Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 20. Jan. 2016 - W 4 S 15.1466

bei uns veröffentlicht am20.01.2016

Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

1. Die Antragstellerin ist Mieterin des Anwesens Fl.Nr. ...45/1 der Gemarkung Sch. (A. 51). Es liegt eine Gewerbeanmeldung der Antragstellerin vom 1. September 2015 für den Betrieb eines Massagesalons vor. Das Gewerbe an dieser Adresse wird im Internet beworben unter der Bezeichnung „Haus D.“ Gegenüber der Eigentümerin des Grundstücks und Vermieterin ist ein Insolvenzverfahren eingeleitet worden.

Mit Bescheid vom 15. Dezember 1993 wurde auf dem Grundstück Fl.Nr. ...45/1 der Gemarkung Sch. die Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses baurechtlich genehmigt. Entsprechend den genehmigten Plänen befindet sich im Erdgeschoss neben der Garage und einem Raum für „Waschen/Trocknen“ eine Fläche für ein Büro einschließlich Sekretariat und Empfangsraum. Im 1. Obergeschoss befinden sich neben Wohnräumen Büroräume, im 2. Obergeschoss und Dachgeschoss ausschließlich Wohneinheiten.

Nachdem die Antragsgegnerin davon Kenntnis erlangt hat, dass das Anwesen A. 51 zu Zwecken der Prostitution genutzt wird, insbesondere aufgrund einer Auskunft des Hauptzollamts Sch. vom 23. Juli 2015 und von Anzeigen in Internetportalen, forderte sie den Insolvenzverwalter der Eigentümerin mit Schreiben vom 18. August 2015 auf, die bordellartige Nutzung unverzüglich, spätestens jedoch bis 1. Oktober 2015 einzustellen. Gleichzeitig gab die Antragsgegnerin Gelegenheit, zu einer Nutzungsuntersagung im Rahmen der Anhörung Stellung zu nehmen. Der Insolvenzverwalter erklärte daraufhin, dass die Eigentümerin entsprechend informiert worden sei. Mit E-Mail vom 19. Oktober 2015 teilte der Insolvenzverwalter der Antragsgegnerin mit, dass gegenüber der Mieterin die Kündigung zum 31. März 2016 ausgesprochen worden sei, diese aber die Kündigung zurückgewiesen habe.

2. Mit Bescheid vom 18. November 2015 untersagte die Antragsgegnerin der Eigentümerin die Nutzung des Wohn- und Geschäftshauses auf dem Grundstück A. 51 (Fl.Nr. ...45/1, Gemarkung Sch.) für Zwecke der Prostitution; die Nutzung sei innerhalb von vier Wochen nach Zustellung des Bescheids aufzugeben (Ziffer I). Die Antragstellerin wurde verpflichtet, die Nutzungsuntersagung gemäß Ziffer I des Bescheids zu dulden (Ziffer II). Die sofortige Vollziehung der Ziffern I und II des Bescheids wurde angeordnet (Ziffer III). Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer I und II des Bescheids wurde ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 20.000,00 EUR angedroht (Ziffer IV).

Zur Begründung des Bescheids führte die Antragsgegnerin im Wesentlichen aus, dass die Nutzung nach Art. 76 Satz 2 BayBO untersagt werden könne. Das verfahrensgegenständliche Gebäude sei im Jahr 1993 als Wohn- und Geschäftshaus baurechtlich genehmigt worden. Dadurch dass das Anwesen nunmehr für Zwecke der Prostitution genutzt werde, liege baurechtlich eine nach Art. 55 Abs. 1 BayBO genehmigungspflichtige Nutzungsänderung vor. Hieraus folge, dass die beanstandete Nutzung allein schon wegen fehlender Genehmigung formell rechtswidrig sei und bereits deshalb eine Nutzungsuntersagung in Betracht komme. Die Ausübung der Prostitution auf dem Grundstück sei auch materiell-rechtlich rechtswidrig. Eine nachträgliche Genehmigung scheide aus. Ausschlaggebend seien hierfür Gründe des Bauplanungsrechts. Die Zulässigkeit des Vorhabens sei nach § 34 Abs. 1 und Abs. 2 BauGB zu beurteilen. Die Eigenart der näheren Umgebung des Anwesens entspreche einem Mischgebiet nach § 6 BauNVO. Der östlich auf den Grundstücken Fl.Nrn. **36 und **37 der Gemarkung Sch. befindliche Brauereibetrieb führe im Hinblick auf die gegebene städtebauliche Struktur im dortigen Bereich zu keiner anderen Beurteilung. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seien bordellartige Betriebe mit der Nutzungsart Wohnen aufgrund des sich typischerweise ergebenden Störpotentials nicht verträglich. Ein bordellartiger Betrieb sei in einem (faktischen) Mischgebiet - unabhängig davon, ob er als sonstiger Gewerbebetrieb im Sinne des § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO oder als Vergnügungsstätte im Sinne des § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO einzuordnen sei - mit der im Mischgebiet ebenfalls zulässigen Wohnnutzung unverträglich. Die Voraussetzungen für eine Befreiung i. S. d. § 31 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 34 Abs. 2 2. Halbs. BauGB seien nicht gegeben. Hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass sich das Anwesen innerhalb des förmlich festgelegten Sanierungsgebiets „Altstadt - Teilbereich K./A.“ befinde und die bordellartige Gebäudenutzung den Zielen der Sanierung widerspreche. Die Anordnung der Nutzungsuntersagung liege im pflichtgemäßen Ermessen der Bauaufsichtsbehörde. Das öffentliche Interesse erfordere es grundsätzlich, gegen baurechtswidrige Zustände einzuschreiten, um die Einhaltung der Rechtsordnung zu sichern. Es entspreche auch einer pflichtgemäßen Ermessensausübung, dass die Nutzungsuntersagung gegenüber der Grundstückseigentümerin ausgesprochen werde. Sie könne in Abstimmung mit dem gerichtlich bestellten Insolvenzverwalter alles Erforderliche veranlassen, um die rechtswidrige Nutzung zu beenden. Die Adressatenauswahl entspreche im Übrigen der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, wonach bei Wohnungen mit bordellartigen Nutzungen, die einem ständig wechselnden Personenkreis überlassen würden, ermessensfehlerfrei der Eigentümer als Adressat der Nutzungsuntersagung in Betracht komme.

Neben der Grundstückseigentümerin sei die Antragstellerin als Betreiberin des bordellartigen Betriebs für die rechtswidrige gewerbliche Nutzung verantwortlich. Zur Vermeidung eines Vollzugshindernisses bei der Vollstreckung der Nutzungsuntersagung sei es erforderlich gewesen, gegenüber der Antragstellerin eine Duldungsanordnung auszusprechen.

Der Bescheid vom 18. November 2015 wurde der Eigentümerin des Grundstücks sowie dem Insolvenzverwalter jeweils am 27. November 2015, der Antragstellerin unter ihrer Geschäftsadresse in der Schweiz am 1. Dezember 2015 sowie dem Verwaltungsrat der Antragstellerin am 27. November 2015 zugestellt.

3. Am 28. Dezember 2015 ließ die Antragstellerin beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg unter dem Aktenzeichen W 4 K 15.1465 Klage erheben und beantragen, den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18. November 2015 aufzuheben, soweit er die Klägerin verpflichte, die Nutzungsuntersagung gegenüber der Grundstückseigentümerin hinsichtlich des Wohn- und Geschäftshauses auf dem Grundstück A. 51 (Fl.Nr. ...45/1, Gemarkung Sch.) zu dulden.

Mit dem Schriftsatz vom 28. Dezember 2015 beantragte die Antragstellerin darüber hinaus,

die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen.

Die Antragstellerin begründete ihren Antrag im Wesentlichen damit, dass die angeordnete Nutzungsuntersagung nicht im pflichtgemäßen Interesse der Antragsgegnerin liege. Insbesondere sei sie nicht verhältnismäßig. Das Anwesen liege im Mischgebiet direkt gegenüber der Brauerei R. in Sch. Auf der Rückseite des Gebäudes befinde sich die Obere Gasse, welche durch diverse Einzelhandels- und Gewerbebetriebe geprägt sei. Wohnnutzung in der Nachbarschaft sei nur in geringem Maße vorhanden. Störenden Einfluss auf diese Wohnnutzung übe der Betrieb der Antragstellerin nicht aus. Der Antragsgegnerin sei seit vielen Jahren bekannt, dass im streitgegenständlichen Anwesen der Prostitution nachgegangen werde. Vor vielen Jahren sei diesbezüglich eine ordnungsgemäße Gewerbeanmeldung erfolgt. Seitdem sei das Anwesen regelmäßig von Polizeibeamten der Stadt Sch. kontrolliert worden. Anlass zur Beanstandung habe es bislang nicht gegeben. Sollte es tatsächlich zu Störungen gekommen sein, so habe diesen mit geeigneten Auflagen begegnet werden können. Die Schließung und Nutzungsuntersagung stelle regelmäßig eine Ultima Ratio dar. Tatsächlich beabsichtige die Antragsgegnerin, das Anwesen selbst für eigene Zwecke zu nutzen. Es habe bereits im Sommer 2014 eine Begehung verschiedener Vertreter der Antragsgegnerin im Beisein eines Architekten stattgefunden. Die von der Antragsgegnerin gewünschte Eigennutzung stelle jedoch keinen rechtlich anerkannten Grund für die ausgesprochene Nutzungsuntersagung dar. Im Übrigen wende sich die Antragsgegnerin erneut ausschließlich gegen einen bordellartigen Betrieb der Antragstellerin; die Vielzahl weiterer im Sanierungsgebiet liegender bordellartiger Betriebe anderer Betreiber werde von der Antragsgegnerin nicht beanstandet. Darüber hinaus berufe sich die Antragstellerin auf den grundrechtlichen Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs.

4. Die Antragsgegnerin beantragte mit Schreiben vom 8. Januar 2016,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung nahm die Antragsgegnerin Bezug auf den Inhalt des Bescheids vom 18. November 2015. Im Übrigen legte sie dar, dass es sich entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin vorliegend keinesfalls um ein Gewerbegebiet (§ 8 BauNVO) handele. Vielmehr befänden sich in unmittelbarer Nähe des streitgegenständlichen Grundstücks neben gewerblichen Nutzungen Gebäude mit Wohnnutzung (vgl. O. Straße 36 mit vier Wohneinheiten und A. 55 mit drei Wohneinheiten). Aus der Tatsache, dass sich östlich, auf den Grundstücken Fl.Nrn. ...36 und ...37, ein Brauereibetrieb befinde, könne sich keine abweichende Beurteilung ergeben. Unabhängig von der Frage, ob von einer Gemengelage auszugehen sei, sei vielmehr ausschlaggebend, dass die gerügte Bordellnutzung sich in unmittelbarer Nähe zu Wohnbebauung befinde und es in der Rechtsprechung geklärt sei, dass bordellartige Betriebe mit zulässigerweise vorhandener Wohnnutzung unverträglich seien. Es sei auch nicht zutreffend, dass von dem betreffenden Gebäude konkret keine Störungen ausgegangen seien. Zuletzt sei es am 6. Dezember 2015 zu einem Vorfall gekommen, der einen Polizeieinsatz zur Folge gehabt habe und in der Tagespresse publiziert worden sei. Das streitgegenständliche Anwesen befinde sich zudem innerhalb des durch Satzung der Stadt Sch. vom 13. Oktober 1993 förmlich festgelegten Sanierungsgebiets „Altstadt - Teilbereich K./A.“. Es stünden auch insoweit öffentliche Belange der illegalen Bordellnutzung entgegen. Die städtebauliche Sanierungsmaßnahme ziele darauf ab, in diesem Gebiet, unweit der historischen Wallanlagen, die Rahmenbedingungen für attraktives, innenstadtnahes Wohnen zu schaffen. Im Hinblick auf die offensichtlich fehlende Genehmigungsfähigkeit der bordellartigen Nutzung und auf den Störungsgrad des Bordellbetriebs bestehe ein vordringliches öffentliches Interesse daran, dass die Nutzungsuntersagung sofort und nicht erst nach bestands- oder rechtskräftigem Abschluss von Rechtsbehelfsverfahren vollziehbar sei. Auch in diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, dass Nutzungen dieser Art dazu geeignet seien, Nachahmeffekte auszulösen oder eine negative Vorbildwirkung zu entfalten. Die Vielzahl weiterer bordellartiger Nutzungen sei nicht bekannt. Fakt sei, dass die Antragsgegnerin regelmäßig baurechtswidrige Nutzungen aufgreife und unterbinde. Innerhalb des letzten Jahres seien im ganzen Stadtgebiet auf Intervention der Antragsgegnerin mehrere Bordelle geschlossen worden, oder es stehe deren Schließung bevor. Das Interesse der Antragsgegnerin am Kauf des Anwesens A. 51 im Hinblick auf die städtebauliche Sanierungsmaßnahme tangiere die Belange der Antragstellerseite nur mittelbar. Der angefochtene Bescheid stütze sich ausschließlich auf die baurechtliche Rechtswidrigkeit und Art. 76 BayBO als Eingriffsnorm. Die Befugnis zum Erlass einer Nutzungsuntersagung gegenüber dem Mieter oder Betreiber des betreffenden Gewerbebetriebs erstrecke sich auch auf den Erlass einer Duldungsanordnung.

Ergänzend wird auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 18. November 2015 nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zulässig, aber nicht begründet.

1. Die Anordnung des Sofortvollzuges erging in formell rechtmäßiger Weise. Die Antragsgegnerin hat dem Begründungserfordernis nach § 80 Abs. 3 VwGO ausreichend Rechnung getragen.

Die Begründung muss auf den konkreten Fall abstellen und darf nicht lediglich formelhaft sein (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 80 Rn. 84; Schmidt in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 42). Bei Nutzungsuntersagungen (und unmittelbar auf diesen beruhenden Duldungsanordnungen) ist aber die sofortige Vollziehung die Regel, weil der Betroffene sonst im Schutze der aufschiebenden Wirkung die ungenehmigte Nutzung zunächst weiterführen könnte und somit die Nutzungsuntersagung ihren präventiven Zweck verfehlen würde. Das gilt nicht nur für die Fälle der Nutzungsuntersagung wegen (nur) formeller Illegalität, sondern auch in den Fällen, in denen nach den Umständen des Falles konkreter Anlass besteht, die Genehmigungspflichtigkeit bzw. Genehmigungsfähigkeit einer Nutzung einer genaueren Prüfung zu unterziehen.

An den Inhalt der Begründung sind dabei keine zu hohen Anforderungen zu stellen (vgl. Schmidt in: Eyermann, VwGO, § 80 Rn. 43). Die Begründung der Anordnung des Sofortvollzuges ist vorliegend ausreichend einzelfallbezogen und lässt insbesondere erkennen, dass sich die Antragsgegnerin des Ausnahmecharakters der Vollziehungsanordnung bewusst war. Die Antragsgegnerin nennt als wesentliche Argumente die Verhinderung einer nachhaltigen Störung des Wohnfriedens sowie die Durchsetzung der städtebaulichen Sanierungsmaßnahme, welche durch die Gebäudenutzung der Antragstellerin erschwert oder sogar unmöglich gemacht werde. Die Antragsgegnerin stellt auf den ordnungsgemäßen Vollzug der Baugesetze ab, was jedenfalls im Zusammenhang mit den weiteren Ausführungen der Antragsgegnerin im streitgegenständlichen Bescheid zur Frage der Genehmigungsfähigkeit der Nutzung als ausreichende formelle Begründung anzusehen ist. Die Antragsgegnerin erkennt insbesondere auch im Rahmen der erforderlichen Abwägung der öffentlichen und privaten Interessen das wirtschaftliche Interesse der Grundstückseigentümerin, das aufgrund der besonderen Umstände der rechtswidrigen Nutzung, die in ihrem Verantwortungsbereich liegen, zurücktreten muss. Diese Aspekte rechtfertigen die Anordnung der sofortigen Vollziehung auch in Bezug auf die Duldungsanordnung in Ziffer II des Bescheids vom 18. November 2015.

2. Im Rahmen der Prüfung nach § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht aufgrund der sich im Zeitpunkt seiner Entscheidung darstellenden Sach- und Rechtslage eine eigene, originäre Abwägungsentscheidung zwischen dem Interesse der Antragstellerin an der Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage und dem Interesse der Antragsgegnerin am Vollzug des Verwaltungsakts. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache als wesentliches Indiz zu berücksichtigen. Wird die in der Hauptsache erhobene Klage bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein, so wird im Regelfall die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage in Betracht kommen. Wird dagegen die in der Hauptsache erhobene Klage voraussichtlich keinen Erfolg haben, so ist dies ein starkes Indiz für die Ablehnung des Antrages auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Sind schließlich die Erfolgsaussichten offen, findet eine reine Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt (vgl. Schmidt in: Eyermann, VwGO, § 80 Rn. 69 ff.).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze wird die erhobene Anfechtungsklage gegen Ziffern II und IV des Bescheids der Antragsgegnerin vom 18. November 2015 mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen Erfolg haben.

2.1. Ist der Adressat einer bauaufsichtlichen Anordnung nicht zugleich Alleineigentümer und Besitzer der Anlage bzw. des Baugrundstücks, bestehen hieran vielmehr weitere dingliche oder obligatorische Berechtigungen, so müsste der Pflichtige, wollte er der Anordnung Folge leisten, in die Berechtigung dieser Dritten eingreifen. Dies ist ihm aber aus eigenem Recht verwehrt. Vielmehr muss die Bauaufsichtsbehörde ihn in einem solchen Fall hierzu erst durch entsprechende weitere Maßnahmen in die Lage versetzen, nämlich dadurch, dass sie den oder die weiteren Berechtigten dazu verpflichtet, die Durchführung der Maßnahme zu dulden (sog. Duldungsanordnung).

Rechtsgrundlage für den Erlass der Duldungsanordnung ist Art. 76 Satz 2 BayBO, wonach die Bauaufsichtsbehörde nach dem Wortlaut der Norm die Nutzung baulicher Anlagen untersagen kann, wenn diese im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt werden. Als Minus dazu umfasst die Befugnisnorm auch die Anordnung an einen Dritten, eine solche Nutzungsuntersagung zu dulden (st. Rspr. des BayVGH, vgl. hierzu U.v. 16.2.2015 - 1 B 13.649 - juris Rn. 16 m. w. N.).

2.2. Materielle Voraussetzung der vorliegenden Duldungsanordnung ist zunächst, dass die Nutzungsuntersagung wegen fehlenden Einverständnisses der Antragstellerin - dem Adressaten der Duldungsanordnung - nicht durchgesetzt werden kann. Es bedarf einer Duldungsanordnung zur Durchsetzung des bauordnungsrechtlichen Vollzugs der Nutzungsuntersagung folglich nur dann‚ wenn der zur Duldung Verpflichtete die Vollstreckung aus rechtlichen Gründen zu verhindern vermag. In dieser Situation sollen die sich aus dem privatrechtlichen Verhältnis ergebenden rechtlichen Möglichkeiten dritter Personen ausgeschaltet werden‚ um den Vollzug nicht zu gefährden. Dies ist hier der Fall. Mit dem Ausspruch eines Duldungsgebots (= Duldungsanordnung) wird das Hindernis für eine Vollstreckung der Nutzungsuntersagung nach Art. 76 Satz 2 BayBO im Hinblick auf entgegenstehende private Rechte des Mieters, der Antragstellerin, ausgeräumt. Dem Adressaten der Duldung wird kraft öffentlichen Rechts die Pflicht auferlegt, die zwangsweise Durchsetzung des Gebots hinzunehmen; seine nach Privatrecht erforderliche Einwilligungen in Handlungen des Pflichtigen wird durch die Duldungsanordnung ersetzt (Simon/Busse, BayBO, 121. EL 2015, Art. 76 Rn. 406 m. w. N.).

2.3. Auch im Übrigen erweist sich die Duldungsanordnung als rechtmäßig. Es kann offenbleiben, ob die streitgegenständliche Duldungsanordnung nur dann rechtmäßig sein kann, wenn die Ausgangsverfügung - hier also die Nutzungsuntersagung - ihrerseits rechtmäßig ist (in diesem Sinne BayVGH, B.v. 16.4.2007 - 14 CS 07.275 - juris Rn. 17; a.A. BayVGH, B.v. 12.3.2012 - 1 CS 12.282 - juris Rn. 14 ff.), da sowohl die Nutzungsuntersagung in Ziffer I als auch die Duldungsanordnung in Ziffer II des streitgegenständlichen Bescheids rechtmäßig sind.

Die Duldungsverfügung in Ziffer II des Bescheids greift in die Rechte der Antragstellerin als zivilrechtlich Berechtigte ein. Die Antragsgegnerin ist zu diesem Eingriff ermächtigt, da die Voraussetzungen des Art. 76 Satz 2 BayBO vorliegen.

Anerkanntermaßen genügt für die Nutzungsuntersagung und folglich auch für die auf Art. 76 Satz 2 BayBO gestützte Duldungsanordnung grundsätzlich die formelle Rechtswidrigkeit einer baulichen Anlage (vgl. Simon/Busse, BayBO, 121. EL 2015, Art. 76 Rn. 282 m. w. N.), d. h. die Nutzung einer genehmigungspflichtigen baulichen Anlage ohne die hierfür erforderliche Baugenehmigung. Da die Nutzungsuntersagung in erster Linie die Funktion hat, den Bauherrn auf das jeweilige Genehmigungsverfahren zu verweisen, muss grundsätzlich nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Anders als bei der Beseitigungsanordnung nach Art. 76 Satz 1 BayBO kommt es daher nicht darauf an, ob auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Damit ist es dem Grunde nach unerheblich, ob die untersagte Nutzung (auch) gegen materielles Recht verstößt (vgl. BayVGH, U.v. 5.12.2005 - 1 B 03.2608 - BayVBl. 2006, 702 f.).

Allerdings darf eine wegen Verstoßes gegen die Genehmigungspflicht formell rechtswidrige Nutzung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit grundsätzlich nicht untersagt werden, wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist. Auch wenn die Folgen einer Nutzungsuntersagung für den Betroffenen in der Regel weniger gravierend sind als die einer Beseitigungsanordnung, ist es im Allgemeinen unverhältnismäßig, eine offensichtlich materiell legale Nutzung zu untersagen, ohne den Bauherrn vorher - vergeblich - gemäß Art. 76 Satz 3 BayBO aufgefordert zu haben, einen Bauantrag zu stellen (BayVGH, B.v. 4.8.2004 - 15 CS 04.1648 - BayVBl. 2005, 369; OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 22.5.1996 - 8 A 11880/95 - BauR 1997, 103).

Die Kammer ist im Rahmen der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage der Auffassung, dass die derzeitig auf dem Grundstück Fl.Nr. ...45/1 der Gemarkung Sch. ausgeübte Nutzung formell rechtswidrig erfolgt und eine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht gegeben ist.

a. Die untersagte Nutzung ist formell baurechtswidrig, weil es sich im vorliegenden Fall bei der Nutzung des streitgegenständlichen Gebäudes zum Zwecke der Prostitutionsausübung um eine nach Art. 55 Abs. 1 BayBO genehmigungspflichtige Nutzungsänderung handelt und die erforderliche Genehmigung nicht vorliegt.

Aus der Baugenehmigung für das Grundstück Fl.Nr. ...45/1 der Gemarkung Sch. (Am Oberen Wall 51) vom 15. Dezember 1993 ergibt sich, dass ausschließlich eine Nutzung als Wohn- und Bürogebäude genehmigt ist. Das 2. Obergeschoss und das Dachgeschoss dienen ausschließlich Wohnzwecken, das 1. Obergeschoss enthält eine Genehmigung von Wohn- und Büroräumen, das Erdgeschoss schließt zwei Büroräume, einen Nebenraum sowie eine Garage ein.

Die tatsächlich vorliegende Nutzung ist baurechtlich als Bordell bzw. bordellartiger Betrieb und nicht als sog. Wohnungsprostitution zu qualifizieren. Wohnungsprostitution setzt voraus, dass die Prostituierten in der Wohnung, in der sie ihr Gewerbe ausüben, auch wohnen und zwar über einen längeren Zeitraum als nur wenige Wochen oder Monate; die gewerbliche Nutzung darf nach außen nur wohnähnlich in Erscheinung treten und dem Gebäude, in dem sie stattfindet, nicht das Gepräge geben (vgl. BayVGH, B.v. 19.5.1999 - 26 ZB 99.770; BayVGH, B.v. 16.5.2008 - 9 ZB 07.3224; OVG Koblenz, U.v. 23.6.2010 - 8 A 10559/10; VGH Mannheim, U.v. 24.7.2002 - 5 S 149/01; OVG Münster, B.v. 10.9.2010 - 7 A 1057/10 jeweils m. w. N. - juris). Von einer Wohnungsprostitution kann auch dann nicht mehr gesprochen werden, wenn ein Gebäude ausschließlich von Prostituierten (und gegebenenfalls einer „Betriebsleiterin“) bewohnt und gewerblich genutzt wird (vgl. BayVGH, B.v. 19.5.1999 - 26 ZB 99.770 - juris). Letzteres ist vorliegend der Fall, da ausweislich des Vortrags der Beteiligten und der Werbung für den Betrieb der Antragstellerin (vgl. Internet „www.d...-m...de“; Aufruf am 18.1.2016) das streitgegenständliche Gebäude auf allen vier Ebenen ausschließlich für den bordellartigen Betrieb genutzt wird.

Für die Änderung der genehmigten Nutzung als Wohn- und Geschäftshaus in eine bordellartige Nutzung fehlt es aber an der erforderlichen baurechtlichen Genehmigung.

Allein der Verstoß gegen das formelle Baurecht rechtfertigt regelmäßig bereits den Erlass der Nutzungsuntersagung. Nur auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass die Vereinbarkeit eines bestimmten Vorhabens bzw. einer bestimmten Nutzung mit dem öffentlichen Baurecht vor dessen tatsächlicher Realisierung in einem geordneten Genehmigungsverfahren geprüft wird und außerdem vermieden wird, dass sich derjenige, der eine ungenehmigte Nutzung aufnimmt, ungerechtfertigte Vorteile gegenüber gesetzestreuen Bürgern verschafft.

b. Eine formell rechtswidrige Nutzung darf aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nur dann nicht untersagt werden, wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist oder die Nutzung von Wohnraum untersagt wird, der für die Bewohner den alleinigen Mittelpunkt ihrer privaten Existenz bildet (vgl. BayVGH, U.v. 5.12.2005 - 1 B 03.2608 - BayVGH, B.v. 16.5.2008 - 9 ZB 07.3224 - juris). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Es wird nicht die Nutzung von Wohnraum untersagt.

Darüber hinaus ist die Nutzung des fraglichen Gebäudes zur Ausübung der Prostitution nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Es bestehen gewichtige bauplanungsrechtliche Bedenken gegen die Statthaftigkeit eines bordellartigen Betriebs im streitgegenständlichen Anwesen. § 13 BauNVO bleibt hierbei außer Betracht, da es sich bei der Tätigkeit von Prostituierten nicht um eine freiberufliche oder um eine gleichgestellte Tätigkeit handelt (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl. 2014, § 13 Rn. 4.32 mit Verweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.1.1984 - 4 C 65.80, BVerwGE 68, 324). Ein Bebauungsplan nach § 30 Abs. 1 BauGB existiert für das Gebiet, in dem das Grundstück liegt, nicht, so dass sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit nach § 34 Abs. 2 bzw. Abs. 1 BauGB richtet. Aufgrund einer vorläufigen Einschätzung der Kammer im einstweiligen Rechtsschutzverfahren anhand des vorliegenden Aktenmaterials der Antragsgegnerin (insb. Bl. 17 bis 21 d. A.) handelt es sich hier um ein Mischgebiet gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 6 BauNVO, da sowohl dem Wohnen als auch der gewerblichen Nutzung im Baugebiet gleichermaßen ein bedeutsamer Umfang eingeräumt wird (vgl. § 6 Abs. 1 BauNVO). Es ist nicht davon auszugehen, dass die Ansiedlung des Brauereibetriebs auf den Grundstücken Fl.Nrn. ...36 und ...37 der Gemarkung Sch. dazu führt, dass eine gewerbliche Nutzung eindeutig überwiegt, was § 8 Abs. 1 BauNVO voraussetzt.

Es besteht in der Judikatur Übereinstimmung darin, dass ein Bordell bzw. bordellartiger Betrieb (zum Begriff vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, § 6 Rn. 2.1) in einem Mischgebiet im Sinne des § 6 BauNVO regelmäßig unzulässig ist. Es handelt sich wegen ihrer Wirkungen auf die Nachbarschaft („milieubedingte Unruhe“) typischerweise um Gewerbebetriebe bzw. Vergnügungsstätten, die das Wohnen wesentlich stören (vgl. BVerwG, U.v. 12.9.2013 - 4 C 8.12 - juris Rn. 14; BayVGH, B.v. 10.6.2010 - 1 ZB 09.1971 - juris Rn. 20 m. w. N.). Diese Nutzung verträgt sich aus Gründen des Jugendschutzes, aber auch wegen der mit derartigen Einrichtungen zu befürchtenden Belästigungen und des zu befürchtenden Trading-Down-Effekts grundsätzlich nicht mit der im Mischgebiet ebenfalls zulässigen Wohnnutzung (HessVGH, B.v. 30.4.2009 -3 A 1284/08 - juris). Auf die Frage der konkreten Belästigung kommt es in diesem Zusammenhang nicht an (VGH Mannheim, B.v. 13.2.1998 - 5 s 2570/96 - juris).

An dieser Beurteilung hat sich durch das In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten vom 20. Dezember 2001 (BGBl I 2001, S. 3983) nichts geändert. Auch wenn dieses Gesetz - über die dort getroffenen zivil- und strafrechtlichen Bestimmungen hinausgehend - zu einer anderen sozialethischen Bewertung der Prostitution beitragen sollte, hat dies auf die bodenrechtliche Beurteilung solcher Betriebe keine Auswirkungen (vgl. BayVGH, B.v. 10.6.2010 - 1 ZB 09.1971 und B.v. 13.2.2008 - 15 ZB 07.2200 - juris). Eine Ausstrahlungswirkung des Gesetzes besteht nach ganz herrschender Meinung in Rechtsprechung und Literatur nicht für das Bauplanungsrecht, welches sozialethisch neutral ist (m. w. N. Fickert/Fieseler, BauNVO, § 4 Abs. 3 Rn. 9.62).

Das Vorhaben wäre jedoch selbst dann nicht offensichtlich genehmigungsfähig, wenn sich seine bauplanungsrechtliche Zulässigkeit nach § 34 Abs. 1 BauGB richtet, weil die Eigenart der näheren Umgebung des Baugrundstücks als Gemengelage einzustufen ist.

Aus der Behördenakte ergibt sich, dass die unmittelbare Umgebung des Grundstücks Fl.Nr. ...45/1 ganz wesentlich von Wohnnutzung geprägt ist (vgl. Bl. 17 ff., 21 und 22 d. A.). Das Bundesverwaltungsgericht hat erst kürzlich wieder betont, dass Bordelle bzw. bordellartige Betriebe, die als „Gewerbebetriebe aller Art“ im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO zu qualifizieren sind, Einrichtungen darstellen, „für die sich im Hinblick auf die sich aus dem ‚Milieu‘ ergebenden Begleiterscheinungen eher ein Standort eignet, der außerhalb oder allenfalls am Rande des Blickfeldes und der Treffpunkte einer größeren und allgemeinen Öffentlichkeit liegt und auch nicht in der Nachbarschaft von Wohnungen“ (BVerwG, B.v. 2.11.2015 - 4 B 32/15 - juris Rn. 4). Unter Zugrundelegung dieser Prämisse fügt sich die streitgegenständliche Nutzung nicht gemäß § 34 Abs. 1 BauGB ein.

Selbst eine den Rahmen wahrende Nutzung fügt sich nicht im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB ein, wenn sie die gebotene Rücksichtnahme auf die sonstige, vor allem auf die in der unmittelbaren Nähe vorhandene Bebauung vermissen lässt. Dass das Vorhaben aus diesem Grund unzulässig ist, lässt sich im Hinblick auf die in den angrenzenden Grundstücken vorhandene Wohnnutzung (vgl. A. 55 und O. Straße 36; Bl. 21 d. A.) nicht von vornherein ausschließen, weshalb es im Ergebnis daher jedenfalls an einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens fehlt.

2.4. Art. 76 Satz 2 BayBO räumt der Antragsgegnerin ein Ermessen bezüglich der Frage ein, ob sie gegen die baurechtswidrigen Zustände einschreitet. Diese Ermessensausübung ist vom Gericht nach Maßgabe des § 114 VwGO nur eingeschränkt überprüfbar.

Danach ist die Ermessensausübung im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden. Insbesondere konnte die Antragsgegnerin dem öffentlichen Interesse an baurechtlich rechtmäßigen Zuständen und an der Auflösung von bestehenden Spannungen (milieubedingte Unruhe) ein höheres Gewicht beimessen als dem wirtschaftlichen Interesse der Eigentümerin und der Antragstellerin an der Beibehaltung des bordellartigen Betriebs. Dies gilt umso mehr, als sich die Antragsgegnerin auf die Ausweisung eines Sanierungsgebiets „Altstadt - Teilbereich K./A.“ durch Satzung vom 13. Oktober 1993 berufen kann. Ausweislich des Beschlusses des Verwaltungs- und Bauausschusses der Antragsgegnerin vom 13. Februar 1992 bestand Einverständnis mit dem Zielkatalog vom 23. Januar 1992 „Allgemeine Ziele der Sanierung im Gebiet K./A.“. Dort findet sich ausdrücklich das Ziel, im Sanierungsgebiet störende Gewerbebetriebe auszulagern und die Wohnverhältnisse und das Wohnumfeld zu verbessern (vgl. Heftung „Satzung der Stadt Sch. über die förmliche Festlegung des Sanierungsgebiets III ‚Altstadt - Teilbereich K./A.‘; Bl. 9 und 10). Die Antragsgegnerin konnte diesen öffentlichen Interessen bei Erlass des Bescheids vom 18. November 2015 eine wesentliche Bedeutung zukommen lassen.

Die Nutzungsuntersagungsanordnung ist auch nicht aufgrund eines den Adressaten zukommenden Vertrauensschutzes unverhältnismäßig.

Die Befugnis der Bauaufsichtsbehörde, auf die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu achten, kann nicht verwirkt werden. Das schlichte Unterlassen bauaufsichtlichen Einschreitens (passive Duldung) kann den Erlass einer Nutzungsuntersagungsanordnung ohne das Hinzutreten besonderer, einzelfallbedingter Umstände nicht hindern. Wenn eine bauliche Anlage über einen langen Zeitraum hinweg rechtswidrig genutzt worden ist, ohne dass die Bauaufsichtsbehörde eine Veranlassung zum Einschreiten gesehen hat, können sich jedoch gesteigerte Anforderungen an die Ermessensbetätigung und deren Begründung ergeben. Die ermessensfehlerfreie Anordnung einer Nutzungsuntersagung kann ausgeschlossen sein, wenn die Bauaufsichtsbehörde durch vorausgegangenes positives Tun einen Vertrauenstatbestand zugunsten des Betroffenen geschaffen hat. Das kann durch eine förmliche Duldung erfolgen im Sinne einer Zusage nach Art. 38 BayVwVfG, eine bauaufsichtliche Maßnahme nicht zu erlassen, die zu ihrer Wirksamkeit aber der Schriftform bedarf. In Betracht kommt jedoch auch ein über die bloße Untätigkeit hinausgehendes besonderes Verhalten der Behörde, aufgrund dessen der Betroffene zu der Annahme berechtigt ist, dass die Behörde von der Befugnis zur Nutzungsuntersagung keinen Gebrauch mehr machen will (vgl. BayVGH, U.v. 17.6.1998 - 2 B 97.171; BayVGH, B.v. 13.4.2000 - 2 ZB 00.723 - jeweils juris; Simon/Busse, BayBO, 121. EL 2015, Art. 76 Rn. 305).

Nach diesen Grundsätzen steht der Antragstellerin ein die Duldungsanordnung hindernder Vertrauensschutz nicht zu.

Soweit die Antragstellerin vorträgt, die Antragsgegnerin müsse seit langem Kenntnis von der ausgeübten gewerblichen Nutzung gehabt haben, reicht dies für die Begründung eines Vertrauenstatbestandes nicht aus. Die Antragstellerin hat hierzu auch keinerlei Nachweise vorgelegt, die irgendwelche Anhaltspunkte dafür bieten könnten, dass die Antragsgegnerin positive Kenntnis von der langjährigen Ausübung der Prostitution auf dem Grundstück hatte. Auch muss sich die Baubehörde etwaiges polizeiliches Wissen und Tätigwerden nicht zurechnen lassen. Gleiches gilt für die Anmeldung eines Gewerbes. Es gibt zudem keine Anhaltspunkte dafür, dass im Baugebiet mehrere bordellartige Betriebe vorhanden sind und die Antragsgegnerin ausschließlich gegen die Nutzung auf dem Grundstück Fl.Nr. ...45/1 vorgeht. Die Antragsgegnerin hat dem widersprochen, die Antragstellerin hat aber nicht dargelegt, wo sich diese Betriebe befinden und um welche Betriebe es sich handelt. Für das Gericht ist im einstweiligen Rechtsschutzverfahren diesbezüglich daher keine weitere Ermittlung des Sachverhalts veranlasst. Des Weiteren weist die Antragsgegnerin zu Recht darauf hin, dass aus Art. 3 Abs. 1 GG keine „Gleichheit im Unrecht“ hergeleitet werden kann.

Unverhältnismäßig ist schließlich auch nicht die vierwöchige Frist zur Erfüllung der Verpflichtung gegenüber der Eigentümerin, die baurechtswidrige Nutzung aufzugeben. Es ist der Eigentümerin zuzumuten, innerhalb dieser Frist die Schritte durchzuführen, die zu einer Unterbindung der baurechtswidrigen Nutzung zu veranlassen sind (z. B. Kündigung oder Räumung). Die Antragstellerin muss in diesem Rahmen die Duldungsanordnung als Minus zur Nutzungsuntersagung hinnehmen.

2.5. Die Antragstellerin konnte Adressatin einer Duldungsanordnung sein. Sie ist als Mieterin und Betreiberin des Gewerbes Handlungsverantwortliche (Art. 9 Abs. 1 LStVG) und zivilrechtlich Berechtigte.

Selbst wenn man für die Rechtmäßigkeit der Duldungsanordnung die Rechtmäßigkeit der Nutzungsuntersagungsverfügung voraussetzt (vgl. oben 2.3.), ist die Rechtmäßigkeit der Anordnung im streitgegenständlichen Bescheid nicht fraglich. Die Antragsgegnerin konnte die Eigentümerin im Rahmen von Ziffer I als Zustandsverantwortliche in Anspruch nehmen, die Antragstellerin im Rahmen der Duldungsanordnung in Ziffer II des Bescheids.

Art. 9 LStVG unterscheidet zwischen dem Handlungsstörer, Art. 9 Abs. 1 Satz 1 LStVG, und dem Zustandsstörer, Art. 9 Abs. 2 LStVG. Handlungsstörer ist derjenige, dessen Verhalten die Gefahr oder die Störung verursacht hat. Zustandsstörer ist der Inhaber der tatsächlichen Gewalt oder der Eigentümer einer Sache oder einer Immobilie, deren Zustand Grund für die Gefahr oder die Störung ist.

Bei einer Mehrheit von Störern hat die Bauaufsichtsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen über deren Inanspruchnahme zu entscheiden. Gesetzliche Richtschnur für die fehlerfreie Ausübung des Auswahlermessens unter mehreren Störern sind die Umstände des Einzelfalls, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und auch das Gebot der schnellen und effektiven Gefahrenbeseitigung. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Handlungsstörer durch seine Tätigkeit mehr zur Störung der Rechtsordnung beiträgt als etwa der Grundstückseigentümer als Zustandsstörer, wird es zwar regelmäßig sachgerecht sein, den Handlungsstörer vor dem Zustandsstörer in Anspruch zu nehmen (vgl. BayVGH, B.v. 28.5.2001 - 1 ZB 01.664 - juris Rn. 5). Ausnahmsweise kommt jedoch eine ermessensgerechte vorrangige Inanspruchnahme des Eigentümers als Zustandsstörer vor dem Handlungsstörer dann in Betracht, wenn andernfalls die im öffentlichen Interesse gelegene wirksame und schnelle Beseitigung der von der Sache ausgehenden Störung der Rechtsordnung verzögert würde. Eine solche Situation kann z. B. bei einem häufigen Mieterwechsel in Betracht kommen, wenn dieser ein wirksames Vorgehen gegen den jeweiligen Mieter unverhältnismäßig erschwert oder gar unmöglich macht (vgl. VG Augsburg, B.v. 7.11.2011 - Au 5 S 11.1236 - juris Rn. 48; BayVGH, B.v. 1.7.198621 - B 85 A.3336 - BayVBl 1986, 625). Nach Maßgabe dieser Anforderungen an eine ermessensgerechte Störerauswahl hat die Antragsgegnerin im vorliegenden Fall auch unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses an einer wirksamen und schnellen Unterbindung der ungenehmigten Nutzung die Eigentümerin des Anwesens zu Recht als Adressatin der Nutzungsuntersagung herangezogen. Im Falle eines schwer zu ermittelnden (oder schwer zu kontaktierenden; vgl. wie hier: Gesellschaft mit Sitz im Ausland) und oft wechselnden Personenkreises als Mieter kann eine solche Verfügung an den Grundeigentümer bzw. den Verfügungsberechtigten gerichtet werden, da nur diese Personen es in der Hand haben, zukünftig für eine dauerhafte Beendigung der bordellartigen Nutzung und eine ordnungsgemäße Nutzung der Räumlichkeiten zu sorgen (BayVGH, B.v. 26.2.2007 - 1 ZB 06.2296 - juris Rn. 22 m. w. N.).

3. Die Zwangsgeldandrohung (Ziffer IV des Bescheids) findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 29 Abs. 2 Nr. 1, Art. 31 Abs. 1 und 2, Art. 36 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 VwZVG. Die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes ist nicht zu beanstanden. Das Zwangsgeld soll gemäß Art. 31 Abs. 2 Satz 2 VwZVG das wirtschaftliche Interesse, das der Pflichtige an der Vornahme oder am Unterlassen der Handlung hat, erreichen. Liegen keine konkreten Anhaltspunkte vor, so kann die Behörde das wirtschaftliche Interesse des Pflichtigen nach pflichtgemäßem Ermessen schätzen (Art. 31 Abs. 2 Satz 4 VwZVG). Anhaltspunkte für einen Verstoß hiergegen liegen nicht vor und wurden auch nicht geltend gemacht.

Da die Klage daher in der Hauptsache aller Voraussicht nach keine Aussicht auf Erfolg hat, überwiegt vorliegend das öffentliche Vollzugsinteresse das Suspensivinteresse der Antragstellerin. Ihr Antrag war deshalb abzulehnen.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 1 GKG, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG unter Berücksichtigung der Empfehlungen in Nr. 1.5, Nr. 1.7.2 und Nr. 9.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 20. Jan. 2016 - W 4 S 15.1466

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 20. Jan. 2016 - W 4 S 15.1466

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni
Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 20. Jan. 2016 - W 4 S 15.1466 zitiert 16 §§.

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Baugesetzbuch - BBauG | § 34 Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und di

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 114


Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens übersch

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(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind. (2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüg

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Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 20. Jan. 2016 - W 4 S 15.1466 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

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Gründe 1 Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst

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Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 18. Januar 2010 abgeändert und die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge zu tragen. Das

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(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.
Gartenbaubetriebe,
7.
Tankstellen,
8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
3.
Tankstellen,
4.
Anlagen für sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke,
3.
Vergnügungsstätten.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

I.

Die Berufung wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Ziffer I. des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 11. Oktober 2012 wie folgt gefasst wird:

„I.

Der Bescheid des Landratsamts B.-T. vom 3. Mai 2012 wird in den Ziffern 2. und 6. aufgehoben.“

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen eine an sie als Eigentümerin des zu gewerblichen Zwecken genehmigten Gebäudes auf dem Grundstück Fl. Nr. 562/1 Gemarkung E. gerichtete Duldungsanordnung, die der Beklagte mit der an die Mieterin adressierten Nutzungsuntersagung verbunden hat.

Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Gewerbegebiet E.“‚ den die beigeladene Gemeinde für einen Teilbereich des heutigen Plangebiets im Jahr 1980 in Kraft gesetzt hatte. In seiner Sitzung vom 18. November 2003 beschloss der Gemeinderat der Beigeladenen, den Bebauungsplan mit den inzwischen erfolgten räumlichen Erweiterungen und Änderungen insgesamt neu aufzustellen. Die Bekanntmachung erfolgte am 27. Mai 2004.

Im Rahmen von bauaufsichtlichen Kontrollen am 27. Februar und 15. März 2012 stellte das Landratsamt fest, dass durch Überbauung der nach den Bauplänen als Ersatzteillager genehmigten Räume im Obergeschoss mindestens acht Zimmer entstanden seien, in denen eine gewerblich tätige Mieterin (Rohrleitungsbau-Firma) eigene Arbeitnehmer unterbringe; die Zimmer seien mit jeweils 3 bis 4 Schlafplätzen, mit Kühlschränken und elektrischen Kochplatten ausgestattet. Der für Wohnräume erforderliche erste Rettungsweg sei nicht bauordnungsgemäß ausgestaltet, ein zweiter Rettungsweg fehle ganz.

Mit Bescheid vom 3. Mai 2012 wurde der Mieterin unter Androhung von Zwangsgeldern aufgegeben, die Nutzung der Räume im Obergeschoss zu Wohnzwecken zu unterlassen (Nr. 1 und 5). Die Klägerin und Eigentümerin des Gebäudes wurde im gleichen Bescheid verpflichtet, die Nutzungsuntersagung unter Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 1.000 Euro zu dulden (Nr. 2 und 6). Die Kosten des Bescheids wurden der Mieterin auferlegt (Nr. 7). Die Wohnnutzungen seien nicht nur ohne entsprechende Baugenehmigung und damit formell illegal aufgenommen worden, sondern verstießen auch gegen materielles Baurecht, weil die Vermietung von Wohnräumen in einem Gewerbegebiet generell unzulässig sei. Außerdem bestünden gravierende, näher bezeichnete Brandschutzmängel, insbesondere fehle ein ausreichender zweiter Rettungsweg. Als Adressat der im Wege einer Ermessensentscheidung verfügten Nutzungsuntersagung sei die Handlungsstörerin (Mieterin) ausgewählt worden, weil sie durch eigenes Handeln die rechtswidrige Nutzung der Räume schnellstmöglich aufgeben und damit die Gefahr für die dort wohnenden Mitarbeiter abwenden könne. Die Duldungsanordnung sei in sinngemäßer Anwendung von Art. 76 BayBO verfügt worden, um den Vollzug der Nutzungsuntersagung nicht an privatrechtlichen Hinderungsgründen scheitern zu lassen.

Das Verwaltungsgericht München gab den Anfechtungsklagen der Klägerin (M 11 K 12.2708) und ihrer Mieterin (M 11 K 12.2710), die beide nach den jeweils in der mündlichen Verhandlung gestellten Klageanträgen auf umfassende Aufhebung des Bescheids vom 3. Mai 2012 gerichtet waren, mit Urteilen vom 11. Oktober 2012 statt. Zum einen sei die Funktionslosigkeit der Festsetzung „Gewerbegebiet“ verkannt worden‚ zum anderen lasse das erarbeitete Sanierungskonzept keine nachvollziehbaren sachlichen Gründe für das dort vorgesehene abgestufte Vorgehen gegen die unerlaubten Wohnnutzungen erkennen. Eine Teilaufhebung lediglich der gegenüber der Klägerin ausgesprochenen Duldungsanordnung sei nicht möglich, weil sie mit der ebenfalls rechtswidrigen Nutzungsuntersagung „in einem untrennbaren sachlichen Zusammenhang“ stehe.

Der Beklagte begründet seine vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Berufung insbesondere damit‚ dass die im Gebäude der Klägerin festgestellte Wohnnutzung entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts § 30 Abs. 1 BauGB i. V. m. § 8 BauNVO widerspreche und daher rechtsfehlerfrei zum Gegenstand der Duldungsverfügung „in Verbindung mit der gegen die Mieterin verfügten Nutzungsuntersagung“ habe gemacht werden können. Unrichtig sei die Annahme eines sachlich untrennbaren Zusammenhangs zwischen Nutzungsuntersagung und Duldungsanordnung; die Klägerin sei bereits nicht Adressat der ersteren und werde dadurch auch nicht beschwert‚ weshalb eine Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids insoweit ausscheide.

Der Beklagte beantragt‚

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 11. Oktober 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt‚

die Berufung zurückzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Urteil vom gleichen Tage (BayVGH, U. v. 16.2.2015 - 1 B 13. 648 -) das der Klage der Mieterin stattgebende Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 11. Oktober 2012 insgesamt aufgehoben. Die Nutzung der Räume als Unterkünfte für Arbeitnehmer entspreche nicht dem Charakter des wirksam festgesetzten und auch durch die Aufnahme zahlreicher Wohnnutzungen nicht funktionslos gewordenen Gewerbegebiets. Eine Aufhebung der Duldungsanordnung im Klageverfahren der Mieterin komme schon deswegen nicht in Betracht‚ weil sie hierdurch nicht beschwert sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs‚ hier insbesondere auf die Niederschrift über die Ortsbesichtigung und die mündliche Verhandlung‚ Bezug genommen.

Gründe

Streitgegenstand im Berufungsverfahren ist der Bescheid vom 3. Mai 2012 (ergänzt um die mit Schreiben der Landesanwaltschaft Bayern vom 8. Mai 2014 nachgeholten Ermessenserwägungen) in seinen an die Klägerin gerichteten Anordnungen Nr. 2 (Nutzungsuntersagung) und Nr. 6 (Androhung eines Zwangsgeldes). Eine Auslegung des Klagebegehrens vor dem Hintergrund der Verpflichtung des Gerichts‚ auf die Stellung sachdienlicher Anträge hinzuwirken (§ 86 Abs. 3 VwGO)‚ und des wohlverstandenen Interesses der Klägerin ergibt‚ dass - trotz des in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gestellten und auf umfassende Aufhebung gerichteten Klageantrags, an den das Gericht nicht gebunden war (vgl. § 88 VwGO) - ausschließlich die an die Klägerin gerichtete zwangsgeldbewehrte Duldungsanordnung im Bescheid vom 3. Mai 2012 angefochten werden sollte‚ nicht hingegen die an die Mieterin des Gebäudes gerichtete Nutzungsuntersagung mit den darauf bezogenen Zwangsgeldandrohungen (Nr. 1‚ 5 des Bescheids). Insoweit fehlt es bereits an der für eine zulässige Klage erforderlichen Beschwer der Klägerin. Der vom Verwaltungsgericht angenommene „untrennbare sachliche Zusammenhang“ zwischen Nutzungsuntersagung mit Duldungsanordnung besteht nicht. Die Mieterin hat im Übrigen den sie belastenden Teil des Bescheids mit eigener Klage (M 11 K 12.2710; BayVGH, U. v. 16.2.2015, a. a. O.) angefochten. In der mündlichen Verhandlung am 10. Februar 2015 hat die Klägerin diese Auslegung ihres Klagebegehrens bestätigt.

Nachdem das Verwaltungsgericht also in seinem der Klage stattgebenden Urteil über das Klagebegehren hinausgegangen ist und auch die Nutzungsuntersagung (mit den dazu gehörigen Zwangsgeldandrohungen) aufgehoben hat‚ konnte die „überschießende“ Tenorierung keinen Bestand haben; dem trägt die Neufassung des Tenors des verwaltungsgerichtlichen Urteils Rechnung.

Die zulässige Berufung des Beklagten‚ die sich demnach gegen die Aufhebung der den Streitgegenstand bildenden Ziffern 2 und 6 des Bescheids richtet‚ ist unbegründet. Denn die Duldungsanordnung und die sich auf sie beziehende Zwangsgeldandrohung sind rechtswidrig und damit aufzuheben. Die Duldungsanordnung ist nicht erforderlich, weil es ihrer zur Vollziehung der (rechtmäßigen) Nutzungsuntersagung gegenüber der Mieterin nicht bedarf.

1. In Ermangelung einer ausdrücklichen bauordnungsrechtlichen Befugnisnorm für eine Duldungsanordnung kommt weder ein allgemeiner sicherheitsrechtlicher Grundsatz noch die allgemeine Rechtsgrundlage des Art. 54 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BayBO zur Anwendung‚ sondern nur die Befugnisnorm für die bauaufsichtliche Maßnahme‚ um deren Durchsetzung es geht, im vorliegenden Fall also Art. 76 Satz 2 BayBO für den Erlass der Duldungsanordnung (BayVGH‚ B. v. 16.4.2007 - 14 CS 07.275 - juris‚ für eine Duldungsanordnung im Hinblick auf eine Beseitigungsverfügung). Art. 76 BayBO soll als Minus auch die Befugnisnorm für die Anordnung an einen Dritten mitumfassen‚ die Beseitigungsanordnung bzw. Nutzungsuntersagung zu dulden (König‚ Baurecht Bayern‚ 5. Aufl. 2015‚ Rn. 891; aA: ThürOVG‚ B. v. 27.2.1997 - 1 EO 235/96 - DÖV 1997‚ 555: Die speziellen bauordnungsrechtlichen Vorschriften zu Beseitigungsgebot und Nutzungsverbot lassen keine privatrechtsgestaltenden Regelungen zu‚ so dass die allgemeine Eingriffsbefugnis zum Zuge kommt; vgl. a. BVerwG‚ B. v. 13.7.1994 - 4 B 129.94 - NVwZ 1995‚ 272).

2. Ungeachtet der Frage nach der zutreffenden Rechtsgrundlage bedarf es jedenfalls einer Duldungsanordnung zur Durchsetzung des bauordnungsrechtlichen Vollzugs der Nutzungsuntersagung nur dann‚ wenn der zur Duldung Verpflichtete die Vollstreckung aus rechtlichen Gründen zu verhindern vermag. In dieser Situation sollen die sich aus dem privatrechtlichen Verhältnis ergebenden rechtlichen Möglichkeiten dritter Personen ausgeschaltet werden‚ um den Vollzug nicht zu gefährden.

2.1 Eine derartige Situation besteht jedoch im vorliegenden Fall‚ in dem einem Mieter die Nutzung von ihm angemieteter Räume untersagt wird‚ nicht. Untersagt die Behörde ihm gegenüber eine bestimmte Nutzung, ist eine Duldungsanordnung gegenüber dem Eigentümer zur Durchsetzung der Nutzungsuntersagung grundsätzlich nicht erforderlich‚ weil das bloße Nichtbenutzen einer baulichen Anlage nicht geeignet ist‚ die Rechtsstellung des Grundstückseigentümers nachteilig zu berühren (BayVGH‚ B. v. 9.6.1986 - Nr. 2 CS 85 A.1564 - BayVBl 1986‚ 563; OVG NW‚ B. v. 24.11.1988 - 7 B 2677/88 - juris Rn. 18; Decker in Simon/Busse‚ BayBO‚ Stand; Oktober 2014‚ Art. 76 Rn. 430; Schwarzer/König‚ BayBO‚ 4. Aufl. 2012‚ Art. 76 Rn. 36; Jäde‚ Bayerisches Bauordnungsrecht 2013‚ Rn. 495; Molodovsky in Molodovsky/Famers/Kraus, Bayerische Bauordnung, Stand: Februar 2015‚ Art. 76 Rn. 173; Kraus, Bauaufsichtliches Einschreiten, S. 130, 9.3). Die tatsächliche Aufgabe einer vertraglich eingeräumten Nutzungsmöglichkeit eines Gebäudes ist nicht geeignet‚ die Rechtsstellung des Grundeigentümers nachteilig zu berühren. Insoweit besteht ein grundsätzlicher Unterschied zur Anordnung der Beseitigung eines Gebäudes; hierbei wird nämlich das Grundeigentum unmittelbar dadurch betroffen‚ dass eine zum Grundstücksbestandteil gewordene bauliche Anlage vom Mieter zu entfernen ist. Die Nutzuntersagung zielt dagegen auf ein schlichtes Unterlassen (vgl. Jäde a. a. O.)‚ neben der die Anordnung einer Duldung weder erforderlich noch möglich ist‚ denn der Grundeigentümer kann den Mieter ohnehin nicht daran hindern‚ die Anordnung zu befolgen.

2.2 Es liegt auch - anders als der Beklagte vorträgt - keine der Situationen vor‚ in denen ausnahmsweise die Rechtsstellung des vermietenden Grundeigentümers‚ hier also der Klägerin‚ durch den Erlass einer Nutzungsuntersagung nachteilig berührt sein kann. Insbesondere wird durch die an die Mieterin gerichtete Nutzungsuntersagung das der Eigentümerin zustehende Vermieterpfandrecht an den eingebrachten Gegenständen nicht gefährdet; denn der Bescheid verpflichtet die Mieterin lediglich zur Aufgabe der Wohnnutzung der Räume‚ nicht aber zur Räumung der vorhandenen Einrichtungsgegenstände‚ die dort ohne weiteres belassen werden können‚ um sie etwa im Rahmen einer erlaubten, nicht wohnähnlichen Nutzung nutzen zu können. Die Nutzungsuntersagung gibt der Mieterin nicht auf, Einrichtungsgegenstände unter Gefährdung des Vermieterpfandrechts aus den Mieträumen zu entfernen.

Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür‚ dass das Grundstück im Rahmen des Vollzugs der Nutzungsuntersagung im Wege des unmittelbaren Zwangs von Vertretern der Bauaufsichtsbehörde zwangsweise betreten werden müsste; der Vortrag des Beklagten‚ dies sei möglichlicherweise zur Versiegelung von Räumen erforderlich‚ geht in der vorliegenden Konstellation ins Leere. Dabei kann dahinstehen, ob eine Versiegelung (vgl. Art. 75 Abs. 2 BayBO) nur zur Durchsetzung einer Baueinstellung, dagegen nicht zur Durchsetzung einer Nutzungsuntersagung zulässig ist (so Schwarzer/König, a. a. O., Art. 75 Rn. 11; offen gelassen: BayVGH, B. v. 26.2.1987 - 15 CS 87.00142 - BayVBl 1987, 437). Jedenfalls wäre eine Versiegelung im vorliegenden Fall schon deshalb unverhältnismäßig‚ weil die Verwendung der Räume zu gewerblichen Zwecken nach wie vor zulässig ist und nur zu Wohnzwecken untersagt wurde. Schließlich ist die Klägerin auch nicht vertraglich berechtigt‚ von der Mieterin die Fortführung der untersagten Nutzung zu verlangen.

Liegen einer Vollstreckung der Nutzungsuntersagung aber keine rechtlichen Hindernisse aus der Sphäre der Klägerin im Wege‚ käme eine Duldungsanordnung allenfalls für den hier nicht anzunehmenden Fall in Betracht‚ dass mit einem tatsächlichen Widerstand der Eigentümerin gegen die Vollstreckung zu rechnen wäre (vgl. Michl, Zur Entbehrlichkeit der sicherheitsrechtlichen Duldungsverfügung‚ NVwZ 2014‚ 1206‚ 1208: Duldungsverfügung als privatrechtsgestaltender Verwaltungsakt in aller Regel überflüssig). Sollte sich die Klägerin nach Nutzungsaufgabe durch ihre derzeitige Mieterin zu einer neuerlichen Überlassung der Räume zu Wohnzwecken an Dritte veranlasst sehen‚ so käme auch eine an sie als Handlungsstörerin gerichtete (vorbeugende) Nutzungsuntersagung in Betracht (vgl. hierzu: BayVGH‚ U. v. 13.2.2015 - 1 B 13.646 -). Derzeit bestehen hierfür allerdings keine Anhaltspunkte.

3. Der mit seinem Rechtsmittel unterlegene Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst‚ weil sie keinen Antrag gestellt und sich damit auch keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 162 Abs. 3‚ § 154 Abs. 3 VwGO).

Die Kostenentscheidung ist gemäß § 167 VwGO i. V. m. § 708 ff. für vorläufig vollstreckbar zu erklären.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).


Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 18. Januar 2010 abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer bauaufsichtlichen Nutzungsuntersagungsverfügung sowie einer Zwangsgeldandrohung und -festsetzung.

2

Die Klägerin, die von 1996 bis Ende Oktober 2008 in einem gemieteten Gebäude in der H.straße in P. eine gewerbliche Zimmervermietung an mehrere Prostituierte betrieben hatte, erwarb im Sommer 2008 ein Reihenhaus in der U.straße in der Absicht, ihren Betrieb nach Kündigung des Mietvertrages über die Räumlichkeiten in der H.straße zum 1. November 2008 in das gekaufte Anwesen zu verlagern.

3

Bis zum Sommer 2008 wurden Prostitutionsbetriebe im Gebiet der Beklagten – entgegen der die Prostitution in Städten unter 50.000 Einwohnern verbietenden Rechtsverordnung zum Schutze der Jugend und des öffentlichen Anstandes für den Regierungsbezirk Rheinhessen-Pfalz vom 14. August 1986 i.d.F. (StAnz 1986, S. 916) vom 17. Februar 2004 (StAnz 2004, S. 202) (im Folgenden: SperrbezirksVO) – generell geduldet. Diese Duldungspraxis wurde von der Aufsichtsbehörde seit langem beanstandet. Mit Schreiben vom 22. Januar 2007 wies die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) die Stadtverwaltung an, Verstößen gegen die Rechtsverordnung nachzugehen. Bedenken der Stadtverwaltung und der Polizei gegen eine strikte Umsetzung des Prostitutionsverbots kam die ADD nur insoweit entgegen, als sie sich ausweislich eines Aktenvermerks des Leiters des Ordnungsamts der Beklagten vom 7. August 2008 damit einverstanden erklärte, „Altbetriebe“ weiterhin zu dulden; hingegen solle gegen alle ab sofort neu eingerichteten Prostitutionsbetriebe eingeschritten werden. Wie sich aus stadtverwaltungsinternen e-mails bzw. Aktenvermerken vom 3. und 5. September 2008 ergibt, wurde innerhalb der Stadtverwaltung zu dieser Zeit noch erwogen, nur gegen ab dem 1. Januar 2009 neu eröffnete Betriebe vorzugehen.

4

Auf ihre Anfrage vom 15. Oktober 2008, ob an dem geplanten Standort in der U.straße die beabsichtigte Nutzung zulässig sei, erhielt die Klägerin ausweislich eines Aktenvermerks des Ordnungsamtsleiters die Auskunft, der Standort in der U.straße könne aus ordnungsrechtlicher Sicht nicht zugelassen werden. Außerdem bedürfe die Nutzungsänderung in einen bordellartigen Betrieb einer Baugenehmigung, deren Erteilung aufgrund des Gebietscharakters höchst unwahrscheinlich sei.

5

Zum 1. November 2008 meldete die Klägerin ihren Betrieb in der U.straße als „gewerbliche Zimmervermietung“ an. Eine Baugenehmigung für die Nutzungsänderung beantragte sie nicht. Gleichzeitig wurde der Betrieb aufgenommen und in der örtlichen Presse beworben.

6

Mit Verfügung vom 28. Oktober 2008 untersagte die Beklagte der Klägerin die Nutzung des Gebäudes in der U.straße zur gewerblichen Zimmervermietung (Wohnungsprostitution) gemäß § 81 Satz 1 der Landesbauordnung - LBauO - und ordnete die sofortige Vollziehung der Verfügung an.

7

Mit Bescheid vom 16. Dezember 2008 drohte die Beklagte der Klägerin unter Fristsetzung bis zum 31. Januar 2009 ein Zwangsgeld i. H. v. 2.000,- € an. Mit weiterem Bescheid vom 24. Februar 2009 setzte sie das Zwangsgeld in dieser Höhe fest und drohte der Klägerin ein weiteres Zwangsgeld i. H. v. 3.000,- € an.

8

Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren hat die Klägerin Klage erhoben, zu deren Begründung sie insbesondere vorgetragen hat: Die Beklagte habe ihr Ermessen, gegen welche Betriebe sie einschreite, fehlerhaft ausgeübt. Da sie noch keinen Stichtag benannt habe, stehe noch nicht fest, welcher Altbestand weiterhin geduldet werde und aufgrund welcher Handlungen eine bisherige Duldung erlösche. Das Vorgehen der Beklagten sei konzeptlos, was sich auch darin zeige, dass man ihr für den Fall einer Zurückverlegung ihres Betriebs in die H.straße eine Duldung in Aussicht gestellt habe.

9

Die Klägerin hat beantragt,

10

die Bescheide vom 28. Oktober 2008, 16. Dezember 2008 und 24. Februar 2008 sowie den dazu ergangenen Widerspruchsbescheid vom 8. Mai 2009 aufzuheben.

11

Die Beklagte hat beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Zur Begründung hat sie geltend gemacht, der klägerische Betrieb sei sowohl in der H.straße als auch in der U.straße baurechtlich unzulässig, da die Umgebung jeweils als allgemeines Wohngebiet einzustufen sei. Im Übrigen schreite sie gegen alle Neubetriebe ein und habe bereits in zwei weiteren Fällen Nutzungsuntersagungen verfügt, die nicht angefochten worden seien.

14

Das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße hat der Klage durch Urteil vom 18. Januar 2010 stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Zwar lägen die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Nutzungsuntersagung vor, weil die Klägerin für die nach § 61 LBauO genehmigungspflichtige Änderung der bisherigen Wohnnutzung in eine gewerbliche Nutzung zu Prostitutionszwecken keine Baugenehmigung eingeholt habe und das Vorhaben auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig sei; denn die Einschätzung der Beklagten, die nähere Umgebung des Anwesens in der U.straße entspreche einem allgemeinen Wohngebiet, sei nicht offensichtlich unzutreffend. Die Beklagte habe jedoch ermessensfehlerhaft gehandelt. Sie habe ein schlüssiges Konzept zum Einschreiten nicht nachvollziehbar darzulegen vermocht. Zwar sei es grundsätzlich nicht zu beanstanden, so genannte Altbetriebe weiterhin zu dulden und nur gegen Neubetriebe einzuschreiten. Die Beklagte habe jedoch eine eindeutige Definition des Merkmals „Neubetrieb“ nicht getroffen. Nach ihrer Definition seien „Neubetriebe“ solche, die an einem bestimmten Stichtag in ihrem Stadtgebiet eingerichtet wurden bzw. werden, worunter neben erstmals im Stadtgebiet eröffneten Betrieben auch solche fielen, bei denen lediglich ein Betreiberwechsel stattgefunden habe und/oder die räumlich verlegt worden seien. Altbetriebe seien demgegenüber solche, die bereits vor einem festgelegten Stichtag existierten. Damit habe die Beklagte zwar das raum- und betreiberbezogene Kriterium für die Charakterisierung eines Betriebes als Alt- oder Neubetrieb definiert. Es fehle aber an der Festlegung eines Stichtages als zeitlicher Zäsur für die Abgrenzung eines Altbetriebs von einem Neubetrieb. Denn es stehe nicht fest, dass der 7. August 2008 – also der Tag des Aktenvermerks, demzufolge gegen alle „ab sofort neu eingerichteten Prostitutionsbetriebe“ eingeschritten werden solle – dieser eindeutig festgelegte Stichtag sei. Vielmehr ergebe sich aus dem behördeninternen Schriftverkehr vom 3. und 5. September 2008, dass zu diesem Zeitpunkt der 1. Januar 2009 als zeitliche Zäsur in Erwägung gezogen worden sei, es seinerzeit also noch keine endgültige Festlegung auf den 7. August 2008 als verbindlichem Stichtag gegeben habe; andererseits komme aber auch kein dazwischen liegendes Datum als maßgeblicher Stichtag in Betracht. Sofern der 1. Januar 2009 der für ein Einschreiten der Beklagten maßgebliche Stichtag gewesen sei, sei aber der zum 1. November 2008 in der U.straße eröffnete Betrieb der Klägerin als Altbetrieb anzusehen, den die Beklagte nach ihren bisher aufgestellten Kriterien dulden würde. Da die Beklagte wegen eines möglichen Verstoßes gegen das Bauplanungsrecht nicht gegen Altbetriebe, in denen der Prostitution nachgegangen werde, vorgehe, sei es unerheblich, dass sie die Nutzungsuntersagungsverfügung außer auf die Durchsetzung der SperrbezirksVO auch auf die fehlende baurechtliche Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens gestützt habe. Stünden aber die Kriterien für ein Einschreiten der Beklagten gegen Prostitutionsbetriebe im Stadtgebiet nicht fest, so lasse sich ein von Ermessensfehlern freies Vorgehen im Falle der Klägerin derzeit nicht feststellen.

15

Zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung trägt die Beklagte im Wesentlichen vor: Das Vorgehen gegen die Klägerin sei nicht ermessensfehlerhaft. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts sei bereits vor Erlass der Nutzungsuntersagung die Entscheidung abschließend getroffen worden, ab sofort gegen alle Neubetriebe vorzugehen. Das Einschreiten gegen die Klägerin sei nicht willkürlich gewesen, sondern habe im Zusammenhang mit einer grundsätzlichen Änderung der Einschreitenspraxis aufgrund des Verlangens der Aufsichtsbehörde gestanden. Der zuständige Sachbearbeiter der ADD habe die Stadtverwaltung am 7. August 2008 angewiesen, ab sofort gegen alle Neubetriebe einzuschreiten. Der über dieses Gespräch gefertigte Aktenvermerk sei an die entsprechenden Stellen der Stadtverwaltung weitergegeben worden. Ab diesem Zeitpunkt sei die Verwaltungspraxis konsequent geändert und gegen Neubetriebe eingeschritten worden. Zwar sei nach dem 7. August 2008 verwaltungsintern noch diskutiert worden, ob die Änderung der Verwaltungspraxis erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen solle. Diese Überlegungen hätten aber nicht mehr zu einer Änderung der Entscheidung geführt. Jedenfalls sei die Prüfung, ob man nicht doch erst später einschreiten solle, vor Erlass der Nutzungsuntersagung abgeschlossen gewesen, weshalb dann ja auch eingeschritten worden sei. Da es zwischen dem 7. August 2008 und der Verfügung vom 28. Oktober 2008 keine zu entscheidenden neuen Fälle von Prostitutionsbetrieben gegeben habe, sei die streitgegenständliche Nutzungsuntersagung die erste Entscheidung nach Änderung der Verwaltungspraxis gewesen. Die damals beschlossene Linie, gegen alle Neubetriebe vorzugehen, werde seither bis heute ohne Ausnahme in allen Verwaltungsbereichen eingehalten. So habe die Bauaufsicht im März 2009 in zwei Fällen die Nutzung von Wohnungen zur Prostitution untersagt. Das Ordnungsamt habe ebenfalls seit August 2008 Neubetriebe konsequent auf das Prostitutionsverbot hingewiesen. Stichtag für das Einschreiten gegen Neubetriebe sei somit der Tag der Bekanntmachung der Weisung der ADD innerhalb der Verwaltung, also der 7. August 2008 gewesen. Entscheidend sei allerdings nicht die Festlegung oder Nennung eines Stichtages, sondern die konsequente Änderung der Verwaltungspraxis. Die Entscheidung der Stadt im Falle der Klägerin sei auch nicht deshalb ermessensfehlerhaft, weil etwa die Nutzungsuntersagung gegen eine noch nicht ausgeübte Nutzung eine willkürliche Ungleichbehandlung im Verhältnis zum Nichteinschreiten gegen bestehende Nutzungen darstelle, denn es handele sich insoweit um zwei verschiedene Vergleichsgruppen. Die Bauaufsichtsbehörde müsse aktuellen baurechtswidrigen Entwicklungen nicht tatenlos zusehen, um womöglich erst Jahre später im Rahmen eines Gesamtkonzepts die Entwicklung bereinigen zu können. Vielmehr verstoße ein Einschreiten gegen einen noch nicht vorhandenen Bestand regelmäßig nicht gegen den Gleichheitssatz; es könne nicht sein, dass eine Gemeinde mit einem hohen Schwarzbautenbestand ohne ein entsprechendes Beseitigungskonzept nicht einschreiten dürfe, wenn sie erkenne, dass illegale Bauarbeiten beginnen. Im Übrigen könne sich die Klägerin nicht auf Vertrauensschutz berufen, da sie das Anwesen gekauft habe, nachdem sie über die geänderte Verwaltungspraxis informiert worden sei.

16

Die Beklagte beantragt,

17

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 18. Januar 2010 die Klage abzuweisen.

18

Die Klägerin beantragt,

19

die Berufung zurückzuweisen.

20

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und meint ergänzend, es sei zu berücksichtigen, dass Aspekte des Bauordnungs- und Bauplanungsrechts für die Beklagte offenbar irrelevant seien. Einerseits sei die bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit der Wohnungsprostitution für die Beklagte nie Anlass zum Einschreiten gegen Betriebe des Prostitutionsgewerbes gewesen. Andererseits werde neuerdings eine bauplanungsrechtliche Zulässigkeit als irrelevant angesehen und die Beklagte z. B. gegen einen bisher im allgemeinen Wohngebiet gelegenen Betrieb einschreite, wenn dieser nunmehr in ein Gewerbegebiet verlagert werde, da eine Nutzungsuntersagung schon im Hinblick auf das Prostitutionsverbot in der SperrbezirksVO erfolgen müsse. Es sei nicht zulässig, wenn die Beklagte der Einfachheit halber die Vorschriften der LBauO zur Durchsetzung einer fachaufsichtlichen Weisung auf dem Gebiet des Polizeirechts, nämlich zur Durchsetzung der SperrbezirksVO, benutze, ohne dass ein Bezug zum materiellen Baurecht bestehe, nur weil im Rahmen der LBauO die formelle Illegalität für ein Einschreiten ausreiche. Soweit Vorschriften des materiellen Baurechts für die Entscheidung der Beklagten, ob und wie eingeschritten werde, irrelevant gewesen seien, könne sie sich auch nicht auf die genannte Verordnung als „sonstige öffentlich-rechtliche Vorschrift“ i. S. d. §§ 70, 81 LBauO berufen. Denn darunter seien nur solche Rechtsnormen außerhalb des Baurechts zu verstehen, die materielle Anforderungen an bauliche Anlagen und Einrichtungen stellten. Das Prostitutionsverbot stelle keine Anforderungen an eine bauliche Anlage, sondern verbiete jede Form der Prostitution unabhängig von baurechtlichen Vorschriften. Demgegenüber sei die Nutzungsuntersagung ebenso wie die Duldung einer baurechtswidrigen Nutzung grundstücksbezogen und wirke deshalb auch gegenüber dem Rechtsnachfolger. Es sei daher ermessensfehlerhaft, die Duldung einer bestimmten baurechtlichen Nutzung an eine bestimmte Person zu koppeln. Im Übrigen setze die Durchsetzung des Prostitutionsverbots ein unter rein polizeilichen Gesichtspunkten ausgeübtes Ermessen voraus, das nicht primär gebäudebezogen sei und bei dem andere Aspekte als bei einer bauordnungsrechtlichen Nutzungsuntersagung Berücksichtigung finden müssten.

21

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus der Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens und den beigezogenen Verwaltungsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

22

Die Berufung ist zulässig und begründet.

23

Das Verwaltungsgericht hätte die Klage gegen die Nutzungsuntersagungsverfügung vom 28. Oktober 2008 sowie gegen die Bescheide vom 16. Dezember 2008 (Zwangsgeldandrohung) und vom 24. Februar 2009 (Zwangsgeldfestsetzung und weitere Zwangsgeldandrohung) abweisen müssen. Denn diese Bescheide erweisen sich ebenso wie der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid vom 8. Mai 2009 als rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

24

So ist zunächst die Nutzungsuntersagungsverfügung vom 28. Oktober 2008 rechtlich nicht zu beanstanden; sie leidet insbesondere nicht an Ermessensfehlern (1.). Darüber hinaus begegnen auch die Zwangsmittelbescheide vom 16. Dezember 2008 und vom 24. Februar 2009 keinen rechtlichen Bedenken (2.).

25

1. Der Bescheid der Beklagten vom 28. Oktober 2008, mit dem der Klägerin die Nutzung des Gebäudes „U.straße ...“ zur gewerblichen Zimmervermietung an Prostituierte untersagt wurde, ist zu Recht auf § 81 Satz 1 der Landesbauordnung – LBauO – gestützt worden (a.) und auch nicht ermessensfehlerhaft ergangen (b.).

26

a. Wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend entschieden hat, liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer auf § 81 Satz 1 LBauO gestützten Nutzungsuntersagungsverfügung vor. Mangels Einholung der nach § 61 LBauO für die Nutzungsänderung von der bisherigen Wohnnutzung zu einer gewerblichen Nutzung für Zwecke der Prostitutionsausübung erforderlichen Baugenehmigung ist das Vorhaben der Klägerin formell baurechtswidrig, was für den Erlass einer Nutzungsuntersagungsverfügung grundsätzlich bereits ausreicht (vgl. z.B. OVG RP, Beschluss vom 9. Februar 2007, LKRZ 2007, S. 193 und juris, Rn. 10; Lang, in: Jeromin/Lang/Schmidt, LBauO-Kommentar, 2. Aufl., § 81, Rn. 62 m.w.N.).

27

Die Nutzungsuntersagung ist auch nicht wegen offensichtlicher Genehmigungsfähigkeit der geänderten Nutzung unverhältnismäßig (vgl. dazu Lang, a.a.O., § 81, Rn. 65, m.w.N.). Die beabsichtigte gewerbliche Nutzung des Anwesens in der U.straße für Zwecke der Prostitution ist vielmehr aus bauplanungsrechtlichen Gründen aller Voraussicht nach nicht genehmigungsfähig. Dabei kann offenbleiben, ob es sich bei der näheren Umgebung des Anwesens um ein (faktisches) allgemeines Wohngebiet oder um ein Mischgebiet bzw. um eine Gemengelage handelt, auf die für ein Mischgebiet einschlägige Vorschriften anzuwenden sind (was für die Klägerin hier wohl günstigstenfalls in Betracht käme). Hat die nähere Umgebung den Charakter eines allgemeinen Wohngebiets, so erweist sich schon eine gewerbliche Wohnungsprostitution und erst recht ein bordellartiger Betrieb gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4 BauNVO als planungsrechtlich unzulässig. Indessen dürfte es sich bei dem Betrieb der Klägerin – auch nach ihren eigenen Angaben zu den betrieblichen Abläufen, die sie in der mündlichen Verhandlung des Senats gemacht hat – sehr wahrscheinlich um einen „bordellartigen Betrieb“ handeln. Für die Wohnungsprostitution ist typisch, dass die gewerbliche Betätigung zu Prostitutionszwecken nach außen nur wohnähnlich in Erscheinung tritt und dem Gebäude, in dem sie stattfindet, nicht das Gepräge gibt, was voraussetzt, dass eine oder mehrere Personen, die dort der Prostitution nachgehen, in dem Gebäude über einen längeren Zeitraum als nur wenige Wochen oder Monate tatsächlich wohnen (vgl. zur Abgrenzung zwischen Wohnungsprostitution und bordellartigem Betrieb VGH BW, Urteil vom 24. Juli 2002, Gewerbearchiv 2003, S. 496 und juris, Rn. 23 f., m.w.N.). Demgegenüber findet nach den Angaben der Klägerin im „Haus Michelle“ ein ständiger Wechsel der Prostituierten im Wochen- bzw. 14-Tage-Rhythmus statt, so dass sich die betreffenden Damen – eventuell mit einer Ausnahme – über das Jahr verteilt nur jeweils sechs bis sieben Mal für ein bis zwei Wochen in dem Haus aufhalten. Dies lässt neben der bordelltypischen Bezeichnung des Anwesens und der entsprechenden Bewerbung des Betriebes in Zeitungsannoncen deutlich auf einen bordellartigen Betrieb schließen. Ein solcher wäre aber auch in einem Mischgebiet wegen der mit ihm typischerweise verbundenen Auswirkungen als das Wohnen wesentlich störende Nutzung gemäß § 6 Abs. 1 BauNVO unzulässig (vgl. OVG RP, Beschluss vom 9. Februar 2007, a.a.O., Rn. 10, m.w.N.).

28

Darüber hinaus ist die Nutzung – wie vom Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt – aber auch wegen Verstoßes gegen das Prostitutionsverbot in § 1 der SperrbezirksVO nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Anders als die Klägerin meint, handelt es sich hierbei durchaus um einen Verstoß gegen eine „sonstige öffentlich-rechtliche Vorschrift“ im Sinne von § 81 Satz 1 LBauO. Zwar spricht viel dafür, dass darunter nur solche Vorschriften außerhalb des Baurechts fallen, die materielle Anforderungen an bauliche Anlagen stellen (vgl. Jeromin, in: Jeromin/Lang/Schmidt, a.a.O., § 70, Rn. 25). Indessen handelt es sich bei § 1 der SperrbezirksVO keineswegs um eine ausschließlich verhaltensbezogene Norm; vielmehr erfasst die SperrbezirksVO mit dem Verbot der Prostitution in jeder Form auch die Nutzung von baulichen Anlagen zu diesem Zweck und weist daher jedenfalls auch einen hinreichenden Anlagenbezug auf, so dass sie als sonstige öffentlich-rechtliche Vorschrift im Sinne der §§ 70 Abs. 1, 81 Satz 1 LBauO einzustufen ist (so auch bereits OVG RP, Beschluss vom 13. März 2006, NVwZ-RR 2006, S. 611 und juris, Rn. 14).

29

b. Die Nutzungsuntersagungsverfügung leidet auch nicht an Ermessensfehlern.

30

Zunächst liegt – entgegen der Ansicht der Klägerin – kein Ermessensfehlgebrauch dahingehend vor, dass die Beklagte etwa unter missbräuchlicher Ausnutzung der Ermächtigung in § 81 Satz 1 LBauO der Einfachheit halber – wegen des Ausreichens einer nur formellen Illegalität – eine bauaufsichtliche Verfügung erlassen hat, obwohl es ihr „in Wahrheit“ nur um die Durchsetzung des ordnungsrechtlichen Prostitutionsverbots nach der SperrbezirksVO, aber nicht um das materielle Baurecht geht.

31

Wie oben ausgeführt, ist die von der Klägerin beabsichtigte Nutzungsänderung sowohl formell baurechtswidrig, als auch materiell-baurechtlich nicht offensichtlich genehmigungsfähig, weil das Vorhaben aller Voraussicht nach weder im allgemeinen Wohn- noch im Mischgebiet bauplanungsrechtlich zulässig ist und die Nutzungsänderung darüber hinaus gegen die SperrbezirksVO als einer auch anlagenbezogenen sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschrift im Sinne von § 81 Satz 1 LBauO verstößt. Die Beklagte ist im Rahmen eines einheitlichen Konzepts zur Unterbindung neu aufgenommener Prostitutionsbetriebe nicht gehindert, in Fällen, in denen (zugleich) die Voraussetzungen für ein bauaufsichtliches Einschreiten vorliegen, nach § 81 LBauO vorzugehen, und in anderen Fällen, in denen das nicht der Fall ist (zum Beispiel beim bloßen Betreiberwechsel in einem im Gewerbegebiet gelegenen und dort bauplanungsrechtlich zulässigen Prostitutionsbetrieb), rein ordnungsbehördlich – gestützt nur auf § 1 der SperrbezirksVO – einzuschreiten. Die Klägerin, deren Betrieb sowohl baurechts- als auch ordnungsrechtswidrig ist, hat keinen Anspruch darauf, dass gegen sie „nur“ ordnungsrechtlich vorgegangen werden darf.

32

Das Vorgehen der Beklagten gegen die Klägerin ist auch nicht wegen eines Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) ermessensfehlerhaft.

33

Die Beklagte verfügt vielmehr über ein tragfähiges, mit dem Gleichheitssatz im Einklang stehendes Konzept zum Einschreiten gegen Prostitutionsbetriebe.

34

Allgemein gilt: Der Gleichbehandlungsgrundsatz verpflichtet die Bauaufsichtsbehörde zu einem nach Zeitpunkt und Weise gleichmäßigen Vorgehen gegen rechtswidrige Zustände, soweit nicht in der Sache begründete Umstände Abweichungen rechtfertigen (vgl. Lang, in: Jeromin/Lang/Schmidt, a.a.O., § 81, Rn. 35). Eine bauordnungsrechtliche Verfügung kann den Gleichbehandlungsgrundsatz verletzen, wenn sie angesichts einer Vielzahl verschiedenartiger baurechtswidriger Zustände ohne nachvollziehbares Eingriffskonzept ergeht (vgl. dazu OVG RP, Urteil vom 17. Dezember 1999 – 1 A 10091/99.OVG –, ESOVGRP; HessVGH, Urteil vom 4. Juli 1991 – 4 UE 721/87 –, juris, Rn. 49). Andererseits muss die Behörde nicht abwarten, bis ihr in jeder Hinsicht ein umfassenden und systematisches Eingreifen möglich ist; sie handelt auch dann noch systemgerecht, wenn sie einen geeigneten Fall als „Musterfall“ auswählt, um erst nach einer gerichtlichen Bestätigung ihrer Rechtsauffassung gleichartige Fälle aufzugreifen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. März 1991 – 4 B 26.91 –, juris, Rn. 5). Ebenso ist es mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, wenn die Behörde zunächst nur Fälle aufgreift, in denen eine Verschlechterung des bestehenden Zustandes droht; so können etwa neue Schwarzbauten vor alten aufgegriffen werden (vgl. OVG Niedersachsen, Urteil vom 29. Oktober 1993, NVwZ-RR 1994, S. 249 und juris, Rn. 25, m.w.N.).

35

Das dem Vorgehen der Beklagten gegen Prostitutionsbetriebe zugrunde gelegte Konzept, zunächst nur gegen Neubetriebe vorzugehen und Altbetriebe jedenfalls vorerst zu dulden, ist nicht zu beanstanden: Es ist grundsätzlich sachgerecht, vorrangig gegen neu aufgenommene, noch nicht verfestigte illegale Nutzungen einzuschreiten, weil jedenfalls in diesen Fällen zum einen noch kein schutzwürdiges Vertrauen auf eine Duldung begründet werden konnte und zum anderen aus ordnungsrechtlicher Sicht noch keine Erfahrungen mit (bei Betreiberwechsel) der Zuverlässigkeit des Betriebsinhabers bzw. (bei Standortwechsel) des Störungs- und Konfliktpotentials in der Nachbarschaft vorliegen. Vor diesem Hintergrund ist es auch nicht zu beanstanden, dass die Beklagte unter neu aufgenommenen Betrieben auch solche versteht, bei denen lediglich ein Betreiber- oder Standortwechsel stattgefunden hat.

36

Anders, als das Verwaltungsgericht entschieden hat, bedurfte es indessen nicht einer „aktenmäßigen“ Festlegung eines Stichtags zur Differenzierung zwischen Alt- und Neubetrieben oder gar einer Bekanntgabe eines solchen Stichtags nach außen. Erforderlich, aber auch ausreichend ist vielmehr, dass jedenfalls im Zeitpunkt des ersten Einschreitens gegen einen neu eröffneten Prostitutionsbetrieb die Entscheidung zur Änderung der bisherigen Verwaltungspraxis verwaltungsintern getroffen war und die Beklagte sich von da an konsequent an ihr geändertes Konzept gehalten hat. Danach kann offenbleiben, ob auf Seiten der Beklagten bereits der 7. August 2008 als sogenannter „Stichtag“ für ein Einschreiten gegen ab diesem Tag neu eröffnete oder an einen anderen Standort verlegte Prostitutionsbetriebe festgelegt wurde, oder ob aus den in den Verwaltungsakten befindlichen Aktenvermerken bzw. E-Mails vom September 2008 zu entnehmen ist, dass die Entscheidung, alternativ den 1. Januar 2009 als maßgebliche zeitliche Zäsur anzusehen, verwaltungsintern zu dieser Zeit noch offen war. In jedem Fall spricht nach Aktenlage nichts gegen die Annahme, dass spätestens im Oktober 2008 verwaltungsintern die Entscheidung gefallen war, „ab sofort“ gegen alle Neubetriebe vorzugehen. Dies folgt neben dem Einschreiten gegen die Klägerin am 28. Oktober 2008 auch aus dem hinreichend belegten Umstand, dass die Beklagte ab Dezember 2008 in weiteren Fällen gegen bekannt gewordene Neubetriebe vorgegangen ist. Dann aber kann zu diesem Zeitpunkt ein Stichtag „1. Januar 2009“ nicht mehr in der Diskussion gewesen sein; für einen zwischen dem 1. November 2008 und dem 1. Januar 2009 liegenden Stichtag, von dem die Klägerin allenfalls noch profitieren könnte, spricht ohnehin nichts. Nach dem oben Gesagten ist ferner nicht zu beanstanden, dass die Beklagte nach der intern spätestens im Oktober 2008 beschlossenen Änderung der Verwaltungspraxis den Fall der Klägerin als ersten ihr bekannt gewordenen Fall einer Betriebsneuerrichtung durch Standortwechsel aufgegriffen hat; es ist im Gegenteil sogar sachgerecht, gegen eine sich anbahnende Neueröffnung eines Prostitutionsbetriebs umgehend nach Bekanntwerden einzuschreiten, bevor eine Verfestigung des (auch bau-)ordnungswidrigen Zustands eintritt; die Behörde braucht mit dem ersten Einschreiten insbesondere nicht abzuwarten, bis sie alle einschlägigen Betriebe im Stadtgebiet ermittelt hat und ihr eine vollständige Bestandsaufnahme möglich ist (vgl. HessVGH, Urteil vom 4. Juli 1991, a.a.O., Rn. 49, m.w.N.).

37

Im Übrigen hat die Beklagte überzeugend durch Vorlage entsprechender Verfügungen und Anhörungsschreiben belegt, dass sie seit Oktober 2008 konsequent gegen ihr bekannt werdende Fälle der Neuaufnahme von Prostitutionsbetrieben – auch bei bloßem Standort- oder Betreiberwechsel – vorgeht, und zwar je nach Sachlage ordnungs- oder auch baurechtlich. Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, ihr seien drei Neubetriebe im Sinne des Eingriffskonzepts der Beklagten bekannt, gegen die diese bisher nicht einschritten sei, hat der Vertreter der Beklagten deutlich gemacht, dass keineswegs beabsichtigt sei, gegen diese Betriebe abweichend von der geänderten ständigen Verwaltungspraxis nicht vorzugehen; man sei vielmehr für jeden Hinweis auf neu aufgenommene Prostitutionsbetriebe dankbar und werde weiterhin konsequent gegen jeden Neubetrieb – auch im Falle des bloßen Betreiberwechsels – einschreiten. Im Übrigen ist es nach dem oben Gesagten nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte nicht zunächst die Erstellung einer lückenlosen Bestandsaufnahme abwartet, sondern bei ihr bekannt werdenden Fällen eines Neubetriebs gleichsam „ad hoc“ einschreitet, wobei ihr aber andererseits schon wegen beschränkter Personalkapazitäten und vielfältiger weiterer ordnungsrechtlicher Aufgaben nicht anzulasten ist, wenn sie nicht gleichzeitig unmittelbar gegen alle bekannt werdenden Neueröffnungen einschreitet, sondern die Fälle nach und nach abarbeitet.

38

Die Klägerin kann sich schließlich auch nicht auf ein schutzwürdiges Vertrauen in die weitere Duldung des von ihr ausgeübten Prostitutionsbetriebs durch die Beklagte berufen.

39

Das Vertrauen darin, dass eine rechtswidrige – hier: gegen § 1 der SperrbezirksVO verstoßende – Duldungspraxis fortgeführt wird, ist schon grundsätzlich nicht schutzwürdig; dies gilt umso mehr, wenn der bisher geduldete Betrieb am bisherigen Standort aufgegeben und in eine andere Umgebung verlagert wird. Hinzu kommt, dass der Klägerin es sich bei gehöriger Anspannung ihrer Sorgfaltspflichten hätte aufdrängen müssen, dass die Verlagerung ihres Prostitutionsbetriebs in eine andere Umgebung, die zumindest auch durch Wohnnutzung geprägt ist und zudem weitere, störungsempfindliche Nutzungen (Kirche, Nonnenwohnheim) aufweist, jedenfalls bauplanungsrechtlich problematisch sein könnte und geeignet war, bodenrechtlich relevante Spannungen auszulösen. Es hätte ihr deshalb als Bauherrin oblegen, vor dem Abschluss des Kaufvertrages über das Anwesen in der U.straße durch eine Bauvoranfrage bei der Beklagten klären zu lassen, ob die Nutzungsänderung bauplanungsrechtlich zulässig sein würde. Schließlich ist die Klägerin im Oktober 2008 – zwar nach dem Erwerb des Objekts in der U.straße und nach der Kündigung des Mietvertrags in der H.straße, aber noch vor Aufnahme der neuen Nutzung in der U.straße – durch einen Vertreter der Beklagten darauf hingewiesen worden, dass die Eröffnung eines Prostitutionsbetriebs in der U.straße aus ordnungsrechtlicher Sicht nicht zugelassen werden könne und die erforderliche Baugenehmigung wegen des Gebietscharakters höchstwahrscheinlich nicht erteilt werde.

40

2. Auch die Zwangsgeldandrohung vom 16. Dezember 2008 sowie die Zwangsgeldfestsetzung und weitere Zwangsgeldandrohung im Bescheid vom 24. Februar 2009 begegnen keinen rechtlichen Bedenken.

41

Die beiden Zwangsgeldandrohungen finden ihre Rechtsgrundlage in den §§ 64 Abs. 1, 66 des Landesverwaltungsvollstreckungsgesetzes – LVwVG –. Die Klägerin kann sich insoweit nicht mit Erfolg darauf berufen, sie sei wegen entgegenstehender zivilrechtlicher Verpflichtungen aus Mietverträgen mit einzelnen Prostituierten gehindert, den Verpflichtungen aus der Nutzungsuntersagungsverfügung nachzukommen. Wie der Senat im Eilverfahren der Klägerin bereits entschieden hat, ist zum einen die Nutzungsuntersagungsverfügung dahin zu verstehen, dass diese auch die Verpflichtung der Klägerin als Eigentümerin und Vermieterin des Anwesens U.straße 11 zu einem aktiven Tätigwerden gegenüber ihren Mieterinnen umfasst, nämlich zur Nutzung ihrer eigentumsrechtlichen und mietvertraglichen Einflussmöglichkeiten zur Unterbindung der Prostitutionsausübung; zum anderen bestehen auch keine Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit dessen, was von der Klägerin gegenüber ihren Mieterinnen verlangt wird, nämlich die erforderlichen Vorkehrungen zur Beendigung der Mietverhältnisse (Vertragsauflösung, Kündigung, gegebenenfalls nur Änderungskündigung), soweit sie auch zur Prostitutionsausübung berechtigen, zu treffen; schließlich ist auch die der Klägerin zur Vornahme dieser Handlungen gesetzte Frist nicht als unangemessen zu beanstanden (vgl. zum Ganzen den Beschluss des Senats vom 23. März 2009 – 8 B 10183/09.OVG –).

42

Der Klägerin war es danach möglich und zumutbar, die genannten zivilrechtlichen Schritte bis zum 31. Januar 2009 einzuleiten. Da sie indessen nach eigenem Bekunden weder innerhalb der gesetzten Frist noch danach alle Mietverhältnisse gekündigt hat, war die Beklagte gemäß § 64 Abs. 1 LVwVG befugt, das verwirkte Zwangsgeld festzusetzen.

43

Die Androhung des weiteren Zwangsgeldes setzt zudem nach § 66 LVwVG nicht (mehr) voraus, dass das zuvor festgesetzte erste Zwangsgeld beigetrieben wurde oder dies erfolglos versucht wurde (so zutreffend VG Trier, Urteil vom 30. August 2006 – 5 K 234/06.TR – ESOVGRP).

44

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

45

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf §§ 167 Abs. 2 VwGO, 708 ff. ZPO.

46

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

47

Beschluss

48

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 18.000,00 € festgesetzt (§§ 45 Abs. 1, 47 und 52 Abs. 2 GKG).

Für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Art ausüben, sind in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 4 Räume, in den Baugebieten nach den §§ 4a bis 9 auch Gebäude zulässig.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.
Gartenbaubetriebe,
7.
Tankstellen,
8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

(1) Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
3.
Tankstellen,
4.
Anlagen für sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke,
3.
Vergnügungsstätten.

(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.
Gartenbaubetriebe,
7.
Tankstellen,
8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
3.
Tankstellen,
4.
Anlagen für sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke,
3.
Vergnügungsstätten.

Gründe

1

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst.

2

Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), also näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> und vom 9. April 2014 - 4 BN 3.14 - ZfBR 2014, 479 Rn. 2).

3

Die Beschwerde hält für grundsätzlich klärungsbedürftig,

ob ein Bordell als "Gewerbebetrieb aller Art" im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO anzusehen ist oder Bordelle dem Begriff der Vergnügungsstätte im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO unterfallen.

4

Die Frage führt nicht zur Zulassung der Revision. Nach der Rechtsprechung des Senats sind Bordelle oder bordellähnliche Betriebe "Gewerbebetriebe aller Art" im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO (BVerwG, Beschluss vom 5. Juni 2014 - 4 BN 8.14 - ZfBR 2014, 574 Rn. 10). Ungeachtet der Neubestimmung des Verhältnisses von Vergnügungsstätten und Gewerbebetrieben durch die Vierte Verordnung zur Änderung der Baunutzungsverordnung vom 23. Januar 1990 (BGBl. I S. 127) (dazu BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 1990 - 4 B 120.90 - Buchholz 406.12 § 4 BauNVO Nr. 4) hält der Senat insoweit an seinem Urteil vom 25. November 1983 - 4 C 21.83 - (BVerwGE 68, 213 <215>) fest, dass Bordellbetriebe Einrichtungen sind, für die sich im Hinblick auf die sich aus dem "Milieu" ergebenden Begleiterscheinungen eher ein Standort eignet, der außerhalb oder allenfalls am Rande des "Blickfeldes" und der Treffpunkte einer größeren und allgemeinen Öffentlichkeit liegt und auch nicht in der Nachbarschaft von Wohnungen. In Übereinstimmung hiermit hat das Oberverwaltungsgericht tatrichterlich festgestellt, dass bei gewerblicher Prostitution bei der gebotenen typisierenden Betrachtung mit milieutypischen Begleiterscheinungen wie Belästigungen durch alkoholisierte oder unzufriedene Kunden, organisierte Kriminalität, Menschen- und Drogenhandel, ausbeutender Zuhälterei, Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, Verstößen gegen das Waffenrecht und Gewaltkriminalität bis hin zu Tötungsdelikten zu rechnen sei (UA S. 19). An diese Feststellungen wäre das Bundesverwaltungsgericht in einem Revisionsverfahren nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden, weil zulässige und begründete Revisionsgründe nicht vorgebracht worden sind.

5

Die Beschwerdeführerin zeigt mit ihrem nicht weiter ausgeführten Hinweis auf abweichende Rechtsprechung (VGH Kassel, Beschluss vom 30. April 2009 - 3 A 1284/08 - BRS 74 Nr. 58 = juris Rn. 8; OVG Saarlouis, Beschlüsse vom 30. Juni 2009 - 2 B 367/09 - juris Rn. 13 und vom 8. Januar 2014 - 2 A 437/13 - juris Rn. 16) und Literatur (Stühler, BauR 2010, 1013 <1021 f.>; ders., NVwZ 1997, 861 <866 f.>; Schlichter/Friedrich, WiVerw 1988, 199 <209, 225 f.>; Ziegler, in: Brügelmann, BauGB, Stand: Februar 2015, § 4a BauNVO Rn. 74; Knaup/Stange, BauNVO, 8. Aufl. 1997, § 4a Rn. 51), welche den Beschluss des Senats vom 5. Juni 2014 - 4 BN 8.14 - (a.a.O.) noch nicht berücksichtigen konnte, keinen Klärungsbedarf auf. Die "Nähe" von Bordellen und bordellartigen Betrieben zu anderen Stätten "sexuellen Amüsements" (so insb. Stühler, BauR 2010, 1013 <1022>) führt nicht zu einer bauplanungsrechtlichen Gleichbehandlung solcher Einrichtungen. Denn maßgeblich für die Rechtsprechung des Senats ist nicht die Motivation der Besucher, sondern sind die städtebaulich bedeutsamen Begleiterscheinungen der Prostitutionsausübung in Bordellen. Hiermit übereinstimmend hat der überwiegende Teil der Rechtsprechung (VGH München, Urteil vom 12. Dezember 2013 - 15 N 12.1020 - juris Rn. 25; VGH Mannheim, Beschluss vom 5. März 2012 - 5 S 3239/11 - BRS 79 Nr. 87 = juris Rn. 5 ff.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14. November 2005 - OVG 10 S 3.05 - juris Rn. 8; OVG Hamburg, Beschluss vom 13. August 2009 - 2 Bs 102/09 - NordÖR 2009, 453 = juris Rn. 9; OVG Koblenz, Urteil vom 11. Mai 2005 - 8 C 10053/05 - BRS 69 Nr. 35 = juris Rn. 15) und der Literatur (Schiller, in: Bracher/Reidt/Schiller, Bauplanungsrecht, 8. Aufl. 2014, Rn. 1635; Stock, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 8 Rn. 22; Kämper, in: BeckOK BauNVO, Stand 1. September 2015, § 9 Rn. 40; Mampel/Schmidt-Bleker, in: BeckOK BauNVO, Stand 1. März 2015, § 8 Rn. 106; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand September 2015, § 8 BauNVO Rn. 24a; Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, 5. Aufl. 2015, Rn. 614; Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl. 2014, § 4a Rn. 23.71; Wolf, Die prostitutive Einrichtung und ihre Mitarbeiter im öffentlichen Recht - Rechtslage und Perspektiven, 2013, S. 88; von Galen, Rechtsfragen der Prostitution, 2004, Rn. 499 f.) bereits vor dem Senatsbeschluss vom 5. Juni 2014 - 4 BN 8.14 - (a.a.O.) Bordelle und bordellartige Betriebe als "Gewerbebetriebe aller Art" im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO angesehen.

6

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.