Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 08. Dez. 2010 - 11 S 2366/10

bei uns veröffentlicht am08.12.2010

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20. September 2010 - 8 K 2707/10 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20.09.2010, mit dem die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 29.06.2010 wiederhergestellt bzw. angeordnet wurde, ist zwar fristgerecht eingelegt (§ 147 Abs. 1 VwGO) und begründet worden (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) und auch sonst zulässig. Die Beschwerde hat jedoch keinen Erfolg. Die vom Antragsgegner vorgebrachten Gründe, auf deren Prüfung sich das Beschwerdeverfahren zu beschränken hat (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), gebieten keine andere Entscheidung.
1. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist entgegen dem Beschwerdevorbringen auch statthaft, soweit er sich gegen Ziffer 3 der Verfügung vom 29.06.2010 richtet. Mit dieser Ziffer werden die kraft Gesetzes eintretenden Pflichten nach § 54a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 AufenthG regelnd konkretisiert. Zum einen wird nicht nur der Wortlaut des Gesetzes wiederholt; vielmehr werden die gesetzliche Meldepflicht und die Aufenthaltsbeschränkung im Tenor der Verfügung näher bestimmt. Zum anderen wird unter Ziffer 4 der Verfügung die sofortige Vollziehung auch in Bezug auf Ziffer 3 ausdrücklich angeordnet und diese Entscheidung im Folgenden näher begründet. Damit ist nicht nur ein Hinweis auf die Rechtslage ohne Regelungsgehalt, sondern ein Verwaltungsakt im Sinne des § 35 Satz 1 LVwVfG erlassen worden.
2. Das Verwaltungsgericht hat dem nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaften Antrag zu Recht stattgegeben. Es hat schlüssig ausgeführt, dass dem Interesse des Antragstellers, sich vorläufig weiterhin in Deutschland aufhalten zu dürfen, größeres Gewicht zukomme als dem entgegenstehenden öffentlichen Interesse an einer sofortigen Aufenthaltsbeendigung. So sei die sofortige Vollziehung der Ausweisung nicht durch ein überwiegendes öffentliches Interesse gedeckt. Zum einen erscheine die Ausweisung, die auf den Regelausweisungsgrund des § 54 Nr. 5 AufenthG gestützt sei, nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen summarischen Prüfung der derzeitigen Sach- und Rechtslage nicht ohne weiteres rechtmäßig; der Ausgang des Hauptsacheverfahrens sei offen. Zum anderen sei auch kein besonderes öffentliches Interesse dafür ersichtlich, die Vollziehbarkeit der Ausweisung schon vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens eintreten zu lassen. Hiergegen hat der Antragsgegner im Beschwerdeverfahren keine durchgreifenden Bedenken vorgebracht.
Ob die Voraussetzungen des Ausweisungstatbestandes des § 54 Nr. 5 AufenthG vorliegen, ist nach derzeitigem Erkenntnisstand offen.
Nach § 54 Nr. 5 AufenthG wird ein Ausländer in der Regel ausgewiesen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat; auf zurückliegende Mitgliedschaften oder Unterstützungshandlungen kann die Ausweisung nur gestützt werden, soweit diese eine gegenwärtige Gefährlichkeit begründen.
Bei der PKK bzw. ihren Nachfolgeorganisationen handelt es sich zwar um eine Vereinigung, die den Terrorismus unterstützt im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG. Dem steht nicht entgegen, dass die strafgerichtliche Rechtsprechung die PKK (einschließlich ihrer Nachfolgeorganisationen), soweit sie im Bundesgebiet agiert, nicht mehr als terroristische Vereinigung ansieht und sogar die Einordnung als kriminelle Vereinigung nur noch in Bezug auf den engeren Führungszirkel bejaht. Denn § 54 Nr. 5 AufenthG stellt weniger strenge tatbestandliche Anforderungen an das Vorliegen einer terroristischen Vereinigung als die §§ 129a, 129b StGB (vgl. hierzu Beschluss des Senats vom 28.09.2010 - 11 S 1978/10 - juris; Urteil des Senats vom 21.07.2010 - 11 S 541/10 - juris). Es bedarf jedoch umfassender Prüfung im Hauptsacheverfahren, ob ein Unterstützen der terroristischen Vereinigung durch den Antragsteller vorliegt.
Als tatbestandserhebliches Unterstützen ist jede Tätigkeit anzusehen, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt, auswirkt. Dazu zählt jedes Tätigwerden eines Nichtmitglieds, das die innere Organisation und den Zusammenhalt der Vereinigung fördert, ihren Fortbestand oder die Verwirklichung ihrer auf die Unterstützung terroristischer Bestrebungen gerichteten Ziele fördert und damit ihre potenzielle Gefährlichkeit festigt und ihr Gefährdungspotenzial stärkt. Auf einen beweis- und messbaren Nutzen für die Verwirklichung der missbilligten Ziele kommt es ebenso wenig an wie auf eine subjektive Vorwerfbarkeit. Allerdings muss auch die eine Unterstützung der Vereinigung, ihre Bestrebungen oder ihre Tätigkeit bezweckende Zielrichtung des Handelns für den Ausländer regelmäßig erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein. An einem Unterstützen fehlt es hingegen, wenn jemand allein einzelne politische, humanitäre oder sonstige Ziele der Organisation, nicht aber auch die Unterstützung des internationalen Terrorismus befürwortet - und sich hiervon ggf. deutlich distanziert - und lediglich dies durch seine Teilnahme an erlaubten Veranstaltungen in Wahrnehmung seines Grundrechts auf freie Meinungsäußerung nach außen vertritt. Dienen solche Veranstaltungen allerdings erkennbar dazu, nicht nur einzelne Meinungen kundzutun, wie sie auch die Vereinigung vertritt, sondern durch die - auch massenhafte - Teilnahme jedenfalls auch diese Vereinigung selbst vorbehaltlos und unter Inkaufnahme des Anscheins der Billigung ihrer terroristischen Bestrebungen (beispielsweise wegen des angekündigten Auftretens von Funktionären einer verbotenen Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt) zu fördern, dann liegt ein im Hinblick auf den Normzweck potenziell gefährliches Unterstützen im Sinne von § 54 Nr. 5 AufenthG vor, der die Freiheit der Meinungsäußerung insoweit verhältnismäßig beschränkt. Eine Unterstützung kann ferner dann in Betracht kommen, wenn durch zahlreiche Beteiligungen an Demonstrationen und Veranstaltungen im Umfeld einer Vereinigung wie der verbotenen PKK bei einer wertenden Gesamtschau zur Überzeugung des Tatsachengerichts feststeht, dass der Ausländer auch als Nichtmitglied in einer inneren Nähe und Verbundenheit zu der Vereinigung selbst steht, die er durch sein Engagement als ständiger (passiver) Teilnehmer zum Ausdruck bringt, und damit deren Stellung in der Gesellschaft (vor allem unter Landsleuten) begünstigend beeinflusst, ihre Aktionsmöglichkeiten und eventuell auch ihr Rekrutierungsfeld erweitert und dadurch insgesamt zu einer Stärkung ihres latenten Gefahrenpotenzials beiträgt. Dabei muss allerdings die terroristische oder den Terrorismus unterstützende Tätigkeit der Vereinigung im In- oder Ausland zum jeweiligen Zeitpunkt feststehen und das Verhalten des Einzelnen auch unter Berücksichtigung etwaiger glaubhafter Distanzierungen von der Vorfeldunterstützung des Terrorismus (oder das Fehlen jeglicher Distanzierung) gewürdigt werden. Eine darüber hinausgehende konkrete oder persönliche Gefährdung der inneren oder äußeren Sicherheit ist dagegen nicht erforderlich. Ebenso wenig ist ein "aktives Tätigwerden" erforderlich (vgl. zu Vorstehendem zur früheren Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG: BVerwG, Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 - BVerwGE 123, 114; Urteil des Senats vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 - juris; vgl. zum Erfordernis der Zurechenbarkeit auch BVerwG, Urteil vom 22.02.2007 - 5 C 20.05 - BVerwGE 128, 140; Urteile des Senats vom 29.09.2010 - 11 S 1088/10 und 11 S 597/10 -).
Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes angezeigten summarischen Prüfung lässt sich die Frage, ob im Falle des Antragstellers ein Unterstützen in diesem Sinne vorliegt, derzeit nicht beantworten. Dem Antragsteller, der unstreitig kein Funktionär einer PKK-nahen Organisation ist, wird die wiederholte Teilnahme als Zuhörer an Veranstaltungen vorgehalten, die dem Umfeld der PKK-Nachfolgeorganisationen bzw. dem Kurdischen Kulturverein e.V. Heilbronn zugerechnet werden. Nach den Erkenntnissen des Landesamts für Verfassungsschutz Baden-Württemberg vom 08.11.2007, vom 19.04.2010 und vom 08.09.2010 hat der Antragsteller von Dezember 2005 bis Januar 2010 an insgesamt 21 Veranstaltungen, Versammlungen und Demonstrationen von KONGRA-GEL-Anhängern bzw. Veranstaltungen des Kurdischen Kulturvereins e.V. Heilbronn teilgenommen. Dort wurde insbesondere der Kampf um die Freilassung Öcalans thematisiert und der Person Öcalans gehuldigt, der gefallenen Gesinnungsgenossen (Märtyrer) in der Türkei gedacht, die Entwicklung der PKK referiert, aber auch zum bewaffneten Kampf für die Sache der Kurden aufgerufen (vgl. hierzu im Einzelnen die vorgenannten Erkenntnisse des Landesamts für Verfassungsschutz und die im Beschwerdeverfahren vom Antragsgegner mit Schriftsatz vom 20.10.2010 vorgebrachten Ergänzungen, denen der Antragsteller nicht entgegengetreten ist).
Hierbei handelt es sich um Veranstaltungen, deren jeweilige Hintergründe und Schwerpunkte bislang nur unzureichend aufgeklärt sind. So bedarf es der Klärung, inwieweit der Kurdische Kulturverein e.V. Heilbronn, der nach Einschätzung des Landesamtes für Verfassungsschutz der Föderation kurdischer Vereine in Deutschland e.V. (YEK-KOM) angehört, die wiederum als scheinlegaler Arm der PKK/KONGRA-GEL bezeichnet wird, aufgrund seiner Ausrichtung und tatsächlichen Betätigung als PKK-naher Verein einzustufen ist und inwieweit die konkret im Raum stehenden Veranstaltungen im Hinblick auf Veranstalter, Ablauf und Teilnehmerschaft tatsächlich dem KONGRA-GEL zuzurechnen sind. Dem äußeren Erscheinungsbild nach geht es im Falle des Antragstellers nicht zuletzt um gesellige Treffen und kulturelle Veranstaltungen mit zum Teil mehr als hundert Teilnehmern, während derer es (auch) zu gewaltverherrlichenden Äußerungen gekommen ist. Die dem Antragsteller vorgehaltene, rein passive Teilnahme an diesen Veranstaltungen lässt zwar durchaus den Schluss auf eine Unterstützung einer terroristischen Vereinigung als möglich erscheinen; das aber bedarf einer umfassenden Bewertung der Einwendungen und Glaubwürdigkeit des Antragstellers, die sachgerecht nur im Hauptsacheverfahren möglich ist. Der Antragsteller hat sich wiederholt dazu eingelassen, er habe ausschließlich an legalen Veranstaltungen als bloßer Zuhörer teilgenommen und teile nicht alle dort geäußerten Ansichten, sondern stehe für die friedliche Lösung des Kurdenkonflikts. Dessen ungeachtet zeigt sein Verhalten eine deutliche, auch nach Einleitung des Ausweisungsverfahrens nicht beendete Hinwendung zu Veranstaltungen, die nicht nur im Einzelfall (auch) Propagandazwecken zugunsten der PKK und ihrer Nachfolgeorganisationen dienten, was dem Antragsteller nicht verborgen geblieben sein kann. Die Frage nach dem notwendigen subjektiven Moment und die erforderliche Abgrenzung der vorwerfbaren Teilnahme an Veranstaltungen, die auch der Unterstützung terroristischer Vereinigungen dienen von der zulässigen Wahrnehmung des Recht auf freie Meinungsäußerung bedürfen vor diesem Hintergrund näherer Klärung im Hauptsacheverfahren. Um aufgrund wertender Gesamtschau eine durch Tatsachen gestützte Entscheidung treffen zu können, bedarf es voraussichtlich nicht zuletzt der persönlichen Anhörung des Antragstellers.
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Näherer Würdigung in der Hauptsache vorbehalten bleiben muss auch der Vorwurf, der Antragsteller sei am 19.03.1994 unerlaubt zu einer verbotenen Feier des kurdischen Neujahrsfestes nach Augsburg gefahren. Bei der zu treffenden Bewertung der Gesamtumstände wird zu berücksichtigen sein, dass das in diesem Zusammenhang eingeleitete strafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruchs, Nötigung und Verstoßes gegen das Asylverfahrensgesetz mangels hinreichenden Tatverdachts nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurde, weil sich der Antragsteller nicht an den gewalttätigen Ausschreitungen beteiligt hat.
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Soweit dem Antragsteller vorgeworfen wird, er habe 2001 die Selbsterklärung „ich bin ein PKKler“ unterschrieben, dürfte allein die Unterzeichnung der Erklärung nicht die Annahme des Unterstützens einer terroristischen Vereinigung tragen. Regelmäßig handelt es sich insoweit um eine Äußerung in einer speziellen historischen Konstellation und nicht um einen Beleg für die innere Verbundenheit mit den Zielen der PKK und der Organisation selbst (vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 22.02.2007 - 5 C 20.05 - BVerwGE 128, 140). Ob der Antragsteller allerdings in Zusammenschau mit seinem stetigen Eintreten für die „Sache der Kurden“, das er nicht zuletzt in den seit seiner Einreise geführten Asylverfahren wiederholt unterstrichen hat, nach seinem Kenntnis- und Wissensstand Zweifel an der Ernsthaftigkeit der PKK hegen musste, dass sie ihre Ziele zukünftig legal und gewaltfrei verfolgen werde, bleibt der Klärung in der Hauptsache vorbehalten.
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Schließlich genießt der Antragsteller nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG besonderen Ausweisungsschutz und kann nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nach Ermessen ausgewiesen werden. Im Zusammenhang mit der zu treffenden Ermessensentscheidung bedarf es einer umfassenden Abwägung der für und gegen eine Ausweisung sprechenden Gesichtspunkte, bei der die Qualität der Unterstützungshandlung und die Gefährdungslage ebenso wie die persönlichen Belangen des Antragstellers mit dem jeweils gebotenen Gewicht einzustellen sind (vgl. hierzu auch Beschlüsse des Senats vom 28.09.2010 a.a.O. und vom 16.11.2007 - 11 S 695/07 - VBlBW 2008, 149). Auch insoweit bedarf es der ergänzenden Würdigung. Insbesondere steht eine differenzierte Bewertung des durch den Antragsteller begründeten Maßes der Gefährdungslage bislang aus.
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Da der Antragsteller ausweislich der Aktenlage seit dem 01.07.2008 als Arbeitnehmer tätig ist, dürfte er zudem auf der Grundlage des Art. 6 Abs. 1 1. Spiegelstrich ARB 1/80 aufenthaltsberechtigt sein. Ob die gegen ihn verfügte Ausweisung nach Maßgabe des Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 in der gebotenen unionsrechtskonformen Auslegung im Ergebnis rechtmäßig ist, bedarf ebenfalls sorgfältiger Prüfung im Hauptsacheverfahren. Offen ist in diesem Zusammenhang, ob die Ausweisung überhaupt nur aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit zulässig ist und wie diese Gründe auszulegen sind. So steht derzeit die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union über das Vorabentscheidungsersuchen des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.08.2009 - 1 C 25.08 - sowie das Vorabentscheidungsersuchen des OVG Nordrhein-Westfalen vom 20.08.2009 - 18 A 2263/08 - aus. Die dort aufgeworfenen Fragen dazu, ob Art. 28 Abs. 3a der Unionsbürger-RL 2004/38/EG auf türkische Staatsangehörige, die eine Rechtsposition nach dem ARB 1/80 besitzen, Anwendung findet und wie Art. 28 Abs. 3 der Richtlinie im Kontext auszulegen ist, sind auch im Fall des Antragstellers, der sich seit über 10 Jahren in Deutschland aufhält, entscheidungserheblich (vgl. zu den aufzuwerfenden Fragen auch die Vorlagebeschlüsse des VGH Bad.-Württ. vom 22.07.2008 - 13 S 1917/07 - juris und vom 09.04.2009 - 13 S 342/09 - juris und das hierzu ergangene Urteil des EuGH vom 23.11.2010, Rs. C-145/09 , wonach das Vorliegen zwingender Gründe der öffentlichen Sicherheit voraussetzt, dass die Beeinträchtigung einen besonders hohen Schweregrad aufweist). Dass Aktivitäten im Umfeld terroristischer Organisationen zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit darstellen können, dürfte keinem Zweifel unterliegen, doch wäre im konkreten Einzelfall des Antragstellers zu klären, inwieweit die Maßnahme angesichts der außergewöhnlichen Schwere der Bedrohung für den Schutz der Interessen, die mit ihr gewahrt werden sollen, erforderlich ist.
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Auch der Senat misst bei der aufgrund der Ergebnisoffenheit des Hauptsacheverfahrens gebotenen Interessenabwägung dem privaten Interesse des Antragstellers, vorläufig vom Vollzug der angefochtenen Ausweisungsentscheidung verschont zu bleiben, größere Bedeutung zu als dem öffentlichen Interesse an einem Sofortvollzug. Es fehlen hinreichende, auf Tatsachen gestützte Feststellungen zur Besorgnis, dass sich die vom Antragsteller ausgehende, mit der Ausweisung bekämpfte Gefahr bereits vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens realisieren wird. Insoweit genügt nicht die bloße Behauptung, dass bis zur Hauptsacheentscheidung eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Deutschland droht (vgl. hierzu auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 13.06.2005 - 2 BvR 485/05 - BVerfGK 5, 328).
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Der Antragsgegner hat die sofortige Vollziehung der Ausweisung in erster Linie damit begründet, dass nach der Persönlichkeit des Antragstellers und den gesamten Umständen damit gerechnet werden müsse, dass er die PKK weiterhin massiv unterstütze, zumal er sich bislang nicht von ihr distanziert habe. Insoweit fehlt es aber an entsprechenden Feststellungen zur (angeblichen) Persönlichkeitsstruktur des Antragstellers und auch „massive“ Unterstützungshandlungen zugunsten der PKK bzw. ihrer Nachfolgeorganisationen sind angesichts des nach Aktenlage rein passiven Verhaltens des Antragstellers weder vorgetragen noch erkennbar. Im Gegenteil ging der Antragsgegner wohl zunächst selbst nicht von einem erheblichen Gefahrenpotential aus. Denn zwischen der ersten Anhörung zum Vorliegen von Ausweisungsgründen nach § 54 Nr. 5 AufenthG mit Schreiben vom 19.02.2008 und der Ausweisungsverfügung vom 20.09.2010 liegen deutlich über zwei Jahre, ohne dass in dieser Zeit qualitativ wesentlich neue Erkenntnisse hinzugekommen wären. Vor diesem Hintergrund und angesichts der ganz erheblichen nachteiligen Folgen der sofortigen Vollziehung der Ausweisungsverfügung für die persönlichen Lebensverhältnisse des Antragstellers, der seit 1987 mit seiner Ehefrau in familiärer Lebensgemeinschaft in Deutschland lebt, eine Niederlassungserlaubnis besitzt und hier arbeitet, ist ein besonderes öffentliches Vollziehungsinteresse nicht hinreichend zu erkennen. Auch gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller noch vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens sicherheitsgefährdende Unterstützungshandlungen zugunsten einer terroristischen Vereinigung vornehmen könnte. Nach Erlass der gegen ihn ergangenen Ausweisungsverfügung sind keine weiteren Aktivitäten bekannt geworden, die eine sofortige Ausweisung rechtfertigen könnten.
16 
Auch soweit der Antragsgegner mit der Anordnung des Sofortvollzugs den Zweck verfolgt, die Folgen des § 54a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 AufenthG auszulösen, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung einer auf § 54 Nr. 5 AufenthG gestützten Ausweisungsverfügung allein zu dem Zweck, die Meldepflicht und die räumliche Beschränkung herbeizuführen, kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn der tatsächlichen Aufenthaltsbeendigung - wie hier - keine tatsächlichen oder rechtlichen Hindernisse entgegenstehen (offen gelassen für den Sonderfall der Unzulässigkeit einer Aufenthaltsbeendigung im Beschluss des Senats vom 28.09.2010 - 11 S 1978/10 -; anders in einem Fall, in dem der ausgewiesene Ausländer nicht abgeschoben werden konnte: BayVGH, Beschluss vom 24.10.2008 - 10 CS 08.2339 - juris). Nach der klar formulierten Bestimmung in § 54a Abs. 1 Satz 1 AufenthG greifen die Überwachungsmaßnahmen erst mit Eintritt der Bestandskraft oder aber aufgrund - rechtmäßiger - Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der Ausweisungsverfügung. Eine von der Vollziehbarkeit der Ausweisung unabhängige Meldepflicht und räumliche Beschränkung des Aufenthalts ist vom Gesetzgeber gerade nicht vorgesehen (s. a. § 46 Abs. 1 und § 61 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Ungeachtet dessen ist allerdings auch nicht erkennbar, dass dringende Sicherheitsgründe eine sofortige Überwachung des Antragstellers gebieten könnten.
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3. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage im Hinblick auf die in Ziffer 2 der angefochtenen Verfügung erlassene Abschiebungsandrohung angeordnet. Zwar dürfte die nicht näher eingegrenzte Bestimmung der Ausreisfrist von einem Monat im Hinblick auf die Regelung des § 31 Abs. 2 LVwvfG ausgehend vom Tag der Bekanntgabe der Verfügung zu berechnen und damit grundsätzlich hinreichend bestimmt sein, doch kommt eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung des Antragstellers aus den vorgenannten Gründen derzeit nicht in Betracht.
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4. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Ausweisung erfasst auch die im Tenor der angefochtenen Verfügung unter Ziffer 3 genannten Maßnahmen. Entfällt die Vollziehbarkeit der Ausweisung, liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen nach § 54a Abs. 1 und 2 AufenthG nicht mehr vor.
19 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG i. V. m. §§ 47, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG.
20 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 08. Dez. 2010 - 11 S 2366/10

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 08. Dez. 2010 - 11 S 2366/10

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

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Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 08. Dez. 2010 - 11 S 2366/10 zitiert 15 §§.

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Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 08. Feb. 2012 - 8 K 2660/10

bei uns veröffentlicht am 08.02.2012

Tenor Die Verfügung des Regierungspräsidiums ... vom 29.06.2010 wird aufgehoben.Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand   1 Der Kläger wendet sich gegen seine Ausweisung, eine räumliche Aufenthaltsbeschränkung und Meldeaufl

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(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen. § 67 Abs. 4 bleibt unberührt.

(2) Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Beschwerdegericht eingeht.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b
3.
(weggefallen)
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,
2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,
3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,
4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder
5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.

(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.

(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.

(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).

(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(1) Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet. In den Fällen des Satzes 2 wird die Tat nur mit Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt. Die Ermächtigung kann für den Einzelfall oder allgemein auch für die Verfolgung künftiger Taten erteilt werden, die sich auf eine bestimmte Vereinigung beziehen. Bei der Entscheidung über die Ermächtigung zieht das Ministerium in Betracht, ob die Bestrebungen der Vereinigung gegen die Grundwerte einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind und bei Abwägung aller Umstände als verwerflich erscheinen.

(2) In den Fällen der §§ 129 und 129a, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 1, ist § 74a anzuwenden.

Tenor

Dem Antragsteller wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt ..., Freiburg, beigeordnet.

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 29. Juli 2010 - 1 K 1642/09 - mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers wird hinsichtlich Ziffer 1 der Verfügung des Regierungspräsidiums Freiburg vom 24. April 2009 wiederhergestellt und hinsichtlich Ziffer 2 dieser Verfügung angeordnet.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.)
Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 166 VwGO i.V.m. §§ 114 ff. ZPO liegen vor. Die Beschwerde des Antragsteller, der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bezieht, hat hinreichende Aussicht auf Erfolg. Insoweit kann auf die folgenden Ausführungen (unter II.) verwiesen werden.
II.)
Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO hat nach der Sachlage, wie sie sich dem Senat aufgrund des Vortrags der Beteiligten in der Beschwerdeinstanz darstellt, Erfolg (vgl. zum anzuwendenden Entscheidungsmaßstab im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO BVerfG, Kammerbeschluss vom 13.06.2005 - 2 BvR 485/05 - InfAuslR 2005, 372). Die Beschwerdebegründung - auf deren Überprüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) - ergibt, dass der vom Antragsteller angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 29.07.2010 abzuändern und die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die Verfügung des Regierungspräsidiums Freiburg vom 24.04.2009 wiederherzustellen bzw. anzuordnen ist. Mit diesem Bescheid hat das Regierungspräsidium den Antragsteller unter Heranziehung von § 54 Nr. 5 AufenthG und § 55 Abs. 2 Nr. 1b AufenthG aus dem Bundesgebiet ausgewiesen und insoweit die sofortige Vollziehung angeordnet sowie die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG abgelehnt. Die Erfolgsaussichten der Klage des Antragstellers gegen die Ausweisungsverfügung sind zumindest offen; nach der insoweit vorzunehmenden Interessenabwägung gebieten es die öffentlichen Interessen nicht, die mit der Ausweisungsentscheidung intendierten Rechtsfolgen noch vor einer Entscheidung in der Hauptsache eintreten zu lassen. Auch hinsichtlich der versagten Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ist von offenen Erfolgsaussichten auszugehen, die insoweit die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage rechtfertigen.
1.) Die Erfolgsaussichten der Klage des Antragstellers gegen die auf § 54 Nr. 5 AufenthG gestützte Ausweisung können im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats über die Beschwerde nicht mehr hinreichend zuverlässig als negativ beurteilt werden.
Dies gilt entgegen dem Beschwerdevorbringen des Antragstellers jedoch nicht schon deshalb, weil die Einstufung der PKK bzw. ihrer Nachfolgeorganisationen als Terrororganisation jedenfalls seit Mitte 2008 ihre Berechtigung verloren haben könnte. Wie der Senat mit Urteil vom 21.07.2010 (- 11 S 541/10 -juris Rn. 28 ff.) entschieden hat, sind diese auch in den im vorliegenden Fall relevanten Zeiträumen und bis heute nach wie vor als terroristische Organisation im Sinn des § 54 Nr. 5 AufenthG anzusehen. Dem steht nicht entgegen, dass die strafgerichtliche Rechtsprechung die PKK (einschließlich ihrer Nachfolgeorganisationen), soweit sie im Bundesgebiet agiert, nicht mehr als terroristische Vereinigung ansieht und sogar die Einordnung als kriminelle Vereinigung nur noch in Bezug auf den engeren Führungszirkel bejaht. Denn § 54 Nr. 5 AufenthG stellt weniger strenge tatbestandliche Anforderungen an das Vorliegen einer terroristischen Vereinigung als die §§ 129a, 129b StGB (GK-AufenthG, § 54 Rn. 462; VG München, Urteil vom 16.02.2009 – M 25 K 8.5807 – juris Rn. 35). Im Rahmen des § 54 Nr. 5 AufenthG ist zudem unerheblich, ob es sich um Terrorismus im Bundesgebiet oder im Ausland handelt (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 27.03.2008 - 11 LB 203/06 - InfAuslR 2009, 54). Auch ist die Beschwerde nicht schon deshalb begründet, weil der Antragsteller geltend macht, er sei ausweislich des ärztlichen Attests vom 24.09.2009 in einer Weise gesundheitlich angeschlagen, dass die von ihm behauptete Abwendung als glaubhaft eingestuft werden müsse; er sei „krank, müde und ausgebrannt“; auch häuften sich seit 2009 depressive Phasen. Nach diesem Attest leidet er an Diabetes mellitus Typ II, benigne essentielle Hypertonie, Hyperlipidämie und an einer nicht näher bezeichneten Stoffwechselstörung; über eine depressive Erkrankung wird nichts berichtet. Die genannten Erkrankungen sind – zumal sie schon am 30.06.2004 bzw. 08.08.2005 diagnostiziert wurden – als solche jedoch nicht geeignet, das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG in Frage zu stellen.
Allerdings erscheint es offen, ob die Betätigungen, die der Antragsgegner dem Antragsteller aktuell noch entgegenhält, von einer Qualität sind, dass sie für sich betrachtet oder jedenfalls im Wege einer Gesamtschau eine Ausweisung auf der Grundlage des § 54 Nr. 5 AufenthG zu tragen vermögen. Der Antragsteller hat im Beschwerdeverfahren vorgetragen, er sei zu keiner Zeit an Demonstrationen von KONGRA-GEL-Anhängern beteiligt gewesen. Wie das Regierungspräsidium Freiburg mit Schriftsatz vom 23.09.2010 ausgeführt hat, hat das Landesamt für Verfassungsschutz mit Schreiben vom 17.09.2010 nunmehr mitgeteilt, dass es einen Großteil seiner Erkenntnisse zum Antragsteller nicht mehr aufrechterhalten kann. Die Erkenntnisse vom 20.03.2006 (Teilnahme an einer Demonstration von KONGRA-GEL-Anhängern in Freiburg anlässlich des kurdischen Neujahrsfestes), vom 03.03.2007 (Teilnahme an einer Demonstration von KONGRA-GEL-Anhängern in Freiburg gegen die angebliche Vergiftung Öcalans), vom 21.04.2007 (Teilnahme an einer Demonstration von KONGRA-GEL-Anhängern in Freiburg zum gleichen Thema), vom 09.09.2007 (Teilnahme an einer Gedenkveranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern in Freiburg für gefallene kurdische Guerillas), vom 27.10.2007 (Teilnahme an einer Demonstration von KONGRA-GEL-Anhängern in Freiburg unter dem Motto „Türkische Invasion in Südkurdistan“) und vom 22.12.2007 (Demonstration mit weiteren KONGRA-GEL-Anhängern in Freiburg gegen türkische Luftangriffe im Irak) hat das Landesamt für Verfassungsschutz zurückgezogen. Weshalb diese Handlungen dem Antragsteller nicht mehr zur Last gelegt werden, ist nicht dargelegt worden. Das Landesamt für Verfassungsschutz hatte diese mit Schreiben vom 26.02.2008 und 27.07.2008 den Ausländerbehörden übermittelt und jeweils mit dem Zusatz „offen und beweisbar“ gekennzeichnet, der im Übrigen auch für andere streitgegenständliche Veranstaltungen und Aktivitäten verwendet worden ist. Ausgehend hiervon erschließt sich vor allem die Belastbarkeit der aufrecht erhaltenen Erkenntnisse zu einer Teilnahme des Antragstellers an Veranstaltungen des KONGRA-GEL und zu Tätigkeiten für diesen nicht mehr ohne weiteres. Das Landesamt für Verfassungsschutz hatte zwar in den zuvor genannten Schreiben mitgeteilt, der Antragsteller sei im Jahre 2005 von mehreren Quellen als Frontarbeiter des KONGRA-GEL identifiziert worden, d.h. als eine Person, die sich unterhalt der Funktionärsebene für den KONGRA-GEL etwa durch Sammeln von Spenden engagiert, und damit diesem eine gewichtige und vom Gefahrenpotential her betrachtet bedeutende Unterstützungshandlung zur Last gelegt. Der Antragsteller hat in der Beschwerde diesen bislang überhaupt nicht näher substantiierten Vorwurf bestritten und ist auch im Übrigen seiner Einordnung unter die Anhänger der PKK bzw. KONGRA-GEL dezidiert entgegen getreten. Ob die dem Antragsteller entgegengehaltenen Verhaltensweisen zutreffen, bedarf der Prüfung in einem Hauptsacheverfahren, namentlich wird die bislang fehlende Konkretisierung und Substantiierung der Vorwürfe nachzuholen sein. Da diese Anknüpfungstatsachen für die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung wohl alle in der Vergangenheit liegen - die dem Antragsteller zuletzt vorgehaltene Aktivität stammt vom 29.11.2008 - und selbst ein - unterstellter - tatsächlicher Unterstützungsbeitrag nicht mehr fortwirken dürfte, muss es auch der Klärung im Klageverfahren überlassen bleiben, ob im Zeitpunkt der Entscheidung in der Hauptsache (zur maßgeblichen Sach- und Rechtslage in Ausweisungsverfahren vgl. BVerwG, Urteil vom 15.11.2007 - 1 C 45.06 - InfAuslR 2008, 156) noch eine gegenwärtige Gefährlichkeit im Sinne des § 54 Nr. 5 HS. 2 AufenthG vorliegt (vgl. zu den Anforderungen GK- AufenthG, § 54 Rn. 517 ff.).
Eine umfassende Prüfung des Verhaltens des Antragstellers und der Vereinigungen, für die er tätig gewesen ist, ist auch nicht deshalb entbehrlich, weil der Antragsteller verschiedene Aktivitäten ausdrücklich eingeräumt hat. Nach seiner Beschwerdebegründung vom 03.09.2010 ist dies die Teilnahme an der Veranstaltung in ... am 25.05.2002, die Teilnahme an der jährlichen Großdemonstration in ... im Februar 2007 (wobei der Antragsteller als Veranstalter allerdings KON-KURD benennt), die Teilnahme an dem Fackelmarsch im März 2008 anlässlich des kurdischen Neujahrsfestes und an einer Veranstaltung in den Räumen des Vereins Ende 2008 (gemeint ist wohl die Veranstaltung vom 29.11.2008). Die Betreuung eines Informationsstands des Mesopotamischen Kulturvereins am 29.04.2005 zur „damaligen neuen militärischen Operation im Kurdengebiet und den Haftbedingungen Öcalans“ ist nach den Angaben des Antragsteller jedenfalls auch durch ihn erfolgt. Die Funktion als verantwortlicher Leiter einer am 10.01.2003 vom Mesopotamischen Kulturzentrum veranstalteten Demonstration dürfte ebenfalls unstreitig sein (vgl. insoweit die entsprechende Anmeldung und das Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 23.01.2009, in welchem dies - entgegen dem Beschwerdevorbringen -ausdrücklich eingeräumt wird ). Abgesehen davon, dass der Antragsteller substantiiert geltend macht, weder diesen Veranstaltungen noch seinen konkreten Tätigkeiten könne eine den Terrorismus unterstützende Bedeutung beigelegt werden, liegen diese jedenfalls schon länger zurück. Letzteres gilt im Übrigen auch für die - sich schon aus dem Vereinsregister - ergebende Eintragung des Antragstellers als Mitglied im Vorstand des Mesopotamischen Kulturzentrums im Jahre 2001/2002, wobei es wohl nicht entscheidend darauf ankommen dürfte, ob der Antragsteller tatsächlich eine entsprechende Funktion ausgeübt oder nur - so sein Vortrag schon im Asylverfahren (vgl. insoweit Bl. 6 der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 20.12.2002 im Verfahren A 1 K 10573/01) - als „Strohmann“ tätig gewesen ist. Die im Asylverfahren angegebene Tätigkeit für die ENRK bzw. YDK ist wohl ebenfalls schon länger eingestellt.
Darüber hinaus stellt sich der Ausgang des Hauptsacheverfahrens auch deshalb als offen dar, weil über eine Ausweisung des Antragstellers wohl nur nach Ermessen entschieden werden kann und die in der angefochtenen Verfügung zu § 54 Nr. 5 AufenthG insoweit hilfsweise angestellten Ermessenserwägungen schon deshalb rechtlichen Bedenken unterliegen, weil diese in tatsächlicher Hinsicht die Entscheidung maßgeblich tragend auch auf den vom Landesamt für Verfassungsschutz mittlerweile zurückgezogenen Erkenntnissen beruhen. Für den Antragsteller sind infolge des rechtskräftigen Urteils des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 02.01.2003 - A 1 K 10573/01 - durch das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit bindender Wirkung für das ausländerrechtliche Verfahren (vgl. § 42 AsylVfG) Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 1 und 4 AuslG (nunmehr § 60 Abs. 2 und 5 AufenthG) festgestellt worden, weil ihm aufgrund seiner Einbindung in die YDK auf Funktionärsebene im Fall einer Rückkehr in die Türkei von Seiten des Staates die konkrete Gefahr der Folter oder einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung im Sinn des Art. 3 EMRK droht. Das für einen unüberschaubaren Zeitraum bestehende Abschiebungsverbot begründet atypische Umstände in Bezug auf den Regelausweisungstatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG (Senatsurteil vom 21.07.2010 - 11 S 541/10 - juris Rn. 40; GK-AufenthG, § 54 Rn. 415 i.V.m. Rn. 126 ff.). Auch bei dem Ausweisungstatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG wird die Regelvermutung im Hinblick auf das spezial- und generalpräventive Ausweisungsinteresse grundsätzlich von der Aufenthaltsbeendigung nach der Ausweisung getragen. Kann diese nicht vollzogen werden, weil der Ausländer wegen des Bestehens eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG nicht abgeschoben werden kann und drängt sich auch die Möglichkeit einer Aufenthaltsbeendigung in einen aufnahmebereiten Drittstaat oder eine freiwillige Ausreise dorthin nicht auf, fehlt es an der durch das Gesetz vertypten Konstellation. Selbst wenn - nach der weiteren Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes - vom Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG auszugehen ist, bedarf es im Rahmen der gebotenen Ermessensentscheidung einer umfassenden Abwägung der für und gegen eine Ausweisung sprechenden Gesichtspunkte, bei der die Qualität der Unterstützungshandlung und die Gefährdungslage mit dem jeweils gebotenen Gewicht einzustellen sind (vgl. hierzu auch Senatsbeschluss vom 16.11.2007 - 11 S 695/07 -InfAuslR 2008, 159). Insoweit obliegt es der Ausländerbehörde ihre Ermessenserwägungen verfahrensbegleitend zu überprüfen und einer neuen Sachlage anzupassen (BVerwG, Urteile vom 13.04.2010 - 1 C 10.09 - juris Rn. 24 und vom 07.04.2009 - 1 C 17.08 - juris Rn. 37 ff.).
Auch soweit der Antragsgegner die Ausweisung auf § 55 Abs. 2 Nr. 1b AufenthG stützt, weil der Antragsteller sich weigerte, Fragen in der Sicherheitsbefragung zu beantworten, sind die Erfolgsaussichten zumindest offen. Es ist schon zweifelhaft, ob es eine gesetzlich angeordnete Rechtspflicht gibt, an einer Sicherheitsbefragung aktiv teilzunehmen. Aus der vom Antragsgegner genannten Bestimmung des § 54 Nr. 6 i.V.m. § 82 AufenthG lässt sich diese wohl nicht herleiten. Als materielle Ausweisungsnorm begründet § 54 Nr. 6 AufenthG keine selbstständige Pflicht. § 82 Abs. 1 AufenthG ist als Mitwirkungsobliegenheit ausgestaltet und nicht als Mitwirkungspflicht und bezieht sich auch nur auf für den Ausländer günstige Umstände (vgl. auch GK-AufenthG, § 55 Rn. 406 ff, insb. 419). § 82 Abs. 4 Satz 1 AufenthG ermöglicht zwar die Anordnung des persönlichen Erscheinens des Ausländers, eine Pflicht zur Aussage oder an einer Gesprächsteilnahme umfasst dies jedoch nicht (GK-AufenthG, § 82 Rn. 66).
Der Senat misst bei der - aufgrund der Ergebnisoffenheit des Hauptsacheverfahrens gebotenen - Interessenabwägung dem privaten Interesse des Antragstellers, vorläufig vom Vollzug der angefochtenen Ausweisungsentscheidung verschont zu bleiben, größere Bedeutung zu als dem öffentlichen Interesse an einem Sofortvollzug. Der Antragsgegner hat die sofortige Vollziehung der Ausweisung in erster Linie damit begründet, dass die durch die Unterstützung des internationalen Terrorismus gefährdeten Rechtsgüter so überragend seien, dass ein zwingendes öffentliches Interesse hieran bestehe. Für diese Einschätzung besteht jedoch derzeit keine Grundlage. Die Rechtmäßigkeit einer Ausweisung des Antragstellers bleibt vor allem deshalb offen, weil eine von ihm aktuell ausgehende konkrete Gefahrenlage im Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes nicht hinreichend sicher festgestellt werden kann; schon aus diesem Grund kann dann regelmäßig kein besonderes öffentliches Interesse daran begründet sein, die Vollziehbarkeit einer Ausweisung schon vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens anzuordnen. Insbesondere gibt es auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller noch vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens Unterstützungshandlungen zugunsten einer terroristischen Vereinigung vornehmen könnte (vgl. hierzu auch Senatsbeschluss vom 16.11.2007, a.a.O; OVG NRW, Beschluss vom 15.05.2007 - 18 B 2067/06 -juris Rn. 7 ff.), wobei noch hinzukommt, dass eine wirksame Bekämpfung solcher Gefahren durch eine konsequente Aufenthaltsbeendigung vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens hier wegen des bestehenden Abschiebungsverbots gar nicht möglich wäre. Inkriminierende Aktivitäten nach November 2008 sind dem Antragsteller von dem Antragsgegner nicht mehr vorgehalten worden. Insoweit besteht auch kein Anlass, die Richtigkeit des Vortrags des Antragstellers, er habe seit Anfang 2009 auch die Teilnahme an exilkurdischen Veranstaltungen eingestellt, in Zweifel zu ziehen. Anhaltspunkte dafür, dass die Unauffälligkeit des Antragstellers lediglich auf einem verfahrensangepassten Wohlverhalten beruht, das jederzeit umschlagen könnte, sind nicht ersichtlich. Auch soweit der Antragsgegner mit der Anordnung des Sofortvollzugs den Zweck verfolgt, die Folgen des § 54a Abs. 1 und 2 AufenthG auszulösen, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Es kann dahin gestellt bleiben, ob die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ausweisung auch dann zulässig ist, wenn ihr alleiniger Zweck darin besteht, die gesetzlichen Folgen des § 54a AufenthG auszulösen - etwa weil der Ausländer wegen eines Abschiebungsverbots nicht abgeschoben werden kann (in diesem Sinne BayVGH, Beschluss vom 24.10.2008 - 10 CS 08.2339 - juris Rn. 22 f.; VG München, Beschluss vom 20.04.2009 - M 24 S 09.29 - juris Rn. 35 F., GK-AufenthG, § 54a Rn. 11). Denn dies setzt jedenfalls voraus, dass dringende Sicherheitsgründe eine sofortige Überwachung des Ausländers gebieten. Hieran fehlt es jedoch. Es ist bislang nicht hinreichend geklärt, ob überhaupt noch eine gegenwärtige Gefährlichkeit des Antragstellers vorliegt.
10 
Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Ausweisung umfasst auch die im Tenor der angefochtenen Verfügung unter Ziffer 4 genannten Maßnahmen.
11 
2.) Mit Blick auf die Ausführungen unter 1.) hat das vorläufige Rechtsschutzverfahren gegen die Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ebenfalls Erfolg, da die Ablehnung allein auf § 11 Abs. 1 AufenthG gestützt ist und anderweitige zwingende Ablehnungsgründe nicht ersichtlich sind. Ob ein Ausweisungsgrund nach § 54 Nr. 5 AufenthG vorliegt (vgl. § 5 Abs. 4 Satz 1 AufenthG) ist offen.
III.)
12 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 63 Abs. 2, 47, 53 Abs. 2 Nr. 2 und 52 Abs. 2 GKG.
13 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. Januar 2010 – 11 K 3543/09 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen seine Ausweisung aus dem Bundesgebiet sowie gegen eine Aufenthaltsbeschränkung und eine Meldeauflage.
Der am ... 1956 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit. Im Jahr 1976 lernte er während des Studiums in Ankara Abdullah Öcalan kennen und schloss sich 1978 der neu gegründeten PKK an. Zusammen mit Abdullah Öcalan und weiteren PKK-Mitgliedern verließ er 1978 Ankara, um von einem anderen Ort aus besser gegen den türkischen Staat und das Militär agieren zu können. 1980 wurde er wegen seiner Aktivitäten festgenommen und inhaftiert sowie nach seinen Angaben gefoltert. Er war für mehr als 20 Jahre in Haft, bevor er am 3.9.2000 auf Bewährung entlassen wurde. Auch in seiner Haftzeit trat er für die Rechte des kurdischen Volkes und die Ziele der PKK ein; er nahm beispielsweise an Hungerstreiks und dem sog. „Todesfasten“ teil, unterstützte verschiedene Aufrufe und verfasste Artikel sowie sonstige Schriften.
Der Kläger reiste am 4.1.2002 mit einem Schengen-Visum in das Bundesgebiet ein. Zunächst bemühte sich die HADEP - letztlich erfolglos - um eine langfristige Aufenthaltserlaubnis für ihn, da er die Betreuung eines Büros der Partei in Deutschland übernehmen solle.
Am 3.2.2003 beantragte der Kläger die Anerkennung als Asylberechtigter. Mit Urteil vom 30.4.2004 - A 3 K 12874/03 - verpflichtete das Verwaltungsgericht Stuttgart das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge festzustellen, dass beim Kläger ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 4 AuslG in Bezug auf die Türkei vorliege. Dieser gerichtlichen Verpflichtung entsprach das Bundesamt mit Bescheid vom 1.7.2004.
Am 21.3.2005 erteilte die Landeshauptstadt ... dem Kläger eine bis zum 20.3.2006 gültige Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG, die am 12.5.2006 bis zum 11.05.2007 verlängert wurde.
Am 8.8.2006 wurde der Kläger aufgrund eines Haftbefehls des Ermittlungsrichters beim Bundesgerichtshof vom 7.8.2006 festgenommen. Mit Rechtshilfeersuchen vom 10.12.2007 an die Bundesrepublik Deutschland beantragte die Türkei seine Auslieferung aufgrund eines Haftbefehls des Schwurgerichts in Diyarbakir vom 11.08.2006. In diesem Ersuchen wurde dem Kläger zur Last gelegt, er sei als Mitglied des Führungskomitees der PKK innerhalb Europas und der damit verbundenen Leitungsfunktionen für von der PKK auf dem türkischen Staatsgebiet durchgeführte Terroranschläge verantwortlich. Im Anschluss daran ordnete das OLG Frankfurt/Main mit Beschluss vom 13.3.2008 - 2 AuslA 16/08 - die Auslieferungshaft gegen den Kläger an. Die Bundesregierung lehnte die Auslieferung des Klägers in die Türkei durch Verbalnote vom 14.5.2009 ab. Am 22.5.2009 wurde der Kläger aus der Auslieferungshaft entlassen.
Mit Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt/Main vom 10.4.2008 - 5 - 2- StE 8/06 -6 - 1/07 wurde der Kläger wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung als Rädelsführer zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger sei von Juni 2005 bis zu seiner Festnahme am 8.8.2006 verantwortlicher Leiter des PKK-CDK-Sektors Süd in Deutschland gewesen. Die Sektorleiter seien in Deutschland von der Europaführung der PKK/CDK bestimmt und überwacht worden. Als Sektorverantwortlicher habe der Kläger die typischen Leitungsaufgaben erledigt und die organisatorischen, finanziellen, persönlichen sowie propagandistischen Angelegenheiten in seinem Zuständigkeitsbereich geregelt. Er habe in regelmäßiger Verbindung zu den ihm nachgeordneten Gebietsleitern gestanden, habe deren Arbeit kontrolliert, ihnen Anweisungen gegeben und sich über Entwicklungen und Probleme in den Gebieten und Institutionen berichten lassen. Über Veranstaltungen und Versammlungen in den angeschlossenen Gebieten habe er sich regelmäßig unterrichten lassen und bestimmenden Einfluss auf deren Organisation und Ablauf genommen. Der Kläger habe auch mit den beiden anderen Sektorleitern in Deutschland zusammengearbeitet. Den Weisungen der Mitglieder der Europaführung sei er pflichtgemäß und dem hierarchischen Aufbau der Organisation entsprechend nachgekommen. Der Kläger sei Verbindungsmann zwischen der Europaführung und den Sektorleitern in Deutschland gewesen. Außerdem sei er für sektorübergreifende Angelegenheiten zuständig gewesen. Als Verantwortlicher eines Sektors sei er über die Ziele der Partei und über deren interne Strukturen, Vorhaben und Arbeitsmethoden in Deutschland und Europa unterrichtet gewesen. Dies gelte auch für die Hintergründe, Vorhaben und organisatorischen Abläufe im Zusammenhang mit unerlaubten grenzüberschreitenden Reisen sowie den Umgang mit Bestrafungsfällen und Spendengelderpressungen. Durch seine enge Zusammenarbeit mit der Europaführung, den anderen Sektorleitern und den Gebietsverantwortlichen seien ihm die Zielvorstellungen und die insoweit geübten Praktiken der Organisation und des führenden Funktionärskörpers in Deutschland bekannt gewesen. Er habe gewusst, dass innerhalb des führenden Funktionärskörpers eine Vereinigung bestanden habe, die im Rahmen der Ausübung von Strafgewalt Straftaten veranlasst und durchgeführt habe. Durch seine Amtsführung habe er den organisatorischen Zusammenhalt dieser Vereinigung gefestigt, habe bei deren Aktivitäten bestimmend mitgewirkt und sei mit illegalen Einreisen und dem Erschleichen von Aufenthaltstiteln befasst gewesen.
Nach Aufhebung dieses Urteils im Strafausspruch durch Beschluss des BGH vom 10.11.2008 - 3 StR 425/08 - wurde der Kläger mit Urteil des OLG Frankfurt/Main vom 9.3.2009 - 4 - 2 StE 8/06 - 6 - 1/08 zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt.
Mit Bescheid vom 14.8.2009 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Kläger aus der Bundesrepublik Deutschland aus, beschränkte seinen Aufenthalt ab dem Zeitpunkt der Haftentlassung auf das Stadtgebiet ... und verpflichtete ihn, sich ab dem Folgetag seiner Haftentlassung einmal täglich zwischen 11.00 Uhr und 13.00 Uhr bei einem bestimmten Polizeirevier zu melden. Zur Begründung wurde ausgeführt: Der Kläger habe im Bundesgebiet kein Aufenthaltsrecht nach Art. 6 ARB 1/80 erworben. Aufgrund der Urteile des OLG Frankfurt/Main vom 10.4.2008 und vom 9.3.2009 seien die Tatbestandsvoraussetzungen des § 53 Nr. 1, 1. Alt. AufenthG erfüllt. Der Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK sei nicht betroffen. Eine Verwurzelung des Klägers im Bundesgebiet habe nicht stattgefunden. Bis zu seiner Festnahme habe er im Bundesgebiet einen privaten Wohnsitz nicht begründet. Persönliche, gesellschaftliche oder kulturelle Beziehungen zu Deutschen seien nicht erkennbar. Er spreche weder die deutsche Sprache noch verstehe er diese. In den Jahren 2005 und 2006 habe der Kläger Sozialhilfe erhalten. Jedenfalls sei ein Eingriff durch Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt. Die Ausweisung sei gesetzlich vorgesehen und stelle eine Maßnahme dar, die zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung notwendig sei. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung sei auch von Bedeutung, dass eine Entwurzelung des Klägers in der Türkei nicht festgestellt werden könne. Sein gesamter Werdegang sei geprägt von dem Kampf um die Rechte des kurdischen Volkes. Auch im Bundesgebiet sei er für die „kurdische Sache“ eingetreten. Alle Familienangehörigen hielten sich in der Türkei auf. In Anbetracht der Schwere und der Art der Verurteilung wegen Rädelsführerschaft in einer kriminellen Vereinigung sei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht verletzt. Zudem liege der Ausweisungstatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG vor. Die PKK sei bis in die Gegenwart eine Vereinigung, die den Terrorismus unterstütze. Gewalt werde nach wie vor als wichtiges Ziel zur Durchsetzung der Ziele und zum eigenen Schutz angesehen. Dissidenten würden weiterhin verfolgt. Die PKK sei im Anhang zu Art. 1 des Gemeinsamen Standpunktes des Rates der EU vom 27.12.2001 als terroristische Vereinigung aufgeführt. Der persönliche Werdegang des Klägers dokumentiere seine andauernde objektive und subjektive Zugehörigkeit zur PKK und begründe eine gegenwärtige Gefährlichkeit im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG. Die Voraussetzungen einer Regelausweisung nach § 54 Nr. 5a AufenthG seien gleichfalls gegeben. Die PKK verübe politische und gewalttätige Aktionen auch auf deutschem Boden. Der Kläger sei nicht nur Mitglied der PKK, sondern habe von Juni 2005 bis August 2006 eine herausragende Funktionärstätigkeit ausgeübt. Die vom Kläger ausgehende Sicherheitsgefahr sei als hoch einzuschätzen. Im Falle des Klägers liege zudem der Regelausweisungstatbestand des § 54 Nr. 7 AufenthG vor. Selbst wenn eine Ausweisung des Klägers nur nach Ermessen möglich sei, sei diese unter Berücksichtigung der Interessen des Klägers und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit geboten und erforderlich. Es bestehe ein sehr gewichtiges sicherheitsrechtlich begründetes öffentliches Interesse, die vom Kläger ausgehende schwerwiegende Gefahr für höchste Rechtsgüter durch den Entzug des Aufenthaltsrechts sowie die Verhängung eines Wiedereinreiseverbots abzuwehren. Aufgrund des bisherigen konsequenten Verhaltens und der beharrlichen Handlungen sowie gefestigten inneren Überzeugung von der Richtigkeit und Notwendigkeit des Einsatzes für den bewaffneten Kampf und für die Ziele der PKK sei die Gefahr als äußerst konkret einzuordnen. Der Kläger habe sich schon in jungen Jahren uneingeschränkt zur PKK und deren Ideologie bekannt, deren Gründung miterlebt und sich während seiner langen Haftzeit in der Türkei aktiv für die „kurdische Sache“ eingesetzt. Seine Ausweisung verfolge general- und spezialpräventive Zwecke. Allen an terroristischen und kriminellen Strukturen und Verbindungen beteiligten Ausländern müsse aufgezeigt werden, dass den hiervon ausgehenden Gefahren konsequent begegnet werde und die Ausweisung und Aufenthaltsbeendigung die zwangsläufige Folge solchen Verhaltens sei. Aufgrund der Identifizierung des Klägers mit der PKK sei auch von einer gesteigerten Wiederholungsgefahr auszugehen. Der Kläger sei im Bundesgebiet keiner beruflichen Tätigkeit nachgegangen, sondern sei journalistisch und politisch für die PKK tätig gewesen. Zwar bestehe ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG. Dies stehe einer Ausweisung indes nicht entgegen. Seit der Feststellung des Abschiebungsverbots im Jahr 2004 seien kontinuierliche Verbesserungen und Reformen in der Türkei im Bereich der Strafverfolgung und des Justizvollzuges zu verzeichnen. Gegen eine Gefährdung des Klägers im Falle einer Rückkehr in die Türkei spreche, dass seine Geschwister und andere Personen sich im Heimatland aufhielten und diese sich seiner im Falle einer Rückkehr annehmen würden. Vom ihm könne erwartet werden, dass er diese Personen von seiner Rückkehr vorab in Kenntnis setze, so dass sie für einen anwaltlichen Beistand sorgen könnten. Weiter könne als gesichert gelten, dass die PKK oder andere prokurdische Organisationen sein Schicksal nach einer Abschiebung aufmerksam verfolgen und rechtswidrige Übergriffe publik machen würden. Im Falle einer Abschiebung sei folglich durch Herstellen von Öffentlichkeit ausreichend Schutz gegeben. Das gegenwärtig noch bestehende Abschiebungsverbot überwiege somit nicht das schwerwiegende öffentliche Sicherheitsinteresse an der Ausweisung. Die angeordneten Überwachungsmaßnahmen seien gemäß § 54a AufenthG aus Gründen der inneren Sicherheit erforderlich. Gemäß § 54a Abs. 2 AufenthG sei der Aufenthalt auf den Bezirk der zuständigen Ausländerbehörde beschränkt. Nach § 54a Abs. 1 Satz 1 AufenthG unterliege der Kläger der gesetzlichen Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden. Im Falle des Klägers seien besondere Umstände gegeben, die eine tägliche Meldepflicht erforderten. Nur bei einer täglichen Meldepflicht könnten Reisebewegungen des Klägers zum Zwecke weiterer Mitgliedschafts- und Unterstützungshandlungen für die PKK unterbunden oder zumindest erschwert werden. Angesichts der Gefährlichkeit des Klägers sei die tägliche Meldepflicht zumutbar und insgesamt verhältnismäßig.
10 
Am 16.9.2009 hat der Kläger vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, er sei wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung verurteilt worden. Eine derartige Verurteilung erfülle jedoch nicht die Voraussetzungen des § 54 Nr. 5 und Nr. 5a AufenthG. Bei der PKK handele es sich nicht um eine terroristische Vereinigung. Konkrete Anhaltspunkte für die Annahme, dass die PKK eine terroristische Organisation sei, habe der Beklagte nicht genannt. Zwar sei die PKK auch auf der Liste des Rates der EU aufgeführt. Dies allein erfülle indes nicht die Voraussetzungen des § 54 Nr. 5 und Nr. 5a AufenthG.
11 
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 25.1.2010 - zugestellt am 4.2.2010 - abgewiesen und die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt: Rechtliche Grundlage der Ausweisungsverfügung sei § 53 Nr. 1 AufenthG. Danach werde ein Ausländer ausgewiesen, wenn er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden sei. Diese Voraussetzungen lägen vor, da der Kläger zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt worden sei. Der zwingenden Ausweisung des Klägers stünden höherrangiges Recht und die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) nicht entgegen. Als zu berücksichtigender Belang des Klägers liege hier allein sein Aufenthalt im Bundesgebiet seit dem Jahr 2002 vor. Dieser Belang sei jedoch nicht von Gewicht, da Integrationsleistungen nicht feststellbar seien. Für eine Verwurzelung im Bundesgebiet und eine Entwurzelung im Herkunftsstaat fehlten jegliche Anhaltspunkte. Dem Erlass der Ausweisungsverfügung stehe das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG nicht entgegen. Der Ausweisung komme, auch wenn eine Abschiebung in die Türkei unmöglich sei, eine selbstständige Bedeutung zu. Dies zeige etwa das in § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG enthaltene Verbot der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Das Regierungspräsidium sei auch zu Recht davon ausgegangen, dass der Ausweisungstatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG erfüllt sei. Die PKK sei jedenfalls in dem hier maßgeblichen Zeitraum 2005 und 2006 eine Vereinigung gewesen, die den Terrorismus unterstützt habe. Sie sei seit dem Jahr 2002 im Verzeichnis der Personen, Vereinigungen und Körperschaften im Anhang zum Gemeinsamen Standpunkt des Rates über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus („EU-Terrorliste“) aufgeführt. Der Gemeinsame Standpunkt sei allerdings nur an die Mitgliedstaaten gerichtet; eine rechtliche Bindungswirkung komme ihm nicht zu. Die Aufnahme der PKK in die „EU-Terrorliste“ besage somit nur, dass die PKK nach Auffassung des Europäischen Rates eine terroristische Organisation sei. Auch wenn einer solchen Feststellung nicht unerhebliches Gewicht zukomme, sei dieser Umstand gleichwohl nicht geeignet, eine eigenständige Prüfung seitens der Gerichte (und Behörden) anhand der vorliegenden Erkenntnismittel entbehrlich zu machen. Etwas anderes folge auch nicht aus der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1285/2009 des Rates vom 22.12.2009 zur Durchführung von Art. 2 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2580/2009 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 501/2009 (ABl. L 346 v. 23.12.2009 S. 39). Ausländerrechtliche Maßnahmen wie beispielsweise die Ausweisung seien in dieser Verordnung nicht geregelt. Die danach gebotene eigenständige Prüfung führe zu dem Ergebnis, dass die PKK zu terroristischen Handlungen in dem maßgeblichen Zeitraum 2005 und 2006 angestiftet bzw. diese gefördert habe. In den Jahren 2005 und 2006 habe die PKK nach langer Zeit wieder Bombenattentate gegen touristische Ziele in der Türkei verübt: am 16.7.2005 in Kusadasi mit 5 Todesopfern, am 2.4.2006 in Istanbul und bei einer Anschlagsserie am 27. und 28.8.2006 in Marmaris, Istanbul und Antalya mit drei Todesopfern und zahlreichen Verletzten. Diese terroristischen Handlungen hätten sich fortgesetzt. Am 22.5.2007 habe ein der PKK zugerechneter Bombenanschlag im Zentrum Ankaras zu mehreren Todesopfern und zahlreichen Verletzten unter der Zivilbevölkerung geführt. Bei einem der PKK zugerechneten Autobombenanschlag in Diyarbakir am 3.1.2008 seien 7 Personen getötet und 67 weitere Personen zum Teil schwer verletzt worden. Daneben setzte die PKK auch Selbstmordattentäter ein. Bei einem solchen Anschlag im Stadtzentrum von Ankara seien am 22.5.2007 9 Personen gestorben, 88 weitere Personen seien teilweise schwer verletzt worden. Schließlich habe die PKK am 8.7.2008 drei deutsche Staatsangehörige am Berg Ararat entführt. Bei diesen Anschlägen und Übergriffen handele es sich unzweifelhaft um Praktiken des Terrorismus. Dass die strafgerichtliche Rechtsprechung die PKK, soweit sie im Bundesgebiet agiere, mit Blick auf ihre politisch-strategische Neuausrichtung nicht mehr als terroristische Vereinigung ansehe und sogar die Einordnung als kriminelle Vereinigung nur noch in Bezug auf den engeren Führungszirkel bejahe, ändere hieran nichts. Denn § 54 Nr. 5 AufenthG stelle weniger strenge tatbestandliche Anforderungen an das Vorliegen einer terroristischen Vereinigung als die §§ 129a, 129b StGB. Im Rahmen des § 54 Nr. 5 AufenthG sei zudem unerheblich, ob es sich um Terrorismus im Bundesgebiet oder im Ausland handele.
12 
Der Kläger habe der PKK von Juni 2005 bis August 2006 als führender Funktionär angehört. In dieser Zeit sei er verantwortlicher Leiter des PKK-Sektors Süd in Deutschland gewesen. Als Sektorverantwortlicher habe er die typischen Leitungsaufgaben erledigt und die organisatorischen, finanziellen, persönlichen sowie propagandistischen Angelegenheiten in seinem Zuständigkeitsbereich geregelt. Ein Nachweis, dass eine bestimmte terroristische Aktion konkret gefördert werde, sei ebenso wenig erforderlich wie eine subjektive Vorwerfbarkeit. Die Aktivitäten des Klägers in den Jahren 2005 und 2006 begründeten auch zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch eine gegenwärtige Gefährlichkeit im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG. Für einen Persönlichkeitswandel oder eine Distanzierung vom Einsatz terroristischer Mittel sei weder etwas vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der Kläger erfülle darüber hinaus auch den Regelausweisungstatbestand des § 54 Nr. 5a AufenthG. Die PKK stelle nach wie vor eine Gefahr für die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland dar. Sie schrecke nicht davor zurück, Parteiabweichler und sonstige „Verräter“ zu verfolgen und zu töten. Durch dieses Verhalten maße sich die PKK eine eigene Strafgewalt in Deutschland an und verletze und gefährde dadurch die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland. Aufgrund seiner hochrangigen Funktionärstätigkeit im Zeitraum 2005 und 2006 trage der Kläger eine qualifizierte Mitverantwortung an den kriminellen Aktivitäten der PKK in Deutschland. Es bestehe auch noch eine gegenwärtige Gefährlichkeit. Im Hinblick auf seine hochrangige Funktionärstätigkeit und der sich hieraus ergebenden Identifizierung mit den Zielen und Zwecken dieser Vereinigung reiche für die Annahme einer fortbestehenden Gefahr aus, dass der Kläger sich von den kriminellen/terroristischen Handlungen der PKK bislang nicht distanziert habe.
13 
Im Hinblick auf den Ist-Ausweisungstatbestand des § 53 Nr. 1 AufenthG komme es nicht darauf an, ob atypische Umstände in Bezug auf die Regelausweisungstatbestände des § 54 Nr. 5 und Nr. 5a AufenthG vorlägen. Deshalb sei unerheblich, dass die vom Regierungspräsidium Stuttgart angestellten Erwägungen bei der für den Fall der Annahme eines Ausnahmefalles vorsorglich getroffenen Ermessensentscheidung rechtlich zu beanstanden seien. Es sei davon ausgegangen, dass im Falle einer Rückkehr in die Türkei eine Gefährdung des Klägers nicht bestehe. Damit setze sich der Beklagte in rechtswidriger Weise über die Bindungswirkung des Bescheids des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 1.7.2004 hinweg (§ 42 AsylVfG). Auch die weiteren Erwägungen des Regierungspräsidiums zur fehlenden Rückkehrgefährdung des Klägers im Falle einer Abschiebung in die Türkei gingen fehl. Der Kläger müsse als Aktivist der PKK, der in der Türkei mit Haftbefehl gesucht werde, im Falle einer Rückkehr in die Türkei mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit asylrelevanten Übergriffen rechnen.
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Auch die nach § 54a AufenthG getroffenen Überwachungsmaßnahmen seien rechtmäßig. Eine nach § 54a Abs. 1 Satz 1 AufenthG erforderliche wirksame vollziehbare Ausweisungsverfügung nach § 54 Nr. 5 und Nr. 5a AufenthG bestehe. Unmittelbare gesetzliche Folge der vollziehbaren Ausweisung sei die räumliche Beschränkung des Aufenthalts auf den Bezirk der Ausländerbehörde (§ 54a Abs. 2 AufenthG). Ob es sich bei der in Ziffer 3 des Bescheids ausgesprochenen räumlichen Beschränkung lediglich um einen Hinweis auf die Rechtslage handele oder der Beklagte ein sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebendes Gebot für den Einzelfall konkretisiert und die Rechtslage nochmals in verbindlicher Weise klargestellt habe, könne dahingestellt bleiben. Die Meldeverpflichtung in Ziffer 4 des angefochtenen Bescheids beruhe auf § 54a Abs. 1 Satz 1 AufenthG. Nach dieser Bestimmung unterliege ein Ausländer, gegen den eine vollziehbare Ausweisungsverfügung nach § 54 Nr. 5, Nr. 5a AufenthG oder eine vollziehbare Abschiebungsanordnung nach § 58a AufenthG bestehe, der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimme. Mit der Anordnung einer täglichen Meldepflicht habe der Beklagte von der durch diese Vorschrift eröffneten Möglichkeit einer anderweitigen Bestimmung Gebrauch gemacht. Diese Festlegung eines kürzeren Meldeintervalls (täglich) sei rechtlich nicht zu beanstanden. Der Beklagte habe diese Anordnung rechtsfehlerfrei mit der nach wie vor bestehenden Notwendigkeit einer effektiven, engmaschigen Überwachung der Aufenthaltsbeschränkung des Klägers begründet und festgestellt, dass die staatlichen Sicherheitsinteressen die berücksichtigungswürdigen individuellen Belange des Klägers überwögen. Die tägliche Meldeverpflichtung stelle auch keinen unverhältnismäßigen Eingriff in das Recht des Klägers auf Achtung seines Privatlebens und in das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG) dar.
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Der Kläger hat am 4.3.2010 Berufung eingelegt, die er am 6.4.2010 - dem Dienstag nach Ostermontag - wie folgt begründet hat: Das Verwaltungsgericht beziehe sich ausschließlich auf Lageberichte des Auswärtigen Amtes, die sich wiederum auf Auswertungen der türkischen Presse und Verlautbarungen türkischer Regierungsstellen und Sicherheitsorgane stützten. Objektive Erkenntnisse, dass die genannten Anschläge tatsächlich von der PKK initiiert und verantwortet worden seien, würden nicht genannt. Bei dieser Sachlage könne nicht davon ausgegangen werden, dass sie von der PKK zu verantworten seien. Dies gelte auch vor dem Hintergrund der politischen Interessenlage in der Türkei. Vor allem innerhalb der militärischen Strukturen gebe es Organisationszusammenhänge, die mit „Staat im Staate“ umschrieben würden. Diesen Strukturen würden zahlreiche terroristische Anschläge wie u.a. der Vorfall von Semdinli vom 9.11.2005 und ein Anschlag im Herbst 2007 in Sirnak verantwortlich gemacht. Gleiches gelte für einen Bombenanschlag im September 2006. Hinzu komme, dass belastende Aussagen, insbesondere in politischen Verfahren, unter Folter erwirkt worden seien, ihnen somit kein Beweiswert zukomme. Stehe nicht fest, dass die vom Verwaltungsgericht erwähnten Anschläge der PKK zuzuschreiben seien, sei nach den Maßstäben der Entscheidung des Verwaltungsgerichts auch nicht belegt, dass es sich bei der PKK um eine Vereinigung handle, die den Terrorismus unterstütze. Die PKK/KONGRA-GEL habe sich von den vom Verwaltungsgericht aufgeführten Anschlägen, die teilweise der Organisation TAK zugeschrieben worden seien, distanziert. Unabhängig davon sei für die Zurechnung der Unterstützung terroristischer Aktivitäten nicht die Einbindung in die Organisation in irgendeiner Art und Weise ausreichend, insbesondere dann nicht, wenn derartige Aktivitäten im Ausland erfolgt seien. In Bezug auf § 54 Nr. 5a AufenthG könne der Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass eine gegenwärtige Gefährlichkeit des Klägers bestehe, nicht gefolgt werden. Die Vorwürfe gegen den Kläger, auf die sich das Oberlandesgericht Frankfurt in seinem Strafurteil gestützt habe, lägen vier bis fünf Jahre zurück. Seither seien keine Aktivitäten des Klägers behauptet oder nachgewiesen, die die Kriterien des § 54 Nr. 5a AufenthG erfüllten. Es seien keine Gründe für eine fortbestehende Gefährlichkeit angegeben. Ohne konkrete Anhaltspunkte in der Gegenwart könne ausschließlich aus in der Vergangenheit liegenden Verhaltensweisen nicht auf eine konkrete, gegenwärtige Wiederholungsgefahr geschlossen werden. Mithin fehlten auch die Voraussetzungen für die vom Beklagten angeordneten Maßnahmen nach § 54a Abs. 1 Satz 1 AufenthG. Die Ausweisung des Klägers sei auch im Hinblick auf Art. 8 EMRK unverhältnismäßig. Der Kläger sei vor seiner Flucht aus der Türkei dort langjährig inhaftiert gewesen und während seiner Inhaftierung gefoltert worden. Ihm drohten bei einer Rückkehr/Abschiebung in die Türkei erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen, möglicherweise mit Todesfolge, was im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK zu berücksichtigen sei.
16 
Der Kläger beantragt,
17 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25.1.2010 abzuändern und den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 14.08.2009 aufzuheben.
18 
Der Beklagte beantragt,
19 
die Berufung zurückzuweisen.
20 
Er macht geltend: Die PKK stelle eine Vereinigung dar, die den Terrorismus unterstütze. Sie sei nach wie vor als terroristische Organisation in der „EU-Terrorliste“ genannt. Dieser Listung komme eine Bindungswirkung zu. Aus dem verwaltungsgerichtlichen Urteil gehe zudem hervor, dass die PKK im maßgeblichen Zeitraum 2005 und 2006 terroristische Handlungen begangen habe, die sich in der Folgezeit fortgesetzt hätten. Die Lageberichte des Auswärtigen Amtes seien auf der Grundlage sämtlicher vor Ort zu Verfügung stehender zuverlässiger Quellen - wie etwa auch den Erkenntnissen lokaler Menschenrechtsgruppen, vor Ort vertretener Nichtregierungsorganisationen, Oppositionskreise, internationaler Organisationen wie UNHCR - erstellt worden. Hieraus gehe die Zurechnung der darin aufgeführten Anschläge zur PKK hervor. Selbst wenn diese Anschläge den Freiheitsfalken Kurdistans (TAK) zuzuschreiben seien, ändere dies nichts daran, dass die PKK die Anschläge zu verantworten habe, da die TAK eine Splittergruppe der PKK sei. Die TAK habe in ihrem Bekennerschreiben zu dem Anschlag in Marmaris im August 2006 aufgeführt, dass, solange sich der Führer der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK, Abdullah Öcalan, in Gefangenschaft befinde, überall in der Türkei Bomben hochgehen würden. Deutlich gehe dieser inhaltliche Zusammenhang auch aus dem Bekennerschreiben der TAK zu dem Bombenattentat in Antalya im August 2006 hervor, wonach der Anschlag ein Racheakt für die Angriffe des türkischen Staates auf die kurdische Bevölkerung und seine Widerstandskämpfer sei. Eine mögliche Distanzierungserklärung der PKK, welche im übrigen nicht näher ausgeführt und nachgewiesen worden sei, sei daher als bloß verbale und nicht glaubwürdige Abstandnahme der PKK aus taktischen Gründen zu beurteilen. Die Verfassungsschutzberichte des Innenministeriums Baden-Württemberg 2003 bis 2009 belegten die Charakterisierung der PKK als terroristische Vereinigung. Der Kläger sei hochrangiges Funktionärsmitglied gewesen. Bei einer derartigen Kaderfunktion könne vor dem Hintergrund des persönlichen Werdegangs des Klägers und angesichts des internationalen Netzwerks der PKK von einer entsprechenden Unterrichtung über jedwede Aktivitäten der PKK im In- und Ausland ausgegangen werden.
21 
Mit Schriftsatz vom 30.6.2010 hat das Regierungspräsidium Stuttgart ergänzend ausgeführt: An dem Übergewicht des öffentlichen Interesses an einer Ausweisung des Klägers ändere sich auch dadurch nichts, dass eine Beendigung seines Aufenthalts derzeit nicht möglich sei. Auch unter Berücksichtigung eines strikten Abschiebungsverbotes könne eine Ausweisung ermessensfehlerfrei ausgesprochen werden, wenn die Behörde das Abschiebungsverbot in die Ermessenserwägungen einstelle. In Anwendung dieser Grundsätze werde das in das Ausgangsverfügung ausgeübte Ermessen gemäß § 114 Satz 2 VwGO wie folgt ergänzt: Da das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bestandskräftig festgestellt habe, dass Abschiebungshindernisse des § 53 Abs. 4 AuslG 1990 bzw. des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK gegeben seien, lägen die Voraussetzungen einer Duldung vor. Einer Gefahrenlage, die ein zwingendes Abschiebungshindernis darstelle, sei eine erhöhte Bedeutung beizumessen. Diese Wertung werde bestätigt durch den vorliegenden Sachverhalt, wonach der Kläger seit 1978 wegen seiner politischen Aktivitäten für die PKK in der Türkei verfolgt, verurteilt und inhaftiert worden sei und seine auf Bewährung ausgesetzte Restfreiheitsstrafe mit einem lebenslangen politischen Betätigungsverbot verbunden sei. Er habe sich aufgrund des Verfolgungsdrucks zur Ausreise aus der Türkei entschlossen und werde seitdem für weitere Anschläge der PKK in der Türkei verantwortlich gemacht und mit einem türkischen Haftbefehl gesucht; die türkischen Behörden hätten schon erfolglos seine Auslieferung beantragt. Trotz Reformen innerhalb des Strafvollzugs seien in der Türkei immer noch Fälle von Folter durch staatliche Kräfte zu verzeichnen, ohne dass es dem türkischen Staat bislang gelungen sei, dies wirksam zu unterbinden. Die Gefahr von Folter und menschenrechtswidriger Behandlung und die daraus folgende Unzumutbarkeit bzw. Unmöglichkeit einer Rückkehr in die Türkei werde im Zusammenhang mit der Ausweisung des Klägers nicht verkannt. Es sei jedoch zu berücksichtigen, dass den drohenden Nachteilen und Gefahren auch mit einer lediglich vorübergehenden Aussetzung der Abschiebung Rechnung getragen werden könne. Aus der derzeitigen Gefährdungslage folge noch nicht, dass die vollziehbare Ausreisepflicht auch auf Dauer nicht vollstreckt werden könne. Insbesondere aufgrund der Tatsache, dass die Türkei an einem Beitritt zur Europäischen Union interessiert sei, sei zu erwarten, dass sie die dort für die Rechtsprechung und den Strafvollzug sowie für die Achtung der Menschenrechte geltenden Standards allmählich in vergleichbarer Weise in die eigene Rechtsordnung übernehmen werde. Der Kläger habe die schwerwiegenden Ausweisungsgründe der §§ 53 Nr. 1 und 54 Nr. 5, 5a und 7 AufenthG durch seine hochrangige Funktionärstätigkeit für die terroristische, kriminelle und verbotene PKK verwirklicht. Darüber hinaus habe er auch nach Erlass der Ausweisung weitere Unterstützungs- und Mitgliedschaftshandlungen zugunsten der PKK begangen und damit auch gegen die in der Ausweisungsverfügung festgelegten Auflagen verstoßen. Nach Erkenntnissen des Landesamts für Verfassungsschutz Baden-Württemberg hätten am 4.4.2010 im PKK-nahen Mesopotamischen Kulturverein e.V. ... etwa 300 Personen den Geburtstag des PKK-Gründers Abdullah Öcalan gefeiert; hierbei habe der Kläger eine Rede gehalten, in der er ausgeführt habe, dass die Kurden und APO (gemeint ist Abdullah Öcalan) zu einem einheitlichen Ganzen geworden seien, das nicht einzeln bewertet werden könne. In ... solle der Kläger bei einer Solidaritätsveranstaltung für die Eröffnung eines kurdischen Kulturvereins in ... laut einem Artikel in der „Yeni Özgür Politika“ vom 1.6.2010 ausgeführt haben, die Kurden wollten für sich selbst entscheiden, aus diesem Grunde seien die Funktionäre des Freiheitskampfes in den Bergen, Gefängnissen oder im Exil. Des Weiteren berichte die „Yeni Özgür Politika“ vom 14.6.2010 über eine Veranstaltung in Rüsselsheim, bei der der Kläger ebenfalls eine Rede gehalten habe. Er habe gesagt, dass Dersim für die Kurden nach wie vor eine blutende Wunde sei. Auch wenn sich aus diesem Text nur geringe extremistische Bezüge herauslesen ließen, bestätige er doch, dass der Kläger gegen die Auflagen der Ausweisungsverfügung verstoßen habe. Während einer Gedenkveranstaltung für einen im Oktober 2007 getöteten HPG-Kämpfer in einem ... Verein habe der Kläger einer Meldung in der „Yeni Özgür Politika“ vom 15.6.2010 zufolge eine Rede gehalten, in der er ausgeführt habe, kein Staat habe das Recht, Gewalt auf die Völker auszuüben; die Kurden würden Dank des Führers APO und der Märtyrer Kurdistans für ihre nationale Identität eintreten. Am 19.6.2010 habe der Kläger in ... ein Seminar zu seiner Biographie abgehalten. Er verwirkliche demnach auch aktuell weiterhin die schwerwiegenden Ausweisungstatbestände des § 54 Nr. 5 und Nr. 5a AufenthG und bestätige damit nachdrücklich seine konkrete gegenwärtige Gefährlichkeit. Deshalb sei es gerechtfertigt, der für ihn bestehenden Gefahrenlage im Rahmen des Ausweisungsermessens ein vermindertes Gewicht beizumessen und eine Ausweisung trotz der Tatsache zu verfügen, dass der Aufenthalt in absehbarer Zeit nicht beendet werden könne. Da selbst bei besonderem Ausweisungsschutz eine Ausweisung aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zulässig sei, könne erst recht bei fehlendem besonderem Ausweisungsschutz davon ausgegangen werden, dass eine verminderte Gewichtung der den Duldungsgründen zugrunde liegenden Gefahrenlage gerechtfertigt sei. Abgesehen davon sei die Ausweisung von Ausländern unter Umständen auch dann zur Erreichung eines spezialpräventiven Zwecks geeignet und erforderlich, wenn ein Abschiebeverbot vorliege und die mit der Ausweisung vordringlich bezweckte Aufenthaltsbeendigung nicht durchgesetzt werden könne. Denn auch die sonst mit der Ausweisung verbundenen Rechtsfolgen trügen dazu bei, die vom Ausländer ausgehenden Gefährdungen zu verringern. Der Erlass einer Ausweisungsverfügung auf der Grundlage des § 54 Nr. 5 und Nr. 5a AufenthG ermögliche gemäß § 54a AufenthG die Überwachung des ausgewiesenen Ausländers. Zwar habe der Kläger seine Unterstützungshandlungen trotz Erlass der Ausweisungsverfügung fortgesetzt und zudem gegen die angeordneten Auflagen verstoßen. Dies ändere jedoch nichts an der grundsätzlichen Eignung der Ausweisung und der mit ihr verbundenen Auflagen als Instrument der Gefahrenabwehr. Auch wenn seine Aktivitäten in Zukunft nicht vollständig unterbunden werden könnten, werde sein Handlungsspielraum zumindest erheblich eingeschränkt. Die Verstöße gegen die räumliche Beschränkung zeigten die Notwendigkeit der täglichen Meldepflicht, um den Kläger von weiteren Verstößen abzuhalten. Zu berücksichtigen sei auch der generalpräventive Zweck der verwirklichten Ausweisungstatbestände, da gerade die Ausweisung des Klägers als herausragendes Mitglied der PKK mit Führungsfunktionen aufzuzeigen vermöge, dass allen an derartigen terroristischen und kriminellen Strukturen und Verbindungen beteiligten Ausländern mit allen Mitteln des Rechtsstaates konsequent begegnet werde.
22 
Nach den Erkenntnissen des Landesamts für Verfassungsschutz Baden-Württemberg nähmen die Auseinandersetzungen zwischen türkischen Sicherheitskräften und Kämpfern der HPG deutlich zu. Medienberichten zufolge seien in den vergangenen zwei Monaten 37 Soldaten getötet und mehr als 60 verwundet worden. Ein Angriff von PKK-Kämpfern mit Raketenwerfern am 31.5.2010 auf einen Marinestützpunkt habe neun Soldaten das Leben gekostet, elf weitere seien verletzt worden. Am 8.6.2010 sei in Istanbul durch die „Freiheitsfalken Kurdistans“ (TAK) ein Sprengstoffanschlag auf einen Bus des türkischen Militärs mit 15 Verletzten verübt worden. Durch einen Angriff von etwa 250 PKK-Kämpfern auf eine Militärstation am 19.6.2010 in Semdinli (Provinz Hakkari) seien auf Seiten der türkischen Sicherheitskräfte elf Soldaten getötet und 14 verletzt worden. Am 22.6.2010 sei in Istanbul ein Sprengstoffanschlag auf einen Bus mit Militärangehörigen verübt worden, wodurch fünf Tote und elf Verletzte zu verzeichnen gewesen seien. Die TAK habe sich zu dem Anschlag bekannt.
23 
Der Kläger repliziert mit Schriftsätzen vom 13. und vom 20.7.2010 wie folgt: Das in seinem Fall festgestellte Abschiebungshindernis bestehe nicht nur vorübergehend. Soweit der Beklagte auf Äußerungen des Klägers in jüngster Zeit verweise, sei nicht ersichtlich, worin dabei Mitgliedschafts- und Unterstützungshandlungen oder extremistische Bezüge liegen sollten. Unabhängig von der Zugehörigkeit zu einer kurdischen Organisation sei Abdullah Öcalan zu einer Symbolfigur der kurdischen Bevölkerung geworden. Der Widerstand der kurdischen Stadt Dersim sei in den Jahren 1924/25 und 1936/37 mit brutaler militärischer Gewalt – es werde von bis zu 70.000 Toten unter der kurdischen Zivilbevölkerung ausgegangen – unterdrückt worden. Objektive Befunde, dass es sich bei der TAK um eine Unter- bzw. Splitterorganisation der PKK handle, würden nicht ausgeführt. Die von der türkischen nationalistischen Presse hergestellt Verbindung mit der PKK den politischen Interessen der türkischen Regierung. Im Zusammenhang mit dem Anschlag in Kusadasi am 10.7.2005 habe die PKK gegenüber der Nachrichtenagentur MHA ausdrücklich erklärt, sie unterhalte keine Verbindung zur TAK. Sie habe eindeutig erklärt, dass sie mit dieser Organisation nichts zu tun habe und Angriffe auf Zivilisten verurteile. Hierüber sei in der Süddeutschen Zeitung vom 17.7.2005 und in der „Standard online“ vom selben Tag berichtet worden. Der Vorsitzende des KKK-Exekutivkomitees habe sich am 20.2.2006 entsprechend geäußert. Der Anschlag vom 12.9.2006 in Diyarbakir sei fälschlicherweise der PKK zugeschrieben worden; in Wahrheit sei er von „türkischen Rachebrigaden“ verübt worden. Es könne ein Aussageprotokoll der Staatsanwaltschaft Diyarbakir in türkische Sprache vorgelegt werden, aus dem sich dies ergebe. Auch bei einem der PKK angelasteten Anschlag im Mai 2009 habe sich herausgestellt, dass der Sprengsatz (Landmine) vom türkischen Militär gelegt worden sei.
24 
Dem Senat liegen die den Kläger betreffenden Akten des Beklagten (5 Bände) vor. Auf diese Akten wird ebenso wie auf die Verfahrensakten, die Akten des Verfahrens 13 S 523/10 und die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart 11 K 3545/09, 11 K 3543/09 und A 3 K 12874/03 verwiesen; diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

 
25 
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat seine Anfechtungsklage zu Recht abgewiesen, denn der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Insoweit kann vorab auf die zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils verwiesen werden, die sich der Senat zu eigen macht (vgl. § 130b Satz 2 VwGO). Allerdings lässt der Senat im Unterschied zum Verwaltungsgericht nicht offen, ob die Ausweisung des Klägers auch auf § 54 Nr. 5 AufenthG gestützt werden kann. Der Senat ist davon überzeugt, dass dies der Fall ist. Lediglich die Frage, ob die Ausweisung zudem auf § 54 Nr. 5a und Nr. 7 AufenthG gestützt werden könnte, kann dahinstehen.
26 
1. Rechtliche Grundlage der Ausweisungsverfügung ist zum einen § 53 Nr. 1 AufenthG. Danach wird ein Ausländer ausgewiesen, wenn er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Diese Voraussetzungen liegen vor, da der Kläger durch Urteil des OLG Frankfurt/Main vom 9.3.2009 - 4 - 2 StE 8/06 - 6 - 1/08 zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt wurde. Einen besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 AufenthG genießt der Kläger nicht. Keiner der dort genannten Tatbestände liegt vor.
27 
2. a) Zum anderen kann die Ausweisung auch auf § 54 Nr. 5 AufenthG gestützt werden. Danach wird ein Ausländer in der Regel ausgewiesen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat; auf zurückliegende Mitgliedschaften oder Unterstützungshandlungen kann die Ausweisung nur gestützt werden, soweit diese eine gegenwärtige Gefährlichkeit begründen. Zu den Begriffen des Terrorismus wie auch des Unterstützens kann im einzelnen auf das Senatsurteil vom 21.4.2010 (– 11 S 200/10 – juris, m.w.Nachw.) verwiesen werden.
28 
Dass im Falle des Klägers als früherer führender Funktionär der PKK eine rechtlich relevante Unterstützungshandlung vorliegt, ist evident.
29 
Gegen die ausführlich und schlüssig begründete Annahme des Verwaltungsgerichts, die PKK sei in dem hier insoweit maßgeblichen Zeitraum 2005 und 2006 eine Vereinigung gewesen, die den Terrorismus unterstützt hat, bringt der Kläger lediglich vor, es stehe nicht objektiv fest, dass die PKK die ihr zugeschriebenen Anschläge in der Türkei in den Jahren 2005 und 2006 initiiert und zu verantworten habe. Das Verwaltungsgericht habe sich insoweit ausschließlich auf Lageberichte des Auswärtigen Amtes berufen, die sich ihrerseits allein auf Auswertungen der türkischen Presse und Verlautbarungen türkischer Regierungsstellen und Sicherheitsorgane stützten. Hinzu komme, dass belastende Aussagen häufig unter Folter zustande kämen und ihnen somit kein Beweiswert zukomme.
30 
Diese eher abstrakten und wenig fallbezogenen Einwände können die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht in Frage stellen. Allein die Tatsache, dass Lageberichte des Auswärtigen Amtes, die nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannte selbständige Beweismittel sind (vgl. Beschluss vom 31.7.1985 - 9 B 71.85 - NJW 1986, 3221 m.w.N.), nur mittelbare Erkenntnisquellen darstellen, nimmt ihnen nicht von vornherein jegliche Aussagekraft. Vielmehr ist jeweils im konkreten Einzelfall eine Würdigung der Erkenntnisse vorzunehmen. Die Tatsachengerichte sind nur dann zu einer näheren Prüfung verpflichtet, wenn durch bestimmte Anhaltspunkte belegte Zweifel an der Zuverlässigkeit der in der Auskunft verwerteten Informationen erkennbar geworden sind (ebd.). Solche konkreten Zweifel sind hier nicht ersichtlich. Der Kläger unterlässt es, in Bezug auf die vom Verwaltungsgericht angeführten Anschläge in der Türkei substantiiert darzulegen, weshalb sie seiner Ansicht nach nicht der PKK zuzuschreiben sein sollten. Insbesondere nennt er keine Erkenntnisquellen, aus denen sich dies ergeben könnte. Auch daraus, dass andere Organisationen in der Türkei ebenfalls Anschläge begangen haben, folgt nicht, dass die hier strittigen Anschläge nicht der PKK zuzurechnen sind.
31 
Diese Überzeugung wird nicht durch die Ausführungen des Klägers in seinen Schriftsätzen vom 13. und vom 20.7.2010 erschüttert. Zum einen stützt er sich hierbei auf eigene Verlautbarungen der PKK und ihr nahestehender Funktionäre, denen schon von vornherein nur eine äußerst geringe Aussagekraft zukommen kann, da es sich ersichtlich um taktisch bedingte Äußerungen handelt, wie der Beklagte zu Recht ausführt. Zum anderen legt der Kläger dar, der Anschlag vom 12.9.2006 in Diyarbakir sei fälschlicherweise der PKK zugeschrieben worden, denn in Wahrheit sei er von „türkischen Rachebrigaden“ verübt worden; hierzu hat er ein Aussageprotokoll der Staatsanwaltschaft Diyarbakir in türkischer Sprache vorgelegt, aus dem sich dies ergeben soll. Dies ist jedoch nicht entscheidungserheblich. Denn in den einschlägigen Lageberichten des Auswärtigen Amtes vom 11.1.2007, vom 25.10.2007 und vom 11.9.2008 wird dieser Anschlag überhaupt nicht der PKK zugerechnet. Auch der Senat geht - wie schon das Verwaltungsgericht - demzufolge nicht davon aus, dass der Anschlag vom 12.9.2006 in Diyarbakir von der PKK zu verantworten ist.
32 
Nachdem die entsprechenden Ausführungen des Klägers in seinem Schriftsatz vom 20.7.2010 und das dazu vorgelegte Aussageprotokoll der Staatsanwaltschaft Diyarbakir in türkischer Sprache nicht entscheidungserheblich sind, besteht für den Senat kein Anlass, das vorgelegte Aussageprotokoll der Staatsanwaltschaft Diyarbakir übersetzen zu lassen oder die Stellungnahme des Beklagten hierzu abzuwarten. Im Übrigen dürfte es sogar ein Beleg für die Objektivität der Lageberichte des Auswärtigen Amtes sein, dass darin der Anschlag vom 12.9.2006 in Diyarbakir nicht der PKK zugerechnet wird, denn dies zeigt, dass das Auswärtige Amt gerade nicht pauschal und ohne nähere Prüfung die PKK für jeden Anschlag in der Türkei verantwortlich macht.
33 
Dass belastende Aussagen nach den Angaben des Klägers in der Türkei häufig unter Folter zustande kommen, besagt ebenfalls nicht, dass die Lageberichte des Auswärtigen Amtes, auf die sich das Verwaltungsgericht gestützt hat, generell unzutreffend sind. Der Kläger legt schon nicht dar, welche Erkenntnisse hier mittelbar auf unter Folter zustande gekommenen Aussagen beruhen könnten. Auch insoweit fehlt jede hinreichend substantiierte Auseinandersetzung mit Inhalt und Zustandekommen der einschlägigen Lageberichte des Auswärtigen Amtes.
34 
Demnach ist der Senat wie schon das Verwaltungsgericht davon überzeugt, dass die PKK in den Jahren 2005 und 2006 Bombenattentate gegen touristische Ziele in der Türkei verübt hat: am 16.7.2005 in Kusadasi mit 5 Todesopfern, am 2.4.2006 in Istanbul und bei einer Anschlagsserie am 27. und 28.8.2006 in Marmaris, Istanbul und Antalya, die drei Todesopfer und zahlreiche Verletzte forderte (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 11.1.2007).
35 
Auch eine fortdauernde Gefährlichkeit der PKK besteht, denn die terroristischen Handlungen haben sich in der Folgezeit fortgesetzt. Am 22.5.2007 hat ein der PKK zugerechneter Bombenanschlag im Zentrum Ankaras zu mehreren Todesopfern und zahlreichen Verletzten unter der Zivilbevölkerung geführt (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 25.10.2007). Bei einem der PKK zugerechneten Autobombenanschlag in Diyarbakir am 3.1.2008 wurden 7 Personen getötet und 67 weitere Personen zum Teil schwer verletzt. Daneben setzt die PKK auch Selbstmordattentäter ein. Bei einem solchen Anschlag im Stadtzentrum von Ankara starben am 22.5.2007 9 Personen, 88 weitere Personen wurden teilweise schwer verletzt. Zudem hat die PKK am 8.7.2008 drei deutsche Staatsangehörige am Berg Ararat entführt (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 11.9.2008). Auch neuerdings sind Splittergruppen der PKK wie die „Freiheitsfalken Kurdistans“ (TAK) für Anschläge mit Todesopfern verantwortlich (zuletzt ein Anschlag auf einen Bus mit Militärangehörigen in Istanbul am 22.6.2010 mit fünf Todesopfern, darunter auch die 17-jährige Tochter eines Militärs; vgl. Internetauftritt der Badischen Zeitung vom 22.6.2010).
36 
Ist hiernach davon auszugehen, dass die PKK als terroristische Organisation anzusehen ist, kommt es auf die Frage, ob der Listung der PKK im Anhang zur Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 Bindungswirkung zukommt (vgl. hierzu Senatsurteil vom 21.4.2010, a.a.O.), nicht an.
37 
Wie das Verwaltungsgericht im Einzelnen zutreffend ausführt, steht der Einordnung der PKK als terroristische Organisation im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG nicht entgegen, dass die strafgerichtliche Rechtsprechung die PKK (einschließlich ihrer Nachfolgeorganisationen), soweit sie im Bundesgebiet agiert, nicht mehr als terroristische Vereinigung ansieht und sogar die Einordnung als kriminelle Vereinigung nur noch in Bezug auf den engeren Führungszirkel bejaht. Denn § 54 Nr. 5 AufenthG stellt weniger strenge tatbestandliche Anforderungen an das Vorliegen einer terroristischen Vereinigung als die §§ 129a, 129b StGB (vgl. Discher in GK-AufenthG, § 54 Rn. 462; VG München, Urteil vom 16.2.2009 – M 25 K 08.5807 – juris-Rn. 35). Im Rahmen des § 54 Nr. 5 AufenthG ist zudem unerheblich, ob es sich um Terrorismus im Bundesgebiet oder im Ausland handelt (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 27.3.2008 - 11 LB 203/06 - InfAuslR 2009, 54).
38 
Weiter meint der Kläger, er könne nicht ausgewiesen werden, denn es bestünden keine Gründe für die Annahme einer gegenwärtigen Gefährlichkeit, da er lediglich in der Vergangenheit während der Jahre 2005 und 2006 eine Funktion innerhalb der PKK innegehabt habe.
39 
Diese Behauptung ist jedoch nicht geeignet, die überzeugend begründete Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Frage zu stellen. Der Kläger war von Juni 2005 bis August 2006 verantwortlicher Leiter des PKK-Sektors Süd in Deutschland. Ist aber jemand wie der Kläger als führender Funktionär einer inkriminierten Organisation tätig gewesen, ist die Annahme des Verwaltungsgerichts, der bloße Zeitablauf genüge nicht, das zutage getretene Gefahrenpotential als beseitigt anzusehen, ohne Weiteres nachvollziehbar. Insbesondere setzt der Kläger der weiteren Erwägung des Verwaltungsgerichts, ein Persönlichkeitswandel oder eine Distanzierung vom Einsatz terroristischer Mittel sei weder vorgetragen noch ersichtlich, nichts entgegen (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 21.4.2010, a.a.O.). Die Erkenntnisse des Landesamts für Verfassungsschutz über die neueren Aktivitäten des Klägers – u.a. hat er im Mesopotamischen Kulturverein ... e.V. vor etwa 300 Personen eine Rede zur Feier des Geburtstags vom Abdullah Öcalan gehalten - belegen im Gegenteil, dass er sich nach wie vor mit der PKK identifiziert und sich für deren Ziele einsetzt.
40 
b) Allerdings liegen möglicherweise atypische Umstände in Bezug auf den Regelausweisungstatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG vor. Denn zugunsten des Klägers hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Abschiebungsverbot nach § 53 Abs. 4 AuslG (heute § 60 Abs. 5 AufenthG) im Hinblick auf den Zielstaat Türkei festgestellt, so das bindend (vgl. § 42 AsylVfG) – und wohl auch in der Sache zu Recht - davon auszugehen ist, dass ihm dort Inhaftierung und Folter drohen. Unter Umständen begründet aber ein solches für einen unüberschaubaren Zeitraum bestehendes Abschiebungsverbot einen atypischen Ausnahmefall (näher: Discher in GK-AufenthG, § 54 Rn. 126 ff.). Auch dies kann jedoch dahinstehen, denn das Regierungspräsidium hat sein insoweit wohl zunächst fehlerhaft hilfsweise ausgeübtes Ermessen nach § 114 Satz 2 VwGO im Laufe des Berufungsverfahrens ergänzt.
41 
Mittlerweile hat es die Gefahr von Folter und menschenrechtswidriger Behandlung und die daraus folgende Unzumutbarkeit einer Rückkehr des Klägers in die Türkei ausdrücklich berücksichtigt und in seine Ermessenserwägungen eingestellt. Es hat ohne Rechtsfehler angenommen, die für eine Ausweisung des Klägers sprechenden Gesichtspunkte überwögen dennoch seine entgegenstehenden Belange. Es hat sich insoweit maßgeblich darauf gestützt, dass aus der derzeitigen Gefährdungslage noch nicht folge, dass die vollziehbare Ausreisepflicht auch auf Dauer nicht vollstreckt werden könne; der Kläger habe schwerwiegende Ausweisungsgründe durch seine hochrangige Funktionärstätigkeit für die PKK erfüllt; er habe auch nach Erlass der Ausweisung weitere Unterstützungs- und Mitgliedschaftshandlungen zugunsten der PKK begangen; deshalb sei es gerechtfertigt, der für ihn bestehenden Gefahrenlage im Rahmen des Ausweisungsermessens ein vermindertes Gewicht beizumessen und eine Ausweisung trotz der Tatsache zu verfügen, dass der Aufenthalt in absehbarer Zeit nicht beendet werden könne; da selbst bei besonderem Ausweisungsschutz eine Ausweisung aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zulässig sei, müsse dies erst recht bei fehlendem besonderem Ausweisungsschutz gelten; abgesehen davon ermögliche der Erlass einer Ausweisungsverfügung auf der Grundlage des § 54 Nr. 5 AufenthG die Überwachung des ausgewiesenen Ausländers; zu berücksichtigen sei auch der generalpräventive Zweck der verwirklichten Ausweisungstatbestände, da gerade die Ausweisung des Klägers als herausragendes Mitglied der PKK aufzuzeigen vermöge, dass allen an derartigen terroristischen und kriminellen Strukturen beteiligten Ausländern konsequent begegnet werde.
42 
Dass diese Erwägungen in rechtlicher Hinsicht zu beanstanden sein könnten, ist nicht ersichtlich. Aus einem Abschiebungsverbot folgt nicht zwingend, dass eine Ausweisung generell unzulässig ist (vgl. Senatsurteil vom 21.4.2010, a.a.O.). Dass die Behörde den für den Kläger sprechenden Gesichtspunkten letztlich nur geringeres Gewicht beigemessen hat als den für seine Ausweisung sprechenden spezial- und generalpräventiven Erwägungen, ist rechtlich nicht angreifbar, weil sich diese Entscheidung im Rahmen des der Behörde eingeräumten Ermessensspielraums hält. Hierbei ist zu beachten, dass die Gerichte nicht befugt sind, selbst das Ermessen anstelle der Behörde auszuüben und eigene Ermessenserwägungen anzustellen (vgl. § 114 Satz 1 VwGO). Der Behörde steht ein gerichtlich nicht voll überprüfbarer Ermessensspielraum zu. Die Gerichte sind auf die Überprüfung beschränkt, ob die Behörde ihr Ermessen ohne Rechtsfehler ausgeübt hat. Unter Beachtung dieser eingeschränkten Überprüfungsbefugnis der Gerichte ist die hier vorgenommene Ermessensbetätigung in rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden; ob auch ein anderes Ergebnis möglich wäre, hat der Senat nicht zu entscheiden.
43 
Ein solcher Fehler bei der Ermessensausübung ist entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht darin zu sehen, dass das Regierungspräsidium ausgeführt hat, es sei nicht absehbar, dass die vollziehbare Ausreisepflicht auch auf Dauer nicht vollstreckt werden könne. Denn die weiteren Erwägungen des Regierungspräsidiums zeigen, dass es keinesfalls davon ausgegangen ist, in naher Zukunft den Aufenthalt des Klägers durch eine Abschiebung in die Türkei beenden zu können. Es hat dargelegt, insbesondere aufgrund der Tatsache, dass die Türkei an einem Beitritt zur Europäischen Union interessiert sei, sei zu erwarten, dass sie die dort für die Rechtsprechung und den Strafvollzug sowie für die Achtung der Menschenrechte geltenden Standards allmählich in vergleichbarer Weise in die eigene Rechtsordnung übernehmen werde. Dies zeigt, dass es allenfalls die Möglichkeit einer Besserung auf lange Sicht in Betracht gezogen hat und nicht davon ausgegangen ist, der Kläger könne alsbald in die Türkei zurückkehren oder dorthin abgeschoben werden.
44 
3. Ob der Kläger darüber hinaus auch die Regelausweisungstatbestände des § 54 Nr. 5a und Nr. 7 AufenthG erfüllt, kann nach alledem dahinstehen.
45 
4. Auch die nach § 54a AufenthG getroffenen Überwachungsmaßnahmen sind rechtmäßig.
46 
Unmittelbare gesetzliche Folge der vollziehbaren Ausweisung ist die räumliche Beschränkung des Aufenthalts des Klägers auf den Bezirk der Ausländerbehörde (§ 54a Abs. 2 AufenthG). Ob es sich bei der in Nummer 3 des Bescheids ausgesprochenen räumlichen Beschränkung lediglich um einen deklaratorischen Hinweis auf die Rechtslage handelt (so VG München, Beschluss vom 20.4.2009 - M 24 S 09.29 - juris) oder der Beklagte ein sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebendes Gebot für den Einzelfall konkretisiert und die Rechtslage nochmals in verbindlicher Weise klargestellt hat (so VG Ansbach, Urteil vom 29.1.2008 - AN 19 K 05.02515 - juris), kann offen bleiben, da eine solche Konkretisierung jedenfalls nicht zu Lasten des Klägers rechtswidrig wäre (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
47 
Die Meldeverpflichtung in Nummer 4 des angefochtenen Bescheids beruht auf § 54a Abs. 1 Satz 1 AufenthG. Nach dieser Bestimmung unterliegt ein Ausländer, gegen den eine u.a. vollziehbare Ausweisungsverfügung nach § 54 Nr. 5 AufenthG besteht, der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Mit der Anordnung einer täglichen Meldepflicht hat der Beklagte von der durch diese Vorschrift eröffneten Möglichkeit einer anderweitigen Bestimmung Gebrauch gemacht. Er hat diese Anordnung rechtsfehlerfrei mit der nach wie vor bestehenden Notwendigkeit einer effektiven, engmaschigen Überwachung der Aufenthaltsbeschränkung des Klägers begründet und festgestellt, dass die staatlichen Sicherheitsinteressen die berücksichtigungswürdigen individuellen Belange des Klägers überwögen. Angesichts der nicht feststellbaren Abwendung des Klägers von der PKK ist diese Ermessensentscheidung nicht zu beanstanden; dies gilt erst recht, wenn man berücksichtigt, dass der Kläger mittlerweile weitere Unterstützungshandlungen vorgenommen und mehrmals gegen die Aufenthaltsbeschränkung verstoßen hat. Er selbst zeigt zudem nicht auf, dass und ggf. weshalb die tägliche Meldeverpflichtung einen unverhältnismäßigen Eingriff in seine Rechte darstellen könnte.
48 
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
49 
Beschluss vom 21. Juli 2010
50 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
25 
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat seine Anfechtungsklage zu Recht abgewiesen, denn der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Insoweit kann vorab auf die zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils verwiesen werden, die sich der Senat zu eigen macht (vgl. § 130b Satz 2 VwGO). Allerdings lässt der Senat im Unterschied zum Verwaltungsgericht nicht offen, ob die Ausweisung des Klägers auch auf § 54 Nr. 5 AufenthG gestützt werden kann. Der Senat ist davon überzeugt, dass dies der Fall ist. Lediglich die Frage, ob die Ausweisung zudem auf § 54 Nr. 5a und Nr. 7 AufenthG gestützt werden könnte, kann dahinstehen.
26 
1. Rechtliche Grundlage der Ausweisungsverfügung ist zum einen § 53 Nr. 1 AufenthG. Danach wird ein Ausländer ausgewiesen, wenn er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Diese Voraussetzungen liegen vor, da der Kläger durch Urteil des OLG Frankfurt/Main vom 9.3.2009 - 4 - 2 StE 8/06 - 6 - 1/08 zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt wurde. Einen besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 AufenthG genießt der Kläger nicht. Keiner der dort genannten Tatbestände liegt vor.
27 
2. a) Zum anderen kann die Ausweisung auch auf § 54 Nr. 5 AufenthG gestützt werden. Danach wird ein Ausländer in der Regel ausgewiesen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat; auf zurückliegende Mitgliedschaften oder Unterstützungshandlungen kann die Ausweisung nur gestützt werden, soweit diese eine gegenwärtige Gefährlichkeit begründen. Zu den Begriffen des Terrorismus wie auch des Unterstützens kann im einzelnen auf das Senatsurteil vom 21.4.2010 (– 11 S 200/10 – juris, m.w.Nachw.) verwiesen werden.
28 
Dass im Falle des Klägers als früherer führender Funktionär der PKK eine rechtlich relevante Unterstützungshandlung vorliegt, ist evident.
29 
Gegen die ausführlich und schlüssig begründete Annahme des Verwaltungsgerichts, die PKK sei in dem hier insoweit maßgeblichen Zeitraum 2005 und 2006 eine Vereinigung gewesen, die den Terrorismus unterstützt hat, bringt der Kläger lediglich vor, es stehe nicht objektiv fest, dass die PKK die ihr zugeschriebenen Anschläge in der Türkei in den Jahren 2005 und 2006 initiiert und zu verantworten habe. Das Verwaltungsgericht habe sich insoweit ausschließlich auf Lageberichte des Auswärtigen Amtes berufen, die sich ihrerseits allein auf Auswertungen der türkischen Presse und Verlautbarungen türkischer Regierungsstellen und Sicherheitsorgane stützten. Hinzu komme, dass belastende Aussagen häufig unter Folter zustande kämen und ihnen somit kein Beweiswert zukomme.
30 
Diese eher abstrakten und wenig fallbezogenen Einwände können die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht in Frage stellen. Allein die Tatsache, dass Lageberichte des Auswärtigen Amtes, die nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannte selbständige Beweismittel sind (vgl. Beschluss vom 31.7.1985 - 9 B 71.85 - NJW 1986, 3221 m.w.N.), nur mittelbare Erkenntnisquellen darstellen, nimmt ihnen nicht von vornherein jegliche Aussagekraft. Vielmehr ist jeweils im konkreten Einzelfall eine Würdigung der Erkenntnisse vorzunehmen. Die Tatsachengerichte sind nur dann zu einer näheren Prüfung verpflichtet, wenn durch bestimmte Anhaltspunkte belegte Zweifel an der Zuverlässigkeit der in der Auskunft verwerteten Informationen erkennbar geworden sind (ebd.). Solche konkreten Zweifel sind hier nicht ersichtlich. Der Kläger unterlässt es, in Bezug auf die vom Verwaltungsgericht angeführten Anschläge in der Türkei substantiiert darzulegen, weshalb sie seiner Ansicht nach nicht der PKK zuzuschreiben sein sollten. Insbesondere nennt er keine Erkenntnisquellen, aus denen sich dies ergeben könnte. Auch daraus, dass andere Organisationen in der Türkei ebenfalls Anschläge begangen haben, folgt nicht, dass die hier strittigen Anschläge nicht der PKK zuzurechnen sind.
31 
Diese Überzeugung wird nicht durch die Ausführungen des Klägers in seinen Schriftsätzen vom 13. und vom 20.7.2010 erschüttert. Zum einen stützt er sich hierbei auf eigene Verlautbarungen der PKK und ihr nahestehender Funktionäre, denen schon von vornherein nur eine äußerst geringe Aussagekraft zukommen kann, da es sich ersichtlich um taktisch bedingte Äußerungen handelt, wie der Beklagte zu Recht ausführt. Zum anderen legt der Kläger dar, der Anschlag vom 12.9.2006 in Diyarbakir sei fälschlicherweise der PKK zugeschrieben worden, denn in Wahrheit sei er von „türkischen Rachebrigaden“ verübt worden; hierzu hat er ein Aussageprotokoll der Staatsanwaltschaft Diyarbakir in türkischer Sprache vorgelegt, aus dem sich dies ergeben soll. Dies ist jedoch nicht entscheidungserheblich. Denn in den einschlägigen Lageberichten des Auswärtigen Amtes vom 11.1.2007, vom 25.10.2007 und vom 11.9.2008 wird dieser Anschlag überhaupt nicht der PKK zugerechnet. Auch der Senat geht - wie schon das Verwaltungsgericht - demzufolge nicht davon aus, dass der Anschlag vom 12.9.2006 in Diyarbakir von der PKK zu verantworten ist.
32 
Nachdem die entsprechenden Ausführungen des Klägers in seinem Schriftsatz vom 20.7.2010 und das dazu vorgelegte Aussageprotokoll der Staatsanwaltschaft Diyarbakir in türkischer Sprache nicht entscheidungserheblich sind, besteht für den Senat kein Anlass, das vorgelegte Aussageprotokoll der Staatsanwaltschaft Diyarbakir übersetzen zu lassen oder die Stellungnahme des Beklagten hierzu abzuwarten. Im Übrigen dürfte es sogar ein Beleg für die Objektivität der Lageberichte des Auswärtigen Amtes sein, dass darin der Anschlag vom 12.9.2006 in Diyarbakir nicht der PKK zugerechnet wird, denn dies zeigt, dass das Auswärtige Amt gerade nicht pauschal und ohne nähere Prüfung die PKK für jeden Anschlag in der Türkei verantwortlich macht.
33 
Dass belastende Aussagen nach den Angaben des Klägers in der Türkei häufig unter Folter zustande kommen, besagt ebenfalls nicht, dass die Lageberichte des Auswärtigen Amtes, auf die sich das Verwaltungsgericht gestützt hat, generell unzutreffend sind. Der Kläger legt schon nicht dar, welche Erkenntnisse hier mittelbar auf unter Folter zustande gekommenen Aussagen beruhen könnten. Auch insoweit fehlt jede hinreichend substantiierte Auseinandersetzung mit Inhalt und Zustandekommen der einschlägigen Lageberichte des Auswärtigen Amtes.
34 
Demnach ist der Senat wie schon das Verwaltungsgericht davon überzeugt, dass die PKK in den Jahren 2005 und 2006 Bombenattentate gegen touristische Ziele in der Türkei verübt hat: am 16.7.2005 in Kusadasi mit 5 Todesopfern, am 2.4.2006 in Istanbul und bei einer Anschlagsserie am 27. und 28.8.2006 in Marmaris, Istanbul und Antalya, die drei Todesopfer und zahlreiche Verletzte forderte (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 11.1.2007).
35 
Auch eine fortdauernde Gefährlichkeit der PKK besteht, denn die terroristischen Handlungen haben sich in der Folgezeit fortgesetzt. Am 22.5.2007 hat ein der PKK zugerechneter Bombenanschlag im Zentrum Ankaras zu mehreren Todesopfern und zahlreichen Verletzten unter der Zivilbevölkerung geführt (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 25.10.2007). Bei einem der PKK zugerechneten Autobombenanschlag in Diyarbakir am 3.1.2008 wurden 7 Personen getötet und 67 weitere Personen zum Teil schwer verletzt. Daneben setzt die PKK auch Selbstmordattentäter ein. Bei einem solchen Anschlag im Stadtzentrum von Ankara starben am 22.5.2007 9 Personen, 88 weitere Personen wurden teilweise schwer verletzt. Zudem hat die PKK am 8.7.2008 drei deutsche Staatsangehörige am Berg Ararat entführt (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 11.9.2008). Auch neuerdings sind Splittergruppen der PKK wie die „Freiheitsfalken Kurdistans“ (TAK) für Anschläge mit Todesopfern verantwortlich (zuletzt ein Anschlag auf einen Bus mit Militärangehörigen in Istanbul am 22.6.2010 mit fünf Todesopfern, darunter auch die 17-jährige Tochter eines Militärs; vgl. Internetauftritt der Badischen Zeitung vom 22.6.2010).
36 
Ist hiernach davon auszugehen, dass die PKK als terroristische Organisation anzusehen ist, kommt es auf die Frage, ob der Listung der PKK im Anhang zur Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 Bindungswirkung zukommt (vgl. hierzu Senatsurteil vom 21.4.2010, a.a.O.), nicht an.
37 
Wie das Verwaltungsgericht im Einzelnen zutreffend ausführt, steht der Einordnung der PKK als terroristische Organisation im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG nicht entgegen, dass die strafgerichtliche Rechtsprechung die PKK (einschließlich ihrer Nachfolgeorganisationen), soweit sie im Bundesgebiet agiert, nicht mehr als terroristische Vereinigung ansieht und sogar die Einordnung als kriminelle Vereinigung nur noch in Bezug auf den engeren Führungszirkel bejaht. Denn § 54 Nr. 5 AufenthG stellt weniger strenge tatbestandliche Anforderungen an das Vorliegen einer terroristischen Vereinigung als die §§ 129a, 129b StGB (vgl. Discher in GK-AufenthG, § 54 Rn. 462; VG München, Urteil vom 16.2.2009 – M 25 K 08.5807 – juris-Rn. 35). Im Rahmen des § 54 Nr. 5 AufenthG ist zudem unerheblich, ob es sich um Terrorismus im Bundesgebiet oder im Ausland handelt (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 27.3.2008 - 11 LB 203/06 - InfAuslR 2009, 54).
38 
Weiter meint der Kläger, er könne nicht ausgewiesen werden, denn es bestünden keine Gründe für die Annahme einer gegenwärtigen Gefährlichkeit, da er lediglich in der Vergangenheit während der Jahre 2005 und 2006 eine Funktion innerhalb der PKK innegehabt habe.
39 
Diese Behauptung ist jedoch nicht geeignet, die überzeugend begründete Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Frage zu stellen. Der Kläger war von Juni 2005 bis August 2006 verantwortlicher Leiter des PKK-Sektors Süd in Deutschland. Ist aber jemand wie der Kläger als führender Funktionär einer inkriminierten Organisation tätig gewesen, ist die Annahme des Verwaltungsgerichts, der bloße Zeitablauf genüge nicht, das zutage getretene Gefahrenpotential als beseitigt anzusehen, ohne Weiteres nachvollziehbar. Insbesondere setzt der Kläger der weiteren Erwägung des Verwaltungsgerichts, ein Persönlichkeitswandel oder eine Distanzierung vom Einsatz terroristischer Mittel sei weder vorgetragen noch ersichtlich, nichts entgegen (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 21.4.2010, a.a.O.). Die Erkenntnisse des Landesamts für Verfassungsschutz über die neueren Aktivitäten des Klägers – u.a. hat er im Mesopotamischen Kulturverein ... e.V. vor etwa 300 Personen eine Rede zur Feier des Geburtstags vom Abdullah Öcalan gehalten - belegen im Gegenteil, dass er sich nach wie vor mit der PKK identifiziert und sich für deren Ziele einsetzt.
40 
b) Allerdings liegen möglicherweise atypische Umstände in Bezug auf den Regelausweisungstatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG vor. Denn zugunsten des Klägers hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Abschiebungsverbot nach § 53 Abs. 4 AuslG (heute § 60 Abs. 5 AufenthG) im Hinblick auf den Zielstaat Türkei festgestellt, so das bindend (vgl. § 42 AsylVfG) – und wohl auch in der Sache zu Recht - davon auszugehen ist, dass ihm dort Inhaftierung und Folter drohen. Unter Umständen begründet aber ein solches für einen unüberschaubaren Zeitraum bestehendes Abschiebungsverbot einen atypischen Ausnahmefall (näher: Discher in GK-AufenthG, § 54 Rn. 126 ff.). Auch dies kann jedoch dahinstehen, denn das Regierungspräsidium hat sein insoweit wohl zunächst fehlerhaft hilfsweise ausgeübtes Ermessen nach § 114 Satz 2 VwGO im Laufe des Berufungsverfahrens ergänzt.
41 
Mittlerweile hat es die Gefahr von Folter und menschenrechtswidriger Behandlung und die daraus folgende Unzumutbarkeit einer Rückkehr des Klägers in die Türkei ausdrücklich berücksichtigt und in seine Ermessenserwägungen eingestellt. Es hat ohne Rechtsfehler angenommen, die für eine Ausweisung des Klägers sprechenden Gesichtspunkte überwögen dennoch seine entgegenstehenden Belange. Es hat sich insoweit maßgeblich darauf gestützt, dass aus der derzeitigen Gefährdungslage noch nicht folge, dass die vollziehbare Ausreisepflicht auch auf Dauer nicht vollstreckt werden könne; der Kläger habe schwerwiegende Ausweisungsgründe durch seine hochrangige Funktionärstätigkeit für die PKK erfüllt; er habe auch nach Erlass der Ausweisung weitere Unterstützungs- und Mitgliedschaftshandlungen zugunsten der PKK begangen; deshalb sei es gerechtfertigt, der für ihn bestehenden Gefahrenlage im Rahmen des Ausweisungsermessens ein vermindertes Gewicht beizumessen und eine Ausweisung trotz der Tatsache zu verfügen, dass der Aufenthalt in absehbarer Zeit nicht beendet werden könne; da selbst bei besonderem Ausweisungsschutz eine Ausweisung aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zulässig sei, müsse dies erst recht bei fehlendem besonderem Ausweisungsschutz gelten; abgesehen davon ermögliche der Erlass einer Ausweisungsverfügung auf der Grundlage des § 54 Nr. 5 AufenthG die Überwachung des ausgewiesenen Ausländers; zu berücksichtigen sei auch der generalpräventive Zweck der verwirklichten Ausweisungstatbestände, da gerade die Ausweisung des Klägers als herausragendes Mitglied der PKK aufzuzeigen vermöge, dass allen an derartigen terroristischen und kriminellen Strukturen beteiligten Ausländern konsequent begegnet werde.
42 
Dass diese Erwägungen in rechtlicher Hinsicht zu beanstanden sein könnten, ist nicht ersichtlich. Aus einem Abschiebungsverbot folgt nicht zwingend, dass eine Ausweisung generell unzulässig ist (vgl. Senatsurteil vom 21.4.2010, a.a.O.). Dass die Behörde den für den Kläger sprechenden Gesichtspunkten letztlich nur geringeres Gewicht beigemessen hat als den für seine Ausweisung sprechenden spezial- und generalpräventiven Erwägungen, ist rechtlich nicht angreifbar, weil sich diese Entscheidung im Rahmen des der Behörde eingeräumten Ermessensspielraums hält. Hierbei ist zu beachten, dass die Gerichte nicht befugt sind, selbst das Ermessen anstelle der Behörde auszuüben und eigene Ermessenserwägungen anzustellen (vgl. § 114 Satz 1 VwGO). Der Behörde steht ein gerichtlich nicht voll überprüfbarer Ermessensspielraum zu. Die Gerichte sind auf die Überprüfung beschränkt, ob die Behörde ihr Ermessen ohne Rechtsfehler ausgeübt hat. Unter Beachtung dieser eingeschränkten Überprüfungsbefugnis der Gerichte ist die hier vorgenommene Ermessensbetätigung in rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden; ob auch ein anderes Ergebnis möglich wäre, hat der Senat nicht zu entscheiden.
43 
Ein solcher Fehler bei der Ermessensausübung ist entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht darin zu sehen, dass das Regierungspräsidium ausgeführt hat, es sei nicht absehbar, dass die vollziehbare Ausreisepflicht auch auf Dauer nicht vollstreckt werden könne. Denn die weiteren Erwägungen des Regierungspräsidiums zeigen, dass es keinesfalls davon ausgegangen ist, in naher Zukunft den Aufenthalt des Klägers durch eine Abschiebung in die Türkei beenden zu können. Es hat dargelegt, insbesondere aufgrund der Tatsache, dass die Türkei an einem Beitritt zur Europäischen Union interessiert sei, sei zu erwarten, dass sie die dort für die Rechtsprechung und den Strafvollzug sowie für die Achtung der Menschenrechte geltenden Standards allmählich in vergleichbarer Weise in die eigene Rechtsordnung übernehmen werde. Dies zeigt, dass es allenfalls die Möglichkeit einer Besserung auf lange Sicht in Betracht gezogen hat und nicht davon ausgegangen ist, der Kläger könne alsbald in die Türkei zurückkehren oder dorthin abgeschoben werden.
44 
3. Ob der Kläger darüber hinaus auch die Regelausweisungstatbestände des § 54 Nr. 5a und Nr. 7 AufenthG erfüllt, kann nach alledem dahinstehen.
45 
4. Auch die nach § 54a AufenthG getroffenen Überwachungsmaßnahmen sind rechtmäßig.
46 
Unmittelbare gesetzliche Folge der vollziehbaren Ausweisung ist die räumliche Beschränkung des Aufenthalts des Klägers auf den Bezirk der Ausländerbehörde (§ 54a Abs. 2 AufenthG). Ob es sich bei der in Nummer 3 des Bescheids ausgesprochenen räumlichen Beschränkung lediglich um einen deklaratorischen Hinweis auf die Rechtslage handelt (so VG München, Beschluss vom 20.4.2009 - M 24 S 09.29 - juris) oder der Beklagte ein sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebendes Gebot für den Einzelfall konkretisiert und die Rechtslage nochmals in verbindlicher Weise klargestellt hat (so VG Ansbach, Urteil vom 29.1.2008 - AN 19 K 05.02515 - juris), kann offen bleiben, da eine solche Konkretisierung jedenfalls nicht zu Lasten des Klägers rechtswidrig wäre (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
47 
Die Meldeverpflichtung in Nummer 4 des angefochtenen Bescheids beruht auf § 54a Abs. 1 Satz 1 AufenthG. Nach dieser Bestimmung unterliegt ein Ausländer, gegen den eine u.a. vollziehbare Ausweisungsverfügung nach § 54 Nr. 5 AufenthG besteht, der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Mit der Anordnung einer täglichen Meldepflicht hat der Beklagte von der durch diese Vorschrift eröffneten Möglichkeit einer anderweitigen Bestimmung Gebrauch gemacht. Er hat diese Anordnung rechtsfehlerfrei mit der nach wie vor bestehenden Notwendigkeit einer effektiven, engmaschigen Überwachung der Aufenthaltsbeschränkung des Klägers begründet und festgestellt, dass die staatlichen Sicherheitsinteressen die berücksichtigungswürdigen individuellen Belange des Klägers überwögen. Angesichts der nicht feststellbaren Abwendung des Klägers von der PKK ist diese Ermessensentscheidung nicht zu beanstanden; dies gilt erst recht, wenn man berücksichtigt, dass der Kläger mittlerweile weitere Unterstützungshandlungen vorgenommen und mehrmals gegen die Aufenthaltsbeschränkung verstoßen hat. Er selbst zeigt zudem nicht auf, dass und ggf. weshalb die tägliche Meldeverpflichtung einen unverhältnismäßigen Eingriff in seine Rechte darstellen könnte.
48 
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
49 
Beschluss vom 21. Juli 2010
50 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 8. Dezember 2009 - 1 K 2126/07 - geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen seine Ausweisung und begehrt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.
Der am ... Mai 1973 geborene Kläger ist indischer Staatsangehöriger. Er stellte am 24. Juli 2001 zusammen mit seiner Ehefrau und zwei Kindern einen Asylantrag.
Die Anträge wurden vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge abgelehnt.
Die Klagen vor dem Verwaltungsgericht Sigmaringen blieben ohne Erfolg (Urteil vom 15. Oktober 2003 - A 9 K 11243/01 -).
In einem vom Kläger eingeleiteten Folgeantragsverfahren verpflichtete das Verwaltungsgericht Sigmaringen das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge durch Urteil vom 26. Mai 2006 (A 1 K 10241/05) festzustellen, dass beim Kläger in Bezug auf Indien ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 AufenthG vorliegt. In demselben Urteil wurde das Verfahren im Übrigen eingestellt, soweit der Kläger seine Klage bezüglich der Zuerkennung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 1 AufenthG zurückgenommen hatte. Zur Begründung stellte das Verwaltungsgericht darauf ab, dem Kläger drohe aufgrund seiner exponierten Stellung als Vorstandsmitglied der Unterorganisation der „International Sikh Youth Federation“ (ISYF) in Baden-Württemberg im Falle seiner Rückkehr nach Indien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Folter.
Am 4. August 2006 beantragte der Kläger bei der unteren Ausländerbehörde die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Das Regierungspräsidium Tübingen verweigerte jedoch die Erteilung der Zustimmung.
Mit Schreiben vom 3. Juli 2007 hörte der Beklagte den Kläger zu einer beabsichtigten Ausweisung an und wies in einem weiteren Schreiben vom 19. Juli 2007 ergänzend darauf hin, dass sich die Bedenken am weiteren Aufenthalt des Klägers in Deutschland aus seiner Tätigkeit für die ISYF ergäben, die von der Europäischen Union als terroristische Organisation eingestuft werde.
Mit Schreiben vom 2. August 2007 wies der Prozessbevollmächtigte des Klägers darauf hin, dass es eine aktuelle Auskunft des Auswärtigen Amtes gebe, nach der die ISYF seit dem Jahr 2000 nicht mehr terroristisch tätig sei. Von der bloßen Funktionärstätigkeit für die ISYF könne auch nicht darauf geschlossen werden, dass sich der Kläger Handlungen zuschulden kommen lasse, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderliefen. Die ISYF werde zwar von den Verfassungsschutzämtern überwacht. Es lägen aber keine konkreten Erkenntnisse über deren Verwicklung in terroristische Aktivitäten vor. Nach den Ermittlungen und Beobachtungen des Auswärtigen Amtes sei die ISYF seit der Jahrtausendwende nicht mehr in terroristische Aktivitäten verwickelt.
Das Regierungspräsidium Tübingen wies den Kläger mit Verfügung vom 14. September 2007 aus der Bundesrepublik Deutschland aus und lehnte seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis vom 4. August 2006 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt: Nach § 54 Nr. 5 AufenthG werde ein Ausländer in der Regel ausgewiesen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigten, dass er einer Vereinigung angehöre oder angehört habe, die den Terrorismus unterstütze, oder er eine derartige Vereinigung unterstütze oder unterstützt habe, wobei die Ausweisung auf zurückliegende Mitgliedschaften oder Unterstützungshandlungen nur gestützt werden könne, soweit diese eine gegenwärtige Gefährlichkeit begründeten. Die ISYF sei eine Vereinigung, die den Terrorismus unterstütze. Sie habe terroristische Aktivitäten bislang vorwiegend in Indien entwickelt. Mit hoher Wahrscheinlichkeit sei davon auszugehen, dass die ISYF an den Vorbereitungen des Anschlags auf den indischen Botschafter in Bukarest im Jahre 1991 beteiligt gewesen sei. Das Auswärtige Amt führe in seinem Lagebericht Indien vom 19. November 2006 aus, dass die terroristische Gewalt im Punjab seit 2000 nahezu vollständig zum Erliegen gekommen sei und sich die dortige Situation normalisiert habe. Die Angehörigen der verschiedenen militanten Gruppen hätten den Punjab verlassen, operierten jedoch aus anderen Bundesstaaten oder aus Pakistan. Finanzielle Unterstützung erhielten sie auch von Sikh-Exilgruppierungen im westlichen Ausland. Deutschland diene hier lebenden Sikh-Extremisten als Ruhe- und Finanzierungsbasis. Die deutsche Sektion der ISYF sammle hauptsächlich Spenden zur Unterstützung der Mutterorganisation in Indien, fördere also den Terrorismus durch Zurverfügungstellung von Geld. Darüber hinaus organisiere sie gemeinsam mit anderen extremistischen Sikh-Gruppen regelmäßig auch überregionale öffentliche Veranstaltungen und Protestdemonstrationen anlässlich indischer Nationalfeiertage. Die ISYF werde von der Europäischen Union als terroristische Organisation angesehen. Auch in Indien werde die ISYF als terroristische Organisation in der Anlage zum Unlawful Activities Prevention Act von 1967 eingestuft. Der Kläger sei Mitglied der ISYF und unterstütze diese. Er sei bereits in Indien für die ISYF tätig gewesen. In Baden-Württemberg sei er am 25. April 2005 zum Präsidenten der ISYF gewählt worden. Die Unterstützungshandlungen für die ISYF seien dem Kläger auch zurechenbar. Aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit für die ISYF sowie seiner hervorgehobenen Funktion in dieser Vereinigung seien dem Kläger deren terroristische Bestrebungen bekannt. Auch aufgrund seiner Aussagen im Rahmen der Anhörung im Asylverfahren wisse er, dass die ISYF zur Realisierung ihrer Ziele den gewaltsamen Weg befürworte und er legitimiere sogar selbst den Einsatz der Gewalt zur Erreichung eines unabhängigen Khalistan. Es sei nicht erkennbar, dass er sich von der ISYF oder deren Zielen abgekehrt habe. Ein besonderer Ausweisungsschutz greife beim Kläger nicht. Eine Ausnahme vom Regelfall liege ebenfalls nicht vor. Die Ausweisung sei auch aus generalpräventiven Gründen gerechtfertigt. Eine Atypik folge nicht aus der Lebenssituation des Klägers. Es werde nicht verkannt, dass die Familie des Klägers seit rund sechs Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet lebe und sein in Deutschland geborener Sohn aufgrund eines Herzfehlers medizinischer Versorgung bedürfe, die aber auch in Indien zur Verfügung stehe. Eine nachhaltige wirtschaftliche Integration habe nicht stattgefunden. Seit geraumer Zeit lebe der Kläger von Sozialhilfe. Wegen des bestehenden Abschiebeverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG scheide eine Beendigung seines Aufenthalts derzeit aus. Auch für den Fall, dass der Kläger Deutschland bei Entfallen einer Foltergefahr verlassen müsse, liege kein Ausnahmefall vor. Eine Trennung von seiner Familie oder eine gemeinsame Rückkehr in das Heimatland wäre aufgrund der von ihm ausgehenden Gefahr nicht unverhältnismäßig. Auch eine gemeinsame Rückkehr mit der Familie stelle keine unverhältnismäßige Härte dar. Das bestehende Abschiebeverbot stelle ebenfalls keinen besonderen Umstand dar, der den Kläger entlaste. Hilfsweise sei die Ausweisung auch im Ermessenswege und unter Abwägung der in § 55 Abs. 3, § 60 a Abs. 2 AufenthG genannten Kriterien gerechtfertigt. Die Ausweisung stehe zudem in Einklang mit Art. 6 GG und Art. 8 EMRK. Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis sei abzulehnen. Zwar seien die Tatbestandsvoraussetzungen des § 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG erfüllt. Einer Erteilung stehe jedoch der besondere Versagungsgrund des § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. c) AufenthG entgegen. Danach werde eine Aufenthaltserlaubnis nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigten, dass sich der Ausländer Handlungen zuschulden habe kommen lassen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Art. 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert seien, zuwiderliefen. Die Unterstützung terroristischer Vereinigungen widerspreche diesen Zielen und Grundsätzen. Durch die Mitgliedschaft in der ISYF und aufgrund seiner exponierten Aktivitäten für diese terroristische Organisation habe er eine Handlung begangen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderlaufe. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG komme ebenfalls nicht in Betracht. § 25 Abs. 3 AufenthG schließe die Anwendbarkeit dieser Vorschrift aus. Zudem sei die Aufenthaltserlaubnis wegen § 5 Abs. 4 AufenthG zwingend zu versagen. Die Verfügung wurde am 27. September 2007 zugestellt.
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Der Kläger erhob am 29. Oktober 2007, einem Montag, Klage beim Verwaltungsgericht Sigmaringen. Zur Begründung trug er vor, § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. c) AufenthG stehe der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nur entgegen, wenn vom Ausländer eine aktuelle Gefährdung ausgehe. Dies ergebe sich aus dem Sinn und Zweck der Norm, die der Bekämpfung des Terrorismus im Vorfeld diene. Entgegen der Auffassung des Beklagten gehe von der Mitgliedschaft des Klägers in der ISYF derzeit keine Gefährdung für die Ziele der Vereinten Nationen aus. Vermutungen, auch wenn sie auf schwerwiegende Anhaltspunkte gestützt würden, reichten für einen Eingriff in die Rechtsgüter von Personen nicht aus. Der Terrorismusvorbehalt sei eng auszulegen. Selbst bei weiter Auslegung des Terrorismusvorbehalts sei eine gegenwärtige Gefahr durch den Kläger in der ISYF nicht feststellbar. Von dieser Organisation gehe ausweislich der jüngsten Lageberichte des Auswärtigen Amtes keine terroristische Gefahr mehr aus. Vielmehr sei sie seit Jahren nur noch politisch tätig, nicht mehr militant.
11 
Der Beklagte trat der Klage entgegen und führte ergänzend aus, der Ausweisungstatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG sei vor dem Hintergrund der Resolution Nr. 1373/2001 des UN-Sicherheitsrats zur Bekämpfung des Terrorismus zu sehen. In den Blick zu nehmen sei auch der gemeinsame Standpunkt des Rates vom 27. Dezember 2001 (2001/931/GASP), der zur Umsetzung der Resolution des UN-Sicherheitsrats beschlossen worden sei. Der Rat sei zu dem Schluss gelangt, dass die ISYF an Handlungen im Sinne des gemeinsamen Standpunktes beteiligt gewesen sei und deshalb nach dem Beschluss des Rates vom 26. Januar 2009 (2009/62/EG) die Maßnahmen nach der Verordnung 2580/2001/EG weiterhin auf die ISYF angewendet werden solle. Die Liste nach Art. 2 Abs. 3 der Verordnung 2580/2001/EG habe als Teil einer Verordnung nach § 249 Abs. 2 EGV unmittelbare Wirkung mit dem Vorrang vor dem Bundesrecht.
12 
Das Verwaltungsgericht erhob Beweis durch Einholung einer Auskunft beim Auswärtigen Amt vom 14. September 2009.
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Der Kläger wurde in der mündlichen Verhandlung zu seinen aktuellen Aktivitäten für die ISYF befragt. Im Tatbestand des Urteil heißt es in diesem Zusammenhang: „Fragen wurden teilweise nur auf mehrmaliges Nachfragen ausreichend beantwortet. Als Ergebnis der Befragung des Klägers kann zusammenfassend das Folgende festgehalten werden: Er spiele in der ISYF keine Rolle mehr. Er habe seine Aktivitäten für die ISYF vermindert. Dies sei nach der Geburt seines jüngsten Kindes im Jahr 2007 gewesen, das an einer Herzkrankheit leide. Seit Ende 2007 sei er nicht mehr der Vorsitzende der ISYF in Baden-Württemberg. Nachfolger in seiner ISYF-Gruppierung in Baden-Württemberg sei Pal Singh geworden. Daneben gebe es noch eine weitere ISYF-Gruppierung in Baden-Württemberg mit Gurinder Singh als Vorsitzendem. Er glaube, dass sein Nachfolger bei einem Treffen im April 2008 bestimmt worden sei. Er gehe noch zu Veranstaltungen und verteile Flyer. Die Veranstaltungen fänden hauptsächlich in Frankfurt statt. Mitgliederbeiträge bezahle er nicht, er sei aber noch Mitglied. Er spende Geld für die Herstellung der Flyer. Die Fahrtkosten für die Teilnahme an den Veranstaltungen in Frankfurt bezahle er selbst.“
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Durch Urteil vom 8. Dezember 2009 hob das Verwaltungsgericht die Verfügung vom 14. September 2007 auf und verpflichtete den Beklagten, dem Kläger die beantragte Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.
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Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht aus: Nach § 54 Nr. 5 AufenthG werde ein Ausländer in der Regel ausgewiesen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigten, dass er einer Vereinigung angehöre oder angehört habe, die den Terrorismus unterstütze, oder er eine derartige Vereinigung unterstütze oder unterstützt habe. Auf zurückliegende Mitgliedschaften oder Unterstützungshandlungen könne die Ausweisung nur gestützt werden, soweit diese eine gegenwärtige Gefährlichkeit begründe. Diese Voraussetzungen lägen im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts nicht vor. § 54 Nr. 5 AufenthG greife nur ein, wenn eine Unterstützung des Terrorismus im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch vorliege. Hierzu reiche es nicht aus, dass ein Ausländer einer Organisation angehöre, die früher den Terrorismus unterstützt habe. Dies folge schon aus dem Wortlaut des § 54 Nr. 5 Halbsatz 1 AufenthG, der von einer gegenwärtigen Gefahr durch die Stützung des Terrorismus ausgehe („die den Terrorismus unterstützt"). Es folge auch aus dem Zweck der Ausweisungsvorschriften, die der Gefahrenabwehr in der Zukunft diene und nicht der bloßen Sanktionierung eines Verhaltens aus der Vergangenheit. Dass die Unterstützung des Terrorismus im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts noch vorliegen müsse, folge auch aus dem Halbsatz 2 des § 54 Nr. 5 AufenthG. Dort werde vorausgesetzt, dass vom Ausländer eine gegenwärtige Gefährlichkeit ausgehen müsse, wenn seine Mitgliedschaft oder Unterstützungshandlungen einer den Terrorismus unterstützenden Vereinigung in der Vergangenheit lägen. Die gegenwärtige Gefahr entfalle aber auch dann, wenn die Organisation selbst den Terrorismus nicht mehr unterstütze. Der Nachweis der Unterstützung des Terrorismus sei zwar nicht erforderlich, da es ausreiche, wenn Tatsachen eine solche Schlussfolgerung rechtfertigten. Es müssten aber Tatsachen feststellbar sein, auf die eine solche Schlussfolgerung gestützt werden könne. Der nicht durch Tatsachen belegte Verdacht reiche nicht aus. Es könne derzeit nicht festgestellt werden, dass die ISYF, deren Mitglied der Kläger noch ist, den Terrorismus (noch) unterstütze. Es könne daher offen bleiben, ob sich der Kläger, der zumindest früher exponierter Funktionär der ISYF in Baden-Württemberg gewesen sei, in einem Sinne von der ISYF distanziert habe, dass ihm die Unterstützung des Terrorismus durch die ISYF, unterstellt sie würde den Terrorismus noch unterstützen, nicht mehr zugerechnet werden könnte. Käme es darauf an, bestünden auch aufgrund des Verhaltens des Klägers in der mündlichen Verhandlung allerdings erhebliche Zweifel daran, ob eine Distanzierung von derartigen Zielen der ISYF vorläge. Bei seiner Befragung in der mündlichen Verhandlung habe der Kläger zu Zweifeln an seiner Bereitschaft Anlass gegeben, sein Verhältnis zur ISYF ehrlich darzustellen. Für die Beurteilung der Frage, ob es sich bei der ISYF gegenwärtig um eine Vereinigung handele, die den Terrorismus unterstütze, werte die Kammer die ihr zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel aus. Eine rechtliche Bindung an einzelne Erkenntnismittel bestehe nicht. Dies gelte insbesondere für den gemeinsamen Standpunkt 2008/586/GASP des Rates vom 15. Juli 2008 zur Aktualisierung des gemeinsamen Standpunktes 2001/931/GASP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus und zur Aufhebung des gemeinsamen Standpunkts 2007/871/GASP. Der gemeinsame Standpunkt 2001/931/GASP des Rates vom 27. Dezember 2001 enthalte einen Anhang mit Personen, Vereinigungen und Körperschaften, auf die der gemeinsame Standpunkt Anwendung finde. Jedenfalls seit der Aktualisierung durch den gemeinsamen Standpunkt 2008/586/GASP gehöre auch die International Sikh Youth Federation - ISYF - zu den Gruppen und Organisationen, auf die der genannte gemeinsame Standpunkt Anwendung finde. Die gemeinsamen Standpunkte des Rates beruhten auf Art. 15 EUV (a.F.). Nach dieser Vorschrift nehme der Rat gemeinsame Standpunkte an. In den gemeinsamen Standpunkten werde das Konzept der Union für eine bestimmte Frage geografischer oder thematischer Art bestimmt. Die Mitgliedstaaten trügen dafür Sorge, dass ihre einzelstaatliche Politik mit dem gemeinsamen Standpunkt in Einklang stehe. Aus Art. 15 Satz 3 EUV sei der Schluss zu ziehen, dass eine Bindung der innerstaatlichen Gerichte an Inhalte eines gemeinsamen Standpunktes bestehe. Der gemeinsame Standpunkt sei an die Mitgliedstaaten gerichtet, die ihn erst in innerstaatliche Politik umsetzen müssten. Eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über die Bedeutung gemeinsamer Standpunkte liege nicht vor. In seinem Urteil vom 15. März 2005 (1 C 26.03) habe sich das Bundesverwaltungsgericht zu den gemeinsamen Standpunkten 2005/220/GASP und 2001/931/GASP nur in dem Sinne geäußert, dass der Verwaltungsgerichtshof, an den das Verfahren zurückverwiesen wurde, sich mit den Beschlüssen des Rates der Europäischen Union über Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus befassen müsse. Die Annahme einer rechtlichen Bindungswirkung folge aus dem Auftrag des Bundesverwaltungsgerichts an den Verwaltungsgerichtshof nicht. Eine Bindungswirkung an einen gemeinsamen Standpunkt werde auch in der Kommentarliteratur nicht vertreten. Hiernach seien diese und ihre Anhänge bei der Beurteilung, ob eine Vereinigung den Terrorismus unterstütze, zu berücksichtigen. Auch der Beschluss des Rates vom 26. Januar 2009 zur Durchführung von Art. 2 Abs. 3 der Verordnung EG Nr. 2580/2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus und zur Aufhebung des Beschlusses 2008/583/EG (2009/62/EG) für die Beurteilung der Zulässigkeit der Ausweisung des Klägers verpflichte die Kammer nicht, davon auszugehen, dass es sich bei der ISYF aktuell um eine terroristische Vereinigung handele. Im Unterschied zum gemeinsamen Standpunkt sei eine EG-Verordnung nach Art. 249 EGV (a.F.) verbindlich und gelte unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. An dieser Geltung nehme auch die Liste, die durch den Beschluss des Rates vom 26. Januar 2009 (2009/62/EG) in Ausübung der Befugnisse aus Art. 2 Abs. 3 der Verordnung 2580/2001/EG aufgestellt worden sei, teil. Die Verbindlichkeit der  Einordnung der ISYF als terroristische Vereinigung beschränke sich aber auf die Maßnahmen, die nach der Verordnung 2580/2001/EG zu ergreifen seien. Ausländerrechtliche Maßnahmen wie z.B. die Ausweisung seien in dieser Verordnung nicht geregelt. Für die hier zu treffende Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Ausweisung lieferten die Aufnahme der ISYF in die Listen zum oben zitierten gemeinsamen Standpunkt und zur oben zitierten Verordnung der EG nur Hinweise, die neben anderen Erkenntnisquellen zu würdigen seien. Der Sikh-Terrorismus im Punjab sei seit Ende der 1990er-Jahre nahezu zum Erliegen gekommen, insbesondere lägen dem Auswärtigen Amt keinerlei eigene Erkenntnisse über terroristische Aktivitäten in der ISYF seit dem Jahr 2000 vor. Nach Auswertung und Gewichtung dieser und auch weiterer Erkenntnismittel könne die Kammer nicht feststellen, dass es sich bei der ISYF um eine Vereinigung handele, die aktuell den Terrorismus unterstütze oder bei der dies in absehbarer Zeit zu erwarten sei. Das Auswärtige Amt habe seit mindestens 10 Jahren keine Anhaltspunkte dafür, dass die ISYF (noch) terroristisch tätig sei. Der Terrorismus in Punjab, durch den noch Anfang der 90er Jahre zahlreiche Personen ums Leben gekommen sind, sei danach nahezu zum Erliegen gekommen. Dies sei nochmals auf die Anfrage der Kammer bestätigt worden. Der Kläger habe auch einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG.
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Das Urteil wurde dem Beklagten am 4. Januar 2010 zugestellt.
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Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts hat der Beklagte am 27. Januar 2010 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt und diese am 25. Februar 2010 unter Stellung eines Antrags, wie folgt, begründet:
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Das Verwaltungsgericht gehe in seinem Urteil zu Unrecht davon aus, dass die Voraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts nicht vorgelegen hätten. Bei der ISYF handele es sich um eine terroristische Organisation im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG. Der Ausweisungstatbestand sei vor dem Hintergrund der völkerrechtlichen Verpflichtung aus der Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen Nr. 1373 (2001) in dem Bestreben eingeführt worden, dem internationalen Terrorismus weltweit schon im Vorfeld die logistische Basis zu entziehen. Die aufgrund des VII. Kapitels der Satzung der Vereinten Nationen (SVN) erlassenen Resolutionen des Sicherheitsrates zur Terrorismusbekämpfung enthielten gemäß Art. 25 SVN völkerrechtlich bindende Verpflichtungen. Die Bundesrepublik habe der SVN mit Zustimmungsgesetz vom 6. Juni 1973 den entsprechenden Rechtsanwendungsbefehl im Sinne des Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG erteilt und sich in ein System kollektiver Sicherheit eingeordnet. Folglich sei die Bundesrepublik der Bindungswirkung der Resolutionen gemäß Art. 25 SVN i.V.m. Art. 48, 2 Nr. 7 HS 2 SVN unterworfen. Gemäß Art. 30 Abs. 1 der Wiener Vertragsrechtskonvention in Verbindung mit Art. 103 SVN hätten die Verpflichtungen aus den Resolutionen, die auf Grundlage des VII. Kapitels der SVN erlassen worden seien, zudem grundsätzlich Vorrang vor den Verpflichtungen der Bundesrepublik aus der EMRK, wie etwa dem Recht auf Achtung des Privatlebens. Die Resolutionen des Sicherheitsrates zur Terrorismusbekämpfung, wie z.B. Nr. 1269 (1999), 1363 (2001) und Nr. 1373 (2001), beinhalteten das Verbot der Lieferung von Rüstungsgütern, ein Ein- und Durchreiseverbot sowie das Unterbinden von Finanzaktionen. Nach Nr. 2a der Resolution des VN Sicherheitsrates Nr. 1373 (2001) seien die Staaten verpflichtet, unmittelbare oder auch mittelbare Unterstützung für die Begehung terroristischer Handlungen in einem umfassenden Sinne zu verhindern. Der Sicherheitsrat habe die Notwendigkeit betont, den Terrorismus mit allen Mitteln, im Einklang mit der SVN, zu bekämpfen (vgl. Absatz 5 der Präambel der Resolution 1373/2001). Diese Aussage beziehe sich explizit auf die Verpflichtung der Mitgliedstaaten. Die Generalversammlung habe betont, dass die Bemühungen der Vereinten Nationen darauf gerichtet seien, die Kohärenz bei der Umsetzung der Strategie zur Terrorismusbekämpfung auf nationaler, regionaler und globaler Ebene zu fördern (vgl. VN-Dok. A/RES/62/272 v. 5. September 2008, Abs. 5). Aus Nr. 2c der Resolution Nr. 1373 (2001) folge die Pflicht, denjenigen, die terroristische Handlungen finanzierten, planten, unterstützten oder begingen, oder die den Tätern Unterschlupf gewährten, einen sicheren Zufluchtsort zu verweigern. Dies werde auch im Gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 27. Dezember 2001 (2001/931/GASP) und im Rahmenbeschluss des Rates vom 13. Juni 2002 (2002/475/Jl) betont. In der Rechtsprechung des EuGH sei anerkannt, dass angesichts des für die Völkergemeinschaft grundlegenden Zieles der Bekämpfung des internationalen Terrorismus auch schwerwiegende Eingriffe in Grundrechte gerechtfertigt seien. Dem gleichen Zweck dienten die von der Europäischen Gemeinschaft mit Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 vom 27. Dezember 2001 angeordneten länderunabhängigen Embargomaßnahmen. Dies werde aus dem 3. Erwägungsgrund dieser Verordnung ersichtlich, der auf die Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen Nr. 1373 (2001) verweise. Im Anhang zur Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 würden Organisationen und Personen aufgeführt, gegen die bestimmte Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus zu ergreifen seien. Der Anhang zur Verordnung (EG) Nr. 2580/2001, aktualisiert durch die Verordnung (EU) Nr. 1285/2009 des Rates vom 22. Dezember 2009, nehme am unionsrechtlichen Anwendungsvorrang teil. Die Listung von Personen für länderbezogene und länderunabhängige Embargomaßnahmen zur Terrorismusbekämpfung habe eine rechtlich bindende Wirkung auch im Rahmen der Anwendung ausländerrechtlicher Normen. Wegen des Ziels der Rechtsakte des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, dem Terrorismus weltweit schon im Vorfeld die logistische Basis zu entziehen und zu verhindern, dass Rückzugsräume entstünden, seien auch ausländerrechtliche Maßnahmen gegen Personen zu ergreifen, die Organisationen angehörten, welche die Bundesrepublik als Rückzugsraum nutzten. Solange keine Berichtigung des Anhangs zur Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 erfolgt sei, sei davon auszugehen, dass es sich bei den aufgeführten Organisationen nach Auffassung des Rates der Europäischen Union um terroristische Organisationen handele und die zuständigen Behörden nach dem Grundsatz der Widerspruchsfreiheit und Einheit der Rechtsordnung, der sowohl innerhalb des Rechtes der Europäischen Union als auch im Bundesrecht, aus Art. 20 Abs. 3 GG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG gelte, gehalten seien, die entsprechende Organisation als terroristische Organisation im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG zu behandeln. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts hätte zur Konsequenz, dass es zwischen den für die Finanzsanktionen zuständigen Behörden seien, und den Ausländerbehörden zu divergierenden Entscheidungen kommen könnte. Die Behörden, die für die Finanzsanktionen zuständig sind, wären unwiderleglich kraft unionsrechtlichen Anwendungsvorrangs an die Listung einer Organisation im Anhang zur Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 gebunden, während die Ausländerbehörden eine eigenständige Prüfung vorzunehmen hätten. Terroristische Anschläge seien heute des Weiteren weit weniger vorhersehbar als beim „klassischen Terrorismus" in der Vergangenheit. Der Ansatz des Verwaltungsgerichts dürfte eine Überschreitung gewaltenteiliger Befugnisse darstellen. Die ISYF habe auch bisher - soweit ersichtlich - nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, den Anhang zur Verordnung (EG) Nr. 2580/2001, soweit die ISYF dort als terroristische Organisation aufgeführt sei, gemäß Art. 263 AEUV (früher Art. 230 EGV) gerichtlich überprüfen zu lassen. Das EuG überprüfe im Verfahren nach Art. 263 AEUV, ob die Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts des Rates vom 27. Dezember 2001 (2001/931/GASP) vorlägen. Gemäß Art. 1 Abs. 4 des Gemeinsamen Standpunkts des Rates vom 27. Dezember 2001 (2001/931/GASP) werde die Liste auf Grundlage genauer Informationen, aus denen sich ergebe, dass eine Verurteilung der Organisation für eine terroristische Handlung vorliege, erstellt. Im Klageverfahren vor dem EuG werde geprüft, ob der Verbleib auf der Liste gerechtfertigt sei. Hierbei sei es jedoch nicht erforderlich, dass aktuell Terrorakte nachgewiesen worden seien, sondern es komme darauf an, ob die Beibehaltung der Listung einer Organisation im Hinblick auf die Gesamtheit der maßgeblichen Umstände weiterhin gerechtfertigt sei. Hierbei stehe dem Rat der Europäischen Union bei der Beurteilung, ob künftig von einer Organisation Terroranschläge zu befürchten sind, ein weites Ermessen zu. Das Listungsverfahren sei durch Beschluss des Rates vom 28. Juni 2007 zur Durchführung von Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus und zur Aufhebung der Beschlüsse 2006/379/EG und 2006/1008/EG (2007/445/EG) geändert worden. Die Betroffenen erhielten grundsätzlich eine Begründung der gegen sie ergangenen Listungsentscheidung durch das EU-Ratssekretariat. Die Begründung enthalte einen Hinweis auf das Klagerecht vor dem EuG nach Art. 263 Abs. 4 AEUV. Darüber hinaus erfolge vor einem neuen Listungsbeschluss eine im Amtsblatt veröffentlichte Mitteilung des Rates an alle zu diesem Zeitpunkt gelisteten Organisationen, dass der Rat beabsichtige, sie weiterhin in der Liste aufzuführen, nachdem eine Überprüfung ergeben habe, dass die Gründe für ihre Aufnahme in die Liste nach vor wie vor gültig seien. Dabei würden die Betroffenen über die ihnen zustehenden Rechte, eine Begründung der Listungsentscheidung anzufordern und eine Überprüfung der Entscheidung zu beantragen, unterrichtet. Dieses Verfahren sei auch beim Erlass der aktuellen Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1285/2009 des Rates vom 22. Dezember 2009 eingehalten worden. Die ISYF sei jedoch nicht den ihr zustehenden Weg der Überprüfung der Listung gegangen. Stattdessen habe sie zur Umgehung der Sanktionen der Europäischen Union eine Zweitorganisation, die Sikh Federation Germany (SFG), mit identischen Zielen - der Herauslösung aus dem indischen Staatenverbund und der Errichtung eines selbstständigen Staates Khalistan („Land der Reinen") - und mit den nahezu gleichen Vorstandsmitgliedern gegründet. Diese Erkenntnisse seien in einem Sicherheitsgespräch mit einem ehemaligen Vorstandsmitglied der ISYF gewonnen worden. Hieraus lasse sich schließen, dass die SFG als eine Nachfolgeorganisation der ISYF zur Umgehung der Sanktionen nach der Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 gegründet worden sei. Dies werde auch durch die Einlassungen des Klägers in diesem Verfahren bestätigt. Eine aktuelle Gefahr im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG liege gleichwohl vor, denn es sei obergerichtlich geklärt, dass die Auflösung einer Organisation allein einer Gefährlichkeit im Sinne der Ausweisungstatbestände nicht entgegen stehe. Der Kläger sei exponierter Funktionär der ISYF in Baden-Württemberg, in der er seit Ende 2002 als Hauptberater fungiert habe und zu deren Präsidenten er im April 2005 gewählt worden sei. Der Kläger sei auch nach wie vor Mitglied der ISYF. Ein Persönlichkeitswandel oder eine Distanzierung von den Zielen der ISYF und dem Einsatz terroristischer Mittel sei nicht erfolgt und nicht ersichtlich. Nach alledem sei die Ausweisungsverfügung rechtmäßig. Auch die Aufenthaltserlaubnis sei zu Recht versagt worden. Gemäß § 25 Abs. 3 Satz 2 lit c) AufenthG scheide die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG aus, wenn die Person sich Handlungen zuschulden habe kommen lassen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 SVN verankert seien, zuwiderliefen. Der Ausschlusstatbestand greife auch im Falle des Begehens terroristischer Handlungen ein. Der Sicherheitsrat habe in mehreren Resolutionen Akte des Terrorismus als Bedrohung für den Frieden im Sinne des Art. 39 SVN betrachtet. Wie dargelegt, sei die ISYF bzw. ihre Nachfolgeorganisation SFG eine terroristische Organisation. Eine exponierte Stellung in der ISYF stelle somit eine Handlung dar, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderlaufe.
19 
Es seien zwischenzeitlich weitere behördliche Stellungnahmen mit folgenden Kernaussagen eingeholt worden: Das Bundesamt für Verfassungsschutz habe auf eine aktuelle Anfrage mitgeteilt, dass dort keine Erkenntnisse vorlägen, wonach sich die ISYF öffentlich und hinreichend eindeutig von ihrer terroristischen Vergangenheit losgesagt habe. Das Bundeskriminalamt teile in seiner Stellungnahme vom 1. April 2010 ebenfalls mit, dass dort keine Erkenntnisse vorlägen, die darauf hindeuteten, dass sich die ISYF von ihren terroristischen Aktivitäten distanziert hätte oder von ihren extremistischen Bestrebungen absehen würde. Das Sezessionsstreben und damit der Kampf gegen die vermeintlich indische Vorherrschaft bilde die wesentliche Basis für den Zusammenhalt der Gruppierung. Dies gelte selbst dann, wenn vom Bundesgebiet aus lediglich Propagandaaktivitäten bzw. Geldsammlungen zu Zwecken der ISYF stattgefunden haben sollten. Von den vom Senat aufgeführten Quellen würden vom BKA insbesondere die Berichte des „South Asia Terrorism Portals" als von herausgehobener Qualität benannt. Auch der Bundesnachrichtendienst habe in der beigefügten Behördenerklärung vom 13. April 2010 mitgeteilt, dass sich die Bedrohungslage durch terroristische Gewaltakte im indischen Punjab zwar seit 1993 erheblich entspannt und sich nach dortigen Informationen die letzte Festnahme militanter Aktivisten der ISYF in Indien im Dezember 2008 ereignet habe. Jedoch werde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Premierminister SINGH am 4. März 2008 davor gewarnt habe, dass sich extremistische Sikh-Gruppierungen außerhalb Indiens um eine Wiederbelebung des gewaltsamen Kampfes in Indien bemühen würden. Weiter werde festgestellt, dass versprengte Einheiten in Punjab tatsächlich immer noch eine Bedrohung darstellten, wie auch mehrere Sprengstoff-, Waffen- und Munitionsfunde nahe wichtiger Einrichtungen belegten. Nach derzeitigem Erkenntnisstand seien die jüngsten militanten Aktionen aber wohl nicht der ISYF zuzurechnen. Gleichwohl lasse sich auch der Erklärung des Bundesnachrichtendienstes entnehmen, dass keine eindeutige und glaubhafte Distanzierung der ISYF vorliege und daher auch zum derzeitigen Zeitpunkt terroristische Aktivitäten seitens der ISYF durchaus noch für möglich gehalten würden.
20 
Der Beklagte beantragt,
21 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 8. Dezember 2009 - 1 K 2126/07 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
22 
Der Kläger beantragt,
23 
die Berufung zurückzuweisen.
24 
Von der ISYF gingen keine Gefahren für die Ziele der Vereinten Nationen aus, weil diese Organisation nur noch gewaltfrei für einen eigenständigen Staat Khalistan eintrete. § 54 Nr. 5 AufenthG sei eng auszulegen, um rechtsstaatlichen Anforderungen zu genügen. Da die Vorschrift der Gefahrenabwehr diene, müsse vom Kläger im Zeitpunkt der Entscheidung noch eine Gefahr ausgehen, wie dies auch bei § 60 Abs. 8 Satz 2 AufenthG gefordert werde. Für das Erfordernis einer gegenwärtigen Gefährlichkeit spreche bereits der Wortlaut der Norm, wonach die betroffene Vereinigung den Terrorismus unterstützen müsse und es nicht genüge, dass sie den Terrorismus unterstützt habe. Insoweit genüge entgegen der Auffassung der Berufung nicht, dass die ISYF im Verzeichnis der Personen, Vereinigungen und Körperschaften im Anhang zum Gemeinsamen Standpunkt des Rates über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus (EU-Terrorliste) aufgeführt sei. Der Gemeinsame Standpunkt richte sich nur an die Mitgliedstaaten und habe keine Rechtsverbindlichkeit. Die EU-Terrorliste werde ohne öffentliche Kontrolle erstellt, die Aufnahmekriterien seien undurchschaubar und es spreche einiges für politische und diplomatische Rücksichtnahmen. Gerade im Falle Indiens liege dies nahe, da ein großes Interesse der EU an dieser aufstrebenden Wirtschaftsmacht bestehe. Die Aufnahme einer Organisation in diese Liste habe zwar Indizwirkung, genüge aber allein nicht für Feststellungen nach § 54 Nr. 5 AufenthG. Vielmehr sei eine eigenständige Prüfung der Behörden und Gerichte erforderlich. Umgekehrt sei dem Senat zuzugeben, dass eine längere Untätigkeit einer vormals terroristisch aktiven Gruppierung nicht per se den Rückschluss auf eine entfallene Gefährlichkeit erlaube. Andererseits könne aber eine schwierige Informationsgewinnung und unklare Informationslage nicht zu Lasten des Klägers gehen. Denn mangele es an konkreten und belastbaren Tatsachenfeststellungen, sei der Schluss auf eine aktuelle Gefährlichkeit der Organisation unzulässig und nur dieser Schluss wiederum rechtfertige den Eingriff in seine Rechte. Gerade wenn die Norm unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten derart problematisch sei, werde man eine unklare Sachverhaltssituation nicht für einen Eingriff genügen lassen können. Es sei zwischen der Babbar Khalsa einerseits und der ISYF andererseits zu unterscheiden. Die Babbar Khalsa sei in der Vergangenheit stets die gewaltbereitere Organisation gewesen, während die ISYF, die in Indien selbst nicht aktiv sei, die auch früher weit weniger militanten Mutterorganisationen AISSF und SSF unterstütze und ebenso wie diese gespalten sei. So gebe es den sog. Rhode-Flügel, der Gewalt als Mittel zur Schaffung eines selbstständigen Staates Khalistan abgelehnt habe, und den sog. Bittu-Flügel, der nach der SSF des Daljit Singh Bittu benannt sei. Daljit Singh Bittu sei in Indien lange als Terrorist gesucht worden und auch verhaftet worden, gelte aber heute - soweit ersichtlich - nicht mehr als militanter Politiker der Sikhs. Nach den zur Verfügung stehenden Informationen würden militante Aktionen der letzten Jahre zwar der Babbar Khalsa, nicht aber der ISYF oder ihren Mutterorganisationen zugeschrieben. Der Kläger sei seit einiger Zeit nur noch einfaches Mitglied der ISYF. Wenn aber nach dem Urteil des BVerwG vom 13. Januar 2009 (1 C 2.08) das Fortbestehen der Mitgliedschaft in einer Vereinigung, die wegen der Gefährdung der freiheitlich demokratischen Grundordnung verboten worden sei, für sich genommen regelmäßig noch keine Gefährdung im Sinne des § 54 Nr. 5a AufenthG begründe, dann deute auch dies darauf hin, dass die Anforderungen an eine aktuelle Gefährlichkeit hoch seien. Die Darlegungs- und Beweislast für Tatsachen, welche die Schlussfolgerung rechtfertigten, dass die Vereinigung, der er angehöre, den Terrorismus unterstütze, liege bei dem Beklagten.
25 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
26 
Dem Senat liegen Akten des Regierungspräsidiums Tübingen sowie Akten des Verwaltungsgerichts vor.

Entscheidungsgründe

 
27 
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht erhobene Berufung hat Erfolg.
28 
Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen. Denn der angegriffene Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen ist rechtmäßig und verletzt schon daher nicht die Rechte des Klägers (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
29 
I. Ausweisung:
30 
Der Beklagte hat die Ausweisungsverfügung rechtsfehlerfrei auf § 54 Nr. 5 AufenthG gestützt. Hiernach ist ein Ausländer in der Regel auszuweisen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt hat; dabei gilt für zurückliegende Mitgliedschaften oder Unterstützungshandlungen die Einschränkung, dass hierauf eine Ausweisung nur gestützt werden kann, soweit diese eine gegenwärtige Gefährlichkeit begründen.
31 
Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 15. März 2005 (1 C 26.03 – BVerwGE 123, 114) zu der in der Sache nicht wesentlich unterschiedlichen Vorläufervorschrift des § 8 Abs. 1 Nr. 5 letzte Variante AuslG 1990 (i.V.m. § 47 Abs. 2 Nr. 4 AuslG 1990) folgende Grundsätze aufgestellt, die der Senat seiner Rechtsprechung zugrunde legt.
32 
Zum Unterstützungsbegriff hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt:
33 
„Auch die "bloße Teilnahme" an Veranstaltungen und Demonstrationen der der Klägerin vorgehaltenen Art kann unter bestimmten Voraussetzungen eine durch § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG sanktionierte Vorfeldunterstützung des internationalen Terrorismus darstellen. Als tatbestandserhebliches Unterstützen ist - in Anlehnung an die von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum strafrechtlichen Unterstützungsbegriff nach §§ 129, 129 a StGB entwickelten Kriterien - jede Tätigkeit anzusehen, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt, auswirkt (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 1984 - 3 StR 526/83 (S) - BGHSt 32, 243; ähnlich Jakober in: Jakober/Welte, Aktuelles Ausländerrecht, § 8 AuslG Rn. 620 und Berlit in: GK-StAR § 86 AuslG Rn. 90 bis 92 zum Unterstützungsbegriff in § 86 Abs. 1 Nr. 2 AuslG 1990). Dazu zählt jedes Tätigwerden eines Nichtmitglieds, das die innere Organisation und den Zusammenhalt der Vereinigung fördert, ihren Fortbestand oder die Verwirklichung ihrer auf die Unterstützung terroristischer Bestrebungen gerichteten Ziele fördert und damit ihre potenzielle Gefährlichkeit festigt und ihr Gefährdungspotenzial stärkt (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juli 1984 - 3 StR 62/84 - BGHSt 33, 16 unter Hinweis auf BGHSt 29, 99 <101>; 32, 243 <244>). Auf einen beweis- und messbaren Nutzen für die Verwirklichung der missbilligten Ziele kommt es ebenso wenig an (vgl. BGH, Beschluss vom 24. August 1987 - 4 StB 18/87 - NJW 1988, 1677 unter Hinweis auf BGHSt 29, 99 <101>; 32, 243, <244>) wie - unter Berücksichtigung des präventiven, der Gefahrenabwehr dienenden Zwecks des § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG - auf eine subjektive Vorwerfbarkeit (vgl. auch die Begründung zu Art. 11 Nr. 3 des Gesetzentwurfs in BTDrucks 14/7386, S. 54: "Dabei muss die von einem Ausländer ausgehende Gefahr entweder gegenwärtig bestehen oder für die Zukunft zu erwarten sein, abgeschlossene Sachverhalte aus der Vergangenheit ohne gegenwärtige oder künftige Relevanz bleiben außer Betracht.").
34 
Allerdings muss auch die eine Unterstützung der Vereinigung, ihre Bestrebungen oder ihre Tätigkeit bezweckende Zielrichtung des Handelns für den Ausländer regelmäßig erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein (zum Ausnahmefall der Inanspruchnahme als Anscheinsstörer in einer zugespitzten Krisensituation vgl. Urteile vom 11. November 1980 - BVerwG 1 C 23.75 und BVerwG 1 C 46.75 - Buchholz 402.24 § 10 AuslG Nrn. 75, 76 und Urteil vom 1. Juli 1975 - BVerwG 1 C 35.70 - BVerwGE 49, 36 <42 ff.>). An einem Unterstützen fehlt es hingegen, wenn jemand allein einzelne politische, humanitäre oder sonstige Ziele der Organisation, nicht aber auch die Unterstützung des internationalen Terrorismus befürwortet - und sich hiervon ggf. deutlich distanziert - und lediglich dies durch seine Teilnahme an erlaubten Veranstaltungen in Wahrnehmung seines Grundrechts auf freie Meinungsäußerung nach außen vertritt. Dienen solche Veranstaltungen allerdings erkennbar dazu, nicht nur einzelne Meinungen kundzutun, wie sie auch die Vereinigung vertritt, sondern durch die - auch massenhafte - Teilnahme jedenfalls auch diese Vereinigung selbst vorbehaltlos und unter Inkaufnahme des Anscheins der Billigung ihrer terroristischen Bestrebungen (beispielsweise wegen des angekündigten Auftretens von Funktionären einer verbotenen Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt) zu fördern, dann liegt ein im Hinblick auf den Normzweck potenziell gefährliches Unterstützen im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG vor, der die Freiheit der Meinungsäußerung insoweit verhältnismäßig beschränkt. Eine Unterstützung im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG kann ferner dann in Betracht kommen, wenn - wie der Klägerin vorgehalten und vom Berufungsgericht zunächst unterstellt - durch zahlreiche Beteiligungen an Demonstrationen und Veranstaltungen im Umfeld einer Vereinigung wie der verbotenen PKK bei einer wertenden Gesamtschau zur Überzeugung des Tatsachengerichts feststeht, dass der Ausländer auch als Nichtmitglied in einer inneren Nähe und Verbundenheit zu der Vereinigung selbst steht, die er durch sein Engagement als ständiger (passiver) Teilnehmer zum Ausdruck bringt, und damit deren Stellung in der Gesellschaft (vor allem unter Landsleuten) begünstigend beeinflusst, ihre Aktionsmöglichkeiten und eventuell auch ihr Rekrutierungsfeld erweitert und dadurch insgesamt zu einer Stärkung ihres latenten Gefahrenpotenzials beiträgt (vgl. BGH, Beschluss vom 24. August 1987 - 4 StB 18/87 - a.a.O.). Dabei muss allerdings die terroristische oder den Terrorismus unterstützende Tätigkeit der Vereinigung im In- oder Ausland zum jeweiligen Zeitpunkt feststehen und das Verhalten des Einzelnen auch unter Berücksichtigung etwaiger glaubhafter Distanzierungen von der Vorfeldunterstützung des Terrorismus (oder des Fehlens jeglicher Distanzierung wie bisher bei der Klägerin) gewürdigt werden. Die potenzielle Erhöhung des latenten Gefährdungsrisikos, welches von einer Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt, für die innere und äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und anderer Staaten sowie die Völkergemeinschaft ausgeht, ist erforderlich, aber auch ausreichend, um ein Verhalten unter den durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz eingefügten, die allgemeine Sicherheitsgefährdungsklausel in § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG bewusst erweiternden Unterstützungstatbestand zu subsumieren (vgl. auch die Begründung zu Art. 11 Nr. 3 des Gesetzentwurfs in BTDrucks 14/7386, S. 54).
35 
Erfasst wird neben den Erscheinungsformen der Gewaltanwendung ebenfalls die Mitgliedschaft oder Unterstützung von Vereinigungen, die Anschläge gegen Personen oder Sachen veranlassen, befürworten oder androhen, unabhängig davon, wo die Anschläge verübt werden. Diese Ausdehnung auf über das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland hinaus agierenden Tätergruppen ist angesichts der Erscheinungsformen des international organisierten Terrorismus, der immer auch latent eine Bedrohung für die Bundesrepublik Deutschland darstellt, geboten.
36 
Eine darüber hinausgehende konkrete oder persönliche Gefährdung der inneren oder äußeren Sicherheit ist dagegen nicht erforderlich (so aber wohl VGH Mannheim, Beschluss vom 18. November 2004 - 13 S 2394/04 - InfAuslR 2005, 31 und Marx, ZAR 2004, 275; ZAR 2002, 127 unter Übernahme der zur alten Fassung des Ausweisungsgrundes nach § 46 Nr. 1 AuslG 1990, § 10 AuslG 1965 entwickelten Abgrenzung). Ebenso wenig ist ein "aktives Tätigwerden" erforderlich, wie es im angefochtenen Berufungsurteil (UA S. 7) unter Bezugnahme auf einen vom Bundesgerichtshof aufgehobenen Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts zur Auslegung des § 129 a Abs. 3 StGB (vgl. BGH, Beschluss vom 24. August 1987 - 4 StB 18/87 - a.a.O.) vorausgesetzt wird. Die Schwelle für das Eingreifen des neuen Versagungs- und Regelausweisungsgrundes nach § 8 Abs. 1 Nr. 5 letzte Alternative AuslG ist nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers angesichts der außerordentlichen Gefahren des internationalen Terrorismus deutlich niedriger anzusetzen als die Anforderungen an eine persönliche und konkrete Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland nach der bereits früher geltenden ersten Alternative (vgl. oben 3 a).
37 
Der Beklagte hat hierzu zutreffend darauf hingewiesen, dass die neuen ausländerrechtlichen Regelungen zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus im Zusammenhang mit der UN-Resolution 1373 vom 28. September 2001 zu sehen sind, in der die Staaten aufgefordert werden, die Nutzung ihres Staatsgebiets für die Vorbereitung, Durchführung und Finanzierung internationaler terroristischer Akte zu verhindern. § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG in der hier anzuwendenden Fassung ist in Reaktion auf die Terroranschläge vom 11. September 2001 durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz mit Wirkung vom 1. Januar 2002 eingefügt worden in dem Bestreben, in Übereinstimmung mit der UN-Resolution 1373 (2001) dem internationalen Terrorismus weltweit schon im Vorfeld die logistische Basis zu entziehen (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs in BTDrucks 14/7386 , S. 35)
38 
Mit den Anschlägen in den Vereinigten Staaten von Amerika vom 11. September 2001 hat die terroristische Bedrohung weltweit eine neue Dimension erreicht. Vorbereitung und Ausführung der Anschläge waren gekennzeichnet durch ein hohes Ausmaß an Brutalität, Menschenverachtung und Fanatismus. Hinter den Anschlägen steht ein staatenübergreifendes Netz logistischer Verknüpfungen und operativer Strukturen.
39 
Die neue Dimension des Terrorismus und dessen internationale Ausprägung stellen die Sicherheitsbehörden vor neue, schwere Aufgaben. Niemand kann ausschließen, dass nicht auch Deutschland das Ziel solcher terroristischer Attacken wird.
40 
Die gemeinsame Aufgabe aller staatlichen Kräfte muss es sein, dieser Bedrohung mit geeigneten Schutzmaßnahmen entgegen zu treten. Aufgabe der Politik ist es, mögliche Gefahren für die innere Sicherheit und Ordnung gegen Angriffe von innen wie von außen frühzeitig zu erkennen und alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um das Risiko ihres Eintritts zu minimieren.
41 
Die Innen- und Justizminister der EU haben am 20. September 2001 in einer von Deutschland initiierten Sondersitzung des Rates Justiz und Inneres einen umfangreichen Maßnahmenkatalog zur Terrorismusbekämpfung beschlossen. Dieser Katalog sieht unter anderem Maßnahmen bei der Visaerteilung, der Grenzkontrolle sowie Maßnahmen im Inland vor, die sich in weiten Bereichen mit dem nationalen Sicherheitspaket decken. Deutschland hat darüber hinaus eine Reihe von Vorschlägen eingebracht, die zur Konkretisierung der Schlussfolgerungen des Sonderrates für Justiz und Inneres sowie der Resolution des VN-Sicherheitsrates vom 28. September 2001 (Nummer 1373) dienen. Die VN-Resolution fordert unter anderem, durch geeignete Maßnahmen
42 
- die Identifizierung von Terroristen vor der Einreise,
        
- den Schutz von Identitätspapieren und deren missbräuchlicher Verwendung,
        
- einen beschleunigten nationalen und grenzüberschreitenden Informationsaustausch über Terroristen und deren Bewegungen sowie über gefälschte Dokumente und
        
- die Verhinderung des Missbrauchs des Flüchtlingsstatus für terroristische Aktivitäten
43 
sicherzustellen.
44 
Die Verhandlungen zur Umsetzung dieser Vorschläge werden längere Zeit in Anspruch nehmen. Im Hinblick auf die akute Terrorismusgefahr sind daher bereits jetzt entsprechende nationale Maßnahmen erforderlich.
45 
Mit Rücksicht auf diese Zielsetzung ist der Unterstützungsbegriff in § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG auszulegen und anzuwenden. Maßgeblich ist, inwieweit das festgestellte Verhalten des Einzelnen zu den latenten Gefahren der Vorfeldunterstützung des Terrorismus nicht nur ganz unwesentlich oder geringfügig beiträgt und deshalb selbst potenziell gefährlich erscheint. Wegen der tatbestandlichen Weite des Unterstützungsbegriffs ist allerdings - wie bereits ausgeführt - bei der Anwendung der Vorschrift darauf zu achten, dass nicht unverhältnismäßig namentlich in das auch Ausländern zustehende Recht auf freie Meinungsäußerung jenseits der zumindest mittelbaren Billigung terroristischer Bestrebungen eingegriffen wird. Die Ausländerbehörden und die Verwaltungsgerichte können erst nach einer umfassenden und konkreten Prüfung der Aktivitäten der Vereinigung und des Verhaltens des Ausländers durch eine wertende Gesamtbetrachtung entscheiden, ob ein Ausländer eine Vereinigung unterstützt, die ihrerseits den internationalen Terrorismus unterstützt. Nur wenn feststeht, dass und zu welchem Zeitpunkt eine Vereinigung - wie hier die PKK und ihre Teil- oder Nachfolgeorganisationen - terroristische Bestrebungen unterstützt oder sich selbst terroristisch betätigt, kommt eine tatbestandsmäßige Unterstützung durch einzelne Personen in Betracht.“
46 
Der Senat kann in diesem Zusammenhang die Frage offen lassen, ob die Herausnahme nur ganz unwesentlicher oder geringfügiger Unterstützungshandlungen sachgerecht ist, oder ob insoweit nicht der Ansatz vorzugswürdig wäre, in diesem Fall eine die Regel durchbrechende Atypik anzunehmen (so etwa Discher, in: GK-AufenthG, § 54 AufenthG Rdn. 515). Denn solche Handlungen sind im vorliegenden Fall nicht zu beurteilen, wie noch darzulegen sein wird. In diesem Zusammenhang ist namentlich mit Rücksicht auf das Vorbringen des Klägers darauf hinzuweisen und zu verdeutlichen, dass die hier maßgebliche Bestimmung des § 54 Nr. 5 AufenthG (anders als die der Nr. 5a) weder vom Tatbestand noch nach Sinn und Zweck, aber auch nicht aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eine vom Betroffenen ausgehende konkrete Gefährdung voraussetzt. Eine solche wird nur vorausgesetzt, wenn eine vergangene Mitgliedschaft des Ausländers oder zurückliegende Unterstützungshandlungen (außerhalb einer Mitgliedschaft) zu beurteilen sind; hierum geht es im vorliegenden Fall jedoch nicht, da der Kläger nach wie vor aktives ISYF-Mitglied ist. Von diesem Verständnis geht das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 15. März 2005 zu Recht aus. Dem liegt die zutreffende und keineswegs mit größerer zeitlichen Distanz zu den Ereignissen des 11. September 2001 überholte Überlegung zugrunde, dass der internationale Terrorismus ein außerordentliches Gefahrpotential darstellt und die Bestimmung in besonderem Maße der Umsetzung und Durchsetzung völkerrechtlicher Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland dienen soll (vgl. auch Hailbronner, Ausländerrecht, § 54 AufenthG Rdn. 31), weshalb das hier zu beurteilende Instrumentarium bereits weit im Vorfeld des unmittelbar ausgeübten und in die Tat umgesetzten Terrorismus greifen soll und muss.
47 
Zum Terrorismusbegriff führt das Bundesverwaltungsgericht aus (vgl. hierzu auch Discher, in: GK-AufenthG, § 54 AufenthG Rdn. 436 ff. sowie Schweisfurth, Völkerrecht, 2006, S. 498 ff.):
48 
„Das Terrorismusbekämpfungsgesetz enthält zwar selbst keine Definition, was unter Terrorismus zu verstehen ist, setzt aber einen der Rechtsanwendung fähigen Begriff des Terrorismus voraus (vgl. kritisch etwa Marx, ZAR 2002, 127<128 f.> und ZAR 2004, 275). Auch wenn bisher die Versuche, auf völkerrechtlicher Ebene eine allgemein anerkannte vertragliche Definition des Terrorismus zu entwickeln, nicht in vollem Umfang erfolgreich gewesen sind (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, § 8 AuslG Rn. 53; Davy, ZAR 2003, 43 f.; Renner, ZAR 2003, 52 f.), ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts doch in den Grundsätzen geklärt, unter welchen Voraussetzungen die - völkerrechtlich geächtete - Verfolgung politischer Ziele mit terroristischen Mitteln anzunehmen ist (vgl. auch Schmahl, ZAR 2004, 217 <219> unter Hinweis auf einen weitgehenden Konsens bei der Definition terroristischer Straftaten in Art. 2 Abs. 1 Buchst. b des Internationalen Übereinkommens zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus vom 9. Dezember 1999, BGBl II 2003 S. 1923 und auf die Definition terroristischer Straftaten auf Gemeinschaftsebene in dem Beschluss des Rates Nr. 2002/475/JI vom 13. Juni 2002, ABl 2002 L164, S. 3; vgl. ebenso schon den Gemeinsamen Standpunkt des Rates 2001/931/GASP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus vom 27. Dezember 2001, ABl 2001 L 344, S. 93). Eine Vereinigung, die selbst - wie die PKK jedenfalls in der Vergangenheit innerhalb und außerhalb der Türkei - ihre politischen Ziele zumindest auch mit terroristischen Mitteln verfolgt hat (vgl. Urteile vom 30. März 1999  - BVerwG 9 C 31.98, 9 C 23.98 und 9 C 22.98 - BVerwGE 109, 1; 109, 12 und 109, 25), gehört zweifellos zu denjenigen Vereinigungen, die § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG im Blick hat. In dem erneuten Berufungsverfahren wird sich der Verwaltungsgerichtshof zur Beurteilung der Terrorismusgefahr durch die PKK im Übrigen auch mit den Beschlüssen des Rates der Europäischen Union über Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus befassen müssen, nach denen die PKK in einer Liste der an terroristischen Handlungen beteiligten Personen, Vereinigungen und Körperschaften aufgeführt ist (vgl. zuletzt Anhang unter 2. Nr. 21 zu dem Gemeinsamen Standpunkt 2005/220/GASP des Rates vom 14. März 2005 zur Aktualisierung des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GASP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus und zur Aufhebung des Gemeinsamen Standpunkts 2004/500/GASP, ABl 2005 L 069, S. 59).“
49 
Dieses zugrunde gelegt ist hier von Folgendem auszugehen: Der Kläger war nach den Feststellungen des Senats mehrere Jahre bis Ende 2007 Vorsitzender der ISYF Baden-Württemberg und ist in der Folgezeit weiter einfaches, aber aktives Mitglied und nimmt auch in dieser Stellung an vielfältigen Aktivitäten der Organisation in der Bundesrepublik Deutschland teil. Mitgliedschaft sowie Aktivitäten wurden im Berufungsverfahren vom Kläger ausdrücklich nochmals bestätigt.
50 
Es steht auch für den Senat hinreichend verlässlich fest, dass die ISYF eine Organisation ist, die nach den dargestellten Grundsätzen und dem hiernach nicht zu eng zu verstehenden Unterstützungsbegriff den Terrorismus „unterstützt“. Sie ist als Auslandsorganisation der „All India Sikh Student Federation“ (AISSY) nach den vorliegenden Erkenntnismitteln zwar nicht ausschließlich, aber doch vorwiegend außerhalb Indiens tätig. Die ISYF war möglicherweise nicht selbst unmittelbar an terroristischen Aktivitäten beteiligt gewesen und hat insbesondere nicht zur Begehung solcher gerade in der Bundesrepublik Deutschland aufgerufen (vgl. Bundesamt für Verfassungsschutz v. 20. Juli 2004; BKA v. 1. April 2010; vgl. aber BND v. 13. April 2010, wonach gerade auch Mitglieder der ISYF nach 1984 an Anschlägen beteiligt gewesen und noch im Dezember 2006 militante Aktivisten der ISYF in Indien verhaftet worden seien; vgl. zudem das South Asia Terrorism Portal, Stand 1. März 2010, das von einer unmittelbaren Beteiligung spricht). Die Organisation sah und sieht, was ihre Auslandsaktivitäten betrifft, eine wesentliche Aufgabe und Funktion darin, Gelder zu sammeln, um damit zumindest auch die wirtschaftlichen Grundlagen der Bewegung zur gewaltsamen Löslösung eines unabhängigen Khalistan zu stärken, deren integraler Bestandteil jedenfalls in der Vergangenheit auch die Begehung terroristischer Akte war (vgl. Südasieninstitut v. 8. Juli 2008 und 26. April 2004; Bundesamt für Verfassungsschutz, Verfassungsschutzbericht 2008; BND v. 13. April 2010; South Asia Terrorism Portal, Stand 1. März 2010). Dass Gelder möglicherweise auch zur Unterstützung der Familien von „Märtyrern“ verwendet wurden (vgl. hierzu die Äußerungen des Klägers im Asylerstverfahren und hierzu noch im Folgenden) steht dem nicht entgegen, da sich die Organisation nach den verwerteten Erkenntnismitteln keineswegs als karitativ versteht. Daneben ist die Organisation in vielfältiger Weise, insbesondere durch die Abhaltung sog. Märtyrergedenktage ideologisch und informatorisch tätig (vgl. hierzu die vorgenannten Erkenntnismittel). Zwar mag sie allein damit noch nicht den Tatbestand der Unterstützung erfüllen (vgl. hierzu und zu möglichen Bedenken BVerwG, U. v. 15. März 2005 – a.a.O. Rdn. 41). Diese Aktivitäten sind aber geeignet, das Gesamtbild abzurunden. Die AISSY wurde demgegenüber nach allen vorliegenden Erkenntnismitteln bis in die jüngste Vergangenheit als eine Organisation beschrieben und beurteilt, die personell und materiell selbst mit dem Sikh-Terrorismus in Indien, der auch in Pakistan einen sicheren Rückzugsraum gefunden hat und findet, in unmittelbarer Verbindung steht (vgl. Südasieninstitut v. 8. Juli 2008 und 26. April 2004; Bundesamt für Verfassungsschutz, Verfassungsschutzbericht 2008; Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg, Verfassungsschutzbericht 2008; Jamestown Foundation v. 9. Januar 2009; UNHCR v. 22. März 2006; Immigration und Refugee Board of Canada v. 16. April 2009; The Mackenzie Institute, 2006; South Asia Terrorism Portal, Stand 1. März 2010).
51 
Der Senat kann in diesem Zusammenhang offen lassen, ob – wie der Beklagte meint – dem Umstand, dass die ISYF in den Anhang Ziffer 2 der aktuell gültigen Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1285/2009 des Rates v. 22. Dezember 2009 (ABl. L 346, S. 39) aufgenommen wurde, die von ihm für richtig gehaltene Bindungswirkung zukommen kann, oder ob, wie das Verwaltungsgericht mit guten Gründen dargelegt hat, wegen des hier nicht gegebenen sachlichen Anwendungsbereichs der Vorschrift, eine solche auszuscheiden hätte. Bedenken gegen eine Bindungswirkung könnten sich aus rechtstaatlichen Überlegungen und im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG auch deshalb ergeben, weil der Kläger individuell gar nicht in der Lage wäre, den vom Beklagten aufgezeigten Weg einer gerichtlichen Klärung der Aufnahme in den Anhang Ziffer 2 zu beschreiten (vgl. zu den Aspekten eines effektiven, auch unionsrechtlich garantierten effektiven Rechtsschutzes EuGH, Urteil v. 3. September 2008 – C- 402/05 P u.a., Kadi - DVBl 2009, 175-178). Gegen eine derartige Bindungs- oder Tatbestandswirkung (vgl. hierzu Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., 2008, § 43 Rdn. 154 ff.) spricht auch entschieden, dass es keine etwa den §§ 4 und 42 AsylVfG vergleichbare normative Vorgabe gibt, die auch nur ansatzweise in diese Richtung deuten könnte.
52 
Jedenfalls aber kommt der Aufnahme angesichts der vorgenannten vielfältigen Einschätzungen und Äußerungen eine nicht unerhebliche Indizwirkung zu. Dies gilt nicht zuletzt auch deshalb, weil der genannte unionsrechtliche Rechtsakt seinen Geltungsanspruch u.a. auch aus den Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 12. und 28. September 2001 (Nr. 1368 und 1373) ableitet (vgl. den Gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 27. Dezember 2001 2001/931/GASP), die den Staaten der Weltgemeinschaft völkerrechtlich bindend aufgibt, dem internationalen Terrorismus keinerlei – auch nur passive - Unterstützung zu leisten. Insbesondere haben hiernach alle Staaten die Verpflichtung, denjenigen Personen, die terroristische Handlungen finanzieren, planen, unterstützen oder begehen oder die den Tätern Unterschlupf gewähren, jeden sicheren Aufenthaltsort zu verweigern (vgl. Ziffer 2 lit. a und c) Resolution Nr. 1373; vgl. zur völkerrechtlichen Verbindlichkeit Schweisfurth, Völkerrecht, 2006, S. 496 ff.).
53 
Allerdings setzt der Tatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG voraus, dass der unterstützte Terrorismus überhaupt noch aktuell ist und nicht etwa der Vergangenheit angehört. Dieser einschränkende Aspekt folgt schon aus der Wertung des § 54 Nr. 5 Hs. 2 AufenthG und nicht zuletzt aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Vorschrift sanktioniert – anders als möglicherweise Art. 1 F lit. c) GFK bzw. Art. 17 Abs. 1 lit. c) QRL (vgl. hierzu unter II) – nicht etwa in der Vergangenheit liegende Verhaltensweisen, die sich auf terroristische Organisationen und deren Taten bezieht, die nicht mehr existent, überholt und ohne Gegenwartsbezug sind. Aus dem Umstand, dass nach den vom Verwaltungsgericht eingeholten bzw. verwerteten Stellungnahmen des Auswärtigen Amtes (vgl. insbesondere Stellungnahme vom 14. September 2009) seit etwa 2000 die den militanten Sikh-Organisationen zugerechneten terroristischen Gewalttaten nahezu zum Erliegen gekommen sein sollen und diesbezüglich in dem vom Kläger in der mündlichen Verhandlung auszugsweise vorgelegten Jahresbericht 2009/2010 des Ministry of Home Affairs of India nichts Entsprechendes mehr erwähnt wird (vollständig abzurufen unter http://www.mha.nic.in), kann jedoch gegenwärtig nicht geschlossen werden, im vorliegenden Fall könnte ein solcher Sachverhalt ohne den erforderlichen Gegenwartsbezug gegeben sein. Denn dieser vom Auswärtigen Amt konstatierte Zustand kann vielerlei Ursachen haben und lässt keinen hinreichend verlässlichen Schluss darauf zu, dass das terroristische Gewaltpotential endgültig aus der Welt sein könnte. Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - maßgebliche Akteure des Terrors nach wie vor existieren. Denn der Umstand, dass gegenwärtig keine Aktivitäten zu beobachten sind, kann namentlich darauf beruhen, dass die finanziellen wie auch die personellen Ressourcen defizitär sind bzw. auch die Sicherheitsvorkehrungen entsprechend effektiv sind. Der BND (v. 13. April 2010) geht in diesem Zusammenhang davon aus, dass jedenfalls die Strukturen des Sikh-Terrorismus in Indien zumindest weitgehend zerschlagen sind und ihm eine ausreichende Basis in der Bevölkerung fehlt, um gegenwärtig effektiv arbeiten zu können. Zudem ist zu bedenken, dass es auch in der jüngsten Vergangenheit durchaus zu Terrorakten gekommen ist, wie etwa der Anschlag im November 2008 in Mumbai (vgl. Jamestown Foundation v. 9. Januar 2009), die nicht zuverlässig zugeschrieben werden können.
54 
Von wesentlicher Bedeutung für diese Einschätzung und die vom Senat zu treffende Feststellung eines noch hinreichend aktuellen Gegenwartsbezugs ist auch, dass in jüngster Zeit verschiedentlich darüber berichtet wurde, es gebe aktuelle Restrukturierungsbestrebungen des Sikh Terrorismus und insoweit insbesondere auch der Auslandsbetätigungen der ISYF (vgl. etwa Jamestown Foundation v. 9. Januar 2009; Immigration and Refugee Board of Canada v. 16. April 2009; South Asia Terrorism Portal Stand 1. März 2010; BND v. 13. April 2010). So wird von verstärkten Kontakten zum pakistanischen Geheimdienst berichtet und von Regruppierungen in Pakistan (vgl. Jamestown Foundation v. 9. Januar 2009; Immigration and Refugee Board of Canada v. 16. April 2009). Jedenfalls angesichts dieser Entwicklungen wäre es verfehlt und wenig lebensnah, wollte man verlangen, dass es erst wieder zu konkreten neuen terroristischen Akten kommen muss, bevor man von einer relevanten terrorismusbezogenen Unterstützung sprechen kann.
55 
Unter diesen Umständen wäre das durch § 54 Nr. 5 AufenthG vorausgesetzte und vom Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 15. März 2005 näher beschriebene und, wie oben ausgeführt, keinesfalls zu hoch anzusetzende Gefährdungspotential allerdings dann entfallen, wenn eine glaubwürdige öffentliche und auch praktizierte Distanzierung von jeglichen terroristischen Praktiken von Seiten der ISYF erfolgt wäre. Dafür ist jedoch nichts ersichtlich (vgl. hierzu auch BKA v. 1. April 2010, das ausdrücklich eine erfolgte Distanzierung und entsprechende öffentlich bekannt gewordene Verlautbarungen verneint). Namentlich hat der Kläger auch auf entsprechende Hinweise im Berufungsverfahren keine diesbezüglichen Informationen geliefert, im Gegenteil: Er ist gerade in diesem Zusammenhang bemerkenswert einsilbig und unpräzise geblieben.
56 
Zwar wird von in der Vergangenheit erfolgten Spaltungen der AISSY bzw. der ISYF berichtet (vgl. etwa UNHCR v. 22. März 2006; South Asia Terrorism Portal Stand 1. März 2010; Immigration and Refugee Board of Canada v. 16. April 2009; BND v. 13. April 2010). In diesem Zusammenhang wird aber schon nicht einmal deutlich, dass sich zumindest eine hinreichend abgegrenzte und abgrenzbare Fraktion herausgebildet haben könnte, die überzeugend und glaubwürdig endgültig und ohne „wenn und aber“ dem Terrorismus die Gefolgschaft verweigert hätte und auch weiter verweigern würde. Abgesehen davon bestehen gerade auch nach dem Vorbringen im Berufungsverfahren keine hinreichenden Anhaltspunkte, dass sich der Kläger – so es denn eine solche Fraktion überhaupt geben sollte – eindeutig und glaubwürdig gerade dieser zugewandt haben könnte und sich mit dieser identifizieren würde (vgl. zu diesem Aspekt im Kontext des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG BVerwG, U. v. 2. Dezember 2009 – 5 C 24.08), sodass von einem Wegfall der Voraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG auszugehen wäre. Auch hier hat der Kläger unübersehbar jede klare Stellungnahme und Einlassung vermieden und hat im Grunde alles offen und im Ungefähren gelassen. In diesem Zusammenhang ist hinsichtlich des Berufungsvorbringens noch darauf hinzuweisen, dass aus den verwerteten Erkenntnismitteln keine Anhaltspunkte abgeleitet werden können, dass nur die Babbar Khalsa dem Terrorismus zugerechnet werden kann, nicht jedoch die ISYF.
57 
Bei der Würdigung der Person des Klägers und seiner politischen Betätigung sowie der persönlichen Einlassungen im Verfahren kann der Senat auch nicht außer Acht lassen, dass er bei seiner Anhörung durch das Bundesamt im Asylerstverfahren bestätigt hatte, an der Verteilung von Geldern an bedürftige Familien, die ihren Ernährer bei gewaltsamen Auseinandersetzungen in Indien verloren hatten, beteiligt gewesen zu sein. Weiter hatte er davon gesprochen, dass er geheime, ihm allerdings unbekannte Nachrichten als Kurier überbracht haben will. Schließlich hatte er die Anwendung von Gewalt bei der Schaffung eines unabhängigen Khalistan ausdrücklich gebilligt.
58 
Die vom Beklagten hilfsweise angestellten Ermessenserwägungen lassen keine rechtserheblichen Defizite erkennen. Wenn der Beklagte davon ausgeht, dass ggf. die gesamte Familie mit dem Kläger ausreisen werde, so ist dieser Ausgangspunkt nicht zu beanstanden. Denn die anderen Familienangehörigen haben ihrerseits kein Aufenthaltsrecht; auch halten sie sich – ohne dass es zu einer rechtserheblichen Verwurzelung in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland gekommen wäre – viel zu kurz im Bundesgebiet auf, als dass ihnen eine Rückkehr nicht mehr zugemutet werden könnte. Was den im Jahre 2007 geborenen Sohn des Klägers betrifft, kann zwar hinsichtlich eines möglichen zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots § 42 AsylVfG nicht eingewandt werden, weil dieser wohl kein Asylverfahren durchgeführt hat. Gleichwohl ist nichts dafür ersichtlich, dass aus Gründen einer Behandlungsbedürftigkeit der Herzkrankheit, über die auch nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung jedenfalls keine aktuellen Informationen vorliegen, ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bestehen könnte. Der Beklagte ist im angegriffenen Bescheid davon ausgegangen, dass eine Behandlung in Indien möglich sein werde, was der Kläger zu keinem Zeitpunkt - weder im verwaltungsgerichtlichen Verfahren noch im Berufungsverfahren – überhaupt, geschweige denn substantiiert in Zweifel gezogen hat. Insoweit sind die selbstständig tragend angestellten (hilfsweisen) Ermessenserwägungen nicht zu beanstanden.
59 
Gleichwohl hat der Beklagte zusätzlich unterstellt, dass – nach Entfallen der Foltergefahr – es zu einer Trennung der Familie kommen könnte, insoweit dann aber mit Rücksicht auf die überragende Bedeutung des öffentlichen Interesses an einer konsequenten Bekämpfung des internationalen Terrorismus, das, wie dargelegt, insbesondere seine Rechtfertigung in den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland findet, einer Trennung der Familie den Vorzug eingeräumt. Insoweit handelt es sich um eine zwar nicht zwingende, gleichwohl rechtlich mögliche Ermessensentscheidung.
60 
Der Umstand, dass die Ausweisung nicht vollzogen werden kann, solange die Feststellung nach § 60 Abs. 2 AufenthG Bestand hat und kein aufnahmebereiter Drittstaat in Sicht ist, macht die Ausweisung – entgegen der Auffassung des Klägers - nicht ermessensfehlerhaft, insbesondere auch nicht unverhältnismäßig. Denn immerhin wird mit dieser zum einen konsequent jeder Aufenthaltsverfestigung entgegengewirkt, zum anderen werden dadurch die Aufenthaltsbeschränkungen des § 54a AufenthG ausgelöst.
61 
II. Ablehnung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis
62 
Dem Kläger steht auch keine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG zu.
63 
Der Senat kann letztlich offen lassen, ob der Bundesgesetzgeber mit der in  § 25 Abs. 3 AufenthG gewählten Regelungsstruktur die Vorgaben der Richtlinie 2004/83/EG v. 29. April 2004 (sog. Qualifikationsrichtlinie - QRL) ordnungsgemäß und sachgerecht umgesetzt hat. Diese Umsetzung war hier bereits zum 1. Januar 2005 durch das Zuwanderungsgesetz und damit vor dem Verpflichtungsurteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 26. Mai 2006 erfolgt.
64 
Eine ordnungsgemäße Umsetzung ist allerdings nach Auffassung des Senats nicht erfolgt. Denn die in § 25 Abs. 3 Satz 2 Variante 3 AufenthG genannten Ausschlussgründe, sind nach den bindenden unionsrechtlichen Vorgaben des Art. 17 Abs. 1 QRL solche, die bereits zwingend der Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus nach Art. 15 lit. b) QRL entgegenstehen. Darüber hinaus ist das nationale Recht auch deshalb defizitär, weil der unionsrechtlich in Art. 18 QRL ausdrücklich auch für subsidiär Schutzberechtigte vorgesehene, dem Flüchtlingsstatus (vgl. Art. 13 QRL und insoweit ordnungsgemäß umgesetzt in § 3 Abs. 4 AsylVfG) vergleichbare förmliche Schutzstatus nicht eingeräumt wird, an den unmittelbar unionsrechtlich die (zahlreichen) Gewährleistungen der Art. 20 ff. QRL anknüpfen. Dass unionsrechtlich dieser Schutzstatus von essentieller Bedeutung ist, kommt auch darin zum Ausdruck, dass nach Art. 19 Abs. 3 QRL die Mitgliedstaaten andererseits verpflichtet sind, diesen Status unter den dort im Einzelnen bezeichneten Voraussetzungen wieder zu entziehen, um damit deutlich zu machen, dass Unionsrecht derartige Rechte nicht vermitteln kann und sich die Betroffenen nicht mehr auf diese Rechte berufen können. Soweit § 60 Abs. 2 AufenthG daneben und zugleich den völkervertraglichen Abschiebungsschutz nach Art. 3 EMRK zum Ausdruck bringt und absichert, ist dagegen aus unionsrechtlicher Sicht allerdings nichts zu erinnern. Diese Differenzierung zwischen dem nationalen bzw. völkervertraglichen Abschiebungsschutz und dem unionsrechtlichen subsidiären Schutz und daraus fließenden Schutzstatus ist jedoch, wie dargelegt, von zentraler und nicht zu vernachlässigender Bedeutung und hätte vom nationalen Gesetzgeber nachgezeichnet werden müssen.
65 
Der Ausschlussgrund des Art. 17 Abs. 1 QRL hat hiernach schon im Ansatz systematisch und strukturell unionsrechtlich nichts mit der Frage des aufenthaltsrechtlichen Statusnach Einräumung des Schutzstatus zu tun, weshalb dann auch nach Art. 24 Abs. 2 QRL - vorbehaltlich entgegenstehender zwingender Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung - ein unbedingter Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht. Aus der Tatsache, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit einer Feststellung nach § 60 Abs. 2 AufenthG zugleich unter Verstoß gegen das Unionsrecht und entgegen Art. 17 Abs. 1 lit. c) QRL das Vorliegen der Voraussetzungen des unionsrechtlichen subsidiären Schutzes nach Art. 15 lit. b) QRL feststellt, folgt jedoch unionsrechtlich kein Anspruch der betreffenden Ausländer auf Erteilung eines Aufenthaltstitels im Sinne von Art. 24 Abs. 2 QRL. Allerdings kann mit Rücksicht auf die Bindungswirkung nach § 42 AsylVfG, auch wenn die Entscheidung unter Verstoß gegen zwingendes Unionsrecht (Art. 17 QRL) ergangen ist und eigentlich hätte, was den unionsrechtlichen subsidiären Schutz betrifft, zu Lasten der Betroffenen ausgehen müssen (vgl. zu den Voraussetzungen des Art. 17 Abs. 1 lit. c QRL, der § 25 Abs. 3 Satz 2 Variante 3 lit. c) AufenthG entspricht, noch die folgenden Ausführungen), nicht davon ausgegangen werden, dass § 25 Abs. 3 Satz 2 Variante 3 lit. c) AufenthG unmittelbar dem Anspruch auf Erteilung eines Titels nach Art. 24 Abs. 2 QRL entgegen gehalten werden kann; insbesondere können an sich Sachverhalte, die selbst die Voraussetzungen des Art. 17 Abs. 1 QRL erfüllen, im Ausgangspunkt aus systematischen Gründen nicht unwiderlegbar und gewissermaßen automatisch anspruchsvernichtende zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Sinne von Art. 24 Abs. 2 QRL ausmachen. Gleichwohl bedarf bis zu einer ordnungsgemäßen Umsetzung des Unionsrechts, insbesondere eines ausdrücklichen Verfahrens zur Gewährung eines subsidiären Schutzstatus die Vorbehaltsklausel der zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung der erweiternden Auslegung dergestalt, dass die Ausschlussgründe jedenfalls dem Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels entgegenstehen. Denn unionsrechtlich folgt aus Art. 17 Abs. 1 QRL, dass, wenn schon der Schutzstatus zwingend zu versagen ist, gewissermaßen erst recht ein Anspruch auf Erteilung eines auf diesen zurückzuführenden Titels ausscheiden muss. Wollte man hier einen unionsrechtlichen Anspruch bejahen, so würde der ohnehin gegebene, auf dem Umsetzungsdefizit beruhende Verstoß gegen das Unionsrecht noch wesentlich verschärft mit der Folge, dass ein dem Unionsrecht noch ferneres Ergebnis erzielt würde, was offenkundig mit Art. 4 Abs. 3 EUV unvereinbar wäre.
66 
Nach alledem kann dann zwar allein der Umstand, dass nach nationalem Recht der Erteilung des Titels § 11 Abs. 1 Satz 2 (i.V.m. § 84 Abs. 2 Satz 2) AufenthG entgegenstünde, den Anspruch nach Art. 24 Abs. 2 QRL nicht ohne weiteres entfallen lassen, sondern nur dann, wenn sich in der Sperrwirkung zugleich zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung manifestieren würden. Dies ist aber der Fall, wenn eine Ausweisung wirksam und materiell zu Recht auf § 54 Nr. 5 AufenthG gestützt wird. Namentlich der oben beschriebene völkerrechtliche und unionsrechtliche Hintergrund dieser Bestimmung sowie das mit ihr zu bekämpfende Gefährdungspotential verkörpern typischerweise derartige zwingende Gründe, selbst wenn von den jeweils betroffenen Personen keine unmittelbare konkrete oder gar gegenwärtige Gefahr ausgehen sollte.
67 
Unabhängig hiervon liegen nach Überzeugung des Senats auch die Voraussetzungen des Art. 17 Abs. 1 lit. c QRL bzw. des § 25 Abs. 3 Satz 2 Variante 3 lit. c) AufenthG vor. Hiernach erfolgt ein Ausschluss vom subsidiären Schutzstatus bzw. wird der Aufenthaltstitel abgelehnt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Betreffende sich Handlungen hat zuschulden kommen lassen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderlaufen. Der Wortlaut beider Bestimmungen stimmt im Wesentlichen mit Art. 1 F lit. c) GFK überein. Beide Bestimmungen weichen allerdings von Art. 12 Abs. 2 lit. c) QRL ab, der die maßgeblichen Ziele der Vereinten Nationen als diejenigen benennt und konkretisiert, die in der Präambel der UN-Charta und deren Art. 1 und 2 enthalten sind. Daraus wird teilweise der Schluss gezogen, das Gemeinschaftsrecht habe eine Entscheidung dahin gehend getroffen bzw. entsprechende in der Literatur und Rechtspraxis vertretene Auffassungen bekräftigt, wonach hier als in Betracht kommende Akteure nur Repräsentanten von Staaten oder jedenfalls staatsähnlicher Organisationen gemeint sein können, weil in der UN-Charta an sich nur die Beziehungen von Staaten untereinander in den Blick genommen werden (so etwa OVG NW, U. v. 27. März 2007 - 8 A 5118105.A - juris; Marx, Handbuch zur Qualifikationsrichtlinie, 2009, § 33 Rdn. 97 ff.). Worin dann allerdings bei diesem Ansatz der anwendungsrelevante Unterschied zu § 25 Abs. 3 Satz 2 Variante 3 lit. a) AufenthG (bzw. Art. 12 Abs. 2 lit. a) bzw. Art. 17 Abs. 1 lit. a) QRL) bestehen soll, erschließt sich dem Senat nicht. Zwar hatte UNHCR (Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, 2003, Ziff. 163) sicherlich mit guten Gründen darauf hingewiesen, dass die in der Charta genannten Ziele im Grundsatz nur das Verhältnis der Staaten untereinander betreffen, was die Schlussfolgerung nahe legen konnte, hier liege die Vorstellung und Konzeption zugrunde, der in den Blick zu nehmende Personenkreis sei auf solche Personen beschränkt, die aufgrund ihrer Stellung in einem staatlichen Machtapparat einen wesentlichen Beitrag zu einer durch den Staat selbst begangenen Verletzung dieser Grundsätze geleistet haben (vgl. hierzu auch UNHCR, Richtlinien zur Anwendung der Ausschlussklauseln, ZAR 2004, 207 Nr. 17; auch bereits Marx, Handbuch zur Asyl- und Flüchtlingsanerkennung, § 63 Stand Dez. 1997, Rdn. 148; vgl. auch BVerwG, U. v. 1. Juli 1975 - 1 C 44.68 - Buchholz 402.24 § 28 AusIG Nr. 9 mit dem zutreffenden Hinweis, dass in erster Linie Handlungen gemeint sind, die dem internationalen Frieden und der Völkerverständigung entgegen laufen). Zieht man aber schon den 22. Erwägungsgrund der Qualifikationsrichtlinie in die Überlegungen mit ein, so kann eine derartige Beschränkung nicht befürwortet werden. Denn dort werden zwar ebenfalls die Präambel sowie die Art. 1 und 2 der UN-Charta angesprochen. Daneben werden aber auch ausdrücklich die Resolutionen der UN erwähnt, wonach „Handlungen, Methoden und Praktiken des Terrorismus im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen“ stünden und darüber hinaus auch die wissentliche Finanzierung und Planung terroristischer Handlungen sowie die Anstiftung dazu gleichfalls mit den Zielen und Grundsätzen unvereinbar seien. In diesem Zusammenhang ist unübersehbar, dass hier gegenüber den Verhältnissen zum Zeitpunkt der Erarbeitung der Konvention mittlerweile ein nicht unerheblicher Bedeutungswandel eingetreten ist. Denn spätestens in der Resolution des Sicherheitsrats Nr. 1373 (2001) vom 28. September 2001 bringt dieser unmissverständlich zum Ausdruck, dass Handlungen, Methoden und Praktiken des Terrorismus im Widerspruch zu den in Kapitel 1 der Charta der Vereinten Nationen niedergelegten Zielen und Grundsätzen der Organisation stehen. Nach dieser Resolution, deren Umsetzung die hier in Rede stehenden Bestimmungen dienen und die der 22. Erwägungsgrund im Auge hat (vgl. BTDrucks 14/7386, S. 57), sollen, wie schon oben ausgeführt, die Staaten gegen alles vorgehen bzw. alles unterlassen, was den Terrorismus in irgendeiner Weise unterstützen könnte. Insbesondere sollen sie die Finanzierung terroristischer Handlungen verhüten und bekämpfen (Nr. 1 a), die vorsätzliche Bereitstellung oder Sammlung von Geldern, gleichviel durch welche Mittel und ob mittelbar oder unmittelbar durch ihre Staatsangehörigen oder in ihrem Hoheitsgebiet mit der Absicht oder in Kenntnis dessen, dass die Gelder zur Ausführung terroristischer Handlungen verwendet werden, unter Strafe stellen (Nr. 1 b) und diejenigen, die terroristische Handlungen finanzieren, planen, erleichtern oder begehen, daran hindern, ihr Hoheitsgebiet für diese Zwecke zu nutzen (Nr. 2 der Resolution). Hieraus wird deutlich, dass die ursprünglich für richtig gehaltene Beschränkung des Personenkreises nicht mehr in dieser Weise uneingeschränkt aufrechterhalten werden kann, denn die dort angesprochenen Akteure des Terrors haben regelmäßig nichts mit (zumindest) staatsähnlichen Organisationen zu tun (a.A. Marx, InfAusIR 2005, 218 <227>, der zu stark die Entstehungsgeschichte in den Blick nimmt und dabei übersieht, dass die Vorschrift, indem sie auf die Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen abstellt, für einen Bedeutungswandel offen ist und daher nicht gesagt werden kann, die GFK stelle statisch nur auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt ihrer Entstehung ab; wie hier etwa OVG RP, U. v. 6. Dezember 2002 - 10 A 10089/02 - InfAuslR 2003, 254; Hailbronner, Ausländerrecht, § 60 AufenthG Stand Oktober 2008, Rdn. 227; vgl. auch die Vorabentscheidungsersuchen des Bundesverwaltungsgerichts v. 14. Oktober 2008 - 10 C 48.07 - BVerwGE 132, 79; v. 25. November 2008 - 10 C 46.07 - NVwZ 2009, 592). Der von Marx in diesem Zusammenhang weiter erhobene Einwand, bislang sei keine zufriedenstellende praktikable juristische Definition des Terrorismusbegriffs gefunden worden (vgl. Handbuch zur Qualifikationsrichtlinie, 2009, § 33 Rdn. 114), ist im Ansatz sicherlich nicht vollständig von der Hand zu weisen, ein solcher wird auf absehbare Zeit wohl auch nicht weltweit konsensfähig sein. Andererseits liegt der genannten Sicherheitsratsresolution ein „sicherer" Begriffskern zugrunde, wovon auch das BVerwG im bereits oben angesprochenen Urteil v. 15. März 2005 (1 C 26.03 - a.a.O.) ausgegangen ist.
68 
Für die Anwendung des Ausschlussgrundes ist schon vom Wortlaut der Bestimmung, der auf eine retrospektive Sichtweise abstellt, nicht erforderlich, dass eine konkrete Wiederholungsgefahr festgestellt werden kann. Die zugrunde liegende Bestimmung des Art. 1 F lit. c) GFK (wie generell Art. 1 F GFK) bringt vielmehr vorrangig ein gewichtiges wertendes Element der „Asylunwürdigkeit" zum Ausdruck (vgl. hierzu auch BVerwG, B. v. 14. Oktober 2008 - 10 C 48.07 - BVerwGE 132, 79; v. 25. November 2008 - 10 C 46.07 - NVwZ 2009, 592; Hailbronner, Ausländerrecht, § 60 AufenthG Stand Oktober 2008, Rdn. 211 ff.). Gleichwohl stehen auch diese gemeinschaftsrechtlichen und völkervertraglichen Ausschlussgründe unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit. Liegen die entsprechenden Gründe bzw. Taten zum Zeitpunkt der Aktualisierung bzw. des Eintritts der flüchtlingsrechtlich zu betrachtenden Verfolgungsgefahr lange zurück und haben sich die Betroffenen insbesondere mittlerweile glaubwürdig distanziert oder aber wirken sie mittlerweile sogar aktiv an der Bekämpfung des Terrorismus mit, so wäre ein Zurückstellen des Flüchtlingsschutzes nicht mehr gerechtfertigt (so auch im Ausgangspunkt UNHCR, Richtlinien zur Anwendung der Ausschlussklauseln, ZAR 2004, 207 ff., Nr. 23 f.; ders., Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, 2003, Nr. 157; vgl. auch BVerwG, B. v. 14. Oktober 2008 – 10 C 48.07 – a.a.O.). Zu verlangen ist daher – wenn auch keine konkrete Wiederholungsgefahr – so doch ein Minimum an Aktualität. Auch wenn im Falle des Art. 1 F lit. b) GFK - anders als in Art. 33 Nr. 2 GFK - nicht ausdrücklich auf das Vorliegen einer Gefahr abgestellt wird, so ist zwar unübersehbar, dass diese Bestimmung der Abwehr von Gefahren für das Zufluchtland dient. Gleichwohl ist die Zwecksetzung nicht darauf beschränkt, denn es geht auch darum, dem Missbrauch des Flüchtlingsstatus entgegenzuwirken, v.a. aber darum zu verhindern, dass sich die Betreffenden einer berechtigten Strafverfolgung entziehen (vgl. im Einzelnen die Nachweise bei BVerwG, B. v. 14. Oktober 2008 – 10 C 48.07 – a.a.O.; a.A. Marx, Handbuch zur Qualifikationsrichtlinie, 2009, § 33 Rdn. 84 ff. m.w.N., wonach sich die beiden Bestimmungen im Wesentlichen nur durch den Ort der Tatbegehung unterschieden, weshalb es nahe liege, von einem komplementären Charakter der Vorschriften auszugehen und auch hier nach den allgemeinen Maßstäben eine konkrete Gefahr zu verlangen; UNHCR, Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, 2003, Ziff. 151; vgl. auch OVG NW, U. v. 27. März 2007 – 8 A 5118/05.A – juris).
69 
Der Senat kann offen lassen, ob Personen, die lediglich als Mitläufer bzw. unbedeutende Unterstützer des Terrorismus einzustufen sind, taugliche Akteure im Sinne des Art. 17 Abs. 1 lit. c) QRL sein können. Der Kläger war jedoch als ehemaliger höher gestellter mehrjähriger Funktionär der Organisation eine Person, die maßgeblich den Weg der Organisation in der Bundesrepublik mitbestimmen und prägen konnte, weshalb sein Handeln unmittelbar geeignet war, die Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen nachteilig zu berühren. Auch liegen diese Aktivitäten nicht so lange zurück, als dass sie als obsolet angesehen werden könnten. Schließlich kann von einer glaubwürdigen Distanzierung, wie bereits ausgeführt, keine Rede sein.
70 
Wollte man nicht der Auffassung einer unionsrechtswidrigen Umsetzung folgen, so stünde der Erteilung nicht nur § 25 Abs. 3 Satz 2 3. Variante lit. c) AufenthG entgegen, sondern auch § 11 Abs. 1 Satz 2 (i.V.m. § 84 Abs. 2 Satz 2) AufenthG sowie § 5 Abs. 4 AufenthG.
71 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
72 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).
73 
Beschluss vom 21. April 2010
74 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 2 und § 39 Abs. 1 GKG auf 10.000,- EUR festgesetzt.
75 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
27 
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht erhobene Berufung hat Erfolg.
28 
Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen. Denn der angegriffene Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen ist rechtmäßig und verletzt schon daher nicht die Rechte des Klägers (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
29 
I. Ausweisung:
30 
Der Beklagte hat die Ausweisungsverfügung rechtsfehlerfrei auf § 54 Nr. 5 AufenthG gestützt. Hiernach ist ein Ausländer in der Regel auszuweisen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt hat; dabei gilt für zurückliegende Mitgliedschaften oder Unterstützungshandlungen die Einschränkung, dass hierauf eine Ausweisung nur gestützt werden kann, soweit diese eine gegenwärtige Gefährlichkeit begründen.
31 
Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 15. März 2005 (1 C 26.03 – BVerwGE 123, 114) zu der in der Sache nicht wesentlich unterschiedlichen Vorläufervorschrift des § 8 Abs. 1 Nr. 5 letzte Variante AuslG 1990 (i.V.m. § 47 Abs. 2 Nr. 4 AuslG 1990) folgende Grundsätze aufgestellt, die der Senat seiner Rechtsprechung zugrunde legt.
32 
Zum Unterstützungsbegriff hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt:
33 
„Auch die "bloße Teilnahme" an Veranstaltungen und Demonstrationen der der Klägerin vorgehaltenen Art kann unter bestimmten Voraussetzungen eine durch § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG sanktionierte Vorfeldunterstützung des internationalen Terrorismus darstellen. Als tatbestandserhebliches Unterstützen ist - in Anlehnung an die von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum strafrechtlichen Unterstützungsbegriff nach §§ 129, 129 a StGB entwickelten Kriterien - jede Tätigkeit anzusehen, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt, auswirkt (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 1984 - 3 StR 526/83 (S) - BGHSt 32, 243; ähnlich Jakober in: Jakober/Welte, Aktuelles Ausländerrecht, § 8 AuslG Rn. 620 und Berlit in: GK-StAR § 86 AuslG Rn. 90 bis 92 zum Unterstützungsbegriff in § 86 Abs. 1 Nr. 2 AuslG 1990). Dazu zählt jedes Tätigwerden eines Nichtmitglieds, das die innere Organisation und den Zusammenhalt der Vereinigung fördert, ihren Fortbestand oder die Verwirklichung ihrer auf die Unterstützung terroristischer Bestrebungen gerichteten Ziele fördert und damit ihre potenzielle Gefährlichkeit festigt und ihr Gefährdungspotenzial stärkt (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juli 1984 - 3 StR 62/84 - BGHSt 33, 16 unter Hinweis auf BGHSt 29, 99 <101>; 32, 243 <244>). Auf einen beweis- und messbaren Nutzen für die Verwirklichung der missbilligten Ziele kommt es ebenso wenig an (vgl. BGH, Beschluss vom 24. August 1987 - 4 StB 18/87 - NJW 1988, 1677 unter Hinweis auf BGHSt 29, 99 <101>; 32, 243, <244>) wie - unter Berücksichtigung des präventiven, der Gefahrenabwehr dienenden Zwecks des § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG - auf eine subjektive Vorwerfbarkeit (vgl. auch die Begründung zu Art. 11 Nr. 3 des Gesetzentwurfs in BTDrucks 14/7386, S. 54: "Dabei muss die von einem Ausländer ausgehende Gefahr entweder gegenwärtig bestehen oder für die Zukunft zu erwarten sein, abgeschlossene Sachverhalte aus der Vergangenheit ohne gegenwärtige oder künftige Relevanz bleiben außer Betracht.").
34 
Allerdings muss auch die eine Unterstützung der Vereinigung, ihre Bestrebungen oder ihre Tätigkeit bezweckende Zielrichtung des Handelns für den Ausländer regelmäßig erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein (zum Ausnahmefall der Inanspruchnahme als Anscheinsstörer in einer zugespitzten Krisensituation vgl. Urteile vom 11. November 1980 - BVerwG 1 C 23.75 und BVerwG 1 C 46.75 - Buchholz 402.24 § 10 AuslG Nrn. 75, 76 und Urteil vom 1. Juli 1975 - BVerwG 1 C 35.70 - BVerwGE 49, 36 <42 ff.>). An einem Unterstützen fehlt es hingegen, wenn jemand allein einzelne politische, humanitäre oder sonstige Ziele der Organisation, nicht aber auch die Unterstützung des internationalen Terrorismus befürwortet - und sich hiervon ggf. deutlich distanziert - und lediglich dies durch seine Teilnahme an erlaubten Veranstaltungen in Wahrnehmung seines Grundrechts auf freie Meinungsäußerung nach außen vertritt. Dienen solche Veranstaltungen allerdings erkennbar dazu, nicht nur einzelne Meinungen kundzutun, wie sie auch die Vereinigung vertritt, sondern durch die - auch massenhafte - Teilnahme jedenfalls auch diese Vereinigung selbst vorbehaltlos und unter Inkaufnahme des Anscheins der Billigung ihrer terroristischen Bestrebungen (beispielsweise wegen des angekündigten Auftretens von Funktionären einer verbotenen Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt) zu fördern, dann liegt ein im Hinblick auf den Normzweck potenziell gefährliches Unterstützen im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG vor, der die Freiheit der Meinungsäußerung insoweit verhältnismäßig beschränkt. Eine Unterstützung im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG kann ferner dann in Betracht kommen, wenn - wie der Klägerin vorgehalten und vom Berufungsgericht zunächst unterstellt - durch zahlreiche Beteiligungen an Demonstrationen und Veranstaltungen im Umfeld einer Vereinigung wie der verbotenen PKK bei einer wertenden Gesamtschau zur Überzeugung des Tatsachengerichts feststeht, dass der Ausländer auch als Nichtmitglied in einer inneren Nähe und Verbundenheit zu der Vereinigung selbst steht, die er durch sein Engagement als ständiger (passiver) Teilnehmer zum Ausdruck bringt, und damit deren Stellung in der Gesellschaft (vor allem unter Landsleuten) begünstigend beeinflusst, ihre Aktionsmöglichkeiten und eventuell auch ihr Rekrutierungsfeld erweitert und dadurch insgesamt zu einer Stärkung ihres latenten Gefahrenpotenzials beiträgt (vgl. BGH, Beschluss vom 24. August 1987 - 4 StB 18/87 - a.a.O.). Dabei muss allerdings die terroristische oder den Terrorismus unterstützende Tätigkeit der Vereinigung im In- oder Ausland zum jeweiligen Zeitpunkt feststehen und das Verhalten des Einzelnen auch unter Berücksichtigung etwaiger glaubhafter Distanzierungen von der Vorfeldunterstützung des Terrorismus (oder des Fehlens jeglicher Distanzierung wie bisher bei der Klägerin) gewürdigt werden. Die potenzielle Erhöhung des latenten Gefährdungsrisikos, welches von einer Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt, für die innere und äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und anderer Staaten sowie die Völkergemeinschaft ausgeht, ist erforderlich, aber auch ausreichend, um ein Verhalten unter den durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz eingefügten, die allgemeine Sicherheitsgefährdungsklausel in § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG bewusst erweiternden Unterstützungstatbestand zu subsumieren (vgl. auch die Begründung zu Art. 11 Nr. 3 des Gesetzentwurfs in BTDrucks 14/7386, S. 54).
35 
Erfasst wird neben den Erscheinungsformen der Gewaltanwendung ebenfalls die Mitgliedschaft oder Unterstützung von Vereinigungen, die Anschläge gegen Personen oder Sachen veranlassen, befürworten oder androhen, unabhängig davon, wo die Anschläge verübt werden. Diese Ausdehnung auf über das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland hinaus agierenden Tätergruppen ist angesichts der Erscheinungsformen des international organisierten Terrorismus, der immer auch latent eine Bedrohung für die Bundesrepublik Deutschland darstellt, geboten.
36 
Eine darüber hinausgehende konkrete oder persönliche Gefährdung der inneren oder äußeren Sicherheit ist dagegen nicht erforderlich (so aber wohl VGH Mannheim, Beschluss vom 18. November 2004 - 13 S 2394/04 - InfAuslR 2005, 31 und Marx, ZAR 2004, 275; ZAR 2002, 127 unter Übernahme der zur alten Fassung des Ausweisungsgrundes nach § 46 Nr. 1 AuslG 1990, § 10 AuslG 1965 entwickelten Abgrenzung). Ebenso wenig ist ein "aktives Tätigwerden" erforderlich, wie es im angefochtenen Berufungsurteil (UA S. 7) unter Bezugnahme auf einen vom Bundesgerichtshof aufgehobenen Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts zur Auslegung des § 129 a Abs. 3 StGB (vgl. BGH, Beschluss vom 24. August 1987 - 4 StB 18/87 - a.a.O.) vorausgesetzt wird. Die Schwelle für das Eingreifen des neuen Versagungs- und Regelausweisungsgrundes nach § 8 Abs. 1 Nr. 5 letzte Alternative AuslG ist nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers angesichts der außerordentlichen Gefahren des internationalen Terrorismus deutlich niedriger anzusetzen als die Anforderungen an eine persönliche und konkrete Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland nach der bereits früher geltenden ersten Alternative (vgl. oben 3 a).
37 
Der Beklagte hat hierzu zutreffend darauf hingewiesen, dass die neuen ausländerrechtlichen Regelungen zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus im Zusammenhang mit der UN-Resolution 1373 vom 28. September 2001 zu sehen sind, in der die Staaten aufgefordert werden, die Nutzung ihres Staatsgebiets für die Vorbereitung, Durchführung und Finanzierung internationaler terroristischer Akte zu verhindern. § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG in der hier anzuwendenden Fassung ist in Reaktion auf die Terroranschläge vom 11. September 2001 durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz mit Wirkung vom 1. Januar 2002 eingefügt worden in dem Bestreben, in Übereinstimmung mit der UN-Resolution 1373 (2001) dem internationalen Terrorismus weltweit schon im Vorfeld die logistische Basis zu entziehen (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs in BTDrucks 14/7386 , S. 35)
38 
Mit den Anschlägen in den Vereinigten Staaten von Amerika vom 11. September 2001 hat die terroristische Bedrohung weltweit eine neue Dimension erreicht. Vorbereitung und Ausführung der Anschläge waren gekennzeichnet durch ein hohes Ausmaß an Brutalität, Menschenverachtung und Fanatismus. Hinter den Anschlägen steht ein staatenübergreifendes Netz logistischer Verknüpfungen und operativer Strukturen.
39 
Die neue Dimension des Terrorismus und dessen internationale Ausprägung stellen die Sicherheitsbehörden vor neue, schwere Aufgaben. Niemand kann ausschließen, dass nicht auch Deutschland das Ziel solcher terroristischer Attacken wird.
40 
Die gemeinsame Aufgabe aller staatlichen Kräfte muss es sein, dieser Bedrohung mit geeigneten Schutzmaßnahmen entgegen zu treten. Aufgabe der Politik ist es, mögliche Gefahren für die innere Sicherheit und Ordnung gegen Angriffe von innen wie von außen frühzeitig zu erkennen und alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um das Risiko ihres Eintritts zu minimieren.
41 
Die Innen- und Justizminister der EU haben am 20. September 2001 in einer von Deutschland initiierten Sondersitzung des Rates Justiz und Inneres einen umfangreichen Maßnahmenkatalog zur Terrorismusbekämpfung beschlossen. Dieser Katalog sieht unter anderem Maßnahmen bei der Visaerteilung, der Grenzkontrolle sowie Maßnahmen im Inland vor, die sich in weiten Bereichen mit dem nationalen Sicherheitspaket decken. Deutschland hat darüber hinaus eine Reihe von Vorschlägen eingebracht, die zur Konkretisierung der Schlussfolgerungen des Sonderrates für Justiz und Inneres sowie der Resolution des VN-Sicherheitsrates vom 28. September 2001 (Nummer 1373) dienen. Die VN-Resolution fordert unter anderem, durch geeignete Maßnahmen
42 
- die Identifizierung von Terroristen vor der Einreise,
        
- den Schutz von Identitätspapieren und deren missbräuchlicher Verwendung,
        
- einen beschleunigten nationalen und grenzüberschreitenden Informationsaustausch über Terroristen und deren Bewegungen sowie über gefälschte Dokumente und
        
- die Verhinderung des Missbrauchs des Flüchtlingsstatus für terroristische Aktivitäten
43 
sicherzustellen.
44 
Die Verhandlungen zur Umsetzung dieser Vorschläge werden längere Zeit in Anspruch nehmen. Im Hinblick auf die akute Terrorismusgefahr sind daher bereits jetzt entsprechende nationale Maßnahmen erforderlich.
45 
Mit Rücksicht auf diese Zielsetzung ist der Unterstützungsbegriff in § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG auszulegen und anzuwenden. Maßgeblich ist, inwieweit das festgestellte Verhalten des Einzelnen zu den latenten Gefahren der Vorfeldunterstützung des Terrorismus nicht nur ganz unwesentlich oder geringfügig beiträgt und deshalb selbst potenziell gefährlich erscheint. Wegen der tatbestandlichen Weite des Unterstützungsbegriffs ist allerdings - wie bereits ausgeführt - bei der Anwendung der Vorschrift darauf zu achten, dass nicht unverhältnismäßig namentlich in das auch Ausländern zustehende Recht auf freie Meinungsäußerung jenseits der zumindest mittelbaren Billigung terroristischer Bestrebungen eingegriffen wird. Die Ausländerbehörden und die Verwaltungsgerichte können erst nach einer umfassenden und konkreten Prüfung der Aktivitäten der Vereinigung und des Verhaltens des Ausländers durch eine wertende Gesamtbetrachtung entscheiden, ob ein Ausländer eine Vereinigung unterstützt, die ihrerseits den internationalen Terrorismus unterstützt. Nur wenn feststeht, dass und zu welchem Zeitpunkt eine Vereinigung - wie hier die PKK und ihre Teil- oder Nachfolgeorganisationen - terroristische Bestrebungen unterstützt oder sich selbst terroristisch betätigt, kommt eine tatbestandsmäßige Unterstützung durch einzelne Personen in Betracht.“
46 
Der Senat kann in diesem Zusammenhang die Frage offen lassen, ob die Herausnahme nur ganz unwesentlicher oder geringfügiger Unterstützungshandlungen sachgerecht ist, oder ob insoweit nicht der Ansatz vorzugswürdig wäre, in diesem Fall eine die Regel durchbrechende Atypik anzunehmen (so etwa Discher, in: GK-AufenthG, § 54 AufenthG Rdn. 515). Denn solche Handlungen sind im vorliegenden Fall nicht zu beurteilen, wie noch darzulegen sein wird. In diesem Zusammenhang ist namentlich mit Rücksicht auf das Vorbringen des Klägers darauf hinzuweisen und zu verdeutlichen, dass die hier maßgebliche Bestimmung des § 54 Nr. 5 AufenthG (anders als die der Nr. 5a) weder vom Tatbestand noch nach Sinn und Zweck, aber auch nicht aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eine vom Betroffenen ausgehende konkrete Gefährdung voraussetzt. Eine solche wird nur vorausgesetzt, wenn eine vergangene Mitgliedschaft des Ausländers oder zurückliegende Unterstützungshandlungen (außerhalb einer Mitgliedschaft) zu beurteilen sind; hierum geht es im vorliegenden Fall jedoch nicht, da der Kläger nach wie vor aktives ISYF-Mitglied ist. Von diesem Verständnis geht das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 15. März 2005 zu Recht aus. Dem liegt die zutreffende und keineswegs mit größerer zeitlichen Distanz zu den Ereignissen des 11. September 2001 überholte Überlegung zugrunde, dass der internationale Terrorismus ein außerordentliches Gefahrpotential darstellt und die Bestimmung in besonderem Maße der Umsetzung und Durchsetzung völkerrechtlicher Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland dienen soll (vgl. auch Hailbronner, Ausländerrecht, § 54 AufenthG Rdn. 31), weshalb das hier zu beurteilende Instrumentarium bereits weit im Vorfeld des unmittelbar ausgeübten und in die Tat umgesetzten Terrorismus greifen soll und muss.
47 
Zum Terrorismusbegriff führt das Bundesverwaltungsgericht aus (vgl. hierzu auch Discher, in: GK-AufenthG, § 54 AufenthG Rdn. 436 ff. sowie Schweisfurth, Völkerrecht, 2006, S. 498 ff.):
48 
„Das Terrorismusbekämpfungsgesetz enthält zwar selbst keine Definition, was unter Terrorismus zu verstehen ist, setzt aber einen der Rechtsanwendung fähigen Begriff des Terrorismus voraus (vgl. kritisch etwa Marx, ZAR 2002, 127<128 f.> und ZAR 2004, 275). Auch wenn bisher die Versuche, auf völkerrechtlicher Ebene eine allgemein anerkannte vertragliche Definition des Terrorismus zu entwickeln, nicht in vollem Umfang erfolgreich gewesen sind (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, § 8 AuslG Rn. 53; Davy, ZAR 2003, 43 f.; Renner, ZAR 2003, 52 f.), ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts doch in den Grundsätzen geklärt, unter welchen Voraussetzungen die - völkerrechtlich geächtete - Verfolgung politischer Ziele mit terroristischen Mitteln anzunehmen ist (vgl. auch Schmahl, ZAR 2004, 217 <219> unter Hinweis auf einen weitgehenden Konsens bei der Definition terroristischer Straftaten in Art. 2 Abs. 1 Buchst. b des Internationalen Übereinkommens zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus vom 9. Dezember 1999, BGBl II 2003 S. 1923 und auf die Definition terroristischer Straftaten auf Gemeinschaftsebene in dem Beschluss des Rates Nr. 2002/475/JI vom 13. Juni 2002, ABl 2002 L164, S. 3; vgl. ebenso schon den Gemeinsamen Standpunkt des Rates 2001/931/GASP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus vom 27. Dezember 2001, ABl 2001 L 344, S. 93). Eine Vereinigung, die selbst - wie die PKK jedenfalls in der Vergangenheit innerhalb und außerhalb der Türkei - ihre politischen Ziele zumindest auch mit terroristischen Mitteln verfolgt hat (vgl. Urteile vom 30. März 1999  - BVerwG 9 C 31.98, 9 C 23.98 und 9 C 22.98 - BVerwGE 109, 1; 109, 12 und 109, 25), gehört zweifellos zu denjenigen Vereinigungen, die § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG im Blick hat. In dem erneuten Berufungsverfahren wird sich der Verwaltungsgerichtshof zur Beurteilung der Terrorismusgefahr durch die PKK im Übrigen auch mit den Beschlüssen des Rates der Europäischen Union über Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus befassen müssen, nach denen die PKK in einer Liste der an terroristischen Handlungen beteiligten Personen, Vereinigungen und Körperschaften aufgeführt ist (vgl. zuletzt Anhang unter 2. Nr. 21 zu dem Gemeinsamen Standpunkt 2005/220/GASP des Rates vom 14. März 2005 zur Aktualisierung des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GASP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus und zur Aufhebung des Gemeinsamen Standpunkts 2004/500/GASP, ABl 2005 L 069, S. 59).“
49 
Dieses zugrunde gelegt ist hier von Folgendem auszugehen: Der Kläger war nach den Feststellungen des Senats mehrere Jahre bis Ende 2007 Vorsitzender der ISYF Baden-Württemberg und ist in der Folgezeit weiter einfaches, aber aktives Mitglied und nimmt auch in dieser Stellung an vielfältigen Aktivitäten der Organisation in der Bundesrepublik Deutschland teil. Mitgliedschaft sowie Aktivitäten wurden im Berufungsverfahren vom Kläger ausdrücklich nochmals bestätigt.
50 
Es steht auch für den Senat hinreichend verlässlich fest, dass die ISYF eine Organisation ist, die nach den dargestellten Grundsätzen und dem hiernach nicht zu eng zu verstehenden Unterstützungsbegriff den Terrorismus „unterstützt“. Sie ist als Auslandsorganisation der „All India Sikh Student Federation“ (AISSY) nach den vorliegenden Erkenntnismitteln zwar nicht ausschließlich, aber doch vorwiegend außerhalb Indiens tätig. Die ISYF war möglicherweise nicht selbst unmittelbar an terroristischen Aktivitäten beteiligt gewesen und hat insbesondere nicht zur Begehung solcher gerade in der Bundesrepublik Deutschland aufgerufen (vgl. Bundesamt für Verfassungsschutz v. 20. Juli 2004; BKA v. 1. April 2010; vgl. aber BND v. 13. April 2010, wonach gerade auch Mitglieder der ISYF nach 1984 an Anschlägen beteiligt gewesen und noch im Dezember 2006 militante Aktivisten der ISYF in Indien verhaftet worden seien; vgl. zudem das South Asia Terrorism Portal, Stand 1. März 2010, das von einer unmittelbaren Beteiligung spricht). Die Organisation sah und sieht, was ihre Auslandsaktivitäten betrifft, eine wesentliche Aufgabe und Funktion darin, Gelder zu sammeln, um damit zumindest auch die wirtschaftlichen Grundlagen der Bewegung zur gewaltsamen Löslösung eines unabhängigen Khalistan zu stärken, deren integraler Bestandteil jedenfalls in der Vergangenheit auch die Begehung terroristischer Akte war (vgl. Südasieninstitut v. 8. Juli 2008 und 26. April 2004; Bundesamt für Verfassungsschutz, Verfassungsschutzbericht 2008; BND v. 13. April 2010; South Asia Terrorism Portal, Stand 1. März 2010). Dass Gelder möglicherweise auch zur Unterstützung der Familien von „Märtyrern“ verwendet wurden (vgl. hierzu die Äußerungen des Klägers im Asylerstverfahren und hierzu noch im Folgenden) steht dem nicht entgegen, da sich die Organisation nach den verwerteten Erkenntnismitteln keineswegs als karitativ versteht. Daneben ist die Organisation in vielfältiger Weise, insbesondere durch die Abhaltung sog. Märtyrergedenktage ideologisch und informatorisch tätig (vgl. hierzu die vorgenannten Erkenntnismittel). Zwar mag sie allein damit noch nicht den Tatbestand der Unterstützung erfüllen (vgl. hierzu und zu möglichen Bedenken BVerwG, U. v. 15. März 2005 – a.a.O. Rdn. 41). Diese Aktivitäten sind aber geeignet, das Gesamtbild abzurunden. Die AISSY wurde demgegenüber nach allen vorliegenden Erkenntnismitteln bis in die jüngste Vergangenheit als eine Organisation beschrieben und beurteilt, die personell und materiell selbst mit dem Sikh-Terrorismus in Indien, der auch in Pakistan einen sicheren Rückzugsraum gefunden hat und findet, in unmittelbarer Verbindung steht (vgl. Südasieninstitut v. 8. Juli 2008 und 26. April 2004; Bundesamt für Verfassungsschutz, Verfassungsschutzbericht 2008; Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg, Verfassungsschutzbericht 2008; Jamestown Foundation v. 9. Januar 2009; UNHCR v. 22. März 2006; Immigration und Refugee Board of Canada v. 16. April 2009; The Mackenzie Institute, 2006; South Asia Terrorism Portal, Stand 1. März 2010).
51 
Der Senat kann in diesem Zusammenhang offen lassen, ob – wie der Beklagte meint – dem Umstand, dass die ISYF in den Anhang Ziffer 2 der aktuell gültigen Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1285/2009 des Rates v. 22. Dezember 2009 (ABl. L 346, S. 39) aufgenommen wurde, die von ihm für richtig gehaltene Bindungswirkung zukommen kann, oder ob, wie das Verwaltungsgericht mit guten Gründen dargelegt hat, wegen des hier nicht gegebenen sachlichen Anwendungsbereichs der Vorschrift, eine solche auszuscheiden hätte. Bedenken gegen eine Bindungswirkung könnten sich aus rechtstaatlichen Überlegungen und im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG auch deshalb ergeben, weil der Kläger individuell gar nicht in der Lage wäre, den vom Beklagten aufgezeigten Weg einer gerichtlichen Klärung der Aufnahme in den Anhang Ziffer 2 zu beschreiten (vgl. zu den Aspekten eines effektiven, auch unionsrechtlich garantierten effektiven Rechtsschutzes EuGH, Urteil v. 3. September 2008 – C- 402/05 P u.a., Kadi - DVBl 2009, 175-178). Gegen eine derartige Bindungs- oder Tatbestandswirkung (vgl. hierzu Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., 2008, § 43 Rdn. 154 ff.) spricht auch entschieden, dass es keine etwa den §§ 4 und 42 AsylVfG vergleichbare normative Vorgabe gibt, die auch nur ansatzweise in diese Richtung deuten könnte.
52 
Jedenfalls aber kommt der Aufnahme angesichts der vorgenannten vielfältigen Einschätzungen und Äußerungen eine nicht unerhebliche Indizwirkung zu. Dies gilt nicht zuletzt auch deshalb, weil der genannte unionsrechtliche Rechtsakt seinen Geltungsanspruch u.a. auch aus den Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 12. und 28. September 2001 (Nr. 1368 und 1373) ableitet (vgl. den Gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 27. Dezember 2001 2001/931/GASP), die den Staaten der Weltgemeinschaft völkerrechtlich bindend aufgibt, dem internationalen Terrorismus keinerlei – auch nur passive - Unterstützung zu leisten. Insbesondere haben hiernach alle Staaten die Verpflichtung, denjenigen Personen, die terroristische Handlungen finanzieren, planen, unterstützen oder begehen oder die den Tätern Unterschlupf gewähren, jeden sicheren Aufenthaltsort zu verweigern (vgl. Ziffer 2 lit. a und c) Resolution Nr. 1373; vgl. zur völkerrechtlichen Verbindlichkeit Schweisfurth, Völkerrecht, 2006, S. 496 ff.).
53 
Allerdings setzt der Tatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG voraus, dass der unterstützte Terrorismus überhaupt noch aktuell ist und nicht etwa der Vergangenheit angehört. Dieser einschränkende Aspekt folgt schon aus der Wertung des § 54 Nr. 5 Hs. 2 AufenthG und nicht zuletzt aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Vorschrift sanktioniert – anders als möglicherweise Art. 1 F lit. c) GFK bzw. Art. 17 Abs. 1 lit. c) QRL (vgl. hierzu unter II) – nicht etwa in der Vergangenheit liegende Verhaltensweisen, die sich auf terroristische Organisationen und deren Taten bezieht, die nicht mehr existent, überholt und ohne Gegenwartsbezug sind. Aus dem Umstand, dass nach den vom Verwaltungsgericht eingeholten bzw. verwerteten Stellungnahmen des Auswärtigen Amtes (vgl. insbesondere Stellungnahme vom 14. September 2009) seit etwa 2000 die den militanten Sikh-Organisationen zugerechneten terroristischen Gewalttaten nahezu zum Erliegen gekommen sein sollen und diesbezüglich in dem vom Kläger in der mündlichen Verhandlung auszugsweise vorgelegten Jahresbericht 2009/2010 des Ministry of Home Affairs of India nichts Entsprechendes mehr erwähnt wird (vollständig abzurufen unter http://www.mha.nic.in), kann jedoch gegenwärtig nicht geschlossen werden, im vorliegenden Fall könnte ein solcher Sachverhalt ohne den erforderlichen Gegenwartsbezug gegeben sein. Denn dieser vom Auswärtigen Amt konstatierte Zustand kann vielerlei Ursachen haben und lässt keinen hinreichend verlässlichen Schluss darauf zu, dass das terroristische Gewaltpotential endgültig aus der Welt sein könnte. Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - maßgebliche Akteure des Terrors nach wie vor existieren. Denn der Umstand, dass gegenwärtig keine Aktivitäten zu beobachten sind, kann namentlich darauf beruhen, dass die finanziellen wie auch die personellen Ressourcen defizitär sind bzw. auch die Sicherheitsvorkehrungen entsprechend effektiv sind. Der BND (v. 13. April 2010) geht in diesem Zusammenhang davon aus, dass jedenfalls die Strukturen des Sikh-Terrorismus in Indien zumindest weitgehend zerschlagen sind und ihm eine ausreichende Basis in der Bevölkerung fehlt, um gegenwärtig effektiv arbeiten zu können. Zudem ist zu bedenken, dass es auch in der jüngsten Vergangenheit durchaus zu Terrorakten gekommen ist, wie etwa der Anschlag im November 2008 in Mumbai (vgl. Jamestown Foundation v. 9. Januar 2009), die nicht zuverlässig zugeschrieben werden können.
54 
Von wesentlicher Bedeutung für diese Einschätzung und die vom Senat zu treffende Feststellung eines noch hinreichend aktuellen Gegenwartsbezugs ist auch, dass in jüngster Zeit verschiedentlich darüber berichtet wurde, es gebe aktuelle Restrukturierungsbestrebungen des Sikh Terrorismus und insoweit insbesondere auch der Auslandsbetätigungen der ISYF (vgl. etwa Jamestown Foundation v. 9. Januar 2009; Immigration and Refugee Board of Canada v. 16. April 2009; South Asia Terrorism Portal Stand 1. März 2010; BND v. 13. April 2010). So wird von verstärkten Kontakten zum pakistanischen Geheimdienst berichtet und von Regruppierungen in Pakistan (vgl. Jamestown Foundation v. 9. Januar 2009; Immigration and Refugee Board of Canada v. 16. April 2009). Jedenfalls angesichts dieser Entwicklungen wäre es verfehlt und wenig lebensnah, wollte man verlangen, dass es erst wieder zu konkreten neuen terroristischen Akten kommen muss, bevor man von einer relevanten terrorismusbezogenen Unterstützung sprechen kann.
55 
Unter diesen Umständen wäre das durch § 54 Nr. 5 AufenthG vorausgesetzte und vom Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 15. März 2005 näher beschriebene und, wie oben ausgeführt, keinesfalls zu hoch anzusetzende Gefährdungspotential allerdings dann entfallen, wenn eine glaubwürdige öffentliche und auch praktizierte Distanzierung von jeglichen terroristischen Praktiken von Seiten der ISYF erfolgt wäre. Dafür ist jedoch nichts ersichtlich (vgl. hierzu auch BKA v. 1. April 2010, das ausdrücklich eine erfolgte Distanzierung und entsprechende öffentlich bekannt gewordene Verlautbarungen verneint). Namentlich hat der Kläger auch auf entsprechende Hinweise im Berufungsverfahren keine diesbezüglichen Informationen geliefert, im Gegenteil: Er ist gerade in diesem Zusammenhang bemerkenswert einsilbig und unpräzise geblieben.
56 
Zwar wird von in der Vergangenheit erfolgten Spaltungen der AISSY bzw. der ISYF berichtet (vgl. etwa UNHCR v. 22. März 2006; South Asia Terrorism Portal Stand 1. März 2010; Immigration and Refugee Board of Canada v. 16. April 2009; BND v. 13. April 2010). In diesem Zusammenhang wird aber schon nicht einmal deutlich, dass sich zumindest eine hinreichend abgegrenzte und abgrenzbare Fraktion herausgebildet haben könnte, die überzeugend und glaubwürdig endgültig und ohne „wenn und aber“ dem Terrorismus die Gefolgschaft verweigert hätte und auch weiter verweigern würde. Abgesehen davon bestehen gerade auch nach dem Vorbringen im Berufungsverfahren keine hinreichenden Anhaltspunkte, dass sich der Kläger – so es denn eine solche Fraktion überhaupt geben sollte – eindeutig und glaubwürdig gerade dieser zugewandt haben könnte und sich mit dieser identifizieren würde (vgl. zu diesem Aspekt im Kontext des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG BVerwG, U. v. 2. Dezember 2009 – 5 C 24.08), sodass von einem Wegfall der Voraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG auszugehen wäre. Auch hier hat der Kläger unübersehbar jede klare Stellungnahme und Einlassung vermieden und hat im Grunde alles offen und im Ungefähren gelassen. In diesem Zusammenhang ist hinsichtlich des Berufungsvorbringens noch darauf hinzuweisen, dass aus den verwerteten Erkenntnismitteln keine Anhaltspunkte abgeleitet werden können, dass nur die Babbar Khalsa dem Terrorismus zugerechnet werden kann, nicht jedoch die ISYF.
57 
Bei der Würdigung der Person des Klägers und seiner politischen Betätigung sowie der persönlichen Einlassungen im Verfahren kann der Senat auch nicht außer Acht lassen, dass er bei seiner Anhörung durch das Bundesamt im Asylerstverfahren bestätigt hatte, an der Verteilung von Geldern an bedürftige Familien, die ihren Ernährer bei gewaltsamen Auseinandersetzungen in Indien verloren hatten, beteiligt gewesen zu sein. Weiter hatte er davon gesprochen, dass er geheime, ihm allerdings unbekannte Nachrichten als Kurier überbracht haben will. Schließlich hatte er die Anwendung von Gewalt bei der Schaffung eines unabhängigen Khalistan ausdrücklich gebilligt.
58 
Die vom Beklagten hilfsweise angestellten Ermessenserwägungen lassen keine rechtserheblichen Defizite erkennen. Wenn der Beklagte davon ausgeht, dass ggf. die gesamte Familie mit dem Kläger ausreisen werde, so ist dieser Ausgangspunkt nicht zu beanstanden. Denn die anderen Familienangehörigen haben ihrerseits kein Aufenthaltsrecht; auch halten sie sich – ohne dass es zu einer rechtserheblichen Verwurzelung in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland gekommen wäre – viel zu kurz im Bundesgebiet auf, als dass ihnen eine Rückkehr nicht mehr zugemutet werden könnte. Was den im Jahre 2007 geborenen Sohn des Klägers betrifft, kann zwar hinsichtlich eines möglichen zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots § 42 AsylVfG nicht eingewandt werden, weil dieser wohl kein Asylverfahren durchgeführt hat. Gleichwohl ist nichts dafür ersichtlich, dass aus Gründen einer Behandlungsbedürftigkeit der Herzkrankheit, über die auch nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung jedenfalls keine aktuellen Informationen vorliegen, ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bestehen könnte. Der Beklagte ist im angegriffenen Bescheid davon ausgegangen, dass eine Behandlung in Indien möglich sein werde, was der Kläger zu keinem Zeitpunkt - weder im verwaltungsgerichtlichen Verfahren noch im Berufungsverfahren – überhaupt, geschweige denn substantiiert in Zweifel gezogen hat. Insoweit sind die selbstständig tragend angestellten (hilfsweisen) Ermessenserwägungen nicht zu beanstanden.
59 
Gleichwohl hat der Beklagte zusätzlich unterstellt, dass – nach Entfallen der Foltergefahr – es zu einer Trennung der Familie kommen könnte, insoweit dann aber mit Rücksicht auf die überragende Bedeutung des öffentlichen Interesses an einer konsequenten Bekämpfung des internationalen Terrorismus, das, wie dargelegt, insbesondere seine Rechtfertigung in den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland findet, einer Trennung der Familie den Vorzug eingeräumt. Insoweit handelt es sich um eine zwar nicht zwingende, gleichwohl rechtlich mögliche Ermessensentscheidung.
60 
Der Umstand, dass die Ausweisung nicht vollzogen werden kann, solange die Feststellung nach § 60 Abs. 2 AufenthG Bestand hat und kein aufnahmebereiter Drittstaat in Sicht ist, macht die Ausweisung – entgegen der Auffassung des Klägers - nicht ermessensfehlerhaft, insbesondere auch nicht unverhältnismäßig. Denn immerhin wird mit dieser zum einen konsequent jeder Aufenthaltsverfestigung entgegengewirkt, zum anderen werden dadurch die Aufenthaltsbeschränkungen des § 54a AufenthG ausgelöst.
61 
II. Ablehnung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis
62 
Dem Kläger steht auch keine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG zu.
63 
Der Senat kann letztlich offen lassen, ob der Bundesgesetzgeber mit der in  § 25 Abs. 3 AufenthG gewählten Regelungsstruktur die Vorgaben der Richtlinie 2004/83/EG v. 29. April 2004 (sog. Qualifikationsrichtlinie - QRL) ordnungsgemäß und sachgerecht umgesetzt hat. Diese Umsetzung war hier bereits zum 1. Januar 2005 durch das Zuwanderungsgesetz und damit vor dem Verpflichtungsurteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 26. Mai 2006 erfolgt.
64 
Eine ordnungsgemäße Umsetzung ist allerdings nach Auffassung des Senats nicht erfolgt. Denn die in § 25 Abs. 3 Satz 2 Variante 3 AufenthG genannten Ausschlussgründe, sind nach den bindenden unionsrechtlichen Vorgaben des Art. 17 Abs. 1 QRL solche, die bereits zwingend der Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus nach Art. 15 lit. b) QRL entgegenstehen. Darüber hinaus ist das nationale Recht auch deshalb defizitär, weil der unionsrechtlich in Art. 18 QRL ausdrücklich auch für subsidiär Schutzberechtigte vorgesehene, dem Flüchtlingsstatus (vgl. Art. 13 QRL und insoweit ordnungsgemäß umgesetzt in § 3 Abs. 4 AsylVfG) vergleichbare förmliche Schutzstatus nicht eingeräumt wird, an den unmittelbar unionsrechtlich die (zahlreichen) Gewährleistungen der Art. 20 ff. QRL anknüpfen. Dass unionsrechtlich dieser Schutzstatus von essentieller Bedeutung ist, kommt auch darin zum Ausdruck, dass nach Art. 19 Abs. 3 QRL die Mitgliedstaaten andererseits verpflichtet sind, diesen Status unter den dort im Einzelnen bezeichneten Voraussetzungen wieder zu entziehen, um damit deutlich zu machen, dass Unionsrecht derartige Rechte nicht vermitteln kann und sich die Betroffenen nicht mehr auf diese Rechte berufen können. Soweit § 60 Abs. 2 AufenthG daneben und zugleich den völkervertraglichen Abschiebungsschutz nach Art. 3 EMRK zum Ausdruck bringt und absichert, ist dagegen aus unionsrechtlicher Sicht allerdings nichts zu erinnern. Diese Differenzierung zwischen dem nationalen bzw. völkervertraglichen Abschiebungsschutz und dem unionsrechtlichen subsidiären Schutz und daraus fließenden Schutzstatus ist jedoch, wie dargelegt, von zentraler und nicht zu vernachlässigender Bedeutung und hätte vom nationalen Gesetzgeber nachgezeichnet werden müssen.
65 
Der Ausschlussgrund des Art. 17 Abs. 1 QRL hat hiernach schon im Ansatz systematisch und strukturell unionsrechtlich nichts mit der Frage des aufenthaltsrechtlichen Statusnach Einräumung des Schutzstatus zu tun, weshalb dann auch nach Art. 24 Abs. 2 QRL - vorbehaltlich entgegenstehender zwingender Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung - ein unbedingter Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht. Aus der Tatsache, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit einer Feststellung nach § 60 Abs. 2 AufenthG zugleich unter Verstoß gegen das Unionsrecht und entgegen Art. 17 Abs. 1 lit. c) QRL das Vorliegen der Voraussetzungen des unionsrechtlichen subsidiären Schutzes nach Art. 15 lit. b) QRL feststellt, folgt jedoch unionsrechtlich kein Anspruch der betreffenden Ausländer auf Erteilung eines Aufenthaltstitels im Sinne von Art. 24 Abs. 2 QRL. Allerdings kann mit Rücksicht auf die Bindungswirkung nach § 42 AsylVfG, auch wenn die Entscheidung unter Verstoß gegen zwingendes Unionsrecht (Art. 17 QRL) ergangen ist und eigentlich hätte, was den unionsrechtlichen subsidiären Schutz betrifft, zu Lasten der Betroffenen ausgehen müssen (vgl. zu den Voraussetzungen des Art. 17 Abs. 1 lit. c QRL, der § 25 Abs. 3 Satz 2 Variante 3 lit. c) AufenthG entspricht, noch die folgenden Ausführungen), nicht davon ausgegangen werden, dass § 25 Abs. 3 Satz 2 Variante 3 lit. c) AufenthG unmittelbar dem Anspruch auf Erteilung eines Titels nach Art. 24 Abs. 2 QRL entgegen gehalten werden kann; insbesondere können an sich Sachverhalte, die selbst die Voraussetzungen des Art. 17 Abs. 1 QRL erfüllen, im Ausgangspunkt aus systematischen Gründen nicht unwiderlegbar und gewissermaßen automatisch anspruchsvernichtende zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Sinne von Art. 24 Abs. 2 QRL ausmachen. Gleichwohl bedarf bis zu einer ordnungsgemäßen Umsetzung des Unionsrechts, insbesondere eines ausdrücklichen Verfahrens zur Gewährung eines subsidiären Schutzstatus die Vorbehaltsklausel der zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung der erweiternden Auslegung dergestalt, dass die Ausschlussgründe jedenfalls dem Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels entgegenstehen. Denn unionsrechtlich folgt aus Art. 17 Abs. 1 QRL, dass, wenn schon der Schutzstatus zwingend zu versagen ist, gewissermaßen erst recht ein Anspruch auf Erteilung eines auf diesen zurückzuführenden Titels ausscheiden muss. Wollte man hier einen unionsrechtlichen Anspruch bejahen, so würde der ohnehin gegebene, auf dem Umsetzungsdefizit beruhende Verstoß gegen das Unionsrecht noch wesentlich verschärft mit der Folge, dass ein dem Unionsrecht noch ferneres Ergebnis erzielt würde, was offenkundig mit Art. 4 Abs. 3 EUV unvereinbar wäre.
66 
Nach alledem kann dann zwar allein der Umstand, dass nach nationalem Recht der Erteilung des Titels § 11 Abs. 1 Satz 2 (i.V.m. § 84 Abs. 2 Satz 2) AufenthG entgegenstünde, den Anspruch nach Art. 24 Abs. 2 QRL nicht ohne weiteres entfallen lassen, sondern nur dann, wenn sich in der Sperrwirkung zugleich zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung manifestieren würden. Dies ist aber der Fall, wenn eine Ausweisung wirksam und materiell zu Recht auf § 54 Nr. 5 AufenthG gestützt wird. Namentlich der oben beschriebene völkerrechtliche und unionsrechtliche Hintergrund dieser Bestimmung sowie das mit ihr zu bekämpfende Gefährdungspotential verkörpern typischerweise derartige zwingende Gründe, selbst wenn von den jeweils betroffenen Personen keine unmittelbare konkrete oder gar gegenwärtige Gefahr ausgehen sollte.
67 
Unabhängig hiervon liegen nach Überzeugung des Senats auch die Voraussetzungen des Art. 17 Abs. 1 lit. c QRL bzw. des § 25 Abs. 3 Satz 2 Variante 3 lit. c) AufenthG vor. Hiernach erfolgt ein Ausschluss vom subsidiären Schutzstatus bzw. wird der Aufenthaltstitel abgelehnt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Betreffende sich Handlungen hat zuschulden kommen lassen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderlaufen. Der Wortlaut beider Bestimmungen stimmt im Wesentlichen mit Art. 1 F lit. c) GFK überein. Beide Bestimmungen weichen allerdings von Art. 12 Abs. 2 lit. c) QRL ab, der die maßgeblichen Ziele der Vereinten Nationen als diejenigen benennt und konkretisiert, die in der Präambel der UN-Charta und deren Art. 1 und 2 enthalten sind. Daraus wird teilweise der Schluss gezogen, das Gemeinschaftsrecht habe eine Entscheidung dahin gehend getroffen bzw. entsprechende in der Literatur und Rechtspraxis vertretene Auffassungen bekräftigt, wonach hier als in Betracht kommende Akteure nur Repräsentanten von Staaten oder jedenfalls staatsähnlicher Organisationen gemeint sein können, weil in der UN-Charta an sich nur die Beziehungen von Staaten untereinander in den Blick genommen werden (so etwa OVG NW, U. v. 27. März 2007 - 8 A 5118105.A - juris; Marx, Handbuch zur Qualifikationsrichtlinie, 2009, § 33 Rdn. 97 ff.). Worin dann allerdings bei diesem Ansatz der anwendungsrelevante Unterschied zu § 25 Abs. 3 Satz 2 Variante 3 lit. a) AufenthG (bzw. Art. 12 Abs. 2 lit. a) bzw. Art. 17 Abs. 1 lit. a) QRL) bestehen soll, erschließt sich dem Senat nicht. Zwar hatte UNHCR (Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, 2003, Ziff. 163) sicherlich mit guten Gründen darauf hingewiesen, dass die in der Charta genannten Ziele im Grundsatz nur das Verhältnis der Staaten untereinander betreffen, was die Schlussfolgerung nahe legen konnte, hier liege die Vorstellung und Konzeption zugrunde, der in den Blick zu nehmende Personenkreis sei auf solche Personen beschränkt, die aufgrund ihrer Stellung in einem staatlichen Machtapparat einen wesentlichen Beitrag zu einer durch den Staat selbst begangenen Verletzung dieser Grundsätze geleistet haben (vgl. hierzu auch UNHCR, Richtlinien zur Anwendung der Ausschlussklauseln, ZAR 2004, 207 Nr. 17; auch bereits Marx, Handbuch zur Asyl- und Flüchtlingsanerkennung, § 63 Stand Dez. 1997, Rdn. 148; vgl. auch BVerwG, U. v. 1. Juli 1975 - 1 C 44.68 - Buchholz 402.24 § 28 AusIG Nr. 9 mit dem zutreffenden Hinweis, dass in erster Linie Handlungen gemeint sind, die dem internationalen Frieden und der Völkerverständigung entgegen laufen). Zieht man aber schon den 22. Erwägungsgrund der Qualifikationsrichtlinie in die Überlegungen mit ein, so kann eine derartige Beschränkung nicht befürwortet werden. Denn dort werden zwar ebenfalls die Präambel sowie die Art. 1 und 2 der UN-Charta angesprochen. Daneben werden aber auch ausdrücklich die Resolutionen der UN erwähnt, wonach „Handlungen, Methoden und Praktiken des Terrorismus im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen“ stünden und darüber hinaus auch die wissentliche Finanzierung und Planung terroristischer Handlungen sowie die Anstiftung dazu gleichfalls mit den Zielen und Grundsätzen unvereinbar seien. In diesem Zusammenhang ist unübersehbar, dass hier gegenüber den Verhältnissen zum Zeitpunkt der Erarbeitung der Konvention mittlerweile ein nicht unerheblicher Bedeutungswandel eingetreten ist. Denn spätestens in der Resolution des Sicherheitsrats Nr. 1373 (2001) vom 28. September 2001 bringt dieser unmissverständlich zum Ausdruck, dass Handlungen, Methoden und Praktiken des Terrorismus im Widerspruch zu den in Kapitel 1 der Charta der Vereinten Nationen niedergelegten Zielen und Grundsätzen der Organisation stehen. Nach dieser Resolution, deren Umsetzung die hier in Rede stehenden Bestimmungen dienen und die der 22. Erwägungsgrund im Auge hat (vgl. BTDrucks 14/7386, S. 57), sollen, wie schon oben ausgeführt, die Staaten gegen alles vorgehen bzw. alles unterlassen, was den Terrorismus in irgendeiner Weise unterstützen könnte. Insbesondere sollen sie die Finanzierung terroristischer Handlungen verhüten und bekämpfen (Nr. 1 a), die vorsätzliche Bereitstellung oder Sammlung von Geldern, gleichviel durch welche Mittel und ob mittelbar oder unmittelbar durch ihre Staatsangehörigen oder in ihrem Hoheitsgebiet mit der Absicht oder in Kenntnis dessen, dass die Gelder zur Ausführung terroristischer Handlungen verwendet werden, unter Strafe stellen (Nr. 1 b) und diejenigen, die terroristische Handlungen finanzieren, planen, erleichtern oder begehen, daran hindern, ihr Hoheitsgebiet für diese Zwecke zu nutzen (Nr. 2 der Resolution). Hieraus wird deutlich, dass die ursprünglich für richtig gehaltene Beschränkung des Personenkreises nicht mehr in dieser Weise uneingeschränkt aufrechterhalten werden kann, denn die dort angesprochenen Akteure des Terrors haben regelmäßig nichts mit (zumindest) staatsähnlichen Organisationen zu tun (a.A. Marx, InfAusIR 2005, 218 <227>, der zu stark die Entstehungsgeschichte in den Blick nimmt und dabei übersieht, dass die Vorschrift, indem sie auf die Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen abstellt, für einen Bedeutungswandel offen ist und daher nicht gesagt werden kann, die GFK stelle statisch nur auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt ihrer Entstehung ab; wie hier etwa OVG RP, U. v. 6. Dezember 2002 - 10 A 10089/02 - InfAuslR 2003, 254; Hailbronner, Ausländerrecht, § 60 AufenthG Stand Oktober 2008, Rdn. 227; vgl. auch die Vorabentscheidungsersuchen des Bundesverwaltungsgerichts v. 14. Oktober 2008 - 10 C 48.07 - BVerwGE 132, 79; v. 25. November 2008 - 10 C 46.07 - NVwZ 2009, 592). Der von Marx in diesem Zusammenhang weiter erhobene Einwand, bislang sei keine zufriedenstellende praktikable juristische Definition des Terrorismusbegriffs gefunden worden (vgl. Handbuch zur Qualifikationsrichtlinie, 2009, § 33 Rdn. 114), ist im Ansatz sicherlich nicht vollständig von der Hand zu weisen, ein solcher wird auf absehbare Zeit wohl auch nicht weltweit konsensfähig sein. Andererseits liegt der genannten Sicherheitsratsresolution ein „sicherer" Begriffskern zugrunde, wovon auch das BVerwG im bereits oben angesprochenen Urteil v. 15. März 2005 (1 C 26.03 - a.a.O.) ausgegangen ist.
68 
Für die Anwendung des Ausschlussgrundes ist schon vom Wortlaut der Bestimmung, der auf eine retrospektive Sichtweise abstellt, nicht erforderlich, dass eine konkrete Wiederholungsgefahr festgestellt werden kann. Die zugrunde liegende Bestimmung des Art. 1 F lit. c) GFK (wie generell Art. 1 F GFK) bringt vielmehr vorrangig ein gewichtiges wertendes Element der „Asylunwürdigkeit" zum Ausdruck (vgl. hierzu auch BVerwG, B. v. 14. Oktober 2008 - 10 C 48.07 - BVerwGE 132, 79; v. 25. November 2008 - 10 C 46.07 - NVwZ 2009, 592; Hailbronner, Ausländerrecht, § 60 AufenthG Stand Oktober 2008, Rdn. 211 ff.). Gleichwohl stehen auch diese gemeinschaftsrechtlichen und völkervertraglichen Ausschlussgründe unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit. Liegen die entsprechenden Gründe bzw. Taten zum Zeitpunkt der Aktualisierung bzw. des Eintritts der flüchtlingsrechtlich zu betrachtenden Verfolgungsgefahr lange zurück und haben sich die Betroffenen insbesondere mittlerweile glaubwürdig distanziert oder aber wirken sie mittlerweile sogar aktiv an der Bekämpfung des Terrorismus mit, so wäre ein Zurückstellen des Flüchtlingsschutzes nicht mehr gerechtfertigt (so auch im Ausgangspunkt UNHCR, Richtlinien zur Anwendung der Ausschlussklauseln, ZAR 2004, 207 ff., Nr. 23 f.; ders., Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, 2003, Nr. 157; vgl. auch BVerwG, B. v. 14. Oktober 2008 – 10 C 48.07 – a.a.O.). Zu verlangen ist daher – wenn auch keine konkrete Wiederholungsgefahr – so doch ein Minimum an Aktualität. Auch wenn im Falle des Art. 1 F lit. b) GFK - anders als in Art. 33 Nr. 2 GFK - nicht ausdrücklich auf das Vorliegen einer Gefahr abgestellt wird, so ist zwar unübersehbar, dass diese Bestimmung der Abwehr von Gefahren für das Zufluchtland dient. Gleichwohl ist die Zwecksetzung nicht darauf beschränkt, denn es geht auch darum, dem Missbrauch des Flüchtlingsstatus entgegenzuwirken, v.a. aber darum zu verhindern, dass sich die Betreffenden einer berechtigten Strafverfolgung entziehen (vgl. im Einzelnen die Nachweise bei BVerwG, B. v. 14. Oktober 2008 – 10 C 48.07 – a.a.O.; a.A. Marx, Handbuch zur Qualifikationsrichtlinie, 2009, § 33 Rdn. 84 ff. m.w.N., wonach sich die beiden Bestimmungen im Wesentlichen nur durch den Ort der Tatbegehung unterschieden, weshalb es nahe liege, von einem komplementären Charakter der Vorschriften auszugehen und auch hier nach den allgemeinen Maßstäben eine konkrete Gefahr zu verlangen; UNHCR, Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, 2003, Ziff. 151; vgl. auch OVG NW, U. v. 27. März 2007 – 8 A 5118/05.A – juris).
69 
Der Senat kann offen lassen, ob Personen, die lediglich als Mitläufer bzw. unbedeutende Unterstützer des Terrorismus einzustufen sind, taugliche Akteure im Sinne des Art. 17 Abs. 1 lit. c) QRL sein können. Der Kläger war jedoch als ehemaliger höher gestellter mehrjähriger Funktionär der Organisation eine Person, die maßgeblich den Weg der Organisation in der Bundesrepublik mitbestimmen und prägen konnte, weshalb sein Handeln unmittelbar geeignet war, die Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen nachteilig zu berühren. Auch liegen diese Aktivitäten nicht so lange zurück, als dass sie als obsolet angesehen werden könnten. Schließlich kann von einer glaubwürdigen Distanzierung, wie bereits ausgeführt, keine Rede sein.
70 
Wollte man nicht der Auffassung einer unionsrechtswidrigen Umsetzung folgen, so stünde der Erteilung nicht nur § 25 Abs. 3 Satz 2 3. Variante lit. c) AufenthG entgegen, sondern auch § 11 Abs. 1 Satz 2 (i.V.m. § 84 Abs. 2 Satz 2) AufenthG sowie § 5 Abs. 4 AufenthG.
71 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
72 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).
73 
Beschluss vom 21. April 2010
74 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 2 und § 39 Abs. 1 GKG auf 10.000,- EUR festgesetzt.
75 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19.11.2009 - 2 K 32/09 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt seine Einbürgerung.
Er ist am … 1960 in ... (Türkei) geboren und kurdischer Volkszugehöriger. Er reiste zusammen mit seiner Ehefrau und den in den Jahren 1988 und 1989 geborenen Töchtern im Juni 1990 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Die Familie stellte einen Asylantrag, zu dessen Begründung sich der Kläger darauf berief, er sei in der Türkei seit 1976 für die TKEP bzw. deren Vorgängerorganisation tätig gewesen und deswegen politisch verfolgt worden. Hinsichtlich der Einzelheiten seines Vorbringens wird auf die beigezogene Asylverfahrensakte, insbesondere seine Anhörung im Rahmen der Vorprüfung verwiesen. Mit Bescheid vom 08.08.1990 erkannte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge den Kläger, seine Ehefrau und die beiden Töchter als Asylberechtigte an. Seither war der Kläger im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis und eines internationalen Reiseausweises. Mit Schreiben vom 04.01.2007 teilte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge dem Landratsamt Karlsruhe auf Nachfrage mit, dass hinsichtlich der Familie derzeit kein Widerrufsverfahren eingeleitet werde.
Im Jahre 1996 stellte der Kläger erstmals einen Einbürgerungsantrag. Unter dem 18.08.1998 teilte das Landesamt für Verfassungsschutz mit, es lägen keine nachteiligen Erkenntnisse vor. Am 03.09.1998 sagte das Landratsamt Karlsruhe die Einbürgerung zu, sofern bis zum 03.09.2000 der Verlust der türkischen Staatsangehörigkeit nachgewiesen wird. Nach einer Bestätigung des türkischen Generalkonsulates Karlsruhe vom 11.02.1999 wurde die Entlassung aus der türkischen Staatsbürgerschaft beantragt. Am 06.07.2000 nahm der Kläger seinen Einbürgerungsantrag vom 25.11.1996 zurück und beantragte zugleich erneut seine Einbürgerung. In der Folgezeit bekannte er sich gegenüber der Einbürgerungsbehörde zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung und gab eine Erklärung ab, wonach er u.a. keine Bestrebungen verfolge oder unterstütze, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit des Bundes gerichtet seien.
Am 14.07.2001 unterzeichnete der Kläger die Selbsterklärung „auch ich bin ein PKK´ler“. Das darauf hin eingeleitete Strafverfahren wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz stellte die Staatsanwaltschaft Karlsruhe am 15.05.2002 gemäß § 153b Abs. 1 StPO ein. Der eigene Beitrag zur Unterstützung der PKK/ERNK erscheine von geringem Gewicht. Gemessen an den Verbotsgründen handele es sich um eine untergeordnete, wenngleich nicht völlig unerhebliche Förderung der Ziele der PKK/ERNK. Insgesamt erscheine das Verschulden gering. Vorstrafen, die eine andere Bewertung oder eine Bestrafung gebieten würden, seien nicht bekannt geworden.
Nach einem Bericht des Polizeireviers Ettlingen vom 30.08.2001 kam es am 10.08.2001 zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen Angehörigen der Familien ... und ..., bei der verschiedene Beteiligte verletzt wurden. Ausweislich der Niederschrift des Polizeireviers Ettlingen über die Vernehmung von ... als Geschädigter vom 30.08.2001 gab dieser an, der Kläger sei nicht nur ein Anhänger der PKK, sondern aktives Mitglied und gebe alles Geld, das ihm übrigbleibe, der PKK. Der Kläger versuche immer wieder mit dem Versprechen, die ganzen Kosten würden bezahlt, die Hausbewohner und auch ihn zu überreden, zu Veranstaltungen der PKK mitzufahren, so zur damaligen Öcalan-Veranstaltung nach Zürich. Die ganze Straße wisse, dass der Kläger ein aktives PKK-Mitglied sei. Das gebe er selbst freimütig zu und mache ständig Werbung für die Organisation. Die ganze Wohnung sei mit Bildern und Flaggen der PKK bzw. Öcalans dekoriert. Die Staatsanwaltschaft stellte das im Hinblick auf den Vorfall vom 10.08.2001 eingeleitete Ermittlungsverfahren mit Verfügung vom 03.01.2002 gemäß § 170 Abs. 2 StPO ein, denn der Beginn sowie der Ablauf der Auseinandersetzung werde von den verschiedenen Beteiligten unterschiedlich geschildert, wobei nicht festzustellen sei, welcher Version ein größerer Wahrheitsgehalt zukomme. Mit Urteil des Amtsgerichts Ettlingen vom 20.10.2004 - 1 C 39/04 - wurden ... und sein Vater verurteilt, dem Kläger und seiner Ehefrau Schadensersatz und Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 4.173,06 EUR zu zahlen.
Am 25.01.2006 führte das Landratsamt Karlsruhe eine Befragung des Klägers und seiner Ehefrau hinsichtlich des Bekenntnisses zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung durch. Die Antworten ließen keine Anhaltspunkte dafür erkennen, dass es an Grundkenntnissen zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung fehlen könnte. Am 20.01.2007 gab der Kläger erneut das Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung ab und unterzeichnete die Loyalitätserklärung.
Das Innenministerium Baden-Württemberg stimmte einer Einbürgerung des Klägers mit Schreiben vom 21.09.2005, 29.03.2007 und 20.07.2007 nicht zu. Der Kläger sei dem Landesamt für Verfassungsschutz im Zusammenhang mit der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) bekannt geworden. Über ihn lägen folgende Erkenntnisse vor, die seine Einbindung in die Aktivitäten der PKK-Anhänger und damit auch seine ideologische Ausrichtung dokumentierten:
- 08.03.1998: Teilnahme an einer „PKK-Volksversammlung“ in ... Thema der Veranstaltung anlässlich des „Internationalen Frauentages“ sei insbesondere die Beteiligung von Frauen an der Revolution gewesen.
- 28.06.1998: Teilnahme an einer Veranstaltung der PKK zum Gedenken verschiedener „Märtyrerinnen“.
10 
- 06.03.1999: Teilnahme an der PKK-Demonstration in ..., die sich gegen die Festnahme Öcalans gerichtet habe. Von den Teilnehmern seien mehrere PKK-Fahnen sowie Abbildungen Öcalans mitgeführt worden.
11 
- 04.04.1999: Teilnahme an einer „Volksversammlung“ der PKK in ... In Redebeiträgen sei über die aktuelle politische Situation im Zusammenhang mit der Festnahme Öcalans referiert worden, wobei die Situation in der Bundesrepublik Deutschland mit der Zeit des Nationalsozialismus in Zusammenhang gebracht worden sei.
12 
- 24.10.1999: Teilnahme an der „Volksversammlung“ des PKK-Gebietes in ... Thema der Veranstaltung sei die aktuelle politische Situation im Hinblick auf den nach der Festnahme Öcalans eingeschlagenen Friedenskurs gewesen.
13 
- 15.02.2003: Teilnahme an einer europaweiten Demonstration von KADEK-Anhängern gegen die „Isolationshaft“ Öcalans. Es seien zahlreiche Bilder von Öcalan mitgeführt und der getöteten „Märtyrer“ dieser Organisation gedacht worden.
14 
- 14.02.2004: Teilnahme an einer Solidaritätsdemonstration von KONGRA-GEL-Anhängern in Straßburg anlässlich des 5. Jahrestages der Festnahme von Öcalan. Neben Fahnen der PKK seien Transparente mitgeführt worden, auf denen die Forderungen nach Freilassung Öcalans zu lesen gewesen seien. Wiederum sei den „Märtyrern“ von PKK/KADEK/ KONGRA-GEL gedacht worden.
15 
In einem persönlichen Schreiben vom 07.11.2005 erklärte der Kläger, er habe an diesen Veranstaltungen nicht teilgenommen. Die Prozessbevollmächtigte des Klägers führte mit Schreiben vom 30.05.2007 aus, die aufgeführten Sachverhalte seien reine Behauptungen und entbehrten jeder Grundlage. Der Kläger sei kurdischer Volkszugehörigkeit und demzufolge an einer friedlichen Lösung für die kurdische Frage interessiert. Wie aus dem Asylverfahren ersichtlich komme er aus einer völlig anderen politischen Tradition. Auch dem Innenministerium dürfte bekannt sein, dass die Organisationen, mit denen er sich noch in der Türkei politisch verbunden gefühlt habe, im Gegensatz zur PKK stünden und sich hier keine Gemeinsamkeiten ergäben. Er sei zu keinem Zeitpunkt Mitglied, Unterstützer oder Sympathisant der PKK gewesen. Er habe mit dieser politischen Richtung nichts zu tun.
16 
Anlässlich einer persönlichen Anhörung beim Landratsamt Karlsruhe am 05.12.2007 äußerte sich der Kläger - ebenso wie bei einer persönlichen Vorsprache am 10.01.2007 - dahingehend, dass er die Unterschrift auf der PKK-Selbsterklärung geleistet habe, um sich für eine friedliche Lösung der kurdischen Frage einzusetzen. An den aufgelisteten Demonstrationen habe er nicht teilgenommen. Er sei kein Sympathisant oder Mitglied der PKK. Er sei in der Türkei Sympathisant der TKEP gewesen. Hierzu verweise er auf das Anhörungsprotokoll des Bundesamtes. Aus politischen Auseinandersetzungen habe er sich zurückgezogen.
17 
Das Landratsamt Karlsruhe lehnte mit Bescheid vom 02.05.2008 den Einbürgerungsantrag des Klägers ab. Es fehle schon an der Einbürgerungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Nr. 1 StAG. Darüber hinaus lägen die Ausschlussgründe nach § 11 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 StAG vor. Der Kläger habe im Jahre 2001 im Rahmen der PKK-„Identitätskampagne“ eine „Selbsterklärung“ bewusst unterzeichnet und damit erklärt, dieser Partei anzugehören. Er habe außerdem an den vom Landesamt für Verfassungsschutz im einzelnen mitgeteilten Veranstaltungen teilgenommen. Seine von ihm am 06.07.2000 abgegebene Loyalitätserklärung, in der er erklärt habe, keine der in § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG genannten Bestrebungen unterstützt oder verfolgt zu haben, habe nach alledem nicht der Wahrheit entsprochen. Da er seine Unterstützungshandlungen für die PKK auch nach Abgabe der Loyalitätserklärung fortgeführt habe und sie in seiner Anhörung vom 05.12.2007 im Beisein seiner Bevollmächtigten geleugnet habe, könne nicht davon ausgegangen werden, dass er sich von der früheren Verfolgung und Unterstützung solcher Bestrebungen tatsächlich abgewandt habe.
18 
Gegen den am 05.05.2008 zugestellten Bescheid legte der Kläger am 05.06.2008 Widerspruch ein und trug vor, er habe an den vom Verfassungsschutz aufgelisteten Aktivitäten nicht teilgenommen. Wie sich aus dem Asylantrag ergebe, würden die Organisationen, mit der er in der Türkei zusammengearbeitet habe, im politischen Gegensatz zur PKK stehen. Kontakte zu der politischen Strömung der Türkisch-Kommunistischen Partei und der Kurdisch-Kommunistischen Partei bestünden in Deutschland seit mehr als 15 Jahren nicht mehr. Die PKK-Selbsterklärung, mit der für eine friedliche Lösung der kurdischen Frage geworben worden sei, stehe einer Einbürgerung nicht entgegen.
19 
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.12.2008 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch zurück und führte ergänzend aus, dass eine Einbürgerung des Klägers auch nicht im Wege der Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG in Betracht komme.
20 
Am 07.01.2009 erhob der Kläger Klage beim Verwaltungsgericht Karlsruhe, zu deren Begründung er unter anderem vortrug: Grundlage seiner Anerkennung als Asylberechtigter sei die politische Verfolgungsgefahr in der Türkei aufgrund seiner Zusammenarbeit mit der TKEP gewesen. Seine politische Betätigung habe somit nicht für die PKK oder eine ihrer Strukturen stattgefunden. Er habe sich während seiner Zeit in der Bundesrepublik Deutschland zunehmend von seinen früheren politischen Überzeugungen gelöst und sich hier integriert. Er sei mehrfach durch die Behörde und auch durch den Verfassungsschutz überprüft worden. Erkenntnisse hätten offensichtlich bis September 1998, zu diesem Zeitpunkt habe er eine Einbürgerungszusicherung erhalten, nicht vorgelegen. Er habe keinerlei politischen Bezugspunkte zur PKK und/oder einer mit ihr verbundenen Organisation. Die vom Landesamt für Verfassungsschutz behaupteten Teilnahmen an Veranstaltungen bzw. Demonstrationen, die von der PKK oder mit ihr verbundenen Organisationen und Vereinen organisiert worden seien, seien ohne jede tatsächliche Grundlage und unzutreffend. Offensichtlich sei es zu dieser Behauptung erst gekommen, nachdem er die „Selbstbezichtigungskampagne“ unterstützt habe. Wie auch viele andere Personen, ob nun türkischer oder kurdischer Herkunft, sei er der Überzeugung, dass eine friedliche Lösung für die kurdische Frage in der Türkei gefunden werden müsse. Deshalb unterstütze er auch entsprechende Forderungen. Bezüglich der sog. Selbstbezichtigungs- oder Identitätskampagne hätten zwei Unterschriftsentwürfe vorgelegen, einmal mit und einmal ohne die beanstandete Überschrift „auch ich bin ein PKK´ler“. Er habe jedoch nicht ernsthaft zum Ausdruck bringen wollen, wie auch eine Vielzahl der Unterzeichner, dass er Mitglied der PKK sei, sondern lediglich, dass die Auseinandersetzung in den kurdischen Gebieten der Türkei ihn auch selbst betreffe und dass eine Lösung des Problems nicht ohne Einbeziehung der PKK möglich sein werde.
21 
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
22 
In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 19.11.2009 gab der Kläger an: Er und seine Familie seien zwischenzeitlich aus der Türkei ausgebürgert worden. Er habe an keiner der benannten Demonstrationen bzw. Veranstaltungen teilgenommen. Er wisse noch nicht einmal, was bei den Veranstaltungen, an denen er teilgenommen haben soll, thematisiert worden sei. Er sei gegen Krieg und hoffe, dass die Kurdenprobleme in der Türkei einer einvernehmlichen Lösung zugeführt würden. Er nehme an Newroz, den kurdischen Neujahrsfeierlichkeiten, teil, um den sozialen Kontakt mit den Kurden aus seiner Heimat aufrecht erhalten zu können. Politisch betätige er sich bei Newroz nicht. Die PKK und die TKEP, für die er sich in der Türkei politisch betätigt habe und aufgrund dessen er als Asylberechtigter anerkannt worden sei, hätten unterschiedliche Zielsetzungen gehabt. Die TKEP habe sich zwischenzeitlich aufgelöst. Seine politischen Betätigungen in der Türkei lägen Jahrzehnte zurück und er habe wegen seiner Familie und seinem Beruf keine Zeit mehr, sich politisch zu engagieren. Er wolle dies auch nicht mehr. Er setze sich für die Rechte der Arbeitnehmer ein und besuche regelmäßig Veranstaltungen zum 1. Mai.
23 
Mit Urteil vom 19.11.2009 - 2 K 32/09 - verpflichtete das Verwaltungsgericht Karlsruhe unter Aufhebung des Bescheides des Landratsamts Karlsruhe vom 02.05.2008 und des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 15.12.2008 den Beklagten, den Kläger in die Bundesrepublik Deutschland einzubürgern. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus: Die Voraussetzungen für eine Anspruchseinbürgerung nach § 10 StAG lägen vor. Dem Begehren des Klägers stünden auch die Ausschlussgründe nach § 11 StAG nicht entgegen. Die alleinige Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung rechtfertige nicht die Annahme, der Kläger habe eine Bestrebung im Sinne von § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG unterstützt. Es sei auch nicht ersichtlich, dass der Kläger den Wortlaut übersteigende Ziele und Absichten habe erkennen können oder müssen bzw. er nach seinem Kenntnis- und Wissensstand Zweifel an der Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit der Erklärung der PKK habe hegen müssen, dass sie ihre Ziele künftig legal und gewaltfrei verfolgen werde. Seine schriftliche Erklärung vom 26.04.2005 verdeutliche, dass er nicht hinter den von der PKK durchgeführten terroristischen Aktionen gestanden habe und stehe. Die Erklärung des Klägers, er sei der Auffassung, die PKK führe einen friedlichen, demokratischen und gerechten Kampf, müsse vor dem Hintergrund der in jener Zeit von der PKK verkündeten Gewaltfreiheit ihres politischen Kampfes gesehen werden. Für den Kläger sei es genau so wenig wie für viele andere Kurden ersichtlich gewesen, dass die PKK trotz ihrer propagierten Gewaltfreiheit weiterhin zu Gewaltaktionen zur Durchsetzung ihrer Ziele greifen würde. Um dies erkennen zu können, hätte er zumindest Führungsmitglied der PKK (in Deutschland) sein müssen, wovon selbst der Beklagte nicht ausgehe. Nach dem von der Kammer in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindruck seien seine rechtfertigenden Erklärungen keine Lippenbekenntnisse, insbesondere um einer drohenden Strafverfolgung zu entgehen, sondern brächten seine innere Überzeugung zum Ausdruck. Auch die im Asylverfahren unterstellte politische Betätigung des Klägers in der Türkei für die TKEP vermöge die Selbsterklärung nicht in einem anderen Licht erscheinen zu lassen. Abgesehen vom Zeitablauf gebe es auch kein Bindeglied zwischen der politischen Betätigung des Klägers in der Türkei und der von ihm unterschriebenen Selbsterklärung. Nach Auffassung der Kammer habe der Kläger auch nicht an den von ihm zur Last gelegten Demonstrationen teilgenommen. Er habe durchgängig von Anfang an bestritten, an den ihm vorbehaltenen Demonstrationen teilgenommen zu haben, und habe dies auch in der mündlichen Verhandlung noch einmal bekräftigt. Die vom Beklagten angebotene Einvernahme des Zeugen vom Hörensagen sei nicht erforderlich gewesen. Denn selbst wenn der Zeuge vom Hörensagen die Demonstrationsteilnahme des Klägers hätte bestätigen können, wäre es ihm nicht möglich gewesen, über die Gewinnung und den näheren Inhalt der Erkenntnisse bezüglich des Klägers Aussagen zu machen. Dies wäre aber für eine Beweiswürdigung unter Berücksichtigung der strengen Vorgaben bei diesem Beweismittel für die Kammer erforderlich gewesen. Die Präsidentin des Landesamtes für Verfassungsschutz Baden-Württemberg habe anlässlich einer Informationsveranstaltung vorgetragen, Zeugen vom Hörensagen dürften keine näheren Angaben zur Gewinnung der von ihnen vorgetragenen Erkenntnisse machen. Beim Landesamt für Verfassungsschutz gebe es zudem nur einen zur Aussage bei Gericht berechtigten Beamten, der im Übrigen seine Informationen oftmals selbst nicht von den vom Verfassungsschutz eingesetzten V-Leuten bekomme, sondern seinerseits auf Angaben von Personen vom Hörensagen angewiesen sei. Aufgrund dessen scheide die Anhörung des vom Beklagten angebotenen Zeugen vom Hörensagen jedenfalls in diesem Verfahren zur Überzeugungsbildung der Kammer aus. Selbst wenn man im Übrigen eine bloße Teilnahme des Klägers an den vom Innenministerium benannten Veranstaltungen unterstellen würde, könnte dies seiner Einbürgerung nicht entgegenstehen. Wie dem Berichterstatter aus einer Vielzahl von Asylverfahren türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit bekannt sei, hätten an den in der Regel angezeigten bzw. genehmigten Demonstrationen oder Veranstaltungen viele Kurden nur deswegen teilgenommen, um gemeinsam mit weiteren Volkszugehörigen zu feiern und in einer für sie oftmals fremden Umgebung Geborgenheit zu finden. Nicht selten nähmen an diesen Veranstaltungen mehrere tausend Menschen aus allen Teilen der Bundesrepublik teil. Auch wenn bei diesen Demonstrationen bzw. Veranstaltungen PKK-Fahnen und Bilder des PKK-Führers Öcalan öffentlich gezeigt würden, heiße das noch lange nicht, dass sich jeder der Teilnehmer uneingeschränkt und vorbehaltlos mit allen im Rahmen einer solchen Großveranstaltung öffentlich bekundeten Stellungnahmen und Meinungsäußerungen vollinhaltlich identifiziert habe. Zugegebenermaßen werde eine nicht geringe Anzahl von Teilnehmern tatsächlich die PKK-Ziele verinnerlicht haben, verallgemeinern lasse sich dies jedoch nicht. Dass der Kläger die PKK bei den aufgeführten Demonstrationen etwa durch das Schwingen der Fahne unterstützt habe, sei zu keiner Zeit vom Beklagten behauptet worden. Dies halte die Kammer auch für unwahrscheinlich, da ihm eine Verbindung zur PKK nie nachgewiesen worden und eine solche auch nicht aufgrund seiner in der Türkei gezeigten politischen Überzeugung und seinem Eintreten für die Ziele der TKEP erkennbar sei.
24 
Auf Antrag des Beklagte hat der Senat mit Beschluss vom 16.03.2010 die Berufung zugelassen, die am 13.04.2010 unter Stellung eines Antrags begründet worden ist. Der Beklagte führte zu den Veranstaltungen, an denen jeweils der Kläger und die „Quelle“ des Verfassungsschutzes teilgenommen hätten, ergänzend aus: An der am Nachmittag des 08.03.1998 in den Vereinsräumlichkeiten des „Kulturzentrums Kurdistan e.V.“ in der ... durchgeführten Veranstaltung hätten ca. 200 Personen teilgenommen. Thema der Veranstaltung sei in erster Linie der „Internationale Frauentag“ gewesen. Daneben sei auch den beiden kurdischen Märtyrerinnen Beriwan und Ronahi gedacht worden, die sich 1993 in Mannheim selbst verbrannt hätten. Nach einer Gedenkminute habe sich der Gebietsleiter an die Anwesenden gewandt und über die Bemühungen der PKK, für die Einhaltung der Menschenrechte in Kurdistan einzutreten, berichtet. Er habe die Anstrengungen der PKK mit der russischen Revolution, die eine neue Epoche für die unterdrückten Menschen in der ehemaligen Sowjetunion eingeleitet habe, verglichen. Die Gegner der PKK hießen heute Türkei, USA und Israel. Sie würden zusammenarbeiten, um die antiimperialistische Politik der PKK zu unterlaufen. Der Redner habe den Mut der Frauen gerühmt, die - wie Beriwan und Ronahi in Deutschland - in vielen Ländern ihr Leben für die PKK geopfert hätten. Europa, das heute Heimat von Millionen Kurden sei, biete Frauen eine große Chance, sich selbst zu verwirklichen. Im Feudalsystem der Türkei sei dies nicht im selben Ausmaß möglich. Abschließend habe der Gebietsleiter insbesondere die Frauen aufgerufen, sich am bevorstehenden Marsch zahlreich zu beteiligen. Eine unbekannte Funktionärin habe den Beginn einer fünftägigen Sitzdemonstration in Genf ab 16.03.1998 verkündet. An dieser Aktion sollten sich auch zahlreiche Frauen aus Süddeutschland beteiligen. Grund der Veranstaltung sei die Aufforderung des Führers der DPK Barsani an die Bewohner des nordirakischen Lagers Ninowa, dieses Camp zu verlassen. Sodann habe die Funktionärin zum „Internationalen Frauentag“ die Rolle der Frau in der PKK betont. Dank der PKK habe sich das Bild der Frau gewandelt und die moderne Frau gehe mit der Kalaschnikow ebenso selbstverständlich um, wie sie Auto fahre und in andere Domänen der Männer eingedrungen sei. Dennoch würden Frauen heute noch weltweit unterdrückt und als Sklavinnen missbraucht. In Kurdistan verfüge die Guerilla über zahlreiche weibliche Kommandanten, denen eine wichtige Rolle zukomme. Auch in Europa gäben zahlreiche Frauen ein gutes Vorbild ab. Aber in beiden Fällen sei die Anzahl jener Frauen noch immer nicht groß genug, die gleichberechtigt seien. Ihre Zahl müsse weiter wachsen. Beriwan und Ronahi seien große Heldinnen, denen man nacheifern müsse und die allen als Vorbild dienen sollten. Nur die Revolution könne die Frauen vom herrschenden System befreien. Gegen Ende der Veranstaltung habe der Gebietsleiter noch einmal auf den Fackelmarsch am 20.03.1998 in ... hingewiesen und der Hoffnung Ausdruck verliehen, dort alle heute Anwesenden wieder zu sehen. An der Veranstaltung vom 28.06.1998 in der Zeit von 15.00 Uhr bis ca. 16.30 Uhr in den Vereinsräumlichkeiten des ... in ..., ..., hätten ca. 120 Teilnehmer teilgenommen. Die Gedenkveranstaltung zu Ehren der Märtyrerin Kinaci habe mit einer Gedenkminute für die verstorbenen Revolutionäre, insbesondere die Märtyrerinnen begonnen. Danach habe Ibrahim Cek einen Brief vorgelesen, der von Kinaci noch zu Lebzeiten geschrieben worden sein soll. Der Brief habe sinngemäß gelautet: Kurdistan werde schon seit vielen Jahren von seinen Feinden beherrscht. Trotz jahrelangen tapferen Widerstands habe sie der Feind erbarmungslos unterdrückt. Erst 1998 sei es dem kurdischen Volk gelungen, einen Neuanfang zu starten. Und auch seither hätten es die Gegner ohne Rücksicht bekämpft und angefeindet. Die PKK sei nicht tot, die PKK lebe. Im Gegensatz zu ihren imperialistischen Feinden achte sie das menschliche Leben hoch und versuche nicht, die Menschen zu unterdrücken, aber das Volk müsse auch auf das hören, was ihm die PKK sage und was ihm deren Führer mit auf den Weg gebe. Die PKK bedeute Freiheit, Freiheit für die Frauen, Freiheit für alle. Sie appelliere weltweit an alle Menschen zu hören, dass die Kurden keine Schuld an dem Krieg in Kurdistan trügen und bitte sie, die Kurden bei ihrem Kampf gegen die türkische Regierung zu unterstützen. Für sie gebe es kein Leben ohne die PKK. Die PKK sei nicht nur eine Revolution für die Kurden, sie bedeute eine Revolution für die Welt. Sie glaube, dass Kurdistan bald frei sein werde. Sie rufe alle kurdische Mädchen auf, sich der PKK anzuschließen. Sie würden frei und glücklich sein mit ihrem Führer Öcalan, der für alle Kurden eine Chance bedeute. Nach dem Verlesen des Briefs habe eine unbekannte Funktionärin eine Rede gehalten und ausgeführt, der Name und die Person Zilan (Deckname der PKK-Märtyrerin Zeynep Kinaci) habe für die kurdischen Frauen viel verändert. Sie und andere Heldinnen hätten bewiesen, dass es auch anders gehe. Sie hätten mit der Bombe gelebt und den kurdischen Frauen einen neuen Weg gewiesen. Zilan sei für die Frauen in der ganzen Welt ein Vorbild und weise ihnen den Weg in die Freiheit. Anschließend habe sich Ibrahim Cek erneut mit einer Rede an die Zuhörer gewandt. Er habe aufgeführt, Zilan sei nicht wie andere Frauen gewesen. An ihrer Person könnten sich alle ein Beispiel nehmen. Sie habe gegen den Feind unerschrocken für die Freiheit gekämpft. Gleiches gelte für die anderen Märtyrerinnen, die sich z.B. in Mannheim selbst verbrannt hätten, um den Kurden einen Weg in die Freiheit zu zeigen. Alle miteinander hätten sie bewiesen, dass die Frauen von den Männern unabhängig sein könnten. Gleichzeitig seien sie ein Ansporn und ein Vorbild für andere Frauen. Nicht jede könne so handeln wie Zilan, aber diese habe mit ihrer Tat bewiesen, dass sie eine Heldin und Kommandantin der PKK sei. Nach einer Pause hätten die Anwesenden Fragen an den Diwan, der von Ibrahim Cek und der unbekannten Funktionärin gebildet worden sei, richten können. Hierbei habe Cek die Zuhörer über das im September wieder alljährlich stattfindende PKK-Festival informiert und diese aufgefordert, sich terminlich darauf einzustellen. Am 06.03.1999 hätten in der Karlsruher Innenstadt ca. von 12.00 Uhr bis 14.00 Uhr etwa 800 PKK-Sympathisanten gegen die Festnahme von Abdullah Öcalan demonstriert. Der Demonstrationszug habe sich vom Kronenplatz über den Marktplatz zum Europaplatz bewegt. Zeitweilig sei dabei ein Teilnehmer mit gefesselten Händen und zugeklebtem Mund vor dem Demonstrationszug hergelaufen, um damit auf die Situation des inhaftierten PKK-Chefs aufmerksam zu machen. Im Demonstrationszug seien etliche PKK-Fahnen und Bilder von Öcalan mitgeführt worden. Darüber hinaus seien mehrfach Parolen für Öcalan und die PKK skandiert worden. Im Laufe der Demonstration seien drei Redner aufgetreten, die unter anderem die deutschen Waffenlieferungen an die Türkei kritisiert, die dortigen Menschenrechtsverletzungen angeprangert sowie ein faires Gerichtsverfahren für Öcalan und dessen Freilassung gefordert hätten. Am 04.04.1999 hätten sich in ..., in der sog. ... etwa 150 Anhänger der PKK in der Zeit von ca. 13.30 Uhr bis 18.00 Uhr zu einer Volksversammlung versammelt. Gebietsleiter Ibrahim Cek habe ausführlich Stellung zur aktuellen politischen Lage bezogen und sich sinngemäß dahingehend geäußert, dass nach der Festnahme Öcalans, die auf ein terroristisches Komplott zurückzuführen sei, die Geduld des kurdischen Volkes zu Ende gehe. Die Kurden befänden sich in einer Welt, in der sie keine Freunde hätten. Sie seien deshalb darauf angewiesen, sich selbst zu helfen. Seit 20 Jahren behaupte die Türkei, die PKK im Kampf besiegt zu haben. Trotzdem werde die PKK immer stärker. Das internationale Komplott bedeute nicht das Ende der PKK. Zwar sei ihr Führer inhaftiert, aber der Kampf werde fortgesetzt. Obwohl die PKK mehrfach einen Waffenstillstand angeboten habe, hätte die Türkei hierauf nur mit der Verschärfung des Kampfes reagiert. Der sechste Parteikongress der PKK habe beschlossen, die Durchführung von Anschlägen in der Türkei zu intensivieren. Als Ziel kämen sowohl türkische Politiker, Militärs und Polizeistationen als auch Industrieanlagen, nicht aber türkische Zivilisten in Betracht. Zur Situation in Deutschland habe der Redner ausgeführt, hier würden täglich neue Gesetze gegen die PKK verabschiedet. Die Situation sei mit der Hitlerzeit vergleichbar. Zwischen deutschen und türkischen Politikern, Militärs und Polizisten bestehe kein grundsätzlicher Unterschied. Deutschland wolle das kurdische Volk in gute und schlechte Kurden einteilen. Es werde allerdings nicht gelingen, einen Keil in das kurdische Volk zu treiben. Nach einer Pause habe sich eine Funktionärin der Frauenorganisation an die Zuhörerschaft gewandt. Sie habe beanstandet, dass nur wenige Frauen bei der Versammlung anwesend seien und die Frontarbeiter und die Anhängerschaft aufgefordert, dies in Zukunft zu ändern. Sie sei nochmals auf die aktuelle Lage eingegangen und habe hierbei insbesondere die herausragende Rolle der PKK-Aktivistinnen bei der Durchführung von Anschlägen betont. Eine weitere Volksversammlung des PKK-Gebiets ... sei am 24.10.1999 in der Zeit von ca. 14.30 Uhr bis 18.30 Uhr ebenfalls in der ... mit etwa 200 Personen durchgeführt worden. Der Versammlungsraum sei mit einem Bild von Öcalan sowie mit einer in den kurdischen Landesfarben gehaltenen Fahne geschmückt gewesen. Nach einer Gedenkminute für die Gefallenen der PKK habe Ibrahim Cek sich in seiner anschließenden Rede mit dem Schicksal Öcalans befasst. Öcalan sei nach wie vor die bestimmende Führungspersönlichkeit in den Reihen der PKK, der die Verhandlungen mit der türkischen Regierung führe und maßgeblich die Geschicke der Organisation bestimme. Zur laufenden Spendenkampagne habe sich Ibrahim Cek betont kurz geäußert, indem er die Anwesenden lediglich auf die Aktion hingewiesen und seiner Hoffnung Ausdruck verliehen habe, dass die Sympathisanten die Organisation weiterhin, sowie dies in der Vergangenheit geschehen sei, unterstützen würden. Ein unbekannter „als Freund“ bezeichneter Funktionär habe dann teilweise die vorangegangenen Ausführungen von Ibrahim Cek wiederholt. Dieser habe betont, dass die PKK nach 15 Jahren der bewaffneten Auseinandersetzung nunmehr den Weg des Friedens mit der Türkei eingeschlagen habe. Die Sympathisanten müssten diesen Weg unterstützen. Bei einer abschließenden Diskussion habe sich herauskristallisiert, dass die Anwesenden mit dem aktuellen Friedenskurs der PKK einverstanden gewesen seien. Kritik an der neuen Politik sei nicht geäußert worden. Als sehr kritikwürdig sei hingegen die Einstellung der türkischen Linken angesehen worden, die kein Verständnis für den Friedenskurs der PKK aufzubringen vermögen. Bei den Demonstrationen in Straßburg am 15.02.2003 und 15.02.2004 hätten sich bis zu 20.000 PKK-Sympathisanten versammelt. Die Demonstration im Jahre 2003 habe sich thematisch mit der Isolationshaft Öcalans befasst. Die Demonstration habe gegen 10.00 Uhr in der Nähe des Bahnhofs begonnen und ca. 1 ½ Stunden durch die Stadt geführt. Auf einem Platz in der Nähe des Stadions sei eine Bühne für die Abschlusskundgebung aufgebaut gewesen. Von den Demonstranten seien zahlreiche Bilder Öcalans in die Höhe gehalten und Transparente in französischer Sprache mitgeführt sowie Flugblätter verteilt worden, die ein „Leben in Freiheit und Würde, Freiheit für Öcalan“ gefordert hätten. Die Abschlusskundgebung habe mit einer Gedenkminute für die gefallenen Märtyrer der PKK begonnen. Ein Redner habe ausgeführt, dass sich an diesem Tag viele tausend Kurden in Straßburg versammelt hätten, um der Türkei und der Weltöffentlichkeit zu zeigen, dass sich die Kurden und Öcalan - entgegen der Absicht der Türkei - nicht auseinanderdividieren ließen. Auch in den türkischen Metropolen würden an diesem Tag Zehntausende für Gerechtigkeit demonstrieren. Bei der Demonstration im Jahre 2004 habe man sich wie im Vorjahr in der Nähe des Bahnhofes getroffen, von wo aus sich der Demonstrationszug in einem etwa halbstündigen Marsch zum Kundgebungsort bewegt habe. Dort seien - neben einem Podium - zahlreiche Stände mit Essen, Getränke, Bücher und Devotionalien aufgebaut gewesen. Ein Bild Öcalans sei auf eine große Leinwand projiziert worden. Die Demonstranten hätten zahlreiche Fahnen des KONGRA-GEL und der ERNK geschwenkt. Außerdem hätten sie Bilder von Öcalan in die Luft gehalten. Daneben seien Transparente vorwiegend mit französischer und türkischer Aufschrift mitgeführt worden, die Freiheit für Öcalan und weitergehende Rechte für die kurdische Bevölkerung forderten. Zu Beginn der Kundgebung hätten die Anwesenden der gefallenen Märtyrer der PKK und ihrer Nachfolgeorganisationen gedacht. Eine Funktionärin der Frauenorganisation habe in ihrer Rede ausgeführt, Abdullah Öcalan habe sich besonders um die Freiheit und die Gleichberechtigung der kurdischen Frauen verdient gemacht. Einer der Anwälte Öcalans habe sich zu dessen Gefangennahme geäußert, dessen Freilassung gefordert und die Haftbedingungen der Isolationspolitik der türkischen Regierung verurteilt. In einem weiteren Redebeitrag sei unter anderem ein Vertreter einer französischen Partei zu Worte gekommen. Ein Unbekannter, dem die Rolle eines Moderators zugefallen sei, habe die zwei Tage zuvor erfolgte Schließung des kurdischen Fernsehsenders Medya-TV kritisiert und verkündet, man könne noch vielen weiteren Sendern den Betrieb untersagen, das kurdische Volk werde jedoch nach jeder Schließung immer wieder einen neuen Sender ins Leben rufen. So werde bereits Anfang März der neue Sender Roj-TV auf Sendung gehen. Der Kläger sei bei den genannten Veranstaltungen weder als Veranstaltungsleiter aufgetreten noch habe er Reden gehalten. Vielmehr habe er zu den Veranstaltungen im Wesentlichen durch seine Anwesenheit beigetragen. Die Erkenntnisse des Landesamts für Verfassungsschutz über den Inhalt der Veranstaltungen stammten teilweise von mehreren Quellen. Der Kläger sei jedoch immer nur von einer Quelle identifiziert worden. Dies sei über ein Lichtbild erfolgt. Bei den Großveranstaltungen am 15.02.2003 und 14.02.2004 sei der Kläger von der Quelle nicht gleichsam zufällig aus der Masse der ca. 20.000 Teilnehmern herausgegriffen und identifiziert worden. Vielmehr sei seine Identifizierung aus einer kleineren, eng begrenzten Personenzahl heraus erfolgt. Soweit das Verwaltungsgericht ausgeführt habe, dass die Teilnahme an PKK-Veranstaltungen bei Kurden üblich sei und diese an vielen Veranstaltungen nur deshalb teilnehmen würden, um gemeinsam mit weiteren Volkszugehörigen zu feiern und in einer für sie oftmals fremden Umgebung Geborgenheit zu finden, sei dies in dieser Allgemeinheit nicht richtig. Vielmehr würden von den rund 500.000 Kurden, die in Deutschland lebten, nur etwa 11.500 als Anhänger der PKK eingestuft. Dies seien weniger als 3%. Zwar liege die Anzahl der Kurden, die bei wichtigen Anlässen mobilisiert werden könnten, höher. Auch gelinge es der PKK des öfteren, mit Picknick, Musikveranstaltungen und sportlichen Aktivitäten jüngere Menschen anzusprechen, die ansonsten kaum einen Bezug zur PKK hätten. Bei den genannten Märtyrergedenkveranstaltungen sei dies jedoch nur sehr selten der Fall. Völlig ausgeschlossen sei es bei den sogenannten Volksversammlungen. Deren Anziehungskraft beschränke sich auf den „harten Kern“ der PKK. Soweit die Teilnahme der Klägers an der PKK-Volksversammlung in ... am 08.03.1998 und an der PKK-Gedenkversammlung am 28.06.1998 nicht im Rahmen des ersten Einbürgerungsverfahrens in das Verfahren eingeführt worden sei, habe dies auf dem Quellenschutz beruht. Die Erkenntnisse seien zunächst als Verschlusssache eingestuft worden, da bei beiden Veranstaltungen nur eine überschaubare Anzahl von Personen zugegen gewesen sei. Erst nachdem eine gewisse Zeit verstrichen und der Gesichtspunkt des Quellenschutzes an Bedeutung eingebüßt gehabt habe, sei es möglich gewesen, sie im Bericht des Landesamtes für Verfassungsschutz vom 27.10.2000 - wenigstens teilweise - offen zu legen. Der Vortrag des Klägers, er könne schon deshalb nichts mit der PKK zu tun haben, weil er sich für die TKEP engagiert habe, könne so nicht nachvollzogen werden. Beide Organisationen seien linksextremistisch orientiert, wenngleich der „linke“ Aspekt der PKK im Laufe der Jahre gegenüber dem nationalen Anspruch auf einen eigenen Staat bzw. Autonomie in den Hintergrund getreten sei. Es sei zu berücksichtigen, dass linksextremistische türkische Organisationen in der Vergangenheit immer wieder bei Veranstaltungen/Demonstrationen von PKK-Anhängern gegen den von ihnen verhassten „faschistischen Staat“ Türkei mitgewirkt hätten. Da die TKEP in Deutschland bzw. Baden-Württemberg jedoch nie in vergleichbarem Maße wie andere linksextremistische türkische Organisationen oder die PKK aktiv gewesen sei, lägen auch keine eigenen Erkenntnisse über das Verhältnis der Parteien zueinander vor. Der Kläger sei ausweislich des Protokolls über die Mitgliederversammlung am 06.01.2003 zum Kassierer des „Kurdischen Elternvereins ...“ gewählt worden. Aus dem Vermerk des Bundeskriminalamts (Stand April 2010) sei ersichtlich, dass dieser Verein zur „Union der kurdischen Familie“ (YEK-MAL) gehöre. YEK-MAL sei - wie sich aus verschiedenen Organisationsbeschlüssen ergebe - strukturell an die PKK angebunden. Die PKK habe sich zum Ziel gesetzt, die gesamte ethnische Gruppierung der Kurden für die Ziele der Partei einzubinden, so auch den Bereich der kurdischen Familie, den sie durch die Einrichtung von YEK-MAL an ihre Organisation gebunden habe. Ziel der YEK-MAL sei es unter anderem, den Unterricht in kurdischer Sprache sowie die kurdische Kultur zu fördern. Auch sei in Bezug auf YEK-MAL vorgegeben worden, Aktivitäten hinsichtlich Kindergärten und Schulen zu beginnen sowie Möglichkeiten zu sichern, damit u.a. Kinder von Märtyrern und Inhaftierten eine Ausbildung erhielten.
25 
Der Beklagte beantragt,
26 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19.11.2009 - 2 K 32/09 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
27 
Der Kläger beantragt,
28 
die Berufung zurückzuweisen.
29 
Er verteidigt das Urteil des Verwaltungsgerichts und führt insbesondere aus, das Gericht habe ihn ausführlich angehört und sei unter Bewertung seiner bisher im Einbürgerungsverfahren abgegebenen Stellungnahmen sowie seiner Ausführungen in der mündlichen Verhandlung zu dem Ergebnis gekommen, seine zum Ausdruck gebrachte Haltung im Hinblick auf eine gewaltfreie Lösung der kurdischen Frage sei glaubhaft und nachvollziehbar. Er habe nie eine Verbindung zur politischen Position der PKK gehabt. Die vom Beklagten hinsichtlich des Vorliegens eines Ausschlussgrundes erhobenen Vorwürfe, für die dieser beweispflichtig sei, seien ohne Grundlage.
30 
Der Senat hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung angehört und Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen ... und ... ... sowie durch uneidliche Vernehmung des Zeugen ... vom Landesamt für Verfassungsschutz. Insoweit wird auf das Sitzungsprotokoll und dessen Anlage Bezug genommen.
31 
Dem Senat liegen die den Kläger betreffende Ausländerakte und die Einbürgerungsakte einschließlich der Widerspruchsakte des Regierungspräsidiums Karlsruhe sowie die Asylverfahrensakte vor.

Entscheidungsgründe

 
32 
Die Berufung des Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf die begehrte Einbürgerung (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), weil er die Voraussetzungen des § 10 StAG erfüllt und kein Ausschlussgrund nach § 11 StAG entgegensteht.
1.)
33 
Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass maßgeblich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen ist (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Urteil vom 12.01.2005 - 13 S 2549/03 -VBlBW 2006, 70). Auf die im Juli 2000 beantragte Einbürgerung ist § 10 StAG in seiner vor dem 28.08.2007 geltenden Fassung anzuwenden, soweit dieser günstigere Bestimmungen enthält (§ 40c StAG i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der europäischen Union vom 19.08.2007, BGBl. I S. 1970). Die Frage der Günstigkeit ist in Bezug auf jede einzelne Einbürgerungsvoraussetzung zu beantworten, die nicht nach beiden Gesetzesfassungen erfüllt ist. Es ist die jeweils dem Einbürgerungsbewerber günstigere Regelung anzuwenden, so dass sich ein Einbürgerungsbegehren teils nach bisherigem, teils nach neuem Recht beurteilen kann (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 12.03.2008 - 13 S 1487/06 - juris; Berlit, Änderungen im Staatsangehörigkeitsrecht durch das EU-Richtlinienumsetzungsgesetz, InfAuslR 2007, 457, 466).
34 
Der Kläger, der über ein unbefristetes Aufenthaltsrecht verfügt, bestreitet für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen den Lebensunterhalt ohne die Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten bzw. Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG); dies ist durch die Vorlage der Lohnabrechnungen der Monate Juni bis August 2010 für den Kläger und seine Ehefrau nochmals verdeutlicht worden. Er hat seit mehr als acht Jahren seinen rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet und hat - jedenfalls im Hinblick auf die insoweit günstigere Bestimmung nach der bis 28.08.2007 geltenden Rechtslage - ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache in Wort und Schrift. Die übrigen Voraussetzungen nach § 10 Abs. 1 StAG sind ebenfalls gegeben. Das erforderliche Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG), das die innerliche Hinwendung zu dieser einschließt, wird nicht durch etwaige Aktivitäten für die PKK bzw. ihre Nachfolgeorganisationen oder einer mit dieser verbundenen Organisation infrage gestellt; solche liegen nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht vor (siehe nachfolgend 2.).
2.)
35 
Der Einbürgerung steht § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG (bis 27.08.2007 wortgleich § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG) nicht entgegen. Unter Ausschöpfung aller von den Beteiligten aufgezeigten - und auch sonst ersichtlichen - Erkenntnisquellen kann der Senat nicht die volle richterliche Überzeugung gewinnen, dass Tatsachen vorliegen, aus denen geschlossen werden kann, dass der Kläger die PKK bzw. ihre Nachfolgeorganisationen oder eine mit ihr verbundene Organisation im Sinne dieser Bestimmung unterstützt hat.
36 
Gemäß § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG ist die Einbürgerung ausgeschlossen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat.
37 
Nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift sollen diejenigen Bewerber keinen Anspruch auf Einbürgerung haben, bei denen zumindest der begründete Verdacht besteht, dass sie Bestrebungen gegen Schutzgüter unterstützen, die für den deutschen Staat, in den sie eingebürgert werden wollen, wesentlich sind. Für § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG sind nur die in dieser Bestimmung genannten Schutzgüter von Bedeutung. Einerseits wird nicht bereits jedes unter Strafrechtsschutz stehende Rechtsgut von § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG erfasst, andererseits setzt § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG aber auch keine strafgerichtliche Verurteilung voraus. Ob die Verurteilung wegen einer Straftat dem Anspruch auf Einbürgerung entgegensteht, beurteilt sich nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, § 12a StAG. § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG schließt einen Anspruch auf Einbürgerung nicht erst dann aus, wenn der Ausländer Handlungen unterstützt hat, die die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigen. Für den Anspruchsausschluss nach § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG genügt es vielmehr, wenn der Ausländer ungeachtet späterer möglicher tatsächlicher Beeinträchtigungen bereits vorgelagert Bestrebungen unterstützt hat, die gegen die Sicherheit des Bundes gerichtet sind. Nach § 92 Abs. 3 Nr. 2 StGB sind im Sinne des Strafgesetzbuches Bestrebungen gegen die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland solche Bestrebungen, deren Träger darauf hinarbeiten, die äußere oder innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen. Für § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG ist nicht erforderlich, dass die Bestrebungen auch objektiv geeignet sind, die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen. Es genügt, wenn der Träger der Bestrebungen mit ihnen das Ziel verfolgt, die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen. Bezogen auf solche Bestrebungen setzt § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG jedenfalls voraus, dass sie der Ausländer unterstützt hat. Wenn das Gesetz von Bestrebungen im Plural spricht, bedeutet das nicht, dass nur das Unterstützen von mehr als einer solchen Bestrebung relevant wäre. Vielmehr steht der Plural nur für die Vielzahl möglicher Bestrebungen gegen die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland (BVerwG, Urteil vom 22.02.2007 - 5 C 20.05 - BVerwGE 128, 140).
38 
Ein Unterstützen im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG ist jede Handlung des Ausländers, die für diese Bestrebungen objektiv vorteilhaft ist (vgl. BVerwG, a.a.O.; Bay. VGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - juris Rn. 32 zu § 86 Nr. 2 AuslG; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.11.2005 - 12 S 1696/05 - juris; Berlit, GK-StAR § 11 Rn. 96), insbesondere jede Tätigkeit, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeit der Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt, auswirkt (BVerwG, Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 28.03 - BVerwGE 123, 114). Nach § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG ist ein Anspruch auf Einbürgerung bereits dann ausgeschlossen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer solche Bestrebungen unterstützt hat. Zum Ausschluss eines Einbürgerungsanspruchs genügt also der begründete Verdacht einer solchen Unterstützung.
39 
Allerdings kann nicht jede Handlung, die sich zufällig als für Bestrebungen i.S.d. § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG objektiv vorteilhaft erweist, als tatbestandsmäßiges Unterstützen solcher Bestrebungen verstanden werden. Bereits aus der Wortbedeutung des Unterstützens ergibt sich, dass nur solche Handlungen ein Unterstützen sind, die eine Person für sie erkennbar und von ihrem Willen getragen zum Vorteil der genannten Bestrebungen vornimmt. Eine Unterstützung der Vereinigung, ihrer Bestrebungen oder ihrer Tätigkeit bezweckende Zielrichtung des Handelns muss für den Ausländer regelmäßig erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein (BVerwG, Urteil vom 02.12.2009 - 5 C 24.08 - juris Rn. 26 und vom 22.2.2007 – 5 C 20.05 – BVerwGE 128, 140).
40 
Die erforderlichen tatsächlichen Anhaltspunkte für die Annahme der Unterstützung von Bestrebungen im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG können sich nicht nur aus entsprechenden Handlungen des Ausländers ergeben, sondern auch aus dessen Zugehörigkeit zu einer und/oder aktiven Betätigung für eine Organisation, die ihrerseits Ziele im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG verfolgt. Für die Einordnung einer Organisation als verfassungsfeindlich gilt dabei ebenfalls das herabgesetzte Beweismaß des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG, d.h. es genügt der durch konkrete Tatsachen begründete Verdacht, dass die Organisation das Ziel verfolgt, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen (BVerwG, Urteil vom 02.12.2009 - 5 C 24.08 - juris Rn. 18 und Beschluss vom 27.01.2009 - 5 B 51.08 - juris).
41 
Bei der Beurteilung, ob die Anknüpfungstatsachen je für sich oder in ihrer Gesamtschau nach Inhalt, Art und Gewicht für die Annahme ausreichen, dass der Ausländer Bestrebungen im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG unterstützt oder unterstützt hat, steht der Einbürgerungsbehörde kein Beurteilungsspielraum zu. Das Vorliegen dieses Ausschlussgrundes, einschließlich der Frage der glaubhaften Abwendung von verfassungsfeindlichen Bestrebungen unterliegt vielmehr in vollem Umfang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle (Berlit, GK-StAR, § 11 Rn. 74 und 86).
42 
Für das Vorliegen der Anknüpfungstatsache ist die Einbürgerungsbehörde darlegungs- und notfalls beweispflichtig (Berlit, GK-StAR, § 11 Rn. 76). Für die Tatsachenfeststellung bestrittener Tatsachen gilt insoweit das Regelbeweismaß der vollen richterlichen Überzeugung nach § 108 Abs. 1 VwGO, selbst wenn sich die Einbürgerungsbehörde wegen der Geheimhaltungsbedürftigkeit von Erkenntnisquellen der Verfassungsschutzbehörden in einem sachtypischen Beweisnotstand befindet (OVG RhPf., Beschluss vom 17.02.2009 - 7 A 11063/08 - juris; siehe auch Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 108 Rn. 84, 95 ff.; zur materiellen Beweislast für die Richtigkeit von streitigen Tatsachenbehauptungen der Verfassungsschutzbehörde vgl. ferner BVerwG, Urteil vom 21.05.2008 - 6 C 13.07 - NVwZ 2008, 1371).
43 
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat der Senat nicht die volle richterliche Überzeugung davon erlangt, dass die vom Zeugen ... anlässlich seiner Angaben beim Polizeirevier ... am 30.08.2001 aktenkundig gemachten Hinweise zutreffen, der Kläger sei nicht nur Anhänger, sondern sogar aktives Mitglied der PKK, der dies auch freimütig zugebe, für die PKK werbe und ihn selbst und andere zu überreden versuche, an Veranstaltungen der PKK teilzunehmen. Entsprechendes gilt für die - vom Kläger ebenfalls stets bestrittene - Tatsache der Teilnahme an den vom Landesamt für Verfassungsschutz benannten Veranstaltungen. Insoweit fehlt es bereits an bewiesenen Anknüpfungstatsachen, die Grundlage für die Annahme sein könnten, der Kläger unterstütze durch die Teilnahme an deren Veranstaltungen die PKK. Soweit der Kläger unstreitig im Jahre 2001 die sog. „PKK-Selbsterklärung“ unterzeichnet hat und im Jahre 2003 als Kassenwart des Kurdischen Elternvereins Karlsruhe e.V. gewählt worden ist, liegt hierin keine Unterstützung im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG.
a.)
44 
Die Angaben des Zeugen ... sind sowohl was die behauptete innere Verbundenheit des Klägers mit der PKK als auch das äußere Eintreten für diese betrifft, nicht glaubwürdig. Die Schilderungen des eigentlichen Geschehens und auch die Ausführungen zu den Begleitumständen erweisen sich als wenig plausibel und widersprüchlich. Der Senat ist nach dem persönlichen Eindruck, den er vom Zeugen gewonnen hat, und unter Berücksichtigung der Gesamtumstände, in die die Angaben des Zeugen eingebettet sind, nicht davon überzeugt, dass die angegebenen Vorwürfe zutreffen.
45 
Der Zeuge gab in der Berufungsverhandlung an, der Kläger habe ihn dazu überreden wollen, an einer Großdemonstration der PKK teilzunehmen. Dem Kläger sei bekannt gewesen, dass er politisch desinteressierter Türkei sei, es sei aber darum gegangen, „je mehr Leute desto besser“. Mit dem Kläger, der mit seiner Familie im gleichen Haus wie seine frühere Freundin lebe, habe er sich vielleicht drei Monate gut verstanden, das habe dieser genutzt zu versuchen, „ihn zu sich zu ziehen“. Über sich selbst und seine politische Einstellung habe der Kläger angegeben, dass „er voll dabei sei“. Trotz mehrfacher Nachfragen des Senats konnte der Zeugen diese Angaben nicht weiter konkretisieren. Dies kann nicht damit erklärt werden kann, dass die von dem Zeugen behaupteten politischen Gespräche mit „Anwerbungsversuchen“ bereits etwa neun Jahre zurückliegen. Denn ungeachtet dieses lange zurückliegenden Zeitraums berichtete der Kläger an anderer Stelle der Vernehmung durchaus konkret, dass „es dann irgendwann mal, wo er mehr getrunken habe, dann zur Auseinandersetzung gekommen sei.“ Im weiteren Verlauf der Befragung äußerte sich der Zeuge sogar dahingehend, dass der Kläger nie gesagt habe, dass er zur PKK oder sonstigen vergleichbaren Veranstaltungen gegangen sei, dass „er ihn aber unbedingt mal dabei haben wollte“ und dass der Kläger dann „auf jeden Fall hinfährt“. Diese geschilderte Zurückhaltung des Klägers lässt sich aber kaum mit dem ansonsten vermittelten Bild des überzeugten und werbenden „PKK’lers“ in Einklang bringen. Auch das Vorbringen des Zeugen, der Kläger habe die ganze Wohnung mit Bildern und Flaggen der PKK dekoriert, erweist sich nicht als belastbar. Auf Frage des Senats, woher er diese Erkenntnis habe, gab der Zeuge verschiedene Versionen an. Zunächst erklärte er, er habe nie in die Wohnung des Klägers gedurft, weil da irgendwelche Bilder hingen. Dass Bilder von Öcalan dort hingen, habe der damals vier oder fünf Jahre alte Sohn des Klägers gesagt. Auf Nachfrage äußerte er sich dann dahingehend, der Sohn habe nur gesagt, „dass da von einem Mann Bilder hängen“. Auf weitere Nachfrage hieß es dann, „die Töchter hätten sich verplappert“, wobei er dann beiläufig eine der Töchter deswegen gefragt haben will. Im weiteren Verlauf der Vernehmung führte der Zeuge aus, er sei „nur einmal in der Küche gewesen, aber nicht im Wohnzimmer“. Allerdings „habe er den Eindruck gehabt, dass da irgendetwas nicht stimme“. Auf erneute Frage wollte er dann doch „einen Blick ins Wohnzimmer geworfen haben“. Auch soweit der Zeuge vortrug, er nehme an, die Bilder und Flaggen seien weggetragen worden, als die Polizei da gewesen sei, erscheint dies dem Senat nicht überzeugend. Denn es ist völlig lebensfremd, dass Bilder oder Flaggen, die für die PKK oder eine mit ihr verbundene Organisation stehen, im Beisein der Polizei in ein Auto hätten gebracht und weggefahren werden können, ohne dass dies von der Polizei bemerkt und festgehalten worden wäre. Aus den teilweise beigezogenen Akten der Polizei ergeben sich hierfür aber keine Hinweise. Für die Würdigung der Aussage des Zeugen ist auch von Bedeutung, dass das Verhältnis zwischen ihm und dem Kläger sowie dessen Ehefrau spätestens seit dem 10.08.2001 und der wechselseitigen Erstattung von Anzeigen hoch belastet ist. Zwar hat die Staatsanwaltschaft die strafrechtlichen Ermittlungsverfahren eingestellt. Mit Urteil des Amtsgerichts ... vom 20.10.2004 wurde der Zeuge jedoch verurteilt, Schadensersatz und Schmerzensgeld in Höhe von 2.373,06 EUR nebst Zinsen an den Kläger zu zahlen. Mit gleichem Urteil sprach das Amtsgericht der Ehefrau des Klägers 1.800 EUR zuzüglich Zinsen zu, die als Schadensersatz- und Schmerzensgeld von dem Zeugen und seinem Vater gesamtschuldnerisch zu leisten sind. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Zeuge am 10.08.2001 in Zusammenhang mit einem vorausgegangenen Streit nicht nur Reifen am Pkw des Klägers zerstochen hatte, sondern zumindest als Mittäter einen Stuhl nach dem Kläger geworfen und ihm hierdurch eine Unterarmfraktur zugefügt hatte. Des weiteren hatte er dem Urteil zufolge gemeinsam mit seinem Vater, dem Zeugen ..., am Abend des 10.08.2001 im Bereich der Hauseingangstür mit Stöcken auf die Ehefrau des Klägers eingeschlagen. Unter Berücksichtigung dessen und des auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bei ihrer Begegnung gezeigten wechselseitig unterschwellig feindseligen Verhaltens sowohl des Zeugen als auch des Klägers hat der Senat den Eindruck, dass das Aussageverhalten des Zeugen nicht unvoreingenommen ist. Schließlich spricht einiges dafür, dass der Zeuge - sei es bewusst oder unbewusst - die kurdische Volkszugehörigkeit undifferenziert mit einem Engagement für die PKK gleichsetzt. Dies lässt sich insbesondere anhand seiner Einlassung erkennen, „der Kläger sei 100%-ig dabei; er habe sich schlau gemacht und in einem türkischen Internetcafé nachgefragt, und sogar die haben es bestätigt und die ganze Nachbarschaft, die kann es auch bestätigen, weil sie Kurden sind“.
46 
Insgesamt ist der Senat aufgrund der Angaben des Zeugen in der mündlichen Verhandlung nicht der Überzeugung, dass die in der polizeilichen Niederschrift über seine Vernehmung als Geschädigter von ihm genannten Tatsachen, aus denen auf eine innerliche und äußerliche Hinwendung des Klägers zur PKK geschlossen werden könnte, zutreffen. Bei dieser Würdigung hat der Senat auch die Angaben des ebenfalls als Zeugen vernommenen Vaters beachtet. Der Zeuge ... gab in der mündlichen Verhandlung an, aus eigener Anschauung nichts über die politische Einstellung des Klägers zu wissen. Er erklärte lediglich, sein Sohn habe ihn nach der PKK gefragt, weil er „einen Nachbarn habe, der gesagt habe, da kannst du gut leben.“ Diese völlig allgemein gehaltene und lediglich an ein nicht näher substantiiertes Gespräch zwischen Vater und Sohn anknüpfenden Aussage gibt dem Senat keinen Anlass, die Frage der Glaubwürdigkeit der Angaben des Zeugen ... anders zu beurteilen. Im Übrigen ergeben sich aus der Zeugenaussage des Vaters weder direkt noch indirekt konkrete Tatsache, die auf eine Unterstützungshandlung im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG hindeuten würden.
47 
Soweit in den Akten des Polizeireviers ... in verschiedenen Schriftstücken eine PKK-Anhängerschaft des Klägers erwähnt ist, geht dies letztlich auf die damaligen Angaben von ... zurück. Für den Senat besteht kein Anlass, der Frage der Berechtigung dieser im Jahr 2001 insoweit erhobenen Vorwürfe über die Vernehmung der beiden Zeugen hinaus weiter nachzugehen - zumal zusätzliche mögliche Erkenntnismittel, insbesondere Zeugen, die aus unmittelbarem Erleben etwas berichten könnten, von den Beteiligten nicht aufgezeigt worden sind und auch nicht ersichtlich sind.
b.)
48 
Der Senat ist auch nicht davon überzeugt, dass der Kläger an den Veranstaltungen teilgenommen hat, die der Beklagte ihm als einbürgerungsschädliche Unterstützung der PKK entgegen hält. Zwar hat der in der Berufungsverhandlung vernommene Zeuge ... vom Landesamt für Verfassungsschutz, an dessen persönlicher Glaubwürdigkeit keine Zweifel bestehen, bekundet, der Kläger sei nach den Angaben einer zuverlässigen Quelle bei allen genannten Veranstaltungen anwesend gewesen. Gleichwohl hat sich der Senat nicht die Überzeugung bilden können, dass der Kläger - was von ihm stets bestritten worden ist - tatsächlich an den Großdemonstrationen in Straßburg am 15.02.2003 und 14.02.2004, der Demonstration in ... am 06.03.1999 sowie den „Märtyrer-Gedenkveranstaltungen“ bzw. „Volksversammlungen“ der PKK am 08.03.1998, 28.06.1998, 04.04.1999 und 24.10.1999 teilgenommen hat. Dabei geht der Senat davon aus, dass diese vom Beklagten genannten Veranstaltungen tatsächlich stattgefunden haben. Zu Ort, Zeit und Inhalt der Veranstaltungen sind im Berufungsverfahren konkrete und substantiierte Angaben gemacht und weitere Unterlagen vorlegt worden, so ein Pressebericht vom 07.03.1999 zur Demonstration in ... vom 06.03.1999 und ein Flugblatt in französischer Sprache zur Demonstration vom 15.02.2003. Die inhaltlichen Berichte stützen sich mit Ausnahme der Veranstaltung vom 28.06.1998 auf verschiedene Quellen des Landesamts für Verfassungsschutz, die - wie der Zeugen ... in der mündlichen Verhandlung im Einzelnen dargelegte - Überprüfungsmaßnahmen des Landesamts unterzogen worden sind. Allerdings ist der Senat nicht davon überzeugt, dass der Kläger selbst bei diesen ihm vom Beklagten vorgehaltenen Veranstaltungen anwesend war.
49 
Die Bekundung des Zeugen ..., der Kläger sei bei den genannten „Märtyrer-Gedenkveranstaltungen“, „Volksversammlungen“ und Demonstrationen anwesend gewesen, beruht auf den Angaben einer einzigen Quelle, wobei der Zeuge nicht der unmittelbare Führer dieser Quelle ist. Aus Quellenschutzgründen wurde die Identität der Quelle nicht offen gelegt. Der unmittelbare Quellenführer stand als Zeuge nicht zur Verfügung. Auch wurden - trotz Aufforderung durch das Gericht - keine schriftliche Aufzeichnungen vorgelegt. Diese Praxis ist dem Senat aus vergleichbaren Verfahren bekannt. Erkenntnisse des Landesamtes für Verfassungsschutz, die auf geheim gehaltenen Quellen beruhen und als Zeugenaussage vom Hörensagen in den Prozess eingeführt werden, können zwar grundsätzlich verwertet werden. Allerdings darf die in Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistete Garantie effektiven Rechtsschutzes auch dann nicht in unverhältnismäßiger Weise eingeschränkt werden, wenn eine Behörde sich gegenüber dem Auskunftsbegehren eines Bürgers auf Geheimhaltungsgründe beruft und sich diese Gründe gerade auch auf die allein als Beweismittel in Betracht kommenden Verwaltungsvorgänge beziehen, in denen die für das Verwaltungsverfahren und sein Ergebnis relevanten Sachverhalte dokumentiert sind (vgl. grundlegend zu dieser Problematik BVerfG, Beschluss vom 27.10.1999 - 2 BvR 385/90 - BVerfGE 101, 106, 121 ff.). Soweit in einem derartigen Fall die Effektivität des Rechtsschutzes von der Offenlegung der Verwaltungsvorgänge abhängt, muss das Gericht grundsätzlich die tatsächlichen Grundlagen selbst ermitteln und seine rechtliche Auffassung unabhängig von der Verwaltung, deren Entscheidung angegriffen ist, gewinnen und begründen. Ist dies wie hier nicht möglich, muss das durch die Geheimhaltung entstehende Rechtsschutzdefizit im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeglichen werden (Hamb. OVG, Urteil vom 07.04.2006 - 3 Bf 442/03 - NordÖR 2006, 466). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die gerichtliche Beweiswürdigung der Angaben eines sogenannten Zeugen vom Hörensagen besonderen Anforderungen unterliegt, die aus dem Recht auf ein faires Verfahren nach Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip abzuleiten sind. Danach ist der Beweiswert seiner Angaben besonders kritisch zu prüfen. Denn das Zeugnis vom Hörensagen ist nur begrenzt zuverlässig, weil sich die jedem Personenbeweis anhaftenden Fehlerquellen im Zuge der Vermittlung der Angaben verstärken und weil das Gericht die Glaubwürdigkeit der Gewährsperson nicht selbst einschätzen kann. Das Gericht muss sich der Gefahren der beweisrechtlichen Lage, also vor allem der besonderen Richtigkeitsrisiken in Ansehung anonym gebliebener Personen, deren Wissen durch einen Zeugen vom Hörensagen eingeführt wird, sowie der sich daraus ergebenden Grenzen seiner Überzeugungsbildung bewusst sein (VGH Bad.-Württ, Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 50 und Urteil vom 27.03.1998 - 13 S 1349/96 - juris Rn. 37). Die Aussage eines Zeugen vom Hörensagen wird regelmäßig einer Entscheidung nur dann zugrunde gelegt werden können, wenn es für das Vorliegen der entsprechende Tatsache noch andere Anhaltspunkte gibt (BVerwG, Beschluss vom 22.10.2009 - 10 B 20/09 - juris Rn. 4 und Beschluss vom 05.03.2002 - 1 B 194/01 - juris Rn. 4 mit ausdrücklichem Hinweis auf BVerfGE 57, 250, 292). Nach der zum Strafrecht entwickelten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts genügen die Angaben des Gewährsmanns regelmäßig nicht, wenn sie nicht durch andere, nach Überzeugung des Fachgerichts wichtige ihrerseits beweiskräftig festgestellte Gesichtspunkte bestätigt werden (vgl. zum Ganzen: BVerfG, Beschluss vom 26.05.1981 - 2 BvR 215/81 - BVerfGE 57, 250, 292 ff.; BVerfG <2. Kammer des 2. Senats>, Beschluss vom 19.07.1995 - 2 BvR 1142/93 - NJW 1996, 448; BVerfG <1. Kammer des 2. Senats>, Beschluss vom 05.07.2006 - 2 BvR 1317/05 - NJW 2007, 204). Die strafgerichtliche Rechtsprechung und Literatur verlangt daher regelmäßig „zusätzliche Indizien von einigem Gewicht“ (vgl. näher BGH, Beschluss vom 08.05.2007 - 4 StR 591/06 - juris Rn. 2; Beschluss vom 19.06.1996 - 5 StR 220/96 - juris Rn. 3 ff; Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 6. Aufl. 2008, § 250 Rn. 13; Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, 26. Aufl. 2009, § 46 Rn. 33 f.; Detter, Der Zeuge vom Hörensagen - eine Bestandsaufnahme, NStZ 2003, 1, 4). Diese zum Strafrecht entwickelten Prinzipien können als Ausdruck des Rechts auf faires Verfahrens auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren herangezogen werden (Sodan/Ziekow, a.a.O., § 96 Rn. 38; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - a.a.O.). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die behauptete Teilnahme des Klägers an den genannten Veranstaltungen in den Jahren 1998 und 1999 sowie 2003 und 2004 nicht nachgewiesen.
50 
Der in der Verhandlung vernommene Zeuge des Landesamts für Verfassungsschutz konnte, was die Teilnahme des Klägers an den genannten Veranstaltungen betrifft, nur übermitteln, was die Quelle ihrem Quellenführer berichtet haben soll. Von der persönlichen Glaubwürdigkeit des im Dunkeln bleibenden Gewährsmannes konnte sich der Senat daher kein Bild machen. Die durch den Zeugen vom Hörensagen vermittelten Angaben sind auch deshalb von geringerem Beweiswert, weil die bei einer Nachrichtenkette allgemein bestehende und mit jedem Glied wachsende Gefahr, dass Angaben - und sei es auch unabsichtlich - entstellt oder unvollständig erfasst bzw. wiedergegeben werden, nicht ausgeblendet werden kann. Im vorliegenden Fall wurde nach den Bekundungen des Zeugen die Quelle nach der ersten Veranstaltung innerhalb von 14 Tagen danach persönlich vom unbekannt gebliebenen Quellenführer getroffen. Diese hat von der Veranstaltung mündlich berichtet, wobei der Quellenführer dies nicht auf Band aufgenommen, sondern erst später aufgeschrieben hat. Besondere Vorkehrungen, die im konkreten Fall die Gefahr von Übermittlungsfehler minimieren würden, sind insoweit nicht ersichtlich.
51 
Was die vorgetragene Anwesenheit des Klägers bei den Großdemonstrationen in Straßburg mit bis zu 20.000 Teilnehmern und bei der Demonstration in Karlsruhe am 06.03.1999 mit jedenfalls mehreren Hundert Teilnehmern (der Beklagte spricht in seinem Schriftsatz vom 18.05.2010 von 800, der beigefügte Zeitungsartikel von 1.800 Menschen) betrifft, ist schon nicht nachvollziehbar, wie der Kläger unter Berücksichtigung der Masse der Teilnehmer überhaupt sicher identifiziert worden sein könnte. Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 10.08.2010 vorgetragen, „er sei aus einer kleineren eng begrenzten Personenzahl heraus und bestimmt nicht zufällig identifiziert worden“. Der in der mündlichen Verhandlung vernommene Zeuge ... vom Landesamt für Verfassungsschutz erklärte, dass bei Großdemonstrationen üblicherweise die Identifizierung bei der An- oder Abfahrt mit dem Bus erfolgt; mehr könne aus Quellenschutzgründen nicht gesagt werden. Abgesehen davon, dass dies nicht erklärt, wie eine Identifizierung des Klägers bei der sozusagen „vor seiner Haustür“ stattgefundenen Demonstration in ..., bei der eine An- und Abfahrt mit dem Bus entfällt, erfolgt worden wäre, ist aufgrund der insoweit fehlenden eindeutigen Angaben für den vorliegenden Fall die Verlässlichkeit einer Identifizierung bei den angeführten Großveranstaltungen nicht gewährleistet.
52 
Hinzukommt, dass die vorgetragene generelle Identifizierung des Klägers durch die Quelle im Wege einer Wahllichtbildvorlage mit einem Mangel behaftet ist, der sich auf die Frage der Feststellung der Teilnahme des Klägers an allen ihm vorgehaltenen Veranstaltungen, also auch bzgl. der „Märtyrer-Gedenkveranstaltungen“ und der „Volksversammlungen“, selbst wenn diese typischerweise nur bis zu etwa 200 Personen umfasst haben, auswirkt.
53 
Nach den Angaben des Zeugen ... sei der Kläger durch eine einzige Quelle identifiziert worden, die bei allen dem Kläger vorgehaltenen Veranstaltungen anwesend gewesen sei. Die Quelle, die spätestens etwa 14 Tage nach der jeweiligen Veranstaltung getroffen worden sei, habe den unter türkischen Staatsangehörigen sehr häufigen Namen ... genannt, jedoch über den Namensträger nichts weiter als dessen Anwesenheit berichtet. Der Verfassungsschutz habe dann irgendwann über das in der Nähe eines nicht genannten Veranstaltungsorts geparkte Auto, das der Polizei aufgefallen sei, die Identität des Klägers ermitteln können. Im Jahre 2003 sei eine Wahllichtbildvorlage erfolgt. Im Regelfall würden der Quelle zehn Lichtbilder vorgelegt, im konkreten Fall seien es - so glaube er - acht Bilder gewesen, von denen die Quelle zwei identifiziert habe, darunter auch das Lichtbild des Klägers. Bei der Frage nach dem Beweiswert darf schon nicht unberücksichtigt bleiben, dass keine Details dazu mitgeteilt wurden, wie die Wahllichtbildvorlage im konkreten Fall ausgestaltet wurde; es ist auch nicht ersichtlich, dass der gesamte Vorgang im Einzelnen dokumentiert worden wäre. Auch wurde im Jahre 2003 ein damals etwa mindestens sechs oder sieben Jahre altes Lichtbild des Klägers verwendet. Der Senat konnte sich anhand des vom Zeugen ... in der Berufungsverhandlung vorgelegten Lichtbildes davon überzeugen, dass es sich hierbei um eine Vergrößerung des dem Einbürgerungsantrag vom November 1996 beigegebenen Passfotos gehandelt hatte. Das Erscheinungsbild des in der Verhandlung persönlich anwesenden Klägers hat sich jedoch gegenüber dem Lichtbild deutlich geändert. Die Haare des Klägers sind mittlerweile ergraut, er trägt Brille und ist nicht rasiert gewesen; außerdem wirkt er im Gesicht schlanker als auf dem Foto. Nach dem unwidersprochenen Vortrag der Prozessbevollmächtigten des Klägers hat dieser seit etwa 13 Jahren eine Brille und sich auch schon in der Vergangenheit manchmal einen Bart stehen lassen. Zwar hält der Senat es nicht für ausgeschlossen, dass jemand, der den Kläger schon zuvor seit Jahren näher kennt, diesen im Jahre 2003 anhand eines Fotos älteren Datums bestimmen kann. Der Zeuge hat jedoch aus Gründen des Quellenschutzes keine Angaben dazu gemacht, inwieweit die Quelle den Kläger bereits zuvor persönlich gekannt hat oder ob sie ihn primär anhand des Lichtbildes identifiziert haben will. Infolge dessen muss der Senat - als eine Art „worst-case-Betrachtung“- davon ausgehen, dass die Quelle den Kläger nicht näher gekannt hat, ihn bei den Veranstaltungen im Jahre 1998 und 1999 in einer Menge von immerhin 100 bis 200 Teilnehmern gesehen haben will und - mangels gegenteiliger Angaben - nach der Veranstaltung vom 24.10.1999 beide Personen mehrere Jahre nicht zusammengetroffen sind. Dieses begründet eine nicht ausräumbare Unsicherheit im Identifizierungsvorgang, weshalb die dem Kläger vorgehaltene Teilnahme an den Veranstaltungen nicht als bewiesen angesehen werden kann.
54 
Selbst wenn man im Übrigen im Rahmen der Beweiswürdigung den Unsicherheitsfaktor bei der Identifizierung nur mit minderer Bedeutung gewichten würde, weil die praktizierte Lichtbildvorlage ein typischer Weg des Verfassungsschutzes bei der Erkenntnisgewinnung darstellt und im Interesse des Quellenschutzes detaillierte Angaben, wie die Ermittlung eines Veranstaltungsteilnehmers erfolgt ist, regelmäßig nicht offengelegt werden können, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn die - in ihrem Beweiswert ohnehin schon herabgesetzten - Angaben der Gewährsperson können nicht durch andere gewichtige Gesichtspunkte - die etwa mit Blick auf die Einlassung des Betroffenen oder in Gestalt objektiver Gesichtspunkte gegeben sein können - gestützt oder bestätigt werden. Aus dem Komplex der ihm eigentlich vorgehaltenen Veranstaltungen heraus ergeben sich keine für die Richtigkeit der Angaben streitenden Tatsachen. Aber auch unter Berücksichtigung der gesamten anderweitig bestätigten Aktivitäten des Klägers und seiner persönlichen Äußerungen liegen keine Erkenntnisse vor, die einzeln oder im Wege einer Gesamtschau als Beleg für die Richtigkeit der Angaben des Zeugen vom Hörensagen herangezogen werden könnten.
55 
Im Kontext der vom Landesamt aufgeführten Veranstaltungen sind beispielsweise zum Erscheinungsbild des Klägers, zu seinem Verhalten oder aus seinem persönlichen Lebensbereich keine besonderen oder gar originellen Details mitgeteilt worden, aus denen geschlossen werden könnte, die Quelle habe den Kläger tatsächlich dort gesehen. Ein gewichtiges Beweisanzeichen ergibt sich auch nicht daraus, dass die Quelle dem Zeugen ... zufolge überprüft worden sei und in der Zeit, in der die Veranstaltungen stattgefunden haben, zuverlässig berichtet habe. Denn insoweit fehlt es schon an der Mitteilung von Indizien, anhand derer diese Einschätzung ihrerseits bestätigt werden könnte. Dass der Kläger einmal sein Fahrzeug in der Nähe eines - nicht näher bezeichneten - Veranstaltungsortes geparkt hat, das von der Polizei beobachtet worden ist, ist aufgrund der mangels gegenteiliger Erkenntnisse anzunehmenden Neutralität des Parkvorgangs an sich kein Indiz, das für die Teilnahme des Klägers an den ihm vorgehaltenen Veranstaltungen sprechen könnte. Ein Anhalt für die Richtigkeit der Angaben des Zeugen vom Hörensagen folgt schließlich nicht daraus, dass der Zeuge ... angegeben hat, der Kläger sei Anhänger der PKK und werbe für deren Veranstaltungen. Denn seine Aussage ist insgesamt unglaubhaft, weshalb sie als Anhaltspunkt für die Richtigkeit der vom Beklagten behaupteten Teilnahme des Klägers an den angeführten Veranstaltungen ungeeignet ist.
56 
Das frühere Eintreten für die TKEP ist ebenfalls kein Indiz dafür, dass die dem Kläger vorgehaltenen Veranstaltungsteilnahmen zutreffen. Die vom Kläger in der Türkei damals vorgenommenen und im Übrigen schon sehr lange zurückliegenden politischen Tätigkeiten - Schreiben von Parolen an Wände, Verteilung von Flugblätter, Teilnahme an Seminaren und Veranstaltungen, Lesen von Parteipublikationen - sind nur mit Bezug und Wirkung auf sein Herkunftsland erfolgt. Nach den Angaben des Klägers ist mit seiner Einreise in das Bundesgebiet im Juni 1990 sein Engagement für die TKEP beendet gewesen. Auch aus der Einlassung des Klägers zur Frage seiner politischen Betätigung im Übrigen kann keine Stützung des Hörensagenbeweises gewonnen werden. Der Kläger hat von Anfang an und widerspruchsfrei bestritten, an den Veranstaltungen teilgenommen bzw. überhaupt etwas mit der PKK zu tun zu haben. Zwar ist sein Hinweis, die TKEP habe eine völlig andere ideologische Ausrichtung und schon deswegen sei klar, dass er sich nicht für die PKK engagiere, nicht unbedingt zwingend. Der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass es sich dem Grunde nach bei beiden um linksextremistische Organisationen handelt (vgl. zur PKK als marxistisch-leninistisch orientierter Kaderpartei Verfassungsschutzbericht des Landes Baden-Württemberg 1992, S. 85), die für ein Selbstbestimmungsrecht der Kurden streiten. Auch können sich eigene politische Überzeugungen - zumal in einer anderen Umgebung und nach Auflösung der TEKP - ändern. Allerdings hat der Kläger auch im Einzeln dargelegt, wegen seiner Familie und seinem Beruf keine Zeit mehr zu haben, sich in Deutschland politisch zu engagieren, und dies auch nicht mehr zu wollen. Dass der Kläger aufgrund seiner kulturellen Ausrichtung nach eigenen Angaben Newroz feiert und auch Veranstaltungen zum 1. Mai besucht, stellt dies nicht in Frage.
57 
Ferner ist auch die vom Kläger im Jahre 2001 unterzeichnete „PKK-Selbsterklärung“ entgegen der mit Schriftsatz vom 05.02.2010 geäußerten Auffassung des Beklagten kein „Beweisanzeichen“, das die Angaben des Gewährsmannes verlässlich stützt. Der Kläger hat sich im Verfahren dahin gehend geäußert, er habe die Erklärung unterschrieben, um sich für eine friedliche Lösung der kurdischen Frage einzusetzen. Hiervon ausgehend rechtfertigt allein die Unterzeichnung dieser Erklärung nicht die Annahme, der Unterzeichner habe eine Bestrebung im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. unterstützt (näher BVerwG, Urteil vom 22.02.2007 - 5 C 20.05 - BVerwGE 128, 140 ff.; vgl. auch Berlit, jurisPR-BVerwG 16/2007 Anm. 6). Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger den Wortlaut dieser Erklärung übersteigende Ziele und Absichten erkennen konnte oder musste bzw. er nach seinem Kenntnis- und Wissensstand Zweifel an der Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit der Erklärung der PKK hegen musste, dass sie ihre Ziele künftig legal und gewaltfrei verfolgen werde, sind aus den vom Kläger abgegebenen Äußerungen nicht ersichtlich. Im Übrigen ist dem Senat auch aus anderen Verfahren bekannt, dass Sympathisanten der PKK - und als einen solchen sieht der Beklagte den Kläger an - regelmäßig über die Hintergründe und Ziele dieser Kampagne der PKK keinen Überblick. hatten. Dass es sich bei dem Kläger um einen Funktionär oder Aktivisten oder um eine sonstige Person „mit vertieften Kenntnissen“ handeln könnte, wird auch vom Beklagten nicht behauptet. Die Unterzeichnung der Erklärung ist daher an sich eine einbürgerungsunschädliche Meinungsäußerung in einer speziellen historischen Konstellation. Sie ist kein Beleg für eine innere Verbundenheit mit den Zielen der PKK und der Organisation selbst und im Rahmen der Beweiswürdigung daher kein entscheidendes Indiz, das die dem Kläger entgegengehaltene Teilnahme an den PKK-Veranstaltungen stützen kann. Zwar kann die Unterzeichnung der „PKK-Selbsterklärung einbürgerungsrechtlich dann in einem anderen Licht zu werten sein, wenn durch den Unterzeichner weitergehende Aktivitäten für die verbotenen Organisationen der PKK hinzukommen (vgl. etwa Berlit, jurisPR-BVerwG 16/2007 Anm. 6); solche können jedoch nicht in den dem Kläger vorgehaltenen Veranstaltungen gesehen werden, um deren Beweis gerade gestritten wird.
58 
Schließlich lässt sich in der Wahl des Klägers zum Kassierer des Kurdischen Elternvereins ... kein Indiz zur Bestätigung der Angaben des Zeugen vom Hörensagen erblicken. Aus der vom Senat beigezogenen und den Beteiligten übermittelten Satzung ergeben sich keine Hinweise darauf, dass mit der Vereinstätigkeit (vgl. insbesondere die in § 3 genannten Ziele und Zwecke des Vereins) objektiv einbürgerungsschädliche Aktivitäten verfolgt werden könnten. Selbst wenn man aufgrund des vom Beklagten vorgelegten Vermerks des Bundeskriminalamtes vom April 2010 einen Anhaltspunkte dafür sehen würde, dass dieser Verein über YEK-MAL - Union der kurdischen Familie - strukturell an die PKK angebunden sein könnte, ist jedenfalls nichts dafür ersichtlich, dass sich der Kläger in Kenntnis dessen im Verein engagiert hätte. Aus den Äußerungen des Klägers ergeben sich hierfür keine Hinweise. Auch der Beklagte hat nichts dazu vorgebracht, dass der Kläger mit dieser Tätigkeit subjektiv Bestrebungen im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG unterstützt hätte.
c.)
59 
Wie sich aus den vorstehenden Erwägungen ergibt, ist entgegen der im angefochtenen Bescheid vom 02.05.2008 geäußerten Auffassung auch der Ausschlussgrund nach § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG n.F. nicht erfüllt.
60 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
61 
Beschluss vom 29. September 2010
62 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
32 
Die Berufung des Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf die begehrte Einbürgerung (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), weil er die Voraussetzungen des § 10 StAG erfüllt und kein Ausschlussgrund nach § 11 StAG entgegensteht.
1.)
33 
Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass maßgeblich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen ist (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Urteil vom 12.01.2005 - 13 S 2549/03 -VBlBW 2006, 70). Auf die im Juli 2000 beantragte Einbürgerung ist § 10 StAG in seiner vor dem 28.08.2007 geltenden Fassung anzuwenden, soweit dieser günstigere Bestimmungen enthält (§ 40c StAG i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der europäischen Union vom 19.08.2007, BGBl. I S. 1970). Die Frage der Günstigkeit ist in Bezug auf jede einzelne Einbürgerungsvoraussetzung zu beantworten, die nicht nach beiden Gesetzesfassungen erfüllt ist. Es ist die jeweils dem Einbürgerungsbewerber günstigere Regelung anzuwenden, so dass sich ein Einbürgerungsbegehren teils nach bisherigem, teils nach neuem Recht beurteilen kann (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 12.03.2008 - 13 S 1487/06 - juris; Berlit, Änderungen im Staatsangehörigkeitsrecht durch das EU-Richtlinienumsetzungsgesetz, InfAuslR 2007, 457, 466).
34 
Der Kläger, der über ein unbefristetes Aufenthaltsrecht verfügt, bestreitet für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen den Lebensunterhalt ohne die Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten bzw. Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG); dies ist durch die Vorlage der Lohnabrechnungen der Monate Juni bis August 2010 für den Kläger und seine Ehefrau nochmals verdeutlicht worden. Er hat seit mehr als acht Jahren seinen rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet und hat - jedenfalls im Hinblick auf die insoweit günstigere Bestimmung nach der bis 28.08.2007 geltenden Rechtslage - ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache in Wort und Schrift. Die übrigen Voraussetzungen nach § 10 Abs. 1 StAG sind ebenfalls gegeben. Das erforderliche Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG), das die innerliche Hinwendung zu dieser einschließt, wird nicht durch etwaige Aktivitäten für die PKK bzw. ihre Nachfolgeorganisationen oder einer mit dieser verbundenen Organisation infrage gestellt; solche liegen nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht vor (siehe nachfolgend 2.).
2.)
35 
Der Einbürgerung steht § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG (bis 27.08.2007 wortgleich § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG) nicht entgegen. Unter Ausschöpfung aller von den Beteiligten aufgezeigten - und auch sonst ersichtlichen - Erkenntnisquellen kann der Senat nicht die volle richterliche Überzeugung gewinnen, dass Tatsachen vorliegen, aus denen geschlossen werden kann, dass der Kläger die PKK bzw. ihre Nachfolgeorganisationen oder eine mit ihr verbundene Organisation im Sinne dieser Bestimmung unterstützt hat.
36 
Gemäß § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG ist die Einbürgerung ausgeschlossen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat.
37 
Nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift sollen diejenigen Bewerber keinen Anspruch auf Einbürgerung haben, bei denen zumindest der begründete Verdacht besteht, dass sie Bestrebungen gegen Schutzgüter unterstützen, die für den deutschen Staat, in den sie eingebürgert werden wollen, wesentlich sind. Für § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG sind nur die in dieser Bestimmung genannten Schutzgüter von Bedeutung. Einerseits wird nicht bereits jedes unter Strafrechtsschutz stehende Rechtsgut von § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG erfasst, andererseits setzt § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG aber auch keine strafgerichtliche Verurteilung voraus. Ob die Verurteilung wegen einer Straftat dem Anspruch auf Einbürgerung entgegensteht, beurteilt sich nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, § 12a StAG. § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG schließt einen Anspruch auf Einbürgerung nicht erst dann aus, wenn der Ausländer Handlungen unterstützt hat, die die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigen. Für den Anspruchsausschluss nach § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG genügt es vielmehr, wenn der Ausländer ungeachtet späterer möglicher tatsächlicher Beeinträchtigungen bereits vorgelagert Bestrebungen unterstützt hat, die gegen die Sicherheit des Bundes gerichtet sind. Nach § 92 Abs. 3 Nr. 2 StGB sind im Sinne des Strafgesetzbuches Bestrebungen gegen die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland solche Bestrebungen, deren Träger darauf hinarbeiten, die äußere oder innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen. Für § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG ist nicht erforderlich, dass die Bestrebungen auch objektiv geeignet sind, die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen. Es genügt, wenn der Träger der Bestrebungen mit ihnen das Ziel verfolgt, die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen. Bezogen auf solche Bestrebungen setzt § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG jedenfalls voraus, dass sie der Ausländer unterstützt hat. Wenn das Gesetz von Bestrebungen im Plural spricht, bedeutet das nicht, dass nur das Unterstützen von mehr als einer solchen Bestrebung relevant wäre. Vielmehr steht der Plural nur für die Vielzahl möglicher Bestrebungen gegen die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland (BVerwG, Urteil vom 22.02.2007 - 5 C 20.05 - BVerwGE 128, 140).
38 
Ein Unterstützen im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG ist jede Handlung des Ausländers, die für diese Bestrebungen objektiv vorteilhaft ist (vgl. BVerwG, a.a.O.; Bay. VGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - juris Rn. 32 zu § 86 Nr. 2 AuslG; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.11.2005 - 12 S 1696/05 - juris; Berlit, GK-StAR § 11 Rn. 96), insbesondere jede Tätigkeit, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeit der Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt, auswirkt (BVerwG, Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 28.03 - BVerwGE 123, 114). Nach § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG ist ein Anspruch auf Einbürgerung bereits dann ausgeschlossen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer solche Bestrebungen unterstützt hat. Zum Ausschluss eines Einbürgerungsanspruchs genügt also der begründete Verdacht einer solchen Unterstützung.
39 
Allerdings kann nicht jede Handlung, die sich zufällig als für Bestrebungen i.S.d. § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG objektiv vorteilhaft erweist, als tatbestandsmäßiges Unterstützen solcher Bestrebungen verstanden werden. Bereits aus der Wortbedeutung des Unterstützens ergibt sich, dass nur solche Handlungen ein Unterstützen sind, die eine Person für sie erkennbar und von ihrem Willen getragen zum Vorteil der genannten Bestrebungen vornimmt. Eine Unterstützung der Vereinigung, ihrer Bestrebungen oder ihrer Tätigkeit bezweckende Zielrichtung des Handelns muss für den Ausländer regelmäßig erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein (BVerwG, Urteil vom 02.12.2009 - 5 C 24.08 - juris Rn. 26 und vom 22.2.2007 – 5 C 20.05 – BVerwGE 128, 140).
40 
Die erforderlichen tatsächlichen Anhaltspunkte für die Annahme der Unterstützung von Bestrebungen im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG können sich nicht nur aus entsprechenden Handlungen des Ausländers ergeben, sondern auch aus dessen Zugehörigkeit zu einer und/oder aktiven Betätigung für eine Organisation, die ihrerseits Ziele im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG verfolgt. Für die Einordnung einer Organisation als verfassungsfeindlich gilt dabei ebenfalls das herabgesetzte Beweismaß des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG, d.h. es genügt der durch konkrete Tatsachen begründete Verdacht, dass die Organisation das Ziel verfolgt, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen (BVerwG, Urteil vom 02.12.2009 - 5 C 24.08 - juris Rn. 18 und Beschluss vom 27.01.2009 - 5 B 51.08 - juris).
41 
Bei der Beurteilung, ob die Anknüpfungstatsachen je für sich oder in ihrer Gesamtschau nach Inhalt, Art und Gewicht für die Annahme ausreichen, dass der Ausländer Bestrebungen im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG unterstützt oder unterstützt hat, steht der Einbürgerungsbehörde kein Beurteilungsspielraum zu. Das Vorliegen dieses Ausschlussgrundes, einschließlich der Frage der glaubhaften Abwendung von verfassungsfeindlichen Bestrebungen unterliegt vielmehr in vollem Umfang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle (Berlit, GK-StAR, § 11 Rn. 74 und 86).
42 
Für das Vorliegen der Anknüpfungstatsache ist die Einbürgerungsbehörde darlegungs- und notfalls beweispflichtig (Berlit, GK-StAR, § 11 Rn. 76). Für die Tatsachenfeststellung bestrittener Tatsachen gilt insoweit das Regelbeweismaß der vollen richterlichen Überzeugung nach § 108 Abs. 1 VwGO, selbst wenn sich die Einbürgerungsbehörde wegen der Geheimhaltungsbedürftigkeit von Erkenntnisquellen der Verfassungsschutzbehörden in einem sachtypischen Beweisnotstand befindet (OVG RhPf., Beschluss vom 17.02.2009 - 7 A 11063/08 - juris; siehe auch Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 108 Rn. 84, 95 ff.; zur materiellen Beweislast für die Richtigkeit von streitigen Tatsachenbehauptungen der Verfassungsschutzbehörde vgl. ferner BVerwG, Urteil vom 21.05.2008 - 6 C 13.07 - NVwZ 2008, 1371).
43 
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat der Senat nicht die volle richterliche Überzeugung davon erlangt, dass die vom Zeugen ... anlässlich seiner Angaben beim Polizeirevier ... am 30.08.2001 aktenkundig gemachten Hinweise zutreffen, der Kläger sei nicht nur Anhänger, sondern sogar aktives Mitglied der PKK, der dies auch freimütig zugebe, für die PKK werbe und ihn selbst und andere zu überreden versuche, an Veranstaltungen der PKK teilzunehmen. Entsprechendes gilt für die - vom Kläger ebenfalls stets bestrittene - Tatsache der Teilnahme an den vom Landesamt für Verfassungsschutz benannten Veranstaltungen. Insoweit fehlt es bereits an bewiesenen Anknüpfungstatsachen, die Grundlage für die Annahme sein könnten, der Kläger unterstütze durch die Teilnahme an deren Veranstaltungen die PKK. Soweit der Kläger unstreitig im Jahre 2001 die sog. „PKK-Selbsterklärung“ unterzeichnet hat und im Jahre 2003 als Kassenwart des Kurdischen Elternvereins Karlsruhe e.V. gewählt worden ist, liegt hierin keine Unterstützung im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG.
a.)
44 
Die Angaben des Zeugen ... sind sowohl was die behauptete innere Verbundenheit des Klägers mit der PKK als auch das äußere Eintreten für diese betrifft, nicht glaubwürdig. Die Schilderungen des eigentlichen Geschehens und auch die Ausführungen zu den Begleitumständen erweisen sich als wenig plausibel und widersprüchlich. Der Senat ist nach dem persönlichen Eindruck, den er vom Zeugen gewonnen hat, und unter Berücksichtigung der Gesamtumstände, in die die Angaben des Zeugen eingebettet sind, nicht davon überzeugt, dass die angegebenen Vorwürfe zutreffen.
45 
Der Zeuge gab in der Berufungsverhandlung an, der Kläger habe ihn dazu überreden wollen, an einer Großdemonstration der PKK teilzunehmen. Dem Kläger sei bekannt gewesen, dass er politisch desinteressierter Türkei sei, es sei aber darum gegangen, „je mehr Leute desto besser“. Mit dem Kläger, der mit seiner Familie im gleichen Haus wie seine frühere Freundin lebe, habe er sich vielleicht drei Monate gut verstanden, das habe dieser genutzt zu versuchen, „ihn zu sich zu ziehen“. Über sich selbst und seine politische Einstellung habe der Kläger angegeben, dass „er voll dabei sei“. Trotz mehrfacher Nachfragen des Senats konnte der Zeugen diese Angaben nicht weiter konkretisieren. Dies kann nicht damit erklärt werden kann, dass die von dem Zeugen behaupteten politischen Gespräche mit „Anwerbungsversuchen“ bereits etwa neun Jahre zurückliegen. Denn ungeachtet dieses lange zurückliegenden Zeitraums berichtete der Kläger an anderer Stelle der Vernehmung durchaus konkret, dass „es dann irgendwann mal, wo er mehr getrunken habe, dann zur Auseinandersetzung gekommen sei.“ Im weiteren Verlauf der Befragung äußerte sich der Zeuge sogar dahingehend, dass der Kläger nie gesagt habe, dass er zur PKK oder sonstigen vergleichbaren Veranstaltungen gegangen sei, dass „er ihn aber unbedingt mal dabei haben wollte“ und dass der Kläger dann „auf jeden Fall hinfährt“. Diese geschilderte Zurückhaltung des Klägers lässt sich aber kaum mit dem ansonsten vermittelten Bild des überzeugten und werbenden „PKK’lers“ in Einklang bringen. Auch das Vorbringen des Zeugen, der Kläger habe die ganze Wohnung mit Bildern und Flaggen der PKK dekoriert, erweist sich nicht als belastbar. Auf Frage des Senats, woher er diese Erkenntnis habe, gab der Zeuge verschiedene Versionen an. Zunächst erklärte er, er habe nie in die Wohnung des Klägers gedurft, weil da irgendwelche Bilder hingen. Dass Bilder von Öcalan dort hingen, habe der damals vier oder fünf Jahre alte Sohn des Klägers gesagt. Auf Nachfrage äußerte er sich dann dahingehend, der Sohn habe nur gesagt, „dass da von einem Mann Bilder hängen“. Auf weitere Nachfrage hieß es dann, „die Töchter hätten sich verplappert“, wobei er dann beiläufig eine der Töchter deswegen gefragt haben will. Im weiteren Verlauf der Vernehmung führte der Zeuge aus, er sei „nur einmal in der Küche gewesen, aber nicht im Wohnzimmer“. Allerdings „habe er den Eindruck gehabt, dass da irgendetwas nicht stimme“. Auf erneute Frage wollte er dann doch „einen Blick ins Wohnzimmer geworfen haben“. Auch soweit der Zeuge vortrug, er nehme an, die Bilder und Flaggen seien weggetragen worden, als die Polizei da gewesen sei, erscheint dies dem Senat nicht überzeugend. Denn es ist völlig lebensfremd, dass Bilder oder Flaggen, die für die PKK oder eine mit ihr verbundene Organisation stehen, im Beisein der Polizei in ein Auto hätten gebracht und weggefahren werden können, ohne dass dies von der Polizei bemerkt und festgehalten worden wäre. Aus den teilweise beigezogenen Akten der Polizei ergeben sich hierfür aber keine Hinweise. Für die Würdigung der Aussage des Zeugen ist auch von Bedeutung, dass das Verhältnis zwischen ihm und dem Kläger sowie dessen Ehefrau spätestens seit dem 10.08.2001 und der wechselseitigen Erstattung von Anzeigen hoch belastet ist. Zwar hat die Staatsanwaltschaft die strafrechtlichen Ermittlungsverfahren eingestellt. Mit Urteil des Amtsgerichts ... vom 20.10.2004 wurde der Zeuge jedoch verurteilt, Schadensersatz und Schmerzensgeld in Höhe von 2.373,06 EUR nebst Zinsen an den Kläger zu zahlen. Mit gleichem Urteil sprach das Amtsgericht der Ehefrau des Klägers 1.800 EUR zuzüglich Zinsen zu, die als Schadensersatz- und Schmerzensgeld von dem Zeugen und seinem Vater gesamtschuldnerisch zu leisten sind. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Zeuge am 10.08.2001 in Zusammenhang mit einem vorausgegangenen Streit nicht nur Reifen am Pkw des Klägers zerstochen hatte, sondern zumindest als Mittäter einen Stuhl nach dem Kläger geworfen und ihm hierdurch eine Unterarmfraktur zugefügt hatte. Des weiteren hatte er dem Urteil zufolge gemeinsam mit seinem Vater, dem Zeugen ..., am Abend des 10.08.2001 im Bereich der Hauseingangstür mit Stöcken auf die Ehefrau des Klägers eingeschlagen. Unter Berücksichtigung dessen und des auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bei ihrer Begegnung gezeigten wechselseitig unterschwellig feindseligen Verhaltens sowohl des Zeugen als auch des Klägers hat der Senat den Eindruck, dass das Aussageverhalten des Zeugen nicht unvoreingenommen ist. Schließlich spricht einiges dafür, dass der Zeuge - sei es bewusst oder unbewusst - die kurdische Volkszugehörigkeit undifferenziert mit einem Engagement für die PKK gleichsetzt. Dies lässt sich insbesondere anhand seiner Einlassung erkennen, „der Kläger sei 100%-ig dabei; er habe sich schlau gemacht und in einem türkischen Internetcafé nachgefragt, und sogar die haben es bestätigt und die ganze Nachbarschaft, die kann es auch bestätigen, weil sie Kurden sind“.
46 
Insgesamt ist der Senat aufgrund der Angaben des Zeugen in der mündlichen Verhandlung nicht der Überzeugung, dass die in der polizeilichen Niederschrift über seine Vernehmung als Geschädigter von ihm genannten Tatsachen, aus denen auf eine innerliche und äußerliche Hinwendung des Klägers zur PKK geschlossen werden könnte, zutreffen. Bei dieser Würdigung hat der Senat auch die Angaben des ebenfalls als Zeugen vernommenen Vaters beachtet. Der Zeuge ... gab in der mündlichen Verhandlung an, aus eigener Anschauung nichts über die politische Einstellung des Klägers zu wissen. Er erklärte lediglich, sein Sohn habe ihn nach der PKK gefragt, weil er „einen Nachbarn habe, der gesagt habe, da kannst du gut leben.“ Diese völlig allgemein gehaltene und lediglich an ein nicht näher substantiiertes Gespräch zwischen Vater und Sohn anknüpfenden Aussage gibt dem Senat keinen Anlass, die Frage der Glaubwürdigkeit der Angaben des Zeugen ... anders zu beurteilen. Im Übrigen ergeben sich aus der Zeugenaussage des Vaters weder direkt noch indirekt konkrete Tatsache, die auf eine Unterstützungshandlung im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG hindeuten würden.
47 
Soweit in den Akten des Polizeireviers ... in verschiedenen Schriftstücken eine PKK-Anhängerschaft des Klägers erwähnt ist, geht dies letztlich auf die damaligen Angaben von ... zurück. Für den Senat besteht kein Anlass, der Frage der Berechtigung dieser im Jahr 2001 insoweit erhobenen Vorwürfe über die Vernehmung der beiden Zeugen hinaus weiter nachzugehen - zumal zusätzliche mögliche Erkenntnismittel, insbesondere Zeugen, die aus unmittelbarem Erleben etwas berichten könnten, von den Beteiligten nicht aufgezeigt worden sind und auch nicht ersichtlich sind.
b.)
48 
Der Senat ist auch nicht davon überzeugt, dass der Kläger an den Veranstaltungen teilgenommen hat, die der Beklagte ihm als einbürgerungsschädliche Unterstützung der PKK entgegen hält. Zwar hat der in der Berufungsverhandlung vernommene Zeuge ... vom Landesamt für Verfassungsschutz, an dessen persönlicher Glaubwürdigkeit keine Zweifel bestehen, bekundet, der Kläger sei nach den Angaben einer zuverlässigen Quelle bei allen genannten Veranstaltungen anwesend gewesen. Gleichwohl hat sich der Senat nicht die Überzeugung bilden können, dass der Kläger - was von ihm stets bestritten worden ist - tatsächlich an den Großdemonstrationen in Straßburg am 15.02.2003 und 14.02.2004, der Demonstration in ... am 06.03.1999 sowie den „Märtyrer-Gedenkveranstaltungen“ bzw. „Volksversammlungen“ der PKK am 08.03.1998, 28.06.1998, 04.04.1999 und 24.10.1999 teilgenommen hat. Dabei geht der Senat davon aus, dass diese vom Beklagten genannten Veranstaltungen tatsächlich stattgefunden haben. Zu Ort, Zeit und Inhalt der Veranstaltungen sind im Berufungsverfahren konkrete und substantiierte Angaben gemacht und weitere Unterlagen vorlegt worden, so ein Pressebericht vom 07.03.1999 zur Demonstration in ... vom 06.03.1999 und ein Flugblatt in französischer Sprache zur Demonstration vom 15.02.2003. Die inhaltlichen Berichte stützen sich mit Ausnahme der Veranstaltung vom 28.06.1998 auf verschiedene Quellen des Landesamts für Verfassungsschutz, die - wie der Zeugen ... in der mündlichen Verhandlung im Einzelnen dargelegte - Überprüfungsmaßnahmen des Landesamts unterzogen worden sind. Allerdings ist der Senat nicht davon überzeugt, dass der Kläger selbst bei diesen ihm vom Beklagten vorgehaltenen Veranstaltungen anwesend war.
49 
Die Bekundung des Zeugen ..., der Kläger sei bei den genannten „Märtyrer-Gedenkveranstaltungen“, „Volksversammlungen“ und Demonstrationen anwesend gewesen, beruht auf den Angaben einer einzigen Quelle, wobei der Zeuge nicht der unmittelbare Führer dieser Quelle ist. Aus Quellenschutzgründen wurde die Identität der Quelle nicht offen gelegt. Der unmittelbare Quellenführer stand als Zeuge nicht zur Verfügung. Auch wurden - trotz Aufforderung durch das Gericht - keine schriftliche Aufzeichnungen vorgelegt. Diese Praxis ist dem Senat aus vergleichbaren Verfahren bekannt. Erkenntnisse des Landesamtes für Verfassungsschutz, die auf geheim gehaltenen Quellen beruhen und als Zeugenaussage vom Hörensagen in den Prozess eingeführt werden, können zwar grundsätzlich verwertet werden. Allerdings darf die in Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistete Garantie effektiven Rechtsschutzes auch dann nicht in unverhältnismäßiger Weise eingeschränkt werden, wenn eine Behörde sich gegenüber dem Auskunftsbegehren eines Bürgers auf Geheimhaltungsgründe beruft und sich diese Gründe gerade auch auf die allein als Beweismittel in Betracht kommenden Verwaltungsvorgänge beziehen, in denen die für das Verwaltungsverfahren und sein Ergebnis relevanten Sachverhalte dokumentiert sind (vgl. grundlegend zu dieser Problematik BVerfG, Beschluss vom 27.10.1999 - 2 BvR 385/90 - BVerfGE 101, 106, 121 ff.). Soweit in einem derartigen Fall die Effektivität des Rechtsschutzes von der Offenlegung der Verwaltungsvorgänge abhängt, muss das Gericht grundsätzlich die tatsächlichen Grundlagen selbst ermitteln und seine rechtliche Auffassung unabhängig von der Verwaltung, deren Entscheidung angegriffen ist, gewinnen und begründen. Ist dies wie hier nicht möglich, muss das durch die Geheimhaltung entstehende Rechtsschutzdefizit im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeglichen werden (Hamb. OVG, Urteil vom 07.04.2006 - 3 Bf 442/03 - NordÖR 2006, 466). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die gerichtliche Beweiswürdigung der Angaben eines sogenannten Zeugen vom Hörensagen besonderen Anforderungen unterliegt, die aus dem Recht auf ein faires Verfahren nach Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip abzuleiten sind. Danach ist der Beweiswert seiner Angaben besonders kritisch zu prüfen. Denn das Zeugnis vom Hörensagen ist nur begrenzt zuverlässig, weil sich die jedem Personenbeweis anhaftenden Fehlerquellen im Zuge der Vermittlung der Angaben verstärken und weil das Gericht die Glaubwürdigkeit der Gewährsperson nicht selbst einschätzen kann. Das Gericht muss sich der Gefahren der beweisrechtlichen Lage, also vor allem der besonderen Richtigkeitsrisiken in Ansehung anonym gebliebener Personen, deren Wissen durch einen Zeugen vom Hörensagen eingeführt wird, sowie der sich daraus ergebenden Grenzen seiner Überzeugungsbildung bewusst sein (VGH Bad.-Württ, Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 50 und Urteil vom 27.03.1998 - 13 S 1349/96 - juris Rn. 37). Die Aussage eines Zeugen vom Hörensagen wird regelmäßig einer Entscheidung nur dann zugrunde gelegt werden können, wenn es für das Vorliegen der entsprechende Tatsache noch andere Anhaltspunkte gibt (BVerwG, Beschluss vom 22.10.2009 - 10 B 20/09 - juris Rn. 4 und Beschluss vom 05.03.2002 - 1 B 194/01 - juris Rn. 4 mit ausdrücklichem Hinweis auf BVerfGE 57, 250, 292). Nach der zum Strafrecht entwickelten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts genügen die Angaben des Gewährsmanns regelmäßig nicht, wenn sie nicht durch andere, nach Überzeugung des Fachgerichts wichtige ihrerseits beweiskräftig festgestellte Gesichtspunkte bestätigt werden (vgl. zum Ganzen: BVerfG, Beschluss vom 26.05.1981 - 2 BvR 215/81 - BVerfGE 57, 250, 292 ff.; BVerfG <2. Kammer des 2. Senats>, Beschluss vom 19.07.1995 - 2 BvR 1142/93 - NJW 1996, 448; BVerfG <1. Kammer des 2. Senats>, Beschluss vom 05.07.2006 - 2 BvR 1317/05 - NJW 2007, 204). Die strafgerichtliche Rechtsprechung und Literatur verlangt daher regelmäßig „zusätzliche Indizien von einigem Gewicht“ (vgl. näher BGH, Beschluss vom 08.05.2007 - 4 StR 591/06 - juris Rn. 2; Beschluss vom 19.06.1996 - 5 StR 220/96 - juris Rn. 3 ff; Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 6. Aufl. 2008, § 250 Rn. 13; Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, 26. Aufl. 2009, § 46 Rn. 33 f.; Detter, Der Zeuge vom Hörensagen - eine Bestandsaufnahme, NStZ 2003, 1, 4). Diese zum Strafrecht entwickelten Prinzipien können als Ausdruck des Rechts auf faires Verfahrens auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren herangezogen werden (Sodan/Ziekow, a.a.O., § 96 Rn. 38; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - a.a.O.). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die behauptete Teilnahme des Klägers an den genannten Veranstaltungen in den Jahren 1998 und 1999 sowie 2003 und 2004 nicht nachgewiesen.
50 
Der in der Verhandlung vernommene Zeuge des Landesamts für Verfassungsschutz konnte, was die Teilnahme des Klägers an den genannten Veranstaltungen betrifft, nur übermitteln, was die Quelle ihrem Quellenführer berichtet haben soll. Von der persönlichen Glaubwürdigkeit des im Dunkeln bleibenden Gewährsmannes konnte sich der Senat daher kein Bild machen. Die durch den Zeugen vom Hörensagen vermittelten Angaben sind auch deshalb von geringerem Beweiswert, weil die bei einer Nachrichtenkette allgemein bestehende und mit jedem Glied wachsende Gefahr, dass Angaben - und sei es auch unabsichtlich - entstellt oder unvollständig erfasst bzw. wiedergegeben werden, nicht ausgeblendet werden kann. Im vorliegenden Fall wurde nach den Bekundungen des Zeugen die Quelle nach der ersten Veranstaltung innerhalb von 14 Tagen danach persönlich vom unbekannt gebliebenen Quellenführer getroffen. Diese hat von der Veranstaltung mündlich berichtet, wobei der Quellenführer dies nicht auf Band aufgenommen, sondern erst später aufgeschrieben hat. Besondere Vorkehrungen, die im konkreten Fall die Gefahr von Übermittlungsfehler minimieren würden, sind insoweit nicht ersichtlich.
51 
Was die vorgetragene Anwesenheit des Klägers bei den Großdemonstrationen in Straßburg mit bis zu 20.000 Teilnehmern und bei der Demonstration in Karlsruhe am 06.03.1999 mit jedenfalls mehreren Hundert Teilnehmern (der Beklagte spricht in seinem Schriftsatz vom 18.05.2010 von 800, der beigefügte Zeitungsartikel von 1.800 Menschen) betrifft, ist schon nicht nachvollziehbar, wie der Kläger unter Berücksichtigung der Masse der Teilnehmer überhaupt sicher identifiziert worden sein könnte. Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 10.08.2010 vorgetragen, „er sei aus einer kleineren eng begrenzten Personenzahl heraus und bestimmt nicht zufällig identifiziert worden“. Der in der mündlichen Verhandlung vernommene Zeuge ... vom Landesamt für Verfassungsschutz erklärte, dass bei Großdemonstrationen üblicherweise die Identifizierung bei der An- oder Abfahrt mit dem Bus erfolgt; mehr könne aus Quellenschutzgründen nicht gesagt werden. Abgesehen davon, dass dies nicht erklärt, wie eine Identifizierung des Klägers bei der sozusagen „vor seiner Haustür“ stattgefundenen Demonstration in ..., bei der eine An- und Abfahrt mit dem Bus entfällt, erfolgt worden wäre, ist aufgrund der insoweit fehlenden eindeutigen Angaben für den vorliegenden Fall die Verlässlichkeit einer Identifizierung bei den angeführten Großveranstaltungen nicht gewährleistet.
52 
Hinzukommt, dass die vorgetragene generelle Identifizierung des Klägers durch die Quelle im Wege einer Wahllichtbildvorlage mit einem Mangel behaftet ist, der sich auf die Frage der Feststellung der Teilnahme des Klägers an allen ihm vorgehaltenen Veranstaltungen, also auch bzgl. der „Märtyrer-Gedenkveranstaltungen“ und der „Volksversammlungen“, selbst wenn diese typischerweise nur bis zu etwa 200 Personen umfasst haben, auswirkt.
53 
Nach den Angaben des Zeugen ... sei der Kläger durch eine einzige Quelle identifiziert worden, die bei allen dem Kläger vorgehaltenen Veranstaltungen anwesend gewesen sei. Die Quelle, die spätestens etwa 14 Tage nach der jeweiligen Veranstaltung getroffen worden sei, habe den unter türkischen Staatsangehörigen sehr häufigen Namen ... genannt, jedoch über den Namensträger nichts weiter als dessen Anwesenheit berichtet. Der Verfassungsschutz habe dann irgendwann über das in der Nähe eines nicht genannten Veranstaltungsorts geparkte Auto, das der Polizei aufgefallen sei, die Identität des Klägers ermitteln können. Im Jahre 2003 sei eine Wahllichtbildvorlage erfolgt. Im Regelfall würden der Quelle zehn Lichtbilder vorgelegt, im konkreten Fall seien es - so glaube er - acht Bilder gewesen, von denen die Quelle zwei identifiziert habe, darunter auch das Lichtbild des Klägers. Bei der Frage nach dem Beweiswert darf schon nicht unberücksichtigt bleiben, dass keine Details dazu mitgeteilt wurden, wie die Wahllichtbildvorlage im konkreten Fall ausgestaltet wurde; es ist auch nicht ersichtlich, dass der gesamte Vorgang im Einzelnen dokumentiert worden wäre. Auch wurde im Jahre 2003 ein damals etwa mindestens sechs oder sieben Jahre altes Lichtbild des Klägers verwendet. Der Senat konnte sich anhand des vom Zeugen ... in der Berufungsverhandlung vorgelegten Lichtbildes davon überzeugen, dass es sich hierbei um eine Vergrößerung des dem Einbürgerungsantrag vom November 1996 beigegebenen Passfotos gehandelt hatte. Das Erscheinungsbild des in der Verhandlung persönlich anwesenden Klägers hat sich jedoch gegenüber dem Lichtbild deutlich geändert. Die Haare des Klägers sind mittlerweile ergraut, er trägt Brille und ist nicht rasiert gewesen; außerdem wirkt er im Gesicht schlanker als auf dem Foto. Nach dem unwidersprochenen Vortrag der Prozessbevollmächtigten des Klägers hat dieser seit etwa 13 Jahren eine Brille und sich auch schon in der Vergangenheit manchmal einen Bart stehen lassen. Zwar hält der Senat es nicht für ausgeschlossen, dass jemand, der den Kläger schon zuvor seit Jahren näher kennt, diesen im Jahre 2003 anhand eines Fotos älteren Datums bestimmen kann. Der Zeuge hat jedoch aus Gründen des Quellenschutzes keine Angaben dazu gemacht, inwieweit die Quelle den Kläger bereits zuvor persönlich gekannt hat oder ob sie ihn primär anhand des Lichtbildes identifiziert haben will. Infolge dessen muss der Senat - als eine Art „worst-case-Betrachtung“- davon ausgehen, dass die Quelle den Kläger nicht näher gekannt hat, ihn bei den Veranstaltungen im Jahre 1998 und 1999 in einer Menge von immerhin 100 bis 200 Teilnehmern gesehen haben will und - mangels gegenteiliger Angaben - nach der Veranstaltung vom 24.10.1999 beide Personen mehrere Jahre nicht zusammengetroffen sind. Dieses begründet eine nicht ausräumbare Unsicherheit im Identifizierungsvorgang, weshalb die dem Kläger vorgehaltene Teilnahme an den Veranstaltungen nicht als bewiesen angesehen werden kann.
54 
Selbst wenn man im Übrigen im Rahmen der Beweiswürdigung den Unsicherheitsfaktor bei der Identifizierung nur mit minderer Bedeutung gewichten würde, weil die praktizierte Lichtbildvorlage ein typischer Weg des Verfassungsschutzes bei der Erkenntnisgewinnung darstellt und im Interesse des Quellenschutzes detaillierte Angaben, wie die Ermittlung eines Veranstaltungsteilnehmers erfolgt ist, regelmäßig nicht offengelegt werden können, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn die - in ihrem Beweiswert ohnehin schon herabgesetzten - Angaben der Gewährsperson können nicht durch andere gewichtige Gesichtspunkte - die etwa mit Blick auf die Einlassung des Betroffenen oder in Gestalt objektiver Gesichtspunkte gegeben sein können - gestützt oder bestätigt werden. Aus dem Komplex der ihm eigentlich vorgehaltenen Veranstaltungen heraus ergeben sich keine für die Richtigkeit der Angaben streitenden Tatsachen. Aber auch unter Berücksichtigung der gesamten anderweitig bestätigten Aktivitäten des Klägers und seiner persönlichen Äußerungen liegen keine Erkenntnisse vor, die einzeln oder im Wege einer Gesamtschau als Beleg für die Richtigkeit der Angaben des Zeugen vom Hörensagen herangezogen werden könnten.
55 
Im Kontext der vom Landesamt aufgeführten Veranstaltungen sind beispielsweise zum Erscheinungsbild des Klägers, zu seinem Verhalten oder aus seinem persönlichen Lebensbereich keine besonderen oder gar originellen Details mitgeteilt worden, aus denen geschlossen werden könnte, die Quelle habe den Kläger tatsächlich dort gesehen. Ein gewichtiges Beweisanzeichen ergibt sich auch nicht daraus, dass die Quelle dem Zeugen ... zufolge überprüft worden sei und in der Zeit, in der die Veranstaltungen stattgefunden haben, zuverlässig berichtet habe. Denn insoweit fehlt es schon an der Mitteilung von Indizien, anhand derer diese Einschätzung ihrerseits bestätigt werden könnte. Dass der Kläger einmal sein Fahrzeug in der Nähe eines - nicht näher bezeichneten - Veranstaltungsortes geparkt hat, das von der Polizei beobachtet worden ist, ist aufgrund der mangels gegenteiliger Erkenntnisse anzunehmenden Neutralität des Parkvorgangs an sich kein Indiz, das für die Teilnahme des Klägers an den ihm vorgehaltenen Veranstaltungen sprechen könnte. Ein Anhalt für die Richtigkeit der Angaben des Zeugen vom Hörensagen folgt schließlich nicht daraus, dass der Zeuge ... angegeben hat, der Kläger sei Anhänger der PKK und werbe für deren Veranstaltungen. Denn seine Aussage ist insgesamt unglaubhaft, weshalb sie als Anhaltspunkt für die Richtigkeit der vom Beklagten behaupteten Teilnahme des Klägers an den angeführten Veranstaltungen ungeeignet ist.
56 
Das frühere Eintreten für die TKEP ist ebenfalls kein Indiz dafür, dass die dem Kläger vorgehaltenen Veranstaltungsteilnahmen zutreffen. Die vom Kläger in der Türkei damals vorgenommenen und im Übrigen schon sehr lange zurückliegenden politischen Tätigkeiten - Schreiben von Parolen an Wände, Verteilung von Flugblätter, Teilnahme an Seminaren und Veranstaltungen, Lesen von Parteipublikationen - sind nur mit Bezug und Wirkung auf sein Herkunftsland erfolgt. Nach den Angaben des Klägers ist mit seiner Einreise in das Bundesgebiet im Juni 1990 sein Engagement für die TKEP beendet gewesen. Auch aus der Einlassung des Klägers zur Frage seiner politischen Betätigung im Übrigen kann keine Stützung des Hörensagenbeweises gewonnen werden. Der Kläger hat von Anfang an und widerspruchsfrei bestritten, an den Veranstaltungen teilgenommen bzw. überhaupt etwas mit der PKK zu tun zu haben. Zwar ist sein Hinweis, die TKEP habe eine völlig andere ideologische Ausrichtung und schon deswegen sei klar, dass er sich nicht für die PKK engagiere, nicht unbedingt zwingend. Der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass es sich dem Grunde nach bei beiden um linksextremistische Organisationen handelt (vgl. zur PKK als marxistisch-leninistisch orientierter Kaderpartei Verfassungsschutzbericht des Landes Baden-Württemberg 1992, S. 85), die für ein Selbstbestimmungsrecht der Kurden streiten. Auch können sich eigene politische Überzeugungen - zumal in einer anderen Umgebung und nach Auflösung der TEKP - ändern. Allerdings hat der Kläger auch im Einzeln dargelegt, wegen seiner Familie und seinem Beruf keine Zeit mehr zu haben, sich in Deutschland politisch zu engagieren, und dies auch nicht mehr zu wollen. Dass der Kläger aufgrund seiner kulturellen Ausrichtung nach eigenen Angaben Newroz feiert und auch Veranstaltungen zum 1. Mai besucht, stellt dies nicht in Frage.
57 
Ferner ist auch die vom Kläger im Jahre 2001 unterzeichnete „PKK-Selbsterklärung“ entgegen der mit Schriftsatz vom 05.02.2010 geäußerten Auffassung des Beklagten kein „Beweisanzeichen“, das die Angaben des Gewährsmannes verlässlich stützt. Der Kläger hat sich im Verfahren dahin gehend geäußert, er habe die Erklärung unterschrieben, um sich für eine friedliche Lösung der kurdischen Frage einzusetzen. Hiervon ausgehend rechtfertigt allein die Unterzeichnung dieser Erklärung nicht die Annahme, der Unterzeichner habe eine Bestrebung im Sinn des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. unterstützt (näher BVerwG, Urteil vom 22.02.2007 - 5 C 20.05 - BVerwGE 128, 140 ff.; vgl. auch Berlit, jurisPR-BVerwG 16/2007 Anm. 6). Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger den Wortlaut dieser Erklärung übersteigende Ziele und Absichten erkennen konnte oder musste bzw. er nach seinem Kenntnis- und Wissensstand Zweifel an der Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit der Erklärung der PKK hegen musste, dass sie ihre Ziele künftig legal und gewaltfrei verfolgen werde, sind aus den vom Kläger abgegebenen Äußerungen nicht ersichtlich. Im Übrigen ist dem Senat auch aus anderen Verfahren bekannt, dass Sympathisanten der PKK - und als einen solchen sieht der Beklagte den Kläger an - regelmäßig über die Hintergründe und Ziele dieser Kampagne der PKK keinen Überblick. hatten. Dass es sich bei dem Kläger um einen Funktionär oder Aktivisten oder um eine sonstige Person „mit vertieften Kenntnissen“ handeln könnte, wird auch vom Beklagten nicht behauptet. Die Unterzeichnung der Erklärung ist daher an sich eine einbürgerungsunschädliche Meinungsäußerung in einer speziellen historischen Konstellation. Sie ist kein Beleg für eine innere Verbundenheit mit den Zielen der PKK und der Organisation selbst und im Rahmen der Beweiswürdigung daher kein entscheidendes Indiz, das die dem Kläger entgegengehaltene Teilnahme an den PKK-Veranstaltungen stützen kann. Zwar kann die Unterzeichnung der „PKK-Selbsterklärung einbürgerungsrechtlich dann in einem anderen Licht zu werten sein, wenn durch den Unterzeichner weitergehende Aktivitäten für die verbotenen Organisationen der PKK hinzukommen (vgl. etwa Berlit, jurisPR-BVerwG 16/2007 Anm. 6); solche können jedoch nicht in den dem Kläger vorgehaltenen Veranstaltungen gesehen werden, um deren Beweis gerade gestritten wird.
58 
Schließlich lässt sich in der Wahl des Klägers zum Kassierer des Kurdischen Elternvereins ... kein Indiz zur Bestätigung der Angaben des Zeugen vom Hörensagen erblicken. Aus der vom Senat beigezogenen und den Beteiligten übermittelten Satzung ergeben sich keine Hinweise darauf, dass mit der Vereinstätigkeit (vgl. insbesondere die in § 3 genannten Ziele und Zwecke des Vereins) objektiv einbürgerungsschädliche Aktivitäten verfolgt werden könnten. Selbst wenn man aufgrund des vom Beklagten vorgelegten Vermerks des Bundeskriminalamtes vom April 2010 einen Anhaltspunkte dafür sehen würde, dass dieser Verein über YEK-MAL - Union der kurdischen Familie - strukturell an die PKK angebunden sein könnte, ist jedenfalls nichts dafür ersichtlich, dass sich der Kläger in Kenntnis dessen im Verein engagiert hätte. Aus den Äußerungen des Klägers ergeben sich hierfür keine Hinweise. Auch der Beklagte hat nichts dazu vorgebracht, dass der Kläger mit dieser Tätigkeit subjektiv Bestrebungen im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG unterstützt hätte.
c.)
59 
Wie sich aus den vorstehenden Erwägungen ergibt, ist entgegen der im angefochtenen Bescheid vom 02.05.2008 geäußerten Auffassung auch der Ausschlussgrund nach § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG n.F. nicht erfüllt.
60 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
61 
Beschluss vom 29. September 2010
62 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer

1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder
2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.

(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um

1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder
2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.

(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.

(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 08. März 2007 - 5 K 1982/06 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die zulässige, insbesondere fristgerecht erhobene und den inhaltlichen Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechend begründete Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 08.03.2007 hat keinen Erfolg. Ebenso wie das Verwaltungsgericht misst der Senat bei der nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zu treffenden eigenständigen Interessenabwägung dem privaten Interesse des Antragstellers, vorläufig vom Vollzug der angefochtenen Verfügung vom 13.11.2006 verschont zu bleiben, größere Bedeutung zu als dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung seiner Ausweisung. Die im Beschwerdeverfahren vorgebrachten Gründe, auf deren Überprüfung der Senat beschränkt ist, gebieten im Ergebnis keine abweichende Entscheidung.
1. a) Zwar wendet sich der Antragsgegner zu Recht gegen die Erwägung des Verwaltungsgerichts, die nach § 170 Abs. 2 StPO erfolgten Einstellungen der Ermittlungsverfahren des Generalbundesanwalts und der Staatsanwaltschaft München I gegen den Antragsteller begründeten die Vermutung dafür, dass der Regelausweisungsgrund des Verdachts der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung (§ 54 Nr. 5 AufenthG) nicht gegeben und die hierauf gestützte Ausweisung des Antragstellers schon deshalb voraussichtlich rechtswidrig sei. Rechtliche Bedenken gegen diese Erwägung ergeben sich entgegen der Auffassung des Antragsgegners allerdings nicht schon daraus, dass diese Ermittlungsverfahren - wie der Antragsgegner meint - allein auf die Frage der Mitgliedschaft des Antragstellers in einer Organisation um den Mitbeschuldigten Y. M. Y. bezogen gewesen wären, während die Ausweisung darüber hinaus auch auf Unterstützungshandlungen des Antragstellers zugunsten der Ansar al Islam, des internationalen Netzwerks der Mudjahedin und der Stiftung „Al Haramain“ gestützt worden sei. Denn das Ermittlungsverfahren des Generalbundesanwalts umfasste auch den Vorwurf der Unterstützung des internationalen Netzwerks der Mudjahedin und der Stiftung „Al Haramain (vgl. etwa den Sachstandsbericht zum Ermittlungsverfahren des Generalbundesanwalts vom 15.07.2005, S. 6, 41, 45, 48 ff). Daneben befasste sich das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft München I ausdrücklich mit den - ebenfalls der Ausweisungsentscheidung zugrunde gelegten - Vorwürfen, dass sich der Antragsteller im Dezember 2003 gegenüber M. M. bereit erklärt habe, eine Spende von etwa 50 Euro an die terroristische Vereinigung Ansar al Islam weiterzuleiten und dass er im Jahr 1999 versucht haben soll, A. B. in Bezug auf die Gewaltanwendung gegenüber Nichtmoslems zu desensibilisieren und als „Mudjahedin“ für einen Einsatz in Dagestan zu werben. Der Senat teilt jedoch nicht die Ansicht des Verwaltungsgerichts, dass mit der Einstellung der Ermittlungsverfahren voraussichtlich keine Tatsachen mehr gegeben seien, die im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG die Schlussfolgerung rechtfertigten, dass der Antragsteller eine terroristische Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat. Denn in diesen Verfahren wurden Verhaltensweisen des Antragstellers ermittelt, die - wie etwa die Beteiligung an der Schleusung von Ausländern, die Entgegennahme von Geldern der Stiftung „Al Haramain“ oder die teilweise konspirative Kontaktpflege zu anderen verdächtigen Personen und der Versuch der Desensibilisierung und der Anwerbung des A. B. als Mudjahedin in Dagestan - auf eine Unterstützung terroristischer Vereinigungen hinweisen. Die Ermittlungsverfahren wurden zwar nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, weil diesen Verhaltensweisen auch eine andere - etwa rein kriminelle, geschäftliche oder gesellschaftliche - Zielrichtung beigelegt und deshalb nach der Prognose der Staatsanwaltschaft nicht davon ausgegangen werden konnte, dass die Förderung des Fortbestands einer terroristischen Vereinigung oder der Verwirklichung ihrer kriminellen oder terroristischen Ziele durch den Antragsteller tatsächlich zur Überzeugung des Strafgerichts bewiesen werden kann (zum Maßstab des hinreichenden Tatverdachts nach § 170 Abs. 2 StPO vgl. Meyer-Goßner, StPO, Kommentar, 50. Aufl. 2007, § 170 Rn. 1f. m.w.N.). Anders als für die Strafbarkeit nach §§ 129, 129a StGB bedarf es jedoch für den Ausweisungsgrund nach § 54 Nr. 5 AufenthG nicht der vollen Überzeugung von einer geleisteten Unterstützung, sondern es reicht aus, dass die einzeln festgestellten Tatsachen, und sei es in einer Gesamtschau, eine hinreichende (so BayVGH, Urteil vom 09.05.2005 - 24 B 03.3295 -, EZAR-NF 042 Nr. 2) oder große (so Marx, ZAR 2004, 275, 277; Hailbronner, Ausländerrecht, § 54 Rn. 31; Discher in: GK AufenthG, § 54 Rn. 542) Wahrscheinlichkeit für die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung begründen.
Gleichwohl ist die Ausweisung, soweit sie auf den Regelausweisungsgrund des § 54 Nr. 5 AufenthG gestützt ist, nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen summarischen Prüfung nicht ohne weiteres rechtmäßig. Vielmehr erscheint der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der vom Antragsgegner über den Umfang der Ermittlungsverfahren des Generalbundesanwalts und der Staatsanwaltschaft München I hinaus zusammengetragenen weiteren Umstände in der Person des Antragstellers, die - wie etwa die lange verheimlichten Aufenthalte des Antragstellers in Ausbildungslagern für Mudjahedin in Afghanistan und Pakistan in den Jahren 1989 und 1991, die bei der technischen Überwachung der von ihm genutzten Mietwagen festgestellten antiamerikanischen und antiisraelischen Äußerungen oder der Besitz verschiedener Bücher und Filme zum bewaffneten Djihad - auf eine besondere Nähe des Antragstellers zu militant islamistischem Gedankengut hinweisen und deshalb grundsätzlich geeignet sind, die Schlussfolgerungen des Antragsgegners zu untermauern. Denn der Antragsteller hat die ihm insgesamt entgegengehaltenen Umstände und Verhaltensweisen zum Teil, wie etwa im Fall der versuchten Anwerbung des A. B., als Tatsache bestritten. Vor allem aber hat er umfangreiche Ausführungen dazu gemacht, dass und warum der Schluss von seinem Verhalten auf eine Unterstützung des (militant islamistischen) Terrorismus nicht gerechtfertigt sei. Diesen Einwendungen kann eine Berechtigung schon deshalb nicht von vornherein abgesprochen werden, weil die dem Antragsteller entgegengehaltenen Tatsachen zwar durchaus die Schlussfolgerung auf eine Unterstützung einer terroristischen Vereinigung rechtfertigen können, diese jedoch auch ohne weiteres in einen anderen Zusammenhang gestellt werden können, der der Berechtigung der Schlussfolgerung des Antragsgegners den Boden entzieht. Insofern bedarf es einer umfassenden Bewertung dieser Einwendungen und deren Glaubhaftigkeit sowie der Glaubwürdigkeit des Antragstellers, die sachgerecht nur im Hauptsacheverfahren möglich ist. Da die Anknüpfungstatsachen für die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung sämtlich in der Vergangenheit liegen und selbst ein - unterstellter - tatsächlicher Unterstützungsbeitrag nicht mehr auf eine aktuell oder zukünftig von terroristischen Vereinigungen ausgehende Gefahr fortwirken dürfte, wäre der Ausweisungstatbestand nach § 54 Nr. 5 AufenthG zudem nur dann erfüllt, wenn die in der Vergangenheit liegenden Unterstützungshandlungen auch die Prognose begründeten, dass der Antragsteller auch künftig Unterstützungshandlungen begehen werde und deshalb in seiner Person auch eine gegenwärtige Gefährlichkeit gegeben ist. Hierbei kommt dem - vom Antragsteller ebenfalls eingehend dargestellten - Abbruch verschiedener persönlicher Kontakte etwa zu Y.M.Y. ebenso Bedeutung zu, wie der allgemeinen Entwicklung des Antragstellers in den letzten Jahren bis zum Zeitpunkt der Hauptsacheentscheidung (zur maßgeblichen Sach- und Rechtslage in Ausweisungsverfahren vgl. BVerwG, Urteil vom 15.11.2007 - 1 C 45.06 -), wobei gerade letztere ebenfalls sachgerecht nur im Hauptsacheverfahren ermittelt und gewürdigt werden kann. Schließlich stellt sich der Ausgang des Hauptsacheverfahrens auch deshalb als offen dar, weil der Antragsteller nach § 56 Abs.1 Satz 1 Nr. 1 und 4 AufenthG besonderen Ausweisungsschutz genießt und er deshalb nach § 56 Abs. 1 Satz 2 und 4 AufenthG nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nach Ermessen ausgewiesen werden kann. Dabei kann offen bleiben, unter welchen Voraussetzungen die im Falle des § 54 Nr. 5 AufenthG nach § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG gegebene gesetzliche Regelvermutung für das Vorliegen schwerwiegender Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung entfällt. Denn selbst wenn sich tatsächlich herausstellen sollte, dass die Schlussfolgerung des Antragsgegners auf die Gefahr der Unterstützung terroristischer Vereinigungen gerechtfertigt ist, bedürfte es zumindest im Zusammenhang mit der zu treffenden Ermessensentscheidung noch einer konkreten Bewertung des Maßes der hierdurch geschaffenen Gefährdungslage, die dann im Rahmen der Verhältnismäßigkeit den persönlichen Belangen des Antragstellers gegenüber zu stellen wäre. Hierbei fallen zugunsten des Antragstellers dann insbesondere der Schutz seiner familiären Lebensgemeinschaft mit seinen beiden deutschen Kindern nach Art. 6 Abs. 1 GG und der langjährige rechtmäßige Aufenthalt mit den hierbei entstandenen und über Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten persönlichen Bindungen im Bundesgebiet ebenso ins Gewicht wie die - vom Antragsgegner bislang nicht in den Blick genommene - körperliche Beeinträchtigung des Antragstellers durch seine Kriegsverletzung und die hiermit verbundenen Schwierigkeiten beim Aufbau einer neuen Existenz in dem als Zielstaat der Abschiebung benannten Herrschaftsbereich der Palästinensischen Autonomiebehörde.
b) Eine andere Bewertung der Erfolgsaussichten der Klage gegen die Ausweisungsverfügung vom 13.11.2006 ergibt sich nicht daraus, dass der Antragsgegner die Ausweisungsentscheidung zusätzlich auf den Ausweisungsgrund der fehlenden oder falschen Angaben bei einer ausländerrechtlichen Sicherheitsbefragung (§ 54 Nr. 6 AufenthG) gestützt hat.
Zwar hat das Verwaltungsgericht zu Unrecht angenommen, dass die Verheimlichung zweier Aufenthalte des Antragstellers in Afghanistan und Pakistan in den Jahren 1989 und 1991 im Rahmen der Sicherheitsbefragung durch die Stadt Freiburg vom 14.02.2006 den Tatbestand dieses Regelausweisungsgrundes nicht erfüllt. Die Offenbarung dieser Aufenthalte im Rahmen des - durch die Antworten bei der Sicherheitsbefragung veranlassten - weiteren Sicherheitsgesprächs vom 27. und 28.04.2007 lässt die zuvor eingetretene Erfüllung des Tatbestandes des § 54 Nr. 6 Alt. 1 AufenthG nicht wieder entfallen (so auch Discher in: GK-AufenthG, § 54 Rn. 757). Mit der Anordnung einer Regelausweisung für den Fall einer - hier unzweifelhaft gegebenen - bewussten Verheimlichung von Auslandsaufenthalten soll neben der Ermöglichung einer umfassenden Ermittlung und Bewertung der von dem einzelnen Ausländer ausgehenden Gefahr für die innere und äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland auch sichergestellt werden, dass Ausländer allgemein im Rahmen von Sicherheitsbefragungen gegenüber der Ausländerbehörde oder der deutschen Auslandsvertretung stets möglichst vollständige Angaben insbesondere zu Aufenthalten in „Problemstaaten“ machen. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass der Verheimlichung früherer Aufenthalte in Deutschland oder in anderen Staaten ebenso wie der in wesentlichen Punkten falschen oder unvollständigen Angabe über Verbindungen zu Personen oder Organisationen, die der Unterstützung des internationalen Terrorismus verdächtig sind, unlautere sicherheitsrelevante Motive zugrunde liegen und der Aufenthalt eines solchen Ausländers deshalb regelmäßig ein Sicherheitsrisiko in sich birgt. Würde einem Ausländer die Möglichkeit eröffnet, einen im Rahmen der Sicherheitsbefragung zunächst verheimlichten Auslandsaufenthalt ohne die Gefahr weiterer Konsequenzen zu offenbaren, wenn es später zu einer weiteren Befragung kommt, würde der Druck erheblich eingeschränkt, in der ersten Sicherheitsbefragung vollständige Angaben zu machen. Der Ausländer könnte dann versucht sein, etwa gerade zur Vermeidung einer weiteren Überprüfung, sicherheitsrelevante Umstände zunächst zu verheimlichen und erst dann zu offenbaren, wenn er aufgrund der Anordnung einer weiteren Befragung damit rechnen muss, dass die verheimlichten Umstände nunmehr aufgedeckt werden oder gar bereits anderweitig bekannt geworden sind.
Allerdings erscheint die Rechtmäßigkeit der Ausweisungsverfügung trotz des hiermit gegebenen Regelausweisungsgrunds des § 54 Nr. 6 AufenthG dennoch offen. Denn der Antragsteller genießt - wie dargelegt - besonderen Ausweisungsschutz und kann deshalb nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden (§ 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 4; Satz 2 AufenthG). Da die Erfüllung des Ausweisungstatbestands des § 54 Nr. 6 AufenthG nicht über § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG dazu führt, dass schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Regelfall vorliegen, müssen die öffentlichen Interessen an der Erhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nach den konkreten Umständen des Einzelfalles im Vergleich zu dem vom Gesetz bezweckten Schutz des Ausländers vor Ausweisungen deutlich überwiegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.06.1996 - 1 C 24.94 -, InfAuslR 1997, 8, 10). Dies dürfte hier weder in Bezug auf den spezialpräventiven noch im Hinblick auf den generalpräventiven Zweck des § 54 Nr. 6 AufenthG der Fall sein. Zwar haben Aufenthalte in Ausbildungslagern der Mudjahedin in Afghanistan und Pakistan grundsätzlich eine hohe Relevanz für die Beurteilung der von einem Ausländer ausgehenden Gefährdung, so dass der Verheimlichung solcher Aufenthalte regelmäßig sowohl in spezial- als auch in generalpräventiver Hinsicht ein besonderes Gewicht beizumessen ist. Hieran dürfte sich - entgegen der Auffassung des Antragstellers - nicht schon deshalb etwas ändern, weil der Antragsteller seine Aufenthalte in den Trainingslagern später im Rahmen des Sicherheitsgesprächs offenbart hat. Denn es spricht viel dafür, dass diese Ergänzung durch die Erkenntnis motiviert war, dass die Aufenthalte in den Ausbildungslagern der Mudjahedin in Afghanistan und Pakistan bereits aufgrund der Vernehmung der Ehefrau des Antragstellers in den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren gegen ihn bekannt geworden waren. Allerdings dürfte der Verdacht, dass der Antragsteller diese Aufenthalte auch aus weitergehenden sicherheitsrelevanten Gründen verheimlicht habe ebenso wie das generelle Interesse an gerade in solchen Punkten vollständigen Angaben dadurch erheblich relativiert werden, dass diese Aufenthalte bereits lange zurückliegen und offensichtlich nur von zeitlich kurzer Dauer waren. Vor allem aber hat der Antragsteller bei der Sicherheitsbefragung den - in diesen Lagern vorbereiteten - Einsatz in den Mudjahedin-Einheiten im bosnischen Bürgerkrieg offengelegt und damit Umstände offenbart, die eine damalige Verbindung zum radikal-militanten Islamismus und damit ein möglicherweise von ihm ausgehendes Sicherheitsrisiko ebenso deutlich machen, wie die zunächst verheimlichten Aufenthalte in den Trainingslagern der Mudjahedin in Afghanistan und Pakistan. Bei dieser Sachlage begründet der bloße Umstand der insoweit unvollständigen Angaben bei der Sicherheitsbefragung keinen konkreten Anhaltspunkt dafür, dass das aufgrund der Verheimlichung vermutete allgemeine Sicherheitsrisiko bei ihm auch tatsächlich und aktuell besteht, so dass in der Person des Antragstellers keine schwerwiegenden Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung für eine Ausweisung gegeben sind. Darüber hinaus dürfte in dieser speziellen Situation auch dem generalpräventiven Interesse an der Sicherstellung der Funktionsfähigkeit der ausländerbehördlichen Sicherheitsüberprüfungen nicht das Gewicht und die Dringlichkeit beigemessen werden können, das es rechtfertigen würde, den mit einer Ausweisung verbundenen Eingriff in die über Art. 6 Abs. 1 GG besonders geschützte familiäre Lebensgemeinschaft des Antragstellers mit seinen beiden bei ihm lebenden deutschen Kindern und die während seines rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet seit 1994 entstandenen und über Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten Bindungen allein zum Zwecke der Abschreckung anderer Ausländer vorzunehmen.
2. Bleibt die Frage der Rechtmäßigkeit der Ausweisung des Antragstellers letztlich vor allem deshalb offen, weil eine vom Antragsteller aktuell ausgehende Gefahrenlage im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht hinreichend sicher festgestellt werden kann, kann grundsätzlich auch kein besonderes öffentliches Interesse daran begründet sein, die Vollziehbarkeit der Ausweisung schon vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens eintreten zu lassen.
Im Übrigen sind auch keinerlei Anhaltspunkte dafür gegeben, dass der Antragsteller noch vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens zugunsten einer terroristischen Vereinigung Unterstützungshandlungen vornehmen wird. So gesteht auch der Antragsgegner dem Antragsteller zu, dass sich dieser im Zusammenhang mit den strafrechtlichen Ermittlungsverfahren sowie während des Ausweisungsverfahrens vollkommen unauffällig verhalten hat. Hinzu kommt, dass im persönlichen Umfeld des Antragstellers bekannt sein dürfte, dass dieser unter dem Druck eines Ausweisungsverfahrens steht, so dass der Antragsteller auch kaum von außen um eine mittelbare oder unmittelbare Unterstützungshandlung zugunsten einer terroristischen Vereinigung gebeten werden dürfte.
3. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht schließlich davon ausgegangen, dass bei Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Ausweisung der Antrag auch bezüglich der auf § 54a AufenthG gestützten Meldepflicht und bezüglich der Abschiebungsandrohung Erfolg haben muss.
10 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
11 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist im Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen eine ausländerrechtliche Maßnahme, die wie im vorliegenden Fall dem Ausländer eine gesicherte aufenthaltsrechtliche Position nimmt und damit seine Ausreisepflicht begründet, der Streitwert regelmäßig in Höhe des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Wertes festzusetzen (vgl. Senatsbeschluss vom 17.11.2005 - 11 S 611/05 -, EZAR-NF 98 Nr. 7). Daneben ist die verfügte Meldepflicht, die ähnlich wie die Abschiebungsandrohung als Annex aus der Ausweisungsentscheidung folgt und die auch im Beschwerdeverfahren keine eigenständige Rolle gespielt hat, bei der Festsetzung des Streitwerts nicht gesondert zu berücksichtigen.
12 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

Tenor

Das Verfahren wird ausgesetzt.

Es wird gemäß Art. 234 Abs.1 und 2 EG eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der europäischen Gemeinschaften zu folgender Frage eingeholt:

Richtet sich der Ausweisungsschutz des Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 zugunsten eines türkischen Staatsangehörigen, der eine Rechtsposition nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 zweiter Spiegelstrich ARB 1/80 besitzt und der seinen Aufenthalt in den letzten zehn Jahren in dem Mitgliedstaat gehabt hat, dem gegenüber diese Rechtsposition gilt, nach Art. 28 Abs. 3 lit. a der Richtlinie 2004/38 EG in ihrer Umsetzung durch den jeweiligen Mitgliedstaat, so dass eine Ausweisung nur aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit, die von den Mitgliedstaaten festgelegt wurden, zulässig ist?

Gründe

 
I.  
Der rechtliche Rahmen
Der Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG-Türkei über die Entwicklung der Assoziation (ANBA 1981, 2 - im Folgenden: ARB 1/80) bestimmt u.a.:
Art. 7
        
Die Familienangehörigen eines dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedsstaats angehörenden türkischen Arbeitnehmers, die die Genehmigung erhalten haben, zu ihm zu ziehen,
        
- haben vorbehaltlich des den Arbeitsnehmern aus dem Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einzuräumenden Vorrangs das Recht, sich auf jedes Stellenangebot zu bewerben, wenn sie dort seit mindestens drei Jahre ihren ordnungsgemäßen Wohnsitz haben;
        
- haben freien Zugang zu jeder von ihnen gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis, wenn sie dort seit mindestens fünf Jahren ihren ordnungsgemäßen Wohnsitz haben.
        
Die Kinder türkischer Arbeitnehmer, die im Aufnahmeland eine Berufsausbildung abgeschlossen haben, können sich unabhängig von der Dauer ihres Aufenthalts in dem betreffenden Mitgliedsstaat dort auf jedes Stellenangebot bewerben, sofern ein Elternteil in dem betreffenden Mitgliedstaat seit mindestens drei Jahren ordnungsgemäß beschäftigt war.
        
Art. 14
        
(1) Dieser Abschnitt gilt vorbehaltlich der Beschränkungen, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigt sind.
        
(2) Er berührt nicht die Rechte und Pflichten, die sich aus den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder zweitseitigen Abkommen zwischen der Türkei und den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft ergeben, soweit sie für ihre Staatsangehörigen keine günstigere Regelung vorsehen.
Die Richtlinie 2004/38 EG des Europäischen Parlaments und des Rates über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWB, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG vom 29. April 2004 (ABl. L 158 S. 77; ber. ABl. L 229 S. 35 - im Folgenden: RL 2004/38/EG) enthält folgende Regelung:
        
Art. 28 Schutz vor Ausweisung.
        
(1) Bevor der Aufnahmemitgliedstaat eine Ausweisung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit verfügt, berücksichtigt er insbesondere die Dauer des Aufenthalts des Betroffenen im Hoheitsgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Aufnahmemitgliedstaat und das Ausmaß seiner Bindungen zum Herkunftsstaat.
        
(2) Der Aufnahmemitgliedstaat darf gegen Unionsbürger oder ihre Familienangehörigen, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, die das Recht auf Daueraufenthalt in seinem Hoheitsgebiet genießen, eine Ausweisung nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit verfügen.
        
(3) Gegen Unionsbürger darf eine Ausweisung nicht verfügt werden, es sei denn, die Entscheidung beruht auf zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit, die von den Mitgliedstaaten festgelegt wurden, wenn sie
        
a) ihren Aufenthalt in den letzten zehn Jahren im  Aufnahmemitgliedstaat gehabt haben oder
        
b) minderjährig sind, es sei denn, die Ausweisung ist zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.
Das Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz - im Folgenden: AufenthG) vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 1950), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.8.2007 (BGBl. I S. 1970), enthält folgende Regelungen:
        
§ 53 Zwingende Ausweisung.
        
Ein Ausländer wird ausgewiesen, wenn er
        
1. wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist oder wegen vorsätzlicher Straftaten innerhalb von fünf Jahren zu mehreren Freiheits- oder Jugendstrafen von zusammen mindestens drei Jahren rechtskräftig verurteilt oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
        
2. wegen einer vorsätzlichen Straftat nach dem Betäubungsmittelgesetz, wegen Landfriedensbruches unter den in § 125 a Satz 2 des Strafgesetzbuches genannten Voraussetzungen oder wegen eines im Rahmen einer verbotenen öffentlichen Versammlung oder eines verbotenen Aufzugs begangenen Landfriedensbruches gemäß § 125 des Strafgesetzbuches rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren oder zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist oder
        
3. wegen Einschleusens von Ausländern gemäß § 96 oder § 97 rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist.
        
§ 55 Ermessensausweisung.
        
(1) Ein Ausländer kann ausgewiesen werden, wenn sein Aufenthalt des öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt.
        
(2) …
        
§ 56 Besonderer Ausweisungsschutz.
        
(1) ¹Ein Ausländer, der
        
1. eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
        
2. …
genießt besonderen Ausweisungsschutz. ²Er wird nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen. ³Schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung liegen in der Regel in den Fällen der §§ 53 und 54 Nr. 5, 5a und 7 vor. 4Liegen die Voraussetzungen des § 53 vor, so wird der Ausländer in der Regel ausgewiesen. 5Liegen die Voraussetzungen des § 54 vor, so wird über seine Ausweisung nach Ermessen entschieden.
        
(2) …
Das Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (Freizügigkeitsgesetz/EU - im Folgenden: FreizügG/EU) vom 30. Juli 2004 (BGBl. I, S. 1950, 1986), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.8.2007 (BGBl. I S. 1970) sieht u.a. vor:
        
§ 1 Anwendungsbereich
        
Dieses Gesetz regelt die Einreise und den Aufenthalt von Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Unionsbürger) und ihrer Familienangehörigen.
        
§ 6 Verlust des Rechts auf Einreise und Aufenthalt
        
(1) Der Verlust des Rechts nach § 2 Abs. 1 kann unbeschadet des § 5 Abs. 5 nur aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit (Artikel 39 Abs. 3, Artikel 46 Abs. 1 des Vertrages über die Europäische Gemeinschaft) festgestellt und die Bescheinigung über das gemeinschaftsrechtliche Aufenthaltsrecht oder über den Daueraufenthalt eingezogen und die Aufenthaltskarte oder Daueraufenthaltskarte widerrufen werden. …
        
(5) Eine Feststellung nach Absatz 1 darf bei Unionsbürgern und ihren Familienangehörigen, die ihren Aufenthalt in den letzten zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, und bei Minderjährigen nur aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit getroffen werden. Für Minderjährige gilt dies nicht, wenn der Verlust des Aufenthaltsrechts zum Wohl des Kindes notwendig ist. Zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit können nur vorliegen, wenn der Betroffene wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens fünf Jahren verurteilt oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet wurde, wenn die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland betroffen ist oder wenn vom Betroffenen eine terroristische Gefahr ausgeht.
        
(6) …
 
II.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen seine Ausweisung.
Der Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Er wurde am 18.12.1973 in der Bundesrepublik Deutschland geboren. Er wuchs bei seinen Eltern auf; sein Vater, ebenfalls ein türkischer Staatsangehöriger, hielt sich in der Bundesrepublik rechtmäßig als Arbeitnehmer auf. Einen Schulabschluss erzielte der Kläger nicht. Auch eine Lehre als Maler brach er ab. Er ging gelegentlichen Aushilfstätigkeiten nach, die immer wieder von Zeiten der Arbeitslosigkeit und durch Strafhaftverbüßung unterbrochen waren. Seit Juli 2000 geht er keiner Erwerbstätigkeit mehr nach.
Der Vater des Klägers ist im Jahr 1991 verstorben. Seine Mutter ist mittlerweile in einem Pflegeheim untergebracht. Der Kläger lebte zuletzt mit keinem Familienmitglied zusammen; seine Geschwister führen selbständige Haushalte. Ein älterer Bruder wurde im August 2002 aus dem Bundesgebiet ausgewiesen und abgeschoben.
Seit dem 28.1.1991 ist der Kläger im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, die seit dem 1.1.2005 als unbefristete Niederlassungserlaubnis fortgilt. Ein zwischenzeitlich gestellter Einbürgerungsantrag wurde wegen der von ihm begangenen Straftaten abgelehnt.
1991 begann der Kläger erstmals Marihuana zu rauchen. Ab 1998 konsumierte er regelmäßig Heroin und Kokain. Ein im Jahr 2001 durchlaufendes Methadonprogramm und eine im Jahr 2003 absolvierte stationäre Drogentherapie blieben erfolglos.
10 
Der Kläger wurde seit 1993 mehrfach straffällig und wie folgt verurteilt:
        
1. Am 15.4.1993 wegen Bandendiebstahls in 24 Fällen zu zwei Jahren und sechs Monaten Jugendstrafe;
        
2. am 17.10.1994 wegen gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung des Urteils unter 1. zu zwei Jahren und sieben Monaten Jugendstrafe;
        
3. am 9.1.1997 wegen vorsätzlichen Ausübens der tatsächlichen Gewalt über einen verbotenen Gegenstand zu einer Geldstrafe;
        
4. am 9.4.1998 wegen Diebstahls in drei Fällen zu zwei Jahren Gesamtfreiheitsstrafe;
        
5. am 7.3.2002 wegen Geldfälschung, Diebstahls im besonders schweren Fall in vier Fällen und versuchten Diebstahls im besonders schweren Fall zu zwei Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe;
        
6. am 28.7.2006 wegen Diebstahls im besonders schweren Fall in acht Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten.
11 
Zur Verbüßung der Freiheitsstrafen befand sich der Kläger von Januar 1993 bis Dezember 1994,  August 1997 bis Oktober 1998, Juli bis Oktober 2000, September 2001 bis Mai 2002 und seit November 2005 in Haft.
12 
Am 28.10.1996 wurde der Kläger wegen der von ihm zu diesem Zeitpunkt begangenen Straftaten von der Ausländerbehörde ausländerrechtlich verwarnt. Mit Bescheid vom 6.3.2007 verfügte das Regierungspräsidium Stuttgart die Ausweisung des Klägers und ordnete die sofortige Vollziehung an. Zwischenzeitlich ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung bis zu einer Entscheidung des EuGH in dem vorliegenden Verfahren ausgesetzt worden.
13 
Das Regierungspräsidium hat die Ausweisung wie folgt begründet: Der Kläger besitze eine Rechtsposition aus Art. 7 Satz 1 ARB 1/80, da er im Bundesgebiet geboren und als Kind eines türkischen Arbeitnehmers in der Vergangenheit über fünf Jahre ordnungsgemäß im Haushalt seines Vaters gelebt habe. Da diese Rechtsposition nicht erloschen sei, genieße er Ausweisungsschutz nach Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80. Danach könne eine Ausweisung nur erfolgen, wenn aufgrund seines persönlichen Verhaltens eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliege, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühre. Erforderlich sei das Vorliegen einer konkreten und hohen Wiederholungsgefahr weiterer schwerwiegender Straftaten. Diese Voraussetzungen lägen hier vor. Die häufigen und schwerwiegenden Straftaten im Bereich der Eigentumskriminalität stellten eine Störung der öffentlichen Ordnung dar, die auf der Persönlichkeit des Klägers beruhe. Eine konkrete Wiederholungsgefahr folge aus der Häufigkeit der Straftaten und der hohen Rückfallgeschwindigkeit. Die bisherigen Verurteilungen, die Hafterfahrung sowie die ausländerrechtlichen Verwarnungen hätten den Kläger nicht von weiteren Straftaten abgehalten. Die Straftaten des Klägers hätten sich außerdem durch eine hohe kriminelle Energie und eine professionelle Vorgehensweise ausgezeichnet. Zudem sei die Drogenproblematik des Klägers nicht gelöst. Der Kläger könne sich nicht auf den besonderen Ausweisungsschutz aus Art. 28 Abs. 3 lit. a RL 2004/38/EG berufen. Diese Vorschrift gelte nur für Unionsbürger, nicht dagegen für Familienangehörige von Unionsbürgern, die nicht selbst Unionsbürger, sondern Drittstaatsangehörige sind. Als Familienangehöriger eines türkischen Arbeitnehmers nach Art. 7 ARB 1/80 könne der Kläger nicht besser gestellt werden als Familienangehörige von Unionsbürgern. Da der Kläger eine Niederlassungserlaubnis besitze und sich seit mehr als fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, könne er nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden. Derartige Gründe lägen nach § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG in der Regel in den Fällen der §§ 53 und 54 Nr. 5, 5a und 7 AufenthG vor. Diese Voraussetzungen seien hier durch die Verurteilung vom 28.7.2006 gegeben. Anhaltspunkte für ein Abweichen von der gesetzlichen Regelvermutung des § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG seien nicht ersichtlich. Insbesondere lasse das abgeurteilte kriminelle Fehlverhalten eine hohe Verwerflichkeit und Missachtung der hiesigen Rechtsordnung erkennen. Unabhängig von der Regelvermutung des § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG erfolge die Ausweisung aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, weil der Ausweisungsanlass schwer wiege und eine konkrete Wiederholungsgefahr weiterer Straftaten bestehe.
14 
Über die Ausweisung sei daher nach Art. 14 ARB 1/80 und § 55 Abs. 1 AufenthG nach Ermessen zu entscheiden. Nach § 55 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG seien bei der Entscheidung über die Ausweisung die Dauer des rechtmäßigen Aufenthaltes und die schutzwürdigen persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen des Ausländers im Bundesgebiet zu berücksichtigen. Der Kläger sei im Bundesgebiet geboren worden und halte sich seitdem hier auf. Allerdings schütze auch eine lange Anwesenheit im Bundesgebiet nicht vor einer Ausweisung, wenn von dem straffällig gewordenen Ausländer eine hohe und konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehe. Der Kläger habe häufig und ausgesprochen schwerwiegend gegen die bestehende Rechtsordnung im Bundesgebiet verstoßen. Trotz seines über 30jährigen rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet habe das herausragende öffentliche Interesse an der Ausweisung als Maßnahme der polizeilichen Gefahrenabwehr nicht hinter dem privaten Interesse des Klägers, von der Ausweisung verschont zu bleiben, zurücktreten. Insbesondere gehe von dem Kläger auch zukünftig eine hohe Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung aus. Der Kläger habe es nicht geschafft, sich eine eigene tragfähige Existenzgrundlage aufzubauen. Seine finanzielle Lage sei desolat. Angesichts der zu erwartenden Schadensersatzforderungen von durch die Straftaten Geschädigten werde sie sich weiter drastisch verschärfen. Die Ausweisung zerstöre daher keine im Bundesgebiet aufgebaute sichere wirtschaftliche Lebensbasis. Dabei werde nicht übersehen, dass er nach erfolgter Abschiebung in die Türkei zunächst Schwierigkeiten haben werde, sich an die dortigen Lebensverhältnisse zu gewöhnen. Diese seien jedoch nicht unüberwindbar. Der Kläger sei 33 Jahre alt und könne damit ohne weiteres allein klarkommen. Auch sei davon auszugehen, dass er zumindest Grundkenntnisse der türkischen Sprache besitze. Es spreche einiges dafür, bei Ausländern der zweiten Generation regelmäßig anzunehmen, dass diese die Muttersprache erlernt hätten und zumindest in den Grundszügen beherrschten. Außerdem habe er seine Straftaten häufig gemeinsam mit anderen türkischen Staatsangehörigen begangen, so dass bereits deshalb der Bezug zu Landsleuten offenkundig sei. Zudem seien ausweislich der in der Akte befindlichen Schreiben des Klägers seine Kenntnisse der deutschen Sprache als eher bescheiden zu bezeichnen. Daher könne kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass er zumindest Grundkenntnisse der türkischen Sprache besitze. Der Kläger könne auch nicht wegen seines langjährigen Aufenthalts im Bundesgebiet als faktischer Inländer betrachtet werden. Er habe im Bundesgebiet noch nicht einmal eine abgeschlossene Schulausbildung, geschweige denn eine berufliche Qualifikation erlangt. Auch sein beharrliches strafrechtlich relevantes Verhalten spreche gegen eine Integration. Zu einer Integration gehöre auch die Beachtung der Rechtsordnung. Dieser handle der Kläger mit erschreckender Beharrlichkeit zuwider. Schutzwürdige persönliche Bindungen lägen nicht vor. Eine familiäre Gemeinschaft mit der Mutter des Klägers und seinen Geschwistern bestünde nicht mehr. Es sei nichts dafür ersichtlich und auch nicht vorgetragen worden, dass Familienangehörige des Klägers auf die persönliche Lebenshilfe durch ihn in unbedingter Weise angewiesen sein könnten. Dies gelte auch hinsichtlich der offenbar in einem Pflegeheim untergebrachten Mutter. Zudem habe der Kläger es bei der Begehung der Straftaten in Kauf genommen, zumindest während der Dauer seiner Inhaftierung von seinen Familienangehörigen getrennt zu sein. Der Kläger besitze ein freies Zugangsrecht zum deutschen Arbeitsmarkt und sei auch zeitweilig unselbständigen Erwerbstätigkeiten nachgegangen. Eine kontinuierliche Erwerbstätigkeit habe er zumindest seit dem Jahr 2000 nicht mehr ausgeübt. Trotz der schutzwürdigen Rechtsposition eines freien Zugangsrechts zum Arbeitsmarkt sei aber die Ausweisung nicht unverhältnismäßig. Dies gelte besonders wegen der dargelegten konkreten Wiederholungsgefahr weiterer Straftaten. Schutzwürdige sonstige Bindungen im Bundesgebiet seien weder ersichtlich noch vorgetragen worden. Dabei werde der normale Umstand, dass der Kläger Freunde und Bekannte habe, vorausgesetzt. Insgesamt stünden die mit der Ausweisung für den Kläger verbundenen Nachteile nicht außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg. Die Verhinderung weiterer schwerwiegender Straftaten durch den Kläger überwiege die Nachteile für den Kläger, die darin bestünden, aus dem Bundesgebiet ausreisen zu müssen und das Bundesgebiet nicht erneut betreten zu dürfen. Die Ausweisung sei geeignet, die von dem Kläger ausgehende erhebliche Gefahr wirksam zu beseitigen. Ein milderes Mittel als die Ausweisung sei nicht ersichtlich. Dem Kläger sei es zumutbar, in seinen Heimatstaat zurückzukehren. Daran ändere der Umstand nichts, dass in seinem Heimatstaat wirtschaftliche Probleme bestünden. Hiervon seien zahlreiche seiner Landsleute ebenfalls betroffen. Zudem existiere auch im Bundesgebiet eine hohe Arbeitslosigkeit. Auch die Drogenabhängigkeit des Klägers sei selbst bei einer unterstellten Therapiewilligkeit kein Grund,  von einer Ausweisung abzusehen. Er habe bereits eine stationäre Drogentherapie durchlaufen, die vollkommen erfolglos geblieben sei. Das Europäische Niederlassungsabkommen (ENA) vom 13.12.1955 stehe der Ausweisung nicht entgegen. Der Kläger besitze zwar den Ausweisungsschutz nach Art. 3 Nr. 3 des ENA. Dieser sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aber mit den vom Kläger erfüllten Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG identisch (Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 11.6.1996, Az.: 1 C 24.94, InfAuslR 1997, S. 8). Die Ausweisung verstoße auch nicht gegen das durch Art. 8 Abs. 1 der europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) geschützte Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens. Die Ausweisung stelle einen gesetzlich vorgesehenen Eingriff in dieses Recht dar, der in einer demokratischen Gesellschaft für die öffentliche Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen notwendig sei.
15 
Die gegen die Ausweisung erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 3.7.2007 - 6 K 2790/07 - abgewiesen. Zur Begründung hat es insbesondere folgendes ausgeführt: Die Ausweisungsverfügung sei formell und materiell rechtmäßig. Zutreffend sei das Regierungspräsidium davon ausgegangen, dass der Kläger aufgrund seiner Rechtstellung nach Art. 7 Abs. 1 ARB Nr. 1/80 den besonderen Ausweisungsschutz nach Art. 14 ARB 1/80 genieße und daher nur auf der Grundlage einer Ermessensentscheidung nach § 55 AufenthG aus spezialpräventiven Gründen ausgewiesen werden könne, wobei für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage die letzte mündliche Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts maßgebend sei (Bezugnahme auf EuGH, Urteile vom 29.4.2004, C-482/01 „Orfanopoulos“ u.a., Slg. 2004, I-5257). Im Fall des Klägers sei Art. 28 Abs. 3 der RL 2004/38/EG dagegen nicht zu berücksichtigen. Diese Regelung gelte zunächst nur für Unionsbürger. Sie könne aber auf türkische Staatsangehörige, die ein Aufenthaltsrecht nach ARB 1/80 besitzen, nicht angewendet werden. Mit der RL 2004/38/EG sei die Einschränkbarkeit der Freizügigkeit durch Ausweisungen auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene für Unionsbürger weiter ausgestaltet und konkretisiert worden. Würde man auch dies auf assoziationsberechtigte türkische Staatsbürger übertragen, käme der Bestimmung des Art. 14 ARB 1/80 die Wirkung einer dynamischen Verweisung zu. Mit dem Wortlaut des Art. 14 ARB 1/80 und der Intention der Vertragsparteien wäre eine so weitgehende Einschränkung der Rechte der Vertragsparteien aber kaum zu vereinbaren. Das Regierungspräsidium sei von einem zutreffenden Maßstab für die Ausweisung ausgegangen, indem es aus Art. 3 Abs. 3 ENA, § 56 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG und Art. 14 ARB 1/80 das Erfordernis abgeleitet habe, dass ein Ausweisungsanlass von besonderem Gewicht und konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen müssten, dass eine schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch neue Verfehlungen des Ausländers ernsthaft drohe und damit eine gewichtige Gefahr für ein wichtiges Schutzgut bestehe. Das Regierungspräsidium habe auch zutreffend bejaht, dass diese Voraussetzungen hier vorlägen. Der Kläger sei nicht nur einmal zu einer hohen Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten wegen Diebstahls in acht Fällen, jeweils gemeinschaftlich begangen, und in einem besonders schweren Fall, verurteilt worden, sondern habe eine Vielzahl von einschlägigen Vorstrafen vorzuweisen, größtenteils auch zu Zeiten, als er noch unter Bewährung gestanden habe. Nachdem der Kläger durch Automatenaufbrüche erhebliche Beute gemacht und - allein bei den zuletzt abgeurteilten Straftaten - einen Sachschaden von mehr als 100.000,-- EUR verursacht habe, sei auch die Einschätzung, dass die Straftaten besonders schwer wögen, kaum zu beanstanden. Zutreffend sei eine konkrete Wiederholungsgefahr mit der außerordentlich hohen Rückfallgeschwindigkeit begründet worden, nachdem sich der Kläger weder von Vorverurteilungen noch von Hafterfahrungen oder von ausländerrechtlichen Verwarnungen von weiteren einschlägigen Straftaten habe abhalten lassen. Dabei sei auch gesehen worden, dass die Straftaten zwar durch den jahrelangen Drogenkonsum und die Drogenabhängigkeit des Klägers beeinflusst gewesen seien, allerdings die durchgeführten Therapien nur kurzzeitig Erfolg gehabt hätten. Selbst nach Abschluss seiner Therapie im Juli 2003 mit günstiger Prognose habe der Kläger bereits kurze Zeit später erneut Drogen konsumiert und sei dann sogar zwei Jahre später erneut, in erheblichem Umfang und über einen längeren Zeitraum, straffällig geworden. Dass das Regierungspräsidium die vom Kläger bekundete Therapiewilligkeit nicht als Garant für eine dauerhafte Verhaltensänderung ansehe, sei nicht zu beanstanden. Die Ermessensentscheidung des Regierungspräsidiums sei fehlerfrei. Bedenken im Hinblick auf Art. 8 EMRK bestünden nicht.
16 
Mit seiner Berufung erstrebt der Kläger die Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts und die Aufhebung der Ausweisungsverfügung des beklagten Landes vom 6.3.2007. Er macht geltend, dass mit der RL 2004/38/EG die Einschränkbarkeit der Freizügigkeit durch Ausweisungen auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene für Unionsbürger weiter ausgestaltet und konkretisiert worden sei. Derartige Ausgestaltungen und Konkretisierungen der Freizügigkeitsgewährleistungen übertrage der EuGH in ständiger Rechtsprechung auf assoziationsberechtigte türkische Staatsangehörige. Daher habe sich sein Ausweisungsschutz an Art. 28 Abs. 3 lit. a RL 2004/38/EG zu orientieren. Die danach maßgebliche Voraussetzung, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit die Ausweisung rechtfertigen, sei in seinem Fall nicht erfüllt.
17 
Das beklagte Land ist der Berufung entgegengetreten. Seiner Auffassung nach ist Art. 28 Abs. 3 lit. a RL 2004/38/EG auf türkische Staatsangehörige, die ein Aufenthaltsrecht nach dem ARB 1/80 besitzen, auch nicht entsprechend anwendbar. Der hier maßgebliche Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 nenne gerade - anders als Art. 28 Abs. 3 lit. a RL 2004/38/EG - als Schranke nicht nur Gründe der öffentlichen Sicherheit, sondern auch solche der öffentlichen Ordnung und Gesundheit. Die Assoziationsregelungen bedeuteten gerade nicht eine völlige Gleichstellung assoziationsberechtigter türkischer Staatsangehöriger mit Staatsangehörigen der Mitgliedsstaaten der europäischen Gemeinschaft und Unionsbürgern, sondern dienten lediglich der schrittweisen Herstellung deren Freizügigkeit.
 
III.
Entscheidungsgründe
18 
Der Rechtsstreit ist auszusetzen und es ist eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der europäischen Gemeinschaften zur Auslegung des Art. 14 ARB 1/80 einzuholen (Art. 234 Abs. 1 EG). Die vorgelegte Frage zur Auslegung des Assoziationsratsbeschlusses ist entscheidungserheblich (1.) und bedarf einer Klärung durch den Gerichtshof (2.).
19 
1. Die vorgelegte Frage ist entscheidungserheblich, weil nach Auffassung des Senats die Ausweisung des Klägers rechtswidrig ist, wenn sich der Kläger aufgrund seiner Rechtsposition nach Art. 7 Satz 1 zweiter Spiegelstrich ARB 1/80 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 auf den Ausweisungsschutz des Art. 28 Abs. 3 lit. a RL 2004/38/EG berufen kann (a), während gegen die Rechtmäßigkeit der Ausweisung aus Sicht des Senats keine Bedenken bestehen, wenn sich der Ausweisungsschutz nur nach Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 in seiner bisherigen Auslegung durch den EuGH richtet (b).
20 
a) Bei einer entsprechenden Anwendung des Art. 28 RL 2004/38/EG im Rahmen der Auslegung des Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 ist die gegen den Kläger verfügte Ausweisung rechtswidrig.
21 
aa) Der Kläger besitzt als in Deutschland geborener Familienangehöriger eines in der Vergangenheit dem regulären deutschen Arbeitsmarkt angehörenden türkischen Arbeitnehmers (sein Vater) nach über fünfjährigem ordnungsgemäßen Wohnsitz in Deutschland eine Rechtsposition nach Art. 7 Abs. 1 zweiter Spiegelstrich ARB 1/80 (zu den Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 siehe Hailbronner, Ausländerrecht, D 5.2, Art. 7 ARB 1/80 Rn. 3, 7, 9). Hieraus folgt, dass seine Ausweisung aus Deutschland nur nach Maßgabe des Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 zulässig ist (EuGH, Urteil vom 11.11.2004, Rs. C-467/02 „Cetinkaya“, Slg. 2004, I-10895, Rn. 38).
22 
bb) Wenn von einer entsprechenden Anwendbarkeit des Art. 28 RL 2004/38/EG im Rahmen der Anwendung des Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 ausgegangen wird, ist der Kläger einem Unionsbürger gleichzustellen und nicht - wie im vorliegenden Verfahren von dem beklagten Land geltend gemacht - einem Familienangehörigen, der einem Drittstaat angehört. Art. 7 Abs. 1 ARB 1/80 und Art. 28 RL 2004/38/EG gelten sowohl für Familienangehörige mit derselben Staatsangehörigkeit wie der originär freizügigkeitsberechtigte Arbeitnehmer als auch für Familienangehörige mit Drittstaatsangehörigkeit (zu Art. 7 ARB 1/80 siehe insoweit Gutmann, in: Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz, ARB Nr. 1/80 Art. 7 Rn. 57). Soll Art. 28 RL 2004/38/EG für Familienangehörige nach Art. 7 ARB 1/80 entsprechend gelten, sind daher konsequenterweise die Vorschriften des Art. 28 RL 2004/38/EG für Familienangehörige mit Unionsbürgerschaft auf die Familienangehörigen nach Art. 7 ARB 1/80 mit türkischer Staatsangehörigkeit anzuwenden.
23 
cc) Richtet sich der Ausweisungsschutz des Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 inhaltlich nach der gemeinschaftsrechtlichen Regelung in Art. 28 RL 2004/38, kann daher der Kläger nur entsprechend den Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 3 lit. a RL 2004/38/EG ausgewiesen werden, da er wie ein Unionsbürger zu behandeln ist, der in den letzten zehn Jahren seinen Aufenthalt in Deutschland gehabt hat. Die Ausweisung darf also nur aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit, die von den Mitgliedstaaten festgelegt wurden, verfügt werden.
24 
dd) Die Ausweisung des Klägers beruht aber nicht auf zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit im Sinne des Art. 28 Abs. 3 RL 2004/38/EG.
25 
(1) Bei dem Begriff der öffentlichen Sicherheit in Art. 28 Abs. 3 RL 2004/38/EG handelt es sich um einen gemeinschaftsrechtlichen Rechtsbegriff, der nicht einseitig durch einen einzelnen Mitgliedstaat bestimmt werden kann (vgl. EuGH, Urteil vom 4.12.1974, 41/74 „van Duyn“, Slg. 1974, 1337, Rn. 19; Brechmann, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Auflage 2007, Art. 39 EG Rn. 93). Zwar besitzen die Mitgliedstaaten bei der Bestimmung des Schutzumfangs einen Beurteilungsspielraum, der in Art. 28 Abs. 3 RL 2004/38/EG auch ausdrücklich normiert worden ist; dieser Beurteilungsspielraum bezieht sich aber nur auf die nähere Konkretisierung einzelner Schutzgüter und rechtfertigt keine grundsätzliche Abweichung von dem gemeinschaftsrechtlichen Begriff (vgl. EuGH, Urteil vom 4.6.2002, C-483/99 „Kommission/Frankreich“, Slg. 2002, I-4781, Rn. 48).
26 
Nach der Rechtsprechung des EuGH schützt die öffentliche Sicherheit sowohl die innere als auch die äußere Sicherheit des Staates. Die innere Sicherheit umfasst den Bestand des Staates, seiner Einrichtungen und wichtiger öffentlicher Dienste sowie das Überleben der Bevölkerung. Zur äußeren Sicherheit gehören die auswärtigen Beziehungen, die Freiheit von militärischen Bedrohungen und das friedliche Zusammenleben der Völker (vgl. EuGH, Urteil vom 10.7.1984, 72/83 „Campus Oil“, Slg. 1984, 2727, Rn. 34; Urteil vom 4.10.1991, C-367/89 „Richardt und Les Accessoires Scientifiques“, Slg. 1991, I-4621, Rn. 22; Urteil vom 17.10.1995, C-70/94 „Werner“, Slg. 1995,    I-3189, Rn. 27; Urteil vom 17.10.1995, C-83/94 „Leifer“, Slg. 1995, I-3231; Urteil vom 26.10.1999, C-273/97 „Sirdar“, Slg. 1999, I-7403, Rn. 17, Urteil vom 11.3.2003, C-186/01 „Dory“, Slg. 2003, I-I-2479, Rn. 32; Streinz, EUV/EGV, Art. 39 EG Rn. 138). Unter die innere Sicherheit fallen „begrenzte außergewöhnliche Tatbestände“, die sich nicht für eine extensive Auslegung eignen (EuGH, Urteil vom 15.5.1986, 222/84 „Johnston“, Slg. 1986, 1651 Rn. 26; Urteil vom 16.9.1999, C-414/97 „Kommission/Spanien“, Slg. 1999, I-5585, Rn. 21). Der Begriff der öffentlichen Sicherheit ist damit enger als der Begriff der öffentlichen Ordnung, der auch die innerstaatliche (Straf-)Rechtsordnung umfasst (vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 4.5.2006 - 24 K 6197/04 -InfAuslR 2006, 356; Streinz, EUV/EGV, Art. 39 Rn. 134ff).
27 
Für das in dieser Weise verstandene Schutzgut der öffentlichen Sicherheit geht von dem Kläger keine Bedrohung aus. Der Kläger stellt zwar eine erhebliche Gefahr für hochrangige private Rechtsgüter, jedoch nicht für den Bestand des Staates und seiner Institutionen oder das Überleben der Bevölkerung dar.
28 
(2) Selbst wenn der Begriff der öffentlichen Sicherheit weiter verstanden und darunter auch der Schutz von Individualgütern vor einer strafbaren Beeinträchtigung gefasst wird, liegen hier jedenfalls keine „zwingenden Gründe“ der öffentlichen Sicherheit vor. Insoweit räumt Art. 28 Abs. 3 RL 2004/38/EG den Mitgliedstaaten die Befugnis ein, näher zu bestimmen, wann zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit vorliegen. Diese mitgliedstaatliche Konkretisierung ist bei einer entsprechenden Anwendung des Art. 28 Abs. 3 RL 2004/38/EG im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 ebenfalls heranzuziehen. In Deutschland gilt insoweit § 6 Abs. 5 Satz 3 FreizügG/EU. Danach können zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit nur vorliegen, wenn der Betroffene wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens fünf Jahren verurteilt oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet wurde, wenn die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland betroffen ist oder wenn vom Betroffenen eine terroristische Gefahr ausgeht. Diese Voraussetzungen sind hier schon deshalb nicht erfüllt, weil der Kläger nicht zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens fünf Jahren verurteilt worden ist. Zwar ist der Kläger zu mehreren Freiheitsstrafen von insgesamt mehr als fünf Jahren verurteilt worden; dies reicht nach dem klaren Gesetzeswortlaut jedoch nicht aus.
29 
b) Wenn sich die Anwendung des Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 nicht nach Art. 28 RL 2004/38/EG richtet, ist die Ausweisung des Kläger rechtmäßig.
30 
aa) Rechtsgrundlage für die Ausweisung sind die §§ 55 Abs. 1, 56 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4, 53 Nr. 1 AufenthG. Danach kann ein Ausländer, der (wie der Kläger) eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat, nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden. Unter anderem liegen solche schwerwiegenden Gründe in der Regel in den Fällen des § 53 Nr. 1 AufenthG vor, also wenn der Ausländer (wie der Kläger) wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Liegen die Voraussetzungen des § 53 AufenthG vor, wird der Ausländer in der Regel ausgewiesen.
31 
Der nationale Maßstab für die Zulässigkeit einer Ausweisung wird jedoch durch den vorrangig geltenden assoziationsrechtlichen Ausweisungsschutz nach Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 verschärft. Aus Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 folgt nach der bisherigen Rechtsprechung des EuGH, dass eine Ausweisung nur zulässig ist, wenn außer der Störung der öffentlichen Ordnung, die jede Gesetzesverletzung darstellt, eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (EuGH, Urteil vom 10.2.2000, C-340/97 „Nazli“, Slg. 2000, I-957, Rn. 57). Die Ausweisung darf nicht aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung automatisch verfügt werden, ohne dass das persönliche Verhalten des Täters oder die von ihm ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung berücksichtigt wird. Das persönliche Verhalten des Betroffenen muss daher auf die konkrete Gefahr von weiteren schweren Störungen der öffentlichen Ordnung hindeuten (EuGH, a.a.O., Rn. 59 ff). Dies bedeutet nach Auffassung der deutschen Rechtsprechung, dass eine Ausweisung nicht regelhaft, sondern nur auf Grundlage einer umfassenden Ermessensausübung erfolgen darf (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, Art. 14 ARB 1/80, Rn. 19 m.w.N.). Im Rahmen der Ermessensausübung muss auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit berücksichtigt werden (vgl. EuGH, Urteil vom 26.11.2002, Rs. C-100/01 „Olazabal“, Slg. 2002, I-10981). Schließlich muss die Ausweisung in Übereinstimmung mit den Grundrechten der Gemeinschaftsrechtsordnung stehen; insoweit ergibt sich das maßgebliche Schutzniveau aus dem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK in der Auslegung durch den EGMR. Danach müssen bei der Prüfung, ob eine Ausweisung verhältnismäßig ist, insbesondere folgende Gesichtspunkte berücksichtigt werden: Die Art und Schwere der begangenen Straftat, die Dauer des Aufenthalts in dem Land, aus dem die Ausweisung erfolgen soll, die seit der Tatzeit verstrichene Zeitspanne und das Verhalten in dieser Zeit, die familiäre Situation des Betroffenen, die Intensität der sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Gastland oder zum Bestimmungsland (EGMR, Urteil vom 18.10.2006, Nr. 46410/99 „Üner“, NVwZ 2007, 1279; vgl. hierzu auch BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des 2. Senats vom 10.5.2007 - 2 BvR 304/07 -, InfAuslR 2007, 275).
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bb) Unter Berücksichtigung dieses Maßstabs ist die Ausweisung des Klägers rechtmäßig, insbesondere ermessensfehlerfrei und unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, verfügt worden.
33 
Der Kläger ist seit 1993 kontinuierlich und schwerwiegend straffällig geworden. Die Straftaten, überwiegend Vermögensdelikte, waren mit erheblichen Schäden verbunden und in ihnen ist eine hohe kriminelle Energie zum Ausdruck gekommen. Da die persönliche Situation des Klägers sich seit der letzten Verurteilung nicht verändert hat, er insbesondere weiterhin mit finanziellen Schwierigkeiten rechnen muss, und die bisherigen, zahlreichen Strafen ihm gegenüber keine abschreckende Wirkung erzielt haben, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, dass er nach seiner Entlassung aus der Strafhaft sehr bald wieder vergleichbare Straftaten begehen wird. Diesem erheblichen öffentlichen Interesse an einer spezialpräventiven Ausweisung steht vor allem entgegen, dass der Kläger sich seit seiner Geburt in Deutschland rechtmäßig aufhält und daher hier über vielfältige persönliche, familiäre und kulturelle Bindungen verfügt. Dieses Gewicht der privaten Belange ist im Fall des Klägers jedoch niedriger als bei anderen Ausländern der zweiten Generation anzusetzen: Die familiären Bindungen des Klägers im Bundesgebiet sind nicht besonders intensiv, da der Kläger weder verheiratet ist oder Kinder hat, noch mit sonstigen Familienangehörigen eine enge Gemeinschaft besteht. Eine wirtschaftliche Integration ist nicht erfolgt; vielmehr hat der Kläger keinen Schulabschluss erreicht und keine Berufsausbildung absolviert, so dass er bislang auch überwiegend nicht erwerbstätig war. Es ist auch nicht zu befürchten, dass der Kläger wegen seiner geringeren Bindungen zu seinem Herkunftsland dort auf ernsthafte Schwierigkeiten stoßen wird. Der plausiblen Einschätzung des Regierungspräsidiums und des Verwaltungsgerichts, dass der Kläger Türkisch spricht und vielfältige Verbindungen zur türkischen Gesellschaft und Kultur hat, ist der Kläger im Klageverfahren nicht entgegen getreten. Zudem lebt auch der Bruder des Klägers in der Türkei. Der 34 Jahre alte Kläger hat auch noch kein Alter erreicht, in dem der Aufbau einer neuen Existenz in seinem Herkunftsland unzumutbar wäre. Diese  Umstände hat das Regierungspräsidium in seiner Ermessensentscheidung berücksichtigt und ist dabei zu der nicht zu beanstandenden Entscheidung gekommen, dass die Ausweisung des Klägers verhältnismäßig ist.
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2. Die Frage, ob Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 unter Berücksichtigung des Ausweisungsschutzes nach Art. 28 RL 2004/38/EWG auszulegen ist, bedarf einer Entscheidung des EuGH. Der EuGH hat sich hierzu bislang nicht geäußert. Zwar wurde ihm eine entsprechende Frage vom VG Darmstadt vorgelegt; jedoch hielt der Gerichtshof sie nicht für entscheidungserheblich (EuGH, Urteil vom 4.10.2007, Rs. C-349/06, „Polat“, NVwZ 2008, 59, Rn. 23 ff).
35 
a) Der EuGH legt in ständiger Rechtsprechung die Beschränkungen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 entsprechend den im Rahmen der Art. 48 bis 50 EG für die gemeinschaftsrechtliche Freizügigkeit geltenden Grundsätze aus (vgl. EuGH, „Nazli“, a.a.O., m.w.N.). So hat der EuGH sogar die verfahrensrechtlichen Schutzvorschriften der inzwischen außer Kraft getretenen RL 64/221 auf Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 übertragen (EuGH, Urteil vom 2.6.2005, C-136/03, „Dörr“, NVwZ 2006, 72). Dies spricht zunächst dafür, auf Grundlage eines dynamischen Verständnisses des Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 auch die Ausweisungsschutzregelungen in Art. 28 RL 2004/38/EG im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 entsprechend anzuwenden (so OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 5.12.2006 - 7 A 10924/06 -, InfAuslR 2007, 148; Hessischer VGH, Urteil vom 25.6.2007 - 11 UE 52/07 -, juris; Beschluss vom 4.12.2006 - 12 TG 2190/06 -, InfAuslR 2007, 98; VG Karlsruhe, Urteil vom 9.11.2006 - 2 K 1559/06 -, juris; Gutmann, a.a.O. Art. 14 ARB 1/80 Rn. 27.1 ff).
36 
b) Die Heranziehung gemeinschaftsrechtlicher Regelungen zur Auslegung der assoziationsrechtlichen Bestimmung des Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 beruht jedoch darauf, dass nach Auffassung des EuGH die fraglichen Vorschriften des ARB 1/80 eine weitere Stufe bei der Herstellung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer im Geiste der Art. 48 bis 50 EG bilden (EuGH, „Nazli“, a.a.O., Rn. 54). Übertragbar sind daher nur Regelungen mit einem spezifischen Bezug zur Arbeitnehmerfreizügigkeit. Art. 28 RL 2004/38/EG weist einen solchen Bezug aber nicht mehr auf. Das Regelungskonzept der RL 2004/38/EG besteht gerade darin, die „bereichsspezifischen und fragmentarischen Ansätze des Freizügigkeits- und Aufenthaltsrechts zu überwinden“ (RL 2004/38/EG, Erwägungsgrund Nr. 4); als Anknüpfungspunkt für Freizügigkeitsrechte wird daher nicht auf die Ausübung einzelner Grundfreiheiten abgestellt, sondern auf die Unionsbürgerschaft, die „der grundsätzliche Status der Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten sein [sollte], wenn sie ihr Recht auf Freizügigkeit und Aufenthalt wahrnehmen“ (RL 2004/38/EG, Erwägungsgrund Nr. 3). Auch die abgestufte Ausweisungsschutzregelung des Art. 28 RL 2004/38/EG weist daher keinen spezifischen Bezug zur Arbeitnehmerfreizügigkeit auf, sondern gilt für alle Unionsbürger und ihre Familienangehörigen, die ein Recht auf Daueraufenthalt besitzen oder ihren Aufenthalt in den letzten zehn Jahren im Aufnahmemitgliedstaat gehabt haben. Das Recht auf Daueraufenthalt in Kapitel IV der Richtlinie knüpft explizit nicht an ein durch Grundfreiheiten vermitteltes Aufenthaltsrecht an, wozu Kapitel III der Richtlinie besondere Vorschriften enthält, sondern ausschließlich an die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts (Art. 16 Abs. 1 Satz 2 RL 2004/38/EG).
37 
Die RL 2004/38/EG unterscheidet sich daher qualitativ von früheren gemeinschaftsrechtlichen Kodifikationen: Im Vordergrund steht nicht mehr die fortschreitende Ausgestaltung der Grundfreiheiten, sondern die Stärkung der  Unionsbürgerschaft. So nennt auch der siebte Erwägungsgrund als Ziel des Rechts auf Daueraufenthalt, dass dieser das „Gefühl der Unionsbürgerschaft verstärken und entscheidend zum sozialen Zusammenhalt - einem grundlegenden Ziel der Union - beitragen“ soll. Auch der Zweck des Ausweisungsschutzes nach Art. 28 RL 2008/38/EG wird in den Erwägungsgründen ausschließlich aus Sicht der Unionsbürgerschaft definiert: „Daher sollte der Schutz vor Ausweisung in dem Maße zunehmen, wie die Unionsbürger und ihre Familienangehörigen in den Aufnahmemitgliedstaat stärker integriert sind. Gegen Unionsbürger, die sich viele Jahre im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats aufgehalten haben, insbesondere in Fällen, in denen sie dort geboren sind und dort ihr ganzes Leben lang ihren Aufenthalt gehabt haben, sollte nur unter außergewöhnlichen Umständen aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit eine Ausweisung verfügt werden.“ (Erwägungsgrund Nr. 24)
38 
Handelt es sich bei Art. 28 RL 2004/38/EG daher nicht mehr um eine Regelung der Arbeitnehmerfreizügigkeit, sondern um eine Ausgestaltung der Unionsbürgerschaft, kommt eine Übertragung auf die Anwendung des Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 nicht in Betracht (so im Ergebnis auch Bayerischer VGH, Urteil vom 20.3.2008 - 10 BV 07.1856 -, juris; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 5.10.2005 - 11 ME 247/05 -, InfAuslR 2005, 453; vom 6.6.2005 - 11 ME 39/05 -, NVwZ-RR 2005, 654, OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15.5.2007 - 18 B 2389/06 -, NVwZ 2007, 1445; VG Düsseldorf, Beschluss vom 10.2.2006 - 24 L 2122/05 -, InfAuslR 2006, 263; Hailbronner, a.a.O. Art. 14 ARB 1/80 Rn. 12 ff).
39 
Dass der Ausweisungsschutz des Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 somit von dem durch Art. 28 Abs. 3 RL 2004/38/EG gewährten Schutz abweicht (zu dem nach der früheren Rechtslage gebotenen Gleichlauf siehe die Schlussanträge des Generalanwalts Poiares Maduro vom 21.10.2004, Rs. C-136/03 „Dörr“, Slg. 2005, I-4759, Rn. 59), ist daher eine Konsequenz des höheren Integrationsgrads, den die Europäische Union durch die Einführung der Unionsbürgerschaft und das Inkrafttreten der RL 2004/38/EG erreicht hat. „Der Bürgerstatus symbolisiert den Charakter einer Gemeinschaft als Solidargemeinschaft und politische Schicksalsgemeinschaft“ (Kluth, in: Calliess/Ruffert, a.a.O. Art. 17 EGV Rn. 3). Die Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Türkei besitzt diesen Charakter nicht (vgl. die beschränkten Ziele in Art. 2 des Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei (Amtsblatt Nr. 217 vom 29/12/1964 S. 3687). Das Assoziationsrecht kennt keine „Assoziationsbürgerschaft“.

Tenor

Das Verfahren wird ausgesetzt.

Dem Europäischen Gerichtshof werden gem. Art. 234 Abs. 1 lit. a) EG folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist der in Art. 28 Abs. 3 RL 2004/38/EG vom 29.04.2004 verwendete Begriff der „zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit“ dahingehend auszulegen, dass nur unabweisbare Gefährdungen der äußeren oder inneren Sicherheit des Mitgliedstaats eine Ausweisung rechtfertigen können und hierzu nur zählen die Existenz des Staates mit seinen wesentlichen Einrichtungen, deren Funktionsfähigkeit, das Überleben der Bevölkerung sowie die auswärtigen Beziehungen und das friedliche Zusammenleben der Völker?

2. Unter welchen Voraussetzungen geht der nach einem zehnjährigen Aufenthalt im Aufnahmemitgliedstaat erreichte erhöhte Ausweisungsschutz nach Art. 28 Abs. 3 lit. a RL 2004/38/EG wieder verloren? Ist in diesem Zusammenhang der Verlusttatbestand für das Daueraufenthaltsrecht nach Art. 16 Abs. 4 RL 2004/38/EG entsprechend anzuwenden?

3. Für den Fall, dass die Frage Ziffer 2 und eine entsprechende Anwendbarkeit des Art. 16 Abs. 4 RL bejaht werden: Geht der erhöhte Ausweisungsschutz allein durch den Zeitlablauf verloren, unabhängig von den maßgeblichen Gründen für die Abwesenheit?

4. Ebenfalls für den Fall, dass die Frage Ziffer 2 und eine entsprechende Anwendbarkeit des Art. 16 Abs. 4 RL bejaht werden: Ist eine zwangsweise Rückkehr in den Aufnahmemitgliedstaat im Rahmen einer Strafverfolgungsmaßnahme vor Ablauf des Zweijahreszeitraums geeignet, den erhöhten Ausweisungsschutz zu erhalten, auch wenn im Anschluss an die Rückkehr zunächst für längere Zeit von den Grundfreiheiten kein Gebrauch gemacht werden kann?

Gründe

 
I.
Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung des Verlusts des Rechts auf Einreise und Aufenthalt im Bundesgebiet sowie gegen die ihm angedrohte Abschiebung.
Der am … 1978 im Bundesgebiet geborene Kläger ist griechischer Staatsangehöriger und seit Oktober 2001 im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis/EG. Im Jahr 1996 machte er seinen Hauptschulabschluss; eine Berufsausbildung schloss er jedoch nicht ab. Von März 2004 bis Mitte Oktober 2004 betrieb er auf Rhodos einen Crêpe-Stand. Er kehrte sodann in die Bundesrepublik Deutschland zurück und arbeitete ab Dezember 2004 in einem Fitnessstudio. Mitte Oktober 2005 kehrte er nach Rhodos zurück und betrieb seinen Crêpe-Stand weiter. Am 22.11.2005 erließ das Amtsgericht Stuttgart einen internationalen Haftbefehl gegen ihn. Am 19.11.2006 wurde er in Rhodos festgenommen und am 19.03.2007 nach Deutschland überführt. Seitdem befindet er sich in Haft.
Der Kläger ist wie folgt vorbestraft:
1. Durch Strafbefehl des Amtsgerichts Stuttgart-Bad Cannstatt vom 14.10.1998 wegen Besitzes eines verbotenen Gegenstandes: Geldstrafe in Höhe von 20 Tagessätzen.
2. Durch Strafbefehl des Amtsgerichts Stuttgart-Bad Cannstatt vom 15.06.1999 wegen gefährlicher Körperverletzung: Geldstrafe in Höhe 100 Tagessätzen.
3. Durch Strafbefehl des Amtsgerichts Stuttgart-Bad Cannstatt vom 08.02.2000 wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung: Geldstrafe von 50 Tagessätzen.
4. Durch Strafbefehl des Amtsgerichts Stuttgart vom 05.09.2002 wegen Nötigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung: Geldstrafe in Höhe von 40 Tagessätzen.
5. Durch Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 28.08.2007 wegen unerlaubten bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in acht Fällen: Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Jahren und 6 Monaten.
Mit Bescheid vom 19.08.2008 stellte das Regierungspräsidium Stuttgart nach Anhörung des Klägers den Verlust des Rechts auf Einreise und Aufenthalt im Bundesgebiet fest und drohte die Abschiebung nach Griechenland ohne Setzung einer Frist zur freiwilligen Ausreise an.
10 
Zur Begründung führte das Regierungspräsidium aus: Mit dem Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 28.08.2007 werde das Mindeststrafmaß von 5 Jahren Freiheitsstrafe überschritten, so dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit im Sinne von Art. 28 Abs. 3 lit. a RL 2004/38/EG bzw. § 6 Abs. 5 FreizügG/EU vorlägen. Das persönliche Verhalten des Klägers gefährde aktuell die öffentliche Ordnung. Die von ihm begangenen Betäubungsmittelstraftaten seien ausgesprochen schwerwiegend. Es bestehe eine konkrete Wiederholungsgefahr. Der Kläger sei offensichtlich allein aus finanziellen Gründen bereit gewesen, sich am illegalen Handel mit Rauschgift aktiv zu beteiligen. Die mit dem Handeltreiben von Betäubungsmitteln verbundenen Probleme für rauschgiftabhängige Personen und für die Gesellschaft seien ihm vollkommen gleichgültig gewesen. Es bestehe ein Grundinteresse der Gesellschaft daran, dass die besonders sozial schädliche Rauschgiftkriminalität mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln wirksam bekämpft werde. Der Kläger sei entweder nicht willens oder nicht in der Lage gewesen, sich an die bestehende Rechtsordnung zu halten. Er habe mit einer ausgesprochen hohen kriminellen Energie Straftaten begangen. Ein eventuell beanstandungsfreies Verhalten im Strafvollzug lasse keinen Rückschluss auf eine fehlende Wiederholungsgefahr zu. Nachdem somit die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 FreizügG/EU erfüllt seien, stehe die Entscheidung im Ermessen der Behörde. Sein privates Interesse, von der Feststellung des Verlustes des Rechts auf Einreise und Aufenthalt wegen der Dauer seines langen rechtmäßigen Aufenthaltes verschont zu bleiben, überwiege nicht das herausragende öffentliche Interesse an der wirksamen Bekämpfung der Betäubungsmittelkriminalität. Die Wahrscheinlichkeit, dass er erneut ähnlich gelagerte Straftaten begehe, sei ausgesprochen hoch. Da er sich in den letzten Jahren mehrere Monate in seinem Heimatland aufgehalten habe, sei nicht zu erwarten, dass er nach der Abschiebung in seinem Heimatland Schwierigkeiten haben werde, sich an die dortigen Lebensverhältnisse zu gewöhnen. Eventuelle persönliche Bindungen im Bundesgebiet hätten ihn nicht davon abgehalten, Straftaten zu begehen. Die Wiederholungsgefahr rechtfertige auch den Eingriff in das freie Zugangsrecht des Klägers als EG-Angehöriger zum deutschen Arbeitsmarkt. Die angeordnete Maßnahme sei geeignet, die vom Kläger ausgehende Gefahr zu beseitigen. Ein milderes Mittel sei nicht ersichtlich. Durch die angeordnete Maßnahme werde eine bereits aufgebaute wirtschaftliche Existenzgrundlage nicht zerstört. Auch unter Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten seien gleichwertige Maßnahmen nicht erkennbar. Der besondere Ausweisungsschutz aus § 56 Abs. 1 AufenthG sei nicht höher einzustufen als der des § 6 FreizügG/EU. Der Eingriff in das Privat- und Familienleben des Klägers sei im Hinblick auf die von ihm verübten schwerwiegenden Straftaten im überwiegenden Interesse der Verteidigung der öffentlichen Ordnung und der Verhinderung von weiteren strafbaren Handlungen im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK gerechtfertigt, ohne dass gleichwertige private, familiäre Belange ersichtlich wären, die ein Absehen von der Feststellung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit gebieten würden.
11 
Am 17.09.2008 hat der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht erhoben und zur Begründung vorgetragen, seine Familie lebe zum großen Teil in Deutschland. Das Landgericht Stuttgart habe in seinem Urteil vom 28.08.2007 festgestellt, dass er nur untergeordnetes Bandenmitglied und auf Grund seiner familiären Verpflichtung in die Straftat involviert gewesen sei. Da er in Deutschland aufgewachsen sei und seine schulische Ausbildung in Deutschland genossen habe, sei eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Sinne von § 6 Abs. 1 FreizügG/EU nicht ersichtlich. Auch habe er eine intensive Bindung zu seinem in Deutschland lebenden Vater, der ihn regelmäßig in der JVA H. besuche. Die Tatsache, dass er sich freiwillig der Polizei gestellt habe, zeige, dass er mit den ihm vorgeworfenen Straftaten abgeschlossen habe. Im Rahmen einer Zukunftsprognose sei deshalb davon auszugehen, dass er nach Verbüßung der Strafhaft keine Gefahr für die öffentliche Ordnung mehr darstelle. Die Feststellung des Verlusts des Rechts auf Einreise und Aufenthalt im Bundesgebiet sei somit unverhältnismäßig. In der mündlichen Verhandlung hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers ergänzend vorgetragen, die Mutter des Klägers halte sich gegenwärtig bei deren Tochter in Australien auf. Ein Bruder befinde sich in Haft, ein weiterer Bruder sei noch auf der Flucht. Ab Frühjahr 2009 werde sich die Mutter endgültig wieder bei ihrem Ehemann in Deutschland aufhalten.
12 
Der Beklagte ist der Klage aus den Gründen des angegriffenen Bescheids entgegen getreten.
13 
Durch Urteil vom 24.11.2008 hat das Verwaltungsgericht den Bescheid des Regierungspräsidiums vom 19.08.2008 aufgehoben und zur Begründung u.a. ausgeführt: Der Verlust des Rechts auf Einreise und Aufenthalt könne bei Unionsbürgern wie dem Kläger nur aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit festgestellt werden, wobei die Tatsache einer strafrechtlichen Verurteilung für sich allein nicht genüge, um eine derartige Entscheidung zu begründen. Es müsse ferner eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliegen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühre (§ 6 Abs. 2 FreizügG/EU). In Umsetzung von Art. 28 Abs. 3 RL 2004/38/EG vom 29.04.2004 dürfe eine Verlustfeststellung nach § 6 Abs. 1 FreizügG/EU bei mehr als zehnjährigem Aufenthalt im Bundesgebiet nur aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit getroffen werden (§ 6 Abs. 5 Satz 1 FreizügG/EU). Zu Gunsten des Klägers greife § 6 Abs. 5 FreizügG/EU ein, da er sich seit seiner Geburt und damit weit mehr als die letzten zehn Jahre im Bundesgebiet aufgehalten und er das Daueraufenthaltsrecht aufgrund seiner Aufenthalte auf Rhodos auch nicht verloren habe (§ 4a Abs. 7 FreizügG/EU). Zwar habe er sich von März 2004 bis Mitte Oktober 2004 sowie von Mitte Oktober 2005 bis März 2007 in Griechenland aufgehalten. § 6 Abs. 5 S. 1 FreizügG/EU fordere jedoch keinen ununterbrochenen Aufenthalt in den letzten zehn Jahren im Bundesgebiet. Da er im Bundesgebiet geboren sei und mit Ausnahme der genannten Aufenthaltszeiten in Griechenland sein gesamtes Leben im Bundesgebiet zugebracht habe, bestehe für das Gericht kein Zweifel daran, dass er sich auf § 6 Abs. 5 FreizügG/EU berufen könne. Entgegen der Auffassung des Regierungspräsidiums Stuttgart lägen jedoch die von § 6 Abs. 5 S. 3 FreizügG/EU geforderten zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit nicht vor. Der gemeinschaftsrechtliche Rechtsbegriff der öffentlichen Sicherheit umfasse nur die innere und die äußere Sicherheit eines Mitgliedstaates und sei damit enger als der Begriff der öffentlichen Ordnung, der auch die innerstaatliche Strafrechtsordnung umfasse. Es sei deshalb verfehlt, aus dem Überschreiten des in § 6 Abs. 5 S. 3 FreizügG/EU genannten Mindeststrafmaßes stets auf das Vorliegen von zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit zu schließen, wie dies im angefochtenen Bescheid geschehen sei. In Anwendung dieser Grundsätze gehe für das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit vom Kläger keine Bedrohung aus. Der Kläger stelle möglicherweise eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung, jedoch keineswegs für den Bestand des Staates und seiner Institutionen oder das Überleben der Bevölkerung dar. Derartiges werde vom Beklagten auch nicht geltend gemacht.
14 
Gegen das am 07.01.2009 zugestellte Urteil hat der Beklagte rechtzeitig die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt und zugleich mit einer kurzen Begründung die Aussetzung des Verfahrens im Hinblick auf das Vorabentscheidungsersuchen des Senats vom 22.07.2008 beantragt.
15 
Der Kläger verteidigt das Urteil des Verwaltungsgerichts.
II.
16 
Der Senat setzt das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 94 VwGO aus, um gem. Art. 234 Abs. 1 lit. a) EG ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof zu richten.
17 
Vorab weist der Senat darauf hin, dass die vom Beklagten vorgelegte Berufungsbegründung vom 26.01.2009 gerade noch dem Formerfordernis des § 124 Abs. 3 Satz 4 VwGO genügt. Zwar befasst sich der Schriftsatz in erster Linie mit der Frage einer Aussetzung des Berufungsverfahrens in entsprechender Anwendung des § 94 VwGO im Hinblick auf das Vorabentscheidungsersuchen des Senats vom 22.07.2008 (13 S 1917/07), ohne einen förmlichen Berufungsantrag zu stellen; vielmehr hat der Beklagte ausdrücklich nur eine Aussetzung des Verfahrens beantragt. Ausnahmsweise ist aber ein förmlicher Berufungsantrag entbehrlich, wenn bei einer klaren prozessualen Ausgangs- und Interessenlage keinerlei Zweifel bestehen kann, welches Ziel der Rechtsmittelführer verfolgt (vgl. Bader u.a., VwGO, 4. Aufl., § 124a Rdn. 36 m.w.N.). Dieses ist hier aber der Fall. Auch die Begründung ist noch ausreichend, weil der Beklagte unzweideutig auf sein abweichendes, seinem Bescheid zugrunde liegendes Verständnis des Begriffs der zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit verweist.
18 
Die vom Senat dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung unterbreiteten Fragen sind für den Ausgang des Rechtsstreits erheblich. Wäre der Begriff der zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit nicht in dem vom Senat für richtig gehaltenen engen Sinne zu verstehen, müsste die Klage abgewiesen werden. Das Gleiche wäre dann der Fall, wenn der erhöhte Ausweisungsschutz nicht nur unter den engen Voraussetzungen des Art. 16 Abs. 4 RL 2004/38/EG verloren ginge, sondern vielmehr bereits bei Vorliegen der hier die Kontinuität des Aufenthalts im Sinne des Art. 16 Abs. 3 RL 2004/38/EG unterbrechenden Aufenthaltszeiten außerhalb des Aufnahmemitgliedstaates von Oktober 2005 bis März 2007.
19 
Zur Klarstellung weist der Senat im Hinblick auf das Vorbringen des Beklagten darauf hin, dass dem Vorabentscheidungsersuchen des Senats vom 22.07.2008 zwar die Problematik der im vorliegenden Verfahren zur Beantwortung gestellte Frage Ziffer 1 ebenfalls zugrunde liegt, dort aber nicht zur Vorabentscheidung unterbreitet worden war.
20 
1. Zur ersten Vorlagefrage:
21 
Nach § 6 Abs. 5 Satz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU - FreizügG/EU - i.d.F. v. 19.09.2007 können zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit, die nach einem zehnjährigen Aufenthalt eine Ausweisung rechtfertigen, nur dann vorliegen, wenn der oder die Betroffene wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens fünf Jahren verurteilt wurde und wenn die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland betroffen ist oder von dem oder der Betroffenen eine terroristische Gefahr ausgeht.
22 
Der Beklagte versteht den Begriff der öffentlichen Sicherheit entgegen der im angegriffenen Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vertretenen Auffassung in einem weiteren Sinne. Nach seiner Sichtweise werden hiervon auch schwere kriminelle Taten, wie Betäubungsmitteldelikte erfasst, die sich aber vornehmlich gegen individuelle Rechtsgüter richten. Der Beklagte geht somit von einem Begriffsverständnis aus, dass die öffentliche Sicherheit die gesamte Rechtsordnung, insbesondere die Strafrechtsordnung umfasst.
23 
Diese Auffassung teilt der Senat nicht. Vielmehr entnimmt er der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Auslegung des primärrechtlichen Begriffs der „öffentlichen Sicherheit“, dass hierunter nur die innere und äußere Sicherheit in dem in der Vorlagefrage Ziffer 1 beschriebenen engen Sinne zu verstehen ist (vgl. insbesondere U.v. 10.07.1984 - Rs. 72/83 - Campus Oil - Slg. 1984, 2727; U.v. 04.10.1991 - C-367/89 - Richardt und Les Accessoires Scientifique - Slg. I-4621; U.v. 26.10.1999 - C-273/97 - Sirdar - Slg. I-7403; U.v. 11.03.2003 - C-186/01 - Dory - Slg. I-2479). Dieses wird nach Auffassung des Senats auch in besonderem Maße deutlich zum Ausdruck gebracht im Urteil des Gerichtshofs v. 29.04.2004 (C-482/01 und C-4937/01 - Orfanopoulos und Olivieri - Slg. I-5257), in dem die schwere Kriminalität, namentlich auch aus dem Bereich der Drogendelikte ausschließlich und durchgängig unter dem Aspekt der „öffentlichen Ordnung“ erörtert wird. Die Betroffenheit bzw. Gefährdung eines „Grundinteresses der Gesellschaft“ im Sinne der ständigen Spruchpraxis der Europäischen Gerichtshofs (vgl. U.v. 29.04.2004 C-482/01 und C-4937/01 – a.a.O.) ist damit lediglich eine notwendige Bedingung für die Bejahung eines zwingenden Grundes der öffentlichen Sicherheit.
24 
Es sind für den Senat keine durchgreifenden Einwände ersichtlich, weshalb dieses Begriffsverständnis nicht auf die sekundärrechtliche Bestimmung des Art. 28 Abs. 3 RL 2004/38/EG zu übertragen sein sollte. Dann aber kann die nationale Bestimmung des § 6 Abs. 5 Satz 3 FreizügG/EU, die zwingende Gründe dann als gegeben ansieht, wenn neben einer strafgerichtlichen Verurteilung „die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland betroffen ist“ nicht abweichend ausgelegt und angewandt werden. Darüber hinaus wäre die Verurteilung zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens 5 Jahren, weder eine notwendige noch eine hinreichende gemeinschaftsrechtliche Bedingung für die Eröffnung eines Ausweisungsermessens.
25 
Für ein enges Verständnis des Begriffs der „zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit“ spricht zudem der dreistufige Schutzmechanismus des Art. 28 RL 2004/38/EG, der auf der ersten und zweiten Stufe noch die Gründe der öffentlichen Ordnung als für eine Ausweisung bzw. Verlustfeststellung relevant anerkennt, nicht mehr jedoch auf der - hier zu erörternden - dritten Stufe, während zugleich die bereits bei der Gruppe der Daueraufenthaltsberechtigten (Absatz 2) erforderlichen „schwerwiegenden Gründe“ nochmals in ihrem Gewicht nach in den Fällen des Absatzes 3 erhöht werden, wenn hiernach zwingende, d.h. unabweisbare Gründe gefordert werden. Dass die Ausweisung auf der dritten Stufe nur äußerstenfalls und im Sinne einer „ultima ratio“ erfolgen soll, wird auch unübersehbar im 23. und 24. Erwägungsgrund zum Ausdruck gebracht und nicht zuletzt auch durch den Umstand unterstrichen, dass der Kommissionsentwurf ursprünglich schon bei Daueraufenthaltsberechtigten (vgl. Art. 26 Abs. 2 des Entwurfs) einen absoluten Ausweisungsschutz vorsah (vgl. KOM/2001/0257 endg - ABl. C Nr. 270 E v. 25.09.2001. 150; wie hier auch etwa Harms, in: Kommentar zum Zuwanderungsrecht, 2. Aufl., § 6 FreizügG/EU, Rdn. 21 ff.).
26 
2. Zur zweiten Vorlagefrage:
27 
Art. 28 Abs. 3 lit. a RL 2004/38/EG macht nach seinem Wortlaut den erhöhten Ausweisungsschutz nur von einem mindestens zehnjährigen Aufenthalt abhängig, der nicht einmal rechtmäßig gewesen sein muss. Da der Kläger sich seit seiner Geburt bis März 2004 und sodann wieder ab Oktober 2004 rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hatte, gibt der vorliegende Fall keine Veranlassung, der Frage nachzugehen, ob über den bloßen zehnjährigen Aufenthalt hinaus weitere Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um in den Genuss des erhöhten Ausweisungsschutzes nach Art. 28 Abs. 3 lit. a RL 2004/38/EG zu gelangen, insbesondere ob der Aufenthalt rechtmäßig gewesen sein muss, ob zunächst sogar die Stufe des Daueraufenthaltsrechts nach Art. 16 RL 2004/38/EG erreicht worden sein muss und ob danach auch bis zum Erreichen des zehnjährigen Aufenthalts die Bestimmung des Art. 16 Abs. 3 RL 2004/38/EG entsprechend anzuwenden wäre.
28 
Der vorliegende Fall gibt allerdings Anlass, die Frage aufzuwerfen, ob und unter welchen Voraussetzungen der erhöhte Ausweisungsschutz wieder entfallen kann. Die Richtlinie selbst enthält keine Regelung, die sich unmittelbar mit dieser Frage befasst. Der Senat vermag allerdings keinen nachvollziehbaren Grund zu erkennen, weshalb diese Rechtsstellung gewissermaßen auf Lebenszeit beibehalten werden soll, wenn der oder die Betroffene auf Dauer keinerlei inhaltlichen und räumlichen Bezug zu diesem Mitgliedstaat mehr hat und eine dauerhafte Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat oder auch in einem Drittstaat erfolgt. Der Senat entnimmt vielmehr dem Art. 16 Abs. 4 RL 2004/38/EG, der sich mit den Voraussetzungen eines Verlustes des Daueraufenthaltsrechts befasst, eine Wertung, die auch auf den Fall des erhöhten Ausweisungsschutzes nach Art. 28 Abs. 3 lit. a RL 2004/38/EG übertragen werden kann und eine entsprechende Anwendung rechtfertigt. Nicht möglich ist nach Auffassung des Senats hingegen ein Rückgriff auf Art. 16 Abs. 3 RL 2004/38/EG. Denn bei dieser Bestimmung handelt es sich um einen Regelungskomplex, der eine gänzlich andere Ausgangs- und Interessenlage betrifft, geht es hierbei doch um die Frage, welche Unterbrechungen des Aufenthalts, die vor dem Erwerb des erhöhten Ausweisungsschutzes liegen, schädlich bzw. unschädlich für den Erwerb dieser Rechtsstellung sind. Zudem hätte dies zur Folge, dass der höhere Ausweisungsschutz nach Art. 28 Abs. 3 RL 2004/38/EG u. U. leichter verloren gehen könnte als der weniger starke Schutz nach Art. 28 Abs. 2 RL 2004/38/EG.
29 
3. Zur dritten Vorlagefrage:
30 
Art. 16 Abs. 4 RL 2004/38/EG stellt nach seinem Wortlaut lediglich darauf ab, dass den oder die Betreffende für die Dauer von mehr als zwei aufeinander folgenden Jahren vom Aufnahmemitgliedstaat abwesend war, ohne nach den Gründen für diese Abwesenheit zu fragen. Insbesondere wird hiernach nicht darauf abgestellt, dass etwa bis zu zweijährige Abwesenheiten nur dann unschädlich sein sollen, wenn sie aus einem der Natur nach nur vorübergehenden Grund erfolgt sind, wie dies der Tendenz nach in Art. 16 Abs. 3 RL 2004/38/EG getan wird. Umgekehrt ist nach dem Wortlaut auch eine Abwesenheit von über zwei Jahren schädlich, selbst wenn sie auf einem der Natur nach nur vorübergehenden Grund beruhen sollte. Der Wortlaut der Bestimmung des Art. 16 Abs. 4 RL 2004/38/EG und der hiernach deutliche Gegensatz zu Art. 16 Abs. 3 RL 2004/38/EG lässt nach Auffassung des Senats auch keine entsprechende Einschränkung zu, weshalb es allein auf den bloßen Zeitablauf ankommt, nicht jedoch auf die für die Betroffenen maßgeblichen Gründe für die Abwesenheit vom Aufnahmemitgliedstaat.
31 
4. Zur vierten Vorlagefrage:
32 
Im Falle des Klägers, der zwischen dem Aufenthalt in Griechenland von März bis Oktober 2004 wieder ein Jahr bis Oktober 2005 in der Bundesrepublik Deutschland lebte und sich sodann bis März 2007 erneut in Griechenland aufhielt, liegen die Voraussetzungen einer Abwesenheit für mehr als „zwei aufeinander folgende Jahre“ nicht vor. Allerdings zeichnet sich die Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland im März 2007, die zur Unterbrechung und zum Neubeginn des Zweijahreszeitraum führen konnte, durch die Besonderheit aus, dass diese nicht in Ausübung einer gemeinschaftsrechtlichen Freizügigkeit erfolgte, sondern unfreiwillig im Rahmen einer Strafverfolgungsmaßnahme, die in der Folge dazu führte, dass der Kläger über mehrere Jahre von einer der gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten keinen Gebrauch machen konnte und, solange er nicht etwa vorzeitig gem. § 57 StGB zur Bewährung in Freiheit kommt, auch weiter keinen Gebrauch machen kann. Soweit der Kläger allerdings in der Strafhaft gegen Entgelt einer Beschäftigung nachgehen sollte, was dem Senat nicht im Einzelnen bekannt ist, wäre allerdings zu erwägen, dass er Arbeitnehmer im Sinne von Art. 39 EG ist. Dächte man daher diese zwangsweise Rückkehr hinweg, so läge eine über zweijährige Abwesenheit vor, die den erhöhten Ausweisungsschutz entfallen ließe. Da aber der erhöhte Ausweisungsschutz durch eine auch langjährige Inhaftierung im Aufnahmemitgliedstaat allein, die dazu führt, dass die Betroffenen tatsächlich nicht von ihren Grundfreiheiten Gebrauch machen können, nicht tangiert wird, spricht nach Auffassung des Senats nichts dafür, dass eine zwangsweise Rückkehr nicht geeignet sein soll, den Zweijahreszeitraum wieder zu unterbrechen.
33 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

Tenor

Dem Antragsteller wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt ..., Freiburg, beigeordnet.

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 29. Juli 2010 - 1 K 1642/09 - mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers wird hinsichtlich Ziffer 1 der Verfügung des Regierungspräsidiums Freiburg vom 24. April 2009 wiederhergestellt und hinsichtlich Ziffer 2 dieser Verfügung angeordnet.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.)
Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 166 VwGO i.V.m. §§ 114 ff. ZPO liegen vor. Die Beschwerde des Antragsteller, der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bezieht, hat hinreichende Aussicht auf Erfolg. Insoweit kann auf die folgenden Ausführungen (unter II.) verwiesen werden.
II.)
Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO hat nach der Sachlage, wie sie sich dem Senat aufgrund des Vortrags der Beteiligten in der Beschwerdeinstanz darstellt, Erfolg (vgl. zum anzuwendenden Entscheidungsmaßstab im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO BVerfG, Kammerbeschluss vom 13.06.2005 - 2 BvR 485/05 - InfAuslR 2005, 372). Die Beschwerdebegründung - auf deren Überprüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) - ergibt, dass der vom Antragsteller angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 29.07.2010 abzuändern und die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die Verfügung des Regierungspräsidiums Freiburg vom 24.04.2009 wiederherzustellen bzw. anzuordnen ist. Mit diesem Bescheid hat das Regierungspräsidium den Antragsteller unter Heranziehung von § 54 Nr. 5 AufenthG und § 55 Abs. 2 Nr. 1b AufenthG aus dem Bundesgebiet ausgewiesen und insoweit die sofortige Vollziehung angeordnet sowie die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG abgelehnt. Die Erfolgsaussichten der Klage des Antragstellers gegen die Ausweisungsverfügung sind zumindest offen; nach der insoweit vorzunehmenden Interessenabwägung gebieten es die öffentlichen Interessen nicht, die mit der Ausweisungsentscheidung intendierten Rechtsfolgen noch vor einer Entscheidung in der Hauptsache eintreten zu lassen. Auch hinsichtlich der versagten Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ist von offenen Erfolgsaussichten auszugehen, die insoweit die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage rechtfertigen.
1.) Die Erfolgsaussichten der Klage des Antragstellers gegen die auf § 54 Nr. 5 AufenthG gestützte Ausweisung können im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats über die Beschwerde nicht mehr hinreichend zuverlässig als negativ beurteilt werden.
Dies gilt entgegen dem Beschwerdevorbringen des Antragstellers jedoch nicht schon deshalb, weil die Einstufung der PKK bzw. ihrer Nachfolgeorganisationen als Terrororganisation jedenfalls seit Mitte 2008 ihre Berechtigung verloren haben könnte. Wie der Senat mit Urteil vom 21.07.2010 (- 11 S 541/10 -juris Rn. 28 ff.) entschieden hat, sind diese auch in den im vorliegenden Fall relevanten Zeiträumen und bis heute nach wie vor als terroristische Organisation im Sinn des § 54 Nr. 5 AufenthG anzusehen. Dem steht nicht entgegen, dass die strafgerichtliche Rechtsprechung die PKK (einschließlich ihrer Nachfolgeorganisationen), soweit sie im Bundesgebiet agiert, nicht mehr als terroristische Vereinigung ansieht und sogar die Einordnung als kriminelle Vereinigung nur noch in Bezug auf den engeren Führungszirkel bejaht. Denn § 54 Nr. 5 AufenthG stellt weniger strenge tatbestandliche Anforderungen an das Vorliegen einer terroristischen Vereinigung als die §§ 129a, 129b StGB (GK-AufenthG, § 54 Rn. 462; VG München, Urteil vom 16.02.2009 – M 25 K 8.5807 – juris Rn. 35). Im Rahmen des § 54 Nr. 5 AufenthG ist zudem unerheblich, ob es sich um Terrorismus im Bundesgebiet oder im Ausland handelt (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 27.03.2008 - 11 LB 203/06 - InfAuslR 2009, 54). Auch ist die Beschwerde nicht schon deshalb begründet, weil der Antragsteller geltend macht, er sei ausweislich des ärztlichen Attests vom 24.09.2009 in einer Weise gesundheitlich angeschlagen, dass die von ihm behauptete Abwendung als glaubhaft eingestuft werden müsse; er sei „krank, müde und ausgebrannt“; auch häuften sich seit 2009 depressive Phasen. Nach diesem Attest leidet er an Diabetes mellitus Typ II, benigne essentielle Hypertonie, Hyperlipidämie und an einer nicht näher bezeichneten Stoffwechselstörung; über eine depressive Erkrankung wird nichts berichtet. Die genannten Erkrankungen sind – zumal sie schon am 30.06.2004 bzw. 08.08.2005 diagnostiziert wurden – als solche jedoch nicht geeignet, das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG in Frage zu stellen.
Allerdings erscheint es offen, ob die Betätigungen, die der Antragsgegner dem Antragsteller aktuell noch entgegenhält, von einer Qualität sind, dass sie für sich betrachtet oder jedenfalls im Wege einer Gesamtschau eine Ausweisung auf der Grundlage des § 54 Nr. 5 AufenthG zu tragen vermögen. Der Antragsteller hat im Beschwerdeverfahren vorgetragen, er sei zu keiner Zeit an Demonstrationen von KONGRA-GEL-Anhängern beteiligt gewesen. Wie das Regierungspräsidium Freiburg mit Schriftsatz vom 23.09.2010 ausgeführt hat, hat das Landesamt für Verfassungsschutz mit Schreiben vom 17.09.2010 nunmehr mitgeteilt, dass es einen Großteil seiner Erkenntnisse zum Antragsteller nicht mehr aufrechterhalten kann. Die Erkenntnisse vom 20.03.2006 (Teilnahme an einer Demonstration von KONGRA-GEL-Anhängern in Freiburg anlässlich des kurdischen Neujahrsfestes), vom 03.03.2007 (Teilnahme an einer Demonstration von KONGRA-GEL-Anhängern in Freiburg gegen die angebliche Vergiftung Öcalans), vom 21.04.2007 (Teilnahme an einer Demonstration von KONGRA-GEL-Anhängern in Freiburg zum gleichen Thema), vom 09.09.2007 (Teilnahme an einer Gedenkveranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern in Freiburg für gefallene kurdische Guerillas), vom 27.10.2007 (Teilnahme an einer Demonstration von KONGRA-GEL-Anhängern in Freiburg unter dem Motto „Türkische Invasion in Südkurdistan“) und vom 22.12.2007 (Demonstration mit weiteren KONGRA-GEL-Anhängern in Freiburg gegen türkische Luftangriffe im Irak) hat das Landesamt für Verfassungsschutz zurückgezogen. Weshalb diese Handlungen dem Antragsteller nicht mehr zur Last gelegt werden, ist nicht dargelegt worden. Das Landesamt für Verfassungsschutz hatte diese mit Schreiben vom 26.02.2008 und 27.07.2008 den Ausländerbehörden übermittelt und jeweils mit dem Zusatz „offen und beweisbar“ gekennzeichnet, der im Übrigen auch für andere streitgegenständliche Veranstaltungen und Aktivitäten verwendet worden ist. Ausgehend hiervon erschließt sich vor allem die Belastbarkeit der aufrecht erhaltenen Erkenntnisse zu einer Teilnahme des Antragstellers an Veranstaltungen des KONGRA-GEL und zu Tätigkeiten für diesen nicht mehr ohne weiteres. Das Landesamt für Verfassungsschutz hatte zwar in den zuvor genannten Schreiben mitgeteilt, der Antragsteller sei im Jahre 2005 von mehreren Quellen als Frontarbeiter des KONGRA-GEL identifiziert worden, d.h. als eine Person, die sich unterhalt der Funktionärsebene für den KONGRA-GEL etwa durch Sammeln von Spenden engagiert, und damit diesem eine gewichtige und vom Gefahrenpotential her betrachtet bedeutende Unterstützungshandlung zur Last gelegt. Der Antragsteller hat in der Beschwerde diesen bislang überhaupt nicht näher substantiierten Vorwurf bestritten und ist auch im Übrigen seiner Einordnung unter die Anhänger der PKK bzw. KONGRA-GEL dezidiert entgegen getreten. Ob die dem Antragsteller entgegengehaltenen Verhaltensweisen zutreffen, bedarf der Prüfung in einem Hauptsacheverfahren, namentlich wird die bislang fehlende Konkretisierung und Substantiierung der Vorwürfe nachzuholen sein. Da diese Anknüpfungstatsachen für die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung wohl alle in der Vergangenheit liegen - die dem Antragsteller zuletzt vorgehaltene Aktivität stammt vom 29.11.2008 - und selbst ein - unterstellter - tatsächlicher Unterstützungsbeitrag nicht mehr fortwirken dürfte, muss es auch der Klärung im Klageverfahren überlassen bleiben, ob im Zeitpunkt der Entscheidung in der Hauptsache (zur maßgeblichen Sach- und Rechtslage in Ausweisungsverfahren vgl. BVerwG, Urteil vom 15.11.2007 - 1 C 45.06 - InfAuslR 2008, 156) noch eine gegenwärtige Gefährlichkeit im Sinne des § 54 Nr. 5 HS. 2 AufenthG vorliegt (vgl. zu den Anforderungen GK- AufenthG, § 54 Rn. 517 ff.).
Eine umfassende Prüfung des Verhaltens des Antragstellers und der Vereinigungen, für die er tätig gewesen ist, ist auch nicht deshalb entbehrlich, weil der Antragsteller verschiedene Aktivitäten ausdrücklich eingeräumt hat. Nach seiner Beschwerdebegründung vom 03.09.2010 ist dies die Teilnahme an der Veranstaltung in ... am 25.05.2002, die Teilnahme an der jährlichen Großdemonstration in ... im Februar 2007 (wobei der Antragsteller als Veranstalter allerdings KON-KURD benennt), die Teilnahme an dem Fackelmarsch im März 2008 anlässlich des kurdischen Neujahrsfestes und an einer Veranstaltung in den Räumen des Vereins Ende 2008 (gemeint ist wohl die Veranstaltung vom 29.11.2008). Die Betreuung eines Informationsstands des Mesopotamischen Kulturvereins am 29.04.2005 zur „damaligen neuen militärischen Operation im Kurdengebiet und den Haftbedingungen Öcalans“ ist nach den Angaben des Antragsteller jedenfalls auch durch ihn erfolgt. Die Funktion als verantwortlicher Leiter einer am 10.01.2003 vom Mesopotamischen Kulturzentrum veranstalteten Demonstration dürfte ebenfalls unstreitig sein (vgl. insoweit die entsprechende Anmeldung und das Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 23.01.2009, in welchem dies - entgegen dem Beschwerdevorbringen -ausdrücklich eingeräumt wird ). Abgesehen davon, dass der Antragsteller substantiiert geltend macht, weder diesen Veranstaltungen noch seinen konkreten Tätigkeiten könne eine den Terrorismus unterstützende Bedeutung beigelegt werden, liegen diese jedenfalls schon länger zurück. Letzteres gilt im Übrigen auch für die - sich schon aus dem Vereinsregister - ergebende Eintragung des Antragstellers als Mitglied im Vorstand des Mesopotamischen Kulturzentrums im Jahre 2001/2002, wobei es wohl nicht entscheidend darauf ankommen dürfte, ob der Antragsteller tatsächlich eine entsprechende Funktion ausgeübt oder nur - so sein Vortrag schon im Asylverfahren (vgl. insoweit Bl. 6 der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 20.12.2002 im Verfahren A 1 K 10573/01) - als „Strohmann“ tätig gewesen ist. Die im Asylverfahren angegebene Tätigkeit für die ENRK bzw. YDK ist wohl ebenfalls schon länger eingestellt.
Darüber hinaus stellt sich der Ausgang des Hauptsacheverfahrens auch deshalb als offen dar, weil über eine Ausweisung des Antragstellers wohl nur nach Ermessen entschieden werden kann und die in der angefochtenen Verfügung zu § 54 Nr. 5 AufenthG insoweit hilfsweise angestellten Ermessenserwägungen schon deshalb rechtlichen Bedenken unterliegen, weil diese in tatsächlicher Hinsicht die Entscheidung maßgeblich tragend auch auf den vom Landesamt für Verfassungsschutz mittlerweile zurückgezogenen Erkenntnissen beruhen. Für den Antragsteller sind infolge des rechtskräftigen Urteils des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 02.01.2003 - A 1 K 10573/01 - durch das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit bindender Wirkung für das ausländerrechtliche Verfahren (vgl. § 42 AsylVfG) Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 1 und 4 AuslG (nunmehr § 60 Abs. 2 und 5 AufenthG) festgestellt worden, weil ihm aufgrund seiner Einbindung in die YDK auf Funktionärsebene im Fall einer Rückkehr in die Türkei von Seiten des Staates die konkrete Gefahr der Folter oder einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung im Sinn des Art. 3 EMRK droht. Das für einen unüberschaubaren Zeitraum bestehende Abschiebungsverbot begründet atypische Umstände in Bezug auf den Regelausweisungstatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG (Senatsurteil vom 21.07.2010 - 11 S 541/10 - juris Rn. 40; GK-AufenthG, § 54 Rn. 415 i.V.m. Rn. 126 ff.). Auch bei dem Ausweisungstatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG wird die Regelvermutung im Hinblick auf das spezial- und generalpräventive Ausweisungsinteresse grundsätzlich von der Aufenthaltsbeendigung nach der Ausweisung getragen. Kann diese nicht vollzogen werden, weil der Ausländer wegen des Bestehens eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG nicht abgeschoben werden kann und drängt sich auch die Möglichkeit einer Aufenthaltsbeendigung in einen aufnahmebereiten Drittstaat oder eine freiwillige Ausreise dorthin nicht auf, fehlt es an der durch das Gesetz vertypten Konstellation. Selbst wenn - nach der weiteren Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes - vom Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG auszugehen ist, bedarf es im Rahmen der gebotenen Ermessensentscheidung einer umfassenden Abwägung der für und gegen eine Ausweisung sprechenden Gesichtspunkte, bei der die Qualität der Unterstützungshandlung und die Gefährdungslage mit dem jeweils gebotenen Gewicht einzustellen sind (vgl. hierzu auch Senatsbeschluss vom 16.11.2007 - 11 S 695/07 -InfAuslR 2008, 159). Insoweit obliegt es der Ausländerbehörde ihre Ermessenserwägungen verfahrensbegleitend zu überprüfen und einer neuen Sachlage anzupassen (BVerwG, Urteile vom 13.04.2010 - 1 C 10.09 - juris Rn. 24 und vom 07.04.2009 - 1 C 17.08 - juris Rn. 37 ff.).
Auch soweit der Antragsgegner die Ausweisung auf § 55 Abs. 2 Nr. 1b AufenthG stützt, weil der Antragsteller sich weigerte, Fragen in der Sicherheitsbefragung zu beantworten, sind die Erfolgsaussichten zumindest offen. Es ist schon zweifelhaft, ob es eine gesetzlich angeordnete Rechtspflicht gibt, an einer Sicherheitsbefragung aktiv teilzunehmen. Aus der vom Antragsgegner genannten Bestimmung des § 54 Nr. 6 i.V.m. § 82 AufenthG lässt sich diese wohl nicht herleiten. Als materielle Ausweisungsnorm begründet § 54 Nr. 6 AufenthG keine selbstständige Pflicht. § 82 Abs. 1 AufenthG ist als Mitwirkungsobliegenheit ausgestaltet und nicht als Mitwirkungspflicht und bezieht sich auch nur auf für den Ausländer günstige Umstände (vgl. auch GK-AufenthG, § 55 Rn. 406 ff, insb. 419). § 82 Abs. 4 Satz 1 AufenthG ermöglicht zwar die Anordnung des persönlichen Erscheinens des Ausländers, eine Pflicht zur Aussage oder an einer Gesprächsteilnahme umfasst dies jedoch nicht (GK-AufenthG, § 82 Rn. 66).
Der Senat misst bei der - aufgrund der Ergebnisoffenheit des Hauptsacheverfahrens gebotenen - Interessenabwägung dem privaten Interesse des Antragstellers, vorläufig vom Vollzug der angefochtenen Ausweisungsentscheidung verschont zu bleiben, größere Bedeutung zu als dem öffentlichen Interesse an einem Sofortvollzug. Der Antragsgegner hat die sofortige Vollziehung der Ausweisung in erster Linie damit begründet, dass die durch die Unterstützung des internationalen Terrorismus gefährdeten Rechtsgüter so überragend seien, dass ein zwingendes öffentliches Interesse hieran bestehe. Für diese Einschätzung besteht jedoch derzeit keine Grundlage. Die Rechtmäßigkeit einer Ausweisung des Antragstellers bleibt vor allem deshalb offen, weil eine von ihm aktuell ausgehende konkrete Gefahrenlage im Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes nicht hinreichend sicher festgestellt werden kann; schon aus diesem Grund kann dann regelmäßig kein besonderes öffentliches Interesse daran begründet sein, die Vollziehbarkeit einer Ausweisung schon vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens anzuordnen. Insbesondere gibt es auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller noch vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens Unterstützungshandlungen zugunsten einer terroristischen Vereinigung vornehmen könnte (vgl. hierzu auch Senatsbeschluss vom 16.11.2007, a.a.O; OVG NRW, Beschluss vom 15.05.2007 - 18 B 2067/06 -juris Rn. 7 ff.), wobei noch hinzukommt, dass eine wirksame Bekämpfung solcher Gefahren durch eine konsequente Aufenthaltsbeendigung vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens hier wegen des bestehenden Abschiebungsverbots gar nicht möglich wäre. Inkriminierende Aktivitäten nach November 2008 sind dem Antragsteller von dem Antragsgegner nicht mehr vorgehalten worden. Insoweit besteht auch kein Anlass, die Richtigkeit des Vortrags des Antragstellers, er habe seit Anfang 2009 auch die Teilnahme an exilkurdischen Veranstaltungen eingestellt, in Zweifel zu ziehen. Anhaltspunkte dafür, dass die Unauffälligkeit des Antragstellers lediglich auf einem verfahrensangepassten Wohlverhalten beruht, das jederzeit umschlagen könnte, sind nicht ersichtlich. Auch soweit der Antragsgegner mit der Anordnung des Sofortvollzugs den Zweck verfolgt, die Folgen des § 54a Abs. 1 und 2 AufenthG auszulösen, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Es kann dahin gestellt bleiben, ob die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ausweisung auch dann zulässig ist, wenn ihr alleiniger Zweck darin besteht, die gesetzlichen Folgen des § 54a AufenthG auszulösen - etwa weil der Ausländer wegen eines Abschiebungsverbots nicht abgeschoben werden kann (in diesem Sinne BayVGH, Beschluss vom 24.10.2008 - 10 CS 08.2339 - juris Rn. 22 f.; VG München, Beschluss vom 20.04.2009 - M 24 S 09.29 - juris Rn. 35 F., GK-AufenthG, § 54a Rn. 11). Denn dies setzt jedenfalls voraus, dass dringende Sicherheitsgründe eine sofortige Überwachung des Ausländers gebieten. Hieran fehlt es jedoch. Es ist bislang nicht hinreichend geklärt, ob überhaupt noch eine gegenwärtige Gefährlichkeit des Antragstellers vorliegt.
10 
Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Ausweisung umfasst auch die im Tenor der angefochtenen Verfügung unter Ziffer 4 genannten Maßnahmen.
11 
2.) Mit Blick auf die Ausführungen unter 1.) hat das vorläufige Rechtsschutzverfahren gegen die Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ebenfalls Erfolg, da die Ablehnung allein auf § 11 Abs. 1 AufenthG gestützt ist und anderweitige zwingende Ablehnungsgründe nicht ersichtlich sind. Ob ein Ausweisungsgrund nach § 54 Nr. 5 AufenthG vorliegt (vgl. § 5 Abs. 4 Satz 1 AufenthG) ist offen.
III.)
12 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 63 Abs. 2, 47, 53 Abs. 2 Nr. 2 und 52 Abs. 2 GKG.
13 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die Ausländerbehörde kann gegenüber einem vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer Maßnahmen zur Förderung der Ausreise treffen, insbesondere kann sie den Ausländer verpflichten, den Wohnsitz an einem von ihr bestimmten Ort zu nehmen.

(2) Einem Ausländer kann die Ausreise in entsprechender Anwendung des § 10 Abs. 1 und 2 des Passgesetzes untersagt werden. Im Übrigen kann einem Ausländer die Ausreise aus dem Bundesgebiet nur untersagt werden, wenn er in einen anderen Staat einreisen will, ohne im Besitz der dafür erforderlichen Dokumente und Erlaubnisse zu sein. Das Ausreiseverbot ist aufzuheben, sobald der Grund seines Erlasses entfällt.

(1) Der Aufenthalt eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers ist räumlich auf das Gebiet des Landes beschränkt. Von der räumlichen Beschränkung nach Satz 1 kann abgewichen werden, wenn der Ausländer zur Ausübung einer Beschäftigung ohne Prüfung nach § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 berechtigt ist oder wenn dies zum Zwecke des Schulbesuchs, der betrieblichen Aus- und Weiterbildung oder des Studiums an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule oder vergleichbaren Ausbildungseinrichtung erforderlich ist. Das Gleiche gilt, wenn dies der Aufrechterhaltung der Familieneinheit dient.

(1a) In den Fällen des § 60a Abs. 2a wird der Aufenthalt auf den Bezirk der zuletzt zuständigen Ausländerbehörde im Inland beschränkt. Der Ausländer muss sich nach der Einreise unverzüglich dorthin begeben. Ist eine solche Behörde nicht feststellbar, gilt § 15a entsprechend.

(1b) Die räumliche Beschränkung nach den Absätzen 1 und 1a erlischt, wenn sich der Ausländer seit drei Monaten ununterbrochen erlaubt, geduldet oder gestattet im Bundesgebiet aufhält.

(1c) Eine räumliche Beschränkung des Aufenthalts eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers kann unabhängig von den Absätzen 1 bis 1b angeordnet werden, wenn

1.
der Ausländer wegen einer Straftat, mit Ausnahme solcher Straftaten, deren Tatbestand nur von Ausländern verwirklicht werden kann, rechtskräftig verurteilt worden ist,
2.
Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Ausländer gegen Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes verstoßen hat, oder
3.
konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung gegen den Ausländer bevorstehen.
Eine räumliche Beschränkung auf den Bezirk der Ausländerbehörde soll angeordnet werden, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(1d) Ein vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer, dessen Lebensunterhalt nicht gesichert ist, ist verpflichtet, an einem bestimmten Ort seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu nehmen (Wohnsitzauflage). Soweit die Ausländerbehörde nichts anderes angeordnet hat, ist das der Wohnort, an dem der Ausländer zum Zeitpunkt der Entscheidung über die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung gewohnt hat. Die Ausländerbehörde kann die Wohnsitzauflage von Amts wegen oder auf Antrag des Ausländers ändern; hierbei sind die Haushaltsgemeinschaft von Familienangehörigen oder sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht zu berücksichtigen. Der Ausländer kann den durch die Wohnsitzauflage festgelegten Ort ohne Erlaubnis vorübergehend verlassen.

(1e) Auflagen können zur Sicherung und Durchsetzung der vollziehbaren Ausreisepflicht angeordnet werden, wenn konkrete Maßnahmen der Aufenthaltsbeendigung unmittelbar bevorstehen. Insbesondere kann ein Ausländer verpflichtet werden, sich einmal wöchentlich oder in einem längeren Intervall bei der für den Aufenthaltsort des Ausländers zuständigen Ausländerbehörde zu melden.

(1f) Weitere Bedingungen und Auflagen können angeordnet werden.

(2) Die Länder können Ausreiseeinrichtungen für vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer schaffen. In den Ausreiseeinrichtungen soll durch Betreuung und Beratung die Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise gefördert und die Erreichbarkeit für Behörden und Gerichte sowie die Durchführung der Ausreise gesichert werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.