einer mittelbaren Frauendiskriminierung hat der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg mitgeteilt, dass im Januar 2007 der Anteil der weiblichen Beschäftigten im LBK Hamburg bei 69,5 % und bei der C ... GmbH bei 93,5 % lag.

31

2. Die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts hat eine Stellungnahme des Vorsitzenden des Achten Senats übersandt, wonach dort mehrere Revisionsverfahren zu Fragen des Rückkehrrechts in den Landesdienst nach dem HVFG anhängig seien.

32

3. Nach Ansicht des Deutschen Gewerkschaftsbunds wäre § 17 HVFG verfassungswidrig, wenn man die Vorschrift so wie das Landesarbeitsgericht interpretierte. Dann läge eine willkürliche, gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Ungleichbehandlung zwischen den auf die C... GmbH übergegangenen Arbeitnehmern des Reinigungsbereichs und den bei dem LBK Hamburg verbliebenen Arbeitnehmern vor. Die gerichtliche Auslegung des § 17 Satz 1 HVFG, nach der für ein Rückkehrrecht ein Arbeitsverhältnis mit der LBK Hamburg GmbH bestehen müsse, sei jedoch zu eng. Richtig sei vielmehr eine Auslegung, die von der gesellschaftsrechtlichen Lage abstrahiere und auf den letztlich hinter den gesellschaftsrechtlichen Konstruktionen stehenden Eigentümer abstelle. Daher genüge es bei verfassungskonformer Auslegung der Norm, dass der Mitarbeiter seine Tätigkeit an einem Objekt der LBK Hamburg ausübe, auch wenn das Arbeitsverhältnis mit der C ... GmbH bestehe.

33

4. Nach Auffassung der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und der dbb Tarifunion ist § 17 HVFG, soweit er das Rückkehrrecht auf Mitarbeiter der LBK Hamburg GmbH beschränkt, wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verfassungswidrig. Für die Vergleichsgruppen, die Beschäftigten bei der C ... GmbH und bei der LBK Hamburg GmbH, führe die Regelung zu unterschiedlichen, für die Klägerin nachteiligen Ergebnissen. Diese unterschiedliche Behandlung vergleichbarer Personengruppen sei mangels eines sachlichen Differenzierungsgrundes verfassungswidrig. Die Angestellten der C ... GmbH seien ebenso wie das sonstige Krankenhauspersonal in den internen Arbeitsablauf integriert. Der Entzug des Rückkehrrechts betreffe auch keine vergleichsweise kleine Personengruppe, die bei einer typisierenden Regelung nicht hätte berücksichtigt werden müssen. Jedenfalls sei es auch unter dem Gesichtspunkt der Typisierung verfassungsrechtlich nicht erlaubt, die fiskalischen Interessen der Stadt durch die willkürliche Herausnahme von sozial besonders schutzbedürftigen Arbeitnehmern aus einem Rückkehrangebot zu wahren. Die Klägerin hätte den Eintritt der ihr mit der Gesetzesänderung vom 21. November 2006 entstehenden Nachteile auch nicht durch Ausübung des Widerspruchsrechts verhindern können. Da beim LBK Hamburg keine Arbeitsplätze im Reinigungsbereich verblieben seien, hätte mit einer betriebsbedingten Kündigung gerechnet werden müssen. Die Stadt, der LBK Hamburg und die C ... GmbH hätten den arbeitsrechtlichen Schutz der Klägerin systematisch ausgehebelt.

34

5. Die Klägerin hat sich unter Bezugnahme auf ihren Vortrag im Ausgangsverfahren ebenfalls der Auffassung des Landesarbeitsgerichts angeschlossen, § 17 HVFG sei verfassungswidrig.

B.

35

Die Vorlage ist zulässig. Das Landesarbeitsgericht hat seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit des § 17 Satz 1 HVFG und von der Entscheidungserheblichkeit der verfassungsrechtlichen Beurteilung der Norm ausreichend begründet (§ 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG).

C.

36

§ 17 Satz 1 HVFG ist mit Art. 3 Abs. 1 und 2 GG unvereinbar.

I.

37

Die Regelung des § 17 Satz 1 HVFG verstößt gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, weil sie die schon im April 1995 und seitdem ununterbrochen in den ehemals städtischen Krankenhäusern tätigen, seit 2000 bei der C... GmbH angestellten Arbeitnehmer in nicht zu rechtfertigender Weise gegenüber vergleichbaren Arbeitnehmern benachteiligt.

38

1. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Verboten ist auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird (vgl. BVerfGE 110, 412 <431>; 112, 164 <174>; 116, 164 <180>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 7. Juli 2009 - 1 BvR 1164/07 -, VersR 2009, S. 1607 <1609>).

39

2. § 17 Satz 1 HVFG führt zu einer Ungleichbehandlung innerhalb der Gruppe der Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse 1995 von der Stadt auf den LBK Hamburg übergeleitet wurden. Den Reinigungskräften, denen damals mit den anderen an den Kliniken der Stadt bei der Gründung des LBK Hamburg beschäftigten Arbeitnehmern durch § 17 Abs. 2 LBKHG für den Fall der Privatisierung ein Rückkehrrecht in den öffentlichen Dienst gewährt wurde, wird nunmehr durch die Neuregelung des § 17 Satz 1 HVFG ein solches Rückkehrrecht verwehrt. Dieses Recht soll nach dieser Vorschrift nur den Arbeitnehmern zustehen, die zuletzt bei der LBK Hamburg GmbH beschäftigt waren, nicht aber denjenigen, deren Arbeitsverhältnisse schon im Jahr 2000 vom LBK Hamburg auf die C ... GmbH übergegangen waren, weil diese Arbeitnehmer am 1. Januar 2007 nicht "Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der LBK Hamburg GmbH" waren.

40

a) Die Ungleichbehandlung der Arbeitnehmergruppen wird bei einer Gegenüberstellung der sie betreffenden rechtlichen Rahmenbedingungen seit 1995 deutlich.

41

aa) Die in den städtischen Krankenhäusern beschäftigten Arbeitnehmer mit Ausnahme des Reinigungspersonals standen bis 2004 in einem Arbeitsverhältnis mit dem LBK Hamburg. Zum 1. Januar 2005 gingen diese Arbeitsverhältnisse kraft Gesetzes auf die neu errichtete Betriebsanstalt LBK Hamburg über. Der Gesetzgeber ordnete in § 14 Abs. 1 Satz 2 LBKBetriebG an, dass § 613a Abs. 6 BGB entsprechend gelten solle, die Arbeitnehmer dem Arbeitgeberwechsel also widersprechen könnten. Der Widerspruch hätte zur Folge gehabt, dass das Arbeitsverhältnis mit dem früheren LBK Hamburg fortbestanden hätte, der nunmehr Landesbetrieb Krankenhäuser Hamburg Immobilien hieß und nur noch als Besitzanstalt fungierte. Die nicht widersprechenden Mitarbeiter wurden sodann Arbeitnehmer der durch Umwandlung der Betriebsanstalt LBK Hamburg entstandenen LBK Hamburg GmbH.

42

Ein Rückkehrrecht nach § 15 Abs. 2 LBK-Immobilien Gesetz, der den ab 1995 geltenden § 17 Abs. 2 LBKHG ersetzte, lösten diese Vorgänge nicht aus. Dies wurde in § 15 Abs. 3 Satz 1 LBK-Immobilien Gesetz ausdrücklich klargestellt. Träger der Betriebsanstalt LBK Hamburg war der LBK-Immobilien, also der umbenannte frühere LBK Hamburg, dessen Träger wiederum die Stadt war. Die Umwandlung der Betriebsanstalt in die LBK Hamburg GmbH hatte zur Folge, dass der LBK-Immobilien die Gesellschafterstellung in der GmbH einnahm. Es kam zu keinem Verlust der Mehrheitsbeteiligung der Stadt beziehungsweise des früheren LBK Hamburg, so dass die Option einer Rückkehr in den weiter bestehenden Bereich des öffentlichen Dienstes nicht notwendig war. In § 15 Abs. 3 Satz 2 LBK-Immobilien Gesetz wurde aber § 15 Abs. 2 Satz 2 LBK-Immobilien Gesetz als Nachfolgeregelung des § 17 Abs. 2 Satz 2 LBKHG, also das Rückkehrrecht zur Stadt, für anwendbar erklärt, sobald der LBK-Immobilien seine Mehrheitsbeteiligung an der LBK Hamburg GmbH aufgeben sollte.

43

Dieser Fall trat am 1. Januar 2007 ein. Zu diesem Zeitpunkt hielt allerdings nicht mehr der LBK-Immobilien die Anteile an der LBK-Hamburg GmbH für die Stadt, sondern die mit dem Gesetz zur Änderung des LBK-Immobilien Gesetzes vom 21. November 2006 neu errichtete, Hamburgischer Versorgungsfonds genannte Anstalt öffentlichen Rechts. Das Rückkehrrecht der "Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der LBK Hamburg GmbH, die bereits im Zeitpunkt der Errichtung der LBK Hamburg - Anstalt öffentlichen Rechts - dort beschäftigt waren", in ein Arbeitsverhältnis unmittelbar mit der Stadt ergab sich nunmehr aus § 17 Satz 1 HVFG, da der HVF seine Beteiligung an der LBK Hamburg GmbH mehrheitlich veräußert hatte. Durch die Regelung begünstigt wurden also die Arbeitnehmer, deren Arbeitgeber vor der Errichtung des früheren LBK Hamburg die Stadt selbst war und deren Arbeitsverhältnisse im April 1995 kraft Gesetzes auf den LBK Hamburg übergegangen waren und zuletzt im Zeitpunkt der Privatisierung am 1. Januar 2007 mit der LBK Hamburg GmbH bestanden.

44

Für diese Arbeitnehmer sahen die Gesetze demnach seit April 1995 in allen zwischenzeitlich geltenden Fassungen ein Rückkehrrecht in den öffentlichen Dienst im Falle einer materiellen Privatisierung vor. Die gesetzlichen Voraussetzungen des Rückkehrrechts waren für sie erstmals am 1. Januar 2007 erfüllt. Außerdem hätte ihnen zum Jahreswechsel 2004/2005 ein Widerspruchsrecht zugestanden.

45

bb) Im Vergleich dazu entwickelte sich die Rechtslage für die im Bereich der Krankenhausreinigung beschäftigten Arbeitnehmer wie folgt:

46

Am 1. Januar 2000 gingen ihre Arbeitsverhältnisse gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB vom LBK Hamburg auf die C... GmbH über. Die Voraussetzungen eines Rückkehrrechts nach § 17 Abs. 2 LBKHG waren nicht erfüllt. Weder wurde der gesamte LBK Hamburg in eine andere Trägerschaft überführt (§ 17 Abs. 2 Satz 2 LBKHG), noch handelte es sich um die Überführung einer einzelnen Einrichtung der Anstalt in eine andere Trägerschaft ohne Mehrheitsbeteiligung des LBK Hamburg (§ 17 Abs. 2 Satz 3 LBKHG). Der LBK Hamburg hielt vielmehr 100 % der Anteile der C ... GmbH. Die Arbeitnehmer hätten dem Arbeitgeberwechsel allerdings widersprechen können. Zwar wurde das Widerspruchsrecht der von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer erst durch das Gesetz zur Änderung des Seemannsgesetzes und anderer Gesetze vom 23. März 2002 (BGBl I S. 1163) in § 613a Abs. 6 BGB kodifiziert. Es war aber schon zuvor in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts anerkannt (vgl. BAG, Urteil vom 8. Mai 2001 - 9 AZR 95/00 -, AP BGB § 613a Nr. 219, unter I 1 b cc der Gründe, m.w.N.). Bei einem Widerspruch hätte das Arbeitsverhältnis zum LBK Hamburg fortbestanden.

47

Zum 1. Januar 2005 ergab sich für das bei der C ... GmbH beschäftigte Reinigungspersonal keine Änderung ihrer arbeitsrechtlichen Position. Infolge der Umwandlung des LBK Hamburg in die LBK Hamburg GmbH rückte lediglich diese GmbH in die Gesellschafterstellung bei der C ... GmbH ein. Es lag daher kein Betriebsübergang vor, der ein Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB hätte auslösen können. Ein Rückkehrrecht zum LBK Hamburg konnte aus § 15 Abs. 2 LBK-Immobilien Gesetz, der § 17 Abs. 2 LBKHG ersetzte, schon deshalb nicht folgen, weil die Stadt weiterhin ihre Mehrheitsbeteiligung an der Besitzanstalt LBK-Immobilien, der Gesellschafterin der LBK Hamburg GmbH, hielt.

48

Auch zum 1. Januar 2007 änderte sich nichts daran, dass Arbeitgeber der Reinigungskräfte die C ... GmbH blieb. Eine Anwendung des § 613a Abs. 6 BGB schied daher aus. Allenfalls kam ein gesetzliches Rückkehrrecht der Arbeitnehmer zur Stadt in Betracht. Rechtsgrundlage dafür war nunmehr § 17 Satz 1 HVFG. Die sachliche Voraussetzung der Norm war erfüllt: Mehrheitsgesellschafterin der C ... GmbH war zwar weiterhin die LBK Hamburg GmbH, aber deren Mehrheitsgesellschafterin war ab diesem Zeitpunkt die nicht von der Stadt beherrschte A ... GmbH. In persönlicher Hinsicht kommt die im Zeitpunkt der Privatisierung geltende gesetzliche Grundlage für das Rückkehrrecht jedoch nur den Mitarbeitern zugute, die am 1. Januar 2007 bei der LBK Hamburg GmbH beschäftigt waren. Der persönliche Geltungsbereich der Norm erstreckt sich nicht auf die Reinigungskräfte als Arbeitnehmer einer Tochtergesellschaft der LBK Hamburg GmbH.

49

Diese Arbeitnehmer hätten also dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse auf die C ... GmbH zum 1. Januar 2000 widersprechen können. Ein Rückkehrrecht nach einem der seit 1995 für den Krankenhausbereich geltenden Landesgesetze konnten sie hingegen zu keinem Zeitpunkt geltend machen.

50

b) Eine abweichende Auslegung des § 17 Satz 1 HVFG dahingehend, dass auch den auf die C... GmbH übergeleiteten Arbeitnehmern ein Rückkehrrecht zusteht, kommt nicht in Betracht. Das Bemühen um eine verfassungskonforme Auslegung mit dem Ziel, einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG zu vermeiden, stößt dort an seine Grenzen, wo einem bereits nach dem Wortlaut, aber jedenfalls nach dem gesetzgeberischen Willen eindeutigen Gesetz eine davon abweichende Bedeutung verliehen beziehungsweise das gesetzgeberische Ziel in einem wesentlichen Punkt verfehlt oder verfälscht würde. Eine solche Auslegung, mit der an die Stelle der Gesetzesvorschrift inhaltlich eine andere gesetzt oder mit der ein Regelungsinhalt erstmals geschaffen wird, ist grundsätzlich nicht zulässig (vgl. BVerfGE 59, 330 <334>; 78, 20 <24>; zum gegenläufigen Willen des Landesgesetzgebers vgl. auch BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 1. Dezember 2009 - 1 BvR 2857/07, 1 BvR 2858/07 -, DVBl 2010, S. 108 <114>, Rn. 185). Ob schon der Wortlaut des § 17 Satz 1 HVFG unüberbrückbar einer Auslegung entgegensteht, nach der auch die bei einer Tochtergesellschaft der LBK Hamburg GmbH angestellten Reinigungskräfte eine Übernahme in ein Arbeitsverhältnis mit der Stadt verlangen könnten, muss nicht abschließend beurteilt werden. Eine Einbeziehung dieser Arbeitnehmer in den Anwendungsbereich der Norm scheidet jedenfalls nach dem eindeutig in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommenden und in der Praxis durch die Ablehnung der Rückkehr der Klägerin seitens der Stadt bestätigten Willen des Landesgesetzgebers aus, der das Rückkehrrecht in Kenntnis der Ausgliederung des Reinigungsbereichs im Jahr 2000 ausdrücklich auf die zuletzt bei der LBK Hamburg GmbH beschäftigten Mitarbeiter beschränken wollte.

51

3. Diese Ungleichbehandlung ist nicht gerechtfertigt.

52

a) Eine Ungleichbehandlung von Personengruppen verletzt Art. 3 Abs. 1 GG, wenn keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfGE 55, 72 <88>; 84, 197 <199>; 100, 195 <205>; 109, 96 <123>; 110, 274 <291>). Sie trifft hier mit den Reinigungskräften eine nach ihrer sozialen Zusammensetzung und ihrer ökonomischen Stellung eher schwache Gruppe, die tendenziell weniger in der Lage ist, sich gegen eine Schlechterstellung zu wehren. Zur Begründung dieser Ungleichbehandlung reicht es nicht aus, dass der Normgeber ein seiner Art nach geeignetes Unterscheidungsmerkmal berücksichtigt hat. Vielmehr muss auch für das Maß der Differenzierung ein innerer Zusammenhang zwischen den vorgefundenen Verschiedenheiten und der differenzierenden Regelung bestehen, der sich als sachlich vertretbarer Unterscheidungsgesichtspunkt von hinreichendem Gewicht anführen lässt (vgl. BVerfGE 93, 386 <401>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 7. Juli 2009 - 1 BvR 1164/07 -, VersR 2009, S. 1607 <1609>). Dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers sind dabei umso engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten, hier der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG), nachteilig auswirken kann (vgl. BVerfGE 121, 317 <370>).

53

b) Die Benachteiligung der Reinigungskräfte gegenüber den sonstigen Arbeitnehmern ist nicht gerechtfertigt. Ein sachlicher Differenzierungsgrund ist nicht erkennbar.

54

aa) Ein tragfähiger Grund für die Ungleichbehandlung liegt nicht darin, dass die Reinigungskräfte schon vor der das Rückkehrrecht nach § 17 Satz 1 HVFG auslösenden Privatisierung in einem privatrechtlich organisierten Unternehmen beschäftigt waren. Für die Arbeitnehmer, die die gesetzlichen Voraussetzungen des Rückkehrrechts zur Stadt erfüllen, gilt nämlich nichts anderes. Ihr Arbeitgeber war seit Anfang 2005 die LBK Hamburg GmbH. Beide Arbeitnehmergruppen waren damit zuletzt bei einer Kapitalgesellschaft beschäftigt, auf die die Stadt aber bis zum 31. Dezember 2006 kraft ihrer Beteiligung beherrschenden Einfluss hatte. Außerdem sollten die Arbeitnehmer durch das ursprünglich in § 17 Abs. 2 LBKHG und zuletzt in § 17 Satz 1 HVFG geregelte Rückkehrrecht nicht vor einem formalen Arbeitgeberwechsel oder einer Umstrukturierung, die den beherrschenden Einfluss der Stadt nicht berührt, geschützt werden. Vielmehr hat das Rückkehrrecht erst dann eingegriffen, als die Zugehörigkeit zum öffentlichen Dienst auch materiell dadurch verloren gegangen ist, dass die Stadt ihre Anteilsmehrheit aufgegeben hat.

55

bb) Die Argumentation der Stadt, die Reinigungskräfte hätten ihre Zugehörigkeit zum öffentlichen Dienst bei ihrer Ausgliederung am 1. Januar 2000 durch Erklärung eines Widerspruchs gegen den Arbeitgeberwechsel aufrecht erhalten können, zeigt keinen rechtserheblichen Unterschied zu den übrigen Arbeitnehmern auf.

56

(1) Den Reinigungskräften kann nicht unterstellt werden, sich im Jahr 2000 bewusst gegen einen Verbleib im öffentlichen Dienst entschieden zu haben. Vielmehr haben sie den Betriebsteilübergang vom LBK Hamburg auf die damals noch von der Stadt beherrschte C ... GmbH lediglich widerspruchslos hingenommen. Damit haben sie den Umstrukturierungsmaßnahmen der Stadt im Krankenhausbereich Folge geleistet und insofern sogar ihre Solidarität mit der städtischen Personalplanung unter Beweis gestellt. Daher kann dieses Verhalten nicht als Abkehr von der Stadt interpretiert werden und darf den Reinigungskräften nunmehr nicht zum Nachteil gereichen.

57

(2) Die auf einen unterstellten Abkehrwillen der Reinigungskräfte im Jahr 2000 gestützte Differenzierung ist aber auch aus einem weiteren Grund nicht tragfähig.

58

Die Stadt hatte den anderen, bis dahin beim LBK Hamburg beschäftigten Arbeitnehmern im Zuge der zum Jahreswechsel 2004/2005 durchgeführten Umwandlungen mit der Folge eines kraft Gesetzes eingetretenen Arbeitgeberwechsels ein Widerspruchsrecht entsprechend § 613a Abs. 6 BGB eingeräumt. Die Rechtslage war daher für beide Arbeitnehmergruppen in dem Zeitpunkt, in dem der LBK Hamburg aus der Arbeitgeberstellung zu ihnen ausschied, identisch. Beide Arbeitnehmergruppen hätten den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses mit dem LBK Hamburg durch Erklärung eines Widerspruchs herbeiführen können: Die Reinigungskräfte, als ihre Arbeitsverhältnisse am 1. Januar 2000 gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die C... GmbH übergingen, und die anderen Arbeitnehmer zum Jahreswechsel 2004/2005, als durch § 14 LBKBetriebG die neue, dann in eine GmbH umgewandelte Betriebsanstalt LBK Hamburg ihr Arbeitgeber wurde. Folglich ist es sachlich nicht gerechtfertigt, dass der Gesetzgeber im Hinblick auf das frühere Widerspruchsrecht der Reinigungskräfte nur den übrigen, nicht im Reinigungsbereich eingesetzten Arbeitnehmern für den Fall der späteren Privatisierung ein weiteres Instrumentarium zur Fortsetzung ihrer Beschäftigung im öffentlichen Dienst an die Hand geben wollte.

59

Ein rechtlich beachtlicher Unterschied kann auch nicht darin gesehen werden, dass die Reinigungskräfte im Januar 2000 einen erheblichen Anlass zum Widerspruch gegen den Arbeitgeberwechsel gehabt hätten, die anderen Arbeitnehmer zum Jahreswechsel 2004/2005 hingegen nicht. In beiden Fällen war ihr Arbeitgeber zuvor eine Anstalt öffentlichen Rechts und nach der Umstrukturierung eine privatrechtlich organisierte Kapitalgesellschaft, deren Anteile - zumindest mittelbar - mehrheitlich von der Stadt gehalten wurden. Beide Arbeitnehmergruppen konnten sich zum jeweiligen Zeitpunkt außerdem für den Fall einer späteren Veräußerung der Mehrheitsbeteiligung der Stadt auf ein gesetzliches Rückkehrrecht in den öffentlichen Dienst berufen. Den Reinigungskräften kann daher nicht entgegengehalten werden, sie hätten im Januar 2000 eine bessere Gelegenheit zum Widerspruch gegen den Arbeitgeberwechsel verstreichen lassen als die übrigen Arbeitnehmer zum Jahreswechsel 2004/2005.

60

Ein unterschiedlich starker Abkehrwille von der Stadt kommt im Unterlassen des Widerspruchs auch dann nicht zum Ausdruck, wenn man die jeweilige Motivation der Arbeitnehmer für ihr Verhalten zum jeweils maßgeblichen Zeitpunkt in den Blick nimmt. Der Hinweis der Stadt darauf, dass ein Widerspruch der zum Jahreswechsel 2004/2005 beim LBK Hamburg beschäftigten Arbeitnehmer vernünftigerweise nicht in Betracht gekommen sei, weil bei dieser Anstalt beziehungsweise bei der Besitzanstalt LBK-Immobilien im Zuge der durchgeführten Umstrukturierungen keine geeigneten Arbeitsplätze verblieben seien, greift nicht durch. Es ist nicht erkennbar, dass das Reinigungspersonal beim Betriebsteilübergang im Jahr 2000 den Widerspruch gegen den Arbeitgeberwechsel demgegenüber eher als vernünftige Option hätte ansehen können. Der LBK Hamburg hatte die Reinigungsarbeiten ausgegliedert und daher keinen Bedarf mehr für eine Beschäftigung eigener Reinigungskräfte. Für die Arbeitnehmer beider Gruppen hat sich somit in dem Zeitpunkt, in dem ihre Arbeitsverhältnisse vom LBK Hamburg auf einen neuen Arbeitgeber übergingen, keine Perspektive einer sicheren Weiterbeschäftigung beim LBK Hamburg geboten, wenn sie ihr Recht zum Widerspruch gegen den Arbeitgeberwechsel wahrgenommen hätten. An dieser Einschätzung ändert sich auch nichts, wenn angenommen wird, dass eine betriebsbedingte Kündigung der Reinigungskräfte durch den LBK Hamburg aufgrund einer im Januar 2000 geltenden Dienstvereinbarung bis Ende 2001 ausgeschlossen gewesen wäre. Damit wäre zwar vorübergehend der rechtliche Fortbestand des Arbeitsverhältnisses im Falle des Widerspruchs gesichert gewesen. Eine tatsächliche, auf Dauer angelegte Beschäftigungsmöglichkeit bestand nach dem Betriebsteilübergang aber nur noch bei der C ... GmbH, und genau diese Art des Einsatzes der Reinigungskräfte in den Krankenhäusern entsprach der damaligen Organisationsentscheidung der Stadt. Es kann daher keine Rede davon sein, dass die Reinigungskräfte eine Ausweichoption gehabt hätten, mit der sie sich keinem nennenswerten rechtlichen oder wirtschaftlichen Risiko ausgesetzt hätten (vgl. BVerfGE 120, 1 <53>).

61

Im Übrigen kommen hier derartige spekulative Überlegungen zur Motivationslage der Arbeitnehmer ohnehin nicht als Differenzierungsgrund in Betracht. Normativ betrachtet hat die Stadt für die von der Überleitung ihrer Arbeitsverhältnisse zum Jahreswechsel 2004/2005 betroffenen Arbeitnehmer durch Gesetz ein Widerspruchsrecht entsprechend § 613a Abs. 6 BGB vorgesehen und ihnen damit die Gelegenheit gegeben, sich für oder gegen einen Verbleib beim LBK Hamburg zu entscheiden. Vergleichbar war die Gesetzeslage für die am 1. Januar 2000 von einem Arbeitgeberwechsel betroffenen Reinigungskräfte. Die Argumentation der Stadt ist nicht schlüssig, wenn sie einerseits den Arbeitnehmern gesetzliche Widerspruchs- und Rückkehrrechte einräumt, andererseits jedoch meint, diese Rechte liefen in einem Falle leer, hätten aber im anderen Falle wahrgenommen werden müssen, um den Willen zum Verbleib im öffentlichen Dienst unter Beweis zu stellen. Der zunächst mit § 17 Abs. 2 LBKHG und zuletzt mit § 17 Satz 1 HVFG angestrebte gesetzliche "Schutz vor einer Privatisierung" muss daher losgelöst von der Frage betrachtet werden, ob und aus welchen Gründen sich die Arbeitnehmer gegebenenfalls dagegen entschieden hätten, diesen Schutz in Anspruch zu nehmen. Die Stadt muss sich an der von ihr gesetzten Rechtslage festhalten lassen.

62

cc) Die Benachteiligung der Reinigungskräfte kann entgegen dem Vorbringen der Stadt im Ausgangsverfahren auch nicht überzeugend darauf gestützt werden, dass die Gebäudereinigung keine dem Gesundheitswesen zuzuordnende Dienstleistung sei. Die Stadt hatte zunächst den gesamten Betrieb des Krankenhauses - einschließlich der Gebäudereinigung - in eigener Regie geführt und hat sämtliche Bereiche der früher städtischen Krankenhäuser privatisiert. Dabei wurde keine Notwendigkeit gesehen, einzelne Bereiche in öffentlicher Hand zu belassen. Dann kann es aber nicht überzeugen, dass im Zuge der umfassenden Privatisierung nur bestimmte Arbeitnehmergruppen eine Weiterbeschäftigung im öffentlichen Dienst verlangen dürfen. Ohnehin kann mit dieser Begründung nicht gerechtfertigt werden, dass beispielsweise die in der Verwaltung der Krankenhäuser oder in der Haustechnik eingesetzten Arbeitnehmer ein Rückkehrrecht erhalten, die Reinigungskräfte aber nicht. Plausibel ist eine Abgrenzung, nach der nur dem eng mit dem Gesundheitswesen verknüpften Personal ein Widerspruchsrecht eingeräumt werden soll, außerdem deshalb nicht, weil nach der Privatisierung der Krankenhäuser gerade für diese Arbeitnehmer Einsatzmöglichkeiten bei der Stadt schwieriger zu finden sein dürften als für weniger spezialisierte Mitarbeiter.

63

dd) Die Ungleichbehandlung kann auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass dem Gesetzgeber die grundsätzliche Befugnis zu einer Typisierung und Generalisierung zugebilligt wird (vgl. BVerfGE 99, 280 <290>; 111, 115 <137>). Die Absicht des Gesetzgebers, bestimmten Arbeitnehmern die Rückkehr in den öffentlichen Dienst zu ermöglichen und anderen nicht, beruht nicht auf einer gesetzgeberischen Beurteilung von typischen, einer pauschalierenden Regelung zugänglichen Sachverhalten. Hintergrund, Regelungsgegenstand und Zweck des § 17 Satz 1 HVFG sind vielmehr konkret greifbar. Darüber hinausgehende pauschalierende Erwägungen oder Typisierungen, mit denen die gesetzliche Differenzierung gerechtfertigt werden könnte, sind nicht erkennbar. Insbesondere ist die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu gesetzlichen Stichtagsregelungen nicht einschlägig. Das Tatbestandsmerkmal des § 17 Satz 1 HVFG, das die bei der C... GmbH beschäftigten Reinigungskräfte vom Rückkehrrecht ausnimmt, ist keine Stichtagsregelung, denn die Reinigungskräfte werden ausgeschlossen, weil sie nicht "Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der LBK Hamburg GmbH" sind. Diese Voraussetzung musste zwar gerade im Zeitpunkt der Privatisierung erfüllt sein, damit das Rückkehrrecht ausgeübt werden konnte. Die Verknüpfung mehrerer sachlicher und persönlicher Voraussetzungen mit einem Zeitmerkmal macht die Norm aber nicht zu einer Stichtagsregelung.

II.

64

Darüber hinaus ist § 17 Satz 1 HVFG mit Art. 3 Abs. 2 GG unvereinbar.

65

1. Art. 3 Abs. 2 GG bietet Schutz auch vor faktischen Benachteiligungen. Die Verfassungsnorm zielt auf die Angleichung der Lebensverhältnisse von Frauen und Männern (vgl. BVerfGE 87, 1 <42>; 109, 64 <89>; 113, 1 <15>). Durch die Anfügung von Satz 2 in Art. 3 Abs. 2 GG ist ausdrücklich klargestellt worden, dass sich das Gleichberechtigungsgebot auf die gesellschaftliche Wirklichkeit erstreckt (vgl. BVerfGE 92, 91 <109>; 109, 64 <89>; 113, 1 <15>). In diesem Bereich wird die Durchsetzung der Gleichberechtigung auch durch Regelungen gehindert, die zwar geschlechtsneutral formuliert sind, im Ergebnis aber aufgrund natürlicher Unterschiede oder der gesellschaftlichen Bedingungen überwiegend Frauen betreffen (vgl. BVerfGE 97, 35 <43>; 104, 373 <393>; 113, 1 <15>). Demnach ist es nicht entscheidend, dass eine Ungleichbehandlung unmittelbar und ausdrücklich an das Geschlecht anknüpft. Über eine solche unmittelbare Ungleichbehandlung hinaus erlangen für Art. 3 Abs. 2 GG die unterschiedlichen Auswirkungen einer Regelung für Frauen und Männer ebenfalls Bedeutung. Eine solche Berücksichtigung der mittelbaren Diskriminierung im Rahmen des Gleichberechtigungsgebots entspricht der Rechtsentwicklung im Europarecht (vgl. Art. 2 der Richtlinie 76/207/EWG in der Fassung der Richtlinie 2002/73/EG vom 23. September 2002 zur Änderung der Richtlinie 76/207/EWG des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen, ABl Nr. L 269 vom 5. Oktober 2002, S. 15 <17>; Art. 2 Buchstabe b der Richtlinie 2004/113/EG vom 13. Dezember 2004 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, ABl Nr. L 373 vom 21. Dezember 2004, S. 37 <40>; EuGH, Urteil vom 13. Juli 1989 - C-171/88 -, Slg. 1989, S. 2743; Urteil vom 23. Oktober 2003 - C-4/02 und C-5/02 -, Slg. 2003, S. I-12575).

66

2. Der Landesgesetzgeber hat ganz überwiegend Arbeitnehmerinnen benachteiligt, indem er das Rückkehrrecht auf die zuletzt bei der LBK Hamburg GmbH angestellten Arbeitnehmer beschränkt und die bei der C ... GmbH beschäftigten Reinigungskräfte ausgeschlossen hat. Die geschlechtsspezifische Wirkung der Regelung folgt aus der in der sozialen Wirklichkeit vorfindbaren Zusammensetzung dieser Berufsgruppe. Bei der Sonderregelung für Reinigungskräfte im vorliegenden Fall steht faktisch fest, dass sie mit einem Anteil von 93,5 % hauptsächlich Frauen trifft. Dieser Anteil liegt damit wesentlich über dem im Klinikbereich hier ohnehin hohen Frauenanteil (69,5 %). Das löst damit genau die Gefahr einer mittelbaren Diskriminierung aus, der Art. 3 Abs. 2 GG begegnen will.

67

Unter diesen Bedingungen könnte eine solche Ungleichbehandlung nur dann gerechtfertigt werden, wenn sie auf hinreichenden sachlichen Gründen beruht, die nichts mit der geschlechtsbezogenen Benachteiligung zu tun haben (vgl. BVerfGE 113, 1 <20 f.>; vgl. auch EuGH, Urteil vom 13. Mai 1986 - Rs. 170/84 -, Slg. 1986, S. 1607; Urteil vom 27. Mai 2004 - C-285/02 -, Slg. 2004, S. I-5861; BAG, Urteil vom 25. Juli 1996 - 6 AZR 138/94 -, AP BAT § 35 Nr. 6). Da hier jedoch schon keine vor Art. 3 Abs. 1 GG tragfähigen Rechtfertigungsgründe ersichtlich sind, scheidet eine Rechtfertigung der mittelbaren geschlechtsspezifischen Diskriminierung nach Art. 3 Abs. 2 GG erst recht aus.

III.

68

Da eine verfassungskonforme Auslegung des § 17 Satz 1 HVFG nicht möglich ist, kann die Verletzung des Art. 3 Abs. 1 und 2 GG nur dadurch beseitigt werden, dass das Rückkehrrecht, bezogen auf den hier maßgeblichen Zeitpunkt der zum Jahreswechsel 2006/2007 durchgeführten Privatisierung, neu geregelt wird. Bis zu einer Neuregelung, die der Gesetzgeber bis zum 31. Dezember 2010 zu treffen hat, muss der Rechtsstreit vor dem Landesarbeitsgericht weiter ausgesetzt werden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

1. Das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 5. Februar 2010 - 6 S 18/09 - und das Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 9. Juni 2009 - 2 C 112/09 - verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 3 Satz 1 des Grundgesetzes.

2. Das Urteil des Landgerichts Karlsruhe wird aufgehoben und die Sache an das Landgericht zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.

3. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

4. ...

Gründe

A.

1

Die Beschwerdeführerin wendet sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen die Nichtberücksichtigung von Zeiten des gesetzlichen Mutterschutzes als Umlagemonate im Rahmen der betrieblichen Zusatzversorgung nach der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Satzung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL).

I.

2

1. Die VBL hat als Zusatzversorgungseinrichtung für Beschäftigte des öffentlichen Dienstes die Aufgabe, den Arbeitnehmern der an ihr beteiligten Arbeitgeber im Wege privatrechtlicher Versicherung eine Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren. Diese ergänzt die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

3

Die Zusatzversorgungseinrichtung, der Arbeitgeber sowie dessen Arbeitnehmer befinden sich in einer rechtlichen Dreiecksbeziehung. Die Arbeitnehmer besitzen gegenüber ihrem Arbeitgeber einen arbeitsrechtlichen Anspruch auf Gewährleistung der Zusatzversorgung. Um diesem zu genügen, schließt der Arbeitgeber zugunsten seiner Arbeitnehmer mit der VBL einen privatrechtlichen Gruppenversicherungsvertrag ab. Aus diesem Vertrag erwächst den Arbeitnehmern gegenüber der VBL ein unmittelbarer versicherungsrechtlicher Anspruch auf eine Zusatzversorgungsrente.

4

Dem System der Zusatzversorgung der VBL lag bis zum 31. Dezember 2000 der "Tarifvertrag über die Versorgung der Arbeitnehmer des Bundes und der Länder sowie von Arbeitnehmern kommunaler Verwaltungen und Betriebe" vom 4. November 1966 (Versorgungs-TV) zugrunde. Dieser sah eine Versicherungspflicht bei der VBL vor und traf dazu einige grundlegende Regelungen. Die konkrete Ausgestaltung der Zusatzversicherung ergab sich aus der Satzung der VBL in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (VBLS a.F.).

5

a) Die vom Arbeitnehmer im Rahmen der Zusatzversorgung im Normalfall zu erreichende Versorgungsrente (§§ 37 ff. VBLS a.F.) beruhte nach dem alten System auf dem so genannten Gesamtversorgungsprinzip. Damit sollte dem Versicherten ein bestimmtes Gesamtniveau seiner Versorgung gewährt werden, das sich an der Beamtenversorgung orientierte. Einen Anspruch auf Versorgungsrente hatte der Versicherte allerdings nur, wenn er zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls - insbesondere bei Erreichen der Regelaltersgrenze - weiter in der Zusatzversicherung pflichtversichert war (§ 37 Abs. 1 Buchstabe a VBLS a.F.). Andernfalls hatten Versicherte nach Erfüllung der Wartezeit Anspruch auf eine Versicherungsrente (§ 37 Abs. 1 Buchstabe b VBLS a.F.). Die Versicherungsrente war der versicherungsmathematische Gegenwert einer für jeden Versicherten zum Rentenbeginn feststehenden Beitragssumme.

6

b) Mit der Neufassung ihrer Satzung vom 22. November 2002 (VBLS) hat die VBL ihr Zusatzversorgungssystem rückwirkend zum 31. Dezember 2001 (Umstellungsstichtag) grundlegend umgestellt und das frühere Gesamtversorgungssystem durch ein auf einem Punktemodell beruhendes, beitragsorientiertes Betriebsrentensystem ersetzt. Den Systemwechsel hatten zuvor die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes vereinbart.

7

2. Die Finanzierung der Zusatzversorgung für die öffentlich Beschäftigten erfolgte seit 1978 und erfolgt auch nach der Neuregelung im Jahr 2002 grundsätzlich durch ein Umlagesystem.

8

a) Der jeweilige Umlagesatz entspricht einem bestimmten Prozentsatz des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts des versicherten Arbeitnehmers. Diese Umlage wird nicht zur Finanzierung der späteren Rente des versicherten Arbeitnehmers benutzt, sondern dient nach der Art eines "Generationenvertrags" der Finanzierung der bereits vorhandenen Renten, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums, des so genannten Deckungsabschnitts, neu entstehen.

9

b) Für den Erwerb von Anwartschaften auf eine Versorgungs- oder Versicherungsrente nach der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Satzung der VBL muss der Versicherte nach § 37 Abs. 1, § 38 Abs. 1 VBLS a.F. eine Wartezeit von 60 Umlagemonaten erfüllt haben. Die Vorschriften lauten:

10

§ 37

11

(1) Tritt bei dem Versicherten, der die Wartezeit (§ 38) erfüllt hat, der Versicherungsfall (§ 39) ein und ist er in diesem Zeitpunkt

12

a) pflichtversichert, hat er einen Anspruch auf Versorgungsrente für Versicherte (§§ 40 bis 43b) (Versorgungsrentenberechtigter),

13

b) freiwillig weiterversichert oder beitragsfrei versichert, hat er einen Anspruch auf Versicherungsrente für Versicherte (§§ 44, 44a) (Versicherungsrentenberechtigter).

14

...

15

§ 38

16

(1) Die Wartezeit beträgt 60 Umlagemonate (§ 29 Abs. 10).

17

Als ein Umlagemonat gilt dabei gemäß § 29 Abs. 10 Satz 1 VBLS a.F. ein Kalendermonat, für den eine Umlage für mindestens einen Tag für laufendes, zusatzversorgungspflichtiges Entgelt entrichtet wurde. Was als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt anzusehen ist, bestimmt § 29 Abs. 7 VBLS a.F., der auf der Regelung des § 8 Abs. 5 Versorgungs-TV beruht und diese inhaltlich übernommen hat. Er definiert als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt den steuerpflichtigen Arbeitslohn und regelt die zeitliche Zuordnung des zusatzversorgungsrechtlichen Entgelts nach den Bestimmungen der gesetzlichen Rentenversicherung (Bauer, Die Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst, 1998, S. 20). Die Regelungen des § 29 Abs. 1 und Abs. 7 Satz 1 VBLS a.F. in der hier maßgeblichen bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung lautet:

18

§ 29

19

(1) Der Arbeitgeber hat eine monatliche Umlage in Höhe des nach § 76 festgesetzten Satzes des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts (Absatz 7) des Versicherten einschließlich eines vom Pflichtversicherten erhobenen Beitrags nach § 76 Abs. 1a zu zahlen.

20

21

(7) Zusatzversorgungspflichtiges Entgelt ist, soweit nachstehend nichts anderes bestimmt ist, der entsprechend den Bestimmungen über die Beitragsentrichtung in der gesetzlichen Rentenversicherung zeitlich zugeordnete steuerpflichtige Arbeitslohn. …

22

§ 29 Abs. 7 Satz 3 VBLS a.F. legt bestimmte Leistungen des Arbeitgebers fest, die nicht als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt anzusehen sind, darunter etwa geldwerte Vorteile, vermögenswirksame Leistungen oder Krankengeldzuschüsse. Für Krankheitszeiten, in denen ein versicherter Arbeitnehmer einen Zuschuss zum Krankengeld erhält, sieht § 29 Abs. 7 Satz 5 VBLS a.F. eine spezielle Anrechnungsregel vor. Damit wird gewährleistet, dass sämtliche Krankheitszeiten, in denen ein Arbeitnehmer gesetzliche Lohnfortzahlung oder einen Krankengeldzuschuss nach den tarifvertraglichen Regelungen des öffentlichen Dienstes erhalten hat, als Umlagezeiten berücksichtigt werden. Die Bestimmung lautet:

23

(7) … Hat der Arbeitnehmer für einen Zahlungszeitraum/Abrechnungszeitraum oder für einen Teil eines Zahlungszeitraums/Abrechnungszeitraums Anspruch auf Krankengeldzuschuss, gilt - auch wenn der Krankengeldzuschuss wegen der Höhe der Barleistungen des Sozialversicherungsträgers nicht gezahlt wird - für diesen Zahlungszeitraum/Abrechnungszeitraum als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt der Urlaubslohn (zuzüglich eines etwaigen Sozialzuschlags, es sei denn, dass dieser durch Tarifvertrag ausdrücklich als nicht gesamtversorgungsfähig bezeichnet ist) bzw. die Urlaubsvergütung für die Tage, für die der Arbeitnehmer Anspruch auf Lohn, Vergütung, Urlaubslohn, Urlaubsvergütung, Krankenbezüge oder Krankengeldzuschuss hat.

24

In diesem Zahlungszeitraum/Abrechnungszeitraum geleistete einmalige Zahlungen sind neben dem Urlaubslohn bzw. der Urlaubsvergütung nach Maßgabe der Sätze 1 bis 3 zusatzversorgungspflichtiges Entgelt.

25

c) Nach der Regelung des § 29 Abs. 7 Satz 1 VBLS a.F. gelten hingegen Zuschüsse des Arbeitgebers zum Mutterschaftsgeld während der Zeiten eines Beschäftigungsverbots nach § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 MuSchG - in der Regel sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt - nicht als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt, da sie als Lohnersatzleistungen gemäß § 3 Nr. 1 Buchstabe d EStG steuerfrei gestellt sind und damit keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellen (vgl. Gilbert/Hesse, Die Versorgung der Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes, Satzung der VBL, § 29 B, Rn. 17). Dementsprechend wurden im Rahmen der Zusatzversorgung nach der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Regelung während der Mutterschutzzeiten keine Umlagen durch den jeweiligen Arbeitgeber erbracht.

26

3. Die Zahl der Umlagemonate spielt sowohl bei der Erfüllung der Wartezeit als auch bei der Berechnung von Leistungen aus der Zusatzversorgung eine entscheidende Rolle. So richtet sich die Höhe der mit Erfüllung der Wartezeit erworbenen Rentenanwartschaft im Fall einer Versorgungsrente entsprechend der alten Satzungsregelung nach dem gesamtversorgungsfähigen Entgelt sowie der gesamtversorgungsfähigen Zeit (§§ 40 ff. VBLS a.F.). Gesamtversorgungsfähige Zeit sind die bis zum Beginn der Versorgungsrente zurückgelegten Umlagemonate (§ 42 Abs. 1 VBLS a.F.).

27

Für den Fall, dass der Versicherte Anwartschaften auf eine Versicherungsrente erworben hat, die nach § 80 VBLS in das neue System übergeleitet wurden, bemisst sich die Höhe der Rente nach einem bestimmten Vomhundertsatz der zusatzversorgungspflichtigen Entgelte, von denen tatsächlich Umlagen entrichtet worden sind (§ 44 VBLS a.F.).

28

4. Die Vereinbarkeit der Nichtberücksichtigung von Mutterschutzzeiten im Rahmen der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes war Gegenstand einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union. Mit Urteil vom 13. Januar 2005 (Rs. C-356/03, Mayer) stellte der Gerichtshof fest, dass Art. 6 Abs. 1 Buchstabe g der Richtlinie 86/378/EWG in der durch die Richtlinie 96/97/EG geänderten Fassung nationalen Bestimmungen wie § 29 Abs. 7 VBLS a.F. entgegensteht, nach denen eine Arbeitnehmerin während des teilweise vom Arbeitgeber bezahlten gesetzlichen Mutterschaftsurlaubs keine Anwartschaften auf eine Versicherungsrente, die Teil eines Zusatzversorgungssystems ist, erwirbt, weil die Entstehung solcher Anwartschaften davon abhängt, dass die Arbeitnehmerin während des Mutterschaftsurlaubs steuerpflichtigen Arbeitslohn erhält. Der Bundesgerichtshof folgte in seinem Urteil vom 1. Juni 2005 (IV ZR 100/02, NJW-RR 2005, S. 1161) der bindenden Vorlageentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union, stellte aber zugleich fest, dass er an seiner Auffassung, die Regelungen § 29 Abs. 1 und Abs. 7 VBLS a.F. verstießen nicht gegen nationales Recht und insbesondere nicht gegen Grundrechte der Versicherten, festhalte.

29

Diese Entscheidungen beziehen sich nur auf Beschäftigungszeiten, die nach dem 17. Mai 1990 liegen. Dies ergibt sich aus Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 96/97/EG, der die zeitliche Rückwirkung der einschlägigen Richtlinie entsprechend der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache Barber (EuGH, Urteil vom 17. Mai 2001, Rs. - C-262/88, Barber, Slg. 1990 I-1889) begrenzt.

II.

30

Die am 22. März 1948 geborene Beschwerdeführerin stand in der Zeit vom 13. August 1986 bis 31. Dezember 1988 und vom 12. September 2005 bis 9. September 2007 in einem Arbeitsverhältnis zum Freistaat Bayern, in der Zeit vom 1. Juli 1992 bis 31. Januar 1993 arbeitete sie beim Deutschen Jugendinstitut. Sie war jeweils über ihren Arbeitgeber bei der VBL versichert. Vom 20. April 1988 bis 26. Juli 1988 befand sich die Beschwerdeführerin im Mutterschutz.

31

1. Die VBL teilte der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 16. Juni 2008 mit, dass sie insgesamt 59 Umlagemonate angesammelt habe, ein Anspruch auf Betriebsrente jedoch nicht bestehe, da die Wartezeit von 60 Monaten nicht erreicht sei. Die Mutterschutzzeiten wurden dabei nicht als umlagefähige Zeiten berücksichtigt.

32

2. Darauf erhob die Beschwerdeführerin Klage gegen die VBL vor dem Amtsgericht Karlsruhe mit dem Antrag, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, bei der Berechnung der der Beschwerdeführerin zustehenden Betriebsrentenanwartschaft die Zeiten des Mutterschutzes wie Umlagemonate zu berücksichtigen. Die Beschwerdeführerin berief sich dabei wegen der zeitlichen Begrenzung der Richtlinie 96/97/EG auf ihr Grundrecht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 3 GG. Das Amtsgericht wies die Klage ab.

33

3. Die dagegen gerichtete Berufung wies das Landgericht Karlsruhe mit Urteil vom 5. Februar 2010 zurück. Prüfungsmaßstab für die Nichtberücksichtigung von Mutterschutzzeiten bei der Berechnung des versorgungspflichtigen Entgelts nach der VBLS a.F. sei das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG, das hier in Verbindung mit dem Gebot der Familienförderung aus Art. 6 Abs. 1 GG gesehen werden müsse. Aus dieser Wertentscheidung der Verfassung zugunsten der Familie sei die allgemeine Pflicht des Staates und sonstiger Versorgungsträger zu einem Familienlastenausgleich zu entnehmen. Der Satzungsgeber müsse auch darauf achten, dass Kindererziehende in den bestehenden Altersversorgungssystemen gegenüber Erwerbstätigen benachteiligt seien. Eine sachwidrige Ungleichbehandlung liege indes nicht vor.

34

Die Beschwerdeführerin habe während des Mutterschutzes kein zusatzversorgungspflichtiges Entgelt erhalten, da sie keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn gezahlt bekommen habe. Weil der Arbeitgeber beziehungsweise die Beschwerdeführerin nicht zur Zahlung von Umlagen verpflichtet gewesen sei, würden die Zeiten des Mutterschutzes konsequenterweise auch nicht als Umlagemonate berücksichtigt. Bei der Berechnung der Versorgungsrente blieben die Mutterschutzzeiten jedoch auch nicht gänzlich unberücksichtigt, sie würden vielmehr im Rahmen der Ermittlung der gesamtversorgungsfähigen Zeit zur Hälfte angerechnet (§ 42 Abs. 1, 2 VBLS a.F. i.V.m. § 54 Abs. 1 Nr. 1b, § 54 Abs. 3, § 58 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI).

35

Die Alterssicherung auf der Grundlage der VBLS erfolge nach dem Abschnittsdeckungsverfahren. Dieses bewirke, dass die Versorgungsleistungen grundsätzlich aus den von den Mitgliedern selbst angesammelten Beiträgen zu finanzieren seien. Der Satzungsgeber der Zusatzversorgung dürfe daher eher auf Beitragsleistungen während Mutterschutz- und Kinderbetreuungszeiten bestehen als derjenige der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Beklagte erhalte insbesondere keine Bundes- oder Landeszuschüsse zum Ausgleich "versicherungsfremder" Leistungen wie Rentenanwartschaften für Mutterschutz- und Kinderbetreuungszeiten, wie dies in der gesetzlichen Rentenversicherung der Fall sei.

III.

36

Mit der unmittelbar gegen die Entscheidungen des Amts- und des Landgerichts und mittelbar gegen § 29 Abs. 7 Satz 1 VBLS a.F. sowie § 8 Abs. 5 Versorgungs-TV erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG und des allgemeinen Gleichheitssatzes in Art. 3 Abs. 1 GG.

37

1. Die Satzung der VBL sei ungeachtet ihres privatrechtlichen Charakters am Maßstab des Art. 3 GG zu messen, da die VBL als Anstalt des öffentlichen Rechts eine öffentliche Aufgabe wahrnehme.

38

Nach Art. 3 Abs. 3 GG dürfe das Geschlecht grundsätzlich nicht Anknüpfungspunkt für eine rechtliche Ungleichbehandlung sein. Dies gelte auch dann, wenn eine Regelung nicht auf eine nach Art. 3 Abs. 3 GG verbotene Ungleichbehandlung angelegt sei, sondern in erster Linie andere Ziele verfolge. Die Beschwerdeführerin werde unmittelbar wegen ihres Geschlechts diskriminiert. Ausschließlich Frauen könnten Mutterschutz in Anspruch nehmen.

39

2. Es gebe keine zwingenden Gründe, die eine solche Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten. Der Verweis des Landgerichts darauf, dass die VBL ihre Leistungen nach den ihr zufließenden Umlagen auszurichten habe, was einer Berücksichtigung umlagefreier Zeiten wie Mutterschutzzeiten entgegenstehe, berücksichtige nicht, dass der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld ohne Not umlagefrei gestellt worden sei. Der Satzungsgeber wäre gehalten gewesen, die Satzung diskriminierungsfrei auszugestalten. Außerdem habe es das vom Landgericht und vom Bundesgerichtshof angenommene Prinzip, wonach VBL-Leistungen ausschließlich für durch Umlagen abgedeckte Zeiten gewährt worden seien, überhaupt nicht gegeben. Vielmehr seien in erheblichem Umfang versicherungsfremde Leistungen erbracht worden. Hierbei müsse insbesondere die Bestimmung des § 29 Abs. 7 Satz 5 VBLS a.F. beachtet werden. Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes hätten nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums Krankengeld seitens der gesetzlichen Krankenversicherung und einen Krankengeldzuschuss seitens des Arbeitgebers erhalten. Obwohl es sich nur bei letzterem um steuerpflichtiges Entgelt handele, hätten die Arbeitgeber Umlagen auf der Basis eines fiktiven Urlaubslohns, also auch für steuerfreie Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, abführen müssen. Die Ungleichbehandlung zwischen den längerfristig erkrankten Versicherten und den in Mutterschutz befindlichen versicherten Frauen sei augenscheinlich. Beide hätten steuerfreie Leistungen erhalten, die allerdings nur im Falle des Krankengeldes angerechnet würden.

40

3. Die Beschwerdeführerin sieht sich jedenfalls mittelbar diskriminiert. Der gewählte Anknüpfungspunkt des steuerpflichtigen Arbeitslohns in der Satzung der VBL wirke sich auf die Gruppe der Versicherten, die Mutterschutz in Anspruch genommen hätten, im Sinne einer faktischen Benachteiligung aus. Auch eine solche mittelbare Diskriminierung sei nach Art. 3 Abs. 3 GG verboten.

41

4. Sofern das Landgericht Karlsruhe darauf verweise, dass die vom Gerichtshof der Europäischen Union gewährte Übergangsfrist in das deutsche Verfassungsrecht übernommen werden könnte, sei dem die Entscheidung des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juni 2008 - 2 BvL 6/07 - (BVerfGE 121, 241 ff.) entgegenzuhalten. Auch im Fall des beamtenrechtlichen Versorgungsabschlags, der für teilzeitbeschäftigte Beamte eine überproportionale Kürzung von Versorgungsanwartschaften vorsah, habe das Bundesverfassungsgericht die zeitliche Begrenzung aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht übernommen.

IV.

42

Zur Verfassungsbeschwerde hat die VBL als Beklagte des Ausgangsverfahrens Stellung genommen. Nach ihrer Ansicht verstößt es weder gegen Art. 3 Abs. 3 noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG, dass die Zeiten des Mutterschutzes nicht als Umlagemonate bei der Erfüllung der Wartezeit im Rahmen einer Versicherungsrente berücksichtigt werden.

43

1. Die VBL habe Leistungen nur zu erbringen, soweit ihr Beiträge beziehungsweise Umlagen zugeflossen seien. Zuschüsse von dritter Seite würden in der Zusatzversorgung nicht gezahlt. Anders als die staatliche Sozialversicherung und insbesondere die gesetzliche Rentenversicherung sei sie nicht dem Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes unterworfen. Sie sei daher nicht verpflichtet, Zeiten, für die keine Beiträge beziehungsweise Umlagen entrichtet worden seien, zu berücksichtigen.

44

Die Versicherung der VBL sei Teil der betrieblichen Altersversorgung. Sie sei eine Gegenleistung aus dem Arbeitsvertrag und damit eine besondere Form der Vergütung. Es sei daher ein sachgerechtes Differenzierungskriterium, wenn Versicherungszeiten und die Leistungsberechnung an den Bezug von steuerpflichtigem Arbeitslohn anknüpften und steuerfreie Einnahmen eines Beschäftigten - wie der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld -, die vornehmlich sozialen Zwecken dienten, nicht in die Zusatzversorgung einbezogen würden.

45

2. Ein Vergleich zwischen der Gruppe der Beschäftigten während der Mutterschutzzeiten und den Beschäftigten, die einen Krankengeldzuschuss erhielten, sei nicht sachgerecht. Anders als der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld, der nach § 3 Satz 1 Buchstabe d EStG steuerfrei und damit nicht zusatzversorgungspflichtig sei, sei der Zuschuss des Arbeitgebers zum Krankengeld nach § 2 Abs. 2 Nr. 5 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung steuerpflichtig. Damit wäre der Zuschuss zum Krankengeld nach der Regelung in § 29 Abs. 7 Satz 1 VBLS a.F. an sich auch zusatzversorgungspflichtig. Die Berücksichtigung des Krankengeldzuschusses als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt mindere eine Versorgung eines Leistungsberechtigten gegenüber der Versorgung eines Beschäftigten, der nicht länger krank gewesen sei, jedoch dann erheblich, wenn der Krankengeldzuschuss in den Dreijahreszeitraum für die Berechnung einer Versorgungsrente falle (§ 43 Abs. 1 VBLS a.F.). Deshalb würde der Zuschuss zum Krankengeld - trotz seiner Steuerpflichtigkeit - nach § 29 Abs. 7 Satz 3 Buchstabe d VBLS a.F. von der Zusatzversorgungspflicht ausgenommen, um stattdessen eine Sonderregelung in § 29 Abs. 7 Satz 5 VBLS a.F. zu treffen. Nach dieser Sonderregelung sei, wenn in einem Abrechnungszeitraum Anspruch auf Krankengeldzuschuss bestehe, die Urlaubsvergütung als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt zugrunde zu legen. Auf diese Weise könne bei der Berechnung einer Versorgungsrente anstelle des Krankengeldzuschusses der regelmäßig höhere Urlaubslohn als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt berücksichtigt werden, wenn die Krankheit in den letzten drei Jahren vor Rentenbeginn eingetreten sei. Eine vergleichbare Interessenlage bestehe beim Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nicht, da nur in Ausnahmefällen die Mutterschutzzeiten in den Dreijahreszeitraum vor Beginn einer Versorgungsrente fielen. Eine Sonderregelung wie beim Krankengeldzuschuss sei daher nicht erforderlich gewesen.

B.

46

Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung gemäß § 93c Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG liegen vor.

47

Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden (vgl. BVerfGE 115, 259; 121, 241; 124, 199; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 14. April 2010 - 1 BvL 8/08 -, juris).

48

Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist zur Durchsetzung von in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechten der Beschwerdeführerin, hier des Grundrechts aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG, angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Sie ist, soweit sie sich gegen die Entscheidungen des Amtsgerichts und des Landgerichts wendet, zulässig und auch offensichtlich begründet (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).

I.

49

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig, soweit sie sich gegen die Entscheidungen des Amtsgerichts und des Landgerichts richtet. Dabei sind die Satzungsbestimmungen vom Bundesverfassungsgericht jedenfalls insoweit auf mögliche Grundrechtsverletzungen zu prüfen, als die angegriffenen fachgerichtlichen Entscheidungen auf ihrer Anwendung beruhen (vgl. BVerfGE 124, 199 <218>). Soweit zugleich die Regelung des § 8 Abs. 5 Versorgungs-TV mittelbar angegriffen wird, ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig und daher nicht zur Entscheidung anzunehmen. Tarifvertragliche Regelungen, die nicht für allgemeinverbindlich erklärt worden sind (dazu BVerfGE 44, 322 <340 ff.>), stellen keine Akte der öffentlichen Gewalt im Sinne des § 90 Abs. 1 BVerfGG, Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG dar und können daher mit der Verfassungsbeschwerde nicht angegriffen werden.

II.

50

Soweit die Verfassungsbeschwerde zulässig ist, ist sie auch offensichtlich begründet. Die angegriffenen Urteile verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG.

51

1. Die Zusatzversorgung der im öffentlichen Dienst Beschäftigten nach der Satzung der VBL ist am Grundrecht auf Gleichbehandlung zu messen. Sie ist zwar privatrechtlich ausgestaltet und findet Anwendung auf die Gruppenversicherungsverträge, die die an der VBL beteiligten öffentlichen Arbeitgeber mit der VBL zugunsten ihrer Arbeitnehmer abschließen. Die Einordnung der Satzungsbestimmungen als privatrechtliche Allgemeine Geschäftsbedingungen in der Form Allgemeiner Versicherungsbedingungen ist verfassungsrechtlich auch unbedenklich (vgl. BVerfGE 124, 199 <218>; BVerfGK 11, 130 <140>; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 18. April 2008 - 1 BvR 759/05 -, DVBl 2008, S. 780). Jedoch nimmt die VBL als Anstalt des öffentlichen Rechts eine öffentliche Aufgabe lediglich in privatrechtlicher Form wahr (vgl. BVerfGE 124, 199 <218>; siehe auch BVerfGE 98, 365 <393>; 116, 135 <153>). Daher ist die Satzung der VBL an die Beachtung des Gleichheitsgrundrechts gebunden.

52

2. Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG konkretisiert und verstärkt den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Das Geschlecht darf grundsätzlich nicht als Anknüpfungspunkt für eine rechtliche Ungleichbehandlung herangezogen werden. Das gilt auch dann, wenn eine Regelung nicht auf eine nach Art. 3 Abs. 3 GG verbotene Ungleichbehandlung angelegt ist, sondern in erster Linie andere Ziele verfolgt (vgl. BVerfGE 85, 191 <206>; 97, 35 <43>). Es kommt auch nicht darauf an, dass neben dem Geschlecht weitere Gründe für die Ungleichbehandlung maßgeblich waren (vgl. BVerfGE 89, 276 <289>).

53

An das Geschlecht anknüpfende differenzierende Regelungen sind mit Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG nur vereinbar, soweit sie zur Lösung von Problemen, die nur entweder bei Männern oder Frauen auftreten können, zwingend erforderlich sind. Fehlt es an zwingenden Gründen für eine Ungleichbehandlung, lässt sich diese einzig im Wege einer Abwägung mit kollidierendem Verfassungsrecht legitimieren (vgl. BVerfGE 85, 191 <207>; 92, 91 <109>).

54

a) Soweit eine Regelung an Schwangerschaft oder Mutterschaft anknüpft, differenziert sie unmittelbar nach dem Geschlecht. Es handelt sich nicht etwa um eine neutrale Vorschrift, die sich eventuell mittelbar ganz überwiegend auf Frauen oder ganz überwiegend auf Männer nachteilig auswirkt. Vielmehr trifft eine solche Regelung normativ kategorial ausschließlich Frauen (vgl. klarstellend § 3 Abs. 1 Satz 2 AGG; für das Recht der EU Art. 2 Abs. 2 Buchstabe c der Richtlinie 2006/54/EG; EuGH, Urteil vom 11. November 2010, Rs. C-232/09, Danosa; Urteil vom 8. November 1990, Rs. C-177/88, Dekker, Slg. I-1990, 3941 <3973>; Urteil vom 27. Februar 2003, Rs. C-320/01, Busch, Slg. I-2003, 2041 <2075>; Urteil vom 29. Oktober 2009, Rs. C-63/08, Alabaster). Eine solche Regelung berührt zwar auch Art. 6 Abs. 4 GG als Grundrecht auf Schutz und Fürsorge von Müttern durch den Staat. Art. 6 Abs. 4 GG enthält allerdings in erster Linie einen positiven Regelungsauftrag, der Eingriffe in Rechte Dritter legitimiert (vgl. BVerfGE 109, 64 <84 ff.>). Der Schutz von Müttern vor geschlechtsbezogener Diskriminierung ist im besonderen Gleichheitsrecht des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG verankert.

55

b) Die Anrechnung von Mutterschutzzeiten als Umlagemonate für die Zusatzversorgung der VBL bestimmt sich gemäß § 29 Abs. 10 VBLS a.F. nach der Regelung des § 29 Abs. 7 VBLS a.F., die durch § 8 Abs. 5 Versorgungs-TV inhaltsgleich vorgegeben wird. § 29 Abs. 7 VBLS a.F. statuiert eine Ungleichbehandlung von Müttern in zweifacher Hinsicht.

56

In § 29 Abs. 7 Satz 1 VBLS a.F. wird als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt der steuerpflichtige Arbeitslohn definiert; Mutterschaftsgeld ist als Lohnersatzleistung nach § 3 Nr. 1 Buchstabe d EStG jedoch steuerfrei gestellt. Der Ausschluss von Zeiten des Mutterschutzes aus der Wartezeitberechnung nach § 29 Abs. 7 Satz 1 VBLS a.F. stellt folglich eine Ungleichbehandlung von Frauen mit Mutterschutzzeiten gegenüber männlichen Arbeitnehmern dar, deren Erwerbsbiografien im öffentlichen Angestelltenverhältnis nicht durch die gesetzlich zwingend vorgegebenen Mutterschutzzeiten unterbrochen wurden und auch nicht werden können. Frauen, die Mutterschutz in Anspruch genommen haben und den Beschäftigungsverboten der § 3 Abs. 2, § 6 Abs. 1 MuSchG unterfallen, erwerben, wenn sie - wie die Beschwerdeführerin - aufgrund ihrer Mutterschutzzeiten die Wartezeit des § 38 Abs. 1 VBLS a.F. nicht erreichen, keinen Anspruch auf Versicherungsrente.

57

Zudem liegt eine Ungleichbehandlung von Frauen in Mutterschutz hier auch gegenüber denjenigen männlichen und weiblichen Versicherten vor, die Krankengeld und einen (im Verhältnis deutlich geringeren) Krankengeldzuschuss des Arbeitgebers erhalten. Zwar ist das von der Krankenversicherung gezahlte Krankengeld wie das Mutterschaftsgeld nach § 3 Nr. 1 EStG steuerfrei. Doch sind die Krankheitszeiten gemäß § 29 Abs. 7 Satz 5 VBLS a.F., der auf dem wortgleichen § 5 Abs. 5 Satz 5 Versorgungs-TV beruht, auf Basis des (fiktiven) Urlaubslohns, also praktisch in Höhe des normalen Arbeitsverdienstes als versorgungspflichtiges Entgelt anzurechnen (vgl. Gilbert/Hesse, Die Versorgung der Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes, Satzung der VBL, § 29 B, Rn. 39); in den Zeiten der Entgeltfortzahlung sowie des Bezugs eines Krankengeldzuschusses werden auch Umlagen entrichtet, die Krankheitszeiten bei der Berechnung der Zusatzversorgungsrente also voll als umlagefähige Monate angerechnet. Für den Mutterschutz findet sich keine entsprechende Regel.

58

c) An das Geschlecht anknüpfende differenzierende Regelungen sind nach bisheriger Rechtsprechung mit Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG nur vereinbar, soweit sie zur Lösung von Problemen, die ihrer Natur nach nur entweder bei Männern oder bei Frauen auftreten können, zwingend erforderlich sind. Fehlt es an zwingenden Gründen für solche Differenzierungen, lassen sie sich nur noch im Wege einer Abwägung mit kollidierendem Verfassungsrecht legitimieren (BVerfGE 85, 191 <207 ff.>; 92, 91 <109>).

59

Die Regelung der VBLS zur Berücksichtigung von Mutterschutzzeiten aus der Wartezeitberechnung für den Erwerb einer Rentenanwartschaft gilt zwar einer geschlechtsspezifischen Problemstellung, stellt jedoch eine Ungleichbehandlung dar, die nicht zwingend erforderlich ist. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits in der Leitentscheidung zum Mutterschutz ausgeführt, dass dessen Ausgestaltung sich an der Gleichberechtigung orientieren muss (vgl. BVerfGE 109, 64 <89> m.w.N.; auch BVerfGE 87, 1 <42>). Auf eine tatsächliche Gleichstellung zielt die Freistellung der Arbeitgeber von der Umlage für Mutterschutzzeiten. So wird versucht, eine mögliche negative Steuerungswirkung der Belastung mit den Kosten des Mutterschutzes für Unternehmen durch ein Ausgleichs- und Umlageverfahren zu verhindern (vgl. BVerfGE 109, 64 <90>). Der Gesetzgeber verfolgt also ein verfassungsrechtlich vorgegebenes Ziel, wenn er den Mutterschutz umlagefrei stellt, denn täte er dies nicht, wäre ein Anreiz für Arbeitgeber vorhanden, Frauen in gebärfähigem Alter nicht zu beschäftigen. Diese Systementscheidung darf aber nicht über daran anknüpfende Regeln wie die der VBLS a.F. zu Lasten von Müttern gehen (vgl. auch EuGH, Urteil vom 1. Juli 2010, Rs. C-194/08, Gassmayr; Urteil vom 13. Januar 2005, Rs. C-356/03, Mayer). Zwar steht es dem Gesetzgeber ebenso wie der VBL frei zu entscheiden, wie genau die Lasten des Mutterschutzes verteilt werden. Jedoch rechtfertigt dies keine Diskriminierung von Müttern durch die Hintertür.

60

Für die hier entscheidungserhebliche Regelung der VBLS a.F. zum Mutterschutz sind auch sonst keine sachlichen Gründe erkennbar, die eine Benachteiligung von Müttern rechtfertigen könnten. Insbesondere ist die Anrechnung von Mutterschaftszeiten bei Bezug einer Versorgungsrente im Rahmen der Ermittlung der gesamtversorgungsfähigen Zeit nach § 42 Abs. 2 Buchstabe a VBLS a.F. in Verbindung mit § 54 Abs. 1 und 3, § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI zur Hälfte nicht geeignet, die Nichtberücksichtigung für die Wartezeit zu legitimieren. Vielmehr stellt auch diese Halbanrechnung Mütter schlechter als diejenigen, die einen Krankengeldzuschuss des Arbeitgebers beziehen, da deren Zeiten voll als Umlagemonate angerechnet werden. Zudem gilt die hälftige Anrechnung auch nur für die Versorgungsrente, käme also von vornherein für die Beschwerdeführerin nicht in Betracht, die lediglich einen Anspruch auf Versicherungsrente geltend macht.

61

3. Der Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG führt dazu, dass die Beschwerdeführerin die Berücksichtigung ihrer Mutterschutzzeiten im Rahmen der Berechnung ihres versorgungspflichtigen Entgelts und der zurückgelegten Umlagemonate nach § 29 Abs. 7 und Abs. 10 VBLS a.F. verlangen kann. Entsprechend sind diese Zeiten auf die Wartezeit nach § 38 Abs. 1 VBLS a.F. anzurechnen.

62

a) Verstoßen Allgemeine Versicherungsbedingungen - wie hier in Form der Satzung der VBL - gegen Art. 3 GG, so bewirkt dies nach der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Rechtsprechung der Zivilgerichte die (teilweise) Unwirksamkeit der betroffenen Klausel. Hierdurch entstehende Regelungslücken können im Wege ergänzender Vertragsauslegung geschlossen werden (vgl. BVerfGE 124, 199 <233 f.>; BGHZ 174, 127 <175 ff.>). Zwar führt der gleichheitswidrige Ausschluss von einer Vergünstigung dann nicht notwendigerweise dazu, dass dem Betroffenen ein Anspruch auf Gewährung der Vergünstigung zusteht. Das gilt insbesondere, wenn es mehrere Möglichkeiten gibt, um eine verfassungsgemäße Regelung zu erzielen. Insofern können die für Gleichheitsverstöße des Gesetzgebers entwickelten Grundsätze entsprechend herangezogen werden (vgl. BVerfGE 82, 126 <154 f.>; 103, 225 <240>; 107, 27 <57>; 120, 125 <167>). Etwas anderes gilt aber, wenn der Gleichheitsverstoß nur durch eine Ausdehnung der begünstigenden Regelung auf die ausgeschlossene Gruppe beseitigt werden kann (vgl. BVerfGE 29, 283 <303>; 55, 100 <113 f.>; 92, 91 <121>). So liegt der Fall hier. Eine Gleichbehandlung der Versicherten, die während ihrer Versicherungszeiten Mutterschutz in Anspruch genommen haben, und denjenigen, für die während ihrer Krankheit gemäß § 29 Abs. 1 und Abs. 7 Satz 5 VBLS a.F. von ihren Arbeitgebern Umlagen entrichtet worden sind, lässt sich nachträglich nur dadurch erreichen, dass die Mutterschutzzeiten als Umlagezeiten angerechnet werden.

63

b) Bei einem Verstoß gegen das Gleichheitsgrundrecht stellt sich grundsätzlich die Frage nach einer zeitlichen Begrenzung (vgl. BVerfGE 121, 241 <266>). So kann das Bundesverfassungsgericht die Fortgeltung einer verfassungswidrigen Norm zum Beispiel anordnen, wenn dies aus Gründen einer geordneten Finanz- und Haushaltsplanung geboten ist oder wenn die Verfassungslage bisher nicht hinreichend geklärt war und dem Gesetzgeber aus diesem Grund eine angemessene Frist zur Schaffung einer Neuregelung - auch für Tatbestände in der Vergangenheit - zu gewähren ist (vgl. BVerfGE 120, 125 <168> m.w.N.). Entsprechend kann auch bei einem Grundrechtsverstoß durch die Ausgestaltung von Versicherungsbedingungen im Rahmen einer Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst, die auf der Satzung einer öffentlichen Anstalt beruht, eine zeitliche und sachliche Beschränkung der Folgewirkungen zulässig und geboten sein, wenn ansonsten eine schwerwiegende Störung des finanziellen Gleichgewichts im Versicherungssystem zu befürchten wäre (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Mai 2001, Rs. C-262/88, Barber, Slg. 1990 I-1889 <1955>). Dies folgt bereits aus der Schutzpflicht gegenüber den Grundrechtspositionen anderer Versicherter aus Art. 14 Abs. 1 GG.

64

Von der Gefahr einer derartigen Störung kann aber vorliegend nicht ausgegangen werden. Eine Anrechnung von Mutterschutzzeiten, die auch schon vor dem 17. Mai 1990 in Anspruch genommen wurden, stellt jedenfalls dann keine echte rückwirkende Regelung dar, wenn der Versicherungsfall wie bei der Beschwerdeführerin bislang noch nicht eingetreten ist und Ausschlussfristen der Geltendmachung ihres Anspruchs nicht entgegenstehen. Denn die ausgezahlte Rente wird erst mit Eintritt des Versicherungsfalls berechnet (vgl. §§ 33 ff. VBLS). Auch sonst ist die Gefahr einer Störung des finanziellen Gleichgewichts der Zusatzversorgung durch die Berücksichtigung von Mutterschutzzeiten der Versicherten nicht ersichtlich. Das gilt auch, weil wegen der Ausschlussfristen in der Satzung der VBL eine rückwirkende Berücksichtigung von Mutterschutzzeiten nur sehr begrenzt in Betracht kommen dürfte.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

Der Beklagte wird verpflichtet, die Kinderbetreuungszeit der Klägerin vom 04.09.2007 bis zum 31.03.2011 anzuerkennen und den Zeitpunkt des Beginns des Aufsteigens in den Erfahrungsstufen unter Berücksichtigung dieser weiteren Zeiten erneut festzusetzen. Der Bescheid des Landesamtes für Besoldung und Versorgung vom 04.05.2015 und dessen Widerspruchsbescheid vom 23.11.2015 werden aufgehoben, soweit sie dieser Verpflichtung entgegenstehen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin und der Beklagte jeweils die Hälfte.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Neufestlegung des Beginns des Aufsteigens in den Erfahrungsstufen.
Die am ... geborene Klägerin absolvierte nach dem Abitur vom 01.10.1995 bis zum 30.09.1998 an dem Universitätsklinikum F. eine Ausbildung zur Krankenschwester; vom 11.11.1998 bis zum 30.09.1999 arbeitete sie in diesem Beruf an der Universitätsklinik F.. Ab dem 01.10.1999 studierte die Klägerin an der A.-L.-U. F. Psychologie; dieses Studium schloss sie am 04.10.2005 mit der Diplomprüfung als Psychologin ab. Im Anschluss daran absolvierte die Klägerin eine theoretische und praktische Ausbildung zur psychologischen Psychotherapeutin. Im Zeitraum vom 01.07.2006 bis zum 31.08.2007 war sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Universitätsklinikum F. beschäftigt. Nach der Geburt ihres ersten Kindes nahm die Klägerin vom 04.09.2007 an Elternzeit, die nach der Geburt eines weiteren Kindes bis zum 31.03.2011 andauerte. Mit Urkunde vom 09.08.2012 erhielt die Klägerin ihre Approbation als psychologische Psychotherapeutin. Vom 01.04.2011 bis zum 31.08.2011 war sie als Diplompsychologin bei der S. E.-S. in B. W. tätig. Daran schloss sich eine Tätigkeit als Diplompsychologin beim Staatlichen Schulamt B. vom 01.09.2011 bis zum 26.02.2013 an. Nach der Geburt ihres dritten Kindes nahm die Klägerin vom 27.02.2013 bis zum 31.12.2013 erneut Elternzeit. Vom 01.01.2014 an war sie wieder als Diplompsychologin beim Staatlichen Schulamt B. im Angestelltenverhältnis tätig. Mit Wirkung zum 07.07.2014 wurde die Klägerin in das Beamtenverhältnis auf Probe als Psychologierätin ernannt. In dieser Funktion war die Klägerin bei dem Staatlichen Schulamt B. bis zum Eintritt in den Mutterschutz nach der Geburt ihres vierten Kindes tätig. Das Amt der Klägerin ist in die Besoldungsstufe A13 eingestuft.
Mit Bescheid vom 04.05.2015 setzte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg - im Folgenden: Landesamt - den Zeitpunkt des Beginns des Aufsteigens in den Erfahrungsstufen auf den 01.03.2012 fest. Als berücksichtigungsfähige Zeiten im Sinne von § 32 Landesbesoldungsgesetz Baden-Württemberg - LBesGBW - erkannte das Landesamt die Tätigkeit der Klägerin als Krankenschwester am Universitätsklinikum F., als Diplompsychologin bei dem Staatlichen Schulamt B. im Zeitraum vom 01.02.2013 bis zum 26.02.2013, die Kinderbetreuungszeit vom 27.02.2013 bis zum 31.12.2013 und schließlich die Tätigkeit bei dem Staatlichen Schulamt B. im Angestelltenverhältnis vom 01.01.2014 bis zum 30.06.2014 an. Das Landesamt ging nach Beteiligung des Regierungspräsidiums Tübingen davon aus, dass im Übrigen keine förderlichen Zeiten nach § 32 Abs. 1 Nr. 3 LBesGBW vorlägen. Die Zeit der Beschäftigung der Klägerin an der Universitätsklinik F. vom 01.07.2006 bis zum 31.08.2007, die Tätigkeit bei der S. E.-S. B. W. sowie die Beschäftigung im Angestelltenverhältnis bei dem Staatlichen Schulamt B. vom 01.09.2011 bis zum 31.01.2013 sei für die Zulassung zur Laufbahn als Psychologin beim Staatlichen Schulamt notwendig gewesen. Des Weiteren erkannte das Landesamt die Kinderbetreuungszeit vom 04.09.2007 bis zum 31.03.2011 nicht als berücksichtigungsfähige Zeiten nach § 32 LBesGBW an; es handle sich um nicht berücksichtigungsfähige Kinderbetreuungszeiten, da vor dem Beginn der Kinderbetreuungszeit (04.09.2007) nahtlos keine hauptberufliche Tätigkeit im öffentlichen Dienst ausgeübt worden sei.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies das Landesamt mit Widerspruchsbescheid vom 23.11.2015 zurück. Der Klägerin stehe kein Anspruch auf Berücksichtigung der Kinderbetreuungszeiten für ihr erstes und zweites Kind im Zeitraum vom 04.09.2007 bis zum 31.03.2011 zu. Das seit dem 01.01.2011 geltende Beamtenrecht in Baden-Württemberg sehe keine generelle Berücksichtigung von Kinderbetreuungszeiten vor dem Eintritt in das Beamtenverhältnis vor. Eine Kinderbetreuungszeit könne grundsätzlich nur nach Eintritt in das Beamtenverhältnis den Aufstieg in den Erfahrungsstufen nicht verzögern. Dies gelte auch für Kinderbetreuungszeiten während einer hauptberuflichen Tätigkeit als Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst, sofern diese dadurch unterbrochen werde (§ 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW). Zeiten einer Kinderbetreuung blieben damit unberücksichtigt, wenn vor dem Beginn der Kinderbetreuungszeit kein Beschäftigungsverhältnis bestanden habe oder die Kinderbetreuungszeit am Ende einer sonstigen berücksichtigungsfähigen Zeit nach § 31 Abs. 1 LBesGBW liege. An einem derartigen unmittelbarem Anschluss der Kinderbetreuungszeit an eine berücksichtigungsfähige Zeit fehle es bei der Klägerin, nachdem sie im Zeitraum vom 01.07.2006 bis zum 31.08.2007 einer befristeten Tätigkeit im Angestelltenverhältnis bei dem Universitätsklinikum F. nachgegangen und die Geburt des ersten Kindes erst am 04.09.2007 erfolgt sei. Die Kinderbetreuungszeit könne nicht berücksichtigt werden, da die hauptberufliche Tätigkeit der Klägerin als Arbeitnehmerin nicht unterbrochen worden sei, sondern erst nach Ablauf des befristeten Beschäftigungsverhältnisses begonnen habe.
Hiergegen hat die Klägerin am 30.12.2015 Klage zum Verwaltungsgericht Sigmaringen erhoben. Zur Begründung macht sie geltend, ihr stehe ein Anspruch auf Neufestsetzung ihrer Erfahrungszeiten unter Berücksichtigung der im Antragsschreiben vom 26.08.2014 aufgeführten Betätigungszeiten zu. Das Landesamt habe insbesondere die Zeit der Kinderbetreuung vom 04.09.2007 bis zum 31.03.2011 als für die Festsetzung der Erfahrungsstufen nicht relevant angesehen. Damit setze sich das Landesamt in Widerspruch zu den einschlägigen Verwaltungsvorschriften des Finanz- und Wirtschaftsministeriums. So werde in Ziff. 31.1.3 der maßgeblichen Verwaltungsvorschrift ausgeführt, dass Erfahrungszeiten nach § 31 Abs. 1 auch dann zu berücksichtigen seien, wenn hierbei Tätigkeiten wahrgenommen werden, die als solche zu keiner Berücksichtigung führen würden. In Ziff. 31.2.4 der vorgenannten Verwaltungsvorschrift werde ausgeführt, dass die in § 32 Abs. 2 abschließend aufgeführten Zeiten nicht zu einer Verzögerung des Stufenaufstiegs führten. Hierzu gehörten zum Beispiel Zeiten einer Kinderbetreuung bis zu drei Jahren für jedes Kind. Die in § 32 Abs. 2 genannten Zeiten würden somit im Ergebnis wie Erfahrungszeiten bei den Stufenlaufzeiten berücksichtigt. Bereits vor diesem Hintergrund erscheine es rechtswidrig, dass die diesbezüglichen Zeiten bei der Klägerin nicht zur Anrechnung gebracht worden sind.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Landesamts vom 04.05.2015 und dessen Widerspruchsbescheid vom 23.11.2015 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin antragsgemäß die weitergehenden Erfahrungszeiten aus dem Antrag vom 26.08.2014 zuzubilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
10 
Der Beklagte tritt der Klage aus den im Widerspruchsbescheid dargestellten Gründen entgegen.
11 
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schrift-sätze, wegen der sonstigen Einzelheiten auf die einschlägigen Verwaltungsakten sowie die Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
12 
Die zulässige Klage hat im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zuerkennung weiterer Erfahrungszeiten zu; der versagende Bescheid des Landesamtes vom 04.05.2015 und dessen Widerspruchsbescheid vom 23.11.2015 sind in diesem Umfang rechtswidrig (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
13 
Nach § 31 Abs. 1 LBesGBW wird die Höhe des Grundgehalts in den Besoldungsgruppen der Landesbesoldungsordnung A nach Stufen bemessen. Das Aufsteigen in den Stufen bestimmt sich nach Zeiten mit dienstlicher Erfahrung (Erfahrungszeiten). Erfahrungszeiten sind Zeiten im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn. Das Aufsteigen in den Stufen beginnt nach § 31 Abs. 3 Satz 1 LBesGBW mit dem Anfangsgrundgehalt der jeweiligen Besoldungsgruppe mit Wirkung vom Ersten des Monats, in dem die erste Ernennung mit Anspruch auf Dienstbezüge bei dem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn wirksam wird. Der Zeitpunkt des Beginns wird um die zu diesem Zeitpunkt vorliegenden, nach § 32 Abs. 1 LBesGBW berücksichtigungsfähigen Zeiten vorverlegt (§ 31 Abs. 3 Satz 2 LBesGBW).
14 
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Klägerin einen Anspruch auf eine (weitere) Vorverlegung des Zeitpunkts des Beginns des Aufsteigens in den Stufen des Grundgehalts. Zwar steht ihr kein Anspruch auf Berücksichtigung weiterer Zeiten hauptberuflicher Tätigkeit zu, die nicht Voraussetzung für die Zulassung zur einschlägigen Laufbahn sind (1.). Indes hat die Klägerin einen Anspruch auf Berücksichtigung der Kinderbetreuungszeit vom 04.09.2007 bis zum 31.03.2011 (2.).
15 
1. Berücksichtigungsfähige Zeiten im Sinne von § 31 Abs. 3 Satz 2 LBesGBW nach dem hier allein in Betracht kommenden § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBesGBW sind sonstige Zeiten einer hauptberuflichen Tätigkeit, die nicht Voraussetzung für die Zulassung zur Laufbahn sind oder diese Voraussetzung ersetzen, soweit diese für die Verwendung des Beamten förderlich sind, sofern die hauptberufliche Tätigkeit mindestens a) auf der Qualifikationsebene eines Ausbildungsberufs und b) sechs Monate ohne Unterbrechung ausgeübt wurde. Die Entscheidung über die Anerkennung von förderlichen Zeiten trifft die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle (§ 32 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 LBesGBW), hier das für die Ernennung der Klägerin zuständige Regierungspräsidium Tübingen (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 BeamtZuVO i.V.m. §§ 1, 2 und 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ErnG), wobei dieser Entscheidung nur interne Bindungswirkung zukommt. Für den Erlass der Entscheidung gegenüber dem betroffenen Beamten ist nach § 31 Abs. 3 Satz 4 LBesGBW die bezügezahlende Stelle - hier das Landesamt - zuständig. Die Entscheidung über die Berücksichtigung von förderlichen Zeiten nach § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 LBesGBW steht nicht im Ermessen der zuständigen Behörde; auch ein Beurteilungsspielraum ist ihr insoweit nicht eingeräumt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.03.2014 - 4 S 2129/13 - juris; Beschluss vom 25.07.2016 - 4 S 604/16 - juris). Strukturgleich zu den oben dargestellten Vorschriften bestimmt § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBesGBW, dass Zeiten einer hauptberuflichen Tätigkeiten als Arbeitnehmer im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn oder im Dienst von öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften und ihren Verbänden, die nicht Voraussetzung für die Zulassung zur Laufbahn sind, berücksichtigungsfähig im Sinne von § 31 Abs. 3 Satz 2 LBesGBW sind.
16 
Gemessen hieran hat das Landesamt den Zeitpunkt des Beginns des Aufsteigens in den Stufen des Grundgehalts zu Recht nicht um die von der Klägerin geltend gemachten Tätigkeitszeiten vorverlegt. Die Zeiten ihrer hauptberuflichen Tätigkeit an der Universitätsklinik F. vom 01.07.2006 bis zum 31.08.2007, bei der S. E.-S. B. W. vom 01.04.2011 bis zum 31.08.2011 und schließlich in der schulpsychologischen Beratungsstelle des Staatlichen Schulamts B. vom 01.09.2011 bis zum 31.01.2013 sind nicht gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 LBesGBW berücksichtigungsfähig. Der Anrechnung dieser Zeiten einer hauptberuflichen Tätigkeit im öffentlichen Dienst bzw. bei einem sonstigen Arbeitgeber steht entgegen, dass die Berufsausübung in diesen Zeiten Voraussetzung für die Zulassung zu der von der Klägerin eingeschlagenen Laufbahn ist. Die Landeslaufbahnverordnung in der Fassung vom 28.08.1991 (LVO - GBl. 1991, Nr. 23, S. 586 f) regelt in § 33 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 12, dass als Psychologe in das Beamtenverhältnis auf Probe eingestellt werden kann, wer eine dreijährige Tätigkeit abgeleistet hat, die ihm die Eignung zur selbständigen Wahrnehmung eines Amtes seiner Laufbahn vermittelt. Gemäß Art. 62 § 1 Abs. 2 des Dienstrechtsreformgesetzes vom 09.11.2010 (GBl. 2010, Nr. 19, S. 984) gelten die §§ 33 bis 44 LVO in der alten Fassung bis zum 31.12.2014 fort. Da die Klägerin am 07.07.2014 in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen wurde, finden die oben zitierten Vorschriften Anwendung. Dies hat das Regierungspräsidium in seiner Stellungnahme vom 23.04.2015 an das Landesamt zutreffend im Einzelnen näher dargelegt. Substantiierte Einwendungen hiergegen hat die Klägerin nicht erhoben.
17 
2. Der Klägerin steht entgegen der Auffassung des beklagten Landes ein Anspruch auf Berücksichtigung der Betreuungszeit für ihr erstes und zweites Kind vom 04.09.2007 bis zum 31.03.2011 zu. Dabei bestimmt § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW, dass Zeiten nach Satz 1 der Bestimmung durch Unterbrechungszeiten nach Absatz 2 nicht vermindert werden; gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 2 LBesGBW wird abweichend von § 31 Abs. 2 Satz 2 LBesGBW der Aufstieg in den Stufen insbesondere nicht durch Zeiten einer Kinderbetreuung bis zu drei Jahren für jedes Kind verzögert. Diese Vorschriften sind hier dahingehend auszulegen, dass sie der Anerkennung der von der Klägerin vor dem Eintritt in das Beamtenverhältnis abgeleisteten Kindererziehungszeiten nicht entgegenstehen. Zwar deuten - worauf das Landesamt zutreffend hinweist - der Wortlaut von § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW und dessen systematische Stellung auf einen gegenteiligen Befund (2.1). Eine verfassungs- und unionsrechtskonforme Auslegung der Vorschrift gebietet jedoch das hier vertretene Normverständnis (2.2).
18 
2.1 Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landesamt in seinem Widerspruchsbescheid am 23.11.2015 dargestellt, dass die Bestimmungen des Baden-Württembergischen Landesbesoldungsgesetzes keine generelle Berücksichtigung von Kinderbetreuungszeiten vor dem Eintritt in das Beamtenverhältnis vorsehen. Im Ausgangspunkt bestimmt § 31 Abs. 2 Satz 2 LBesGBW, dass nach Eintritt in das Beamtenverhältnis Zeiten ohne Anspruch auf Grundgehalt den Stufenaufstieg um diese Zeiten verzögern, soweit nicht in § 32 Abs. 2 LBesGBW anderes geregelt ist. Gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 2 LBesGBW werden bei einem aktiven Beamten oder einer aktiven Beamtin Kinderbetreuungszeiten bis zu drei Jahren für jedes Kind anerkannt und verzögern damit den Aufstieg in den Erfahrungsstufen nicht. Diesen Grundgedanken überträgt § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW auf vor Eintritt in das Beamtenverhältnis geleistete, berücksichtigungsfähige Zeiten nach § 32 Abs. 1 LBesGBW und bestimmt, dass Zeiten nach Satz 1 durch Unterbrechungszeiten nach Absatz 2 nicht vermindert werden. Bereits der Wortlaut von § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW und insbesondere die dort verwendete Formulierung „Unterbrechungszeiten“ spricht bei einem ersten Zugriff dafür, dass eine Berücksichtigung dieser Zeiten einen unmittelbaren Anschluss an berücksichtigungsfähige Tätigkeiten im Sinne von Absatz 1 Satz 1 der Bestimmung voraussetzt. Denn unter einer „Unterbrechung“ wird nach allgemeinen Sprachgebrauch „eine kurzzeitige Aussetzung einer Handlung, um diese später wieder aufzunehmen“ verstanden (vgl. die Definition des Begriffs „Unterbrechung“ bei Wiktionary, dem freien Wörterbuch). Hierauf deutet auch der systematische Zusammenhang von § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW zu § 31 Abs. 2 Satz 2 2. HS dieses Gesetzes. § 32 Abs. 1 Satz 3 stellt bei systematischer Betrachtung eine Parallelbestimmung zu § 31 Abs. 2 Satz 2 2. HS LBesGBW dar und überträgt den dort normierten Rechtsgedanken auf Zeiten, die nach § 32 Abs. 1 LBesGBW außerhalb eines Beamtenverhältnisses berücksichtigungsfähig sind.
19 
2.2 Höherrangiges Recht gebietet jedoch eine Auslegung von § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW dahingehend, dass Zeiten einer Kinderbetreuung auch dann den Aufstieg in den Erfahrungsstufen nicht verzögern, wenn die Kinderbetreuungszeit nicht in unmittelbarem Anschluss an eine hauptberufliche Tätigkeit im öffentlichen Dienst oder an eine sonstige berücksichtigungsfähige Zeit im Sinne von § 32 Abs. 1 LBesGBW abgeleistet wird. Dieses Verständnis ist sowohl durch Verfassungsrecht (2.2.1) als auch durch Unionsrecht (2.2.2) zwingend vorgegeben.
20 
2.2.1 Die von der Kammer vorgenommene Auslegung von § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW ist erforderlich, um in der gegenständlichen Fallgestaltung einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG zu vermeiden.
21 
2.2.1.1 Nach Art. 3 Abs. 3 GG darf niemand wegen seines Geschlechts benachteiligt oder bevorzugt werden. Die Vorschrift konkretisiert und verstärkt den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, indem sie der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers engere Grenzen setzt. Das Geschlecht darf grundsätzlich nicht zum Anknüpfungspunkt und zur Rechtfertigung für rechtliche Ungleichbehandlungen benachteiligender oder bevorzugender Art herangezogen werden. Das gilt auch dann, wenn eine Regelung nicht auf eine nach Art. 3 Abs. 3 GG verbotene Ungleichbehandlung ausgelegt ist, sondern in erster Linie - oder gänzlich - andere Ziele verfolgt. Wenn der Gesetzgeber eine Gruppe nach sachlichen Merkmalen bestimmt, die nicht in Art. 3 Abs. 3 GG genannt sind, so ist diese Regelung an Art. 3 Abs. 1 GG zu messen. Etwas anderes gilt, wenn der vom Gesetzgeber gewählte, durch Art. 3 Abs. 3 GG nicht verbotene sachliche Anknüpfungspunkt in der gesellschaftlichen Wirklichkeit weitgehend nur für eine Gruppe zutrifft oder die differenzierende Regelung sich weitgehend nur auf eine Gruppe im Sinne einer faktischen Benachteiligung auswirkt, deren Ungleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 3 GG strikt verboten ist (mittelbare Diskriminierung). Eine Anknüpfung an das Geschlecht kann deshalb auch dann vorliegen, wenn eine geschlechtsneutral formulierte Regelung überwiegend Frauen trifft und dies auf natürliche oder gesellschaftliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern zurückzuführen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.06.2008 - 2 BvL 6/07 -, BVerfGE 121, 241 - m.w.N.). Auch der im Bereich des Besoldungsrechts anerkannte weite Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers entbindet diesen nicht von der Beachtung des speziellen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 3 GG (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BVerfG, Beschluss vom 27.11.1997 - 1 BvL 12/91 -, BVerfGE 97, 35).
22 
2.2.1.2 Ausgehend von diesem Maßstab ist hier § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW dahingehend auszulegen, dass er der Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten auch dann nicht entgegensteht, wenn diese nicht im unmittelbaren Anschluss an sonst bei der Festsetzung der Erfahrungsstufen berücksichtigungsfähige Zeiten abgeleistet werden. Dabei ist die Norm des § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW geschlechtsneutral formuliert; dem Wortlaut nach findet die Vorschrift sowohl auf Kinderbetreuungszeiten durch Mütter als auch durch Väter Anwendung. Entscheidend ist jedoch die Frage, ob eine als solche geschlechtsneutral formulierte Regelung Frauen ohne hinreichenden verfassungsrechtlichen Grund benachteiligt. Dies wäre indes der Fall, wenn die Vorschrift entsprechend der Auffassung des Beklagten dahingehend ausgelegt wird, dass sie einen unmittelbaren Anschluss der Kindererziehungszeit an berücksichtigungsfähige Zeiten voraussetzt.
23 
Bei diesem Verständnis von § 31 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW werden mittelbar Frauen benachteiligt, da von der Möglichkeit der Elternzeit in überwiegendem Maße Frauen Gebrauch machen. Nach der auf dem Mikrozensus beruhenden Erkenntnis des Statistischen Bundesamtes nehmen Frauen wesentlich häufiger Elternzeit in Anspruch als Männer. Im Jahre 2015 waren 41,6 Prozent der Mütter, deren jüngstes Kind unter drei Jahren ist, in Elternzeit; bei den Vätern waren dies nur 2,5 Prozent. Diese Betrachtung fällt auch nicht wesentlich anders aus, wenn ältere Kinder in den Blick genommen werden. Im Jahr 2015 waren 24,1 Prozent der Frauen, deren jüngstes Kind unter sechs Jahren ist, in Elternzeit; für Männer galt dies nur für 1,5 Prozent. Auch wird die Elternzeit von Männern wesentlich kürzer als von Frauen in Anspruch genommen. So haben Väter in Baden-Württemberg im Jahre 2013 im Schnitt lediglich 2,7 Monate Elternzeit in Anspruch genommen, während Mütter dies für durchschnittlich 11,6 Monate taten (sämtliche statistischen Daten stammen aus dem Internetauftritt des Statistischen Bundesamtes „DESTATIS“ - Personen in Elternzeit). Der Präsident des Statistischen Bundesamtes hat hieraus in seiner Pressekonferenz am 30.07.2014 (im Internet zugänglich) folgenden Befund abgeleitet: „Nach wie vor sind also hauptsächlich Frauen für die Kinderbetreuung zuständig; sie schränken ihre Erwerbstätigkeit ein, sind häufiger alleinerziehend und machen eine längere Pause nach der Geburt. Diese Situation ist eine der Ursachen für die Verdienstunterschiede von Frauen und Männern“.
24 
Aus diesen statistischen Daten folgt, dass bundesweit erheblich mehr weibliche als männliche Beschäftigte Elternzeit in Anspruch nehmen. Daher reichen diese Feststellungen, wonach bundesweit erheblich mehr weibliche als männliche Beschäftigte Elternzeit in Anspruch nehmen, für die Annahme aus, dass nach dem ersten Anschein der Frauenanteil der betreffenden Beamten bzw. Beamtenanwärter weit überwiegt (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 25.03.2010 - 2 C 72.08 -, BVerwGE 136, 165).
25 
Daneben sprechen allgemeine Überlegungen dafür, dass es bei dem vom Beklagten befürworteten Normverständnis zu einer Benachteiligung von Frauen kommt. Wie oben dargestellt, wird gerade die Erziehungsleistung für Kleinkinder unter drei Jahren ganz überwiegend von Frauen erbracht. Da sich diese Betreuungszeit regelmäßig direkt an die Geburt des Kindes anschließt, ist ihr Beginn naturgemäß nur eingeschränkt planbar. Daher werden ganz überwiegend Frauen in die Lage kommen, dass sich die Erziehungszeit nicht direkt an eine an sich berücksichtigungsfähige Zeit anschließt. Diese Problematik zeigt sich im hier zu entscheidenden Fall in paradigmatischer Weise. So dauerte das letzte befristete Beschäftigungsverhältnis der Klägerin bei dem Universitätsklinikum F. bis zum 31.08.2007; die Geburt des ersten Kindes erfolgte am 04.09.2007. Bereits dieser zeitliche Ablauf verdeutlicht, dass die Parteien des Arbeitsvertrages eine Fortdauer des Arbeitsverhältnisses bis direkt zum Geburtszeitpunkt beabsichtigt haben; diese Erwartung ist lediglich durch die Zufälligkeit des Geburtstermins nicht eingetreten. Keiner abschließenden Klärung bedarf in diesem Zusammenhang, ob die Klägerin - wie von ihrem Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung angedeutet - nur aufgrund der Inanspruchnahme von Erziehungszeit keinen weiteren Zeitvertrag an der Universität F. angeboten bekommen hat.
26 
2.2.1.3 Die Vorschrift des § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW ist der hier vorgenommenen verfassungskonformen Auslegung zugänglich. Das Gebot verfassungskonformer Gesetzesauslegung verlangt von mehreren möglichen Normdeutungen, die teils zu einem verfassungswidrigen, teils zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führen, diejenige vorzuziehen, die mit dem Grundgesetz in Einklang steht. Eine Norm ist daher nur dann für verfassungswidrig zu erklären, wenn keine nach anerkannten Auslegungsgrundsätzen zulässige und mit der Verfassung zu vereinbarende Auslegung möglich ist. Lassen der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte, der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen und deren Sinn und Zweck mehrere Deutungen zu, von denen eine zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führt, so ist diese geboten. Auch im Wege der verfassungskonformen Interpretation darf aber der normative Gehalt einer Regelung nicht neu bestimmt werden. Die zur Vermeidung eines Nichtigkeitsausspruchs gefundene Interpretation muss daher eine nach den anerkannten Auslegungsgrundsätzen zulässige Auslegung sein. Die Grenzen verfassungskonformer Auslegung ergeben sich damit grundsätzlich aus dem ordnungsgemäßen Gebrauch der anerkannten Auslegungsmethoden. Der Respekt vor der gesetzgebenden Gewalt gebietet es dabei, in den Grenzen der Verfassung das Maximum dessen aufrecht zu erhalten, was der Gesetzgeber gewollt hat. Er erfordert mithin eine verfassungskonforme Auslegung der Norm, die durch den Wortlaut des Gesetzes gedeckt ist und die prinzipielle Zielsetzung des Gesetzgebers wahrt. Die Deutung darf nicht dazu führen, dass das gesetzgeberische Ziel in einem wesentlichen Punkt verfehlt oder verfälscht wird (ständige Rechtsprechung, vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.09.2007 - 2 BvF 3/02 -, BVerfGE 119, 247; BVerwG, Urteil vom 21.04.2016 - 2 C 13.15 -, juris). Das Gebot verfassungskonformer Auslegung nicht eindeutiger Regelungen in diesem Sinne gilt auch für das Besoldungsrecht. Nach wie vor kommt dem Wortlaut der besoldungsrechtlichen Regelung gesteigerte Bedeutung für die Auslegung zu. Namentlich im Besoldungsrecht drückt sich der Wille des Gesetzgebers regelmäßig widerspruchsfrei in der Sprache des Gesetzes aus. Erst wenn die manifestierte Zielsetzung des Gesetzgebers und der Buchstabe des Gesetzes nicht in Übereinstimmung zu bringen sind und das Gericht bei rein grammatikalischer Interpretation von der Verfassungswidrigkeit einer Vorschrift ausgeht, ist der Weg einer verfassungskonformen Auslegung eröffnet (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.09.2005 - 2 C 44.04 -, BVerwGE 124, 227).
27 
Eine an den Maßstäben des nationalen Verfassungsrechts orientierte Gesetzesauslegung gebietet hier, die Vorschrift des § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW dahingehend auszulegen, dass sie der Berücksichtigung von Kinderbetreuungszeiten auch dann nicht entgegensteht, wenn sie nicht in unmittelbarem Anschluss an berücksichtigungsfähige Zeiten abgeleistet werden. Der Wortlaut der Norm steht diesem Verständnis nicht entgegen, auch wenn er - wie oben unter 2.1. gezeigt - eher in die gegensätzliche Richtung weist. Auch zu dem verobjektivierten Willen des Gesetzgebers steht diese Auslegung nicht in Widerspruch. Die Begründung des Entwurfs des Gesetzes zur Reform des öffentlichen Dienstrechts (Dienstrechtsreformgesetz - DRG -) vom 20.07.2010 (LT-Drs. 14/6694) lässt nicht erkennen, dass der Gesetzgeber die hier in Rede stehende Fallgestaltung vorhergesehen hat. Der Gesetzesbegründung lässt sich jedenfalls nichts für das vom Beklagten vorgeschlagene Normverständnis entnehmen. Die von der Kammer vorgenommene Auslegung steht demgegenüber mit den normübergreifenden Vorstellungen des Gesetzgebers in Einklang. So wird in der Gesetzesbegründung zu § 32 LBesGBW darauf hingewiesen, Sinn der Regelung sei es, bei der Stufenzuordnung zum einen förderliche Vordienstzeiten und zum anderen familien- und gesellschaftspolitisch erwünschte Zeiten in angemessenem Umfang zu berücksichtigen (LT-Drs. 14/6694, S. 466). Gerade die vom Gesetzgeber hervorgehobene familienpolitische Zielsetzung der Anrechnung von Erziehungszeiten spricht dafür, § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW nicht zu eng auszulegen. Wie der vorliegende Fall exemplarisch zeigt, würden bei einem gegenteiligen Verständnis Zufälligkeiten darüber entscheiden, ob die vom Gesetzgeber grundsätzlich gewünschte, familienpolitisch motivierte Anrechnung von Betreuungszeiten im Einzelfall zum Tragen kommt.
28 
2.2.2 Die von der Kammer vorgenommene Auslegung von § 31 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW ist auch aus unionsrechtlichen Erwägungen geboten. Nach Art. 157 Abs. 1 AEUV stellt jeder Mitgliedstaat die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit sicher. Der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zufolge umfasst der Begriff des Entgelts in Sinne von Art. 157 Abs. 2 AEUV alle gegenwärtigen oder künftigen in bar oder in Sachleistung gewährten Vergütungen, vorausgesetzt, dass der Arbeitgeber sie dem Arbeitnehmer wenigstens mittelbar aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses gewährt (vgl. EuGH, Urteile vom 26.09.2013 - C-476/11 -, NVwZ 2013, 1401; und vom 21.01.2015 - C-529/13 -, NVwZ 2015, 798). Ausgehend hiervon ist nicht zweifelhaft, dass die Eingliederung in die Erfahrungsstufen entgeltrelevant im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist. Wie oben dargestellt, hängt von der Berücksichtigung der Erfahrungszeiten die Höhe des Entgelts des Beamten ab. Auch verbietet das europäische Unionsrecht - ebenso wie das nationale Verfassungsrecht - die mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. Gemäß Art. 2 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05.07.2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis bezeichnet der Ausdruck mittelbare Diskriminierung eine Situation, in der dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen des einen Geschlechts in besonderer Weise gegenüber Personen des anderen Geschlechts benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich.
29 
Auch europäisches Unionsrecht gebietet daher das hier vertretene Normverständnis von § 31 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW, um eine mittelbare Diskriminierung von Frauen zu vermeiden. Insoweit kann auf die Ausführungen unter 2.2.1.2 verwiesen werden. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hat ein nationales Gericht bei der Prüfung, ob eine Vorschrift erheblich mehr Frauen als Männer betrifft, die Gesamtheit der Beschäftigten zu berücksichtigen, für die die nationale Regelung gilt. Dabei besteht die beste Methode zur Auswertung der Statistiken darin, die Gruppe der männlichen mit jener der weiblichen Arbeitskräfte darauf hin zu vergleichen, wie hoch in jeder Gruppe der Anteil der von der Ungleichbehandlung Betroffenen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 06.12.2007 - C-300/06 -, juris). Indes kann auch hier dem ersten Anschein nach von einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts ausgegangen werden, wenn § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW nicht wie von der Kammer vorgeschlagen ausgelegt würde. Zwar liegen der Kammer keine statistischen Daten bezogen auf die Beamten des Landes Baden-Württemberg vor, die von § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW betroffen werden. Weitere Ermittlungen dahingehend waren hier jedoch nicht erfolgsversprechend und daher nicht geboten. Wie die Vertreterin des beklagten Landes in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, wird bei dem Landesamt bereits nicht statistisch erfasst, in welchem Verhältnis die Geschlechter Elternzeit in Anspruch nehmen. Erst recht sind bei dem Landesamt keine Erkenntnisse darüber vorhanden, in welchem Verhältnis sich die Vorschrift des § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW auf Männer und Frauen jeweils auswirkt. Vielmehr hat die Sitzungsvertreterin des beklagten Landes darauf hingewiesen, dass ihr ein vergleichbarer Sachverhalt nicht bekannt ist.
30 
Des Weitern liegt hier keine Fallgestaltung vor, in der eine mittelbare Benachteiligung aufgrund des Geschlechtes gerechtfertigt ist. Mittelbare Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts verstoßen dann nicht gegen Art. 157 AEUV, wenn die streitige Maßnahme durch objektive Faktoren gerechtfertigt ist, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben (vgl. EuGH, Urteile vom 30.03.2000 - C-236/98 -, Slg. 2000, I-2189; und vom 22.11.2012 - C-385/11 -, juris Rdnr. 32). Das ist der Fall, wenn die gewählten Mittel einem legitimen Ziel dienen und zur Erreichung dieses Ziel geeignet und erforderlich sind (vgl. EuGH, Urteile vom 09.02.1999 - C-167/97 -, Slg. 1999, I-623; und vom 22.11.2012 - C-385/11 -, juris Rdnr. 32). Gemessen hieran ist kein objektiver Grund ersichtlich, der die bei dem Normverständnis des Beklagten eintretende mittelbare Diskriminierung rechtfertigen könnte. Wie mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erörtert, sieht das beklagte Land die Rechtfertigung für das Erfordernis des direkten Anschlusses der Erziehungszeit an eine berücksichtigungsfähige Zeit darin, dass damit ein leicht handhabbares Kriterium für die Berücksichtigung von Erziehungszeiten eingeführt wird. Indes rechtfertigen Erwägungen der Praktikabilität des Verwaltungsvollzugs nicht eine mittelbare Diskriminierung. Dieses Normverständnis ist nicht erforderlich im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Erreichung des angestrebten Ziels. Auch in einer Fallgestaltung wie der hier vorliegenden, in der zwischen dem Beginn der Erziehungszeit und der berücksichtigungsfähigen Zeit eine geringfügige Lücke liegt, werden die vom Gesetzgeber mit der Anrechnung verfolgten Ziele erreicht.
31 
Nach alldem hat die Klage insoweit Erfolg, als die Klägerin eine Berücksichtigung der Erziehungszeit erstrebt.
32 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Gründe

 
12 
Die zulässige Klage hat im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zuerkennung weiterer Erfahrungszeiten zu; der versagende Bescheid des Landesamtes vom 04.05.2015 und dessen Widerspruchsbescheid vom 23.11.2015 sind in diesem Umfang rechtswidrig (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
13 
Nach § 31 Abs. 1 LBesGBW wird die Höhe des Grundgehalts in den Besoldungsgruppen der Landesbesoldungsordnung A nach Stufen bemessen. Das Aufsteigen in den Stufen bestimmt sich nach Zeiten mit dienstlicher Erfahrung (Erfahrungszeiten). Erfahrungszeiten sind Zeiten im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn. Das Aufsteigen in den Stufen beginnt nach § 31 Abs. 3 Satz 1 LBesGBW mit dem Anfangsgrundgehalt der jeweiligen Besoldungsgruppe mit Wirkung vom Ersten des Monats, in dem die erste Ernennung mit Anspruch auf Dienstbezüge bei dem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn wirksam wird. Der Zeitpunkt des Beginns wird um die zu diesem Zeitpunkt vorliegenden, nach § 32 Abs. 1 LBesGBW berücksichtigungsfähigen Zeiten vorverlegt (§ 31 Abs. 3 Satz 2 LBesGBW).
14 
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Klägerin einen Anspruch auf eine (weitere) Vorverlegung des Zeitpunkts des Beginns des Aufsteigens in den Stufen des Grundgehalts. Zwar steht ihr kein Anspruch auf Berücksichtigung weiterer Zeiten hauptberuflicher Tätigkeit zu, die nicht Voraussetzung für die Zulassung zur einschlägigen Laufbahn sind (1.). Indes hat die Klägerin einen Anspruch auf Berücksichtigung der Kinderbetreuungszeit vom 04.09.2007 bis zum 31.03.2011 (2.).
15 
1. Berücksichtigungsfähige Zeiten im Sinne von § 31 Abs. 3 Satz 2 LBesGBW nach dem hier allein in Betracht kommenden § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBesGBW sind sonstige Zeiten einer hauptberuflichen Tätigkeit, die nicht Voraussetzung für die Zulassung zur Laufbahn sind oder diese Voraussetzung ersetzen, soweit diese für die Verwendung des Beamten förderlich sind, sofern die hauptberufliche Tätigkeit mindestens a) auf der Qualifikationsebene eines Ausbildungsberufs und b) sechs Monate ohne Unterbrechung ausgeübt wurde. Die Entscheidung über die Anerkennung von förderlichen Zeiten trifft die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle (§ 32 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 LBesGBW), hier das für die Ernennung der Klägerin zuständige Regierungspräsidium Tübingen (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 BeamtZuVO i.V.m. §§ 1, 2 und 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ErnG), wobei dieser Entscheidung nur interne Bindungswirkung zukommt. Für den Erlass der Entscheidung gegenüber dem betroffenen Beamten ist nach § 31 Abs. 3 Satz 4 LBesGBW die bezügezahlende Stelle - hier das Landesamt - zuständig. Die Entscheidung über die Berücksichtigung von förderlichen Zeiten nach § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 LBesGBW steht nicht im Ermessen der zuständigen Behörde; auch ein Beurteilungsspielraum ist ihr insoweit nicht eingeräumt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.03.2014 - 4 S 2129/13 - juris; Beschluss vom 25.07.2016 - 4 S 604/16 - juris). Strukturgleich zu den oben dargestellten Vorschriften bestimmt § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBesGBW, dass Zeiten einer hauptberuflichen Tätigkeiten als Arbeitnehmer im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn oder im Dienst von öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften und ihren Verbänden, die nicht Voraussetzung für die Zulassung zur Laufbahn sind, berücksichtigungsfähig im Sinne von § 31 Abs. 3 Satz 2 LBesGBW sind.
16 
Gemessen hieran hat das Landesamt den Zeitpunkt des Beginns des Aufsteigens in den Stufen des Grundgehalts zu Recht nicht um die von der Klägerin geltend gemachten Tätigkeitszeiten vorverlegt. Die Zeiten ihrer hauptberuflichen Tätigkeit an der Universitätsklinik F. vom 01.07.2006 bis zum 31.08.2007, bei der S. E.-S. B. W. vom 01.04.2011 bis zum 31.08.2011 und schließlich in der schulpsychologischen Beratungsstelle des Staatlichen Schulamts B. vom 01.09.2011 bis zum 31.01.2013 sind nicht gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 LBesGBW berücksichtigungsfähig. Der Anrechnung dieser Zeiten einer hauptberuflichen Tätigkeit im öffentlichen Dienst bzw. bei einem sonstigen Arbeitgeber steht entgegen, dass die Berufsausübung in diesen Zeiten Voraussetzung für die Zulassung zu der von der Klägerin eingeschlagenen Laufbahn ist. Die Landeslaufbahnverordnung in der Fassung vom 28.08.1991 (LVO - GBl. 1991, Nr. 23, S. 586 f) regelt in § 33 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 12, dass als Psychologe in das Beamtenverhältnis auf Probe eingestellt werden kann, wer eine dreijährige Tätigkeit abgeleistet hat, die ihm die Eignung zur selbständigen Wahrnehmung eines Amtes seiner Laufbahn vermittelt. Gemäß Art. 62 § 1 Abs. 2 des Dienstrechtsreformgesetzes vom 09.11.2010 (GBl. 2010, Nr. 19, S. 984) gelten die §§ 33 bis 44 LVO in der alten Fassung bis zum 31.12.2014 fort. Da die Klägerin am 07.07.2014 in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen wurde, finden die oben zitierten Vorschriften Anwendung. Dies hat das Regierungspräsidium in seiner Stellungnahme vom 23.04.2015 an das Landesamt zutreffend im Einzelnen näher dargelegt. Substantiierte Einwendungen hiergegen hat die Klägerin nicht erhoben.
17 
2. Der Klägerin steht entgegen der Auffassung des beklagten Landes ein Anspruch auf Berücksichtigung der Betreuungszeit für ihr erstes und zweites Kind vom 04.09.2007 bis zum 31.03.2011 zu. Dabei bestimmt § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW, dass Zeiten nach Satz 1 der Bestimmung durch Unterbrechungszeiten nach Absatz 2 nicht vermindert werden; gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 2 LBesGBW wird abweichend von § 31 Abs. 2 Satz 2 LBesGBW der Aufstieg in den Stufen insbesondere nicht durch Zeiten einer Kinderbetreuung bis zu drei Jahren für jedes Kind verzögert. Diese Vorschriften sind hier dahingehend auszulegen, dass sie der Anerkennung der von der Klägerin vor dem Eintritt in das Beamtenverhältnis abgeleisteten Kindererziehungszeiten nicht entgegenstehen. Zwar deuten - worauf das Landesamt zutreffend hinweist - der Wortlaut von § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW und dessen systematische Stellung auf einen gegenteiligen Befund (2.1). Eine verfassungs- und unionsrechtskonforme Auslegung der Vorschrift gebietet jedoch das hier vertretene Normverständnis (2.2).
18 
2.1 Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landesamt in seinem Widerspruchsbescheid am 23.11.2015 dargestellt, dass die Bestimmungen des Baden-Württembergischen Landesbesoldungsgesetzes keine generelle Berücksichtigung von Kinderbetreuungszeiten vor dem Eintritt in das Beamtenverhältnis vorsehen. Im Ausgangspunkt bestimmt § 31 Abs. 2 Satz 2 LBesGBW, dass nach Eintritt in das Beamtenverhältnis Zeiten ohne Anspruch auf Grundgehalt den Stufenaufstieg um diese Zeiten verzögern, soweit nicht in § 32 Abs. 2 LBesGBW anderes geregelt ist. Gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 2 LBesGBW werden bei einem aktiven Beamten oder einer aktiven Beamtin Kinderbetreuungszeiten bis zu drei Jahren für jedes Kind anerkannt und verzögern damit den Aufstieg in den Erfahrungsstufen nicht. Diesen Grundgedanken überträgt § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW auf vor Eintritt in das Beamtenverhältnis geleistete, berücksichtigungsfähige Zeiten nach § 32 Abs. 1 LBesGBW und bestimmt, dass Zeiten nach Satz 1 durch Unterbrechungszeiten nach Absatz 2 nicht vermindert werden. Bereits der Wortlaut von § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW und insbesondere die dort verwendete Formulierung „Unterbrechungszeiten“ spricht bei einem ersten Zugriff dafür, dass eine Berücksichtigung dieser Zeiten einen unmittelbaren Anschluss an berücksichtigungsfähige Tätigkeiten im Sinne von Absatz 1 Satz 1 der Bestimmung voraussetzt. Denn unter einer „Unterbrechung“ wird nach allgemeinen Sprachgebrauch „eine kurzzeitige Aussetzung einer Handlung, um diese später wieder aufzunehmen“ verstanden (vgl. die Definition des Begriffs „Unterbrechung“ bei Wiktionary, dem freien Wörterbuch). Hierauf deutet auch der systematische Zusammenhang von § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW zu § 31 Abs. 2 Satz 2 2. HS dieses Gesetzes. § 32 Abs. 1 Satz 3 stellt bei systematischer Betrachtung eine Parallelbestimmung zu § 31 Abs. 2 Satz 2 2. HS LBesGBW dar und überträgt den dort normierten Rechtsgedanken auf Zeiten, die nach § 32 Abs. 1 LBesGBW außerhalb eines Beamtenverhältnisses berücksichtigungsfähig sind.
19 
2.2 Höherrangiges Recht gebietet jedoch eine Auslegung von § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW dahingehend, dass Zeiten einer Kinderbetreuung auch dann den Aufstieg in den Erfahrungsstufen nicht verzögern, wenn die Kinderbetreuungszeit nicht in unmittelbarem Anschluss an eine hauptberufliche Tätigkeit im öffentlichen Dienst oder an eine sonstige berücksichtigungsfähige Zeit im Sinne von § 32 Abs. 1 LBesGBW abgeleistet wird. Dieses Verständnis ist sowohl durch Verfassungsrecht (2.2.1) als auch durch Unionsrecht (2.2.2) zwingend vorgegeben.
20 
2.2.1 Die von der Kammer vorgenommene Auslegung von § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW ist erforderlich, um in der gegenständlichen Fallgestaltung einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG zu vermeiden.
21 
2.2.1.1 Nach Art. 3 Abs. 3 GG darf niemand wegen seines Geschlechts benachteiligt oder bevorzugt werden. Die Vorschrift konkretisiert und verstärkt den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, indem sie der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers engere Grenzen setzt. Das Geschlecht darf grundsätzlich nicht zum Anknüpfungspunkt und zur Rechtfertigung für rechtliche Ungleichbehandlungen benachteiligender oder bevorzugender Art herangezogen werden. Das gilt auch dann, wenn eine Regelung nicht auf eine nach Art. 3 Abs. 3 GG verbotene Ungleichbehandlung ausgelegt ist, sondern in erster Linie - oder gänzlich - andere Ziele verfolgt. Wenn der Gesetzgeber eine Gruppe nach sachlichen Merkmalen bestimmt, die nicht in Art. 3 Abs. 3 GG genannt sind, so ist diese Regelung an Art. 3 Abs. 1 GG zu messen. Etwas anderes gilt, wenn der vom Gesetzgeber gewählte, durch Art. 3 Abs. 3 GG nicht verbotene sachliche Anknüpfungspunkt in der gesellschaftlichen Wirklichkeit weitgehend nur für eine Gruppe zutrifft oder die differenzierende Regelung sich weitgehend nur auf eine Gruppe im Sinne einer faktischen Benachteiligung auswirkt, deren Ungleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 3 GG strikt verboten ist (mittelbare Diskriminierung). Eine Anknüpfung an das Geschlecht kann deshalb auch dann vorliegen, wenn eine geschlechtsneutral formulierte Regelung überwiegend Frauen trifft und dies auf natürliche oder gesellschaftliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern zurückzuführen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.06.2008 - 2 BvL 6/07 -, BVerfGE 121, 241 - m.w.N.). Auch der im Bereich des Besoldungsrechts anerkannte weite Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers entbindet diesen nicht von der Beachtung des speziellen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 3 GG (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BVerfG, Beschluss vom 27.11.1997 - 1 BvL 12/91 -, BVerfGE 97, 35).
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2.2.1.2 Ausgehend von diesem Maßstab ist hier § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW dahingehend auszulegen, dass er der Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten auch dann nicht entgegensteht, wenn diese nicht im unmittelbaren Anschluss an sonst bei der Festsetzung der Erfahrungsstufen berücksichtigungsfähige Zeiten abgeleistet werden. Dabei ist die Norm des § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW geschlechtsneutral formuliert; dem Wortlaut nach findet die Vorschrift sowohl auf Kinderbetreuungszeiten durch Mütter als auch durch Väter Anwendung. Entscheidend ist jedoch die Frage, ob eine als solche geschlechtsneutral formulierte Regelung Frauen ohne hinreichenden verfassungsrechtlichen Grund benachteiligt. Dies wäre indes der Fall, wenn die Vorschrift entsprechend der Auffassung des Beklagten dahingehend ausgelegt wird, dass sie einen unmittelbaren Anschluss der Kindererziehungszeit an berücksichtigungsfähige Zeiten voraussetzt.
23 
Bei diesem Verständnis von § 31 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW werden mittelbar Frauen benachteiligt, da von der Möglichkeit der Elternzeit in überwiegendem Maße Frauen Gebrauch machen. Nach der auf dem Mikrozensus beruhenden Erkenntnis des Statistischen Bundesamtes nehmen Frauen wesentlich häufiger Elternzeit in Anspruch als Männer. Im Jahre 2015 waren 41,6 Prozent der Mütter, deren jüngstes Kind unter drei Jahren ist, in Elternzeit; bei den Vätern waren dies nur 2,5 Prozent. Diese Betrachtung fällt auch nicht wesentlich anders aus, wenn ältere Kinder in den Blick genommen werden. Im Jahr 2015 waren 24,1 Prozent der Frauen, deren jüngstes Kind unter sechs Jahren ist, in Elternzeit; für Männer galt dies nur für 1,5 Prozent. Auch wird die Elternzeit von Männern wesentlich kürzer als von Frauen in Anspruch genommen. So haben Väter in Baden-Württemberg im Jahre 2013 im Schnitt lediglich 2,7 Monate Elternzeit in Anspruch genommen, während Mütter dies für durchschnittlich 11,6 Monate taten (sämtliche statistischen Daten stammen aus dem Internetauftritt des Statistischen Bundesamtes „DESTATIS“ - Personen in Elternzeit). Der Präsident des Statistischen Bundesamtes hat hieraus in seiner Pressekonferenz am 30.07.2014 (im Internet zugänglich) folgenden Befund abgeleitet: „Nach wie vor sind also hauptsächlich Frauen für die Kinderbetreuung zuständig; sie schränken ihre Erwerbstätigkeit ein, sind häufiger alleinerziehend und machen eine längere Pause nach der Geburt. Diese Situation ist eine der Ursachen für die Verdienstunterschiede von Frauen und Männern“.
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Aus diesen statistischen Daten folgt, dass bundesweit erheblich mehr weibliche als männliche Beschäftigte Elternzeit in Anspruch nehmen. Daher reichen diese Feststellungen, wonach bundesweit erheblich mehr weibliche als männliche Beschäftigte Elternzeit in Anspruch nehmen, für die Annahme aus, dass nach dem ersten Anschein der Frauenanteil der betreffenden Beamten bzw. Beamtenanwärter weit überwiegt (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 25.03.2010 - 2 C 72.08 -, BVerwGE 136, 165).
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Daneben sprechen allgemeine Überlegungen dafür, dass es bei dem vom Beklagten befürworteten Normverständnis zu einer Benachteiligung von Frauen kommt. Wie oben dargestellt, wird gerade die Erziehungsleistung für Kleinkinder unter drei Jahren ganz überwiegend von Frauen erbracht. Da sich diese Betreuungszeit regelmäßig direkt an die Geburt des Kindes anschließt, ist ihr Beginn naturgemäß nur eingeschränkt planbar. Daher werden ganz überwiegend Frauen in die Lage kommen, dass sich die Erziehungszeit nicht direkt an eine an sich berücksichtigungsfähige Zeit anschließt. Diese Problematik zeigt sich im hier zu entscheidenden Fall in paradigmatischer Weise. So dauerte das letzte befristete Beschäftigungsverhältnis der Klägerin bei dem Universitätsklinikum F. bis zum 31.08.2007; die Geburt des ersten Kindes erfolgte am 04.09.2007. Bereits dieser zeitliche Ablauf verdeutlicht, dass die Parteien des Arbeitsvertrages eine Fortdauer des Arbeitsverhältnisses bis direkt zum Geburtszeitpunkt beabsichtigt haben; diese Erwartung ist lediglich durch die Zufälligkeit des Geburtstermins nicht eingetreten. Keiner abschließenden Klärung bedarf in diesem Zusammenhang, ob die Klägerin - wie von ihrem Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung angedeutet - nur aufgrund der Inanspruchnahme von Erziehungszeit keinen weiteren Zeitvertrag an der Universität F. angeboten bekommen hat.
26 
2.2.1.3 Die Vorschrift des § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW ist der hier vorgenommenen verfassungskonformen Auslegung zugänglich. Das Gebot verfassungskonformer Gesetzesauslegung verlangt von mehreren möglichen Normdeutungen, die teils zu einem verfassungswidrigen, teils zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führen, diejenige vorzuziehen, die mit dem Grundgesetz in Einklang steht. Eine Norm ist daher nur dann für verfassungswidrig zu erklären, wenn keine nach anerkannten Auslegungsgrundsätzen zulässige und mit der Verfassung zu vereinbarende Auslegung möglich ist. Lassen der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte, der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen und deren Sinn und Zweck mehrere Deutungen zu, von denen eine zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führt, so ist diese geboten. Auch im Wege der verfassungskonformen Interpretation darf aber der normative Gehalt einer Regelung nicht neu bestimmt werden. Die zur Vermeidung eines Nichtigkeitsausspruchs gefundene Interpretation muss daher eine nach den anerkannten Auslegungsgrundsätzen zulässige Auslegung sein. Die Grenzen verfassungskonformer Auslegung ergeben sich damit grundsätzlich aus dem ordnungsgemäßen Gebrauch der anerkannten Auslegungsmethoden. Der Respekt vor der gesetzgebenden Gewalt gebietet es dabei, in den Grenzen der Verfassung das Maximum dessen aufrecht zu erhalten, was der Gesetzgeber gewollt hat. Er erfordert mithin eine verfassungskonforme Auslegung der Norm, die durch den Wortlaut des Gesetzes gedeckt ist und die prinzipielle Zielsetzung des Gesetzgebers wahrt. Die Deutung darf nicht dazu führen, dass das gesetzgeberische Ziel in einem wesentlichen Punkt verfehlt oder verfälscht wird (ständige Rechtsprechung, vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.09.2007 - 2 BvF 3/02 -, BVerfGE 119, 247; BVerwG, Urteil vom 21.04.2016 - 2 C 13.15 -, juris). Das Gebot verfassungskonformer Auslegung nicht eindeutiger Regelungen in diesem Sinne gilt auch für das Besoldungsrecht. Nach wie vor kommt dem Wortlaut der besoldungsrechtlichen Regelung gesteigerte Bedeutung für die Auslegung zu. Namentlich im Besoldungsrecht drückt sich der Wille des Gesetzgebers regelmäßig widerspruchsfrei in der Sprache des Gesetzes aus. Erst wenn die manifestierte Zielsetzung des Gesetzgebers und der Buchstabe des Gesetzes nicht in Übereinstimmung zu bringen sind und das Gericht bei rein grammatikalischer Interpretation von der Verfassungswidrigkeit einer Vorschrift ausgeht, ist der Weg einer verfassungskonformen Auslegung eröffnet (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.09.2005 - 2 C 44.04 -, BVerwGE 124, 227).
27 
Eine an den Maßstäben des nationalen Verfassungsrechts orientierte Gesetzesauslegung gebietet hier, die Vorschrift des § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW dahingehend auszulegen, dass sie der Berücksichtigung von Kinderbetreuungszeiten auch dann nicht entgegensteht, wenn sie nicht in unmittelbarem Anschluss an berücksichtigungsfähige Zeiten abgeleistet werden. Der Wortlaut der Norm steht diesem Verständnis nicht entgegen, auch wenn er - wie oben unter 2.1. gezeigt - eher in die gegensätzliche Richtung weist. Auch zu dem verobjektivierten Willen des Gesetzgebers steht diese Auslegung nicht in Widerspruch. Die Begründung des Entwurfs des Gesetzes zur Reform des öffentlichen Dienstrechts (Dienstrechtsreformgesetz - DRG -) vom 20.07.2010 (LT-Drs. 14/6694) lässt nicht erkennen, dass der Gesetzgeber die hier in Rede stehende Fallgestaltung vorhergesehen hat. Der Gesetzesbegründung lässt sich jedenfalls nichts für das vom Beklagten vorgeschlagene Normverständnis entnehmen. Die von der Kammer vorgenommene Auslegung steht demgegenüber mit den normübergreifenden Vorstellungen des Gesetzgebers in Einklang. So wird in der Gesetzesbegründung zu § 32 LBesGBW darauf hingewiesen, Sinn der Regelung sei es, bei der Stufenzuordnung zum einen förderliche Vordienstzeiten und zum anderen familien- und gesellschaftspolitisch erwünschte Zeiten in angemessenem Umfang zu berücksichtigen (LT-Drs. 14/6694, S. 466). Gerade die vom Gesetzgeber hervorgehobene familienpolitische Zielsetzung der Anrechnung von Erziehungszeiten spricht dafür, § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW nicht zu eng auszulegen. Wie der vorliegende Fall exemplarisch zeigt, würden bei einem gegenteiligen Verständnis Zufälligkeiten darüber entscheiden, ob die vom Gesetzgeber grundsätzlich gewünschte, familienpolitisch motivierte Anrechnung von Betreuungszeiten im Einzelfall zum Tragen kommt.
28 
2.2.2 Die von der Kammer vorgenommene Auslegung von § 31 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW ist auch aus unionsrechtlichen Erwägungen geboten. Nach Art. 157 Abs. 1 AEUV stellt jeder Mitgliedstaat die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit sicher. Der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zufolge umfasst der Begriff des Entgelts in Sinne von Art. 157 Abs. 2 AEUV alle gegenwärtigen oder künftigen in bar oder in Sachleistung gewährten Vergütungen, vorausgesetzt, dass der Arbeitgeber sie dem Arbeitnehmer wenigstens mittelbar aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses gewährt (vgl. EuGH, Urteile vom 26.09.2013 - C-476/11 -, NVwZ 2013, 1401; und vom 21.01.2015 - C-529/13 -, NVwZ 2015, 798). Ausgehend hiervon ist nicht zweifelhaft, dass die Eingliederung in die Erfahrungsstufen entgeltrelevant im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist. Wie oben dargestellt, hängt von der Berücksichtigung der Erfahrungszeiten die Höhe des Entgelts des Beamten ab. Auch verbietet das europäische Unionsrecht - ebenso wie das nationale Verfassungsrecht - die mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. Gemäß Art. 2 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05.07.2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis bezeichnet der Ausdruck mittelbare Diskriminierung eine Situation, in der dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen des einen Geschlechts in besonderer Weise gegenüber Personen des anderen Geschlechts benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich.
29 
Auch europäisches Unionsrecht gebietet daher das hier vertretene Normverständnis von § 31 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW, um eine mittelbare Diskriminierung von Frauen zu vermeiden. Insoweit kann auf die Ausführungen unter 2.2.1.2 verwiesen werden. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hat ein nationales Gericht bei der Prüfung, ob eine Vorschrift erheblich mehr Frauen als Männer betrifft, die Gesamtheit der Beschäftigten zu berücksichtigen, für die die nationale Regelung gilt. Dabei besteht die beste Methode zur Auswertung der Statistiken darin, die Gruppe der männlichen mit jener der weiblichen Arbeitskräfte darauf hin zu vergleichen, wie hoch in jeder Gruppe der Anteil der von der Ungleichbehandlung Betroffenen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 06.12.2007 - C-300/06 -, juris). Indes kann auch hier dem ersten Anschein nach von einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts ausgegangen werden, wenn § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW nicht wie von der Kammer vorgeschlagen ausgelegt würde. Zwar liegen der Kammer keine statistischen Daten bezogen auf die Beamten des Landes Baden-Württemberg vor, die von § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW betroffen werden. Weitere Ermittlungen dahingehend waren hier jedoch nicht erfolgsversprechend und daher nicht geboten. Wie die Vertreterin des beklagten Landes in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, wird bei dem Landesamt bereits nicht statistisch erfasst, in welchem Verhältnis die Geschlechter Elternzeit in Anspruch nehmen. Erst recht sind bei dem Landesamt keine Erkenntnisse darüber vorhanden, in welchem Verhältnis sich die Vorschrift des § 32 Abs. 1 Satz 3 LBesGBW auf Männer und Frauen jeweils auswirkt. Vielmehr hat die Sitzungsvertreterin des beklagten Landes darauf hingewiesen, dass ihr ein vergleichbarer Sachverhalt nicht bekannt ist.
30 
Des Weitern liegt hier keine Fallgestaltung vor, in der eine mittelbare Benachteiligung aufgrund des Geschlechtes gerechtfertigt ist. Mittelbare Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts verstoßen dann nicht gegen Art. 157 AEUV, wenn die streitige Maßnahme durch objektive Faktoren gerechtfertigt ist, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben (vgl. EuGH, Urteile vom 30.03.2000 - C-236/98 -, Slg. 2000, I-2189; und vom 22.11.2012 - C-385/11 -, juris Rdnr. 32). Das ist der Fall, wenn die gewählten Mittel einem legitimen Ziel dienen und zur Erreichung dieses Ziel geeignet und erforderlich sind (vgl. EuGH, Urteile vom 09.02.1999 - C-167/97 -, Slg. 1999, I-623; und vom 22.11.2012 - C-385/11 -, juris Rdnr. 32). Gemessen hieran ist kein objektiver Grund ersichtlich, der die bei dem Normverständnis des Beklagten eintretende mittelbare Diskriminierung rechtfertigen könnte. Wie mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erörtert, sieht das beklagte Land die Rechtfertigung für das Erfordernis des direkten Anschlusses der Erziehungszeit an eine berücksichtigungsfähige Zeit darin, dass damit ein leicht handhabbares Kriterium für die Berücksichtigung von Erziehungszeiten eingeführt wird. Indes rechtfertigen Erwägungen der Praktikabilität des Verwaltungsvollzugs nicht eine mittelbare Diskriminierung. Dieses Normverständnis ist nicht erforderlich im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Erreichung des angestrebten Ziels. Auch in einer Fallgestaltung wie der hier vorliegenden, in der zwischen dem Beginn der Erziehungszeit und der berücksichtigungsfähigen Zeit eine geringfügige Lücke liegt, werden die vom Gesetzgeber mit der Anrechnung verfolgten Ziele erreicht.
31 
Nach alldem hat die Klage insoweit Erfolg, als die Klägerin eine Berücksichtigung der Erziehungszeit erstrebt.
32 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

1. § 17 Satz 1 des Gesetzes über den Hamburgischen Versorgungsfonds - Anstalt öffentlichen Rechts - (HVFG) vom 21. November 2006 (Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt I Seite 557) ist mit Artikel 3 Absatz 1 und 2 des Grundgesetzes unvereinbar.

2. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, spätestens bis zum 31. Dezember 2010 eine Neuregelung zu treffen.

Gründe

A.

1

Das konkrete Normenkontrollverfahren betrifft die Frage, inwieweit der Landesgesetzgeber zwischen verschiedenen Arbeitnehmergruppen differenzieren darf, wenn er bestimmten Arbeitnehmern, die im Bereich des öffentlichen Dienstes beschäftigt waren, für den Fall der Privatisierung ihres Arbeitgebers einen Anspruch auf Rückkehr in ein Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst gewährt und anderen Arbeitnehmern nicht.

I.

2

1. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Klägerin) ist seit dem 22. Juni 1987 als Reinigungskraft im Allgemeinen Krankenhaus Altona tätig. Der damals bestehende städtische Landesbetrieb Krankenhäuser (LBK) war rechtlich nicht verselbständigt. Das Arbeitsverhältnis bestand daher unmittelbar mit der Freien und Hansestadt Hamburg.

3

2. Aufgrund § 17 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Errichtung der Anstalt Landesbetrieb Krankenhäuser vom 11. April 1995 (LBKHG - HmbGVBl I S. 77) gingen die Arbeitsverhältnisse der in den städtischen Krankenhäusern tätigen Arbeitnehmer auf den Landesbetrieb Krankenhäuser Hamburg (LBK Hamburg), eine rechtsfähige Anstalt öffentlichen Rechts, über. Träger des LBK Hamburg war gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 LBKHG die Stadt. § 17 Abs. 2 LBKHG lautete:

4

Die Freie und Hansestadt Hamburg ist verpflichtet, für den Fall der Überführung der Anstalt in eine andere Trägerschaft dafür Sorge zu tragen, dass die Beschäftigten, die zum Stichtag des Übergangs auf den LBK Hamburg bei den Landesbetrieben beschäftigt waren, von dem neuen Träger unter Wahrung ihres Besitzstandes übernommen werden.Die Freie und Hansestadt Hamburg ist außerdem verpflichtet, im Falle einer Überführung der gesamten Anstalt in eine andere Trägerschaft ohne Mehrheitsbeteiligung der Freien und Hansestadt Hamburg diese Mitarbeiter auf deren Wunsch unter Wahrung der bei der Anstalt erreichten Lohn- und Vergütungsgruppe und Beschäftigungszeit wieder in den Diensten der Freien und Hansestadt Hamburg zu beschäftigen.Im Falle der Überführung einzelner Krankenhäuser oder anderer Einrichtungen des LBK Hamburg oder Teilen von ihnen in eine andere Trägerschaft ohne Mehrheitsbeteiligung des LBK Hamburg ist der LBK Hamburg verpflichtet, den Beschäftigten, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes als Arbeitnehmer oder Beamte beim LBK … beschäftigt gewesen sind, unter Wahrung der beim LBK Hamburg erreichten Lohn- und Vergütungsgruppe sowie Beschäftigungszeit den Verbleib in der Anstalt zu ermöglichen.

5

3. Ab dem 1. Januar 2000 beauftragte der LBK Hamburg die C ... GmbH mit der Durchführung der Reinigungsarbeiten in den Krankenhäusern. Die Arbeitsverhältnisse der im Reinigungsbereich tätigen Arbeitnehmer gingen aufgrund eines Betriebsteilübergangs gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die C... GmbH über. Auch die Klägerin wurde fortan von diesem Unternehmen, einer hundertprozentigen Tochter des LBK Hamburg, beschäftigt.

6

4. Mit dem Gesetz zur Errichtung der Betriebsanstalt LBK Hamburg (LBKBetriebG), das als Art. 1 des Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse des Landesbetriebs Krankenhäuser Hamburg - Anstalt öffentlichen Rechts - vom 17. Dezember 2004 (HmbGVBl I S. 487) in Kraft getreten ist, wurde mit Wirkung zum 1. Januar 2005 die Betriebsanstalt "LBK Hamburg - Anstalt öffentlichen Rechts" (Betriebsanstalt LBK Hamburg) errichtet. Zugleich wurde das LBKHG durch Art. 3 Ziffer 1 des Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse des Landesbetriebs Krankenhäuser Hamburg - Anstalt öffentlichen Rechts - vom 17. Dezember 2004 in "Gesetz zur Errichtung der Anstalt Landesbetrieb Krankenhäuser Hamburg Immobilien Anstalt öffentlichen Rechts (LBK-Immobilien Gesetz)" umbenannt, und dementsprechend wurde der bisherige LBK Hamburg gemäß Art. 3 Ziffer 2 des Neuregelungsgesetzes in LBK-Immobilien umbenannt. Bei der nunmehr neben der neu errichteten Betriebsanstalt LBK Hamburg bestehenden, nur noch als Besitzanstalt fungierenden LBK-Immobilien verblieben nur vier Personalstellen. Der Betrieb der Krankenhäuser wurde auf die Betriebsanstalt LBK Hamburg übertragen, deren Träger der LBK-Immobilien war (§ 1 Abs. 1 Satz 4 LBKBetriebG).

7

Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 LBKBetriebG gingen die Arbeitsverhältnisse der bisher beim ("alten") LBK Hamburg beschäftigten Arbeitnehmer mit Wirkung zum 1. Januar 2005 auf die Betriebsanstalt LBK Hamburg (den "neuen" LBK Hamburg) über. In § 14 Abs. 1 Satz 2 LBKBetriebG war geregelt, dass § 613a Absätze 1, 2 und 4 bis 6 BGB entsprechend gelten sollten. Die betroffenen Arbeitnehmer wurden darauf hingewiesen, dass sie dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse auf die Betriebsanstalt LBK Hamburg widersprechen könnten.

8

Mit der Verordnung zur Umwandlung der Betriebsanstalt LBK Hamburg in eine Kapitalgesellschaft vom 4. Januar 2005 (HmbGVBl I S. 4) wurde die Betriebsanstalt LBK Hamburg, bisher Anstalt öffentlichen Rechts mit dem LBK-Immobilien als ihrem Träger, sodann in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung umgewandelt, deren Mehrheitsgesellschafterin die Besitzanstalt LBK-Immobilien war. Nach § 2 Abs. 1 dieser Verordnung blieben die Rechte und Pflichten der Beschäftigten aus den bestehenden Arbeitsverträgen durch den Formwechsel unberührt.

9

Damit wurde der Großteil der bereits 1995 von der Stadt auf den LBK Hamburg übergeleiteten und dort ununterbrochen beschäftigten Arbeitnehmer zum Jahreswechsel 2004/2005 mit der Betriebsanstalt LBK Hamburg ausgegliedert, um das Arbeitsverhältnis anschließend nach der Umwandlung der Betriebsanstalt mit der neu gegründeten LBK Hamburg GmbH fortzusetzen. Mehrheitsgesellschafter der LBK Hamburg GmbH blieb vorerst die öffentliche Hand in Gestalt der Besitzanstalt LBK-Immobilien, deren Träger die Stadt war. Ziel der Umstrukturierung war aber, die Betriebsgesellschaft nach dem Formwechsel "durch Aufnahme des strategischen Partners" teilweise zu privatisieren (Bürgerschafts-Drucks 18/849, S. 11).

10

Der früheren Regelung zum Rückkehrrecht der Arbeitnehmer in § 17 Abs. 2 LBKHG entsprach nunmehr § 15 Abs. 2 LBK-Immobilien Gesetz (vgl. Art. 3 Ziffer 15 des Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse des Landesbetriebs Krankenhäuser Hamburg - Anstalt öffentlichen Rechts - vom 17. Dezember 2004 ). Ergänzend wurde in Abs. 3 des § 15 LBK-Immobilien Gesetzes geregelt, dass das Rückkehrrecht auch dann besteht, wenn die neu errichtete Anstalt öffentlichen Rechts in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt worden ist und der LBK-Immobilien seine Beteiligung an der Kapitalgesellschaft mehrheitlich veräußert.

11

5. Die Mehrheit der Anteile an der LBK Hamburg GmbH (74,9 %) ging am 1. Januar 2007 von der Stadt auf die A ... GmbH (im Folgenden: A ... GmbH) über. Zuvor war das LBK-Immobilien Gesetz durch Art. 1 Ziffer 1 des Gesetzes zur Änderung des LBK-Immobilien Gesetzes vom 21. November 2006 (HmbGVBl I S. 557) in "Gesetz über den Hamburgischen Versorgungsfonds - Anstalt öffentlichen Rechts - (HVFG)" umbenannt worden. Dementsprechend wurde der LBK-Immobilen in Hamburgischer Versorgungsfonds (HVF) umbenannt (§ 1 Abs. 1 Satz 1 HVFG in der Fassung des Art. 1 Ziffer 2 des Gesetzes zur Änderung des LBK-Immobilien Gesetzes vom 21. November 2006).

12

In § 17 HVFG wurde das Rückkehrrecht nunmehr wie folgt geregelt:

13

Veräußert der HVF seine Beteiligung an der LBK Hamburg GmbH mehrheitlich, so ist die Freie und Hansestadt Hamburg verpflichtet, diejenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der LBK Hamburg GmbH, die bereits im Zeitpunkt der Errichtung der LBK Hamburg - Anstalt öffentlichen Rechts - dort beschäftigt waren, auf deren Wunsch unter Wahrung der beim LBK Hamburg erreichten Lohn- und Vergütungsgruppe und Beschäftigungszeit wieder in den Diensten der Freien und Hansestadt Hamburg zu beschäftigen. Maßgeblicher Veräußerungszeitpunkt ist der Zeitpunkt des dinglichen Übergangs der Anteilsmehrheit. In diesem Fall hat die Leitung der LBK Hamburg GmbH alle betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von ihrem Recht nach Satz 1 schriftlich zu unterrichten. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können innerhalb von sechs Monaten nach Eingang der Mitteilung der Geschäftsleitung schriftlich mitteilen, dass sie von ihrem Recht Gebrauch machen. Die Überführung der Arbeitsverhältnisse in den Dienst der Freien und Hansestadt Hamburg soll dann binnen eines weiteren Jahres erfolgen. …

14

In der Gesetzesbegründung heißt es dazu (Bürgerschafts-Drucks 18/4930, S. 14):

15

Die Regelung über das Rückkehrrecht von bestimmten Beschäftigten der LBK Hamburg GmbH in den Dienst der Freien und Hansestadt Hamburg findet sich an dieser Stelle, weil der HVF die Anteile an der LBK Hamburg GmbH für die Stadt hält. Nur die Übertragung einer Mehrheit von Anteilen an der LBK Hamburg GmbH kann das Rückkehrrecht auslösen. Der Übergang der Anteilsmehrheit an der LBK Hamburg GmbH ist für den 1. Januar 2007 vorgesehen. Zur Verdeutlichung ist klargestellt, dass entsprechend der Regelung im LBKHG vom 11. April 1995 (HmbGVBl. S. 77), zuletzt geändert durch das Dritte Gesetz zur Änderung des LBK Hamburg Gesetzes vom 17. Dezember 2004 (HmbGVBl. S. 487) dieses Rückkehrrecht nur für die Beschäftigten der LBK Hamburg GmbH gilt, die bereits bei der Errichtung des Landesbetriebs Krankenhäuser Hamburg - Anstalt öffentlichen Rechts - dort beschäftigt waren und deren Beschäftigungsverhältnis bei der LBK Hamburg GmbH seitdem noch immer besteht.

16

Mit der Übertragung der Anteilsmehrheit auf die A ... GmbH waren die Voraussetzungen eines Rückkehrrechts nach § 17 HVFG für die in dieser Vorschrift bezeichnete Gruppe von Arbeitnehmern der LBK Hamburg GmbH zum 1. Januar 2007 erfüllt. Das von der Klägerin unter Hinweis auf ihre Zugehörigkeit zu dieser Gruppe ausgeübte Rückkehrrecht lehnte die Stadt mit der Begründung ab, die Klägerin sei nicht Arbeitnehmerin der LBK Hamburg GmbH, sondern der rechtlich selbständigen C ... GmbH.

II.

17

1. Die Klägerin erhob daraufhin vor dem Arbeitsgericht Klage gegen die Stadt und beantragte "festzustellen, dass ihr ein Rückkehrrecht zur Stadt nach § 17 S. 1 bis 5 HVFG zusteht".

18

Sie vertrat die Auffassung, dass die Vorschrift nach ihrem Sinn und Zweck auch auf die Arbeitnehmer Anwendung finden könne, deren Arbeitsverhältnisse im Jahr 2000 auf die C ... GmbH übergegangen seien. Ein auf die Arbeitnehmer der LBK Hamburg GmbH beschränktes Verständnis der Norm verstoße zudem gegen Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG sowie gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG folgende Gebot des Vertrauensschutzes. Dass ihr im Jahr 2000 ein Widerspruch gegen den sie betreffenden Betriebsübergang möglich gewesen wäre, könne die Versagung eines Rückkehrrechts nach dem Wortlaut des § 17 HVFG nicht rechtfertigen. Auch die früher beim LBK Hamburg beschäftigten Arbeitnehmer, denen anders als ihr ein Rückkehrrecht zugebilligt worden sei, hätten dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse auf die LBK Hamburg GmbH am 1. Januar 2005 nach § 613a Abs. 6 BGB widersprechen können.

19

Die Stadt machte zur Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmergruppen geltend, die Tatsache, dass sie von Anfang an nur denjenigen Arbeitnehmern ein Rückkehrrecht habe einräumen wollen, die dem LBK Hamburg seit 1995 eng verbunden verblieben seien, stelle einen legitimen Differenzierungsgrund dar. Der Landesgesetzgeber habe im Jahr 1995 mit der Einräumung des Rückkehrrechts gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 LBKHG einen Ausgleich dafür geschaffen, dass den damals auf den LBK Hamburg übergeleiteten Beschäftigten kein Widerspruchsrecht gegen die Übertragung ihrer Arbeitsverhältnisse zugestanden habe. § 613a BGB habe aufgrund der gesetzlich angeordneten Organisationsänderung innerhalb des öffentlichen Dienstes nicht zur Anwendung kommen können, und der Gesetzgeber habe auch im LBKHG kein entsprechendes Widerspruchsrecht normiert. Um die Beschäftigten des neu geschaffenen LBK Hamburg dennoch umfassend vor dem von ihnen nicht beeinflussbaren Verlust ihres Arbeitsplatzes im öffentlichen Dienst abzusichern, sei ihnen im Falle einer späteren Überführung der gesamten Anstalt in eine private Trägerschaft das Rückkehrrecht zur Stadt eingeräumt worden. Auch bei der Aufspaltung und Umwandlung des LBK Hamburg nach dem LBKBetriebG in den Jahren 2004/2005 habe es sich um eine gesetzlich angeordnete Überleitung der Arbeitsverhältnisse gehandelt, bei der die Schutzvorschrift des § 613a BGB nicht unmittelbar habe Anwendung finden können. Dementsprechend sei den von der Übertragung betroffenen Arbeitnehmern weiterhin das potentielle Rückkehrrecht zur Stadt eingeräumt worden. Die Regelung der entsprechenden Anwendbarkeit des § 613a BGB in § 14 Abs. 1 Satz 2 LBKBetriebG sei nur deshalb getroffen worden, weil der Gesetzgeber nicht habe ausschließen können, dass die Gerichte den Arbeitnehmern im Falle eines Rechtsstreits auch ohne unmittelbare Geltung des § 613a BGB ein Widerspruchsrecht zugebilligt hätten. Solchen Rechtsstreitigkeiten habe vorgebeugt werden sollen. Faktisch wäre das Widerspruchsrecht aber ins Leere gelaufen, da die widersprechenden Arbeitnehmer zwar beim LBK-Immobilien verblieben wären, aber wegen dort fehlender Beschäftigungsmöglichkeiten mit einer betriebsbedingten Kündigung hätten rechnen müssen. Das Fortbestehen des gesetzlichen Rückkehrrechts sei damit im Ergebnis weiterhin die einzige Möglichkeit geblieben, im Falle der Privatisierung des gesamten Krankenhausbetriebs in den öffentlichen Dienst zurückzukehren. Anders habe sich die Situation bei den Beschäftigten dargestellt, deren Arbeitsverhältnisse im Jahre 2000 aufgrund einer unternehmerischen Entscheidung des LBK Hamburg durch einen rechtsgeschäftlichen Teilbetriebsübergang auf die C ... GmbH übergegangen seien. Sie hätten den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf eine privatrechtliche Gesellschaft durch Ausübung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB verhindern können. Die Gefahr einer betriebsbedingten Kündigung sei zwar nicht gänzlich auszuschließen gewesen. In Anbetracht des beim LBK Hamburg verbliebenen Personalkörpers und Aufgabenkreises sowie des zu beachtenden Grundsatzes der Sozialauswahl wäre eine solche Kündigung aber kaum durchsetzbar gewesen. Insofern hätten die von dieser Teilausgliederung betroffenen Arbeitnehmer keines besonderen, über das Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB hinausgehenden Schutzes durch ein Rückkehrrecht zur Stadt bedurft. Diese Arbeitnehmer, die sich - indem sie nicht widersprochen hätten - entschieden hätten, ihre Tätigkeit ab 2000 bei der C ... GmbH auszuüben, hätten davon ausgehen müssen, dass mit der Ausgliederung auf ein eigenständiges Unternehmen auch Veränderungen in ihren Arbeitsverhältnissen einhergingen. Die Klägerin habe die für sie nachteilige Folge, kein Rückkehrrecht mehr geltend machen zu können, selbst verursacht, indem sie dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die C ... GmbH nicht widersprochen habe. Außerdem stelle die Gebäudereinigung keine genuin medizinische oder wie im Falle des technischen und des Verwaltungspersonals annexförmig dem Gesundheitswesen angegliederte Dienstleistung dar.

20

Die Klägerin schloss sich der Auffassung der Stadt an, dass die Widerspruchsmöglichkeit der Beschäftigten des LBK Hamburg zum Jahreswechsel 2004/2005 nach den tatsächlichen Verhältnissen bedeutungslos gewesen sei, weil bei Ausübung des Widerspruchsrechts die Gefahr einer betriebsbedingten Kündigung wegen fehlender verbleibender Arbeitsplätze beim LBK Hamburg bestanden hätte. Nicht anders sei aber die Situation der Beschäftigten im Reinigungsbereich im Jahr 2000 gewesen. Auch für sie hätte bei Erklärung eines Widerspruchs gegen den Betriebsübergang auf die C ... GmbH die Gefahr einer betriebsbedingten Kündigung bestanden. Ihre Arbeitsplätze seien beim LBK Hamburg mit der Ausgliederung weggefallen, und andere vergleichbare Arbeitsplätze seien beim LBK Hamburg schon mangels entsprechender sonstiger Qualifikation der Reinigungskräfte nicht vorhanden gewesen.

21

2. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Die Klägerin legte Berufung ein. Mit Beschluss vom 13. August 2008 setzte das Landesarbeitsgericht den Rechtsstreit aus und legte dem Bundesverfassungsgericht die Frage vor, ob § 17 HVFG mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

22

a) Die dem Bundesverfassungsgericht vorgelegte Frage sei entscheidungserheblich. Sei § 17 HVFG anzuwenden, müsse die Klage abgewiesen werden, weil eine Anspruchsgrundlage für das geltend gemachte Rückkehrrecht fehle. § 17 HVFG setze voraus, dass die Klägerin am 1. Januar 2007 als dem Zeitpunkt, in dem die Stadt die Anteilsmehrheit an der LBK Hamburg GmbH an die A ... GmbH übertragen habe, Arbeitnehmerin der LBK Hamburg GmbH gewesen sei. Die Klägerin stehe jedoch aufgrund eines Betriebsteilübergangs gemäß § 613a BGB seit dem 1. Januar 2000 in einem Arbeitsverhältnis mit der C ... GmbH. Für eine analoge Anwendung von § 17 HVFG sei kein Raum. Es fehle bereits an einer planwidrigen Regelungslücke. Der Wille des Gesetzgebers, dem die Ausgliederung des Reinigungsbereichs bekannt gewesen sei, gehe vielmehr ausweislich des klaren Wortlauts des Gesetzes dahin, das Rückkehrrecht auf diejenigen zu beschränken, die Beschäftigte der LBK Hamburg GmbH gewesen seien. Deshalb sei es den Fachgerichten auch nicht möglich, durch eine verfassungskonforme Auslegung den Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG im Falle der Klägerin zu vermeiden. Da die Chance bestehe, dass der Gesetzgeber nach einer Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Regelung über das Rückkehrrecht § 17 HVFG dahingehend ändere, dass er auch der Klägerin ein Rückkehrrecht einräume, komme es für die Entscheidung im Ausgangsverfahren auf die Verfassungsmäßigkeit der zur Überprüfung gestellten Vorschrift an.

23

b) Nach Überzeugung des Landesarbeitsgerichts verstößt § 17 HVFG gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

24

Die Vergleichsgruppen bestünden aus den seit 2000 bei der C ... GmbH beschäftigten Reinigungskräften einerseits und aus den damals beim LBK Hamburg verbliebenen Arbeitnehmern andererseits. Für letztere habe der Gesetzgeber auch bei den gesetzlichen Fortschreibungen ein im Wesentlichen unverändertes Rückkehrrecht zur Stadt vorgesehen, für erstere aber nicht, was im Hinblick auf Haftung, Arbeitsplatzsicherheit und Anwendbarkeit tariflicher Regelungen, beispielsweise des Ausschlusses einer ordentlichen Kündigung nach längerer Betriebszugehörigkeit, einen nicht unbeträchtlichen Nachteil darstelle.

25

Es handele sich um eine unterschiedliche Regelung für Personengruppen. Daher sei eine strenge Prüfung notwendig. Soweit der Gesetzgeber in § 17 HVFG der einen Gruppe ein Rückkehrrecht zur Stadt zubillige, der Gruppe, zu der die Klägerin gehöre, aber nicht, fehle es an einem sachlichen Differenzierungsgrund. Bereits im Jahr 1995 sei es die gesetzgeberische Absicht gewesen, die Beschäftigten des neu geschaffenen LBK Hamburg umfassend vor dem nicht beeinflussbaren Verlust ihrer Arbeitsstelle im öffentlichen Dienst abzusichern. Deshalb sei für den Fall einer späteren Überführung der gesamten Anstalt in eine private Trägerschaft das Rückkehrrecht zur Stadt gesetzlich eingeräumt worden. Die Rechtsstellung der Beschäftigten habe so gewahrt werden sollen, und finanzielle Nachteile hätten so verhindert werden sollen. Von dieser gesetzgeberischen Wohltat seien damals auch die Reinigungskräfte erfasst worden. Ihr später aufgrund unternehmerischer Entscheidung erfolgter Wechsel in eine hundertprozentige Tochtergesellschaft stelle keinen sachlichen Grund dar, ihnen im Gegensatz zu ihren vergleichbaren Kollegen bei Erlass des § 17 HVFG das Rückkehrrecht vorzuenthalten. Für eine solche Differenzierung lasse sich kein vernünftiger, aus der Natur der Sache folgender oder sonst einleuchtender Grund finden.

26

Der Gesetzgeber knüpfe für das Entstehen des Rückkehrrechts nicht an den formalen Wechsel der Person des jeweiligen Arbeitgebers oder seiner Rechtsform an, sondern stelle darauf ab, ob aufgrund der Übertragung von Mehrheitsanteilen von einer das Rückkehrrecht auslösenden Privatisierung des LBK Hamburg auszugehen sei. Es bestehe auch kein Unterschied in der Wahlmöglichkeit der Beschäftigten beider Gruppen beim Wechsel des Arbeitgebers. Allen Beschäftigten sei 1995 ein Rückkehrrecht zur Kompensation des gesetzlich angeordneten, von den Beschäftigten nicht beeinflussbaren Arbeitgeberwechsels eingeräumt worden. Sodann sei zum 1. Januar 2000 ein weiterer, diesmal rechtsgeschäftlicher Wechsel für die Beschäftigten im Reinigungsbereich mit einem von der Rechtsprechung anerkannten Widerspruchsrecht gemäß § 613a BGB erfolgt. Da keine vergleichbaren Arbeitsplätze beim LBK Hamburg verblieben seien, wäre im Falle des Widerspruchs eine betriebsbedingte Kündigung zu erwarten gewesen. Keinesfalls wäre es arbeitsrechtlich angeraten gewesen, dem Betriebsübergang zu widersprechen. Genauso theoretisch sei das den Beschäftigten der Vergleichsgruppe eingeräumte Widerspruchsrecht durch den gemäß § 14 Abs. 1 LBKBetriebG vom 17. Dezember 2004 erfolgten Verweis auf § 613a Abs. 6 BGB gewesen, da bei der Besitzanstalt LBK-Immobilien nur vier Arbeitsplätze verblieben seien.

27

Die Differenzierung könne auch nicht mit den unterschiedlichen Aufgaben der Betroffenen begründet werden. Ohne Reinigungsarbeiten lasse sich ein Krankenhaus genauso wenig betreiben wie ohne medizinische, pflegerische, technische oder verwaltende Tätigkeiten. Würde der unterschiedliche Aufgabenbereich, der Grad der Vorbildung oder die Nähe der Aufgabe zum medizinischen Kerngeschäft als Kriterium herangezogen, würde sich angesichts des weitaus größeren Frauenanteils in der Gruppe der bei der C ... GmbH Beschäftigten zudem das Problem einer mittelbaren Diskriminierung stellen.

28

Ein zulässiger Differenzierungsgrund könne zwar auch in der Befugnis des Gesetzgebers zur Typisierung und Generalisierung von Sachverhalten liegen. Die damit verbundenen Belastungen seien hinzunehmen, wenn sie nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären, lediglich eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen beträfen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv sei. Auch danach erweise sich die Regelung aber nicht als verfassungsgemäß. Die Belastung der Reinigungskräfte ließe sich durch ihre Einbeziehung in das Rückkehrrecht einfach vermeiden. Es sei auch keine im Verhältnis zur begünstigten Gruppe nur kleine Zahl von Personen betroffen, und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz sei nicht belanglos.

III.

29

Zur Vorlage haben der Präses der Justizbehörde für den Senat der Freien und Hansestadt Hamburg, die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts, der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, die dbb Tarifunion und die Klägerin des Ausgangsverfahrens Stellung genommen.

30

1. Im Anschluss an den Vortrag der Stadt im Ausgangsverfahren hat der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg im Hinblick auf die Ausführungen der Klägerin, ein Widerspruch gegen den Betriebsübergang sei angesichts des Risikos einer dann folgenden betriebsbedingten Kündigung eine rein theoretische Möglichkeit gewesen, auf § 9 der "Rahmendienstvereinbarung Beschäftigungssicherung im LBK Hamburg" vom 23. Juni 1997 und auf Anschlussvereinbarungen vom 4. Januar 1999 und 22. Dezember 2000 hingewiesen. In diesen Dienstvereinbarungen des Vorstands und des Gesamtpersonalrats des LBK Hamburg ist geregelt, dass der LBK Hamburg im Zusammenhang mit Maßnahmen, die dem Geltungsbereich dieser Dienstvereinbarungen unterfielen, zeitlich befristet auf betriebsbedingte Änderungs- und Beendigungskündigungen verzichtet. Zur Frage einer mittelbaren Frauendiskriminierung hat der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg mitgeteilt, dass im Januar 2007 der Anteil der weiblichen Beschäftigten im LBK Hamburg bei 69,5 % und bei der C ... GmbH bei 93,5 % lag.

31

2. Die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts hat eine Stellungnahme des Vorsitzenden des Achten Senats übersandt, wonach dort mehrere Revisionsverfahren zu Fragen des Rückkehrrechts in den Landesdienst nach dem HVFG anhängig seien.

32

3. Nach Ansicht des Deutschen Gewerkschaftsbunds wäre § 17 HVFG verfassungswidrig, wenn man die Vorschrift so wie das Landesarbeitsgericht interpretierte. Dann läge eine willkürliche, gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Ungleichbehandlung zwischen den auf die C... GmbH übergegangenen Arbeitnehmern des Reinigungsbereichs und den bei dem LBK Hamburg verbliebenen Arbeitnehmern vor. Die gerichtliche Auslegung des § 17 Satz 1 HVFG, nach der für ein Rückkehrrecht ein Arbeitsverhältnis mit der LBK Hamburg GmbH bestehen müsse, sei jedoch zu eng. Richtig sei vielmehr eine Auslegung, die von der gesellschaftsrechtlichen Lage abstrahiere und auf den letztlich hinter den gesellschaftsrechtlichen Konstruktionen stehenden Eigentümer abstelle. Daher genüge es bei verfassungskonformer Auslegung der Norm, dass der Mitarbeiter seine Tätigkeit an einem Objekt der LBK Hamburg ausübe, auch wenn das Arbeitsverhältnis mit der C ... GmbH bestehe.

33

4. Nach Auffassung der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und der dbb Tarifunion ist § 17 HVFG, soweit er das Rückkehrrecht auf Mitarbeiter der LBK Hamburg GmbH beschränkt, wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verfassungswidrig. Für die Vergleichsgruppen, die Beschäftigten bei der C ... GmbH und bei der LBK Hamburg GmbH, führe die Regelung zu unterschiedlichen, für die Klägerin nachteiligen Ergebnissen. Diese unterschiedliche Behandlung vergleichbarer Personengruppen sei mangels eines sachlichen Differenzierungsgrundes verfassungswidrig. Die Angestellten der C ... GmbH seien ebenso wie das sonstige Krankenhauspersonal in den internen Arbeitsablauf integriert. Der Entzug des Rückkehrrechts betreffe auch keine vergleichsweise kleine Personengruppe, die bei einer typisierenden Regelung nicht hätte berücksichtigt werden müssen. Jedenfalls sei es auch unter dem Gesichtspunkt der Typisierung verfassungsrechtlich nicht erlaubt, die fiskalischen Interessen der Stadt durch die willkürliche Herausnahme von sozial besonders schutzbedürftigen Arbeitnehmern aus einem Rückkehrangebot zu wahren. Die Klägerin hätte den Eintritt der ihr mit der Gesetzesänderung vom 21. November 2006 entstehenden Nachteile auch nicht durch Ausübung des Widerspruchsrechts verhindern können. Da beim LBK Hamburg keine Arbeitsplätze im Reinigungsbereich verblieben seien, hätte mit einer betriebsbedingten Kündigung gerechnet werden müssen. Die Stadt, der LBK Hamburg und die C ... GmbH hätten den arbeitsrechtlichen Schutz der Klägerin systematisch ausgehebelt.

34

5. Die Klägerin hat sich unter Bezugnahme auf ihren Vortrag im Ausgangsverfahren ebenfalls der Auffassung des Landesarbeitsgerichts angeschlossen, § 17 HVFG sei verfassungswidrig.

B.

35

Die Vorlage ist zulässig. Das Landesarbeitsgericht hat seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit des § 17 Satz 1 HVFG und von der Entscheidungserheblichkeit der verfassungsrechtlichen Beurteilung der Norm ausreichend begründet (§ 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG).

C.

36

§ 17 Satz 1 HVFG ist mit Art. 3 Abs. 1 und 2 GG unvereinbar.

I.

37

Die Regelung des § 17 Satz 1 HVFG verstößt gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, weil sie die schon im April 1995 und seitdem ununterbrochen in den ehemals städtischen Krankenhäusern tätigen, seit 2000 bei der C... GmbH angestellten Arbeitnehmer in nicht zu rechtfertigender Weise gegenüber vergleichbaren Arbeitnehmern benachteiligt.

38

1. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Verboten ist auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird (vgl. BVerfGE 110, 412 <431>; 112, 164 <174>; 116, 164 <180>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 7. Juli 2009 - 1 BvR 1164/07 -, VersR 2009, S. 1607 <1609>).

39

2. § 17 Satz 1 HVFG führt zu einer Ungleichbehandlung innerhalb der Gruppe der Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse 1995 von der Stadt auf den LBK Hamburg übergeleitet wurden. Den Reinigungskräften, denen damals mit den anderen an den Kliniken der Stadt bei der Gründung des LBK Hamburg beschäftigten Arbeitnehmern durch § 17 Abs. 2 LBKHG für den Fall der Privatisierung ein Rückkehrrecht in den öffentlichen Dienst gewährt wurde, wird nunmehr durch die Neuregelung des § 17 Satz 1 HVFG ein solches Rückkehrrecht verwehrt. Dieses Recht soll nach dieser Vorschrift nur den Arbeitnehmern zustehen, die zuletzt bei der LBK Hamburg GmbH beschäftigt waren, nicht aber denjenigen, deren Arbeitsverhältnisse schon im Jahr 2000 vom LBK Hamburg auf die C ... GmbH übergegangen waren, weil diese Arbeitnehmer am 1. Januar 2007 nicht "Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der LBK Hamburg GmbH" waren.

40

a) Die Ungleichbehandlung der Arbeitnehmergruppen wird bei einer Gegenüberstellung der sie betreffenden rechtlichen Rahmenbedingungen seit 1995 deutlich.

41

aa) Die in den städtischen Krankenhäusern beschäftigten Arbeitnehmer mit Ausnahme des Reinigungspersonals standen bis 2004 in einem Arbeitsverhältnis mit dem LBK Hamburg. Zum 1. Januar 2005 gingen diese Arbeitsverhältnisse kraft Gesetzes auf die neu errichtete Betriebsanstalt LBK Hamburg über. Der Gesetzgeber ordnete in § 14 Abs. 1 Satz 2 LBKBetriebG an, dass § 613a Abs. 6 BGB entsprechend gelten solle, die Arbeitnehmer dem Arbeitgeberwechsel also widersprechen könnten. Der Widerspruch hätte zur Folge gehabt, dass das Arbeitsverhältnis mit dem früheren LBK Hamburg fortbestanden hätte, der nunmehr Landesbetrieb Krankenhäuser Hamburg Immobilien hieß und nur noch als Besitzanstalt fungierte. Die nicht widersprechenden Mitarbeiter wurden sodann Arbeitnehmer der durch Umwandlung der Betriebsanstalt LBK Hamburg entstandenen LBK Hamburg GmbH.

42

Ein Rückkehrrecht nach § 15 Abs. 2 LBK-Immobilien Gesetz, der den ab 1995 geltenden § 17 Abs. 2 LBKHG ersetzte, lösten diese Vorgänge nicht aus. Dies wurde in § 15 Abs. 3 Satz 1 LBK-Immobilien Gesetz ausdrücklich klargestellt. Träger der Betriebsanstalt LBK Hamburg war der LBK-Immobilien, also der umbenannte frühere LBK Hamburg, dessen Träger wiederum die Stadt war. Die Umwandlung der Betriebsanstalt in die LBK Hamburg GmbH hatte zur Folge, dass der LBK-Immobilien die Gesellschafterstellung in der GmbH einnahm. Es kam zu keinem Verlust der Mehrheitsbeteiligung der Stadt beziehungsweise des früheren LBK Hamburg, so dass die Option einer Rückkehr in den weiter bestehenden Bereich des öffentlichen Dienstes nicht notwendig war. In § 15 Abs. 3 Satz 2 LBK-Immobilien Gesetz wurde aber § 15 Abs. 2 Satz 2 LBK-Immobilien Gesetz als Nachfolgeregelung des § 17 Abs. 2 Satz 2 LBKHG, also das Rückkehrrecht zur Stadt, für anwendbar erklärt, sobald der LBK-Immobilien seine Mehrheitsbeteiligung an der LBK Hamburg GmbH aufgeben sollte.

43

Dieser Fall trat am 1. Januar 2007 ein. Zu diesem Zeitpunkt hielt allerdings nicht mehr der LBK-Immobilien die Anteile an der LBK-Hamburg GmbH für die Stadt, sondern die mit dem Gesetz zur Änderung des LBK-Immobilien Gesetzes vom 21. November 2006 neu errichtete, Hamburgischer Versorgungsfonds genannte Anstalt öffentlichen Rechts. Das Rückkehrrecht der "Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der LBK Hamburg GmbH, die bereits im Zeitpunkt der Errichtung der LBK Hamburg - Anstalt öffentlichen Rechts - dort beschäftigt waren", in ein Arbeitsverhältnis unmittelbar mit der Stadt ergab sich nunmehr aus § 17 Satz 1 HVFG, da der HVF seine Beteiligung an der LBK Hamburg GmbH mehrheitlich veräußert hatte. Durch die Regelung begünstigt wurden also die Arbeitnehmer, deren Arbeitgeber vor der Errichtung des früheren LBK Hamburg die Stadt selbst war und deren Arbeitsverhältnisse im April 1995 kraft Gesetzes auf den LBK Hamburg übergegangen waren und zuletzt im Zeitpunkt der Privatisierung am 1. Januar 2007 mit der LBK Hamburg GmbH bestanden.

44

Für diese Arbeitnehmer sahen die Gesetze demnach seit April 1995 in allen zwischenzeitlich geltenden Fassungen ein Rückkehrrecht in den öffentlichen Dienst im Falle einer materiellen Privatisierung vor. Die gesetzlichen Voraussetzungen des Rückkehrrechts waren für sie erstmals am 1. Januar 2007 erfüllt. Außerdem hätte ihnen zum Jahreswechsel 2004/2005 ein Widerspruchsrecht zugestanden.

45

bb) Im Vergleich dazu entwickelte sich die Rechtslage für die im Bereich der Krankenhausreinigung beschäftigten Arbeitnehmer wie folgt:

46

Am 1. Januar 2000 gingen ihre Arbeitsverhältnisse gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB vom LBK Hamburg auf die C... GmbH über. Die Voraussetzungen eines Rückkehrrechts nach § 17 Abs. 2 LBKHG waren nicht erfüllt. Weder wurde der gesamte LBK Hamburg in eine andere Trägerschaft überführt (§ 17 Abs. 2 Satz 2 LBKHG), noch handelte es sich um die Überführung einer einzelnen Einrichtung der Anstalt in eine andere Trägerschaft ohne Mehrheitsbeteiligung des LBK Hamburg (§ 17 Abs. 2 Satz 3 LBKHG). Der LBK Hamburg hielt vielmehr 100 % der Anteile der C ... GmbH. Die Arbeitnehmer hätten dem Arbeitgeberwechsel allerdings widersprechen können. Zwar wurde das Widerspruchsrecht der von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer erst durch das Gesetz zur Änderung des Seemannsgesetzes und anderer Gesetze vom 23. März 2002 (BGBl I S. 1163) in § 613a Abs. 6 BGB kodifiziert. Es war aber schon zuvor in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts anerkannt (vgl. BAG, Urteil vom 8. Mai 2001 - 9 AZR 95/00 -, AP BGB § 613a Nr. 219, unter I 1 b cc der Gründe, m.w.N.). Bei einem Widerspruch hätte das Arbeitsverhältnis zum LBK Hamburg fortbestanden.

47

Zum 1. Januar 2005 ergab sich für das bei der C ... GmbH beschäftigte Reinigungspersonal keine Änderung ihrer arbeitsrechtlichen Position. Infolge der Umwandlung des LBK Hamburg in die LBK Hamburg GmbH rückte lediglich diese GmbH in die Gesellschafterstellung bei der C ... GmbH ein. Es lag daher kein Betriebsübergang vor, der ein Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB hätte auslösen können. Ein Rückkehrrecht zum LBK Hamburg konnte aus § 15 Abs. 2 LBK-Immobilien Gesetz, der § 17 Abs. 2 LBKHG ersetzte, schon deshalb nicht folgen, weil die Stadt weiterhin ihre Mehrheitsbeteiligung an der Besitzanstalt LBK-Immobilien, der Gesellschafterin der LBK Hamburg GmbH, hielt.

48

Auch zum 1. Januar 2007 änderte sich nichts daran, dass Arbeitgeber der Reinigungskräfte die C ... GmbH blieb. Eine Anwendung des § 613a Abs. 6 BGB schied daher aus. Allenfalls kam ein gesetzliches Rückkehrrecht der Arbeitnehmer zur Stadt in Betracht. Rechtsgrundlage dafür war nunmehr § 17 Satz 1 HVFG. Die sachliche Voraussetzung der Norm war erfüllt: Mehrheitsgesellschafterin der C ... GmbH war zwar weiterhin die LBK Hamburg GmbH, aber deren Mehrheitsgesellschafterin war ab diesem Zeitpunkt die nicht von der Stadt beherrschte A ... GmbH. In persönlicher Hinsicht kommt die im Zeitpunkt der Privatisierung geltende gesetzliche Grundlage für das Rückkehrrecht jedoch nur den Mitarbeitern zugute, die am 1. Januar 2007 bei der LBK Hamburg GmbH beschäftigt waren. Der persönliche Geltungsbereich der Norm erstreckt sich nicht auf die Reinigungskräfte als Arbeitnehmer einer Tochtergesellschaft der LBK Hamburg GmbH.

49

Diese Arbeitnehmer hätten also dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse auf die C ... GmbH zum 1. Januar 2000 widersprechen können. Ein Rückkehrrecht nach einem der seit 1995 für den Krankenhausbereich geltenden Landesgesetze konnten sie hingegen zu keinem Zeitpunkt geltend machen.

50

b) Eine abweichende Auslegung des § 17 Satz 1 HVFG dahingehend, dass auch den auf die C... GmbH übergeleiteten Arbeitnehmern ein Rückkehrrecht zusteht, kommt nicht in Betracht. Das Bemühen um eine verfassungskonforme Auslegung mit dem Ziel, einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG zu vermeiden, stößt dort an seine Grenzen, wo einem bereits nach dem Wortlaut, aber jedenfalls nach dem gesetzgeberischen Willen eindeutigen Gesetz eine davon abweichende Bedeutung verliehen beziehungsweise das gesetzgeberische Ziel in einem wesentlichen Punkt verfehlt oder verfälscht würde. Eine solche Auslegung, mit der an die Stelle der Gesetzesvorschrift inhaltlich eine andere gesetzt oder mit der ein Regelungsinhalt erstmals geschaffen wird, ist grundsätzlich nicht zulässig (vgl. BVerfGE 59, 330 <334>; 78, 20 <24>; zum gegenläufigen Willen des Landesgesetzgebers vgl. auch BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 1. Dezember 2009 - 1 BvR 2857/07, 1 BvR 2858/07 -, DVBl 2010, S. 108 <114>, Rn. 185). Ob schon der Wortlaut des § 17 Satz 1 HVFG unüberbrückbar einer Auslegung entgegensteht, nach der auch die bei einer Tochtergesellschaft der LBK Hamburg GmbH angestellten Reinigungskräfte eine Übernahme in ein Arbeitsverhältnis mit der Stadt verlangen könnten, muss nicht abschließend beurteilt werden. Eine Einbeziehung dieser Arbeitnehmer in den Anwendungsbereich der Norm scheidet jedenfalls nach dem eindeutig in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommenden und in der Praxis durch die Ablehnung der Rückkehr der Klägerin seitens der Stadt bestätigten Willen des Landesgesetzgebers aus, der das Rückkehrrecht in Kenntnis der Ausgliederung des Reinigungsbereichs im Jahr 2000 ausdrücklich auf die zuletzt bei der LBK Hamburg GmbH beschäftigten Mitarbeiter beschränken wollte.

51

3. Diese Ungleichbehandlung ist nicht gerechtfertigt.

52

a) Eine Ungleichbehandlung von Personengruppen verletzt Art. 3 Abs. 1 GG, wenn keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfGE 55, 72 <88>; 84, 197 <199>; 100, 195 <205>; 109, 96 <123>; 110, 274 <291>). Sie trifft hier mit den Reinigungskräften eine nach ihrer sozialen Zusammensetzung und ihrer ökonomischen Stellung eher schwache Gruppe, die tendenziell weniger in der Lage ist, sich gegen eine Schlechterstellung zu wehren. Zur Begründung dieser Ungleichbehandlung reicht es nicht aus, dass der Normgeber ein seiner Art nach geeignetes Unterscheidungsmerkmal berücksichtigt hat. Vielmehr muss auch für das Maß der Differenzierung ein innerer Zusammenhang zwischen den vorgefundenen Verschiedenheiten und der differenzierenden Regelung bestehen, der sich als sachlich vertretbarer Unterscheidungsgesichtspunkt von hinreichendem Gewicht anführen lässt (vgl. BVerfGE 93, 386 <401>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 7. Juli 2009 - 1 BvR 1164/07 -, VersR 2009, S. 1607 <1609>). Dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers sind dabei umso engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten, hier der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG), nachteilig auswirken kann (vgl. BVerfGE 121, 317 <370>).

53

b) Die Benachteiligung der Reinigungskräfte gegenüber den sonstigen Arbeitnehmern ist nicht gerechtfertigt. Ein sachlicher Differenzierungsgrund ist nicht erkennbar.

54

aa) Ein tragfähiger Grund für die Ungleichbehandlung liegt nicht darin, dass die Reinigungskräfte schon vor der das Rückkehrrecht nach § 17 Satz 1 HVFG auslösenden Privatisierung in einem privatrechtlich organisierten Unternehmen beschäftigt waren. Für die Arbeitnehmer, die die gesetzlichen Voraussetzungen des Rückkehrrechts zur Stadt erfüllen, gilt nämlich nichts anderes. Ihr Arbeitgeber war seit Anfang 2005 die LBK Hamburg GmbH. Beide Arbeitnehmergruppen waren damit zuletzt bei einer Kapitalgesellschaft beschäftigt, auf die die Stadt aber bis zum 31. Dezember 2006 kraft ihrer Beteiligung beherrschenden Einfluss hatte. Außerdem sollten die Arbeitnehmer durch das ursprünglich in § 17 Abs. 2 LBKHG und zuletzt in § 17 Satz 1 HVFG geregelte Rückkehrrecht nicht vor einem formalen Arbeitgeberwechsel oder einer Umstrukturierung, die den beherrschenden Einfluss der Stadt nicht berührt, geschützt werden. Vielmehr hat das Rückkehrrecht erst dann eingegriffen, als die Zugehörigkeit zum öffentlichen Dienst auch materiell dadurch verloren gegangen ist, dass die Stadt ihre Anteilsmehrheit aufgegeben hat.

55

bb) Die Argumentation der Stadt, die Reinigungskräfte hätten ihre Zugehörigkeit zum öffentlichen Dienst bei ihrer Ausgliederung am 1. Januar 2000 durch Erklärung eines Widerspruchs gegen den Arbeitgeberwechsel aufrecht erhalten können, zeigt keinen rechtserheblichen Unterschied zu den übrigen Arbeitnehmern auf.

56

(1) Den Reinigungskräften kann nicht unterstellt werden, sich im Jahr 2000 bewusst gegen einen Verbleib im öffentlichen Dienst entschieden zu haben. Vielmehr haben sie den Betriebsteilübergang vom LBK Hamburg auf die damals noch von der Stadt beherrschte C ... GmbH lediglich widerspruchslos hingenommen. Damit haben sie den Umstrukturierungsmaßnahmen der Stadt im Krankenhausbereich Folge geleistet und insofern sogar ihre Solidarität mit der städtischen Personalplanung unter Beweis gestellt. Daher kann dieses Verhalten nicht als Abkehr von der Stadt interpretiert werden und darf den Reinigungskräften nunmehr nicht zum Nachteil gereichen.

57

(2) Die auf einen unterstellten Abkehrwillen der Reinigungskräfte im Jahr 2000 gestützte Differenzierung ist aber auch aus einem weiteren Grund nicht tragfähig.

58

Die Stadt hatte den anderen, bis dahin beim LBK Hamburg beschäftigten Arbeitnehmern im Zuge der zum Jahreswechsel 2004/2005 durchgeführten Umwandlungen mit der Folge eines kraft Gesetzes eingetretenen Arbeitgeberwechsels ein Widerspruchsrecht entsprechend § 613a Abs. 6 BGB eingeräumt. Die Rechtslage war daher für beide Arbeitnehmergruppen in dem Zeitpunkt, in dem der LBK Hamburg aus der Arbeitgeberstellung zu ihnen ausschied, identisch. Beide Arbeitnehmergruppen hätten den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses mit dem LBK Hamburg durch Erklärung eines Widerspruchs herbeiführen können: Die Reinigungskräfte, als ihre Arbeitsverhältnisse am 1. Januar 2000 gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die C... GmbH übergingen, und die anderen Arbeitnehmer zum Jahreswechsel 2004/2005, als durch § 14 LBKBetriebG die neue, dann in eine GmbH umgewandelte Betriebsanstalt LBK Hamburg ihr Arbeitgeber wurde. Folglich ist es sachlich nicht gerechtfertigt, dass der Gesetzgeber im Hinblick auf das frühere Widerspruchsrecht der Reinigungskräfte nur den übrigen, nicht im Reinigungsbereich eingesetzten Arbeitnehmern für den Fall der späteren Privatisierung ein weiteres Instrumentarium zur Fortsetzung ihrer Beschäftigung im öffentlichen Dienst an die Hand geben wollte.

59

Ein rechtlich beachtlicher Unterschied kann auch nicht darin gesehen werden, dass die Reinigungskräfte im Januar 2000 einen erheblichen Anlass zum Widerspruch gegen den Arbeitgeberwechsel gehabt hätten, die anderen Arbeitnehmer zum Jahreswechsel 2004/2005 hingegen nicht. In beiden Fällen war ihr Arbeitgeber zuvor eine Anstalt öffentlichen Rechts und nach der Umstrukturierung eine privatrechtlich organisierte Kapitalgesellschaft, deren Anteile - zumindest mittelbar - mehrheitlich von der Stadt gehalten wurden. Beide Arbeitnehmergruppen konnten sich zum jeweiligen Zeitpunkt außerdem für den Fall einer späteren Veräußerung der Mehrheitsbeteiligung der Stadt auf ein gesetzliches Rückkehrrecht in den öffentlichen Dienst berufen. Den Reinigungskräften kann daher nicht entgegengehalten werden, sie hätten im Januar 2000 eine bessere Gelegenheit zum Widerspruch gegen den Arbeitgeberwechsel verstreichen lassen als die übrigen Arbeitnehmer zum Jahreswechsel 2004/2005.

60

Ein unterschiedlich starker Abkehrwille von der Stadt kommt im Unterlassen des Widerspruchs auch dann nicht zum Ausdruck, wenn man die jeweilige Motivation der Arbeitnehmer für ihr Verhalten zum jeweils maßgeblichen Zeitpunkt in den Blick nimmt. Der Hinweis der Stadt darauf, dass ein Widerspruch der zum Jahreswechsel 2004/2005 beim LBK Hamburg beschäftigten Arbeitnehmer vernünftigerweise nicht in Betracht gekommen sei, weil bei dieser Anstalt beziehungsweise bei der Besitzanstalt LBK-Immobilien im Zuge der durchgeführten Umstrukturierungen keine geeigneten Arbeitsplätze verblieben seien, greift nicht durch. Es ist nicht erkennbar, dass das Reinigungspersonal beim Betriebsteilübergang im Jahr 2000 den Widerspruch gegen den Arbeitgeberwechsel demgegenüber eher als vernünftige Option hätte ansehen können. Der LBK Hamburg hatte die Reinigungsarbeiten ausgegliedert und daher keinen Bedarf mehr für eine Beschäftigung eigener Reinigungskräfte. Für die Arbeitnehmer beider Gruppen hat sich somit in dem Zeitpunkt, in dem ihre Arbeitsverhältnisse vom LBK Hamburg auf einen neuen Arbeitgeber übergingen, keine Perspektive einer sicheren Weiterbeschäftigung beim LBK Hamburg geboten, wenn sie ihr Recht zum Widerspruch gegen den Arbeitgeberwechsel wahrgenommen hätten. An dieser Einschätzung ändert sich auch nichts, wenn angenommen wird, dass eine betriebsbedingte Kündigung der Reinigungskräfte durch den LBK Hamburg aufgrund einer im Januar 2000 geltenden Dienstvereinbarung bis Ende 2001 ausgeschlossen gewesen wäre. Damit wäre zwar vorübergehend der rechtliche Fortbestand des Arbeitsverhältnisses im Falle des Widerspruchs gesichert gewesen. Eine tatsächliche, auf Dauer angelegte Beschäftigungsmöglichkeit bestand nach dem Betriebsteilübergang aber nur noch bei der C ... GmbH, und genau diese Art des Einsatzes der Reinigungskräfte in den Krankenhäusern entsprach der damaligen Organisationsentscheidung der Stadt. Es kann daher keine Rede davon sein, dass die Reinigungskräfte eine Ausweichoption gehabt hätten, mit der sie sich keinem nennenswerten rechtlichen oder wirtschaftlichen Risiko ausgesetzt hätten (vgl. BVerfGE 120, 1 <53>).

61

Im Übrigen kommen hier derartige spekulative Überlegungen zur Motivationslage der Arbeitnehmer ohnehin nicht als Differenzierungsgrund in Betracht. Normativ betrachtet hat die Stadt für die von der Überleitung ihrer Arbeitsverhältnisse zum Jahreswechsel 2004/2005 betroffenen Arbeitnehmer durch Gesetz ein Widerspruchsrecht entsprechend § 613a Abs. 6 BGB vorgesehen und ihnen damit die Gelegenheit gegeben, sich für oder gegen einen Verbleib beim LBK Hamburg zu entscheiden. Vergleichbar war die Gesetzeslage für die am 1. Januar 2000 von einem Arbeitgeberwechsel betroffenen Reinigungskräfte. Die Argumentation der Stadt ist nicht schlüssig, wenn sie einerseits den Arbeitnehmern gesetzliche Widerspruchs- und Rückkehrrechte einräumt, andererseits jedoch meint, diese Rechte liefen in einem Falle leer, hätten aber im anderen Falle wahrgenommen werden müssen, um den Willen zum Verbleib im öffentlichen Dienst unter Beweis zu stellen. Der zunächst mit § 17 Abs. 2 LBKHG und zuletzt mit § 17 Satz 1 HVFG angestrebte gesetzliche "Schutz vor einer Privatisierung" muss daher losgelöst von der Frage betrachtet werden, ob und aus welchen Gründen sich die Arbeitnehmer gegebenenfalls dagegen entschieden hätten, diesen Schutz in Anspruch zu nehmen. Die Stadt muss sich an der von ihr gesetzten Rechtslage festhalten lassen.

62

cc) Die Benachteiligung der Reinigungskräfte kann entgegen dem Vorbringen der Stadt im Ausgangsverfahren auch nicht überzeugend darauf gestützt werden, dass die Gebäudereinigung keine dem Gesundheitswesen zuzuordnende Dienstleistung sei. Die Stadt hatte zunächst den gesamten Betrieb des Krankenhauses - einschließlich der Gebäudereinigung - in eigener Regie geführt und hat sämtliche Bereiche der früher städtischen Krankenhäuser privatisiert. Dabei wurde keine Notwendigkeit gesehen, einzelne Bereiche in öffentlicher Hand zu belassen. Dann kann es aber nicht überzeugen, dass im Zuge der umfassenden Privatisierung nur bestimmte Arbeitnehmergruppen eine Weiterbeschäftigung im öffentlichen Dienst verlangen dürfen. Ohnehin kann mit dieser Begründung nicht gerechtfertigt werden, dass beispielsweise die in der Verwaltung der Krankenhäuser oder in der Haustechnik eingesetzten Arbeitnehmer ein Rückkehrrecht erhalten, die Reinigungskräfte aber nicht. Plausibel ist eine Abgrenzung, nach der nur dem eng mit dem Gesundheitswesen verknüpften Personal ein Widerspruchsrecht eingeräumt werden soll, außerdem deshalb nicht, weil nach der Privatisierung der Krankenhäuser gerade für diese Arbeitnehmer Einsatzmöglichkeiten bei der Stadt schwieriger zu finden sein dürften als für weniger spezialisierte Mitarbeiter.

63

dd) Die Ungleichbehandlung kann auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass dem Gesetzgeber die grundsätzliche Befugnis zu einer Typisierung und Generalisierung zugebilligt wird (vgl. BVerfGE 99, 280 <290>; 111, 115 <137>). Die Absicht des Gesetzgebers, bestimmten Arbeitnehmern die Rückkehr in den öffentlichen Dienst zu ermöglichen und anderen nicht, beruht nicht auf einer gesetzgeberischen Beurteilung von typischen, einer pauschalierenden Regelung zugänglichen Sachverhalten. Hintergrund, Regelungsgegenstand und Zweck des § 17 Satz 1 HVFG sind vielmehr konkret greifbar. Darüber hinausgehende pauschalierende Erwägungen oder Typisierungen, mit denen die gesetzliche Differenzierung gerechtfertigt werden könnte, sind nicht erkennbar. Insbesondere ist die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu gesetzlichen Stichtagsregelungen nicht einschlägig. Das Tatbestandsmerkmal des § 17 Satz 1 HVFG, das die bei der C... GmbH beschäftigten Reinigungskräfte vom Rückkehrrecht ausnimmt, ist keine Stichtagsregelung, denn die Reinigungskräfte werden ausgeschlossen, weil sie nicht "Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der LBK Hamburg GmbH" sind. Diese Voraussetzung musste zwar gerade im Zeitpunkt der Privatisierung erfüllt sein, damit das Rückkehrrecht ausgeübt werden konnte. Die Verknüpfung mehrerer sachlicher und persönlicher Voraussetzungen mit einem Zeitmerkmal macht die Norm aber nicht zu einer Stichtagsregelung.

II.

64

Darüber hinaus ist § 17 Satz 1 HVFG mit Art. 3 Abs. 2 GG unvereinbar.

65

1. Art. 3 Abs. 2 GG bietet Schutz auch vor faktischen Benachteiligungen. Die Verfassungsnorm zielt auf die Angleichung der Lebensverhältnisse von Frauen und Männern (vgl. BVerfGE 87, 1 <42>; 109, 64 <89>; 113, 1 <15>). Durch die Anfügung von Satz 2 in Art. 3 Abs. 2 GG ist ausdrücklich klargestellt worden, dass sich das Gleichberechtigungsgebot auf die gesellschaftliche Wirklichkeit erstreckt (vgl. BVerfGE 92, 91 <109>; 109, 64 <89>; 113, 1 <15>). In diesem Bereich wird die Durchsetzung der Gleichberechtigung auch durch Regelungen gehindert, die zwar geschlechtsneutral formuliert sind, im Ergebnis aber aufgrund natürlicher Unterschiede oder der gesellschaftlichen Bedingungen überwiegend Frauen betreffen (vgl. BVerfGE 97, 35 <43>; 104, 373 <393>; 113, 1 <15>). Demnach ist es nicht entscheidend, dass eine Ungleichbehandlung unmittelbar und ausdrücklich an das Geschlecht anknüpft. Über eine solche unmittelbare Ungleichbehandlung hinaus erlangen für Art. 3 Abs. 2 GG die unterschiedlichen Auswirkungen einer Regelung für Frauen und Männer ebenfalls Bedeutung. Eine solche Berücksichtigung der mittelbaren Diskriminierung im Rahmen des Gleichberechtigungsgebots entspricht der Rechtsentwicklung im Europarecht (vgl. Art. 2 der Richtlinie 76/207/EWG in der Fassung der Richtlinie 2002/73/EG vom 23. September 2002 zur Änderung der Richtlinie 76/207/EWG des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen, ABl Nr. L 269 vom 5. Oktober 2002, S. 15 <17>; Art. 2 Buchstabe b der Richtlinie 2004/113/EG vom 13. Dezember 2004 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, ABl Nr. L 373 vom 21. Dezember 2004, S. 37 <40>; EuGH, Urteil vom 13. Juli 1989 - C-171/88 -, Slg. 1989, S. 2743; Urteil vom 23. Oktober 2003 - C-4/02 und C-5/02 -, Slg. 2003, S. I-12575).

66

2. Der Landesgesetzgeber hat ganz überwiegend Arbeitnehmerinnen benachteiligt, indem er das Rückkehrrecht auf die zuletzt bei der LBK Hamburg GmbH angestellten Arbeitnehmer beschränkt und die bei der C ... GmbH beschäftigten Reinigungskräfte ausgeschlossen hat. Die geschlechtsspezifische Wirkung der Regelung folgt aus der in der sozialen Wirklichkeit vorfindbaren Zusammensetzung dieser Berufsgruppe. Bei der Sonderregelung für Reinigungskräfte im vorliegenden Fall steht faktisch fest, dass sie mit einem Anteil von 93,5 % hauptsächlich Frauen trifft. Dieser Anteil liegt damit wesentlich über dem im Klinikbereich hier ohnehin hohen Frauenanteil (69,5 %). Das löst damit genau die Gefahr einer mittelbaren Diskriminierung aus, der Art. 3 Abs. 2 GG begegnen will.

67

Unter diesen Bedingungen könnte eine solche Ungleichbehandlung nur dann gerechtfertigt werden, wenn sie auf hinreichenden sachlichen Gründen beruht, die nichts mit der geschlechtsbezogenen Benachteiligung zu tun haben (vgl. BVerfGE 113, 1 <20 f.>; vgl. auch EuGH, Urteil vom 13. Mai 1986 - Rs. 170/84 -, Slg. 1986, S. 1607; Urteil vom 27. Mai 2004 - C-285/02 -, Slg. 2004, S. I-5861; BAG, Urteil vom 25. Juli 1996 - 6 AZR 138/94 -, AP BAT § 35 Nr. 6). Da hier jedoch schon keine vor Art. 3 Abs. 1 GG tragfähigen Rechtfertigungsgründe ersichtlich sind, scheidet eine Rechtfertigung der mittelbaren geschlechtsspezifischen Diskriminierung nach Art. 3 Abs. 2 GG erst recht aus.

III.

68

Da eine verfassungskonforme Auslegung des § 17 Satz 1 HVFG nicht möglich ist, kann die Verletzung des Art. 3 Abs. 1 und 2 GG nur dadurch beseitigt werden, dass das Rückkehrrecht, bezogen auf den hier maßgeblichen Zeitpunkt der zum Jahreswechsel 2006/2007 durchgeführten Privatisierung, neu geregelt wird. Bis zu einer Neuregelung, die der Gesetzgeber bis zum 31. Dezember 2010 zu treffen hat, muss der Rechtsstreit vor dem Landesarbeitsgericht weiter ausgesetzt werden.

(1) Ein Berufssoldat ist entlassen, wenn er die Eigenschaft als Deutscher im Sinne des Artikels 116 des Grundgesetzes verliert. Das Bundesministerium der Verteidigung entscheidet darüber, ob diese Voraussetzung vorliegt, und stellt den Tag der Beendigung des Dienstverhältnisses fest.

(2) Ein Berufssoldat ist zu entlassen,

1.
wenn er aus einem der in § 38 genannten Gründe nicht hätte ernannt werden dürfen und das Hindernis noch fortbesteht,
2.
wenn er seine Ernennung durch Zwang, arglistige Täuschung oder Bestechung herbeigeführt hat,
3.
wenn sich herausstellt, dass er vor seiner Ernennung eine Straftat begangen hat, die ihn der Berufung in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten unwürdig erscheinen lässt, und er deswegen zu einer Strafe verurteilt war oder wird,
4.
wenn er sich weigert, den Eid abzulegen,
5.
wenn er zur Zeit der Ernennung Mitglied des Europäischen Parlaments, des Bundestages oder eines Landtages war und nicht innerhalb der vom Bundesministerium der Verteidigung gesetzten angemessenen Frist sein Mandat niederlegt,
6.
wenn in den Fällen des § 44 Abs. 1 bis 3 die Voraussetzungen des § 44 Abs. 5 nicht erfüllt sind,
7.
wenn er als Kriegsdienstverweigerer anerkannt ist; diese Entlassung gilt als Entlassung auf eigenen Antrag, oder
8.
wenn er ohne Genehmigung des Bundesministeriums der Verteidigung seinen Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes nimmt.
In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 kann das Bundesministerium der Verteidigung wegen besonderer Härte eine Ausnahme zulassen. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 8 kann das Bundesministerium der Verteidigung seine Zuständigkeit auf andere Stellen übertragen.

(3) Der Berufssoldat kann jederzeit seine Entlassung verlangen; soweit seine militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war, gilt dies jedoch erst nach einer sich daran anschließenden Dienstzeit, die der dreifachen Dauer des Studiums oder der Fachausbildung entspricht, längstens nach zehn Jahren. In einer Rechtsverordnung kann für bestimmte Verwendungen wegen der Höhe der mit dem Studium oder der Fachausbildung verbundenen Kosten oder auf Grund sonstiger studien- oder ausbildungsbedingter Besonderheiten eine längere als die dreifache Dauer bestimmt werden; die in Satz 1 genannte Höchstdauer darf nicht überschritten werden.

(3a) Ein Berufssoldat ist entlassen, wenn er zum Beamten ernannt wird. Die Entlassung gilt als solche auf eigenen Antrag. Satz 1 gilt nicht, wenn der Berufssoldat

1.
in ein Beamtenverhältnis als Ehrenbeamter oder
2.
als Professor, Juniorprofessor, wissenschaftlicher oder künstlerischer Mitarbeiter an einer nach Landesrecht staatlich anerkannten oder genehmigten Hochschule, deren Personal im Dienste des Bundes steht, in ein Beamtenverhältnis auf Zeit
berufen wird. Satz 1 gilt ebenfalls nicht, solange das Bundesministerium der Verteidigung oder eine von ihm bestimmte Stelle in seinem Geschäftsbereich der Entlassung nach Satz 1 nicht zugestimmt hat. Die Zustimmung ist zu erteilen, wenn der Soldat nach Absatz 3 seine Entlassung verlangen könnte. Im Übrigen kann die Zustimmung unter Berücksichtigung der dienstlichen Interessen der Bundeswehr erteilt werden.

(4) Hat der Berufssoldat Elternzeit nach § 28 Abs. 7 im Anschluss an ein Studium oder eine Fachausbildung in Anspruch genommen, verlängert sich die Dienstzeit nach Absatz 3 um diese Zeit entsprechend, soweit das Studium oder die Fachausbildung mehr als sechs Monate gedauert hat; die Höchstdauer von zehn Jahren bleibt unberührt. Gleiches gilt für einen Berufssoldaten, der eine Teilzeitbeschäftigung nach § 30a in Anspruch genommen hat; die Dienstzeit nach Absatz 3 verlängert sich um die Differenz der Teilzeitbeschäftigung zur Vollzeitbeschäftigung.

(5) Der Berufsoffizier kann auch dann, wenn er weder ein Studium noch eine Fachausbildung erhalten hat, seine Entlassung erst nach Ende des sechsten Dienstjahres als Offizier verlangen.

(6) Vor Ablauf der in den Absätzen 3, 4 und 5 genannten Dienstzeiten ist der Berufssoldat auf seinen Antrag zu entlassen, wenn das Verbleiben im Dienst für ihn wegen persönlicher, insbesondere häuslicher, beruflicher oder wirtschaftlicher Gründe eine besondere Härte bedeuten würde.

(7) Das Verlangen auf Entlassung muss dem Disziplinarvorgesetzten schriftlich erklärt werden. Die Erklärung kann, solange die Entlassungsverfügung dem Soldaten noch nicht zugegangen ist, innerhalb zweier Wochen nach Zugang bei dem Disziplinarvorgesetzten zurückgenommen werden, mit Zustimmung der für die Entlassung zuständigen Stelle auch nach Ablauf dieser Frist. Die Entlassung ist für den beantragten Zeitpunkt auszusprechen; sie kann jedoch so lange hinausgeschoben werden, bis der Berufssoldat seine dienstlichen Obliegenheiten ordnungsgemäß erledigt hat, längstens drei Monate.

(8) Ein Leutnant kann in Ausnahmefällen bis zum Ende des dritten Dienstjahres als Offizier, spätestens vor dem Ende des zehnten Jahres der Gesamtdienstzeit in der Bundeswehr, wegen mangelnder Eignung als Berufsoffizier entlassen werden. Die in diesen Fällen zu gewährende Dienstzeitversorgung regelt das Soldatenversorgungsgesetz.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Beförderung ist die Verleihung eines höheren Dienstgrades.

(2) Die Dienstgrade einer Laufbahn sind regelmäßig zu durchlaufen, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist.

(3) Den in § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 6 Genannten kann abweichend von Absatz 2 ein höherer Dienstgrad verliehen werden

1.
für eine militärische Verwendung, wenn die für diese Verwendung erforderlichen militärischen Kenntnisse und Fähigkeiten und die erforderliche Lebenserfahrung durch eine berufliche Tätigkeit in Streitkräften oder streitkräfteähnlichen Einrichtungen erworben worden sind, oder
2.
für eine militärfachliche Verwendung, insbesondere eine solche, die einem Berufsbild aus dem Bereich des Gesundheits-, Verwaltungs-, Logistik- oder Medienwesens oder einem technischen Beruf entspricht, wenn die für diese Verwendung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten und die erforderliche Lebenserfahrung durch eine zivilberufliche Tätigkeit erworben worden sind.
Den in § 1 Satz 1 Nummer 3 bis 6 Genannten wird der Dienstgrad vorläufig verliehen; er kann nach einem Wehrdienst von mindestens der in § 10 Absatz 2 Satz 1, § 22 Absatz 2 Satz 5 und § 43 Absatz 5 Satz 2 jeweils bestimmten Dauer endgültig verliehen werden. In den Fällen nach Satz 1 Nummer 2 kann der höhere Dienstgrad auch zeitweilig für die Dauer der Verwendung verliehen werden. Über die Verleihung der höheren Dienstgrade entscheidet das Bundesministerium der Verteidigung oder die von ihm beauftragte Stelle. Die Laufbahn ist in der Entscheidung zu bezeichnen. Die Sätze 1 und 4 gelten entsprechend für die in § 1 Satz 1 Nummer 7 Genannten; der höhere Dienstgrad darf nur für die Dauer der dienstlichen Veranstaltung verliehen werden.

(1) Eine Beförderung ist, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, frühestens ein Jahr nach der Einstellung oder der letzten Beförderung zulässig, es sei denn, dass der bisherige Dienstgrad nicht regelmäßig durchlaufen werden musste.

(2) Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden ab dem Tag der Einstellung gerechnet oder, falls die Dienstzeit in einem bestimmten Dienstgrad abgeleistet sein muss, ab dem Tag, an dem die Ernennung wirksam geworden ist. Dabei gilt bei einer Einstellung oder Einberufung mit einem höheren als dem untersten Dienstgrad der Mannschaften die Zeit als erfüllt, die nach dieser Verordnung für eine Beförderung zu dem Dienstgrad, mit dem die Soldatin oder der Soldat eingestellt oder einberufen worden ist, erforderlich ist. Bei Soldatinnen oder Soldaten, die vor ihrer Einstellung Dienst als Beamtinnen oder Beamte im Bundesgrenzschutz, in der Bundespolizei oder in einer Bereitschaftspolizei der Länder geleistet haben, wird diese Dienstzeit auf die entsprechenden Dienstzeiten angerechnet, die Voraussetzung für die Beförderungen sind.

(3) Als Dienstzeit gilt auch die Zeit

1.
in einem vorläufigen Dienstgrad, wenn der Soldatin oder dem Soldaten dieser Dienstgrad verliehen worden ist; dies gilt nicht für die Zeit in einem vorläufigen Dienstgrad, den frühere Angehörige der ehemaligen Nationalen Volksarmee auf Anordnung des Bundesministeriums der Verteidigung während des Dienstverhältnisses besonderer Art geführt haben;
2.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge für die Tätigkeit in öffentlichen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen oder zur Übernahme von Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit;
3.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge, der dienstlichen Interessen oder öffentlichen Belangen dient, bis zur Dauer von insgesamt zwei Jahren; die zeitliche Grenze gilt nicht, wenn der Urlaub für eine der folgenden Tätigkeiten erteilt worden ist:
a)
für eine Tätigkeit als wissenschaftliche Assistentin oder wissenschaftlicher Assistent oder als Geschäftsführerin oder Geschäftsführer bei Fraktionen des Deutschen Bundestages oder der Landtage,
b)
für eine Tätigkeit bei der Deutschen Flugsicherung GmbH,
c)
für eine Tätigkeit bei sonstigen Gesellschaften des Bundes oder Gesellschaften mit Bundesbeteiligung oder
d)
für eine Tätigkeit bei Unternehmen, mit denen die Bundeswehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben auf vertraglicher Grundlage zusammenarbeitet;
4.
einer Elternzeit nach § 28 Absatz 7 des Soldatengesetzes sowie eines Urlaubs nach § 28 Absatz 5 des Soldatengesetzes.
Satz 1 Nummer 2 oder 3 ist nur anzuwenden, wenn die Soldatin oder der Soldat Aufgaben wahrnimmt, die ihrem oder seinem Dienstgrad entsprechen. Das Bundesministerium der Verteidigung hat bei Gewährung des Urlaubs schriftlich festzustellen, dass die Voraussetzungen vorliegen.

(4) Bei der Anrechnung von Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden Teilzeitbeschäftigung und Vollzeitbeschäftigung gleich behandelt.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Beförderung ist die Verleihung eines höheren Dienstgrades.

(2) Die Dienstgrade einer Laufbahn sind regelmäßig zu durchlaufen, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist.

(3) Den in § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 6 Genannten kann abweichend von Absatz 2 ein höherer Dienstgrad verliehen werden

1.
für eine militärische Verwendung, wenn die für diese Verwendung erforderlichen militärischen Kenntnisse und Fähigkeiten und die erforderliche Lebenserfahrung durch eine berufliche Tätigkeit in Streitkräften oder streitkräfteähnlichen Einrichtungen erworben worden sind, oder
2.
für eine militärfachliche Verwendung, insbesondere eine solche, die einem Berufsbild aus dem Bereich des Gesundheits-, Verwaltungs-, Logistik- oder Medienwesens oder einem technischen Beruf entspricht, wenn die für diese Verwendung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten und die erforderliche Lebenserfahrung durch eine zivilberufliche Tätigkeit erworben worden sind.
Den in § 1 Satz 1 Nummer 3 bis 6 Genannten wird der Dienstgrad vorläufig verliehen; er kann nach einem Wehrdienst von mindestens der in § 10 Absatz 2 Satz 1, § 22 Absatz 2 Satz 5 und § 43 Absatz 5 Satz 2 jeweils bestimmten Dauer endgültig verliehen werden. In den Fällen nach Satz 1 Nummer 2 kann der höhere Dienstgrad auch zeitweilig für die Dauer der Verwendung verliehen werden. Über die Verleihung der höheren Dienstgrade entscheidet das Bundesministerium der Verteidigung oder die von ihm beauftragte Stelle. Die Laufbahn ist in der Entscheidung zu bezeichnen. Die Sätze 1 und 4 gelten entsprechend für die in § 1 Satz 1 Nummer 7 Genannten; der höhere Dienstgrad darf nur für die Dauer der dienstlichen Veranstaltung verliehen werden.

(1) Eine Beförderung ist, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, frühestens ein Jahr nach der Einstellung oder der letzten Beförderung zulässig, es sei denn, dass der bisherige Dienstgrad nicht regelmäßig durchlaufen werden musste.

(2) Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden ab dem Tag der Einstellung gerechnet oder, falls die Dienstzeit in einem bestimmten Dienstgrad abgeleistet sein muss, ab dem Tag, an dem die Ernennung wirksam geworden ist. Dabei gilt bei einer Einstellung oder Einberufung mit einem höheren als dem untersten Dienstgrad der Mannschaften die Zeit als erfüllt, die nach dieser Verordnung für eine Beförderung zu dem Dienstgrad, mit dem die Soldatin oder der Soldat eingestellt oder einberufen worden ist, erforderlich ist. Bei Soldatinnen oder Soldaten, die vor ihrer Einstellung Dienst als Beamtinnen oder Beamte im Bundesgrenzschutz, in der Bundespolizei oder in einer Bereitschaftspolizei der Länder geleistet haben, wird diese Dienstzeit auf die entsprechenden Dienstzeiten angerechnet, die Voraussetzung für die Beförderungen sind.

(3) Als Dienstzeit gilt auch die Zeit

1.
in einem vorläufigen Dienstgrad, wenn der Soldatin oder dem Soldaten dieser Dienstgrad verliehen worden ist; dies gilt nicht für die Zeit in einem vorläufigen Dienstgrad, den frühere Angehörige der ehemaligen Nationalen Volksarmee auf Anordnung des Bundesministeriums der Verteidigung während des Dienstverhältnisses besonderer Art geführt haben;
2.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge für die Tätigkeit in öffentlichen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen oder zur Übernahme von Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit;
3.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge, der dienstlichen Interessen oder öffentlichen Belangen dient, bis zur Dauer von insgesamt zwei Jahren; die zeitliche Grenze gilt nicht, wenn der Urlaub für eine der folgenden Tätigkeiten erteilt worden ist:
a)
für eine Tätigkeit als wissenschaftliche Assistentin oder wissenschaftlicher Assistent oder als Geschäftsführerin oder Geschäftsführer bei Fraktionen des Deutschen Bundestages oder der Landtage,
b)
für eine Tätigkeit bei der Deutschen Flugsicherung GmbH,
c)
für eine Tätigkeit bei sonstigen Gesellschaften des Bundes oder Gesellschaften mit Bundesbeteiligung oder
d)
für eine Tätigkeit bei Unternehmen, mit denen die Bundeswehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben auf vertraglicher Grundlage zusammenarbeitet;
4.
einer Elternzeit nach § 28 Absatz 7 des Soldatengesetzes sowie eines Urlaubs nach § 28 Absatz 5 des Soldatengesetzes.
Satz 1 Nummer 2 oder 3 ist nur anzuwenden, wenn die Soldatin oder der Soldat Aufgaben wahrnimmt, die ihrem oder seinem Dienstgrad entsprechen. Das Bundesministerium der Verteidigung hat bei Gewährung des Urlaubs schriftlich festzustellen, dass die Voraussetzungen vorliegen.

(4) Bei der Anrechnung von Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden Teilzeitbeschäftigung und Vollzeitbeschäftigung gleich behandelt.

Tenor

1. § 17 Satz 1 des Gesetzes über den Hamburgischen Versorgungsfonds - Anstalt öffentlichen Rechts - (HVFG) vom 21. November 2006 (Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt I Seite 557) ist mit Artikel 3 Absatz 1 und 2 des Grundgesetzes unvereinbar.

2. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, spätestens bis zum 31. Dezember 2010 eine Neuregelung zu treffen.

Gründe

A.

1

Das konkrete Normenkontrollverfahren betrifft die Frage, inwieweit der Landesgesetzgeber zwischen verschiedenen Arbeitnehmergruppen differenzieren darf, wenn er bestimmten Arbeitnehmern, die im Bereich des öffentlichen Dienstes beschäftigt waren, für den Fall der Privatisierung ihres Arbeitgebers einen Anspruch auf Rückkehr in ein Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst gewährt und anderen Arbeitnehmern nicht.

I.

2

1. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Klägerin) ist seit dem 22. Juni 1987 als Reinigungskraft im Allgemeinen Krankenhaus Altona tätig. Der damals bestehende städtische Landesbetrieb Krankenhäuser (LBK) war rechtlich nicht verselbständigt. Das Arbeitsverhältnis bestand daher unmittelbar mit der Freien und Hansestadt Hamburg.

3

2. Aufgrund § 17 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Errichtung der Anstalt Landesbetrieb Krankenhäuser vom 11. April 1995 (LBKHG - HmbGVBl I S. 77) gingen die Arbeitsverhältnisse der in den städtischen Krankenhäusern tätigen Arbeitnehmer auf den Landesbetrieb Krankenhäuser Hamburg (LBK Hamburg), eine rechtsfähige Anstalt öffentlichen Rechts, über. Träger des LBK Hamburg war gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 LBKHG die Stadt. § 17 Abs. 2 LBKHG lautete:

4

Die Freie und Hansestadt Hamburg ist verpflichtet, für den Fall der Überführung der Anstalt in eine andere Trägerschaft dafür Sorge zu tragen, dass die Beschäftigten, die zum Stichtag des Übergangs auf den LBK Hamburg bei den Landesbetrieben beschäftigt waren, von dem neuen Träger unter Wahrung ihres Besitzstandes übernommen werden.Die Freie und Hansestadt Hamburg ist außerdem verpflichtet, im Falle einer Überführung der gesamten Anstalt in eine andere Trägerschaft ohne Mehrheitsbeteiligung der Freien und Hansestadt Hamburg diese Mitarbeiter auf deren Wunsch unter Wahrung der bei der Anstalt erreichten Lohn- und Vergütungsgruppe und Beschäftigungszeit wieder in den Diensten der Freien und Hansestadt Hamburg zu beschäftigen.Im Falle der Überführung einzelner Krankenhäuser oder anderer Einrichtungen des LBK Hamburg oder Teilen von ihnen in eine andere Trägerschaft ohne Mehrheitsbeteiligung des LBK Hamburg ist der LBK Hamburg verpflichtet, den Beschäftigten, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes als Arbeitnehmer oder Beamte beim LBK … beschäftigt gewesen sind, unter Wahrung der beim LBK Hamburg erreichten Lohn- und Vergütungsgruppe sowie Beschäftigungszeit den Verbleib in der Anstalt zu ermöglichen.

5

3. Ab dem 1. Januar 2000 beauftragte der LBK Hamburg die C ... GmbH mit der Durchführung der Reinigungsarbeiten in den Krankenhäusern. Die Arbeitsverhältnisse der im Reinigungsbereich tätigen Arbeitnehmer gingen aufgrund eines Betriebsteilübergangs gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die C... GmbH über. Auch die Klägerin wurde fortan von diesem Unternehmen, einer hundertprozentigen Tochter des LBK Hamburg, beschäftigt.

6

4. Mit dem Gesetz zur Errichtung der Betriebsanstalt LBK Hamburg (LBKBetriebG), das als Art. 1 des Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse des Landesbetriebs Krankenhäuser Hamburg - Anstalt öffentlichen Rechts - vom 17. Dezember 2004 (HmbGVBl I S. 487) in Kraft getreten ist, wurde mit Wirkung zum 1. Januar 2005 die Betriebsanstalt "LBK Hamburg - Anstalt öffentlichen Rechts" (Betriebsanstalt LBK Hamburg) errichtet. Zugleich wurde das LBKHG durch Art. 3 Ziffer 1 des Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse des Landesbetriebs Krankenhäuser Hamburg - Anstalt öffentlichen Rechts - vom 17. Dezember 2004 in "Gesetz zur Errichtung der Anstalt Landesbetrieb Krankenhäuser Hamburg Immobilien Anstalt öffentlichen Rechts (LBK-Immobilien Gesetz)" umbenannt, und dementsprechend wurde der bisherige LBK Hamburg gemäß Art. 3 Ziffer 2 des Neuregelungsgesetzes in LBK-Immobilien umbenannt. Bei der nunmehr neben der neu errichteten Betriebsanstalt LBK Hamburg bestehenden, nur noch als Besitzanstalt fungierenden LBK-Immobilien verblieben nur vier Personalstellen. Der Betrieb der Krankenhäuser wurde auf die Betriebsanstalt LBK Hamburg übertragen, deren Träger der LBK-Immobilien war (§ 1 Abs. 1 Satz 4 LBKBetriebG).

7

Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 LBKBetriebG gingen die Arbeitsverhältnisse der bisher beim ("alten") LBK Hamburg beschäftigten Arbeitnehmer mit Wirkung zum 1. Januar 2005 auf die Betriebsanstalt LBK Hamburg (den "neuen" LBK Hamburg) über. In § 14 Abs. 1 Satz 2 LBKBetriebG war geregelt, dass § 613a Absätze 1, 2 und 4 bis 6 BGB entsprechend gelten sollten. Die betroffenen Arbeitnehmer wurden darauf hingewiesen, dass sie dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse auf die Betriebsanstalt LBK Hamburg widersprechen könnten.

8

Mit der Verordnung zur Umwandlung der Betriebsanstalt LBK Hamburg in eine Kapitalgesellschaft vom 4. Januar 2005 (HmbGVBl I S. 4) wurde die Betriebsanstalt LBK Hamburg, bisher Anstalt öffentlichen Rechts mit dem LBK-Immobilien als ihrem Träger, sodann in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung umgewandelt, deren Mehrheitsgesellschafterin die Besitzanstalt LBK-Immobilien war. Nach § 2 Abs. 1 dieser Verordnung blieben die Rechte und Pflichten der Beschäftigten aus den bestehenden Arbeitsverträgen durch den Formwechsel unberührt.

9

Damit wurde der Großteil der bereits 1995 von der Stadt auf den LBK Hamburg übergeleiteten und dort ununterbrochen beschäftigten Arbeitnehmer zum Jahreswechsel 2004/2005 mit der Betriebsanstalt LBK Hamburg ausgegliedert, um das Arbeitsverhältnis anschließend nach der Umwandlung der Betriebsanstalt mit der neu gegründeten LBK Hamburg GmbH fortzusetzen. Mehrheitsgesellschafter der LBK Hamburg GmbH blieb vorerst die öffentliche Hand in Gestalt der Besitzanstalt LBK-Immobilien, deren Träger die Stadt war. Ziel der Umstrukturierung war aber, die Betriebsgesellschaft nach dem Formwechsel "durch Aufnahme des strategischen Partners" teilweise zu privatisieren (Bürgerschafts-Drucks 18/849, S. 11).

10

Der früheren Regelung zum Rückkehrrecht der Arbeitnehmer in § 17 Abs. 2 LBKHG entsprach nunmehr § 15 Abs. 2 LBK-Immobilien Gesetz (vgl. Art. 3 Ziffer 15 des Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse des Landesbetriebs Krankenhäuser Hamburg - Anstalt öffentlichen Rechts - vom 17. Dezember 2004 ). Ergänzend wurde in Abs. 3 des § 15 LBK-Immobilien Gesetzes geregelt, dass das Rückkehrrecht auch dann besteht, wenn die neu errichtete Anstalt öffentlichen Rechts in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt worden ist und der LBK-Immobilien seine Beteiligung an der Kapitalgesellschaft mehrheitlich veräußert.

11

5. Die Mehrheit der Anteile an der LBK Hamburg GmbH (74,9 %) ging am 1. Januar 2007 von der Stadt auf die A ... GmbH (im Folgenden: A ... GmbH) über. Zuvor war das LBK-Immobilien Gesetz durch Art. 1 Ziffer 1 des Gesetzes zur Änderung des LBK-Immobilien Gesetzes vom 21. November 2006 (HmbGVBl I S. 557) in "Gesetz über den Hamburgischen Versorgungsfonds - Anstalt öffentlichen Rechts - (HVFG)" umbenannt worden. Dementsprechend wurde der LBK-Immobilen in Hamburgischer Versorgungsfonds (HVF) umbenannt (§ 1 Abs. 1 Satz 1 HVFG in der Fassung des Art. 1 Ziffer 2 des Gesetzes zur Änderung des LBK-Immobilien Gesetzes vom 21. November 2006).

12

In § 17 HVFG wurde das Rückkehrrecht nunmehr wie folgt geregelt:

13

Veräußert der HVF seine Beteiligung an der LBK Hamburg GmbH mehrheitlich, so ist die Freie und Hansestadt Hamburg verpflichtet, diejenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der LBK Hamburg GmbH, die bereits im Zeitpunkt der Errichtung der LBK Hamburg - Anstalt öffentlichen Rechts - dort beschäftigt waren, auf deren Wunsch unter Wahrung der beim LBK Hamburg erreichten Lohn- und Vergütungsgruppe und Beschäftigungszeit wieder in den Diensten der Freien und Hansestadt Hamburg zu beschäftigen. Maßgeblicher Veräußerungszeitpunkt ist der Zeitpunkt des dinglichen Übergangs der Anteilsmehrheit. In diesem Fall hat die Leitung der LBK Hamburg GmbH alle betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von ihrem Recht nach Satz 1 schriftlich zu unterrichten. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können innerhalb von sechs Monaten nach Eingang der Mitteilung der Geschäftsleitung schriftlich mitteilen, dass sie von ihrem Recht Gebrauch machen. Die Überführung der Arbeitsverhältnisse in den Dienst der Freien und Hansestadt Hamburg soll dann binnen eines weiteren Jahres erfolgen. …

14

In der Gesetzesbegründung heißt es dazu (Bürgerschafts-Drucks 18/4930, S. 14):

15

Die Regelung über das Rückkehrrecht von bestimmten Beschäftigten der LBK Hamburg GmbH in den Dienst der Freien und Hansestadt Hamburg findet sich an dieser Stelle, weil der HVF die Anteile an der LBK Hamburg GmbH für die Stadt hält. Nur die Übertragung einer Mehrheit von Anteilen an der LBK Hamburg GmbH kann das Rückkehrrecht auslösen. Der Übergang der Anteilsmehrheit an der LBK Hamburg GmbH ist für den 1. Januar 2007 vorgesehen. Zur Verdeutlichung ist klargestellt, dass entsprechend der Regelung im LBKHG vom 11. April 1995 (HmbGVBl. S. 77), zuletzt geändert durch das Dritte Gesetz zur Änderung des LBK Hamburg Gesetzes vom 17. Dezember 2004 (HmbGVBl. S. 487) dieses Rückkehrrecht nur für die Beschäftigten der LBK Hamburg GmbH gilt, die bereits bei der Errichtung des Landesbetriebs Krankenhäuser Hamburg - Anstalt öffentlichen Rechts - dort beschäftigt waren und deren Beschäftigungsverhältnis bei der LBK Hamburg GmbH seitdem noch immer besteht.

16

Mit der Übertragung der Anteilsmehrheit auf die A ... GmbH waren die Voraussetzungen eines Rückkehrrechts nach § 17 HVFG für die in dieser Vorschrift bezeichnete Gruppe von Arbeitnehmern der LBK Hamburg GmbH zum 1. Januar 2007 erfüllt. Das von der Klägerin unter Hinweis auf ihre Zugehörigkeit zu dieser Gruppe ausgeübte Rückkehrrecht lehnte die Stadt mit der Begründung ab, die Klägerin sei nicht Arbeitnehmerin der LBK Hamburg GmbH, sondern der rechtlich selbständigen C ... GmbH.

II.

17

1. Die Klägerin erhob daraufhin vor dem Arbeitsgericht Klage gegen die Stadt und beantragte "festzustellen, dass ihr ein Rückkehrrecht zur Stadt nach § 17 S. 1 bis 5 HVFG zusteht".

18

Sie vertrat die Auffassung, dass die Vorschrift nach ihrem Sinn und Zweck auch auf die Arbeitnehmer Anwendung finden könne, deren Arbeitsverhältnisse im Jahr 2000 auf die C ... GmbH übergegangen seien. Ein auf die Arbeitnehmer der LBK Hamburg GmbH beschränktes Verständnis der Norm verstoße zudem gegen Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG sowie gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG folgende Gebot des Vertrauensschutzes. Dass ihr im Jahr 2000 ein Widerspruch gegen den sie betreffenden Betriebsübergang möglich gewesen wäre, könne die Versagung eines Rückkehrrechts nach dem Wortlaut des § 17 HVFG nicht rechtfertigen. Auch die früher beim LBK Hamburg beschäftigten Arbeitnehmer, denen anders als ihr ein Rückkehrrecht zugebilligt worden sei, hätten dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse auf die LBK Hamburg GmbH am 1. Januar 2005 nach § 613a Abs. 6 BGB widersprechen können.

19

Die Stadt machte zur Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmergruppen geltend, die Tatsache, dass sie von Anfang an nur denjenigen Arbeitnehmern ein Rückkehrrecht habe einräumen wollen, die dem LBK Hamburg seit 1995 eng verbunden verblieben seien, stelle einen legitimen Differenzierungsgrund dar. Der Landesgesetzgeber habe im Jahr 1995 mit der Einräumung des Rückkehrrechts gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 LBKHG einen Ausgleich dafür geschaffen, dass den damals auf den LBK Hamburg übergeleiteten Beschäftigten kein Widerspruchsrecht gegen die Übertragung ihrer Arbeitsverhältnisse zugestanden habe. § 613a BGB habe aufgrund der gesetzlich angeordneten Organisationsänderung innerhalb des öffentlichen Dienstes nicht zur Anwendung kommen können, und der Gesetzgeber habe auch im LBKHG kein entsprechendes Widerspruchsrecht normiert. Um die Beschäftigten des neu geschaffenen LBK Hamburg dennoch umfassend vor dem von ihnen nicht beeinflussbaren Verlust ihres Arbeitsplatzes im öffentlichen Dienst abzusichern, sei ihnen im Falle einer späteren Überführung der gesamten Anstalt in eine private Trägerschaft das Rückkehrrecht zur Stadt eingeräumt worden. Auch bei der Aufspaltung und Umwandlung des LBK Hamburg nach dem LBKBetriebG in den Jahren 2004/2005 habe es sich um eine gesetzlich angeordnete Überleitung der Arbeitsverhältnisse gehandelt, bei der die Schutzvorschrift des § 613a BGB nicht unmittelbar habe Anwendung finden können. Dementsprechend sei den von der Übertragung betroffenen Arbeitnehmern weiterhin das potentielle Rückkehrrecht zur Stadt eingeräumt worden. Die Regelung der entsprechenden Anwendbarkeit des § 613a BGB in § 14 Abs. 1 Satz 2 LBKBetriebG sei nur deshalb getroffen worden, weil der Gesetzgeber nicht habe ausschließen können, dass die Gerichte den Arbeitnehmern im Falle eines Rechtsstreits auch ohne unmittelbare Geltung des § 613a BGB ein Widerspruchsrecht zugebilligt hätten. Solchen Rechtsstreitigkeiten habe vorgebeugt werden sollen. Faktisch wäre das Widerspruchsrecht aber ins Leere gelaufen, da die widersprechenden Arbeitnehmer zwar beim LBK-Immobilien verblieben wären, aber wegen dort fehlender Beschäftigungsmöglichkeiten mit einer betriebsbedingten Kündigung hätten rechnen müssen. Das Fortbestehen des gesetzlichen Rückkehrrechts sei damit im Ergebnis weiterhin die einzige Möglichkeit geblieben, im Falle der Privatisierung des gesamten Krankenhausbetriebs in den öffentlichen Dienst zurückzukehren. Anders habe sich die Situation bei den Beschäftigten dargestellt, deren Arbeitsverhältnisse im Jahre 2000 aufgrund einer unternehmerischen Entscheidung des LBK Hamburg durch einen rechtsgeschäftlichen Teilbetriebsübergang auf die C ... GmbH übergegangen seien. Sie hätten den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf eine privatrechtliche Gesellschaft durch Ausübung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB verhindern können. Die Gefahr einer betriebsbedingten Kündigung sei zwar nicht gänzlich auszuschließen gewesen. In Anbetracht des beim LBK Hamburg verbliebenen Personalkörpers und Aufgabenkreises sowie des zu beachtenden Grundsatzes der Sozialauswahl wäre eine solche Kündigung aber kaum durchsetzbar gewesen. Insofern hätten die von dieser Teilausgliederung betroffenen Arbeitnehmer keines besonderen, über das Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB hinausgehenden Schutzes durch ein Rückkehrrecht zur Stadt bedurft. Diese Arbeitnehmer, die sich - indem sie nicht widersprochen hätten - entschieden hätten, ihre Tätigkeit ab 2000 bei der C ... GmbH auszuüben, hätten davon ausgehen müssen, dass mit der Ausgliederung auf ein eigenständiges Unternehmen auch Veränderungen in ihren Arbeitsverhältnissen einhergingen. Die Klägerin habe die für sie nachteilige Folge, kein Rückkehrrecht mehr geltend machen zu können, selbst verursacht, indem sie dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die C ... GmbH nicht widersprochen habe. Außerdem stelle die Gebäudereinigung keine genuin medizinische oder wie im Falle des technischen und des Verwaltungspersonals annexförmig dem Gesundheitswesen angegliederte Dienstleistung dar.

20

Die Klägerin schloss sich der Auffassung der Stadt an, dass die Widerspruchsmöglichkeit der Beschäftigten des LBK Hamburg zum Jahreswechsel 2004/2005 nach den tatsächlichen Verhältnissen bedeutungslos gewesen sei, weil bei Ausübung des Widerspruchsrechts die Gefahr einer betriebsbedingten Kündigung wegen fehlender verbleibender Arbeitsplätze beim LBK Hamburg bestanden hätte. Nicht anders sei aber die Situation der Beschäftigten im Reinigungsbereich im Jahr 2000 gewesen. Auch für sie hätte bei Erklärung eines Widerspruchs gegen den Betriebsübergang auf die C ... GmbH die Gefahr einer betriebsbedingten Kündigung bestanden. Ihre Arbeitsplätze seien beim LBK Hamburg mit der Ausgliederung weggefallen, und andere vergleichbare Arbeitsplätze seien beim LBK Hamburg schon mangels entsprechender sonstiger Qualifikation der Reinigungskräfte nicht vorhanden gewesen.

21

2. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Die Klägerin legte Berufung ein. Mit Beschluss vom 13. August 2008 setzte das Landesarbeitsgericht den Rechtsstreit aus und legte dem Bundesverfassungsgericht die Frage vor, ob § 17 HVFG mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

22

a) Die dem Bundesverfassungsgericht vorgelegte Frage sei entscheidungserheblich. Sei § 17 HVFG anzuwenden, müsse die Klage abgewiesen werden, weil eine Anspruchsgrundlage für das geltend gemachte Rückkehrrecht fehle. § 17 HVFG setze voraus, dass die Klägerin am 1. Januar 2007 als dem Zeitpunkt, in dem die Stadt die Anteilsmehrheit an der LBK Hamburg GmbH an die A ... GmbH übertragen habe, Arbeitnehmerin der LBK Hamburg GmbH gewesen sei. Die Klägerin stehe jedoch aufgrund eines Betriebsteilübergangs gemäß § 613a BGB seit dem 1. Januar 2000 in einem Arbeitsverhältnis mit der C ... GmbH. Für eine analoge Anwendung von § 17 HVFG sei kein Raum. Es fehle bereits an einer planwidrigen Regelungslücke. Der Wille des Gesetzgebers, dem die Ausgliederung des Reinigungsbereichs bekannt gewesen sei, gehe vielmehr ausweislich des klaren Wortlauts des Gesetzes dahin, das Rückkehrrecht auf diejenigen zu beschränken, die Beschäftigte der LBK Hamburg GmbH gewesen seien. Deshalb sei es den Fachgerichten auch nicht möglich, durch eine verfassungskonforme Auslegung den Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG im Falle der Klägerin zu vermeiden. Da die Chance bestehe, dass der Gesetzgeber nach einer Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Regelung über das Rückkehrrecht § 17 HVFG dahingehend ändere, dass er auch der Klägerin ein Rückkehrrecht einräume, komme es für die Entscheidung im Ausgangsverfahren auf die Verfassungsmäßigkeit der zur Überprüfung gestellten Vorschrift an.

23

b) Nach Überzeugung des Landesarbeitsgerichts verstößt § 17 HVFG gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

24

Die Vergleichsgruppen bestünden aus den seit 2000 bei der C ... GmbH beschäftigten Reinigungskräften einerseits und aus den damals beim LBK Hamburg verbliebenen Arbeitnehmern andererseits. Für letztere habe der Gesetzgeber auch bei den gesetzlichen Fortschreibungen ein im Wesentlichen unverändertes Rückkehrrecht zur Stadt vorgesehen, für erstere aber nicht, was im Hinblick auf Haftung, Arbeitsplatzsicherheit und Anwendbarkeit tariflicher Regelungen, beispielsweise des Ausschlusses einer ordentlichen Kündigung nach längerer Betriebszugehörigkeit, einen nicht unbeträchtlichen Nachteil darstelle.

25

Es handele sich um eine unterschiedliche Regelung für Personengruppen. Daher sei eine strenge Prüfung notwendig. Soweit der Gesetzgeber in § 17 HVFG der einen Gruppe ein Rückkehrrecht zur Stadt zubillige, der Gruppe, zu der die Klägerin gehöre, aber nicht, fehle es an einem sachlichen Differenzierungsgrund. Bereits im Jahr 1995 sei es die gesetzgeberische Absicht gewesen, die Beschäftigten des neu geschaffenen LBK Hamburg umfassend vor dem nicht beeinflussbaren Verlust ihrer Arbeitsstelle im öffentlichen Dienst abzusichern. Deshalb sei für den Fall einer späteren Überführung der gesamten Anstalt in eine private Trägerschaft das Rückkehrrecht zur Stadt gesetzlich eingeräumt worden. Die Rechtsstellung der Beschäftigten habe so gewahrt werden sollen, und finanzielle Nachteile hätten so verhindert werden sollen. Von dieser gesetzgeberischen Wohltat seien damals auch die Reinigungskräfte erfasst worden. Ihr später aufgrund unternehmerischer Entscheidung erfolgter Wechsel in eine hundertprozentige Tochtergesellschaft stelle keinen sachlichen Grund dar, ihnen im Gegensatz zu ihren vergleichbaren Kollegen bei Erlass des § 17 HVFG das Rückkehrrecht vorzuenthalten. Für eine solche Differenzierung lasse sich kein vernünftiger, aus der Natur der Sache folgender oder sonst einleuchtender Grund finden.

26

Der Gesetzgeber knüpfe für das Entstehen des Rückkehrrechts nicht an den formalen Wechsel der Person des jeweiligen Arbeitgebers oder seiner Rechtsform an, sondern stelle darauf ab, ob aufgrund der Übertragung von Mehrheitsanteilen von einer das Rückkehrrecht auslösenden Privatisierung des LBK Hamburg auszugehen sei. Es bestehe auch kein Unterschied in der Wahlmöglichkeit der Beschäftigten beider Gruppen beim Wechsel des Arbeitgebers. Allen Beschäftigten sei 1995 ein Rückkehrrecht zur Kompensation des gesetzlich angeordneten, von den Beschäftigten nicht beeinflussbaren Arbeitgeberwechsels eingeräumt worden. Sodann sei zum 1. Januar 2000 ein weiterer, diesmal rechtsgeschäftlicher Wechsel für die Beschäftigten im Reinigungsbereich mit einem von der Rechtsprechung anerkannten Widerspruchsrecht gemäß § 613a BGB erfolgt. Da keine vergleichbaren Arbeitsplätze beim LBK Hamburg verblieben seien, wäre im Falle des Widerspruchs eine betriebsbedingte Kündigung zu erwarten gewesen. Keinesfalls wäre es arbeitsrechtlich angeraten gewesen, dem Betriebsübergang zu widersprechen. Genauso theoretisch sei das den Beschäftigten der Vergleichsgruppe eingeräumte Widerspruchsrecht durch den gemäß § 14 Abs. 1 LBKBetriebG vom 17. Dezember 2004 erfolgten Verweis auf § 613a Abs. 6 BGB gewesen, da bei der Besitzanstalt LBK-Immobilien nur vier Arbeitsplätze verblieben seien.

27

Die Differenzierung könne auch nicht mit den unterschiedlichen Aufgaben der Betroffenen begründet werden. Ohne Reinigungsarbeiten lasse sich ein Krankenhaus genauso wenig betreiben wie ohne medizinische, pflegerische, technische oder verwaltende Tätigkeiten. Würde der unterschiedliche Aufgabenbereich, der Grad der Vorbildung oder die Nähe der Aufgabe zum medizinischen Kerngeschäft als Kriterium herangezogen, würde sich angesichts des weitaus größeren Frauenanteils in der Gruppe der bei der C ... GmbH Beschäftigten zudem das Problem einer mittelbaren Diskriminierung stellen.

28

Ein zulässiger Differenzierungsgrund könne zwar auch in der Befugnis des Gesetzgebers zur Typisierung und Generalisierung von Sachverhalten liegen. Die damit verbundenen Belastungen seien hinzunehmen, wenn sie nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären, lediglich eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen beträfen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv sei. Auch danach erweise sich die Regelung aber nicht als verfassungsgemäß. Die Belastung der Reinigungskräfte ließe sich durch ihre Einbeziehung in das Rückkehrrecht einfach vermeiden. Es sei auch keine im Verhältnis zur begünstigten Gruppe nur kleine Zahl von Personen betroffen, und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz sei nicht belanglos.

III.

29

Zur Vorlage haben der Präses der Justizbehörde für den Senat der Freien und Hansestadt Hamburg, die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts, der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, die dbb Tarifunion und die Klägerin des Ausgangsverfahrens Stellung genommen.

30

1. Im Anschluss an den Vortrag der Stadt im Ausgangsverfahren hat der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg im Hinblick auf die Ausführungen der Klägerin, ein Widerspruch gegen den Betriebsübergang sei angesichts des Risikos einer dann folgenden betriebsbedingten Kündigung eine rein theoretische Möglichkeit gewesen, auf § 9 der "Rahmendienstvereinbarung Beschäftigungssicherung im LBK Hamburg" vom 23. Juni 1997 und auf Anschlussvereinbarungen vom 4. Januar 1999 und 22. Dezember 2000 hingewiesen. In diesen Dienstvereinbarungen des Vorstands und des Gesamtpersonalrats des LBK Hamburg ist geregelt, dass der LBK Hamburg im Zusammenhang mit Maßnahmen, die dem Geltungsbereich dieser Dienstvereinbarungen unterfielen, zeitlich befristet auf betriebsbedingte Änderungs- und Beendigungskündigungen verzichtet. Zur Frage einer mittelbaren Frauendiskriminierung hat der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg mitgeteilt, dass im Januar 2007 der Anteil der weiblichen Beschäftigten im LBK Hamburg bei 69,5 % und bei der C ... GmbH bei 93,5 % lag.

31

2. Die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts hat eine Stellungnahme des Vorsitzenden des Achten Senats übersandt, wonach dort mehrere Revisionsverfahren zu Fragen des Rückkehrrechts in den Landesdienst nach dem HVFG anhängig seien.

32

3. Nach Ansicht des Deutschen Gewerkschaftsbunds wäre § 17 HVFG verfassungswidrig, wenn man die Vorschrift so wie das Landesarbeitsgericht interpretierte. Dann läge eine willkürliche, gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Ungleichbehandlung zwischen den auf die C... GmbH übergegangenen Arbeitnehmern des Reinigungsbereichs und den bei dem LBK Hamburg verbliebenen Arbeitnehmern vor. Die gerichtliche Auslegung des § 17 Satz 1 HVFG, nach der für ein Rückkehrrecht ein Arbeitsverhältnis mit der LBK Hamburg GmbH bestehen müsse, sei jedoch zu eng. Richtig sei vielmehr eine Auslegung, die von der gesellschaftsrechtlichen Lage abstrahiere und auf den letztlich hinter den gesellschaftsrechtlichen Konstruktionen stehenden Eigentümer abstelle. Daher genüge es bei verfassungskonformer Auslegung der Norm, dass der Mitarbeiter seine Tätigkeit an einem Objekt der LBK Hamburg ausübe, auch wenn das Arbeitsverhältnis mit der C ... GmbH bestehe.

33

4. Nach Auffassung der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und der dbb Tarifunion ist § 17 HVFG, soweit er das Rückkehrrecht auf Mitarbeiter der LBK Hamburg GmbH beschränkt, wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verfassungswidrig. Für die Vergleichsgruppen, die Beschäftigten bei der C ... GmbH und bei der LBK Hamburg GmbH, führe die Regelung zu unterschiedlichen, für die Klägerin nachteiligen Ergebnissen. Diese unterschiedliche Behandlung vergleichbarer Personengruppen sei mangels eines sachlichen Differenzierungsgrundes verfassungswidrig. Die Angestellten der C ... GmbH seien ebenso wie das sonstige Krankenhauspersonal in den internen Arbeitsablauf integriert. Der Entzug des Rückkehrrechts betreffe auch keine vergleichsweise kleine Personengruppe, die bei einer typisierenden Regelung nicht hätte berücksichtigt werden müssen. Jedenfalls sei es auch unter dem Gesichtspunkt der Typisierung verfassungsrechtlich nicht erlaubt, die fiskalischen Interessen der Stadt durch die willkürliche Herausnahme von sozial besonders schutzbedürftigen Arbeitnehmern aus einem Rückkehrangebot zu wahren. Die Klägerin hätte den Eintritt der ihr mit der Gesetzesänderung vom 21. November 2006 entstehenden Nachteile auch nicht durch Ausübung des Widerspruchsrechts verhindern können. Da beim LBK Hamburg keine Arbeitsplätze im Reinigungsbereich verblieben seien, hätte mit einer betriebsbedingten Kündigung gerechnet werden müssen. Die Stadt, der LBK Hamburg und die C ... GmbH hätten den arbeitsrechtlichen Schutz der Klägerin systematisch ausgehebelt.

34

5. Die Klägerin hat sich unter Bezugnahme auf ihren Vortrag im Ausgangsverfahren ebenfalls der Auffassung des Landesarbeitsgerichts angeschlossen, § 17 HVFG sei verfassungswidrig.

B.

35

Die Vorlage ist zulässig. Das Landesarbeitsgericht hat seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit des § 17 Satz 1 HVFG und von der Entscheidungserheblichkeit der verfassungsrechtlichen Beurteilung der Norm ausreichend begründet (§ 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG).

C.

36

§ 17 Satz 1 HVFG ist mit Art. 3 Abs. 1 und 2 GG unvereinbar.

I.

37

Die Regelung des § 17 Satz 1 HVFG verstößt gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, weil sie die schon im April 1995 und seitdem ununterbrochen in den ehemals städtischen Krankenhäusern tätigen, seit 2000 bei der C... GmbH angestellten Arbeitnehmer in nicht zu rechtfertigender Weise gegenüber vergleichbaren Arbeitnehmern benachteiligt.

38

1. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Verboten ist auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird (vgl. BVerfGE 110, 412 <431>; 112, 164 <174>; 116, 164 <180>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 7. Juli 2009 - 1 BvR 1164/07 -, VersR 2009, S. 1607 <1609>).

39

2. § 17 Satz 1 HVFG führt zu einer Ungleichbehandlung innerhalb der Gruppe der Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse 1995 von der Stadt auf den LBK Hamburg übergeleitet wurden. Den Reinigungskräften, denen damals mit den anderen an den Kliniken der Stadt bei der Gründung des LBK Hamburg beschäftigten Arbeitnehmern durch § 17 Abs. 2 LBKHG für den Fall der Privatisierung ein Rückkehrrecht in den öffentlichen Dienst gewährt wurde, wird nunmehr durch die Neuregelung des § 17 Satz 1 HVFG ein solches Rückkehrrecht verwehrt. Dieses Recht soll nach dieser Vorschrift nur den Arbeitnehmern zustehen, die zuletzt bei der LBK Hamburg GmbH beschäftigt waren, nicht aber denjenigen, deren Arbeitsverhältnisse schon im Jahr 2000 vom LBK Hamburg auf die C ... GmbH übergegangen waren, weil diese Arbeitnehmer am 1. Januar 2007 nicht "Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der LBK Hamburg GmbH" waren.

40

a) Die Ungleichbehandlung der Arbeitnehmergruppen wird bei einer Gegenüberstellung der sie betreffenden rechtlichen Rahmenbedingungen seit 1995 deutlich.

41

aa) Die in den städtischen Krankenhäusern beschäftigten Arbeitnehmer mit Ausnahme des Reinigungspersonals standen bis 2004 in einem Arbeitsverhältnis mit dem LBK Hamburg. Zum 1. Januar 2005 gingen diese Arbeitsverhältnisse kraft Gesetzes auf die neu errichtete Betriebsanstalt LBK Hamburg über. Der Gesetzgeber ordnete in § 14 Abs. 1 Satz 2 LBKBetriebG an, dass § 613a Abs. 6 BGB entsprechend gelten solle, die Arbeitnehmer dem Arbeitgeberwechsel also widersprechen könnten. Der Widerspruch hätte zur Folge gehabt, dass das Arbeitsverhältnis mit dem früheren LBK Hamburg fortbestanden hätte, der nunmehr Landesbetrieb Krankenhäuser Hamburg Immobilien hieß und nur noch als Besitzanstalt fungierte. Die nicht widersprechenden Mitarbeiter wurden sodann Arbeitnehmer der durch Umwandlung der Betriebsanstalt LBK Hamburg entstandenen LBK Hamburg GmbH.

42

Ein Rückkehrrecht nach § 15 Abs. 2 LBK-Immobilien Gesetz, der den ab 1995 geltenden § 17 Abs. 2 LBKHG ersetzte, lösten diese Vorgänge nicht aus. Dies wurde in § 15 Abs. 3 Satz 1 LBK-Immobilien Gesetz ausdrücklich klargestellt. Träger der Betriebsanstalt LBK Hamburg war der LBK-Immobilien, also der umbenannte frühere LBK Hamburg, dessen Träger wiederum die Stadt war. Die Umwandlung der Betriebsanstalt in die LBK Hamburg GmbH hatte zur Folge, dass der LBK-Immobilien die Gesellschafterstellung in der GmbH einnahm. Es kam zu keinem Verlust der Mehrheitsbeteiligung der Stadt beziehungsweise des früheren LBK Hamburg, so dass die Option einer Rückkehr in den weiter bestehenden Bereich des öffentlichen Dienstes nicht notwendig war. In § 15 Abs. 3 Satz 2 LBK-Immobilien Gesetz wurde aber § 15 Abs. 2 Satz 2 LBK-Immobilien Gesetz als Nachfolgeregelung des § 17 Abs. 2 Satz 2 LBKHG, also das Rückkehrrecht zur Stadt, für anwendbar erklärt, sobald der LBK-Immobilien seine Mehrheitsbeteiligung an der LBK Hamburg GmbH aufgeben sollte.

43

Dieser Fall trat am 1. Januar 2007 ein. Zu diesem Zeitpunkt hielt allerdings nicht mehr der LBK-Immobilien die Anteile an der LBK-Hamburg GmbH für die Stadt, sondern die mit dem Gesetz zur Änderung des LBK-Immobilien Gesetzes vom 21. November 2006 neu errichtete, Hamburgischer Versorgungsfonds genannte Anstalt öffentlichen Rechts. Das Rückkehrrecht der "Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der LBK Hamburg GmbH, die bereits im Zeitpunkt der Errichtung der LBK Hamburg - Anstalt öffentlichen Rechts - dort beschäftigt waren", in ein Arbeitsverhältnis unmittelbar mit der Stadt ergab sich nunmehr aus § 17 Satz 1 HVFG, da der HVF seine Beteiligung an der LBK Hamburg GmbH mehrheitlich veräußert hatte. Durch die Regelung begünstigt wurden also die Arbeitnehmer, deren Arbeitgeber vor der Errichtung des früheren LBK Hamburg die Stadt selbst war und deren Arbeitsverhältnisse im April 1995 kraft Gesetzes auf den LBK Hamburg übergegangen waren und zuletzt im Zeitpunkt der Privatisierung am 1. Januar 2007 mit der LBK Hamburg GmbH bestanden.

44

Für diese Arbeitnehmer sahen die Gesetze demnach seit April 1995 in allen zwischenzeitlich geltenden Fassungen ein Rückkehrrecht in den öffentlichen Dienst im Falle einer materiellen Privatisierung vor. Die gesetzlichen Voraussetzungen des Rückkehrrechts waren für sie erstmals am 1. Januar 2007 erfüllt. Außerdem hätte ihnen zum Jahreswechsel 2004/2005 ein Widerspruchsrecht zugestanden.

45

bb) Im Vergleich dazu entwickelte sich die Rechtslage für die im Bereich der Krankenhausreinigung beschäftigten Arbeitnehmer wie folgt:

46

Am 1. Januar 2000 gingen ihre Arbeitsverhältnisse gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB vom LBK Hamburg auf die C... GmbH über. Die Voraussetzungen eines Rückkehrrechts nach § 17 Abs. 2 LBKHG waren nicht erfüllt. Weder wurde der gesamte LBK Hamburg in eine andere Trägerschaft überführt (§ 17 Abs. 2 Satz 2 LBKHG), noch handelte es sich um die Überführung einer einzelnen Einrichtung der Anstalt in eine andere Trägerschaft ohne Mehrheitsbeteiligung des LBK Hamburg (§ 17 Abs. 2 Satz 3 LBKHG). Der LBK Hamburg hielt vielmehr 100 % der Anteile der C ... GmbH. Die Arbeitnehmer hätten dem Arbeitgeberwechsel allerdings widersprechen können. Zwar wurde das Widerspruchsrecht der von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer erst durch das Gesetz zur Änderung des Seemannsgesetzes und anderer Gesetze vom 23. März 2002 (BGBl I S. 1163) in § 613a Abs. 6 BGB kodifiziert. Es war aber schon zuvor in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts anerkannt (vgl. BAG, Urteil vom 8. Mai 2001 - 9 AZR 95/00 -, AP BGB § 613a Nr. 219, unter I 1 b cc der Gründe, m.w.N.). Bei einem Widerspruch hätte das Arbeitsverhältnis zum LBK Hamburg fortbestanden.

47

Zum 1. Januar 2005 ergab sich für das bei der C ... GmbH beschäftigte Reinigungspersonal keine Änderung ihrer arbeitsrechtlichen Position. Infolge der Umwandlung des LBK Hamburg in die LBK Hamburg GmbH rückte lediglich diese GmbH in die Gesellschafterstellung bei der C ... GmbH ein. Es lag daher kein Betriebsübergang vor, der ein Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB hätte auslösen können. Ein Rückkehrrecht zum LBK Hamburg konnte aus § 15 Abs. 2 LBK-Immobilien Gesetz, der § 17 Abs. 2 LBKHG ersetzte, schon deshalb nicht folgen, weil die Stadt weiterhin ihre Mehrheitsbeteiligung an der Besitzanstalt LBK-Immobilien, der Gesellschafterin der LBK Hamburg GmbH, hielt.

48

Auch zum 1. Januar 2007 änderte sich nichts daran, dass Arbeitgeber der Reinigungskräfte die C ... GmbH blieb. Eine Anwendung des § 613a Abs. 6 BGB schied daher aus. Allenfalls kam ein gesetzliches Rückkehrrecht der Arbeitnehmer zur Stadt in Betracht. Rechtsgrundlage dafür war nunmehr § 17 Satz 1 HVFG. Die sachliche Voraussetzung der Norm war erfüllt: Mehrheitsgesellschafterin der C ... GmbH war zwar weiterhin die LBK Hamburg GmbH, aber deren Mehrheitsgesellschafterin war ab diesem Zeitpunkt die nicht von der Stadt beherrschte A ... GmbH. In persönlicher Hinsicht kommt die im Zeitpunkt der Privatisierung geltende gesetzliche Grundlage für das Rückkehrrecht jedoch nur den Mitarbeitern zugute, die am 1. Januar 2007 bei der LBK Hamburg GmbH beschäftigt waren. Der persönliche Geltungsbereich der Norm erstreckt sich nicht auf die Reinigungskräfte als Arbeitnehmer einer Tochtergesellschaft der LBK Hamburg GmbH.

49

Diese Arbeitnehmer hätten also dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse auf die C ... GmbH zum 1. Januar 2000 widersprechen können. Ein Rückkehrrecht nach einem der seit 1995 für den Krankenhausbereich geltenden Landesgesetze konnten sie hingegen zu keinem Zeitpunkt geltend machen.

50

b) Eine abweichende Auslegung des § 17 Satz 1 HVFG dahingehend, dass auch den auf die C... GmbH übergeleiteten Arbeitnehmern ein Rückkehrrecht zusteht, kommt nicht in Betracht. Das Bemühen um eine verfassungskonforme Auslegung mit dem Ziel, einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG zu vermeiden, stößt dort an seine Grenzen, wo einem bereits nach dem Wortlaut, aber jedenfalls nach dem gesetzgeberischen Willen eindeutigen Gesetz eine davon abweichende Bedeutung verliehen beziehungsweise das gesetzgeberische Ziel in einem wesentlichen Punkt verfehlt oder verfälscht würde. Eine solche Auslegung, mit der an die Stelle der Gesetzesvorschrift inhaltlich eine andere gesetzt oder mit der ein Regelungsinhalt erstmals geschaffen wird, ist grundsätzlich nicht zulässig (vgl. BVerfGE 59, 330 <334>; 78, 20 <24>; zum gegenläufigen Willen des Landesgesetzgebers vgl. auch BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 1. Dezember 2009 - 1 BvR 2857/07, 1 BvR 2858/07 -, DVBl 2010, S. 108 <114>, Rn. 185). Ob schon der Wortlaut des § 17 Satz 1 HVFG unüberbrückbar einer Auslegung entgegensteht, nach der auch die bei einer Tochtergesellschaft der LBK Hamburg GmbH angestellten Reinigungskräfte eine Übernahme in ein Arbeitsverhältnis mit der Stadt verlangen könnten, muss nicht abschließend beurteilt werden. Eine Einbeziehung dieser Arbeitnehmer in den Anwendungsbereich der Norm scheidet jedenfalls nach dem eindeutig in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommenden und in der Praxis durch die Ablehnung der Rückkehr der Klägerin seitens der Stadt bestätigten Willen des Landesgesetzgebers aus, der das Rückkehrrecht in Kenntnis der Ausgliederung des Reinigungsbereichs im Jahr 2000 ausdrücklich auf die zuletzt bei der LBK Hamburg GmbH beschäftigten Mitarbeiter beschränken wollte.

51

3. Diese Ungleichbehandlung ist nicht gerechtfertigt.

52

a) Eine Ungleichbehandlung von Personengruppen verletzt Art. 3 Abs. 1 GG, wenn keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfGE 55, 72 <88>; 84, 197 <199>; 100, 195 <205>; 109, 96 <123>; 110, 274 <291>). Sie trifft hier mit den Reinigungskräften eine nach ihrer sozialen Zusammensetzung und ihrer ökonomischen Stellung eher schwache Gruppe, die tendenziell weniger in der Lage ist, sich gegen eine Schlechterstellung zu wehren. Zur Begründung dieser Ungleichbehandlung reicht es nicht aus, dass der Normgeber ein seiner Art nach geeignetes Unterscheidungsmerkmal berücksichtigt hat. Vielmehr muss auch für das Maß der Differenzierung ein innerer Zusammenhang zwischen den vorgefundenen Verschiedenheiten und der differenzierenden Regelung bestehen, der sich als sachlich vertretbarer Unterscheidungsgesichtspunkt von hinreichendem Gewicht anführen lässt (vgl. BVerfGE 93, 386 <401>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 7. Juli 2009 - 1 BvR 1164/07 -, VersR 2009, S. 1607 <1609>). Dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers sind dabei umso engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten, hier der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG), nachteilig auswirken kann (vgl. BVerfGE 121, 317 <370>).

53

b) Die Benachteiligung der Reinigungskräfte gegenüber den sonstigen Arbeitnehmern ist nicht gerechtfertigt. Ein sachlicher Differenzierungsgrund ist nicht erkennbar.

54

aa) Ein tragfähiger Grund für die Ungleichbehandlung liegt nicht darin, dass die Reinigungskräfte schon vor der das Rückkehrrecht nach § 17 Satz 1 HVFG auslösenden Privatisierung in einem privatrechtlich organisierten Unternehmen beschäftigt waren. Für die Arbeitnehmer, die die gesetzlichen Voraussetzungen des Rückkehrrechts zur Stadt erfüllen, gilt nämlich nichts anderes. Ihr Arbeitgeber war seit Anfang 2005 die LBK Hamburg GmbH. Beide Arbeitnehmergruppen waren damit zuletzt bei einer Kapitalgesellschaft beschäftigt, auf die die Stadt aber bis zum 31. Dezember 2006 kraft ihrer Beteiligung beherrschenden Einfluss hatte. Außerdem sollten die Arbeitnehmer durch das ursprünglich in § 17 Abs. 2 LBKHG und zuletzt in § 17 Satz 1 HVFG geregelte Rückkehrrecht nicht vor einem formalen Arbeitgeberwechsel oder einer Umstrukturierung, die den beherrschenden Einfluss der Stadt nicht berührt, geschützt werden. Vielmehr hat das Rückkehrrecht erst dann eingegriffen, als die Zugehörigkeit zum öffentlichen Dienst auch materiell dadurch verloren gegangen ist, dass die Stadt ihre Anteilsmehrheit aufgegeben hat.

55

bb) Die Argumentation der Stadt, die Reinigungskräfte hätten ihre Zugehörigkeit zum öffentlichen Dienst bei ihrer Ausgliederung am 1. Januar 2000 durch Erklärung eines Widerspruchs gegen den Arbeitgeberwechsel aufrecht erhalten können, zeigt keinen rechtserheblichen Unterschied zu den übrigen Arbeitnehmern auf.

56

(1) Den Reinigungskräften kann nicht unterstellt werden, sich im Jahr 2000 bewusst gegen einen Verbleib im öffentlichen Dienst entschieden zu haben. Vielmehr haben sie den Betriebsteilübergang vom LBK Hamburg auf die damals noch von der Stadt beherrschte C ... GmbH lediglich widerspruchslos hingenommen. Damit haben sie den Umstrukturierungsmaßnahmen der Stadt im Krankenhausbereich Folge geleistet und insofern sogar ihre Solidarität mit der städtischen Personalplanung unter Beweis gestellt. Daher kann dieses Verhalten nicht als Abkehr von der Stadt interpretiert werden und darf den Reinigungskräften nunmehr nicht zum Nachteil gereichen.

57

(2) Die auf einen unterstellten Abkehrwillen der Reinigungskräfte im Jahr 2000 gestützte Differenzierung ist aber auch aus einem weiteren Grund nicht tragfähig.

58

Die Stadt hatte den anderen, bis dahin beim LBK Hamburg beschäftigten Arbeitnehmern im Zuge der zum Jahreswechsel 2004/2005 durchgeführten Umwandlungen mit der Folge eines kraft Gesetzes eingetretenen Arbeitgeberwechsels ein Widerspruchsrecht entsprechend § 613a Abs. 6 BGB eingeräumt. Die Rechtslage war daher für beide Arbeitnehmergruppen in dem Zeitpunkt, in dem der LBK Hamburg aus der Arbeitgeberstellung zu ihnen ausschied, identisch. Beide Arbeitnehmergruppen hätten den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses mit dem LBK Hamburg durch Erklärung eines Widerspruchs herbeiführen können: Die Reinigungskräfte, als ihre Arbeitsverhältnisse am 1. Januar 2000 gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die C... GmbH übergingen, und die anderen Arbeitnehmer zum Jahreswechsel 2004/2005, als durch § 14 LBKBetriebG die neue, dann in eine GmbH umgewandelte Betriebsanstalt LBK Hamburg ihr Arbeitgeber wurde. Folglich ist es sachlich nicht gerechtfertigt, dass der Gesetzgeber im Hinblick auf das frühere Widerspruchsrecht der Reinigungskräfte nur den übrigen, nicht im Reinigungsbereich eingesetzten Arbeitnehmern für den Fall der späteren Privatisierung ein weiteres Instrumentarium zur Fortsetzung ihrer Beschäftigung im öffentlichen Dienst an die Hand geben wollte.

59

Ein rechtlich beachtlicher Unterschied kann auch nicht darin gesehen werden, dass die Reinigungskräfte im Januar 2000 einen erheblichen Anlass zum Widerspruch gegen den Arbeitgeberwechsel gehabt hätten, die anderen Arbeitnehmer zum Jahreswechsel 2004/2005 hingegen nicht. In beiden Fällen war ihr Arbeitgeber zuvor eine Anstalt öffentlichen Rechts und nach der Umstrukturierung eine privatrechtlich organisierte Kapitalgesellschaft, deren Anteile - zumindest mittelbar - mehrheitlich von der Stadt gehalten wurden. Beide Arbeitnehmergruppen konnten sich zum jeweiligen Zeitpunkt außerdem für den Fall einer späteren Veräußerung der Mehrheitsbeteiligung der Stadt auf ein gesetzliches Rückkehrrecht in den öffentlichen Dienst berufen. Den Reinigungskräften kann daher nicht entgegengehalten werden, sie hätten im Januar 2000 eine bessere Gelegenheit zum Widerspruch gegen den Arbeitgeberwechsel verstreichen lassen als die übrigen Arbeitnehmer zum Jahreswechsel 2004/2005.

60

Ein unterschiedlich starker Abkehrwille von der Stadt kommt im Unterlassen des Widerspruchs auch dann nicht zum Ausdruck, wenn man die jeweilige Motivation der Arbeitnehmer für ihr Verhalten zum jeweils maßgeblichen Zeitpunkt in den Blick nimmt. Der Hinweis der Stadt darauf, dass ein Widerspruch der zum Jahreswechsel 2004/2005 beim LBK Hamburg beschäftigten Arbeitnehmer vernünftigerweise nicht in Betracht gekommen sei, weil bei dieser Anstalt beziehungsweise bei der Besitzanstalt LBK-Immobilien im Zuge der durchgeführten Umstrukturierungen keine geeigneten Arbeitsplätze verblieben seien, greift nicht durch. Es ist nicht erkennbar, dass das Reinigungspersonal beim Betriebsteilübergang im Jahr 2000 den Widerspruch gegen den Arbeitgeberwechsel demgegenüber eher als vernünftige Option hätte ansehen können. Der LBK Hamburg hatte die Reinigungsarbeiten ausgegliedert und daher keinen Bedarf mehr für eine Beschäftigung eigener Reinigungskräfte. Für die Arbeitnehmer beider Gruppen hat sich somit in dem Zeitpunkt, in dem ihre Arbeitsverhältnisse vom LBK Hamburg auf einen neuen Arbeitgeber übergingen, keine Perspektive einer sicheren Weiterbeschäftigung beim LBK Hamburg geboten, wenn sie ihr Recht zum Widerspruch gegen den Arbeitgeberwechsel wahrgenommen hätten. An dieser Einschätzung ändert sich auch nichts, wenn angenommen wird, dass eine betriebsbedingte Kündigung der Reinigungskräfte durch den LBK Hamburg aufgrund einer im Januar 2000 geltenden Dienstvereinbarung bis Ende 2001 ausgeschlossen gewesen wäre. Damit wäre zwar vorübergehend der rechtliche Fortbestand des Arbeitsverhältnisses im Falle des Widerspruchs gesichert gewesen. Eine tatsächliche, auf Dauer angelegte Beschäftigungsmöglichkeit bestand nach dem Betriebsteilübergang aber nur noch bei der C ... GmbH, und genau diese Art des Einsatzes der Reinigungskräfte in den Krankenhäusern entsprach der damaligen Organisationsentscheidung der Stadt. Es kann daher keine Rede davon sein, dass die Reinigungskräfte eine Ausweichoption gehabt hätten, mit der sie sich keinem nennenswerten rechtlichen oder wirtschaftlichen Risiko ausgesetzt hätten (vgl. BVerfGE 120, 1 <53>).

61

Im Übrigen kommen hier derartige spekulative Überlegungen zur Motivationslage der Arbeitnehmer ohnehin nicht als Differenzierungsgrund in Betracht. Normativ betrachtet hat die Stadt für die von der Überleitung ihrer Arbeitsverhältnisse zum Jahreswechsel 2004/2005 betroffenen Arbeitnehmer durch Gesetz ein Widerspruchsrecht entsprechend § 613a Abs. 6 BGB vorgesehen und ihnen damit die Gelegenheit gegeben, sich für oder gegen einen Verbleib beim LBK Hamburg zu entscheiden. Vergleichbar war die Gesetzeslage für die am 1. Januar 2000 von einem Arbeitgeberwechsel betroffenen Reinigungskräfte. Die Argumentation der Stadt ist nicht schlüssig, wenn sie einerseits den Arbeitnehmern gesetzliche Widerspruchs- und Rückkehrrechte einräumt, andererseits jedoch meint, diese Rechte liefen in einem Falle leer, hätten aber im anderen Falle wahrgenommen werden müssen, um den Willen zum Verbleib im öffentlichen Dienst unter Beweis zu stellen. Der zunächst mit § 17 Abs. 2 LBKHG und zuletzt mit § 17 Satz 1 HVFG angestrebte gesetzliche "Schutz vor einer Privatisierung" muss daher losgelöst von der Frage betrachtet werden, ob und aus welchen Gründen sich die Arbeitnehmer gegebenenfalls dagegen entschieden hätten, diesen Schutz in Anspruch zu nehmen. Die Stadt muss sich an der von ihr gesetzten Rechtslage festhalten lassen.

62

cc) Die Benachteiligung der Reinigungskräfte kann entgegen dem Vorbringen der Stadt im Ausgangsverfahren auch nicht überzeugend darauf gestützt werden, dass die Gebäudereinigung keine dem Gesundheitswesen zuzuordnende Dienstleistung sei. Die Stadt hatte zunächst den gesamten Betrieb des Krankenhauses - einschließlich der Gebäudereinigung - in eigener Regie geführt und hat sämtliche Bereiche der früher städtischen Krankenhäuser privatisiert. Dabei wurde keine Notwendigkeit gesehen, einzelne Bereiche in öffentlicher Hand zu belassen. Dann kann es aber nicht überzeugen, dass im Zuge der umfassenden Privatisierung nur bestimmte Arbeitnehmergruppen eine Weiterbeschäftigung im öffentlichen Dienst verlangen dürfen. Ohnehin kann mit dieser Begründung nicht gerechtfertigt werden, dass beispielsweise die in der Verwaltung der Krankenhäuser oder in der Haustechnik eingesetzten Arbeitnehmer ein Rückkehrrecht erhalten, die Reinigungskräfte aber nicht. Plausibel ist eine Abgrenzung, nach der nur dem eng mit dem Gesundheitswesen verknüpften Personal ein Widerspruchsrecht eingeräumt werden soll, außerdem deshalb nicht, weil nach der Privatisierung der Krankenhäuser gerade für diese Arbeitnehmer Einsatzmöglichkeiten bei der Stadt schwieriger zu finden sein dürften als für weniger spezialisierte Mitarbeiter.

63

dd) Die Ungleichbehandlung kann auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass dem Gesetzgeber die grundsätzliche Befugnis zu einer Typisierung und Generalisierung zugebilligt wird (vgl. BVerfGE 99, 280 <290>; 111, 115 <137>). Die Absicht des Gesetzgebers, bestimmten Arbeitnehmern die Rückkehr in den öffentlichen Dienst zu ermöglichen und anderen nicht, beruht nicht auf einer gesetzgeberischen Beurteilung von typischen, einer pauschalierenden Regelung zugänglichen Sachverhalten. Hintergrund, Regelungsgegenstand und Zweck des § 17 Satz 1 HVFG sind vielmehr konkret greifbar. Darüber hinausgehende pauschalierende Erwägungen oder Typisierungen, mit denen die gesetzliche Differenzierung gerechtfertigt werden könnte, sind nicht erkennbar. Insbesondere ist die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu gesetzlichen Stichtagsregelungen nicht einschlägig. Das Tatbestandsmerkmal des § 17 Satz 1 HVFG, das die bei der C... GmbH beschäftigten Reinigungskräfte vom Rückkehrrecht ausnimmt, ist keine Stichtagsregelung, denn die Reinigungskräfte werden ausgeschlossen, weil sie nicht "Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der LBK Hamburg GmbH" sind. Diese Voraussetzung musste zwar gerade im Zeitpunkt der Privatisierung erfüllt sein, damit das Rückkehrrecht ausgeübt werden konnte. Die Verknüpfung mehrerer sachlicher und persönlicher Voraussetzungen mit einem Zeitmerkmal macht die Norm aber nicht zu einer Stichtagsregelung.

II.

64

Darüber hinaus ist § 17 Satz 1 HVFG mit Art. 3 Abs. 2 GG unvereinbar.

65

1. Art. 3 Abs. 2 GG bietet Schutz auch vor faktischen Benachteiligungen. Die Verfassungsnorm zielt auf die Angleichung der Lebensverhältnisse von Frauen und Männern (vgl. BVerfGE 87, 1 <42>; 109, 64 <89>; 113, 1 <15>). Durch die Anfügung von Satz 2 in Art. 3 Abs. 2 GG ist ausdrücklich klargestellt worden, dass sich das Gleichberechtigungsgebot auf die gesellschaftliche Wirklichkeit erstreckt (vgl. BVerfGE 92, 91 <109>; 109, 64 <89>; 113, 1 <15>). In diesem Bereich wird die Durchsetzung der Gleichberechtigung auch durch Regelungen gehindert, die zwar geschlechtsneutral formuliert sind, im Ergebnis aber aufgrund natürlicher Unterschiede oder der gesellschaftlichen Bedingungen überwiegend Frauen betreffen (vgl. BVerfGE 97, 35 <43>; 104, 373 <393>; 113, 1 <15>). Demnach ist es nicht entscheidend, dass eine Ungleichbehandlung unmittelbar und ausdrücklich an das Geschlecht anknüpft. Über eine solche unmittelbare Ungleichbehandlung hinaus erlangen für Art. 3 Abs. 2 GG die unterschiedlichen Auswirkungen einer Regelung für Frauen und Männer ebenfalls Bedeutung. Eine solche Berücksichtigung der mittelbaren Diskriminierung im Rahmen des Gleichberechtigungsgebots entspricht der Rechtsentwicklung im Europarecht (vgl. Art. 2 der Richtlinie 76/207/EWG in der Fassung der Richtlinie 2002/73/EG vom 23. September 2002 zur Änderung der Richtlinie 76/207/EWG des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen, ABl Nr. L 269 vom 5. Oktober 2002, S. 15 <17>; Art. 2 Buchstabe b der Richtlinie 2004/113/EG vom 13. Dezember 2004 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, ABl Nr. L 373 vom 21. Dezember 2004, S. 37 <40>; EuGH, Urteil vom 13. Juli 1989 - C-171/88 -, Slg. 1989, S. 2743; Urteil vom 23. Oktober 2003 - C-4/02 und C-5/02 -, Slg. 2003, S. I-12575).

66

2. Der Landesgesetzgeber hat ganz überwiegend Arbeitnehmerinnen benachteiligt, indem er das Rückkehrrecht auf die zuletzt bei der LBK Hamburg GmbH angestellten Arbeitnehmer beschränkt und die bei der C ... GmbH beschäftigten Reinigungskräfte ausgeschlossen hat. Die geschlechtsspezifische Wirkung der Regelung folgt aus der in der sozialen Wirklichkeit vorfindbaren Zusammensetzung dieser Berufsgruppe. Bei der Sonderregelung für Reinigungskräfte im vorliegenden Fall steht faktisch fest, dass sie mit einem Anteil von 93,5 % hauptsächlich Frauen trifft. Dieser Anteil liegt damit wesentlich über dem im Klinikbereich hier ohnehin hohen Frauenanteil (69,5 %). Das löst damit genau die Gefahr einer mittelbaren Diskriminierung aus, der Art. 3 Abs. 2 GG begegnen will.

67

Unter diesen Bedingungen könnte eine solche Ungleichbehandlung nur dann gerechtfertigt werden, wenn sie auf hinreichenden sachlichen Gründen beruht, die nichts mit der geschlechtsbezogenen Benachteiligung zu tun haben (vgl. BVerfGE 113, 1 <20 f.>; vgl. auch EuGH, Urteil vom 13. Mai 1986 - Rs. 170/84 -, Slg. 1986, S. 1607; Urteil vom 27. Mai 2004 - C-285/02 -, Slg. 2004, S. I-5861; BAG, Urteil vom 25. Juli 1996 - 6 AZR 138/94 -, AP BAT § 35 Nr. 6). Da hier jedoch schon keine vor Art. 3 Abs. 1 GG tragfähigen Rechtfertigungsgründe ersichtlich sind, scheidet eine Rechtfertigung der mittelbaren geschlechtsspezifischen Diskriminierung nach Art. 3 Abs. 2 GG erst recht aus.

III.

68

Da eine verfassungskonforme Auslegung des § 17 Satz 1 HVFG nicht möglich ist, kann die Verletzung des Art. 3 Abs. 1 und 2 GG nur dadurch beseitigt werden, dass das Rückkehrrecht, bezogen auf den hier maßgeblichen Zeitpunkt der zum Jahreswechsel 2006/2007 durchgeführten Privatisierung, neu geregelt wird. Bis zu einer Neuregelung, die der Gesetzgeber bis zum 31. Dezember 2010 zu treffen hat, muss der Rechtsstreit vor dem Landesarbeitsgericht weiter ausgesetzt werden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

1. Das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 5. Februar 2010 - 6 S 18/09 - und das Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 9. Juni 2009 - 2 C 112/09 - verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 3 Satz 1 des Grundgesetzes.

2. Das Urteil des Landgerichts Karlsruhe wird aufgehoben und die Sache an das Landgericht zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.

3. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

4. ...

Gründe

A.

1

Die Beschwerdeführerin wendet sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen die Nichtberücksichtigung von Zeiten des gesetzlichen Mutterschutzes als Umlagemonate im Rahmen der betrieblichen Zusatzversorgung nach der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Satzung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL).

I.

2

1. Die VBL hat als Zusatzversorgungseinrichtung für Beschäftigte des öffentlichen Dienstes die Aufgabe, den Arbeitnehmern der an ihr beteiligten Arbeitgeber im Wege privatrechtlicher Versicherung eine Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren. Diese ergänzt die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

3

Die Zusatzversorgungseinrichtung, der Arbeitgeber sowie dessen Arbeitnehmer befinden sich in einer rechtlichen Dreiecksbeziehung. Die Arbeitnehmer besitzen gegenüber ihrem Arbeitgeber einen arbeitsrechtlichen Anspruch auf Gewährleistung der Zusatzversorgung. Um diesem zu genügen, schließt der Arbeitgeber zugunsten seiner Arbeitnehmer mit der VBL einen privatrechtlichen Gruppenversicherungsvertrag ab. Aus diesem Vertrag erwächst den Arbeitnehmern gegenüber der VBL ein unmittelbarer versicherungsrechtlicher Anspruch auf eine Zusatzversorgungsrente.

4

Dem System der Zusatzversorgung der VBL lag bis zum 31. Dezember 2000 der "Tarifvertrag über die Versorgung der Arbeitnehmer des Bundes und der Länder sowie von Arbeitnehmern kommunaler Verwaltungen und Betriebe" vom 4. November 1966 (Versorgungs-TV) zugrunde. Dieser sah eine Versicherungspflicht bei der VBL vor und traf dazu einige grundlegende Regelungen. Die konkrete Ausgestaltung der Zusatzversicherung ergab sich aus der Satzung der VBL in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (VBLS a.F.).

5

a) Die vom Arbeitnehmer im Rahmen der Zusatzversorgung im Normalfall zu erreichende Versorgungsrente (§§ 37 ff. VBLS a.F.) beruhte nach dem alten System auf dem so genannten Gesamtversorgungsprinzip. Damit sollte dem Versicherten ein bestimmtes Gesamtniveau seiner Versorgung gewährt werden, das sich an der Beamtenversorgung orientierte. Einen Anspruch auf Versorgungsrente hatte der Versicherte allerdings nur, wenn er zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls - insbesondere bei Erreichen der Regelaltersgrenze - weiter in der Zusatzversicherung pflichtversichert war (§ 37 Abs. 1 Buchstabe a VBLS a.F.). Andernfalls hatten Versicherte nach Erfüllung der Wartezeit Anspruch auf eine Versicherungsrente (§ 37 Abs. 1 Buchstabe b VBLS a.F.). Die Versicherungsrente war der versicherungsmathematische Gegenwert einer für jeden Versicherten zum Rentenbeginn feststehenden Beitragssumme.

6

b) Mit der Neufassung ihrer Satzung vom 22. November 2002 (VBLS) hat die VBL ihr Zusatzversorgungssystem rückwirkend zum 31. Dezember 2001 (Umstellungsstichtag) grundlegend umgestellt und das frühere Gesamtversorgungssystem durch ein auf einem Punktemodell beruhendes, beitragsorientiertes Betriebsrentensystem ersetzt. Den Systemwechsel hatten zuvor die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes vereinbart.

7

2. Die Finanzierung der Zusatzversorgung für die öffentlich Beschäftigten erfolgte seit 1978 und erfolgt auch nach der Neuregelung im Jahr 2002 grundsätzlich durch ein Umlagesystem.

8

a) Der jeweilige Umlagesatz entspricht einem bestimmten Prozentsatz des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts des versicherten Arbeitnehmers. Diese Umlage wird nicht zur Finanzierung der späteren Rente des versicherten Arbeitnehmers benutzt, sondern dient nach der Art eines "Generationenvertrags" der Finanzierung der bereits vorhandenen Renten, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums, des so genannten Deckungsabschnitts, neu entstehen.

9

b) Für den Erwerb von Anwartschaften auf eine Versorgungs- oder Versicherungsrente nach der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Satzung der VBL muss der Versicherte nach § 37 Abs. 1, § 38 Abs. 1 VBLS a.F. eine Wartezeit von 60 Umlagemonaten erfüllt haben. Die Vorschriften lauten:

10

§ 37

11

(1) Tritt bei dem Versicherten, der die Wartezeit (§ 38) erfüllt hat, der Versicherungsfall (§ 39) ein und ist er in diesem Zeitpunkt

12

a) pflichtversichert, hat er einen Anspruch auf Versorgungsrente für Versicherte (§§ 40 bis 43b) (Versorgungsrentenberechtigter),

13

b) freiwillig weiterversichert oder beitragsfrei versichert, hat er einen Anspruch auf Versicherungsrente für Versicherte (§§ 44, 44a) (Versicherungsrentenberechtigter).

14

...

15

§ 38

16

(1) Die Wartezeit beträgt 60 Umlagemonate (§ 29 Abs. 10).

17

Als ein Umlagemonat gilt dabei gemäß § 29 Abs. 10 Satz 1 VBLS a.F. ein Kalendermonat, für den eine Umlage für mindestens einen Tag für laufendes, zusatzversorgungspflichtiges Entgelt entrichtet wurde. Was als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt anzusehen ist, bestimmt § 29 Abs. 7 VBLS a.F., der auf der Regelung des § 8 Abs. 5 Versorgungs-TV beruht und diese inhaltlich übernommen hat. Er definiert als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt den steuerpflichtigen Arbeitslohn und regelt die zeitliche Zuordnung des zusatzversorgungsrechtlichen Entgelts nach den Bestimmungen der gesetzlichen Rentenversicherung (Bauer, Die Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst, 1998, S. 20). Die Regelungen des § 29 Abs. 1 und Abs. 7 Satz 1 VBLS a.F. in der hier maßgeblichen bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung lautet:

18

§ 29

19

(1) Der Arbeitgeber hat eine monatliche Umlage in Höhe des nach § 76 festgesetzten Satzes des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts (Absatz 7) des Versicherten einschließlich eines vom Pflichtversicherten erhobenen Beitrags nach § 76 Abs. 1a zu zahlen.

20

21

(7) Zusatzversorgungspflichtiges Entgelt ist, soweit nachstehend nichts anderes bestimmt ist, der entsprechend den Bestimmungen über die Beitragsentrichtung in der gesetzlichen Rentenversicherung zeitlich zugeordnete steuerpflichtige Arbeitslohn. …

22

§ 29 Abs. 7 Satz 3 VBLS a.F. legt bestimmte Leistungen des Arbeitgebers fest, die nicht als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt anzusehen sind, darunter etwa geldwerte Vorteile, vermögenswirksame Leistungen oder Krankengeldzuschüsse. Für Krankheitszeiten, in denen ein versicherter Arbeitnehmer einen Zuschuss zum Krankengeld erhält, sieht § 29 Abs. 7 Satz 5 VBLS a.F. eine spezielle Anrechnungsregel vor. Damit wird gewährleistet, dass sämtliche Krankheitszeiten, in denen ein Arbeitnehmer gesetzliche Lohnfortzahlung oder einen Krankengeldzuschuss nach den tarifvertraglichen Regelungen des öffentlichen Dienstes erhalten hat, als Umlagezeiten berücksichtigt werden. Die Bestimmung lautet:

23

(7) … Hat der Arbeitnehmer für einen Zahlungszeitraum/Abrechnungszeitraum oder für einen Teil eines Zahlungszeitraums/Abrechnungszeitraums Anspruch auf Krankengeldzuschuss, gilt - auch wenn der Krankengeldzuschuss wegen der Höhe der Barleistungen des Sozialversicherungsträgers nicht gezahlt wird - für diesen Zahlungszeitraum/Abrechnungszeitraum als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt der Urlaubslohn (zuzüglich eines etwaigen Sozialzuschlags, es sei denn, dass dieser durch Tarifvertrag ausdrücklich als nicht gesamtversorgungsfähig bezeichnet ist) bzw. die Urlaubsvergütung für die Tage, für die der Arbeitnehmer Anspruch auf Lohn, Vergütung, Urlaubslohn, Urlaubsvergütung, Krankenbezüge oder Krankengeldzuschuss hat.

24

In diesem Zahlungszeitraum/Abrechnungszeitraum geleistete einmalige Zahlungen sind neben dem Urlaubslohn bzw. der Urlaubsvergütung nach Maßgabe der Sätze 1 bis 3 zusatzversorgungspflichtiges Entgelt.

25

c) Nach der Regelung des § 29 Abs. 7 Satz 1 VBLS a.F. gelten hingegen Zuschüsse des Arbeitgebers zum Mutterschaftsgeld während der Zeiten eines Beschäftigungsverbots nach § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 MuSchG - in der Regel sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt - nicht als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt, da sie als Lohnersatzleistungen gemäß § 3 Nr. 1 Buchstabe d EStG steuerfrei gestellt sind und damit keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellen (vgl. Gilbert/Hesse, Die Versorgung der Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes, Satzung der VBL, § 29 B, Rn. 17). Dementsprechend wurden im Rahmen der Zusatzversorgung nach der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Regelung während der Mutterschutzzeiten keine Umlagen durch den jeweiligen Arbeitgeber erbracht.

26

3. Die Zahl der Umlagemonate spielt sowohl bei der Erfüllung der Wartezeit als auch bei der Berechnung von Leistungen aus der Zusatzversorgung eine entscheidende Rolle. So richtet sich die Höhe der mit Erfüllung der Wartezeit erworbenen Rentenanwartschaft im Fall einer Versorgungsrente entsprechend der alten Satzungsregelung nach dem gesamtversorgungsfähigen Entgelt sowie der gesamtversorgungsfähigen Zeit (§§ 40 ff. VBLS a.F.). Gesamtversorgungsfähige Zeit sind die bis zum Beginn der Versorgungsrente zurückgelegten Umlagemonate (§ 42 Abs. 1 VBLS a.F.).

27

Für den Fall, dass der Versicherte Anwartschaften auf eine Versicherungsrente erworben hat, die nach § 80 VBLS in das neue System übergeleitet wurden, bemisst sich die Höhe der Rente nach einem bestimmten Vomhundertsatz der zusatzversorgungspflichtigen Entgelte, von denen tatsächlich Umlagen entrichtet worden sind (§ 44 VBLS a.F.).

28

4. Die Vereinbarkeit der Nichtberücksichtigung von Mutterschutzzeiten im Rahmen der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes war Gegenstand einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union. Mit Urteil vom 13. Januar 2005 (Rs. C-356/03, Mayer) stellte der Gerichtshof fest, dass Art. 6 Abs. 1 Buchstabe g der Richtlinie 86/378/EWG in der durch die Richtlinie 96/97/EG geänderten Fassung nationalen Bestimmungen wie § 29 Abs. 7 VBLS a.F. entgegensteht, nach denen eine Arbeitnehmerin während des teilweise vom Arbeitgeber bezahlten gesetzlichen Mutterschaftsurlaubs keine Anwartschaften auf eine Versicherungsrente, die Teil eines Zusatzversorgungssystems ist, erwirbt, weil die Entstehung solcher Anwartschaften davon abhängt, dass die Arbeitnehmerin während des Mutterschaftsurlaubs steuerpflichtigen Arbeitslohn erhält. Der Bundesgerichtshof folgte in seinem Urteil vom 1. Juni 2005 (IV ZR 100/02, NJW-RR 2005, S. 1161) der bindenden Vorlageentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union, stellte aber zugleich fest, dass er an seiner Auffassung, die Regelungen § 29 Abs. 1 und Abs. 7 VBLS a.F. verstießen nicht gegen nationales Recht und insbesondere nicht gegen Grundrechte der Versicherten, festhalte.

29

Diese Entscheidungen beziehen sich nur auf Beschäftigungszeiten, die nach dem 17. Mai 1990 liegen. Dies ergibt sich aus Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 96/97/EG, der die zeitliche Rückwirkung der einschlägigen Richtlinie entsprechend der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache Barber (EuGH, Urteil vom 17. Mai 2001, Rs. - C-262/88, Barber, Slg. 1990 I-1889) begrenzt.

II.

30

Die am 22. März 1948 geborene Beschwerdeführerin stand in der Zeit vom 13. August 1986 bis 31. Dezember 1988 und vom 12. September 2005 bis 9. September 2007 in einem Arbeitsverhältnis zum Freistaat Bayern, in der Zeit vom 1. Juli 1992 bis 31. Januar 1993 arbeitete sie beim Deutschen Jugendinstitut. Sie war jeweils über ihren Arbeitgeber bei der VBL versichert. Vom 20. April 1988 bis 26. Juli 1988 befand sich die Beschwerdeführerin im Mutterschutz.

31

1. Die VBL teilte der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 16. Juni 2008 mit, dass sie insgesamt 59 Umlagemonate angesammelt habe, ein Anspruch auf Betriebsrente jedoch nicht bestehe, da die Wartezeit von 60 Monaten nicht erreicht sei. Die Mutterschutzzeiten wurden dabei nicht als umlagefähige Zeiten berücksichtigt.

32

2. Darauf erhob die Beschwerdeführerin Klage gegen die VBL vor dem Amtsgericht Karlsruhe mit dem Antrag, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, bei der Berechnung der der Beschwerdeführerin zustehenden Betriebsrentenanwartschaft die Zeiten des Mutterschutzes wie Umlagemonate zu berücksichtigen. Die Beschwerdeführerin berief sich dabei wegen der zeitlichen Begrenzung der Richtlinie 96/97/EG auf ihr Grundrecht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 3 GG. Das Amtsgericht wies die Klage ab.

33

3. Die dagegen gerichtete Berufung wies das Landgericht Karlsruhe mit Urteil vom 5. Februar 2010 zurück. Prüfungsmaßstab für die Nichtberücksichtigung von Mutterschutzzeiten bei der Berechnung des versorgungspflichtigen Entgelts nach der VBLS a.F. sei das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG, das hier in Verbindung mit dem Gebot der Familienförderung aus Art. 6 Abs. 1 GG gesehen werden müsse. Aus dieser Wertentscheidung der Verfassung zugunsten der Familie sei die allgemeine Pflicht des Staates und sonstiger Versorgungsträger zu einem Familienlastenausgleich zu entnehmen. Der Satzungsgeber müsse auch darauf achten, dass Kindererziehende in den bestehenden Altersversorgungssystemen gegenüber Erwerbstätigen benachteiligt seien. Eine sachwidrige Ungleichbehandlung liege indes nicht vor.

34

Die Beschwerdeführerin habe während des Mutterschutzes kein zusatzversorgungspflichtiges Entgelt erhalten, da sie keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn gezahlt bekommen habe. Weil der Arbeitgeber beziehungsweise die Beschwerdeführerin nicht zur Zahlung von Umlagen verpflichtet gewesen sei, würden die Zeiten des Mutterschutzes konsequenterweise auch nicht als Umlagemonate berücksichtigt. Bei der Berechnung der Versorgungsrente blieben die Mutterschutzzeiten jedoch auch nicht gänzlich unberücksichtigt, sie würden vielmehr im Rahmen der Ermittlung der gesamtversorgungsfähigen Zeit zur Hälfte angerechnet (§ 42 Abs. 1, 2 VBLS a.F. i.V.m. § 54 Abs. 1 Nr. 1b, § 54 Abs. 3, § 58 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI).

35

Die Alterssicherung auf der Grundlage der VBLS erfolge nach dem Abschnittsdeckungsverfahren. Dieses bewirke, dass die Versorgungsleistungen grundsätzlich aus den von den Mitgliedern selbst angesammelten Beiträgen zu finanzieren seien. Der Satzungsgeber der Zusatzversorgung dürfe daher eher auf Beitragsleistungen während Mutterschutz- und Kinderbetreuungszeiten bestehen als derjenige der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Beklagte erhalte insbesondere keine Bundes- oder Landeszuschüsse zum Ausgleich "versicherungsfremder" Leistungen wie Rentenanwartschaften für Mutterschutz- und Kinderbetreuungszeiten, wie dies in der gesetzlichen Rentenversicherung der Fall sei.

III.

36

Mit der unmittelbar gegen die Entscheidungen des Amts- und des Landgerichts und mittelbar gegen § 29 Abs. 7 Satz 1 VBLS a.F. sowie § 8 Abs. 5 Versorgungs-TV erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG und des allgemeinen Gleichheitssatzes in Art. 3 Abs. 1 GG.

37

1. Die Satzung der VBL sei ungeachtet ihres privatrechtlichen Charakters am Maßstab des Art. 3 GG zu messen, da die VBL als Anstalt des öffentlichen Rechts eine öffentliche Aufgabe wahrnehme.

38

Nach Art. 3 Abs. 3 GG dürfe das Geschlecht grundsätzlich nicht Anknüpfungspunkt für eine rechtliche Ungleichbehandlung sein. Dies gelte auch dann, wenn eine Regelung nicht auf eine nach Art. 3 Abs. 3 GG verbotene Ungleichbehandlung angelegt sei, sondern in erster Linie andere Ziele verfolge. Die Beschwerdeführerin werde unmittelbar wegen ihres Geschlechts diskriminiert. Ausschließlich Frauen könnten Mutterschutz in Anspruch nehmen.

39

2. Es gebe keine zwingenden Gründe, die eine solche Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten. Der Verweis des Landgerichts darauf, dass die VBL ihre Leistungen nach den ihr zufließenden Umlagen auszurichten habe, was einer Berücksichtigung umlagefreier Zeiten wie Mutterschutzzeiten entgegenstehe, berücksichtige nicht, dass der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld ohne Not umlagefrei gestellt worden sei. Der Satzungsgeber wäre gehalten gewesen, die Satzung diskriminierungsfrei auszugestalten. Außerdem habe es das vom Landgericht und vom Bundesgerichtshof angenommene Prinzip, wonach VBL-Leistungen ausschließlich für durch Umlagen abgedeckte Zeiten gewährt worden seien, überhaupt nicht gegeben. Vielmehr seien in erheblichem Umfang versicherungsfremde Leistungen erbracht worden. Hierbei müsse insbesondere die Bestimmung des § 29 Abs. 7 Satz 5 VBLS a.F. beachtet werden. Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes hätten nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums Krankengeld seitens der gesetzlichen Krankenversicherung und einen Krankengeldzuschuss seitens des Arbeitgebers erhalten. Obwohl es sich nur bei letzterem um steuerpflichtiges Entgelt handele, hätten die Arbeitgeber Umlagen auf der Basis eines fiktiven Urlaubslohns, also auch für steuerfreie Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, abführen müssen. Die Ungleichbehandlung zwischen den längerfristig erkrankten Versicherten und den in Mutterschutz befindlichen versicherten Frauen sei augenscheinlich. Beide hätten steuerfreie Leistungen erhalten, die allerdings nur im Falle des Krankengeldes angerechnet würden.

40

3. Die Beschwerdeführerin sieht sich jedenfalls mittelbar diskriminiert. Der gewählte Anknüpfungspunkt des steuerpflichtigen Arbeitslohns in der Satzung der VBL wirke sich auf die Gruppe der Versicherten, die Mutterschutz in Anspruch genommen hätten, im Sinne einer faktischen Benachteiligung aus. Auch eine solche mittelbare Diskriminierung sei nach Art. 3 Abs. 3 GG verboten.

41

4. Sofern das Landgericht Karlsruhe darauf verweise, dass die vom Gerichtshof der Europäischen Union gewährte Übergangsfrist in das deutsche Verfassungsrecht übernommen werden könnte, sei dem die Entscheidung des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juni 2008 - 2 BvL 6/07 - (BVerfGE 121, 241 ff.) entgegenzuhalten. Auch im Fall des beamtenrechtlichen Versorgungsabschlags, der für teilzeitbeschäftigte Beamte eine überproportionale Kürzung von Versorgungsanwartschaften vorsah, habe das Bundesverfassungsgericht die zeitliche Begrenzung aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht übernommen.

IV.

42

Zur Verfassungsbeschwerde hat die VBL als Beklagte des Ausgangsverfahrens Stellung genommen. Nach ihrer Ansicht verstößt es weder gegen Art. 3 Abs. 3 noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG, dass die Zeiten des Mutterschutzes nicht als Umlagemonate bei der Erfüllung der Wartezeit im Rahmen einer Versicherungsrente berücksichtigt werden.

43

1. Die VBL habe Leistungen nur zu erbringen, soweit ihr Beiträge beziehungsweise Umlagen zugeflossen seien. Zuschüsse von dritter Seite würden in der Zusatzversorgung nicht gezahlt. Anders als die staatliche Sozialversicherung und insbesondere die gesetzliche Rentenversicherung sei sie nicht dem Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes unterworfen. Sie sei daher nicht verpflichtet, Zeiten, für die keine Beiträge beziehungsweise Umlagen entrichtet worden seien, zu berücksichtigen.

44

Die Versicherung der VBL sei Teil der betrieblichen Altersversorgung. Sie sei eine Gegenleistung aus dem Arbeitsvertrag und damit eine besondere Form der Vergütung. Es sei daher ein sachgerechtes Differenzierungskriterium, wenn Versicherungszeiten und die Leistungsberechnung an den Bezug von steuerpflichtigem Arbeitslohn anknüpften und steuerfreie Einnahmen eines Beschäftigten - wie der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld -, die vornehmlich sozialen Zwecken dienten, nicht in die Zusatzversorgung einbezogen würden.

45

2. Ein Vergleich zwischen der Gruppe der Beschäftigten während der Mutterschutzzeiten und den Beschäftigten, die einen Krankengeldzuschuss erhielten, sei nicht sachgerecht. Anders als der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld, der nach § 3 Satz 1 Buchstabe d EStG steuerfrei und damit nicht zusatzversorgungspflichtig sei, sei der Zuschuss des Arbeitgebers zum Krankengeld nach § 2 Abs. 2 Nr. 5 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung steuerpflichtig. Damit wäre der Zuschuss zum Krankengeld nach der Regelung in § 29 Abs. 7 Satz 1 VBLS a.F. an sich auch zusatzversorgungspflichtig. Die Berücksichtigung des Krankengeldzuschusses als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt mindere eine Versorgung eines Leistungsberechtigten gegenüber der Versorgung eines Beschäftigten, der nicht länger krank gewesen sei, jedoch dann erheblich, wenn der Krankengeldzuschuss in den Dreijahreszeitraum für die Berechnung einer Versorgungsrente falle (§ 43 Abs. 1 VBLS a.F.). Deshalb würde der Zuschuss zum Krankengeld - trotz seiner Steuerpflichtigkeit - nach § 29 Abs. 7 Satz 3 Buchstabe d VBLS a.F. von der Zusatzversorgungspflicht ausgenommen, um stattdessen eine Sonderregelung in § 29 Abs. 7 Satz 5 VBLS a.F. zu treffen. Nach dieser Sonderregelung sei, wenn in einem Abrechnungszeitraum Anspruch auf Krankengeldzuschuss bestehe, die Urlaubsvergütung als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt zugrunde zu legen. Auf diese Weise könne bei der Berechnung einer Versorgungsrente anstelle des Krankengeldzuschusses der regelmäßig höhere Urlaubslohn als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt berücksichtigt werden, wenn die Krankheit in den letzten drei Jahren vor Rentenbeginn eingetreten sei. Eine vergleichbare Interessenlage bestehe beim Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nicht, da nur in Ausnahmefällen die Mutterschutzzeiten in den Dreijahreszeitraum vor Beginn einer Versorgungsrente fielen. Eine Sonderregelung wie beim Krankengeldzuschuss sei daher nicht erforderlich gewesen.

B.

46

Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung gemäß § 93c Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG liegen vor.

47

Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden (vgl. BVerfGE 115, 259; 121, 241; 124, 199; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 14. April 2010 - 1 BvL 8/08 -, juris).

48

Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist zur Durchsetzung von in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechten der Beschwerdeführerin, hier des Grundrechts aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG, angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Sie ist, soweit sie sich gegen die Entscheidungen des Amtsgerichts und des Landgerichts wendet, zulässig und auch offensichtlich begründet (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).

I.

49

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig, soweit sie sich gegen die Entscheidungen des Amtsgerichts und des Landgerichts richtet. Dabei sind die Satzungsbestimmungen vom Bundesverfassungsgericht jedenfalls insoweit auf mögliche Grundrechtsverletzungen zu prüfen, als die angegriffenen fachgerichtlichen Entscheidungen auf ihrer Anwendung beruhen (vgl. BVerfGE 124, 199 <218>). Soweit zugleich die Regelung des § 8 Abs. 5 Versorgungs-TV mittelbar angegriffen wird, ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig und daher nicht zur Entscheidung anzunehmen. Tarifvertragliche Regelungen, die nicht für allgemeinverbindlich erklärt worden sind (dazu BVerfGE 44, 322 <340 ff.>), stellen keine Akte der öffentlichen Gewalt im Sinne des § 90 Abs. 1 BVerfGG, Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG dar und können daher mit der Verfassungsbeschwerde nicht angegriffen werden.

II.

50

Soweit die Verfassungsbeschwerde zulässig ist, ist sie auch offensichtlich begründet. Die angegriffenen Urteile verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG.

51

1. Die Zusatzversorgung der im öffentlichen Dienst Beschäftigten nach der Satzung der VBL ist am Grundrecht auf Gleichbehandlung zu messen. Sie ist zwar privatrechtlich ausgestaltet und findet Anwendung auf die Gruppenversicherungsverträge, die die an der VBL beteiligten öffentlichen Arbeitgeber mit der VBL zugunsten ihrer Arbeitnehmer abschließen. Die Einordnung der Satzungsbestimmungen als privatrechtliche Allgemeine Geschäftsbedingungen in der Form Allgemeiner Versicherungsbedingungen ist verfassungsrechtlich auch unbedenklich (vgl. BVerfGE 124, 199 <218>; BVerfGK 11, 130 <140>; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 18. April 2008 - 1 BvR 759/05 -, DVBl 2008, S. 780). Jedoch nimmt die VBL als Anstalt des öffentlichen Rechts eine öffentliche Aufgabe lediglich in privatrechtlicher Form wahr (vgl. BVerfGE 124, 199 <218>; siehe auch BVerfGE 98, 365 <393>; 116, 135 <153>). Daher ist die Satzung der VBL an die Beachtung des Gleichheitsgrundrechts gebunden.

52

2. Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG konkretisiert und verstärkt den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Das Geschlecht darf grundsätzlich nicht als Anknüpfungspunkt für eine rechtliche Ungleichbehandlung herangezogen werden. Das gilt auch dann, wenn eine Regelung nicht auf eine nach Art. 3 Abs. 3 GG verbotene Ungleichbehandlung angelegt ist, sondern in erster Linie andere Ziele verfolgt (vgl. BVerfGE 85, 191 <206>; 97, 35 <43>). Es kommt auch nicht darauf an, dass neben dem Geschlecht weitere Gründe für die Ungleichbehandlung maßgeblich waren (vgl. BVerfGE 89, 276 <289>).

53

An das Geschlecht anknüpfende differenzierende Regelungen sind mit Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG nur vereinbar, soweit sie zur Lösung von Problemen, die nur entweder bei Männern oder Frauen auftreten können, zwingend erforderlich sind. Fehlt es an zwingenden Gründen für eine Ungleichbehandlung, lässt sich diese einzig im Wege einer Abwägung mit kollidierendem Verfassungsrecht legitimieren (vgl. BVerfGE 85, 191 <207>; 92, 91 <109>).

54

a) Soweit eine Regelung an Schwangerschaft oder Mutterschaft anknüpft, differenziert sie unmittelbar nach dem Geschlecht. Es handelt sich nicht etwa um eine neutrale Vorschrift, die sich eventuell mittelbar ganz überwiegend auf Frauen oder ganz überwiegend auf Männer nachteilig auswirkt. Vielmehr trifft eine solche Regelung normativ kategorial ausschließlich Frauen (vgl. klarstellend § 3 Abs. 1 Satz 2 AGG; für das Recht der EU Art. 2 Abs. 2 Buchstabe c der Richtlinie 2006/54/EG; EuGH, Urteil vom 11. November 2010, Rs. C-232/09, Danosa; Urteil vom 8. November 1990, Rs. C-177/88, Dekker, Slg. I-1990, 3941 <3973>; Urteil vom 27. Februar 2003, Rs. C-320/01, Busch, Slg. I-2003, 2041 <2075>; Urteil vom 29. Oktober 2009, Rs. C-63/08, Alabaster). Eine solche Regelung berührt zwar auch Art. 6 Abs. 4 GG als Grundrecht auf Schutz und Fürsorge von Müttern durch den Staat. Art. 6 Abs. 4 GG enthält allerdings in erster Linie einen positiven Regelungsauftrag, der Eingriffe in Rechte Dritter legitimiert (vgl. BVerfGE 109, 64 <84 ff.>). Der Schutz von Müttern vor geschlechtsbezogener Diskriminierung ist im besonderen Gleichheitsrecht des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG verankert.

55

b) Die Anrechnung von Mutterschutzzeiten als Umlagemonate für die Zusatzversorgung der VBL bestimmt sich gemäß § 29 Abs. 10 VBLS a.F. nach der Regelung des § 29 Abs. 7 VBLS a.F., die durch § 8 Abs. 5 Versorgungs-TV inhaltsgleich vorgegeben wird. § 29 Abs. 7 VBLS a.F. statuiert eine Ungleichbehandlung von Müttern in zweifacher Hinsicht.

56

In § 29 Abs. 7 Satz 1 VBLS a.F. wird als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt der steuerpflichtige Arbeitslohn definiert; Mutterschaftsgeld ist als Lohnersatzleistung nach § 3 Nr. 1 Buchstabe d EStG jedoch steuerfrei gestellt. Der Ausschluss von Zeiten des Mutterschutzes aus der Wartezeitberechnung nach § 29 Abs. 7 Satz 1 VBLS a.F. stellt folglich eine Ungleichbehandlung von Frauen mit Mutterschutzzeiten gegenüber männlichen Arbeitnehmern dar, deren Erwerbsbiografien im öffentlichen Angestelltenverhältnis nicht durch die gesetzlich zwingend vorgegebenen Mutterschutzzeiten unterbrochen wurden und auch nicht werden können. Frauen, die Mutterschutz in Anspruch genommen haben und den Beschäftigungsverboten der § 3 Abs. 2, § 6 Abs. 1 MuSchG unterfallen, erwerben, wenn sie - wie die Beschwerdeführerin - aufgrund ihrer Mutterschutzzeiten die Wartezeit des § 38 Abs. 1 VBLS a.F. nicht erreichen, keinen Anspruch auf Versicherungsrente.

57

Zudem liegt eine Ungleichbehandlung von Frauen in Mutterschutz hier auch gegenüber denjenigen männlichen und weiblichen Versicherten vor, die Krankengeld und einen (im Verhältnis deutlich geringeren) Krankengeldzuschuss des Arbeitgebers erhalten. Zwar ist das von der Krankenversicherung gezahlte Krankengeld wie das Mutterschaftsgeld nach § 3 Nr. 1 EStG steuerfrei. Doch sind die Krankheitszeiten gemäß § 29 Abs. 7 Satz 5 VBLS a.F., der auf dem wortgleichen § 5 Abs. 5 Satz 5 Versorgungs-TV beruht, auf Basis des (fiktiven) Urlaubslohns, also praktisch in Höhe des normalen Arbeitsverdienstes als versorgungspflichtiges Entgelt anzurechnen (vgl. Gilbert/Hesse, Die Versorgung der Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes, Satzung der VBL, § 29 B, Rn. 39); in den Zeiten der Entgeltfortzahlung sowie des Bezugs eines Krankengeldzuschusses werden auch Umlagen entrichtet, die Krankheitszeiten bei der Berechnung der Zusatzversorgungsrente also voll als umlagefähige Monate angerechnet. Für den Mutterschutz findet sich keine entsprechende Regel.

58

c) An das Geschlecht anknüpfende differenzierende Regelungen sind nach bisheriger Rechtsprechung mit Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG nur vereinbar, soweit sie zur Lösung von Problemen, die ihrer Natur nach nur entweder bei Männern oder bei Frauen auftreten können, zwingend erforderlich sind. Fehlt es an zwingenden Gründen für solche Differenzierungen, lassen sie sich nur noch im Wege einer Abwägung mit kollidierendem Verfassungsrecht legitimieren (BVerfGE 85, 191 <207 ff.>; 92, 91 <109>).

59

Die Regelung der VBLS zur Berücksichtigung von Mutterschutzzeiten aus der Wartezeitberechnung für den Erwerb einer Rentenanwartschaft gilt zwar einer geschlechtsspezifischen Problemstellung, stellt jedoch eine Ungleichbehandlung dar, die nicht zwingend erforderlich ist. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits in der Leitentscheidung zum Mutterschutz ausgeführt, dass dessen Ausgestaltung sich an der Gleichberechtigung orientieren muss (vgl. BVerfGE 109, 64 <89> m.w.N.; auch BVerfGE 87, 1 <42>). Auf eine tatsächliche Gleichstellung zielt die Freistellung der Arbeitgeber von der Umlage für Mutterschutzzeiten. So wird versucht, eine mögliche negative Steuerungswirkung der Belastung mit den Kosten des Mutterschutzes für Unternehmen durch ein Ausgleichs- und Umlageverfahren zu verhindern (vgl. BVerfGE 109, 64 <90>). Der Gesetzgeber verfolgt also ein verfassungsrechtlich vorgegebenes Ziel, wenn er den Mutterschutz umlagefrei stellt, denn täte er dies nicht, wäre ein Anreiz für Arbeitgeber vorhanden, Frauen in gebärfähigem Alter nicht zu beschäftigen. Diese Systementscheidung darf aber nicht über daran anknüpfende Regeln wie die der VBLS a.F. zu Lasten von Müttern gehen (vgl. auch EuGH, Urteil vom 1. Juli 2010, Rs. C-194/08, Gassmayr; Urteil vom 13. Januar 2005, Rs. C-356/03, Mayer). Zwar steht es dem Gesetzgeber ebenso wie der VBL frei zu entscheiden, wie genau die Lasten des Mutterschutzes verteilt werden. Jedoch rechtfertigt dies keine Diskriminierung von Müttern durch die Hintertür.

60

Für die hier entscheidungserhebliche Regelung der VBLS a.F. zum Mutterschutz sind auch sonst keine sachlichen Gründe erkennbar, die eine Benachteiligung von Müttern rechtfertigen könnten. Insbesondere ist die Anrechnung von Mutterschaftszeiten bei Bezug einer Versorgungsrente im Rahmen der Ermittlung der gesamtversorgungsfähigen Zeit nach § 42 Abs. 2 Buchstabe a VBLS a.F. in Verbindung mit § 54 Abs. 1 und 3, § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI zur Hälfte nicht geeignet, die Nichtberücksichtigung für die Wartezeit zu legitimieren. Vielmehr stellt auch diese Halbanrechnung Mütter schlechter als diejenigen, die einen Krankengeldzuschuss des Arbeitgebers beziehen, da deren Zeiten voll als Umlagemonate angerechnet werden. Zudem gilt die hälftige Anrechnung auch nur für die Versorgungsrente, käme also von vornherein für die Beschwerdeführerin nicht in Betracht, die lediglich einen Anspruch auf Versicherungsrente geltend macht.

61

3. Der Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG führt dazu, dass die Beschwerdeführerin die Berücksichtigung ihrer Mutterschutzzeiten im Rahmen der Berechnung ihres versorgungspflichtigen Entgelts und der zurückgelegten Umlagemonate nach § 29 Abs. 7 und Abs. 10 VBLS a.F. verlangen kann. Entsprechend sind diese Zeiten auf die Wartezeit nach § 38 Abs. 1 VBLS a.F. anzurechnen.

62

a) Verstoßen Allgemeine Versicherungsbedingungen - wie hier in Form der Satzung der VBL - gegen Art. 3 GG, so bewirkt dies nach der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Rechtsprechung der Zivilgerichte die (teilweise) Unwirksamkeit der betroffenen Klausel. Hierdurch entstehende Regelungslücken können im Wege ergänzender Vertragsauslegung geschlossen werden (vgl. BVerfGE 124, 199 <233 f.>; BGHZ 174, 127 <175 ff.>). Zwar führt der gleichheitswidrige Ausschluss von einer Vergünstigung dann nicht notwendigerweise dazu, dass dem Betroffenen ein Anspruch auf Gewährung der Vergünstigung zusteht. Das gilt insbesondere, wenn es mehrere Möglichkeiten gibt, um eine verfassungsgemäße Regelung zu erzielen. Insofern können die für Gleichheitsverstöße des Gesetzgebers entwickelten Grundsätze entsprechend herangezogen werden (vgl. BVerfGE 82, 126 <154 f.>; 103, 225 <240>; 107, 27 <57>; 120, 125 <167>). Etwas anderes gilt aber, wenn der Gleichheitsverstoß nur durch eine Ausdehnung der begünstigenden Regelung auf die ausgeschlossene Gruppe beseitigt werden kann (vgl. BVerfGE 29, 283 <303>; 55, 100 <113 f.>; 92, 91 <121>). So liegt der Fall hier. Eine Gleichbehandlung der Versicherten, die während ihrer Versicherungszeiten Mutterschutz in Anspruch genommen haben, und denjenigen, für die während ihrer Krankheit gemäß § 29 Abs. 1 und Abs. 7 Satz 5 VBLS a.F. von ihren Arbeitgebern Umlagen entrichtet worden sind, lässt sich nachträglich nur dadurch erreichen, dass die Mutterschutzzeiten als Umlagezeiten angerechnet werden.

63

b) Bei einem Verstoß gegen das Gleichheitsgrundrecht stellt sich grundsätzlich die Frage nach einer zeitlichen Begrenzung (vgl. BVerfGE 121, 241 <266>). So kann das Bundesverfassungsgericht die Fortgeltung einer verfassungswidrigen Norm zum Beispiel anordnen, wenn dies aus Gründen einer geordneten Finanz- und Haushaltsplanung geboten ist oder wenn die Verfassungslage bisher nicht hinreichend geklärt war und dem Gesetzgeber aus diesem Grund eine angemessene Frist zur Schaffung einer Neuregelung - auch für Tatbestände in der Vergangenheit - zu gewähren ist (vgl. BVerfGE 120, 125 <168> m.w.N.). Entsprechend kann auch bei einem Grundrechtsverstoß durch die Ausgestaltung von Versicherungsbedingungen im Rahmen einer Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst, die auf der Satzung einer öffentlichen Anstalt beruht, eine zeitliche und sachliche Beschränkung der Folgewirkungen zulässig und geboten sein, wenn ansonsten eine schwerwiegende Störung des finanziellen Gleichgewichts im Versicherungssystem zu befürchten wäre (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Mai 2001, Rs. C-262/88, Barber, Slg. 1990 I-1889 <1955>). Dies folgt bereits aus der Schutzpflicht gegenüber den Grundrechtspositionen anderer Versicherter aus Art. 14 Abs. 1 GG.

64

Von der Gefahr einer derartigen Störung kann aber vorliegend nicht ausgegangen werden. Eine Anrechnung von Mutterschutzzeiten, die auch schon vor dem 17. Mai 1990 in Anspruch genommen wurden, stellt jedenfalls dann keine echte rückwirkende Regelung dar, wenn der Versicherungsfall wie bei der Beschwerdeführerin bislang noch nicht eingetreten ist und Ausschlussfristen der Geltendmachung ihres Anspruchs nicht entgegenstehen. Denn die ausgezahlte Rente wird erst mit Eintritt des Versicherungsfalls berechnet (vgl. §§ 33 ff. VBLS). Auch sonst ist die Gefahr einer Störung des finanziellen Gleichgewichts der Zusatzversorgung durch die Berücksichtigung von Mutterschutzzeiten der Versicherten nicht ersichtlich. Das gilt auch, weil wegen der Ausschlussfristen in der Satzung der VBL eine rückwirkende Berücksichtigung von Mutterschutzzeiten nur sehr begrenzt in Betracht kommen dürfte.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Der Soldat ist nach Eignung, Befähigung und Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, sexuelle Identität, Abstammung, Rasse, Glauben, Weltanschauung, religiöse oder politische Anschauungen, Heimat, ethnische oder sonstige Herkunft zu ernennen und zu verwenden.

(2) Bei der Feststellung der Dienstfähigkeit sowie bei Ernennungs- und Verwendungsentscheidungen kann ein geringeres Maß der körperlichen Eignung verlangt werden, soweit die Einschränkung der körperlichen Eignung zurückzuführen ist auf

1.
eine Wehrdienstbeschädigung im Sinne des § 81 Absatz 1 oder Absatz 2 Nummer 1 oder 3 des Soldatenversorgungsgesetzes oder
2.
einen Einsatzunfall im Sinne des § 63c Absatz 2 des Soldatenversorgungsgesetzes.
Satz 1 gilt nicht, wenn der Soldat die Schädigung vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat, es sei denn, dass der Ausschluss eine unbillige Härte bedeuten würde.

(3) Absatz 2 gilt entsprechend für die Wiedereinstellung früherer Soldaten, denen kein Anspruch nach dem Einsatz-Weiterverwendungsgesetz zusteht.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Der Soldat ist nach Eignung, Befähigung und Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, sexuelle Identität, Abstammung, Rasse, Glauben, Weltanschauung, religiöse oder politische Anschauungen, Heimat, ethnische oder sonstige Herkunft zu ernennen und zu verwenden.

(2) Bei der Feststellung der Dienstfähigkeit sowie bei Ernennungs- und Verwendungsentscheidungen kann ein geringeres Maß der körperlichen Eignung verlangt werden, soweit die Einschränkung der körperlichen Eignung zurückzuführen ist auf

1.
eine Wehrdienstbeschädigung im Sinne des § 81 Absatz 1 oder Absatz 2 Nummer 1 oder 3 des Soldatenversorgungsgesetzes oder
2.
einen Einsatzunfall im Sinne des § 63c Absatz 2 des Soldatenversorgungsgesetzes.
Satz 1 gilt nicht, wenn der Soldat die Schädigung vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat, es sei denn, dass der Ausschluss eine unbillige Härte bedeuten würde.

(3) Absatz 2 gilt entsprechend für die Wiedereinstellung früherer Soldaten, denen kein Anspruch nach dem Einsatz-Weiterverwendungsgesetz zusteht.

Tatbestand

1

Die 1961 geborene Klägerin steht seit 1981 im Polizeidienst der Beklagten. Ab November 1999 bekleidete sie ein Amt der Besoldungsgruppe A 9 LBesO, zunächst als Polizeihauptmeisterin im mittleren Dienst und seit Juni 2002 als Polizeikommissarin im gehobenen Dienst. Am 19. Juni 2009 wurde sie zur Polizeioberkommissarin (Besoldungsgruppe A 10 LBesO) befördert. Mit der Klage begehrt sie Schadensersatz ab 1. Mai 2008 wegen verspäteter Beförderung.

2

Die Beklagte beförderte im Jahr 2008 insgesamt 397 Bewerber zu Polizei- oder Kriminaloberkommissaren. Grundlage hierfür war ein Laufbahnmodell, das einen Regelaufstieg der Polizeivollzugsbeamten bis zur Besoldungsgruppe A 11 LBesO vorsah. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die vorgesehenen Beförderungen waren Regelverweilzeiten im jeweiligen Amt, die für die Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 10 LBesO sieben Jahre betrugen. Vor Erreichen dieser Wartezeiten waren Beförderungen nur für überdurchschnittlich leistungsstarke Beamte möglich. Das hierfür geregelte Leistungsträgerfeststellungsverfahren sollte einmal jährlich durchgeführt und Ende Oktober abgeschlossen sein. Im Jahr 2008 wurden auf diesem Wege 26 Bewerber befördert.

3

Da die Klägerin die vorausgesetzte Verweilzeit von sieben Jahren noch nicht absolviert hatte, lehnte die Polizeibehörde den Antrag auf Einbeziehung in die Auswahlverfahren des Jahres 2008 für die Vergabe von Beförderungsämtern der Besoldungsgruppe A 10 LBesO ab und verwies auf das zum Jahresende noch ausstehende Leistungsträgerfeststellungsverfahren. Ein Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat die Klägerin für erledigt erklärt, nachdem sie zur Polizeioberkommissarin befördert worden war. Das Laufbahnmodell der Beklagten ist nachfolgend durch Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 17. Februar 2010 - 1 Bs 241/09 - (ZBR 2010, 265) beanstandet worden.

4

Den Antrag auf Gewährung von Schadensersatz wegen rechtswidrig unterlassener Beförderung lehnte die Beklagte ab. Auch das Klageverfahren blieb erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht hat hierzu ausgeführt: Zwar habe die Beklagte den Bewerbungsverfahrensanspruch der Klägerin dadurch schuldhaft verletzt, dass sie schlechter beurteilte Beamte allein wegen ihrer siebenjährigen Verweildauer vorgezogen habe. Es fehle aber die erforderliche adäquate Kausalität zwischen dieser schuldhaften Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs und der unterbliebenen Beförderung.

5

Tatsächlich habe die Beklagte zwar 397 Beförderungen vorgenommen. Bei hypothetischer Zugrundelegung eines rechtmäßigen Vorgehens und damit ohne Berücksichtigung der geforderten Verweilzeit von sieben Jahren im Amt eines Polizeikommissars hätte sie aber voraussichtlich nur eine geringere Zahl von Beförderungen ausgesprochen. Dies folge aus dem im Haushaltsplan ausgebrachten Stellenvermerk, der eine Beförderung nur nach Maßgabe der kalkulatorischen Regelverweilzeiten zugelassen habe. Für das Haushaltsjahr 2008 hätten damit nur 4 033 Beförderungsmonate zur Verfügung gestanden. Die Zahl der Beförderungsstellen hänge damit von der Verweildauer der Ausgewählten ab, weil die Beförderung dienstjüngerer Beamter zu einer höheren Ausschöpfung von Beförderungsmonaten führe. Für die hypothetische Auswahlrangliste könne entgegen dem von der Beklagten vorgelegten Alternativmodell nicht allein auf die Leistungsnote zurückgegriffen werden. Zur Berücksichtigung der in der dienstlichen Beurteilung ausgewiesenen Potenzialeinschätzung hat das Oberverwaltungsgericht eine Potenzialgesamtnote gebildet und alternative Berechnungen ausgehend von einer gleichen Gewichtung der Noten bis zu einer vierfachen Gewichtung der Leistungsnote angestellt. Da die Klägerin in allen Modellen einen berücksichtigungsfähigen Rangplatz nicht erreichte, hat das Oberverwaltungsgericht eine ernsthafte Beförderungsmöglichkeit bei rechtmäßigem Alternativverhalten verneint.

6

Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Schadensersatzbegehren fort. Sie beantragt,

die Urteile des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 16. November 2012 und des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 4. August 2009, soweit darin ein Schadensersatzantrag abgelehnt wurde, sowie den Bescheid der Polizei Hamburg vom 3. Juli 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als sei sie bereits zum 1. Mai 2008, hilfsweise zu einem späteren Zeitpunkt, zur Polizeioberkommissarin (Besoldungsgruppe A 10 LBesO) befördert worden.

7

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt zwar dadurch revisibles Bundes- (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) und Landesbeamtenrecht (§ 191 Abs. 2 VwGO, § 127 Nr. 2 BRRG, § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG), dass es zur Ermittlung der hypothetischen Beförderungsauswahl eine Befähigungsgesamtnote gebildet und diese zur Erstellung einer Beförderungsrangliste herangezogen hat. Die Entscheidung stellt sich im Ergebnis aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die Klägerin hat keinen Schadensersatzanspruch, weil sie bei rechtmäßiger Gestaltung des Auswahlverfahrens voraussichtlich nicht im Jahr 2008 befördert worden wäre.

9

1. Rechtsgrundlage für das geltend gemachte Begehren ist der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch. Dieses Rechtsinstitut ist in der Rechtsprechung seit langem anerkannt (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. August 1961 - 2 C 165.59 - BVerwGE 13, 17 <18 ff.> mit umfangreichen Nachweisen zur Rechtsprechung des Reichsgerichts sowie Laubinger, VerwArch, Bd. 99 <2008> S. 278 ff.). Es findet seinen Rechtsgrund im Beamtenverhältnis und begründet einen unmittelbar gegen den Dienstherrn gerichteten Ersatzanspruch für Schäden, die aus einer Verletzung der aus dem Beamtenverhältnis folgenden Pflichten entstehen. Als im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis wurzelndes und insofern "quasi-vertragliches" Institut gewährleistet der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch Sekundärrechtsschutz für Pflichtverletzungen aus dem Beamtenverhältnis, wie dies § 280 Abs. 1 BGB für vertragliche Schuldverhältnisse vorsieht (vgl. zur Bezugnahme auf Grundsätze der positiven Vertragsverletzung auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 13. Januar 2010 - 2 BvR 811/09 - BayVBl 2010, 303 Rn. 9).

10

Der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch war ursprünglich auf Verletzungen der Fürsorgepflicht bezogen. Er ist in der Rechtsprechung aber nachfolgend auch auf andere Pflichtverletzungen ausgedehnt worden (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 21. Dezember 2000 - 2 C 39.99 - BVerwGE 112, 308 <312> für die Verletzung der Pflicht zur Berücksichtigung der Kindergeldberechtigung bei der Besoldung), insbesondere auf die Verletzung der Auswahlgrundsätze aus Art. 33 Abs. 2 GG (BVerwG, Urteil vom 25. August 1988 - 2 C 51.86 - BVerwGE 80, 123 <124 f.>).

11

Obwohl der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch im Gegensatz zu § 839 Abs. 1 BGB ein bereits bestehendes Rechtsverhältnis voraussetzt, beansprucht der in § 839 Abs. 3 BGB niedergelegte Rechtsgedanke vom Vorrang des Primärrechtsschutzes auch und gerade für Ansprüche aus dem Beamtenverhältnis wie den hier streitigen Geltung (BVerwG, Urteil vom 28. Mai 1998 - 2 C 29.97 - BVerwGE 107, 29 <31 f.>). Die sekundäre Ersatzpflicht für rechtswidriges staatliches Handeln tritt nicht ein, wenn der Verletzte unmittelbar gegen die beanstandete Entscheidung mögliche Rechtsbehelfe ohne hinreichenden Grund nicht in Anspruch genommen hat.

12

Ein Beamter kann danach von seinem Dienstherrn Ersatz des ihm durch eine Nichtbeförderung entstandenen Schadens verlangen, wenn der Dienstherr bei der Vergabe eines Beförderungsamtes den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch des Beamten auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl schuldhaft verletzt hat, dem Beamten das Amt ohne diesen Rechtsverstoß voraussichtlich übertragen worden wäre und dieser es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <101 f.>, vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 15, vom 29. November 2012 - 2 C 6.11 - BVerwGE 145, 185 Rn. 9 und vom 30. Oktober 2013 - 2 C 23.12 - BVerwGE 148, 217 Rn. 42).

13

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Zwar hat die Beklagte den Bewerbungsverfahrensanspruch der Klägerin verletzt (2.) und dies zu vertreten (3.). Die Klägerin hat auch alle ihr zumutbaren Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verhinderung des Schadenseintritts ausgeschöpft (4.). Es fehlt aber an dem Kausalzusammenhang zwischen der Rechtsverletzung der Beklagten und dem von der Klägerin geltend gemachten Schaden (5.).

14

2. Die Nichteinbeziehung der Klägerin in das Auswahlverfahren 2008 wegen einer fehlenden Verweildauer von mindestens sieben Jahren im Statusamt einer Polizeikommissarin war mit Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG und § 7 Abs. 1 des Hamburgischen Beamtengesetzes in der Fassung vom 29. November 1977 (HmbGVBl. S. 367) nicht vereinbar.

15

Art. 33 Abs. 2 GG sowie die einfach-rechtlichen Konkretisierungen in den Beamtengesetzen gewährleisten jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt im statusrechtlichen Sinne nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Der Grundsatz der Bestenauswahl ist demnach von der Verfassung verbindlich und vorbehaltlos vorgeschrieben. Andere Kriterien können bei der Vergabe öffentlicher Ämter nur Berücksichtigung finden, wenn sie ebenfalls Verfassungsrang haben (BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/04 - BVerfGK 12, 265 <268>). Art. 33 Abs. 2 GG dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes; dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität sollen gerade durch die ungeschmälerte Anwendung des Leistungsgrundsatzes gewährleistet werden. Zum anderen trägt die Vorschrift dem berechtigten Interesse der Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass sie grundrechtsgleiche Rechte auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl begründet. Jeder Bewerber um ein öffentliches Amt hat einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr seine Bewerbung nur aus Gründen zurückweist, die durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind (stRspr, vgl. zuletzt BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 - BVerwGE 147, 20 Rn. 19 f.).

16

Die in einem bestimmten Statusamt geleistete Dienstzeit gehört nicht zu den in Art. 33 Abs. 2 GG genannten Kriterien. Zwar kann sich das Dienstalter auf die Beurteilung von leistungsbezogenen Gesichtspunkten auswirken, weil sich die durch ein höheres Dienstalter typischerweise zum Ausdruck kommende umfassendere Berufserfahrung häufig leistungsfördernd niederschlagen wird. Es gibt jedoch keinen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass von einem höheren Dienstalter stets auf einen höheren Leistungsstand und bessere Bewährungsvoraussetzungen geschlossen werden kann. Dementsprechend ist die Berücksichtigung des Dienstalters bei der Besetzung von Beförderungsstellen grundsätzlich nur im Falle eines Leistungsgleichstands mit Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar (BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <151>).

17

An das Dienstalter anknüpfende Wartezeitregelungen stehen daher nur dann mit Art. 33 Abs. 2 GG in Einklang, wenn sie der sachgerechten Anwendung des Grundsatzes der Bestenauswahl dienen und mit ihnen die praktische Bewährung des Bewerbers im bisherigen Statusamt festgestellt werden soll. Dieser Zweck, die zuverlässige Beurteilung des Leistungsvermögens und eine fundierte Prognose über die voraussichtliche Bewährung in einem höheren Amt zu ermöglichen, setzt dem zeitlichen Umfang solcher "Bewährungszeiten" Grenzen. Sie dürfen nicht länger bemessen sein, als es typischerweise erforderlich ist, um die tatsächlichen Grundlagen für eine Beurteilung und Prognose zu schaffen. Danach hängt die Dauer von Wartezeiten entscheidend vom Inhalt der jeweiligen Ämter ab. Der für eine Regelbeurteilung vorgesehene Zeitraum wird in aller Regel die Obergrenze darstellen (BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <152>; Beschluss vom 25. Oktober 2011 - 2 VR 4.11 - NVwZ-RR 2012, 241 Rn. 35; Urteil vom 26. September 2012 - 2 C 74.10 - BVerwGE 144, 186 Rn. 23; vgl. auch die Vorgabe von zwei Jahren bei der Erprobung für Führungsämter in BVerfG, Beschluss vom 28. Mai 2008 - 2 BvL 11/07 - BVerfGE 121, 205 <228>).

18

Diesen Vorgaben entspricht die in § 7 Abs. 2 i.V.m. § 11 der Richtlinie vom 18. Dezember 2007 zu einem funktions- und leistungsorientierten Laufbahnverlaufsmodell für die Laufbahnabschnitte I und II des Polizeivollzugsdienstes in Hamburg (- LVM-RL -) vorgeschriebene Regelverweilzeit für die Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 10 von sieben Jahren nicht (ebenso bereits OVG Hamburg, Beschluss vom 17. Februar 2010 - 1 Bs 241/09 - ZBR 2010, 265 Rn. 16 ff.). Sie überschreitet die für die Regelbeurteilung vorgesehene Zeit von vier Jahren (vgl. Nr. 4.1 der Richtlinie zum Personalbeurteilungssystem für den Polizeivollzugsdienst der Freien und Hansestadt Hamburg vom 13. März 2007 - Beurteilungs-RL 2007 -) erheblich.

19

Der Umstand, dass die Klägerin in das Leistungsträgerfeststellungsverfahren einbezogen werden konnte, ändert hieran nichts. Für die außerhalb dieses Verfahrens vergebenen Ämter - die im Übrigen quantitativ den weitaus größeren Teil darstellten - wurde ihre Einbeziehung in das Auswahlverfahren ohne rechtfertigenden Grund abgelehnt.

20

3. Diese Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs hat die Beklagte auch zu vertreten.

21

Für die Haftung des Dienstherrn auf Schadensersatz wegen Verletzung von Pflichten aus dem Beamtenverhältnis gilt der allgemeine Verschuldensmaßstab des bürgerlichen Rechts (BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <104> m.w.N.). Zu vertreten hat der Dienstherr danach Vorsatz und Fahrlässigkeit. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 2 BGB). Von den für die Auswahlentscheidung verantwortlichen Beamten muss verlangt werden, dass sie die Sach- und Rechtslage unter Heranziehung aller ihnen zu Gebote stehenden Hilfsmittel gewissenhaft prüfen und sich auf Grund vernünftiger Überlegungen eine Rechtsauffassung bilden. Dazu gehören auch die Auswertung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und ggf. die ernsthafte Auseinandersetzung mit der Frage, ob aus sachfremden Erwägungen gewünschte Personalentscheidungen am Maßstab der relevanten Rechtsnormen Bestand haben können (BVerwG, Urteil vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 39).

22

Nach diesen Maßstäben hat die Beklagte den Verstoß gegen den Grundsatz der Bestenauswahl aus Art. 33 Abs. 2 GG jedenfalls mit Fahrlässigkeit zu vertreten. Bei sorgfältiger rechtlicher Prüfung hätte von den verantwortlichen Beamten erkannt werden müssen, dass die Anforderung einer Mindestverweildauer von sieben Jahren im Statusamt eines Polizeikommissars den rechtlichen Anforderungen und der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht entspricht. Hieran konnte jedenfalls nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - (BVerwGE 122, 147) kein vernünftiger Zweifel mehr bestehen. Auch die von der Beklagten in Auftrag gegebene gutachtliche Stellungnahme von Prof. Dr. S. vom Dezember 2007 war zu dem Ergebnis gelangt, dass der Anciennitätsgrundsatz aus den Beförderungsstrukturen "ganz und gar eliminiert" werden müsse und sich eine Beschränkung des Bewerberkreises in Anknüpfung an Regelverweildauern von vornherein verbiete.

23

4. Die Klägerin hat auch die ihr auf Primärebene zumutbaren Möglichkeiten zur Verfolgung ihres Beförderungsbegehrens ausgeschöpft.

24

Effektiven Rechtsschutz gegen eine zu Unrecht verweigerte Einbeziehung in ein beamtenrechtliches Auswahlverfahren kann der Beamte durch die Erhebung des Widerspruchs (§ 126 Abs. 3 BRRG, § 54 Abs. 2 und § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG) und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 123 Abs. 1 VwGO) gegen die Vergabe des dem Auswahlverfahren zugrunde liegenden Amtes erlangen. Beide Rechtsschutzmöglichkeiten hat die Klägerin wahrgenommen.

25

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts muss sich die Klägerin auch nicht entgegenhalten lassen, den Widerspruchsbescheid vom 9. September 2008 nicht angegriffen zu haben. Dies folgt zunächst schon daraus, dass nicht klar ist, worauf sich die teilweise Zurückweisung des Widerspruchs bezog und was damit ggf. in Bestandskraft hätte erwachsen können. Denn die dort angesprochene Teilnahme am Leistungsträgerfeststellungsverfahren war nicht Gegenstand des Antrags der Klägerin und ist von der Beklagten auch nie in Zweifel gezogen worden. Die Unklarheit, worauf sich die ausgesprochene Neubescheidung der Polizeibehörde bezieht, hat die Klägerin bereits in ihrer Klagebegründung angesprochen. Hätte der Widerspruchsbescheid die beantragte Einbeziehung in die außerhalb des Leistungsträgerfeststellungsverfahrens stattfindenden Auswahlverfahren abgelehnt, müsste daher auch das Klagebegehren dahingehend aufgefasst werden, dass nicht nur Schadensersatz, sondern auch Primärrechtsschutz beantragt worden ist (vgl. zum Grundsatz der rechtsschutzfreundlichen Auslegung BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2013 - 2 C 23.12 - BVerwGE 148, 217 Rn. 15 ff.). Dass die Klägerin trotz der fehlenden Verweilzeit von sieben Jahren im bisherigen Statusamt befördert werden wollte, ist unmissverständlich zum Ausdruck gebracht worden. Kern ihres Anliegens war stets der Vortrag, dass sie auch außerhalb des Leistungsträgerfeststellungsverfahrens in die Auswahlverfahren einbezogen werden müsse. Dies kommt auch in ihrem Klageantrag zum Ausdruck, weil sie die Aufhebung des Bescheids vom 28. Mai 2008 beantragt hat.

26

5. Die Klägerin wäre bei rechtmäßiger Gestaltung des Auswahlverfahrens aber voraussichtlich nicht befördert worden, sodass es an der Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und dem geltend gemachten Schaden fehlt.

27

Der für einen beamtenrechtlichen Schadensersatzanspruch erforderliche adäquat kausale Zusammenhang zwischen der Rechtsverletzung und dem Schaden setzt voraus, dass der Beamte ohne den schuldhaften Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG voraussichtlich befördert worden wäre. Seine Berücksichtigung muss nach Lage der Dinge jedenfalls ernsthaft möglich gewesen sein. Für diese Annahme muss festgestellt werden, welcher hypothetische Kausalverlauf bei rechtmäßigem Vorgehen des Dienstherrn voraussichtlich an die Stelle des tatsächlichen Verlaufs getreten und ob der Beamte ausgewählt worden wäre, wenn der Dienstherr eine rechtmäßige Gestaltung des Auswahlverfahrens vorgenommen hätte (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <108>, vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 42 f. und vom 30. Oktober 2013 - 2 C 23.12 - BVerwGE 148, 217 Rn. 45).

28

Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Die Beklagte hätte bei zutreffender Erkenntnis von der Unzulässigkeit der geforderten Mindestverweilzeit im vorangegangenen Statusamt wegen der Besonderheiten der haushaltsrechtlichen Vorgaben weniger als die tatsächlich beförderten 397 Beamten ausgewählt (a). Bei einer danach zu treffenden Auswahlentscheidung hätte die Klägerin voraussichtlich keine ernsthafte Beförderungschance besessen (b).

29

a) Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hätte die Beklagte, wenn ihr die Rechtswidrigkeit der geforderten Mindestverweilzeit von sieben Jahren im Amt des Polizeikommissars vor einer Beförderung zum Polizeioberkommissar bewusst gewesen wäre, nicht 397 Beamte befördert, sondern nur Beförderungen in derjenigen Anzahl vorgenommen, die durch den Stellenvermerk des Haushaltsbeschlusses ausfinanziert war.

30

aa) Diese Feststellung hypothetischer Tatsachen nimmt an der Bindungswirkung des § 137 Abs. 2 VwGO teil (vgl. Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, Großkommentar, 4. Aufl. 2014, § 137 Rn. 126; Kraft, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 137 Rn. 47). Dies folgt aus der Aufgabenteilung zwischen Revisionsgericht und Tatsacheninstanz. Die Revision ist darauf beschränkt, neben der Einhaltung des Verfahrens die Rechtsanwendung des Tatsachengerichts zu überprüfen. Das Revisionsgericht nimmt daher keine eigenständige Tatsachenfeststellung vor, sondern legt seiner Beurteilung - sofern keine begründeten Verfahrensrügen erhoben worden sind - den von der Vorinstanz festgestellten Lebenssachverhalt zugrunde. Die Bindungswirkung aus § 137 Abs. 2 VwGO erstreckt sich deshalb auf die entscheidungserheblichen Tatsachen, welche die Tatbestandsmerkmale der einschlägigen Rechtsnormen ausfüllen sollen. Ausgehend hiervon überprüft das Revisionsgericht die Anwendung des Rechts auf eine Verletzung von Bundesrecht oder anderen revisiblen Rechtsnormen.

31

Zur Beantwortung der Frage, ob eine fehlerhafte Gestaltung des Auswahlverfahrens adäquat kausal für die Nichtbeförderung war, muss das Tatsachengericht den Prozess der Entscheidungsfindung aufklären, um beurteilen zu können, welchen Verlauf die Dinge bei Vermeidung des Verstoßes gegen Art. 33 Abs. 2 GG voraussichtlich genommen hätten (BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <108>). Die eigenständige Feststellung dieser hypothetischen Tatsachen ist dem Revisionsgericht verwehrt. Die Erkenntnis hierüber ist nicht Teil der Rechtsanwendung, sondern Feststellung des ihr vorausliegenden Sachverhalts.

32

bb) Diese hypothetische Annahme unterstellt ein rechtmäßiges Alternativverhalten der Beklagten und ist daher revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.

33

Nach § 49 Abs. 1 LHO HH in der Fassung vom 12. Juni 2007 darf ein Amt nur zusammen mit der Einweisung in eine besetzbare Planstelle verliehen werden. Auch bei der Betrachtung des hypothetischen Alternativverhaltens der Beklagten sind diese haushaltsrechtlichen Vorgaben für mögliche Beförderungen zu berücksichtigen. Eine andere Gestaltung des Beförderungsgeschehens wäre nicht rechtmäßig gewesen.

34

Die Beschränkung ergibt sich indes nicht bereits aus der Zahl der vom Haushaltsgeber zur Verfügung gestellten Planstellen. Denn durch Beschluss der Bürgerschaft vom 5. Juli 2007 (Plenarprotokoll 18/85 S. 4552) sind die im Haushaltsplan 2007/2008 (Stellenplan des Einzelplans 8.1 für die Behörde für Inneres) bewilligten Polizeivollzugsstellen der Besoldungsgruppen A 7 bis A 11 LBesO gestrichen und in gleicher Zahl als gebündelte Stellen A 7/A 8/A 9/A 10/A 11 LBesO für die Schutz- und Wasserschutzpolizei und als gebündelte Stellen A 9/A 10/A 11 LBesO für die Kriminalpolizei ausgebracht worden (Bürgerschafts-Drs. 18/6273 S. 3). Eine ausreichende Anzahl von A 10-Planstellen für die tatsächlich vorgenommenen 397 Beförderungen war deshalb vorhanden.

35

Der Haushaltsansatz war jedoch mit dem Stellenvermerk versehen: "Die Stellen dürfen im Rahmen der in dieser Drucksache genannten Verweilzeiten ausgenutzt werden". Nur in diesem Umfang waren die freien Planstellen nach dem wirksamen Haushaltsbeschluss der Bürgerschaft deshalb besetzbar.

36

Für den Funktionskreis 2 "A 9 - A 10" war in Anlage 1 der Drucksache eine "kalkulatorische Verweilzeit" von 11 Jahren vorgesehen. Auf Basis dieser Verweilzeiten wurden die jährlich anfallenden Mehrkosten - insgesamt 3,9 Mio. € bis ins Jahr 2027 - berechnet (Anlage 2 der Drucksache). Der Mittelansatz für die gebündelten Stellen ging daher von einer durch die vorgegebenen Regelverweilzeiten gesteuerten Beförderungspraxis aus und legte der Berechnung die sich hieraus ergebende Verteilung von A 9, A 10 und A 11 Stellen zugrunde. Der Stellenvermerk hat damit zwar keinen konkreten Betrag als Begrenzung möglicher Beförderungen genannt. Er hat jedoch ein Berechnungsmodell vorgegeben, aus dem sich jeweils ein bestimmbarer Betrag ergab. Dementsprechend hat die Beklagte ermittelt, wie viele Beamte in welchem Monat des Jahres 2008 die vorgesehene Regelverweildauer erreicht hätten. Daraus wurde entnommen, wie viel Geld im Haushaltsjahr für diese Beamten im Falle der Beförderung benötigt würde. Diese in Beförderungsmonaten ausgewiesene Grenze war der haushaltsrechtliche Rahmen, der für Beförderungen zur Verfügung stand. Für das Jahr 2008 ergaben sich so 4 033 Beförderungsmonate A 10 LBesO. Nur in diesem Umfang standen der Beklagten besetzbare Planstellen zur Verfügung.

37

Dem Stellenvermerk des Haushaltsbeschlusses lag damit zwar als kalkulatorische Grundlage eine an Verweilzeiten orientierte Beförderungspraxis zugrunde, die Art. 33 Abs. 2 GG nicht entspricht. Dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass besetzbare Planstellen für die Polizei nur in dem ausgebrachten Umfang zur Verfügung standen. An diese limitierende Vorgabe hätte sich die Beklagte auch dann halten müssen, wenn ihr die Rechtswidrigkeit der dem Laufbahnmodell zugrunde liegenden Mindestverweildauer von sieben Jahren im Statusamt eines Polizeikommissars bewusst gewesen wäre. In keinem Falle hätte der Dienstherr den im Haushaltsbeschluss vorgegebenen Rahmen überschreiten dürfen.

38

Ist der Haushaltsplan für das Rechnungsjahr durch Beschluss der Bürgerschaft aufgestellt worden, so darf der Senat bei der Ausgabe von Haushaltsmitteln die Haushaltsansätze nicht überschreiten (Art. 66 der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg vom 6. Juni 1952, HmbGVBl. S. 117). Erweisen sich die vorhandenen Haushaltsansätze im Laufe des jeweiligen Haushaltsjahres als zu gering oder ergeben sich sachliche Bedürfnisse, die der Haushaltsbeschluss nicht berücksichtigt hat, muss der Senat eine Nachbewilligung von Haushaltsmitteln nach Maßgabe des Art. 68 der Verfassung herbeiführen (vgl. zur entsprechenden Lage auf Bundesebene: BVerfG, Urteile vom 25. Mai 1977 - 2 BvE 1/74 - BVerfGE 45, 1 <34> und vom 18. März 2014 - 2 BvR 1390/12 u.a. - NJW 2014, 1505 Rn. 201). Solange ein entsprechender Nachtragshaushalt nicht beschlossen worden ist, stehen weitere Mittel nicht zur Verfügung.

39

Auch die Betrachtungen zur hypothetischen Kausalität müssen deshalb von einem Alternativmodell ausgehen, das den vorgegebenen Haushaltsansatz wahrt. Bezugspunkt der hypothetischen Erwägungen ist die Pflichtverletzung des Dienstherrn, hieran knüpft der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch an. Auf die Frage, ob bereits dem Beschluss der Bürgerschaft selbst ein Verstoß gegen die Auswahlgrundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG anhaftet (verneinend OVG Hamburg, Urteil vom 20. Mai 2011 - 1 Bf 284/09 - S. 16 f.), kommt es daher nicht an. Ebenso ist unerheblich, dass ein Schadensersatzanspruch nicht unter dem Vorbehalt der haushaltsrechtlichen Bewilligung steht. Streitig ist nicht die Zahlung eines bestehenden Schadensersatzbetrages, sondern die vorgelagerte Frage, ob ein Schadensersatzanspruch entstanden ist. Für die damit ausschlaggebende Frage, welcher hypothetische Kausalverlauf bei rechtmäßigem Vorgehen des Dienstherrn voraussichtlich an die Stelle des tatsächlichen Verlaufs getreten wäre, sind die haushaltsrechtlichen Vorgaben zu berücksichtigen. Die Anzahl der möglichen Beförderungen hängt damit von der konkreten Zusammensetzung der Bewerberrangliste ab.

40

b) Bei einer hypothetischen Auswahlentscheidung, die auch diejenigen Bewerber einbezieht, die nicht über eine Mindestverweilzeit von sieben Jahren im vorangegangenen Statusamt verfügen, wäre die Klägerin voraussichtlich nicht berücksichtigt worden.

41

aa) Entgegen der vom Oberverwaltungsgericht vertretenen Auffassung wäre die Beklagte dabei nicht verpflichtet gewesen, aus den in der dienstlichen Beurteilung enthaltenen "Potenzialeinschätzungen" eine Gesamtnote zu bilden und diese bei der Bildung einer Auswahlrangliste zu berücksichtigen.

42

In der dienstlichen Beurteilung der Beklagten werden "Potenzialeinschätzungen" zu den Merkmalen: Teamfähigkeit, Konfliktfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, schriftliche Ausdrucksfähigkeit, Entscheidungsfähigkeit, Planungs- und Organisationsfähigkeit, Selbstständigkeit, Dienstleistungs-/Kundenorientierung, Flexibilität/Innovationsfähigkeit, kognitive Fähigkeiten, körperliche Belastungsfähigkeit, Stressfähigkeit (und vorliegend nicht bewertet Führungsfähigkeit) verlangt und abgegeben. Damit werden allgemein für die dienstliche Verwendung bedeutsame Eigenschaften des Beamten angesprochen, die - weil nicht auf ein bestimmtes Amt und die hierfür bestehenden Anforderungen bezogen (dann Eignung, vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 - BVerwGE 147, 244 Rn. 10) - unter den Begriff der Befähigung im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG fallen (BVerfG, Beschluss vom 20. April 2004 - 1 BvR 838/01 u.a. - BVerfGE 110, 304 <322>; BVerwG, Urteile vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <150 f.> und vom 26. September 2012 - 2 C 74.10 - BVerwGE 144, 186 Rn. 20; vgl. zum Begriff der Befähigung auch die Legaldefinition in § 2 Abs. 3 BLV).

43

Diese personenbezogenen Eigenschaften sind von Art. 33 Abs. 2 GG erfasst und können bei einer Auswahlentscheidung daher auch berücksichtigt werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn das angestrebte Amt - etwa im Hinblick auf mit ihm typischerweise verbundene Führungsaufgaben - andere Anforderungen stellt als das vom Beamten bislang innegehabte, und der Prognoseschluss für die künftige Eignung sich daher nicht in der Bewertung der bislang erbrachten Leistungen erschöpfen kann.

44

Befähigungsmerkmale entziehen sich aber einer generellen und bezugsunabhängigen Gesamtbewertung oder gar Notenvergabe. Nach welchen Maßstäben und zu welchem Zweck die Eigenschaften des Beamten, die weder in der auf dem Dienstposten gezeigten Leistung Ausdruck gefunden haben noch als Eignungsmerkmale für die Anforderungen des angestrebten Amtes zu berücksichtigen sind, in einer umfassenden persönlichen Befähigungsgesamtnote zusammengefasst werden sollten oder könnten, ist nicht ersichtlich. Eine derartige Gesamtsaldierung widerspricht vielmehr dem Sinn der Befähigungsanalyse, mit der individuelle Stärken und Schwächen des Beamten herausdifferenziert werden sollen, um eine fundierte Erkenntnisgrundlage für die künftige Verwendung des Beamten zu schaffen (vgl. Schäfer, ZBR 1983, 173 <179>; Schnellenbach/Bodanowitz, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, Stand September 2014, Rn. 257). Folgerichtig war in Nr. 9 der Beurteilungs-RL 2007 auch ausdrücklich vorgegeben, dass eine zusammenfassende Bewertung (Gesamturteil) oder Potenzialeinschätzungen unzulässig ist und zu unterbleiben hat. Die Forderung des Oberverwaltungsgerichts nach einer Befähigungsgesamtnote entbehrt daher der rechtlichen Grundlage.

45

bb) Zutreffend ist allerdings die Ausgangserwägung, dass der Dienstherr für die Auswahlentscheidung eine Eignungsprognose abzugeben hat, die sich grundsätzlich nicht in der Bewertung der bislang gezeigten Leistungen erschöpft. Das maßgebliche Gesamturteil muss auf die Anforderungen des zu vergebenden Amtes bezogen sein. Dies gilt auch für die Einreihung in eine Rangliste, wenn diese maßgeblich für die nachfolgenden Beförderungen sein soll (BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 - 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83 Rn. 14). Insbesondere wenn die Anforderungen des angestrebten Amtes - etwa im Hinblick auf typischerweise wahrzunehmende Führungsaufgaben - nicht identisch mit denjenigen des bisherigen Amtes sind, müssen daher zusätzliche Erwägungen angestellt werden. Hierfür sind die in der dienstlichen Beurteilung ausgewiesenen Befähigungseinschätzungen heranzuziehen. Auswahlerwägungen, die diesen Maßstäben genügen, hat die Beklagte nicht angestellt.

46

Die vom Oberverwaltungsgericht festgestellten Tatsachen bieten aber eine ausreichende Grundlage für den Schluss, dass eine Auswahl der Klägerin auch bei ordnungsgemäßem Auswahlverfahren nicht ernsthaft möglich gewesen wäre. Der Abstand ihrer Leistungsnote von denjenigen Notenwerten, die bei Zugrundelegung der hypothetischen Beförderungsrangliste und der sich aus den haushaltsrechtlichen Bindungen der Beklagten noch für eine Berücksichtigung in der Beförderungsrunde 2008 ausgereicht hätten, ist zu weit und die Anzahl der in ihren bisherigen Leistungen besser beurteilten Mitbewerber damit zu groß, um bei einer hypothetischen Alternativbetrachtung für das Jahr 2008 von einer reellen Beförderungschance ausgehen zu können.

47

Für diese Feststellung kann auf die zum Stichtagsdatum 19. September 2008 aus Anlass des damaligen Leistungsträgerfeststellungsverfahrens erstellten dienstlichen Beurteilungen zurückgegriffen werden. Diese nehmen zwar für die vor dem Stichtagsdatum liegenden Beförderungsentscheidungen nicht auf den zutreffenden Beurteilungszeitraum Bezug und weisen auch nur hinsichtlich der rückschauend betrachteten Leistung eine Beurteilung aus. Die hieraus entwickelte Rangliste entspricht daher nicht den an eine ordnungsgemäße Beförderungsauswahl zu stellenden Anforderungen. Die aus dem Jahr 2008 stammenden und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhenden dienstlichen Beurteilungen stellen aber eine hinreichend sichere Vergleichsbasis für die im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs allein zu entscheidende Frage dar, ob die Klägerin bei einem ordnungsgemäß durchgeführten Auswahlverfahren im Jahr 2008 voraussichtlich befördert worden wäre.

48

Ausreichende Anhaltspunkte für die Rekonstruktion der hypothetischen Auswahlentscheidung lassen sich diesen dienstlichen Beurteilungen insbesondere deshalb entnehmen, weil bei einer Beförderung innerhalb der Laufbahn des gehobenen Polizeivollzugsdienstes maßgeblich auf die bisher im niedrigeren Statusamt der Laufbahn erbrachten fachlichen Leistungen abzustellen ist.

49

Art. 33 Abs. 2 GG dient dem Interesse der bestmöglichen Besetzung öffentlicher Ämter. Ausgewählt werden soll der Bewerber, der für die künftige Amtstätigkeit am besten geeignet ist. Die Auswahlentscheidung erfordert daher eine vorausschauende Aussage darüber, ob und wie der Bewerber die ihm in dem angestrebtem Amt obliegenden beamtenrechtlichen Pflichten erfüllen wird (BVerfG, Urteil vom 24. September 2003 - 2 BvR 1436/02 - BVerfGE 108, 282 <296>). Für den Vergleich der Bewerber um ein Beförderungsamt kann und muss auf die im bisherigen Amt erbrachten Leistungen zurückgegriffen werden. Nur die im bisherigen Amt gezeigten Leistungen bieten eine hinreichende Tatsachengrundlage für den Prognoseschluss, ob sich der Beamte auch in dem angestrebten höheren Amt voraussichtlich bewähren wird (BVerwG, Beschluss vom 22. November 2012 - 2 VR 5.12 - BVerwGE 145, 112 Rn. 23 f.).

50

Die besondere Bedeutung der bislang gezeigten fachlichen Leistung folgt hier überdies aus dem Umstand, dass die Polizeivollzugsbeamten der Beklagten auf gebündelten Dienstposten eingesetzt werden und die Anforderungen des bisherigen und diejenigen des künftigen Amtes nach Auffassung der Beklagten daher weitgehend identisch sind. Es ist daher davon auszugehen, dass die Beurteilung der erbrachten Leistung hier grundsätzlich auch der Eignungsprognose entspricht. Angesichts weitgehend identischer Amtsanforderungen dürfte sich daher nur in besonders gelagerten Fällen aus den persönlichen Eigenschaften eine von der Leistungsbeurteilung abweichende Eignungsprognose ergeben. Dieser Unsicherheit kann im Rahmen der hypothetischen Auswahlerwägungen durch einen Sicherheitszuschlag Rechnung getragen werden.

51

Da die Klägerin mit ihrer Leistungsbeurteilung von 3,25 weit von den für eine Beförderung erforderlichen Notenwerten entfernt gewesen ist, kann auch bei Hinzurechnung eines angemessenen Sicherheitszuschlags festgestellt werden, dass sie im Falle einer rechtmäßigen Gestaltung des Auswahlverfahrens durch die Beklagte voraussichtlich nicht befördert worden wäre.

52

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

B e s c h l u s s

vom 19. März 2015

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 20 602,44 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 GKG). Eine Festsetzung anhand der bloßen Besoldungsdifferenz nach § 52 Abs. 1 GKG scheidet aus, weil beamtenrechtliche Schadensersatzklagen auch dienst- und versorgungsrechtliche Konsequenzen bewirken.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tatbestand

1

Die 1961 geborene Klägerin steht seit 1981 im Polizeidienst der Beklagten. Ab November 1999 bekleidete sie ein Amt der Besoldungsgruppe A 9 LBesO, zunächst als Polizeihauptmeisterin im mittleren Dienst und seit Juni 2002 als Polizeikommissarin im gehobenen Dienst. Am 19. Juni 2009 wurde sie zur Polizeioberkommissarin (Besoldungsgruppe A 10 LBesO) befördert. Mit der Klage begehrt sie Schadensersatz ab 1. Mai 2008 wegen verspäteter Beförderung.

2

Die Beklagte beförderte im Jahr 2008 insgesamt 397 Bewerber zu Polizei- oder Kriminaloberkommissaren. Grundlage hierfür war ein Laufbahnmodell, das einen Regelaufstieg der Polizeivollzugsbeamten bis zur Besoldungsgruppe A 11 LBesO vorsah. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die vorgesehenen Beförderungen waren Regelverweilzeiten im jeweiligen Amt, die für die Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 10 LBesO sieben Jahre betrugen. Vor Erreichen dieser Wartezeiten waren Beförderungen nur für überdurchschnittlich leistungsstarke Beamte möglich. Das hierfür geregelte Leistungsträgerfeststellungsverfahren sollte einmal jährlich durchgeführt und Ende Oktober abgeschlossen sein. Im Jahr 2008 wurden auf diesem Wege 26 Bewerber befördert.

3

Da die Klägerin die vorausgesetzte Verweilzeit von sieben Jahren noch nicht absolviert hatte, lehnte die Polizeibehörde den Antrag auf Einbeziehung in die Auswahlverfahren des Jahres 2008 für die Vergabe von Beförderungsämtern der Besoldungsgruppe A 10 LBesO ab und verwies auf das zum Jahresende noch ausstehende Leistungsträgerfeststellungsverfahren. Ein Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat die Klägerin für erledigt erklärt, nachdem sie zur Polizeioberkommissarin befördert worden war. Das Laufbahnmodell der Beklagten ist nachfolgend durch Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 17. Februar 2010 - 1 Bs 241/09 - (ZBR 2010, 265) beanstandet worden.

4

Den Antrag auf Gewährung von Schadensersatz wegen rechtswidrig unterlassener Beförderung lehnte die Beklagte ab. Auch das Klageverfahren blieb erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht hat hierzu ausgeführt: Zwar habe die Beklagte den Bewerbungsverfahrensanspruch der Klägerin dadurch schuldhaft verletzt, dass sie schlechter beurteilte Beamte allein wegen ihrer siebenjährigen Verweildauer vorgezogen habe. Es fehle aber die erforderliche adäquate Kausalität zwischen dieser schuldhaften Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs und der unterbliebenen Beförderung.

5

Tatsächlich habe die Beklagte zwar 397 Beförderungen vorgenommen. Bei hypothetischer Zugrundelegung eines rechtmäßigen Vorgehens und damit ohne Berücksichtigung der geforderten Verweilzeit von sieben Jahren im Amt eines Polizeikommissars hätte sie aber voraussichtlich nur eine geringere Zahl von Beförderungen ausgesprochen. Dies folge aus dem im Haushaltsplan ausgebrachten Stellenvermerk, der eine Beförderung nur nach Maßgabe der kalkulatorischen Regelverweilzeiten zugelassen habe. Für das Haushaltsjahr 2008 hätten damit nur 4 033 Beförderungsmonate zur Verfügung gestanden. Die Zahl der Beförderungsstellen hänge damit von der Verweildauer der Ausgewählten ab, weil die Beförderung dienstjüngerer Beamter zu einer höheren Ausschöpfung von Beförderungsmonaten führe. Für die hypothetische Auswahlrangliste könne entgegen dem von der Beklagten vorgelegten Alternativmodell nicht allein auf die Leistungsnote zurückgegriffen werden. Zur Berücksichtigung der in der dienstlichen Beurteilung ausgewiesenen Potenzialeinschätzung hat das Oberverwaltungsgericht eine Potenzialgesamtnote gebildet und alternative Berechnungen ausgehend von einer gleichen Gewichtung der Noten bis zu einer vierfachen Gewichtung der Leistungsnote angestellt. Da die Klägerin in allen Modellen einen berücksichtigungsfähigen Rangplatz nicht erreichte, hat das Oberverwaltungsgericht eine ernsthafte Beförderungsmöglichkeit bei rechtmäßigem Alternativverhalten verneint.

6

Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Schadensersatzbegehren fort. Sie beantragt,

die Urteile des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 16. November 2012 und des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 4. August 2009, soweit darin ein Schadensersatzantrag abgelehnt wurde, sowie den Bescheid der Polizei Hamburg vom 3. Juli 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als sei sie bereits zum 1. Mai 2008, hilfsweise zu einem späteren Zeitpunkt, zur Polizeioberkommissarin (Besoldungsgruppe A 10 LBesO) befördert worden.

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Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt zwar dadurch revisibles Bundes- (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) und Landesbeamtenrecht (§ 191 Abs. 2 VwGO, § 127 Nr. 2 BRRG, § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG), dass es zur Ermittlung der hypothetischen Beförderungsauswahl eine Befähigungsgesamtnote gebildet und diese zur Erstellung einer Beförderungsrangliste herangezogen hat. Die Entscheidung stellt sich im Ergebnis aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die Klägerin hat keinen Schadensersatzanspruch, weil sie bei rechtmäßiger Gestaltung des Auswahlverfahrens voraussichtlich nicht im Jahr 2008 befördert worden wäre.

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1. Rechtsgrundlage für das geltend gemachte Begehren ist der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch. Dieses Rechtsinstitut ist in der Rechtsprechung seit langem anerkannt (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. August 1961 - 2 C 165.59 - BVerwGE 13, 17 <18 ff.> mit umfangreichen Nachweisen zur Rechtsprechung des Reichsgerichts sowie Laubinger, VerwArch, Bd. 99 <2008> S. 278 ff.). Es findet seinen Rechtsgrund im Beamtenverhältnis und begründet einen unmittelbar gegen den Dienstherrn gerichteten Ersatzanspruch für Schäden, die aus einer Verletzung der aus dem Beamtenverhältnis folgenden Pflichten entstehen. Als im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis wurzelndes und insofern "quasi-vertragliches" Institut gewährleistet der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch Sekundärrechtsschutz für Pflichtverletzungen aus dem Beamtenverhältnis, wie dies § 280 Abs. 1 BGB für vertragliche Schuldverhältnisse vorsieht (vgl. zur Bezugnahme auf Grundsätze der positiven Vertragsverletzung auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 13. Januar 2010 - 2 BvR 811/09 - BayVBl 2010, 303 Rn. 9).

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Der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch war ursprünglich auf Verletzungen der Fürsorgepflicht bezogen. Er ist in der Rechtsprechung aber nachfolgend auch auf andere Pflichtverletzungen ausgedehnt worden (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 21. Dezember 2000 - 2 C 39.99 - BVerwGE 112, 308 <312> für die Verletzung der Pflicht zur Berücksichtigung der Kindergeldberechtigung bei der Besoldung), insbesondere auf die Verletzung der Auswahlgrundsätze aus Art. 33 Abs. 2 GG (BVerwG, Urteil vom 25. August 1988 - 2 C 51.86 - BVerwGE 80, 123 <124 f.>).

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Obwohl der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch im Gegensatz zu § 839 Abs. 1 BGB ein bereits bestehendes Rechtsverhältnis voraussetzt, beansprucht der in § 839 Abs. 3 BGB niedergelegte Rechtsgedanke vom Vorrang des Primärrechtsschutzes auch und gerade für Ansprüche aus dem Beamtenverhältnis wie den hier streitigen Geltung (BVerwG, Urteil vom 28. Mai 1998 - 2 C 29.97 - BVerwGE 107, 29 <31 f.>). Die sekundäre Ersatzpflicht für rechtswidriges staatliches Handeln tritt nicht ein, wenn der Verletzte unmittelbar gegen die beanstandete Entscheidung mögliche Rechtsbehelfe ohne hinreichenden Grund nicht in Anspruch genommen hat.

12

Ein Beamter kann danach von seinem Dienstherrn Ersatz des ihm durch eine Nichtbeförderung entstandenen Schadens verlangen, wenn der Dienstherr bei der Vergabe eines Beförderungsamtes den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch des Beamten auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl schuldhaft verletzt hat, dem Beamten das Amt ohne diesen Rechtsverstoß voraussichtlich übertragen worden wäre und dieser es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <101 f.>, vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 15, vom 29. November 2012 - 2 C 6.11 - BVerwGE 145, 185 Rn. 9 und vom 30. Oktober 2013 - 2 C 23.12 - BVerwGE 148, 217 Rn. 42).

13

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Zwar hat die Beklagte den Bewerbungsverfahrensanspruch der Klägerin verletzt (2.) und dies zu vertreten (3.). Die Klägerin hat auch alle ihr zumutbaren Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verhinderung des Schadenseintritts ausgeschöpft (4.). Es fehlt aber an dem Kausalzusammenhang zwischen der Rechtsverletzung der Beklagten und dem von der Klägerin geltend gemachten Schaden (5.).

14

2. Die Nichteinbeziehung der Klägerin in das Auswahlverfahren 2008 wegen einer fehlenden Verweildauer von mindestens sieben Jahren im Statusamt einer Polizeikommissarin war mit Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG und § 7 Abs. 1 des Hamburgischen Beamtengesetzes in der Fassung vom 29. November 1977 (HmbGVBl. S. 367) nicht vereinbar.

15

Art. 33 Abs. 2 GG sowie die einfach-rechtlichen Konkretisierungen in den Beamtengesetzen gewährleisten jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt im statusrechtlichen Sinne nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Der Grundsatz der Bestenauswahl ist demnach von der Verfassung verbindlich und vorbehaltlos vorgeschrieben. Andere Kriterien können bei der Vergabe öffentlicher Ämter nur Berücksichtigung finden, wenn sie ebenfalls Verfassungsrang haben (BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/04 - BVerfGK 12, 265 <268>). Art. 33 Abs. 2 GG dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes; dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität sollen gerade durch die ungeschmälerte Anwendung des Leistungsgrundsatzes gewährleistet werden. Zum anderen trägt die Vorschrift dem berechtigten Interesse der Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass sie grundrechtsgleiche Rechte auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl begründet. Jeder Bewerber um ein öffentliches Amt hat einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr seine Bewerbung nur aus Gründen zurückweist, die durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind (stRspr, vgl. zuletzt BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 - BVerwGE 147, 20 Rn. 19 f.).

16

Die in einem bestimmten Statusamt geleistete Dienstzeit gehört nicht zu den in Art. 33 Abs. 2 GG genannten Kriterien. Zwar kann sich das Dienstalter auf die Beurteilung von leistungsbezogenen Gesichtspunkten auswirken, weil sich die durch ein höheres Dienstalter typischerweise zum Ausdruck kommende umfassendere Berufserfahrung häufig leistungsfördernd niederschlagen wird. Es gibt jedoch keinen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass von einem höheren Dienstalter stets auf einen höheren Leistungsstand und bessere Bewährungsvoraussetzungen geschlossen werden kann. Dementsprechend ist die Berücksichtigung des Dienstalters bei der Besetzung von Beförderungsstellen grundsätzlich nur im Falle eines Leistungsgleichstands mit Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar (BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <151>).

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An das Dienstalter anknüpfende Wartezeitregelungen stehen daher nur dann mit Art. 33 Abs. 2 GG in Einklang, wenn sie der sachgerechten Anwendung des Grundsatzes der Bestenauswahl dienen und mit ihnen die praktische Bewährung des Bewerbers im bisherigen Statusamt festgestellt werden soll. Dieser Zweck, die zuverlässige Beurteilung des Leistungsvermögens und eine fundierte Prognose über die voraussichtliche Bewährung in einem höheren Amt zu ermöglichen, setzt dem zeitlichen Umfang solcher "Bewährungszeiten" Grenzen. Sie dürfen nicht länger bemessen sein, als es typischerweise erforderlich ist, um die tatsächlichen Grundlagen für eine Beurteilung und Prognose zu schaffen. Danach hängt die Dauer von Wartezeiten entscheidend vom Inhalt der jeweiligen Ämter ab. Der für eine Regelbeurteilung vorgesehene Zeitraum wird in aller Regel die Obergrenze darstellen (BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <152>; Beschluss vom 25. Oktober 2011 - 2 VR 4.11 - NVwZ-RR 2012, 241 Rn. 35; Urteil vom 26. September 2012 - 2 C 74.10 - BVerwGE 144, 186 Rn. 23; vgl. auch die Vorgabe von zwei Jahren bei der Erprobung für Führungsämter in BVerfG, Beschluss vom 28. Mai 2008 - 2 BvL 11/07 - BVerfGE 121, 205 <228>).

18

Diesen Vorgaben entspricht die in § 7 Abs. 2 i.V.m. § 11 der Richtlinie vom 18. Dezember 2007 zu einem funktions- und leistungsorientierten Laufbahnverlaufsmodell für die Laufbahnabschnitte I und II des Polizeivollzugsdienstes in Hamburg (- LVM-RL -) vorgeschriebene Regelverweilzeit für die Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 10 von sieben Jahren nicht (ebenso bereits OVG Hamburg, Beschluss vom 17. Februar 2010 - 1 Bs 241/09 - ZBR 2010, 265 Rn. 16 ff.). Sie überschreitet die für die Regelbeurteilung vorgesehene Zeit von vier Jahren (vgl. Nr. 4.1 der Richtlinie zum Personalbeurteilungssystem für den Polizeivollzugsdienst der Freien und Hansestadt Hamburg vom 13. März 2007 - Beurteilungs-RL 2007 -) erheblich.

19

Der Umstand, dass die Klägerin in das Leistungsträgerfeststellungsverfahren einbezogen werden konnte, ändert hieran nichts. Für die außerhalb dieses Verfahrens vergebenen Ämter - die im Übrigen quantitativ den weitaus größeren Teil darstellten - wurde ihre Einbeziehung in das Auswahlverfahren ohne rechtfertigenden Grund abgelehnt.

20

3. Diese Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs hat die Beklagte auch zu vertreten.

21

Für die Haftung des Dienstherrn auf Schadensersatz wegen Verletzung von Pflichten aus dem Beamtenverhältnis gilt der allgemeine Verschuldensmaßstab des bürgerlichen Rechts (BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <104> m.w.N.). Zu vertreten hat der Dienstherr danach Vorsatz und Fahrlässigkeit. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 2 BGB). Von den für die Auswahlentscheidung verantwortlichen Beamten muss verlangt werden, dass sie die Sach- und Rechtslage unter Heranziehung aller ihnen zu Gebote stehenden Hilfsmittel gewissenhaft prüfen und sich auf Grund vernünftiger Überlegungen eine Rechtsauffassung bilden. Dazu gehören auch die Auswertung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und ggf. die ernsthafte Auseinandersetzung mit der Frage, ob aus sachfremden Erwägungen gewünschte Personalentscheidungen am Maßstab der relevanten Rechtsnormen Bestand haben können (BVerwG, Urteil vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 39).

22

Nach diesen Maßstäben hat die Beklagte den Verstoß gegen den Grundsatz der Bestenauswahl aus Art. 33 Abs. 2 GG jedenfalls mit Fahrlässigkeit zu vertreten. Bei sorgfältiger rechtlicher Prüfung hätte von den verantwortlichen Beamten erkannt werden müssen, dass die Anforderung einer Mindestverweildauer von sieben Jahren im Statusamt eines Polizeikommissars den rechtlichen Anforderungen und der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht entspricht. Hieran konnte jedenfalls nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - (BVerwGE 122, 147) kein vernünftiger Zweifel mehr bestehen. Auch die von der Beklagten in Auftrag gegebene gutachtliche Stellungnahme von Prof. Dr. S. vom Dezember 2007 war zu dem Ergebnis gelangt, dass der Anciennitätsgrundsatz aus den Beförderungsstrukturen "ganz und gar eliminiert" werden müsse und sich eine Beschränkung des Bewerberkreises in Anknüpfung an Regelverweildauern von vornherein verbiete.

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4. Die Klägerin hat auch die ihr auf Primärebene zumutbaren Möglichkeiten zur Verfolgung ihres Beförderungsbegehrens ausgeschöpft.

24

Effektiven Rechtsschutz gegen eine zu Unrecht verweigerte Einbeziehung in ein beamtenrechtliches Auswahlverfahren kann der Beamte durch die Erhebung des Widerspruchs (§ 126 Abs. 3 BRRG, § 54 Abs. 2 und § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG) und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 123 Abs. 1 VwGO) gegen die Vergabe des dem Auswahlverfahren zugrunde liegenden Amtes erlangen. Beide Rechtsschutzmöglichkeiten hat die Klägerin wahrgenommen.

25

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts muss sich die Klägerin auch nicht entgegenhalten lassen, den Widerspruchsbescheid vom 9. September 2008 nicht angegriffen zu haben. Dies folgt zunächst schon daraus, dass nicht klar ist, worauf sich die teilweise Zurückweisung des Widerspruchs bezog und was damit ggf. in Bestandskraft hätte erwachsen können. Denn die dort angesprochene Teilnahme am Leistungsträgerfeststellungsverfahren war nicht Gegenstand des Antrags der Klägerin und ist von der Beklagten auch nie in Zweifel gezogen worden. Die Unklarheit, worauf sich die ausgesprochene Neubescheidung der Polizeibehörde bezieht, hat die Klägerin bereits in ihrer Klagebegründung angesprochen. Hätte der Widerspruchsbescheid die beantragte Einbeziehung in die außerhalb des Leistungsträgerfeststellungsverfahrens stattfindenden Auswahlverfahren abgelehnt, müsste daher auch das Klagebegehren dahingehend aufgefasst werden, dass nicht nur Schadensersatz, sondern auch Primärrechtsschutz beantragt worden ist (vgl. zum Grundsatz der rechtsschutzfreundlichen Auslegung BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2013 - 2 C 23.12 - BVerwGE 148, 217 Rn. 15 ff.). Dass die Klägerin trotz der fehlenden Verweilzeit von sieben Jahren im bisherigen Statusamt befördert werden wollte, ist unmissverständlich zum Ausdruck gebracht worden. Kern ihres Anliegens war stets der Vortrag, dass sie auch außerhalb des Leistungsträgerfeststellungsverfahrens in die Auswahlverfahren einbezogen werden müsse. Dies kommt auch in ihrem Klageantrag zum Ausdruck, weil sie die Aufhebung des Bescheids vom 28. Mai 2008 beantragt hat.

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5. Die Klägerin wäre bei rechtmäßiger Gestaltung des Auswahlverfahrens aber voraussichtlich nicht befördert worden, sodass es an der Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und dem geltend gemachten Schaden fehlt.

27

Der für einen beamtenrechtlichen Schadensersatzanspruch erforderliche adäquat kausale Zusammenhang zwischen der Rechtsverletzung und dem Schaden setzt voraus, dass der Beamte ohne den schuldhaften Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG voraussichtlich befördert worden wäre. Seine Berücksichtigung muss nach Lage der Dinge jedenfalls ernsthaft möglich gewesen sein. Für diese Annahme muss festgestellt werden, welcher hypothetische Kausalverlauf bei rechtmäßigem Vorgehen des Dienstherrn voraussichtlich an die Stelle des tatsächlichen Verlaufs getreten und ob der Beamte ausgewählt worden wäre, wenn der Dienstherr eine rechtmäßige Gestaltung des Auswahlverfahrens vorgenommen hätte (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <108>, vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 42 f. und vom 30. Oktober 2013 - 2 C 23.12 - BVerwGE 148, 217 Rn. 45).

28

Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Die Beklagte hätte bei zutreffender Erkenntnis von der Unzulässigkeit der geforderten Mindestverweilzeit im vorangegangenen Statusamt wegen der Besonderheiten der haushaltsrechtlichen Vorgaben weniger als die tatsächlich beförderten 397 Beamten ausgewählt (a). Bei einer danach zu treffenden Auswahlentscheidung hätte die Klägerin voraussichtlich keine ernsthafte Beförderungschance besessen (b).

29

a) Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hätte die Beklagte, wenn ihr die Rechtswidrigkeit der geforderten Mindestverweilzeit von sieben Jahren im Amt des Polizeikommissars vor einer Beförderung zum Polizeioberkommissar bewusst gewesen wäre, nicht 397 Beamte befördert, sondern nur Beförderungen in derjenigen Anzahl vorgenommen, die durch den Stellenvermerk des Haushaltsbeschlusses ausfinanziert war.

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aa) Diese Feststellung hypothetischer Tatsachen nimmt an der Bindungswirkung des § 137 Abs. 2 VwGO teil (vgl. Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, Großkommentar, 4. Aufl. 2014, § 137 Rn. 126; Kraft, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 137 Rn. 47). Dies folgt aus der Aufgabenteilung zwischen Revisionsgericht und Tatsacheninstanz. Die Revision ist darauf beschränkt, neben der Einhaltung des Verfahrens die Rechtsanwendung des Tatsachengerichts zu überprüfen. Das Revisionsgericht nimmt daher keine eigenständige Tatsachenfeststellung vor, sondern legt seiner Beurteilung - sofern keine begründeten Verfahrensrügen erhoben worden sind - den von der Vorinstanz festgestellten Lebenssachverhalt zugrunde. Die Bindungswirkung aus § 137 Abs. 2 VwGO erstreckt sich deshalb auf die entscheidungserheblichen Tatsachen, welche die Tatbestandsmerkmale der einschlägigen Rechtsnormen ausfüllen sollen. Ausgehend hiervon überprüft das Revisionsgericht die Anwendung des Rechts auf eine Verletzung von Bundesrecht oder anderen revisiblen Rechtsnormen.

31

Zur Beantwortung der Frage, ob eine fehlerhafte Gestaltung des Auswahlverfahrens adäquat kausal für die Nichtbeförderung war, muss das Tatsachengericht den Prozess der Entscheidungsfindung aufklären, um beurteilen zu können, welchen Verlauf die Dinge bei Vermeidung des Verstoßes gegen Art. 33 Abs. 2 GG voraussichtlich genommen hätten (BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <108>). Die eigenständige Feststellung dieser hypothetischen Tatsachen ist dem Revisionsgericht verwehrt. Die Erkenntnis hierüber ist nicht Teil der Rechtsanwendung, sondern Feststellung des ihr vorausliegenden Sachverhalts.

32

bb) Diese hypothetische Annahme unterstellt ein rechtmäßiges Alternativverhalten der Beklagten und ist daher revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.

33

Nach § 49 Abs. 1 LHO HH in der Fassung vom 12. Juni 2007 darf ein Amt nur zusammen mit der Einweisung in eine besetzbare Planstelle verliehen werden. Auch bei der Betrachtung des hypothetischen Alternativverhaltens der Beklagten sind diese haushaltsrechtlichen Vorgaben für mögliche Beförderungen zu berücksichtigen. Eine andere Gestaltung des Beförderungsgeschehens wäre nicht rechtmäßig gewesen.

34

Die Beschränkung ergibt sich indes nicht bereits aus der Zahl der vom Haushaltsgeber zur Verfügung gestellten Planstellen. Denn durch Beschluss der Bürgerschaft vom 5. Juli 2007 (Plenarprotokoll 18/85 S. 4552) sind die im Haushaltsplan 2007/2008 (Stellenplan des Einzelplans 8.1 für die Behörde für Inneres) bewilligten Polizeivollzugsstellen der Besoldungsgruppen A 7 bis A 11 LBesO gestrichen und in gleicher Zahl als gebündelte Stellen A 7/A 8/A 9/A 10/A 11 LBesO für die Schutz- und Wasserschutzpolizei und als gebündelte Stellen A 9/A 10/A 11 LBesO für die Kriminalpolizei ausgebracht worden (Bürgerschafts-Drs. 18/6273 S. 3). Eine ausreichende Anzahl von A 10-Planstellen für die tatsächlich vorgenommenen 397 Beförderungen war deshalb vorhanden.

35

Der Haushaltsansatz war jedoch mit dem Stellenvermerk versehen: "Die Stellen dürfen im Rahmen der in dieser Drucksache genannten Verweilzeiten ausgenutzt werden". Nur in diesem Umfang waren die freien Planstellen nach dem wirksamen Haushaltsbeschluss der Bürgerschaft deshalb besetzbar.

36

Für den Funktionskreis 2 "A 9 - A 10" war in Anlage 1 der Drucksache eine "kalkulatorische Verweilzeit" von 11 Jahren vorgesehen. Auf Basis dieser Verweilzeiten wurden die jährlich anfallenden Mehrkosten - insgesamt 3,9 Mio. € bis ins Jahr 2027 - berechnet (Anlage 2 der Drucksache). Der Mittelansatz für die gebündelten Stellen ging daher von einer durch die vorgegebenen Regelverweilzeiten gesteuerten Beförderungspraxis aus und legte der Berechnung die sich hieraus ergebende Verteilung von A 9, A 10 und A 11 Stellen zugrunde. Der Stellenvermerk hat damit zwar keinen konkreten Betrag als Begrenzung möglicher Beförderungen genannt. Er hat jedoch ein Berechnungsmodell vorgegeben, aus dem sich jeweils ein bestimmbarer Betrag ergab. Dementsprechend hat die Beklagte ermittelt, wie viele Beamte in welchem Monat des Jahres 2008 die vorgesehene Regelverweildauer erreicht hätten. Daraus wurde entnommen, wie viel Geld im Haushaltsjahr für diese Beamten im Falle der Beförderung benötigt würde. Diese in Beförderungsmonaten ausgewiesene Grenze war der haushaltsrechtliche Rahmen, der für Beförderungen zur Verfügung stand. Für das Jahr 2008 ergaben sich so 4 033 Beförderungsmonate A 10 LBesO. Nur in diesem Umfang standen der Beklagten besetzbare Planstellen zur Verfügung.

37

Dem Stellenvermerk des Haushaltsbeschlusses lag damit zwar als kalkulatorische Grundlage eine an Verweilzeiten orientierte Beförderungspraxis zugrunde, die Art. 33 Abs. 2 GG nicht entspricht. Dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass besetzbare Planstellen für die Polizei nur in dem ausgebrachten Umfang zur Verfügung standen. An diese limitierende Vorgabe hätte sich die Beklagte auch dann halten müssen, wenn ihr die Rechtswidrigkeit der dem Laufbahnmodell zugrunde liegenden Mindestverweildauer von sieben Jahren im Statusamt eines Polizeikommissars bewusst gewesen wäre. In keinem Falle hätte der Dienstherr den im Haushaltsbeschluss vorgegebenen Rahmen überschreiten dürfen.

38

Ist der Haushaltsplan für das Rechnungsjahr durch Beschluss der Bürgerschaft aufgestellt worden, so darf der Senat bei der Ausgabe von Haushaltsmitteln die Haushaltsansätze nicht überschreiten (Art. 66 der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg vom 6. Juni 1952, HmbGVBl. S. 117). Erweisen sich die vorhandenen Haushaltsansätze im Laufe des jeweiligen Haushaltsjahres als zu gering oder ergeben sich sachliche Bedürfnisse, die der Haushaltsbeschluss nicht berücksichtigt hat, muss der Senat eine Nachbewilligung von Haushaltsmitteln nach Maßgabe des Art. 68 der Verfassung herbeiführen (vgl. zur entsprechenden Lage auf Bundesebene: BVerfG, Urteile vom 25. Mai 1977 - 2 BvE 1/74 - BVerfGE 45, 1 <34> und vom 18. März 2014 - 2 BvR 1390/12 u.a. - NJW 2014, 1505 Rn. 201). Solange ein entsprechender Nachtragshaushalt nicht beschlossen worden ist, stehen weitere Mittel nicht zur Verfügung.

39

Auch die Betrachtungen zur hypothetischen Kausalität müssen deshalb von einem Alternativmodell ausgehen, das den vorgegebenen Haushaltsansatz wahrt. Bezugspunkt der hypothetischen Erwägungen ist die Pflichtverletzung des Dienstherrn, hieran knüpft der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch an. Auf die Frage, ob bereits dem Beschluss der Bürgerschaft selbst ein Verstoß gegen die Auswahlgrundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG anhaftet (verneinend OVG Hamburg, Urteil vom 20. Mai 2011 - 1 Bf 284/09 - S. 16 f.), kommt es daher nicht an. Ebenso ist unerheblich, dass ein Schadensersatzanspruch nicht unter dem Vorbehalt der haushaltsrechtlichen Bewilligung steht. Streitig ist nicht die Zahlung eines bestehenden Schadensersatzbetrages, sondern die vorgelagerte Frage, ob ein Schadensersatzanspruch entstanden ist. Für die damit ausschlaggebende Frage, welcher hypothetische Kausalverlauf bei rechtmäßigem Vorgehen des Dienstherrn voraussichtlich an die Stelle des tatsächlichen Verlaufs getreten wäre, sind die haushaltsrechtlichen Vorgaben zu berücksichtigen. Die Anzahl der möglichen Beförderungen hängt damit von der konkreten Zusammensetzung der Bewerberrangliste ab.

40

b) Bei einer hypothetischen Auswahlentscheidung, die auch diejenigen Bewerber einbezieht, die nicht über eine Mindestverweilzeit von sieben Jahren im vorangegangenen Statusamt verfügen, wäre die Klägerin voraussichtlich nicht berücksichtigt worden.

41

aa) Entgegen der vom Oberverwaltungsgericht vertretenen Auffassung wäre die Beklagte dabei nicht verpflichtet gewesen, aus den in der dienstlichen Beurteilung enthaltenen "Potenzialeinschätzungen" eine Gesamtnote zu bilden und diese bei der Bildung einer Auswahlrangliste zu berücksichtigen.

42

In der dienstlichen Beurteilung der Beklagten werden "Potenzialeinschätzungen" zu den Merkmalen: Teamfähigkeit, Konfliktfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, schriftliche Ausdrucksfähigkeit, Entscheidungsfähigkeit, Planungs- und Organisationsfähigkeit, Selbstständigkeit, Dienstleistungs-/Kundenorientierung, Flexibilität/Innovationsfähigkeit, kognitive Fähigkeiten, körperliche Belastungsfähigkeit, Stressfähigkeit (und vorliegend nicht bewertet Führungsfähigkeit) verlangt und abgegeben. Damit werden allgemein für die dienstliche Verwendung bedeutsame Eigenschaften des Beamten angesprochen, die - weil nicht auf ein bestimmtes Amt und die hierfür bestehenden Anforderungen bezogen (dann Eignung, vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 - BVerwGE 147, 244 Rn. 10) - unter den Begriff der Befähigung im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG fallen (BVerfG, Beschluss vom 20. April 2004 - 1 BvR 838/01 u.a. - BVerfGE 110, 304 <322>; BVerwG, Urteile vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <150 f.> und vom 26. September 2012 - 2 C 74.10 - BVerwGE 144, 186 Rn. 20; vgl. zum Begriff der Befähigung auch die Legaldefinition in § 2 Abs. 3 BLV).

43

Diese personenbezogenen Eigenschaften sind von Art. 33 Abs. 2 GG erfasst und können bei einer Auswahlentscheidung daher auch berücksichtigt werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn das angestrebte Amt - etwa im Hinblick auf mit ihm typischerweise verbundene Führungsaufgaben - andere Anforderungen stellt als das vom Beamten bislang innegehabte, und der Prognoseschluss für die künftige Eignung sich daher nicht in der Bewertung der bislang erbrachten Leistungen erschöpfen kann.

44

Befähigungsmerkmale entziehen sich aber einer generellen und bezugsunabhängigen Gesamtbewertung oder gar Notenvergabe. Nach welchen Maßstäben und zu welchem Zweck die Eigenschaften des Beamten, die weder in der auf dem Dienstposten gezeigten Leistung Ausdruck gefunden haben noch als Eignungsmerkmale für die Anforderungen des angestrebten Amtes zu berücksichtigen sind, in einer umfassenden persönlichen Befähigungsgesamtnote zusammengefasst werden sollten oder könnten, ist nicht ersichtlich. Eine derartige Gesamtsaldierung widerspricht vielmehr dem Sinn der Befähigungsanalyse, mit der individuelle Stärken und Schwächen des Beamten herausdifferenziert werden sollen, um eine fundierte Erkenntnisgrundlage für die künftige Verwendung des Beamten zu schaffen (vgl. Schäfer, ZBR 1983, 173 <179>; Schnellenbach/Bodanowitz, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, Stand September 2014, Rn. 257). Folgerichtig war in Nr. 9 der Beurteilungs-RL 2007 auch ausdrücklich vorgegeben, dass eine zusammenfassende Bewertung (Gesamturteil) oder Potenzialeinschätzungen unzulässig ist und zu unterbleiben hat. Die Forderung des Oberverwaltungsgerichts nach einer Befähigungsgesamtnote entbehrt daher der rechtlichen Grundlage.

45

bb) Zutreffend ist allerdings die Ausgangserwägung, dass der Dienstherr für die Auswahlentscheidung eine Eignungsprognose abzugeben hat, die sich grundsätzlich nicht in der Bewertung der bislang gezeigten Leistungen erschöpft. Das maßgebliche Gesamturteil muss auf die Anforderungen des zu vergebenden Amtes bezogen sein. Dies gilt auch für die Einreihung in eine Rangliste, wenn diese maßgeblich für die nachfolgenden Beförderungen sein soll (BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 - 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83 Rn. 14). Insbesondere wenn die Anforderungen des angestrebten Amtes - etwa im Hinblick auf typischerweise wahrzunehmende Führungsaufgaben - nicht identisch mit denjenigen des bisherigen Amtes sind, müssen daher zusätzliche Erwägungen angestellt werden. Hierfür sind die in der dienstlichen Beurteilung ausgewiesenen Befähigungseinschätzungen heranzuziehen. Auswahlerwägungen, die diesen Maßstäben genügen, hat die Beklagte nicht angestellt.

46

Die vom Oberverwaltungsgericht festgestellten Tatsachen bieten aber eine ausreichende Grundlage für den Schluss, dass eine Auswahl der Klägerin auch bei ordnungsgemäßem Auswahlverfahren nicht ernsthaft möglich gewesen wäre. Der Abstand ihrer Leistungsnote von denjenigen Notenwerten, die bei Zugrundelegung der hypothetischen Beförderungsrangliste und der sich aus den haushaltsrechtlichen Bindungen der Beklagten noch für eine Berücksichtigung in der Beförderungsrunde 2008 ausgereicht hätten, ist zu weit und die Anzahl der in ihren bisherigen Leistungen besser beurteilten Mitbewerber damit zu groß, um bei einer hypothetischen Alternativbetrachtung für das Jahr 2008 von einer reellen Beförderungschance ausgehen zu können.

47

Für diese Feststellung kann auf die zum Stichtagsdatum 19. September 2008 aus Anlass des damaligen Leistungsträgerfeststellungsverfahrens erstellten dienstlichen Beurteilungen zurückgegriffen werden. Diese nehmen zwar für die vor dem Stichtagsdatum liegenden Beförderungsentscheidungen nicht auf den zutreffenden Beurteilungszeitraum Bezug und weisen auch nur hinsichtlich der rückschauend betrachteten Leistung eine Beurteilung aus. Die hieraus entwickelte Rangliste entspricht daher nicht den an eine ordnungsgemäße Beförderungsauswahl zu stellenden Anforderungen. Die aus dem Jahr 2008 stammenden und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhenden dienstlichen Beurteilungen stellen aber eine hinreichend sichere Vergleichsbasis für die im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs allein zu entscheidende Frage dar, ob die Klägerin bei einem ordnungsgemäß durchgeführten Auswahlverfahren im Jahr 2008 voraussichtlich befördert worden wäre.

48

Ausreichende Anhaltspunkte für die Rekonstruktion der hypothetischen Auswahlentscheidung lassen sich diesen dienstlichen Beurteilungen insbesondere deshalb entnehmen, weil bei einer Beförderung innerhalb der Laufbahn des gehobenen Polizeivollzugsdienstes maßgeblich auf die bisher im niedrigeren Statusamt der Laufbahn erbrachten fachlichen Leistungen abzustellen ist.

49

Art. 33 Abs. 2 GG dient dem Interesse der bestmöglichen Besetzung öffentlicher Ämter. Ausgewählt werden soll der Bewerber, der für die künftige Amtstätigkeit am besten geeignet ist. Die Auswahlentscheidung erfordert daher eine vorausschauende Aussage darüber, ob und wie der Bewerber die ihm in dem angestrebtem Amt obliegenden beamtenrechtlichen Pflichten erfüllen wird (BVerfG, Urteil vom 24. September 2003 - 2 BvR 1436/02 - BVerfGE 108, 282 <296>). Für den Vergleich der Bewerber um ein Beförderungsamt kann und muss auf die im bisherigen Amt erbrachten Leistungen zurückgegriffen werden. Nur die im bisherigen Amt gezeigten Leistungen bieten eine hinreichende Tatsachengrundlage für den Prognoseschluss, ob sich der Beamte auch in dem angestrebten höheren Amt voraussichtlich bewähren wird (BVerwG, Beschluss vom 22. November 2012 - 2 VR 5.12 - BVerwGE 145, 112 Rn. 23 f.).

50

Die besondere Bedeutung der bislang gezeigten fachlichen Leistung folgt hier überdies aus dem Umstand, dass die Polizeivollzugsbeamten der Beklagten auf gebündelten Dienstposten eingesetzt werden und die Anforderungen des bisherigen und diejenigen des künftigen Amtes nach Auffassung der Beklagten daher weitgehend identisch sind. Es ist daher davon auszugehen, dass die Beurteilung der erbrachten Leistung hier grundsätzlich auch der Eignungsprognose entspricht. Angesichts weitgehend identischer Amtsanforderungen dürfte sich daher nur in besonders gelagerten Fällen aus den persönlichen Eigenschaften eine von der Leistungsbeurteilung abweichende Eignungsprognose ergeben. Dieser Unsicherheit kann im Rahmen der hypothetischen Auswahlerwägungen durch einen Sicherheitszuschlag Rechnung getragen werden.

51

Da die Klägerin mit ihrer Leistungsbeurteilung von 3,25 weit von den für eine Beförderung erforderlichen Notenwerten entfernt gewesen ist, kann auch bei Hinzurechnung eines angemessenen Sicherheitszuschlags festgestellt werden, dass sie im Falle einer rechtmäßigen Gestaltung des Auswahlverfahrens durch die Beklagte voraussichtlich nicht befördert worden wäre.

52

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

B e s c h l u s s

vom 19. März 2015

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 20 602,44 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 GKG). Eine Festsetzung anhand der bloßen Besoldungsdifferenz nach § 52 Abs. 1 GKG scheidet aus, weil beamtenrechtliche Schadensersatzklagen auch dienst- und versorgungsrechtliche Konsequenzen bewirken.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Tatbestand

1

Die 1961 geborene Klägerin steht seit 1981 im Polizeidienst der Beklagten. Ab November 1999 bekleidete sie ein Amt der Besoldungsgruppe A 9 LBesO, zunächst als Polizeihauptmeisterin im mittleren Dienst und seit Juni 2002 als Polizeikommissarin im gehobenen Dienst. Am 19. Juni 2009 wurde sie zur Polizeioberkommissarin (Besoldungsgruppe A 10 LBesO) befördert. Mit der Klage begehrt sie Schadensersatz ab 1. Mai 2008 wegen verspäteter Beförderung.

2

Die Beklagte beförderte im Jahr 2008 insgesamt 397 Bewerber zu Polizei- oder Kriminaloberkommissaren. Grundlage hierfür war ein Laufbahnmodell, das einen Regelaufstieg der Polizeivollzugsbeamten bis zur Besoldungsgruppe A 11 LBesO vorsah. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die vorgesehenen Beförderungen waren Regelverweilzeiten im jeweiligen Amt, die für die Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 10 LBesO sieben Jahre betrugen. Vor Erreichen dieser Wartezeiten waren Beförderungen nur für überdurchschnittlich leistungsstarke Beamte möglich. Das hierfür geregelte Leistungsträgerfeststellungsverfahren sollte einmal jährlich durchgeführt und Ende Oktober abgeschlossen sein. Im Jahr 2008 wurden auf diesem Wege 26 Bewerber befördert.

3

Da die Klägerin die vorausgesetzte Verweilzeit von sieben Jahren noch nicht absolviert hatte, lehnte die Polizeibehörde den Antrag auf Einbeziehung in die Auswahlverfahren des Jahres 2008 für die Vergabe von Beförderungsämtern der Besoldungsgruppe A 10 LBesO ab und verwies auf das zum Jahresende noch ausstehende Leistungsträgerfeststellungsverfahren. Ein Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat die Klägerin für erledigt erklärt, nachdem sie zur Polizeioberkommissarin befördert worden war. Das Laufbahnmodell der Beklagten ist nachfolgend durch Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 17. Februar 2010 - 1 Bs 241/09 - (ZBR 2010, 265) beanstandet worden.

4

Den Antrag auf Gewährung von Schadensersatz wegen rechtswidrig unterlassener Beförderung lehnte die Beklagte ab. Auch das Klageverfahren blieb erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht hat hierzu ausgeführt: Zwar habe die Beklagte den Bewerbungsverfahrensanspruch der Klägerin dadurch schuldhaft verletzt, dass sie schlechter beurteilte Beamte allein wegen ihrer siebenjährigen Verweildauer vorgezogen habe. Es fehle aber die erforderliche adäquate Kausalität zwischen dieser schuldhaften Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs und der unterbliebenen Beförderung.

5

Tatsächlich habe die Beklagte zwar 397 Beförderungen vorgenommen. Bei hypothetischer Zugrundelegung eines rechtmäßigen Vorgehens und damit ohne Berücksichtigung der geforderten Verweilzeit von sieben Jahren im Amt eines Polizeikommissars hätte sie aber voraussichtlich nur eine geringere Zahl von Beförderungen ausgesprochen. Dies folge aus dem im Haushaltsplan ausgebrachten Stellenvermerk, der eine Beförderung nur nach Maßgabe der kalkulatorischen Regelverweilzeiten zugelassen habe. Für das Haushaltsjahr 2008 hätten damit nur 4 033 Beförderungsmonate zur Verfügung gestanden. Die Zahl der Beförderungsstellen hänge damit von der Verweildauer der Ausgewählten ab, weil die Beförderung dienstjüngerer Beamter zu einer höheren Ausschöpfung von Beförderungsmonaten führe. Für die hypothetische Auswahlrangliste könne entgegen dem von der Beklagten vorgelegten Alternativmodell nicht allein auf die Leistungsnote zurückgegriffen werden. Zur Berücksichtigung der in der dienstlichen Beurteilung ausgewiesenen Potenzialeinschätzung hat das Oberverwaltungsgericht eine Potenzialgesamtnote gebildet und alternative Berechnungen ausgehend von einer gleichen Gewichtung der Noten bis zu einer vierfachen Gewichtung der Leistungsnote angestellt. Da die Klägerin in allen Modellen einen berücksichtigungsfähigen Rangplatz nicht erreichte, hat das Oberverwaltungsgericht eine ernsthafte Beförderungsmöglichkeit bei rechtmäßigem Alternativverhalten verneint.

6

Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Schadensersatzbegehren fort. Sie beantragt,

die Urteile des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 16. November 2012 und des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 4. August 2009, soweit darin ein Schadensersatzantrag abgelehnt wurde, sowie den Bescheid der Polizei Hamburg vom 3. Juli 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als sei sie bereits zum 1. Mai 2008, hilfsweise zu einem späteren Zeitpunkt, zur Polizeioberkommissarin (Besoldungsgruppe A 10 LBesO) befördert worden.

7

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt zwar dadurch revisibles Bundes- (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) und Landesbeamtenrecht (§ 191 Abs. 2 VwGO, § 127 Nr. 2 BRRG, § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG), dass es zur Ermittlung der hypothetischen Beförderungsauswahl eine Befähigungsgesamtnote gebildet und diese zur Erstellung einer Beförderungsrangliste herangezogen hat. Die Entscheidung stellt sich im Ergebnis aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die Klägerin hat keinen Schadensersatzanspruch, weil sie bei rechtmäßiger Gestaltung des Auswahlverfahrens voraussichtlich nicht im Jahr 2008 befördert worden wäre.

9

1. Rechtsgrundlage für das geltend gemachte Begehren ist der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch. Dieses Rechtsinstitut ist in der Rechtsprechung seit langem anerkannt (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. August 1961 - 2 C 165.59 - BVerwGE 13, 17 <18 ff.> mit umfangreichen Nachweisen zur Rechtsprechung des Reichsgerichts sowie Laubinger, VerwArch, Bd. 99 <2008> S. 278 ff.). Es findet seinen Rechtsgrund im Beamtenverhältnis und begründet einen unmittelbar gegen den Dienstherrn gerichteten Ersatzanspruch für Schäden, die aus einer Verletzung der aus dem Beamtenverhältnis folgenden Pflichten entstehen. Als im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis wurzelndes und insofern "quasi-vertragliches" Institut gewährleistet der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch Sekundärrechtsschutz für Pflichtverletzungen aus dem Beamtenverhältnis, wie dies § 280 Abs. 1 BGB für vertragliche Schuldverhältnisse vorsieht (vgl. zur Bezugnahme auf Grundsätze der positiven Vertragsverletzung auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 13. Januar 2010 - 2 BvR 811/09 - BayVBl 2010, 303 Rn. 9).

10

Der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch war ursprünglich auf Verletzungen der Fürsorgepflicht bezogen. Er ist in der Rechtsprechung aber nachfolgend auch auf andere Pflichtverletzungen ausgedehnt worden (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 21. Dezember 2000 - 2 C 39.99 - BVerwGE 112, 308 <312> für die Verletzung der Pflicht zur Berücksichtigung der Kindergeldberechtigung bei der Besoldung), insbesondere auf die Verletzung der Auswahlgrundsätze aus Art. 33 Abs. 2 GG (BVerwG, Urteil vom 25. August 1988 - 2 C 51.86 - BVerwGE 80, 123 <124 f.>).

11

Obwohl der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch im Gegensatz zu § 839 Abs. 1 BGB ein bereits bestehendes Rechtsverhältnis voraussetzt, beansprucht der in § 839 Abs. 3 BGB niedergelegte Rechtsgedanke vom Vorrang des Primärrechtsschutzes auch und gerade für Ansprüche aus dem Beamtenverhältnis wie den hier streitigen Geltung (BVerwG, Urteil vom 28. Mai 1998 - 2 C 29.97 - BVerwGE 107, 29 <31 f.>). Die sekundäre Ersatzpflicht für rechtswidriges staatliches Handeln tritt nicht ein, wenn der Verletzte unmittelbar gegen die beanstandete Entscheidung mögliche Rechtsbehelfe ohne hinreichenden Grund nicht in Anspruch genommen hat.

12

Ein Beamter kann danach von seinem Dienstherrn Ersatz des ihm durch eine Nichtbeförderung entstandenen Schadens verlangen, wenn der Dienstherr bei der Vergabe eines Beförderungsamtes den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch des Beamten auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl schuldhaft verletzt hat, dem Beamten das Amt ohne diesen Rechtsverstoß voraussichtlich übertragen worden wäre und dieser es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <101 f.>, vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 15, vom 29. November 2012 - 2 C 6.11 - BVerwGE 145, 185 Rn. 9 und vom 30. Oktober 2013 - 2 C 23.12 - BVerwGE 148, 217 Rn. 42).

13

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Zwar hat die Beklagte den Bewerbungsverfahrensanspruch der Klägerin verletzt (2.) und dies zu vertreten (3.). Die Klägerin hat auch alle ihr zumutbaren Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verhinderung des Schadenseintritts ausgeschöpft (4.). Es fehlt aber an dem Kausalzusammenhang zwischen der Rechtsverletzung der Beklagten und dem von der Klägerin geltend gemachten Schaden (5.).

14

2. Die Nichteinbeziehung der Klägerin in das Auswahlverfahren 2008 wegen einer fehlenden Verweildauer von mindestens sieben Jahren im Statusamt einer Polizeikommissarin war mit Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG und § 7 Abs. 1 des Hamburgischen Beamtengesetzes in der Fassung vom 29. November 1977 (HmbGVBl. S. 367) nicht vereinbar.

15

Art. 33 Abs. 2 GG sowie die einfach-rechtlichen Konkretisierungen in den Beamtengesetzen gewährleisten jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt im statusrechtlichen Sinne nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Der Grundsatz der Bestenauswahl ist demnach von der Verfassung verbindlich und vorbehaltlos vorgeschrieben. Andere Kriterien können bei der Vergabe öffentlicher Ämter nur Berücksichtigung finden, wenn sie ebenfalls Verfassungsrang haben (BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/04 - BVerfGK 12, 265 <268>). Art. 33 Abs. 2 GG dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes; dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität sollen gerade durch die ungeschmälerte Anwendung des Leistungsgrundsatzes gewährleistet werden. Zum anderen trägt die Vorschrift dem berechtigten Interesse der Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass sie grundrechtsgleiche Rechte auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl begründet. Jeder Bewerber um ein öffentliches Amt hat einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr seine Bewerbung nur aus Gründen zurückweist, die durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind (stRspr, vgl. zuletzt BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 - BVerwGE 147, 20 Rn. 19 f.).

16

Die in einem bestimmten Statusamt geleistete Dienstzeit gehört nicht zu den in Art. 33 Abs. 2 GG genannten Kriterien. Zwar kann sich das Dienstalter auf die Beurteilung von leistungsbezogenen Gesichtspunkten auswirken, weil sich die durch ein höheres Dienstalter typischerweise zum Ausdruck kommende umfassendere Berufserfahrung häufig leistungsfördernd niederschlagen wird. Es gibt jedoch keinen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass von einem höheren Dienstalter stets auf einen höheren Leistungsstand und bessere Bewährungsvoraussetzungen geschlossen werden kann. Dementsprechend ist die Berücksichtigung des Dienstalters bei der Besetzung von Beförderungsstellen grundsätzlich nur im Falle eines Leistungsgleichstands mit Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar (BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <151>).

17

An das Dienstalter anknüpfende Wartezeitregelungen stehen daher nur dann mit Art. 33 Abs. 2 GG in Einklang, wenn sie der sachgerechten Anwendung des Grundsatzes der Bestenauswahl dienen und mit ihnen die praktische Bewährung des Bewerbers im bisherigen Statusamt festgestellt werden soll. Dieser Zweck, die zuverlässige Beurteilung des Leistungsvermögens und eine fundierte Prognose über die voraussichtliche Bewährung in einem höheren Amt zu ermöglichen, setzt dem zeitlichen Umfang solcher "Bewährungszeiten" Grenzen. Sie dürfen nicht länger bemessen sein, als es typischerweise erforderlich ist, um die tatsächlichen Grundlagen für eine Beurteilung und Prognose zu schaffen. Danach hängt die Dauer von Wartezeiten entscheidend vom Inhalt der jeweiligen Ämter ab. Der für eine Regelbeurteilung vorgesehene Zeitraum wird in aller Regel die Obergrenze darstellen (BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <152>; Beschluss vom 25. Oktober 2011 - 2 VR 4.11 - NVwZ-RR 2012, 241 Rn. 35; Urteil vom 26. September 2012 - 2 C 74.10 - BVerwGE 144, 186 Rn. 23; vgl. auch die Vorgabe von zwei Jahren bei der Erprobung für Führungsämter in BVerfG, Beschluss vom 28. Mai 2008 - 2 BvL 11/07 - BVerfGE 121, 205 <228>).

18

Diesen Vorgaben entspricht die in § 7 Abs. 2 i.V.m. § 11 der Richtlinie vom 18. Dezember 2007 zu einem funktions- und leistungsorientierten Laufbahnverlaufsmodell für die Laufbahnabschnitte I und II des Polizeivollzugsdienstes in Hamburg (- LVM-RL -) vorgeschriebene Regelverweilzeit für die Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 10 von sieben Jahren nicht (ebenso bereits OVG Hamburg, Beschluss vom 17. Februar 2010 - 1 Bs 241/09 - ZBR 2010, 265 Rn. 16 ff.). Sie überschreitet die für die Regelbeurteilung vorgesehene Zeit von vier Jahren (vgl. Nr. 4.1 der Richtlinie zum Personalbeurteilungssystem für den Polizeivollzugsdienst der Freien und Hansestadt Hamburg vom 13. März 2007 - Beurteilungs-RL 2007 -) erheblich.

19

Der Umstand, dass die Klägerin in das Leistungsträgerfeststellungsverfahren einbezogen werden konnte, ändert hieran nichts. Für die außerhalb dieses Verfahrens vergebenen Ämter - die im Übrigen quantitativ den weitaus größeren Teil darstellten - wurde ihre Einbeziehung in das Auswahlverfahren ohne rechtfertigenden Grund abgelehnt.

20

3. Diese Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs hat die Beklagte auch zu vertreten.

21

Für die Haftung des Dienstherrn auf Schadensersatz wegen Verletzung von Pflichten aus dem Beamtenverhältnis gilt der allgemeine Verschuldensmaßstab des bürgerlichen Rechts (BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <104> m.w.N.). Zu vertreten hat der Dienstherr danach Vorsatz und Fahrlässigkeit. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 2 BGB). Von den für die Auswahlentscheidung verantwortlichen Beamten muss verlangt werden, dass sie die Sach- und Rechtslage unter Heranziehung aller ihnen zu Gebote stehenden Hilfsmittel gewissenhaft prüfen und sich auf Grund vernünftiger Überlegungen eine Rechtsauffassung bilden. Dazu gehören auch die Auswertung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und ggf. die ernsthafte Auseinandersetzung mit der Frage, ob aus sachfremden Erwägungen gewünschte Personalentscheidungen am Maßstab der relevanten Rechtsnormen Bestand haben können (BVerwG, Urteil vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 39).

22

Nach diesen Maßstäben hat die Beklagte den Verstoß gegen den Grundsatz der Bestenauswahl aus Art. 33 Abs. 2 GG jedenfalls mit Fahrlässigkeit zu vertreten. Bei sorgfältiger rechtlicher Prüfung hätte von den verantwortlichen Beamten erkannt werden müssen, dass die Anforderung einer Mindestverweildauer von sieben Jahren im Statusamt eines Polizeikommissars den rechtlichen Anforderungen und der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht entspricht. Hieran konnte jedenfalls nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - (BVerwGE 122, 147) kein vernünftiger Zweifel mehr bestehen. Auch die von der Beklagten in Auftrag gegebene gutachtliche Stellungnahme von Prof. Dr. S. vom Dezember 2007 war zu dem Ergebnis gelangt, dass der Anciennitätsgrundsatz aus den Beförderungsstrukturen "ganz und gar eliminiert" werden müsse und sich eine Beschränkung des Bewerberkreises in Anknüpfung an Regelverweildauern von vornherein verbiete.

23

4. Die Klägerin hat auch die ihr auf Primärebene zumutbaren Möglichkeiten zur Verfolgung ihres Beförderungsbegehrens ausgeschöpft.

24

Effektiven Rechtsschutz gegen eine zu Unrecht verweigerte Einbeziehung in ein beamtenrechtliches Auswahlverfahren kann der Beamte durch die Erhebung des Widerspruchs (§ 126 Abs. 3 BRRG, § 54 Abs. 2 und § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG) und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 123 Abs. 1 VwGO) gegen die Vergabe des dem Auswahlverfahren zugrunde liegenden Amtes erlangen. Beide Rechtsschutzmöglichkeiten hat die Klägerin wahrgenommen.

25

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts muss sich die Klägerin auch nicht entgegenhalten lassen, den Widerspruchsbescheid vom 9. September 2008 nicht angegriffen zu haben. Dies folgt zunächst schon daraus, dass nicht klar ist, worauf sich die teilweise Zurückweisung des Widerspruchs bezog und was damit ggf. in Bestandskraft hätte erwachsen können. Denn die dort angesprochene Teilnahme am Leistungsträgerfeststellungsverfahren war nicht Gegenstand des Antrags der Klägerin und ist von der Beklagten auch nie in Zweifel gezogen worden. Die Unklarheit, worauf sich die ausgesprochene Neubescheidung der Polizeibehörde bezieht, hat die Klägerin bereits in ihrer Klagebegründung angesprochen. Hätte der Widerspruchsbescheid die beantragte Einbeziehung in die außerhalb des Leistungsträgerfeststellungsverfahrens stattfindenden Auswahlverfahren abgelehnt, müsste daher auch das Klagebegehren dahingehend aufgefasst werden, dass nicht nur Schadensersatz, sondern auch Primärrechtsschutz beantragt worden ist (vgl. zum Grundsatz der rechtsschutzfreundlichen Auslegung BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2013 - 2 C 23.12 - BVerwGE 148, 217 Rn. 15 ff.). Dass die Klägerin trotz der fehlenden Verweilzeit von sieben Jahren im bisherigen Statusamt befördert werden wollte, ist unmissverständlich zum Ausdruck gebracht worden. Kern ihres Anliegens war stets der Vortrag, dass sie auch außerhalb des Leistungsträgerfeststellungsverfahrens in die Auswahlverfahren einbezogen werden müsse. Dies kommt auch in ihrem Klageantrag zum Ausdruck, weil sie die Aufhebung des Bescheids vom 28. Mai 2008 beantragt hat.

26

5. Die Klägerin wäre bei rechtmäßiger Gestaltung des Auswahlverfahrens aber voraussichtlich nicht befördert worden, sodass es an der Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und dem geltend gemachten Schaden fehlt.

27

Der für einen beamtenrechtlichen Schadensersatzanspruch erforderliche adäquat kausale Zusammenhang zwischen der Rechtsverletzung und dem Schaden setzt voraus, dass der Beamte ohne den schuldhaften Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG voraussichtlich befördert worden wäre. Seine Berücksichtigung muss nach Lage der Dinge jedenfalls ernsthaft möglich gewesen sein. Für diese Annahme muss festgestellt werden, welcher hypothetische Kausalverlauf bei rechtmäßigem Vorgehen des Dienstherrn voraussichtlich an die Stelle des tatsächlichen Verlaufs getreten und ob der Beamte ausgewählt worden wäre, wenn der Dienstherr eine rechtmäßige Gestaltung des Auswahlverfahrens vorgenommen hätte (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <108>, vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 42 f. und vom 30. Oktober 2013 - 2 C 23.12 - BVerwGE 148, 217 Rn. 45).

28

Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Die Beklagte hätte bei zutreffender Erkenntnis von der Unzulässigkeit der geforderten Mindestverweilzeit im vorangegangenen Statusamt wegen der Besonderheiten der haushaltsrechtlichen Vorgaben weniger als die tatsächlich beförderten 397 Beamten ausgewählt (a). Bei einer danach zu treffenden Auswahlentscheidung hätte die Klägerin voraussichtlich keine ernsthafte Beförderungschance besessen (b).

29

a) Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hätte die Beklagte, wenn ihr die Rechtswidrigkeit der geforderten Mindestverweilzeit von sieben Jahren im Amt des Polizeikommissars vor einer Beförderung zum Polizeioberkommissar bewusst gewesen wäre, nicht 397 Beamte befördert, sondern nur Beförderungen in derjenigen Anzahl vorgenommen, die durch den Stellenvermerk des Haushaltsbeschlusses ausfinanziert war.

30

aa) Diese Feststellung hypothetischer Tatsachen nimmt an der Bindungswirkung des § 137 Abs. 2 VwGO teil (vgl. Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, Großkommentar, 4. Aufl. 2014, § 137 Rn. 126; Kraft, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 137 Rn. 47). Dies folgt aus der Aufgabenteilung zwischen Revisionsgericht und Tatsacheninstanz. Die Revision ist darauf beschränkt, neben der Einhaltung des Verfahrens die Rechtsanwendung des Tatsachengerichts zu überprüfen. Das Revisionsgericht nimmt daher keine eigenständige Tatsachenfeststellung vor, sondern legt seiner Beurteilung - sofern keine begründeten Verfahrensrügen erhoben worden sind - den von der Vorinstanz festgestellten Lebenssachverhalt zugrunde. Die Bindungswirkung aus § 137 Abs. 2 VwGO erstreckt sich deshalb auf die entscheidungserheblichen Tatsachen, welche die Tatbestandsmerkmale der einschlägigen Rechtsnormen ausfüllen sollen. Ausgehend hiervon überprüft das Revisionsgericht die Anwendung des Rechts auf eine Verletzung von Bundesrecht oder anderen revisiblen Rechtsnormen.

31

Zur Beantwortung der Frage, ob eine fehlerhafte Gestaltung des Auswahlverfahrens adäquat kausal für die Nichtbeförderung war, muss das Tatsachengericht den Prozess der Entscheidungsfindung aufklären, um beurteilen zu können, welchen Verlauf die Dinge bei Vermeidung des Verstoßes gegen Art. 33 Abs. 2 GG voraussichtlich genommen hätten (BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <108>). Die eigenständige Feststellung dieser hypothetischen Tatsachen ist dem Revisionsgericht verwehrt. Die Erkenntnis hierüber ist nicht Teil der Rechtsanwendung, sondern Feststellung des ihr vorausliegenden Sachverhalts.

32

bb) Diese hypothetische Annahme unterstellt ein rechtmäßiges Alternativverhalten der Beklagten und ist daher revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.

33

Nach § 49 Abs. 1 LHO HH in der Fassung vom 12. Juni 2007 darf ein Amt nur zusammen mit der Einweisung in eine besetzbare Planstelle verliehen werden. Auch bei der Betrachtung des hypothetischen Alternativverhaltens der Beklagten sind diese haushaltsrechtlichen Vorgaben für mögliche Beförderungen zu berücksichtigen. Eine andere Gestaltung des Beförderungsgeschehens wäre nicht rechtmäßig gewesen.

34

Die Beschränkung ergibt sich indes nicht bereits aus der Zahl der vom Haushaltsgeber zur Verfügung gestellten Planstellen. Denn durch Beschluss der Bürgerschaft vom 5. Juli 2007 (Plenarprotokoll 18/85 S. 4552) sind die im Haushaltsplan 2007/2008 (Stellenplan des Einzelplans 8.1 für die Behörde für Inneres) bewilligten Polizeivollzugsstellen der Besoldungsgruppen A 7 bis A 11 LBesO gestrichen und in gleicher Zahl als gebündelte Stellen A 7/A 8/A 9/A 10/A 11 LBesO für die Schutz- und Wasserschutzpolizei und als gebündelte Stellen A 9/A 10/A 11 LBesO für die Kriminalpolizei ausgebracht worden (Bürgerschafts-Drs. 18/6273 S. 3). Eine ausreichende Anzahl von A 10-Planstellen für die tatsächlich vorgenommenen 397 Beförderungen war deshalb vorhanden.

35

Der Haushaltsansatz war jedoch mit dem Stellenvermerk versehen: "Die Stellen dürfen im Rahmen der in dieser Drucksache genannten Verweilzeiten ausgenutzt werden". Nur in diesem Umfang waren die freien Planstellen nach dem wirksamen Haushaltsbeschluss der Bürgerschaft deshalb besetzbar.

36

Für den Funktionskreis 2 "A 9 - A 10" war in Anlage 1 der Drucksache eine "kalkulatorische Verweilzeit" von 11 Jahren vorgesehen. Auf Basis dieser Verweilzeiten wurden die jährlich anfallenden Mehrkosten - insgesamt 3,9 Mio. € bis ins Jahr 2027 - berechnet (Anlage 2 der Drucksache). Der Mittelansatz für die gebündelten Stellen ging daher von einer durch die vorgegebenen Regelverweilzeiten gesteuerten Beförderungspraxis aus und legte der Berechnung die sich hieraus ergebende Verteilung von A 9, A 10 und A 11 Stellen zugrunde. Der Stellenvermerk hat damit zwar keinen konkreten Betrag als Begrenzung möglicher Beförderungen genannt. Er hat jedoch ein Berechnungsmodell vorgegeben, aus dem sich jeweils ein bestimmbarer Betrag ergab. Dementsprechend hat die Beklagte ermittelt, wie viele Beamte in welchem Monat des Jahres 2008 die vorgesehene Regelverweildauer erreicht hätten. Daraus wurde entnommen, wie viel Geld im Haushaltsjahr für diese Beamten im Falle der Beförderung benötigt würde. Diese in Beförderungsmonaten ausgewiesene Grenze war der haushaltsrechtliche Rahmen, der für Beförderungen zur Verfügung stand. Für das Jahr 2008 ergaben sich so 4 033 Beförderungsmonate A 10 LBesO. Nur in diesem Umfang standen der Beklagten besetzbare Planstellen zur Verfügung.

37

Dem Stellenvermerk des Haushaltsbeschlusses lag damit zwar als kalkulatorische Grundlage eine an Verweilzeiten orientierte Beförderungspraxis zugrunde, die Art. 33 Abs. 2 GG nicht entspricht. Dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass besetzbare Planstellen für die Polizei nur in dem ausgebrachten Umfang zur Verfügung standen. An diese limitierende Vorgabe hätte sich die Beklagte auch dann halten müssen, wenn ihr die Rechtswidrigkeit der dem Laufbahnmodell zugrunde liegenden Mindestverweildauer von sieben Jahren im Statusamt eines Polizeikommissars bewusst gewesen wäre. In keinem Falle hätte der Dienstherr den im Haushaltsbeschluss vorgegebenen Rahmen überschreiten dürfen.

38

Ist der Haushaltsplan für das Rechnungsjahr durch Beschluss der Bürgerschaft aufgestellt worden, so darf der Senat bei der Ausgabe von Haushaltsmitteln die Haushaltsansätze nicht überschreiten (Art. 66 der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg vom 6. Juni 1952, HmbGVBl. S. 117). Erweisen sich die vorhandenen Haushaltsansätze im Laufe des jeweiligen Haushaltsjahres als zu gering oder ergeben sich sachliche Bedürfnisse, die der Haushaltsbeschluss nicht berücksichtigt hat, muss der Senat eine Nachbewilligung von Haushaltsmitteln nach Maßgabe des Art. 68 der Verfassung herbeiführen (vgl. zur entsprechenden Lage auf Bundesebene: BVerfG, Urteile vom 25. Mai 1977 - 2 BvE 1/74 - BVerfGE 45, 1 <34> und vom 18. März 2014 - 2 BvR 1390/12 u.a. - NJW 2014, 1505 Rn. 201). Solange ein entsprechender Nachtragshaushalt nicht beschlossen worden ist, stehen weitere Mittel nicht zur Verfügung.

39

Auch die Betrachtungen zur hypothetischen Kausalität müssen deshalb von einem Alternativmodell ausgehen, das den vorgegebenen Haushaltsansatz wahrt. Bezugspunkt der hypothetischen Erwägungen ist die Pflichtverletzung des Dienstherrn, hieran knüpft der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch an. Auf die Frage, ob bereits dem Beschluss der Bürgerschaft selbst ein Verstoß gegen die Auswahlgrundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG anhaftet (verneinend OVG Hamburg, Urteil vom 20. Mai 2011 - 1 Bf 284/09 - S. 16 f.), kommt es daher nicht an. Ebenso ist unerheblich, dass ein Schadensersatzanspruch nicht unter dem Vorbehalt der haushaltsrechtlichen Bewilligung steht. Streitig ist nicht die Zahlung eines bestehenden Schadensersatzbetrages, sondern die vorgelagerte Frage, ob ein Schadensersatzanspruch entstanden ist. Für die damit ausschlaggebende Frage, welcher hypothetische Kausalverlauf bei rechtmäßigem Vorgehen des Dienstherrn voraussichtlich an die Stelle des tatsächlichen Verlaufs getreten wäre, sind die haushaltsrechtlichen Vorgaben zu berücksichtigen. Die Anzahl der möglichen Beförderungen hängt damit von der konkreten Zusammensetzung der Bewerberrangliste ab.

40

b) Bei einer hypothetischen Auswahlentscheidung, die auch diejenigen Bewerber einbezieht, die nicht über eine Mindestverweilzeit von sieben Jahren im vorangegangenen Statusamt verfügen, wäre die Klägerin voraussichtlich nicht berücksichtigt worden.

41

aa) Entgegen der vom Oberverwaltungsgericht vertretenen Auffassung wäre die Beklagte dabei nicht verpflichtet gewesen, aus den in der dienstlichen Beurteilung enthaltenen "Potenzialeinschätzungen" eine Gesamtnote zu bilden und diese bei der Bildung einer Auswahlrangliste zu berücksichtigen.

42

In der dienstlichen Beurteilung der Beklagten werden "Potenzialeinschätzungen" zu den Merkmalen: Teamfähigkeit, Konfliktfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, schriftliche Ausdrucksfähigkeit, Entscheidungsfähigkeit, Planungs- und Organisationsfähigkeit, Selbstständigkeit, Dienstleistungs-/Kundenorientierung, Flexibilität/Innovationsfähigkeit, kognitive Fähigkeiten, körperliche Belastungsfähigkeit, Stressfähigkeit (und vorliegend nicht bewertet Führungsfähigkeit) verlangt und abgegeben. Damit werden allgemein für die dienstliche Verwendung bedeutsame Eigenschaften des Beamten angesprochen, die - weil nicht auf ein bestimmtes Amt und die hierfür bestehenden Anforderungen bezogen (dann Eignung, vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 - BVerwGE 147, 244 Rn. 10) - unter den Begriff der Befähigung im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG fallen (BVerfG, Beschluss vom 20. April 2004 - 1 BvR 838/01 u.a. - BVerfGE 110, 304 <322>; BVerwG, Urteile vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <150 f.> und vom 26. September 2012 - 2 C 74.10 - BVerwGE 144, 186 Rn. 20; vgl. zum Begriff der Befähigung auch die Legaldefinition in § 2 Abs. 3 BLV).

43

Diese personenbezogenen Eigenschaften sind von Art. 33 Abs. 2 GG erfasst und können bei einer Auswahlentscheidung daher auch berücksichtigt werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn das angestrebte Amt - etwa im Hinblick auf mit ihm typischerweise verbundene Führungsaufgaben - andere Anforderungen stellt als das vom Beamten bislang innegehabte, und der Prognoseschluss für die künftige Eignung sich daher nicht in der Bewertung der bislang erbrachten Leistungen erschöpfen kann.

44

Befähigungsmerkmale entziehen sich aber einer generellen und bezugsunabhängigen Gesamtbewertung oder gar Notenvergabe. Nach welchen Maßstäben und zu welchem Zweck die Eigenschaften des Beamten, die weder in der auf dem Dienstposten gezeigten Leistung Ausdruck gefunden haben noch als Eignungsmerkmale für die Anforderungen des angestrebten Amtes zu berücksichtigen sind, in einer umfassenden persönlichen Befähigungsgesamtnote zusammengefasst werden sollten oder könnten, ist nicht ersichtlich. Eine derartige Gesamtsaldierung widerspricht vielmehr dem Sinn der Befähigungsanalyse, mit der individuelle Stärken und Schwächen des Beamten herausdifferenziert werden sollen, um eine fundierte Erkenntnisgrundlage für die künftige Verwendung des Beamten zu schaffen (vgl. Schäfer, ZBR 1983, 173 <179>; Schnellenbach/Bodanowitz, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, Stand September 2014, Rn. 257). Folgerichtig war in Nr. 9 der Beurteilungs-RL 2007 auch ausdrücklich vorgegeben, dass eine zusammenfassende Bewertung (Gesamturteil) oder Potenzialeinschätzungen unzulässig ist und zu unterbleiben hat. Die Forderung des Oberverwaltungsgerichts nach einer Befähigungsgesamtnote entbehrt daher der rechtlichen Grundlage.

45

bb) Zutreffend ist allerdings die Ausgangserwägung, dass der Dienstherr für die Auswahlentscheidung eine Eignungsprognose abzugeben hat, die sich grundsätzlich nicht in der Bewertung der bislang gezeigten Leistungen erschöpft. Das maßgebliche Gesamturteil muss auf die Anforderungen des zu vergebenden Amtes bezogen sein. Dies gilt auch für die Einreihung in eine Rangliste, wenn diese maßgeblich für die nachfolgenden Beförderungen sein soll (BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 - 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83 Rn. 14). Insbesondere wenn die Anforderungen des angestrebten Amtes - etwa im Hinblick auf typischerweise wahrzunehmende Führungsaufgaben - nicht identisch mit denjenigen des bisherigen Amtes sind, müssen daher zusätzliche Erwägungen angestellt werden. Hierfür sind die in der dienstlichen Beurteilung ausgewiesenen Befähigungseinschätzungen heranzuziehen. Auswahlerwägungen, die diesen Maßstäben genügen, hat die Beklagte nicht angestellt.

46

Die vom Oberverwaltungsgericht festgestellten Tatsachen bieten aber eine ausreichende Grundlage für den Schluss, dass eine Auswahl der Klägerin auch bei ordnungsgemäßem Auswahlverfahren nicht ernsthaft möglich gewesen wäre. Der Abstand ihrer Leistungsnote von denjenigen Notenwerten, die bei Zugrundelegung der hypothetischen Beförderungsrangliste und der sich aus den haushaltsrechtlichen Bindungen der Beklagten noch für eine Berücksichtigung in der Beförderungsrunde 2008 ausgereicht hätten, ist zu weit und die Anzahl der in ihren bisherigen Leistungen besser beurteilten Mitbewerber damit zu groß, um bei einer hypothetischen Alternativbetrachtung für das Jahr 2008 von einer reellen Beförderungschance ausgehen zu können.

47

Für diese Feststellung kann auf die zum Stichtagsdatum 19. September 2008 aus Anlass des damaligen Leistungsträgerfeststellungsverfahrens erstellten dienstlichen Beurteilungen zurückgegriffen werden. Diese nehmen zwar für die vor dem Stichtagsdatum liegenden Beförderungsentscheidungen nicht auf den zutreffenden Beurteilungszeitraum Bezug und weisen auch nur hinsichtlich der rückschauend betrachteten Leistung eine Beurteilung aus. Die hieraus entwickelte Rangliste entspricht daher nicht den an eine ordnungsgemäße Beförderungsauswahl zu stellenden Anforderungen. Die aus dem Jahr 2008 stammenden und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhenden dienstlichen Beurteilungen stellen aber eine hinreichend sichere Vergleichsbasis für die im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs allein zu entscheidende Frage dar, ob die Klägerin bei einem ordnungsgemäß durchgeführten Auswahlverfahren im Jahr 2008 voraussichtlich befördert worden wäre.

48

Ausreichende Anhaltspunkte für die Rekonstruktion der hypothetischen Auswahlentscheidung lassen sich diesen dienstlichen Beurteilungen insbesondere deshalb entnehmen, weil bei einer Beförderung innerhalb der Laufbahn des gehobenen Polizeivollzugsdienstes maßgeblich auf die bisher im niedrigeren Statusamt der Laufbahn erbrachten fachlichen Leistungen abzustellen ist.

49

Art. 33 Abs. 2 GG dient dem Interesse der bestmöglichen Besetzung öffentlicher Ämter. Ausgewählt werden soll der Bewerber, der für die künftige Amtstätigkeit am besten geeignet ist. Die Auswahlentscheidung erfordert daher eine vorausschauende Aussage darüber, ob und wie der Bewerber die ihm in dem angestrebtem Amt obliegenden beamtenrechtlichen Pflichten erfüllen wird (BVerfG, Urteil vom 24. September 2003 - 2 BvR 1436/02 - BVerfGE 108, 282 <296>). Für den Vergleich der Bewerber um ein Beförderungsamt kann und muss auf die im bisherigen Amt erbrachten Leistungen zurückgegriffen werden. Nur die im bisherigen Amt gezeigten Leistungen bieten eine hinreichende Tatsachengrundlage für den Prognoseschluss, ob sich der Beamte auch in dem angestrebten höheren Amt voraussichtlich bewähren wird (BVerwG, Beschluss vom 22. November 2012 - 2 VR 5.12 - BVerwGE 145, 112 Rn. 23 f.).

50

Die besondere Bedeutung der bislang gezeigten fachlichen Leistung folgt hier überdies aus dem Umstand, dass die Polizeivollzugsbeamten der Beklagten auf gebündelten Dienstposten eingesetzt werden und die Anforderungen des bisherigen und diejenigen des künftigen Amtes nach Auffassung der Beklagten daher weitgehend identisch sind. Es ist daher davon auszugehen, dass die Beurteilung der erbrachten Leistung hier grundsätzlich auch der Eignungsprognose entspricht. Angesichts weitgehend identischer Amtsanforderungen dürfte sich daher nur in besonders gelagerten Fällen aus den persönlichen Eigenschaften eine von der Leistungsbeurteilung abweichende Eignungsprognose ergeben. Dieser Unsicherheit kann im Rahmen der hypothetischen Auswahlerwägungen durch einen Sicherheitszuschlag Rechnung getragen werden.

51

Da die Klägerin mit ihrer Leistungsbeurteilung von 3,25 weit von den für eine Beförderung erforderlichen Notenwerten entfernt gewesen ist, kann auch bei Hinzurechnung eines angemessenen Sicherheitszuschlags festgestellt werden, dass sie im Falle einer rechtmäßigen Gestaltung des Auswahlverfahrens durch die Beklagte voraussichtlich nicht befördert worden wäre.

52

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

B e s c h l u s s

vom 19. März 2015

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 20 602,44 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 GKG). Eine Festsetzung anhand der bloßen Besoldungsdifferenz nach § 52 Abs. 1 GKG scheidet aus, weil beamtenrechtliche Schadensersatzklagen auch dienst- und versorgungsrechtliche Konsequenzen bewirken.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.

(1) Beförderung ist die Verleihung eines höheren Dienstgrades.

(2) Die Dienstgrade einer Laufbahn sind regelmäßig zu durchlaufen, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist.

(3) Den in § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 6 Genannten kann abweichend von Absatz 2 ein höherer Dienstgrad verliehen werden

1.
für eine militärische Verwendung, wenn die für diese Verwendung erforderlichen militärischen Kenntnisse und Fähigkeiten und die erforderliche Lebenserfahrung durch eine berufliche Tätigkeit in Streitkräften oder streitkräfteähnlichen Einrichtungen erworben worden sind, oder
2.
für eine militärfachliche Verwendung, insbesondere eine solche, die einem Berufsbild aus dem Bereich des Gesundheits-, Verwaltungs-, Logistik- oder Medienwesens oder einem technischen Beruf entspricht, wenn die für diese Verwendung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten und die erforderliche Lebenserfahrung durch eine zivilberufliche Tätigkeit erworben worden sind.
Den in § 1 Satz 1 Nummer 3 bis 6 Genannten wird der Dienstgrad vorläufig verliehen; er kann nach einem Wehrdienst von mindestens der in § 10 Absatz 2 Satz 1, § 22 Absatz 2 Satz 5 und § 43 Absatz 5 Satz 2 jeweils bestimmten Dauer endgültig verliehen werden. In den Fällen nach Satz 1 Nummer 2 kann der höhere Dienstgrad auch zeitweilig für die Dauer der Verwendung verliehen werden. Über die Verleihung der höheren Dienstgrade entscheidet das Bundesministerium der Verteidigung oder die von ihm beauftragte Stelle. Die Laufbahn ist in der Entscheidung zu bezeichnen. Die Sätze 1 und 4 gelten entsprechend für die in § 1 Satz 1 Nummer 7 Genannten; der höhere Dienstgrad darf nur für die Dauer der dienstlichen Veranstaltung verliehen werden.

(1) Eine Beförderung ist, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, frühestens ein Jahr nach der Einstellung oder der letzten Beförderung zulässig, es sei denn, dass der bisherige Dienstgrad nicht regelmäßig durchlaufen werden musste.

(2) Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden ab dem Tag der Einstellung gerechnet oder, falls die Dienstzeit in einem bestimmten Dienstgrad abgeleistet sein muss, ab dem Tag, an dem die Ernennung wirksam geworden ist. Dabei gilt bei einer Einstellung oder Einberufung mit einem höheren als dem untersten Dienstgrad der Mannschaften die Zeit als erfüllt, die nach dieser Verordnung für eine Beförderung zu dem Dienstgrad, mit dem die Soldatin oder der Soldat eingestellt oder einberufen worden ist, erforderlich ist. Bei Soldatinnen oder Soldaten, die vor ihrer Einstellung Dienst als Beamtinnen oder Beamte im Bundesgrenzschutz, in der Bundespolizei oder in einer Bereitschaftspolizei der Länder geleistet haben, wird diese Dienstzeit auf die entsprechenden Dienstzeiten angerechnet, die Voraussetzung für die Beförderungen sind.

(3) Als Dienstzeit gilt auch die Zeit

1.
in einem vorläufigen Dienstgrad, wenn der Soldatin oder dem Soldaten dieser Dienstgrad verliehen worden ist; dies gilt nicht für die Zeit in einem vorläufigen Dienstgrad, den frühere Angehörige der ehemaligen Nationalen Volksarmee auf Anordnung des Bundesministeriums der Verteidigung während des Dienstverhältnisses besonderer Art geführt haben;
2.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge für die Tätigkeit in öffentlichen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen oder zur Übernahme von Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit;
3.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge, der dienstlichen Interessen oder öffentlichen Belangen dient, bis zur Dauer von insgesamt zwei Jahren; die zeitliche Grenze gilt nicht, wenn der Urlaub für eine der folgenden Tätigkeiten erteilt worden ist:
a)
für eine Tätigkeit als wissenschaftliche Assistentin oder wissenschaftlicher Assistent oder als Geschäftsführerin oder Geschäftsführer bei Fraktionen des Deutschen Bundestages oder der Landtage,
b)
für eine Tätigkeit bei der Deutschen Flugsicherung GmbH,
c)
für eine Tätigkeit bei sonstigen Gesellschaften des Bundes oder Gesellschaften mit Bundesbeteiligung oder
d)
für eine Tätigkeit bei Unternehmen, mit denen die Bundeswehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben auf vertraglicher Grundlage zusammenarbeitet;
4.
einer Elternzeit nach § 28 Absatz 7 des Soldatengesetzes sowie eines Urlaubs nach § 28 Absatz 5 des Soldatengesetzes.
Satz 1 Nummer 2 oder 3 ist nur anzuwenden, wenn die Soldatin oder der Soldat Aufgaben wahrnimmt, die ihrem oder seinem Dienstgrad entsprechen. Das Bundesministerium der Verteidigung hat bei Gewährung des Urlaubs schriftlich festzustellen, dass die Voraussetzungen vorliegen.

(4) Bei der Anrechnung von Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden Teilzeitbeschäftigung und Vollzeitbeschäftigung gleich behandelt.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Eine Beförderung ist, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, frühestens ein Jahr nach der Einstellung oder der letzten Beförderung zulässig, es sei denn, dass der bisherige Dienstgrad nicht regelmäßig durchlaufen werden musste.

(2) Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden ab dem Tag der Einstellung gerechnet oder, falls die Dienstzeit in einem bestimmten Dienstgrad abgeleistet sein muss, ab dem Tag, an dem die Ernennung wirksam geworden ist. Dabei gilt bei einer Einstellung oder Einberufung mit einem höheren als dem untersten Dienstgrad der Mannschaften die Zeit als erfüllt, die nach dieser Verordnung für eine Beförderung zu dem Dienstgrad, mit dem die Soldatin oder der Soldat eingestellt oder einberufen worden ist, erforderlich ist. Bei Soldatinnen oder Soldaten, die vor ihrer Einstellung Dienst als Beamtinnen oder Beamte im Bundesgrenzschutz, in der Bundespolizei oder in einer Bereitschaftspolizei der Länder geleistet haben, wird diese Dienstzeit auf die entsprechenden Dienstzeiten angerechnet, die Voraussetzung für die Beförderungen sind.

(3) Als Dienstzeit gilt auch die Zeit

1.
in einem vorläufigen Dienstgrad, wenn der Soldatin oder dem Soldaten dieser Dienstgrad verliehen worden ist; dies gilt nicht für die Zeit in einem vorläufigen Dienstgrad, den frühere Angehörige der ehemaligen Nationalen Volksarmee auf Anordnung des Bundesministeriums der Verteidigung während des Dienstverhältnisses besonderer Art geführt haben;
2.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge für die Tätigkeit in öffentlichen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen oder zur Übernahme von Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit;
3.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge, der dienstlichen Interessen oder öffentlichen Belangen dient, bis zur Dauer von insgesamt zwei Jahren; die zeitliche Grenze gilt nicht, wenn der Urlaub für eine der folgenden Tätigkeiten erteilt worden ist:
a)
für eine Tätigkeit als wissenschaftliche Assistentin oder wissenschaftlicher Assistent oder als Geschäftsführerin oder Geschäftsführer bei Fraktionen des Deutschen Bundestages oder der Landtage,
b)
für eine Tätigkeit bei der Deutschen Flugsicherung GmbH,
c)
für eine Tätigkeit bei sonstigen Gesellschaften des Bundes oder Gesellschaften mit Bundesbeteiligung oder
d)
für eine Tätigkeit bei Unternehmen, mit denen die Bundeswehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben auf vertraglicher Grundlage zusammenarbeitet;
4.
einer Elternzeit nach § 28 Absatz 7 des Soldatengesetzes sowie eines Urlaubs nach § 28 Absatz 5 des Soldatengesetzes.
Satz 1 Nummer 2 oder 3 ist nur anzuwenden, wenn die Soldatin oder der Soldat Aufgaben wahrnimmt, die ihrem oder seinem Dienstgrad entsprechen. Das Bundesministerium der Verteidigung hat bei Gewährung des Urlaubs schriftlich festzustellen, dass die Voraussetzungen vorliegen.

(4) Bei der Anrechnung von Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden Teilzeitbeschäftigung und Vollzeitbeschäftigung gleich behandelt.

Tatbestand

1

Die 1961 geborene Klägerin steht seit 1981 im Polizeidienst der Beklagten. Ab November 1999 bekleidete sie ein Amt der Besoldungsgruppe A 9 LBesO, zunächst als Polizeihauptmeisterin im mittleren Dienst und seit Juni 2002 als Polizeikommissarin im gehobenen Dienst. Am 19. Juni 2009 wurde sie zur Polizeioberkommissarin (Besoldungsgruppe A 10 LBesO) befördert. Mit der Klage begehrt sie Schadensersatz ab 1. Mai 2008 wegen verspäteter Beförderung.

2

Die Beklagte beförderte im Jahr 2008 insgesamt 397 Bewerber zu Polizei- oder Kriminaloberkommissaren. Grundlage hierfür war ein Laufbahnmodell, das einen Regelaufstieg der Polizeivollzugsbeamten bis zur Besoldungsgruppe A 11 LBesO vorsah. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die vorgesehenen Beförderungen waren Regelverweilzeiten im jeweiligen Amt, die für die Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 10 LBesO sieben Jahre betrugen. Vor Erreichen dieser Wartezeiten waren Beförderungen nur für überdurchschnittlich leistungsstarke Beamte möglich. Das hierfür geregelte Leistungsträgerfeststellungsverfahren sollte einmal jährlich durchgeführt und Ende Oktober abgeschlossen sein. Im Jahr 2008 wurden auf diesem Wege 26 Bewerber befördert.

3

Da die Klägerin die vorausgesetzte Verweilzeit von sieben Jahren noch nicht absolviert hatte, lehnte die Polizeibehörde den Antrag auf Einbeziehung in die Auswahlverfahren des Jahres 2008 für die Vergabe von Beförderungsämtern der Besoldungsgruppe A 10 LBesO ab und verwies auf das zum Jahresende noch ausstehende Leistungsträgerfeststellungsverfahren. Ein Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat die Klägerin für erledigt erklärt, nachdem sie zur Polizeioberkommissarin befördert worden war. Das Laufbahnmodell der Beklagten ist nachfolgend durch Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 17. Februar 2010 - 1 Bs 241/09 - (ZBR 2010, 265) beanstandet worden.

4

Den Antrag auf Gewährung von Schadensersatz wegen rechtswidrig unterlassener Beförderung lehnte die Beklagte ab. Auch das Klageverfahren blieb erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht hat hierzu ausgeführt: Zwar habe die Beklagte den Bewerbungsverfahrensanspruch der Klägerin dadurch schuldhaft verletzt, dass sie schlechter beurteilte Beamte allein wegen ihrer siebenjährigen Verweildauer vorgezogen habe. Es fehle aber die erforderliche adäquate Kausalität zwischen dieser schuldhaften Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs und der unterbliebenen Beförderung.

5

Tatsächlich habe die Beklagte zwar 397 Beförderungen vorgenommen. Bei hypothetischer Zugrundelegung eines rechtmäßigen Vorgehens und damit ohne Berücksichtigung der geforderten Verweilzeit von sieben Jahren im Amt eines Polizeikommissars hätte sie aber voraussichtlich nur eine geringere Zahl von Beförderungen ausgesprochen. Dies folge aus dem im Haushaltsplan ausgebrachten Stellenvermerk, der eine Beförderung nur nach Maßgabe der kalkulatorischen Regelverweilzeiten zugelassen habe. Für das Haushaltsjahr 2008 hätten damit nur 4 033 Beförderungsmonate zur Verfügung gestanden. Die Zahl der Beförderungsstellen hänge damit von der Verweildauer der Ausgewählten ab, weil die Beförderung dienstjüngerer Beamter zu einer höheren Ausschöpfung von Beförderungsmonaten führe. Für die hypothetische Auswahlrangliste könne entgegen dem von der Beklagten vorgelegten Alternativmodell nicht allein auf die Leistungsnote zurückgegriffen werden. Zur Berücksichtigung der in der dienstlichen Beurteilung ausgewiesenen Potenzialeinschätzung hat das Oberverwaltungsgericht eine Potenzialgesamtnote gebildet und alternative Berechnungen ausgehend von einer gleichen Gewichtung der Noten bis zu einer vierfachen Gewichtung der Leistungsnote angestellt. Da die Klägerin in allen Modellen einen berücksichtigungsfähigen Rangplatz nicht erreichte, hat das Oberverwaltungsgericht eine ernsthafte Beförderungsmöglichkeit bei rechtmäßigem Alternativverhalten verneint.

6

Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Schadensersatzbegehren fort. Sie beantragt,

die Urteile des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 16. November 2012 und des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 4. August 2009, soweit darin ein Schadensersatzantrag abgelehnt wurde, sowie den Bescheid der Polizei Hamburg vom 3. Juli 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als sei sie bereits zum 1. Mai 2008, hilfsweise zu einem späteren Zeitpunkt, zur Polizeioberkommissarin (Besoldungsgruppe A 10 LBesO) befördert worden.

7

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt zwar dadurch revisibles Bundes- (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) und Landesbeamtenrecht (§ 191 Abs. 2 VwGO, § 127 Nr. 2 BRRG, § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG), dass es zur Ermittlung der hypothetischen Beförderungsauswahl eine Befähigungsgesamtnote gebildet und diese zur Erstellung einer Beförderungsrangliste herangezogen hat. Die Entscheidung stellt sich im Ergebnis aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die Klägerin hat keinen Schadensersatzanspruch, weil sie bei rechtmäßiger Gestaltung des Auswahlverfahrens voraussichtlich nicht im Jahr 2008 befördert worden wäre.

9

1. Rechtsgrundlage für das geltend gemachte Begehren ist der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch. Dieses Rechtsinstitut ist in der Rechtsprechung seit langem anerkannt (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. August 1961 - 2 C 165.59 - BVerwGE 13, 17 <18 ff.> mit umfangreichen Nachweisen zur Rechtsprechung des Reichsgerichts sowie Laubinger, VerwArch, Bd. 99 <2008> S. 278 ff.). Es findet seinen Rechtsgrund im Beamtenverhältnis und begründet einen unmittelbar gegen den Dienstherrn gerichteten Ersatzanspruch für Schäden, die aus einer Verletzung der aus dem Beamtenverhältnis folgenden Pflichten entstehen. Als im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis wurzelndes und insofern "quasi-vertragliches" Institut gewährleistet der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch Sekundärrechtsschutz für Pflichtverletzungen aus dem Beamtenverhältnis, wie dies § 280 Abs. 1 BGB für vertragliche Schuldverhältnisse vorsieht (vgl. zur Bezugnahme auf Grundsätze der positiven Vertragsverletzung auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 13. Januar 2010 - 2 BvR 811/09 - BayVBl 2010, 303 Rn. 9).

10

Der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch war ursprünglich auf Verletzungen der Fürsorgepflicht bezogen. Er ist in der Rechtsprechung aber nachfolgend auch auf andere Pflichtverletzungen ausgedehnt worden (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 21. Dezember 2000 - 2 C 39.99 - BVerwGE 112, 308 <312> für die Verletzung der Pflicht zur Berücksichtigung der Kindergeldberechtigung bei der Besoldung), insbesondere auf die Verletzung der Auswahlgrundsätze aus Art. 33 Abs. 2 GG (BVerwG, Urteil vom 25. August 1988 - 2 C 51.86 - BVerwGE 80, 123 <124 f.>).

11

Obwohl der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch im Gegensatz zu § 839 Abs. 1 BGB ein bereits bestehendes Rechtsverhältnis voraussetzt, beansprucht der in § 839 Abs. 3 BGB niedergelegte Rechtsgedanke vom Vorrang des Primärrechtsschutzes auch und gerade für Ansprüche aus dem Beamtenverhältnis wie den hier streitigen Geltung (BVerwG, Urteil vom 28. Mai 1998 - 2 C 29.97 - BVerwGE 107, 29 <31 f.>). Die sekundäre Ersatzpflicht für rechtswidriges staatliches Handeln tritt nicht ein, wenn der Verletzte unmittelbar gegen die beanstandete Entscheidung mögliche Rechtsbehelfe ohne hinreichenden Grund nicht in Anspruch genommen hat.

12

Ein Beamter kann danach von seinem Dienstherrn Ersatz des ihm durch eine Nichtbeförderung entstandenen Schadens verlangen, wenn der Dienstherr bei der Vergabe eines Beförderungsamtes den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch des Beamten auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl schuldhaft verletzt hat, dem Beamten das Amt ohne diesen Rechtsverstoß voraussichtlich übertragen worden wäre und dieser es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <101 f.>, vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 15, vom 29. November 2012 - 2 C 6.11 - BVerwGE 145, 185 Rn. 9 und vom 30. Oktober 2013 - 2 C 23.12 - BVerwGE 148, 217 Rn. 42).

13

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Zwar hat die Beklagte den Bewerbungsverfahrensanspruch der Klägerin verletzt (2.) und dies zu vertreten (3.). Die Klägerin hat auch alle ihr zumutbaren Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verhinderung des Schadenseintritts ausgeschöpft (4.). Es fehlt aber an dem Kausalzusammenhang zwischen der Rechtsverletzung der Beklagten und dem von der Klägerin geltend gemachten Schaden (5.).

14

2. Die Nichteinbeziehung der Klägerin in das Auswahlverfahren 2008 wegen einer fehlenden Verweildauer von mindestens sieben Jahren im Statusamt einer Polizeikommissarin war mit Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG und § 7 Abs. 1 des Hamburgischen Beamtengesetzes in der Fassung vom 29. November 1977 (HmbGVBl. S. 367) nicht vereinbar.

15

Art. 33 Abs. 2 GG sowie die einfach-rechtlichen Konkretisierungen in den Beamtengesetzen gewährleisten jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt im statusrechtlichen Sinne nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Der Grundsatz der Bestenauswahl ist demnach von der Verfassung verbindlich und vorbehaltlos vorgeschrieben. Andere Kriterien können bei der Vergabe öffentlicher Ämter nur Berücksichtigung finden, wenn sie ebenfalls Verfassungsrang haben (BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/04 - BVerfGK 12, 265 <268>). Art. 33 Abs. 2 GG dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes; dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität sollen gerade durch die ungeschmälerte Anwendung des Leistungsgrundsatzes gewährleistet werden. Zum anderen trägt die Vorschrift dem berechtigten Interesse der Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass sie grundrechtsgleiche Rechte auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl begründet. Jeder Bewerber um ein öffentliches Amt hat einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr seine Bewerbung nur aus Gründen zurückweist, die durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind (stRspr, vgl. zuletzt BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 - BVerwGE 147, 20 Rn. 19 f.).

16

Die in einem bestimmten Statusamt geleistete Dienstzeit gehört nicht zu den in Art. 33 Abs. 2 GG genannten Kriterien. Zwar kann sich das Dienstalter auf die Beurteilung von leistungsbezogenen Gesichtspunkten auswirken, weil sich die durch ein höheres Dienstalter typischerweise zum Ausdruck kommende umfassendere Berufserfahrung häufig leistungsfördernd niederschlagen wird. Es gibt jedoch keinen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass von einem höheren Dienstalter stets auf einen höheren Leistungsstand und bessere Bewährungsvoraussetzungen geschlossen werden kann. Dementsprechend ist die Berücksichtigung des Dienstalters bei der Besetzung von Beförderungsstellen grundsätzlich nur im Falle eines Leistungsgleichstands mit Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar (BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <151>).

17

An das Dienstalter anknüpfende Wartezeitregelungen stehen daher nur dann mit Art. 33 Abs. 2 GG in Einklang, wenn sie der sachgerechten Anwendung des Grundsatzes der Bestenauswahl dienen und mit ihnen die praktische Bewährung des Bewerbers im bisherigen Statusamt festgestellt werden soll. Dieser Zweck, die zuverlässige Beurteilung des Leistungsvermögens und eine fundierte Prognose über die voraussichtliche Bewährung in einem höheren Amt zu ermöglichen, setzt dem zeitlichen Umfang solcher "Bewährungszeiten" Grenzen. Sie dürfen nicht länger bemessen sein, als es typischerweise erforderlich ist, um die tatsächlichen Grundlagen für eine Beurteilung und Prognose zu schaffen. Danach hängt die Dauer von Wartezeiten entscheidend vom Inhalt der jeweiligen Ämter ab. Der für eine Regelbeurteilung vorgesehene Zeitraum wird in aller Regel die Obergrenze darstellen (BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <152>; Beschluss vom 25. Oktober 2011 - 2 VR 4.11 - NVwZ-RR 2012, 241 Rn. 35; Urteil vom 26. September 2012 - 2 C 74.10 - BVerwGE 144, 186 Rn. 23; vgl. auch die Vorgabe von zwei Jahren bei der Erprobung für Führungsämter in BVerfG, Beschluss vom 28. Mai 2008 - 2 BvL 11/07 - BVerfGE 121, 205 <228>).

18

Diesen Vorgaben entspricht die in § 7 Abs. 2 i.V.m. § 11 der Richtlinie vom 18. Dezember 2007 zu einem funktions- und leistungsorientierten Laufbahnverlaufsmodell für die Laufbahnabschnitte I und II des Polizeivollzugsdienstes in Hamburg (- LVM-RL -) vorgeschriebene Regelverweilzeit für die Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 10 von sieben Jahren nicht (ebenso bereits OVG Hamburg, Beschluss vom 17. Februar 2010 - 1 Bs 241/09 - ZBR 2010, 265 Rn. 16 ff.). Sie überschreitet die für die Regelbeurteilung vorgesehene Zeit von vier Jahren (vgl. Nr. 4.1 der Richtlinie zum Personalbeurteilungssystem für den Polizeivollzugsdienst der Freien und Hansestadt Hamburg vom 13. März 2007 - Beurteilungs-RL 2007 -) erheblich.

19

Der Umstand, dass die Klägerin in das Leistungsträgerfeststellungsverfahren einbezogen werden konnte, ändert hieran nichts. Für die außerhalb dieses Verfahrens vergebenen Ämter - die im Übrigen quantitativ den weitaus größeren Teil darstellten - wurde ihre Einbeziehung in das Auswahlverfahren ohne rechtfertigenden Grund abgelehnt.

20

3. Diese Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs hat die Beklagte auch zu vertreten.

21

Für die Haftung des Dienstherrn auf Schadensersatz wegen Verletzung von Pflichten aus dem Beamtenverhältnis gilt der allgemeine Verschuldensmaßstab des bürgerlichen Rechts (BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <104> m.w.N.). Zu vertreten hat der Dienstherr danach Vorsatz und Fahrlässigkeit. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 2 BGB). Von den für die Auswahlentscheidung verantwortlichen Beamten muss verlangt werden, dass sie die Sach- und Rechtslage unter Heranziehung aller ihnen zu Gebote stehenden Hilfsmittel gewissenhaft prüfen und sich auf Grund vernünftiger Überlegungen eine Rechtsauffassung bilden. Dazu gehören auch die Auswertung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und ggf. die ernsthafte Auseinandersetzung mit der Frage, ob aus sachfremden Erwägungen gewünschte Personalentscheidungen am Maßstab der relevanten Rechtsnormen Bestand haben können (BVerwG, Urteil vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 39).

22

Nach diesen Maßstäben hat die Beklagte den Verstoß gegen den Grundsatz der Bestenauswahl aus Art. 33 Abs. 2 GG jedenfalls mit Fahrlässigkeit zu vertreten. Bei sorgfältiger rechtlicher Prüfung hätte von den verantwortlichen Beamten erkannt werden müssen, dass die Anforderung einer Mindestverweildauer von sieben Jahren im Statusamt eines Polizeikommissars den rechtlichen Anforderungen und der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht entspricht. Hieran konnte jedenfalls nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - (BVerwGE 122, 147) kein vernünftiger Zweifel mehr bestehen. Auch die von der Beklagten in Auftrag gegebene gutachtliche Stellungnahme von Prof. Dr. S. vom Dezember 2007 war zu dem Ergebnis gelangt, dass der Anciennitätsgrundsatz aus den Beförderungsstrukturen "ganz und gar eliminiert" werden müsse und sich eine Beschränkung des Bewerberkreises in Anknüpfung an Regelverweildauern von vornherein verbiete.

23

4. Die Klägerin hat auch die ihr auf Primärebene zumutbaren Möglichkeiten zur Verfolgung ihres Beförderungsbegehrens ausgeschöpft.

24

Effektiven Rechtsschutz gegen eine zu Unrecht verweigerte Einbeziehung in ein beamtenrechtliches Auswahlverfahren kann der Beamte durch die Erhebung des Widerspruchs (§ 126 Abs. 3 BRRG, § 54 Abs. 2 und § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG) und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 123 Abs. 1 VwGO) gegen die Vergabe des dem Auswahlverfahren zugrunde liegenden Amtes erlangen. Beide Rechtsschutzmöglichkeiten hat die Klägerin wahrgenommen.

25

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts muss sich die Klägerin auch nicht entgegenhalten lassen, den Widerspruchsbescheid vom 9. September 2008 nicht angegriffen zu haben. Dies folgt zunächst schon daraus, dass nicht klar ist, worauf sich die teilweise Zurückweisung des Widerspruchs bezog und was damit ggf. in Bestandskraft hätte erwachsen können. Denn die dort angesprochene Teilnahme am Leistungsträgerfeststellungsverfahren war nicht Gegenstand des Antrags der Klägerin und ist von der Beklagten auch nie in Zweifel gezogen worden. Die Unklarheit, worauf sich die ausgesprochene Neubescheidung der Polizeibehörde bezieht, hat die Klägerin bereits in ihrer Klagebegründung angesprochen. Hätte der Widerspruchsbescheid die beantragte Einbeziehung in die außerhalb des Leistungsträgerfeststellungsverfahrens stattfindenden Auswahlverfahren abgelehnt, müsste daher auch das Klagebegehren dahingehend aufgefasst werden, dass nicht nur Schadensersatz, sondern auch Primärrechtsschutz beantragt worden ist (vgl. zum Grundsatz der rechtsschutzfreundlichen Auslegung BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2013 - 2 C 23.12 - BVerwGE 148, 217 Rn. 15 ff.). Dass die Klägerin trotz der fehlenden Verweilzeit von sieben Jahren im bisherigen Statusamt befördert werden wollte, ist unmissverständlich zum Ausdruck gebracht worden. Kern ihres Anliegens war stets der Vortrag, dass sie auch außerhalb des Leistungsträgerfeststellungsverfahrens in die Auswahlverfahren einbezogen werden müsse. Dies kommt auch in ihrem Klageantrag zum Ausdruck, weil sie die Aufhebung des Bescheids vom 28. Mai 2008 beantragt hat.

26

5. Die Klägerin wäre bei rechtmäßiger Gestaltung des Auswahlverfahrens aber voraussichtlich nicht befördert worden, sodass es an der Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und dem geltend gemachten Schaden fehlt.

27

Der für einen beamtenrechtlichen Schadensersatzanspruch erforderliche adäquat kausale Zusammenhang zwischen der Rechtsverletzung und dem Schaden setzt voraus, dass der Beamte ohne den schuldhaften Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG voraussichtlich befördert worden wäre. Seine Berücksichtigung muss nach Lage der Dinge jedenfalls ernsthaft möglich gewesen sein. Für diese Annahme muss festgestellt werden, welcher hypothetische Kausalverlauf bei rechtmäßigem Vorgehen des Dienstherrn voraussichtlich an die Stelle des tatsächlichen Verlaufs getreten und ob der Beamte ausgewählt worden wäre, wenn der Dienstherr eine rechtmäßige Gestaltung des Auswahlverfahrens vorgenommen hätte (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <108>, vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 42 f. und vom 30. Oktober 2013 - 2 C 23.12 - BVerwGE 148, 217 Rn. 45).

28

Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Die Beklagte hätte bei zutreffender Erkenntnis von der Unzulässigkeit der geforderten Mindestverweilzeit im vorangegangenen Statusamt wegen der Besonderheiten der haushaltsrechtlichen Vorgaben weniger als die tatsächlich beförderten 397 Beamten ausgewählt (a). Bei einer danach zu treffenden Auswahlentscheidung hätte die Klägerin voraussichtlich keine ernsthafte Beförderungschance besessen (b).

29

a) Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hätte die Beklagte, wenn ihr die Rechtswidrigkeit der geforderten Mindestverweilzeit von sieben Jahren im Amt des Polizeikommissars vor einer Beförderung zum Polizeioberkommissar bewusst gewesen wäre, nicht 397 Beamte befördert, sondern nur Beförderungen in derjenigen Anzahl vorgenommen, die durch den Stellenvermerk des Haushaltsbeschlusses ausfinanziert war.

30

aa) Diese Feststellung hypothetischer Tatsachen nimmt an der Bindungswirkung des § 137 Abs. 2 VwGO teil (vgl. Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, Großkommentar, 4. Aufl. 2014, § 137 Rn. 126; Kraft, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 137 Rn. 47). Dies folgt aus der Aufgabenteilung zwischen Revisionsgericht und Tatsacheninstanz. Die Revision ist darauf beschränkt, neben der Einhaltung des Verfahrens die Rechtsanwendung des Tatsachengerichts zu überprüfen. Das Revisionsgericht nimmt daher keine eigenständige Tatsachenfeststellung vor, sondern legt seiner Beurteilung - sofern keine begründeten Verfahrensrügen erhoben worden sind - den von der Vorinstanz festgestellten Lebenssachverhalt zugrunde. Die Bindungswirkung aus § 137 Abs. 2 VwGO erstreckt sich deshalb auf die entscheidungserheblichen Tatsachen, welche die Tatbestandsmerkmale der einschlägigen Rechtsnormen ausfüllen sollen. Ausgehend hiervon überprüft das Revisionsgericht die Anwendung des Rechts auf eine Verletzung von Bundesrecht oder anderen revisiblen Rechtsnormen.

31

Zur Beantwortung der Frage, ob eine fehlerhafte Gestaltung des Auswahlverfahrens adäquat kausal für die Nichtbeförderung war, muss das Tatsachengericht den Prozess der Entscheidungsfindung aufklären, um beurteilen zu können, welchen Verlauf die Dinge bei Vermeidung des Verstoßes gegen Art. 33 Abs. 2 GG voraussichtlich genommen hätten (BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <108>). Die eigenständige Feststellung dieser hypothetischen Tatsachen ist dem Revisionsgericht verwehrt. Die Erkenntnis hierüber ist nicht Teil der Rechtsanwendung, sondern Feststellung des ihr vorausliegenden Sachverhalts.

32

bb) Diese hypothetische Annahme unterstellt ein rechtmäßiges Alternativverhalten der Beklagten und ist daher revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.

33

Nach § 49 Abs. 1 LHO HH in der Fassung vom 12. Juni 2007 darf ein Amt nur zusammen mit der Einweisung in eine besetzbare Planstelle verliehen werden. Auch bei der Betrachtung des hypothetischen Alternativverhaltens der Beklagten sind diese haushaltsrechtlichen Vorgaben für mögliche Beförderungen zu berücksichtigen. Eine andere Gestaltung des Beförderungsgeschehens wäre nicht rechtmäßig gewesen.

34

Die Beschränkung ergibt sich indes nicht bereits aus der Zahl der vom Haushaltsgeber zur Verfügung gestellten Planstellen. Denn durch Beschluss der Bürgerschaft vom 5. Juli 2007 (Plenarprotokoll 18/85 S. 4552) sind die im Haushaltsplan 2007/2008 (Stellenplan des Einzelplans 8.1 für die Behörde für Inneres) bewilligten Polizeivollzugsstellen der Besoldungsgruppen A 7 bis A 11 LBesO gestrichen und in gleicher Zahl als gebündelte Stellen A 7/A 8/A 9/A 10/A 11 LBesO für die Schutz- und Wasserschutzpolizei und als gebündelte Stellen A 9/A 10/A 11 LBesO für die Kriminalpolizei ausgebracht worden (Bürgerschafts-Drs. 18/6273 S. 3). Eine ausreichende Anzahl von A 10-Planstellen für die tatsächlich vorgenommenen 397 Beförderungen war deshalb vorhanden.

35

Der Haushaltsansatz war jedoch mit dem Stellenvermerk versehen: "Die Stellen dürfen im Rahmen der in dieser Drucksache genannten Verweilzeiten ausgenutzt werden". Nur in diesem Umfang waren die freien Planstellen nach dem wirksamen Haushaltsbeschluss der Bürgerschaft deshalb besetzbar.

36

Für den Funktionskreis 2 "A 9 - A 10" war in Anlage 1 der Drucksache eine "kalkulatorische Verweilzeit" von 11 Jahren vorgesehen. Auf Basis dieser Verweilzeiten wurden die jährlich anfallenden Mehrkosten - insgesamt 3,9 Mio. € bis ins Jahr 2027 - berechnet (Anlage 2 der Drucksache). Der Mittelansatz für die gebündelten Stellen ging daher von einer durch die vorgegebenen Regelverweilzeiten gesteuerten Beförderungspraxis aus und legte der Berechnung die sich hieraus ergebende Verteilung von A 9, A 10 und A 11 Stellen zugrunde. Der Stellenvermerk hat damit zwar keinen konkreten Betrag als Begrenzung möglicher Beförderungen genannt. Er hat jedoch ein Berechnungsmodell vorgegeben, aus dem sich jeweils ein bestimmbarer Betrag ergab. Dementsprechend hat die Beklagte ermittelt, wie viele Beamte in welchem Monat des Jahres 2008 die vorgesehene Regelverweildauer erreicht hätten. Daraus wurde entnommen, wie viel Geld im Haushaltsjahr für diese Beamten im Falle der Beförderung benötigt würde. Diese in Beförderungsmonaten ausgewiesene Grenze war der haushaltsrechtliche Rahmen, der für Beförderungen zur Verfügung stand. Für das Jahr 2008 ergaben sich so 4 033 Beförderungsmonate A 10 LBesO. Nur in diesem Umfang standen der Beklagten besetzbare Planstellen zur Verfügung.

37

Dem Stellenvermerk des Haushaltsbeschlusses lag damit zwar als kalkulatorische Grundlage eine an Verweilzeiten orientierte Beförderungspraxis zugrunde, die Art. 33 Abs. 2 GG nicht entspricht. Dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass besetzbare Planstellen für die Polizei nur in dem ausgebrachten Umfang zur Verfügung standen. An diese limitierende Vorgabe hätte sich die Beklagte auch dann halten müssen, wenn ihr die Rechtswidrigkeit der dem Laufbahnmodell zugrunde liegenden Mindestverweildauer von sieben Jahren im Statusamt eines Polizeikommissars bewusst gewesen wäre. In keinem Falle hätte der Dienstherr den im Haushaltsbeschluss vorgegebenen Rahmen überschreiten dürfen.

38

Ist der Haushaltsplan für das Rechnungsjahr durch Beschluss der Bürgerschaft aufgestellt worden, so darf der Senat bei der Ausgabe von Haushaltsmitteln die Haushaltsansätze nicht überschreiten (Art. 66 der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg vom 6. Juni 1952, HmbGVBl. S. 117). Erweisen sich die vorhandenen Haushaltsansätze im Laufe des jeweiligen Haushaltsjahres als zu gering oder ergeben sich sachliche Bedürfnisse, die der Haushaltsbeschluss nicht berücksichtigt hat, muss der Senat eine Nachbewilligung von Haushaltsmitteln nach Maßgabe des Art. 68 der Verfassung herbeiführen (vgl. zur entsprechenden Lage auf Bundesebene: BVerfG, Urteile vom 25. Mai 1977 - 2 BvE 1/74 - BVerfGE 45, 1 <34> und vom 18. März 2014 - 2 BvR 1390/12 u.a. - NJW 2014, 1505 Rn. 201). Solange ein entsprechender Nachtragshaushalt nicht beschlossen worden ist, stehen weitere Mittel nicht zur Verfügung.

39

Auch die Betrachtungen zur hypothetischen Kausalität müssen deshalb von einem Alternativmodell ausgehen, das den vorgegebenen Haushaltsansatz wahrt. Bezugspunkt der hypothetischen Erwägungen ist die Pflichtverletzung des Dienstherrn, hieran knüpft der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch an. Auf die Frage, ob bereits dem Beschluss der Bürgerschaft selbst ein Verstoß gegen die Auswahlgrundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG anhaftet (verneinend OVG Hamburg, Urteil vom 20. Mai 2011 - 1 Bf 284/09 - S. 16 f.), kommt es daher nicht an. Ebenso ist unerheblich, dass ein Schadensersatzanspruch nicht unter dem Vorbehalt der haushaltsrechtlichen Bewilligung steht. Streitig ist nicht die Zahlung eines bestehenden Schadensersatzbetrages, sondern die vorgelagerte Frage, ob ein Schadensersatzanspruch entstanden ist. Für die damit ausschlaggebende Frage, welcher hypothetische Kausalverlauf bei rechtmäßigem Vorgehen des Dienstherrn voraussichtlich an die Stelle des tatsächlichen Verlaufs getreten wäre, sind die haushaltsrechtlichen Vorgaben zu berücksichtigen. Die Anzahl der möglichen Beförderungen hängt damit von der konkreten Zusammensetzung der Bewerberrangliste ab.

40

b) Bei einer hypothetischen Auswahlentscheidung, die auch diejenigen Bewerber einbezieht, die nicht über eine Mindestverweilzeit von sieben Jahren im vorangegangenen Statusamt verfügen, wäre die Klägerin voraussichtlich nicht berücksichtigt worden.

41

aa) Entgegen der vom Oberverwaltungsgericht vertretenen Auffassung wäre die Beklagte dabei nicht verpflichtet gewesen, aus den in der dienstlichen Beurteilung enthaltenen "Potenzialeinschätzungen" eine Gesamtnote zu bilden und diese bei der Bildung einer Auswahlrangliste zu berücksichtigen.

42

In der dienstlichen Beurteilung der Beklagten werden "Potenzialeinschätzungen" zu den Merkmalen: Teamfähigkeit, Konfliktfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, schriftliche Ausdrucksfähigkeit, Entscheidungsfähigkeit, Planungs- und Organisationsfähigkeit, Selbstständigkeit, Dienstleistungs-/Kundenorientierung, Flexibilität/Innovationsfähigkeit, kognitive Fähigkeiten, körperliche Belastungsfähigkeit, Stressfähigkeit (und vorliegend nicht bewertet Führungsfähigkeit) verlangt und abgegeben. Damit werden allgemein für die dienstliche Verwendung bedeutsame Eigenschaften des Beamten angesprochen, die - weil nicht auf ein bestimmtes Amt und die hierfür bestehenden Anforderungen bezogen (dann Eignung, vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 - BVerwGE 147, 244 Rn. 10) - unter den Begriff der Befähigung im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG fallen (BVerfG, Beschluss vom 20. April 2004 - 1 BvR 838/01 u.a. - BVerfGE 110, 304 <322>; BVerwG, Urteile vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <150 f.> und vom 26. September 2012 - 2 C 74.10 - BVerwGE 144, 186 Rn. 20; vgl. zum Begriff der Befähigung auch die Legaldefinition in § 2 Abs. 3 BLV).

43

Diese personenbezogenen Eigenschaften sind von Art. 33 Abs. 2 GG erfasst und können bei einer Auswahlentscheidung daher auch berücksichtigt werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn das angestrebte Amt - etwa im Hinblick auf mit ihm typischerweise verbundene Führungsaufgaben - andere Anforderungen stellt als das vom Beamten bislang innegehabte, und der Prognoseschluss für die künftige Eignung sich daher nicht in der Bewertung der bislang erbrachten Leistungen erschöpfen kann.

44

Befähigungsmerkmale entziehen sich aber einer generellen und bezugsunabhängigen Gesamtbewertung oder gar Notenvergabe. Nach welchen Maßstäben und zu welchem Zweck die Eigenschaften des Beamten, die weder in der auf dem Dienstposten gezeigten Leistung Ausdruck gefunden haben noch als Eignungsmerkmale für die Anforderungen des angestrebten Amtes zu berücksichtigen sind, in einer umfassenden persönlichen Befähigungsgesamtnote zusammengefasst werden sollten oder könnten, ist nicht ersichtlich. Eine derartige Gesamtsaldierung widerspricht vielmehr dem Sinn der Befähigungsanalyse, mit der individuelle Stärken und Schwächen des Beamten herausdifferenziert werden sollen, um eine fundierte Erkenntnisgrundlage für die künftige Verwendung des Beamten zu schaffen (vgl. Schäfer, ZBR 1983, 173 <179>; Schnellenbach/Bodanowitz, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, Stand September 2014, Rn. 257). Folgerichtig war in Nr. 9 der Beurteilungs-RL 2007 auch ausdrücklich vorgegeben, dass eine zusammenfassende Bewertung (Gesamturteil) oder Potenzialeinschätzungen unzulässig ist und zu unterbleiben hat. Die Forderung des Oberverwaltungsgerichts nach einer Befähigungsgesamtnote entbehrt daher der rechtlichen Grundlage.

45

bb) Zutreffend ist allerdings die Ausgangserwägung, dass der Dienstherr für die Auswahlentscheidung eine Eignungsprognose abzugeben hat, die sich grundsätzlich nicht in der Bewertung der bislang gezeigten Leistungen erschöpft. Das maßgebliche Gesamturteil muss auf die Anforderungen des zu vergebenden Amtes bezogen sein. Dies gilt auch für die Einreihung in eine Rangliste, wenn diese maßgeblich für die nachfolgenden Beförderungen sein soll (BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 - 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83 Rn. 14). Insbesondere wenn die Anforderungen des angestrebten Amtes - etwa im Hinblick auf typischerweise wahrzunehmende Führungsaufgaben - nicht identisch mit denjenigen des bisherigen Amtes sind, müssen daher zusätzliche Erwägungen angestellt werden. Hierfür sind die in der dienstlichen Beurteilung ausgewiesenen Befähigungseinschätzungen heranzuziehen. Auswahlerwägungen, die diesen Maßstäben genügen, hat die Beklagte nicht angestellt.

46

Die vom Oberverwaltungsgericht festgestellten Tatsachen bieten aber eine ausreichende Grundlage für den Schluss, dass eine Auswahl der Klägerin auch bei ordnungsgemäßem Auswahlverfahren nicht ernsthaft möglich gewesen wäre. Der Abstand ihrer Leistungsnote von denjenigen Notenwerten, die bei Zugrundelegung der hypothetischen Beförderungsrangliste und der sich aus den haushaltsrechtlichen Bindungen der Beklagten noch für eine Berücksichtigung in der Beförderungsrunde 2008 ausgereicht hätten, ist zu weit und die Anzahl der in ihren bisherigen Leistungen besser beurteilten Mitbewerber damit zu groß, um bei einer hypothetischen Alternativbetrachtung für das Jahr 2008 von einer reellen Beförderungschance ausgehen zu können.

47

Für diese Feststellung kann auf die zum Stichtagsdatum 19. September 2008 aus Anlass des damaligen Leistungsträgerfeststellungsverfahrens erstellten dienstlichen Beurteilungen zurückgegriffen werden. Diese nehmen zwar für die vor dem Stichtagsdatum liegenden Beförderungsentscheidungen nicht auf den zutreffenden Beurteilungszeitraum Bezug und weisen auch nur hinsichtlich der rückschauend betrachteten Leistung eine Beurteilung aus. Die hieraus entwickelte Rangliste entspricht daher nicht den an eine ordnungsgemäße Beförderungsauswahl zu stellenden Anforderungen. Die aus dem Jahr 2008 stammenden und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhenden dienstlichen Beurteilungen stellen aber eine hinreichend sichere Vergleichsbasis für die im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs allein zu entscheidende Frage dar, ob die Klägerin bei einem ordnungsgemäß durchgeführten Auswahlverfahren im Jahr 2008 voraussichtlich befördert worden wäre.

48

Ausreichende Anhaltspunkte für die Rekonstruktion der hypothetischen Auswahlentscheidung lassen sich diesen dienstlichen Beurteilungen insbesondere deshalb entnehmen, weil bei einer Beförderung innerhalb der Laufbahn des gehobenen Polizeivollzugsdienstes maßgeblich auf die bisher im niedrigeren Statusamt der Laufbahn erbrachten fachlichen Leistungen abzustellen ist.

49

Art. 33 Abs. 2 GG dient dem Interesse der bestmöglichen Besetzung öffentlicher Ämter. Ausgewählt werden soll der Bewerber, der für die künftige Amtstätigkeit am besten geeignet ist. Die Auswahlentscheidung erfordert daher eine vorausschauende Aussage darüber, ob und wie der Bewerber die ihm in dem angestrebtem Amt obliegenden beamtenrechtlichen Pflichten erfüllen wird (BVerfG, Urteil vom 24. September 2003 - 2 BvR 1436/02 - BVerfGE 108, 282 <296>). Für den Vergleich der Bewerber um ein Beförderungsamt kann und muss auf die im bisherigen Amt erbrachten Leistungen zurückgegriffen werden. Nur die im bisherigen Amt gezeigten Leistungen bieten eine hinreichende Tatsachengrundlage für den Prognoseschluss, ob sich der Beamte auch in dem angestrebten höheren Amt voraussichtlich bewähren wird (BVerwG, Beschluss vom 22. November 2012 - 2 VR 5.12 - BVerwGE 145, 112 Rn. 23 f.).

50

Die besondere Bedeutung der bislang gezeigten fachlichen Leistung folgt hier überdies aus dem Umstand, dass die Polizeivollzugsbeamten der Beklagten auf gebündelten Dienstposten eingesetzt werden und die Anforderungen des bisherigen und diejenigen des künftigen Amtes nach Auffassung der Beklagten daher weitgehend identisch sind. Es ist daher davon auszugehen, dass die Beurteilung der erbrachten Leistung hier grundsätzlich auch der Eignungsprognose entspricht. Angesichts weitgehend identischer Amtsanforderungen dürfte sich daher nur in besonders gelagerten Fällen aus den persönlichen Eigenschaften eine von der Leistungsbeurteilung abweichende Eignungsprognose ergeben. Dieser Unsicherheit kann im Rahmen der hypothetischen Auswahlerwägungen durch einen Sicherheitszuschlag Rechnung getragen werden.

51

Da die Klägerin mit ihrer Leistungsbeurteilung von 3,25 weit von den für eine Beförderung erforderlichen Notenwerten entfernt gewesen ist, kann auch bei Hinzurechnung eines angemessenen Sicherheitszuschlags festgestellt werden, dass sie im Falle einer rechtmäßigen Gestaltung des Auswahlverfahrens durch die Beklagte voraussichtlich nicht befördert worden wäre.

52

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

B e s c h l u s s

vom 19. März 2015

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 20 602,44 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 GKG). Eine Festsetzung anhand der bloßen Besoldungsdifferenz nach § 52 Abs. 1 GKG scheidet aus, weil beamtenrechtliche Schadensersatzklagen auch dienst- und versorgungsrechtliche Konsequenzen bewirken.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Tatbestand

1

Der 19.. geborene Kläger bekleidet als Leitender Regierungsdirektor (Besoldungsgruppe BBesO A 16) den Dienstposten eines Referatsleiters beim Bundesnachrichtendienst (BND). Er macht Schadensersatz wegen rechtswidrig unterlassener Beförderung geltend.

2

Zum 1. Februar 20.. war die Stelle des Leiters der Unterabteilung ... beim BND (Besoldungsgruppe BBesO B 3) zu besetzen. Die Stelle wurde nicht ausgeschrieben. Neben zwei Interessenten, die sich beworben hatten, bezog die Beklagte zunächst acht weitere Kandidatinnen und Kandidaten von Amts wegen in die Betrachtung ein, darunter den Kläger. Grundlage für die Auswahlentscheidung bildete ein Anforderungsprofil vom 14. März 20.., das gründliche Kenntnisse der Aufbau- und Ablauforganisation des Dienstes und eine langjährige Bewährung in Führungspositionen unterschiedlicher Bereiche verlangte. Anlassbeurteilungen wurden nicht erstellt.

3

Zwei Vorschläge des BND, die Stelle mit Konkurrenten des Klägers zu besetzen, scheiterten, weil das Bundeskanzleramt nicht zustimmte.

4

In der Folge bemühte sich der BND um die Erweiterung des Bewerberkreises und schlug am 12. April 20.. einen im Dienst des ... ... tätigen Leitenden Polizeidirektor (BBesO A 16) für den zu besetzenden Dienstposten vor. Er eigne sich besonders gut, weil er Erfahrung bei der Abwicklung großer Projekte sowie im Umgang mit der Verlegung von Behörden und in der interbehördlichen Kommunikation habe. Er müsse allerdings noch durch seinen bisherigen Dienstherrn in ein Amt der Besoldungsgruppe BBesO B 3 befördert werden und könne danach ämtergleich versetzt werden. Auch diese Vorlage wies das Bundeskanzleramt als unzureichend zurück, weil eine eingehende Begründung für die Übernahme des über 55 Jahre alten Kandidaten in den Bundesdienst fehle; außerdem müsse eine Analyse der durch die Übernahme verursachten Kosten vorgelegt werden. Daraufhin ergänzte der BND das bisherige Anforderungsprofil am 19. April 20.. um die Aspekte "Erfahrung mit der Abwicklung großer Projekte, mit der Verlegung von Behörden und der interbehördlichen Kommunikation". Schließlich wurde der ausgewählte Bewerber vom bisherigen Dienstherrn am 17. Juli 20.. zum Polizeivizepräsidenten (Besoldungsgruppe BBesO B 3) befördert und mit gleichem Wirkungsdatum in den Bundesdienst zum BND versetzt. Die Beklagte übertrug ihm den Dienstposten des Leiters der Unterabteilung ...

5

Die in die Auswahl einbezogenen Kandidatinnen und Kandidaten wurden über die Stellenbesetzung vor dem 17. Juli 20.. nicht informiert. Ein Mitarbeiter des BND hatte eine solche Unterrichtung zwar mehrfach rechtzeitig vorgeschlagen. Er war jedoch angewiesen worden, die unterlegenen Kandidaten "nicht jetzt, keinesfalls vor dem 14. bzw. 'eingangstechnisch' 17.07.20..!" zu informieren. Die Mitteilung über die Stellenbesetzung wurde am 14. Juli 20.. versandt; der Kläger erhielt sie am 19. Juli 20...

6

Schon zuvor, am 18. Mai 20.., hatte der Kläger gegenüber dem Bundeskanzleramt geltend gemacht, er sei trotz seiner Spitzenbeurteilung übergangen worden. Am 24. Juli 20.. bat er erneut um Auskunft über den Ablauf des Verfahrens und um Akteneinsicht.

7

Durch Schreiben vom 10. Oktober 20.. beantragte der Kläger schließlich, ihn im Wege des Schadensersatzes dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als sei er zum 17. Juli 20.. zum Direktor beim BND (Besoldungsgruppe BBesO B 3) befördert worden. Er sei der einzige Kandidat mit der Spitzennote gewesen, so dass die Entscheidung zu seinen Gunsten hätte ausfallen müssen. Ihm sei auch die Möglichkeit verweigert worden, rechtzeitig um Rechtsschutz nachzusuchen. Die Beklagte lehnte diesen Antrag durch Bescheid vom 27. Februar 20.. mit der Begründung ab, nur der ausgewählte Kandidat habe das Anforderungsprofil in wesentlichen Punkten erfüllt. Der Widerspruch des Klägers wurde zurückgewiesen: Für die zu besetzende Stelle habe ein konstitutives Anforderungsprofil bestanden, da die speziellen Eignungsvoraussetzungen durch Regelbeurteilungen nicht abgedeckt gewesen seien. In einem solchen Fall spiele die dienstliche Beurteilung erst dann eine Rolle, wenn alle Kandidaten, die dem Anforderungsprofil nicht entsprächen, ausgeschieden worden seien. Die Änderung des Anforderungsprofils sei nicht zu beanstanden: Im Laufe des Stellenbesetzungsverfahrens habe sich gezeigt, dass die Aufgaben der Unterabteilung ... den Erfordernissen im Hinblick auf den Umzug des BND nach Berlin anzupassen gewesen seien. Deshalb sei das erste Auswahlverfahren konkludent abgebrochen worden. Schließlich sei auch der Rechtsschutz des Klägers nicht vereitelt worden, da Art. 33 Abs. 2 GG bei der ämtergleichen Versetzung des Kandidaten aus... nicht zu beachten gewesen sei.

8

Mit seiner am 5. August 20.. erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Die Auswechslung des Anforderungsprofils im laufenden Stellenbesetzungsverfahren sei unzulässig gewesen und habe allein dem Zweck gedient, den ausgewählten Kandidaten befördern zu können. Das laufende Verfahren sei auch nicht abgebrochen worden; weder sei hierzu irgendetwas verlautbart worden noch sei ein konkludenter Abbruch überhaupt zulässig. Das Verschulden des Beklagten sei offensichtlich, und dies gelte auch für die Kausalität des Rechtsverstoßes für den eingetretenen Schaden. Im Übrigen greife zu seinen Gunsten eine Beweislastumkehr ein.

9

Der Kläger beantragt,

den Bescheid des Bundesnachrichtendienstes vom 27. Februar 20.. in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Juli 20.. aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Kläger dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als sei er am 17. Juli 20.. zum Direktor beim Bundesnachrichtendienst mit der Besoldungsgruppe B 3 ernannt worden, sowie die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger die Prozesszinsen zu zahlen.

10

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

11

Sie hält das Stellenbesetzungsverfahren für rechtsfehlerfrei. Es liege schon keine Beförderungssituation vor, da nur eine ämtergleiche Versetzung vorgenommen worden sei. Das erste Auswahlverfahren sei nach der zwingend notwendigen Änderung des Anforderungsprofils aus sachlichen Gründen abgebrochen worden. Im neuen Verfahren sei es auf einen Vergleich der Beurteilungen der betrachteten Kandidaten nicht angekommen, weil nur der ausgewählte Kandidat die Anforderungen der Stelle erfüllt habe. Im Übrigen habe der Kläger es versäumt, um Rechtsschutz nachzusuchen, obwohl ihm dies möglich gewesen wäre.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verfahrens- und Personalakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

13

Das Bundesverwaltungsgericht ist für das Verfahren nach § 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO in erster und letzter Instanz zuständig.

14

Die Klage ist zulässig und im Wesentlichen begründet. Der Kläger kann beanspruchen, dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so gestellt zu werden, als wäre er am 17. Juli 20.. zum Direktor beim Bundesnachrichtendienst mit der Besoldungsgruppe B 3 ernannt worden.

15

Ein Beamter kann von seinem Dienstherrn Ersatz des ihm durch die Nichtbeförderung entstandenen Schadens verlangen, wenn der Dienstherr bei der Vergabe eines Beförderungsamtes den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Bewerbungsverfahrensanspruch des Beamten auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl schuldhaft verletzt hat, wenn diese Rechtsverletzung für die Nichtbeförderung des Beamten kausal war und wenn der Beamte es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Rechtsgrundlage dieses unabhängig vom Schadensersatzanspruch aus Amtshaftung (§ 839 Abs. 1 Satz 1 BGB, Art. 34 Satz 1 GG) bestehenden Anspruchs ist das Beamtenverhältnis; eines Rückgriffs auf die Verletzung der Fürsorgepflicht bedarf es nicht (BVerfG, Kammerbeschluss vom 13. Januar 2010 - 2 BvR 811/09 - BayVBI 2010, 303; BVerwG, Urteile vom 25. August 1988 - BVerwG 2 C 51.86 - BVerwGE 80, 123 <124> = Buchholz 237.7 § 7 NWLBG Nr. 5 S. 2 f.; vom 28. Mai 1998 - BVerwG 2 C 29.97 - BVerwGE 107, 29 <31> = Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 40 S. 3; vom 1. April 2004 - BVerwG 2 C 26.03 - Buchholz 237.8 § 10 RhPLBG Nr. 1; vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <101 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 S. 28 f. und vom 31. März 2010 - BVerwG 2 A 2.09 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 48 Rn. 15; zum Schadensersatzanspruch von Einstellungsbewerbern: Urteil vom 25. Februar 2010 - BVerwG 2 C 22.09 - BVerwG 136, 140 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 45). Seine Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben.

16

1. Die Beklagte hat den Anspruch des Klägers auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl verletzt.

17

a) Nach Art. 33 Abs. 2 GG sind öffentliche Ämter nach Maßgabe des Leistungsgrundsatzes zu vergeben. Der Bewerberauswahl für die Besetzung eines öffentlichen Amtes dürfen nur Kriterien zu Grunde gelegt werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Ein Bewerber kann deshalb verlangen, dass der Dienstherr seine Bewerbung nur aus Gründen zurückweist, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind. Belange, die nicht im Leistungsgrundsatz verankert sind, können bei der Besetzung öffentlicher Ämter nur Berücksichtigung finden, wenn ihnen ebenfalls Verfassungsrang eingeräumt ist. Der für die Auswahlentscheidung maßgebliche Leistungsvergleich muss, um diesen Anforderungen gerecht zu werden, auf aussagekräftige, d.h. hinreichend differenzierte und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhende dienstliche Beurteilungen gestützt werden (Urteile vom 17. August a.a.O. S. 103 f. und vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 47 jeweils Rn. 20).

18

Welche konkreten Anforderungen an die Bewerber um ein öffentliches Amt zu stellen sind, muss unter Leistungsgesichtspunkten aus der Funktionsbeschreibung des zu besetzenden Dienstpostens abgeleitet sein. Dabei fällt die Entscheidung darüber, welchen "Zuschnitt" eine Stelle erhalten soll, welche Zuständigkeiten ihr also im Einzelfall zugewiesen sind und welche Fachkenntnisse zur Erfüllung der daraus resultierenden Aufgaben erforderlich sind, in das Organisationsermessen des Dienstherrn, das gerichtlich nur auf sachfremde Erwägungen überprüfbar ist (Urteil vom 16. Oktober 2008 - BVerwG 2 A 9.07 - BVerwGE 132, 110 = Buchholz 11 Art. 87a GG Nr. 6 jeweils Rn. 54). Als sachfremd ist es z.B. anzusehen, wenn dem Dienstposten eine Leistungsbeschreibung zugeordnet würde, die den tatsächlich auf diesem Dienstposten anfallenden Tätigkeiten nicht oder im Wesentlichen nicht entspricht, sondern den Zweck verfolgt, "Alleinstellungsmerkmale" für einen bevorzugten Bewerber zu schaffen, um eine Auswahlentscheidung zu seinen Gunsten zu erleichtern.

19

Der Dienstherr ist auch berechtigt, dem Auswahlverfahren ein Anforderungsprofil zugrunde zu legen. Dieses muss jedoch ausschließlich auf leistungsbezogene Auswahlkriterien abstellen, die zudem in einem engen inhaltlichen Zusammenhang mit den Anforderungen der zu besetzenden Stelle stehen müssen. Ein solches Anforderungsprofil entfaltet Bindungswirkung für die Festlegung und Gewichtung der Leistungsmerkmale bei der Bewerberauswahl. Art und Ausmaß der Bindungswirkung hängen von dem durch Auslegung zu bestimmenden Inhalt des Anforderungsprofils ab. Einem Bewerber, der in seiner Beurteilung zwar nicht das beste Gesamturteil des Bewerberfeldes aufweist, kann daher im Hinblick auf das Anforderungsprofil dennoch der Vorrang gebühren, wenn er spezifische Anforderungen des Dienstpostens voraussichtlich am besten erfüllt. Im Hinblick auf diese weitgehenden Wirkungen muss der Inhalt des Anforderungsprofil mit Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar sein (BVerfG, Kammerbeschluss vom 25. November 2011 - 2 BvR 2305/11 - IÖD 2012, 26 Rn. 15 m.w.N.; BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 2011 - BVerwG 2 VR 4.11 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 50 = IÖD 2012, 2, jeweils Rn. 17). Ob ein Anforderungsprofil diesen Anforderungen genügt, unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle; dabei ist es unerheblich, ob das Anforderungsprofil vom Dienstherrn als "konstitutiv" oder "deklaratorisch" bezeichnet wird.

20

b) Gemessen an diesen Maßstäben hat die Beklagte den Anspruch des Klägers auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl verletzt. Das der Stellenbesetzung zugrunde liegende Anforderungsprofil vom 19. April 20.. ist rechtswidrig (aa). Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, sie habe das auf der Grundlage des ursprünglich erstellten Anforderungsprofils vom 14. März 20.. geführte Stellenbesetzungsverfahren aus sachlichen Gründen abgebrochen (bb). Die zu Lasten des Klägers getroffene Personalentscheidung ist schließlich auch deshalb rechtswidrig, weil die Annahme der Beklagten fehlerhaft ist, Art. 33 Abs. 2 GG finde keine Anwendung, weil der Fall einer "ämtergleichen" Versetzung vorliege (cc). Im Übrigen liegen der Auswahlentscheidung nicht hinreichend differenzierte und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhende dienstliche Beurteilungen zu Grunde (dd).

21

aa) Das von der Beklagten zu Grunde gelegte Anforderungsprofil vom 19. April 2006 ist rechtswidrig, da es nicht aus dem Anforderungsprofil des betroffenen Dienstpostens abgeleitet ist. Dies führt schon für sich genommen zur Rechtswidrigkeit der zu Gunsten des Kandidaten K. und zu Lasten des Klägers getroffenen Entscheidung über die Besetzung der Stelle eines Leiters der Unterabteilung ...

22

Das Anforderungsprofil vom 19. April 20.. ist gegenüber dem Profil vom 14. März 20.. um drei Positionen - Erfahrung in der Abwicklung großer Projekte, im Umfeld der räumlichen Verlegung von Dienststellen und in der interbehördlichen Zusammenarbeit - erweitert worden, während u.a. das Erfordernis gründlicher Kenntnisse der Aufbau- und Ablauforganisation des Dienstes entfallen ist. Diese Neuformulierung des Anforderungsprofils spiegelt indes nicht eine objektiv feststellbare und vom Organisationsermessen des Dienstherrn gedeckte Veränderung des Stellenzuschnitts bei dem Dienstposten des Leiters der Unterabteilung ... wider, sondern dient in sachfremder Weise dazu, die Anforderungen des zu besetzenden Dienstpostens mit den Leistungs- und Eignungsmerkmalen eines bestimmten Bewerbers in Übereinstimmung zu bringen.

23

Den vorgelegten Akten und dem Vortrag der Beteiligten lässt sich entnehmen, dass sich der Zuschnitt dieses Dienstpostens im Verlauf des Stellenbesetzungsverfahrens tatsächlich nicht wesentlich verändert hat; weder sind Aufgaben, die den Zuständigkeitsbereich der Unterabteilung ... bisher gekennzeichnet hatten, weggefallen noch sind in nennenswertem Umfang zusätzliche Aufgaben und Funktionen hinzugekommen. Erst recht hat sich der für die Formulierung eines Anforderungsprofils maßgebliche Schwerpunkt der dieser Stelle zugeordneten Funktionen nicht verändert (vgl. Urteil vom 23. Mai 2002 - BVerwG 2 A 5.01 - Buchholz 240 § 18 BBesG Nr. 27). Vielmehr gehörten zu der Unterabteilung auch im Zeitpunkt der zu Lasten des Klägers getroffenen Personalentscheidung unverändert das ..., ..., ..., ... und ..., ... sowie das ....

24

Die Behauptung der Beklagten, der Unterabteilung sei die "zentrale Aufgabe" des Umzugs von Pullach nach Berlin zugewachsen, findet eine Bestätigung weder in den vorgelegten Organisationsplänen des Dienstes, in denen die Zuständigkeiten für den Umzug an anderer Stelle verankert sind, noch in der von der Beklagten nicht in Frage gestellten Beobachtung des Klägers, der im Juli 20.. ernannte Unterabteilungsleiter habe in der Folge keine anderen Aufgaben wahrgenommen als schon sein Vorgänger. Vor diesem Hintergrund ist weder zu erklären, warum die 20.. noch geforderte Vertrautheit mit der Ablauf- und Aufbauorganisation des Dienstes nicht mehr erforderlich sein sollte, noch erst recht, warum Erfahrungen mit der Durchführung von Groß- und Umzugsprojekten als wesentlicher Bestandteil in das neue Anforderungsprofil aufgenommen worden ist.

25

Auch wenn der Umzug einer zentralen Personalabteilung nach Berlin sicherlich von gewisser Bedeutung für den Umzug der gesamten Verwaltung des Dienstes gewesen sein mag, liegt vielmehr der Schluss nahe, dass die Veränderungen im Anforderungsprofil auf den vom BND ausgewählten Bewerber zugeschnitten war. Denn er hatte als Außenstehender naturgemäß keine vertieften Kenntnisse der Ablauf- und Aufbauorganisation des Dienstes, aber Erfahrung in der Betreuung großer Bauprojekte - Bau von Polizeikasernen - und im Zusammenhang mit dem Umzug von Behörden. Dass die in sich unschlüssige Neufassung des Anforderungsprofils nicht die Folge tatsächlicher Veränderungen im Zuschnitt des zu besetzenden Dienstpostens ist, ergibt sich auch aus dem Umstand, dass in den Besetzungsvorschlägen zu Gunsten des Kandidaten K. die Stellenbeschreibung des Anforderungsprofils vom 14. März 20.. zunächst noch unverändert enthalten war.

26

bb) Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass das im Frühjahr 2005 eingeleitete Stellenbesetzungsverfahren aus sachlichem Grund mit der Folge abgebrochen worden ist, dass der Bewerbungsverfahrensanspruch des Klägers untergegangen ist. Vielmehr lag ein einziges Verfahren vor, das mit der Erarbeitung des Anforderungsprofils vom 14. März 20.. für den ersten Besetzungsvorschlag (22. August 20..) begann und erst durch die Vergabe des Dienstpostens an den Kandidaten K. abgeschlossen wurde. Der in diesem Verfahren bestehende Bewerbungsverfahrensanspruch des Klägers ist insbesondere nicht durch die mehrfache Neuformulierung des Anforderungsprofils untergegangen.

27

Zwar ist der Dienstherr aufgrund seines Beurteilungsspielraums bei der Bewerberauswahl berechtigt, ein Auswahlverfahren aus sachlichem Grund vor der Auswahlentscheidung abzubrechen, wenn kein Bewerber den Erwartungen entspricht oder das Verfahren womöglich nicht (mehr) zu einer rechtsfehlerfreien Auswahlentscheidung führen kann. Unsachlich sind Gründe für einen Abbruch des Auswahlverfahrens, wenn sie nicht aus Art. 33 Abs. 2 GG abgeleitet werden können, etwa wenn sie das Ziel verfolgen, einen unerwünschten Kandidaten aus leistungsfremden Erwägungen von der weiteren Auswahl für die Stelle auszuschließen (Urteile vom 25. April 1996 - BVerwG 2 C 21.95 - BVerwGE 101, 112 und vom 31. März 2011 a.a.O.).

28

Der Abbruch eines Auswahlverfahrens kann allerdings nur dann rechtmäßig sein, wenn neben dem Vorliegen eines sachlichen Grundes sichergestellt ist, dass die von dem Verfahren Betroffenen von dem Abbruch rechtzeitig und in geeigneter Form Kenntnis erlangen. Dies kann durch eine öffentliche Verlautbarung, etwa die erneute Ausschreibung der zu besetzenden Stelle, oder durch Mitteilungen an die im Verfahren bisher beteiligten Personen geschehen. Denn ihnen muss die Möglichkeit eingeräumt werden, ihr aus dem Bewerbungsverfahrensanspruch folgendes Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in das Verfahren ggf. geltend zu machen, insbesondere Rechtsschutz zu suchen. Dies setzt voraus, dass die in ein Auswahlverfahren einbezogenen Beamten jederzeit zweifelsfrei über den Stand des Verfahrens informiert sind, weil ihr Bewerbungsverfahrensanspruch mit einem rechtmäßigen Abbruch des Auswahlverfahrens untergeht.

29

Will der Dienstherr das Auswahlverfahren entweder ohne Stellenbesetzung endgültig beenden oder es bei fortbestehender Stellenbesetzungsabsicht gewissermaßen "auf Null" zurücksetzen und mit dem Auswahlprozess erneut beginnen, so muss er dies unmissverständlich zum Ausdruck bringen. Der für den Abbruch maßgebliche Grund muss, sofern er sich nicht evident aus dem Vorgang selbst ergibt, schriftlich dokumentiert werden (BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. November 2011 - 2 BvR 1181/11 - IÖD 2012, Rn. 23 m.w.N.). Die Annahme der Beklagten, ein Auswahlverfahren könne auch konkludent abgebrochen werden, ohne dass dies den bisher in das Verfahren einbezogenen Beamten mitzuteilen oder auch nur in den Akten zu dokumentieren wäre, trifft deshalb nicht zu. Das im Rechtsstaatsprinzip und in Art. 19 Abs. 4 GG wurzelnde Gebot der Publizität des Verfahrensabbruchs erfordert - auch um die ansonsten offenkundige Missbrauchsgefahr zu verringern - eine klare Zäsur zwischen dem abgebrochenen und dem an seiner Stelle neu aufgenommenen Auswahlverfahren. Dies führt allerdings zwangsläufig dazu, dass Kandidaten, die ohne ihre Kenntnis in ein laufendes Auswahlverfahren einbezogen worden sind, mit der Information über den Abbruch des Verfahrens zugleich darüber unterrichtet werden, dass sie in das abgebrochene Verfahren einbezogen waren.

30

Nach diesen Grundsätzen ist das im Frühjahr 20.. auf der Grundlage des Anforderungsprofils vom 14. März 20.. eingeleitete Stellenbesetzungsverfahren nicht abgebrochen, sondern erst durch Besetzung der Stelle mit dem Kandidaten K. abgeschlossen worden. Dafür spricht bereits, dass viele der ursprünglich vorhandenen Bewerber und von Amts wegen betrachteten Kandidaten in die späteren Besetzungsvorschläge erneut einbezogen wurden. Auch ist zu keiner Zeit aktenkundig gemacht worden, dass das Auswahlverfahren gewissermaßen "auf Null" zurückgesetzt und sodann erneut eingeleitet werden sollte, etwa auf der Grundlage veränderter Stellenanforderungen. Auch ist keiner der Bewerber, erst recht keiner der von Amts wegen in die Betrachtung einbezogenen Kandidaten über einen Abbruch des bisherigen Verfahrens unterrichtet worden. Dies gilt insbesondere auch für den Zeitpunkt, in dem das Anforderungsprofil vom 19. April 20.. in das Verfahren eingeführt wurde, da dies - wie aus der Korrespondenz mit dem Bundeskanzleramt deutlich wird - allein zu dem Zweck geschah, den Bedenken gegenüber der vorgesehenen Stellenbesetzung Rechnung zu tragen.

31

cc) Die Notwendigkeit, die zu Lasten des Klägers getroffene Personalentscheidung an Art. 33 Abs. 2 GG zu messen, ist auch nicht etwa dadurch entfallen, dass der ausgewählte Kandidat bloßer Versetzungsbewerber gewesen wäre, so dass eine Konkurrenzsituation überhaupt nicht vorgelegen habe.

32

Art. 33 Abs. 2 GG wird nicht berührt, wenn der Dienstherr einen Dienstposten durch Umsetzung, Abordnung oder eine den Status nicht berührende Versetzung besetzt. Entscheidet sich der Dienstherr jedoch, bei einer konkreten Stellenbesetzung im Bewerberfeld sowohl Versetzungs- als auch Beförderungsbewerber zu berücksichtigen, so legt er sich auch gegenüber den Versetzungsbewerbern auf die Auslese nach den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG fest (Urteil vom 25. November 2004 - BVerwG 2 C 17.03 - BVerwGE 122, 237 <240>, Beschluss vom 25. März 2010 - BVerwG 1 WB 37.09 - BVerwGE 136, 204).

33

Hier liegt eine Auswahlentscheidung ausschließlich zwischen Beförderungsbewerbern vor, die am Leistungsgrundsatz zu messen ist.

34

Die Auswahlentscheidung ist am 14. Juni 20.. getroffen worden. Zu diesem Zeitpunkt waren alle betrachteten Kandidaten Beförderungsbewerber, die nach BBesO A 16 besoldete Ämter innehatten. Zwar ist der ausgewählte Bewerber unmittelbar vor seiner Versetzung in den Bundesdienst noch innerhalb des Landesdienstes befördert worden, doch ändert dies nichts daran, dass der für die Auswahlentscheidung maßgebliche Zeitpunkt nicht derjenige der Übertragung des Beförderungsamtes ist, sondern der frühere Zeitpunkt der Auswahlentscheidung. An diesem Tag sind die Eignung, Befähigung und fachliche Leistung aller Kandidaten zu bewerten und miteinander zu vergleichen. Späteren möglichen Entwicklungen - etwa hinsichtlich des Gesundheitszustands eines ausgewählten Kandidaten oder hinsichtlich anderer relevanter Umstände - kann durch Abbruch des Verfahrens Rechnung getragen werden; sie dürfen jedoch der Auswahlentscheidung noch nicht zu Grunde gelegt werden. Deshalb handelte es sich bei der Auswahlentscheidung ungeachtet der nachfolgenden Beförderung des ausgewählten Bewerbers im Landesdienst um die Auswahl zwischen zwei Beförderungsbewerbern, deren Maßstab Art. 33 Abs. 2 GG darstellt.

35

dd) Die Auswahlentscheidung zu Lasten des Klägers ist schließlich auch deshalb rechtswidrig, weil sie nicht auf der Grundlage hinreichend differenzierter und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhender dienstlicher Beurteilungen getroffen worden ist. Vielmehr sind die dienstlichen Beurteilungen des ausgewählten Kandidaten und der übrigen Bewerber nach unterschiedlichen Bewertungssystemen erstellt worden und deshalb nicht miteinander vergleichbar.

36

Der ausgewählte Bewerber ist nach dem im ... Polizeivollzugsdienst eingeführten Beurteilungsbogen Polizei beurteilt worden, der eine Bewertungsskala von 15 Punkten vorsieht, während der Kläger einer vierstufigen, zudem anders strukturierten Beurteilungsskala unterworfen war. Der Vergleich des Gesamturteils 1 ("absolute Spitzenleistung") des Klägers mit dem Gesamturteil 14 (ohne textliche Erläuterung) des erfolgreichen Kandidaten lässt nicht erkennen, ob beide Bewertungen gleichwertig sind. Sollte dies nicht der Fall sein - wofür Überwiegendes spricht -, fehlt jedenfalls eine Auseinandersetzung mit dem Umstand, dass der Kläger trotz der ihm erteilten Spitzennote nicht ausgewählt worden ist. Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, ob die Beurteilungen im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung (Juni 20..) hinreichend aktuell waren; allerdings ist festzustellen, dass die Beurteilungszeiträume für den Kläger (1.10.20.. bis 30.9.20..) und den erfolgreichen Kandidaten (1.6.20.. bis 31.5.20..) sich nicht decken, da die Beurteilung des letztgenannten Kandidaten im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung bereits mehr als zwei Jahre alt und zudem vier Monate älter war als diejenige des Klägers.

37

Im Übrigen krankt die Auswahlentscheidung auch daran, dass sie den ausgewählten Kandidaten als Versetzungsbewerber behandelt und so bewertet, als habe er das Amt eines Polizeivizepräsidenten (BBesO B 3) inne, obwohl er im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung lediglich Leitender Polizeidirektor (BBesO A 16) war und auch als solcher beurteilt worden war. Dementsprechend durfte er, wie ausgeführt, nur als Beförderungsbewerber, nicht aber als Versetzungsbewerber bewertet werden. Auch insofern fehlt es der Auswahlentscheidung an einer hinreichend verlässlichen Grundlage.

38

2. Die Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Klägers ist auf schuldhaftes Verhalten des Dienstherrn zurückzuführen.

39

Für die Haftung des Dienstherrn auf Schadensersatz wegen Verletzung von Pflichten aus dem allgemeinen Beamtenverhältnis gilt der allgemeine, objektiv-abstrakte Verschuldensmaßstab des bürgerlichen Rechts. Danach handelt fahrlässig, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (Urteil vom 17. August 2005 a.a.O. S. 104). Von den für die Auswahlentscheidung verantwortlichen Beamten muss verlangt werden, dass sie die Sach- und Rechtslage unter Heranziehung aller ihnen zu Gebote stehenden Hilfsmittel gewissenhaft prüfen und sich auf Grund vernünftiger Überlegungen eine Rechtsauffassung bilden. Dazu gehören auch die Auswertung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und die ernsthafte Auseinandersetzung mit der Frage, ob ggf. aus politischen Gründen gewünschte Personalentscheidungen auch am Maßstab der relevanten Rechtsnormen Bestand haben.

40

Nach diesem Maßstab trifft die Beklagte an dem Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG ein Verschulden. Weder der mehrfache Wechsel des Anforderungsprofils im Laufe des Stellenbesetzungsverfahrens noch die Formulierung eines auf die Fähigkeiten eines bestimmten Bewerbers zugeschnittenen Anforderungsprofils entsprachen der ständigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte und waren deshalb als rechtswidrig erkennbar. Dasselbe gilt für den Versuch, das Stellenbesetzungsverfahren ohne Vorliegen sachlicher Gründe abzubrechen, für die fehlerhafte Annahme, der Leistungsgrundsatz gelte in einem aus Beförderungs- und Versetzungsbewerbern gemischten Bewerberfeld nicht, sowie für die Heranziehung von miteinander nicht vergleichbaren dienstlichen Beurteilungen der Bewerberinnen und Bewerber.

41

3. Die Verletzung des Art. 33 Abs. 2 GG zu Lasten des Klägers war kausal für seine Nichtbeförderung.

42

Ein Schadensersatzanspruch wegen rechtswidrig unterlassener Beförderung kann nur begründet sein, wenn dem Beamten ohne den Rechtsverstoß das angestrebte Amt voraussichtlich übertragen worden wäre (Urteil vom 11. Februar 2009 - BVerwG 2 A 7.06 - Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 44, bestätigt durch BVerfG, Kammerbeschluss vom 13. Januar 2010 - 2 BvR 811.09 - BayVBl 2010, 303). Erforderlich ist ein adäquat kausaler Zusammenhang zwischen der Rechtsverletzung und dem Schaden, d.h. der Nichtbeförderung. Ob ein solcher Zusammenhang gegeben ist, hängt von allen Umständen des konkreten Falles ab. Das Gericht hat demgemäß den hypothetischen Kausalverlauf zu ermitteln, den das Auswahlverfahren ohne den Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG voraussichtlich genommen hätte. Es muss ermitteln, welche Handlungsalternativen der Dienstherr erwogen und warum er sich für den konkret eingeschlagenen fehlerhaften Weg entschieden hat. Es muss beurteilen, welchem Bewerber der Dienstherr den Vorzug gegeben hätte, wenn er eine rechtmäßige Alternative verfolgt hätte.

43

Allerdings ist die Darlegung und Ermittlung eines derartigen hypothetischen Kausalverlaufs desto schwieriger, je fehlerhafter das Auswahlverfahren im konkreten Fall gewesen ist. Denn auch wenn es häufig möglich sein wird, einzelne Rechtsfehler eines Auswahlverfahrens hinwegzudenken, um den hypothetischen Kausalverlauf bei rechtmäßigem Verhalten des Dienstherrn nachzuzeichnen, werden hinreichende Anhaltspunkte für eine derartige Betrachtung häufig fehlen, wenn - wie im vorliegenden Fall - das Auswahlverfahren durch eine Vielzahl miteinander verschränkter Rechtsfehler gekennzeichnet ist.

44

Schwierig, wenn nicht vielfach unmöglich, kann die Ermittlung des hypothetischen Kausalverlaufs auch dann sein, wenn der Dienstherr zu seiner Aufklärung nichts beiträgt, vor allem, wenn ihm dies möglich wäre, etwa durch umfassende Aktenvorlage (Urteil vom 21. August 2003 - BVerwG 2 C 14.02 - BVerwGE 118, 370 <379>). Denn unter diesen Umständen ist das Fehlen einer tragfähigen Entscheidungsgrundlage auf die Verwaltungspraxis oder das Verhalten des Dienstherrn im Prozess zurückzuführen und kann dem Beamten nicht angelastet werden. Dies gilt in gleichem Maße, wenn Unterlagen zwar vorgelegt werden, ihnen aber nicht zu entnehmen ist, dass der Dienstherr eine rechtmäßige Handlungsalternative verfolgt hat.

45

In einem solchen Fall kann das Gericht Beweiserleichterungen bis hin zur Beweislastumkehr zu Gunsten des Klägers erwägen oder der Situation bei seiner Prognose eines möglichen Erfolgs des Klägers bei rechtmäßigem Verhalten des Dienstherrn Rechnung tragen. Ein Anspruch auf Schadensersatz wird hierbei schon dann regelmäßig in Betracht kommen, wenn der unterlegene Kandidat bei einer Entscheidung nach leistungsbezogenen Auswahlkriterien zumindest reelle Beförderungschancen gehabt hätte, wenn also seine Beförderung ohne den schuldhaften Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG nach Lage der Dinge ernsthaft möglich gewesen wäre (Urteil vom 17. August 2005 a.a.O. S. 109 f.; ebenso Urteil vom 23. November 1995 - BVerwG 2 A 1.94 - Schütz BeamtR ES/B III 8 Nr. 10). Dies schließt die Möglichkeit ein, dass in Einzelfällen nicht nur ein, sondern mehrere unterlegene Kandidaten einen Anspruch auf Schadensersatz wegen rechtswidrig unterbliebener Beförderung geltend machen können, wenn sie die ernsthafte Möglichkeit einer für sie positiven Auswahlentscheidung darlegen können.

46

Nach diesen Maßstäben geht der Senat im vorliegenden Fall davon aus, dass der Kläger zumindest ernsthafte Beförderungschancen gehabt hätte, wären die Rechtsfehler des Auswahlverfahrens vermieden worden. Zwar ist die ihm erteilte Regelbeurteilung nicht vollkommen widerspruchsfrei, wie das Bundeskanzleramt im Verfahren zu Recht angemerkt hat. Die berechtigten Zweifel an der Schlüssigkeit der Beurteilung sind jedoch nicht derart gravierend, dass die Beurteilung mit der Spitzennote übergangen werden könnte. Fest steht auch, dass der Kläger in allen Besetzungsvorschlägen, in denen mehrere Kandidaten betrachtet worden sind, in die engere Wahl für die Besetzung der zu vergebenden Stelle einbezogen war. Dies ergibt sich sowohl aus der Begründung der Besetzungsvorschläge als auch aus der Reaktion des Bundeskanzleramtes nach Vorlage des ersten Besetzungsvorschlags. Der Umstand, dass ein weiterer Kandidat mit der Spitzennote beurteilt war, ändert daran nichts, da der Kläger nicht den Nachweis erbringen muss, dass allein er für die Besetzung der Stelle in Betracht gekommen wäre. Schließlich hat die Beklagte im Verfahren keine Hinweise vorgelegt, die zur Klärung der Frage beigetragen hätten, welche Auswahlentscheidung bei rechtmäßigem Alternativverhalten getroffen worden wäre. Weder hat sie nachvollziehbar erläutert, aus welchen Gründen der erfolgreiche Kandidat ausgewählt worden ist, noch ist deutlich geworden, warum sie an den in den ersten Besetzungsvorschlägen ausgewählten Kandidaten nicht - etwa durch Nachbesserung dieser Vorschläge - festgehalten oder warum sie sich in jedem Vorschlag gegen den Kläger entschieden hat.

47

4. Der Kläger hat es schließlich nicht schuldhaft unterlassen, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

48

Nach dem Rechtsgedanken des § 839 Abs. 3 BGB kann ein zu Unrecht nicht beförderter Beamter Schadensersatz für diese Verletzung seines aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Bewerbungsverfahrensanspruchs verlangen, wenn er sich bemüht hat, den eingetretenen Schaden dadurch abzuwenden, dass er um gerichtlichen Rechtsschutz gegen die bevorstehende Personalentscheidung nachgesucht hat (Urteil vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 <109 ff.>, stRspr). Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass unterlegenen Kandidaten die Auswahlentscheidung rechtzeitig, d.h. zwei Wochen vor dem vorgesehenen Zeitpunkt der Stellenbesetzung mitgeteilt wird und dass auch während eines laufenden Rechtsschutzverfahrens nach Abschluss einer Instanz jeweils genug Zeit bleibt, die Überprüfung einer nachteiligen Entscheidung, ggf. durch das Bundesverfassungsgericht, einzuleiten. Wird diese Möglichkeit durch den Dienstherrn vereitelt, kann dem Bewerber nicht vorgeworfen werden, er habe es versäumt, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Eine Rechtsschutzvereitelung liegt auch dann vor, wenn der Dienstherr die Ernennung ohne vorherige Mitteilung an die unterlegenen Bewerber vornimmt (Urteil vom 4. November 2010 a.a.O. S. 113).

49

So liegt der Fall hier. Den Akten lässt sich entnehmen, dass die unterlegenen Kandidaten, unter ihnen der Kläger, auf Grund einer ausdrücklichen dienstinternen Anweisung erst unterrichtet worden sind, als der Dienstposten des Leiters der Unterabteilung ... an den ausgewählten Kandidaten vergeben war. Dies stellt eine gezielte Rechtsschutzvereitelung dar. Die Beklagte kann sich, wie bereits ausgeführt, auch nicht darauf berufen, es habe eine ämtergleiche Versetzung vorgelegen, so dass die Möglichkeit des Rechtsschutzes durch die Vergabe des Dienstpostens nicht abgeschnitten worden sei.

50

5. Der Kläger kann verlangen, dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so gestellt zu werden, als sei er am 17. Juli 20.. zum Direktor beim Bundesnachrichtendienst (BBesO B 3) befördert worden. Besoldungsleistungen und die ihm nach dem Eintritt in den Ruhestand zustehende Versorgung sind deshalb so zu berechnen, als sei er seit diesem Zeitpunkt in die Besoldungsgruppe B 3 einzustufen.

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Soweit der Kläger Prozesszinsen verlangt, ist die Klage hingegen unbegründet. Nach § 291 BGB, der im Verwaltungsprozess entsprechend anwendbar ist (Urteil vom 4. Dezember 2001 - BVerwG 4 C 2.00 - BVerwGE 115, 274), hat der Schuldner eine Geldschuld vom Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen. Dies gilt allerdings nur, sofern die öffentlich-rechtliche Klage unmittelbar auf Leistung einer fälligen Geldforderung gerichtet ist (Beschluss vom 29. Juni 1998 - BVerwG 8 B 64.98 - Buchholz 310 § 90 VwGO Nr. 7). Im vorliegenden Fall liegt der Schwerpunkt des geltend gemachten Anspruchs trotz seiner finanziellen Auswirkungen allerdings nicht auf dem Erlass eines die Zahlung unmittelbar auslösenden Verwaltungsakts (vgl. Beschluss vom 9. Februar 2005 - BVerwG 6 B 80.04 - juris) oder auf einer Leistungsklage auf Zahlung eines fälligen Geldbetrags. Das Begehren des Klägers ist vielmehr auf dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtliche Gleichstellung mit der Rechtsstellung gerichtet, die mit einem ihm verweigerten Statusamt verbunden gewesen wäre. Zahlungsansprüche sind daher nicht Gegenstand, sondern Folge des geltend gemachten Anspruchs.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Eine Beförderung ist, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, frühestens ein Jahr nach der Einstellung oder der letzten Beförderung zulässig, es sei denn, dass der bisherige Dienstgrad nicht regelmäßig durchlaufen werden musste.

(2) Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden ab dem Tag der Einstellung gerechnet oder, falls die Dienstzeit in einem bestimmten Dienstgrad abgeleistet sein muss, ab dem Tag, an dem die Ernennung wirksam geworden ist. Dabei gilt bei einer Einstellung oder Einberufung mit einem höheren als dem untersten Dienstgrad der Mannschaften die Zeit als erfüllt, die nach dieser Verordnung für eine Beförderung zu dem Dienstgrad, mit dem die Soldatin oder der Soldat eingestellt oder einberufen worden ist, erforderlich ist. Bei Soldatinnen oder Soldaten, die vor ihrer Einstellung Dienst als Beamtinnen oder Beamte im Bundesgrenzschutz, in der Bundespolizei oder in einer Bereitschaftspolizei der Länder geleistet haben, wird diese Dienstzeit auf die entsprechenden Dienstzeiten angerechnet, die Voraussetzung für die Beförderungen sind.

(3) Als Dienstzeit gilt auch die Zeit

1.
in einem vorläufigen Dienstgrad, wenn der Soldatin oder dem Soldaten dieser Dienstgrad verliehen worden ist; dies gilt nicht für die Zeit in einem vorläufigen Dienstgrad, den frühere Angehörige der ehemaligen Nationalen Volksarmee auf Anordnung des Bundesministeriums der Verteidigung während des Dienstverhältnisses besonderer Art geführt haben;
2.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge für die Tätigkeit in öffentlichen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen oder zur Übernahme von Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit;
3.
eines Urlaubs unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge, der dienstlichen Interessen oder öffentlichen Belangen dient, bis zur Dauer von insgesamt zwei Jahren; die zeitliche Grenze gilt nicht, wenn der Urlaub für eine der folgenden Tätigkeiten erteilt worden ist:
a)
für eine Tätigkeit als wissenschaftliche Assistentin oder wissenschaftlicher Assistent oder als Geschäftsführerin oder Geschäftsführer bei Fraktionen des Deutschen Bundestages oder der Landtage,
b)
für eine Tätigkeit bei der Deutschen Flugsicherung GmbH,
c)
für eine Tätigkeit bei sonstigen Gesellschaften des Bundes oder Gesellschaften mit Bundesbeteiligung oder
d)
für eine Tätigkeit bei Unternehmen, mit denen die Bundeswehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben auf vertraglicher Grundlage zusammenarbeitet;
4.
einer Elternzeit nach § 28 Absatz 7 des Soldatengesetzes sowie eines Urlaubs nach § 28 Absatz 5 des Soldatengesetzes.
Satz 1 Nummer 2 oder 3 ist nur anzuwenden, wenn die Soldatin oder der Soldat Aufgaben wahrnimmt, die ihrem oder seinem Dienstgrad entsprechen. Das Bundesministerium der Verteidigung hat bei Gewährung des Urlaubs schriftlich festzustellen, dass die Voraussetzungen vorliegen.

(4) Bei der Anrechnung von Dienstzeiten, die nach dieser Verordnung Voraussetzung für eine Beförderung sind, werden Teilzeitbeschäftigung und Vollzeitbeschäftigung gleich behandelt.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.