Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 26. Juli 2006 - 11 S 951/06

bei uns veröffentlicht am26.07.2006

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 28. April 2005 - 2 K 1041/04 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger, Staatsangehörige von Serbien-Montenegro, wenden sich gegen den Widerruf ihrer unbefristeten asylbezogenen Aufenthaltserlaubnisse und eine damit verbundene Abschiebungsandrohung. Die 1968 geborene Klägerin zu 1. reiste im Juni 1993 mit dem 1990 geborenen Kläger zu 2. (...), aus dem Kosovo in das Bundesgebiet ein. Beide stellten Asylanträge, die abgelehnt wurden. Im Juli 1997 stellten sie einen Asylfolgeantrag und für die im Februar 1994 geborene Klägerin zu 3. (...) einen Erstasylantrag. Für die im Juli 1997 geborene Klägerin zu 4. (...) wurde im September 1997 Asyl beantragt. Entsprechend den stattgebenden Verpflichtungsurteilen erkannte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (heute Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt -) die Kläger mit Bescheiden vom 11.06.1999 (Kläger zu 1. und 2.), vom 30.06.1999 (Klägerin zu 3.) und vom 05.07.1999 (Klägerin zu 4.) als Asylberechtigte an und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen. Hierauf erhielten die Kläger mit Bescheiden vom 06.07.1999 (Kläger zu 1. und 2.) und vom 12.01.2000 (Klägerinnen zu 3. und 4.) unbefristete Aufenthaltserlaubnisse.
Der Ehemann und Vater der Kläger, ... ..., war bereits im Januar 1992 (wieder) nach Deutschland eingereist und wurde geduldet. Sein im März 1998 gestellter Asylantrag blieb ohne Erfolg (Bescheid des Bundesamts vom 03.04.1998). Seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug, hilfsweise einer Aufenthaltsbefugnis, lehnte der Beklagte ab. Auf seine Klage verpflichtete das Verwaltungsgericht Sigmaringen den Beklagten, den Antrag auf Aufenthaltsbefugnis neu zu bescheiden. Die hiergegen zugelassene Berufung des Beklagten ist beim Senat anhängig (11 S 1524/06) und ist mit Urteil vom heutigen Tag ebenfalls zurückgewiesen worden.
Mit Bescheid vom 08.07.2003, bestandskräftig seit 30.11.2003, widerrief das Bundesamt die Asyl- und Flüchtlingsanerkennung der Kläger und stellte fest, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen. Daraufhin widerrief das Landratsamt Bodenseekreis mit Verfügung vom 16.01.2004 die unbefristeten Aufenthaltserlaubnisse und drohte den Klägern unter Setzung einer Ausreisefrist von 3 Monaten ab Bekanntgabe die Abschiebung nach Serbien-Montenegro oder einen anderen aufnahmebereiten Staat an. Die sofortige Vollziehung wurde angeordnet. Zur Begründung wurde ausgeführt: Der Widerruf nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG sei rechtlich gedeckt und ermessensgerecht. Ein dem entzogenen Aufenthaltstitel gleichwertiges und nicht asylbedingtes Aufenthaltsrecht bestehe nicht. Grundsätzlich bestehe bei abgelehnten Asylbewerbern ein öffentliches Interesse, dass sie nach erfolgloser Antragstellung das Bundesgebiet wieder verließen. Den Klägern könne trotz langjährigen Aufenthalts im Bundesgebiet zugemutet werden, zusammen mit dem Ehemann/Vater in den Kosovo zurückzukehren. Anhaltspunkte für eine vollständige wirtschaftliche und soziale Eingliederung lägen nicht vor. Die Kläger hätten lange Jahre Sozialhilfeleistungen bzw. Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten; erst seit der Arbeitsaufnahme des  Ehemanns, der selbst nie Sozialhilfe bezogen habe, könne die Familie den Lebensunterhalt selbst bestreiten. Die Kläger fielen auch nicht unter die Anordnung des IM Baden-Württemberg vom 15.06.2001 nach § 32 AuslG oder unter den sog. Mittelstandserlass und auch der Ehemann werde lediglich geduldet. Von noch bestehenden Beziehungen zum Kosovo müsse ausgegangen werden. Trotz bisher polizeilicher und strafrechtlicher Unauffälligkeit der Kläger überwögen insgesamt die für den Widerruf sprechenden öffentlichen Belange deren persönliche Bleibeinteressen.
Das Regierungspräsidium Tübingen wies den Widerspruch der Kläger gegen diese Verfügung mit Bescheid vom 22.04.2004 zurück: Der Widerruf sei gemessen am Gesetzeszweck des § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG ermessensfehlerfrei erfolgt. Die aufenthaltsrechtlichen Schutzwirkungen des Asylgrundrechts seien nach dessen Wegfall nicht mehr erheblich, Vertrauensschutz auf ein fortbestehendes Aufenthaltsrecht sei nicht gegeben. Die für den weiteren Aufenthalt der Kläger sprechenden Individualinteressen seien umfassend berücksichtigt, müssten aber nicht gegenüber dem öffentlichen Widerrufsinteresse zurücktreten. Zwar treffe die Erwägung des Landratsamts, dass bei abgelehnten Asylbewerbern ein besonderes öffentliches Rückkehrinteresse bestehe, bei den Klägern, bei denen es sich um aufenthaltsberechtigte Asylberechtigte gehandelt habe, nicht zu. Dieser Umstand mache die Verfügung aber nicht fehlerhaft, da er in einer Gesamtbetrachtung aller Umstände nicht von ausschlaggebendem Gewicht sei. Bei den Klägern komme ein zwingender gleichwertiger unbefristeter Aufenthaltstitel (unbefristete Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsberechtigung nach §§ 24, 27 oder 35 AuslG) wegen der nicht anrechenbaren asylbedingten Aufenthaltszeiten nicht in Betracht und auch die Voraussetzungen der §§ 25 und 26 AuslG lägen nicht vor. Auch ein „zurückgestuftes“ befristetes Aufenthaltsrecht nach § 32 AuslG oder nach §§ 17 ff. (Familiennachzug) scheide aus. Die Rückkehr der Kläger in den Kosovo sei nicht einfach, aber zumutbar. Sie befänden sich in einer vergleichbaren Situation wie viele abgelehnte und lediglich geduldete Kosovaren, die ebenfalls ausreisen müssten. Unter Eliminierung der asylbedingten Aufenthaltszeit sei es den Klägern über einen beachtlichen Zeitraum nicht gelungen, eine eigenständige Existenz aufzubauen. Die Erwerbstätigkeit des Ehemanns stelle zwar eine Einkommensquelle dar, sie beruhe aber nicht auf einem gesicherten Aufenthaltsstatus. Die Klägerin, ihr Ehemann und deren nicht im Bundesgebiet geborenes Kind seien im Herkunftsland aufgewachsen und hätten einen wesentlichen Teil ihres Lebens im Kosovo verbracht. Unter diesen Umständen sei den Klägern eine reibungslose Integration im Herkunftsland möglich.
Mit Beschluss vom 31.03.2004 - 2 K 451/04 - gab das Verwaltungsgericht Sigmaringen einem vorläufigen Rechtsschutzantrag der Kläger statt und stellte die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die streitige Verfügung wieder her; die hiergegen eingelegte Beschwerde des Beklagten blieb ohne Erfolg (Beschluss des Senats vom 11.02.2005 - 11 S 1170/04 -).
Mit ihrer am 18.05.2004 erhobenen Klage verfolgten die Kläger ihr Begehren weiter: Sie seien nach teilweise mehr als 11-jährigem Aufenthalt sozial, wirtschaftlich und schulisch völlig in Deutschland integriert. Von regelmäßiger Sozialhilfe oder sonstigen öffentlichen (Hilfs)Leistungen seien sie seit der Asylanerkennung unabhängig. Lediglich im März 2002 hätten sie eine einmalige Leistung zum Ankauf von Möbeln erhalten. Schulden aus einem „Nutzungsentgelt“ aus Unterbringung zahlten sie seit Juli 2002 in Raten an die Gemeinde ... zurück. Es sei unzutreffend, die Leistungen aus der Erwerbstätigkeit des Ehemannes auszuklammern. Dessen Integration und die der Kläger sei ohne die begehrte Aufenthaltsbefugnis gefährdet. Von einer „reibungslosen“ Reintegration der Kläger zu 2. - 4. im Kosovo könne nicht die Rede sein. Diese hätten außer der Staatsangehörigkeit keinen Bezug mehr zum Herkunftsland. Auch die nächsten Verwandten der Kläger (Schwager der Klägerin zu 1. mit Familie) lebten in Deutschland. Der Beklagte trat der Klage entgegen. Die Klägerin zu 1. verdiene aus ihren zwei Arbeitsstellen lediglich 683,-- EUR monatlich, ihr Ehemann sei derzeit arbeitslos.
Mit Urteil vom 28.04.2005 - 2 K 1041/04 - hat das Verwaltungsgericht Sigmaringen die Widerrufsverfügung und den Widerspruchsbescheid aufgehoben. Die Kläger hätten zwar weder einen Anspruch auf einen unbefristeten noch auf einen befristeten asylunabhängigen Aufenthaltstitel. Die Widerrufsentscheidung sei jedoch ermessensfehlerhaft. Der Beklagte habe die schutzwürdigen persönlichen Bindungen der Kläger i.S.v. § 45 Abs. 2 AuslG falsch eingeschätzt und nicht im erforderlichen Maß berücksichtigt. Die Ermessensentscheidung beruhe auch in Gestalt des Widerspruchsbescheids auf tatsächlich wie rechtlich unzutreffenden Erwägungen. Trotz des anfänglichen Hinweises auf die aufenthaltsrechtlichen Unterschiede zwischen Asylbewerbern und  Asylberechtigten bewerte das Regierungspräsidium deren Schutzposition letztlich doch gleich. Unzutreffend sei auch die weitere Erwägung, dass es den Klägern über einen beachtlichen Zeitraum nicht gelungen sei, eine eigenständige Existenzgrundlage aufzubauen. Indem es bei seiner Betrachtung die asylbedingte Aufenthaltszeit der Kläger ausdrücklich „eliminiert“ habe, habe das Regierungspräsidium nur den Zeitraum vor der Asylanerkennung von 1993 bis 2000 in den Blick genommen. Nach § 45 Abs. 2 AuslG komme es aber auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung an. Nach Erteilung der Aufenthaltserlaubnisse habe bei den Klägern ein wirtschaftlicher Integrationsprozess stattgefunden. Von Dezember 2000 an - mit Ausnahme März bis Mai 2002 - seien die Kläger zuzüglich des Einkommens des Ehemanns nicht mehr auf Sozialhilfe angewiesen gewesen. Der kurzfristige Bezug von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe durch den Ehemann könne einem Sozialhilfebezug nicht gleichgestellt werden. Zu Unrecht habe das Regierungspräsidium auch das Erwerbseinkommen des Ehemanns unberücksichtigt gelassen. Es verkenne, dass der aufenthaltsrechtliche Status des Ehemanns/Vaters von dem der Kläger abhänge und nicht umgekehrt. Würde den Klägern ihr Aufenthaltsrecht belassen, hätte dem Ehemann zum maßgeblichen Zeitpunkt eine Aufenthaltsbefugnis nach § 32 AuslG erteilt werden können. Schließlich treffe es auch für den Kläger zu 2. nicht zu, dass er einen wesentlichen Teil seines Lebens im Kosovo verbracht habe.
Gegen dieses Urteil hat der Beklagte Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt. Der Senat hat die Berufung mit Beschluss vom 20.04.2006 - 11 S 1563/06 - zugelassen. Zur Berufungsbegründung trägt der Beklagte vor: Von einer Fehleinschätzung der Belange der Kläger könne keine Rede sein. Aus dem zeitlichen Zusammenhang der Verfahren der Kläger und des Ehemannes könne nicht auf eine Voreingenommenheit der Entscheider geschlossen werden. Die ursprüngliche Fehleinschätzung des Aufenthaltsstatus der Kläger als Asylberechtigte habe das Regierungspräsidium korrigiert. Auch dessen Erwägungen zur wirtschaftlichen Integration der Kläger könnten nicht beanstandet werden. Das Verwaltungsgericht gehe von einer gesicherten Existenzgrundlage der Kläger aus, obwohl der Ehemann kein gesichertes Aufenthaltsrecht habe, was rechtlich berücksichtigt werden könne. Die Erwägungen zur Krankenversicherung bezögen sich auf die Frage der Sicherung des Lebensunterhalts, wo sie relevant seien. Die Klägerin habe insofern sowie gegenüber der Bundesknappschaft Falschangaben gemacht, das von der Beklagten eingeleitete Strafverfahren sei allerdings nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Der Ehemann habe offensichtlich von 2000 bis Juni 2003 ohne Arbeitsgenehmigung gearbeitet. Im Hinblick auf die Daueraufenthaltsrichtlinie EU und deren Umsetzung sei erheblich, dass der Lebensunterhalt des Ausländers und seiner Familienangehörigen durch feste und regelmäßige Einkünfte und Beiträge zur Alters-, Pflege- und Krankheitsabsicherung gesichert sei. Hieran fehle es bei den Klägern. Die Aussage im Widerspruchsbescheid zur überwiegend im Kosovo verbrachten Lebenszeit der Kläger gelte ersichtlich nur für Personen, die nicht im Bundesgebiet geboren seien. Die minderjährigen Kläger zu 2. bis 4. hätten zwar überwiegend deutsche Lebensverhältnisse kennen gelernt. Dies sei wegen der Fixierung auf die Eltern aber nur bedingt prägend. Sie sprächen albanisch und könnten auch wieder albanisch lesen und schreiben lernen. Insofern teilten sie das Schicksal anderer im Bundesgebiet geborener Kinder, die Deutschland aufgrund der Ausreisepflicht der Eltern wieder verlassen müssten. Ein eigenständiges Aufenthaltsrecht hätten die Kinder nicht.
Eine tragfähige Grundlage für einen Vergleich des Inhalts, den Klägern und dem Ehemann/Vater Aufenthaltserlaubnisse zu erteilen, sehe der Beklagte nicht. Der Lebensunterhalt der Kläger sei nicht i.S.v. § 2 Abs. 3 AufenthG gesichert. Das monatliche Existenzminimum der Familie betrage 2.107,45 EUR, verfügbar seien zur Zeit (Juni 2006) aber nur 1312,-- EUR Familiennettoeinkommen zuzüglich Kindergeld von 462,-- EUR. Eine günstige Prognose bezüglich des Lebensunterhalts könne auch für die Zukunft nicht gestellt werden. Allein die Tatsache, dass seit 2000 keine Sozialleistungen mehr in Anspruch genommen würden, reiche für eine vollständig gelungene wirtschaftliche und soziale Integration der Kläger nicht aus. Es fehle vor allem auch an einer ausreichenden Altersvorsorge. Der Beklagten könne auch nicht der Vorwurf gemacht werden, durch Verweigerung eines Aufenthaltsrechts dem Ehemann die Annahme einer Vollzeitbeschäftigung verwehrt zu haben. Im Übrigen bestehe bei Herrn ... der Verdacht, dass er zeitweise mehr als 400,-- EUR (nämlich 420,-- EUR) bei der Firma ... verdient habe und damit den Rahmen der ihm erteilten Arbeitserlaubnis überschritten habe. Ein entsprechendes Ermittlungsverfahren werde in Gang gesetzt. Außerdem müsse Herr ... von Februar bis Ende Juni zu Unrecht erbrachte Leistungen der Agentur für Arbeit aus Arbeitslosengeld zurückerstatten.
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Der Beklagte beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 28.04.2005 - 2 K 1041/04 - zu ändern und die Klagen abzuweisen.
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Die Kläger beantragen,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie wiederholen ihre Auffassung, dass sie im maßgeblichen Zeitpunkt wirtschaftlich und sozial integriert gewesen seien. Vor allem die Kläger zu 2. bis 4. seien nahezu ausschließlich durch die deutschen Lebensverhältnisse geprägt. Es bestehe nach wie vor der Verdacht, dass das Landratsamt keine Ermessensentscheidung getroffen, sondern eine bereits vorgefasste Meinung umgesetzt habe. Die Kläger bzw. Herr ... zahlten nach wie vor Nutzungsentgeltansprüche der Gemeinde ... ab. Herr ... habe eine Vollzeitstelle bei einer Abbruchfirma in Aussicht, erhalte dafür aber keine beschäftigungsrechtliche Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit. Die Vorwürfe sozialrechtlicher Rechtsverstöße hätten sich schon bisher als haltlos erwiesen.
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In der mündlichen Verhandlung wurde bezüglich der aktuellen Einkommensverhältnisse geklärt, dass die Klägerin zu 1. und ihr Ehemann nach wie vor mtl. jeweils 400,-- EUR bei er Firma „... ...“ verdienen und die Klägerin zu 1. wiederum seit Mai als Zimmermädchen im Gasthof ... arbeitet und dafür weitere 600,-- EUR brutto (abzüglich Sozialversicherungsbeiträge 470,-- EUR netto) erhält. Der Vertreter des Beklagten hat im Hinblick auf § 114 Satz 2 VwGO sein Ermessen ergänzt: Im Rahmen von Art. 8 EMRK werde berücksichtigt, dass die Familie zusammen mit den Kindern gemeinsam in den Kosovo zurückkehren würde. Damit werde die Familieneinheit gewährleistet, Art. 8 EMRK gebe kein Recht auf Familienleben in Deutschland und führe erst Recht nicht zu einer Ermessenreduzierung auf Null zugunsten eines Aufenthaltsrechts. Wichtig sei im Hinblick auf die Familiennachzugsrichtlinie, dass der Familienunterhalt in Form der Altersvorsorge nicht ausreichend gesichert sei. Herr ... habe seinerzeit 1998/99 die Möglichkeit gehabt, eine Arbeitserlaubnis zu bekommen, diese aber nicht genutzt.
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Mit weiterem nachgelassenem Schriftsatz vom 27.07.2006 hat der Beklagte ausgeführt, beim Widerruf seien die wirtschaftlichen Belange der Betroffenen maßgeblich zu berücksichtigen, wie der Senat in einem ähnlichen Fall (Urteil vom 22.02.2006 - 11 S 1066/05 -) entschieden habe. Bei Herrn ... sei sein Privat- und Familienleben im Sinne von Art. 8 EMRK nicht fest verankert, weil er nicht aufenthaltsberechtigt, sondern nur geduldet sei.
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Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf die vorliegenden Gerichts- und Behördenakten der Kläger und des Ehemannes/Vaters Herrn ... im Verfahren 11 S 1524/06 verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
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Die statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Verfügung des Landratsamts Bodenseekreis vom 16.01.2004 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 22.04.2004 im Ergebnis zu Recht aufgehoben. Denn der auf der Grundlage von § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG verfügte Widerruf der unbefristeten Aufenthaltserlaubnisse der Kläger leidet - auch in der Fassung des Widerspruchsbescheids und unter Einbeziehung der im gerichtlichen Verfahren ergänzten Erwägungen - an Ermessensfehlern und ist deswegen rechtswidrig, was auch die Rechtswidrigkeit der Abschiebungsandrohung nach sich zieht (§§ 113 Abs. 1, 114 VwGO).
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I. Die streitige Widerrufsverfügung, ein negativ statusverändernder Verwaltungsakt, ist sowohl bezüglich der Rechts- als auch der Ermessensvoraussetzungen nach der nach nationalem Recht insoweit (materiellrechtlich) maßgeblichen Sach- und Rechtslage bei Abschluss des Verwaltungsverfahrens im April 2004 zu beurteilen (vgl. dazu allgemein Kopp/Schenke, VwGO § 113 Rnrn. 41, 46 ff.). Ermächtigungsgrundlage ist mithin der damals geltende § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG. Danach kann eine Aufenthaltserlaubnis - mit Wirkung für die Zukunft - widerrufen werden, wenn die Anerkennung eines Ausländers als Asylberechtigter oder seine Rechtsstellung als ausländischer Flüchtling erlischt oder unwirksam wird. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG liegen bei allen Klägern vor, da deren durch Bescheide vom 11.06.1999, 30.06.1999 und 05.07.1999 zugesprochener Status als Asylberechtigte und als Konventionsflüchtlinge nach § 51 Abs. 1 AuslG mit Unanfechtbarkeit des Widerrufsbescheids des Bundesamts am 30.11.2003 erloschen ist (vgl. §§ 73 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 6, 75 AsylVfG a.F. sowie Hailbronner, Ausländerrecht, § 73 AsylVfG Rn. 52). Der Beklagte hat entgegen seiner Auffassung jedoch das ihm eingeräumte Handlungsermessen nicht in einer dem Zweck der Ermächtigungsnorm entsprechenden Weise ausgeübt (§ 114 Satz 1 VwGO). Er hat dieses Ermessen, das nur zwei Entscheidungsmöglichkeiten eröffnet - nämlich das unbefristete Aufenthaltsrecht zu widerrufen oder aber vom Widerruf abzusehen - im ersteren Sinn zu Lasten der Kläger ausgeübt, dabei deren rechtlich schützenswerte Interessen aber nicht mit dem ihnen zukommenden und auch auf die öffentliche Interessenlage durchschlagenden Gewicht in seine Erwägungen eingestellt. Diese Defizite bei der Belangerhebung (Abwägungsebene) haben potenziell auch auf das Entscheidungsergebnis durchgeschlagen.
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1. Der Beklagte ist zunächst allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass ein Widerruf der unbefristeten Aufenthaltserlaubnisse hier nicht schon deswegen ausscheidet, weil den Klägern sofort ein dem entzogenen Recht gleichwertiger unbefristeter Aufenthaltstitel aus asylunabhängigen Rechtsgründen - und ohne Anrechnung asylbezogener Aufenthalts- und Bleiberechte - zu erteilen gewesen wäre (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 20.02.2003 - 1 C 13.02 -, NVwZ 2003, 1275 ff. = InfAuslR 2003, 324 ff.; VGH Bad.-Württ., Urteile vom 22.02.2006 - 11 S 1066/05 -, Juris, und vom 16.10.1996 - 13 S 2408/95 -, EzAR 214 Nr. 5; ebenso OVG Niedersachsen, Beschluss vom 18.09.2000 - 1 M 2888/00 -, Juris). Denn ein derartiger gebundener Anspruch stand keinem der Kläger zu. Die Kläger erfüllten - wenn teilweise auch knapp - schon die zeitlichen Anforderungen für eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis nach §§ 24 - 26 AuslG nicht, ganz abgesehen davon, dass die bisherigen Aufenthaltszeiten, da funktional asylabhängig, gar nicht als Anwartschaft hätten angerechnet werden dürfen (so BVerwG, Urteil vom 20.02.2003 a.a.O unter Verwerfung der abweichenden Auffassung des Senats im zugrunde liegenden Urteil vom 10.04.2002 - 11 S 331/02 -, InfAuslR 2002, 289 ff.).
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2. Ermessensfehler in der Bewertung des damaligen Aufenthaltsstatus der Kläger sind dem Beklagten auch insofern nicht unterlaufen, als er sich im Widerspruchsbescheid mit der Frage befasst - und diese verneint - hat, ob den Klägern ein Anspruch auf einen gegenüber der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis geringerwertigen - nämlich befristeten - Aufenthaltstitel zustand. Denn die Kläger erfüllten (mangels eines Aufenthaltstitels ihres Ehemanns/Vaters) weder die Voraussetzungen einer Aufenthaltserlaubnis nach §§ 17 ff. AuslG noch hätte ihnen eine Aufenthaltsbefugnis nach § 32 AuslG i.V.m. mit der Anordnung des Innenministeriums vom 15.06.2002 - 4-13-JUG/104 - für erwerbstätige Flüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina und der Bundesrepublik Jugoslawien erteilt werden dürfen. Zwar gehörte die Familie ...x insofern zum erfassten Personenkreis des Erlasses vom 15.06.2001, als sie sich zum Stichtag 2001 weit mehr als 6 Jahre ununterbrochen im Bundesgebiet aufhielt. Jedoch waren damals weder die Klägerin zu 1. noch ihr Ehemann bereits zwei Jahre lang dauerhaft beschäftigt und lag beim Ehemann aufgrund der damals noch verwertbaren Straftaten zudem ein Ausschlussgrund nach Nr. III 1b) der Anordnung vor. Schließlich schied aus Rechtsgründen damals die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nach § 30 Abs. 3 oder Abs. 4 AuslG aus. Zwar lagen im Hinblick auf die schützenswerten Belange der Kläger (langer Aufenthalt, davon mehrere Jahre rechtmäßig, gelungene Integrationsbemühungen, dazu im Einzelnen noch unten) möglicherweise Abschiebungs- und Ausreisehindernisse nach § 55 Abs. 2 i.V.m. Art. 8 EMRK bzw. Art. 6 Abs. 1 und 2 GG vor und hätte auch das Fehlen einer vollständigen Unterhaltssicherung nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 AuslG der Erteilung nicht entgegengestanden, da hier ein Ausnahmefall von der Regel anzunehmen gewesen wäre. Jedoch waren die Kläger nicht vollziehbar ausreisepflichtig, da die Widerrufsverfügung nicht vollziehbar war (§ 42 Abs. 2 Satz 2 AuslG).
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3. Der Gesichtspunkt eines fehlenden anderweitigen befristeten Aufenthaltstitels ist allerdings ambivalent. Steht dem Ausländer ein solcher Anspruch zu, so stellt sich, da der Streitgegenstand des Widerrufsverfahrens nicht teilbar ist (VGH Bad.- Württ., Urteil vom 16.10.1996 - 13 S 2408/95 -, a.a.O.), die Frage, ob ihm deswegen die überschießende unbefristete Aufenthaltserlaubnis zu belassen oder ob diese zu entziehen und er auf den neu zu erteilenden befristeten Aufenthaltstitel zu verweisen ist, wofür gute Gründe sprechen können (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.02.2006 a.a.O.). Steht dem Ausländer, wie hier, ein befristeter Aufenthaltserlaubnisanspruch nicht zu, so mindert dies seine Schutzwürdigkeit im Rahmen des Widerrufsermessens nicht notwendigerweise. In diesem Fall hat der Widerruf der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis die besonders einschneidende Folge, dass damit sein Aufenthaltsrecht und damit die gesamte in Deutschland begründete Existenz „steht und fällt“. Dies hat die Ausländerbehörde bei Ausübung ihres Ermessens zu bedenken. Das Fehlen eines befristeten asylunabhängigen Auffangaufenthaltsrechts darf daher nicht einseitig als Fingerzeig für die Berechtigung (Verhältnismäßigkeit) des Widerrufs gesehen werden, sondern gebietet eine sorgfältige ergebnisoffene Bewertung der für und gegen die damit verbundene Aufenthaltsbeendigung sprechenden öffentlichen und persönlichen Interessen.
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4. Die Notwendigkeit einer solchen angesichts der existentiellen Betroffenheit (drohende Aufenthaltsbeendigung) sorgfältigen Ermessensprüfung hebt auch das Bundesverwaltungsgericht hervor (Urteil vom 20.02.2003 a.a.O.). Es betont zu Recht, dass das der Ausländerbehörde vom Gesetzgeber in § 43 Abs. 1 AuslG (= § 52 Abs. 1 AufenthG) eingeräumte Ermessen nicht an bestimmte Vorgaben geknüpft ist, sondern einen weiten Spielraum eröffnet. Dabei darf die Behörde zwar grundsätzlich davon ausgehen, dass in den Fällen des § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG (= § 52 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG) ein gewichtiges öffentliches Interesse“ an dem Widerruf der Aufenthaltsgenehmigung besteht, falls nicht aus anderen Gründe ein gleichwertiger Aufenthaltstitel zu erteilen ist. Dieses öffentliche Interesse ist Ausdruck des allgemeinen Gedankens, dass mit dem Wegfall einer für die Gewährung des Aufenthaltstitels wesentlichen Voraussetzung das Aufenthaltsrecht selbst beendet werden kann (Hailbronner, Ausländerrecht, § 52 AufenthG Rn. 33). Es wird insofern zwar als „gewichtig“ eingestuft. Dies bedeutet aber nicht, dass es absolut oder auch nur grundsätzlich (regelmäßig) Vorrang vor gleichgewichtigen gegenläufigen (persönlichen oder öffentlichen) Belangen genießt (zu weitgehend daher wohl VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.10.1996, a.a.O.). Vielmehr ist das mit der Akzessorietät zwischen Asyl und Aufenthalt begründete öffentliche Widerrufsinteresse schlicht mit dem ihm (grundsätzlich) beizumessenden Gewicht in die Ermessenserwägungen einzustellen und - unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls - mit anderen öffentlichen Belangen und mit den schutzwürdigen Belangen des Ausländers am weiteren Verbleib im Bundesgebiet abzuwägen. Diese schutzwürdigen Belange lassen sich beispielhaft dem Katalog des § 45 Abs. 2 AuslG entnehmen, der allerdings eine andere Konstellation, nämlich die Aufenthaltsbeendigung durch Ermessensausweisung betrifft (vgl. dazu auch Nr. 43.1.4.3 AuslG-VwV, sowie allgemein für ausländerrechtliche Ermessensentscheidungen Nr. 7.1.2.1 ff. AuslVwV sowie nach neuem Recht Nr. 52.1.4.3 der vorläufigen Anwendungshinweise AufenthG - VAH -) Dazu gehören vornehmlich die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts und die schutzwürdigen persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen des Ausländers im Bundesgebiet (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2003 a.a.O; Urteil des Senats vom 22.02.2006 a.a.O.), aber auch Duldungsgründe. Hinzuweisen ist darauf, dass Behörden und Gerichte bei der Bewertung und Gewichtung der persönlichen Belange nicht daran gebunden sind, ob dem Ausländer deswegen jeweils eine der im Gesetz typisierten Aufenthaltsgenehmigungen erteilt werden dürfte oder nicht. Auf solche speziellen typisierten Erteilungsvoraussetzungen kommt es nicht an. Vielmehr bleibt es bei dem Grundsatz, dass die speziellen Beschränkungen oder Vergünstigungen bei den gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung nicht auf die in anderen Kapiteln des Ausländergesetzes geregelten Instrumentarien zu übertragen sind (so ausdrücklich BVerwG, Urteil vom 20.02.2003 a.a.O. unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 28.01.1997 - 1 C 17.94 -, Buchholz 402.240 § 48 AuslG 1990 Nr.10). Demgemäß kann bei Ausübung des Widerrufsermessens dem Ausländer nicht schematisch entgegengehalten werden, dass er die besonderen Anforderungen eines typisierten Aufenthaltstitels oder aber die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 AufenthG nicht erfüllt. Zulässig ist allerdings, die hinter diesen Voraussetzungen stehenden (öffentlichen wie persönlichen) Belange in flexibler Weise und ihrer Bedeutung im Einzelfall gemäß zu gewichten und in die Gesamtabwägung einzustellen. Bei Würdigung des Aufenthalts von Asylberechtigten ist schließlich von Bedeutung, dass der Gesetzgeber dieses Aufenthaltsrecht übergangslos durch Gewährung eines „hochwertigen“ Aufenthaltstitels, nämlich der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis abgesichert hat (§ 68 Abs. 1 AsylVfG a.F.; heute: Aufenthaltserlaubnis ohne Bindung an allgemeine Erteilungsvoraussetzung und Übergang in eine Niederlassungserlaubnis nach 3 Jahren, vgl. §§ 25 Abs. 1 Satz 1, 26 Abs. 3, 5 Abs. 3, erster Halbsatz AufenthG). Ziel dieser Absicherung war und ist es, die Integration des verfolgten Ausländers in die deutsche Gesellschaft nach Möglichkeit zu fördern. Demgemäß kommt den von dem Asylberechtigten während dieser Aufenthaltsphase erbrachten - vom Gesetz gewollten - Integrationsleistungen besondere Bedeutung zu. Sie sind uneingeschränkt im Fall eines späteren (Ermessens)Widerrufs, mit dem das Aufenthaltsrecht insoweit „belastet“. ist, als schutzwürdige persönliche Belange des Ausländers in den Entscheidungsvorgang einzustellen (vgl. Beschluss des Senats vom 10.11.2005 - 11 S 650/05 -, VBlBW 2006, 282 ff.). Gelingt diese Integration nicht, was insbesondere durch Begehung von Straftaten belegt sein kann, indiziert dies ein erhebliches öffentliches Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung aus Gründen der Gefahrenabwehr; ohne dass der Ausländer sich insofern - gemäß dem oben erwähnten Verbot der schematischen Anwendung von Anforderungen aus anderen Gesetzeskapiteln - schematisch auf die Vergünstigungen besonderen Ausweisungsschutzes nach §§ 48 AuslG, 56 AufenthG berufen kann (dazu Beschluss des Senats vom 10.11.2005 a.a.O.). Verläuft die Integration hingegen den Umständen entsprechend erfolgreich, so kann es je nach Lage im Einzelfall auch mit öffentlichen einwanderungs- und auch bevölkerungspolitischen Belangen vereinbar, ja sogar im öffentlichen Interesse wünschenswert sein, den betreffenden Ausländer - seinen Integrationswillen und seine Integrationsleistungen nutzend - im Land zu halten und deshalb von einer Aufenthaltsbeendigung abzusehen. Für die Beurteilung des Integrationserfolgs oder -misserfolgs ist zwar, wie dargelegt, der Zeitraum bei Abschluss des Verwaltungsverfahrens maßgeblich. Gleichwohl sind nachfolgende Erkenntnismittel insofern von Bedeutung, als ihnen Anhaltspunkte dafür entnommen werden können, ob sich die damalige Einschätzung des Sachverhalts als richtig erweist oder nicht. Insofern können die diesbezüglichen Grundsätze bei Prüfung der Ausweisung nutzbar gemacht werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.05.2001 - 1 B 125.00 -, NVwZ 2001, 1288 ff. = InfAuslR 2001, 312 ff.; Beschluss vom 16.10.1989 - 1 B 106.89 -, InfAuslR 1990, 4 ff.). Hinsichtlich der Vereinbarkeit des Widerrufs mit Art. 8 EMRK ist ohnehin ausschnittsweise die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in den Blick zu nehmen, soweit es um den Stand des Privat- und Familienlebens der Kläger geht (inzwischen st. Rspr., vgl. etwa EGMR Urteil vom 22.04.2003 - 42703/98 - ; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.01.2004 - 10 S 1610/03 -, VBlBW 2004, 308).
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5. Diesen Anforderungen werden die Ermessenserwägungen des Beklagten im Verwaltungs- wie (ergänzend) im gerichtlichen Verfahren nicht in vollem Umfang gerecht.
25 
Zwar treffen die vom Verwaltungsgericht angenommenen Ermessensfehler insoweit nicht zu, als dem Beklagten vorgehalten wird, bei Bewertung der wirtschaftlichen Integration ausschließlich den Zeitraum des asylverfahrensbedingten Aufenthalts zwischen 1993 und 2000 in den Blick genommen, den nachfolgenden Zeitraum bis 2004 (Zeitraum des rechtmäßigen Aufenthalts nach Anerkennung der Kläger als Asylberechtigte), während dessen die Kläger beruflich besser Fuß gefasst hätten, hingegen nicht berücksichtigt zu haben. Denn im Widerspruchsbescheid hat das Regierungspräsidium die wirtschaftliche Lage der Kläger gerade „unter Eliminierung der asylbedingten Aufenthaltszeit“ gewürdigt und auch im gerichtlichen Verfahren hat der Beklagte die Einkommensverhältnisse der Kläger und ihres Ehemanns/Vaters ab 2000 bis heute detailliert dargestellt. Entgegen dem Verwaltungsgericht hat der Beklagte (im Widerspruchsbescheid) auch grundsätzlich erkannt, dass die Kläger als aufenthaltsberechtigte Asylberechtigte bezüglich ihrer Bleibeinteressen nicht schlechthin mit abgelehnten Asylbewerbern gleichgestellt werden dürfen. Schließlich ist die - zumindest missverständliche - Erwägung im Widerspruchsbescheid, auch der Kläger zu 2. als „nicht im Bundesgebiet geborenes Kind“ sei „im Herkunftsland aufgewachsen“ und habe „einen wesentlichen Teil (seines) Lebens im Kosovo verbracht“, durch klarstellende Äußerungen des Beklagten im gerichtlichen Verfahren behoben worden (§ 114 Satz 2 VwGO).
26 
Der Beklagte hat gleichwohl, wie das Verwaltungsgericht im Ergebnis zutreffend ausführt, die schutzwürdigen, gegen eine Aufenthaltsbeendigung sprechenden Belange und Bindungen der Kläger nicht mit dem ihnen gebührenden Gewicht in seine Erwägungen eingestellt. Die Kläger sind seit 1993 in Deutschland. Aufgrund ihrer 1997 gestellten Asylfolge- bzw. Erstanträge wurden sie 1999 als Asylberechtigte und politische Flüchtlinge anerkannt und waren ab diesem Zeitpunkt aufenthaltsberechtigt. Die sodann am 06.07.1999 bzw. 12.01.2000 erteilten unbefristeten Aufenthaltserlaubnisse eröffneten in rechtlicher Hinsicht die Möglichkeit zu dauerhafter Integration. Von dieser Möglichkeit haben die Kläger im Rahmen der damaligen persönlichen Umstände auch Gebrauch gemacht. Die Klägerin zu 1. war mit Erfolg bemüht, sich eine ihrem Bildungs- und Ausbildungsstand entsprechende berufliche Grundlage zu schaffen, indem sie seit 2000 eine durchgehende Beschäftigung bei einer Reinigungsfirma und eine weitere Saisonbeschäftigung als Hausmädchen in einem Beherbergungsbetrieb innehatte. Mehr an beruflichem Engagement konnte von der Klägerin angesichts ihrer Erziehungsaufgabe für ihre 1990, 1994 und 1997 geborenen minderjährigen Kinder nicht abverlangt werden. Die Klägerin zu 1. behielt die genannten Beschäftigungen bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens bei und übt sie bis heute aus. Sie war und ist - wie die Entwicklung nach 2004 bis heute bestätigt - aufgrund dieser langjährigen Tätigkeiten bei denselben Arbeitgebern ihren Möglichkeiten entsprechend beruflich gut integriert. Auch wirtschaftlich konnte und kann sich die Familie eine Existenz verschaffen, die es ihr ermöglichte, ab 2000 unter Einbeziehung des Kindergelds und der Einkünfte ihres Ehemanns im wesentlichen ohne Leistungen der Sozialhilfe auszukommen. Dem misst der Beklagte eine zu geringe Bedeutung bei. Indem er darauf abstellt, dass eine „vollständige“ wirtschaftliche Integration und eine auf Dauer - einschließlich ausreichender Altersversorgung - gesicherte Existenzgrundlage verlangt werden müsse, bei den Klägern aber bis heute nicht vorliege, geht er von Anforderungen aus, die zwar für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis maßgeblich sein können (gesicherter Lebensunterhalt nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 AufenthG, Familienzusammenführungsvoraussetzungen nach Art. 7 der RL 2003/86/EG vom 22.9.2003), die beim Widerrufsermessen nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG/§ 52 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG) aber nicht schematisch verlangt werden können. Schutzwürdig beim Widerrufsermessen können auch nachhaltige Bemühungen sein, beruflich und wirtschaftlich Fuß zu fassen, auch wenn diese Anstrengungen noch nicht vollständig zum Erfolg geführt haben. Dem werden die Erwägungen des Beklagten, der auch im gerichtlichen Verfahren von der Forderung nach vollständiger Lebensunterhaltssicherung nicht abgerückt ist, nicht ausreichend gerecht. Der Beklagte verkennt auch, dass für die Beurteilung des Grades der wirtschaftlichen Integration der Kläger auch das Einkommen des Ehemanns und Vaters ... ... einbezogen werden durfte und darf. Dieser leitete und leitet, da ihm wegen nachträglicher Antragstellung kein Familienasyl und ein darauf fußender eigener Aufenthaltstitel zustand (vgl. § 26 Abs. 1 Nr. 3 AsylVfG a.F.), seinen Aufenthaltsanspruch ausschließlich vom Aufenthaltsrecht der Kläger ab. Bei einer solchen Konstellation sah § 17 Abs. 2 Nr. 3 AuslG in besonderen Härtefällen - hierzu zählte auch die Inanspruchnahme des „Stammberechtigten“ durch Kinderbetreuung (vgl. GK-AuslR, § 17 Rn. 125) - vor, dass auch auf die Erwerbstätigkeit eines nachziehenden geduldeten Familienangehörigen zurückgegriffen werden konnte. Nach heutigem Recht erlaubt es § 2 Abs. 3 AufenthG sogar vorbehaltlos, die Beiträge der Familienangehörigen zum Haushaltseinkommen zu berücksichtigen.
27 
Hat der Beklagte nach all dem an die wirtschaftlich-berufliche Integration der Kläger zu hohe Anforderungen gestellt, so hat er andererseits der durchaus erfolgreichen sozialen Integration und dem Gewicht ihres langjährigen Aufenthalts zu geringe Bedeutung geschenkt. Die Klägerin zu 1. und der Kläger zu 2. sind seit 1993 in Deutschland. Der Kläger zu 2. hat seine prägenden Kinder- und Jugendjahre hier verbracht. Die Kläger zu 3. und 4. sind gar in Deutschland geboren. Die Kläger hatten zunächst ein verfahrensbezogenes Aufenthaltsrecht als Asylbewerber (Aufenthaltsgestattung), welches sich dann in ein unbefristet gewährtes Aufenthaltsrecht als Asylberechtigte wandelte. Letzteres Aufenthaltsrecht blieb mehrere Jahre bis zum Zugang der Widerrufsverfügung vom 16.01.2004 wirksam (§ 72 Abs. 2 Satz 1 AuslG) fortbestehen. Während des gesamten Zeitraums seit 1993 waren und sind die Kläger strafrechtlich negativ nicht in Erscheinung getreten. Soweit der Beklagte der Klägerin zu 1. Falschangaben in Sozialversicherungsangelegenheiten vorgehalten hat, konnte dies nicht hinreichend belegt werden. Die Klägerin zu 1. versteht und spricht, wie in der mündlichen Verhandlung festgestellt worden ist, auch ausreichend deutsch. Die Dolmetscherin musste nur hilfsweise in Anspruch genommen werden. Die Kläger zu 2. und 4. haben sich sprachlich und schulisch ersichtlich voll in die hiesigen Verhältnisse eingelebt. Bei Abschluss des Verwaltungsverfahrens waren die Kinder 14, 10 und 6 Jahre alt, heute beträgt ihr Alter 16, 12 und 8 Jahre. Der Kläger zu 2. besucht die Hauptschule, die Klägerin zu 4. die Grundschule und die Klägerin zu 3. eine Förderschule mit Aussicht, auf die Hauptschule zu wechseln.
28 
6. Diesen positiven Integrationsgesichtspunkten, den sich hieraus ergebenden schutzwürdigen Belangen der Kläger am Verbleib in Deutschland und dem damit - insbesondere hinsichtlich der Kläger zu 2.- 4. - teilweise gleichgerichteten öffentlichen (einwanderungs- und bevölkerungspolitischen) öffentlichen Interesse hat der Beklagte nicht das gebotene Gewicht beigemessen. Dies gilt nicht nur für das nationale Recht, sondern vornehmlich auch im Hinblick auf die Rechte der Kläger aus Art. 8 Abs. 1 EMRK auf Achtung ihres Privatlebens. Wegen der zu beachtenden Kriterien im Einzelnen verweist der Senat auf seinen Beschluss vom 10.05.2006 - 11 S 2354/05 - und das Urteil des 13. Senats des erkennenden Gerichtshofs vom 18.01.2006 - 13 S 2220/05 -. Danach kann die Beendigung eines Aufenthaltsrechts in Deutschland - sei es durch Ausweisung wegen Straftaten oder, wie hier, durch Widerruf eines asylbezogenen Aufenthaltstitels - einen Eingriff in den Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Privatlebens darstellen. Art. 8 EMRK fungiert insofern als Abwehrrecht (EGMR, Entsch. vom 16.06.2005 - 60654/00 ). Zum schützenswerten Privatleben gehören die gewachsenen persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Bindungen in dem Staat, in dem der Ausländer geboren oder aufgewachsen ist. Eine den Schutz des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK auslösende Verbindung kann insbesondere für solche Ausländer in Betracht kommen, deren Bindungen an die Bundesrepublik Deutschland auf Grund eines Hineinwachsens in die hiesigen Verhältnisse mit gleichzeitiger Entfremdung von ihrem Heimatland quasi deutschen Staatsangehörigen gleichzustellen sind. Ihre Situation ist dadurch gekennzeichnet, dass die Bundesrepublik Deutschland faktisch das Land ist, zu dem sie gehören, während sie mit ihrem Heimatland nur noch das formale Band ihrer Staatsangehörigkeit verbindet (zum Begriff des „faktischen Inländers“ im Zusammenhang mit dem „Schutz des Familienlebens“ vgl. etwa EGMR, Urteile vom 26.03.1992 , InfAuslR 1994, 86 ff., und vom 26.09.1997 , InfAuslR 1997, 430; s. auch BVerwG, Urteil vom 29.09.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303 ff., und OVG Schleswig, Urteil vom 23.02.1999 - 4 L 195/98 - ). Erforderlich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats ist grundsätzlich eine aufenthaltsrechtliche Verankerung, die in Fällen bloßer Duldungen regelmäßig nicht erfüllt ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 03.06.1997 - 1 C 18/96 -, NVwZ 1998, 189 ff., und vom 29.03.1996 - 1 C 28/94 -, InfAuslR 1997, 24 ff. sowie Beschluss des Senats vom 25.09.2003 - 11 S 1795/03 -, InfAuslR 2004, 70 ff.). Auch der EGMR hat in seinen einschlägigen Entscheidungen jeweils maßgeblich auf die Bedeutung eines bestehenden Aufenthaltsrechts abgestellt (vgl. etwa Entscheidung vom 07.10.2004 (, NVwZ 2005, 1043).
29 
Die Kläger verfügten sämtlich über ein solches - auf Integration angelegtes - Aufenthaltsrecht, das ihnen entzogen worden ist. Der dadurch bewirkte Eingriff in das Privatleben der Kläger war daher mit den diesen Eingriff rechtfertigenden in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Belangen unter Berücksichtigung der Erforderlichkeit (Verhältnismäßigkeit) abzuwägen, insbesondere mit dem Belang der „öffentlichen Ordnung“ zu dem das Interesse an einer wirksamen Einwanderungskontrolle gehört (vgl. Nachweise im Beschluss des Senats vom 10.05.2006 a.a.O.). Im Rahmen der gebotenen Gesamtschau mussten hierbei vornehmlich die Belange der Kläger zu 2. - 4. in den Blick genommen werden, die als Kleinkinder nach Deutschland eingereist bzw. hier geboren sind und mehrere Jahre ein gesichertes Aufenthaltsrecht besaßen. Sie besuchen alle die Schule, Anhaltspunkte für strafbares oder unangepasstes Verhalten sind nicht vorgetragen und nicht ersichtlich. Es ist auch davon auszugehen, dass sie die deutsche Sprache einwandfrei beherrschen. Diese Gesichtspunkte und die sich daran im Lichte des Art. 8 EMRK anschließenden Fragen - ob die Kläger zu 2. - 4. „faktische Inländer“ mit entsprechender Verwurzelung in Deutschland sind und ob und wie stark die innerfamiliären Verhältnisse noch von der nationalen Herkunft geprägt sind (sog. Stichwort: familienbezogene Gesamtbetrachtung, vgl. Beschluss des Senats vom 10.05.2006 a.a.O.) - hat der Beklagte weder in den Bescheiden noch in seinen ergänzenden Ausführungen in der im gerichtlichen Verfahren, in der mündlichen Verhandlung und im nachgereichten Schriftsatz vom 27.07.2006 ausreichend berücksichtigt. Er hat stattdessen vorrangig den Belang der Familieneinheit in den Blick genommen und sich auf die Erörterung konzentriert, dass Herr ...-... kein faktischer Inländer im Sinne von Art. 8 Abs. 1 EGMR sei, kein ausreichendes Einkommen habe und gegen sozial- und arbeitserlaubnisrechtliche Pflichten verstoßen habe. Darauf kam es indessen nicht entscheidend an. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Beklagte bei einer ordnungsgemäßen Abwägung zu einem anderen Ergebnis hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit des Widerrufs gekommen wäre.
30 
II. Ist nach all dem die Widerrufsverfügung mit Wirkung ex tunc aufzuheben, besteht die unbefristete Aufenthaltserlaubnis der Kläger nach neuem Recht als übergeleitete Niederlassungserlaubnis fort (§§ 101 Abs. 1 Satz 1, 26 Abs. 3 AufenthG). Mangels Ausreisepflicht kann daher auch die Abschiebungsandrohung keinen Bestand haben und war ebenfalls aufzuheben (§§ 50 Abs. 1, 49 Abs. 1, 42 Abs. 1 AuslG).
31 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
32 
Beschluss vom 26.07.2006
33 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.000,-- EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1, 67 Nr. 1 GKG).
34 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
18 
Die statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Verfügung des Landratsamts Bodenseekreis vom 16.01.2004 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 22.04.2004 im Ergebnis zu Recht aufgehoben. Denn der auf der Grundlage von § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG verfügte Widerruf der unbefristeten Aufenthaltserlaubnisse der Kläger leidet - auch in der Fassung des Widerspruchsbescheids und unter Einbeziehung der im gerichtlichen Verfahren ergänzten Erwägungen - an Ermessensfehlern und ist deswegen rechtswidrig, was auch die Rechtswidrigkeit der Abschiebungsandrohung nach sich zieht (§§ 113 Abs. 1, 114 VwGO).
19 
I. Die streitige Widerrufsverfügung, ein negativ statusverändernder Verwaltungsakt, ist sowohl bezüglich der Rechts- als auch der Ermessensvoraussetzungen nach der nach nationalem Recht insoweit (materiellrechtlich) maßgeblichen Sach- und Rechtslage bei Abschluss des Verwaltungsverfahrens im April 2004 zu beurteilen (vgl. dazu allgemein Kopp/Schenke, VwGO § 113 Rnrn. 41, 46 ff.). Ermächtigungsgrundlage ist mithin der damals geltende § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG. Danach kann eine Aufenthaltserlaubnis - mit Wirkung für die Zukunft - widerrufen werden, wenn die Anerkennung eines Ausländers als Asylberechtigter oder seine Rechtsstellung als ausländischer Flüchtling erlischt oder unwirksam wird. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG liegen bei allen Klägern vor, da deren durch Bescheide vom 11.06.1999, 30.06.1999 und 05.07.1999 zugesprochener Status als Asylberechtigte und als Konventionsflüchtlinge nach § 51 Abs. 1 AuslG mit Unanfechtbarkeit des Widerrufsbescheids des Bundesamts am 30.11.2003 erloschen ist (vgl. §§ 73 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 6, 75 AsylVfG a.F. sowie Hailbronner, Ausländerrecht, § 73 AsylVfG Rn. 52). Der Beklagte hat entgegen seiner Auffassung jedoch das ihm eingeräumte Handlungsermessen nicht in einer dem Zweck der Ermächtigungsnorm entsprechenden Weise ausgeübt (§ 114 Satz 1 VwGO). Er hat dieses Ermessen, das nur zwei Entscheidungsmöglichkeiten eröffnet - nämlich das unbefristete Aufenthaltsrecht zu widerrufen oder aber vom Widerruf abzusehen - im ersteren Sinn zu Lasten der Kläger ausgeübt, dabei deren rechtlich schützenswerte Interessen aber nicht mit dem ihnen zukommenden und auch auf die öffentliche Interessenlage durchschlagenden Gewicht in seine Erwägungen eingestellt. Diese Defizite bei der Belangerhebung (Abwägungsebene) haben potenziell auch auf das Entscheidungsergebnis durchgeschlagen.
20 
1. Der Beklagte ist zunächst allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass ein Widerruf der unbefristeten Aufenthaltserlaubnisse hier nicht schon deswegen ausscheidet, weil den Klägern sofort ein dem entzogenen Recht gleichwertiger unbefristeter Aufenthaltstitel aus asylunabhängigen Rechtsgründen - und ohne Anrechnung asylbezogener Aufenthalts- und Bleiberechte - zu erteilen gewesen wäre (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 20.02.2003 - 1 C 13.02 -, NVwZ 2003, 1275 ff. = InfAuslR 2003, 324 ff.; VGH Bad.-Württ., Urteile vom 22.02.2006 - 11 S 1066/05 -, Juris, und vom 16.10.1996 - 13 S 2408/95 -, EzAR 214 Nr. 5; ebenso OVG Niedersachsen, Beschluss vom 18.09.2000 - 1 M 2888/00 -, Juris). Denn ein derartiger gebundener Anspruch stand keinem der Kläger zu. Die Kläger erfüllten - wenn teilweise auch knapp - schon die zeitlichen Anforderungen für eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis nach §§ 24 - 26 AuslG nicht, ganz abgesehen davon, dass die bisherigen Aufenthaltszeiten, da funktional asylabhängig, gar nicht als Anwartschaft hätten angerechnet werden dürfen (so BVerwG, Urteil vom 20.02.2003 a.a.O unter Verwerfung der abweichenden Auffassung des Senats im zugrunde liegenden Urteil vom 10.04.2002 - 11 S 331/02 -, InfAuslR 2002, 289 ff.).
21 
2. Ermessensfehler in der Bewertung des damaligen Aufenthaltsstatus der Kläger sind dem Beklagten auch insofern nicht unterlaufen, als er sich im Widerspruchsbescheid mit der Frage befasst - und diese verneint - hat, ob den Klägern ein Anspruch auf einen gegenüber der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis geringerwertigen - nämlich befristeten - Aufenthaltstitel zustand. Denn die Kläger erfüllten (mangels eines Aufenthaltstitels ihres Ehemanns/Vaters) weder die Voraussetzungen einer Aufenthaltserlaubnis nach §§ 17 ff. AuslG noch hätte ihnen eine Aufenthaltsbefugnis nach § 32 AuslG i.V.m. mit der Anordnung des Innenministeriums vom 15.06.2002 - 4-13-JUG/104 - für erwerbstätige Flüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina und der Bundesrepublik Jugoslawien erteilt werden dürfen. Zwar gehörte die Familie ...x insofern zum erfassten Personenkreis des Erlasses vom 15.06.2001, als sie sich zum Stichtag 2001 weit mehr als 6 Jahre ununterbrochen im Bundesgebiet aufhielt. Jedoch waren damals weder die Klägerin zu 1. noch ihr Ehemann bereits zwei Jahre lang dauerhaft beschäftigt und lag beim Ehemann aufgrund der damals noch verwertbaren Straftaten zudem ein Ausschlussgrund nach Nr. III 1b) der Anordnung vor. Schließlich schied aus Rechtsgründen damals die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nach § 30 Abs. 3 oder Abs. 4 AuslG aus. Zwar lagen im Hinblick auf die schützenswerten Belange der Kläger (langer Aufenthalt, davon mehrere Jahre rechtmäßig, gelungene Integrationsbemühungen, dazu im Einzelnen noch unten) möglicherweise Abschiebungs- und Ausreisehindernisse nach § 55 Abs. 2 i.V.m. Art. 8 EMRK bzw. Art. 6 Abs. 1 und 2 GG vor und hätte auch das Fehlen einer vollständigen Unterhaltssicherung nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 AuslG der Erteilung nicht entgegengestanden, da hier ein Ausnahmefall von der Regel anzunehmen gewesen wäre. Jedoch waren die Kläger nicht vollziehbar ausreisepflichtig, da die Widerrufsverfügung nicht vollziehbar war (§ 42 Abs. 2 Satz 2 AuslG).
22 
3. Der Gesichtspunkt eines fehlenden anderweitigen befristeten Aufenthaltstitels ist allerdings ambivalent. Steht dem Ausländer ein solcher Anspruch zu, so stellt sich, da der Streitgegenstand des Widerrufsverfahrens nicht teilbar ist (VGH Bad.- Württ., Urteil vom 16.10.1996 - 13 S 2408/95 -, a.a.O.), die Frage, ob ihm deswegen die überschießende unbefristete Aufenthaltserlaubnis zu belassen oder ob diese zu entziehen und er auf den neu zu erteilenden befristeten Aufenthaltstitel zu verweisen ist, wofür gute Gründe sprechen können (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.02.2006 a.a.O.). Steht dem Ausländer, wie hier, ein befristeter Aufenthaltserlaubnisanspruch nicht zu, so mindert dies seine Schutzwürdigkeit im Rahmen des Widerrufsermessens nicht notwendigerweise. In diesem Fall hat der Widerruf der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis die besonders einschneidende Folge, dass damit sein Aufenthaltsrecht und damit die gesamte in Deutschland begründete Existenz „steht und fällt“. Dies hat die Ausländerbehörde bei Ausübung ihres Ermessens zu bedenken. Das Fehlen eines befristeten asylunabhängigen Auffangaufenthaltsrechts darf daher nicht einseitig als Fingerzeig für die Berechtigung (Verhältnismäßigkeit) des Widerrufs gesehen werden, sondern gebietet eine sorgfältige ergebnisoffene Bewertung der für und gegen die damit verbundene Aufenthaltsbeendigung sprechenden öffentlichen und persönlichen Interessen.
23 
4. Die Notwendigkeit einer solchen angesichts der existentiellen Betroffenheit (drohende Aufenthaltsbeendigung) sorgfältigen Ermessensprüfung hebt auch das Bundesverwaltungsgericht hervor (Urteil vom 20.02.2003 a.a.O.). Es betont zu Recht, dass das der Ausländerbehörde vom Gesetzgeber in § 43 Abs. 1 AuslG (= § 52 Abs. 1 AufenthG) eingeräumte Ermessen nicht an bestimmte Vorgaben geknüpft ist, sondern einen weiten Spielraum eröffnet. Dabei darf die Behörde zwar grundsätzlich davon ausgehen, dass in den Fällen des § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG (= § 52 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG) ein gewichtiges öffentliches Interesse“ an dem Widerruf der Aufenthaltsgenehmigung besteht, falls nicht aus anderen Gründe ein gleichwertiger Aufenthaltstitel zu erteilen ist. Dieses öffentliche Interesse ist Ausdruck des allgemeinen Gedankens, dass mit dem Wegfall einer für die Gewährung des Aufenthaltstitels wesentlichen Voraussetzung das Aufenthaltsrecht selbst beendet werden kann (Hailbronner, Ausländerrecht, § 52 AufenthG Rn. 33). Es wird insofern zwar als „gewichtig“ eingestuft. Dies bedeutet aber nicht, dass es absolut oder auch nur grundsätzlich (regelmäßig) Vorrang vor gleichgewichtigen gegenläufigen (persönlichen oder öffentlichen) Belangen genießt (zu weitgehend daher wohl VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.10.1996, a.a.O.). Vielmehr ist das mit der Akzessorietät zwischen Asyl und Aufenthalt begründete öffentliche Widerrufsinteresse schlicht mit dem ihm (grundsätzlich) beizumessenden Gewicht in die Ermessenserwägungen einzustellen und - unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls - mit anderen öffentlichen Belangen und mit den schutzwürdigen Belangen des Ausländers am weiteren Verbleib im Bundesgebiet abzuwägen. Diese schutzwürdigen Belange lassen sich beispielhaft dem Katalog des § 45 Abs. 2 AuslG entnehmen, der allerdings eine andere Konstellation, nämlich die Aufenthaltsbeendigung durch Ermessensausweisung betrifft (vgl. dazu auch Nr. 43.1.4.3 AuslG-VwV, sowie allgemein für ausländerrechtliche Ermessensentscheidungen Nr. 7.1.2.1 ff. AuslVwV sowie nach neuem Recht Nr. 52.1.4.3 der vorläufigen Anwendungshinweise AufenthG - VAH -) Dazu gehören vornehmlich die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts und die schutzwürdigen persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen des Ausländers im Bundesgebiet (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2003 a.a.O; Urteil des Senats vom 22.02.2006 a.a.O.), aber auch Duldungsgründe. Hinzuweisen ist darauf, dass Behörden und Gerichte bei der Bewertung und Gewichtung der persönlichen Belange nicht daran gebunden sind, ob dem Ausländer deswegen jeweils eine der im Gesetz typisierten Aufenthaltsgenehmigungen erteilt werden dürfte oder nicht. Auf solche speziellen typisierten Erteilungsvoraussetzungen kommt es nicht an. Vielmehr bleibt es bei dem Grundsatz, dass die speziellen Beschränkungen oder Vergünstigungen bei den gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung nicht auf die in anderen Kapiteln des Ausländergesetzes geregelten Instrumentarien zu übertragen sind (so ausdrücklich BVerwG, Urteil vom 20.02.2003 a.a.O. unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 28.01.1997 - 1 C 17.94 -, Buchholz 402.240 § 48 AuslG 1990 Nr.10). Demgemäß kann bei Ausübung des Widerrufsermessens dem Ausländer nicht schematisch entgegengehalten werden, dass er die besonderen Anforderungen eines typisierten Aufenthaltstitels oder aber die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 AufenthG nicht erfüllt. Zulässig ist allerdings, die hinter diesen Voraussetzungen stehenden (öffentlichen wie persönlichen) Belange in flexibler Weise und ihrer Bedeutung im Einzelfall gemäß zu gewichten und in die Gesamtabwägung einzustellen. Bei Würdigung des Aufenthalts von Asylberechtigten ist schließlich von Bedeutung, dass der Gesetzgeber dieses Aufenthaltsrecht übergangslos durch Gewährung eines „hochwertigen“ Aufenthaltstitels, nämlich der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis abgesichert hat (§ 68 Abs. 1 AsylVfG a.F.; heute: Aufenthaltserlaubnis ohne Bindung an allgemeine Erteilungsvoraussetzung und Übergang in eine Niederlassungserlaubnis nach 3 Jahren, vgl. §§ 25 Abs. 1 Satz 1, 26 Abs. 3, 5 Abs. 3, erster Halbsatz AufenthG). Ziel dieser Absicherung war und ist es, die Integration des verfolgten Ausländers in die deutsche Gesellschaft nach Möglichkeit zu fördern. Demgemäß kommt den von dem Asylberechtigten während dieser Aufenthaltsphase erbrachten - vom Gesetz gewollten - Integrationsleistungen besondere Bedeutung zu. Sie sind uneingeschränkt im Fall eines späteren (Ermessens)Widerrufs, mit dem das Aufenthaltsrecht insoweit „belastet“. ist, als schutzwürdige persönliche Belange des Ausländers in den Entscheidungsvorgang einzustellen (vgl. Beschluss des Senats vom 10.11.2005 - 11 S 650/05 -, VBlBW 2006, 282 ff.). Gelingt diese Integration nicht, was insbesondere durch Begehung von Straftaten belegt sein kann, indiziert dies ein erhebliches öffentliches Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung aus Gründen der Gefahrenabwehr; ohne dass der Ausländer sich insofern - gemäß dem oben erwähnten Verbot der schematischen Anwendung von Anforderungen aus anderen Gesetzeskapiteln - schematisch auf die Vergünstigungen besonderen Ausweisungsschutzes nach §§ 48 AuslG, 56 AufenthG berufen kann (dazu Beschluss des Senats vom 10.11.2005 a.a.O.). Verläuft die Integration hingegen den Umständen entsprechend erfolgreich, so kann es je nach Lage im Einzelfall auch mit öffentlichen einwanderungs- und auch bevölkerungspolitischen Belangen vereinbar, ja sogar im öffentlichen Interesse wünschenswert sein, den betreffenden Ausländer - seinen Integrationswillen und seine Integrationsleistungen nutzend - im Land zu halten und deshalb von einer Aufenthaltsbeendigung abzusehen. Für die Beurteilung des Integrationserfolgs oder -misserfolgs ist zwar, wie dargelegt, der Zeitraum bei Abschluss des Verwaltungsverfahrens maßgeblich. Gleichwohl sind nachfolgende Erkenntnismittel insofern von Bedeutung, als ihnen Anhaltspunkte dafür entnommen werden können, ob sich die damalige Einschätzung des Sachverhalts als richtig erweist oder nicht. Insofern können die diesbezüglichen Grundsätze bei Prüfung der Ausweisung nutzbar gemacht werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.05.2001 - 1 B 125.00 -, NVwZ 2001, 1288 ff. = InfAuslR 2001, 312 ff.; Beschluss vom 16.10.1989 - 1 B 106.89 -, InfAuslR 1990, 4 ff.). Hinsichtlich der Vereinbarkeit des Widerrufs mit Art. 8 EMRK ist ohnehin ausschnittsweise die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in den Blick zu nehmen, soweit es um den Stand des Privat- und Familienlebens der Kläger geht (inzwischen st. Rspr., vgl. etwa EGMR Urteil vom 22.04.2003 - 42703/98 - ; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.01.2004 - 10 S 1610/03 -, VBlBW 2004, 308).
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5. Diesen Anforderungen werden die Ermessenserwägungen des Beklagten im Verwaltungs- wie (ergänzend) im gerichtlichen Verfahren nicht in vollem Umfang gerecht.
25 
Zwar treffen die vom Verwaltungsgericht angenommenen Ermessensfehler insoweit nicht zu, als dem Beklagten vorgehalten wird, bei Bewertung der wirtschaftlichen Integration ausschließlich den Zeitraum des asylverfahrensbedingten Aufenthalts zwischen 1993 und 2000 in den Blick genommen, den nachfolgenden Zeitraum bis 2004 (Zeitraum des rechtmäßigen Aufenthalts nach Anerkennung der Kläger als Asylberechtigte), während dessen die Kläger beruflich besser Fuß gefasst hätten, hingegen nicht berücksichtigt zu haben. Denn im Widerspruchsbescheid hat das Regierungspräsidium die wirtschaftliche Lage der Kläger gerade „unter Eliminierung der asylbedingten Aufenthaltszeit“ gewürdigt und auch im gerichtlichen Verfahren hat der Beklagte die Einkommensverhältnisse der Kläger und ihres Ehemanns/Vaters ab 2000 bis heute detailliert dargestellt. Entgegen dem Verwaltungsgericht hat der Beklagte (im Widerspruchsbescheid) auch grundsätzlich erkannt, dass die Kläger als aufenthaltsberechtigte Asylberechtigte bezüglich ihrer Bleibeinteressen nicht schlechthin mit abgelehnten Asylbewerbern gleichgestellt werden dürfen. Schließlich ist die - zumindest missverständliche - Erwägung im Widerspruchsbescheid, auch der Kläger zu 2. als „nicht im Bundesgebiet geborenes Kind“ sei „im Herkunftsland aufgewachsen“ und habe „einen wesentlichen Teil (seines) Lebens im Kosovo verbracht“, durch klarstellende Äußerungen des Beklagten im gerichtlichen Verfahren behoben worden (§ 114 Satz 2 VwGO).
26 
Der Beklagte hat gleichwohl, wie das Verwaltungsgericht im Ergebnis zutreffend ausführt, die schutzwürdigen, gegen eine Aufenthaltsbeendigung sprechenden Belange und Bindungen der Kläger nicht mit dem ihnen gebührenden Gewicht in seine Erwägungen eingestellt. Die Kläger sind seit 1993 in Deutschland. Aufgrund ihrer 1997 gestellten Asylfolge- bzw. Erstanträge wurden sie 1999 als Asylberechtigte und politische Flüchtlinge anerkannt und waren ab diesem Zeitpunkt aufenthaltsberechtigt. Die sodann am 06.07.1999 bzw. 12.01.2000 erteilten unbefristeten Aufenthaltserlaubnisse eröffneten in rechtlicher Hinsicht die Möglichkeit zu dauerhafter Integration. Von dieser Möglichkeit haben die Kläger im Rahmen der damaligen persönlichen Umstände auch Gebrauch gemacht. Die Klägerin zu 1. war mit Erfolg bemüht, sich eine ihrem Bildungs- und Ausbildungsstand entsprechende berufliche Grundlage zu schaffen, indem sie seit 2000 eine durchgehende Beschäftigung bei einer Reinigungsfirma und eine weitere Saisonbeschäftigung als Hausmädchen in einem Beherbergungsbetrieb innehatte. Mehr an beruflichem Engagement konnte von der Klägerin angesichts ihrer Erziehungsaufgabe für ihre 1990, 1994 und 1997 geborenen minderjährigen Kinder nicht abverlangt werden. Die Klägerin zu 1. behielt die genannten Beschäftigungen bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens bei und übt sie bis heute aus. Sie war und ist - wie die Entwicklung nach 2004 bis heute bestätigt - aufgrund dieser langjährigen Tätigkeiten bei denselben Arbeitgebern ihren Möglichkeiten entsprechend beruflich gut integriert. Auch wirtschaftlich konnte und kann sich die Familie eine Existenz verschaffen, die es ihr ermöglichte, ab 2000 unter Einbeziehung des Kindergelds und der Einkünfte ihres Ehemanns im wesentlichen ohne Leistungen der Sozialhilfe auszukommen. Dem misst der Beklagte eine zu geringe Bedeutung bei. Indem er darauf abstellt, dass eine „vollständige“ wirtschaftliche Integration und eine auf Dauer - einschließlich ausreichender Altersversorgung - gesicherte Existenzgrundlage verlangt werden müsse, bei den Klägern aber bis heute nicht vorliege, geht er von Anforderungen aus, die zwar für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis maßgeblich sein können (gesicherter Lebensunterhalt nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 AufenthG, Familienzusammenführungsvoraussetzungen nach Art. 7 der RL 2003/86/EG vom 22.9.2003), die beim Widerrufsermessen nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG/§ 52 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG) aber nicht schematisch verlangt werden können. Schutzwürdig beim Widerrufsermessen können auch nachhaltige Bemühungen sein, beruflich und wirtschaftlich Fuß zu fassen, auch wenn diese Anstrengungen noch nicht vollständig zum Erfolg geführt haben. Dem werden die Erwägungen des Beklagten, der auch im gerichtlichen Verfahren von der Forderung nach vollständiger Lebensunterhaltssicherung nicht abgerückt ist, nicht ausreichend gerecht. Der Beklagte verkennt auch, dass für die Beurteilung des Grades der wirtschaftlichen Integration der Kläger auch das Einkommen des Ehemanns und Vaters ... ... einbezogen werden durfte und darf. Dieser leitete und leitet, da ihm wegen nachträglicher Antragstellung kein Familienasyl und ein darauf fußender eigener Aufenthaltstitel zustand (vgl. § 26 Abs. 1 Nr. 3 AsylVfG a.F.), seinen Aufenthaltsanspruch ausschließlich vom Aufenthaltsrecht der Kläger ab. Bei einer solchen Konstellation sah § 17 Abs. 2 Nr. 3 AuslG in besonderen Härtefällen - hierzu zählte auch die Inanspruchnahme des „Stammberechtigten“ durch Kinderbetreuung (vgl. GK-AuslR, § 17 Rn. 125) - vor, dass auch auf die Erwerbstätigkeit eines nachziehenden geduldeten Familienangehörigen zurückgegriffen werden konnte. Nach heutigem Recht erlaubt es § 2 Abs. 3 AufenthG sogar vorbehaltlos, die Beiträge der Familienangehörigen zum Haushaltseinkommen zu berücksichtigen.
27 
Hat der Beklagte nach all dem an die wirtschaftlich-berufliche Integration der Kläger zu hohe Anforderungen gestellt, so hat er andererseits der durchaus erfolgreichen sozialen Integration und dem Gewicht ihres langjährigen Aufenthalts zu geringe Bedeutung geschenkt. Die Klägerin zu 1. und der Kläger zu 2. sind seit 1993 in Deutschland. Der Kläger zu 2. hat seine prägenden Kinder- und Jugendjahre hier verbracht. Die Kläger zu 3. und 4. sind gar in Deutschland geboren. Die Kläger hatten zunächst ein verfahrensbezogenes Aufenthaltsrecht als Asylbewerber (Aufenthaltsgestattung), welches sich dann in ein unbefristet gewährtes Aufenthaltsrecht als Asylberechtigte wandelte. Letzteres Aufenthaltsrecht blieb mehrere Jahre bis zum Zugang der Widerrufsverfügung vom 16.01.2004 wirksam (§ 72 Abs. 2 Satz 1 AuslG) fortbestehen. Während des gesamten Zeitraums seit 1993 waren und sind die Kläger strafrechtlich negativ nicht in Erscheinung getreten. Soweit der Beklagte der Klägerin zu 1. Falschangaben in Sozialversicherungsangelegenheiten vorgehalten hat, konnte dies nicht hinreichend belegt werden. Die Klägerin zu 1. versteht und spricht, wie in der mündlichen Verhandlung festgestellt worden ist, auch ausreichend deutsch. Die Dolmetscherin musste nur hilfsweise in Anspruch genommen werden. Die Kläger zu 2. und 4. haben sich sprachlich und schulisch ersichtlich voll in die hiesigen Verhältnisse eingelebt. Bei Abschluss des Verwaltungsverfahrens waren die Kinder 14, 10 und 6 Jahre alt, heute beträgt ihr Alter 16, 12 und 8 Jahre. Der Kläger zu 2. besucht die Hauptschule, die Klägerin zu 4. die Grundschule und die Klägerin zu 3. eine Förderschule mit Aussicht, auf die Hauptschule zu wechseln.
28 
6. Diesen positiven Integrationsgesichtspunkten, den sich hieraus ergebenden schutzwürdigen Belangen der Kläger am Verbleib in Deutschland und dem damit - insbesondere hinsichtlich der Kläger zu 2.- 4. - teilweise gleichgerichteten öffentlichen (einwanderungs- und bevölkerungspolitischen) öffentlichen Interesse hat der Beklagte nicht das gebotene Gewicht beigemessen. Dies gilt nicht nur für das nationale Recht, sondern vornehmlich auch im Hinblick auf die Rechte der Kläger aus Art. 8 Abs. 1 EMRK auf Achtung ihres Privatlebens. Wegen der zu beachtenden Kriterien im Einzelnen verweist der Senat auf seinen Beschluss vom 10.05.2006 - 11 S 2354/05 - und das Urteil des 13. Senats des erkennenden Gerichtshofs vom 18.01.2006 - 13 S 2220/05 -. Danach kann die Beendigung eines Aufenthaltsrechts in Deutschland - sei es durch Ausweisung wegen Straftaten oder, wie hier, durch Widerruf eines asylbezogenen Aufenthaltstitels - einen Eingriff in den Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Privatlebens darstellen. Art. 8 EMRK fungiert insofern als Abwehrrecht (EGMR, Entsch. vom 16.06.2005 - 60654/00 ). Zum schützenswerten Privatleben gehören die gewachsenen persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Bindungen in dem Staat, in dem der Ausländer geboren oder aufgewachsen ist. Eine den Schutz des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK auslösende Verbindung kann insbesondere für solche Ausländer in Betracht kommen, deren Bindungen an die Bundesrepublik Deutschland auf Grund eines Hineinwachsens in die hiesigen Verhältnisse mit gleichzeitiger Entfremdung von ihrem Heimatland quasi deutschen Staatsangehörigen gleichzustellen sind. Ihre Situation ist dadurch gekennzeichnet, dass die Bundesrepublik Deutschland faktisch das Land ist, zu dem sie gehören, während sie mit ihrem Heimatland nur noch das formale Band ihrer Staatsangehörigkeit verbindet (zum Begriff des „faktischen Inländers“ im Zusammenhang mit dem „Schutz des Familienlebens“ vgl. etwa EGMR, Urteile vom 26.03.1992 , InfAuslR 1994, 86 ff., und vom 26.09.1997 , InfAuslR 1997, 430; s. auch BVerwG, Urteil vom 29.09.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303 ff., und OVG Schleswig, Urteil vom 23.02.1999 - 4 L 195/98 - ). Erforderlich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats ist grundsätzlich eine aufenthaltsrechtliche Verankerung, die in Fällen bloßer Duldungen regelmäßig nicht erfüllt ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 03.06.1997 - 1 C 18/96 -, NVwZ 1998, 189 ff., und vom 29.03.1996 - 1 C 28/94 -, InfAuslR 1997, 24 ff. sowie Beschluss des Senats vom 25.09.2003 - 11 S 1795/03 -, InfAuslR 2004, 70 ff.). Auch der EGMR hat in seinen einschlägigen Entscheidungen jeweils maßgeblich auf die Bedeutung eines bestehenden Aufenthaltsrechts abgestellt (vgl. etwa Entscheidung vom 07.10.2004 (, NVwZ 2005, 1043).
29 
Die Kläger verfügten sämtlich über ein solches - auf Integration angelegtes - Aufenthaltsrecht, das ihnen entzogen worden ist. Der dadurch bewirkte Eingriff in das Privatleben der Kläger war daher mit den diesen Eingriff rechtfertigenden in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Belangen unter Berücksichtigung der Erforderlichkeit (Verhältnismäßigkeit) abzuwägen, insbesondere mit dem Belang der „öffentlichen Ordnung“ zu dem das Interesse an einer wirksamen Einwanderungskontrolle gehört (vgl. Nachweise im Beschluss des Senats vom 10.05.2006 a.a.O.). Im Rahmen der gebotenen Gesamtschau mussten hierbei vornehmlich die Belange der Kläger zu 2. - 4. in den Blick genommen werden, die als Kleinkinder nach Deutschland eingereist bzw. hier geboren sind und mehrere Jahre ein gesichertes Aufenthaltsrecht besaßen. Sie besuchen alle die Schule, Anhaltspunkte für strafbares oder unangepasstes Verhalten sind nicht vorgetragen und nicht ersichtlich. Es ist auch davon auszugehen, dass sie die deutsche Sprache einwandfrei beherrschen. Diese Gesichtspunkte und die sich daran im Lichte des Art. 8 EMRK anschließenden Fragen - ob die Kläger zu 2. - 4. „faktische Inländer“ mit entsprechender Verwurzelung in Deutschland sind und ob und wie stark die innerfamiliären Verhältnisse noch von der nationalen Herkunft geprägt sind (sog. Stichwort: familienbezogene Gesamtbetrachtung, vgl. Beschluss des Senats vom 10.05.2006 a.a.O.) - hat der Beklagte weder in den Bescheiden noch in seinen ergänzenden Ausführungen in der im gerichtlichen Verfahren, in der mündlichen Verhandlung und im nachgereichten Schriftsatz vom 27.07.2006 ausreichend berücksichtigt. Er hat stattdessen vorrangig den Belang der Familieneinheit in den Blick genommen und sich auf die Erörterung konzentriert, dass Herr ...-... kein faktischer Inländer im Sinne von Art. 8 Abs. 1 EGMR sei, kein ausreichendes Einkommen habe und gegen sozial- und arbeitserlaubnisrechtliche Pflichten verstoßen habe. Darauf kam es indessen nicht entscheidend an. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Beklagte bei einer ordnungsgemäßen Abwägung zu einem anderen Ergebnis hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit des Widerrufs gekommen wäre.
30 
II. Ist nach all dem die Widerrufsverfügung mit Wirkung ex tunc aufzuheben, besteht die unbefristete Aufenthaltserlaubnis der Kläger nach neuem Recht als übergeleitete Niederlassungserlaubnis fort (§§ 101 Abs. 1 Satz 1, 26 Abs. 3 AufenthG). Mangels Ausreisepflicht kann daher auch die Abschiebungsandrohung keinen Bestand haben und war ebenfalls aufzuheben (§§ 50 Abs. 1, 49 Abs. 1, 42 Abs. 1 AuslG).
31 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
32 
Beschluss vom 26.07.2006
33 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.000,-- EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1, 67 Nr. 1 GKG).
34 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 26. Juli 2006 - 11 S 951/06

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 26. Juli 2006 - 11 S 951/06

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 26. Juli 2006 - 11 S 951/06 zitiert 14 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

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Aufenthaltsgesetz - AufenthG

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(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 114


Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens übersch

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 5 Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen


(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass 1. der Lebensunterhalt gesichert ist,1a. die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt is

Strafprozeßordnung - StPO | § 170 Entscheidung über eine Anklageerhebung


(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht. (2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 2 Begriffsbestimmungen


(1) Ausländer ist jeder, der nicht Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes ist. (2) Erwerbstätigkeit ist die selbständige Tätigkeit, die Beschäftigung im Sinne von § 7 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und die Tätigkeit als

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 101 Fortgeltung bisheriger Aufenthaltsrechte


(1) Eine vor dem 1. Januar 2005 erteilte Aufenthaltsberechtigung oder unbefristete Aufenthaltserlaubnis gilt fort als Niederlassungserlaubnis entsprechend dem ihrer Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt. Eine unbefristete Auf

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 52 Widerruf


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Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 31. März 2004 - 2 K 451/04 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren und - unter Änderung von Amts wegen - für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht wird auf jeweils 16.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die fristgerecht erhobene und begründete sowie inhaltlich den Darlegungserfordernissen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechende Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig, bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den - ihrerseits zulässigen - Anträgen der Antragsteller (serbisch-montenegrinische Staatsangehörige - Mutter und 3 Kinder - albanischer Volkszugehörigkeit aus dem Kosovo) zu Recht stattgegeben und die aufschiebende Wirkung ihrer Widersprüche bzw. - jetzt - ihrer Klagen (2 K 1041/04) gegen den Widerruf ihrer unbefristeten Aufenthaltserlaubnisse nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG und die Abschiebungsandrohungen im Bescheid des Landratsamts Bodenseekreis vom 16.1.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 22.4.2004 wiederhergestellt bzw. angeordnet.
1. Auch nach Auffassung des Senats gebührt dem Interesse der Antragsteller an der den gesetzlichen Regelfall bildenden aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Widerruf ihrer asylbedingt nach § 68 AsylVfG a.F. erteilten unbefristeten Aufenthaltserlaubnisse der Vorrang vor dem öffentlichen Interesse daran, dass sie infolge der sofortigen Vollziehung das Bundesgebiet sofort verlassen müssen.
1.1 Das erforderliche und in den Regelfällen des § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Widerrufsentscheidung ist gegenwärtig nicht gegeben. Dieses Interesse muss bei belastenden Verwaltungsakten, die durch Beendigung eines Aufenthaltsrechts gravierend in Schicksal und Lebensplanung von Ausländern eingreifen, über das allgemeine Interesse an dieser Maßnahme hinausgehen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 18. 7.1973 - 1 BvR 23/73 - und - 1 BvR 155/73 -, BVerfGE 35, 382 und Kammerbeschluss vom 25.1.1995 - 2 BvR 1179/95 -, InfAuslR 1995, 397 - zur Ausweisung -) und konkret festgestellt werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 13.3.1997 - 13 S 1132/96 -, VBlBW 1997, 390 = InfAuslR 1997, 358). Zu dieser Kategorie aufenthaltsbeendender Verwaltungsakte gehört auch der Widerruf der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis nach § 43 Abs. 1 AuslG. Diese Regelung ist in ihren belastenden Wirkungen mit einer nachträglichen zeitlichen Beschränkung einer Aufenthaltsgenehmigung nach § 12 Abs. 2 Satz 2 AuslG bzw. mit der nachträglichen Fristverkürzung eines Aufenthaltstitels nach § 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vergleichbar, so dass auf die zur Qualität des Sofortvollzugsinteresses bei Entscheidungen nach § 12 Abs. 2 Satz 2 AuslG ergangene Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshof zurückgegriffen werden kann. Auch strukturell haben beide Regelungen Wesentliches gemeinsam. Auch beim Widerruf ergibt sich die Dringlichkeit einer Vollziehung nicht schon daraus, dass diese Maßnahme ohne die Anordnung der sofortigen Vollziehung von vornherein ihren Zweck verfehlt. Denn sie ist, wie die nachträgliche Befristung, kein Instrument zur Gefahrenabwehr, sondern bringt das den aufenthaltsrechtlichen Regelungen des Ausländer- wie des Aufenthaltsgesetzes zugrunde liegende allgemeine öffentliche Interesse an der Begrenzung der Zuwanderung von Ausländern zur Geltung, die die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nicht (mehr) erfüllen. Dieser Zweck wird indessen weitgehend auch trotz der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs erfüllt. Denn die Wirksamkeit des den rechtmäßigen Aufenthalt beendenden Widerrufs wird durch Widerspruch und Klage nicht berührt, unbeachtet deren aufschiebender Wirkung (vgl. § 72 Abs. 2 Satz 1 AuslG; ebenso § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG). Die unbefristeten Aufenthaltserlaubnisse der Antragsteller sind daher seit der Zustellung der Widerrufsverfügung vom 16.1.2004 auch ohne Anordnung der sofortigen Vollziehung wirksam beendet (§ 43 Abs. 1 und 2 LVwVfG i.V.m.  § 44 Abs. 1 Satz 1 AuslG; ebenso nach neuem Recht: § 51 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG) und die Antragsteller sind seither nach § 42 Abs. 1 AuslG (= § 50 Abs. 1 AufenthG) zur Ausreise verpflichtet. Eine aufenthaltsrechtlich unerwünschte rechtliche Verfestigung des weiteren Aufenthalts im Bundesgebiet könnte daher - ebenso wie bei der nachträglichen Befristung einer Aufenthaltsgenehmigung nach § 12 Abs. 2 Satz 2 AuslG - ungeachtet der aufschiebenden Wirkung nicht eintreten (vgl. zu all dem VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 13.3.1997 a.a.O; zur Abhängigkeit rechtlich schutzwürdiger Integration von rechtmäßigem Aufenthalt vgl. auch Beschluss vom 25.9.2003 - 11 S 1795/03 -, AuAS 2004, 27 = InfAuslR 2004, 70). Dass die Ausreisepflicht bei Anfechtung der Widerrufsentscheidung wegen § 42 Abs. 2 Satz 2 AuslG (= § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG) i.V.m. § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO im Regelfall nicht vollziehbar und die Verlassenspflicht damit nicht mit Zwangsmitteln durchsetzbar ist, hat der Gesetzgeber hingenommen; dies zeigt ein Vergleich mit der Regelung bei Ablehnung der Erteilung oder Verlängerung eines Antrags auf eine Aufenthaltsgenehmigung/einen Aufenthaltstitel, wo Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben (vgl.  § 72 Abs. 1 AuslG [ebenso § 84 Abs. 1 Nr.1 AufenthG] i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO; zu diesem Gesichtspunkt ausführlich auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 13.3.1997 a.a.O.).
1.2. Aus dem dargelegten Regelungsgefüge folgt, dass es vorliegend eines über die (selbst offensichtliche) Rechtmäßigkeit des Widerrufs hinausgehenden sonstigen Sofortvollzugsinteresses bedarf, das im Einzelfall und nach gegenwärtiger Sachlage einen dringenden unverzüglichen Handlungsbedarf voraussetzt (noch strenger - Erfordernis „unabweisbaren“ Handlungsbedarfs -, vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 19.6.1991 - 11 S 1229/91 -, InfAuslR 1992, 6 ff., zum besonderen Sofortvollzugsinteresse bei der nachträglichen Befristung der Aufenthaltserlaubnis vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 25.1.1996 - 2 BvR 2718/95 -, AuAS 1996, 62). Ein derartiges Interesse an der sofortigen Ausreise der Antragsteller vermag der Senat gegenwärtig nicht zu erkennen. Die Antragsteller sind nicht straffällig geworden, sondern leben sozial angepasst und unauffällig. Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Zeitraum bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung besteht daher ersichtlich nicht. Mit dieser Entscheidung ist - dem Gebot möglichster Beschleunigung gehorchend (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 25.1.1996 a.a.O.) - noch in diesem Jahr zu rechnen, nachdem der Berichterstatter beim Verwaltungsgericht telefonisch eine mündliche Verhandlung noch im ersten Halbjahr in Aussicht gestellt hat. Innerhalb dieses zeitlich engen Rahmens dürfte aller Voraussicht nach auch mit einer rechtskräftigen Entscheidung über die Klage des Ehemanns und Vaters der Antragsteller auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis (bzw. - in deren Fortsetzung - auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach dem Aufenthaltsgesetz) zu rechnen sein. Der Senat beabsichtigt zudem, die in dieser Sache zugelassene Berufung (11 S 924/04) alsbald zu terminieren und hierbei die Möglichkeiten für eine vergleichsweise Regelung des weiteren Aufenthaltsstatus der Familie der Antragsteller auszuloten. Ein besonderes Bedürfnis, dass die Antragsteller bis zur zeitlich absehbaren Entscheidung in diesen für ihr weiteres Schicksal bedeutsamen Verfahren das Bundesgebiet verlassen müssen, ist derzeit nicht ersichtlich. Dieses Bedürfnis lässt sich auch nicht allein aus wirtschaftlichen Gründen herleiten. Denn die Antragstellerin zu 1 ist als Reinigungskraft berufstätig und wird wohl ab April zusätzlich wieder saisonal im Hotelgewerbe arbeiten. Ferner erscheint es aufgrund seiner bisherigen beruflichen Biografie durchaus möglich, dass auch der Ehemann und Vater der Antragsteller wieder eine Beschäftigung findet und daher der Lebensunterhalt der Familie (zuzüglich Kindergeld) weitgehend aus Eigenmitteln gesichert werden kann. Auch generalpräventive Erwägungen (Gewährleistung einer durchgehenden Behördenpraxis im Sinne schneller Aufenthaltsbeendigung nach Widerruf asylbezogener Aufenthaltstitel zur Verhinderung unerwünschter Einwanderung) rechtfertigen die sofortige Vollziehung der Widerrufsentscheidung nicht, nachdem - zum einen - die Zuwanderung hierfür geeigneter Ausländer nach der ab dem 1.1.2005 geltenden Rechtslage im öffentlichen Interesse partiell erleichtert werden soll und - zum anderen - der Antragsgegner nach Aktenlage wohl auch selbst nicht beabsichtigt, die Antragsteller in nächster Zeit abzuschieben.
1.3 Auf die Erfolgsaussicht der Klage gegen die Widerrufsverfügung kommt es nach all dem im Beschwerdeverfahren nicht entscheidend an. Der Senat kann daher offen lassen, ob die vom Verwaltungsgericht beanstandeten Ermessensfehler durch den Widerspruchsbescheid vollständig behoben worden sind, ob der Antragsgegner durchweg von zutreffenden tatsächlichen und rechtlichen Prämissen ausgegangen ist und ob sich der Widerruf letztlich als verhältnismäßig erweist. Diese Prüfung wird im Hauptsacheverfahren im Einzelnen vorzunehmen sein. Derzeit lässt sich jedenfalls nicht feststellen, dass die Widerrufsentscheidung offensichtlich rechtmäßig ist.
2. Haben die Rechtsmittel der Antragsteller gegenüber der Widerrufsentscheidung aufschiebende Wirkung, so ist auch gegenüber der Abschiebungsandrohung die aufschiebende Wirkung anzuordnen. Zwar erfordert die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung nicht, dass der Ausländer (neben der Ausreisepflicht nach § 42 Abs.1 AuslG/ § 50 Abs. 1 Satz 1 AufenthG) vollziehbar ausreisepflichtig ist (vgl. Urteil des Senats vom 29.4.2003 - 11 S 1188/02 -, VBlBW 2003, 445 = InfAuslR 2003, 342). Jedoch wird die Ausreisefrist unterbrochen, wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Androhung entfällt (§ 50 Abs. 4 Satz 1 AuslG = § 50 Abs. 3 AufenthG). Darüber hinaus führt die Nichtvollziehbarkeit der Grundverfügung dazu, dass die Abschiebungsandrohung schlechthin, insbesondere auch die Festsetzung des Zielstaats, vorläufig keine „innere“ (materielle) Wirksamkeit entfalten kann. (vgl. dazu Beschluss des Senats vom 9.3.2004 - 11 S 1518/03 - m.w.N.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 25 Abs. 2, 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 2, 14 Abs. 1 GKG a.F, 5 ZPO entsprechend in Verbindung mit § 72 Nr. 1, 2. Halbsatz GKG i.d.F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes v. 5.5.2004 (BGBl I, S. 718ff.). Dabei war je Antragsteller der volle Auffangstreitwert von 4.000,-- EUR anzusetzen, da es um den Verlust eines Aufenthaltsrechts geht.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Ausländer ist jeder, der nicht Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes ist.

(2) Erwerbstätigkeit ist die selbständige Tätigkeit, die Beschäftigung im Sinne von § 7 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und die Tätigkeit als Beamter.

(3) Der Lebensunterhalt eines Ausländers ist gesichert, wenn er ihn einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann. Nicht als Inanspruchnahme öffentlicher Mittel gilt der Bezug von:

1.
Kindergeld,
2.
Kinderzuschlag,
3.
Erziehungsgeld,
4.
Elterngeld,
5.
Leistungen der Ausbildungsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch, dem Bundesausbildungsförderungsgesetz und dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz,
6.
öffentlichen Mitteln, die auf Beitragsleistungen beruhen oder die gewährt werden, um den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen und
7.
Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz.
Ist der Ausländer in einer gesetzlichen Krankenversicherung krankenversichert, hat er ausreichenden Krankenversicherungsschutz. Bei der Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug werden Beiträge der Familienangehörigen zum Haushaltseinkommen berücksichtigt. Der Lebensunterhalt gilt für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 16a bis 16c, 16e sowie 16f mit Ausnahme der Teilnehmer an Sprachkursen, die nicht der Studienvorbereitung dienen, als gesichert, wenn der Ausländer über monatliche Mittel in Höhe des monatlichen Bedarfs, der nach den §§ 13 und 13a Abs. 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bestimmt wird, verfügt. Der Lebensunterhalt gilt für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 16d, 16f Absatz 1 für Teilnehmer an Sprachkursen, die nicht der Studienvorbereitung dienen, sowie § 17 als gesichert, wenn Mittel entsprechend Satz 5 zuzüglich eines Aufschlages um 10 Prozent zur Verfügung stehen. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat gibt die Mindestbeträge nach Satz 5 für jedes Kalenderjahr jeweils bis zum 31. August des Vorjahres im Bundesanzeiger bekannt.

(4) Als ausreichender Wohnraum wird nicht mehr gefordert, als für die Unterbringung eines Wohnungssuchenden in einer öffentlich geförderten Sozialmietwohnung genügt. Der Wohnraum ist nicht ausreichend, wenn er den auch für Deutsche geltenden Rechtsvorschriften hinsichtlich Beschaffenheit und Belegung nicht genügt. Kinder bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres werden bei der Berechnung des für die Familienunterbringung ausreichenden Wohnraumes nicht mitgezählt.

(5) Schengen-Staaten sind die Staaten, in denen folgende Rechtsakte in vollem Umfang Anwendung finden:

1.
Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen (ABl. L 239 vom 22.9.2000, S. 19),
2.
die Verordnung (EU) 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) (ABl. L 77 vom 23.3.2016, S. 1) und
3.
die Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft (ABl. L 243 vom 15.9.2009, S. 1).

(6) Vorübergehender Schutz im Sinne dieses Gesetzes ist die Aufenthaltsgewährung in Anwendung der Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 212 S. 12).

(7) Langfristig Aufenthaltsberechtigter ist ein Ausländer, dem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union die Rechtsstellung nach Artikel 2 Buchstabe b der Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (ABl. EU 2004 Nr. L 16 S. 44), die zuletzt durch die Richtlinie 2011/51/EU (ABl. L 132 vom 19.5.2011, S. 1) geändert worden ist, verliehen und nicht entzogen wurde.

(8) Langfristige Aufenthaltsberechtigung – EU ist der einem langfristig Aufenthaltsberechtigten durch einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ausgestellte Aufenthaltstitel nach Artikel 8 der Richtlinie 2003/109/EG.

(9) Einfache deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau A 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (Empfehlungen des Ministerkomitees des Europarates an die Mitgliedstaaten Nr. R (98) 6 vom 17. März 1998 zum Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen – GER).

(10) Hinreichende deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau A 2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

(11) Ausreichende deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

(11a) Gute deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau B2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

(12) Die deutsche Sprache beherrscht ein Ausländer, wenn seine Sprachkenntnisse dem Niveau C 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen entsprechen.

(12a) Eine qualifizierte Berufsausbildung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn es sich um eine Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf handelt, für den nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren festgelegt ist.

(12b) Eine qualifizierte Beschäftigung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn zu ihrer Ausübung Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich sind, die in einem Studium oder einer qualifizierten Berufsausbildung erworben werden.

(12c) Bildungseinrichtungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Ausbildungsbetriebe bei einer betrieblichen Berufsaus- oder Weiterbildung,
2.
Schulen, Hochschulen sowie Einrichtungen der Berufsbildung oder der sonstigen Aus- und Weiterbildung.

(13) International Schutzberechtigter ist ein Ausländer, der internationalen Schutz genießt im Sinne der

1.
Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 304 vom 30.9.2004, S. 12) oder
2.
Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9).

(14) Soweit Artikel 28 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31), der die Inhaftnahme zum Zwecke der Überstellung betrifft, maßgeblich ist, gelten § 62 Absatz 3a für die widerlegliche Vermutung einer Fluchtgefahr im Sinne von Artikel 2 Buchstabe n der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 und § 62 Absatz 3b Nummer 1 bis 5 als objektive Anhaltspunkte für die Annahme einer Fluchtgefahr im Sinne von Artikel 2 Buchstabe n der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 entsprechend; im Anwendungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 bleibt Artikel 28 Absatz 2 im Übrigen maßgeblich. Ferner kann ein Anhaltspunkt für Fluchtgefahr vorliegen, wenn

1.
der Ausländer einen Mitgliedstaat vor Abschluss eines dort laufenden Verfahrens zur Zuständigkeitsbestimmung oder zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz verlassen hat und die Umstände der Feststellung im Bundesgebiet konkret darauf hindeuten, dass er den zuständigen Mitgliedstaat in absehbarer Zeit nicht aufsuchen will,
2.
der Ausländer zuvor mehrfach einen Asylantrag in anderen Mitgliedstaaten als der Bundesrepublik Deutschland im Geltungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 gestellt und den jeweiligen anderen Mitgliedstaat der Asylantragstellung wieder verlassen hat, ohne den Ausgang des dort laufenden Verfahrens zur Zuständigkeitsbestimmung oder zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz abzuwarten.
Die für den Antrag auf Inhaftnahme zum Zwecke der Überstellung zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn
a)
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 oder 2 besteht,
b)
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Überstellungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und
c)
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Überstellungshaft entziehen will.
Der Ausländer ist unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Überstellungshaft vorzuführen. Auf das Verfahren auf Anordnung von Haft zur Überstellung nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 finden die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend Anwendung, soweit das Verfahren in der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 nicht abweichend geregelt ist.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 29. Juli 2004 - 2 K 345/04 - geändert. Die Klage gegen die Verfügung des Landratsamts Bodenseekreis vom 07. Oktober 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 30. Januar 2004 wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger ist ein 1995 in Deutschland geborener serbisch-montenegrinischer Staatsangehöriger albanischer Volkszugehörigkeit. Seine Eltern, A. und D. A., reisten mit der ältesten Schwester D. 1994 in das Bundesgebiet ein. Ihre Asylanträge wurden durch Bescheide des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (Bundesamt) vom 01.12.1994 abgelehnt, Abschiebungshindernisse nach § 51 und § 53 AuslG wurden nicht festgestellt. Diese Bescheide wurden am 23.11.1995 bestandskräftig. Ein erster Asylfolgeantrag der Mutter wurde 1999 abgelehnt. Die Ehe der Eltern wurde 1995 in Jugoslawien geschieden, das Sorgerecht für den Kläger der Mutter zugesprochen. Der Vater heiratete im Anschluss eine deutsche Staatsangehörige; eine Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug wurde ihm von der Stadt Tuttlingen 1999 wegen Fehlens einer ehelichen Lebensgemeinschaft versagt, im Oktober 2001 wurde der Vater in den Kosovo abgeschoben. Die Mutter, eine ältere Schwester sowie zwei jüngere Geschwister des Klägers werden seit längerem geduldet. Mit Bescheid vom 05.08.2002 hat das Bundesamt einen zweiten Folgeantrag der Mutter und einen Folgeantrag der Schwester D. sowie Anträge auf Änderung der früheren Bescheide bezüglich der Feststellung zu § 53 AuslG abgelehnt.
Der Kläger wurde mit Bescheid des Bundesamts vom 28.06.1999 in Befolgung eines verwaltungsgerichtlichen Urteils als Asylberechtigter anerkannt und das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG wurde festgestellt. Hierauf erteilte das Landratsamt Bodenseekreis dem Kläger mit Bescheid vom 29.07.1999 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Mit Verfügung vom 01.12.2000, bestandskräftig seit dem 05.02.2003, widerrief das Bundesamt die Asylanerkennung und stellte zugleich fest, dass die Voraussetzungen des § 53 AuslG nicht vorliegen. Anknüpfend hieran widerrief das Landratsamt Bodenseekreis mit Verfügung vom 07.10.2003 die unbefristete Aufenthaltserlaubnis und drohte dem Kläger die Abschiebung nach Serbien-Montenegro unter Gewährung einer Ausreisefrist von einem Monat ab Bekanntgabe an. Die Entscheidung wurde auf § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG gestützt: schutzwürdige Belange des Klägers und seiner Familie am Verbleib in Deutschland bestünden nicht; die Mutter sei nur im Hinblick auf das bisherige Aufenthaltsrecht des Klägers bis zu einer gemeinsamen Ausreise der Familie geduldet worden. Mit seinem hiergegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger unter anderem geltend, seine Mutter wolle gerne arbeiten, könne dies wegen der vier Kinder jedoch nicht. Bei einer Rückkehr mit den Kindern in das Kosovo würden sie jeden familiären Rückhalt verlieren. Zu ihrem früheren Ehemann habe die Mutter keinen Kontakt mehr, im Gegenteil werde sie von diesem und seiner Familie aufs Schlimmste verfolgt.
Das Regierungspräsidium Tübingen wies den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers mit Bescheid vom 30.01.2004 zurück: Der Kläger habe keinen Anspruch auf einen gleichwertigen asylunabhängigen Aufenthaltstitel und auch sonst seien keine Ermessensfehler beim Widerruf zu erkennen. Die Einlassungen zu zielstaatsbezogenen Gefahren könnten wegen der Bindungswirkung der negativen Entscheidung des Bundesamts nicht berücksichtigt werden. Schutzwürdige persönliche Belange, die das öffentliche Widerrufsinteresse überwögen, seien nicht zu erkennen. Das bisherige Aufenthaltsrecht sei seinerseits asylbedingt. Der Kläger könne auch keine Um- oder Rückstufung in ein befristetes Aufenthaltsrecht verlangen. Anhaltspunkte für eine Eingliederung der Familie in die sozialen und wirtschaftlichen Lebensverhältnisse lägen nicht vor und die gemeinsame Rückkehr in die Heimat sei zumutbar. Die Eltern hätten kein Aufenthaltsrecht und der Kläger und seine Angehörigen bezögen Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bzw. Sozialhilfe, was als Ermessenserwägung zu Lasten des Klägers berücksichtigt werden könne.
Gegen diese Bescheide hat der Kläger am 05.02.2004 Klage erhoben. Er hat geltend gemacht, dass er nicht schlechter gestellt werden dürfe als Berechtigte nach § 51 Abs. 1 AuslG, die nach § 35 Abs. 1 AuslG eine Aufenthaltsbefugnis erhielten. Sozialhilfebezug könne ihm und seiner Mutter nicht entgegengehalten werden. Seine Mutter könne weder zur eigenen Familie noch zur Familie des Vaters in das Kosovo zurückkehren. Die Familie des Vaters werde in diesem Fall alles versuchen, um der Mutter die Kinder wegzunehmen. Sie erhalte schon jetzt Telefonanrufe mit entsprechenden Drohungen. Mit den Geschwistern der Mutter im Kosovo bestehe kein Kontakt, deren eigene Familie wolle mit ihr nichts zu tun haben.
Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hat der Klage mit Urteil vom 29.07.2004 - 2 K 345/04 - , zugestellt am 08.09.2004, stattgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben: Der Beklagte habe das ihm nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG eingeräumte Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Zwar stehe dem Kläger kein gleichwertiges Aufenthaltsrecht zu, da die asylbedingten Aufenthaltszeiten nicht zu berücksichtigen seien. Der Kläger werde auch nicht gegenüber Flüchtlingen nach § 51 Abs. 1 AuslG benachteiligt. Die Bescheide litten aber an einem Ermessensdefizit. In entsprechender Anwendung des § 45 Abs. 2 Nr. 3 AuslG müssten auch Duldungsgründe im Sinne von § 55 Abs. 2 AuslG in das Ermessen eingestellt werden. Dies habe der Beklagte versäumt. In der mündlichen Verhandlung habe der Beklagte sein Ermessen lediglich dahin ergänzt, dass der Kläger über keinen Pass verfüge. Auf den bereits in Widerspruchsverfahren geltend gemachten Vortrag, die Familie des Vaters im Kosovo habe die Mutter bedroht und im Falle einer Rückkehr die Wegnahme der Kinder und die Entziehung des Sorgerechts angekündigt, sei der Beklagte aber nicht näher eingegangen. Er habe stattdessen deutlich gemacht, dieser Gesichtspunkt werde erst später im Rahmen der eigentlichen Abschiebung geprüft und es werde gegebenenfalls eine Duldung erteilt. Damit habe der Beklagte verkannt, dass es sich um ein dauerhaftes unverschuldetes Abschiebungshindernis handle, das schon bei der Entscheidung über den Widerruf berücksichtigt werden müsse.
Auf Antrag des Beklagten hat der Senat die Berufung mit Beschluss vom 19.05.2005, zugestellt am 08.06.2005, zugelassen: An der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestünden ernstliche Zweifel. Mit dem Vortrag, er fürchte sich vor Sanktionen durch die väterliche Familie im Kosovo, berufe der Kläger sich auf ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis. Dessen Berücksichtigung dürfte die Bindungswirkung der negativen Feststellung des Bundesamts im Widerrufsbescheid vom 01.12.2000 entgegenstehen. Im Übrigen dürften die Ermessenserwägungen des Beklagten nicht zu beanstanden sein.
In seinem am 04.07.2005 eingegangenen Berufungsbegründungsschriftsatz verweist der Beklagte im Wesentlichen auf den Zulassungsbeschluss des Senats und beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 29.07.2004 - 2 K 345/04 - zu ändern und die Klage gegen die Verfügung des Landratsamts Bodenseekreis vom 07.10.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 30.01.2004 abzuweisen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
10 
die Berufung zurückzuweisen.
11 
Er verweist auf die Gründe des angefochtenen Urteils, die überzeugend seien. Zu Recht habe das Verwaltungsgericht die Bedrohungssituation durch die Familie des Vaters als einen im Rahmen des Ermessens notwendigerweise zu berücksichtigenden Gesichtspunkt angesehen. Diese Bedrohungssituation stelle kein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 AuslG dar. Es handle sich vielmehr um einen drohenden, mit dem Widerruf der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis verbundenen Nachteil. Dieser könne zwar kein Abschiebungshindernis begründen, was auch nicht beabsichtigt sei, müsse aber zu seinen Gunsten in die Ermessensentscheidung über den Widerruf einbezogen werden. Das Bedrohungsszenario sei vergleichbar mit anderen zu berücksichtigenden Nachteilen, etwa denen, dass ihm der Kulturkreis im Kosovo fremd sei und er dort keinen familiären Rückhalt genieße. Das Problem der Kompetenzverteilung zwischen Bundesamt und Ausländerbehörde stelle sich hierbei nicht.
12 
Dem Senat liegen die Ausländerakten des Landratsamts Bodenseekreis und des Regierungspräsidiums Tübingen vor. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf diese Behördenakten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
13 
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierauf verzichtet haben und der entscheidungserhebliche Sachverhalt geklärt ist.
14 
Die statthafte und auch sonst zulässige, insbesondere fristgerecht und inhaltlich ausreichend begründete Berufung des Klägers (vgl. § 124a Abs. 6 i. V. m. Abs. 3 Satz 3 und 4 VwGO) hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte der - zulässigen - Anfechtungsklage des Klägers gegen die Widerrufsentscheidung und die Abschiebungsandrohung in der Verfügung des Landratsamts Bodenseekreis vom 07.10.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 30.01.2004 nicht stattgeben dürfen. Denn diese Klage ist unbegründet, weil die angegriffenen Verfügungen rechtmäßig sind und daher Rechte des Klägers nicht verletzen ( § 113 Abs. 1 VwGO).
15 
A. Die Widerrufsverfügung begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
16 
I. Die Tatbestandsvoraussetzungen des - bei Abschluss des Verwaltungsverfahrens geltenden und daher hier anzuwendenden - § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG für den Widerruf der dem Kläger asylbezogen nach § 68 Abs. 1 AsylVfG a.F. erteilten unbefristeten Aufenthaltserlaubnis lagen beim Kläger unstreitig vor. Denn seine am 28.06.1999 erfolgte Anerkennung als Asylberechtigter und als Flüchtling nach § 51 Abs. 1 AuslG wurde durch Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 01.12.2000 widerrufen und ist mit Bestandskraft dieses Widerrufsbescheids am 05.02.2003 erloschen (vgl. § 73 Abs. 1 und Abs. 4 i.V.m. § 75 AsylVfG a.F.).
17 
II. Der Beklagte hat entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch das ihm eingeräumte Widerrufsermessen fehlerfrei in einer dem Zweck der Ermächtigung in § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG entsprechenden Weise ausgeübt (§ 114 Satz 1 VwGO). Er hat alle im Fall des Klägers relevanten öffentlichen und privaten Belange erhoben und sie ohne Verkennung ihres tatsächlichen und rechtlichen Gewichts sowie in Übereinstimmung mit den Vorgaben der Rechtsprechung sachgerecht in seine Abwägung eingestellt und auch das Abwägungs- und Entscheidungsergebnis ist nicht zu beanstanden.
18 
1. Der Beklagte hat zunächst richtig erkannt, dass ein Widerruf wegen des Grundsatzes von Treu und Glauben (Verbot widersprüchlichen Verhaltens) dann von vornherein nicht in Betracht kommt - das Widerrufsermessen mithin auf ein Widerrufsverbot beschränkt ist -, wenn der Ausländer unabhängig von seiner (entfallenen) Asylberechtigung einen Anspruch auf ein dem entzogenen Recht gleichwertiges Aufenthaltsrecht hat, sei es, dass ihm ein solches Aufenthaltsrecht schon bei Zuerkennung der Asylberechtigung zustand und lediglich überlagert war oder dass ihm jedenfalls im Zeitpunkt des Widerrufs ein Anspruch auf ein solches Aufenthaltsrecht aus anderen - asylunabhängigen - Rechtsgründen zusteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2003 - 1 C 13.02 -, NVwZ 2003, 1275 ff. = InfAuslR 2003, 324 ff.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.10.1996 - 13 S 2408/95 -, EzAR 214 Nr. 5; ebenso OVG Niedersachsen, Beschluss vom 18.09.2000 - 1 M 2888/00 -, Juris). Ein solcher Fall war beim Kläger aber nicht gegeben. Voraussetzung dafür wäre gewesen, dass der Kläger einen Anspruch auf einen der widerrufenen unbefristeten Aufenthaltserlaubnis in qualitativer und zeitlicher Hinsicht (mindestens) gleichwertigen Aufenthaltstitel, mindestens also ebenfalls einen Anspruch auf eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis oder auf eine Aufenthaltsberechtigung gehabt hätte, wobei dieser Aufenthaltstitel keinerlei sachlichen Bezug zum früheren asylbedingten Aufenthalt hätte aufweisen, aber auch zeitlich auf keinem vorangegangenen asylbedingten Aufenthalt hätte aufbauen dürfen. Denn asylbezogene Aufenthaltszeiten dürfen nicht als rechtmäßiger Voraufenthalt auf Mindestaufenthaltszeiten angerechnet werden, wie sie etwa in § 24 Abs. 1 Nr. 1, § 27 Abs. 2 Nr. 1 AuslG und - nach heutigem Recht - in § 9 Abs. 2 Satz 1 AufenthG gefordert werden (zu diesen Voraussetzungen eines gleichwertigen asylunabhängigen Aufenthaltsrechts vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2003 a.a.O. unter Verwerfung der abweichenden Auffassung des Senats im zugrunde liegenden Urteil vom 10.04.2002 - 11 S 331/02 -, InfAuslR 2002, 289 ff.).
19 
Von einem diesen Anforderungen genügenden gleichwertigen Aufenthaltsrecht konnte beim Kläger bei Abschluss des Verwaltungsverfahrens nicht die Rede sein. Ein Anspruch auf eine Aufenthaltsberechtigung nach § 27 AuslG scheiterte schon am Erfordernis einer vorherigen dreijährigen unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, die wegen ihres asylunabhängigen Charakters hätte angerechnet werden können (vgl. § 27 Abs. 2 Nr. 1 b) AuslG). Ein Anspruch auf eine asylunabhängige unbefristete Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AuslG schied aus vergleichbaren Gründen deswegen aus, weil es ebenfalls an einer vorangegangenen anrechenbaren asylunabhängigen Aufenthaltserlaubnis fehlte (vgl. § 24 Abs. 1 Nr. 1 AuslG); damit kann offen bleiben, ob die Mindestfrist von 5 Jahren in § 24 Abs. 1 Nr. 1 AuslG überhaupt hätte erreicht werden können, nachdem die dem Kläger erteilte Aufenthaltserlaubnis vom 29.07.1999 bei Wirksamkeit des Widerrufs (§ 72 Abs. 2 Satz 1 AuslG) noch keine 5 Jahre bestanden hatte und fraglich erscheint, welche davor liegenden Zeiten rechtmäßigen Voraufenthalts hätten angerechnet werden können (dazu etwa Hailbronner, Komm. zum AuslG, Sept. 2001, § 24 Rn. 10).
20 
2. Ermessensfehler zu Lasten des Klägers sind dem Beklagten im Ergebnis auch insofern nicht unterlaufen, als er sich mit der Frage befasst - und diese verneint - hat, ob dem Kläger im maßgeblichen Widerrufszeitpunkt ein Anspruch auf ein gegenüber der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis geringerwertiges Aufenthaltsrecht zustand. Der Beklagte hat sich ausweislich des Widerspruchsbescheids zur Prüfung dieser Frage deswegen verpflichtet gesehen, weil aus Gleichbehandlungsgründen im Einzelfall untersucht werden müsse, „ob eine Um- oder Rückstufung“ in einen geringerwertigen Aufenthaltstitel in Betracht komme, etwa weil in Vergleichsfällen humanitäre Aufenthaltsrechte nach § 32 AuslG erteilt worden wären oder Flüchtlinge im „kleinen Asyl“ nach § 51 Abs. 1 AuslG „nach § 35 Abs. 1 AuslG ein asylunabhängiges Aufenthaltsrecht“ erlangt hätten. Ferner sei erörterungsbedürftig, ob der Kläger eine befristete Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug verlangen könne.
21 
Dieser weite Prüfungsansatz dürfte im vorliegenden Fall entbehrlich gewesen sein. Gegenstand ist nicht der Widerruf einer befristeten Aufenthaltserlaubnis oder einer befristeten Aufenthaltsbefugnis, wie sie anerkannten Konventionsflüchtlingen erteilt wurde (§ 70 AsylVfG a.F.), sondern der Widerruf einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis aufgrund von § 68 AsylVfG a.F. Prüfprogramm der Ermessensentscheidung ist in diesem Fall die Frage, ob es gerechtfertigt ist, dem Ausländer den asylbedingt erteilten unbefristeten - hochwertigen - Aufenthaltstitel zu belassen oder ob dieser Titel zu entziehen ist. Eine Zwischenlösung gibt es nicht. Denn der Gegenstand des Widerrufs ist nicht teilbar, der Widerruf kann nicht auf einen die Befristung der Aufenthaltserlaubnis oder die Aufenthaltsbefugnis übersteigenden weitergehenden Teil beschränkt werden (so zutreffend VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.10.1996 - 13 S 2408/95 -, EzAR 214 Nr. 5). Die Frage, ob dem Kläger statt der bisher unbefristeten Aufenthaltserlaubnis möglicherweise ein befristetes Aufenthaltsrecht etwa zum Familiennachzug oder aus anderweitigen humanitären Gründen zustand, hatte daher nur für die Entscheidung Bedeutung, ob man ihm deswegen den (überschießenden) unbefristeten Aufenthaltstitel belassen oder diesen entziehen und den befristeten Aufenthaltstitel neu erteilten wollte. Im Ergebnis hat das Regierungspräsidium diese Frage zutreffend beantwortet. Es hat richtig erkannt, dass, dem Kläger mangels eines Aufenthaltsrechts seiner Eltern bzw. seiner Mutter seinerzeit keine Aufenthaltserlaubnis zum Kindernachzug nach §§ 21 Abs. 1 Satz 1 oder nach § 20 i.V.m. § 17 AuslG zustand und dass er mangels der beschäftigungsbezogenen Voraussetzungen bei seinen Eltern auch die Voraussetzungen für eine Aufenthaltsbefugnis nach § 32 AuslG i.V.m. dem Erlass des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 15.06.2001 [4-13 JUG/104] nicht erfüllte. Auch eine vom Kläger behauptete Schlechterstellung gegenüber Flüchtlingen mit dem Status des § 51 Abs. 1 AuslG lag nicht vor. Wäre der Kläger nur als Flüchtling nach § 51 Abs. 1 AuslG anerkannt worden und wäre ihm deswegen nur eine Aufenthaltsbefugnis nach § 70 AsylVfG erteilt worden, hätte diese, da sie ihrerseits verfolgungsbezogen ist, nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG unter den gleichen Voraussetzungen widerrufen werden können wie die im Streit stehende unbefristete Aufenthaltserlaubnis. In gleicher Weise wäre auch eine nach Maßgabe des § 35 Abs. 1 AuslG erworbene unbefristete Aufenthaltserlaubnis dem Widerruf nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG ausgesetzt gewesen. Abgesehen davon waren im maßgeblichen Zeitpunkt (Januar 2004) aber auch schon die zeitlichen Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 AuslG nicht erfüllt und zudem war der Lebensunterhalt des Klägers nicht gesichert.
22 
3. Auch im Übrigen vermag der Senat Ermessensfehler nicht zu erkennen.
23 
a) Der Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Wegfall der Asylberechtigung oder der Flüchtlingseigenschaft nach dem Willen des Gesetzgebers grundsätzlich auch eine Beendigung des darauf beruhenden Aufenthaltsrechts nach sich zieht und dass daher in den Fällen des § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG in der Regel ein gewichtiges öffentliches Interesse am Widerruf der Aufenthaltsgenehmigung besteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2003 a.a.O., VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.11.2005 - 11 S 650/05 -, Juris). Trotz dieses - gewichtigen - öffentlichen Interesses an der Beendigung des spezifisch asylbedingten Aufenthaltstitels ist der Ausländerbehörde freilich ein weiter Ermessensspielraum eröffnet. Hierbei hat sie unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls eine Abwägung mit den schutzwürdigen prüfungsrelevanten Belangen des Ausländers am weiteren Verbleib in Deutschland vorzunehmen, wie sie beispielhaft für die Aufenthaltsbeendigung durch Ermessensausweisung in § 45 Abs. 2 AuslG (heute: § 55 Abs. 3 AufenthG) aufgeführt sind. Hierzu gehören nach § 45 Abs. 2 Nr. 1 AuslG (= § 55 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG) vor allem die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts und die schutzwürdigen persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen des Ausländers im Bundesgebiet (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2003 a.a.O.). Diesen ist im Wege einer Verhältnismäßigkeitsprüfung das öffentliche Interesse am Verlust des asylbedingten Aufenthaltstitels gegenüber zu stellen. Hat der Ausländer dabei einen Anspruch auf einen geringerwertigen Aufenthaltstitel, wird es in aller Regel verhältnismäßig (angemessen) sein, ihm den überschießenden Titel zu entziehen und ihn auf den neuen Titel zu verweisen. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung sind des weiteren auch die in § 45 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 AuslG (= § 55 Abs. 3 Nrn. 2 und 3 AufenthG) genannten Belange ihrer tatsächlichen und rechtlichen Bedeutung gemäß in den Blick zu nehmen. Die Behörde muss sich daher im Einzelfall bei Bedarf auch mit den Folgen einer Aufenthaltsbeendigung für die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhaltenden und mit dem Ausländer in familiärer Lebensgemeinschaft lebenden Familienangehörigen auseinandersetzen sowie auf etwaige Duldungsgründe nach § 55 Abs. 2 AuslG (§ 60a Abs. 2 AufenthG) in Form rechtlicher oder tatsächlicher Abschiebungshindernisse eingehen.
24 
Zu den Abschiebungshindernissen nach § 55 Abs. 2 AuslG bzw. § 60a AufenthG gehören sowohl solche, die ihren Anlass im Inland haben (inlandsbezogene Abschiebungshindernisse - insofern wird häufig Deckungsgleichheit mit schutzwürdigen Belangen nach § 45 Abs. 2 Nr. 1 AuslG vorliegen -.) als auch solche, die sich außerhalb des Bundesgebiets im Herkunftsland bzw Abschiebezielstaat auswirken (zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, zur Unterscheidung vgl. BVerwG, Urteile vom 11.11.1997 - 9 C 13.96 -, NVwZ 1998, 526 ff.; = VBlBW 1998, 216 f.; Urteil vom 21.09.1999 - 9 C 12.90 -, BVerwGE 109, 305 ff.; VGH Bad.-Württ., .Beschluss vom 10.07.2003 - 11 S 2611/02 -, VBlBW 2003, 482 sowie Urteil vom 21.06.2004 - 11 S 770/04 -, InfAuslR 2004, 429 ff.).
25 
Bei den zielstaatsbezogenen rechtlichen Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG (= § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG) kommt allerdings der besondere Zusammenhang mit dem früheren Asylverfahren und die Abgrenzung der Entscheidungskompetenzen zwischen dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (heute; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) und den Ausländerbehörden zum Tragen. Mit Stellung des Asylantrags wird nach §§ 24 Abs. 2, 31 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG die Zuständigkeit und die Pflicht des Bundesamts zur Entscheidung auch über das Bestehen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG ( § 60a Abs. 2 bis 7 AufenthG) begründet. Diese Entscheidung kann nach § 31 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG zwar unterbleiben, wenn der Ausländer als Asylberechtigter anerkannt wird oder die Voraussetzungen des 51 Abs. 1 AuslG ( § 60 Abs. 1 AufenthG) festgestellt werden. Sie muss jedoch nachgeholt werden, wenn die Asylanerkennung oder der Flüchtlingsstatus enden (vgl. etwa § § 32 und 39 Abs. 2 AsylVfG). Hieraus folgt, dass das Bundesamt berechtigt, aber auch und verpflichte ist, Statusentscheidungen über das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG ( § 60 Abs. 2 - 7) AufenthG erstmals zusammen mit dem Widerruf einer Asylanerkennung oder der Flüchtlingseigenschaft nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG (§ 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG) zu treffen; denn es soll nicht offen blieben, ob und in welcher Form dem Ausländer Abschiebungsschutz gewährt wird (sog. Vollständigkeitsprinzip, vgl. BVerwG, Urteil vom 20.04.1999 - 9 C 29.98 -, InfAuslR 1999, 373). An die hierbei getroffene - positive wie negative - Statusfeststellung des Bundesamts ist die Ausländerbehörde nach § 42 Satz 1 AsylVfG strikt gebunden. Hat das Bundesamt die Statusfeststellung unterlassen, so ergibt sich aus § 42 Satz 1 AsylVfG anstelle der Bindungswirkung eine Sperrwirkung; die Ausländerbehörden dürfen in diesem Unterlassensfall nicht in das beim Bundesamt bestehende Entscheidungsvakuum eindringen; sie haben zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse daher aus ihrem Prüfprogramm auszuklammern (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.10.2004 - 11 S 1448/03 -, Juris, m.w.N.; zum neuen Recht vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.04.2005 - 11 S 2779/04 -, Juris).
26 
Die aus § 42 Satz 1 AsylVfG folgende Bindungs- bzw. Sperrwirkung gilt für alle denkbaren Entscheidungen der Ausländerbehörden, in denen es rechtlich unmittelbar oder auch nur mittelbar auf das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG/ § 60a Abs. 2 - 7 AufenthG ankommt, mithin nicht nur für Entscheidungen über die Gewährung eines Aufenthalts- oder Bleiberechts aufgrund des Abschiebungshindernisses, sondern auch für Entscheidungen über die Aufenthaltsbeendigung, in denen solche Abschiebungshindernisse - als Duldungsgründe - in das Ermessen einzustellen sind. Dies ist für die Entscheidung über eine Ausweisung anerkannt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.05.2003 - 13 S 1113/02 -, VBlBW 2003, 486 f.) gilt in gleicher Weise aber auch für die hier in Rede stehende Entscheidung über den Widerruf eines asylbezogenen Aufenthaltstitels nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG (§ 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG). Die Sperrwirkung greift in all diesen Fällen solange, bis das Bundesamts die geforderte Statusentscheidung nach § 53 AuslG (§ 60 Abs. 2 - 7 AufenthG) getroffen hat. Ist dies in der asylrechtlichen Widerrufsentscheidung geschehen, setzt die Bindungswirkung ein mit der Folge, dass die Ausländerbehörde bei positiver Feststellung von einem Duldungsgrund nach § 55 Abs. 2 AuslG ausgehen muss (bei Feststellungen nach § 53 Abs. 1, 2 und 4 AuslG) bzw. ausgehen soll (bei Feststellungen nach § 53 Abs. 6 AuslG). Diese bindenden Feststellungen sind in das Widerrufsermessens einzustellen und die Behörde hat dann zu prüfen, ob sie deswegen vom Widerruf gänzlich absehen oder sich auf die Erteilung einer Duldung nach § 55 Abs. 2 AuslG bzw. auf eine Aufenthaltsbefugnis etwa nach § 30 Abs. 3 AuslG beschränken will. Entsprechendes gilt nach heutigem Recht: Die Ausländerbehörde hat im Rahmen ihres Ermessens ebenfalls zu prüfen, ob sie dem Ausländer den überschießenden Aufenthaltstitel belässt oder ob sie ihn widerruft und dem Ausländer „nur“ eine (befristete) Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG erteilt oder sie sich gar nur mit der Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 i.V.m. § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG begnügen darf. Hat das Bundesamt negativ über das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG (§ 60 Abs. 2 - 7 AufenthG) entschieden, dürfen die Ausländerbehörden derartige - auch nachgeschobene, mit einem neuen Sachverhalt begründete - Abschiebungshindernisse ausnahmslos nicht berücksichtigen, sondern müssen davon ausgehen, dass solche Abschiebungshindernisse nicht bestehen. Die Ausländer sind insoweit auf einen isolierten Wiederaufgreifensantrag beim Bundesamt (sog. Folgeschutzgesuch) zu verweisen (vgl. zu dieser Möglichkeit BVerwG, Urteil vom 21.03.2000 - 9 C 41.99 -, BVerwGE 111, 77 ff. = NVwZ 2000, 940 f.; VGH Bad.-Württ., vom 13.09.2000 - 11 S 988/00 -, NVwZ 2001, 151 ff.) und haben diesem gegenüber gegebenenfalls auch einstweiligen Rechtsschutz zu suchen.
27 
b) Gemessen an diesen Vorgaben sind die Ermessenserwägungen des Beklagten nicht zu beanstanden. Sie beruhen weder auf einer tatsächlichen oder rechtlichen Fehlgewichtung der Belange des Klägers noch sind sie unvollständig.
28 
Der Beklagte hat berücksichtigt, dass der im Bundesgebiet geborene Kläger sich im maßgeblichen Zeitpunkt acht Jahre im Bundesgebiet aufgehalten hat, wobei er allerdings zunächst nur geduldet war, ab der Asylantragstellung im September 1997 eine Aufenthaltsgestattung erhielt und erst ab Juli 1999 über die asylbedingt erteilte unbefristete Aufenthaltserlaubnis verfügte. Während der Dauer des gesamten (erlaubten wie unerlaubten) Aufenthalts hat der Kläger jedoch keine besonders schutzwürdigen Bindungen an die Bundesrepublik Deutschland entwickelt. Der Beklagte hat insoweit zu Recht wegen des jungen Alters und der Abhängigkeit des Klägers von den Eltern im Schwerpunkt auf die tatsächlichen und rechtlichen Lebensumstände der Eltern, insbesondere der Mutter abgestellt und gewichtige Anhaltspunkte für deren soziale und wirtschaftliche Integration verneint. Die Eltern verfügten zu keiner Zeit über einen gesicherten Aufenthaltstitel. Mit Ausnahme der kurzen Zeit einer Aufenthaltsgestattung während des Asylverfahrens 1994 bis 1995 waren sowohl der Vater als auch die Mutter immer nur geduldet, die Mutter ersichtlich auch während ihrer laufenden Asylfolgeverfahren, die jeweils in kein reguläres Asylverfahren mündeten. 1995 wurden die Eltern geschieden. Der Vater wurde im Oktober 2001 nach Serbien-Montenegro abgeschoben. Die Mutter - und in deren Gefolge die die Geschwister - leiten ihr Bleiberecht seit Jahren ersichtlich allein vom Kläger und dessen asylbedingtem Aufenthaltstitel ab. Aufgrund seiner durch die Asylberechtigung belegten politischen Verfolgung war dem minderjährigen Kläger die Rückkehr in den Heimatstaat unzumutbar, was unter dem Gesichtspunkt der Familieneinheit (Art. 6 Abs. 1 und 2 GG) ausschlaggebend dafür war, dass die allein sorgeberechtigte Mutter und mit ihr auch die Geschwister Duldungen erhielten. Denn der Kläger war und ist auf die Betreuung der Mutter angewiesen. Eine Aufenthaltserlaubnis für den Nachzug zum Kläger nach § 17 ff. AuslG hat die Mutter nie erhalten. Die Mutter hat sich auch wirtschaftlich und beruflich nicht in die hiesigen Lebensverhältnisse eingegliedert, da sie Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bezog und bezieht. Ob und inwieweit sie diese Leistungen trotz Arbeitsbereitschaft erhält, weil sie sich um ihre Kindern kümmern muss, ist in diesem Zusammenhang nicht ausschlaggebend. Jedenfalls ist es der Familie nicht gelungen, eine gefestigte Existenz aufzubauen. Schließlich muss sich die Mutter entgegenhalten lassen, dass eine aufenthaltsrechtlich erhebliche und insoweit schutzwürdige Eingliederung in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland während eines lediglich geduldeten Aufenthalts grundsätzlich nicht erfolgen kann (vgl. Beschlüsse des Senats vom 25.09.2003 - 11 S 1795/03 -, InfAuslR 2004, 70). Auch eine nach Art. 8 EMRK rechtserhebliche „Verwurzelung“ als faktischer Inländer erfordert - als Basis - grundsätzlich eine entsprechende aufenthaltsrechtliche Verankerung, die bei Minderjährigen nur durch gewichtige sonstige nachhaltige - hier fehlende - Integrationsleistungen der Familienangehörigen kompensiert werden kann (vgl. dazu im Einzelnen VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006 - 13 S 2220/05 - unter Hinweis insbesondere auch darauf, dass Kinder bis zum 16. Lebensjahr grundsätzlich vom Aufenthaltsrecht und den Integrationsleistungen der Eltern abhängig sind).
29 
Der Senat verkennt nicht, dass die Aufenthaltsbeendigung in Deutschland und die Rückkehr in das Kosovo gleichwohl für den Kläger und seine Familie Nachteile mit sich bringen, da sie im dortigen Kulturkreis nicht bzw. nicht mehr fest verwurzelt sind und dem hiesigen Kulturkreis inzwischen näher stehen. Derartige sich aus den allgemein unterschiedlichen Lebensverhältnissen und unterschiedlichen Sozialstandards in Deutschland und dem jeweiligen Herkunftsstaat ergebenden Rückkehrerschwernisse sind in ausländerrechtlichen Verfahren, wie dem Kläger zuzugeben ist, auch ohne Rücksicht auf die Entscheidungslage beim Bundesamt berücksichtigungsfähig. Sie sind im Rahmen der schutzwürdigen Belange nach § 45 Abs. 2 Nr. 1 AuslG (§ 55 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG) als Parameter für „sonstige“ (kulturelle und/oder soziale) „Bindungen im Bundesgebiet“ zu prüfen und unterfallen nicht der Bindungswirkung nach § 42 Satz 1 AsylVfG, da sie wesentlichen Inlandsbezug haben, jedenfalls aber mit den typischen Streitgegenständen (Lebenssachverhalten) bei zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG (= § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG) nichts zu tun haben. Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 1, 2 und Abs. 4 AuslG (= § 60 Abs. 2, 3 und Abs. 5 AufenthG) i.V.m. - insbesondere - Art. 3 EMRK setzen, grob gesprochen, den Vortrag gravierender konkreter gezielter Eingriffe in die Rechtsgüter Leib und Leben und allgemein in die Menschenwürde voraus, die zudem vom Staat oder ihm zurechenbaren Stellen ausgehen müssen. § 53 Abs. 6 AuslG ( § 60 Abs. 7 AufenthG) knüpft in Satz 1 ebenfalls an im Einzelfall konkrete Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit an, die von außerhalb des Staates stehenden Personen oder Gruppen ausgehen. Dem werden nach Satz 2 Gefahren für die gesamte Bevölkerung oder für eine Bevölkerungsgruppe gleichgestellt, wenn jedes Gruppenmitglied „gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde“ (sog. extreme Allgemeingefahr, vgl. BVerwG, Urteile vom 17.10.1995 -9 C 9.95 -, BVerwGE 99, 324 ff., und vom 12.07.2001 - 1 C 2.01 -, BVerwGE 114, 379 ff.). Bei Allgemeingefahren unterhalb der Schwelle einer solchen Extremgefahr kann sich eine Sperrwirkung (für das Bundesamt wie für die Ausländerbehörden) aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung ergeben, denn der parlamentarische Gesetzgeber weist die Handlungsbefugnis insofern nach § 54 AuslG (§ 60a Abs. 1 AufenthG) den obersten Landesbehörden in Gestalt der Ermächtigung für Abschiebungserlasse zu, was die anderen Gewalten zu respektieren haben (vgl. dazu auch den Beschluss des Senats vom 21.09.2005 - 11 S 2924/04 -).
30 
Mit einem der vorgenannten Geschehensabläufe hat der Vortrag des Klägers, der Kosovo sei ihm und seiner Familie kulturell entfremdet und sie hätten dort keinen familiären Rückhalt mehr, nichts zu tun. Dieser Vortrag war daher zu berücksichtigen, ohne dass ihm freilich entscheidendes Gewicht zukam. Beide geltend gemachten Nachteile sind nicht so außergewöhnlich und gravierend, dass der Beklagte sie hätte hinter dem gewichtigen öffentlichen Interesse an der Beendigung des asylbedingten Aufenthalts des Klägers zurückstellen müssen. Hinsichtlich der Rückkehr in ein ihm kulturell entfremdetes, der Mutter aber keinesfalls „gänzlich fremdes“ Umfeld mit niedrigerem Lebens- und Sozialstandard beruft sich der Kläger auf typische Nachteile einer Vielzahl von Flüchtlingen. Aufgrund seines jungen Alters und mit Hilfe der Mutter wird sich der Kläger im Herkunftsland wieder eingewöhnen können. Der Kläger muss auch nicht allein in den Kosovo zurückkehren, sondern wird vom Beklagten ersichtlich nur gemeinsam mit seiner Mutter und seinen Geschwistern zurückgeführt werden. Dass die Mutter im Kosovo auf vollkommen fehlenden familiären Rückhalt treffen wird, hält der Senat für wenig wahrscheinlich. Zwar ist der Kontakt zu ihrem früheren Ehemann nach dessen Abschiebung abgebrochen und wird als nunmehr feindselig geschildert (dazu unten), obwohl sie mit diesem auch nach der Scheidung (und nach dessen Eheschließung mit einer über 20 Jahre älteren deutschen Staatsangehörigen) in Deutschland zeitweise noch zusammengelebt hat und er nach Angaben eines Arztes auch Vater der nach der Scheidung geborenen Kinder sein soll. Jedoch leben unstreitig die Geschwister der Mutter im Kosovo. Dass sie von diesen keinerlei Unterstützung erfahren wird, hält der Senat nach der Lebenserfahrung für unwahrscheinlich. Der diesbezügliche Vortrag des Klägers ist zu vage, um diesen Sachverhalt glaubhaft zu machen.
31 
Soweit der Kläger behauptet, bei einer Rückkehr werde die Mutter von ihrem früheren Ehemann und dessen Familie „schlimm bedroht“, diese würden ihr sofort die Kinder wegnehmen, macht er in erster Linie Nachteile der Mutter und allenfalls sekundär eigene Rechtsverletzungen geltend. Entscheidend ist jedoch, dass dieser Lebenssachverhalt nach Zielrichtung und Struktur erkennbar Elemente eines zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG aufweist (Bedrohung von Leib, Leben, Willens- und Entscheidungsfreiheit durch einzelne Privatpersonen ohne Urheberschaft staatlicher Stellen). Dementsprechend hat die Mutter des Klägers die Drohung des früheren Ehemanns und dessen Schwager, ihr bei einer Rückkehr die Kinder wegnehmen zu lassen, auch in ihrem - zweiten - Asylfolgeantrag vom 02.04.2002 beim Bundesamt geltend gemacht und das Bundesamt hat hierüber im Rahmen der Prüfung eines Anspruchs nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG auch - negativ - entschieden. Die gegebene Sachnähe zu einem Anspruch nach § 53 AuslG führt dazu, dass die Wirkungen des § 42 Satz 1 AsylVfG zum Tragen kommen. Der Beklagte war daher gehindert, den Komplex „Bedrohung durch den Vater und dessen Familie im Kosovo“ eigenständig auf seine - nicht zweifelsfreie - Wahrheit zu prüfen und zugunsten des Klägers in das Widerrufsermessen einzustellen. Vielmehr war der Beklagte an die negative Feststellung des Bundesamts im Bescheid vom 01.12.2000 gebunden, dass beim Kläger Abschiebungshindernisse weder nach § 53 Abs. 1 - 4 noch nach § 53 Abs. 6 AuslG vorliegen. Unerheblich ist, dass das Bundesamt sich bei dieser Entscheidung mit dem jetzigen Vorbringen (Bedrohung durch den Vater) nicht befasst hat. Um dieses Geschehen zur Geltung zu bringen, müsste der Kläger beim Bundesamt, wie bereits ausgeführt, einen Wiederaufgreifensantrag nach § 51 Abs. 1 - 3 VwVfG oder nach § 51 Abs. 5 i.V.m. §§ 48, 49 VwVfG stellen. Dass dieser Erfolg hätte, erscheint freilich im Hinblick auf die Ausführungen des Bundesamts im bereits erwähnten Ablehnungsbescheid vom 05.08.2002 gegenüber der Mutter des Klägers unwahrscheinlich.
32 
B. Auch die mit der Widerrufsentscheidung verbundene Abschiebungsandrohung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die gesetzlichen Vorgaben nach § 50 Abs. 1 - 3 AuslG sind erfüllt. Der Kläger wurde mit Wirksamkeit der Widerrufsentscheidung und das dadurch erfolgte Erlöschen der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis (§§ 44 Abs. 1, 72 Abs. 2 Satz 1 AuslG) ausreisepflichtig ( § 42 Abs. 1 AuslG) und diese Ausreisepflicht ist aufgrund des angeordneten Sofortvollzuges auch vollziehbar geworden, was nach der Rechtsprechung des Senat freilich nicht zwingende Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Abschiebungsandrohung ist. Die Bezeichnung des Heimatstaats Serbien-Montenegro als Abschiebezielstaat war zulässig, nachdem die Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG für dieses Land bindend (§ 4 AsylVfG) widerrufen war und das Bundesamt ebenfalls bindend ( § 42 Satz 1 AsylVfG) das Fehlen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG festgestellt hatte. Schließlich ist auch die festgesetzte Ausreisefrist (ein Monat ab Bekanntgabe der Entscheidung) angemessen, da die Mutter des Klägers und wohl auch die Geschwister des Klägers damals bereits ausreisepflichtig waren (vgl. u.a. den Bescheid des Bundesamts vom 05.08.2002), so dass einer gemeinsamen Ausreise und gegebenenfalls gleichzeitigen Abschiebung aller Familienmitglieder rechtlich nichts im Wege stand.
33 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
34 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Gründe

 
13 
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierauf verzichtet haben und der entscheidungserhebliche Sachverhalt geklärt ist.
14 
Die statthafte und auch sonst zulässige, insbesondere fristgerecht und inhaltlich ausreichend begründete Berufung des Klägers (vgl. § 124a Abs. 6 i. V. m. Abs. 3 Satz 3 und 4 VwGO) hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte der - zulässigen - Anfechtungsklage des Klägers gegen die Widerrufsentscheidung und die Abschiebungsandrohung in der Verfügung des Landratsamts Bodenseekreis vom 07.10.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 30.01.2004 nicht stattgeben dürfen. Denn diese Klage ist unbegründet, weil die angegriffenen Verfügungen rechtmäßig sind und daher Rechte des Klägers nicht verletzen ( § 113 Abs. 1 VwGO).
15 
A. Die Widerrufsverfügung begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
16 
I. Die Tatbestandsvoraussetzungen des - bei Abschluss des Verwaltungsverfahrens geltenden und daher hier anzuwendenden - § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG für den Widerruf der dem Kläger asylbezogen nach § 68 Abs. 1 AsylVfG a.F. erteilten unbefristeten Aufenthaltserlaubnis lagen beim Kläger unstreitig vor. Denn seine am 28.06.1999 erfolgte Anerkennung als Asylberechtigter und als Flüchtling nach § 51 Abs. 1 AuslG wurde durch Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 01.12.2000 widerrufen und ist mit Bestandskraft dieses Widerrufsbescheids am 05.02.2003 erloschen (vgl. § 73 Abs. 1 und Abs. 4 i.V.m. § 75 AsylVfG a.F.).
17 
II. Der Beklagte hat entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch das ihm eingeräumte Widerrufsermessen fehlerfrei in einer dem Zweck der Ermächtigung in § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG entsprechenden Weise ausgeübt (§ 114 Satz 1 VwGO). Er hat alle im Fall des Klägers relevanten öffentlichen und privaten Belange erhoben und sie ohne Verkennung ihres tatsächlichen und rechtlichen Gewichts sowie in Übereinstimmung mit den Vorgaben der Rechtsprechung sachgerecht in seine Abwägung eingestellt und auch das Abwägungs- und Entscheidungsergebnis ist nicht zu beanstanden.
18 
1. Der Beklagte hat zunächst richtig erkannt, dass ein Widerruf wegen des Grundsatzes von Treu und Glauben (Verbot widersprüchlichen Verhaltens) dann von vornherein nicht in Betracht kommt - das Widerrufsermessen mithin auf ein Widerrufsverbot beschränkt ist -, wenn der Ausländer unabhängig von seiner (entfallenen) Asylberechtigung einen Anspruch auf ein dem entzogenen Recht gleichwertiges Aufenthaltsrecht hat, sei es, dass ihm ein solches Aufenthaltsrecht schon bei Zuerkennung der Asylberechtigung zustand und lediglich überlagert war oder dass ihm jedenfalls im Zeitpunkt des Widerrufs ein Anspruch auf ein solches Aufenthaltsrecht aus anderen - asylunabhängigen - Rechtsgründen zusteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2003 - 1 C 13.02 -, NVwZ 2003, 1275 ff. = InfAuslR 2003, 324 ff.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.10.1996 - 13 S 2408/95 -, EzAR 214 Nr. 5; ebenso OVG Niedersachsen, Beschluss vom 18.09.2000 - 1 M 2888/00 -, Juris). Ein solcher Fall war beim Kläger aber nicht gegeben. Voraussetzung dafür wäre gewesen, dass der Kläger einen Anspruch auf einen der widerrufenen unbefristeten Aufenthaltserlaubnis in qualitativer und zeitlicher Hinsicht (mindestens) gleichwertigen Aufenthaltstitel, mindestens also ebenfalls einen Anspruch auf eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis oder auf eine Aufenthaltsberechtigung gehabt hätte, wobei dieser Aufenthaltstitel keinerlei sachlichen Bezug zum früheren asylbedingten Aufenthalt hätte aufweisen, aber auch zeitlich auf keinem vorangegangenen asylbedingten Aufenthalt hätte aufbauen dürfen. Denn asylbezogene Aufenthaltszeiten dürfen nicht als rechtmäßiger Voraufenthalt auf Mindestaufenthaltszeiten angerechnet werden, wie sie etwa in § 24 Abs. 1 Nr. 1, § 27 Abs. 2 Nr. 1 AuslG und - nach heutigem Recht - in § 9 Abs. 2 Satz 1 AufenthG gefordert werden (zu diesen Voraussetzungen eines gleichwertigen asylunabhängigen Aufenthaltsrechts vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2003 a.a.O. unter Verwerfung der abweichenden Auffassung des Senats im zugrunde liegenden Urteil vom 10.04.2002 - 11 S 331/02 -, InfAuslR 2002, 289 ff.).
19 
Von einem diesen Anforderungen genügenden gleichwertigen Aufenthaltsrecht konnte beim Kläger bei Abschluss des Verwaltungsverfahrens nicht die Rede sein. Ein Anspruch auf eine Aufenthaltsberechtigung nach § 27 AuslG scheiterte schon am Erfordernis einer vorherigen dreijährigen unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, die wegen ihres asylunabhängigen Charakters hätte angerechnet werden können (vgl. § 27 Abs. 2 Nr. 1 b) AuslG). Ein Anspruch auf eine asylunabhängige unbefristete Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AuslG schied aus vergleichbaren Gründen deswegen aus, weil es ebenfalls an einer vorangegangenen anrechenbaren asylunabhängigen Aufenthaltserlaubnis fehlte (vgl. § 24 Abs. 1 Nr. 1 AuslG); damit kann offen bleiben, ob die Mindestfrist von 5 Jahren in § 24 Abs. 1 Nr. 1 AuslG überhaupt hätte erreicht werden können, nachdem die dem Kläger erteilte Aufenthaltserlaubnis vom 29.07.1999 bei Wirksamkeit des Widerrufs (§ 72 Abs. 2 Satz 1 AuslG) noch keine 5 Jahre bestanden hatte und fraglich erscheint, welche davor liegenden Zeiten rechtmäßigen Voraufenthalts hätten angerechnet werden können (dazu etwa Hailbronner, Komm. zum AuslG, Sept. 2001, § 24 Rn. 10).
20 
2. Ermessensfehler zu Lasten des Klägers sind dem Beklagten im Ergebnis auch insofern nicht unterlaufen, als er sich mit der Frage befasst - und diese verneint - hat, ob dem Kläger im maßgeblichen Widerrufszeitpunkt ein Anspruch auf ein gegenüber der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis geringerwertiges Aufenthaltsrecht zustand. Der Beklagte hat sich ausweislich des Widerspruchsbescheids zur Prüfung dieser Frage deswegen verpflichtet gesehen, weil aus Gleichbehandlungsgründen im Einzelfall untersucht werden müsse, „ob eine Um- oder Rückstufung“ in einen geringerwertigen Aufenthaltstitel in Betracht komme, etwa weil in Vergleichsfällen humanitäre Aufenthaltsrechte nach § 32 AuslG erteilt worden wären oder Flüchtlinge im „kleinen Asyl“ nach § 51 Abs. 1 AuslG „nach § 35 Abs. 1 AuslG ein asylunabhängiges Aufenthaltsrecht“ erlangt hätten. Ferner sei erörterungsbedürftig, ob der Kläger eine befristete Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug verlangen könne.
21 
Dieser weite Prüfungsansatz dürfte im vorliegenden Fall entbehrlich gewesen sein. Gegenstand ist nicht der Widerruf einer befristeten Aufenthaltserlaubnis oder einer befristeten Aufenthaltsbefugnis, wie sie anerkannten Konventionsflüchtlingen erteilt wurde (§ 70 AsylVfG a.F.), sondern der Widerruf einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis aufgrund von § 68 AsylVfG a.F. Prüfprogramm der Ermessensentscheidung ist in diesem Fall die Frage, ob es gerechtfertigt ist, dem Ausländer den asylbedingt erteilten unbefristeten - hochwertigen - Aufenthaltstitel zu belassen oder ob dieser Titel zu entziehen ist. Eine Zwischenlösung gibt es nicht. Denn der Gegenstand des Widerrufs ist nicht teilbar, der Widerruf kann nicht auf einen die Befristung der Aufenthaltserlaubnis oder die Aufenthaltsbefugnis übersteigenden weitergehenden Teil beschränkt werden (so zutreffend VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.10.1996 - 13 S 2408/95 -, EzAR 214 Nr. 5). Die Frage, ob dem Kläger statt der bisher unbefristeten Aufenthaltserlaubnis möglicherweise ein befristetes Aufenthaltsrecht etwa zum Familiennachzug oder aus anderweitigen humanitären Gründen zustand, hatte daher nur für die Entscheidung Bedeutung, ob man ihm deswegen den (überschießenden) unbefristeten Aufenthaltstitel belassen oder diesen entziehen und den befristeten Aufenthaltstitel neu erteilten wollte. Im Ergebnis hat das Regierungspräsidium diese Frage zutreffend beantwortet. Es hat richtig erkannt, dass, dem Kläger mangels eines Aufenthaltsrechts seiner Eltern bzw. seiner Mutter seinerzeit keine Aufenthaltserlaubnis zum Kindernachzug nach §§ 21 Abs. 1 Satz 1 oder nach § 20 i.V.m. § 17 AuslG zustand und dass er mangels der beschäftigungsbezogenen Voraussetzungen bei seinen Eltern auch die Voraussetzungen für eine Aufenthaltsbefugnis nach § 32 AuslG i.V.m. dem Erlass des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 15.06.2001 [4-13 JUG/104] nicht erfüllte. Auch eine vom Kläger behauptete Schlechterstellung gegenüber Flüchtlingen mit dem Status des § 51 Abs. 1 AuslG lag nicht vor. Wäre der Kläger nur als Flüchtling nach § 51 Abs. 1 AuslG anerkannt worden und wäre ihm deswegen nur eine Aufenthaltsbefugnis nach § 70 AsylVfG erteilt worden, hätte diese, da sie ihrerseits verfolgungsbezogen ist, nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG unter den gleichen Voraussetzungen widerrufen werden können wie die im Streit stehende unbefristete Aufenthaltserlaubnis. In gleicher Weise wäre auch eine nach Maßgabe des § 35 Abs. 1 AuslG erworbene unbefristete Aufenthaltserlaubnis dem Widerruf nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG ausgesetzt gewesen. Abgesehen davon waren im maßgeblichen Zeitpunkt (Januar 2004) aber auch schon die zeitlichen Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 AuslG nicht erfüllt und zudem war der Lebensunterhalt des Klägers nicht gesichert.
22 
3. Auch im Übrigen vermag der Senat Ermessensfehler nicht zu erkennen.
23 
a) Der Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Wegfall der Asylberechtigung oder der Flüchtlingseigenschaft nach dem Willen des Gesetzgebers grundsätzlich auch eine Beendigung des darauf beruhenden Aufenthaltsrechts nach sich zieht und dass daher in den Fällen des § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG in der Regel ein gewichtiges öffentliches Interesse am Widerruf der Aufenthaltsgenehmigung besteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2003 a.a.O., VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.11.2005 - 11 S 650/05 -, Juris). Trotz dieses - gewichtigen - öffentlichen Interesses an der Beendigung des spezifisch asylbedingten Aufenthaltstitels ist der Ausländerbehörde freilich ein weiter Ermessensspielraum eröffnet. Hierbei hat sie unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls eine Abwägung mit den schutzwürdigen prüfungsrelevanten Belangen des Ausländers am weiteren Verbleib in Deutschland vorzunehmen, wie sie beispielhaft für die Aufenthaltsbeendigung durch Ermessensausweisung in § 45 Abs. 2 AuslG (heute: § 55 Abs. 3 AufenthG) aufgeführt sind. Hierzu gehören nach § 45 Abs. 2 Nr. 1 AuslG (= § 55 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG) vor allem die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts und die schutzwürdigen persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen des Ausländers im Bundesgebiet (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2003 a.a.O.). Diesen ist im Wege einer Verhältnismäßigkeitsprüfung das öffentliche Interesse am Verlust des asylbedingten Aufenthaltstitels gegenüber zu stellen. Hat der Ausländer dabei einen Anspruch auf einen geringerwertigen Aufenthaltstitel, wird es in aller Regel verhältnismäßig (angemessen) sein, ihm den überschießenden Titel zu entziehen und ihn auf den neuen Titel zu verweisen. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung sind des weiteren auch die in § 45 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 AuslG (= § 55 Abs. 3 Nrn. 2 und 3 AufenthG) genannten Belange ihrer tatsächlichen und rechtlichen Bedeutung gemäß in den Blick zu nehmen. Die Behörde muss sich daher im Einzelfall bei Bedarf auch mit den Folgen einer Aufenthaltsbeendigung für die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhaltenden und mit dem Ausländer in familiärer Lebensgemeinschaft lebenden Familienangehörigen auseinandersetzen sowie auf etwaige Duldungsgründe nach § 55 Abs. 2 AuslG (§ 60a Abs. 2 AufenthG) in Form rechtlicher oder tatsächlicher Abschiebungshindernisse eingehen.
24 
Zu den Abschiebungshindernissen nach § 55 Abs. 2 AuslG bzw. § 60a AufenthG gehören sowohl solche, die ihren Anlass im Inland haben (inlandsbezogene Abschiebungshindernisse - insofern wird häufig Deckungsgleichheit mit schutzwürdigen Belangen nach § 45 Abs. 2 Nr. 1 AuslG vorliegen -.) als auch solche, die sich außerhalb des Bundesgebiets im Herkunftsland bzw Abschiebezielstaat auswirken (zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, zur Unterscheidung vgl. BVerwG, Urteile vom 11.11.1997 - 9 C 13.96 -, NVwZ 1998, 526 ff.; = VBlBW 1998, 216 f.; Urteil vom 21.09.1999 - 9 C 12.90 -, BVerwGE 109, 305 ff.; VGH Bad.-Württ., .Beschluss vom 10.07.2003 - 11 S 2611/02 -, VBlBW 2003, 482 sowie Urteil vom 21.06.2004 - 11 S 770/04 -, InfAuslR 2004, 429 ff.).
25 
Bei den zielstaatsbezogenen rechtlichen Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG (= § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG) kommt allerdings der besondere Zusammenhang mit dem früheren Asylverfahren und die Abgrenzung der Entscheidungskompetenzen zwischen dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (heute; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) und den Ausländerbehörden zum Tragen. Mit Stellung des Asylantrags wird nach §§ 24 Abs. 2, 31 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG die Zuständigkeit und die Pflicht des Bundesamts zur Entscheidung auch über das Bestehen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG ( § 60a Abs. 2 bis 7 AufenthG) begründet. Diese Entscheidung kann nach § 31 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG zwar unterbleiben, wenn der Ausländer als Asylberechtigter anerkannt wird oder die Voraussetzungen des 51 Abs. 1 AuslG ( § 60 Abs. 1 AufenthG) festgestellt werden. Sie muss jedoch nachgeholt werden, wenn die Asylanerkennung oder der Flüchtlingsstatus enden (vgl. etwa § § 32 und 39 Abs. 2 AsylVfG). Hieraus folgt, dass das Bundesamt berechtigt, aber auch und verpflichte ist, Statusentscheidungen über das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG ( § 60 Abs. 2 - 7) AufenthG erstmals zusammen mit dem Widerruf einer Asylanerkennung oder der Flüchtlingseigenschaft nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG (§ 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG) zu treffen; denn es soll nicht offen blieben, ob und in welcher Form dem Ausländer Abschiebungsschutz gewährt wird (sog. Vollständigkeitsprinzip, vgl. BVerwG, Urteil vom 20.04.1999 - 9 C 29.98 -, InfAuslR 1999, 373). An die hierbei getroffene - positive wie negative - Statusfeststellung des Bundesamts ist die Ausländerbehörde nach § 42 Satz 1 AsylVfG strikt gebunden. Hat das Bundesamt die Statusfeststellung unterlassen, so ergibt sich aus § 42 Satz 1 AsylVfG anstelle der Bindungswirkung eine Sperrwirkung; die Ausländerbehörden dürfen in diesem Unterlassensfall nicht in das beim Bundesamt bestehende Entscheidungsvakuum eindringen; sie haben zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse daher aus ihrem Prüfprogramm auszuklammern (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.10.2004 - 11 S 1448/03 -, Juris, m.w.N.; zum neuen Recht vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.04.2005 - 11 S 2779/04 -, Juris).
26 
Die aus § 42 Satz 1 AsylVfG folgende Bindungs- bzw. Sperrwirkung gilt für alle denkbaren Entscheidungen der Ausländerbehörden, in denen es rechtlich unmittelbar oder auch nur mittelbar auf das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG/ § 60a Abs. 2 - 7 AufenthG ankommt, mithin nicht nur für Entscheidungen über die Gewährung eines Aufenthalts- oder Bleiberechts aufgrund des Abschiebungshindernisses, sondern auch für Entscheidungen über die Aufenthaltsbeendigung, in denen solche Abschiebungshindernisse - als Duldungsgründe - in das Ermessen einzustellen sind. Dies ist für die Entscheidung über eine Ausweisung anerkannt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.05.2003 - 13 S 1113/02 -, VBlBW 2003, 486 f.) gilt in gleicher Weise aber auch für die hier in Rede stehende Entscheidung über den Widerruf eines asylbezogenen Aufenthaltstitels nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG (§ 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG). Die Sperrwirkung greift in all diesen Fällen solange, bis das Bundesamts die geforderte Statusentscheidung nach § 53 AuslG (§ 60 Abs. 2 - 7 AufenthG) getroffen hat. Ist dies in der asylrechtlichen Widerrufsentscheidung geschehen, setzt die Bindungswirkung ein mit der Folge, dass die Ausländerbehörde bei positiver Feststellung von einem Duldungsgrund nach § 55 Abs. 2 AuslG ausgehen muss (bei Feststellungen nach § 53 Abs. 1, 2 und 4 AuslG) bzw. ausgehen soll (bei Feststellungen nach § 53 Abs. 6 AuslG). Diese bindenden Feststellungen sind in das Widerrufsermessens einzustellen und die Behörde hat dann zu prüfen, ob sie deswegen vom Widerruf gänzlich absehen oder sich auf die Erteilung einer Duldung nach § 55 Abs. 2 AuslG bzw. auf eine Aufenthaltsbefugnis etwa nach § 30 Abs. 3 AuslG beschränken will. Entsprechendes gilt nach heutigem Recht: Die Ausländerbehörde hat im Rahmen ihres Ermessens ebenfalls zu prüfen, ob sie dem Ausländer den überschießenden Aufenthaltstitel belässt oder ob sie ihn widerruft und dem Ausländer „nur“ eine (befristete) Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG erteilt oder sie sich gar nur mit der Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 i.V.m. § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG begnügen darf. Hat das Bundesamt negativ über das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG (§ 60 Abs. 2 - 7 AufenthG) entschieden, dürfen die Ausländerbehörden derartige - auch nachgeschobene, mit einem neuen Sachverhalt begründete - Abschiebungshindernisse ausnahmslos nicht berücksichtigen, sondern müssen davon ausgehen, dass solche Abschiebungshindernisse nicht bestehen. Die Ausländer sind insoweit auf einen isolierten Wiederaufgreifensantrag beim Bundesamt (sog. Folgeschutzgesuch) zu verweisen (vgl. zu dieser Möglichkeit BVerwG, Urteil vom 21.03.2000 - 9 C 41.99 -, BVerwGE 111, 77 ff. = NVwZ 2000, 940 f.; VGH Bad.-Württ., vom 13.09.2000 - 11 S 988/00 -, NVwZ 2001, 151 ff.) und haben diesem gegenüber gegebenenfalls auch einstweiligen Rechtsschutz zu suchen.
27 
b) Gemessen an diesen Vorgaben sind die Ermessenserwägungen des Beklagten nicht zu beanstanden. Sie beruhen weder auf einer tatsächlichen oder rechtlichen Fehlgewichtung der Belange des Klägers noch sind sie unvollständig.
28 
Der Beklagte hat berücksichtigt, dass der im Bundesgebiet geborene Kläger sich im maßgeblichen Zeitpunkt acht Jahre im Bundesgebiet aufgehalten hat, wobei er allerdings zunächst nur geduldet war, ab der Asylantragstellung im September 1997 eine Aufenthaltsgestattung erhielt und erst ab Juli 1999 über die asylbedingt erteilte unbefristete Aufenthaltserlaubnis verfügte. Während der Dauer des gesamten (erlaubten wie unerlaubten) Aufenthalts hat der Kläger jedoch keine besonders schutzwürdigen Bindungen an die Bundesrepublik Deutschland entwickelt. Der Beklagte hat insoweit zu Recht wegen des jungen Alters und der Abhängigkeit des Klägers von den Eltern im Schwerpunkt auf die tatsächlichen und rechtlichen Lebensumstände der Eltern, insbesondere der Mutter abgestellt und gewichtige Anhaltspunkte für deren soziale und wirtschaftliche Integration verneint. Die Eltern verfügten zu keiner Zeit über einen gesicherten Aufenthaltstitel. Mit Ausnahme der kurzen Zeit einer Aufenthaltsgestattung während des Asylverfahrens 1994 bis 1995 waren sowohl der Vater als auch die Mutter immer nur geduldet, die Mutter ersichtlich auch während ihrer laufenden Asylfolgeverfahren, die jeweils in kein reguläres Asylverfahren mündeten. 1995 wurden die Eltern geschieden. Der Vater wurde im Oktober 2001 nach Serbien-Montenegro abgeschoben. Die Mutter - und in deren Gefolge die die Geschwister - leiten ihr Bleiberecht seit Jahren ersichtlich allein vom Kläger und dessen asylbedingtem Aufenthaltstitel ab. Aufgrund seiner durch die Asylberechtigung belegten politischen Verfolgung war dem minderjährigen Kläger die Rückkehr in den Heimatstaat unzumutbar, was unter dem Gesichtspunkt der Familieneinheit (Art. 6 Abs. 1 und 2 GG) ausschlaggebend dafür war, dass die allein sorgeberechtigte Mutter und mit ihr auch die Geschwister Duldungen erhielten. Denn der Kläger war und ist auf die Betreuung der Mutter angewiesen. Eine Aufenthaltserlaubnis für den Nachzug zum Kläger nach § 17 ff. AuslG hat die Mutter nie erhalten. Die Mutter hat sich auch wirtschaftlich und beruflich nicht in die hiesigen Lebensverhältnisse eingegliedert, da sie Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bezog und bezieht. Ob und inwieweit sie diese Leistungen trotz Arbeitsbereitschaft erhält, weil sie sich um ihre Kindern kümmern muss, ist in diesem Zusammenhang nicht ausschlaggebend. Jedenfalls ist es der Familie nicht gelungen, eine gefestigte Existenz aufzubauen. Schließlich muss sich die Mutter entgegenhalten lassen, dass eine aufenthaltsrechtlich erhebliche und insoweit schutzwürdige Eingliederung in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland während eines lediglich geduldeten Aufenthalts grundsätzlich nicht erfolgen kann (vgl. Beschlüsse des Senats vom 25.09.2003 - 11 S 1795/03 -, InfAuslR 2004, 70). Auch eine nach Art. 8 EMRK rechtserhebliche „Verwurzelung“ als faktischer Inländer erfordert - als Basis - grundsätzlich eine entsprechende aufenthaltsrechtliche Verankerung, die bei Minderjährigen nur durch gewichtige sonstige nachhaltige - hier fehlende - Integrationsleistungen der Familienangehörigen kompensiert werden kann (vgl. dazu im Einzelnen VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006 - 13 S 2220/05 - unter Hinweis insbesondere auch darauf, dass Kinder bis zum 16. Lebensjahr grundsätzlich vom Aufenthaltsrecht und den Integrationsleistungen der Eltern abhängig sind).
29 
Der Senat verkennt nicht, dass die Aufenthaltsbeendigung in Deutschland und die Rückkehr in das Kosovo gleichwohl für den Kläger und seine Familie Nachteile mit sich bringen, da sie im dortigen Kulturkreis nicht bzw. nicht mehr fest verwurzelt sind und dem hiesigen Kulturkreis inzwischen näher stehen. Derartige sich aus den allgemein unterschiedlichen Lebensverhältnissen und unterschiedlichen Sozialstandards in Deutschland und dem jeweiligen Herkunftsstaat ergebenden Rückkehrerschwernisse sind in ausländerrechtlichen Verfahren, wie dem Kläger zuzugeben ist, auch ohne Rücksicht auf die Entscheidungslage beim Bundesamt berücksichtigungsfähig. Sie sind im Rahmen der schutzwürdigen Belange nach § 45 Abs. 2 Nr. 1 AuslG (§ 55 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG) als Parameter für „sonstige“ (kulturelle und/oder soziale) „Bindungen im Bundesgebiet“ zu prüfen und unterfallen nicht der Bindungswirkung nach § 42 Satz 1 AsylVfG, da sie wesentlichen Inlandsbezug haben, jedenfalls aber mit den typischen Streitgegenständen (Lebenssachverhalten) bei zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG (= § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG) nichts zu tun haben. Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 1, 2 und Abs. 4 AuslG (= § 60 Abs. 2, 3 und Abs. 5 AufenthG) i.V.m. - insbesondere - Art. 3 EMRK setzen, grob gesprochen, den Vortrag gravierender konkreter gezielter Eingriffe in die Rechtsgüter Leib und Leben und allgemein in die Menschenwürde voraus, die zudem vom Staat oder ihm zurechenbaren Stellen ausgehen müssen. § 53 Abs. 6 AuslG ( § 60 Abs. 7 AufenthG) knüpft in Satz 1 ebenfalls an im Einzelfall konkrete Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit an, die von außerhalb des Staates stehenden Personen oder Gruppen ausgehen. Dem werden nach Satz 2 Gefahren für die gesamte Bevölkerung oder für eine Bevölkerungsgruppe gleichgestellt, wenn jedes Gruppenmitglied „gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde“ (sog. extreme Allgemeingefahr, vgl. BVerwG, Urteile vom 17.10.1995 -9 C 9.95 -, BVerwGE 99, 324 ff., und vom 12.07.2001 - 1 C 2.01 -, BVerwGE 114, 379 ff.). Bei Allgemeingefahren unterhalb der Schwelle einer solchen Extremgefahr kann sich eine Sperrwirkung (für das Bundesamt wie für die Ausländerbehörden) aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung ergeben, denn der parlamentarische Gesetzgeber weist die Handlungsbefugnis insofern nach § 54 AuslG (§ 60a Abs. 1 AufenthG) den obersten Landesbehörden in Gestalt der Ermächtigung für Abschiebungserlasse zu, was die anderen Gewalten zu respektieren haben (vgl. dazu auch den Beschluss des Senats vom 21.09.2005 - 11 S 2924/04 -).
30 
Mit einem der vorgenannten Geschehensabläufe hat der Vortrag des Klägers, der Kosovo sei ihm und seiner Familie kulturell entfremdet und sie hätten dort keinen familiären Rückhalt mehr, nichts zu tun. Dieser Vortrag war daher zu berücksichtigen, ohne dass ihm freilich entscheidendes Gewicht zukam. Beide geltend gemachten Nachteile sind nicht so außergewöhnlich und gravierend, dass der Beklagte sie hätte hinter dem gewichtigen öffentlichen Interesse an der Beendigung des asylbedingten Aufenthalts des Klägers zurückstellen müssen. Hinsichtlich der Rückkehr in ein ihm kulturell entfremdetes, der Mutter aber keinesfalls „gänzlich fremdes“ Umfeld mit niedrigerem Lebens- und Sozialstandard beruft sich der Kläger auf typische Nachteile einer Vielzahl von Flüchtlingen. Aufgrund seines jungen Alters und mit Hilfe der Mutter wird sich der Kläger im Herkunftsland wieder eingewöhnen können. Der Kläger muss auch nicht allein in den Kosovo zurückkehren, sondern wird vom Beklagten ersichtlich nur gemeinsam mit seiner Mutter und seinen Geschwistern zurückgeführt werden. Dass die Mutter im Kosovo auf vollkommen fehlenden familiären Rückhalt treffen wird, hält der Senat für wenig wahrscheinlich. Zwar ist der Kontakt zu ihrem früheren Ehemann nach dessen Abschiebung abgebrochen und wird als nunmehr feindselig geschildert (dazu unten), obwohl sie mit diesem auch nach der Scheidung (und nach dessen Eheschließung mit einer über 20 Jahre älteren deutschen Staatsangehörigen) in Deutschland zeitweise noch zusammengelebt hat und er nach Angaben eines Arztes auch Vater der nach der Scheidung geborenen Kinder sein soll. Jedoch leben unstreitig die Geschwister der Mutter im Kosovo. Dass sie von diesen keinerlei Unterstützung erfahren wird, hält der Senat nach der Lebenserfahrung für unwahrscheinlich. Der diesbezügliche Vortrag des Klägers ist zu vage, um diesen Sachverhalt glaubhaft zu machen.
31 
Soweit der Kläger behauptet, bei einer Rückkehr werde die Mutter von ihrem früheren Ehemann und dessen Familie „schlimm bedroht“, diese würden ihr sofort die Kinder wegnehmen, macht er in erster Linie Nachteile der Mutter und allenfalls sekundär eigene Rechtsverletzungen geltend. Entscheidend ist jedoch, dass dieser Lebenssachverhalt nach Zielrichtung und Struktur erkennbar Elemente eines zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG aufweist (Bedrohung von Leib, Leben, Willens- und Entscheidungsfreiheit durch einzelne Privatpersonen ohne Urheberschaft staatlicher Stellen). Dementsprechend hat die Mutter des Klägers die Drohung des früheren Ehemanns und dessen Schwager, ihr bei einer Rückkehr die Kinder wegnehmen zu lassen, auch in ihrem - zweiten - Asylfolgeantrag vom 02.04.2002 beim Bundesamt geltend gemacht und das Bundesamt hat hierüber im Rahmen der Prüfung eines Anspruchs nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG auch - negativ - entschieden. Die gegebene Sachnähe zu einem Anspruch nach § 53 AuslG führt dazu, dass die Wirkungen des § 42 Satz 1 AsylVfG zum Tragen kommen. Der Beklagte war daher gehindert, den Komplex „Bedrohung durch den Vater und dessen Familie im Kosovo“ eigenständig auf seine - nicht zweifelsfreie - Wahrheit zu prüfen und zugunsten des Klägers in das Widerrufsermessen einzustellen. Vielmehr war der Beklagte an die negative Feststellung des Bundesamts im Bescheid vom 01.12.2000 gebunden, dass beim Kläger Abschiebungshindernisse weder nach § 53 Abs. 1 - 4 noch nach § 53 Abs. 6 AuslG vorliegen. Unerheblich ist, dass das Bundesamt sich bei dieser Entscheidung mit dem jetzigen Vorbringen (Bedrohung durch den Vater) nicht befasst hat. Um dieses Geschehen zur Geltung zu bringen, müsste der Kläger beim Bundesamt, wie bereits ausgeführt, einen Wiederaufgreifensantrag nach § 51 Abs. 1 - 3 VwVfG oder nach § 51 Abs. 5 i.V.m. §§ 48, 49 VwVfG stellen. Dass dieser Erfolg hätte, erscheint freilich im Hinblick auf die Ausführungen des Bundesamts im bereits erwähnten Ablehnungsbescheid vom 05.08.2002 gegenüber der Mutter des Klägers unwahrscheinlich.
32 
B. Auch die mit der Widerrufsentscheidung verbundene Abschiebungsandrohung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die gesetzlichen Vorgaben nach § 50 Abs. 1 - 3 AuslG sind erfüllt. Der Kläger wurde mit Wirksamkeit der Widerrufsentscheidung und das dadurch erfolgte Erlöschen der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis (§§ 44 Abs. 1, 72 Abs. 2 Satz 1 AuslG) ausreisepflichtig ( § 42 Abs. 1 AuslG) und diese Ausreisepflicht ist aufgrund des angeordneten Sofortvollzuges auch vollziehbar geworden, was nach der Rechtsprechung des Senat freilich nicht zwingende Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Abschiebungsandrohung ist. Die Bezeichnung des Heimatstaats Serbien-Montenegro als Abschiebezielstaat war zulässig, nachdem die Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG für dieses Land bindend (§ 4 AsylVfG) widerrufen war und das Bundesamt ebenfalls bindend ( § 42 Satz 1 AsylVfG) das Fehlen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG festgestellt hatte. Schließlich ist auch die festgesetzte Ausreisefrist (ein Monat ab Bekanntgabe der Entscheidung) angemessen, da die Mutter des Klägers und wohl auch die Geschwister des Klägers damals bereits ausreisepflichtig waren (vgl. u.a. den Bescheid des Bundesamts vom 05.08.2002), so dass einer gemeinsamen Ausreise und gegebenenfalls gleichzeitigen Abschiebung aller Familienmitglieder rechtlich nichts im Wege stand.
33 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
34 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Sonstige Literatur

 
35 
Rechtsmittelbelehrung
36 
Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
37 
Die Beschwerde ist beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schubertstraße 11, 68165 Mannheim oder Postfach 10 32 64, 68032 Mannheim, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen.
38 
Die Beschwerde muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
39 
In der Begründung der Beschwerde muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
40 
Für das Beschwerdeverfahren besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Danach muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
41 
Beschluss vom 22.02.2006
42 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 52 Abs. 2, 72 Nr. 1 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 29. Juli 2004 - 2 K 345/04 - geändert. Die Klage gegen die Verfügung des Landratsamts Bodenseekreis vom 07. Oktober 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 30. Januar 2004 wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger ist ein 1995 in Deutschland geborener serbisch-montenegrinischer Staatsangehöriger albanischer Volkszugehörigkeit. Seine Eltern, A. und D. A., reisten mit der ältesten Schwester D. 1994 in das Bundesgebiet ein. Ihre Asylanträge wurden durch Bescheide des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (Bundesamt) vom 01.12.1994 abgelehnt, Abschiebungshindernisse nach § 51 und § 53 AuslG wurden nicht festgestellt. Diese Bescheide wurden am 23.11.1995 bestandskräftig. Ein erster Asylfolgeantrag der Mutter wurde 1999 abgelehnt. Die Ehe der Eltern wurde 1995 in Jugoslawien geschieden, das Sorgerecht für den Kläger der Mutter zugesprochen. Der Vater heiratete im Anschluss eine deutsche Staatsangehörige; eine Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug wurde ihm von der Stadt Tuttlingen 1999 wegen Fehlens einer ehelichen Lebensgemeinschaft versagt, im Oktober 2001 wurde der Vater in den Kosovo abgeschoben. Die Mutter, eine ältere Schwester sowie zwei jüngere Geschwister des Klägers werden seit längerem geduldet. Mit Bescheid vom 05.08.2002 hat das Bundesamt einen zweiten Folgeantrag der Mutter und einen Folgeantrag der Schwester D. sowie Anträge auf Änderung der früheren Bescheide bezüglich der Feststellung zu § 53 AuslG abgelehnt.
Der Kläger wurde mit Bescheid des Bundesamts vom 28.06.1999 in Befolgung eines verwaltungsgerichtlichen Urteils als Asylberechtigter anerkannt und das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG wurde festgestellt. Hierauf erteilte das Landratsamt Bodenseekreis dem Kläger mit Bescheid vom 29.07.1999 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Mit Verfügung vom 01.12.2000, bestandskräftig seit dem 05.02.2003, widerrief das Bundesamt die Asylanerkennung und stellte zugleich fest, dass die Voraussetzungen des § 53 AuslG nicht vorliegen. Anknüpfend hieran widerrief das Landratsamt Bodenseekreis mit Verfügung vom 07.10.2003 die unbefristete Aufenthaltserlaubnis und drohte dem Kläger die Abschiebung nach Serbien-Montenegro unter Gewährung einer Ausreisefrist von einem Monat ab Bekanntgabe an. Die Entscheidung wurde auf § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG gestützt: schutzwürdige Belange des Klägers und seiner Familie am Verbleib in Deutschland bestünden nicht; die Mutter sei nur im Hinblick auf das bisherige Aufenthaltsrecht des Klägers bis zu einer gemeinsamen Ausreise der Familie geduldet worden. Mit seinem hiergegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger unter anderem geltend, seine Mutter wolle gerne arbeiten, könne dies wegen der vier Kinder jedoch nicht. Bei einer Rückkehr mit den Kindern in das Kosovo würden sie jeden familiären Rückhalt verlieren. Zu ihrem früheren Ehemann habe die Mutter keinen Kontakt mehr, im Gegenteil werde sie von diesem und seiner Familie aufs Schlimmste verfolgt.
Das Regierungspräsidium Tübingen wies den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers mit Bescheid vom 30.01.2004 zurück: Der Kläger habe keinen Anspruch auf einen gleichwertigen asylunabhängigen Aufenthaltstitel und auch sonst seien keine Ermessensfehler beim Widerruf zu erkennen. Die Einlassungen zu zielstaatsbezogenen Gefahren könnten wegen der Bindungswirkung der negativen Entscheidung des Bundesamts nicht berücksichtigt werden. Schutzwürdige persönliche Belange, die das öffentliche Widerrufsinteresse überwögen, seien nicht zu erkennen. Das bisherige Aufenthaltsrecht sei seinerseits asylbedingt. Der Kläger könne auch keine Um- oder Rückstufung in ein befristetes Aufenthaltsrecht verlangen. Anhaltspunkte für eine Eingliederung der Familie in die sozialen und wirtschaftlichen Lebensverhältnisse lägen nicht vor und die gemeinsame Rückkehr in die Heimat sei zumutbar. Die Eltern hätten kein Aufenthaltsrecht und der Kläger und seine Angehörigen bezögen Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bzw. Sozialhilfe, was als Ermessenserwägung zu Lasten des Klägers berücksichtigt werden könne.
Gegen diese Bescheide hat der Kläger am 05.02.2004 Klage erhoben. Er hat geltend gemacht, dass er nicht schlechter gestellt werden dürfe als Berechtigte nach § 51 Abs. 1 AuslG, die nach § 35 Abs. 1 AuslG eine Aufenthaltsbefugnis erhielten. Sozialhilfebezug könne ihm und seiner Mutter nicht entgegengehalten werden. Seine Mutter könne weder zur eigenen Familie noch zur Familie des Vaters in das Kosovo zurückkehren. Die Familie des Vaters werde in diesem Fall alles versuchen, um der Mutter die Kinder wegzunehmen. Sie erhalte schon jetzt Telefonanrufe mit entsprechenden Drohungen. Mit den Geschwistern der Mutter im Kosovo bestehe kein Kontakt, deren eigene Familie wolle mit ihr nichts zu tun haben.
Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hat der Klage mit Urteil vom 29.07.2004 - 2 K 345/04 - , zugestellt am 08.09.2004, stattgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben: Der Beklagte habe das ihm nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG eingeräumte Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Zwar stehe dem Kläger kein gleichwertiges Aufenthaltsrecht zu, da die asylbedingten Aufenthaltszeiten nicht zu berücksichtigen seien. Der Kläger werde auch nicht gegenüber Flüchtlingen nach § 51 Abs. 1 AuslG benachteiligt. Die Bescheide litten aber an einem Ermessensdefizit. In entsprechender Anwendung des § 45 Abs. 2 Nr. 3 AuslG müssten auch Duldungsgründe im Sinne von § 55 Abs. 2 AuslG in das Ermessen eingestellt werden. Dies habe der Beklagte versäumt. In der mündlichen Verhandlung habe der Beklagte sein Ermessen lediglich dahin ergänzt, dass der Kläger über keinen Pass verfüge. Auf den bereits in Widerspruchsverfahren geltend gemachten Vortrag, die Familie des Vaters im Kosovo habe die Mutter bedroht und im Falle einer Rückkehr die Wegnahme der Kinder und die Entziehung des Sorgerechts angekündigt, sei der Beklagte aber nicht näher eingegangen. Er habe stattdessen deutlich gemacht, dieser Gesichtspunkt werde erst später im Rahmen der eigentlichen Abschiebung geprüft und es werde gegebenenfalls eine Duldung erteilt. Damit habe der Beklagte verkannt, dass es sich um ein dauerhaftes unverschuldetes Abschiebungshindernis handle, das schon bei der Entscheidung über den Widerruf berücksichtigt werden müsse.
Auf Antrag des Beklagten hat der Senat die Berufung mit Beschluss vom 19.05.2005, zugestellt am 08.06.2005, zugelassen: An der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestünden ernstliche Zweifel. Mit dem Vortrag, er fürchte sich vor Sanktionen durch die väterliche Familie im Kosovo, berufe der Kläger sich auf ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis. Dessen Berücksichtigung dürfte die Bindungswirkung der negativen Feststellung des Bundesamts im Widerrufsbescheid vom 01.12.2000 entgegenstehen. Im Übrigen dürften die Ermessenserwägungen des Beklagten nicht zu beanstanden sein.
In seinem am 04.07.2005 eingegangenen Berufungsbegründungsschriftsatz verweist der Beklagte im Wesentlichen auf den Zulassungsbeschluss des Senats und beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 29.07.2004 - 2 K 345/04 - zu ändern und die Klage gegen die Verfügung des Landratsamts Bodenseekreis vom 07.10.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 30.01.2004 abzuweisen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er verweist auf die Gründe des angefochtenen Urteils, die überzeugend seien. Zu Recht habe das Verwaltungsgericht die Bedrohungssituation durch die Familie des Vaters als einen im Rahmen des Ermessens notwendigerweise zu berücksichtigenden Gesichtspunkt angesehen. Diese Bedrohungssituation stelle kein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 AuslG dar. Es handle sich vielmehr um einen drohenden, mit dem Widerruf der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis verbundenen Nachteil. Dieser könne zwar kein Abschiebungshindernis begründen, was auch nicht beabsichtigt sei, müsse aber zu seinen Gunsten in die Ermessensentscheidung über den Widerruf einbezogen werden. Das Bedrohungsszenario sei vergleichbar mit anderen zu berücksichtigenden Nachteilen, etwa denen, dass ihm der Kulturkreis im Kosovo fremd sei und er dort keinen familiären Rückhalt genieße. Das Problem der Kompetenzverteilung zwischen Bundesamt und Ausländerbehörde stelle sich hierbei nicht.
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Dem Senat liegen die Ausländerakten des Landratsamts Bodenseekreis und des Regierungspräsidiums Tübingen vor. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf diese Behördenakten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
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Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierauf verzichtet haben und der entscheidungserhebliche Sachverhalt geklärt ist.
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Die statthafte und auch sonst zulässige, insbesondere fristgerecht und inhaltlich ausreichend begründete Berufung des Klägers (vgl. § 124a Abs. 6 i. V. m. Abs. 3 Satz 3 und 4 VwGO) hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte der - zulässigen - Anfechtungsklage des Klägers gegen die Widerrufsentscheidung und die Abschiebungsandrohung in der Verfügung des Landratsamts Bodenseekreis vom 07.10.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 30.01.2004 nicht stattgeben dürfen. Denn diese Klage ist unbegründet, weil die angegriffenen Verfügungen rechtmäßig sind und daher Rechte des Klägers nicht verletzen ( § 113 Abs. 1 VwGO).
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A. Die Widerrufsverfügung begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
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I. Die Tatbestandsvoraussetzungen des - bei Abschluss des Verwaltungsverfahrens geltenden und daher hier anzuwendenden - § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG für den Widerruf der dem Kläger asylbezogen nach § 68 Abs. 1 AsylVfG a.F. erteilten unbefristeten Aufenthaltserlaubnis lagen beim Kläger unstreitig vor. Denn seine am 28.06.1999 erfolgte Anerkennung als Asylberechtigter und als Flüchtling nach § 51 Abs. 1 AuslG wurde durch Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 01.12.2000 widerrufen und ist mit Bestandskraft dieses Widerrufsbescheids am 05.02.2003 erloschen (vgl. § 73 Abs. 1 und Abs. 4 i.V.m. § 75 AsylVfG a.F.).
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II. Der Beklagte hat entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch das ihm eingeräumte Widerrufsermessen fehlerfrei in einer dem Zweck der Ermächtigung in § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG entsprechenden Weise ausgeübt (§ 114 Satz 1 VwGO). Er hat alle im Fall des Klägers relevanten öffentlichen und privaten Belange erhoben und sie ohne Verkennung ihres tatsächlichen und rechtlichen Gewichts sowie in Übereinstimmung mit den Vorgaben der Rechtsprechung sachgerecht in seine Abwägung eingestellt und auch das Abwägungs- und Entscheidungsergebnis ist nicht zu beanstanden.
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1. Der Beklagte hat zunächst richtig erkannt, dass ein Widerruf wegen des Grundsatzes von Treu und Glauben (Verbot widersprüchlichen Verhaltens) dann von vornherein nicht in Betracht kommt - das Widerrufsermessen mithin auf ein Widerrufsverbot beschränkt ist -, wenn der Ausländer unabhängig von seiner (entfallenen) Asylberechtigung einen Anspruch auf ein dem entzogenen Recht gleichwertiges Aufenthaltsrecht hat, sei es, dass ihm ein solches Aufenthaltsrecht schon bei Zuerkennung der Asylberechtigung zustand und lediglich überlagert war oder dass ihm jedenfalls im Zeitpunkt des Widerrufs ein Anspruch auf ein solches Aufenthaltsrecht aus anderen - asylunabhängigen - Rechtsgründen zusteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2003 - 1 C 13.02 -, NVwZ 2003, 1275 ff. = InfAuslR 2003, 324 ff.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.10.1996 - 13 S 2408/95 -, EzAR 214 Nr. 5; ebenso OVG Niedersachsen, Beschluss vom 18.09.2000 - 1 M 2888/00 -, Juris). Ein solcher Fall war beim Kläger aber nicht gegeben. Voraussetzung dafür wäre gewesen, dass der Kläger einen Anspruch auf einen der widerrufenen unbefristeten Aufenthaltserlaubnis in qualitativer und zeitlicher Hinsicht (mindestens) gleichwertigen Aufenthaltstitel, mindestens also ebenfalls einen Anspruch auf eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis oder auf eine Aufenthaltsberechtigung gehabt hätte, wobei dieser Aufenthaltstitel keinerlei sachlichen Bezug zum früheren asylbedingten Aufenthalt hätte aufweisen, aber auch zeitlich auf keinem vorangegangenen asylbedingten Aufenthalt hätte aufbauen dürfen. Denn asylbezogene Aufenthaltszeiten dürfen nicht als rechtmäßiger Voraufenthalt auf Mindestaufenthaltszeiten angerechnet werden, wie sie etwa in § 24 Abs. 1 Nr. 1, § 27 Abs. 2 Nr. 1 AuslG und - nach heutigem Recht - in § 9 Abs. 2 Satz 1 AufenthG gefordert werden (zu diesen Voraussetzungen eines gleichwertigen asylunabhängigen Aufenthaltsrechts vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2003 a.a.O. unter Verwerfung der abweichenden Auffassung des Senats im zugrunde liegenden Urteil vom 10.04.2002 - 11 S 331/02 -, InfAuslR 2002, 289 ff.).
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Von einem diesen Anforderungen genügenden gleichwertigen Aufenthaltsrecht konnte beim Kläger bei Abschluss des Verwaltungsverfahrens nicht die Rede sein. Ein Anspruch auf eine Aufenthaltsberechtigung nach § 27 AuslG scheiterte schon am Erfordernis einer vorherigen dreijährigen unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, die wegen ihres asylunabhängigen Charakters hätte angerechnet werden können (vgl. § 27 Abs. 2 Nr. 1 b) AuslG). Ein Anspruch auf eine asylunabhängige unbefristete Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AuslG schied aus vergleichbaren Gründen deswegen aus, weil es ebenfalls an einer vorangegangenen anrechenbaren asylunabhängigen Aufenthaltserlaubnis fehlte (vgl. § 24 Abs. 1 Nr. 1 AuslG); damit kann offen bleiben, ob die Mindestfrist von 5 Jahren in § 24 Abs. 1 Nr. 1 AuslG überhaupt hätte erreicht werden können, nachdem die dem Kläger erteilte Aufenthaltserlaubnis vom 29.07.1999 bei Wirksamkeit des Widerrufs (§ 72 Abs. 2 Satz 1 AuslG) noch keine 5 Jahre bestanden hatte und fraglich erscheint, welche davor liegenden Zeiten rechtmäßigen Voraufenthalts hätten angerechnet werden können (dazu etwa Hailbronner, Komm. zum AuslG, Sept. 2001, § 24 Rn. 10).
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2. Ermessensfehler zu Lasten des Klägers sind dem Beklagten im Ergebnis auch insofern nicht unterlaufen, als er sich mit der Frage befasst - und diese verneint - hat, ob dem Kläger im maßgeblichen Widerrufszeitpunkt ein Anspruch auf ein gegenüber der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis geringerwertiges Aufenthaltsrecht zustand. Der Beklagte hat sich ausweislich des Widerspruchsbescheids zur Prüfung dieser Frage deswegen verpflichtet gesehen, weil aus Gleichbehandlungsgründen im Einzelfall untersucht werden müsse, „ob eine Um- oder Rückstufung“ in einen geringerwertigen Aufenthaltstitel in Betracht komme, etwa weil in Vergleichsfällen humanitäre Aufenthaltsrechte nach § 32 AuslG erteilt worden wären oder Flüchtlinge im „kleinen Asyl“ nach § 51 Abs. 1 AuslG „nach § 35 Abs. 1 AuslG ein asylunabhängiges Aufenthaltsrecht“ erlangt hätten. Ferner sei erörterungsbedürftig, ob der Kläger eine befristete Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug verlangen könne.
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Dieser weite Prüfungsansatz dürfte im vorliegenden Fall entbehrlich gewesen sein. Gegenstand ist nicht der Widerruf einer befristeten Aufenthaltserlaubnis oder einer befristeten Aufenthaltsbefugnis, wie sie anerkannten Konventionsflüchtlingen erteilt wurde (§ 70 AsylVfG a.F.), sondern der Widerruf einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis aufgrund von § 68 AsylVfG a.F. Prüfprogramm der Ermessensentscheidung ist in diesem Fall die Frage, ob es gerechtfertigt ist, dem Ausländer den asylbedingt erteilten unbefristeten - hochwertigen - Aufenthaltstitel zu belassen oder ob dieser Titel zu entziehen ist. Eine Zwischenlösung gibt es nicht. Denn der Gegenstand des Widerrufs ist nicht teilbar, der Widerruf kann nicht auf einen die Befristung der Aufenthaltserlaubnis oder die Aufenthaltsbefugnis übersteigenden weitergehenden Teil beschränkt werden (so zutreffend VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.10.1996 - 13 S 2408/95 -, EzAR 214 Nr. 5). Die Frage, ob dem Kläger statt der bisher unbefristeten Aufenthaltserlaubnis möglicherweise ein befristetes Aufenthaltsrecht etwa zum Familiennachzug oder aus anderweitigen humanitären Gründen zustand, hatte daher nur für die Entscheidung Bedeutung, ob man ihm deswegen den (überschießenden) unbefristeten Aufenthaltstitel belassen oder diesen entziehen und den befristeten Aufenthaltstitel neu erteilten wollte. Im Ergebnis hat das Regierungspräsidium diese Frage zutreffend beantwortet. Es hat richtig erkannt, dass, dem Kläger mangels eines Aufenthaltsrechts seiner Eltern bzw. seiner Mutter seinerzeit keine Aufenthaltserlaubnis zum Kindernachzug nach §§ 21 Abs. 1 Satz 1 oder nach § 20 i.V.m. § 17 AuslG zustand und dass er mangels der beschäftigungsbezogenen Voraussetzungen bei seinen Eltern auch die Voraussetzungen für eine Aufenthaltsbefugnis nach § 32 AuslG i.V.m. dem Erlass des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 15.06.2001 [4-13 JUG/104] nicht erfüllte. Auch eine vom Kläger behauptete Schlechterstellung gegenüber Flüchtlingen mit dem Status des § 51 Abs. 1 AuslG lag nicht vor. Wäre der Kläger nur als Flüchtling nach § 51 Abs. 1 AuslG anerkannt worden und wäre ihm deswegen nur eine Aufenthaltsbefugnis nach § 70 AsylVfG erteilt worden, hätte diese, da sie ihrerseits verfolgungsbezogen ist, nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG unter den gleichen Voraussetzungen widerrufen werden können wie die im Streit stehende unbefristete Aufenthaltserlaubnis. In gleicher Weise wäre auch eine nach Maßgabe des § 35 Abs. 1 AuslG erworbene unbefristete Aufenthaltserlaubnis dem Widerruf nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG ausgesetzt gewesen. Abgesehen davon waren im maßgeblichen Zeitpunkt (Januar 2004) aber auch schon die zeitlichen Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 AuslG nicht erfüllt und zudem war der Lebensunterhalt des Klägers nicht gesichert.
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3. Auch im Übrigen vermag der Senat Ermessensfehler nicht zu erkennen.
23 
a) Der Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Wegfall der Asylberechtigung oder der Flüchtlingseigenschaft nach dem Willen des Gesetzgebers grundsätzlich auch eine Beendigung des darauf beruhenden Aufenthaltsrechts nach sich zieht und dass daher in den Fällen des § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG in der Regel ein gewichtiges öffentliches Interesse am Widerruf der Aufenthaltsgenehmigung besteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2003 a.a.O., VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.11.2005 - 11 S 650/05 -, Juris). Trotz dieses - gewichtigen - öffentlichen Interesses an der Beendigung des spezifisch asylbedingten Aufenthaltstitels ist der Ausländerbehörde freilich ein weiter Ermessensspielraum eröffnet. Hierbei hat sie unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls eine Abwägung mit den schutzwürdigen prüfungsrelevanten Belangen des Ausländers am weiteren Verbleib in Deutschland vorzunehmen, wie sie beispielhaft für die Aufenthaltsbeendigung durch Ermessensausweisung in § 45 Abs. 2 AuslG (heute: § 55 Abs. 3 AufenthG) aufgeführt sind. Hierzu gehören nach § 45 Abs. 2 Nr. 1 AuslG (= § 55 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG) vor allem die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts und die schutzwürdigen persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen des Ausländers im Bundesgebiet (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2003 a.a.O.). Diesen ist im Wege einer Verhältnismäßigkeitsprüfung das öffentliche Interesse am Verlust des asylbedingten Aufenthaltstitels gegenüber zu stellen. Hat der Ausländer dabei einen Anspruch auf einen geringerwertigen Aufenthaltstitel, wird es in aller Regel verhältnismäßig (angemessen) sein, ihm den überschießenden Titel zu entziehen und ihn auf den neuen Titel zu verweisen. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung sind des weiteren auch die in § 45 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 AuslG (= § 55 Abs. 3 Nrn. 2 und 3 AufenthG) genannten Belange ihrer tatsächlichen und rechtlichen Bedeutung gemäß in den Blick zu nehmen. Die Behörde muss sich daher im Einzelfall bei Bedarf auch mit den Folgen einer Aufenthaltsbeendigung für die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhaltenden und mit dem Ausländer in familiärer Lebensgemeinschaft lebenden Familienangehörigen auseinandersetzen sowie auf etwaige Duldungsgründe nach § 55 Abs. 2 AuslG (§ 60a Abs. 2 AufenthG) in Form rechtlicher oder tatsächlicher Abschiebungshindernisse eingehen.
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Zu den Abschiebungshindernissen nach § 55 Abs. 2 AuslG bzw. § 60a AufenthG gehören sowohl solche, die ihren Anlass im Inland haben (inlandsbezogene Abschiebungshindernisse - insofern wird häufig Deckungsgleichheit mit schutzwürdigen Belangen nach § 45 Abs. 2 Nr. 1 AuslG vorliegen -.) als auch solche, die sich außerhalb des Bundesgebiets im Herkunftsland bzw Abschiebezielstaat auswirken (zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, zur Unterscheidung vgl. BVerwG, Urteile vom 11.11.1997 - 9 C 13.96 -, NVwZ 1998, 526 ff.; = VBlBW 1998, 216 f.; Urteil vom 21.09.1999 - 9 C 12.90 -, BVerwGE 109, 305 ff.; VGH Bad.-Württ., .Beschluss vom 10.07.2003 - 11 S 2611/02 -, VBlBW 2003, 482 sowie Urteil vom 21.06.2004 - 11 S 770/04 -, InfAuslR 2004, 429 ff.).
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Bei den zielstaatsbezogenen rechtlichen Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG (= § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG) kommt allerdings der besondere Zusammenhang mit dem früheren Asylverfahren und die Abgrenzung der Entscheidungskompetenzen zwischen dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (heute; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) und den Ausländerbehörden zum Tragen. Mit Stellung des Asylantrags wird nach §§ 24 Abs. 2, 31 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG die Zuständigkeit und die Pflicht des Bundesamts zur Entscheidung auch über das Bestehen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG ( § 60a Abs. 2 bis 7 AufenthG) begründet. Diese Entscheidung kann nach § 31 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG zwar unterbleiben, wenn der Ausländer als Asylberechtigter anerkannt wird oder die Voraussetzungen des 51 Abs. 1 AuslG ( § 60 Abs. 1 AufenthG) festgestellt werden. Sie muss jedoch nachgeholt werden, wenn die Asylanerkennung oder der Flüchtlingsstatus enden (vgl. etwa § § 32 und 39 Abs. 2 AsylVfG). Hieraus folgt, dass das Bundesamt berechtigt, aber auch und verpflichte ist, Statusentscheidungen über das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG ( § 60 Abs. 2 - 7) AufenthG erstmals zusammen mit dem Widerruf einer Asylanerkennung oder der Flüchtlingseigenschaft nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG (§ 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG) zu treffen; denn es soll nicht offen blieben, ob und in welcher Form dem Ausländer Abschiebungsschutz gewährt wird (sog. Vollständigkeitsprinzip, vgl. BVerwG, Urteil vom 20.04.1999 - 9 C 29.98 -, InfAuslR 1999, 373). An die hierbei getroffene - positive wie negative - Statusfeststellung des Bundesamts ist die Ausländerbehörde nach § 42 Satz 1 AsylVfG strikt gebunden. Hat das Bundesamt die Statusfeststellung unterlassen, so ergibt sich aus § 42 Satz 1 AsylVfG anstelle der Bindungswirkung eine Sperrwirkung; die Ausländerbehörden dürfen in diesem Unterlassensfall nicht in das beim Bundesamt bestehende Entscheidungsvakuum eindringen; sie haben zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse daher aus ihrem Prüfprogramm auszuklammern (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.10.2004 - 11 S 1448/03 -, Juris, m.w.N.; zum neuen Recht vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.04.2005 - 11 S 2779/04 -, Juris).
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Die aus § 42 Satz 1 AsylVfG folgende Bindungs- bzw. Sperrwirkung gilt für alle denkbaren Entscheidungen der Ausländerbehörden, in denen es rechtlich unmittelbar oder auch nur mittelbar auf das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG/ § 60a Abs. 2 - 7 AufenthG ankommt, mithin nicht nur für Entscheidungen über die Gewährung eines Aufenthalts- oder Bleiberechts aufgrund des Abschiebungshindernisses, sondern auch für Entscheidungen über die Aufenthaltsbeendigung, in denen solche Abschiebungshindernisse - als Duldungsgründe - in das Ermessen einzustellen sind. Dies ist für die Entscheidung über eine Ausweisung anerkannt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.05.2003 - 13 S 1113/02 -, VBlBW 2003, 486 f.) gilt in gleicher Weise aber auch für die hier in Rede stehende Entscheidung über den Widerruf eines asylbezogenen Aufenthaltstitels nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG (§ 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG). Die Sperrwirkung greift in all diesen Fällen solange, bis das Bundesamts die geforderte Statusentscheidung nach § 53 AuslG (§ 60 Abs. 2 - 7 AufenthG) getroffen hat. Ist dies in der asylrechtlichen Widerrufsentscheidung geschehen, setzt die Bindungswirkung ein mit der Folge, dass die Ausländerbehörde bei positiver Feststellung von einem Duldungsgrund nach § 55 Abs. 2 AuslG ausgehen muss (bei Feststellungen nach § 53 Abs. 1, 2 und 4 AuslG) bzw. ausgehen soll (bei Feststellungen nach § 53 Abs. 6 AuslG). Diese bindenden Feststellungen sind in das Widerrufsermessens einzustellen und die Behörde hat dann zu prüfen, ob sie deswegen vom Widerruf gänzlich absehen oder sich auf die Erteilung einer Duldung nach § 55 Abs. 2 AuslG bzw. auf eine Aufenthaltsbefugnis etwa nach § 30 Abs. 3 AuslG beschränken will. Entsprechendes gilt nach heutigem Recht: Die Ausländerbehörde hat im Rahmen ihres Ermessens ebenfalls zu prüfen, ob sie dem Ausländer den überschießenden Aufenthaltstitel belässt oder ob sie ihn widerruft und dem Ausländer „nur“ eine (befristete) Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG erteilt oder sie sich gar nur mit der Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 i.V.m. § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG begnügen darf. Hat das Bundesamt negativ über das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG (§ 60 Abs. 2 - 7 AufenthG) entschieden, dürfen die Ausländerbehörden derartige - auch nachgeschobene, mit einem neuen Sachverhalt begründete - Abschiebungshindernisse ausnahmslos nicht berücksichtigen, sondern müssen davon ausgehen, dass solche Abschiebungshindernisse nicht bestehen. Die Ausländer sind insoweit auf einen isolierten Wiederaufgreifensantrag beim Bundesamt (sog. Folgeschutzgesuch) zu verweisen (vgl. zu dieser Möglichkeit BVerwG, Urteil vom 21.03.2000 - 9 C 41.99 -, BVerwGE 111, 77 ff. = NVwZ 2000, 940 f.; VGH Bad.-Württ., vom 13.09.2000 - 11 S 988/00 -, NVwZ 2001, 151 ff.) und haben diesem gegenüber gegebenenfalls auch einstweiligen Rechtsschutz zu suchen.
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b) Gemessen an diesen Vorgaben sind die Ermessenserwägungen des Beklagten nicht zu beanstanden. Sie beruhen weder auf einer tatsächlichen oder rechtlichen Fehlgewichtung der Belange des Klägers noch sind sie unvollständig.
28 
Der Beklagte hat berücksichtigt, dass der im Bundesgebiet geborene Kläger sich im maßgeblichen Zeitpunkt acht Jahre im Bundesgebiet aufgehalten hat, wobei er allerdings zunächst nur geduldet war, ab der Asylantragstellung im September 1997 eine Aufenthaltsgestattung erhielt und erst ab Juli 1999 über die asylbedingt erteilte unbefristete Aufenthaltserlaubnis verfügte. Während der Dauer des gesamten (erlaubten wie unerlaubten) Aufenthalts hat der Kläger jedoch keine besonders schutzwürdigen Bindungen an die Bundesrepublik Deutschland entwickelt. Der Beklagte hat insoweit zu Recht wegen des jungen Alters und der Abhängigkeit des Klägers von den Eltern im Schwerpunkt auf die tatsächlichen und rechtlichen Lebensumstände der Eltern, insbesondere der Mutter abgestellt und gewichtige Anhaltspunkte für deren soziale und wirtschaftliche Integration verneint. Die Eltern verfügten zu keiner Zeit über einen gesicherten Aufenthaltstitel. Mit Ausnahme der kurzen Zeit einer Aufenthaltsgestattung während des Asylverfahrens 1994 bis 1995 waren sowohl der Vater als auch die Mutter immer nur geduldet, die Mutter ersichtlich auch während ihrer laufenden Asylfolgeverfahren, die jeweils in kein reguläres Asylverfahren mündeten. 1995 wurden die Eltern geschieden. Der Vater wurde im Oktober 2001 nach Serbien-Montenegro abgeschoben. Die Mutter - und in deren Gefolge die die Geschwister - leiten ihr Bleiberecht seit Jahren ersichtlich allein vom Kläger und dessen asylbedingtem Aufenthaltstitel ab. Aufgrund seiner durch die Asylberechtigung belegten politischen Verfolgung war dem minderjährigen Kläger die Rückkehr in den Heimatstaat unzumutbar, was unter dem Gesichtspunkt der Familieneinheit (Art. 6 Abs. 1 und 2 GG) ausschlaggebend dafür war, dass die allein sorgeberechtigte Mutter und mit ihr auch die Geschwister Duldungen erhielten. Denn der Kläger war und ist auf die Betreuung der Mutter angewiesen. Eine Aufenthaltserlaubnis für den Nachzug zum Kläger nach § 17 ff. AuslG hat die Mutter nie erhalten. Die Mutter hat sich auch wirtschaftlich und beruflich nicht in die hiesigen Lebensverhältnisse eingegliedert, da sie Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bezog und bezieht. Ob und inwieweit sie diese Leistungen trotz Arbeitsbereitschaft erhält, weil sie sich um ihre Kindern kümmern muss, ist in diesem Zusammenhang nicht ausschlaggebend. Jedenfalls ist es der Familie nicht gelungen, eine gefestigte Existenz aufzubauen. Schließlich muss sich die Mutter entgegenhalten lassen, dass eine aufenthaltsrechtlich erhebliche und insoweit schutzwürdige Eingliederung in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland während eines lediglich geduldeten Aufenthalts grundsätzlich nicht erfolgen kann (vgl. Beschlüsse des Senats vom 25.09.2003 - 11 S 1795/03 -, InfAuslR 2004, 70). Auch eine nach Art. 8 EMRK rechtserhebliche „Verwurzelung“ als faktischer Inländer erfordert - als Basis - grundsätzlich eine entsprechende aufenthaltsrechtliche Verankerung, die bei Minderjährigen nur durch gewichtige sonstige nachhaltige - hier fehlende - Integrationsleistungen der Familienangehörigen kompensiert werden kann (vgl. dazu im Einzelnen VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006 - 13 S 2220/05 - unter Hinweis insbesondere auch darauf, dass Kinder bis zum 16. Lebensjahr grundsätzlich vom Aufenthaltsrecht und den Integrationsleistungen der Eltern abhängig sind).
29 
Der Senat verkennt nicht, dass die Aufenthaltsbeendigung in Deutschland und die Rückkehr in das Kosovo gleichwohl für den Kläger und seine Familie Nachteile mit sich bringen, da sie im dortigen Kulturkreis nicht bzw. nicht mehr fest verwurzelt sind und dem hiesigen Kulturkreis inzwischen näher stehen. Derartige sich aus den allgemein unterschiedlichen Lebensverhältnissen und unterschiedlichen Sozialstandards in Deutschland und dem jeweiligen Herkunftsstaat ergebenden Rückkehrerschwernisse sind in ausländerrechtlichen Verfahren, wie dem Kläger zuzugeben ist, auch ohne Rücksicht auf die Entscheidungslage beim Bundesamt berücksichtigungsfähig. Sie sind im Rahmen der schutzwürdigen Belange nach § 45 Abs. 2 Nr. 1 AuslG (§ 55 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG) als Parameter für „sonstige“ (kulturelle und/oder soziale) „Bindungen im Bundesgebiet“ zu prüfen und unterfallen nicht der Bindungswirkung nach § 42 Satz 1 AsylVfG, da sie wesentlichen Inlandsbezug haben, jedenfalls aber mit den typischen Streitgegenständen (Lebenssachverhalten) bei zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG (= § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG) nichts zu tun haben. Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 1, 2 und Abs. 4 AuslG (= § 60 Abs. 2, 3 und Abs. 5 AufenthG) i.V.m. - insbesondere - Art. 3 EMRK setzen, grob gesprochen, den Vortrag gravierender konkreter gezielter Eingriffe in die Rechtsgüter Leib und Leben und allgemein in die Menschenwürde voraus, die zudem vom Staat oder ihm zurechenbaren Stellen ausgehen müssen. § 53 Abs. 6 AuslG ( § 60 Abs. 7 AufenthG) knüpft in Satz 1 ebenfalls an im Einzelfall konkrete Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit an, die von außerhalb des Staates stehenden Personen oder Gruppen ausgehen. Dem werden nach Satz 2 Gefahren für die gesamte Bevölkerung oder für eine Bevölkerungsgruppe gleichgestellt, wenn jedes Gruppenmitglied „gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde“ (sog. extreme Allgemeingefahr, vgl. BVerwG, Urteile vom 17.10.1995 -9 C 9.95 -, BVerwGE 99, 324 ff., und vom 12.07.2001 - 1 C 2.01 -, BVerwGE 114, 379 ff.). Bei Allgemeingefahren unterhalb der Schwelle einer solchen Extremgefahr kann sich eine Sperrwirkung (für das Bundesamt wie für die Ausländerbehörden) aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung ergeben, denn der parlamentarische Gesetzgeber weist die Handlungsbefugnis insofern nach § 54 AuslG (§ 60a Abs. 1 AufenthG) den obersten Landesbehörden in Gestalt der Ermächtigung für Abschiebungserlasse zu, was die anderen Gewalten zu respektieren haben (vgl. dazu auch den Beschluss des Senats vom 21.09.2005 - 11 S 2924/04 -).
30 
Mit einem der vorgenannten Geschehensabläufe hat der Vortrag des Klägers, der Kosovo sei ihm und seiner Familie kulturell entfremdet und sie hätten dort keinen familiären Rückhalt mehr, nichts zu tun. Dieser Vortrag war daher zu berücksichtigen, ohne dass ihm freilich entscheidendes Gewicht zukam. Beide geltend gemachten Nachteile sind nicht so außergewöhnlich und gravierend, dass der Beklagte sie hätte hinter dem gewichtigen öffentlichen Interesse an der Beendigung des asylbedingten Aufenthalts des Klägers zurückstellen müssen. Hinsichtlich der Rückkehr in ein ihm kulturell entfremdetes, der Mutter aber keinesfalls „gänzlich fremdes“ Umfeld mit niedrigerem Lebens- und Sozialstandard beruft sich der Kläger auf typische Nachteile einer Vielzahl von Flüchtlingen. Aufgrund seines jungen Alters und mit Hilfe der Mutter wird sich der Kläger im Herkunftsland wieder eingewöhnen können. Der Kläger muss auch nicht allein in den Kosovo zurückkehren, sondern wird vom Beklagten ersichtlich nur gemeinsam mit seiner Mutter und seinen Geschwistern zurückgeführt werden. Dass die Mutter im Kosovo auf vollkommen fehlenden familiären Rückhalt treffen wird, hält der Senat für wenig wahrscheinlich. Zwar ist der Kontakt zu ihrem früheren Ehemann nach dessen Abschiebung abgebrochen und wird als nunmehr feindselig geschildert (dazu unten), obwohl sie mit diesem auch nach der Scheidung (und nach dessen Eheschließung mit einer über 20 Jahre älteren deutschen Staatsangehörigen) in Deutschland zeitweise noch zusammengelebt hat und er nach Angaben eines Arztes auch Vater der nach der Scheidung geborenen Kinder sein soll. Jedoch leben unstreitig die Geschwister der Mutter im Kosovo. Dass sie von diesen keinerlei Unterstützung erfahren wird, hält der Senat nach der Lebenserfahrung für unwahrscheinlich. Der diesbezügliche Vortrag des Klägers ist zu vage, um diesen Sachverhalt glaubhaft zu machen.
31 
Soweit der Kläger behauptet, bei einer Rückkehr werde die Mutter von ihrem früheren Ehemann und dessen Familie „schlimm bedroht“, diese würden ihr sofort die Kinder wegnehmen, macht er in erster Linie Nachteile der Mutter und allenfalls sekundär eigene Rechtsverletzungen geltend. Entscheidend ist jedoch, dass dieser Lebenssachverhalt nach Zielrichtung und Struktur erkennbar Elemente eines zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG aufweist (Bedrohung von Leib, Leben, Willens- und Entscheidungsfreiheit durch einzelne Privatpersonen ohne Urheberschaft staatlicher Stellen). Dementsprechend hat die Mutter des Klägers die Drohung des früheren Ehemanns und dessen Schwager, ihr bei einer Rückkehr die Kinder wegnehmen zu lassen, auch in ihrem - zweiten - Asylfolgeantrag vom 02.04.2002 beim Bundesamt geltend gemacht und das Bundesamt hat hierüber im Rahmen der Prüfung eines Anspruchs nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG auch - negativ - entschieden. Die gegebene Sachnähe zu einem Anspruch nach § 53 AuslG führt dazu, dass die Wirkungen des § 42 Satz 1 AsylVfG zum Tragen kommen. Der Beklagte war daher gehindert, den Komplex „Bedrohung durch den Vater und dessen Familie im Kosovo“ eigenständig auf seine - nicht zweifelsfreie - Wahrheit zu prüfen und zugunsten des Klägers in das Widerrufsermessen einzustellen. Vielmehr war der Beklagte an die negative Feststellung des Bundesamts im Bescheid vom 01.12.2000 gebunden, dass beim Kläger Abschiebungshindernisse weder nach § 53 Abs. 1 - 4 noch nach § 53 Abs. 6 AuslG vorliegen. Unerheblich ist, dass das Bundesamt sich bei dieser Entscheidung mit dem jetzigen Vorbringen (Bedrohung durch den Vater) nicht befasst hat. Um dieses Geschehen zur Geltung zu bringen, müsste der Kläger beim Bundesamt, wie bereits ausgeführt, einen Wiederaufgreifensantrag nach § 51 Abs. 1 - 3 VwVfG oder nach § 51 Abs. 5 i.V.m. §§ 48, 49 VwVfG stellen. Dass dieser Erfolg hätte, erscheint freilich im Hinblick auf die Ausführungen des Bundesamts im bereits erwähnten Ablehnungsbescheid vom 05.08.2002 gegenüber der Mutter des Klägers unwahrscheinlich.
32 
B. Auch die mit der Widerrufsentscheidung verbundene Abschiebungsandrohung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die gesetzlichen Vorgaben nach § 50 Abs. 1 - 3 AuslG sind erfüllt. Der Kläger wurde mit Wirksamkeit der Widerrufsentscheidung und das dadurch erfolgte Erlöschen der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis (§§ 44 Abs. 1, 72 Abs. 2 Satz 1 AuslG) ausreisepflichtig ( § 42 Abs. 1 AuslG) und diese Ausreisepflicht ist aufgrund des angeordneten Sofortvollzuges auch vollziehbar geworden, was nach der Rechtsprechung des Senat freilich nicht zwingende Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Abschiebungsandrohung ist. Die Bezeichnung des Heimatstaats Serbien-Montenegro als Abschiebezielstaat war zulässig, nachdem die Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG für dieses Land bindend (§ 4 AsylVfG) widerrufen war und das Bundesamt ebenfalls bindend ( § 42 Satz 1 AsylVfG) das Fehlen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG festgestellt hatte. Schließlich ist auch die festgesetzte Ausreisefrist (ein Monat ab Bekanntgabe der Entscheidung) angemessen, da die Mutter des Klägers und wohl auch die Geschwister des Klägers damals bereits ausreisepflichtig waren (vgl. u.a. den Bescheid des Bundesamts vom 05.08.2002), so dass einer gemeinsamen Ausreise und gegebenenfalls gleichzeitigen Abschiebung aller Familienmitglieder rechtlich nichts im Wege stand.
33 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
34 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Gründe

 
13 
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierauf verzichtet haben und der entscheidungserhebliche Sachverhalt geklärt ist.
14 
Die statthafte und auch sonst zulässige, insbesondere fristgerecht und inhaltlich ausreichend begründete Berufung des Klägers (vgl. § 124a Abs. 6 i. V. m. Abs. 3 Satz 3 und 4 VwGO) hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte der - zulässigen - Anfechtungsklage des Klägers gegen die Widerrufsentscheidung und die Abschiebungsandrohung in der Verfügung des Landratsamts Bodenseekreis vom 07.10.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 30.01.2004 nicht stattgeben dürfen. Denn diese Klage ist unbegründet, weil die angegriffenen Verfügungen rechtmäßig sind und daher Rechte des Klägers nicht verletzen ( § 113 Abs. 1 VwGO).
15 
A. Die Widerrufsverfügung begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
16 
I. Die Tatbestandsvoraussetzungen des - bei Abschluss des Verwaltungsverfahrens geltenden und daher hier anzuwendenden - § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG für den Widerruf der dem Kläger asylbezogen nach § 68 Abs. 1 AsylVfG a.F. erteilten unbefristeten Aufenthaltserlaubnis lagen beim Kläger unstreitig vor. Denn seine am 28.06.1999 erfolgte Anerkennung als Asylberechtigter und als Flüchtling nach § 51 Abs. 1 AuslG wurde durch Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 01.12.2000 widerrufen und ist mit Bestandskraft dieses Widerrufsbescheids am 05.02.2003 erloschen (vgl. § 73 Abs. 1 und Abs. 4 i.V.m. § 75 AsylVfG a.F.).
17 
II. Der Beklagte hat entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch das ihm eingeräumte Widerrufsermessen fehlerfrei in einer dem Zweck der Ermächtigung in § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG entsprechenden Weise ausgeübt (§ 114 Satz 1 VwGO). Er hat alle im Fall des Klägers relevanten öffentlichen und privaten Belange erhoben und sie ohne Verkennung ihres tatsächlichen und rechtlichen Gewichts sowie in Übereinstimmung mit den Vorgaben der Rechtsprechung sachgerecht in seine Abwägung eingestellt und auch das Abwägungs- und Entscheidungsergebnis ist nicht zu beanstanden.
18 
1. Der Beklagte hat zunächst richtig erkannt, dass ein Widerruf wegen des Grundsatzes von Treu und Glauben (Verbot widersprüchlichen Verhaltens) dann von vornherein nicht in Betracht kommt - das Widerrufsermessen mithin auf ein Widerrufsverbot beschränkt ist -, wenn der Ausländer unabhängig von seiner (entfallenen) Asylberechtigung einen Anspruch auf ein dem entzogenen Recht gleichwertiges Aufenthaltsrecht hat, sei es, dass ihm ein solches Aufenthaltsrecht schon bei Zuerkennung der Asylberechtigung zustand und lediglich überlagert war oder dass ihm jedenfalls im Zeitpunkt des Widerrufs ein Anspruch auf ein solches Aufenthaltsrecht aus anderen - asylunabhängigen - Rechtsgründen zusteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2003 - 1 C 13.02 -, NVwZ 2003, 1275 ff. = InfAuslR 2003, 324 ff.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.10.1996 - 13 S 2408/95 -, EzAR 214 Nr. 5; ebenso OVG Niedersachsen, Beschluss vom 18.09.2000 - 1 M 2888/00 -, Juris). Ein solcher Fall war beim Kläger aber nicht gegeben. Voraussetzung dafür wäre gewesen, dass der Kläger einen Anspruch auf einen der widerrufenen unbefristeten Aufenthaltserlaubnis in qualitativer und zeitlicher Hinsicht (mindestens) gleichwertigen Aufenthaltstitel, mindestens also ebenfalls einen Anspruch auf eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis oder auf eine Aufenthaltsberechtigung gehabt hätte, wobei dieser Aufenthaltstitel keinerlei sachlichen Bezug zum früheren asylbedingten Aufenthalt hätte aufweisen, aber auch zeitlich auf keinem vorangegangenen asylbedingten Aufenthalt hätte aufbauen dürfen. Denn asylbezogene Aufenthaltszeiten dürfen nicht als rechtmäßiger Voraufenthalt auf Mindestaufenthaltszeiten angerechnet werden, wie sie etwa in § 24 Abs. 1 Nr. 1, § 27 Abs. 2 Nr. 1 AuslG und - nach heutigem Recht - in § 9 Abs. 2 Satz 1 AufenthG gefordert werden (zu diesen Voraussetzungen eines gleichwertigen asylunabhängigen Aufenthaltsrechts vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2003 a.a.O. unter Verwerfung der abweichenden Auffassung des Senats im zugrunde liegenden Urteil vom 10.04.2002 - 11 S 331/02 -, InfAuslR 2002, 289 ff.).
19 
Von einem diesen Anforderungen genügenden gleichwertigen Aufenthaltsrecht konnte beim Kläger bei Abschluss des Verwaltungsverfahrens nicht die Rede sein. Ein Anspruch auf eine Aufenthaltsberechtigung nach § 27 AuslG scheiterte schon am Erfordernis einer vorherigen dreijährigen unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, die wegen ihres asylunabhängigen Charakters hätte angerechnet werden können (vgl. § 27 Abs. 2 Nr. 1 b) AuslG). Ein Anspruch auf eine asylunabhängige unbefristete Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AuslG schied aus vergleichbaren Gründen deswegen aus, weil es ebenfalls an einer vorangegangenen anrechenbaren asylunabhängigen Aufenthaltserlaubnis fehlte (vgl. § 24 Abs. 1 Nr. 1 AuslG); damit kann offen bleiben, ob die Mindestfrist von 5 Jahren in § 24 Abs. 1 Nr. 1 AuslG überhaupt hätte erreicht werden können, nachdem die dem Kläger erteilte Aufenthaltserlaubnis vom 29.07.1999 bei Wirksamkeit des Widerrufs (§ 72 Abs. 2 Satz 1 AuslG) noch keine 5 Jahre bestanden hatte und fraglich erscheint, welche davor liegenden Zeiten rechtmäßigen Voraufenthalts hätten angerechnet werden können (dazu etwa Hailbronner, Komm. zum AuslG, Sept. 2001, § 24 Rn. 10).
20 
2. Ermessensfehler zu Lasten des Klägers sind dem Beklagten im Ergebnis auch insofern nicht unterlaufen, als er sich mit der Frage befasst - und diese verneint - hat, ob dem Kläger im maßgeblichen Widerrufszeitpunkt ein Anspruch auf ein gegenüber der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis geringerwertiges Aufenthaltsrecht zustand. Der Beklagte hat sich ausweislich des Widerspruchsbescheids zur Prüfung dieser Frage deswegen verpflichtet gesehen, weil aus Gleichbehandlungsgründen im Einzelfall untersucht werden müsse, „ob eine Um- oder Rückstufung“ in einen geringerwertigen Aufenthaltstitel in Betracht komme, etwa weil in Vergleichsfällen humanitäre Aufenthaltsrechte nach § 32 AuslG erteilt worden wären oder Flüchtlinge im „kleinen Asyl“ nach § 51 Abs. 1 AuslG „nach § 35 Abs. 1 AuslG ein asylunabhängiges Aufenthaltsrecht“ erlangt hätten. Ferner sei erörterungsbedürftig, ob der Kläger eine befristete Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug verlangen könne.
21 
Dieser weite Prüfungsansatz dürfte im vorliegenden Fall entbehrlich gewesen sein. Gegenstand ist nicht der Widerruf einer befristeten Aufenthaltserlaubnis oder einer befristeten Aufenthaltsbefugnis, wie sie anerkannten Konventionsflüchtlingen erteilt wurde (§ 70 AsylVfG a.F.), sondern der Widerruf einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis aufgrund von § 68 AsylVfG a.F. Prüfprogramm der Ermessensentscheidung ist in diesem Fall die Frage, ob es gerechtfertigt ist, dem Ausländer den asylbedingt erteilten unbefristeten - hochwertigen - Aufenthaltstitel zu belassen oder ob dieser Titel zu entziehen ist. Eine Zwischenlösung gibt es nicht. Denn der Gegenstand des Widerrufs ist nicht teilbar, der Widerruf kann nicht auf einen die Befristung der Aufenthaltserlaubnis oder die Aufenthaltsbefugnis übersteigenden weitergehenden Teil beschränkt werden (so zutreffend VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.10.1996 - 13 S 2408/95 -, EzAR 214 Nr. 5). Die Frage, ob dem Kläger statt der bisher unbefristeten Aufenthaltserlaubnis möglicherweise ein befristetes Aufenthaltsrecht etwa zum Familiennachzug oder aus anderweitigen humanitären Gründen zustand, hatte daher nur für die Entscheidung Bedeutung, ob man ihm deswegen den (überschießenden) unbefristeten Aufenthaltstitel belassen oder diesen entziehen und den befristeten Aufenthaltstitel neu erteilten wollte. Im Ergebnis hat das Regierungspräsidium diese Frage zutreffend beantwortet. Es hat richtig erkannt, dass, dem Kläger mangels eines Aufenthaltsrechts seiner Eltern bzw. seiner Mutter seinerzeit keine Aufenthaltserlaubnis zum Kindernachzug nach §§ 21 Abs. 1 Satz 1 oder nach § 20 i.V.m. § 17 AuslG zustand und dass er mangels der beschäftigungsbezogenen Voraussetzungen bei seinen Eltern auch die Voraussetzungen für eine Aufenthaltsbefugnis nach § 32 AuslG i.V.m. dem Erlass des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 15.06.2001 [4-13 JUG/104] nicht erfüllte. Auch eine vom Kläger behauptete Schlechterstellung gegenüber Flüchtlingen mit dem Status des § 51 Abs. 1 AuslG lag nicht vor. Wäre der Kläger nur als Flüchtling nach § 51 Abs. 1 AuslG anerkannt worden und wäre ihm deswegen nur eine Aufenthaltsbefugnis nach § 70 AsylVfG erteilt worden, hätte diese, da sie ihrerseits verfolgungsbezogen ist, nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG unter den gleichen Voraussetzungen widerrufen werden können wie die im Streit stehende unbefristete Aufenthaltserlaubnis. In gleicher Weise wäre auch eine nach Maßgabe des § 35 Abs. 1 AuslG erworbene unbefristete Aufenthaltserlaubnis dem Widerruf nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG ausgesetzt gewesen. Abgesehen davon waren im maßgeblichen Zeitpunkt (Januar 2004) aber auch schon die zeitlichen Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 AuslG nicht erfüllt und zudem war der Lebensunterhalt des Klägers nicht gesichert.
22 
3. Auch im Übrigen vermag der Senat Ermessensfehler nicht zu erkennen.
23 
a) Der Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Wegfall der Asylberechtigung oder der Flüchtlingseigenschaft nach dem Willen des Gesetzgebers grundsätzlich auch eine Beendigung des darauf beruhenden Aufenthaltsrechts nach sich zieht und dass daher in den Fällen des § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG in der Regel ein gewichtiges öffentliches Interesse am Widerruf der Aufenthaltsgenehmigung besteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2003 a.a.O., VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.11.2005 - 11 S 650/05 -, Juris). Trotz dieses - gewichtigen - öffentlichen Interesses an der Beendigung des spezifisch asylbedingten Aufenthaltstitels ist der Ausländerbehörde freilich ein weiter Ermessensspielraum eröffnet. Hierbei hat sie unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls eine Abwägung mit den schutzwürdigen prüfungsrelevanten Belangen des Ausländers am weiteren Verbleib in Deutschland vorzunehmen, wie sie beispielhaft für die Aufenthaltsbeendigung durch Ermessensausweisung in § 45 Abs. 2 AuslG (heute: § 55 Abs. 3 AufenthG) aufgeführt sind. Hierzu gehören nach § 45 Abs. 2 Nr. 1 AuslG (= § 55 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG) vor allem die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts und die schutzwürdigen persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen des Ausländers im Bundesgebiet (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2003 a.a.O.). Diesen ist im Wege einer Verhältnismäßigkeitsprüfung das öffentliche Interesse am Verlust des asylbedingten Aufenthaltstitels gegenüber zu stellen. Hat der Ausländer dabei einen Anspruch auf einen geringerwertigen Aufenthaltstitel, wird es in aller Regel verhältnismäßig (angemessen) sein, ihm den überschießenden Titel zu entziehen und ihn auf den neuen Titel zu verweisen. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung sind des weiteren auch die in § 45 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 AuslG (= § 55 Abs. 3 Nrn. 2 und 3 AufenthG) genannten Belange ihrer tatsächlichen und rechtlichen Bedeutung gemäß in den Blick zu nehmen. Die Behörde muss sich daher im Einzelfall bei Bedarf auch mit den Folgen einer Aufenthaltsbeendigung für die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhaltenden und mit dem Ausländer in familiärer Lebensgemeinschaft lebenden Familienangehörigen auseinandersetzen sowie auf etwaige Duldungsgründe nach § 55 Abs. 2 AuslG (§ 60a Abs. 2 AufenthG) in Form rechtlicher oder tatsächlicher Abschiebungshindernisse eingehen.
24 
Zu den Abschiebungshindernissen nach § 55 Abs. 2 AuslG bzw. § 60a AufenthG gehören sowohl solche, die ihren Anlass im Inland haben (inlandsbezogene Abschiebungshindernisse - insofern wird häufig Deckungsgleichheit mit schutzwürdigen Belangen nach § 45 Abs. 2 Nr. 1 AuslG vorliegen -.) als auch solche, die sich außerhalb des Bundesgebiets im Herkunftsland bzw Abschiebezielstaat auswirken (zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, zur Unterscheidung vgl. BVerwG, Urteile vom 11.11.1997 - 9 C 13.96 -, NVwZ 1998, 526 ff.; = VBlBW 1998, 216 f.; Urteil vom 21.09.1999 - 9 C 12.90 -, BVerwGE 109, 305 ff.; VGH Bad.-Württ., .Beschluss vom 10.07.2003 - 11 S 2611/02 -, VBlBW 2003, 482 sowie Urteil vom 21.06.2004 - 11 S 770/04 -, InfAuslR 2004, 429 ff.).
25 
Bei den zielstaatsbezogenen rechtlichen Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG (= § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG) kommt allerdings der besondere Zusammenhang mit dem früheren Asylverfahren und die Abgrenzung der Entscheidungskompetenzen zwischen dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (heute; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) und den Ausländerbehörden zum Tragen. Mit Stellung des Asylantrags wird nach §§ 24 Abs. 2, 31 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG die Zuständigkeit und die Pflicht des Bundesamts zur Entscheidung auch über das Bestehen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG ( § 60a Abs. 2 bis 7 AufenthG) begründet. Diese Entscheidung kann nach § 31 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG zwar unterbleiben, wenn der Ausländer als Asylberechtigter anerkannt wird oder die Voraussetzungen des 51 Abs. 1 AuslG ( § 60 Abs. 1 AufenthG) festgestellt werden. Sie muss jedoch nachgeholt werden, wenn die Asylanerkennung oder der Flüchtlingsstatus enden (vgl. etwa § § 32 und 39 Abs. 2 AsylVfG). Hieraus folgt, dass das Bundesamt berechtigt, aber auch und verpflichte ist, Statusentscheidungen über das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG ( § 60 Abs. 2 - 7) AufenthG erstmals zusammen mit dem Widerruf einer Asylanerkennung oder der Flüchtlingseigenschaft nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG (§ 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG) zu treffen; denn es soll nicht offen blieben, ob und in welcher Form dem Ausländer Abschiebungsschutz gewährt wird (sog. Vollständigkeitsprinzip, vgl. BVerwG, Urteil vom 20.04.1999 - 9 C 29.98 -, InfAuslR 1999, 373). An die hierbei getroffene - positive wie negative - Statusfeststellung des Bundesamts ist die Ausländerbehörde nach § 42 Satz 1 AsylVfG strikt gebunden. Hat das Bundesamt die Statusfeststellung unterlassen, so ergibt sich aus § 42 Satz 1 AsylVfG anstelle der Bindungswirkung eine Sperrwirkung; die Ausländerbehörden dürfen in diesem Unterlassensfall nicht in das beim Bundesamt bestehende Entscheidungsvakuum eindringen; sie haben zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse daher aus ihrem Prüfprogramm auszuklammern (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.10.2004 - 11 S 1448/03 -, Juris, m.w.N.; zum neuen Recht vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.04.2005 - 11 S 2779/04 -, Juris).
26 
Die aus § 42 Satz 1 AsylVfG folgende Bindungs- bzw. Sperrwirkung gilt für alle denkbaren Entscheidungen der Ausländerbehörden, in denen es rechtlich unmittelbar oder auch nur mittelbar auf das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG/ § 60a Abs. 2 - 7 AufenthG ankommt, mithin nicht nur für Entscheidungen über die Gewährung eines Aufenthalts- oder Bleiberechts aufgrund des Abschiebungshindernisses, sondern auch für Entscheidungen über die Aufenthaltsbeendigung, in denen solche Abschiebungshindernisse - als Duldungsgründe - in das Ermessen einzustellen sind. Dies ist für die Entscheidung über eine Ausweisung anerkannt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.05.2003 - 13 S 1113/02 -, VBlBW 2003, 486 f.) gilt in gleicher Weise aber auch für die hier in Rede stehende Entscheidung über den Widerruf eines asylbezogenen Aufenthaltstitels nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG (§ 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG). Die Sperrwirkung greift in all diesen Fällen solange, bis das Bundesamts die geforderte Statusentscheidung nach § 53 AuslG (§ 60 Abs. 2 - 7 AufenthG) getroffen hat. Ist dies in der asylrechtlichen Widerrufsentscheidung geschehen, setzt die Bindungswirkung ein mit der Folge, dass die Ausländerbehörde bei positiver Feststellung von einem Duldungsgrund nach § 55 Abs. 2 AuslG ausgehen muss (bei Feststellungen nach § 53 Abs. 1, 2 und 4 AuslG) bzw. ausgehen soll (bei Feststellungen nach § 53 Abs. 6 AuslG). Diese bindenden Feststellungen sind in das Widerrufsermessens einzustellen und die Behörde hat dann zu prüfen, ob sie deswegen vom Widerruf gänzlich absehen oder sich auf die Erteilung einer Duldung nach § 55 Abs. 2 AuslG bzw. auf eine Aufenthaltsbefugnis etwa nach § 30 Abs. 3 AuslG beschränken will. Entsprechendes gilt nach heutigem Recht: Die Ausländerbehörde hat im Rahmen ihres Ermessens ebenfalls zu prüfen, ob sie dem Ausländer den überschießenden Aufenthaltstitel belässt oder ob sie ihn widerruft und dem Ausländer „nur“ eine (befristete) Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG erteilt oder sie sich gar nur mit der Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 i.V.m. § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG begnügen darf. Hat das Bundesamt negativ über das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG (§ 60 Abs. 2 - 7 AufenthG) entschieden, dürfen die Ausländerbehörden derartige - auch nachgeschobene, mit einem neuen Sachverhalt begründete - Abschiebungshindernisse ausnahmslos nicht berücksichtigen, sondern müssen davon ausgehen, dass solche Abschiebungshindernisse nicht bestehen. Die Ausländer sind insoweit auf einen isolierten Wiederaufgreifensantrag beim Bundesamt (sog. Folgeschutzgesuch) zu verweisen (vgl. zu dieser Möglichkeit BVerwG, Urteil vom 21.03.2000 - 9 C 41.99 -, BVerwGE 111, 77 ff. = NVwZ 2000, 940 f.; VGH Bad.-Württ., vom 13.09.2000 - 11 S 988/00 -, NVwZ 2001, 151 ff.) und haben diesem gegenüber gegebenenfalls auch einstweiligen Rechtsschutz zu suchen.
27 
b) Gemessen an diesen Vorgaben sind die Ermessenserwägungen des Beklagten nicht zu beanstanden. Sie beruhen weder auf einer tatsächlichen oder rechtlichen Fehlgewichtung der Belange des Klägers noch sind sie unvollständig.
28 
Der Beklagte hat berücksichtigt, dass der im Bundesgebiet geborene Kläger sich im maßgeblichen Zeitpunkt acht Jahre im Bundesgebiet aufgehalten hat, wobei er allerdings zunächst nur geduldet war, ab der Asylantragstellung im September 1997 eine Aufenthaltsgestattung erhielt und erst ab Juli 1999 über die asylbedingt erteilte unbefristete Aufenthaltserlaubnis verfügte. Während der Dauer des gesamten (erlaubten wie unerlaubten) Aufenthalts hat der Kläger jedoch keine besonders schutzwürdigen Bindungen an die Bundesrepublik Deutschland entwickelt. Der Beklagte hat insoweit zu Recht wegen des jungen Alters und der Abhängigkeit des Klägers von den Eltern im Schwerpunkt auf die tatsächlichen und rechtlichen Lebensumstände der Eltern, insbesondere der Mutter abgestellt und gewichtige Anhaltspunkte für deren soziale und wirtschaftliche Integration verneint. Die Eltern verfügten zu keiner Zeit über einen gesicherten Aufenthaltstitel. Mit Ausnahme der kurzen Zeit einer Aufenthaltsgestattung während des Asylverfahrens 1994 bis 1995 waren sowohl der Vater als auch die Mutter immer nur geduldet, die Mutter ersichtlich auch während ihrer laufenden Asylfolgeverfahren, die jeweils in kein reguläres Asylverfahren mündeten. 1995 wurden die Eltern geschieden. Der Vater wurde im Oktober 2001 nach Serbien-Montenegro abgeschoben. Die Mutter - und in deren Gefolge die die Geschwister - leiten ihr Bleiberecht seit Jahren ersichtlich allein vom Kläger und dessen asylbedingtem Aufenthaltstitel ab. Aufgrund seiner durch die Asylberechtigung belegten politischen Verfolgung war dem minderjährigen Kläger die Rückkehr in den Heimatstaat unzumutbar, was unter dem Gesichtspunkt der Familieneinheit (Art. 6 Abs. 1 und 2 GG) ausschlaggebend dafür war, dass die allein sorgeberechtigte Mutter und mit ihr auch die Geschwister Duldungen erhielten. Denn der Kläger war und ist auf die Betreuung der Mutter angewiesen. Eine Aufenthaltserlaubnis für den Nachzug zum Kläger nach § 17 ff. AuslG hat die Mutter nie erhalten. Die Mutter hat sich auch wirtschaftlich und beruflich nicht in die hiesigen Lebensverhältnisse eingegliedert, da sie Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bezog und bezieht. Ob und inwieweit sie diese Leistungen trotz Arbeitsbereitschaft erhält, weil sie sich um ihre Kindern kümmern muss, ist in diesem Zusammenhang nicht ausschlaggebend. Jedenfalls ist es der Familie nicht gelungen, eine gefestigte Existenz aufzubauen. Schließlich muss sich die Mutter entgegenhalten lassen, dass eine aufenthaltsrechtlich erhebliche und insoweit schutzwürdige Eingliederung in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland während eines lediglich geduldeten Aufenthalts grundsätzlich nicht erfolgen kann (vgl. Beschlüsse des Senats vom 25.09.2003 - 11 S 1795/03 -, InfAuslR 2004, 70). Auch eine nach Art. 8 EMRK rechtserhebliche „Verwurzelung“ als faktischer Inländer erfordert - als Basis - grundsätzlich eine entsprechende aufenthaltsrechtliche Verankerung, die bei Minderjährigen nur durch gewichtige sonstige nachhaltige - hier fehlende - Integrationsleistungen der Familienangehörigen kompensiert werden kann (vgl. dazu im Einzelnen VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006 - 13 S 2220/05 - unter Hinweis insbesondere auch darauf, dass Kinder bis zum 16. Lebensjahr grundsätzlich vom Aufenthaltsrecht und den Integrationsleistungen der Eltern abhängig sind).
29 
Der Senat verkennt nicht, dass die Aufenthaltsbeendigung in Deutschland und die Rückkehr in das Kosovo gleichwohl für den Kläger und seine Familie Nachteile mit sich bringen, da sie im dortigen Kulturkreis nicht bzw. nicht mehr fest verwurzelt sind und dem hiesigen Kulturkreis inzwischen näher stehen. Derartige sich aus den allgemein unterschiedlichen Lebensverhältnissen und unterschiedlichen Sozialstandards in Deutschland und dem jeweiligen Herkunftsstaat ergebenden Rückkehrerschwernisse sind in ausländerrechtlichen Verfahren, wie dem Kläger zuzugeben ist, auch ohne Rücksicht auf die Entscheidungslage beim Bundesamt berücksichtigungsfähig. Sie sind im Rahmen der schutzwürdigen Belange nach § 45 Abs. 2 Nr. 1 AuslG (§ 55 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG) als Parameter für „sonstige“ (kulturelle und/oder soziale) „Bindungen im Bundesgebiet“ zu prüfen und unterfallen nicht der Bindungswirkung nach § 42 Satz 1 AsylVfG, da sie wesentlichen Inlandsbezug haben, jedenfalls aber mit den typischen Streitgegenständen (Lebenssachverhalten) bei zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG (= § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG) nichts zu tun haben. Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 1, 2 und Abs. 4 AuslG (= § 60 Abs. 2, 3 und Abs. 5 AufenthG) i.V.m. - insbesondere - Art. 3 EMRK setzen, grob gesprochen, den Vortrag gravierender konkreter gezielter Eingriffe in die Rechtsgüter Leib und Leben und allgemein in die Menschenwürde voraus, die zudem vom Staat oder ihm zurechenbaren Stellen ausgehen müssen. § 53 Abs. 6 AuslG ( § 60 Abs. 7 AufenthG) knüpft in Satz 1 ebenfalls an im Einzelfall konkrete Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit an, die von außerhalb des Staates stehenden Personen oder Gruppen ausgehen. Dem werden nach Satz 2 Gefahren für die gesamte Bevölkerung oder für eine Bevölkerungsgruppe gleichgestellt, wenn jedes Gruppenmitglied „gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde“ (sog. extreme Allgemeingefahr, vgl. BVerwG, Urteile vom 17.10.1995 -9 C 9.95 -, BVerwGE 99, 324 ff., und vom 12.07.2001 - 1 C 2.01 -, BVerwGE 114, 379 ff.). Bei Allgemeingefahren unterhalb der Schwelle einer solchen Extremgefahr kann sich eine Sperrwirkung (für das Bundesamt wie für die Ausländerbehörden) aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung ergeben, denn der parlamentarische Gesetzgeber weist die Handlungsbefugnis insofern nach § 54 AuslG (§ 60a Abs. 1 AufenthG) den obersten Landesbehörden in Gestalt der Ermächtigung für Abschiebungserlasse zu, was die anderen Gewalten zu respektieren haben (vgl. dazu auch den Beschluss des Senats vom 21.09.2005 - 11 S 2924/04 -).
30 
Mit einem der vorgenannten Geschehensabläufe hat der Vortrag des Klägers, der Kosovo sei ihm und seiner Familie kulturell entfremdet und sie hätten dort keinen familiären Rückhalt mehr, nichts zu tun. Dieser Vortrag war daher zu berücksichtigen, ohne dass ihm freilich entscheidendes Gewicht zukam. Beide geltend gemachten Nachteile sind nicht so außergewöhnlich und gravierend, dass der Beklagte sie hätte hinter dem gewichtigen öffentlichen Interesse an der Beendigung des asylbedingten Aufenthalts des Klägers zurückstellen müssen. Hinsichtlich der Rückkehr in ein ihm kulturell entfremdetes, der Mutter aber keinesfalls „gänzlich fremdes“ Umfeld mit niedrigerem Lebens- und Sozialstandard beruft sich der Kläger auf typische Nachteile einer Vielzahl von Flüchtlingen. Aufgrund seines jungen Alters und mit Hilfe der Mutter wird sich der Kläger im Herkunftsland wieder eingewöhnen können. Der Kläger muss auch nicht allein in den Kosovo zurückkehren, sondern wird vom Beklagten ersichtlich nur gemeinsam mit seiner Mutter und seinen Geschwistern zurückgeführt werden. Dass die Mutter im Kosovo auf vollkommen fehlenden familiären Rückhalt treffen wird, hält der Senat für wenig wahrscheinlich. Zwar ist der Kontakt zu ihrem früheren Ehemann nach dessen Abschiebung abgebrochen und wird als nunmehr feindselig geschildert (dazu unten), obwohl sie mit diesem auch nach der Scheidung (und nach dessen Eheschließung mit einer über 20 Jahre älteren deutschen Staatsangehörigen) in Deutschland zeitweise noch zusammengelebt hat und er nach Angaben eines Arztes auch Vater der nach der Scheidung geborenen Kinder sein soll. Jedoch leben unstreitig die Geschwister der Mutter im Kosovo. Dass sie von diesen keinerlei Unterstützung erfahren wird, hält der Senat nach der Lebenserfahrung für unwahrscheinlich. Der diesbezügliche Vortrag des Klägers ist zu vage, um diesen Sachverhalt glaubhaft zu machen.
31 
Soweit der Kläger behauptet, bei einer Rückkehr werde die Mutter von ihrem früheren Ehemann und dessen Familie „schlimm bedroht“, diese würden ihr sofort die Kinder wegnehmen, macht er in erster Linie Nachteile der Mutter und allenfalls sekundär eigene Rechtsverletzungen geltend. Entscheidend ist jedoch, dass dieser Lebenssachverhalt nach Zielrichtung und Struktur erkennbar Elemente eines zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG aufweist (Bedrohung von Leib, Leben, Willens- und Entscheidungsfreiheit durch einzelne Privatpersonen ohne Urheberschaft staatlicher Stellen). Dementsprechend hat die Mutter des Klägers die Drohung des früheren Ehemanns und dessen Schwager, ihr bei einer Rückkehr die Kinder wegnehmen zu lassen, auch in ihrem - zweiten - Asylfolgeantrag vom 02.04.2002 beim Bundesamt geltend gemacht und das Bundesamt hat hierüber im Rahmen der Prüfung eines Anspruchs nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG auch - negativ - entschieden. Die gegebene Sachnähe zu einem Anspruch nach § 53 AuslG führt dazu, dass die Wirkungen des § 42 Satz 1 AsylVfG zum Tragen kommen. Der Beklagte war daher gehindert, den Komplex „Bedrohung durch den Vater und dessen Familie im Kosovo“ eigenständig auf seine - nicht zweifelsfreie - Wahrheit zu prüfen und zugunsten des Klägers in das Widerrufsermessen einzustellen. Vielmehr war der Beklagte an die negative Feststellung des Bundesamts im Bescheid vom 01.12.2000 gebunden, dass beim Kläger Abschiebungshindernisse weder nach § 53 Abs. 1 - 4 noch nach § 53 Abs. 6 AuslG vorliegen. Unerheblich ist, dass das Bundesamt sich bei dieser Entscheidung mit dem jetzigen Vorbringen (Bedrohung durch den Vater) nicht befasst hat. Um dieses Geschehen zur Geltung zu bringen, müsste der Kläger beim Bundesamt, wie bereits ausgeführt, einen Wiederaufgreifensantrag nach § 51 Abs. 1 - 3 VwVfG oder nach § 51 Abs. 5 i.V.m. §§ 48, 49 VwVfG stellen. Dass dieser Erfolg hätte, erscheint freilich im Hinblick auf die Ausführungen des Bundesamts im bereits erwähnten Ablehnungsbescheid vom 05.08.2002 gegenüber der Mutter des Klägers unwahrscheinlich.
32 
B. Auch die mit der Widerrufsentscheidung verbundene Abschiebungsandrohung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die gesetzlichen Vorgaben nach § 50 Abs. 1 - 3 AuslG sind erfüllt. Der Kläger wurde mit Wirksamkeit der Widerrufsentscheidung und das dadurch erfolgte Erlöschen der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis (§§ 44 Abs. 1, 72 Abs. 2 Satz 1 AuslG) ausreisepflichtig ( § 42 Abs. 1 AuslG) und diese Ausreisepflicht ist aufgrund des angeordneten Sofortvollzuges auch vollziehbar geworden, was nach der Rechtsprechung des Senat freilich nicht zwingende Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Abschiebungsandrohung ist. Die Bezeichnung des Heimatstaats Serbien-Montenegro als Abschiebezielstaat war zulässig, nachdem die Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG für dieses Land bindend (§ 4 AsylVfG) widerrufen war und das Bundesamt ebenfalls bindend ( § 42 Satz 1 AsylVfG) das Fehlen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG festgestellt hatte. Schließlich ist auch die festgesetzte Ausreisefrist (ein Monat ab Bekanntgabe der Entscheidung) angemessen, da die Mutter des Klägers und wohl auch die Geschwister des Klägers damals bereits ausreisepflichtig waren (vgl. u.a. den Bescheid des Bundesamts vom 05.08.2002), so dass einer gemeinsamen Ausreise und gegebenenfalls gleichzeitigen Abschiebung aller Familienmitglieder rechtlich nichts im Wege stand.
33 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
34 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Sonstige Literatur

 
35 
Rechtsmittelbelehrung
36 
Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
37 
Die Beschwerde ist beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schubertstraße 11, 68165 Mannheim oder Postfach 10 32 64, 68032 Mannheim, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen.
38 
Die Beschwerde muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
39 
In der Begründung der Beschwerde muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
40 
Für das Beschwerdeverfahren besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Danach muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
41 
Beschluss vom 22.02.2006
42 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 52 Abs. 2, 72 Nr. 1 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
43 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Der Aufenthaltstitel des Ausländers nach § 4 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 zweite Alternative, Nummer 2, 2a, 2b, 2c, 3 und 4 kann außer in den Fällen der Absätze 2 bis 6 nur widerrufen werden, wenn

1.
er keinen gültigen Pass oder Passersatz mehr besitzt,
2.
er seine Staatsangehörigkeit wechselt oder verliert,
3.
er noch nicht eingereist ist,
4.
seine Anerkennung als Asylberechtigter oder seine Rechtsstellung als Flüchtling oder als subsidiär Schutzberechtigter erlischt oder unwirksam wird oder
5.
die Ausländerbehörde nach Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 Satz 1 feststellt, dass
a)
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 nicht oder nicht mehr vorliegen,
b)
der Ausländer einen der Ausschlussgründe nach § 25 Abs. 3 Satz 2 Nummer 1 bis 4 erfüllt oder
c)
in den Fällen des § 42 Satz 1 des Asylgesetzes die Feststellung aufgehoben oder unwirksam wird.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 4 und 5 kann auch der Aufenthaltstitel der mit dem Ausländer in familiärer Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen widerrufen werden, wenn diesen kein eigenständiger Anspruch auf den Aufenthaltstitel zusteht.

(2) Ein nationales Visum, eine Aufenthaltserlaubnis und eine Blaue Karte EU, die zum Zweck der Beschäftigung erteilt wurden, sind zu widerrufen, wenn die Bundesagentur für Arbeit nach § 41 die Zustimmung zur Ausübung der Beschäftigung widerrufen hat. Ein nationales Visum und eine Aufenthaltserlaubnis, die nicht zum Zweck der Beschäftigung erteilt wurden, sind im Falle des Satzes 1 in dem Umfang zu widerrufen, in dem sie die Beschäftigung gestatten.

(2a) Eine nach § 19 erteilte ICT-Karte, eine nach § 19b erteilte Mobiler-ICT-Karte oder ein Aufenthaltstitel zum Zweck des Familiennachzugs zu einem Inhaber einer ICT-Karte oder Mobiler-ICT-Karte kann widerrufen werden, wenn der Ausländer

1.
nicht mehr die Voraussetzungen der Erteilung erfüllt oder
2.
gegen Vorschriften eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union über die Mobilität von unternehmensintern transferierten Arbeitnehmern im Anwendungsbereich der Richtlinie 2014/66/EU verstoßen hat.
Wird die ICT-Karte oder die Mobiler-ICT-Karte widerrufen, so ist zugleich der dem Familienangehörigen erteilte Aufenthaltstitel zu widerrufen, es sei denn, dem Familienangehörigen steht ein eigenständiger Anspruch auf einen Aufenthaltstitel zu.

(3) Eine nach § 16b Absatz 1, 5 oder 7 zum Zweck des Studiums erteilte Aufenthaltserlaubnis kann widerrufen werden, wenn

1.
der Ausländer ohne die erforderliche Erlaubnis eine Erwerbstätigkeit ausübt,
2.
der Ausländer unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Studiendauer an der betreffenden Hochschule im jeweiligen Studiengang und seiner individuellen Situation keine ausreichenden Studienfortschritte macht oder
3.
der Ausländer nicht mehr die Voraussetzungen erfüllt, unter denen ihm eine Aufenthaltserlaubnis nach § 16b Absatz 1, 5 oder 7 erteilt werden könnte.
Zur Prüfung der Voraussetzungen von Satz 1 Nummer 2 kann die Ausbildungseinrichtung beteiligt werden.

(4) Eine nach § 18d oder § 18f erteilte Aufenthaltserlaubnis kann widerrufen werden, wenn

1.
die Forschungseinrichtung, mit welcher der Ausländer eine Aufnahmevereinbarung abgeschlossen hat, ihre Anerkennung verliert, sofern er an einer Handlung beteiligt war, die zum Verlust der Anerkennung geführt hat,
2.
der Ausländer bei der Forschungseinrichtung keine Forschung mehr betreibt oder betreiben darf oder
3.
der Ausländer nicht mehr die Voraussetzungen erfüllt, unter denen ihm eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18d oder § 18f erteilt werden könnte oder eine Aufnahmevereinbarung mit ihm abgeschlossen werden dürfte.

(4a) Eine nach § 16e oder § 19e erteilte Aufenthaltserlaubnis kann widerrufen werden, wenn der Ausländer nicht mehr die Voraussetzungen erfüllt, unter denen ihm die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden könnte.

(5) Eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 oder Absatz 4b Satz 1 soll widerrufen werden, wenn

1.
der Ausländer nicht bereit war oder nicht mehr bereit ist, im Strafverfahren auszusagen,
2.
die Angaben des Ausländers, auf die in § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 1 oder Absatz 4b Satz 2 Nummer 1 Bezug genommen wird, nach Mitteilung der Staatsanwaltschaft oder des Strafgerichts mit hinreichender Wahrscheinlichkeit als falsch anzusehen sind oder
3.
der Ausländer auf Grund sonstiger Umstände nicht mehr die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 25 Absatz 4a oder Absatz 4b erfüllt.
Eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 soll auch dann widerrufen werden, wenn der Ausländer freiwillig wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.

(6) Eine Aufenthaltserlaubnis nach § 38a soll widerrufen werden, wenn der Ausländer seine Rechtsstellung als langfristig Aufenthaltsberechtigter in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verliert.

(7) (weggefallen)

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.
der Lebensunterhalt gesichert ist,
1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,
2.
kein Ausweisungsinteresse besteht,
3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und
4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und
2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.

(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 23. Februar 2005 - 7 K 181/05 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die fristgerecht erhobene und begründete sowie inhaltlich den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechende Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 23.02.2005 ist zulässig, aber unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat es zu Recht abgelehnt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den mit Verfügung der Antragsgegnerin vom 08.12.2004 unter Anordnung des Sofortvollzugs erfolgten Widerruf seiner unbefristeten Aufenthaltserlaubnis sowie gegen die in dem Bescheid enthaltene Abschiebungsandrohung wiederherzustellen bzw. anzuordnen. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seinem Beschwerdevorbringen, auf dessen Überprüfung der Senat beschränkt ist (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), ohne Erfolg
Auch nach Auffassung des Senats gebührt bei der im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Aufenthaltsbeendigung nach Widerruf der dem Antragsteller asylbedingt nach § 68 Abs. 1 AsylVfG a.F. erteilten unbefristeten Aufenthaltserlaubnis der Vorrang vor dem privaten Interesse des Antragstellers, vom Vollzug der angefochtenen Verfügung vorläufig verschont zu bleiben.
1. Der nach bestandskräftigem Widerruf der Asylanerkennung des Antragstellers, eines 1984 geborenen serbisch-montenegrinischen Staatsangehörigen albanischer Volkszugehörigkeit aus dem Kosovo, erfolgte Widerruf der ihm asylbedingt erteilten unbefristeten Aufenthaltserlaubnis ist aller Voraussicht nach rechtmäßig.
a) Ist wie im vorliegenden Fall der erforderliche Widerspruchsbescheid noch nicht ergangen, so ist für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung - wie im übrigen auch für die Abwägung der widerstreitenden Interessen - auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO abzustellen (vgl. § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO; s. dazu auch Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 4. Aufl., Rdnr. 870, und Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, 3. Aufl., § 80 Rn. 97, jeweils m.w.N.). Dies hat zur Folge, dass der Widerruf der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis des Antragstellers nach § 52 Abs. 1 Nr. 4 des zum 01.01.2005 in Kraft getretenen Aufenthaltsgesetzes (vgl. Art. 15 Abs. 3 1. HS des Zuwanderungsgesetzes vom 30.07.2004, BGBl. I,   S. 1945 ff.). zu beurteilen ist; diese Vorschrift entspricht inhaltlich dem von der Antragsgegnerin zu Grunde gelegten § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG.
b) Nach § 52 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG kann der Aufenthaltstitel des Ausländers widerrufen werden, wenn seine Anerkennung als Asylberechtigter oder seine Rechtsstellung als Flüchtling erlischt oder unwirksam wird. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschrift sind unstreitig erfüllt, nachdem das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) wegen der seit der Asylanerkennung veränderten Situation im Kosovo mit bestandskräftigem Bescheid vom 02.03.2004 die Anerkennung des Antragstellers als Asylberechtigter und die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, widerrufen hat.
c) Der Widerruf der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis stand damit im Ermessen der Antragsgegnerin. Dieses Ermessen dürfte die Antragsgegnerin rechtfehlerfrei ausgeübt haben.
aa) Das Verwaltungsgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass ein Widerruf nach § 52 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG nicht deshalb ausscheidet, weil der Antragsteller unabhängig von seiner entfallenen Asylberechtigung aus anderen Rechtsgründen einen Anspruch auf ein dem entzogenen Recht gleichwertiges Aufenthaltsrecht hat, die Behörde mithin unzulässiger Weise einen Aufenthaltstitel widerrufen hätte, den sie sogleich wieder erteilen müsste (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 20.02.2003 - 1 C 13/02 -, BVerwGE 117, 380 ff.).
Ein solches asylunabhängiges Aufenthaltsrecht ergibt sich entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht aus § 35 Abs. 1 Satz 2 AufenthG (früher § 26 Abs. 1 Satz 2 AuslG). Zum einen scheidet, wie bereits das Verwaltungsgericht im einzelnen ausgeführt hat, ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 35 Abs. 1 Satz 2 AufenthG deshalb aus, weil diese Bestimmung voraussetzt, dass der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis „nach diesem Abschnitt“, d.h. nach Abschnitt 6 des Aufenthaltsgesetzes („Aufenthalt aus familiären Gründen“) besitzt. Diese Voraussetzungen erfüllt der Antragsteller jedoch nicht, weil er nicht im Wege des Familiennachzugs, sondern - gemeinsam mit seiner Mutter - als Asylbewerber in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist und eine Aufenthaltserlaubnis ausschließlich wegen seiner Anerkennung als Asylberechtigter erhalten hat. Zum anderen wäre der Erwerb eines Anspruchs aus § 35 Abs. 1 Satz 2 AufenthG unter Berücksichtigung der Zeiten des erlaubten Aufenthalts auf Grund der Asylanerkennung selbst asylbedingt und unterläge dem Widerruf; er kann daher dem Widerruf der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis nach § 52 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG nicht entgegenstehen (vgl. dazu im einzelnen BVerwG, Urteil vom 20.02.2003, a.a.O., zur vergleichbaren Situation bei möglichen Ansprüchen aus § 24 Abs. 1 AuslG bzw. 27 Abs. 2 AuslG). Es kommt daher nicht darauf an, ob die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 35 Abs. 1 Satz 2 AufenthG auch deshalb ausscheidet, weil ein auf dem persönlichen Verhalten des Antragstellers beruhender Ausweisungsgrund (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AufenthG, früher § 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AuslG) vorliegt, ob § 35 Abs. 3 Nr. 2 AufenthG (früher § 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AuslG) insoweit eine Spezialregelung darstellt und ob § 35 Abs. 3 Satz 2 AufenthG (früher § 26 Abs. 3 Satz 2 AuslG) in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen wäre.
bb) Entgegen der Auffassung des - im Zeitpunkt der Widerrufsentscheidung 18 Jahre alten - Antragstellers ist auch nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin bei der Widerrufsentscheidung nicht berücksichtigt hat, ob der Antragsteller sich im Falle einer Ausweisung auf besondere Ausweisungsschutzvorschriften, insbesondere auf einen besonderen Ausweisungsschutz für Heranwachsende (d.h. für Personen zwischen 18 und 21 Jahren, vgl. § 1 Abs. 2 JGG), berufen könnte.
10 
(1) Zwar konnte nach § 48 Abs. 2 Satz 2 AuslG ein Heranwachsender, der im Bundesgebiet aufgewachsen ist und mit seinen Eltern in häuslicher Gemeinschaft lebt, nur nach Maßgabe des § 47 Abs. 1 und 2 Nr. 1 und Abs. 3 AuslG (dessen Voraussetzungen hier nicht vorliegen) ausgewiesen werden. Diese Regelung ist in das für die Widerrufsentscheidung nunmehr maßgebliche Aufenthaltsgesetz aber nicht aufgenommen worden, da der Gesetzgeber keinen Grund dafür gesehen hat, einen Heranwachsenden, der mit seinen Eltern in häuslicher Gemeinschaft lebt, gegenüber anderen Heranwachsenden zu privilegieren (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs zu § 56 AufenthG, BTDrucks 15/420). Der Gesetzgeber hat damit ersichtlich dem auch vom Verwaltungsgericht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hervorgehobenen Gesichtspunkt Rechnung getragen, dass volljährige Kinder aufenthaltsrechtlich grundsätzlich selbständig zu behandeln sind, weil zwischen ihnen und ihren Eltern (anders als bei Minderjährigen) regelmäßig eine bloße Begegnungsgemeinschaft besteht.
11 
Nachdem der Antragsteller sich auf § 48 Abs. 2 Satz 2 AuslG nicht mehr berufen kann, bedarf die Frage, ob diese Vorschrift im Widerrufsverfahren hätte berücksichtigt werden müssen, keiner weiteren Klärung.
12 
(2) Spezieller Ausweisungsschutz für Heranwachsende besteht nach dem Aufenthaltsgesetz nur noch bei Vorliegen der Voraussetzungen von § 56 Abs. 2 Satz 1 AufenthG und führt lediglich dazu, dass in den Fällen der §§ 53 und 54 AufenthG (d.h. bei Vorliegen eines Ist- oder Regelausweisungstatbestandes) immer nur eine Ermessensausweisung zulässig ist. Im Unterschied zum Ausweisungsschutz für Heranwachsende nach dem Ausländergesetz kommt aber die Ausweisung eines Heranwachsenden bei allen Ausweisungstatbeständen der §§ 53, 54 und 55 AufenthG in Betracht. Selbst wenn man also von der Anwendbarkeit der Ausweisungsschutzvorschriften für Heranwachsende im Widerrufsverfahren ausgehen wollte, stünden diese im Falle des Klägers einem Widerruf der Aufenthaltserlaubnis nicht zwingend entgegen entgegen.
13 
(3) Soweit das Beschwerdevorbringen des Antragstellers im Hinblick auf die von ihm in Bezug genommene Entscheidung des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25.09.2003 (- 11 K 4484/02 -, InfAuslR 2004, 74 ff.) so zu verstehen sein sollte, dass bei der Ermessensentscheidung über den Widerruf einer   asylbedingt erteilten unbefristeten Aufenthaltserlaubnis nach § 52 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG generell die Vorschriften über den besonderen Ausweisungsschutz „wertend heranzuziehen“ seien, so kann dem nicht gefolgt werden.
14 
Dass die Ausländerbehörde bei der Ausübung des ihr nach § 52 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG eröffneten Widerrufsermessens in der Regel nicht zu berücksichtigen hat, ob der Ausländer auf Grund der nunmehr in § 56 AufenthG zusammengefassten besonderen Ausweisungsschutzvorschriften ausgewiesen werden könnte, ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte und dem Sinn und Zweck der Regelung über den Widerruf einer asylbedingt erteilten unbefristeten Aufenthaltserlaubnis.
15 
Nach dem Ausländergesetz 1965 führte der Widerruf der Asylberechtigung bereits kraft Gesetzes zum Erlöschen der Aufenthaltserlaubnis und der Aufenthaltsberechtigung (§ 9 Abs. 1 AuslG 1965). Wie sich aus der Begründung des Gesetzentwurfs zu § 43 Abs. 1 AuslG 1990 (BTDrucks 11/6321, S. 71) ergibt, wollte der Gesetzgeber mit der damaligen Neuregelung, die im wesentlichen unverändert in das Aufenthaltsgesetz übernommen wurde, lediglich diese gesetzliche Erlöschensautomatik durch die Widerrufsmöglichkeit, die eine Würdigung der Umstände des Einzelfalles erlaubt, ersetzen, um mitunter sachlich nicht gerechtfertigte Ergebnisse zu vermeiden, insbesondere bei langjährigem rechtmäßigen Aufenthalt und wirtschaftlichem Lebensmittelpunkt im Bundesgebiet. Insbesondere sollte der Bestand des Aufenthaltsrechts möglichst nicht an Voraussetzungen geknüpft werden, auf die der Ausländer im Einzelfall keinen Einfluss hat. An der Möglichkeit, jeden aufgrund der Asylanerkennung erworbenen Aufenthaltsstatus zu widerrufen, sollte dabei nichts geändert werden. Mit der Zwischenschaltung einer ausländerbehördlichen Ermessensentscheidung wollte der Gesetzgeber ersichtlich nicht davon abweichen, dass der Wegfall der Asylberechtigung oder der Flüchtlingseigenschaft grundsätzlich auch eine Beendigung des darauf beruhenden Aufenthalts nach sich zieht. Dem entspricht auch der an den Fortbestand der politischen Verfolgungssituation im Herkunftsland geknüpfte Charakter des Asylrechts (vgl. § 73 Abs. 1 AsylVfG). Der Gesetzgeber hat das der Ausländerbehörde in § 52 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG (bzw. früher § 43 Abs. 1 Nr. 4AuslG) eingeräumte Ermessen dabei nicht an bestimmte Vorgaben geknüpft, sondern insoweit einen weiten Spielraum eröffnet. Die Behörde darf danach grundsätzlich davon ausgehen, dass in den Fällen des § 52 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG in der Regel ein gewichtiges öffentliches Interesse an dem Widerruf der Aufenthaltsgenehmigung besteht. Bei ihrer Ermessensausübung muss die Ausländerbehörde allerdings sämtliche Umstände des Einzelfalles und damit auch die schutzwürdigen Belange des Ausländers an einem weiteren Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland in den Blick nehmen, wie sie beispielhaft für die Aufenthaltsbeendigung durch Ermessensausweisung in § 55 Abs. 3 AufenthG (früher § 45 Abs. 2 AuslG) aufgeführt sind. Dazu gehören nach § 55 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG (früher § 45 Abs. 2 Nr. 1 AuslG) insbesondere die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts und die schutzwürdigen persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen des Ausländers im Bundesgebiet (vgl. zum Ganzen grundsätzlich BVerwG, Urteil vom 20.02.2003, a.a.O., zu § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG).
16 
Zieht nach dem Gesagten der Wegfall der Asylberechtigung oder der Flüchtlingseigenschaft insbesondere im Hinblick auf den Charakter des Asylrechts grundsätzlich auch eine Beendigung des darauf beruhenden Aufenthalts nach sich, ergeben sich daraus grundlegende Unterschiede zwischen einer Aufenthaltsbeendigung durch Widerruf einer asylbedingt erteilten Aufenthaltserlaubnis und der Beendigung eines bestehenden Aufenthaltsrechts durch Ausweisung.
17 
Im Fall der Aufenthaltsgewährung nach Asylanerkennung oder Feststellung der Flüchtlingseigenschaft ist das Aufenthaltsrecht - wenn es auch unbefristet erteilt wird - von Anfang an mit der gesetzlich vorgesehenen und tatbestandsmäßig nicht beschränkten Widerrufsmöglichkeit nach § 52 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG (bzw. davor § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG) „belastet“. Nach Widerruf der Asylanerkennung oder der Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, der im übrigen seinerseits Beschränkungen unterliegt (vgl. § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG), liegt es grundsätzlich im überwiegenden öffentlichen Interesse, das auf dem Zufluchtsgedanken beruhende Aufenthaltsrecht zu beenden, es sei denn, die Aufenthaltsbeendigung erweise sich wegen schutzwürdiger privater Belange des Ausländers als ermessensfehlerhaft. Zu den in diesem Zusammenhang besonders zu berücksichtigenden Gesichtspunkten gehören neben der Aufenthaltsdauer insbesondere die vom Ausländer erbrachten Integrationsleistungen (vgl. auch Kanein/Renner, Ausländerrecht, 6. Aufl., § 43 AuslG Rn. 9). Demgegenüber wird durch die Ausweisung gerade in den Fällen, in denen Ausweisungsschutz nach § 56 AufenthG besteht, in eine ansonsten besonders schutzwürdige Aufenthaltsposition eingegriffen und diese durch Ausweisung beendet (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG). Vor diesem Hintergrund haben die besonderen Ausweisungsschutzvorschriften, die die Ausweisung im Hinblick auf die privilegierte aufenthaltsrechtliche Position des Ausländers erschweren, ihren Sinn. Soweit besonderer Aufenthaltsschutz aus der Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts erwächst, ist darüber hinaus zu bedenken, dass bei Asylberechtigten oder anerkannten Flüchtlingen auch dieser Aufenthalt seinerseits i.d.R. asylbedingt ist. Schließlich ist es auch grundsätzlich unzulässig, die für eine bestimmte Problemlage getroffenen Regelungen auf die Regelungen für eine andere Problemlage zu übertragen, wobei es keinen Unterschied machen dürfte, dass im konkreten Fall sowohl die Aufenthaltsbeendigung durch Widerruf einer asylbedingt erteilten Aufenthaltserlaubnis als auch die Ausweisungsvorschriften im gleichen Abschnitt des Aufenthaltsgesetzes geregelt sind (vgl. dazu auch BVerwG vom 20.02.2003, a.a.O.).
18 
Eine andere rechtliche Beurteilung ergibt sich im vorliegenden Fall auch nicht aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.07.2002 ( - 1 C 8/02 -, BVerwGE 116, 378 ff.), wonach der besondere Ausweisungsschutz für Minderjährige nach § 48 Abs. 2 Satz 1 AuslG (vgl. jetzt § 56 Abs. 2 Sätze 1 und 2 AufenthG) auch im Rahmen einer nach § 21 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 17 Abs. 5 AuslG (vgl. jetzt § 34 Abs. 1 i.V.m. §§ 8 Abs. 1, 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG) zu treffenden Entscheidung über die Versagung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis eines Minderjährigen zu beachten ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat in der genannten Entscheidung ausdrücklich betont, von dem Grundsatz, dass im Ausländerrecht die für eine bestimmte Problemlage getroffene Regelung nicht auf andere Problemlagen übertragen werden könne, sei in dem zu entscheidenden Fall - ausnahmsweise - deshalb abzuweichen, weil zum einen bei der Beendigung des rechtmäßigen Aufenthalts durch Versagung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis und durch Ausweisung   eine vergleichbare Interessen- und Abwägungslage gegeben und zum anderen bei minderjährigen Ausländern der verfassungsrechtliche Schutzauftrag aus Art. 6 GG zu beachten sei.
19 
Eine der Ausweisungsentscheidung vergleichbare Interessen- und Abwägungslage dürfte beim Widerruf der Aufenthaltserlaubnis nach Wegfall der Asylberechtigung oder der Flüchtlingseigenschaft aus den o.g. Gründen nicht bestehen. Ob gleichwohl im Hinblick auf die Schutzwirkungen des Art. 6 GG oder Art. 8 EMRK bei Minderjährigen die besonderen Ausweisungsschutzvorschriften bei der Ausübung des Widerrufsermessens ausnahmsweise zu berücksichtigen sind oder die Minderjährigkeit eines Ausländers nach erfolgtem Widerruf nur ggf. zu einem rechtlichen Abschiebungshindernis führt, kann im vorliegenden Fall offen bleiben, da der Antragsteller volljährig ist.
20 
cc) Entgegen der Auffassung des Antragstellers dürften die Ermessenserwägungen der Antragsgegnerin auch im übrigen nicht zu beanstanden sein. Die Antragsgegnerin hat in ihre Erwägungen die Dauer des Aufenthalts des Antragstellers und seine schutzwürdigen Bindungen im Bundesgebiet eingestellt und gewürdigt. Es ist dabei nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin keine dem Widerruf der Aufenthaltserlaubnis entgegenstehenden besonders schützenswerten familiären Bindungen angenommen hat, da - worauf auch das Verwaltungsgericht hingewiesen hat - der Kläger volljährig ist und Anhaltspunkte für eine über eine bloße Begegnungsgemeinschaft hinausgehende Beziehung zu den Eltern nicht erkennbar sind. Zu Recht ist die Antragsgegnerin davon ausgegangen, dass der Antragsteller, der nach Aktenlage jeweils nur kurzzeitigen Beschäftigungen nachgegangen ist, sich weder in wirtschaftlicher noch in sozialer Hinsicht in die Verhältnisse der Bundesrepublik integriert hat. Die Antragsgegnerin hat sich auch entsprechend den Maßgaben des Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 20.02.2003, a.a.O.) inhaltlich mit den vom Antragsteller begangenen Straftaten auseinander gesetzt und diese im Hinblick auf deren zeitliche Abfolge, deren Gewicht und deren Aussagekraft für die vom Antragsteller ausgehenden Gefahr weiterer Straftaten gewürdigt. Danach ist der Antragsteller seit dem ersten aktenkundigen (noch als Kind begangenen) Ladendiebstahl bis zur Widerrufsentscheidung der Antragsgegnerin kontinuierlich und in einer Vielzahl von Fällen strafrechtlich in Erscheinung getreten. Wegen mehrerer Diebstahlsdelikte, u.a. wegen Diebstahls in einem besonders schweren Fall, sowie wegen gefährlicher Körperverletzung wurden dem Antragsteller Arbeitsauflagen erteilt bzw. es wurden Freizeitarreste sowie Jugendarrest verhängt, ohne dass diese Maßnahmen ihn von der Begehung weitere Straftaten abgehalten hätten. Die letzte aktenkundig gewordene Straftat ist ein Ladendiebstahl vom 24.01.2004 (eingestellt gemäß §§ 45 Abs. 1 und 2, 47 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 JGG), den der Antragsteller beging, nachdem er vom Regierungspräsidium Freiburg bereits zu einer eventuellen Ausweisung angehört worden war. Die Lebenssituation des Antragstellers ist insgesamt von Perspektiv- und Orientierungslosigkeit gekennzeichnet. Die Feststellung der Antragsgegnerin, es deute nichts darauf hin, dass der Antragsteller künftig von weiteren Straftaten absehen werde, ist vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden.
21 
2. Im Ergebnis zu Recht hat das Verwaltungsgericht bei der im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung auch dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Aufenthaltsbeendigung nach Widerruf der dem Antragsteller asylbedingt erteilten unbefristeten Aufenthaltserlaubnis den Vorrang eingeräumt vor dem privaten Interesse des Antragstellers, vom Vollzug der angefochtenen Verfügung vorläufig verschont zu bleiben.
22 
a) Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats muss zwar das öffentliche Interesse an der Anordnung der sofortigen Vollziehung des Widerrufs einer Aufenthaltserlaubnis nach § 52 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG (= § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG), der durch Beendigung eines Aufenthaltsrechts gravierend in Schicksal und Lebensplanung des Ausländers eingreift, über das allgemeine Interesse an dieser Maßnahme hinausgehen (vgl. Senatsbeschluss vom 11.02.2005 - 11 S 1170/04 - ). Die Dringlichkeit einer Vollziehung ergibt sich dabei nicht schon daraus, dass diese Maßnahme ohne die Anordnung der sofortigen Vollziehung von vornherein ihren Zweck verfehlt. Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass die Widerrufsentscheidung - ebenso wie die nachträgliche zeitliche Beschränkung einer Aufenthaltsgenehmigung nach § 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG ( = § 12 Abs. 2 Satz 2 AuslG) - ungeachtet der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs wirksam bleibt (§ 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG = § 72 Abs. 2 Satz 1 AuslG) und schon dadurch ihren zuwanderungsbegrenzenden Zweck (Verhinderung weiterer rechtserheblicher Integration) weitgehend erfüllt. Daraus folgt, dass es eines über die (selbst offensichtliche) Rechtmäßigkeit des Widerrufs hinausgehenden sofortigen Vollzugsinteresses bedarf, das im Einzelfall und nach gegenwärtiger Rechtslage einen dringenden Handlungsbedarf voraussetzt. Einen solchen Handlungsbedarf hatte der Senat in dem dem Beschluss vom 11.02.2005 zugrunde liegenden Fall, in dem die von der Widerrufsentscheidung betroffenen Ausländer nicht straffällig geworden waren, sondern sozial angepasst und unauffällig in der Bundesrepublik lebten, verneint.
23 
b) Anders sind jedoch die Verhältnisse im vorliegenden Fall zu beurteilen. Der Antragsteller ist seit 1995 kontinuierlich strafrechtlich in Erscheinung getreten, so dass die Antragsgegnerin zu Recht von einer konkreten Wiederholungsgefahr ausgehen konnte. Die bisherigen Straftaten des Antragstellers waren auch von nicht unerheblichem Gewicht. Wie die Antragsgegnerin in ihrer Begründung zur Anordnung des Sofortvollzugs zu Recht festgestellt hat, besteht daher ohne diese Anordnung die Gefahr, dass der Antragsteller in dem - auch bei größtmöglicher Beschleunigung des Widerspruchs- und des sich ggf. anschließenden Klage- und Rechtsmittelverfahrens erheblichen -Zeitraum bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung weitere Verstöße gegen das Eigentum und die körperliche Integrität anderer begeht. Damit liegt ein besonderes, über das Interesse an der Aufenthaltsbeendigung nach Wegfall der asylbedingten Aufenthaltserlaubnis hinausgehendes öffentliches Vollzugsinteresse vor, welches das private Interesse des Antragstellers, von den Vollzugsfolgen vorläufig verschont zu bleiben, überwiegt und auch für die Ausländerbehörde einen entsprechenden Handlungsbedarf begründet. Dem steht nicht entgegen, dass der Widerruf der asylbedingt erteilten Aufenthaltserlaubnis nach § 52 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG selbst nicht der Gefahrenabwehr dient (vgl. Senatsbeschluss vom 11.02.2005, a.aO.). Das in den Regelfällen des § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO geforderte besondere, am allgemeinen Wohl orientierte öffentliche Interesse ist ein qualitativ anderes Interesse als das für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Interesse. Ob ein solch besonderes öffentliches Sofortvollzugsinteresse vorliegt, ist durch Abwägung aller für die sofortige Vollziehung sprechenden Gründe zu ermitteln (vgl.    Finkelnburg/Jank, a.a.O., Rn. 733 f. m.w.N.).
24 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
25 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG. Dabei war auch für das vorläufige Rechtsschutzverfahren der volle Auffangstreitwert von 5.000,-- EUR anzusetzen, da Gegenstand des Verfahrens der Verlust eines bisher innegehabten Aufenthaltsrechts ist.
26 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 08. Oktober 2002 - 5 K 4277/01 - ist insoweit, d.h. hinsichtlich der Ziff. 3 der Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.10.2001 (Abschiebungsandrohung), unwirksam.

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart, soweit die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache nicht übereinstimmend für erledigt erklärt haben, geändert. Die Klage wird, soweit sie nach den Erledigungserklärungen noch anhängig ist, abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen seine Ausweisung und die Abschiebungsandrohung.
Der am 12.08.1979 in Berlin geborene ledige Kläger besitzt die türkische Staatsangehörigkeit. Seine Schulausbildung schloss der Kläger mit dem Hauptschulabschluss ab. Anschließend besuchte er eine Fachschule für Nachrichtentechnik, die er nach einem Jahr mit einem Abgangszeugnis verließ. Im Jahre 1998 begann der Kläger mit einer Ausbildung zum Fahrradmechaniker, die er aber bereits nach einem Monat wieder abbrach. Anschließend war er arbeitslos, eine im September 1999 begonnene Tätigkeit als Lüftungsmonteur übte er lediglich für zweieinhalb Monate aus. Dann war er in Teilzeit als Spüler in einem Restaurant und schließlich als Maler im Rahmen eines Arbeitsprojekts der Sozialberatung tätig. Der Vater des Klägers ist im Jahr 1995 verstorben. Am 15.08.1995 erteilte das Landeseinwohneramt Berlin dem Kläger eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Im Sommer 1999 verließ der Kläger mit dem Ziel, sein Leben in einer neuen Umgebung zu stabilisieren, die Wohnung seiner Mutter in Berlin und lebte für mehrere Monate bei seiner Tante in Stuttgart. Ende 1999 zogen auch seine Mutter und sein Bruder nach Stuttgart und lebten wieder mit dem Kläger in einer Wohnung zusammen.
Strafrechtlich trat der Kläger wie folgt in Erscheinung:
1. Urteil des Amtsgerichts - Jugendgericht - Berlin-Tiergarten vom 08.12.1997: 3 Tage Jugendarrest wegen Körperverletzung;
2. Strafbefehl des Amtsgerichts Tiergarten vom 27.07.1998: Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu je 15 DM wegen Diebstahls geringwertiger Sachen;
3. Urteil des Amtsgerichts - Jugendgericht - Tiergarten vom 14.12.1998: Jugendstrafe von 6 Monaten wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung, wobei die Vollstreckung der Strafe auf 3 Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde;
4. Urteil des Amtsgerichts - Jugendschöffengericht - Tiergarten vom 19.05.1999: Jugendstrafe von 18 Monaten wegen gemeinschaftlichen Diebstahls geringwertiger Sachen sowie wegen Diebstahls in einem besonders schweren Fall in 6 Fällen, davon in einem Fall lediglich versucht, unter Einbeziehung von Ziff. 4); die Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung wurde zunächst für die Dauer von 6 Monaten zurückgestellt und schließlich mit Beschluss vom 28.03.2000 gewährt;
5. Urteil des Amtsgerichts Stuttgart - Jugendschöffengericht - vom 14.09.2000: Unter Einbeziehung des Urteils vom 19.05.1999 Jugendstrafe von 1 Jahr und 10 Monaten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen. Die vom Kläger gegen dieses Urteil eingelegte Berufung verwarf das Landgericht Stuttgart mit Urteil vom 09.01.2001. Tattage waren der 05.02. und der 14.02.2000.
Mit Schreiben vom 20.12.1999 setzte die Stadt Stuttgart den Kläger davon in Kenntnis, dass im Hinblick auf die von ihm begangenen Straftaten seine Ausweisung geprüft werde, und gab ihm Gelegenheit zur Stellungnahme.
10 
Am 29.11.2000 wurde der Kläger von der Polizei einer Personenkontrolle unterzogen. Bei ihm wurden 1,9 Gramm Marihuana gefunden, welches er in einem in seiner Unterhose versteckten Tütchen bei sich führte.
11 
Am 09.04.2001 trat der Kläger seine Haftstrafe in der Justizvollzugsanstalt Adelsheim an. Am 19.04.2002 wurde der Kläger aus der Haft wieder entlassen.
12 
Mit Schreiben vom 24.09.2001 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Kläger darauf hin, dass im Hinblick auf seine Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Straftat nach dem Betäubungsmittelgesetz seine Ausweisung in Betracht komme, und gab ihm Gelegenheit zur Stellungnahme. Im Hinblick auf die angekündigte Ausweisung machte der Kläger geltend, dass er erstmals wegen Betäubungsmitteldelikten verurteilt worden sei und es sich zudem um die weiche Droge Marihuana gehandelt habe. Angesichts der Verurteilung von weit unter zwei Jahren sei eine Ausweisung unverhältnismäßig.
13 
Mit Verfügung vom 01.10.2001 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Kläger aus dem Bundesgebiet unter Anordnung des Sofortvollzugs aus und drohte ihm ohne Setzung einer Frist zur freiwilligen Ausreise die Abschiebung in die Türkei oder in einen anderen Staat an, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei. Zur Begründung wies das Regierungspräsidium darauf hin, dass der Kläger die Voraussetzungen des § 47 Abs. 2 Nr. 2 AuslG erfülle. Er genieße jedoch besonderen Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AuslG. Der geahndete Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz stelle einen schwerwiegenden Ausweisungsanlass dar. Auch das Strafgericht sei von einer denkbar ungünstigen Zukunftsprognose ausgegangen. Angesichts des Umstandes, dass sich der Kläger auch durch zwei Bewährungsappelle nicht von der Begehung weiterer Straftaten habe abhalten lassen, sei auch in Zukunft mit weiteren Straftaten zu rechnen. Auch sei die Ausweisung aus generalpräventiven Gründen gerechtfertigt. Die Stützung der Ausweisung auf generalpräventive Gründe sei auch nicht nach den Bestimmungen des Assoziationsratsbeschlusses 1/80 unzulässig. Die Ausweisung des Klägers sei auch aus spezialpräventiven Erwägungen erfolgt. Er habe zum Zeitpunkt seines Haftantritts in einem Arbeitsverhältnis gestanden; das von der Sozialberatung getragene Beschäftigungsprojekt habe aber noch nicht die für eine diesbezügliche Rechtsposition erforderliche Eingliederung in den vorhandenen Arbeitsmarkt vermittelt. Nach § 47 Abs. 3 Satz 2 AuslG werde die Regelausweisung zu einer Ermessensausweisung herabgestuft. Das öffentliche Interesse an einer Ausweisung des Klägers gehe aber seinem privaten Interesse an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet vor. Der Kläger habe durch sein strafrechtlich relevantes Verhalten gezeigt, dass er nicht gewillt sei, sich künftig straffrei zu führen. Auch habe sich der Kläger nicht in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert. Weder im gesellschaftlichen noch im sozialen Bereich noch in beruflicher Hinsicht habe der Kläger Fuß gefasst. Auch ein Ortswechsel von Berlin nach Stuttgart habe nicht zu einer Verbesserung geführt. Er habe weder eine Berufsausbildung zu Ende gebracht noch sei er kontinuierlich einer geregelten Erwerbstätigkeit nachgegangen. Als Angehöriger der zweiten Generation von im Bundesgebiet lebenden Ausländern sei er wohl zweisprachig aufgewachsen. Dadurch seien ihm die kulturellen und gesellschaftlichen Gepflogenheiten seines Heimatlandes nicht gänzlich fremd. Auch sei ihm angesichts seines Alters ein Neubeginn in seinem Heimatland möglich. Das Zusammenleben mit seiner Mutter und seinem Bruder in familiärer Lebensgemeinschaft habe ihn nicht von Straftaten abgehalten. Art. 3 des Europäischen Niederlassungsabkommens stehe der Ausweisung des Klägers nicht entgegen. Vor seiner Inhaftierung sei der Kläger zwar im Rahmen eines Arbeitsprojekts der Sozialberatung tätig gewesen. Diese Rechtsposition im Sinne von Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 habe er durch seine Inhaftierung wieder verloren. Auch sei eine Berufung auf Art. 6 ARB 1/80 ausgeschlossen, wenn Art. 14 ARB 1/80 eingreife. Die Ausweisung des Klägers aus dem Bundesgebiet habe aber ordnungsrechtlichen Charakter. Deshalb könne dahingestellt bleiben, ob der Kläger die tatbestandlichen Voraussetzungen der Privilegierung in Art. 6 und 7 ARB 1/80 erfülle. Die Ausweisung sei auch nicht nach Art. 8 EMRK unzulässig. Die im Ausländergesetz eröffnete Möglichkeit der Ausweisung aus schwerwiegenden Gründen erfülle die Voraussetzungen von Art. 8 Abs. 2 EMRK. Durch die für sofort vollziehbar erklärte Ausweisung erlösche die ihm erteilte unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Damit sei der Kläger auch vollziehbar ausreisepflichtig. Da der Kläger in Strafhaft einsitze, bedürfe es nach § 50 Abs. 5 AuslG keiner Fristsetzung.
14 
Am 31.10.2001 hat der Kläger Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen: Er habe in der Türkei keine Verwandten mehr. Seine Mutter lebe seit 23 Jahren in der Bundesrepublik Deutschland, sein Vater sei 1995 verstorben. Auch seine Geschwister lebten im Bundesgebiet. Sein Heimatland sei die Bundesrepublik Deutschland und nicht die Türkei. Eine Rückkehr in die Türkei habe für ihn irreversible Folgen. Auch habe seine Familie in der Türkei ihr gesamtes Hab und Gut verkauft. Aus § 48 Abs. 1 Satz 2 AuslG sei zu schließen, dass in den Fällen des § 47 Abs. 2 AuslG nur unter ganz bestimmten Umständen von schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgegangen werden könne. Es sei zu berücksichtigen, dass er nicht mit gefährlichen Drogen wie Kokain oder Heroin, sondern mit der weitaus weniger gefährlichen Droge Haschisch in Berührung gekommen sei.
15 
Mit Beschluss vom 19.03.2002 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart (Az. 5 K 4278/01) die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich der Ausweisung wieder hergestellt und hinsichtlich der Abschiebungsandrohung angeordnet.
16 
Zur Begründung des Antrags auf Klageabweisung hat der Beklagte vorgetragen, dass mit weiteren Straftaten des Klägers zu rechnen sei. Der Kläger sei bereits mehrfach mit dem Gesetz in Konflikt geraten, ohne dass ihn vom Gericht ausgesprochene Bewährungsstrafen letztendlich von neuerlichen Straftaten hätten abhalten können. Dementsprechend bestehe eine konkrete Wiederholungsgefahr.
17 
Mit Urteil vom 08.10.2002 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart die Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.10.2001 aufgehoben. Zur Begründung des Urteils hat es ausgeführt: Die Ausweisung des Klägers sei wegen Verstoßes gegen Art. 8 EMRK rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten. Aus dem Inhalt der Akten und dem Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger faktisch zum Inländer geworden sei, den mit der Türkei außer der Staatsangehörigkeit nichts mehr verbinde. Zwar sei davon auszugehen, dass dem Kläger aufgrund des Zusammenlebens mit seinen Eltern und Geschwistern gewisse soziale und kulturelle Beziehungen zur Türkei vermittelt worden seien. Diese Einflüsse seien aber in der Bundesrepublik deutlich in den Hintergrund gedrängt worden. Eine Übersetzung in das Türkische sei ihm nur bei einfacheren Wörtern möglich gewesen. Die Prägung als faktischer Inländer ergebe sich auch aus seinem intensiven Kontakt im Alter von 11 bis 12 Jahren zu einer deutschen Nachbarin und Arbeitskollegin seiner Mutter sowie deren Sohn in Berlin. Diese Nachbarin sei für den Kläger in der Zeit, in der sich seine Eltern getrennt hätten, eine Ersatzmutter gewesen. Auch sei er außerhalb des häuslichen Bereichs vielfältigen deutschen Einflüssen ausgesetzt gewesen. Die Türkei habe der Kläger lediglich als Urlaubsland während seiner Kindheit kennen gelernt. In der Türkei lebten keine Verwandten des Klägers mehr. Der Kläger sei daher in einem Ausmaß faktisch zum Inländer geworden, dass ihm von vornherein der Weggang aus der Bundesrepublik Deutschland und der Verbleib in der Türkei unzumutbar und daher unverhältnismäßig seien. Sei die Ausweisung rechtswidrig, so sei auch die Abschiebungsandrohung aufzuheben.
18 
Mit Beschluss vom 21.07.2003 hat der Senat die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart zugelassen. Im Hinblick auf die am 19.04.2002 erfolgte Entlassung des Klägers aus der Strafhaft haben die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache hinsichtlich der in der Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.10.2001 in Ziff. 3 ausgesprochenen Abschiebungsandrohung übereinstimmend für erledigt erklärt.
19 
Mit am 04.08.2003 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat der Beklagte beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 08.10.2002 zu ändern und die Klage abzuweisen. Zur Begründung hat der Beklagte auf die Ausführungen im Antrag auf Zulassung der Berufung verwiesen.
20 
Der Beklagte beantragt,
21 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 08. Oktober 2002 - 5 K 4277/01 -, soweit die Hauptsache nicht für erledigt erklärt worden ist, zu ändern und die Klage, soweit sie nach den Erledigungserklärungen noch anhängig ist, abzuweisen.
22 
Der Kläger beantragt,
23 
die Berufung zurückzuweisen, soweit das Verfahren in der Hauptsache nach den übereinstimmenden Erledigungserklärungen noch anhängig ist.
24 
Entgegen der Annahme des Beklagten habe er im Jahr 1996 einen Antrag auf Einbürgerung gestellt. Dieser sei jedoch wegen der langen Verfahrensdauer abgelehnt worden, weil er nach Erteilung der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis Jugendverfehlungen begangen habe. Der Beklagte verkenne, dass er bereits als Kind wesentlich mehr Kontakt zu Deutschen gehabt habe als dies bei vergleichbaren türkischen Staatsangehörigen der zweiten und dritten Generation üblicherweise der Fall sei. Insbesondere habe eine sehr intensive Beziehung zu seiner deutschen "Ersatzmutter" bestanden, die ihn wie einen Sohn betreut habe. Im Ergebnis sei er wegen seiner Beziehungen zu Deutschen ein faktischer Inländer. Nach dem Urteil vom 14.09.2000 habe er keine Straftaten mehr begangen. Die Straftaten habe er sämtlich als Jugendlicher oder Heranwachsender und damit in einer Zeit der Orientierung begangen. Mittlerweile habe er sich jedoch weiterentwickelt und erkennbar stabilisiert. Das Urteil des Verwaltungsgericht Stuttgart entspreche der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 8 EMRK. Im Übrigen verweist der Kläger auf die Begründung des angegriffenen Urteils des Verwaltungsgerichts und seine Ausführungen im Verfahren auf Zulassung der Berufung.
25 
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten, auf die Akten des Verwaltungsgerichts des Klageverfahrens sowie des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens, auf die Ausländerakte sowie auf die Akte des Ausweisungsverfahrens verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
26 
A) Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben (Abschiebungsandrohung, Ziff. 3 der Verfügung vom 01.10.2001), war das Verfahren nach § 125 Abs. 1 Satz 1 und dem entsprechend anzuwendenden § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, das Urteil des Verwaltungsgerichts insoweit für unwirksam zu erklären (§ 173 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 ZPO analog) und nur noch über die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen zu entscheiden (§ 161 Abs. 2 VwGO).
B)
27 
I) Soweit keine Teilerledigung eingetreten ist, ist die vom Senat zugelassene Berufung des Beklagten zulässig.
28 
Der Berufungsschriftsatz des Beklagten vom 01.08.2003 enthält einen bestimmten Antrag (§ 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO). Die Berufungsbegründung genügt auch den inhaltlichen Anforderungen des § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO. Denn die Berufungsbegründung bezeichnet durch die zulässige Bezugnahme auf den Berufungszulassungsantrag mehrere entscheidungserhebliche Fragen und macht hierzu eine von der Vorinstanz abweichende Beurteilung deutlich (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.1998 - 9 C 6.98 -, BVerwGE 107, 117; Beschluss vom 23.09.1999 - 9 B 372.99 -, NVwZ 2000, 67).
29 
II) Die zulässige Berufung des Beklagten ist auch begründet.
30 
Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht Ziff. 1 der Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.10.2001, durch die der Kläger aus dem Bundesgebiet ausgewiesen worden ist, aufgehoben. Denn die Klage des Klägers ist zwar zulässig, aber nicht begründet. Ziff. 1 der Verfügung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
31 
1) In formeller Hinsicht ist die Ausweisungsverfügung des Regierungspräsidiums nicht zu beanstanden.
32 
a) Das Regierungspräsidium Stuttgart war zur Entscheidung über die Ausweisung des Klägers zuständig, da sich der Kläger zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Verfügung auf richterliche Anordnung in Strafhaft befand (§ 7 Abs. 1 Satz 1 AAZuVO). Wegen der Zuständigkeit des Regierungspräsidiums war nach § 6a Satz 1 AGVwGO auch die Durchführung eines Vorverfahrens ausgeschlossen (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Vor Erlass der angefochtenen Verfügung ist der Kläger entsprechend § 28 LVwVfG angehört worden.
33 
b) Ob die Ausgestaltung des Rechtsschutzes, der türkischen Staatsangehörigen gegen eine Ausweisungsverfügung in der Bundesrepublik Deutschland eröffnet ist, denen die Rechtsstellung nach Art. 6 oder 7 des Beschlusses des Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation (ARB 1/80) zukommt, insbesondere den Anforderungen des Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG des Rates vom 25. Februar 1964 zur Koordinierung der Sondervorschriften für die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern, soweit sie aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind, genügt (vgl. zu dieser Frage in Bezug auf einen italienischen Staatsangehörigen, VGH Baden-Württemberg, Urt. v.28.11.2002 - 11 S 1270/02 -), kann hier dahingestellt bleiben. Denn die Richtlinie 64/221/EWG ist auf türkische Staatsangehörige nicht anwendbar. Mit Beschluss vom 18.03.2003 hat der Österreichische Verwaltungsgerichtshof (Zlen. EU 2003/0001, 0002-1-99/21/0018, 2002/21/0067,      und InfAuslR 2003, 217) dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) nach Art. 234 EGV zwar die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die Rechtsschutzgarantien der Art. 8 und 9 der Richtlinie 64/221/EWG auf türkische Staatsangehörige anzuwenden sind, die Rechte nach Art. 6 oder 7 ARB 1/80 genießen. Nach Ansicht des Senats, der nicht nach Art. 234 Abs. 3 EGV zur Vorlage verpflichtet ist, kommt aber eine Anwendung von Bestimmungen der Richtlinie 64/221/EWG auf türkische Staatsangehörige nicht in Betracht (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.09.1998 - 1 C 8.96 -, InfAuslR 1999, 54, 57, zur Frage der Anwendbarkeit von Art. 6 und Art. 7 der Richtlinie 64/221/EWG auf türkische Staatsangehörige).
34 
Die auf Bestimmungen des früheren EWG-Vertrages gestützte Richtlinie gilt nach ihrem Art. 1 Abs. 1 für Staatsangehörige eines Mitgliedstaates, die sich in einem anderen Mitgliedstaat der Gemeinschaft aufhalten oder sich dorthin begeben, um eine selbstständige oder unselbständige Erwerbstätigkeit auszuüben oder um Dienstleistungen entgegenzunehmen. Ziel der Richtlinie ist es, eine möglichst effektive Wahrnehmung der Grundfreiheiten - Freizügigkeit der Arbeitnehmer, Niederlassungsfreiheit und Dienstleistungsfreiheit - durch Staatsangehörige der Mitgliedstaaten und deren Ehegatten und Familienmitglieder zu gewährleisten. Zu diesem Zweck will die Richtlinie z.B. im Bereich der Freizügigkeit von Arbeitnehmern die zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gerechtfertigten Maßnahmen koordinieren, um deren Anwendung mit dem fundamentalen Grundsatz der Freizügigkeit in der Gemeinschaft und mit der Beseitigung jeglicher Diskriminierung zwischen eigenen Staatsangehörigen und den Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten im Anwendungsbereich des Vertrages in Einklang zu bringen (vgl. EuGH, Urt. v. 26.02.1975, Rs. C-67/74, Slg. 297, Rn. 5; Urt. v. 27.10.1977, Rs. C-30/77, Slg. 1999, Rn. 15; Urt. v. 09.11.2000, Rs. C-357/98, Slg. I-9265, Rn. 27). Für Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der Europäischen Union gelten die im EG-Vertrag geregelten Grundfreiheiten, deren Verwirklichung Hauptzweck des EG-Vertrages ist, aber unmittelbar und nicht vorbehaltlich einer Vereinbarung der Vertragsstaaten über ihre Anwendbarkeit. Demgegenüber können sich türkische Staatsangehörige vor Behörden eines Mitgliedstaates der Europäischen Union gerade nicht unmittelbar auf die Grundfreiheiten des EG-Vertrages berufen. Vielmehr erfolgt die schrittweise Herstellung der Grundfreiheit bzw. die schrittweise Beseitigung von Beschränkungen der Grundfreiheiten nach Maßgabe der hierfür von einem gesonderten Assoziationsrat festgelegten Regeln. In Art. 12 des Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei vom 12. September 1963 (BGBl. 1964 II S. 509) haben die damaligen Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und die Republik Türkei vereinbart, sich von den Artikeln 48, 49 und 50 des Vertrages zur Gründung der Gemeinschaft leiten zu lassen, um untereinander die Freizügigkeit der Arbeitnehmer schrittweise herzustellen. In Art. 13 und 14 dieses Abkommens finden sich vergleichbare Vereinbarungen hinsichtlich der Aufhebung von Beschränkungen für die Niederlassungsfreiheit und die Dienstleistungsfreiheit. In Art. 36 des Zusatzprotokolls zum Abkommen vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei für die Übergangsphase der Assoziation (BGBl. 1972 II S. 385 ) ist z.B. hinsichtlich der Freizügigkeit der Arbeitnehmer bestimmt, dass diese Grundfreiheit zwischen den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und der Türkei nach den Grundsätzen des Artikels 12 des Assoziierungsabkommens zwischen dem Ende des zwölften und dem Ende des zweiundzwanzigsten Jahres nach dem Inkrafttreten des genannten Abkommens schrittweise hergestellt wird und der Assoziationsrat die hierfür erforderlichen Regeln festlegt (vgl. z.B. ARB vom 20.12.1976, 2/76; ARB vom 19.09.1980, 1/80). Sowohl zum Zeitpunkt der Zustellung der Verfügung vom 01.10.2001 als auch zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung war der Kläger weder selbständig tätig (vgl. Art. 43 EGV), noch machte er durch seinen seit 1979 andauernden Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland von der Dienstleistungsfreiheit im Sinne von Art. 49 EGV Gebrauch. Es ist anerkannt, dass die Dienstleistungsfreiheit mangels Auslandsbezugs nicht denjenigen Angehörigen eines Mitgliedstaates erfasst, der, wie der Kläger in einem anderen Mitgliedstaat geboren ist und dort seinen Hauptaufenthalt nimmt, um dort für unbestimmte Dauer Dienstleistungen zu empfangen (EuGH, Urt. v. 05.10.1988, Rs. C-196/87, Steymann, Slg. 1988, 6159, Rn. 17; Urt. v. 17.06.1997, Rs. C-70/95, Sodemare, Slg. I-3395, 3435 f., Rn. 38 m.w.Nachw.). Dieser vom EuGH zur Grundfreiheit der Dienstleistungsfreiheit im Sinne des EG-Vertrages entwickelte Grundsatz kann auch für die Bestimmungen des Assoziationsrechts herangezogen werden. Für den Kläger kommt deshalb wegen seiner Erwerbstätigkeiten vor und nach seiner Inhaftierung allein die Grundfreiheit der Freizügigkeit der Arbeitnehmer in Betracht. Nach dem derzeitigen Stand genießen türkische Staatsangehörige aber keine Freizügigkeit innerhalb der Gemeinschaft, sondern haben im jeweiligen Aufnahmemitgliedstaat lediglich bestimmte Rechte, sofern die Voraussetzungen von Art. 6 oder 7 des ARB 1/80 erfüllt sind (vgl. EuGH, Urt. v. 30.09.1997, Rs. C-36/96, Günyadin, InfAuslR 1997, 440, Rn. 21 f. m.w.Nachw.). Erfolgt die Herstellung einer Grundfreiheit bzw. die Beseitigung von Beschränkungen einer Grundfreiheit im Verhältnis zwischen türkischen Staatsangehörigen und Behörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union ungeachtet des Ablaufs der in Art. 36 des Zusatzprotokolls genannten Frist allein nach Maßgabe von Beschlüssen eines besonderen Gremiums (Assoziationsrat), so ist es ausgeschlossen, ohne ausdrückliche Willenskundgebung dieses über die Schritte zur vollständigen Verwirklichung der Grundfreiheiten allein entscheidenden Gremiums sekundärrechtliche Vorschriften des Gemeinschaftsrechts, die der effektiven Wahrnehmung der unmittelbar geltenden Grundfreiheiten durch Staatsangehörige der Mitgliedstaaten gegenüber anderen Mitgliedstaaten dienen, auf das Verhältnis zwischen türkischen Staatsangehörigen und den Mitgliedstaaten der Europäischen Union anzuwenden. Zwar leitet der Europäische Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung aus dem Wortlaut des Art. 12 des Assoziierungsabkommens und des Art. 36 des Zusatzprotokolls sowie aus dem Zweck des ARB 1/80 her, dass die im Rahmen des Art. 39 ff. EGV geltenden Grundsätze soweit wie möglich auf die türkischen Arbeitnehmer, die die im ARB 1/80 eingeräumten Rechte besitzen, übertragen werden sollen (Urt. v. 10.02.2000, Nazli, DVBl 2000, 550, 552, Rn. 54 m.w.Nachw.). Dies gilt aber für die in der Rechtsprechung des EuGH erarbeiteten allgemeinen Grundsätze z.B. zur Rechtmäßigkeit der Beschränkung von Grundfreiheiten und nicht für besondere prozessuale Rechte, die Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Interesse der möglichst effektiven Verwirklichung der ihnen unmittelbar zustehenden Grundfreiheiten erst durch besondere sekundärrechtliche Vorschriften, hier die Richtlinie 64/221/EWG, eingeräumt worden sind. So wendet der EuGH z.B. die von ihm entwickelten Grundsätze zur Rechtmäßigkeit der Beschränkung der Grundfreiheit der Freizügigkeit der Arbeitnehmer nach Art. 39 Abs. 3 EGV auch auf die Ausweisung von türkischen Staatsangehörigen an, die die im ARB 1/80 eingeräumten Rechte besitzen (Urt. v. 10.02.2000, Nazli, DVBl 2000, 550, 552, Rn. 56). Dieses Vorgehen ist aber allein im Hinblick darauf gerechtfertigt, dass die in Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 vorgesehene Ausnahme der öffentlichen Ordnung nahezu denselben Wortlaut hat wie Art. 39 Abs. 3 EGV. Für den Bereich der in der Richtlinie 64/221/EWG geregelten besonderen prozessualen Rechte, die der effektiven Wahrnehmung der Grundfreiheiten durch die Angehörigen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union dienen, findet sich aber gerade keine Entscheidung des Assoziationsrates, die eine Gleichstellung von Unionsangehörigen und türkischen Staatsangehörigen gestattet.
35 
2) Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht erweist sich die Ausweisung als rechtmäßig.
36 
a) Nach innerstaatlichem Ausländerrecht ist die Ausweisung nicht zu beanstanden.
37 
Nach bisheriger ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisung der Zeitpunkt der Bekanntgabe der letzten Behördenentscheidung (BVerwG, Beschl. v. 17.01.1996 - 1 B 3.96 -, InfAuslR 1996, 137 f.; Urt. v. 19.11.1996 - 1 C 6.95 -, BVerwGE 102, 249, 251), hier der Zustellung der Verfügung vom 01.10.2001. Nachträglich eingetretene Umstände können im Rahmen der Entscheidung über die Befristung der Wirkungen der Ausweisung nach § 8 Abs. 2 Satz 3 AuslG berücksichtigt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.02.2002 - 1 C 21.00 -, InfAuslR 2002, 338, 342 m.w.Nachw.).
38 
Durch das Verhalten, das den Gegenstand des rechtskräftigen Urteils des Landgerichts Stuttgart vom 09.01.2001 bildet (Verurteilung wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und zehn Monaten), erfüllt der Kläger die Voraussetzungen der Regel-Ausweisung nach § 47 Abs. 2 Nr. 2 AuslG. Da der Kläger im Bundesgebiet geboren ist und im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis ist, genießt er besonderen Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AuslG, wonach ein Ausländer nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden kann. Derartige Gründe liegen vor, wenn das öffentliche Interesse an der Erhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Vergleich zu dem vom Gesetz bezweckten Schutz des Ausländers vor einer Ausweisung ein deutliches Übergewicht hat. Bei einer Ausweisung aus spezialpräventiven Zwecken sind erforderlich ein Ausweisungsanlass von besonderem Gewicht, das sich bei Straftaten aus ihrer Art, Schwere und Häufigkeit ergibt, sowie konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine schwere Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch neue Verfehlungen des Ausländers ernsthaft droht und damit von ihm eine bedeutsame Gefahr für ein wichtiges Schutzgut ausgeht (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.06.1996 - 1 C 24.94 -, BVerwGE 101, 247, 253 f.; Urt. v. 28.01.1997 - 1 C 17.94 -, NVwZ 1997, 1119; Urt. v. 29.09.1998 - 1 C 8.96 -, InfAuslR 1999, 54; Urt. v. 26.02.2002 - 1 C 21.00 -, InfAuslR 2002, 338). Die Ausweisungsentscheidung des Regierungspräsidiums genügt diesen Anforderungen. Denn die Straftaten des Klägers nach dem Betäubungsmittelgesetz bilden einen ausreichenden Ausweisungsanlass. Das mit dem Urteil des Landgerichts vom 09.01.2001 geahndete strafrechtliche Verhalten ist schwerwiegend. Aus dem Urteil des Landgerichts Stuttgart ist zu entnehmen, dass der Kläger spätestens im September 1999 erstmals mit Cannabis in Kontakt geraten war. Er konsumierte dieses Rauschgift in einem Maße, dass sich bei ausbleibendem Konsum allmählich Schlafprobleme einstellten. Er setzte den Drogenkonsum auch fort, nachdem seine Mutter ebenfalls nach Stuttgart verzogen war und wieder mit dem Kläger zusammen lebte. In nicht unerheblichem Umfang beteiligte sich der Kläger am Straßenhandel mit Cannabis. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Urteils des Amtsgerichts Stuttgart vom 14.09.2000 führte der Kläger bei seiner ersten Verhaftung am 05.02.2000 sieben Kanten Haschisch mit insgesamt 18,4 Gramm (netto) bei sich. Bei der anschließenden Durchsuchung seiner Wohnung wurden 54 kleine Tütchen mit Marihuanablatt-Aufdruck gefunden, die nach der - auch vom Senat geteilten - Einschätzung des Amtsgerichts Stuttgart als Verpackungsmaterial für Rauschgift dienen sollten. Trotz dieser ersten Verhaftung und der anschließenden Durchsuchung seiner Wohnung, bei der die zur Aufbewahrung von Rauschgift dienenden Tütchen gefunden worden waren, setzte der Kläger den Straßenhandel mit Cannabis fort. Denn nur neun Tage später versuchte der Kläger wiederum in Stuttgart 2,8 Gramm (netto) Haschisch an eine verdeckt arbeitende Polizeibeamtin zu verkaufen. Diese Betäubungsmitteldelikte können auch nicht durch den Hinweis auf das jugendliche Alter des Täters relativiert werden. Denn der Kläger war zum Zeitpunkt dieser beiden Taten bereits 20 ½ Jahre alt. Erschwerend kommt hinzu, dass der Kläger diese beiden Straftaten noch in der sogenannten Vorbewährungszeit beging. Im vorangegangenen Urteil des Amtsgerichts Berlin-Tiergarten vom 19.05.1999, durch das der Kläger wegen gemeinschaftlichen Diebstahls geringwertiger Sachen sowie wegen Diebstahls in einem besonders schweren Fall in sechs Fällen, davon in einem Fall lediglich versucht, unter Einbeziehung einer vorherigen Strafe wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von 18 Monaten verurteilt worden war, war dem Kläger noch keine Bewährung gewährt worden. Strafaussetzung zur Bewährung erhielt er erst im Beschluss vom 28.03.2000, wobei dem Amtsgericht Tiergarten die beiden Betäubungsmitteldelikte vom Februar 2000 nicht bekannt waren. Zum Nachteil des Klägers ist auch die im Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 09.01.20001 getroffene tatsächliche Feststellung zu werten, dass der Kläger in der Nacht zum 29.11.2000 - und damit nur zwei Monate nach dem die Bewährung versagenden Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 14.09.2000 - von der Polizei im Stadtgebiet von Stuttgart mit 1,9 Gramm Marihuana angetroffen wurde, welches er in einem in seiner Unterhose versteckten Tütchen bei sich führte. Erschwerend kommt hinzu, dass sich der Kläger auch von einer im Schreiben der Stadt Stuttgart vom 20.12.1999 im Hinblick auf seine bis dahin begangenen Straftaten enthaltenen Androhung der Ausweisung nicht von der Begehung der gravierenden Straftaten gegen das Betäubungsmittelgesetz hat abhalten lassen. Zum Zeitpunkt der Zustellung der Ausweisungsverfügung bestand auch die ernsthafte, nicht nur entfernte Möglichkeit erneuter gravierender Verfehlungen des Klägers. Der Kläger hatte noch nach der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Stuttgart am 14.09.2000 Kontakt zu illegalen Betäubungsmitteln. Auch hatte sich der Kläger durch mehrere Bewährungsstrafen nicht von der Begehung weiterer, erheblicher Straftaten abhalten lassen. Dies rechtfertigte die Einschätzung, dass der Kläger ein großes kriminelles Potential besaß. Der Kläger verfügte auch nicht über eine abgeschlossene Berufsausbildung, die Anlass für die Erwartung bot, er könne seinen notwendigen Lebensunterhalt zukünftig durch eine ordnungsgemäße Erwerbstätigkeit sicherstellen. Obwohl die Wertungen der Strafgerichte hinsichtlich einer Wiederholungsgefahr für die Ausländerbehörden nicht bindend sind, ist im Hinblick auf die hier anzustellende Vorhersage auch zu beachten, dass sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht Stuttgart in ihren Urteilen von einer sehr ungünstigen Prognose ausgegangen sind.
39 
Infolge des besonderen Ausweisungsschutzes wird die Regelausweisung nach § 47 Abs. 2 Nr. 2 AuslG zu einer Ausweisung nach Ermessen herabgestuft (§ 47 Abs. 3 Satz 2 AuslG). Die Ausführungen in der Verfügung lassen aber einen Ermessensfehler (§ 40 LVwVfG) nicht erkennen. Das Regierungspräsidium hat insbesondere die für einen weiteren Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet sprechenden Gesichtspunkte (§ 45 Abs. 2 AuslG), wie z.B. die Geburt und seinen ständigen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet, die fehlenden engen Beziehungen zur Türkei, die zu erwartenden Schwierigkeiten nach einer zwangsweisen Rückkehr in die Türkei und das Zusammenleben mit seiner Mutter und seinem Bruder in familiärer Lebensgemeinschaft, in die Ermessensentscheidung eingestellt. Diesen Gesichtspunkten hat das Regierungspräsidium das öffentliche Interesse an der Verhinderung weiterer Straftaten des Klägers im Bundesgebiet (Spezialprävention) gegenübergestellt. Dass das Regierungspräsidium zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der angefochtenen Verfügung von einem Überwiegen der für eine Ausweisung des Klägers sprechenden öffentlichen Interessen ausgegangen ist, kann auch im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht beanstandet werden.
40 
b) Im Gegensatz zur Ansicht des Verwaltungsgerichts erweist sich die Ausweisung auch im Hinblick auf Art. 8 EMRK als rechtmäßig.
41 
Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK, der in der Bundesrepublik Deutschland infolge des Zustimmungsgesetzes im Rang eines einfachen Bundesgesetzes gilt und an dem Ausweisungen nach §§ 45 ff. AuslG gemessen werden müssen, hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Vorliegend ist die Ausweisung des Klägers als Eingriff im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK gesetzlich vorgesehen (§ 47 Abs. 2 Nr. 2, § 48 Abs.1, § 47 Abs. 3 Satz 2 und § 45 AuslG). Sie dient auch dem berechtigten Ziel der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch die Anordnung der Ausweisung wegen strafbarer Handlungen verurteilter Ausländer. Ferner muss die Maßnahme, um Art. 8 Abs. 2 EMRK zu genügen, notwendig in einer demokratischen Gesellschaft sein. Sie muss einem dringenden sozialen Bedürfnis entsprechen und insbesondere verhältnismäßig zu dem verfolgten legitimen Ziel sein (vgl. EGMR, Urt. v. 27.09.1999, NJW 2000, 2089, 2092, Rn. 87; Urt. v. 31.10.2002, InfAuslR 2003, 126, 128, Rn. 41 m.w.Nachw.). Nach der insoweit maßgeblichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) kommt es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisung im Hinblick auf Art. 8 EMRK nicht auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe der Verfügung, sondern auf den Zeitpunkt an, in dem diese Verfügung vom Gericht bestätigt wird (vgl. Urt. v. 31.10.2002, InfAuslR 2003, 126, 127, Rn. 34 f m.w.Nachw., Rn. 44; Urt. v. 30.11.1999, InfAuslR 2000, 53, Rn. 36). Auch im Hinblick auf diesen Zeitpunkt erweist sich die Ausweisung als verhältnismäßig.
42 
Der inzwischen 24 Jahre alte Kläger ist ledig und hat keine Kinder. Seit seiner Haftentlassung am 19.04.2002 lebt der Kläger wieder bei seiner Mutter und seinem jüngeren Bruder. Vom EGMR wird der Begriff des Familienlebens in Art. 8 Abs. 1 EMRK außerordentlich weit verstanden, so dass auch dieses Zusammenleben von Art. 8 Abs. 1 EMRK erfasst ist. Bei der im Rahmen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gebotenen Abwägung ist aber zu berücksichtigen, dass sich Hinweise auf ein Abhängigkeitsverhältnis des Klägers zu seiner Mutter oder zu seinem Bruder bzw. umgekehrt weder aus den dem Senat vorliegenden Akten noch aus dem Vortrag des Klägers ergeben. Zugunsten des Klägers sind seine Geburt im Bundesgebiet und der ständige rechtmäßige Aufenthalt zu berücksichtigen. Auch hat er 1996 einen Antrag auf Einbürgerung gestellt. Die Beziehungen zu seinem Heimatland sind gering ausgeprägt. Letztmals hielt er sich im Jahr 1996 aus Anlass des einjährigen Todestages seines Vaters für die Dauer einer Woche in der Türkei auf. Allerdings ist davon auszugehen, dass der Kläger noch über ausreichende Kenntnisse der türkischen Sprache verfügt. Denn nach seinen Aussagen in der mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ist in der Familie des Klägers Deutsch und Türkisch gesprochen worden. Auch ist er in Anbetracht seines Alters in der Lage, seine Türkischkenntnisse wenn nötig zu vervollkommnen. Bemühungen des Klägers, aus der türkischen Staatsangehörigkeit entlassen zu werden, ergeben sich weder aus den vorliegenden Akten noch aus dem Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren. Vielmehr hat der Kläger nach seiner Aussage in der Berufungsverhandlung z.B. die Zurückstellung vom Wehrdienst in der Türkei erreicht. Zwar kommt eine Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bei Ausländern in Betracht, die aufgrund ihrer gesamten Entwicklung faktisch zu Inländern geworden sind und denen wegen der Besonderheiten des Falles ein Leben im Staat ihrer Staatsangehörigkeit, zu dem sie keinen Bezug haben, nicht zuzumuten ist. Die Annahme von besonderen Bindungen an die Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland setzt aber eine irreversible Einfügung in die hiesigen Lebensverhältnisse voraus, die beim Kläger nicht festgestellt werden kann. Der Kläger ist ledig und hat keine Kinder. Insbesondere fehlt es an einer dauerhaften Eingliederung in das Berufsleben in der Bundesrepublik Deutschland. Zwar verfügt der Kläger über einen Hauptschulabschluss (1996) und absolvierte auch erfolgreich die einjährige Berufsfachschule (Elektrotechnik). Eine anschließende Ausbildung als Fahrradmechaniker brach der Kläger bereits nach einem Monat ab. Danach war er arbeitslos, eine Tätigkeit als Lüftungsmonteur übte der Kläger lediglich für zweieinhalb Monate aus. Dann war er in Teilzeit als Spüler in einem Restaurant und anschließend als Maler im Rahmen eines Arbeitsprojekts der Sozialberatung tätig. Während der bis zum 19.04.2002 andauernden Haft hat der Kläger keine weitere Schulausbildung oder Berufsausbildung durchlaufen. Im Dezember 2002 begann er eine Ausbildung als Maler, die jedoch nach sechs Monaten wiederum endete. Bei einer Zeitarbeitsfirma ist der Kläger seit seiner Haftentlassung nur gelegentlich tätig, sofern diese selbst entsprechende Aufträge hat. Bemühungen des Klägers um einen Ausbildungsplatz waren erfolglos.
43 
Der Schwere der vom Ausländer begangenen Straftaten kommt nach dem EGMR für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der Ausweisung besondere Bedeutung zu. In der Rechtsprechung des EGMR wird hinsichtlich des Gewichts der für eine Ausweisung sprechenden Gründe bei Straftaten im Zusammenhang mit Betäubungsmitteln insbesondere danach unterschieden, ob es um den bloßen Besitz/Gebrauch von Drogen geht oder um den Handel mit Betäubungsmitteln (vgl. z.B. Urt. v. 13.02.2001, InfAuslR 2001, 480, Rn. 34; Urt. v. 30.11.1999, InfAuslR 2000, 53; Urt. v. 19.02.1998, InfAuslR 1998, 201). Auch in Anbetracht der wegen des Fehlens eines persönlichen Abhängigkeitsverhältnisses zwischen dem bereits 24 Jahre alten Kläger und seiner Mutter bzw. seinem Bruder geringeren Schutzwürdigkeit des Familienlebens des Klägers im Sinne von Art. 8 Abs. 1 EMRK kommt dem Umstand, dass er wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt worden ist, maßgebliche Bedeutung zu. Wiederum ist zu berücksichtigen, dass der Kläger bei diesen Straftaten mit ganz erheblicher krimineller Energie vorgegangen ist. Er hat sich weder von vorherigen Verurteilungen zu Bewährungsstrafen, noch von einer noch ausstehenden Entscheidung über die Einräumung einer Bewährung, noch von einer erstmaligen Verhaftung wegen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und einer anschließenden Wohnungsdurchsuchung, die Hinweise auf eine ganz erhebliche Beteiligung am illegalen Drogenhandel ergeben hatte, noch von der ihm bereits im Dezember 1999 im Hinblick auf die bis dahin abgeurteilten Straftaten angedrohten Ausweisung aus dem Bundesgebiet von einer Fortsetzung seiner Drogengeschäfte abhalten lassen. Auch nach seiner Haftentlassung ist dem Kläger bisher insbesondere keine Verbesserung seiner beruflichen Situation gelungen, die Anlass zu der Annahme geben könnte, er werde seine erhebliche kriminelle Energie zurückdrängen und seinen Lebensunterhalt zukünftig durch eine ordnungsgemäße Erwerbstätigkeit sicherstellen können.
44 
c) Auch im Hinblick auf Art. 3 Abs. 3 des Europäischen Niederlassungsabkommens (BGBl. 1959 II, S. 997, ENA) erweist sich die Ausweisung des Klägers als rechtmäßig. Danach dürfen Staatsangehörige eines Vertragsstaates, die, wie der Kläger, seit mehr als zehn Jahren ihren ordnungsgemäßen Aufenthalt im Gebiet eines Vertragsstaates haben, nur aus Gründen der Sicherheit des Staates, oder wenn die übrigen in Absatz 1 aufgeführten Gründe besonders schwerwiegend sind, ausgewiesen werden. Im Hinblick auf den für die Ausweisung des Klägers danach erforderlichen besonders schwerwiegenden Verstoß gegen die öffentliche Ordnung kann auf die vorstehenden Ausführungen zu den schwerwiegenden Gründen im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 1 AuslG verwiesen werden. Denn die Voraussetzungen im Sinne von Art. 3 Abs. 3 ENA entsprechen denen der schwerwiegenden Gründe im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 AuslG (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.12.1999 - 1 C 13.99 -, BVerwGE 110, 140; Urt. v. 11.06.1996 - 1 C 24.94 -, BVerwGE 101, 247, 262 f.; Urt. v. 26.02.2002 - 1 C 21.00 -, InfAuslR 2002, 338).
45 
Art. 7 des Niederlassungsabkommens zwischen dem Deutschen Reich und der Türkischen Republik vom 12. Januar 1927 (RGBl II S. 76), das im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei angewendet wird (BGBl II 1952 S. 608), begründet ebenfalls keinen besonderen Ausweisungsschutz. Denn nach dieser Vertragsvorschrift sind Ausweisungen als Einzelmaßnahmen gemäß den Gesetzen der Vertragsstaaten zulässig (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.09.1998 - 1 C 8.96 -, InfAuslR 1999, 54, 58 m.w.Nachw.).
46 
d) Die Vorschriften des ARB 1/80 stehen der Ausweisung des Klägers ebenfalls nicht entgegen. Zwar erscheint es sehr zweifelhaft, ob der Kläger die Voraussetzungen des Art. 6 ARB 1/80 erfüllt. Näher liegt die Heranziehung von Art. 7 ARB 1/80. Jedenfalls ist die Ausweisung des Klägers auch nach Maßgabe von Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 zulässig, wonach der Abschnitt 1 des ARB 1/80 vorbehaltlich der Beschränkungen gilt, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigt sind. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist diese Ausnahme ebenso auszulegen wie die des Art. 39 Abs. 3 EGV (vgl. Urt. v. 10.02.2000, Nazli, NVwZ 2000, 1029, Rn. 56). Danach ist eine Ausweisung zum Zweck der Generalprävention mit Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 unvereinbar und eine Ausweisung deshalb nur zulässig, wenn das persönliche Verhalten des betreffenden Ausländers auf die konkrete Gefahr von weiteren schweren Störungen der öffentlichen Ordnung hindeutet und damit eine Gefährdung vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (EuGH, Urt. v. 10.02.2000, a.a.O., Rn. 61 ff.; Urt. v. 19.01.1999, Calfa, EuZW 1999, 345, Rn. 22-27). Auch im Hinblick auf diese Grundsätze begegnet die Ausweisung des Klägers keinen rechtlichen Bedenken. Denn diese ist nicht ausschließlich generalpräventiv begründet worden, sondern ist vom Regierungspräsidium in erster Linie im Hinblick auf die berechtigte Annahme verfügt worden, der Kläger werde wegen seiner in den abgeurteilten Taten zum Ausdruck kommenden erheblichen kriminellen Energie weitere Straftaten begehen. Auch insoweit kann auf die Darlegungen zu den schwerwiegenden Gründen im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 1 AuslG verwiesen werden.
47 
Hinsichtlich des nicht übereinstimmend für erledigt erklärten Teils folgt die Kostenentscheidung aus § 154 Abs. 1 VwGO.
48 
Auch die hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils des Verfahrens (Abschiebungsandrohung) nach § 161 Abs. 2 VwGO zu treffende Entscheidung führt zur Kostentragung des Klägers. Denn der Kläger wäre voraussichtlich auch mit seiner Klage gegen die Abschiebungsandrohung in Ziff. 3 der Verfügung des Regierungspräsidiums unterlegen.
49 
Der nicht zur Vorlage nach Art. 234 Abs. 3 EG-Vertrag verpflichtete Senat sieht in Bezug auf die sich hinsichtlich der Richtlinie 64/221/EWG stellenden Fragen von einer Vorlage an den EuGH ab. Die Rechtssache hat aber grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), so dass die Revision zuzulassen ist. Hierdurch wird im Interesse der Einheit der nationalen Rechtsprechung vor der Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH die Ausschöpfung des innerstaatlichen Instanzenzugs ermöglicht.
50 
Die in diesem Urteil enthaltene Kostenentscheidung nach § 161 Abs. 2 VwGO ist unanfechtbar (§ 158 Abs. 2 VwGO). Im Übrigen gilt folgende

Gründe

 
26 
A) Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben (Abschiebungsandrohung, Ziff. 3 der Verfügung vom 01.10.2001), war das Verfahren nach § 125 Abs. 1 Satz 1 und dem entsprechend anzuwendenden § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, das Urteil des Verwaltungsgerichts insoweit für unwirksam zu erklären (§ 173 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 ZPO analog) und nur noch über die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen zu entscheiden (§ 161 Abs. 2 VwGO).
B)
27 
I) Soweit keine Teilerledigung eingetreten ist, ist die vom Senat zugelassene Berufung des Beklagten zulässig.
28 
Der Berufungsschriftsatz des Beklagten vom 01.08.2003 enthält einen bestimmten Antrag (§ 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO). Die Berufungsbegründung genügt auch den inhaltlichen Anforderungen des § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO. Denn die Berufungsbegründung bezeichnet durch die zulässige Bezugnahme auf den Berufungszulassungsantrag mehrere entscheidungserhebliche Fragen und macht hierzu eine von der Vorinstanz abweichende Beurteilung deutlich (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.1998 - 9 C 6.98 -, BVerwGE 107, 117; Beschluss vom 23.09.1999 - 9 B 372.99 -, NVwZ 2000, 67).
29 
II) Die zulässige Berufung des Beklagten ist auch begründet.
30 
Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht Ziff. 1 der Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.10.2001, durch die der Kläger aus dem Bundesgebiet ausgewiesen worden ist, aufgehoben. Denn die Klage des Klägers ist zwar zulässig, aber nicht begründet. Ziff. 1 der Verfügung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
31 
1) In formeller Hinsicht ist die Ausweisungsverfügung des Regierungspräsidiums nicht zu beanstanden.
32 
a) Das Regierungspräsidium Stuttgart war zur Entscheidung über die Ausweisung des Klägers zuständig, da sich der Kläger zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Verfügung auf richterliche Anordnung in Strafhaft befand (§ 7 Abs. 1 Satz 1 AAZuVO). Wegen der Zuständigkeit des Regierungspräsidiums war nach § 6a Satz 1 AGVwGO auch die Durchführung eines Vorverfahrens ausgeschlossen (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Vor Erlass der angefochtenen Verfügung ist der Kläger entsprechend § 28 LVwVfG angehört worden.
33 
b) Ob die Ausgestaltung des Rechtsschutzes, der türkischen Staatsangehörigen gegen eine Ausweisungsverfügung in der Bundesrepublik Deutschland eröffnet ist, denen die Rechtsstellung nach Art. 6 oder 7 des Beschlusses des Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation (ARB 1/80) zukommt, insbesondere den Anforderungen des Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG des Rates vom 25. Februar 1964 zur Koordinierung der Sondervorschriften für die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern, soweit sie aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind, genügt (vgl. zu dieser Frage in Bezug auf einen italienischen Staatsangehörigen, VGH Baden-Württemberg, Urt. v.28.11.2002 - 11 S 1270/02 -), kann hier dahingestellt bleiben. Denn die Richtlinie 64/221/EWG ist auf türkische Staatsangehörige nicht anwendbar. Mit Beschluss vom 18.03.2003 hat der Österreichische Verwaltungsgerichtshof (Zlen. EU 2003/0001, 0002-1-99/21/0018, 2002/21/0067,      und InfAuslR 2003, 217) dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) nach Art. 234 EGV zwar die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die Rechtsschutzgarantien der Art. 8 und 9 der Richtlinie 64/221/EWG auf türkische Staatsangehörige anzuwenden sind, die Rechte nach Art. 6 oder 7 ARB 1/80 genießen. Nach Ansicht des Senats, der nicht nach Art. 234 Abs. 3 EGV zur Vorlage verpflichtet ist, kommt aber eine Anwendung von Bestimmungen der Richtlinie 64/221/EWG auf türkische Staatsangehörige nicht in Betracht (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.09.1998 - 1 C 8.96 -, InfAuslR 1999, 54, 57, zur Frage der Anwendbarkeit von Art. 6 und Art. 7 der Richtlinie 64/221/EWG auf türkische Staatsangehörige).
34 
Die auf Bestimmungen des früheren EWG-Vertrages gestützte Richtlinie gilt nach ihrem Art. 1 Abs. 1 für Staatsangehörige eines Mitgliedstaates, die sich in einem anderen Mitgliedstaat der Gemeinschaft aufhalten oder sich dorthin begeben, um eine selbstständige oder unselbständige Erwerbstätigkeit auszuüben oder um Dienstleistungen entgegenzunehmen. Ziel der Richtlinie ist es, eine möglichst effektive Wahrnehmung der Grundfreiheiten - Freizügigkeit der Arbeitnehmer, Niederlassungsfreiheit und Dienstleistungsfreiheit - durch Staatsangehörige der Mitgliedstaaten und deren Ehegatten und Familienmitglieder zu gewährleisten. Zu diesem Zweck will die Richtlinie z.B. im Bereich der Freizügigkeit von Arbeitnehmern die zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gerechtfertigten Maßnahmen koordinieren, um deren Anwendung mit dem fundamentalen Grundsatz der Freizügigkeit in der Gemeinschaft und mit der Beseitigung jeglicher Diskriminierung zwischen eigenen Staatsangehörigen und den Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten im Anwendungsbereich des Vertrages in Einklang zu bringen (vgl. EuGH, Urt. v. 26.02.1975, Rs. C-67/74, Slg. 297, Rn. 5; Urt. v. 27.10.1977, Rs. C-30/77, Slg. 1999, Rn. 15; Urt. v. 09.11.2000, Rs. C-357/98, Slg. I-9265, Rn. 27). Für Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der Europäischen Union gelten die im EG-Vertrag geregelten Grundfreiheiten, deren Verwirklichung Hauptzweck des EG-Vertrages ist, aber unmittelbar und nicht vorbehaltlich einer Vereinbarung der Vertragsstaaten über ihre Anwendbarkeit. Demgegenüber können sich türkische Staatsangehörige vor Behörden eines Mitgliedstaates der Europäischen Union gerade nicht unmittelbar auf die Grundfreiheiten des EG-Vertrages berufen. Vielmehr erfolgt die schrittweise Herstellung der Grundfreiheit bzw. die schrittweise Beseitigung von Beschränkungen der Grundfreiheiten nach Maßgabe der hierfür von einem gesonderten Assoziationsrat festgelegten Regeln. In Art. 12 des Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei vom 12. September 1963 (BGBl. 1964 II S. 509) haben die damaligen Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und die Republik Türkei vereinbart, sich von den Artikeln 48, 49 und 50 des Vertrages zur Gründung der Gemeinschaft leiten zu lassen, um untereinander die Freizügigkeit der Arbeitnehmer schrittweise herzustellen. In Art. 13 und 14 dieses Abkommens finden sich vergleichbare Vereinbarungen hinsichtlich der Aufhebung von Beschränkungen für die Niederlassungsfreiheit und die Dienstleistungsfreiheit. In Art. 36 des Zusatzprotokolls zum Abkommen vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei für die Übergangsphase der Assoziation (BGBl. 1972 II S. 385 ) ist z.B. hinsichtlich der Freizügigkeit der Arbeitnehmer bestimmt, dass diese Grundfreiheit zwischen den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und der Türkei nach den Grundsätzen des Artikels 12 des Assoziierungsabkommens zwischen dem Ende des zwölften und dem Ende des zweiundzwanzigsten Jahres nach dem Inkrafttreten des genannten Abkommens schrittweise hergestellt wird und der Assoziationsrat die hierfür erforderlichen Regeln festlegt (vgl. z.B. ARB vom 20.12.1976, 2/76; ARB vom 19.09.1980, 1/80). Sowohl zum Zeitpunkt der Zustellung der Verfügung vom 01.10.2001 als auch zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung war der Kläger weder selbständig tätig (vgl. Art. 43 EGV), noch machte er durch seinen seit 1979 andauernden Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland von der Dienstleistungsfreiheit im Sinne von Art. 49 EGV Gebrauch. Es ist anerkannt, dass die Dienstleistungsfreiheit mangels Auslandsbezugs nicht denjenigen Angehörigen eines Mitgliedstaates erfasst, der, wie der Kläger in einem anderen Mitgliedstaat geboren ist und dort seinen Hauptaufenthalt nimmt, um dort für unbestimmte Dauer Dienstleistungen zu empfangen (EuGH, Urt. v. 05.10.1988, Rs. C-196/87, Steymann, Slg. 1988, 6159, Rn. 17; Urt. v. 17.06.1997, Rs. C-70/95, Sodemare, Slg. I-3395, 3435 f., Rn. 38 m.w.Nachw.). Dieser vom EuGH zur Grundfreiheit der Dienstleistungsfreiheit im Sinne des EG-Vertrages entwickelte Grundsatz kann auch für die Bestimmungen des Assoziationsrechts herangezogen werden. Für den Kläger kommt deshalb wegen seiner Erwerbstätigkeiten vor und nach seiner Inhaftierung allein die Grundfreiheit der Freizügigkeit der Arbeitnehmer in Betracht. Nach dem derzeitigen Stand genießen türkische Staatsangehörige aber keine Freizügigkeit innerhalb der Gemeinschaft, sondern haben im jeweiligen Aufnahmemitgliedstaat lediglich bestimmte Rechte, sofern die Voraussetzungen von Art. 6 oder 7 des ARB 1/80 erfüllt sind (vgl. EuGH, Urt. v. 30.09.1997, Rs. C-36/96, Günyadin, InfAuslR 1997, 440, Rn. 21 f. m.w.Nachw.). Erfolgt die Herstellung einer Grundfreiheit bzw. die Beseitigung von Beschränkungen einer Grundfreiheit im Verhältnis zwischen türkischen Staatsangehörigen und Behörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union ungeachtet des Ablaufs der in Art. 36 des Zusatzprotokolls genannten Frist allein nach Maßgabe von Beschlüssen eines besonderen Gremiums (Assoziationsrat), so ist es ausgeschlossen, ohne ausdrückliche Willenskundgebung dieses über die Schritte zur vollständigen Verwirklichung der Grundfreiheiten allein entscheidenden Gremiums sekundärrechtliche Vorschriften des Gemeinschaftsrechts, die der effektiven Wahrnehmung der unmittelbar geltenden Grundfreiheiten durch Staatsangehörige der Mitgliedstaaten gegenüber anderen Mitgliedstaaten dienen, auf das Verhältnis zwischen türkischen Staatsangehörigen und den Mitgliedstaaten der Europäischen Union anzuwenden. Zwar leitet der Europäische Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung aus dem Wortlaut des Art. 12 des Assoziierungsabkommens und des Art. 36 des Zusatzprotokolls sowie aus dem Zweck des ARB 1/80 her, dass die im Rahmen des Art. 39 ff. EGV geltenden Grundsätze soweit wie möglich auf die türkischen Arbeitnehmer, die die im ARB 1/80 eingeräumten Rechte besitzen, übertragen werden sollen (Urt. v. 10.02.2000, Nazli, DVBl 2000, 550, 552, Rn. 54 m.w.Nachw.). Dies gilt aber für die in der Rechtsprechung des EuGH erarbeiteten allgemeinen Grundsätze z.B. zur Rechtmäßigkeit der Beschränkung von Grundfreiheiten und nicht für besondere prozessuale Rechte, die Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Interesse der möglichst effektiven Verwirklichung der ihnen unmittelbar zustehenden Grundfreiheiten erst durch besondere sekundärrechtliche Vorschriften, hier die Richtlinie 64/221/EWG, eingeräumt worden sind. So wendet der EuGH z.B. die von ihm entwickelten Grundsätze zur Rechtmäßigkeit der Beschränkung der Grundfreiheit der Freizügigkeit der Arbeitnehmer nach Art. 39 Abs. 3 EGV auch auf die Ausweisung von türkischen Staatsangehörigen an, die die im ARB 1/80 eingeräumten Rechte besitzen (Urt. v. 10.02.2000, Nazli, DVBl 2000, 550, 552, Rn. 56). Dieses Vorgehen ist aber allein im Hinblick darauf gerechtfertigt, dass die in Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 vorgesehene Ausnahme der öffentlichen Ordnung nahezu denselben Wortlaut hat wie Art. 39 Abs. 3 EGV. Für den Bereich der in der Richtlinie 64/221/EWG geregelten besonderen prozessualen Rechte, die der effektiven Wahrnehmung der Grundfreiheiten durch die Angehörigen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union dienen, findet sich aber gerade keine Entscheidung des Assoziationsrates, die eine Gleichstellung von Unionsangehörigen und türkischen Staatsangehörigen gestattet.
35 
2) Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht erweist sich die Ausweisung als rechtmäßig.
36 
a) Nach innerstaatlichem Ausländerrecht ist die Ausweisung nicht zu beanstanden.
37 
Nach bisheriger ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisung der Zeitpunkt der Bekanntgabe der letzten Behördenentscheidung (BVerwG, Beschl. v. 17.01.1996 - 1 B 3.96 -, InfAuslR 1996, 137 f.; Urt. v. 19.11.1996 - 1 C 6.95 -, BVerwGE 102, 249, 251), hier der Zustellung der Verfügung vom 01.10.2001. Nachträglich eingetretene Umstände können im Rahmen der Entscheidung über die Befristung der Wirkungen der Ausweisung nach § 8 Abs. 2 Satz 3 AuslG berücksichtigt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.02.2002 - 1 C 21.00 -, InfAuslR 2002, 338, 342 m.w.Nachw.).
38 
Durch das Verhalten, das den Gegenstand des rechtskräftigen Urteils des Landgerichts Stuttgart vom 09.01.2001 bildet (Verurteilung wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und zehn Monaten), erfüllt der Kläger die Voraussetzungen der Regel-Ausweisung nach § 47 Abs. 2 Nr. 2 AuslG. Da der Kläger im Bundesgebiet geboren ist und im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis ist, genießt er besonderen Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AuslG, wonach ein Ausländer nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden kann. Derartige Gründe liegen vor, wenn das öffentliche Interesse an der Erhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Vergleich zu dem vom Gesetz bezweckten Schutz des Ausländers vor einer Ausweisung ein deutliches Übergewicht hat. Bei einer Ausweisung aus spezialpräventiven Zwecken sind erforderlich ein Ausweisungsanlass von besonderem Gewicht, das sich bei Straftaten aus ihrer Art, Schwere und Häufigkeit ergibt, sowie konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine schwere Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch neue Verfehlungen des Ausländers ernsthaft droht und damit von ihm eine bedeutsame Gefahr für ein wichtiges Schutzgut ausgeht (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.06.1996 - 1 C 24.94 -, BVerwGE 101, 247, 253 f.; Urt. v. 28.01.1997 - 1 C 17.94 -, NVwZ 1997, 1119; Urt. v. 29.09.1998 - 1 C 8.96 -, InfAuslR 1999, 54; Urt. v. 26.02.2002 - 1 C 21.00 -, InfAuslR 2002, 338). Die Ausweisungsentscheidung des Regierungspräsidiums genügt diesen Anforderungen. Denn die Straftaten des Klägers nach dem Betäubungsmittelgesetz bilden einen ausreichenden Ausweisungsanlass. Das mit dem Urteil des Landgerichts vom 09.01.2001 geahndete strafrechtliche Verhalten ist schwerwiegend. Aus dem Urteil des Landgerichts Stuttgart ist zu entnehmen, dass der Kläger spätestens im September 1999 erstmals mit Cannabis in Kontakt geraten war. Er konsumierte dieses Rauschgift in einem Maße, dass sich bei ausbleibendem Konsum allmählich Schlafprobleme einstellten. Er setzte den Drogenkonsum auch fort, nachdem seine Mutter ebenfalls nach Stuttgart verzogen war und wieder mit dem Kläger zusammen lebte. In nicht unerheblichem Umfang beteiligte sich der Kläger am Straßenhandel mit Cannabis. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Urteils des Amtsgerichts Stuttgart vom 14.09.2000 führte der Kläger bei seiner ersten Verhaftung am 05.02.2000 sieben Kanten Haschisch mit insgesamt 18,4 Gramm (netto) bei sich. Bei der anschließenden Durchsuchung seiner Wohnung wurden 54 kleine Tütchen mit Marihuanablatt-Aufdruck gefunden, die nach der - auch vom Senat geteilten - Einschätzung des Amtsgerichts Stuttgart als Verpackungsmaterial für Rauschgift dienen sollten. Trotz dieser ersten Verhaftung und der anschließenden Durchsuchung seiner Wohnung, bei der die zur Aufbewahrung von Rauschgift dienenden Tütchen gefunden worden waren, setzte der Kläger den Straßenhandel mit Cannabis fort. Denn nur neun Tage später versuchte der Kläger wiederum in Stuttgart 2,8 Gramm (netto) Haschisch an eine verdeckt arbeitende Polizeibeamtin zu verkaufen. Diese Betäubungsmitteldelikte können auch nicht durch den Hinweis auf das jugendliche Alter des Täters relativiert werden. Denn der Kläger war zum Zeitpunkt dieser beiden Taten bereits 20 ½ Jahre alt. Erschwerend kommt hinzu, dass der Kläger diese beiden Straftaten noch in der sogenannten Vorbewährungszeit beging. Im vorangegangenen Urteil des Amtsgerichts Berlin-Tiergarten vom 19.05.1999, durch das der Kläger wegen gemeinschaftlichen Diebstahls geringwertiger Sachen sowie wegen Diebstahls in einem besonders schweren Fall in sechs Fällen, davon in einem Fall lediglich versucht, unter Einbeziehung einer vorherigen Strafe wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von 18 Monaten verurteilt worden war, war dem Kläger noch keine Bewährung gewährt worden. Strafaussetzung zur Bewährung erhielt er erst im Beschluss vom 28.03.2000, wobei dem Amtsgericht Tiergarten die beiden Betäubungsmitteldelikte vom Februar 2000 nicht bekannt waren. Zum Nachteil des Klägers ist auch die im Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 09.01.20001 getroffene tatsächliche Feststellung zu werten, dass der Kläger in der Nacht zum 29.11.2000 - und damit nur zwei Monate nach dem die Bewährung versagenden Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 14.09.2000 - von der Polizei im Stadtgebiet von Stuttgart mit 1,9 Gramm Marihuana angetroffen wurde, welches er in einem in seiner Unterhose versteckten Tütchen bei sich führte. Erschwerend kommt hinzu, dass sich der Kläger auch von einer im Schreiben der Stadt Stuttgart vom 20.12.1999 im Hinblick auf seine bis dahin begangenen Straftaten enthaltenen Androhung der Ausweisung nicht von der Begehung der gravierenden Straftaten gegen das Betäubungsmittelgesetz hat abhalten lassen. Zum Zeitpunkt der Zustellung der Ausweisungsverfügung bestand auch die ernsthafte, nicht nur entfernte Möglichkeit erneuter gravierender Verfehlungen des Klägers. Der Kläger hatte noch nach der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Stuttgart am 14.09.2000 Kontakt zu illegalen Betäubungsmitteln. Auch hatte sich der Kläger durch mehrere Bewährungsstrafen nicht von der Begehung weiterer, erheblicher Straftaten abhalten lassen. Dies rechtfertigte die Einschätzung, dass der Kläger ein großes kriminelles Potential besaß. Der Kläger verfügte auch nicht über eine abgeschlossene Berufsausbildung, die Anlass für die Erwartung bot, er könne seinen notwendigen Lebensunterhalt zukünftig durch eine ordnungsgemäße Erwerbstätigkeit sicherstellen. Obwohl die Wertungen der Strafgerichte hinsichtlich einer Wiederholungsgefahr für die Ausländerbehörden nicht bindend sind, ist im Hinblick auf die hier anzustellende Vorhersage auch zu beachten, dass sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht Stuttgart in ihren Urteilen von einer sehr ungünstigen Prognose ausgegangen sind.
39 
Infolge des besonderen Ausweisungsschutzes wird die Regelausweisung nach § 47 Abs. 2 Nr. 2 AuslG zu einer Ausweisung nach Ermessen herabgestuft (§ 47 Abs. 3 Satz 2 AuslG). Die Ausführungen in der Verfügung lassen aber einen Ermessensfehler (§ 40 LVwVfG) nicht erkennen. Das Regierungspräsidium hat insbesondere die für einen weiteren Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet sprechenden Gesichtspunkte (§ 45 Abs. 2 AuslG), wie z.B. die Geburt und seinen ständigen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet, die fehlenden engen Beziehungen zur Türkei, die zu erwartenden Schwierigkeiten nach einer zwangsweisen Rückkehr in die Türkei und das Zusammenleben mit seiner Mutter und seinem Bruder in familiärer Lebensgemeinschaft, in die Ermessensentscheidung eingestellt. Diesen Gesichtspunkten hat das Regierungspräsidium das öffentliche Interesse an der Verhinderung weiterer Straftaten des Klägers im Bundesgebiet (Spezialprävention) gegenübergestellt. Dass das Regierungspräsidium zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der angefochtenen Verfügung von einem Überwiegen der für eine Ausweisung des Klägers sprechenden öffentlichen Interessen ausgegangen ist, kann auch im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht beanstandet werden.
40 
b) Im Gegensatz zur Ansicht des Verwaltungsgerichts erweist sich die Ausweisung auch im Hinblick auf Art. 8 EMRK als rechtmäßig.
41 
Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK, der in der Bundesrepublik Deutschland infolge des Zustimmungsgesetzes im Rang eines einfachen Bundesgesetzes gilt und an dem Ausweisungen nach §§ 45 ff. AuslG gemessen werden müssen, hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Vorliegend ist die Ausweisung des Klägers als Eingriff im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK gesetzlich vorgesehen (§ 47 Abs. 2 Nr. 2, § 48 Abs.1, § 47 Abs. 3 Satz 2 und § 45 AuslG). Sie dient auch dem berechtigten Ziel der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch die Anordnung der Ausweisung wegen strafbarer Handlungen verurteilter Ausländer. Ferner muss die Maßnahme, um Art. 8 Abs. 2 EMRK zu genügen, notwendig in einer demokratischen Gesellschaft sein. Sie muss einem dringenden sozialen Bedürfnis entsprechen und insbesondere verhältnismäßig zu dem verfolgten legitimen Ziel sein (vgl. EGMR, Urt. v. 27.09.1999, NJW 2000, 2089, 2092, Rn. 87; Urt. v. 31.10.2002, InfAuslR 2003, 126, 128, Rn. 41 m.w.Nachw.). Nach der insoweit maßgeblichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) kommt es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisung im Hinblick auf Art. 8 EMRK nicht auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe der Verfügung, sondern auf den Zeitpunkt an, in dem diese Verfügung vom Gericht bestätigt wird (vgl. Urt. v. 31.10.2002, InfAuslR 2003, 126, 127, Rn. 34 f m.w.Nachw., Rn. 44; Urt. v. 30.11.1999, InfAuslR 2000, 53, Rn. 36). Auch im Hinblick auf diesen Zeitpunkt erweist sich die Ausweisung als verhältnismäßig.
42 
Der inzwischen 24 Jahre alte Kläger ist ledig und hat keine Kinder. Seit seiner Haftentlassung am 19.04.2002 lebt der Kläger wieder bei seiner Mutter und seinem jüngeren Bruder. Vom EGMR wird der Begriff des Familienlebens in Art. 8 Abs. 1 EMRK außerordentlich weit verstanden, so dass auch dieses Zusammenleben von Art. 8 Abs. 1 EMRK erfasst ist. Bei der im Rahmen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gebotenen Abwägung ist aber zu berücksichtigen, dass sich Hinweise auf ein Abhängigkeitsverhältnis des Klägers zu seiner Mutter oder zu seinem Bruder bzw. umgekehrt weder aus den dem Senat vorliegenden Akten noch aus dem Vortrag des Klägers ergeben. Zugunsten des Klägers sind seine Geburt im Bundesgebiet und der ständige rechtmäßige Aufenthalt zu berücksichtigen. Auch hat er 1996 einen Antrag auf Einbürgerung gestellt. Die Beziehungen zu seinem Heimatland sind gering ausgeprägt. Letztmals hielt er sich im Jahr 1996 aus Anlass des einjährigen Todestages seines Vaters für die Dauer einer Woche in der Türkei auf. Allerdings ist davon auszugehen, dass der Kläger noch über ausreichende Kenntnisse der türkischen Sprache verfügt. Denn nach seinen Aussagen in der mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ist in der Familie des Klägers Deutsch und Türkisch gesprochen worden. Auch ist er in Anbetracht seines Alters in der Lage, seine Türkischkenntnisse wenn nötig zu vervollkommnen. Bemühungen des Klägers, aus der türkischen Staatsangehörigkeit entlassen zu werden, ergeben sich weder aus den vorliegenden Akten noch aus dem Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren. Vielmehr hat der Kläger nach seiner Aussage in der Berufungsverhandlung z.B. die Zurückstellung vom Wehrdienst in der Türkei erreicht. Zwar kommt eine Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bei Ausländern in Betracht, die aufgrund ihrer gesamten Entwicklung faktisch zu Inländern geworden sind und denen wegen der Besonderheiten des Falles ein Leben im Staat ihrer Staatsangehörigkeit, zu dem sie keinen Bezug haben, nicht zuzumuten ist. Die Annahme von besonderen Bindungen an die Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland setzt aber eine irreversible Einfügung in die hiesigen Lebensverhältnisse voraus, die beim Kläger nicht festgestellt werden kann. Der Kläger ist ledig und hat keine Kinder. Insbesondere fehlt es an einer dauerhaften Eingliederung in das Berufsleben in der Bundesrepublik Deutschland. Zwar verfügt der Kläger über einen Hauptschulabschluss (1996) und absolvierte auch erfolgreich die einjährige Berufsfachschule (Elektrotechnik). Eine anschließende Ausbildung als Fahrradmechaniker brach der Kläger bereits nach einem Monat ab. Danach war er arbeitslos, eine Tätigkeit als Lüftungsmonteur übte der Kläger lediglich für zweieinhalb Monate aus. Dann war er in Teilzeit als Spüler in einem Restaurant und anschließend als Maler im Rahmen eines Arbeitsprojekts der Sozialberatung tätig. Während der bis zum 19.04.2002 andauernden Haft hat der Kläger keine weitere Schulausbildung oder Berufsausbildung durchlaufen. Im Dezember 2002 begann er eine Ausbildung als Maler, die jedoch nach sechs Monaten wiederum endete. Bei einer Zeitarbeitsfirma ist der Kläger seit seiner Haftentlassung nur gelegentlich tätig, sofern diese selbst entsprechende Aufträge hat. Bemühungen des Klägers um einen Ausbildungsplatz waren erfolglos.
43 
Der Schwere der vom Ausländer begangenen Straftaten kommt nach dem EGMR für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der Ausweisung besondere Bedeutung zu. In der Rechtsprechung des EGMR wird hinsichtlich des Gewichts der für eine Ausweisung sprechenden Gründe bei Straftaten im Zusammenhang mit Betäubungsmitteln insbesondere danach unterschieden, ob es um den bloßen Besitz/Gebrauch von Drogen geht oder um den Handel mit Betäubungsmitteln (vgl. z.B. Urt. v. 13.02.2001, InfAuslR 2001, 480, Rn. 34; Urt. v. 30.11.1999, InfAuslR 2000, 53; Urt. v. 19.02.1998, InfAuslR 1998, 201). Auch in Anbetracht der wegen des Fehlens eines persönlichen Abhängigkeitsverhältnisses zwischen dem bereits 24 Jahre alten Kläger und seiner Mutter bzw. seinem Bruder geringeren Schutzwürdigkeit des Familienlebens des Klägers im Sinne von Art. 8 Abs. 1 EMRK kommt dem Umstand, dass er wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt worden ist, maßgebliche Bedeutung zu. Wiederum ist zu berücksichtigen, dass der Kläger bei diesen Straftaten mit ganz erheblicher krimineller Energie vorgegangen ist. Er hat sich weder von vorherigen Verurteilungen zu Bewährungsstrafen, noch von einer noch ausstehenden Entscheidung über die Einräumung einer Bewährung, noch von einer erstmaligen Verhaftung wegen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und einer anschließenden Wohnungsdurchsuchung, die Hinweise auf eine ganz erhebliche Beteiligung am illegalen Drogenhandel ergeben hatte, noch von der ihm bereits im Dezember 1999 im Hinblick auf die bis dahin abgeurteilten Straftaten angedrohten Ausweisung aus dem Bundesgebiet von einer Fortsetzung seiner Drogengeschäfte abhalten lassen. Auch nach seiner Haftentlassung ist dem Kläger bisher insbesondere keine Verbesserung seiner beruflichen Situation gelungen, die Anlass zu der Annahme geben könnte, er werde seine erhebliche kriminelle Energie zurückdrängen und seinen Lebensunterhalt zukünftig durch eine ordnungsgemäße Erwerbstätigkeit sicherstellen können.
44 
c) Auch im Hinblick auf Art. 3 Abs. 3 des Europäischen Niederlassungsabkommens (BGBl. 1959 II, S. 997, ENA) erweist sich die Ausweisung des Klägers als rechtmäßig. Danach dürfen Staatsangehörige eines Vertragsstaates, die, wie der Kläger, seit mehr als zehn Jahren ihren ordnungsgemäßen Aufenthalt im Gebiet eines Vertragsstaates haben, nur aus Gründen der Sicherheit des Staates, oder wenn die übrigen in Absatz 1 aufgeführten Gründe besonders schwerwiegend sind, ausgewiesen werden. Im Hinblick auf den für die Ausweisung des Klägers danach erforderlichen besonders schwerwiegenden Verstoß gegen die öffentliche Ordnung kann auf die vorstehenden Ausführungen zu den schwerwiegenden Gründen im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 1 AuslG verwiesen werden. Denn die Voraussetzungen im Sinne von Art. 3 Abs. 3 ENA entsprechen denen der schwerwiegenden Gründe im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 AuslG (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.12.1999 - 1 C 13.99 -, BVerwGE 110, 140; Urt. v. 11.06.1996 - 1 C 24.94 -, BVerwGE 101, 247, 262 f.; Urt. v. 26.02.2002 - 1 C 21.00 -, InfAuslR 2002, 338).
45 
Art. 7 des Niederlassungsabkommens zwischen dem Deutschen Reich und der Türkischen Republik vom 12. Januar 1927 (RGBl II S. 76), das im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei angewendet wird (BGBl II 1952 S. 608), begründet ebenfalls keinen besonderen Ausweisungsschutz. Denn nach dieser Vertragsvorschrift sind Ausweisungen als Einzelmaßnahmen gemäß den Gesetzen der Vertragsstaaten zulässig (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.09.1998 - 1 C 8.96 -, InfAuslR 1999, 54, 58 m.w.Nachw.).
46 
d) Die Vorschriften des ARB 1/80 stehen der Ausweisung des Klägers ebenfalls nicht entgegen. Zwar erscheint es sehr zweifelhaft, ob der Kläger die Voraussetzungen des Art. 6 ARB 1/80 erfüllt. Näher liegt die Heranziehung von Art. 7 ARB 1/80. Jedenfalls ist die Ausweisung des Klägers auch nach Maßgabe von Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 zulässig, wonach der Abschnitt 1 des ARB 1/80 vorbehaltlich der Beschränkungen gilt, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigt sind. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist diese Ausnahme ebenso auszulegen wie die des Art. 39 Abs. 3 EGV (vgl. Urt. v. 10.02.2000, Nazli, NVwZ 2000, 1029, Rn. 56). Danach ist eine Ausweisung zum Zweck der Generalprävention mit Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 unvereinbar und eine Ausweisung deshalb nur zulässig, wenn das persönliche Verhalten des betreffenden Ausländers auf die konkrete Gefahr von weiteren schweren Störungen der öffentlichen Ordnung hindeutet und damit eine Gefährdung vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (EuGH, Urt. v. 10.02.2000, a.a.O., Rn. 61 ff.; Urt. v. 19.01.1999, Calfa, EuZW 1999, 345, Rn. 22-27). Auch im Hinblick auf diese Grundsätze begegnet die Ausweisung des Klägers keinen rechtlichen Bedenken. Denn diese ist nicht ausschließlich generalpräventiv begründet worden, sondern ist vom Regierungspräsidium in erster Linie im Hinblick auf die berechtigte Annahme verfügt worden, der Kläger werde wegen seiner in den abgeurteilten Taten zum Ausdruck kommenden erheblichen kriminellen Energie weitere Straftaten begehen. Auch insoweit kann auf die Darlegungen zu den schwerwiegenden Gründen im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 1 AuslG verwiesen werden.
47 
Hinsichtlich des nicht übereinstimmend für erledigt erklärten Teils folgt die Kostenentscheidung aus § 154 Abs. 1 VwGO.
48 
Auch die hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils des Verfahrens (Abschiebungsandrohung) nach § 161 Abs. 2 VwGO zu treffende Entscheidung führt zur Kostentragung des Klägers. Denn der Kläger wäre voraussichtlich auch mit seiner Klage gegen die Abschiebungsandrohung in Ziff. 3 der Verfügung des Regierungspräsidiums unterlegen.
49 
Der nicht zur Vorlage nach Art. 234 Abs. 3 EG-Vertrag verpflichtete Senat sieht in Bezug auf die sich hinsichtlich der Richtlinie 64/221/EWG stellenden Fragen von einer Vorlage an den EuGH ab. Die Rechtssache hat aber grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), so dass die Revision zuzulassen ist. Hierdurch wird im Interesse der Einheit der nationalen Rechtsprechung vor der Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH die Ausschöpfung des innerstaatlichen Instanzenzugs ermöglicht.
50 
Die in diesem Urteil enthaltene Kostenentscheidung nach § 161 Abs. 2 VwGO ist unanfechtbar (§ 158 Abs. 2 VwGO). Im Übrigen gilt folgende

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Ausländer ist jeder, der nicht Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes ist.

(2) Erwerbstätigkeit ist die selbständige Tätigkeit, die Beschäftigung im Sinne von § 7 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und die Tätigkeit als Beamter.

(3) Der Lebensunterhalt eines Ausländers ist gesichert, wenn er ihn einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann. Nicht als Inanspruchnahme öffentlicher Mittel gilt der Bezug von:

1.
Kindergeld,
2.
Kinderzuschlag,
3.
Erziehungsgeld,
4.
Elterngeld,
5.
Leistungen der Ausbildungsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch, dem Bundesausbildungsförderungsgesetz und dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz,
6.
öffentlichen Mitteln, die auf Beitragsleistungen beruhen oder die gewährt werden, um den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen und
7.
Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz.
Ist der Ausländer in einer gesetzlichen Krankenversicherung krankenversichert, hat er ausreichenden Krankenversicherungsschutz. Bei der Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug werden Beiträge der Familienangehörigen zum Haushaltseinkommen berücksichtigt. Der Lebensunterhalt gilt für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 16a bis 16c, 16e sowie 16f mit Ausnahme der Teilnehmer an Sprachkursen, die nicht der Studienvorbereitung dienen, als gesichert, wenn der Ausländer über monatliche Mittel in Höhe des monatlichen Bedarfs, der nach den §§ 13 und 13a Abs. 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bestimmt wird, verfügt. Der Lebensunterhalt gilt für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 16d, 16f Absatz 1 für Teilnehmer an Sprachkursen, die nicht der Studienvorbereitung dienen, sowie § 17 als gesichert, wenn Mittel entsprechend Satz 5 zuzüglich eines Aufschlages um 10 Prozent zur Verfügung stehen. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat gibt die Mindestbeträge nach Satz 5 für jedes Kalenderjahr jeweils bis zum 31. August des Vorjahres im Bundesanzeiger bekannt.

(4) Als ausreichender Wohnraum wird nicht mehr gefordert, als für die Unterbringung eines Wohnungssuchenden in einer öffentlich geförderten Sozialmietwohnung genügt. Der Wohnraum ist nicht ausreichend, wenn er den auch für Deutsche geltenden Rechtsvorschriften hinsichtlich Beschaffenheit und Belegung nicht genügt. Kinder bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres werden bei der Berechnung des für die Familienunterbringung ausreichenden Wohnraumes nicht mitgezählt.

(5) Schengen-Staaten sind die Staaten, in denen folgende Rechtsakte in vollem Umfang Anwendung finden:

1.
Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen (ABl. L 239 vom 22.9.2000, S. 19),
2.
die Verordnung (EU) 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) (ABl. L 77 vom 23.3.2016, S. 1) und
3.
die Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft (ABl. L 243 vom 15.9.2009, S. 1).

(6) Vorübergehender Schutz im Sinne dieses Gesetzes ist die Aufenthaltsgewährung in Anwendung der Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 212 S. 12).

(7) Langfristig Aufenthaltsberechtigter ist ein Ausländer, dem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union die Rechtsstellung nach Artikel 2 Buchstabe b der Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (ABl. EU 2004 Nr. L 16 S. 44), die zuletzt durch die Richtlinie 2011/51/EU (ABl. L 132 vom 19.5.2011, S. 1) geändert worden ist, verliehen und nicht entzogen wurde.

(8) Langfristige Aufenthaltsberechtigung – EU ist der einem langfristig Aufenthaltsberechtigten durch einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ausgestellte Aufenthaltstitel nach Artikel 8 der Richtlinie 2003/109/EG.

(9) Einfache deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau A 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (Empfehlungen des Ministerkomitees des Europarates an die Mitgliedstaaten Nr. R (98) 6 vom 17. März 1998 zum Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen – GER).

(10) Hinreichende deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau A 2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

(11) Ausreichende deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

(11a) Gute deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau B2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

(12) Die deutsche Sprache beherrscht ein Ausländer, wenn seine Sprachkenntnisse dem Niveau C 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen entsprechen.

(12a) Eine qualifizierte Berufsausbildung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn es sich um eine Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf handelt, für den nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren festgelegt ist.

(12b) Eine qualifizierte Beschäftigung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn zu ihrer Ausübung Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich sind, die in einem Studium oder einer qualifizierten Berufsausbildung erworben werden.

(12c) Bildungseinrichtungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Ausbildungsbetriebe bei einer betrieblichen Berufsaus- oder Weiterbildung,
2.
Schulen, Hochschulen sowie Einrichtungen der Berufsbildung oder der sonstigen Aus- und Weiterbildung.

(13) International Schutzberechtigter ist ein Ausländer, der internationalen Schutz genießt im Sinne der

1.
Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 304 vom 30.9.2004, S. 12) oder
2.
Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9).

(14) Soweit Artikel 28 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31), der die Inhaftnahme zum Zwecke der Überstellung betrifft, maßgeblich ist, gelten § 62 Absatz 3a für die widerlegliche Vermutung einer Fluchtgefahr im Sinne von Artikel 2 Buchstabe n der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 und § 62 Absatz 3b Nummer 1 bis 5 als objektive Anhaltspunkte für die Annahme einer Fluchtgefahr im Sinne von Artikel 2 Buchstabe n der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 entsprechend; im Anwendungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 bleibt Artikel 28 Absatz 2 im Übrigen maßgeblich. Ferner kann ein Anhaltspunkt für Fluchtgefahr vorliegen, wenn

1.
der Ausländer einen Mitgliedstaat vor Abschluss eines dort laufenden Verfahrens zur Zuständigkeitsbestimmung oder zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz verlassen hat und die Umstände der Feststellung im Bundesgebiet konkret darauf hindeuten, dass er den zuständigen Mitgliedstaat in absehbarer Zeit nicht aufsuchen will,
2.
der Ausländer zuvor mehrfach einen Asylantrag in anderen Mitgliedstaaten als der Bundesrepublik Deutschland im Geltungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 gestellt und den jeweiligen anderen Mitgliedstaat der Asylantragstellung wieder verlassen hat, ohne den Ausgang des dort laufenden Verfahrens zur Zuständigkeitsbestimmung oder zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz abzuwarten.
Die für den Antrag auf Inhaftnahme zum Zwecke der Überstellung zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn
a)
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 oder 2 besteht,
b)
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Überstellungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und
c)
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Überstellungshaft entziehen will.
Der Ausländer ist unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Überstellungshaft vorzuführen. Auf das Verfahren auf Anordnung von Haft zur Überstellung nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 finden die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend Anwendung, soweit das Verfahren in der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 nicht abweichend geregelt ist.

Tenor

Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 11. November 2005 - 4 K 2405/05 - werden zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 12.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die fristgerecht erhobenen und begründeten sowie inhaltlich den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechenden Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 11.11.2005 sind zulässig, haben jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat es im Ergebnis zu Recht abgelehnt, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, vorläufig von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gegenüber den Antragstellern abzusehen. Dagegen wenden sich die Antragsteller mit ihrem Beschwerdevorbringen, auf dessen Überprüfung der Senat beschränkt ist (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), ohne Erfolg.
I.
Die 1955 bzw. 1966 geborenen Antragsteller zu 1. und 2. sowie ihre 1990, 1991 und 1995 geborenen Kinder, die Antragsteller zu 3. - 4., sind serbisch-montenegrinische Staatsangehörige und gehören nach von ihnen vorgelegten Unterlagen der Volksgruppe der Ashkali an. Die Antragsteller zu 1. - 4. stammen aus dem Kosovo und reisten 1993 in die Bundesrepublik Deutschland ein; der Antragsteller zu 5. wurde in Deutschland geboren. Die Asylanträge der Antragsteller sowie mehrere Asylfolgeanträge wurden vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (bzw. jetzt Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) abgelehnt. Bis auf kurze Zeiten des Besitzes von Aufenthaltsgestattungen im Zusammenhang mit der Durchführung von Asylverfahren wurden die Antragsteller geduldet. Derzeit sind die Antragsteller im Besitz von Duldungen, die mit der auflösenden Bedingung „erlischt mit Bekanntgabe des Abschiebetermins“ versehen sind. Mit Schreiben vom 08.08.2005 kündigte das Regierungspräsidium Karlsruhe den Antragstellern die Abschiebung nach Serbien-Montenegro einschließlich des UNMIK-Mandatsgebiets Kosovo an.
Mit Beschluss vom 11.11.2005 lehnte das Verwaltungsgericht Karlsruhe es mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs ab, zur Sicherung eines Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis oder auf Erteilung von Duldungen ohne auflösende Bedingung eine einstweilig Anordnung zu erlassen. Das Verwaltungsgericht begründete seine Entscheidung im wesentlichen und zusammengefasst damit, dass die Antragsteller sich im Hinblick auf die von ihnen vorgetragene Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland nicht darauf berufen könnten, Art. 8 EMRK stehe der Beendigung ihres Aufenthaltes entgegen. Ein Eingriff in das von Art. 8 EMRK geschützte Privat- und Familienleben durch Versagung des Aufenthalts für einen Ausländer setze voraus, dass sein Privat- oder Familienleben in dem betreffenden Land fest verankert sei. Diese Voraussetzung sei in Fällen einer bloßen Duldung nicht erfüllt. Eine Duldung gewähre keinen legalen ordnungsgemäßen Aufenthalt, sondern schütze einen Ausländer, der sich illegal in der Bundesrepublik aufhalte, lediglich vorübergehend vor einer sonst rechtlich zwingend gebotenen Abschiebung und lasse die Ausreisepflicht unberührt.
Dagegen wenden sich die Antragsteller mit der Beschwerde und tragen unter Berufung auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 16.06.2005 (, InfAuslR 2005, 349 ff.) zusammengefasst vor, im Falle des Vorliegens starker persönlicher, sozialer und wirtschaftlicher Kontakte zum Aufnahmestaat stelle Art. 8 EMRK nicht nur ein Abwehrrecht dar, sondern es ergebe sich daraus auch ein Anspruch auf positive Maßnahmen des Aufnahmestaates, etwa ein Recht auf Legalisierung des Aufenthalts. Das Verwaltungsgericht nehme eine Relativierung von Menschenrechten vor, wenn es davon ausgehe, ein rechtlicher Schutz greife nur ein, wenn das Schutzgut auf der Basis eines rechtmäßigen Aufenthalts entstanden sei. Außerdem erwecke die praktische Handhabung des ausländerrechtlichen Regelungsinstruments der Duldung, nämlich die Vergabe von Duldungen über Zeiträume von zehn Jahren und mehr, beim Adressaten das Gefühl der Inhaberschaft eines Aufenthaltstitels und stelle eine verkappte Aufenthaltserlaubnis dar.
II.
Dieses Vorbringen der Antragsteller ist nicht geeignet, ihren Beschwerden zum Erfolg zu verhelfen. Im Ergebnis zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Antragsteller im Hinblick auf Art. 8 EMRK weder einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG noch auf Erteilung von Duldungen (ohne auflösende Bedingung) nach § 60a Abs. 2 AufenthG glaubhaft gemacht haben.
Gemäß § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Gemäß § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG soll die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Ein Ausreisehindernis i.S.d. § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG liegt u.a. dann vor, wenn die Ausreise aus verfassungs- oder völkerrechtlichen Gründen mit Blick auf Art. 6 GG und Art. 8 EMRK unzumutbar und damit rechtlich unmöglich ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006 - 13 S 2220/05 -, VBlBW 2006, 200 ff. m.w.N.; Hess. VGH, Beschluss vom 15.02.2006 - 7 TG 106/06 -, InfAuslR 2006, 217; s. dazu auch Senatsurteil vom 06.04.2005 - 11 S 2779/04 -, VBlBW 2005, S. 356 ff. m.w.N.).
Gemäß § 60a Abs. 2 AufenthG ist die Abschiebung eines Ausländers auszusetzen und ihm eine Duldung zu erteilen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen - u.a. im Hinblick auf Art. 6 GG und Art. 8 EMRK - unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird.
Im vorliegenden Fall sind die Antragsteller auf Grund der unanfechtbaren Ablehnung ihrer Asylanträge zwar vollziehbar ausreisepflichtig. Ihre Ausreise ist jedoch auch unter Beachtung der Gewährleistungen des Art. 8 EMRK nicht rechtlich unmöglich i.S.d. o.g. Vorschriften.
1. Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Art. 8 Abs. 2 EMRK regelt, dass der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft ist, soweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
10 
Da im vorliegenden Fall die Familie nicht getrennt werden soll, sondern vielmehr der gesamten Familie ein Aufenthaltsrecht verweigert wird und alle Familienmitglieder in das Land ihrer Staatsangehörigkeit zurückkehren sollen, scheidet ein Eingriff in das durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte „Familienleben“ von vornherein aus (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006, a.a.O., und Beschluss vom 02.11.2005 - 1 S 3023/04 -, InfAuslR 2006, 70 ff.). In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) ist auch geklärt, dass Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht das Recht gewährt, den Ort zu wählen, der nach Ansicht der Betroffenen am besten geeignet ist, ein Familienleben aufzubauen (Entscheidung vom 07.10.2004 , NVwZ 2005, 1043 ff.).
11 
2. Die Weigerung, den Antragstellern ein Aufenthaltsrecht in Deutschland zu gewähren, kann daher allenfalls einen Eingriff in ihr Recht auf Achtung ihres „Privatlebens“ darstellen. Zum schützenswerten Privatleben gehören die gewachsenen persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Bindungen in dem Staat, in dem der Ausländer geboren oder aufgewachsen ist. Eine den Schutz des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK auslösende Verbindung kann insbesondere für solche Ausländer in Betracht kommen, deren Bindungen an die Bundesrepublik Deutschland auf Grund eines Hineinwachsens in die hiesigen Verhältnisse mit gleichzeitiger Entfremdung von ihrem Heimatland quasi deutschen Staatsangehörigen gleichzustellen sind. Ihre Situation ist dadurch gekennzeichnet, dass die Bundesrepublik Deutschland faktisch das Land ist, zu dem sie gehören, während sie mit ihrem Heimatland nur noch das formale Band ihrer Staatsangehörigkeit verbindet (zum Begriff des „faktischen Inländers“ im Zusammenhang mit dem „Schutz des Familienlebens“ vgl. etwa EGMR, Urteile vom 26.03.1992 , InfAuslR 1994, 86 ff., und vom 26.09.1997 , InfAuslR 1997, 430; s. auch BVerwG, Urteil vom 29.09.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303 ff. , und OVG Schleswig, Urteil vom 23.02.1999 - 4 L 195/98 - ;).
12 
Die - stark kasuistisch geprägte - Rechtsprechung des EGMR zu der Frage, ob ein langjähriger Aufenthalt im Bundesgebiet eine schutzwürdige Position nach Art. 8 Abs. 1 EMRK begründen kann, bezieht sich im wesentlichen auf die Grenzen der Ausweisungskompetenz der Vertragsstaaten bei Personen, die im Staatsgebiet des Vertragsstaates geboren oder in sehr frühem Alter im Wege des Familiennachzugs in dieses eingereist sind (sog. Ausländer der zweiten Generation), einen Aufenthaltstitel erworben haben und als Folge strafrechtlicher Verfehlungen von der Ausweisung bedroht sind (vgl. die Auswertung der Rechtsprechung des EGMR in BVerfG, Kammerbeschluss vom 01.03.2004 - 2 BvR 1570/03 -, InfAuslR 2004, 280 ff.). Während bei diesen Ausländern die Frage zu beurteilen ist, ob sie auf Grund ihres langjährigen rechtmäßigen Aufenthalts und ihrer Sozialisation im Vertragsstaat gegen eine Ausweisung geschützt sind, geht es in Fällen wie dem vorliegenden darum, ob Flüchtlinge, deren Asylanträge erfolglos geblieben sind, deren Abschiebung jedoch über einen sehr langen Zeitraum hinweg nicht durchgesetzt wurde und die auch nicht in den Besitz eines Aufenthaltstitels gelangt sind, aufgrund ihres langjährigen faktischen Aufenthalts im Vertragsstaat und ihres dort erlangten Integrationsgrades gegen aufenthaltsbeendende Maßnahmen geschützt sind und deshalb im Ergebnis einen Anspruch auf Legalisierung ihres Aufenthalts haben.
13 
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteile vom 03.06.1997 - 1 C 18/96 -, NVwZ 1998, 189 ff., und vom 29.03.1996 - 1 C 28/94 -, InfAuslR 1997, 24 ff.). setzt ein Eingriff in die von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten Rechte durch Versagung des Aufenthalts für einen Ausländer grundsätzlich voraus, dass sein Privat- bzw. Familienleben in dem betreffenden Land fest verankert ist und sich nicht auf eine lose Verbindung beschränkt. Hierzu gehört grundsätzlich - als Basis - eine aufenthaltsrechtliche Verankerung. Diese Voraussetzung ist daher in den Fällen bloßer Duldungen, in deren Besitz die Antragsteller sich befinden, regelmäßig nicht erfüllt. Eine Duldung gewährt keinen legalen, ordnungsgemäßen Aufenthalt, sondern schützt den Ausländer lediglich vorübergehend vor einer sonst rechtlich zwingend gebotenen Abschiebung und lässt seine Ausreisepflicht unberührt (vgl. §§ 55 Abs. 1, 56 Abs. 1 AuslG bzw. § 60a Abs. 1 - 3 AufenthG). Sie führt nicht zur Erlangung eines aufenthaltsrechtlichen Status, der berechtigterweise die Erwartung hervorrufen kann, in Deutschland bleiben zu dürfen (vgl. zu diesem Kriterium auch OVG Schleswig, Urteil vom 23.02.1999, a.a.O.). Auch nach der Rechtsprechung des Senats kann grundsätzlich eine aufenthaltsrechtlich erhebliche und insoweit schutzwürdige Eingliederung in die in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Lebensverhältnisse während des Aufenthalts eines Ausländers, der sich nicht rechtmäßig in Deutschland aufhält, nicht erfolgen (vgl. Senatsbeschluss vom 25.09.2003 - 11 S 1795/03 -, InfAuslR 2004, 70 ff.).
14 
Der EGMR hat in seiner grundlegenden Entscheidung zur Bedeutung der EMRK im Rechts des Aufenthalts von Ausländern vom 28.05.1985 (, NJW 1986, 3007 ff.) betont, dass zum einen die Vertragsstaaten im Bereich des nicht klar umrissenen Begriffs der „Achtung“ des Familien- und Privatlebens über einen weiten Ermessensspielraum verfügen und sie zum anderen das Recht haben, die Einwanderung von Personen, die nicht ihre Nationalität haben, in ihr Staatsgebiet zu kontrollieren. In seinen Entscheidungen vom 16.09.2004 (, NVwZ 2005, 1046 ff.) und vom 07.10.2004 (, NVwZ 2005, 1043) hat der EGMR nochmals darauf verwiesen, dass die Konvention nicht das Recht eines Ausländers garantiere, in einen bestimmten Staat einzureisen oder sich dort aufzuhalten oder nicht ausgewiesen zu werden. Die Vertragsstaaten hätten vielmehr nach allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsätzen das Recht, über die Einreise, den Aufenthalt und die Abschiebung fremder Staatsangehöriger zu entscheiden. Auch wenn die Frage, welche rechtliche Qualität ein Aufenthalt haben muss, um Grundlage eines i.S.v. Art. 8 Abs. 1 EMRK schützenswerten Privat- oder Familienlebens sein zu können, in der Rechtsprechung des EGMR soweit ersichtlich noch nicht eindeutig geklärt ist (offen gelassen z. B. im Urteil vom 16.09.2004 , a.a.O.), ist jedenfalls festzuhalten, dass allein ein langdauernder faktischer Aufenthalt auch aus der Sicht des EMRK nicht ausreichend ist. In der o.g. Entscheidung Ghiban heißt es ausdrücklich, Art. 8 Abs. 1 EMRK dürfe nicht so ausgelegt werden, als verbiete er allgemein die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen nur deswegen, weil dieser sich eine bestimmte Zeit im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten habe (im Ergebnis ebenso EGMR vom 07.10.2004 in der Sache Dragan, a.a.O.). In beiden Verfahren hatten sich die Beschwerdeführer zwar viele Jahre in Deutschland aufgehalten, jedoch einen Aufenthaltstitel nicht oder nur für sehr kurze Zeit erlangt. Auf dieses fehlende Aufenthaltsrecht hat der EGMR bei seinen Entscheidungen jeweils maßgeblich abgestellt. Eine rechtsgrundsätzliche Festlegung im Sinne der Entbehrlichkeit eines rechtmäßigen Aufenthalts dürfte auch der Entscheidung des EGMR vom 16.06.2005 (, a.a.O.), nicht zu entnehmen sein. Zwar wird darin ein auf der Grundlage von Art. 8 Abs. 1 EMRK begründeter Anspruch auf dauerhafte Legalisierung des Aufenthalts anerkannt. Der Fall ist indessen von der Besonderheit geprägt, dass die Beschwerdeführer zum einen lange Zeit ordnungsgemäß im Vertragsstaat gewohnt hatten und ihr aufenthaltsrechtlicher Status erst im Anschluss an politische Umwälzungen - die Auflösung der Sowjetunion und die Unabhängigkeit Lettlands - aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit in Frage gestellt worden ist und ihnen zum anderen jedenfalls die rechtliche Möglichkeit eröffnet war, einen befristeten legalen Aufenthaltsstatus zu erlangen. Eine vergleichbare Situation ist bei den Antragstellern nicht gegeben.
15 
b) Selbst wenn man zu Gunsten der Antragsteller davon ausgeht, dass auch ein rechtlich ungesicherter, rein faktischer Aufenthalt im Vertragsstaat eine Grundlage für die Annahme eines schutzwürdigen Privatlebens i.S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK sein kann, ist die daraus folgende Rechtsposition im Rahmen der Schrankenbestimmung des Art. 8 Abs. 2 EMRK gegen das Recht des Vertragsstaates zur Einwanderungskontrolle abzuwägen. Jedenfalls bei der Bewertung der Notwendigkeit, d.h. der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs, hat die rechtliche Natur des Aufenthalts erhebliches Gewicht.
16 
Eine wirksame Einwanderungskontrolle stellt auch nach der Rechtsprechung des EGMR eine Maßnahme dar, die in einer demokratischen Gesellschaft aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung notwendig ist (vgl. Entscheidung vom 16.09.2004 in der Sache Ghiban, a.a.O.). Wie dargelegt, verbietet Art. 8 EMRK die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen nicht allein deswegen, weil er sich eine bestimmte Zeit im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten hat. Vielmehr bedarf es näherer Anhaltspunkte dafür, dass eine Rückkehr nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unzumutbar ist (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.09.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303 ff.). Bei der danach vorzunehmenden umfassenden Abwägung des legitimen staatlichen Interesses auf Gestaltung des Aufenthaltsrechts gegen die aus einer Verwurzelung folgenden schutzwürdigen Belange der Betroffenen spielt u.a. eine Rolle, aus welchen Gründen der Ausländer sich trotz Fehlens eines Aufenthaltsrechts im Bundesgebiet aufhält, ob etwa die Aufenthaltsbeendigung aus von ihm zu vertretenden Gründen (z.B. wegen der Weigerung, an der Beschaffung der erforderlichen Heimreisedokumente mitzuwirken, oder wegen der Durchführung erfolgloser Verfahren zur Erlangung eines Aufenthaltstitels, vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006, a.a.O.) oder aus anderen Gründen (etwa im Hinblick auf eine bestehende Erlasslage) nicht erfolgt ist. Allein der Umstand, dass ein Ausländer als Kind in den Vertragsstaat eingereist und dort aufgewachsen und zur Schule gegangen ist, rechtfertigt noch nicht den Schluss, dass die Rückkehr nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unzumutbar ist (in diesem Sinne siehe EGMR, Entscheidung vom 07.10.2004 in der Sache Dragan, a.a.O., hinsichtlich der dortigen Beschwerdeführer zu 2 und 3). Ein Gesichtspunkt ist neben der Dauer des Aufenthalts auch, ob der Ausländer ein Alter erreicht hat, in dem ihm ein Hineinwachsen in die Lebensumstände des Staates seiner Staatsangehörigkeit in der Regel nicht mehr oder nur unter größten Schwierigkeiten gelingen kann, wobei auch die Sprachkenntnisse des Betroffenen bzw. dessen sprachliche Integrationsfähigkeit im Heimatland in Betracht zu ziehen sind (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006, a.a.O.; OVG Schleswig, Urteil vom 23.02.1999, a.a.O.; siehe zu den einzelnen Gesichtspunkten auch die Nachweise aus der Rechtsprechung des EGMR in BVerfG, Kammerbeschluss vom 01.03.2004, a.a.O., zu dem Problemkreis s. auch Hoppe, Verwurzelung von Ausländern ohne Aufenthaltstitel, ZAR 2006, 125 ff.).)
17 
c) Im Rahmen der gebotenen Gesamtschau ist nach Auffassung des Senats bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs bei minderjährigen Kindern regelmäßig nicht nur deren Integration isoliert in den Blick zu nehmen und festzustellen, inwieweit sie selbst - etwa im Hinblick auf Sprachkenntnisse, Schulbesuch und persönlichen Umgang - in der Bundesrepublik Deutschland verwurzelt sind. Vielmehr kommt auch der Frage Bedeutung zu, in welchem Umfang sich ihre Familie in die bundesdeutschen Lebensverhältnisse integriert hat. Bei dieser familienbezogenen Gesamtbetrachtung sind auch solche Gesichtspunkte berücksichtigungsfähig, welche (etwa im Hinblick auf die unterbliebene Ausreise aus dem Bundesgebiet, die mangelnde wirtschaftliche oder soziale Integration, die Beachtung der bundesdeutschen Rechtsordnung etc.) auf das Verhalten der Eltern zurückzuführen sind (ebenso VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006, a.a.O.). Dafür, dass ein minderjähriges Kind sich das Verhalten seiner Eltern bei der Prüfung, ob der Eingriff in sein Privatleben durch legitime Ziele der Einwanderungskontrolle gerechtfertigt ist, „zurechnen“ lassen muss, sprechen neben der Bezugnahme auf das „Familienleben“ als paralleles Schutzgut des Art. 8 Abs. 1 EMRK auch folgende Erwägungen: Für die Beurteilung der Verwurzelung von minderjährigen Kindern kommt es auch darauf an, inwieweit ihre innerfamiliären Lebensverhältnisse von der nationalen Herkunft der Gesamtfamilie geprägt sind. Darüber hinaus sind bei der für die aufenthaltsrechtliche Entscheidung relevanten Frage, ob eine (Re)Integration in das Land der Staatsangehörigkeit möglich ist, bei der beabsichtigten Rückführung minderjähriger Kinder die Fertigkeiten und möglichen Unterstützungsleistungen der Eltern sowie deren Verbindungen im Heimatland in Rechnung zu stellen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 02.11.2005, a.a.O., und Hess. VGH, Beschluss vom 15.02.2006, a.a.O). Ferner würde ein allein aus der Integration des minderjährigen Kindes hergeleitetes Aufenthaltsrecht dazu führen, dass den Eltern (und im weiteren auch den minderjährigen Geschwistern) ohne nähere Prüfung ihrer Integration unter Bezugnahme auf Art. 6 GG, Art. 8 EMRK in der Regel zumindest Abschiebungsschutz zu gewähren wäre, was einwanderungspolitische Belange der Bundesrepublik Deutschland in ganz erheblichem Maße berühren und zu einer einseitigen Gewichtung der privaten Belange des betroffenen Ausländers führen würde. Auch die Tatsache, dass minderjährige Kinder ihren Lebensunterhalt in der Bundesrepublik Deutschland regelmäßig nicht alleine sichern können, sondern hierfür auf die Unterstützung ihrer Familie angewiesen sind, spricht dafür, deren wirtschaftliche Integration in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen. Die Konzeption des Aufenthaltsgesetzes geht schließlich ebenfalls davon aus, dass minderjährige Kinder grundsätzlich das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern teilen (vgl. § 27 Abs. 1 i.V.m. §§ 29 Abs. 1 - 4, 32 Abs. 1 und 3, 34 AufenthG). Erst volljährige Kinder sind aufenthaltsrechtlich grundsätzlich selbständig zu behandeln, weil zwischen ihnen und ihren Eltern - anders als bei Minderjährigen - regelmäßig keine Beistands-, sondern eine bloße Begegnungsgemeinschaft besteht.
18 
An dieser rechtlichen Beurteilung ändert sich in dem hier maßgeblichen Zusammenhang grundsätzlich auch nichts dadurch, dass das Aufenthaltsgesetz für Kinder nach Vollendung des 16. Lebensjahres unter bestimmten Umständen ein selbständiges Aufenthaltsrecht vorsieht (vgl. § 35 Abs. 1 AufenthG). § 35 Abs. 1 AufenthG schafft einen privilegierten Erwerbstatbestand für nachgezogene Kinder von Ausländern, die zum Zeitpunkt der Vollendung ihres 16. Lebensjahres mindestens fünf Jahre im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis sind, die zum Zwecke des Familiennachzuges nach § 27 AufenthG - welcher seinerseits grundsätzlich ein Aufenthaltsrecht der Eltern bzw. des sorgeberechtigten Elternteils voraussetzt, vgl. § 32 AufenthG - erteilt worden ist (s. Hailbronner, AuslR, § 35 Rn. 3 und 5 AufenthG). Aus dieser gesetzlichen Regelung lassen sich für die hier vorliegende Fallkonstellation, in der weder das minderjährige Kind noch dessen Eltern über eine Aufenthaltserlaubnis verfügen bzw. verfügt haben, keine vergleichbaren Rechte herleiten. Gleiches gilt für die Regelung in § 37 AufenthG, der Ausländern unter bestimmten Umständen ein Recht auf Wiederkehr gewährt, wenn der entsprechende Antrag nach Vollendung des 15. und vor Vollendung des 21. Lebensjahres gestellt wird. Auch diese Vorschrift setzt voraus, dass der Ausländer als Minderjähriger rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hatte und geht grundsätzlich von einer mindestens achtjährigen rechtmäßigen Aufenthaltsdauer aus.
19 
Ergänzend sei darauf hingewiesen, das auch sonst bei Abschiebungshindernissen von Kindern die Rechtsprechung davon ausgeht, dass die familiäre Unterstützung im Heimatland mit zu berücksichtigen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.09.1999 - 9 C 12.99 -, BVerwGE 109, 305 und Urteil vom 27.07.2000 - 9 C 9.00 -, InfAuslR 2001, 52). Die Berücksichtigung der rechtlichen Bindung des Kindes an seine Eltern entspricht auch den Regelungen des deutschen Familienrechts, wonach Kinder den Wohnsitz der Eltern teilen (§ 11 BGB) und diesen im Rahmen der elterlichen Sorge das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihr Kind zusteht (§§ 1626 Abs. 1, 1631 Abs. 1 BGB). Nach §§ 1666, 1666a BGB kommt ein Eingriff in dieses Recht, insbesondere eine Trennung, nur ausnahmsweise in Betracht. Der Senat hat bei der Frage, ob eine Ausreise für ein Kind aus Rechtsgründen unzumutbar ist, wegen des Grundsatzes der Einheit der Rechtsordnung im übrigen auch die insofern eher zurückhaltende Rechtsprechung zu §§ 1631,1666 BGB zu bedenken (ebenso VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006, a.a.O.).
20 
d) Bei der danach gebotenen Gesamtschau ist zu Gunsten der Antragsteller zu berücksichtigen, dass sich die Antragsteller zu 1. - 4. bereits seit 1993 in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, die Antragsteller zu 3. und 4. mithin bereits als Kleinkinder in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sind, bzw. der Antragsteller zu 5. sogar im Bundesgebiet geboren wurde. Die Antragsteller zu 3. und 4. besuchen nach dem Vortrag ihres Prozessbevollmächtigten im verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Realschule, so dass davon ausgegangen werden kann, dass sie die deutsche Sprache gut beherrschen; gleiches dürfte für den Antragsteller zu 5. gelten, der zum Zeitpunkt des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die Grundschule besuchte. Für die Antragsteller spricht auch, dass sie offensichtlich seit 2001 keine Sozialhilfe mehr beziehen, sondern sich eine eigene - wenn auch für eine fünfköpfige Familie sehr bescheidene - wirtschaftliche Existenz aufbauen konnten. Ob diese Umstände ohne weitere Darlegungen im Beschwerdeverfahren genügen, um eine tiefe Verwurzelung in Deutschland als erste Voraussetzung eines nur hier möglichen Privatlebens darzutun (vgl. dazu Hess. VGH, Beschluss vom 15.02.2006, a.a.O.), ist fraglich, kann aber dahinstehen.
21 
Bei der Abwägung der öffentlichen und privaten Belange ist zu Lasten der Antragsteller jedenfalls von erheblicher Bedeutung, dass diese zu keinem Zeitpunkt im Besitz eines Aufenthaltstitels waren, der berechtigterweise die Erwartung hervorrufen konnte, in Deutschland bleiben zu dürfen. Entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Antragsteller sind im vorliegenden Fall die den Antragstellern erteilten Duldungen auch nicht als die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts begründende „verkappte Aufenthaltserlaubnisse“ (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 16.10.1990 - 1 C 15/88 -, InfAuslR 1991, 72 ff.) zu betrachten. Den Antragstellern wurde mit den ihnen erteilten Duldungen nicht in Wahrheit ein Aufenthalt im Bundesgebiet erlaubt. Die Erteilung von Duldungen erfolgte erkennbar mit Rücksicht auf eingeleitete Asylfolgeverfahren, fehlende tatsächliche Rückführungsmöglichkeiten und die Erlasslage zur Rückführung von Minderheiten aus dem Kosovo. Die langjährigen Duldungen der Antragsteller sind darüber hinaus auch darauf zurückzuführen, dass sie in ihren ersten Asylverfahren eine albanische Volkszugehörigkeit vorgetragen und sich erst 1999, als sich die Situation der Albaner im Kosovo durch den Einmarsch der KFOR-Truppen und den Rückzug der serbischen Armee entscheidend verbessert hatte, auf ihre Zugehörigkeit zur Minderheit der Ashkali berufen haben. Die Behörden haben die Antragsteller jedenfalls zu keiner Zeit über die Unsicherheit ihres Aufenthaltsstatusses im Bundesgebiet im Zweifel gelassen. Die rechtliche Wirkung der Duldungen blieb auf den Bereich des Vollstreckungsschutzes gegen eine Entfernung aus dem Bundesgebiet beschränkt. Die Antragsteller waren mithin seit der ersten Ablehnung ihres Asylantrages vollziehbar ausreisepflichtig und nach der bundesdeutschen Rechtsordnung zur freiwilligen Ausreise verpflichtet. Die Tatsache, dass dessen ungeachtet die bundesdeutschen Behörden angesichts der wechselhaften politischen sowie existenziellen Verhältnisse im Kosovo lange Zeit von einer zwangsweisen Durchsetzung der Ausreiseverpflichtung abgesehen haben, führt noch nicht dazu, eine Aufenthaltsbeendigung nunmehr für unzulässig zu erachten, zumal die Behörden einen entsprechenden Vertrauenstatbestand zu keinem Zeitpunkt geschaffen haben.
22 
Im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung kann auch nicht außer Acht gelassen werden, dass die Antragsteller zu 1. und 2. in weit geringerem Maß in der Bundesrepublik Deutschland verwurzelt sind als die Antragsteller zu 3. - 5. Die Antragsteller zu 1. und 2. sind in Serbien-Montenegro geboren und aufgewachsen und haben ihr Heimatland erst im Erwachsenenalter verlassen. Zu ihren deutschen Sprachkenntnissen und ihrer sonstigen, insbesondere sozialen, Integration in die Verhältnisse der Bundesrepublik Deutschland ist nichts vorgetragen. Zwar hat der Antragsteller zu 1. eine Arbeitsstelle gefunden und verfügt damit zumindest über eine wirtschaftliche Bindung an die Bundesrepublik. Nicht übersehen werden darf jedoch, dass der Antragsteller zu 1. in der Bundesrepublik Deutschland mehrfach straffällig geworden ist (das Bundeszentralregister weist zwischen 1993 und 2001 sechs Eintragungen auf), so dass von einer Integration in die Rechtsordnung der Bundesrepublik nicht ausgegangen werden kann. Die Antragsteller Ziffer 3. - 5. befinden sich in einem Alter, in dem ihnen angesichts der Gesamtumstände eine Integration in die Lebensverhältnisse des Landes ihrer Staatsangehörigkeit noch angesonnen werden kann. Sie werden nicht allein übersiedeln, sondern können mit der Unterstützung ihrer Eltern und ggf. auch anderer Verwandten rechnen, die mit den Lebensverhältnisse des Staates ihrer Staatsangehörigkeit vertraut sind. Dass die Antragsteller zu 3. - 5. nicht albanisch sprechen und aus diesem Grund eine Integration in die dortigen Lebensverhältnisse auf unüberwindliche Schwierigkeiten stoßen würde, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
23 
Der Senat verkennt nicht die erheblichen Schwierigkeiten, die für die Antragsteller nach so langem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland mit einer Übersiedlung in das Land ihrer Staatsangehörigkeit verbunden sind. Sie teilen insoweit allerdings das Schicksal einer Vielzahl von Bürgerkriegsflüchtlingen, die in der Bundesrepublik aus humanitären Gründen langjährig Aufnahme gefunden haben und nunmehr in das Land ihrer Staatsangehörigkeit zurückkehren sollen. Die damit verbundenen Probleme und Härten lassen sich durch die Rechtsprechung, die an das gesetzliche Regelungskonzept gebunden ist, nur eingeschränkt lösen. Insbesondere ist es den Verwaltungsgerichten verwehrt, durch eine Überdehnung des Schutzbereiches des Art. 8 EMRK das Fehlen einer auf humanitäre Gründe gestützten Altfallregelung für langjährig Geduldete, die in den Verantwortungsbereich der politischen Entscheidungsträger fällt, auszugleichen.
24 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO in entsprechender Anwendung.
25 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 1, 39 Abs. 1 GKG i. d.F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 05.05.2004 (BGBl. I, S. 718 ff.).
26 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 24. Juni 2004 - 11 K 4809/03 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.13 S 2220/05

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis bzw. einer Aufenthaltsgenehmigung.
Er wurde am 22.8.1990 in der Bundesrepublik Deutschland geboren und ist vietnamesischer Staatsangehöriger. Seine Eltern reisten im Jahr 1987 als Vertragsarbeitnehmer aus Vietnam in die DDR ein. Nach der Maueröffnung siedelten sie Ende 1989 in die Bundesrepublik Deutschland über, wo sie im Jahr 1990 einen Asylantrag stellten. Die Asylverfahren endeten im Juli 1994 bzw. Juli 1995 erfolglos. Im Jahr 1995 beantragte die Familie des Klägers die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis. Mit Verfügung vom 20.11.1995 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab. Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 12.4.2001 (11 K 547/01) ab, den hiergegen gestellten Antrag auf Zulassung der Berufung lehnte der erkennende Senat mit Beschluss vom 11.6.2001 (13 S 1195/01) ab. Der Kläger war seit seiner Geburt zu keiner Zeit im Besitz einer Aufenthaltsgenehmigung.
Am 15.7.2003 beantragte der Vater des Klägers für sich und seine Familie erneut die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis. Zur Begründung wurde vorgetragen: Das ursprüngliche Abschiebungshindernis der Passlosigkeit sei zwischenzeitlich entfallen, nachdem sich die gesamte Familie freiwillig vietnamesische Reisepässe verschafft habe. Für den Kläger ergebe sich eine rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung aber daraus, dass er in Böblingen geboren, aufgewachsen und sprachlich sowie kulturell in die Bundesrepublik Deutschland integriert sei. Er habe keinen Bezug zu seinem "Heimatstaat Vietnam". Eine Abschiebung würde eine Entwurzelung bedeuten, die mit einer erheblichen Gefährdung des Kindeswohls, insbesondere der seelischen Gesundheit einhergehen würde. Eine Abschiebung in Kenntnis der zu erwartenden offensichtlichen psychischen Störungen verstoße zudem gegen Art. 8 Abs. 1 EMRK.
Mit Schreiben vom 14.10.2003 teilte die Beklagte den Prozessbevollmächtigten des Klägers mit: Nach erneuter Prüfung der Aktenlage und Rücksprache mit dem Regierungspräsidium sei man übereingekommen, dass sich an der Sachlage der Familie seit den letzten mehrmals gestellten Anträgen auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nichts geändert habe. Eine neue Prüfung und ein daraus folgender Bescheid, der eine Ablehnung zur Folge hätte, sei daher entbehrlich.
Der Kläger hat - gemeinsam mit seinen übrigen Familienangehörigen - am 21.11.2003 verwaltungsgerichtliche Klage erhoben, zu deren Begründung er im wesentlichen das Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt hat. Mit Beschluss vom 13.10.2004 hat das Verwaltungsgericht nach Durchführung der mündlichen Verhandlung das Verfahren des Klägers vom Verfahren der übrigen Familienangehörigen abgetrennt.
Mit Urteil vom 24.6.2004 hat das Verwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet, dem Kläger eine Aufenthaltsbefugnis zu erteilen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei gem. § 75 VwGO zulässig. Zu Unrecht berufe sich die Beklagte darauf, wegen Unanfechtbarkeit ihrer vorangegangenen ablehnenden Verfügung besitze der Kläger kein Sachbescheidungsinteresse. Denn es lägen Gründe vor, die dafür sprächen, dass ein sachlicher Anlass für eine erneute Prüfung und Entscheidung durch sog. Zweitbescheid gegeben sei. Unabhängig von der Frage, welche Bedeutung dem Umstand zukomme, dass der Kläger nunmehr - anders als im Zeitpunkt der letzten Gerichtsentscheidung - im Besitz eines vietnamesischen Reisepasses sei, berufe er sich auf seine fortgeschrittene Integration und ein daraus resultierendes rechtliches Abschiebungshindernis. Nachdem die vorangegangene Entscheidung des VG Stuttgart insoweit mehr als drei Jahre zurückliege, was angesichts des Alters des Klägers eine erhebliche Zeitspanne sei, habe Anlass für eine neue Prüfung und Entscheidung bestanden. Der Kläger habe auch Anspruch auf die begehrte Aufenthaltsbefugnis. Allerdings komme deren Erteilung wohl nicht nach § 30 Abs. 3 AuslG in Betracht, da der Kläger zwischenzeitlich im Besitz eines vietnamesischen Reisepasses sei. Soweit er sich auf das rechtliche Abschiebungshindernis seiner erfolgreichen Integration berufe, dürfte ein Vertretenmüssen i. S. des § 30 Abs. 3 AuslG vorliegen, weil er sich das Verhalten seiner Eltern zurechnen lassen müsse. Diese hätten aber spätestens seit Abschluss ihres Asylverfahrens im Jahr 1995 gewusst, dass sie kein Bleiberecht in Deutschland besäßen. Es wäre im Interesse des Kindeswohls seinerzeit geboten gewesen, den Kläger auf ein Leben im Heimatland Vietnam vorzubereiten. Dass dies nicht in ausreichendem Maße geschehen sei, sei objektiv und subjektiv vorwerfbar und dürfte eine Anwendung von § 30 Abs. 3 AuslG insoweit ausschließen. Der Kläger erfülle jedoch die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nach § 30 Abs. 4 AuslG. Wie die gesetzliche Formulierung zeige, komme es hier auf ein Vertretenmüssen gerade nicht an. Auch der Ausländer, der ein Abschiebungshindernis selbst zurechenbar herbeigeführt habe, könne sich im Grundsatz auf diese Vorschrift berufen. Insoweit sei das vom Kläger in Anspruch genommene Abschiebungshindernis seiner gelungenen Integration rechtlich von Bedeutung. Es sei unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalles auch tatsächlich gegeben. Eine abgeschlossene erfolgreiche Integration eines fast 15-jährigen im Bundesgebiet geborenen und aufgewachsenen Ausländers sei im Hinblick auf das Schutzgut des "Privatlebens" in Art. 8 Abs. 1 EMRK als rechtliches Abschiebungshindernis zu berücksichtigen. Das Gericht sehe die Integration des Klägers - im Unterschied zu derjenigen seiner Eltern - weitgehend als erfolgreich abgeschlossen an. Er nehme hier am sozialen Leben teil, besuche - mit Erfolg - eine weiterführende Schule, spreche in seiner Umgebung und auch innerhalb der Familie - jedenfalls mit seinen Geschwistern - mehrheitlich deutsch, und weise alle Merkmale eines sog. "faktischen Inländers" auf. Er sei nicht vorbestraft und lebe auch nicht unter Inanspruchnahme öffentlicher Mittel. Seine Abschiebung nach Vietnam würde sich rein tatsächlich nicht als eine Rückkehr ins Heimatland darstellen, vielmehr als eine Art "Verbannung" in die Fremde. Mit Blick auf die vorzunehmende Verhältnismäßigkeitsprüfung komme hinzu, dass das Hineinwachsen des Klägers in diese Integration von mehreren Faktoren begünstigt worden sei, nicht zuletzt von dem Umstand, dass es den Behörden in der Vergangenheit einfach nicht gelungen sei, die aufenthaltsrechtliche Situation der Familie "in den Griff" zu bekommen. Integriere sich ein im Bundesgebiet geborener ausländischer Jugendlicher aber auf Grund der genannten Umstände derart erfolgreich, werde das an sich legitime Ziel, die Einhaltung der aufenthaltsrechtlichen Vorschriften letztendlich doch noch durchzusetzen, schließlich unverhältnismäßig i. S. von Art. 8 Abs. 1 und 2 EMRK, und es sei von einem rechtlichen Abschiebungshindernis auszugehen. Zwar treffe den Ausländer im Rahmen des § 30 Abs. 4 AuslG die Obliegenheit, alles in seiner Kraft Stehende und ihm Zumutbare dazu beizutragen, etwaige Abschiebungshindernisse zu überwinden. Für den Kläger wäre es aus den dargelegten Gründen aber nicht zumutbar, sein Privatleben aufzugeben und seiner Ausreisepflicht zu genügen. Einen Verlust seiner erfolgreich abgeschlossenen Integration vermöge er rein tatsächlich nicht herbeizuführen. Das Ermessen der Beklagten sei vorliegend "auf Null" reduziert.
Gegen das am 30.11.2004 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 20.12.2004 die Zulassung der Berufung beantragt. Mit Beschluss vom 31.10.2005 hat der Senat die Berufung zugelassen. Der Beschluss wurde der Beklagten am 9.11.2005 zugestellt.
Mit am 8.12.2005 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat die Beklagte die Berufung begründet und ausgeführt: Die Trennung der Verfahren der Eltern und der Geschwister von dem des Klägers hätte nicht erfolgen dürfen. Es sei von einer notwendigen Streitgenossenschaft auszugehen. Die Klage sei bereits unzulässig. Das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass der Kläger ein Sachbescheidungsinteresse habe. Die Tatsache, dass er sich integriert habe, stelle lediglich den gewöhnlichen Lauf der Dinge dar. Sie müsse generell bei einem Heranwachsenden erwartet werden und sei daher kein neuer Sachverhalt, der ein Sachbescheidungsinteresse begründe. Die Klage sei auch unbegründet. Das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass es bei § 30 Abs. 4 AuslG nicht darauf ankomme, ob der Ausländer ein Abschiebungshindernis zu vertreten habe. Im übrigen stelle die Integration des Klägers kein Abschiebungshindernis nach Art. 8 Abs. 1 EMRK dar. Seine Familie sei seit mehreren Jahren vollziehbar ausreisepflichtig, das Abschiebungshindernis habe sie auf Grund fehlender Mitwirkung selbst verschuldet. Sie habe sich nachgewiesenermaßen mehrmals geweigert, an den Passbeschaffungsmaßnahmen mitzuwirken, obwohl zumindest der Vater des Klägers einen vom 9.6.1995 bis 8.6.2000 gültigen vietnamesischen Nationalpass bei der Ausländerbehörde hinterlegt gehabt habe. Erst nachdem erneut Hoffnung auf ein Aufenthaltsrecht bestanden habe, sei die Familie bereit gewesen, die entsprechenden Bemühungen zu zeigen. Eine freiwillige Ausreise wäre demnach schon vor Jahren möglich gewesen. Es sei allein den Eltern des Klägers zuzurechnen, dass sich der Aufenthalt im Bundesgebiet derart lange hinausgezogen habe. Auch stelle die Familie einen Integrationswillen nicht ausreichend unter Beweis. Sie hätte bereits vor Jahren ein Aufenthaltsrecht erhalten können, habe dies jedoch selbst durch den mehrjährigen Bezug von Sozialhilfe und durch fehlende Mitwirkungsbereitschaft verhindert. Bleiberechtsregelungen des Innenministeriums hätten daher keine Anwendung gefunden. Dass die Eltern den Kindern weder die heimatliche Sprache noch die vietnamesische Kultur vermittelt hätten, gehe allein zu Lasten der Familie. Der Kläger möge sich zwar selbst integriert haben, er müsse sich jedoch das Verhalten der Eltern anrechnen lassen, da er minderjährig sei und seine Eltern seine gesetzlichen Vertreter seien. Auch aus Art. 8 EMRK könne kein Bleiberecht abgeleitet werden. Hinsichtlich des Schutzes des Familienlebens scheide eine Verletzung dieser Bestimmung schon deshalb aus, weil der gesamten Familie ein Aufenthaltsrecht in Deutschland verweigert werde und daher alle Familienmitglieder in ihr Heimatland zurückkehren müssten. Art. 8 Abs. 1 EMRK gewähre kein Recht, den Ort zu wählen, der nach Ansicht der Betroffenen am besten geeignet sei, um ein Familienleben aufzubauen. Auch das Recht auf Privatleben werde durch eine Aufenthaltsbeendigung nicht verletzt. Es spreche bereits vieles dafür, dass ein schützenswertes Privatleben i. S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK voraussetze, dass zumindest für einen gewissen Zeitraum ein ordnungsgemäßer Aufenthalt im Aufenthaltsstaat vorgelegen habe. Der Kläger habe jedoch nie über einen ordnungsgemäßen Aufenthalt verfügt. Selbst wenn man davon ausgehe, dass auch ein rechtlich ungesicherter Aufenthalt Grundlage für die Annahme eines geschützten Privatlebens i. S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK sein könne, sei die daraus folgende Rechtsposition im Rahmen der Schrankenbestimmung des Art. 8 Abs. 2 EMRK gegen das Recht des Vertragsstaates zur Einwanderungskontrolle abzuwägen. Dabei dürfe Art. 8 EMRK nicht so ausgelegt werden, als verbiete er allgemein die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen nur deshalb, weil er sich eine bestimmte Zeit im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten habe. Vielmehr bedürfe es näherer Anhaltspunkte dafür, dass eine Rückkehr unzumutbar sei. Allein der Umstand, dass ein Ausländer als Kind in den Vertragsstaat einreise und dort aufgewachsen und zur Schule gegangen sei, rechtfertige einen solchen Schluss nicht. Gesichtspunkte seien jeweils unter anderem die Sprachkenntnisse des Betroffenen bzw. dessen sprachliche Integrationsfähigkeit im Heimatland. Es sei dem Kläger auch zumutbar, in sein Heimatland zurückzukehren. Er sei in einem Alter, in dem er sich an neue Verhältnisse anpassen und in sie einfügen könne. Seine persönlichen Interessen, weiterhin im Bundesgebiet zu leben, seien zwar nachvollziehbar, müssten jedoch gegenüber den aufenthaltsrechtlichen Vorschriften hintanstehen. Nicht richtig sei weiterhin, wenn das Verwaltungsgericht den Behörden eine Teilschuld zumesse. Zum einen werde seitens des Innenministeriums Baden-Württemberg das Instrument der freiwilligen Ausreise bevorzugt. Zum anderen habe die Familie des Klägers die Abschiebung durch fehlende Mitwirkung, die mehrmalige Antragstellung, die Durchführung verwaltungsgerichtlicher Verfahren etc. selbst vereitelt. Es wäre ausschließlich die Pflicht der Familie gewesen auszureisen.
Die Beklagte beantragt,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 24. Juni 2004 - 11 K 4809/03 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
die Berufung zurückzuweisen.
13 
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
14 
Der Beigeladene schließt sich dem Antrag der Beklagten an.
15 
Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere des weiteren Vorbringens der Beteiligten, wird auf die gewechselten Schriftsätze und die dem Senat vorliegen Verwaltungsakten der Beklagten, Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Stuttgart und Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart (auch aus früheren Verfahren) verwiesen. Sie waren Gegenstand der Verhandlung und Beratung.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die vom Senat zugelassene Berufung ist statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde rechtzeitig beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (§ 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung, vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3, Abs. 3 Satz 4 VwGO). Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben, weil der Kläger keinen Anspruch auf den von ihm begehrten Aufenthaltstitel hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
17 
Entgegen der Auffassung der Beklagten erweist sich das Urteil allerdings nicht schon deshalb als fehlerhaft, weil das Verwaltungsgericht das Verfahren des Klägers von demjenigen der übrigen Familienmitglieder abgetrennt und über dieses vorab entschieden hat. Nach § 93 VwGO kann das Gericht durch Beschluss mehrere bei ihm anhängige Verfahren über den gleichen Gegenstand zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbinden und wieder trennen. Es kann anordnen, dass mehrere in einem Verfahren erhobene Ansprüche in getrennten Verfahren verhandelt und entschieden werden. Die Entscheidung über eine Verbindung oder Trennung steht im Ermessen des Gerichts (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., Rdnr. 3 zu § 93 m.w.N.). Es ist vorliegend nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht das Verfahren des Klägers nach Durchführung der mündlichen Verhandlung abgetrennt hat. Zwar könnte dies anders zu beurteilen sein, wenn zwischen dem Kläger und seinen Familienangehörigen eine notwendige Streitgenossenschaft nach § 64 VwGO i.V.m. § 62 ZPO bestünde (vgl. Hessischer VGH, Urteil vom 4.7.1991 - 4 UE 552/87 -, juris). Dies ist aber - entgegen der Auffassung der Beklagten - hier nicht der Fall. Denn es ist nicht ersichtlich, dass über den vom Kläger und seiner Familie geltend gemachten Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zwingend einheitlich (d.h. für jeden Familienangehörigen gleich) entschieden werden muss oder dass aus einem sonstigen Grund eine notwendige Streitgenossenschaft vorliegt (vgl. auch Kopp/Schenke, a.a.O., Rnr. 6 f. zu § 64). Vielmehr ist es durchaus denkbar, dass die Klage hinsichtlich einiger Familienmitglieder Erfolg hat, hinsichtlich anderer - etwa wegen in ihrer Person liegender Gründe (z.B. Fehlen einer allgemeinen Erteilungsvoraussetzung nach § 5 AufenthG) - aber nicht. Im übrigen ist aber auch nicht erkennbar, dass sich die Trennung des Verfahrens des Klägers von demjenigen seiner Eltern und Geschwister in der Sache auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ausgewirkt hat.
18 
Der Kläger hat auch das für die Zulässigkeit der Klage erforderliche Sachbescheidungsinteresse. Die Beklagte hat zur Begründung ihrer gegenteiligen Auffassung vorgetragen, über den Antrag des Klägers und seiner Familie auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis vom 15.7.2003 sei kein neuer Bescheid erlassen worden, da keine neuen Umstände vorgetragen worden seien, die einen anderen rechtlich relevanten Sachverhalt als in den Jahren zuvor beträfen, in denen der Kläger bereits mehrmals Anträge gestellt und Petitionen eingereicht habe; die Tatsache, dass er sich integriert habe, stelle lediglich den gewöhnlichen Lauf der Dinge dar. Dem hat das Verwaltungsgericht jedoch zutreffend entgegengehalten, dass der Kläger Gründe vorgetragen hat, die einen sachlichen Anlass für eine erneute Prüfung und förmliche Entscheidung durch Verwaltungsakt boten, weil sich im Hinblick auf seine weiter fortgeschrittene Integration ernsthaft die Frage stellte, ob nunmehr ein Abschiebungshindernis gegeben war oder ob noch an den früheren ablehnenden Entscheidungen festgehalten werden konnte. Vor diesem Hintergrund besteht auch kein Anlass zur Annahme, dass der erneute Antrag des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis von der Beklagten als offensichtlich rechtsmissbräuchlich gestellt angesehen und daher unbeachtet gelassen werden durfte (vgl. hierzu Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., Rnr. 57 zu § 22 m.w.N.; siehe auch OVG Münster, Beschluss vom 27.10.2005 - 13 A 3802.05A -,    InfAuslR 2006, 99).    
19 
Der Zulässigkeit der Klage steht auch nicht die Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12.4.2001 (11 K 547/01) entgegen. Zwar ist mit diesem ein Anspruch (auch) des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis abgelehnt worden. Damit steht allerdings nur (rechtskräftig) fest, dass ihm zum für die damalige Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt (der mündlichen Verhandlung) keine Aufenthaltsbefugnis zustand (vgl. § 121 VwGO und Kopp/Schenke, a.a.O., Rnr. 9 und 28 zu § 121). Der Kläger macht aber gerade geltend, dass ein solcher Anspruch aufgrund der inzwischen vergangenen Zeit und der damit verbundenen fortgeschrittenen Integration nunmehr gegeben ist.
20 
Die Klage ist aber unbegründet, weil der Kläger keinen Anspruch auf die begehrte Aufenthaltsbefugnis bzw. Aufenthaltserlaubnis hat.
21 
Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis ist zwar noch unter der Geltung des früheren Ausländergesetzes gestellt worden; für die Frage, ob die Erteilung dieses Aufenthaltstitels aus Rechtsgründen geboten ist (Anspruch) oder aus Rechtsgründen ausscheidet (Sperre), ist aber auf das Recht des seit dem 1.1.2005 geltenden Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz - AufenthG -) vom 30.6.2004 (BGBl I S. 1950), abzustellen (vgl. auch § 104 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Im übrigen (Ermessen) kommt es zwar grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides an (siehe dazu allgemein BVerwG, Urteil vom 16.6.2004 - 1 C 20.03 -, InfAuslR 2004, 427; speziell zum Übergang vom AuslG zum AufenthG siehe VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 9.2.2005 - 11 S 1099/04 -, vom 23.2.2005 - 13 S 2949/04 - und vom 22.6.2005 - 13 S 1023/05 -; Jakober/Welte, AufenthG, Rdnr. 34 f. zu § 101; Funke-Kaiser, GK-AufenthG, Rdnr. 2 f. zu § 102); da aber im vorliegenden Verfahren weder ein Bescheid der Beklagten noch ein Widerspruchsbescheid ergangen ist (und damit auch keine behördliche Ermessensausübung stattgefunden hat), ist insgesamt maßgebender Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in der Tatsacheninstanz (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.12.1997 - 17 A 5677/95 - juris; OVG Hamburg, Beschluss vom 6.12.1996 - Bs VI 104/96 -, DÖV 1997, 386).
22 
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufenthaltserlaubnis; auch eine Aufenthaltserlaubnis im Ermessensweg kommt hier nicht in Betracht.
23 
1. § 25 Abs. 1 und 2 AufenthG scheiden als Rechtsgrundlage aus, weil der Kläger weder als Asylberechtigter anerkannt noch festgestellt worden ist, dass bei ihm die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen. Nachdem er das Vorliegen der Voraussetzungen für die Aussetzung der Abschiebung nach § 60 Abs. 2, 3, 5, oder 7 AufenthG weder vorgetragen hat noch dies sonst erkennbar ist, kommt auch die Anwendung von § 25 Abs. 3 AufenthG nicht in Betracht. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4 Satz 1 AufenthG scheidet aus, weil der Kläger nicht nur einen vorübergehenden Aufenthalt anstrebt. Zudem ist nicht erkennbar, dass dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG kann als Rechtsgrundlage für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis schon deshalb nicht herangezogen werden, weil es an einem rechtmäßigen (Vor-)Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet fehlt. Die Vorschrift regelt nämlich die von § 8 Abs. 1 und 2 AufenthG abweichende Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis. Sie setzt daher zwingend voraus, dass der Ausländer bereits über eine verlängerbare Aufenthaltserlaubnis verfügt (vgl. auch den Gesetzentwurf der Bundesregierung BT-Drs. 15/420 S. 80: "Satz 2 schafft eine Ausnahmemöglichkeit für Fälle, in denen ein bereits rechtmäßiger Aufenthalt besteht…"). In Betracht kommt danach allein die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Jedoch sind auch die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht gegeben.
24 
2. Auch nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann dem Kläger keine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Seine Ausreise ist nämlich nicht aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich.
25 
Nachdem der - vollziehbar ausreisepflichtige - Kläger inzwischen im Besitz eines gültigen vietnamesischen Reisepasses ist, ist das ursprünglich bestehende tatsächliche Ausreisehindernis entfallen. Es ist auch sonst weder vorgetragen noch erkennbar, dass seiner Ausreise ein tatsächliches Ausreisehindernis entgegensteht.
26 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts liegt im Fall des Klägers aber auch kein rechtliches Ausreisehindernis vor. Er macht insoweit geltend, dass seine Integration in die Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland im Hinblick auf Art. 8 EMRK einer Aufenthaltsbeendigung entgegensteht. Damit beruft er sich in der Sache auf die Unzumutbarkeit einer (freiwilligen) Ausreise.
27 
Ob auch die Unzumutbarkeit der Ausreise - deren Vorliegen unterstellt - zu ihrer rechtlichen Unmöglichkeit i.S.d. § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG führt, wird unterschiedlich beurteilt. Gegen diese Auffassung könnte sprechen, dass die behauptete Unzumutbarkeit eine freiwillige Ausreise des Klägers aus der Bundesrepublik Deutschland nicht von vornherein ausschließt. Dementsprechend wird unter Hinweis auf den Gesetzeswortlaut des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG teilweise die Auffassung vertreten, es komme auf die Zumutbarkeit einer Ausreise nicht an (vgl. VG Lüneburg, Beschluss vom 23.9.2005 - 3 B 70/05 -, juris; Renner, AuslR, 8. Aufl., Rnr. 34 zu § 25 AufenthG; Jakober/Welte, Aktuelles Ausländerrecht, Rnr. 22 und 23a zu § 25). Andererseits ist jedoch nach der Gesetzesbegründung zu § 25 Abs. 5 AufenthG (BT-Drs. 15/420, S. 80) bei der Frage, ob eine Ausreisemöglichkeit besteht, auch die subjektive Möglichkeit - und damit implizit auch die Zumutbarkeit - der Ausreise zu prüfen (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.4.2005 - 11 S 2779/04 -, VBlBW 2005, 356; Hessischer VGH, Beschluss vom 1.6.2005 - 3 TG 1273/05 -, Asylmagazin 9/2005, 33; VG Koblenz, Urteil vom 10.10.2005 - 3 K 147/05.KO -, InfAuslR 2006, 25; VG Karlsruhe, Urteil vom 7.9.2005 - 4 K 1390/03 -; Göbel-Zimmermann, ZAR 2005, 275, 278; Benassi, InfAuslR 2005, 357, 362). Daher geht der Senat davon aus, dass auch die Unzumutbarkeit der Ausreise eine rechtliche Unmöglichkeit i.S.d. § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG darstellt. Hierfür spricht auch, dass kein Wille des Gesetzgebers erkennbar ist, die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Vergleich zur früheren Regelung in § 30 Abs. 3 und 4 AuslG insoweit zu verschärfen. Letztlich bedarf diese Frage hier aber keiner abschließenden Entscheidung. Denn im Fall des Klägers ist die Ausreise möglich und zumutbar, weil ihr weder Art. 6 GG noch Art. 8 EMRK entgegenstehen.
28 
a) Art. 6 Abs. 1 GG verpflichtet den Staat, die Einheit und Selbstverantwortlichkeit von Ehe und Familie zu respektieren und zu fördern. Art. 6 Abs. 2 GG garantiert das Elternrecht im Interesse des Kindeswohls und schützt die freie Entscheidung der Eltern darüber, wie sie ihrer Elternverantwortung gerecht werden wollen, vor staatlichen Eingriffen (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 22.8.2000 - 2 BvR 1363/00 -, juris). Art. 6 Abs. 3 GG regelt die grundsätzlichen Voraussetzungen, unter denen Kinder gegen den Willen der Erziehungsberechtigten von der Familie getrennt werden dürfen.
29 
Da im vorliegenden Fall die Familie nicht getrennt werden soll, sondern vielmehr der gesamten Familie ein Aufenthaltsrecht verweigert wird und nach dem Willen der Beklagten alle Familienmitglieder in das Land ihrer Staatsangehörigkeit zurückkehren sollen, ist der Schutzbereich der genannten Gewährleistungen von vornherein nicht tangiert. Der Umstand, dass das Verwaltungsgericht das Verfahren des Klägers von demjenigen seiner Familienangehörigen abgetrennt und vorab entschieden hat, ändert hieran nichts, zumal nach den unbestritten gebliebenen Angaben der Beklagten und des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat weiterhin eine gemeinsame Aufenthaltsbeendigung der Familie des Klägers angestrebt wird.
30 
b) Nach Art. 8 Abs. 1 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4.11.1950 (BGBl II 1952, 686, 953/II 1954, 14) - EMRK - hat jedermann Anspruch auf Achtung (u.a.) seines Privat- und Familienlebens. Art. 8 Abs. 2 EMRK nennt die Voraussetzungen, unter denen der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts statthaft ist.
31 
Soweit Art. 8 Abs. 1 EMRK (auch) den Schutz des Familienlebens garantiert, scheidet eine Verletzung dieser Bestimmung aus den bereits genannten Gründen aus. In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) ist auch geklärt, dass Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht das Recht gewährt, den Ort zu wählen, der nach Ansicht der Betroffenen am besten geeignet ist, ein Familienleben aufzubauen (Urteil der Großen Kammer vom 9.10.2003 - 48321/99 - Slivenko/Lettland, § 94, wobei hier der Begriff des Familienlebens i.S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK in Bezug auf Abschiebung, Ausweisung und Auslieferung ausdrücklich verstanden wird als das auf dem Gebiet eines Vertragstaates tatsächlich geführte Familienleben von Nicht-Staatsangehörigen, die sich dort rechtmäßig aufhalten ["by aliens lawfully resident there"]; Entscheidung vom 7.10.2004 - 33743/03 - , NVwZ 2005, 1043,1045).
32 
Die Weigerung, dem Kläger ein Aufenthaltsrecht in Deutschland zu gewähren, kann daher allenfalls einen rechtfertigungsbedürftigen Eingriff in sein Recht auf Achtung seines Privatlebens darstellen. Ein nicht gerechtfertigter Eingriff i. S. des Art. 8 Abs. 1 und 2 EMRK liegt jedoch hier nicht vor.
33 
Nach seiner ursprünglichen Konzeption dient dieses Recht dazu, dem Individuum eine Sphäre zu sichern, in der es die Entwicklung und Erfüllung seiner Persönlichkeit anstreben kann. Wenn der Staat Regeln für das Verhalten in dieser Sphäre trifft, greift er in das Recht auf Achtung der Privatsphäre ein, was der Rechtfertigung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK bedarf (vgl. zum Schutzbereich des Privatlebens: Frowein/Penkert, EMRK, 1996, Rnr. 1 ff. zu Art. 8). Nach der Rechtsprechung des EGMR (Urteil vom 16.6.2005 - 60654/00 -, auszugsweise abgedr. in InfAuslR 2005, 349) stellt auch eine Aufenthaltsbeendigung bzw. die Verweigerung eines Aufenthaltsrechts jedenfalls dann einen - rechtfertigungsbedürftigen - Eingriff in das Privatleben dar, wenn der Ausländer über starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat verfügt. Eine den Schutz des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK auslösende Verbindung mit der Bundesrepublik Deutschland als Aufenthaltsstaat kann danach insbesondere für solche Ausländer in Betracht kommen, die auf Grund eines Hineinwachsens in die hiesigen Verhältnisse mit gleichzeitiger Entfremdung von ihrem Heimatland so eng mit der Bundesrepublik Deutschland verbunden sind, dass sie quasi deutschen Staatsangehörigen gleichzustellen sind. Ihre Situation ist dadurch gekennzeichnet, dass die Bundesrepublik Deutschland faktisch das Land ist, zu dem sie gehören, während sie mit ihrem Heimatland im wesentlichen nur noch das formale Band ihrer Staatsangehörigkeit verbindet (vgl. auch OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.2.1999 - 4 L 195/98 -, juris; zur Bedeutung der engen Bindung an den Aufenthaltsstaat im Zusammenhang mit dem "Schutz des Familienlebens" s. auch EGMR, Urteile vom 26.3.1992 , InfAuslR 1994, 86 ff., und vom 26.9.1997 , InfAuslR 1997, 430, sowie BVerwG, Urteil vom 29.9.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303 ff.).
34 
Ein der Rechtfertigung bedürftiger Eingriff in die von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten Rechte durch Versagung des Aufenthalts für einen Ausländer liegt allerdings regelmäßig nur dann vor, wenn sein Privat- bzw. Familienleben in dem betreffenden Land fest verankert ist und sich nicht auf eine lose Verbindung beschränkt (vgl. BVerwG, Urteile vom 3.6.1997 - 1 C 18/96 -, NVwZ 1998, 189 ff. m.w.N., und vom 29.3.1996 - 1 C 28/94 -, InfAuslR 1997, 24 ff.). Hierzu gehört grundsätzlich - als Basis - eine entsprechende aufenthaltsrechtliche Verankerung. Diese Voraussetzung ist in den Fällen bloßer Duldungen, in deren Besitz der Kläger sich befindet, aber regelmäßig nicht erfüllt. Eine Duldung gewährt nämlich keinen legalen, ordnungsgemäßen Aufenthalt, sondern schützt den Ausländer lediglich vorübergehend vor einer sonst rechtlich zwingend gebotenen Abschiebung und lässt seine Ausreisepflicht unberührt (vgl. §§ 55 Abs. 1, 56 Abs. 1 AuslG bzw. § 60a Abs. 1 - 3 AufenthG). Sie führt nicht zur Erlangung eines aufenthaltsrechtlichen Status, der berechtigterweise die Erwartung hervorrufen kann, in Deutschland bleiben zu dürfen (vgl. zu diesem Kriterium auch OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.2.1999, a.a.O.). Nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs kann daher eine aufenthaltsrechtlich erhebliche und insoweit schutzwürdige Eingliederung in die in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Lebensverhältnisse während des Aufenthalts eines Ausländers, der sich nicht rechtmäßig in Deutschland aufhält, grundsätzlich nicht erfolgen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.9.2003 - 11 S 1795/03 -, InfAuslR 2004, 70 ff. und Beschluss vom 24.11.2005 - 11 S 1078/05 -; vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 2.11.2005 - 1 S 3023/04 -, InfAuslR 2006, 70,71).
35 
In der - ohnehin stark kasuistisch geprägten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 1.3.2004 - 2 BvR 1570/03 -, NVwZ 2004, 852 ff.) - Rechtsprechung des EGMR ist die Frage, welche rechtliche Qualität ein Aufenthalt haben muss, um Grundlage eines i.S.v. Art. 8 Abs. 1 EMRK schützenswerten Privat- oder Familienlebens sein zu können, soweit ersichtlich allerdings nicht eindeutig geklärt (offen gelassen z. B. im Urteil vom 16.9.2004 , a.a.O.). Es kann  aber jedenfalls festgehalten werden, dass allein ein langdauernder faktischer Aufenthalt auch aus der Sicht des EGMR hierfür nicht ausreichend ist. In der Entscheidung heißt es ausdrücklich, Art. 8 Abs. 1 EMRK dürfe nicht so ausgelegt werden, als verbiete er allgemein die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen nur deswegen, weil dieser sich eine bestimmte Zeit im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten habe (im Ergebnis ebenso EGMR vom 7.10.2004 in der Sache Dragan, a.a.O.). In beiden Verfahren hatten sich die Beschwerdeführer zwar viele Jahre in Deutschland aufgehalten, jedoch einen Aufenthaltstitel nicht oder nur für sehr kurze Zeit erlangt. Auf dieses fehlende Aufenthaltsrecht hat der EGMR bei seinen Entscheidungen jeweils maßgeblich abgestellt. Eine rechtsgrundsätzliche Festlegung im Sinne der Entbehrlichkeit eines rechtmäßigen Aufenthalts dürfte auch der Entscheidung vom 16.6.2005 (- 60654/00 -, Sisojewa/Lettland, auszugsweise abgedruckt in InfAuslR 2005, 349) nicht zu entnehmen sein. Zwar wird darin ein auf der Grundlage von Art. 8 Abs. 1 EMRK begründeter Anspruch auf dauerhafte Legalisierung des Aufenthalts anerkannt. Der Fall ist indessen von der Besonderheit geprägt, dass die Beschwerdeführer zum einen lange Zeit ordnungsgemäß im Vertragsstaat gewohnt hatten und ihr aufenthaltsrechtlicher Status erst im Anschluss an politische Umwälzungen - die Auflösung der Sowjetunion und die Unabhängigkeit Lettlands - aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit in Frage gestellt worden ist (siehe §§ 57 f. und 94), und ihnen zum anderen jedenfalls die rechtliche Möglichkeit eröffnet war, einen befristeten legalen Aufenthaltsstatus zu erlangen (siehe hierzu insbesondere die abweichende Meinung der Richterinnen V und B). Eine vergleichbare Situation ist beim Kläger indes nicht gegeben.
36 
Allerdings legt die - sehr einzelfallbezogene - Rechtsprechung des EGMR  die Annahme nahe, dass ein schutzwürdiger Aufenthalt im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK auch beim Vorhandensein einer Duldung jedenfalls nicht von vornherein ausscheidet. Vielmehr dürfte es aus Sicht des EGMR maßgeblich darauf ankommen, warum der betreffende Ausländer sich trotz des Fehlens eines Aufenthaltsrechts im Aufnahmestaat aufhält, ob ihm eine Ausreise grundsätzlich möglich und zumutbar wäre und ob die Aufenthaltsbeendigung aus von ihm zu vertretenden Gründen oder auf Grund anderer Umstände (etwa wegen der Verhältnisse im Heimatstaat) nicht möglich ist.
37 
Selbst wenn zu Gunsten des Klägers davon ausgegangen wird, dass auch ein - wie hier - rechtlich ungesicherter Aufenthalt Grundlage für die Annahme eines schutzwürdigen Privatlebens i.S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK sein kann, ist die daraus folgende Rechtsposition jedoch im Rahmen der Schrankenbestimmung des Art. 8 Abs. 2 EMRK gegen das Recht des Vertragsstaates zur Einwanderungskontrolle abzuwägen. Nach dieser Bestimmung ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts aus Absatz 1 nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Eine wirksame Einwanderungskontrolle stellt auch nach der Rechtsprechung des EGMR eine Maßnahme dar, die in einer demokratischen Gesellschaft aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung notwendig ist (vgl. Entscheidung vom 16.9.2004 in der Sache Ghiban, a.a.O.). In seiner grundlegenden Entscheidung zur Bedeutung der EMRK im Recht des Aufenthalts von Ausländern vom 28.5.1985 (, NJW 1986, 3007 ff.) hat der EGMR zudem betont, dass zum einen die Vertragsstaaten im Bereich des nicht klar umrissenen Begriffs der  "Achtung"  des Familien- und Privatlebens über einen weiten Ermessensspielraum verfügen und sie zum anderen das Recht haben, die Einwanderung von Personen, die nicht ihre Nationalität haben, in ihr Staatsgebiet zu kontrollieren. In seinen Entscheidungen vom 16.9.2004 (, NVwZ 2005, 1046 ff.) und 7.10.2004 (, NVwZ 2005, 1043) hat er nochmals darauf verwiesen, dass die Konvention nicht das Recht eines Ausländers garantiere, in einen bestimmten Staat einzureisen oder sich dort aufzuhalten oder nicht ausgewiesen zu werden. Die Vertragsstaaten hätten vielmehr nach allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsätzen das Recht, über die Einreise, den Aufenthalt und die Abschiebung fremder Staatsangehöriger zu entscheiden.  Wie dargelegt, verbietet Art. 8 EMRK die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen zudem nicht allein deswegen, weil er sich "eine bestimmte Zeit" im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten hat. Vielmehr bedarf es näherer Anhaltspunkte dafür, dass eine Rückkehr nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unzumutbar ist (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.9.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303 ff.). Allein der Umstand, dass ein Ausländer als Kind in den Vertragsstaat eingereist und dort aufgewachsen und zur Schule gegangen ist, rechtfertigt einen solchen Schluss jedoch noch nicht (in diesem Sinne siehe EGMR, Entscheidung vom 7.10.2004 in der Sache Dragan, a.a.O., hinsichtlich der dortigen Beschwerdeführer zu 2 und 3). Ein wesentlicher Gesichtspunkt ist neben der Dauer des Aufenthalts insbesondere, ob der Ausländer ein Alter erreicht hat, in dem ihm ein Hineinwachsen in die Lebensumstände des Staates seiner Staatsangehörigkeit in der Regel nicht mehr oder nur unter größten Schwierigkeiten gelingen kann (vgl. dazu OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.2.1999, a.a.O.), wobei gerade auch die Sprachkenntnisse des Betroffenen bzw. dessen sprachliche Integrationsfähigkeit im Heimatland in Betracht zu ziehen sind (siehe zu den einzelnen Gesichtspunkten die Nachweise aus der Rechtsprechung des EGMR in BVerfG, Beschluss vom 1.3.2004 - 2 BvR 1570/03 -, NVwZ 2004, 852 ff.).
38 
Vor dem dargestellten Hintergrund ist im Fall des Klägers bei Abwägung aller Umstände nicht festzustellen, dass die Verweigerung der Legalisierung seines Aufenthalts und die geplante Aufenthaltsbeendigung unverhältnismäßig ist und daher gegen Art. 8 Abs. 1 EMRK verstößt. Dabei ist es nach Auffassung des Senats nicht ausreichend, bei der Beurteilung der Integration des Klägers gleichsam isoliert nur in den Blick zu nehmen, inwieweit er selbst - etwa im Hinblick auf Sprachkenntnisse, Schulbesuch und persönlichen Umgang - in der Bundesrepublik Deutschland verwurzelt ist. Vielmehr kommt dabei auch der Frage Bedeutung zu, in welchem Umfang seine Familie sich in die bundesdeutschen Lebensverhältnisse integriert hat. Denn für die Beurteilung der Verwurzelung des Klägers kommt es auch entscheidend darauf an, ob bzw. inwieweit seine familiären Verhältnisse an das Leben in der Bundesrepublik Deutschland angeglichen sind und welche Verbindungen insoweit noch zum Land seiner Staatsangehörigkeit bestehen. Für eine solche Gesamtbetrachtung spricht nicht nur die Bezugnahme auf das "Familienleben" als paralleles Schutzgut des Art. 8 Abs. 1 EMRK, sondern auch die Tatsache, dass der Kläger seinen Lebensunterhalt in der Bundesrepublik Deutschland nicht allein sichern könnte, sondern hierfür auf die Unterstützung seiner Familie angewiesen ist. Sein Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland kann auch insoweit rechtlich nicht isoliert von demjenigen seiner Familie, insbesondere seiner Eltern, beurteilt werden. Zudem wären auch Fallgestaltungen denkbar, in denen nur ein Kind in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert ist, andere Kinder dagegen auf Rückkehr in den Heimatstaat angewiesen wären.
39 
Entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung sind bei dieser Gesamtbetrachtung - sowohl zu seinen Gunsten wie zu seinen Lasten - auch solche Gesichtspunkte berücksichtigungsfähig, welche (etwa im Hinblick auf die unterbliebene Ausreise aus dem Bundesgebiet) auf das Verhalten seiner Eltern zurückzuführen sind.  Er muss sich das Verhalten seiner Eltern schon deshalb zurechnen lassen, weil er als Kind grundsätzlich deren aufenthaltsrechtliches Schicksal teilt und sich nur deshalb bis heute in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten konnte, weil diese ihrer bestehenden Ausreisepflicht nicht nachgekommen sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.4.1997 - 1 B 74/97 -, juris). Hierfür spricht auch, dass das Aufenthaltsgesetz ein selbständiges Aufenthaltsrecht für Kinder erst nach Vollendung des 16. Lebensjahres vorsieht (vgl. § 35 Abs. 1 AufenthG) und sie auch erst ab diesem Alter für verfahrensfähig erklärt (vgl. § 80 Abs. 1 AufenthG). Daran zeigt sich, dass der Gesetzgeber auch beim Aufenthaltsgesetz an der Konzeption festgehalten hat, wonach das Aufenthaltsrecht von Kindern bis zum 16. Lebensjahr dem der Eltern folgt; damit wird im übrigen auch ihre Integrationsfähigkeit in andere Lebensverhältnisse generell unterstellt (vgl. Hessischer VGH, Urteil vom 21.9.1994 - 10 UE 548/94 -, NVwZ-RR 1995, 163). Auch sonst geht die Rechtsprechung bei Abschiebungshindernissen von Kindern davon aus, dass die familiäre Unterstützung im Heimatland mit zu berücksichtigen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.9.1999 - 9 C 12.99 -, BVerwGE 109, 305 und Urteil vom 27.7.2000 - 9 C 9.00 -, InfAuslR 2001, 52). Die Berücksichtigung der rechtlichen Bindung des Kindes an seine Eltern entspricht auch den Regelungen des deutschen Familienrechts, wonach Kinder den Wohnsitz der Eltern teilen (§ 11 BGB) und diesen im Rahmen der elterlichen Sorge das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihr Kind zusteht (§§ 1626 Abs. 1, 1631 Abs. 1 BGB). Nach §§ 1666, 1666a BGB kommt ein Eingriff in dieses Recht, insbesondere eine Trennung, nur ausnahmsweise in Betracht. Der Senat hat bei der Frage, ob eine Ausreise für ein Kind aus Rechtsgründen unzumutbar ist, wegen des Grundsatzes der Einheit der Rechtsordnung im übrigen auch die insofern eher zurückhaltende Rechtsprechung zu §§ 1631,1666 BGB zu bedenken.
40 
Bei der danach gebotenen Gesamtschau ist zu Gunsten des Klägers in die Erwägungen einzustellen, dass er, wie auch seine Geschwister, in der Bundesrepublik Deutschland geboren und aufgewachsen ist; er beherrscht - wie die mündliche Verhandlung vor dem Senat bestätigt hat - die deutsche Sprache sehr gut, besucht mit überdurchschnittlichem Erfolg die Realschule und möchte anschließend auf das Gymnasium wechseln. Zudem nimmt er am sozialen Leben in seiner Wohngemeinde teil. Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, dass er sich nach seinen Angaben bisher niemals in Vietnam, dem Land seiner Staatsangehörigkeit, aufgehalten hat, dieses also nicht aus eigener Anschauung kennt.
41 
Andererseits kann aber nicht außer Acht gelassen werden, dass die Eltern des Klägers bisher in weit geringerem Maß in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert sind als er, weshalb die innerfamiliären Lebensverhältnisse auch heute noch in erheblichem Maß von der vietnamesischen Herkunft der Gesamtfamilie geprägt werden. Dabei ist in der Verhandlung vor dem Senat vor allem aufgefallen, dass der Vater des Klägers, trotz des langjährigen Aufenthalts, die deutsche Sprache verhältnismäßig schlecht beherrscht, weshalb der Kläger die Fragen des Senats und die Antworten seines Vaters zumeist übersetzen musste. Nach Angaben des Klägers spricht sein Vater allerdings besser Deutsch als seine Mutter, weshalb bei ihr von einer noch geringeren Beherrschung der deutschen Sprache ausgegangen werden muss. Schon diese geringen Sprachkenntnisse der Eltern legen es nahe, dass bei ihnen keine fortgeschrittene Integration angenommen werden kann. Darüber hinaus hat die Familie des Klägers in der Zeit von 1990 bis zum Februar 2000 Sozialhilfe (teilweise in voller Höhe, teilweise als zusätzliche Leistung) bezogen, was für diesen Zeitraum gegen eine gelungene Integration - jedenfalls in wirtschaftlicher Hinsicht - spricht.
42 
Zu berücksichtigen ist ferner, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt über einen rechtmäßigen und damit längerfristig gesicherten Aufenthalt in Deutschland verfügt hat. Dem Umstand, dass seine Eltern im Jahr 1987 als Vertragsarbeitnehmer in die DDR gelangt sind und dort ein bis zum Jahr 1992 gültiges Aufenthaltsrecht erhalten haben, kommt dabei keine entscheidende Bedeutung zu. Ungeachtet der Frage, ob und gegebenenfalls welche Wirkungen dieses Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland entfaltet hat, waren sie nämlich jedenfalls nach dem Abschluss ihrer Asylverfahren vollziehbar ausreisepflichtig und durchgehend nur im Besitz von Duldungen, die ihre Ausreisepflicht unberührt gelassen haben. Ab diesem Zeitpunkt konnte aber weder für sie noch für den Kläger von einem begründeten Vertrauen auf einen dauerhaften Aufenthalt ausgegangen werden. Hinzu kommt, dass die Dauer des Aufenthalts maßgeblich dadurch zustande gekommen ist, dass die Eltern des Klägers nach dem rechtskräftigen Abschluss ihrer Asylverfahren trotz der bestehenden Ausreisepflicht mehrere weitere (erfolglose) Verfahren zur Erlangung eines Aufenthaltsrechts eingeleitet haben. Sie haben bereits im Jahr 1995 einen erfolglosen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis gestellt, im Jahr 1997 ebenfalls erfolglos eine Petition eingereicht und am 15.3.2000 einen - ebenfalls erfolglosen -  Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis auf der Grundlage von § 32 AuslG i.V.m. dem Erlass des Innenministeriums Baden-Württemberg über die Härtefallregelung für ausländische Familien mit langjährigem Aufenthalt vom 12.1.2000 - Az.: 4-1340/29 -gestellt (das damals beim Verwaltungsgericht Stuttgart anhängige Klageverfahren hat währenddessen geruht). Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Vater des Klägers einer am 28.12.1995 erfolgten Vorladung wegen einer beabsichtigten Passbeschaffung unentschuldigt nicht nachgekommen ist und sich - wie die Beklagte in einem Schreiben an die damaligen Bevollmächtigten der Eltern des Klägers vom 17.5.2000 ausgeführt hat - später auch weigerte, Angaben bezüglich seines letzten Aufenthaltes in Vietnam zu machen. So wird auch im Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12.4.2001 (11 K 547/01) ausgeführt, die Kläger (gemeint: die Eltern des Klägers) hätten hinsichtlich der Passlosigkeit ihren diesbezüglichen Mitwirkungspflichten nicht genügt und seien mündlichen und schriftlichen Aufforderungen der Ausländerbehörde zum Ausfüllen von Passanträgen nicht nachgekommen bzw. hätten entsprechenden Vorladungen nicht Folge geleistet. Es kann wohl davon ausgegangen werden, dass eine Aufenthaltsbeendigung in der Vergangenheit möglich gewesen wäre, wenn sich die - vollziehbar ausreisepflichtigen - Eltern des Klägers um Reisepapiere bemüht hätten.
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Zugunsten des Klägers fällt demgegenüber nicht entscheidend ins Gewicht, dass sein Aufenthalt und der Aufenthalt seiner Familie seit dem Abschluss der Asylverfahren der Eltern im Jahr 1995 von der Beklagten nicht zwangsweise beendet worden ist. Es erscheint bereits als grundsätzlich zweifelhaft, ob ein Ausländer, der vollziehbar zur Ausreise aus dem Bundesgebiet verpflichtet ist und dieser gesetzlichen Verpflichtung freiwillig nachkommen könnte, sich   überhaupt auf die unterlassene Vollstreckung der Ausreiseverpflichtung berufen kann. Hat ein Ausländer die seiner freiwilligen Ausreise und seiner Abschiebung entgegenstehenden Hindernisse zu vertreten, so ist er nämlich nach der Rechtsprechung verpflichtet, die ihm entstehenden Nachteile gering zu halten, indem er sich frühzeitig und nachhaltig um die Beseitigung des Ausreisehindernisses bemüht. Zudem hat er Nachteile, die sich hieraus ergeben, grundsätzlich hinzunehmen und kann nicht darauf vertrauen, eine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.4.1997 - 1 B 74/97 -, juris). Davon abgesehen lagen vorliegend aber auch nachvollziehbare Gründe dafür vor, dass eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung der Familie des Klägers in der Vergangenheit nicht erfolgt ist. Zum einen hat sein Vater - wie ausgeführt - die Mitwirkung an der Beschaffung von Reisepapieren mehrfach verweigert. Zum anderen stellte sich eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung der Familie auf der Grundlage des am 21.7.1995 unterzeichneten "Deutsch-Vietnamesischen Rückübernahmeabkommens" nach den unbestrittenen Angaben der Beklagten bzw. des Regierungspräsidiums Stuttgart als schwierig und langwierig dar.  
44 
Beim Kläger ist auch die Annahme gerechtfertigt, dass er sich in die vietnamesischen Lebensverhältnisse wird einleben können. Wie er schon in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht angegeben hat, verfügt er durchaus über vietnamesische Sprachkenntnisse. Dies hat sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt. Zwar hat er hier zunächst gemeint, seine Vietnamesischkenntnisse seien eher schlecht. Allerdings spricht er zuhause nach seinem eigenen Vortrag mit den Eltern Vietnamesisch. In der mündlichen Verhandlung hat er zudem die an seinen Vater gerichteten Fragen des Senats übersetzt, was ihm offenbar keine besonderen Schwierigkeiten bereitet hat. Danach muss der Kläger jedoch über zumindest so gute Kenntnisse der vietnamesischen Sprache verfügen, dass ihm eine Verständigung mit seinen Eltern im Alltagsleben möglich ist. Angesichts seines Alters ist zudem die Annahme gerechtfertigt, dass er diese Kenntnisse der vietnamesischen Sprache weiter ausbauen kann (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.9.2002 - 11 S 862/02 -, NVwZ-RR 2003, 307, 308 f.; Urteil vom 27.1.2004 - 10 S 1610/03 -, VBlBW 2004, 308, 311; Beschluss vom 2.11.2004 - 1 S 3023/04 -, InfAuslR 2006, 71;  ferner EGMR, Urteil vom 27.10. 2005 - 32231 - , InfAuslR 2006, 3; Urteil vom 5.7.2005 - 46410/99 - <Üner>, InfAuslR 2005, 450). Soweit er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen hat, er könne die vietnamesische Sprache nicht lesen und schreiben, ist zu berücksichtigen, dass er sich in einem Alter befindet, in dem der Erwerb dieser Kenntnisse jedenfalls noch als zumutbar erscheint, zumal auch diese Sprache lateinische Buchstaben verwendet, wie der Kläger in der Verhandlung nochmals bestätigt hat. Dies gilt umso mehr, als er - wie dargelegt - die vietnamesische Sprache jedenfalls recht gut spricht. Hinzu kommt, dass er nicht allein, sondern gemeinsam mit seiner Familie nach Vietnam übersiedeln soll, dort also nicht auf sich allein gestellt sein wird, sondern insbesondere mit der Unterstützung seiner Eltern rechnen kann, die mit den vietnamesischen Lebensverhältnissen noch hinreichend vertraut sein dürften. Zudem befinden sich noch seine Großeltern in Vietnam, mit welchen die Familie regelmäßigen Kontakt pflegt. Auch dies dürfte ein Einleben in die vietnamesischen Lebensverhältnisse erleichtern.
45 
Unter Abwägung aller Gesichtspunkte kann der Kläger daher auch aus der Tatsache, dass er hier geboren und aufgewachsen ist und hier seine Schulausbildung erhalten hat bzw. derzeit erhält, nicht ableiten, dass die Versagung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG in seinem Fall einen unzulässigen Eingriff i.S.d. Art. 8 Abs. 2 EMRK darstellt.
46 
c) Der Senat vermag auch nicht zu erkennen, dass die Versagung einer Legalisierung des Aufenthalts des Klägers zu einem verfassungsrechtlich unzulässigen Eingriff in grundgesetzliche Gewährleistungen aus Art. 1, 2 oder 3 GG führt.
47 
Fehlt es danach bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG, bedarf keiner Erörterung, ob das Ermessen der Beklagten - wie das Verwaltungsgericht angenommen hat - dergestalt reduziert ist, dass ermessensfehlerfrei allein die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis in Betracht kommt (sog. "Ermessensreduzierung auf Null").
48 
3. Auch § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG, wonach die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden "soll", wenn die Abschiebung 18 Monate lang ausgesetzt ist, verschafft dem Kläger keinen selbständigen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Denn § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG setzt das Vorliegen der Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG voraus. Dies folgt daraus, dass § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG systematisch an den Tatbestand des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG anknüpft und nur die dort vorgesehene Rechtsfolge ("kann") im Sinne eines "soll" modifiziert, sofern das zusätzliche Tatbestandsmerkmal "Aussetzung der Abschiebung seit 18 Monaten" erfüllt ist (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.4.2005 - 11 S 2779/04 -, juris). Bereits der Tatbestand des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG ist hier aber nicht erfüllt, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt.
49 
4. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 32 Abs. 4 AufenthG. Nach dieser Vorschrift kann dem minderjährigen ledigen Kind eines Ausländers (im übrigen, d. h. wenn die Voraussetzungen der Absätze 1 bis 3 - wie hier - nicht vorliegen) eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn es auf Grund der Umstände des Einzelfalls zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist. Hierbei sind das Kindeswohl und die familiäre Situation zu berücksichtigen (Satz 2).
50 
Es kann vorliegend offen bleiben, ob einem Anspruch auf Grund dieser Bestimmung schon entgegensteht, dass der Kläger im Verwaltungs- und Klageverfahren ausdrücklich (nur) die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis beantragt hat, welcher nach Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 AufenthG entspricht (vgl. § 101 Abs. 2 AufenthG). Denn er erfüllt jedenfalls nicht die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 AufenthG. Allerdings steht der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf dieser Grundlage wohl nicht entgegen, dass er in der Bundesrepublik Deutschland geboren ist. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Vorgängerbestimmung des § 20 Abs. 4 Nr. 2 AuslG war diese nämlich auch auf Kinder anwendbar, die im Bundesgebiet geboren sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.5.2004 - 13 S 2833/02 -, InfAuslR 2004, 385 = VBlBW 2004, 354). Dies dürfte auch für die insoweit übereinstimmende Regelung des § 32 Abs. 4 AufenthG angenommen werden können.
51 
Im Fall des Klägers kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Vermeidung einer besonderen Härte in diesem Sinne erforderlich ist. Das Vorliegen einer solchen Härte setzt voraus, dass die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis den minderjährigen Ausländer in den Folgen deutlich ungleich schwerer trifft als andere Ausländer in vergleichbarer Lage (vgl. - zu § 20 Abs. 4 Nr. 2 AuslG - VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.5.2004, a.a.O. m.w.N.; Hailbronner, AuslR, Stand: 6/2005, Rnr. 28 f. zu § 32 AufenthG). Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass der Zweck des § 32 AufenthG darin besteht, den von dieser Bestimmung begünstigten Familienmitgliedern einen gemeinsamen rechtmäßigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland zu ermöglichen, um dem sich aus Art. 6 GG ergebenden Schutz von Ehe und Familie Rechnung zu tragen (vgl. hierzu die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 15/420, S. 83). Eine besondere Härte im Sinne dieser Bestimmung kann vor diesem Hintergrund aber nur dann angenommen werden, wenn die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis ein solches Zusammenleben in der Bundesrepublik Deutschland hindert. Angesichts des Umstandes, dass sowohl die Eltern des Klägers als auch seine Geschwister vollziehbar ausreisepflichtig sind und nach dem Willen der Beklagten die Bundesrepublik Deutschland gemeinsam mit ihm verlassen sollen, kommt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an ihn schon von der Zweckbestimmung des § 32 Abs. 4 AufenthG her nicht in Betracht. Zudem ist nicht erkennbar, dass die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis eine besondere Härte im dargestellten Sinn begründen könnte, nachdem sie gerade nicht zu einer Trennung von der Familie führt.
52 
5. Auch aus dem Gesetz zu dem Übereinkommen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes (BGBl. II 1992, S. 121 ff.) kann der Kläger für das von ihm begehrte Aufenthaltsrecht nichts herleiten. Dieses Übereinkommen ist für die Bundesrepublik Deutschland am 5. April 1992 (BGBl. 1992 II, 990) in Kraft getreten.
53 
Im vorliegenden Fall ist schon zweifelhaft, ob das Übereinkommen Rechte des Klägers begründet, aus welchen sich ein Aufenthaltsrecht ergeben könnte. Auch insofern ist von entscheidender Bedeutung, dass er zusammen mit seinen Eltern und Geschwistern das Bundesgebiet verlassen soll. Das Übereinkommen betont an mehreren Stellen die Achtung vor dem Elternrecht. Insoweit gilt auch bei Heranziehung des Übereinkommens nichts anderes als sonst allgemein im Ausländerrecht, dass nämlich minderjährige Kinder das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern teilen. Aus Art. 20 Abs. 1 des Übereinkommens ergibt sich eine besondere Beistandspflicht des Staates nur für solche Kinder, die aus ihrer familiären Umgebung herausgelöst werden. Dies ist vorliegend gerade nicht der Fall.
54 
Darüber hinaus hat die Bundesrepublik Deutschland bei der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde eine "Erklärung" abgegeben, in der es unter I. Satz 4 und 5 heißt, das Übereinkommen finde innerstaatlich keine unmittelbare Anwendung. Es begründe völkerrechtliche Staatenverpflichtungen, die die Bundesrepublik Deutschland nach näherer Bestimmung ihres mit dem Übereinkommen übereinstimmenden innerstaatlichen Rechts erfülle. Des weiteren wird unter IV. eine bereits am 23. Februar 1989 in Genf abgegebene Erklärung bekräftigt, nach der nichts in dem Übereinkommen dahingehend ausgelegt werden könne, dass die widerrechtliche Einreise eines Ausländers in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland oder dessen widerrechtlicher Aufenthalt dort erlaubt sei; auch könne keine Bestimmung dahin ausgelegt werden, dass sie das Recht der Bundesrepublik Deutschland beschränke, Gesetze und Verordnungen über die Einreise von Ausländern und die Bedingungen ihres Aufenthalts zu erlassen oder Unterschiede zwischen Inländern und Ausländern zu machen.
55 
Die von der Bundesrepublik Deutschland bei der Ratifikation des Vertrages gemachten Vorbehalte schließen die Ableitung von Rechten aus dem Übereinkommen aus. Es spricht auch nichts dafür, dass diese Vorbehalte nach Art. 51 Absatz 2 des Übereinkommens unzulässig wären.
56 
6. Schließlich ergibt sich auch aus der Landesverfassung Baden-Württemberg nichts für einen Aufenthaltserlaubnisanspruch des Klägers. Dies gilt insbesondere für die in der Rechtsprechung teilweise herangezogene Bestimmung des Art. 2 Abs. 2 LV, wonach sich das Volk von Baden-Württemberg zu dem unveräußerlichen Menschenrecht auf die Heimat bekennt (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 11.10.2005 - 11 K 5363/03 -). Abgesehen davon, dass die Regelungen der Landesverfassung den Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes nachrangig sind (Art. 31 GG), kann sich eine eigene Rechtsposition des Klägers hieraus schon deshalb nicht ergeben, weil es sich dabei nicht um ein Grundrecht handelt, sondern um einen Programmsatz, der allenfalls die Rechtspflicht der Staatsorgane begründet, zur Verwirklichung des Rechts auf Heimat das ihnen Mögliche beizutragen (vgl. Braun, Kommentar zur Verfassung des Landes Baden-Württemberg, 1984, Rnr. 133 ff. zu Art. 2; Hollerbach in: Feuchte, Verfassung des Landes Baden-Württemberg, 1987, Rnr. 25 ff. zu Art. 2). Nachdem die für den Kläger sprechenden Gesichtspunkte, insbesondere seine fortgeschrittene Integration in die bundesdeutschen Lebensverhältnisse, bereits über Art. 8 EMRK in Verbindung mit § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG umfassend berücksichtigt worden sind, ist nicht erkennbar, dass sich aus dem Recht auf Heimat insoweit zusätzliche, zugunsten des Klägers zu berücksichtigende Gesichtspunkte ergeben könnten. Danach bedarf auch keiner weiteren Vertiefung, ob der Kläger vom Begriff des "Volkes" in Art. 2 Abs. 2 LV überhaupt erfasst wird.
57 
7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Anwendung des § 161 Abs. 3 VwGO kommt vorliegend nicht in Betracht. Nach dieser Bestimmung fallen in den Fällen des § 75 die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte. Es kann offen bleiben, ob die Anwendung des § 161 Abs. 3 VwGO bereits deshalb ausgeschlossen ist, weil eine streitige Gerichtsentscheidung ergeht (hierzu Ring, NVwZ 1995, 1191; Kopp/Schenke, a.a.O. Rnr. 35 zu § 161 m.w.N.). Denn § 161 Abs. 3 VwGO ist jedenfalls dann nicht anzuwenden, wenn ein Kläger das anhängige Klageverfahren nach negativer Bescheidung durch die Behörde zunächst fortsetzt und es entweder erst später für erledigt erklärt wird oder streitig über die Sache entschieden werden muss. In einem solchen Fall besteht für eine Kostenüberbürdung auf den Beklagten nach § 161 Abs. 3 VwGO keine Rechtfertigung mehr, weil sich die verzögerte Bescheidung als nicht mehr kausal für den nach dem Erlass des Verwaltungsaktes fortgesetzten Prozess erweist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.7.1991 - 3 C 56/90 -, NVwZ 1991, 1180; Beschluss vom 28.4.1992 - 3 C 50/90 -, Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 94; Clausing in: Schoch/Schmidt-Aßmann/ Pietzner, VwGO, Stand 2005, Rnr. 41 zu § 161;  Kopp/Schenke, a.a.O., Rnr. 35 zu § 161 m.w.N.). Diese Grundsätze sind auch hier anzuwenden. Zwar hat die Beklagte bislang keinen förmlichen Bescheid erlassen; sie hat sich jedoch in der beim Verwaltungsgericht vorgelegten Klageerwiderung vom 23.12.2003 zur Sache geäußert und dabei die Gründe, aus welchen nach ihrer Auffassung die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis an den Kläger (und seine Familie) weiterhin ausscheidet, ausführlich dargestellt. Der Kläger hätte danach - in gleicher Weise wie nach dem Ergehen eines Bescheides - die Möglichkeit gehabt, das Verfahren nach Kenntnis der Rechtsauffassung der Beklagten durch Erledigungserklärung oder Rücknahme (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 23.7.1991 und vom 28.4.1992, a.a.O.) zu beenden. Nachdem er hierauf verzichtet hat, ist es nicht mehr gerechtfertigt, ihn für die weitere Prozessführung von jedem Kostenrisiko freizustellen. Der Umstand, dass er im erstinstanzlichen Verfahren erfolgreich gewesen ist, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Denn dies ändert nichts daran, dass das Unterlassen der Bescheidung seines Antrags durch die Beklagte jedenfalls nach Vorlage der Klageerwiderung für den weiteren Fortgang des Verfahrens nicht mehr ursächlich gewesen ist.
58 
Da der Beigeladene einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO) entspricht es der Billigkeit, dem Kläger auch seine außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO).
59 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
60 
Beschluss
61 
vom 18.1.2006
62 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 72 Nr.1 GKG i. d. F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5.5.2004, BGBl. I S. 718).
63 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
16 
Die vom Senat zugelassene Berufung ist statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde rechtzeitig beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (§ 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung, vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3, Abs. 3 Satz 4 VwGO). Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben, weil der Kläger keinen Anspruch auf den von ihm begehrten Aufenthaltstitel hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
17 
Entgegen der Auffassung der Beklagten erweist sich das Urteil allerdings nicht schon deshalb als fehlerhaft, weil das Verwaltungsgericht das Verfahren des Klägers von demjenigen der übrigen Familienmitglieder abgetrennt und über dieses vorab entschieden hat. Nach § 93 VwGO kann das Gericht durch Beschluss mehrere bei ihm anhängige Verfahren über den gleichen Gegenstand zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbinden und wieder trennen. Es kann anordnen, dass mehrere in einem Verfahren erhobene Ansprüche in getrennten Verfahren verhandelt und entschieden werden. Die Entscheidung über eine Verbindung oder Trennung steht im Ermessen des Gerichts (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., Rdnr. 3 zu § 93 m.w.N.). Es ist vorliegend nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht das Verfahren des Klägers nach Durchführung der mündlichen Verhandlung abgetrennt hat. Zwar könnte dies anders zu beurteilen sein, wenn zwischen dem Kläger und seinen Familienangehörigen eine notwendige Streitgenossenschaft nach § 64 VwGO i.V.m. § 62 ZPO bestünde (vgl. Hessischer VGH, Urteil vom 4.7.1991 - 4 UE 552/87 -, juris). Dies ist aber - entgegen der Auffassung der Beklagten - hier nicht der Fall. Denn es ist nicht ersichtlich, dass über den vom Kläger und seiner Familie geltend gemachten Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zwingend einheitlich (d.h. für jeden Familienangehörigen gleich) entschieden werden muss oder dass aus einem sonstigen Grund eine notwendige Streitgenossenschaft vorliegt (vgl. auch Kopp/Schenke, a.a.O., Rnr. 6 f. zu § 64). Vielmehr ist es durchaus denkbar, dass die Klage hinsichtlich einiger Familienmitglieder Erfolg hat, hinsichtlich anderer - etwa wegen in ihrer Person liegender Gründe (z.B. Fehlen einer allgemeinen Erteilungsvoraussetzung nach § 5 AufenthG) - aber nicht. Im übrigen ist aber auch nicht erkennbar, dass sich die Trennung des Verfahrens des Klägers von demjenigen seiner Eltern und Geschwister in der Sache auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ausgewirkt hat.
18 
Der Kläger hat auch das für die Zulässigkeit der Klage erforderliche Sachbescheidungsinteresse. Die Beklagte hat zur Begründung ihrer gegenteiligen Auffassung vorgetragen, über den Antrag des Klägers und seiner Familie auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis vom 15.7.2003 sei kein neuer Bescheid erlassen worden, da keine neuen Umstände vorgetragen worden seien, die einen anderen rechtlich relevanten Sachverhalt als in den Jahren zuvor beträfen, in denen der Kläger bereits mehrmals Anträge gestellt und Petitionen eingereicht habe; die Tatsache, dass er sich integriert habe, stelle lediglich den gewöhnlichen Lauf der Dinge dar. Dem hat das Verwaltungsgericht jedoch zutreffend entgegengehalten, dass der Kläger Gründe vorgetragen hat, die einen sachlichen Anlass für eine erneute Prüfung und förmliche Entscheidung durch Verwaltungsakt boten, weil sich im Hinblick auf seine weiter fortgeschrittene Integration ernsthaft die Frage stellte, ob nunmehr ein Abschiebungshindernis gegeben war oder ob noch an den früheren ablehnenden Entscheidungen festgehalten werden konnte. Vor diesem Hintergrund besteht auch kein Anlass zur Annahme, dass der erneute Antrag des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis von der Beklagten als offensichtlich rechtsmissbräuchlich gestellt angesehen und daher unbeachtet gelassen werden durfte (vgl. hierzu Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., Rnr. 57 zu § 22 m.w.N.; siehe auch OVG Münster, Beschluss vom 27.10.2005 - 13 A 3802.05A -,    InfAuslR 2006, 99).    
19 
Der Zulässigkeit der Klage steht auch nicht die Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12.4.2001 (11 K 547/01) entgegen. Zwar ist mit diesem ein Anspruch (auch) des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis abgelehnt worden. Damit steht allerdings nur (rechtskräftig) fest, dass ihm zum für die damalige Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt (der mündlichen Verhandlung) keine Aufenthaltsbefugnis zustand (vgl. § 121 VwGO und Kopp/Schenke, a.a.O., Rnr. 9 und 28 zu § 121). Der Kläger macht aber gerade geltend, dass ein solcher Anspruch aufgrund der inzwischen vergangenen Zeit und der damit verbundenen fortgeschrittenen Integration nunmehr gegeben ist.
20 
Die Klage ist aber unbegründet, weil der Kläger keinen Anspruch auf die begehrte Aufenthaltsbefugnis bzw. Aufenthaltserlaubnis hat.
21 
Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis ist zwar noch unter der Geltung des früheren Ausländergesetzes gestellt worden; für die Frage, ob die Erteilung dieses Aufenthaltstitels aus Rechtsgründen geboten ist (Anspruch) oder aus Rechtsgründen ausscheidet (Sperre), ist aber auf das Recht des seit dem 1.1.2005 geltenden Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz - AufenthG -) vom 30.6.2004 (BGBl I S. 1950), abzustellen (vgl. auch § 104 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Im übrigen (Ermessen) kommt es zwar grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides an (siehe dazu allgemein BVerwG, Urteil vom 16.6.2004 - 1 C 20.03 -, InfAuslR 2004, 427; speziell zum Übergang vom AuslG zum AufenthG siehe VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 9.2.2005 - 11 S 1099/04 -, vom 23.2.2005 - 13 S 2949/04 - und vom 22.6.2005 - 13 S 1023/05 -; Jakober/Welte, AufenthG, Rdnr. 34 f. zu § 101; Funke-Kaiser, GK-AufenthG, Rdnr. 2 f. zu § 102); da aber im vorliegenden Verfahren weder ein Bescheid der Beklagten noch ein Widerspruchsbescheid ergangen ist (und damit auch keine behördliche Ermessensausübung stattgefunden hat), ist insgesamt maßgebender Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in der Tatsacheninstanz (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.12.1997 - 17 A 5677/95 - juris; OVG Hamburg, Beschluss vom 6.12.1996 - Bs VI 104/96 -, DÖV 1997, 386).
22 
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufenthaltserlaubnis; auch eine Aufenthaltserlaubnis im Ermessensweg kommt hier nicht in Betracht.
23 
1. § 25 Abs. 1 und 2 AufenthG scheiden als Rechtsgrundlage aus, weil der Kläger weder als Asylberechtigter anerkannt noch festgestellt worden ist, dass bei ihm die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen. Nachdem er das Vorliegen der Voraussetzungen für die Aussetzung der Abschiebung nach § 60 Abs. 2, 3, 5, oder 7 AufenthG weder vorgetragen hat noch dies sonst erkennbar ist, kommt auch die Anwendung von § 25 Abs. 3 AufenthG nicht in Betracht. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4 Satz 1 AufenthG scheidet aus, weil der Kläger nicht nur einen vorübergehenden Aufenthalt anstrebt. Zudem ist nicht erkennbar, dass dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG kann als Rechtsgrundlage für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis schon deshalb nicht herangezogen werden, weil es an einem rechtmäßigen (Vor-)Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet fehlt. Die Vorschrift regelt nämlich die von § 8 Abs. 1 und 2 AufenthG abweichende Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis. Sie setzt daher zwingend voraus, dass der Ausländer bereits über eine verlängerbare Aufenthaltserlaubnis verfügt (vgl. auch den Gesetzentwurf der Bundesregierung BT-Drs. 15/420 S. 80: "Satz 2 schafft eine Ausnahmemöglichkeit für Fälle, in denen ein bereits rechtmäßiger Aufenthalt besteht…"). In Betracht kommt danach allein die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Jedoch sind auch die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht gegeben.
24 
2. Auch nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann dem Kläger keine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Seine Ausreise ist nämlich nicht aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich.
25 
Nachdem der - vollziehbar ausreisepflichtige - Kläger inzwischen im Besitz eines gültigen vietnamesischen Reisepasses ist, ist das ursprünglich bestehende tatsächliche Ausreisehindernis entfallen. Es ist auch sonst weder vorgetragen noch erkennbar, dass seiner Ausreise ein tatsächliches Ausreisehindernis entgegensteht.
26 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts liegt im Fall des Klägers aber auch kein rechtliches Ausreisehindernis vor. Er macht insoweit geltend, dass seine Integration in die Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland im Hinblick auf Art. 8 EMRK einer Aufenthaltsbeendigung entgegensteht. Damit beruft er sich in der Sache auf die Unzumutbarkeit einer (freiwilligen) Ausreise.
27 
Ob auch die Unzumutbarkeit der Ausreise - deren Vorliegen unterstellt - zu ihrer rechtlichen Unmöglichkeit i.S.d. § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG führt, wird unterschiedlich beurteilt. Gegen diese Auffassung könnte sprechen, dass die behauptete Unzumutbarkeit eine freiwillige Ausreise des Klägers aus der Bundesrepublik Deutschland nicht von vornherein ausschließt. Dementsprechend wird unter Hinweis auf den Gesetzeswortlaut des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG teilweise die Auffassung vertreten, es komme auf die Zumutbarkeit einer Ausreise nicht an (vgl. VG Lüneburg, Beschluss vom 23.9.2005 - 3 B 70/05 -, juris; Renner, AuslR, 8. Aufl., Rnr. 34 zu § 25 AufenthG; Jakober/Welte, Aktuelles Ausländerrecht, Rnr. 22 und 23a zu § 25). Andererseits ist jedoch nach der Gesetzesbegründung zu § 25 Abs. 5 AufenthG (BT-Drs. 15/420, S. 80) bei der Frage, ob eine Ausreisemöglichkeit besteht, auch die subjektive Möglichkeit - und damit implizit auch die Zumutbarkeit - der Ausreise zu prüfen (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.4.2005 - 11 S 2779/04 -, VBlBW 2005, 356; Hessischer VGH, Beschluss vom 1.6.2005 - 3 TG 1273/05 -, Asylmagazin 9/2005, 33; VG Koblenz, Urteil vom 10.10.2005 - 3 K 147/05.KO -, InfAuslR 2006, 25; VG Karlsruhe, Urteil vom 7.9.2005 - 4 K 1390/03 -; Göbel-Zimmermann, ZAR 2005, 275, 278; Benassi, InfAuslR 2005, 357, 362). Daher geht der Senat davon aus, dass auch die Unzumutbarkeit der Ausreise eine rechtliche Unmöglichkeit i.S.d. § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG darstellt. Hierfür spricht auch, dass kein Wille des Gesetzgebers erkennbar ist, die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Vergleich zur früheren Regelung in § 30 Abs. 3 und 4 AuslG insoweit zu verschärfen. Letztlich bedarf diese Frage hier aber keiner abschließenden Entscheidung. Denn im Fall des Klägers ist die Ausreise möglich und zumutbar, weil ihr weder Art. 6 GG noch Art. 8 EMRK entgegenstehen.
28 
a) Art. 6 Abs. 1 GG verpflichtet den Staat, die Einheit und Selbstverantwortlichkeit von Ehe und Familie zu respektieren und zu fördern. Art. 6 Abs. 2 GG garantiert das Elternrecht im Interesse des Kindeswohls und schützt die freie Entscheidung der Eltern darüber, wie sie ihrer Elternverantwortung gerecht werden wollen, vor staatlichen Eingriffen (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 22.8.2000 - 2 BvR 1363/00 -, juris). Art. 6 Abs. 3 GG regelt die grundsätzlichen Voraussetzungen, unter denen Kinder gegen den Willen der Erziehungsberechtigten von der Familie getrennt werden dürfen.
29 
Da im vorliegenden Fall die Familie nicht getrennt werden soll, sondern vielmehr der gesamten Familie ein Aufenthaltsrecht verweigert wird und nach dem Willen der Beklagten alle Familienmitglieder in das Land ihrer Staatsangehörigkeit zurückkehren sollen, ist der Schutzbereich der genannten Gewährleistungen von vornherein nicht tangiert. Der Umstand, dass das Verwaltungsgericht das Verfahren des Klägers von demjenigen seiner Familienangehörigen abgetrennt und vorab entschieden hat, ändert hieran nichts, zumal nach den unbestritten gebliebenen Angaben der Beklagten und des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat weiterhin eine gemeinsame Aufenthaltsbeendigung der Familie des Klägers angestrebt wird.
30 
b) Nach Art. 8 Abs. 1 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4.11.1950 (BGBl II 1952, 686, 953/II 1954, 14) - EMRK - hat jedermann Anspruch auf Achtung (u.a.) seines Privat- und Familienlebens. Art. 8 Abs. 2 EMRK nennt die Voraussetzungen, unter denen der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts statthaft ist.
31 
Soweit Art. 8 Abs. 1 EMRK (auch) den Schutz des Familienlebens garantiert, scheidet eine Verletzung dieser Bestimmung aus den bereits genannten Gründen aus. In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) ist auch geklärt, dass Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht das Recht gewährt, den Ort zu wählen, der nach Ansicht der Betroffenen am besten geeignet ist, ein Familienleben aufzubauen (Urteil der Großen Kammer vom 9.10.2003 - 48321/99 - Slivenko/Lettland, § 94, wobei hier der Begriff des Familienlebens i.S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK in Bezug auf Abschiebung, Ausweisung und Auslieferung ausdrücklich verstanden wird als das auf dem Gebiet eines Vertragstaates tatsächlich geführte Familienleben von Nicht-Staatsangehörigen, die sich dort rechtmäßig aufhalten ["by aliens lawfully resident there"]; Entscheidung vom 7.10.2004 - 33743/03 - , NVwZ 2005, 1043,1045).
32 
Die Weigerung, dem Kläger ein Aufenthaltsrecht in Deutschland zu gewähren, kann daher allenfalls einen rechtfertigungsbedürftigen Eingriff in sein Recht auf Achtung seines Privatlebens darstellen. Ein nicht gerechtfertigter Eingriff i. S. des Art. 8 Abs. 1 und 2 EMRK liegt jedoch hier nicht vor.
33 
Nach seiner ursprünglichen Konzeption dient dieses Recht dazu, dem Individuum eine Sphäre zu sichern, in der es die Entwicklung und Erfüllung seiner Persönlichkeit anstreben kann. Wenn der Staat Regeln für das Verhalten in dieser Sphäre trifft, greift er in das Recht auf Achtung der Privatsphäre ein, was der Rechtfertigung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK bedarf (vgl. zum Schutzbereich des Privatlebens: Frowein/Penkert, EMRK, 1996, Rnr. 1 ff. zu Art. 8). Nach der Rechtsprechung des EGMR (Urteil vom 16.6.2005 - 60654/00 -, auszugsweise abgedr. in InfAuslR 2005, 349) stellt auch eine Aufenthaltsbeendigung bzw. die Verweigerung eines Aufenthaltsrechts jedenfalls dann einen - rechtfertigungsbedürftigen - Eingriff in das Privatleben dar, wenn der Ausländer über starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat verfügt. Eine den Schutz des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK auslösende Verbindung mit der Bundesrepublik Deutschland als Aufenthaltsstaat kann danach insbesondere für solche Ausländer in Betracht kommen, die auf Grund eines Hineinwachsens in die hiesigen Verhältnisse mit gleichzeitiger Entfremdung von ihrem Heimatland so eng mit der Bundesrepublik Deutschland verbunden sind, dass sie quasi deutschen Staatsangehörigen gleichzustellen sind. Ihre Situation ist dadurch gekennzeichnet, dass die Bundesrepublik Deutschland faktisch das Land ist, zu dem sie gehören, während sie mit ihrem Heimatland im wesentlichen nur noch das formale Band ihrer Staatsangehörigkeit verbindet (vgl. auch OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.2.1999 - 4 L 195/98 -, juris; zur Bedeutung der engen Bindung an den Aufenthaltsstaat im Zusammenhang mit dem "Schutz des Familienlebens" s. auch EGMR, Urteile vom 26.3.1992 , InfAuslR 1994, 86 ff., und vom 26.9.1997 , InfAuslR 1997, 430, sowie BVerwG, Urteil vom 29.9.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303 ff.).
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Ein der Rechtfertigung bedürftiger Eingriff in die von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten Rechte durch Versagung des Aufenthalts für einen Ausländer liegt allerdings regelmäßig nur dann vor, wenn sein Privat- bzw. Familienleben in dem betreffenden Land fest verankert ist und sich nicht auf eine lose Verbindung beschränkt (vgl. BVerwG, Urteile vom 3.6.1997 - 1 C 18/96 -, NVwZ 1998, 189 ff. m.w.N., und vom 29.3.1996 - 1 C 28/94 -, InfAuslR 1997, 24 ff.). Hierzu gehört grundsätzlich - als Basis - eine entsprechende aufenthaltsrechtliche Verankerung. Diese Voraussetzung ist in den Fällen bloßer Duldungen, in deren Besitz der Kläger sich befindet, aber regelmäßig nicht erfüllt. Eine Duldung gewährt nämlich keinen legalen, ordnungsgemäßen Aufenthalt, sondern schützt den Ausländer lediglich vorübergehend vor einer sonst rechtlich zwingend gebotenen Abschiebung und lässt seine Ausreisepflicht unberührt (vgl. §§ 55 Abs. 1, 56 Abs. 1 AuslG bzw. § 60a Abs. 1 - 3 AufenthG). Sie führt nicht zur Erlangung eines aufenthaltsrechtlichen Status, der berechtigterweise die Erwartung hervorrufen kann, in Deutschland bleiben zu dürfen (vgl. zu diesem Kriterium auch OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.2.1999, a.a.O.). Nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs kann daher eine aufenthaltsrechtlich erhebliche und insoweit schutzwürdige Eingliederung in die in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Lebensverhältnisse während des Aufenthalts eines Ausländers, der sich nicht rechtmäßig in Deutschland aufhält, grundsätzlich nicht erfolgen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.9.2003 - 11 S 1795/03 -, InfAuslR 2004, 70 ff. und Beschluss vom 24.11.2005 - 11 S 1078/05 -; vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 2.11.2005 - 1 S 3023/04 -, InfAuslR 2006, 70,71).
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In der - ohnehin stark kasuistisch geprägten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 1.3.2004 - 2 BvR 1570/03 -, NVwZ 2004, 852 ff.) - Rechtsprechung des EGMR ist die Frage, welche rechtliche Qualität ein Aufenthalt haben muss, um Grundlage eines i.S.v. Art. 8 Abs. 1 EMRK schützenswerten Privat- oder Familienlebens sein zu können, soweit ersichtlich allerdings nicht eindeutig geklärt (offen gelassen z. B. im Urteil vom 16.9.2004 , a.a.O.). Es kann  aber jedenfalls festgehalten werden, dass allein ein langdauernder faktischer Aufenthalt auch aus der Sicht des EGMR hierfür nicht ausreichend ist. In der Entscheidung heißt es ausdrücklich, Art. 8 Abs. 1 EMRK dürfe nicht so ausgelegt werden, als verbiete er allgemein die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen nur deswegen, weil dieser sich eine bestimmte Zeit im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten habe (im Ergebnis ebenso EGMR vom 7.10.2004 in der Sache Dragan, a.a.O.). In beiden Verfahren hatten sich die Beschwerdeführer zwar viele Jahre in Deutschland aufgehalten, jedoch einen Aufenthaltstitel nicht oder nur für sehr kurze Zeit erlangt. Auf dieses fehlende Aufenthaltsrecht hat der EGMR bei seinen Entscheidungen jeweils maßgeblich abgestellt. Eine rechtsgrundsätzliche Festlegung im Sinne der Entbehrlichkeit eines rechtmäßigen Aufenthalts dürfte auch der Entscheidung vom 16.6.2005 (- 60654/00 -, Sisojewa/Lettland, auszugsweise abgedruckt in InfAuslR 2005, 349) nicht zu entnehmen sein. Zwar wird darin ein auf der Grundlage von Art. 8 Abs. 1 EMRK begründeter Anspruch auf dauerhafte Legalisierung des Aufenthalts anerkannt. Der Fall ist indessen von der Besonderheit geprägt, dass die Beschwerdeführer zum einen lange Zeit ordnungsgemäß im Vertragsstaat gewohnt hatten und ihr aufenthaltsrechtlicher Status erst im Anschluss an politische Umwälzungen - die Auflösung der Sowjetunion und die Unabhängigkeit Lettlands - aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit in Frage gestellt worden ist (siehe §§ 57 f. und 94), und ihnen zum anderen jedenfalls die rechtliche Möglichkeit eröffnet war, einen befristeten legalen Aufenthaltsstatus zu erlangen (siehe hierzu insbesondere die abweichende Meinung der Richterinnen V und B). Eine vergleichbare Situation ist beim Kläger indes nicht gegeben.
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Allerdings legt die - sehr einzelfallbezogene - Rechtsprechung des EGMR  die Annahme nahe, dass ein schutzwürdiger Aufenthalt im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK auch beim Vorhandensein einer Duldung jedenfalls nicht von vornherein ausscheidet. Vielmehr dürfte es aus Sicht des EGMR maßgeblich darauf ankommen, warum der betreffende Ausländer sich trotz des Fehlens eines Aufenthaltsrechts im Aufnahmestaat aufhält, ob ihm eine Ausreise grundsätzlich möglich und zumutbar wäre und ob die Aufenthaltsbeendigung aus von ihm zu vertretenden Gründen oder auf Grund anderer Umstände (etwa wegen der Verhältnisse im Heimatstaat) nicht möglich ist.
37 
Selbst wenn zu Gunsten des Klägers davon ausgegangen wird, dass auch ein - wie hier - rechtlich ungesicherter Aufenthalt Grundlage für die Annahme eines schutzwürdigen Privatlebens i.S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK sein kann, ist die daraus folgende Rechtsposition jedoch im Rahmen der Schrankenbestimmung des Art. 8 Abs. 2 EMRK gegen das Recht des Vertragsstaates zur Einwanderungskontrolle abzuwägen. Nach dieser Bestimmung ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts aus Absatz 1 nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Eine wirksame Einwanderungskontrolle stellt auch nach der Rechtsprechung des EGMR eine Maßnahme dar, die in einer demokratischen Gesellschaft aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung notwendig ist (vgl. Entscheidung vom 16.9.2004 in der Sache Ghiban, a.a.O.). In seiner grundlegenden Entscheidung zur Bedeutung der EMRK im Recht des Aufenthalts von Ausländern vom 28.5.1985 (, NJW 1986, 3007 ff.) hat der EGMR zudem betont, dass zum einen die Vertragsstaaten im Bereich des nicht klar umrissenen Begriffs der  "Achtung"  des Familien- und Privatlebens über einen weiten Ermessensspielraum verfügen und sie zum anderen das Recht haben, die Einwanderung von Personen, die nicht ihre Nationalität haben, in ihr Staatsgebiet zu kontrollieren. In seinen Entscheidungen vom 16.9.2004 (, NVwZ 2005, 1046 ff.) und 7.10.2004 (, NVwZ 2005, 1043) hat er nochmals darauf verwiesen, dass die Konvention nicht das Recht eines Ausländers garantiere, in einen bestimmten Staat einzureisen oder sich dort aufzuhalten oder nicht ausgewiesen zu werden. Die Vertragsstaaten hätten vielmehr nach allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsätzen das Recht, über die Einreise, den Aufenthalt und die Abschiebung fremder Staatsangehöriger zu entscheiden.  Wie dargelegt, verbietet Art. 8 EMRK die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen zudem nicht allein deswegen, weil er sich "eine bestimmte Zeit" im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten hat. Vielmehr bedarf es näherer Anhaltspunkte dafür, dass eine Rückkehr nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unzumutbar ist (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.9.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303 ff.). Allein der Umstand, dass ein Ausländer als Kind in den Vertragsstaat eingereist und dort aufgewachsen und zur Schule gegangen ist, rechtfertigt einen solchen Schluss jedoch noch nicht (in diesem Sinne siehe EGMR, Entscheidung vom 7.10.2004 in der Sache Dragan, a.a.O., hinsichtlich der dortigen Beschwerdeführer zu 2 und 3). Ein wesentlicher Gesichtspunkt ist neben der Dauer des Aufenthalts insbesondere, ob der Ausländer ein Alter erreicht hat, in dem ihm ein Hineinwachsen in die Lebensumstände des Staates seiner Staatsangehörigkeit in der Regel nicht mehr oder nur unter größten Schwierigkeiten gelingen kann (vgl. dazu OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.2.1999, a.a.O.), wobei gerade auch die Sprachkenntnisse des Betroffenen bzw. dessen sprachliche Integrationsfähigkeit im Heimatland in Betracht zu ziehen sind (siehe zu den einzelnen Gesichtspunkten die Nachweise aus der Rechtsprechung des EGMR in BVerfG, Beschluss vom 1.3.2004 - 2 BvR 1570/03 -, NVwZ 2004, 852 ff.).
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Vor dem dargestellten Hintergrund ist im Fall des Klägers bei Abwägung aller Umstände nicht festzustellen, dass die Verweigerung der Legalisierung seines Aufenthalts und die geplante Aufenthaltsbeendigung unverhältnismäßig ist und daher gegen Art. 8 Abs. 1 EMRK verstößt. Dabei ist es nach Auffassung des Senats nicht ausreichend, bei der Beurteilung der Integration des Klägers gleichsam isoliert nur in den Blick zu nehmen, inwieweit er selbst - etwa im Hinblick auf Sprachkenntnisse, Schulbesuch und persönlichen Umgang - in der Bundesrepublik Deutschland verwurzelt ist. Vielmehr kommt dabei auch der Frage Bedeutung zu, in welchem Umfang seine Familie sich in die bundesdeutschen Lebensverhältnisse integriert hat. Denn für die Beurteilung der Verwurzelung des Klägers kommt es auch entscheidend darauf an, ob bzw. inwieweit seine familiären Verhältnisse an das Leben in der Bundesrepublik Deutschland angeglichen sind und welche Verbindungen insoweit noch zum Land seiner Staatsangehörigkeit bestehen. Für eine solche Gesamtbetrachtung spricht nicht nur die Bezugnahme auf das "Familienleben" als paralleles Schutzgut des Art. 8 Abs. 1 EMRK, sondern auch die Tatsache, dass der Kläger seinen Lebensunterhalt in der Bundesrepublik Deutschland nicht allein sichern könnte, sondern hierfür auf die Unterstützung seiner Familie angewiesen ist. Sein Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland kann auch insoweit rechtlich nicht isoliert von demjenigen seiner Familie, insbesondere seiner Eltern, beurteilt werden. Zudem wären auch Fallgestaltungen denkbar, in denen nur ein Kind in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert ist, andere Kinder dagegen auf Rückkehr in den Heimatstaat angewiesen wären.
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Entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung sind bei dieser Gesamtbetrachtung - sowohl zu seinen Gunsten wie zu seinen Lasten - auch solche Gesichtspunkte berücksichtigungsfähig, welche (etwa im Hinblick auf die unterbliebene Ausreise aus dem Bundesgebiet) auf das Verhalten seiner Eltern zurückzuführen sind.  Er muss sich das Verhalten seiner Eltern schon deshalb zurechnen lassen, weil er als Kind grundsätzlich deren aufenthaltsrechtliches Schicksal teilt und sich nur deshalb bis heute in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten konnte, weil diese ihrer bestehenden Ausreisepflicht nicht nachgekommen sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.4.1997 - 1 B 74/97 -, juris). Hierfür spricht auch, dass das Aufenthaltsgesetz ein selbständiges Aufenthaltsrecht für Kinder erst nach Vollendung des 16. Lebensjahres vorsieht (vgl. § 35 Abs. 1 AufenthG) und sie auch erst ab diesem Alter für verfahrensfähig erklärt (vgl. § 80 Abs. 1 AufenthG). Daran zeigt sich, dass der Gesetzgeber auch beim Aufenthaltsgesetz an der Konzeption festgehalten hat, wonach das Aufenthaltsrecht von Kindern bis zum 16. Lebensjahr dem der Eltern folgt; damit wird im übrigen auch ihre Integrationsfähigkeit in andere Lebensverhältnisse generell unterstellt (vgl. Hessischer VGH, Urteil vom 21.9.1994 - 10 UE 548/94 -, NVwZ-RR 1995, 163). Auch sonst geht die Rechtsprechung bei Abschiebungshindernissen von Kindern davon aus, dass die familiäre Unterstützung im Heimatland mit zu berücksichtigen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.9.1999 - 9 C 12.99 -, BVerwGE 109, 305 und Urteil vom 27.7.2000 - 9 C 9.00 -, InfAuslR 2001, 52). Die Berücksichtigung der rechtlichen Bindung des Kindes an seine Eltern entspricht auch den Regelungen des deutschen Familienrechts, wonach Kinder den Wohnsitz der Eltern teilen (§ 11 BGB) und diesen im Rahmen der elterlichen Sorge das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihr Kind zusteht (§§ 1626 Abs. 1, 1631 Abs. 1 BGB). Nach §§ 1666, 1666a BGB kommt ein Eingriff in dieses Recht, insbesondere eine Trennung, nur ausnahmsweise in Betracht. Der Senat hat bei der Frage, ob eine Ausreise für ein Kind aus Rechtsgründen unzumutbar ist, wegen des Grundsatzes der Einheit der Rechtsordnung im übrigen auch die insofern eher zurückhaltende Rechtsprechung zu §§ 1631,1666 BGB zu bedenken.
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Bei der danach gebotenen Gesamtschau ist zu Gunsten des Klägers in die Erwägungen einzustellen, dass er, wie auch seine Geschwister, in der Bundesrepublik Deutschland geboren und aufgewachsen ist; er beherrscht - wie die mündliche Verhandlung vor dem Senat bestätigt hat - die deutsche Sprache sehr gut, besucht mit überdurchschnittlichem Erfolg die Realschule und möchte anschließend auf das Gymnasium wechseln. Zudem nimmt er am sozialen Leben in seiner Wohngemeinde teil. Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, dass er sich nach seinen Angaben bisher niemals in Vietnam, dem Land seiner Staatsangehörigkeit, aufgehalten hat, dieses also nicht aus eigener Anschauung kennt.
41 
Andererseits kann aber nicht außer Acht gelassen werden, dass die Eltern des Klägers bisher in weit geringerem Maß in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert sind als er, weshalb die innerfamiliären Lebensverhältnisse auch heute noch in erheblichem Maß von der vietnamesischen Herkunft der Gesamtfamilie geprägt werden. Dabei ist in der Verhandlung vor dem Senat vor allem aufgefallen, dass der Vater des Klägers, trotz des langjährigen Aufenthalts, die deutsche Sprache verhältnismäßig schlecht beherrscht, weshalb der Kläger die Fragen des Senats und die Antworten seines Vaters zumeist übersetzen musste. Nach Angaben des Klägers spricht sein Vater allerdings besser Deutsch als seine Mutter, weshalb bei ihr von einer noch geringeren Beherrschung der deutschen Sprache ausgegangen werden muss. Schon diese geringen Sprachkenntnisse der Eltern legen es nahe, dass bei ihnen keine fortgeschrittene Integration angenommen werden kann. Darüber hinaus hat die Familie des Klägers in der Zeit von 1990 bis zum Februar 2000 Sozialhilfe (teilweise in voller Höhe, teilweise als zusätzliche Leistung) bezogen, was für diesen Zeitraum gegen eine gelungene Integration - jedenfalls in wirtschaftlicher Hinsicht - spricht.
42 
Zu berücksichtigen ist ferner, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt über einen rechtmäßigen und damit längerfristig gesicherten Aufenthalt in Deutschland verfügt hat. Dem Umstand, dass seine Eltern im Jahr 1987 als Vertragsarbeitnehmer in die DDR gelangt sind und dort ein bis zum Jahr 1992 gültiges Aufenthaltsrecht erhalten haben, kommt dabei keine entscheidende Bedeutung zu. Ungeachtet der Frage, ob und gegebenenfalls welche Wirkungen dieses Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland entfaltet hat, waren sie nämlich jedenfalls nach dem Abschluss ihrer Asylverfahren vollziehbar ausreisepflichtig und durchgehend nur im Besitz von Duldungen, die ihre Ausreisepflicht unberührt gelassen haben. Ab diesem Zeitpunkt konnte aber weder für sie noch für den Kläger von einem begründeten Vertrauen auf einen dauerhaften Aufenthalt ausgegangen werden. Hinzu kommt, dass die Dauer des Aufenthalts maßgeblich dadurch zustande gekommen ist, dass die Eltern des Klägers nach dem rechtskräftigen Abschluss ihrer Asylverfahren trotz der bestehenden Ausreisepflicht mehrere weitere (erfolglose) Verfahren zur Erlangung eines Aufenthaltsrechts eingeleitet haben. Sie haben bereits im Jahr 1995 einen erfolglosen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis gestellt, im Jahr 1997 ebenfalls erfolglos eine Petition eingereicht und am 15.3.2000 einen - ebenfalls erfolglosen -  Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis auf der Grundlage von § 32 AuslG i.V.m. dem Erlass des Innenministeriums Baden-Württemberg über die Härtefallregelung für ausländische Familien mit langjährigem Aufenthalt vom 12.1.2000 - Az.: 4-1340/29 -gestellt (das damals beim Verwaltungsgericht Stuttgart anhängige Klageverfahren hat währenddessen geruht). Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Vater des Klägers einer am 28.12.1995 erfolgten Vorladung wegen einer beabsichtigten Passbeschaffung unentschuldigt nicht nachgekommen ist und sich - wie die Beklagte in einem Schreiben an die damaligen Bevollmächtigten der Eltern des Klägers vom 17.5.2000 ausgeführt hat - später auch weigerte, Angaben bezüglich seines letzten Aufenthaltes in Vietnam zu machen. So wird auch im Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12.4.2001 (11 K 547/01) ausgeführt, die Kläger (gemeint: die Eltern des Klägers) hätten hinsichtlich der Passlosigkeit ihren diesbezüglichen Mitwirkungspflichten nicht genügt und seien mündlichen und schriftlichen Aufforderungen der Ausländerbehörde zum Ausfüllen von Passanträgen nicht nachgekommen bzw. hätten entsprechenden Vorladungen nicht Folge geleistet. Es kann wohl davon ausgegangen werden, dass eine Aufenthaltsbeendigung in der Vergangenheit möglich gewesen wäre, wenn sich die - vollziehbar ausreisepflichtigen - Eltern des Klägers um Reisepapiere bemüht hätten.
43 
Zugunsten des Klägers fällt demgegenüber nicht entscheidend ins Gewicht, dass sein Aufenthalt und der Aufenthalt seiner Familie seit dem Abschluss der Asylverfahren der Eltern im Jahr 1995 von der Beklagten nicht zwangsweise beendet worden ist. Es erscheint bereits als grundsätzlich zweifelhaft, ob ein Ausländer, der vollziehbar zur Ausreise aus dem Bundesgebiet verpflichtet ist und dieser gesetzlichen Verpflichtung freiwillig nachkommen könnte, sich   überhaupt auf die unterlassene Vollstreckung der Ausreiseverpflichtung berufen kann. Hat ein Ausländer die seiner freiwilligen Ausreise und seiner Abschiebung entgegenstehenden Hindernisse zu vertreten, so ist er nämlich nach der Rechtsprechung verpflichtet, die ihm entstehenden Nachteile gering zu halten, indem er sich frühzeitig und nachhaltig um die Beseitigung des Ausreisehindernisses bemüht. Zudem hat er Nachteile, die sich hieraus ergeben, grundsätzlich hinzunehmen und kann nicht darauf vertrauen, eine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.4.1997 - 1 B 74/97 -, juris). Davon abgesehen lagen vorliegend aber auch nachvollziehbare Gründe dafür vor, dass eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung der Familie des Klägers in der Vergangenheit nicht erfolgt ist. Zum einen hat sein Vater - wie ausgeführt - die Mitwirkung an der Beschaffung von Reisepapieren mehrfach verweigert. Zum anderen stellte sich eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung der Familie auf der Grundlage des am 21.7.1995 unterzeichneten "Deutsch-Vietnamesischen Rückübernahmeabkommens" nach den unbestrittenen Angaben der Beklagten bzw. des Regierungspräsidiums Stuttgart als schwierig und langwierig dar.  
44 
Beim Kläger ist auch die Annahme gerechtfertigt, dass er sich in die vietnamesischen Lebensverhältnisse wird einleben können. Wie er schon in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht angegeben hat, verfügt er durchaus über vietnamesische Sprachkenntnisse. Dies hat sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt. Zwar hat er hier zunächst gemeint, seine Vietnamesischkenntnisse seien eher schlecht. Allerdings spricht er zuhause nach seinem eigenen Vortrag mit den Eltern Vietnamesisch. In der mündlichen Verhandlung hat er zudem die an seinen Vater gerichteten Fragen des Senats übersetzt, was ihm offenbar keine besonderen Schwierigkeiten bereitet hat. Danach muss der Kläger jedoch über zumindest so gute Kenntnisse der vietnamesischen Sprache verfügen, dass ihm eine Verständigung mit seinen Eltern im Alltagsleben möglich ist. Angesichts seines Alters ist zudem die Annahme gerechtfertigt, dass er diese Kenntnisse der vietnamesischen Sprache weiter ausbauen kann (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.9.2002 - 11 S 862/02 -, NVwZ-RR 2003, 307, 308 f.; Urteil vom 27.1.2004 - 10 S 1610/03 -, VBlBW 2004, 308, 311; Beschluss vom 2.11.2004 - 1 S 3023/04 -, InfAuslR 2006, 71;  ferner EGMR, Urteil vom 27.10. 2005 - 32231 - , InfAuslR 2006, 3; Urteil vom 5.7.2005 - 46410/99 - <Üner>, InfAuslR 2005, 450). Soweit er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen hat, er könne die vietnamesische Sprache nicht lesen und schreiben, ist zu berücksichtigen, dass er sich in einem Alter befindet, in dem der Erwerb dieser Kenntnisse jedenfalls noch als zumutbar erscheint, zumal auch diese Sprache lateinische Buchstaben verwendet, wie der Kläger in der Verhandlung nochmals bestätigt hat. Dies gilt umso mehr, als er - wie dargelegt - die vietnamesische Sprache jedenfalls recht gut spricht. Hinzu kommt, dass er nicht allein, sondern gemeinsam mit seiner Familie nach Vietnam übersiedeln soll, dort also nicht auf sich allein gestellt sein wird, sondern insbesondere mit der Unterstützung seiner Eltern rechnen kann, die mit den vietnamesischen Lebensverhältnissen noch hinreichend vertraut sein dürften. Zudem befinden sich noch seine Großeltern in Vietnam, mit welchen die Familie regelmäßigen Kontakt pflegt. Auch dies dürfte ein Einleben in die vietnamesischen Lebensverhältnisse erleichtern.
45 
Unter Abwägung aller Gesichtspunkte kann der Kläger daher auch aus der Tatsache, dass er hier geboren und aufgewachsen ist und hier seine Schulausbildung erhalten hat bzw. derzeit erhält, nicht ableiten, dass die Versagung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG in seinem Fall einen unzulässigen Eingriff i.S.d. Art. 8 Abs. 2 EMRK darstellt.
46 
c) Der Senat vermag auch nicht zu erkennen, dass die Versagung einer Legalisierung des Aufenthalts des Klägers zu einem verfassungsrechtlich unzulässigen Eingriff in grundgesetzliche Gewährleistungen aus Art. 1, 2 oder 3 GG führt.
47 
Fehlt es danach bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG, bedarf keiner Erörterung, ob das Ermessen der Beklagten - wie das Verwaltungsgericht angenommen hat - dergestalt reduziert ist, dass ermessensfehlerfrei allein die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis in Betracht kommt (sog. "Ermessensreduzierung auf Null").
48 
3. Auch § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG, wonach die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden "soll", wenn die Abschiebung 18 Monate lang ausgesetzt ist, verschafft dem Kläger keinen selbständigen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Denn § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG setzt das Vorliegen der Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG voraus. Dies folgt daraus, dass § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG systematisch an den Tatbestand des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG anknüpft und nur die dort vorgesehene Rechtsfolge ("kann") im Sinne eines "soll" modifiziert, sofern das zusätzliche Tatbestandsmerkmal "Aussetzung der Abschiebung seit 18 Monaten" erfüllt ist (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.4.2005 - 11 S 2779/04 -, juris). Bereits der Tatbestand des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG ist hier aber nicht erfüllt, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt.
49 
4. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 32 Abs. 4 AufenthG. Nach dieser Vorschrift kann dem minderjährigen ledigen Kind eines Ausländers (im übrigen, d. h. wenn die Voraussetzungen der Absätze 1 bis 3 - wie hier - nicht vorliegen) eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn es auf Grund der Umstände des Einzelfalls zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist. Hierbei sind das Kindeswohl und die familiäre Situation zu berücksichtigen (Satz 2).
50 
Es kann vorliegend offen bleiben, ob einem Anspruch auf Grund dieser Bestimmung schon entgegensteht, dass der Kläger im Verwaltungs- und Klageverfahren ausdrücklich (nur) die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis beantragt hat, welcher nach Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 AufenthG entspricht (vgl. § 101 Abs. 2 AufenthG). Denn er erfüllt jedenfalls nicht die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 AufenthG. Allerdings steht der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf dieser Grundlage wohl nicht entgegen, dass er in der Bundesrepublik Deutschland geboren ist. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Vorgängerbestimmung des § 20 Abs. 4 Nr. 2 AuslG war diese nämlich auch auf Kinder anwendbar, die im Bundesgebiet geboren sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.5.2004 - 13 S 2833/02 -, InfAuslR 2004, 385 = VBlBW 2004, 354). Dies dürfte auch für die insoweit übereinstimmende Regelung des § 32 Abs. 4 AufenthG angenommen werden können.
51 
Im Fall des Klägers kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Vermeidung einer besonderen Härte in diesem Sinne erforderlich ist. Das Vorliegen einer solchen Härte setzt voraus, dass die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis den minderjährigen Ausländer in den Folgen deutlich ungleich schwerer trifft als andere Ausländer in vergleichbarer Lage (vgl. - zu § 20 Abs. 4 Nr. 2 AuslG - VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.5.2004, a.a.O. m.w.N.; Hailbronner, AuslR, Stand: 6/2005, Rnr. 28 f. zu § 32 AufenthG). Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass der Zweck des § 32 AufenthG darin besteht, den von dieser Bestimmung begünstigten Familienmitgliedern einen gemeinsamen rechtmäßigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland zu ermöglichen, um dem sich aus Art. 6 GG ergebenden Schutz von Ehe und Familie Rechnung zu tragen (vgl. hierzu die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 15/420, S. 83). Eine besondere Härte im Sinne dieser Bestimmung kann vor diesem Hintergrund aber nur dann angenommen werden, wenn die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis ein solches Zusammenleben in der Bundesrepublik Deutschland hindert. Angesichts des Umstandes, dass sowohl die Eltern des Klägers als auch seine Geschwister vollziehbar ausreisepflichtig sind und nach dem Willen der Beklagten die Bundesrepublik Deutschland gemeinsam mit ihm verlassen sollen, kommt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an ihn schon von der Zweckbestimmung des § 32 Abs. 4 AufenthG her nicht in Betracht. Zudem ist nicht erkennbar, dass die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis eine besondere Härte im dargestellten Sinn begründen könnte, nachdem sie gerade nicht zu einer Trennung von der Familie führt.
52 
5. Auch aus dem Gesetz zu dem Übereinkommen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes (BGBl. II 1992, S. 121 ff.) kann der Kläger für das von ihm begehrte Aufenthaltsrecht nichts herleiten. Dieses Übereinkommen ist für die Bundesrepublik Deutschland am 5. April 1992 (BGBl. 1992 II, 990) in Kraft getreten.
53 
Im vorliegenden Fall ist schon zweifelhaft, ob das Übereinkommen Rechte des Klägers begründet, aus welchen sich ein Aufenthaltsrecht ergeben könnte. Auch insofern ist von entscheidender Bedeutung, dass er zusammen mit seinen Eltern und Geschwistern das Bundesgebiet verlassen soll. Das Übereinkommen betont an mehreren Stellen die Achtung vor dem Elternrecht. Insoweit gilt auch bei Heranziehung des Übereinkommens nichts anderes als sonst allgemein im Ausländerrecht, dass nämlich minderjährige Kinder das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern teilen. Aus Art. 20 Abs. 1 des Übereinkommens ergibt sich eine besondere Beistandspflicht des Staates nur für solche Kinder, die aus ihrer familiären Umgebung herausgelöst werden. Dies ist vorliegend gerade nicht der Fall.
54 
Darüber hinaus hat die Bundesrepublik Deutschland bei der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde eine "Erklärung" abgegeben, in der es unter I. Satz 4 und 5 heißt, das Übereinkommen finde innerstaatlich keine unmittelbare Anwendung. Es begründe völkerrechtliche Staatenverpflichtungen, die die Bundesrepublik Deutschland nach näherer Bestimmung ihres mit dem Übereinkommen übereinstimmenden innerstaatlichen Rechts erfülle. Des weiteren wird unter IV. eine bereits am 23. Februar 1989 in Genf abgegebene Erklärung bekräftigt, nach der nichts in dem Übereinkommen dahingehend ausgelegt werden könne, dass die widerrechtliche Einreise eines Ausländers in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland oder dessen widerrechtlicher Aufenthalt dort erlaubt sei; auch könne keine Bestimmung dahin ausgelegt werden, dass sie das Recht der Bundesrepublik Deutschland beschränke, Gesetze und Verordnungen über die Einreise von Ausländern und die Bedingungen ihres Aufenthalts zu erlassen oder Unterschiede zwischen Inländern und Ausländern zu machen.
55 
Die von der Bundesrepublik Deutschland bei der Ratifikation des Vertrages gemachten Vorbehalte schließen die Ableitung von Rechten aus dem Übereinkommen aus. Es spricht auch nichts dafür, dass diese Vorbehalte nach Art. 51 Absatz 2 des Übereinkommens unzulässig wären.
56 
6. Schließlich ergibt sich auch aus der Landesverfassung Baden-Württemberg nichts für einen Aufenthaltserlaubnisanspruch des Klägers. Dies gilt insbesondere für die in der Rechtsprechung teilweise herangezogene Bestimmung des Art. 2 Abs. 2 LV, wonach sich das Volk von Baden-Württemberg zu dem unveräußerlichen Menschenrecht auf die Heimat bekennt (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 11.10.2005 - 11 K 5363/03 -). Abgesehen davon, dass die Regelungen der Landesverfassung den Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes nachrangig sind (Art. 31 GG), kann sich eine eigene Rechtsposition des Klägers hieraus schon deshalb nicht ergeben, weil es sich dabei nicht um ein Grundrecht handelt, sondern um einen Programmsatz, der allenfalls die Rechtspflicht der Staatsorgane begründet, zur Verwirklichung des Rechts auf Heimat das ihnen Mögliche beizutragen (vgl. Braun, Kommentar zur Verfassung des Landes Baden-Württemberg, 1984, Rnr. 133 ff. zu Art. 2; Hollerbach in: Feuchte, Verfassung des Landes Baden-Württemberg, 1987, Rnr. 25 ff. zu Art. 2). Nachdem die für den Kläger sprechenden Gesichtspunkte, insbesondere seine fortgeschrittene Integration in die bundesdeutschen Lebensverhältnisse, bereits über Art. 8 EMRK in Verbindung mit § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG umfassend berücksichtigt worden sind, ist nicht erkennbar, dass sich aus dem Recht auf Heimat insoweit zusätzliche, zugunsten des Klägers zu berücksichtigende Gesichtspunkte ergeben könnten. Danach bedarf auch keiner weiteren Vertiefung, ob der Kläger vom Begriff des "Volkes" in Art. 2 Abs. 2 LV überhaupt erfasst wird.
57 
7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Anwendung des § 161 Abs. 3 VwGO kommt vorliegend nicht in Betracht. Nach dieser Bestimmung fallen in den Fällen des § 75 die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte. Es kann offen bleiben, ob die Anwendung des § 161 Abs. 3 VwGO bereits deshalb ausgeschlossen ist, weil eine streitige Gerichtsentscheidung ergeht (hierzu Ring, NVwZ 1995, 1191; Kopp/Schenke, a.a.O. Rnr. 35 zu § 161 m.w.N.). Denn § 161 Abs. 3 VwGO ist jedenfalls dann nicht anzuwenden, wenn ein Kläger das anhängige Klageverfahren nach negativer Bescheidung durch die Behörde zunächst fortsetzt und es entweder erst später für erledigt erklärt wird oder streitig über die Sache entschieden werden muss. In einem solchen Fall besteht für eine Kostenüberbürdung auf den Beklagten nach § 161 Abs. 3 VwGO keine Rechtfertigung mehr, weil sich die verzögerte Bescheidung als nicht mehr kausal für den nach dem Erlass des Verwaltungsaktes fortgesetzten Prozess erweist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.7.1991 - 3 C 56/90 -, NVwZ 1991, 1180; Beschluss vom 28.4.1992 - 3 C 50/90 -, Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 94; Clausing in: Schoch/Schmidt-Aßmann/ Pietzner, VwGO, Stand 2005, Rnr. 41 zu § 161;  Kopp/Schenke, a.a.O., Rnr. 35 zu § 161 m.w.N.). Diese Grundsätze sind auch hier anzuwenden. Zwar hat die Beklagte bislang keinen förmlichen Bescheid erlassen; sie hat sich jedoch in der beim Verwaltungsgericht vorgelegten Klageerwiderung vom 23.12.2003 zur Sache geäußert und dabei die Gründe, aus welchen nach ihrer Auffassung die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis an den Kläger (und seine Familie) weiterhin ausscheidet, ausführlich dargestellt. Der Kläger hätte danach - in gleicher Weise wie nach dem Ergehen eines Bescheides - die Möglichkeit gehabt, das Verfahren nach Kenntnis der Rechtsauffassung der Beklagten durch Erledigungserklärung oder Rücknahme (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 23.7.1991 und vom 28.4.1992, a.a.O.) zu beenden. Nachdem er hierauf verzichtet hat, ist es nicht mehr gerechtfertigt, ihn für die weitere Prozessführung von jedem Kostenrisiko freizustellen. Der Umstand, dass er im erstinstanzlichen Verfahren erfolgreich gewesen ist, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Denn dies ändert nichts daran, dass das Unterlassen der Bescheidung seines Antrags durch die Beklagte jedenfalls nach Vorlage der Klageerwiderung für den weiteren Fortgang des Verfahrens nicht mehr ursächlich gewesen ist.
58 
Da der Beigeladene einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO) entspricht es der Billigkeit, dem Kläger auch seine außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO).
59 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
60 
Beschluss
61 
vom 18.1.2006
62 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 72 Nr.1 GKG i. d. F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5.5.2004, BGBl. I S. 718).
63 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Eine vor dem 1. Januar 2005 erteilte Aufenthaltsberechtigung oder unbefristete Aufenthaltserlaubnis gilt fort als Niederlassungserlaubnis entsprechend dem ihrer Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt. Eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, die nach § 1 Abs. 3 des Gesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge vom 22. Juli 1980 (BGBl. I S. 1057) oder in entsprechender Anwendung des vorgenannten Gesetzes erteilt worden ist, und eine anschließend erteilte Aufenthaltsberechtigung gelten fort als Niederlassungserlaubnis nach § 23 Abs. 2.

(2) Die übrigen Aufenthaltsgenehmigungen gelten fort als Aufenthaltserlaubnisse entsprechend dem ihrer Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt.

(3) Ein Aufenthaltstitel, der vor dem 28. August 2007 mit dem Vermerk „Daueraufenthalt-EG“ versehen wurde, gilt als Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU fort.

(4) Ein Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4, der vor dem 1. März 2020 erteilt wurde, gilt mit den verfügten Nebenbestimmungen entsprechend dem der Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt im Rahmen seiner Gültigkeitsdauer fort.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 29. Juli 2004 - 2 K 345/04 - geändert. Die Klage gegen die Verfügung des Landratsamts Bodenseekreis vom 07. Oktober 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 30. Januar 2004 wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger ist ein 1995 in Deutschland geborener serbisch-montenegrinischer Staatsangehöriger albanischer Volkszugehörigkeit. Seine Eltern, A. und D. A., reisten mit der ältesten Schwester D. 1994 in das Bundesgebiet ein. Ihre Asylanträge wurden durch Bescheide des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (Bundesamt) vom 01.12.1994 abgelehnt, Abschiebungshindernisse nach § 51 und § 53 AuslG wurden nicht festgestellt. Diese Bescheide wurden am 23.11.1995 bestandskräftig. Ein erster Asylfolgeantrag der Mutter wurde 1999 abgelehnt. Die Ehe der Eltern wurde 1995 in Jugoslawien geschieden, das Sorgerecht für den Kläger der Mutter zugesprochen. Der Vater heiratete im Anschluss eine deutsche Staatsangehörige; eine Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug wurde ihm von der Stadt Tuttlingen 1999 wegen Fehlens einer ehelichen Lebensgemeinschaft versagt, im Oktober 2001 wurde der Vater in den Kosovo abgeschoben. Die Mutter, eine ältere Schwester sowie zwei jüngere Geschwister des Klägers werden seit längerem geduldet. Mit Bescheid vom 05.08.2002 hat das Bundesamt einen zweiten Folgeantrag der Mutter und einen Folgeantrag der Schwester D. sowie Anträge auf Änderung der früheren Bescheide bezüglich der Feststellung zu § 53 AuslG abgelehnt.
Der Kläger wurde mit Bescheid des Bundesamts vom 28.06.1999 in Befolgung eines verwaltungsgerichtlichen Urteils als Asylberechtigter anerkannt und das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG wurde festgestellt. Hierauf erteilte das Landratsamt Bodenseekreis dem Kläger mit Bescheid vom 29.07.1999 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Mit Verfügung vom 01.12.2000, bestandskräftig seit dem 05.02.2003, widerrief das Bundesamt die Asylanerkennung und stellte zugleich fest, dass die Voraussetzungen des § 53 AuslG nicht vorliegen. Anknüpfend hieran widerrief das Landratsamt Bodenseekreis mit Verfügung vom 07.10.2003 die unbefristete Aufenthaltserlaubnis und drohte dem Kläger die Abschiebung nach Serbien-Montenegro unter Gewährung einer Ausreisefrist von einem Monat ab Bekanntgabe an. Die Entscheidung wurde auf § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG gestützt: schutzwürdige Belange des Klägers und seiner Familie am Verbleib in Deutschland bestünden nicht; die Mutter sei nur im Hinblick auf das bisherige Aufenthaltsrecht des Klägers bis zu einer gemeinsamen Ausreise der Familie geduldet worden. Mit seinem hiergegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger unter anderem geltend, seine Mutter wolle gerne arbeiten, könne dies wegen der vier Kinder jedoch nicht. Bei einer Rückkehr mit den Kindern in das Kosovo würden sie jeden familiären Rückhalt verlieren. Zu ihrem früheren Ehemann habe die Mutter keinen Kontakt mehr, im Gegenteil werde sie von diesem und seiner Familie aufs Schlimmste verfolgt.
Das Regierungspräsidium Tübingen wies den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers mit Bescheid vom 30.01.2004 zurück: Der Kläger habe keinen Anspruch auf einen gleichwertigen asylunabhängigen Aufenthaltstitel und auch sonst seien keine Ermessensfehler beim Widerruf zu erkennen. Die Einlassungen zu zielstaatsbezogenen Gefahren könnten wegen der Bindungswirkung der negativen Entscheidung des Bundesamts nicht berücksichtigt werden. Schutzwürdige persönliche Belange, die das öffentliche Widerrufsinteresse überwögen, seien nicht zu erkennen. Das bisherige Aufenthaltsrecht sei seinerseits asylbedingt. Der Kläger könne auch keine Um- oder Rückstufung in ein befristetes Aufenthaltsrecht verlangen. Anhaltspunkte für eine Eingliederung der Familie in die sozialen und wirtschaftlichen Lebensverhältnisse lägen nicht vor und die gemeinsame Rückkehr in die Heimat sei zumutbar. Die Eltern hätten kein Aufenthaltsrecht und der Kläger und seine Angehörigen bezögen Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bzw. Sozialhilfe, was als Ermessenserwägung zu Lasten des Klägers berücksichtigt werden könne.
Gegen diese Bescheide hat der Kläger am 05.02.2004 Klage erhoben. Er hat geltend gemacht, dass er nicht schlechter gestellt werden dürfe als Berechtigte nach § 51 Abs. 1 AuslG, die nach § 35 Abs. 1 AuslG eine Aufenthaltsbefugnis erhielten. Sozialhilfebezug könne ihm und seiner Mutter nicht entgegengehalten werden. Seine Mutter könne weder zur eigenen Familie noch zur Familie des Vaters in das Kosovo zurückkehren. Die Familie des Vaters werde in diesem Fall alles versuchen, um der Mutter die Kinder wegzunehmen. Sie erhalte schon jetzt Telefonanrufe mit entsprechenden Drohungen. Mit den Geschwistern der Mutter im Kosovo bestehe kein Kontakt, deren eigene Familie wolle mit ihr nichts zu tun haben.
Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hat der Klage mit Urteil vom 29.07.2004 - 2 K 345/04 - , zugestellt am 08.09.2004, stattgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben: Der Beklagte habe das ihm nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG eingeräumte Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Zwar stehe dem Kläger kein gleichwertiges Aufenthaltsrecht zu, da die asylbedingten Aufenthaltszeiten nicht zu berücksichtigen seien. Der Kläger werde auch nicht gegenüber Flüchtlingen nach § 51 Abs. 1 AuslG benachteiligt. Die Bescheide litten aber an einem Ermessensdefizit. In entsprechender Anwendung des § 45 Abs. 2 Nr. 3 AuslG müssten auch Duldungsgründe im Sinne von § 55 Abs. 2 AuslG in das Ermessen eingestellt werden. Dies habe der Beklagte versäumt. In der mündlichen Verhandlung habe der Beklagte sein Ermessen lediglich dahin ergänzt, dass der Kläger über keinen Pass verfüge. Auf den bereits in Widerspruchsverfahren geltend gemachten Vortrag, die Familie des Vaters im Kosovo habe die Mutter bedroht und im Falle einer Rückkehr die Wegnahme der Kinder und die Entziehung des Sorgerechts angekündigt, sei der Beklagte aber nicht näher eingegangen. Er habe stattdessen deutlich gemacht, dieser Gesichtspunkt werde erst später im Rahmen der eigentlichen Abschiebung geprüft und es werde gegebenenfalls eine Duldung erteilt. Damit habe der Beklagte verkannt, dass es sich um ein dauerhaftes unverschuldetes Abschiebungshindernis handle, das schon bei der Entscheidung über den Widerruf berücksichtigt werden müsse.
Auf Antrag des Beklagten hat der Senat die Berufung mit Beschluss vom 19.05.2005, zugestellt am 08.06.2005, zugelassen: An der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestünden ernstliche Zweifel. Mit dem Vortrag, er fürchte sich vor Sanktionen durch die väterliche Familie im Kosovo, berufe der Kläger sich auf ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis. Dessen Berücksichtigung dürfte die Bindungswirkung der negativen Feststellung des Bundesamts im Widerrufsbescheid vom 01.12.2000 entgegenstehen. Im Übrigen dürften die Ermessenserwägungen des Beklagten nicht zu beanstanden sein.
In seinem am 04.07.2005 eingegangenen Berufungsbegründungsschriftsatz verweist der Beklagte im Wesentlichen auf den Zulassungsbeschluss des Senats und beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 29.07.2004 - 2 K 345/04 - zu ändern und die Klage gegen die Verfügung des Landratsamts Bodenseekreis vom 07.10.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 30.01.2004 abzuweisen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
10 
die Berufung zurückzuweisen.
11 
Er verweist auf die Gründe des angefochtenen Urteils, die überzeugend seien. Zu Recht habe das Verwaltungsgericht die Bedrohungssituation durch die Familie des Vaters als einen im Rahmen des Ermessens notwendigerweise zu berücksichtigenden Gesichtspunkt angesehen. Diese Bedrohungssituation stelle kein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 AuslG dar. Es handle sich vielmehr um einen drohenden, mit dem Widerruf der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis verbundenen Nachteil. Dieser könne zwar kein Abschiebungshindernis begründen, was auch nicht beabsichtigt sei, müsse aber zu seinen Gunsten in die Ermessensentscheidung über den Widerruf einbezogen werden. Das Bedrohungsszenario sei vergleichbar mit anderen zu berücksichtigenden Nachteilen, etwa denen, dass ihm der Kulturkreis im Kosovo fremd sei und er dort keinen familiären Rückhalt genieße. Das Problem der Kompetenzverteilung zwischen Bundesamt und Ausländerbehörde stelle sich hierbei nicht.
12 
Dem Senat liegen die Ausländerakten des Landratsamts Bodenseekreis und des Regierungspräsidiums Tübingen vor. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf diese Behördenakten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
13 
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierauf verzichtet haben und der entscheidungserhebliche Sachverhalt geklärt ist.
14 
Die statthafte und auch sonst zulässige, insbesondere fristgerecht und inhaltlich ausreichend begründete Berufung des Klägers (vgl. § 124a Abs. 6 i. V. m. Abs. 3 Satz 3 und 4 VwGO) hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte der - zulässigen - Anfechtungsklage des Klägers gegen die Widerrufsentscheidung und die Abschiebungsandrohung in der Verfügung des Landratsamts Bodenseekreis vom 07.10.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 30.01.2004 nicht stattgeben dürfen. Denn diese Klage ist unbegründet, weil die angegriffenen Verfügungen rechtmäßig sind und daher Rechte des Klägers nicht verletzen ( § 113 Abs. 1 VwGO).
15 
A. Die Widerrufsverfügung begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
16 
I. Die Tatbestandsvoraussetzungen des - bei Abschluss des Verwaltungsverfahrens geltenden und daher hier anzuwendenden - § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG für den Widerruf der dem Kläger asylbezogen nach § 68 Abs. 1 AsylVfG a.F. erteilten unbefristeten Aufenthaltserlaubnis lagen beim Kläger unstreitig vor. Denn seine am 28.06.1999 erfolgte Anerkennung als Asylberechtigter und als Flüchtling nach § 51 Abs. 1 AuslG wurde durch Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 01.12.2000 widerrufen und ist mit Bestandskraft dieses Widerrufsbescheids am 05.02.2003 erloschen (vgl. § 73 Abs. 1 und Abs. 4 i.V.m. § 75 AsylVfG a.F.).
17 
II. Der Beklagte hat entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch das ihm eingeräumte Widerrufsermessen fehlerfrei in einer dem Zweck der Ermächtigung in § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG entsprechenden Weise ausgeübt (§ 114 Satz 1 VwGO). Er hat alle im Fall des Klägers relevanten öffentlichen und privaten Belange erhoben und sie ohne Verkennung ihres tatsächlichen und rechtlichen Gewichts sowie in Übereinstimmung mit den Vorgaben der Rechtsprechung sachgerecht in seine Abwägung eingestellt und auch das Abwägungs- und Entscheidungsergebnis ist nicht zu beanstanden.
18 
1. Der Beklagte hat zunächst richtig erkannt, dass ein Widerruf wegen des Grundsatzes von Treu und Glauben (Verbot widersprüchlichen Verhaltens) dann von vornherein nicht in Betracht kommt - das Widerrufsermessen mithin auf ein Widerrufsverbot beschränkt ist -, wenn der Ausländer unabhängig von seiner (entfallenen) Asylberechtigung einen Anspruch auf ein dem entzogenen Recht gleichwertiges Aufenthaltsrecht hat, sei es, dass ihm ein solches Aufenthaltsrecht schon bei Zuerkennung der Asylberechtigung zustand und lediglich überlagert war oder dass ihm jedenfalls im Zeitpunkt des Widerrufs ein Anspruch auf ein solches Aufenthaltsrecht aus anderen - asylunabhängigen - Rechtsgründen zusteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2003 - 1 C 13.02 -, NVwZ 2003, 1275 ff. = InfAuslR 2003, 324 ff.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.10.1996 - 13 S 2408/95 -, EzAR 214 Nr. 5; ebenso OVG Niedersachsen, Beschluss vom 18.09.2000 - 1 M 2888/00 -, Juris). Ein solcher Fall war beim Kläger aber nicht gegeben. Voraussetzung dafür wäre gewesen, dass der Kläger einen Anspruch auf einen der widerrufenen unbefristeten Aufenthaltserlaubnis in qualitativer und zeitlicher Hinsicht (mindestens) gleichwertigen Aufenthaltstitel, mindestens also ebenfalls einen Anspruch auf eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis oder auf eine Aufenthaltsberechtigung gehabt hätte, wobei dieser Aufenthaltstitel keinerlei sachlichen Bezug zum früheren asylbedingten Aufenthalt hätte aufweisen, aber auch zeitlich auf keinem vorangegangenen asylbedingten Aufenthalt hätte aufbauen dürfen. Denn asylbezogene Aufenthaltszeiten dürfen nicht als rechtmäßiger Voraufenthalt auf Mindestaufenthaltszeiten angerechnet werden, wie sie etwa in § 24 Abs. 1 Nr. 1, § 27 Abs. 2 Nr. 1 AuslG und - nach heutigem Recht - in § 9 Abs. 2 Satz 1 AufenthG gefordert werden (zu diesen Voraussetzungen eines gleichwertigen asylunabhängigen Aufenthaltsrechts vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2003 a.a.O. unter Verwerfung der abweichenden Auffassung des Senats im zugrunde liegenden Urteil vom 10.04.2002 - 11 S 331/02 -, InfAuslR 2002, 289 ff.).
19 
Von einem diesen Anforderungen genügenden gleichwertigen Aufenthaltsrecht konnte beim Kläger bei Abschluss des Verwaltungsverfahrens nicht die Rede sein. Ein Anspruch auf eine Aufenthaltsberechtigung nach § 27 AuslG scheiterte schon am Erfordernis einer vorherigen dreijährigen unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, die wegen ihres asylunabhängigen Charakters hätte angerechnet werden können (vgl. § 27 Abs. 2 Nr. 1 b) AuslG). Ein Anspruch auf eine asylunabhängige unbefristete Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AuslG schied aus vergleichbaren Gründen deswegen aus, weil es ebenfalls an einer vorangegangenen anrechenbaren asylunabhängigen Aufenthaltserlaubnis fehlte (vgl. § 24 Abs. 1 Nr. 1 AuslG); damit kann offen bleiben, ob die Mindestfrist von 5 Jahren in § 24 Abs. 1 Nr. 1 AuslG überhaupt hätte erreicht werden können, nachdem die dem Kläger erteilte Aufenthaltserlaubnis vom 29.07.1999 bei Wirksamkeit des Widerrufs (§ 72 Abs. 2 Satz 1 AuslG) noch keine 5 Jahre bestanden hatte und fraglich erscheint, welche davor liegenden Zeiten rechtmäßigen Voraufenthalts hätten angerechnet werden können (dazu etwa Hailbronner, Komm. zum AuslG, Sept. 2001, § 24 Rn. 10).
20 
2. Ermessensfehler zu Lasten des Klägers sind dem Beklagten im Ergebnis auch insofern nicht unterlaufen, als er sich mit der Frage befasst - und diese verneint - hat, ob dem Kläger im maßgeblichen Widerrufszeitpunkt ein Anspruch auf ein gegenüber der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis geringerwertiges Aufenthaltsrecht zustand. Der Beklagte hat sich ausweislich des Widerspruchsbescheids zur Prüfung dieser Frage deswegen verpflichtet gesehen, weil aus Gleichbehandlungsgründen im Einzelfall untersucht werden müsse, „ob eine Um- oder Rückstufung“ in einen geringerwertigen Aufenthaltstitel in Betracht komme, etwa weil in Vergleichsfällen humanitäre Aufenthaltsrechte nach § 32 AuslG erteilt worden wären oder Flüchtlinge im „kleinen Asyl“ nach § 51 Abs. 1 AuslG „nach § 35 Abs. 1 AuslG ein asylunabhängiges Aufenthaltsrecht“ erlangt hätten. Ferner sei erörterungsbedürftig, ob der Kläger eine befristete Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug verlangen könne.
21 
Dieser weite Prüfungsansatz dürfte im vorliegenden Fall entbehrlich gewesen sein. Gegenstand ist nicht der Widerruf einer befristeten Aufenthaltserlaubnis oder einer befristeten Aufenthaltsbefugnis, wie sie anerkannten Konventionsflüchtlingen erteilt wurde (§ 70 AsylVfG a.F.), sondern der Widerruf einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis aufgrund von § 68 AsylVfG a.F. Prüfprogramm der Ermessensentscheidung ist in diesem Fall die Frage, ob es gerechtfertigt ist, dem Ausländer den asylbedingt erteilten unbefristeten - hochwertigen - Aufenthaltstitel zu belassen oder ob dieser Titel zu entziehen ist. Eine Zwischenlösung gibt es nicht. Denn der Gegenstand des Widerrufs ist nicht teilbar, der Widerruf kann nicht auf einen die Befristung der Aufenthaltserlaubnis oder die Aufenthaltsbefugnis übersteigenden weitergehenden Teil beschränkt werden (so zutreffend VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.10.1996 - 13 S 2408/95 -, EzAR 214 Nr. 5). Die Frage, ob dem Kläger statt der bisher unbefristeten Aufenthaltserlaubnis möglicherweise ein befristetes Aufenthaltsrecht etwa zum Familiennachzug oder aus anderweitigen humanitären Gründen zustand, hatte daher nur für die Entscheidung Bedeutung, ob man ihm deswegen den (überschießenden) unbefristeten Aufenthaltstitel belassen oder diesen entziehen und den befristeten Aufenthaltstitel neu erteilten wollte. Im Ergebnis hat das Regierungspräsidium diese Frage zutreffend beantwortet. Es hat richtig erkannt, dass, dem Kläger mangels eines Aufenthaltsrechts seiner Eltern bzw. seiner Mutter seinerzeit keine Aufenthaltserlaubnis zum Kindernachzug nach §§ 21 Abs. 1 Satz 1 oder nach § 20 i.V.m. § 17 AuslG zustand und dass er mangels der beschäftigungsbezogenen Voraussetzungen bei seinen Eltern auch die Voraussetzungen für eine Aufenthaltsbefugnis nach § 32 AuslG i.V.m. dem Erlass des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 15.06.2001 [4-13 JUG/104] nicht erfüllte. Auch eine vom Kläger behauptete Schlechterstellung gegenüber Flüchtlingen mit dem Status des § 51 Abs. 1 AuslG lag nicht vor. Wäre der Kläger nur als Flüchtling nach § 51 Abs. 1 AuslG anerkannt worden und wäre ihm deswegen nur eine Aufenthaltsbefugnis nach § 70 AsylVfG erteilt worden, hätte diese, da sie ihrerseits verfolgungsbezogen ist, nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG unter den gleichen Voraussetzungen widerrufen werden können wie die im Streit stehende unbefristete Aufenthaltserlaubnis. In gleicher Weise wäre auch eine nach Maßgabe des § 35 Abs. 1 AuslG erworbene unbefristete Aufenthaltserlaubnis dem Widerruf nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG ausgesetzt gewesen. Abgesehen davon waren im maßgeblichen Zeitpunkt (Januar 2004) aber auch schon die zeitlichen Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 AuslG nicht erfüllt und zudem war der Lebensunterhalt des Klägers nicht gesichert.
22 
3. Auch im Übrigen vermag der Senat Ermessensfehler nicht zu erkennen.
23 
a) Der Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Wegfall der Asylberechtigung oder der Flüchtlingseigenschaft nach dem Willen des Gesetzgebers grundsätzlich auch eine Beendigung des darauf beruhenden Aufenthaltsrechts nach sich zieht und dass daher in den Fällen des § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG in der Regel ein gewichtiges öffentliches Interesse am Widerruf der Aufenthaltsgenehmigung besteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2003 a.a.O., VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.11.2005 - 11 S 650/05 -, Juris). Trotz dieses - gewichtigen - öffentlichen Interesses an der Beendigung des spezifisch asylbedingten Aufenthaltstitels ist der Ausländerbehörde freilich ein weiter Ermessensspielraum eröffnet. Hierbei hat sie unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls eine Abwägung mit den schutzwürdigen prüfungsrelevanten Belangen des Ausländers am weiteren Verbleib in Deutschland vorzunehmen, wie sie beispielhaft für die Aufenthaltsbeendigung durch Ermessensausweisung in § 45 Abs. 2 AuslG (heute: § 55 Abs. 3 AufenthG) aufgeführt sind. Hierzu gehören nach § 45 Abs. 2 Nr. 1 AuslG (= § 55 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG) vor allem die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts und die schutzwürdigen persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen des Ausländers im Bundesgebiet (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2003 a.a.O.). Diesen ist im Wege einer Verhältnismäßigkeitsprüfung das öffentliche Interesse am Verlust des asylbedingten Aufenthaltstitels gegenüber zu stellen. Hat der Ausländer dabei einen Anspruch auf einen geringerwertigen Aufenthaltstitel, wird es in aller Regel verhältnismäßig (angemessen) sein, ihm den überschießenden Titel zu entziehen und ihn auf den neuen Titel zu verweisen. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung sind des weiteren auch die in § 45 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 AuslG (= § 55 Abs. 3 Nrn. 2 und 3 AufenthG) genannten Belange ihrer tatsächlichen und rechtlichen Bedeutung gemäß in den Blick zu nehmen. Die Behörde muss sich daher im Einzelfall bei Bedarf auch mit den Folgen einer Aufenthaltsbeendigung für die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhaltenden und mit dem Ausländer in familiärer Lebensgemeinschaft lebenden Familienangehörigen auseinandersetzen sowie auf etwaige Duldungsgründe nach § 55 Abs. 2 AuslG (§ 60a Abs. 2 AufenthG) in Form rechtlicher oder tatsächlicher Abschiebungshindernisse eingehen.
24 
Zu den Abschiebungshindernissen nach § 55 Abs. 2 AuslG bzw. § 60a AufenthG gehören sowohl solche, die ihren Anlass im Inland haben (inlandsbezogene Abschiebungshindernisse - insofern wird häufig Deckungsgleichheit mit schutzwürdigen Belangen nach § 45 Abs. 2 Nr. 1 AuslG vorliegen -.) als auch solche, die sich außerhalb des Bundesgebiets im Herkunftsland bzw Abschiebezielstaat auswirken (zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, zur Unterscheidung vgl. BVerwG, Urteile vom 11.11.1997 - 9 C 13.96 -, NVwZ 1998, 526 ff.; = VBlBW 1998, 216 f.; Urteil vom 21.09.1999 - 9 C 12.90 -, BVerwGE 109, 305 ff.; VGH Bad.-Württ., .Beschluss vom 10.07.2003 - 11 S 2611/02 -, VBlBW 2003, 482 sowie Urteil vom 21.06.2004 - 11 S 770/04 -, InfAuslR 2004, 429 ff.).
25 
Bei den zielstaatsbezogenen rechtlichen Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG (= § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG) kommt allerdings der besondere Zusammenhang mit dem früheren Asylverfahren und die Abgrenzung der Entscheidungskompetenzen zwischen dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (heute; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) und den Ausländerbehörden zum Tragen. Mit Stellung des Asylantrags wird nach §§ 24 Abs. 2, 31 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG die Zuständigkeit und die Pflicht des Bundesamts zur Entscheidung auch über das Bestehen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG ( § 60a Abs. 2 bis 7 AufenthG) begründet. Diese Entscheidung kann nach § 31 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG zwar unterbleiben, wenn der Ausländer als Asylberechtigter anerkannt wird oder die Voraussetzungen des 51 Abs. 1 AuslG ( § 60 Abs. 1 AufenthG) festgestellt werden. Sie muss jedoch nachgeholt werden, wenn die Asylanerkennung oder der Flüchtlingsstatus enden (vgl. etwa § § 32 und 39 Abs. 2 AsylVfG). Hieraus folgt, dass das Bundesamt berechtigt, aber auch und verpflichte ist, Statusentscheidungen über das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG ( § 60 Abs. 2 - 7) AufenthG erstmals zusammen mit dem Widerruf einer Asylanerkennung oder der Flüchtlingseigenschaft nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG (§ 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG) zu treffen; denn es soll nicht offen blieben, ob und in welcher Form dem Ausländer Abschiebungsschutz gewährt wird (sog. Vollständigkeitsprinzip, vgl. BVerwG, Urteil vom 20.04.1999 - 9 C 29.98 -, InfAuslR 1999, 373). An die hierbei getroffene - positive wie negative - Statusfeststellung des Bundesamts ist die Ausländerbehörde nach § 42 Satz 1 AsylVfG strikt gebunden. Hat das Bundesamt die Statusfeststellung unterlassen, so ergibt sich aus § 42 Satz 1 AsylVfG anstelle der Bindungswirkung eine Sperrwirkung; die Ausländerbehörden dürfen in diesem Unterlassensfall nicht in das beim Bundesamt bestehende Entscheidungsvakuum eindringen; sie haben zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse daher aus ihrem Prüfprogramm auszuklammern (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.10.2004 - 11 S 1448/03 -, Juris, m.w.N.; zum neuen Recht vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.04.2005 - 11 S 2779/04 -, Juris).
26 
Die aus § 42 Satz 1 AsylVfG folgende Bindungs- bzw. Sperrwirkung gilt für alle denkbaren Entscheidungen der Ausländerbehörden, in denen es rechtlich unmittelbar oder auch nur mittelbar auf das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG/ § 60a Abs. 2 - 7 AufenthG ankommt, mithin nicht nur für Entscheidungen über die Gewährung eines Aufenthalts- oder Bleiberechts aufgrund des Abschiebungshindernisses, sondern auch für Entscheidungen über die Aufenthaltsbeendigung, in denen solche Abschiebungshindernisse - als Duldungsgründe - in das Ermessen einzustellen sind. Dies ist für die Entscheidung über eine Ausweisung anerkannt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.05.2003 - 13 S 1113/02 -, VBlBW 2003, 486 f.) gilt in gleicher Weise aber auch für die hier in Rede stehende Entscheidung über den Widerruf eines asylbezogenen Aufenthaltstitels nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG (§ 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG). Die Sperrwirkung greift in all diesen Fällen solange, bis das Bundesamts die geforderte Statusentscheidung nach § 53 AuslG (§ 60 Abs. 2 - 7 AufenthG) getroffen hat. Ist dies in der asylrechtlichen Widerrufsentscheidung geschehen, setzt die Bindungswirkung ein mit der Folge, dass die Ausländerbehörde bei positiver Feststellung von einem Duldungsgrund nach § 55 Abs. 2 AuslG ausgehen muss (bei Feststellungen nach § 53 Abs. 1, 2 und 4 AuslG) bzw. ausgehen soll (bei Feststellungen nach § 53 Abs. 6 AuslG). Diese bindenden Feststellungen sind in das Widerrufsermessens einzustellen und die Behörde hat dann zu prüfen, ob sie deswegen vom Widerruf gänzlich absehen oder sich auf die Erteilung einer Duldung nach § 55 Abs. 2 AuslG bzw. auf eine Aufenthaltsbefugnis etwa nach § 30 Abs. 3 AuslG beschränken will. Entsprechendes gilt nach heutigem Recht: Die Ausländerbehörde hat im Rahmen ihres Ermessens ebenfalls zu prüfen, ob sie dem Ausländer den überschießenden Aufenthaltstitel belässt oder ob sie ihn widerruft und dem Ausländer „nur“ eine (befristete) Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG erteilt oder sie sich gar nur mit der Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 i.V.m. § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG begnügen darf. Hat das Bundesamt negativ über das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG (§ 60 Abs. 2 - 7 AufenthG) entschieden, dürfen die Ausländerbehörden derartige - auch nachgeschobene, mit einem neuen Sachverhalt begründete - Abschiebungshindernisse ausnahmslos nicht berücksichtigen, sondern müssen davon ausgehen, dass solche Abschiebungshindernisse nicht bestehen. Die Ausländer sind insoweit auf einen isolierten Wiederaufgreifensantrag beim Bundesamt (sog. Folgeschutzgesuch) zu verweisen (vgl. zu dieser Möglichkeit BVerwG, Urteil vom 21.03.2000 - 9 C 41.99 -, BVerwGE 111, 77 ff. = NVwZ 2000, 940 f.; VGH Bad.-Württ., vom 13.09.2000 - 11 S 988/00 -, NVwZ 2001, 151 ff.) und haben diesem gegenüber gegebenenfalls auch einstweiligen Rechtsschutz zu suchen.
27 
b) Gemessen an diesen Vorgaben sind die Ermessenserwägungen des Beklagten nicht zu beanstanden. Sie beruhen weder auf einer tatsächlichen oder rechtlichen Fehlgewichtung der Belange des Klägers noch sind sie unvollständig.
28 
Der Beklagte hat berücksichtigt, dass der im Bundesgebiet geborene Kläger sich im maßgeblichen Zeitpunkt acht Jahre im Bundesgebiet aufgehalten hat, wobei er allerdings zunächst nur geduldet war, ab der Asylantragstellung im September 1997 eine Aufenthaltsgestattung erhielt und erst ab Juli 1999 über die asylbedingt erteilte unbefristete Aufenthaltserlaubnis verfügte. Während der Dauer des gesamten (erlaubten wie unerlaubten) Aufenthalts hat der Kläger jedoch keine besonders schutzwürdigen Bindungen an die Bundesrepublik Deutschland entwickelt. Der Beklagte hat insoweit zu Recht wegen des jungen Alters und der Abhängigkeit des Klägers von den Eltern im Schwerpunkt auf die tatsächlichen und rechtlichen Lebensumstände der Eltern, insbesondere der Mutter abgestellt und gewichtige Anhaltspunkte für deren soziale und wirtschaftliche Integration verneint. Die Eltern verfügten zu keiner Zeit über einen gesicherten Aufenthaltstitel. Mit Ausnahme der kurzen Zeit einer Aufenthaltsgestattung während des Asylverfahrens 1994 bis 1995 waren sowohl der Vater als auch die Mutter immer nur geduldet, die Mutter ersichtlich auch während ihrer laufenden Asylfolgeverfahren, die jeweils in kein reguläres Asylverfahren mündeten. 1995 wurden die Eltern geschieden. Der Vater wurde im Oktober 2001 nach Serbien-Montenegro abgeschoben. Die Mutter - und in deren Gefolge die die Geschwister - leiten ihr Bleiberecht seit Jahren ersichtlich allein vom Kläger und dessen asylbedingtem Aufenthaltstitel ab. Aufgrund seiner durch die Asylberechtigung belegten politischen Verfolgung war dem minderjährigen Kläger die Rückkehr in den Heimatstaat unzumutbar, was unter dem Gesichtspunkt der Familieneinheit (Art. 6 Abs. 1 und 2 GG) ausschlaggebend dafür war, dass die allein sorgeberechtigte Mutter und mit ihr auch die Geschwister Duldungen erhielten. Denn der Kläger war und ist auf die Betreuung der Mutter angewiesen. Eine Aufenthaltserlaubnis für den Nachzug zum Kläger nach § 17 ff. AuslG hat die Mutter nie erhalten. Die Mutter hat sich auch wirtschaftlich und beruflich nicht in die hiesigen Lebensverhältnisse eingegliedert, da sie Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bezog und bezieht. Ob und inwieweit sie diese Leistungen trotz Arbeitsbereitschaft erhält, weil sie sich um ihre Kindern kümmern muss, ist in diesem Zusammenhang nicht ausschlaggebend. Jedenfalls ist es der Familie nicht gelungen, eine gefestigte Existenz aufzubauen. Schließlich muss sich die Mutter entgegenhalten lassen, dass eine aufenthaltsrechtlich erhebliche und insoweit schutzwürdige Eingliederung in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland während eines lediglich geduldeten Aufenthalts grundsätzlich nicht erfolgen kann (vgl. Beschlüsse des Senats vom 25.09.2003 - 11 S 1795/03 -, InfAuslR 2004, 70). Auch eine nach Art. 8 EMRK rechtserhebliche „Verwurzelung“ als faktischer Inländer erfordert - als Basis - grundsätzlich eine entsprechende aufenthaltsrechtliche Verankerung, die bei Minderjährigen nur durch gewichtige sonstige nachhaltige - hier fehlende - Integrationsleistungen der Familienangehörigen kompensiert werden kann (vgl. dazu im Einzelnen VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006 - 13 S 2220/05 - unter Hinweis insbesondere auch darauf, dass Kinder bis zum 16. Lebensjahr grundsätzlich vom Aufenthaltsrecht und den Integrationsleistungen der Eltern abhängig sind).
29 
Der Senat verkennt nicht, dass die Aufenthaltsbeendigung in Deutschland und die Rückkehr in das Kosovo gleichwohl für den Kläger und seine Familie Nachteile mit sich bringen, da sie im dortigen Kulturkreis nicht bzw. nicht mehr fest verwurzelt sind und dem hiesigen Kulturkreis inzwischen näher stehen. Derartige sich aus den allgemein unterschiedlichen Lebensverhältnissen und unterschiedlichen Sozialstandards in Deutschland und dem jeweiligen Herkunftsstaat ergebenden Rückkehrerschwernisse sind in ausländerrechtlichen Verfahren, wie dem Kläger zuzugeben ist, auch ohne Rücksicht auf die Entscheidungslage beim Bundesamt berücksichtigungsfähig. Sie sind im Rahmen der schutzwürdigen Belange nach § 45 Abs. 2 Nr. 1 AuslG (§ 55 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG) als Parameter für „sonstige“ (kulturelle und/oder soziale) „Bindungen im Bundesgebiet“ zu prüfen und unterfallen nicht der Bindungswirkung nach § 42 Satz 1 AsylVfG, da sie wesentlichen Inlandsbezug haben, jedenfalls aber mit den typischen Streitgegenständen (Lebenssachverhalten) bei zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG (= § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG) nichts zu tun haben. Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 1, 2 und Abs. 4 AuslG (= § 60 Abs. 2, 3 und Abs. 5 AufenthG) i.V.m. - insbesondere - Art. 3 EMRK setzen, grob gesprochen, den Vortrag gravierender konkreter gezielter Eingriffe in die Rechtsgüter Leib und Leben und allgemein in die Menschenwürde voraus, die zudem vom Staat oder ihm zurechenbaren Stellen ausgehen müssen. § 53 Abs. 6 AuslG ( § 60 Abs. 7 AufenthG) knüpft in Satz 1 ebenfalls an im Einzelfall konkrete Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit an, die von außerhalb des Staates stehenden Personen oder Gruppen ausgehen. Dem werden nach Satz 2 Gefahren für die gesamte Bevölkerung oder für eine Bevölkerungsgruppe gleichgestellt, wenn jedes Gruppenmitglied „gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde“ (sog. extreme Allgemeingefahr, vgl. BVerwG, Urteile vom 17.10.1995 -9 C 9.95 -, BVerwGE 99, 324 ff., und vom 12.07.2001 - 1 C 2.01 -, BVerwGE 114, 379 ff.). Bei Allgemeingefahren unterhalb der Schwelle einer solchen Extremgefahr kann sich eine Sperrwirkung (für das Bundesamt wie für die Ausländerbehörden) aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung ergeben, denn der parlamentarische Gesetzgeber weist die Handlungsbefugnis insofern nach § 54 AuslG (§ 60a Abs. 1 AufenthG) den obersten Landesbehörden in Gestalt der Ermächtigung für Abschiebungserlasse zu, was die anderen Gewalten zu respektieren haben (vgl. dazu auch den Beschluss des Senats vom 21.09.2005 - 11 S 2924/04 -).
30 
Mit einem der vorgenannten Geschehensabläufe hat der Vortrag des Klägers, der Kosovo sei ihm und seiner Familie kulturell entfremdet und sie hätten dort keinen familiären Rückhalt mehr, nichts zu tun. Dieser Vortrag war daher zu berücksichtigen, ohne dass ihm freilich entscheidendes Gewicht zukam. Beide geltend gemachten Nachteile sind nicht so außergewöhnlich und gravierend, dass der Beklagte sie hätte hinter dem gewichtigen öffentlichen Interesse an der Beendigung des asylbedingten Aufenthalts des Klägers zurückstellen müssen. Hinsichtlich der Rückkehr in ein ihm kulturell entfremdetes, der Mutter aber keinesfalls „gänzlich fremdes“ Umfeld mit niedrigerem Lebens- und Sozialstandard beruft sich der Kläger auf typische Nachteile einer Vielzahl von Flüchtlingen. Aufgrund seines jungen Alters und mit Hilfe der Mutter wird sich der Kläger im Herkunftsland wieder eingewöhnen können. Der Kläger muss auch nicht allein in den Kosovo zurückkehren, sondern wird vom Beklagten ersichtlich nur gemeinsam mit seiner Mutter und seinen Geschwistern zurückgeführt werden. Dass die Mutter im Kosovo auf vollkommen fehlenden familiären Rückhalt treffen wird, hält der Senat für wenig wahrscheinlich. Zwar ist der Kontakt zu ihrem früheren Ehemann nach dessen Abschiebung abgebrochen und wird als nunmehr feindselig geschildert (dazu unten), obwohl sie mit diesem auch nach der Scheidung (und nach dessen Eheschließung mit einer über 20 Jahre älteren deutschen Staatsangehörigen) in Deutschland zeitweise noch zusammengelebt hat und er nach Angaben eines Arztes auch Vater der nach der Scheidung geborenen Kinder sein soll. Jedoch leben unstreitig die Geschwister der Mutter im Kosovo. Dass sie von diesen keinerlei Unterstützung erfahren wird, hält der Senat nach der Lebenserfahrung für unwahrscheinlich. Der diesbezügliche Vortrag des Klägers ist zu vage, um diesen Sachverhalt glaubhaft zu machen.
31 
Soweit der Kläger behauptet, bei einer Rückkehr werde die Mutter von ihrem früheren Ehemann und dessen Familie „schlimm bedroht“, diese würden ihr sofort die Kinder wegnehmen, macht er in erster Linie Nachteile der Mutter und allenfalls sekundär eigene Rechtsverletzungen geltend. Entscheidend ist jedoch, dass dieser Lebenssachverhalt nach Zielrichtung und Struktur erkennbar Elemente eines zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG aufweist (Bedrohung von Leib, Leben, Willens- und Entscheidungsfreiheit durch einzelne Privatpersonen ohne Urheberschaft staatlicher Stellen). Dementsprechend hat die Mutter des Klägers die Drohung des früheren Ehemanns und dessen Schwager, ihr bei einer Rückkehr die Kinder wegnehmen zu lassen, auch in ihrem - zweiten - Asylfolgeantrag vom 02.04.2002 beim Bundesamt geltend gemacht und das Bundesamt hat hierüber im Rahmen der Prüfung eines Anspruchs nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG auch - negativ - entschieden. Die gegebene Sachnähe zu einem Anspruch nach § 53 AuslG führt dazu, dass die Wirkungen des § 42 Satz 1 AsylVfG zum Tragen kommen. Der Beklagte war daher gehindert, den Komplex „Bedrohung durch den Vater und dessen Familie im Kosovo“ eigenständig auf seine - nicht zweifelsfreie - Wahrheit zu prüfen und zugunsten des Klägers in das Widerrufsermessen einzustellen. Vielmehr war der Beklagte an die negative Feststellung des Bundesamts im Bescheid vom 01.12.2000 gebunden, dass beim Kläger Abschiebungshindernisse weder nach § 53 Abs. 1 - 4 noch nach § 53 Abs. 6 AuslG vorliegen. Unerheblich ist, dass das Bundesamt sich bei dieser Entscheidung mit dem jetzigen Vorbringen (Bedrohung durch den Vater) nicht befasst hat. Um dieses Geschehen zur Geltung zu bringen, müsste der Kläger beim Bundesamt, wie bereits ausgeführt, einen Wiederaufgreifensantrag nach § 51 Abs. 1 - 3 VwVfG oder nach § 51 Abs. 5 i.V.m. §§ 48, 49 VwVfG stellen. Dass dieser Erfolg hätte, erscheint freilich im Hinblick auf die Ausführungen des Bundesamts im bereits erwähnten Ablehnungsbescheid vom 05.08.2002 gegenüber der Mutter des Klägers unwahrscheinlich.
32 
B. Auch die mit der Widerrufsentscheidung verbundene Abschiebungsandrohung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die gesetzlichen Vorgaben nach § 50 Abs. 1 - 3 AuslG sind erfüllt. Der Kläger wurde mit Wirksamkeit der Widerrufsentscheidung und das dadurch erfolgte Erlöschen der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis (§§ 44 Abs. 1, 72 Abs. 2 Satz 1 AuslG) ausreisepflichtig ( § 42 Abs. 1 AuslG) und diese Ausreisepflicht ist aufgrund des angeordneten Sofortvollzuges auch vollziehbar geworden, was nach der Rechtsprechung des Senat freilich nicht zwingende Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Abschiebungsandrohung ist. Die Bezeichnung des Heimatstaats Serbien-Montenegro als Abschiebezielstaat war zulässig, nachdem die Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG für dieses Land bindend (§ 4 AsylVfG) widerrufen war und das Bundesamt ebenfalls bindend ( § 42 Satz 1 AsylVfG) das Fehlen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG festgestellt hatte. Schließlich ist auch die festgesetzte Ausreisefrist (ein Monat ab Bekanntgabe der Entscheidung) angemessen, da die Mutter des Klägers und wohl auch die Geschwister des Klägers damals bereits ausreisepflichtig waren (vgl. u.a. den Bescheid des Bundesamts vom 05.08.2002), so dass einer gemeinsamen Ausreise und gegebenenfalls gleichzeitigen Abschiebung aller Familienmitglieder rechtlich nichts im Wege stand.
33 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
34 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Gründe

 
13 
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierauf verzichtet haben und der entscheidungserhebliche Sachverhalt geklärt ist.
14 
Die statthafte und auch sonst zulässige, insbesondere fristgerecht und inhaltlich ausreichend begründete Berufung des Klägers (vgl. § 124a Abs. 6 i. V. m. Abs. 3 Satz 3 und 4 VwGO) hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte der - zulässigen - Anfechtungsklage des Klägers gegen die Widerrufsentscheidung und die Abschiebungsandrohung in der Verfügung des Landratsamts Bodenseekreis vom 07.10.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 30.01.2004 nicht stattgeben dürfen. Denn diese Klage ist unbegründet, weil die angegriffenen Verfügungen rechtmäßig sind und daher Rechte des Klägers nicht verletzen ( § 113 Abs. 1 VwGO).
15 
A. Die Widerrufsverfügung begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
16 
I. Die Tatbestandsvoraussetzungen des - bei Abschluss des Verwaltungsverfahrens geltenden und daher hier anzuwendenden - § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG für den Widerruf der dem Kläger asylbezogen nach § 68 Abs. 1 AsylVfG a.F. erteilten unbefristeten Aufenthaltserlaubnis lagen beim Kläger unstreitig vor. Denn seine am 28.06.1999 erfolgte Anerkennung als Asylberechtigter und als Flüchtling nach § 51 Abs. 1 AuslG wurde durch Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 01.12.2000 widerrufen und ist mit Bestandskraft dieses Widerrufsbescheids am 05.02.2003 erloschen (vgl. § 73 Abs. 1 und Abs. 4 i.V.m. § 75 AsylVfG a.F.).
17 
II. Der Beklagte hat entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch das ihm eingeräumte Widerrufsermessen fehlerfrei in einer dem Zweck der Ermächtigung in § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG entsprechenden Weise ausgeübt (§ 114 Satz 1 VwGO). Er hat alle im Fall des Klägers relevanten öffentlichen und privaten Belange erhoben und sie ohne Verkennung ihres tatsächlichen und rechtlichen Gewichts sowie in Übereinstimmung mit den Vorgaben der Rechtsprechung sachgerecht in seine Abwägung eingestellt und auch das Abwägungs- und Entscheidungsergebnis ist nicht zu beanstanden.
18 
1. Der Beklagte hat zunächst richtig erkannt, dass ein Widerruf wegen des Grundsatzes von Treu und Glauben (Verbot widersprüchlichen Verhaltens) dann von vornherein nicht in Betracht kommt - das Widerrufsermessen mithin auf ein Widerrufsverbot beschränkt ist -, wenn der Ausländer unabhängig von seiner (entfallenen) Asylberechtigung einen Anspruch auf ein dem entzogenen Recht gleichwertiges Aufenthaltsrecht hat, sei es, dass ihm ein solches Aufenthaltsrecht schon bei Zuerkennung der Asylberechtigung zustand und lediglich überlagert war oder dass ihm jedenfalls im Zeitpunkt des Widerrufs ein Anspruch auf ein solches Aufenthaltsrecht aus anderen - asylunabhängigen - Rechtsgründen zusteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2003 - 1 C 13.02 -, NVwZ 2003, 1275 ff. = InfAuslR 2003, 324 ff.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.10.1996 - 13 S 2408/95 -, EzAR 214 Nr. 5; ebenso OVG Niedersachsen, Beschluss vom 18.09.2000 - 1 M 2888/00 -, Juris). Ein solcher Fall war beim Kläger aber nicht gegeben. Voraussetzung dafür wäre gewesen, dass der Kläger einen Anspruch auf einen der widerrufenen unbefristeten Aufenthaltserlaubnis in qualitativer und zeitlicher Hinsicht (mindestens) gleichwertigen Aufenthaltstitel, mindestens also ebenfalls einen Anspruch auf eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis oder auf eine Aufenthaltsberechtigung gehabt hätte, wobei dieser Aufenthaltstitel keinerlei sachlichen Bezug zum früheren asylbedingten Aufenthalt hätte aufweisen, aber auch zeitlich auf keinem vorangegangenen asylbedingten Aufenthalt hätte aufbauen dürfen. Denn asylbezogene Aufenthaltszeiten dürfen nicht als rechtmäßiger Voraufenthalt auf Mindestaufenthaltszeiten angerechnet werden, wie sie etwa in § 24 Abs. 1 Nr. 1, § 27 Abs. 2 Nr. 1 AuslG und - nach heutigem Recht - in § 9 Abs. 2 Satz 1 AufenthG gefordert werden (zu diesen Voraussetzungen eines gleichwertigen asylunabhängigen Aufenthaltsrechts vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2003 a.a.O. unter Verwerfung der abweichenden Auffassung des Senats im zugrunde liegenden Urteil vom 10.04.2002 - 11 S 331/02 -, InfAuslR 2002, 289 ff.).
19 
Von einem diesen Anforderungen genügenden gleichwertigen Aufenthaltsrecht konnte beim Kläger bei Abschluss des Verwaltungsverfahrens nicht die Rede sein. Ein Anspruch auf eine Aufenthaltsberechtigung nach § 27 AuslG scheiterte schon am Erfordernis einer vorherigen dreijährigen unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, die wegen ihres asylunabhängigen Charakters hätte angerechnet werden können (vgl. § 27 Abs. 2 Nr. 1 b) AuslG). Ein Anspruch auf eine asylunabhängige unbefristete Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AuslG schied aus vergleichbaren Gründen deswegen aus, weil es ebenfalls an einer vorangegangenen anrechenbaren asylunabhängigen Aufenthaltserlaubnis fehlte (vgl. § 24 Abs. 1 Nr. 1 AuslG); damit kann offen bleiben, ob die Mindestfrist von 5 Jahren in § 24 Abs. 1 Nr. 1 AuslG überhaupt hätte erreicht werden können, nachdem die dem Kläger erteilte Aufenthaltserlaubnis vom 29.07.1999 bei Wirksamkeit des Widerrufs (§ 72 Abs. 2 Satz 1 AuslG) noch keine 5 Jahre bestanden hatte und fraglich erscheint, welche davor liegenden Zeiten rechtmäßigen Voraufenthalts hätten angerechnet werden können (dazu etwa Hailbronner, Komm. zum AuslG, Sept. 2001, § 24 Rn. 10).
20 
2. Ermessensfehler zu Lasten des Klägers sind dem Beklagten im Ergebnis auch insofern nicht unterlaufen, als er sich mit der Frage befasst - und diese verneint - hat, ob dem Kläger im maßgeblichen Widerrufszeitpunkt ein Anspruch auf ein gegenüber der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis geringerwertiges Aufenthaltsrecht zustand. Der Beklagte hat sich ausweislich des Widerspruchsbescheids zur Prüfung dieser Frage deswegen verpflichtet gesehen, weil aus Gleichbehandlungsgründen im Einzelfall untersucht werden müsse, „ob eine Um- oder Rückstufung“ in einen geringerwertigen Aufenthaltstitel in Betracht komme, etwa weil in Vergleichsfällen humanitäre Aufenthaltsrechte nach § 32 AuslG erteilt worden wären oder Flüchtlinge im „kleinen Asyl“ nach § 51 Abs. 1 AuslG „nach § 35 Abs. 1 AuslG ein asylunabhängiges Aufenthaltsrecht“ erlangt hätten. Ferner sei erörterungsbedürftig, ob der Kläger eine befristete Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug verlangen könne.
21 
Dieser weite Prüfungsansatz dürfte im vorliegenden Fall entbehrlich gewesen sein. Gegenstand ist nicht der Widerruf einer befristeten Aufenthaltserlaubnis oder einer befristeten Aufenthaltsbefugnis, wie sie anerkannten Konventionsflüchtlingen erteilt wurde (§ 70 AsylVfG a.F.), sondern der Widerruf einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis aufgrund von § 68 AsylVfG a.F. Prüfprogramm der Ermessensentscheidung ist in diesem Fall die Frage, ob es gerechtfertigt ist, dem Ausländer den asylbedingt erteilten unbefristeten - hochwertigen - Aufenthaltstitel zu belassen oder ob dieser Titel zu entziehen ist. Eine Zwischenlösung gibt es nicht. Denn der Gegenstand des Widerrufs ist nicht teilbar, der Widerruf kann nicht auf einen die Befristung der Aufenthaltserlaubnis oder die Aufenthaltsbefugnis übersteigenden weitergehenden Teil beschränkt werden (so zutreffend VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.10.1996 - 13 S 2408/95 -, EzAR 214 Nr. 5). Die Frage, ob dem Kläger statt der bisher unbefristeten Aufenthaltserlaubnis möglicherweise ein befristetes Aufenthaltsrecht etwa zum Familiennachzug oder aus anderweitigen humanitären Gründen zustand, hatte daher nur für die Entscheidung Bedeutung, ob man ihm deswegen den (überschießenden) unbefristeten Aufenthaltstitel belassen oder diesen entziehen und den befristeten Aufenthaltstitel neu erteilten wollte. Im Ergebnis hat das Regierungspräsidium diese Frage zutreffend beantwortet. Es hat richtig erkannt, dass, dem Kläger mangels eines Aufenthaltsrechts seiner Eltern bzw. seiner Mutter seinerzeit keine Aufenthaltserlaubnis zum Kindernachzug nach §§ 21 Abs. 1 Satz 1 oder nach § 20 i.V.m. § 17 AuslG zustand und dass er mangels der beschäftigungsbezogenen Voraussetzungen bei seinen Eltern auch die Voraussetzungen für eine Aufenthaltsbefugnis nach § 32 AuslG i.V.m. dem Erlass des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 15.06.2001 [4-13 JUG/104] nicht erfüllte. Auch eine vom Kläger behauptete Schlechterstellung gegenüber Flüchtlingen mit dem Status des § 51 Abs. 1 AuslG lag nicht vor. Wäre der Kläger nur als Flüchtling nach § 51 Abs. 1 AuslG anerkannt worden und wäre ihm deswegen nur eine Aufenthaltsbefugnis nach § 70 AsylVfG erteilt worden, hätte diese, da sie ihrerseits verfolgungsbezogen ist, nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG unter den gleichen Voraussetzungen widerrufen werden können wie die im Streit stehende unbefristete Aufenthaltserlaubnis. In gleicher Weise wäre auch eine nach Maßgabe des § 35 Abs. 1 AuslG erworbene unbefristete Aufenthaltserlaubnis dem Widerruf nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG ausgesetzt gewesen. Abgesehen davon waren im maßgeblichen Zeitpunkt (Januar 2004) aber auch schon die zeitlichen Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 AuslG nicht erfüllt und zudem war der Lebensunterhalt des Klägers nicht gesichert.
22 
3. Auch im Übrigen vermag der Senat Ermessensfehler nicht zu erkennen.
23 
a) Der Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Wegfall der Asylberechtigung oder der Flüchtlingseigenschaft nach dem Willen des Gesetzgebers grundsätzlich auch eine Beendigung des darauf beruhenden Aufenthaltsrechts nach sich zieht und dass daher in den Fällen des § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG in der Regel ein gewichtiges öffentliches Interesse am Widerruf der Aufenthaltsgenehmigung besteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2003 a.a.O., VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.11.2005 - 11 S 650/05 -, Juris). Trotz dieses - gewichtigen - öffentlichen Interesses an der Beendigung des spezifisch asylbedingten Aufenthaltstitels ist der Ausländerbehörde freilich ein weiter Ermessensspielraum eröffnet. Hierbei hat sie unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls eine Abwägung mit den schutzwürdigen prüfungsrelevanten Belangen des Ausländers am weiteren Verbleib in Deutschland vorzunehmen, wie sie beispielhaft für die Aufenthaltsbeendigung durch Ermessensausweisung in § 45 Abs. 2 AuslG (heute: § 55 Abs. 3 AufenthG) aufgeführt sind. Hierzu gehören nach § 45 Abs. 2 Nr. 1 AuslG (= § 55 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG) vor allem die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts und die schutzwürdigen persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen des Ausländers im Bundesgebiet (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2003 a.a.O.). Diesen ist im Wege einer Verhältnismäßigkeitsprüfung das öffentliche Interesse am Verlust des asylbedingten Aufenthaltstitels gegenüber zu stellen. Hat der Ausländer dabei einen Anspruch auf einen geringerwertigen Aufenthaltstitel, wird es in aller Regel verhältnismäßig (angemessen) sein, ihm den überschießenden Titel zu entziehen und ihn auf den neuen Titel zu verweisen. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung sind des weiteren auch die in § 45 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 AuslG (= § 55 Abs. 3 Nrn. 2 und 3 AufenthG) genannten Belange ihrer tatsächlichen und rechtlichen Bedeutung gemäß in den Blick zu nehmen. Die Behörde muss sich daher im Einzelfall bei Bedarf auch mit den Folgen einer Aufenthaltsbeendigung für die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhaltenden und mit dem Ausländer in familiärer Lebensgemeinschaft lebenden Familienangehörigen auseinandersetzen sowie auf etwaige Duldungsgründe nach § 55 Abs. 2 AuslG (§ 60a Abs. 2 AufenthG) in Form rechtlicher oder tatsächlicher Abschiebungshindernisse eingehen.
24 
Zu den Abschiebungshindernissen nach § 55 Abs. 2 AuslG bzw. § 60a AufenthG gehören sowohl solche, die ihren Anlass im Inland haben (inlandsbezogene Abschiebungshindernisse - insofern wird häufig Deckungsgleichheit mit schutzwürdigen Belangen nach § 45 Abs. 2 Nr. 1 AuslG vorliegen -.) als auch solche, die sich außerhalb des Bundesgebiets im Herkunftsland bzw Abschiebezielstaat auswirken (zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, zur Unterscheidung vgl. BVerwG, Urteile vom 11.11.1997 - 9 C 13.96 -, NVwZ 1998, 526 ff.; = VBlBW 1998, 216 f.; Urteil vom 21.09.1999 - 9 C 12.90 -, BVerwGE 109, 305 ff.; VGH Bad.-Württ., .Beschluss vom 10.07.2003 - 11 S 2611/02 -, VBlBW 2003, 482 sowie Urteil vom 21.06.2004 - 11 S 770/04 -, InfAuslR 2004, 429 ff.).
25 
Bei den zielstaatsbezogenen rechtlichen Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG (= § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG) kommt allerdings der besondere Zusammenhang mit dem früheren Asylverfahren und die Abgrenzung der Entscheidungskompetenzen zwischen dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (heute; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) und den Ausländerbehörden zum Tragen. Mit Stellung des Asylantrags wird nach §§ 24 Abs. 2, 31 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG die Zuständigkeit und die Pflicht des Bundesamts zur Entscheidung auch über das Bestehen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG ( § 60a Abs. 2 bis 7 AufenthG) begründet. Diese Entscheidung kann nach § 31 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG zwar unterbleiben, wenn der Ausländer als Asylberechtigter anerkannt wird oder die Voraussetzungen des 51 Abs. 1 AuslG ( § 60 Abs. 1 AufenthG) festgestellt werden. Sie muss jedoch nachgeholt werden, wenn die Asylanerkennung oder der Flüchtlingsstatus enden (vgl. etwa § § 32 und 39 Abs. 2 AsylVfG). Hieraus folgt, dass das Bundesamt berechtigt, aber auch und verpflichte ist, Statusentscheidungen über das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG ( § 60 Abs. 2 - 7) AufenthG erstmals zusammen mit dem Widerruf einer Asylanerkennung oder der Flüchtlingseigenschaft nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG (§ 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG) zu treffen; denn es soll nicht offen blieben, ob und in welcher Form dem Ausländer Abschiebungsschutz gewährt wird (sog. Vollständigkeitsprinzip, vgl. BVerwG, Urteil vom 20.04.1999 - 9 C 29.98 -, InfAuslR 1999, 373). An die hierbei getroffene - positive wie negative - Statusfeststellung des Bundesamts ist die Ausländerbehörde nach § 42 Satz 1 AsylVfG strikt gebunden. Hat das Bundesamt die Statusfeststellung unterlassen, so ergibt sich aus § 42 Satz 1 AsylVfG anstelle der Bindungswirkung eine Sperrwirkung; die Ausländerbehörden dürfen in diesem Unterlassensfall nicht in das beim Bundesamt bestehende Entscheidungsvakuum eindringen; sie haben zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse daher aus ihrem Prüfprogramm auszuklammern (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.10.2004 - 11 S 1448/03 -, Juris, m.w.N.; zum neuen Recht vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.04.2005 - 11 S 2779/04 -, Juris).
26 
Die aus § 42 Satz 1 AsylVfG folgende Bindungs- bzw. Sperrwirkung gilt für alle denkbaren Entscheidungen der Ausländerbehörden, in denen es rechtlich unmittelbar oder auch nur mittelbar auf das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG/ § 60a Abs. 2 - 7 AufenthG ankommt, mithin nicht nur für Entscheidungen über die Gewährung eines Aufenthalts- oder Bleiberechts aufgrund des Abschiebungshindernisses, sondern auch für Entscheidungen über die Aufenthaltsbeendigung, in denen solche Abschiebungshindernisse - als Duldungsgründe - in das Ermessen einzustellen sind. Dies ist für die Entscheidung über eine Ausweisung anerkannt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.05.2003 - 13 S 1113/02 -, VBlBW 2003, 486 f.) gilt in gleicher Weise aber auch für die hier in Rede stehende Entscheidung über den Widerruf eines asylbezogenen Aufenthaltstitels nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG (§ 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG). Die Sperrwirkung greift in all diesen Fällen solange, bis das Bundesamts die geforderte Statusentscheidung nach § 53 AuslG (§ 60 Abs. 2 - 7 AufenthG) getroffen hat. Ist dies in der asylrechtlichen Widerrufsentscheidung geschehen, setzt die Bindungswirkung ein mit der Folge, dass die Ausländerbehörde bei positiver Feststellung von einem Duldungsgrund nach § 55 Abs. 2 AuslG ausgehen muss (bei Feststellungen nach § 53 Abs. 1, 2 und 4 AuslG) bzw. ausgehen soll (bei Feststellungen nach § 53 Abs. 6 AuslG). Diese bindenden Feststellungen sind in das Widerrufsermessens einzustellen und die Behörde hat dann zu prüfen, ob sie deswegen vom Widerruf gänzlich absehen oder sich auf die Erteilung einer Duldung nach § 55 Abs. 2 AuslG bzw. auf eine Aufenthaltsbefugnis etwa nach § 30 Abs. 3 AuslG beschränken will. Entsprechendes gilt nach heutigem Recht: Die Ausländerbehörde hat im Rahmen ihres Ermessens ebenfalls zu prüfen, ob sie dem Ausländer den überschießenden Aufenthaltstitel belässt oder ob sie ihn widerruft und dem Ausländer „nur“ eine (befristete) Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG erteilt oder sie sich gar nur mit der Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 i.V.m. § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG begnügen darf. Hat das Bundesamt negativ über das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG (§ 60 Abs. 2 - 7 AufenthG) entschieden, dürfen die Ausländerbehörden derartige - auch nachgeschobene, mit einem neuen Sachverhalt begründete - Abschiebungshindernisse ausnahmslos nicht berücksichtigen, sondern müssen davon ausgehen, dass solche Abschiebungshindernisse nicht bestehen. Die Ausländer sind insoweit auf einen isolierten Wiederaufgreifensantrag beim Bundesamt (sog. Folgeschutzgesuch) zu verweisen (vgl. zu dieser Möglichkeit BVerwG, Urteil vom 21.03.2000 - 9 C 41.99 -, BVerwGE 111, 77 ff. = NVwZ 2000, 940 f.; VGH Bad.-Württ., vom 13.09.2000 - 11 S 988/00 -, NVwZ 2001, 151 ff.) und haben diesem gegenüber gegebenenfalls auch einstweiligen Rechtsschutz zu suchen.
27 
b) Gemessen an diesen Vorgaben sind die Ermessenserwägungen des Beklagten nicht zu beanstanden. Sie beruhen weder auf einer tatsächlichen oder rechtlichen Fehlgewichtung der Belange des Klägers noch sind sie unvollständig.
28 
Der Beklagte hat berücksichtigt, dass der im Bundesgebiet geborene Kläger sich im maßgeblichen Zeitpunkt acht Jahre im Bundesgebiet aufgehalten hat, wobei er allerdings zunächst nur geduldet war, ab der Asylantragstellung im September 1997 eine Aufenthaltsgestattung erhielt und erst ab Juli 1999 über die asylbedingt erteilte unbefristete Aufenthaltserlaubnis verfügte. Während der Dauer des gesamten (erlaubten wie unerlaubten) Aufenthalts hat der Kläger jedoch keine besonders schutzwürdigen Bindungen an die Bundesrepublik Deutschland entwickelt. Der Beklagte hat insoweit zu Recht wegen des jungen Alters und der Abhängigkeit des Klägers von den Eltern im Schwerpunkt auf die tatsächlichen und rechtlichen Lebensumstände der Eltern, insbesondere der Mutter abgestellt und gewichtige Anhaltspunkte für deren soziale und wirtschaftliche Integration verneint. Die Eltern verfügten zu keiner Zeit über einen gesicherten Aufenthaltstitel. Mit Ausnahme der kurzen Zeit einer Aufenthaltsgestattung während des Asylverfahrens 1994 bis 1995 waren sowohl der Vater als auch die Mutter immer nur geduldet, die Mutter ersichtlich auch während ihrer laufenden Asylfolgeverfahren, die jeweils in kein reguläres Asylverfahren mündeten. 1995 wurden die Eltern geschieden. Der Vater wurde im Oktober 2001 nach Serbien-Montenegro abgeschoben. Die Mutter - und in deren Gefolge die die Geschwister - leiten ihr Bleiberecht seit Jahren ersichtlich allein vom Kläger und dessen asylbedingtem Aufenthaltstitel ab. Aufgrund seiner durch die Asylberechtigung belegten politischen Verfolgung war dem minderjährigen Kläger die Rückkehr in den Heimatstaat unzumutbar, was unter dem Gesichtspunkt der Familieneinheit (Art. 6 Abs. 1 und 2 GG) ausschlaggebend dafür war, dass die allein sorgeberechtigte Mutter und mit ihr auch die Geschwister Duldungen erhielten. Denn der Kläger war und ist auf die Betreuung der Mutter angewiesen. Eine Aufenthaltserlaubnis für den Nachzug zum Kläger nach § 17 ff. AuslG hat die Mutter nie erhalten. Die Mutter hat sich auch wirtschaftlich und beruflich nicht in die hiesigen Lebensverhältnisse eingegliedert, da sie Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bezog und bezieht. Ob und inwieweit sie diese Leistungen trotz Arbeitsbereitschaft erhält, weil sie sich um ihre Kindern kümmern muss, ist in diesem Zusammenhang nicht ausschlaggebend. Jedenfalls ist es der Familie nicht gelungen, eine gefestigte Existenz aufzubauen. Schließlich muss sich die Mutter entgegenhalten lassen, dass eine aufenthaltsrechtlich erhebliche und insoweit schutzwürdige Eingliederung in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland während eines lediglich geduldeten Aufenthalts grundsätzlich nicht erfolgen kann (vgl. Beschlüsse des Senats vom 25.09.2003 - 11 S 1795/03 -, InfAuslR 2004, 70). Auch eine nach Art. 8 EMRK rechtserhebliche „Verwurzelung“ als faktischer Inländer erfordert - als Basis - grundsätzlich eine entsprechende aufenthaltsrechtliche Verankerung, die bei Minderjährigen nur durch gewichtige sonstige nachhaltige - hier fehlende - Integrationsleistungen der Familienangehörigen kompensiert werden kann (vgl. dazu im Einzelnen VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006 - 13 S 2220/05 - unter Hinweis insbesondere auch darauf, dass Kinder bis zum 16. Lebensjahr grundsätzlich vom Aufenthaltsrecht und den Integrationsleistungen der Eltern abhängig sind).
29 
Der Senat verkennt nicht, dass die Aufenthaltsbeendigung in Deutschland und die Rückkehr in das Kosovo gleichwohl für den Kläger und seine Familie Nachteile mit sich bringen, da sie im dortigen Kulturkreis nicht bzw. nicht mehr fest verwurzelt sind und dem hiesigen Kulturkreis inzwischen näher stehen. Derartige sich aus den allgemein unterschiedlichen Lebensverhältnissen und unterschiedlichen Sozialstandards in Deutschland und dem jeweiligen Herkunftsstaat ergebenden Rückkehrerschwernisse sind in ausländerrechtlichen Verfahren, wie dem Kläger zuzugeben ist, auch ohne Rücksicht auf die Entscheidungslage beim Bundesamt berücksichtigungsfähig. Sie sind im Rahmen der schutzwürdigen Belange nach § 45 Abs. 2 Nr. 1 AuslG (§ 55 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG) als Parameter für „sonstige“ (kulturelle und/oder soziale) „Bindungen im Bundesgebiet“ zu prüfen und unterfallen nicht der Bindungswirkung nach § 42 Satz 1 AsylVfG, da sie wesentlichen Inlandsbezug haben, jedenfalls aber mit den typischen Streitgegenständen (Lebenssachverhalten) bei zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG (= § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG) nichts zu tun haben. Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 1, 2 und Abs. 4 AuslG (= § 60 Abs. 2, 3 und Abs. 5 AufenthG) i.V.m. - insbesondere - Art. 3 EMRK setzen, grob gesprochen, den Vortrag gravierender konkreter gezielter Eingriffe in die Rechtsgüter Leib und Leben und allgemein in die Menschenwürde voraus, die zudem vom Staat oder ihm zurechenbaren Stellen ausgehen müssen. § 53 Abs. 6 AuslG ( § 60 Abs. 7 AufenthG) knüpft in Satz 1 ebenfalls an im Einzelfall konkrete Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit an, die von außerhalb des Staates stehenden Personen oder Gruppen ausgehen. Dem werden nach Satz 2 Gefahren für die gesamte Bevölkerung oder für eine Bevölkerungsgruppe gleichgestellt, wenn jedes Gruppenmitglied „gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde“ (sog. extreme Allgemeingefahr, vgl. BVerwG, Urteile vom 17.10.1995 -9 C 9.95 -, BVerwGE 99, 324 ff., und vom 12.07.2001 - 1 C 2.01 -, BVerwGE 114, 379 ff.). Bei Allgemeingefahren unterhalb der Schwelle einer solchen Extremgefahr kann sich eine Sperrwirkung (für das Bundesamt wie für die Ausländerbehörden) aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung ergeben, denn der parlamentarische Gesetzgeber weist die Handlungsbefugnis insofern nach § 54 AuslG (§ 60a Abs. 1 AufenthG) den obersten Landesbehörden in Gestalt der Ermächtigung für Abschiebungserlasse zu, was die anderen Gewalten zu respektieren haben (vgl. dazu auch den Beschluss des Senats vom 21.09.2005 - 11 S 2924/04 -).
30 
Mit einem der vorgenannten Geschehensabläufe hat der Vortrag des Klägers, der Kosovo sei ihm und seiner Familie kulturell entfremdet und sie hätten dort keinen familiären Rückhalt mehr, nichts zu tun. Dieser Vortrag war daher zu berücksichtigen, ohne dass ihm freilich entscheidendes Gewicht zukam. Beide geltend gemachten Nachteile sind nicht so außergewöhnlich und gravierend, dass der Beklagte sie hätte hinter dem gewichtigen öffentlichen Interesse an der Beendigung des asylbedingten Aufenthalts des Klägers zurückstellen müssen. Hinsichtlich der Rückkehr in ein ihm kulturell entfremdetes, der Mutter aber keinesfalls „gänzlich fremdes“ Umfeld mit niedrigerem Lebens- und Sozialstandard beruft sich der Kläger auf typische Nachteile einer Vielzahl von Flüchtlingen. Aufgrund seines jungen Alters und mit Hilfe der Mutter wird sich der Kläger im Herkunftsland wieder eingewöhnen können. Der Kläger muss auch nicht allein in den Kosovo zurückkehren, sondern wird vom Beklagten ersichtlich nur gemeinsam mit seiner Mutter und seinen Geschwistern zurückgeführt werden. Dass die Mutter im Kosovo auf vollkommen fehlenden familiären Rückhalt treffen wird, hält der Senat für wenig wahrscheinlich. Zwar ist der Kontakt zu ihrem früheren Ehemann nach dessen Abschiebung abgebrochen und wird als nunmehr feindselig geschildert (dazu unten), obwohl sie mit diesem auch nach der Scheidung (und nach dessen Eheschließung mit einer über 20 Jahre älteren deutschen Staatsangehörigen) in Deutschland zeitweise noch zusammengelebt hat und er nach Angaben eines Arztes auch Vater der nach der Scheidung geborenen Kinder sein soll. Jedoch leben unstreitig die Geschwister der Mutter im Kosovo. Dass sie von diesen keinerlei Unterstützung erfahren wird, hält der Senat nach der Lebenserfahrung für unwahrscheinlich. Der diesbezügliche Vortrag des Klägers ist zu vage, um diesen Sachverhalt glaubhaft zu machen.
31 
Soweit der Kläger behauptet, bei einer Rückkehr werde die Mutter von ihrem früheren Ehemann und dessen Familie „schlimm bedroht“, diese würden ihr sofort die Kinder wegnehmen, macht er in erster Linie Nachteile der Mutter und allenfalls sekundär eigene Rechtsverletzungen geltend. Entscheidend ist jedoch, dass dieser Lebenssachverhalt nach Zielrichtung und Struktur erkennbar Elemente eines zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG aufweist (Bedrohung von Leib, Leben, Willens- und Entscheidungsfreiheit durch einzelne Privatpersonen ohne Urheberschaft staatlicher Stellen). Dementsprechend hat die Mutter des Klägers die Drohung des früheren Ehemanns und dessen Schwager, ihr bei einer Rückkehr die Kinder wegnehmen zu lassen, auch in ihrem - zweiten - Asylfolgeantrag vom 02.04.2002 beim Bundesamt geltend gemacht und das Bundesamt hat hierüber im Rahmen der Prüfung eines Anspruchs nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG auch - negativ - entschieden. Die gegebene Sachnähe zu einem Anspruch nach § 53 AuslG führt dazu, dass die Wirkungen des § 42 Satz 1 AsylVfG zum Tragen kommen. Der Beklagte war daher gehindert, den Komplex „Bedrohung durch den Vater und dessen Familie im Kosovo“ eigenständig auf seine - nicht zweifelsfreie - Wahrheit zu prüfen und zugunsten des Klägers in das Widerrufsermessen einzustellen. Vielmehr war der Beklagte an die negative Feststellung des Bundesamts im Bescheid vom 01.12.2000 gebunden, dass beim Kläger Abschiebungshindernisse weder nach § 53 Abs. 1 - 4 noch nach § 53 Abs. 6 AuslG vorliegen. Unerheblich ist, dass das Bundesamt sich bei dieser Entscheidung mit dem jetzigen Vorbringen (Bedrohung durch den Vater) nicht befasst hat. Um dieses Geschehen zur Geltung zu bringen, müsste der Kläger beim Bundesamt, wie bereits ausgeführt, einen Wiederaufgreifensantrag nach § 51 Abs. 1 - 3 VwVfG oder nach § 51 Abs. 5 i.V.m. §§ 48, 49 VwVfG stellen. Dass dieser Erfolg hätte, erscheint freilich im Hinblick auf die Ausführungen des Bundesamts im bereits erwähnten Ablehnungsbescheid vom 05.08.2002 gegenüber der Mutter des Klägers unwahrscheinlich.
32 
B. Auch die mit der Widerrufsentscheidung verbundene Abschiebungsandrohung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die gesetzlichen Vorgaben nach § 50 Abs. 1 - 3 AuslG sind erfüllt. Der Kläger wurde mit Wirksamkeit der Widerrufsentscheidung und das dadurch erfolgte Erlöschen der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis (§§ 44 Abs. 1, 72 Abs. 2 Satz 1 AuslG) ausreisepflichtig ( § 42 Abs. 1 AuslG) und diese Ausreisepflicht ist aufgrund des angeordneten Sofortvollzuges auch vollziehbar geworden, was nach der Rechtsprechung des Senat freilich nicht zwingende Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Abschiebungsandrohung ist. Die Bezeichnung des Heimatstaats Serbien-Montenegro als Abschiebezielstaat war zulässig, nachdem die Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG für dieses Land bindend (§ 4 AsylVfG) widerrufen war und das Bundesamt ebenfalls bindend ( § 42 Satz 1 AsylVfG) das Fehlen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG festgestellt hatte. Schließlich ist auch die festgesetzte Ausreisefrist (ein Monat ab Bekanntgabe der Entscheidung) angemessen, da die Mutter des Klägers und wohl auch die Geschwister des Klägers damals bereits ausreisepflichtig waren (vgl. u.a. den Bescheid des Bundesamts vom 05.08.2002), so dass einer gemeinsamen Ausreise und gegebenenfalls gleichzeitigen Abschiebung aller Familienmitglieder rechtlich nichts im Wege stand.
33 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
34 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Sonstige Literatur

 
35 
Rechtsmittelbelehrung
36 
Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
37 
Die Beschwerde ist beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schubertstraße 11, 68165 Mannheim oder Postfach 10 32 64, 68032 Mannheim, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen.
38 
Die Beschwerde muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
39 
In der Begründung der Beschwerde muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
40 
Für das Beschwerdeverfahren besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Danach muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
41 
Beschluss vom 22.02.2006
42 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 52 Abs. 2, 72 Nr. 1 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
43 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Der Aufenthaltstitel des Ausländers nach § 4 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 zweite Alternative, Nummer 2, 2a, 2b, 2c, 3 und 4 kann außer in den Fällen der Absätze 2 bis 6 nur widerrufen werden, wenn

1.
er keinen gültigen Pass oder Passersatz mehr besitzt,
2.
er seine Staatsangehörigkeit wechselt oder verliert,
3.
er noch nicht eingereist ist,
4.
seine Anerkennung als Asylberechtigter oder seine Rechtsstellung als Flüchtling oder als subsidiär Schutzberechtigter erlischt oder unwirksam wird oder
5.
die Ausländerbehörde nach Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 Satz 1 feststellt, dass
a)
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 nicht oder nicht mehr vorliegen,
b)
der Ausländer einen der Ausschlussgründe nach § 25 Abs. 3 Satz 2 Nummer 1 bis 4 erfüllt oder
c)
in den Fällen des § 42 Satz 1 des Asylgesetzes die Feststellung aufgehoben oder unwirksam wird.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 4 und 5 kann auch der Aufenthaltstitel der mit dem Ausländer in familiärer Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen widerrufen werden, wenn diesen kein eigenständiger Anspruch auf den Aufenthaltstitel zusteht.

(2) Ein nationales Visum, eine Aufenthaltserlaubnis und eine Blaue Karte EU, die zum Zweck der Beschäftigung erteilt wurden, sind zu widerrufen, wenn die Bundesagentur für Arbeit nach § 41 die Zustimmung zur Ausübung der Beschäftigung widerrufen hat. Ein nationales Visum und eine Aufenthaltserlaubnis, die nicht zum Zweck der Beschäftigung erteilt wurden, sind im Falle des Satzes 1 in dem Umfang zu widerrufen, in dem sie die Beschäftigung gestatten.

(2a) Eine nach § 19 erteilte ICT-Karte, eine nach § 19b erteilte Mobiler-ICT-Karte oder ein Aufenthaltstitel zum Zweck des Familiennachzugs zu einem Inhaber einer ICT-Karte oder Mobiler-ICT-Karte kann widerrufen werden, wenn der Ausländer

1.
nicht mehr die Voraussetzungen der Erteilung erfüllt oder
2.
gegen Vorschriften eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union über die Mobilität von unternehmensintern transferierten Arbeitnehmern im Anwendungsbereich der Richtlinie 2014/66/EU verstoßen hat.
Wird die ICT-Karte oder die Mobiler-ICT-Karte widerrufen, so ist zugleich der dem Familienangehörigen erteilte Aufenthaltstitel zu widerrufen, es sei denn, dem Familienangehörigen steht ein eigenständiger Anspruch auf einen Aufenthaltstitel zu.

(3) Eine nach § 16b Absatz 1, 5 oder 7 zum Zweck des Studiums erteilte Aufenthaltserlaubnis kann widerrufen werden, wenn

1.
der Ausländer ohne die erforderliche Erlaubnis eine Erwerbstätigkeit ausübt,
2.
der Ausländer unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Studiendauer an der betreffenden Hochschule im jeweiligen Studiengang und seiner individuellen Situation keine ausreichenden Studienfortschritte macht oder
3.
der Ausländer nicht mehr die Voraussetzungen erfüllt, unter denen ihm eine Aufenthaltserlaubnis nach § 16b Absatz 1, 5 oder 7 erteilt werden könnte.
Zur Prüfung der Voraussetzungen von Satz 1 Nummer 2 kann die Ausbildungseinrichtung beteiligt werden.

(4) Eine nach § 18d oder § 18f erteilte Aufenthaltserlaubnis kann widerrufen werden, wenn

1.
die Forschungseinrichtung, mit welcher der Ausländer eine Aufnahmevereinbarung abgeschlossen hat, ihre Anerkennung verliert, sofern er an einer Handlung beteiligt war, die zum Verlust der Anerkennung geführt hat,
2.
der Ausländer bei der Forschungseinrichtung keine Forschung mehr betreibt oder betreiben darf oder
3.
der Ausländer nicht mehr die Voraussetzungen erfüllt, unter denen ihm eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18d oder § 18f erteilt werden könnte oder eine Aufnahmevereinbarung mit ihm abgeschlossen werden dürfte.

(4a) Eine nach § 16e oder § 19e erteilte Aufenthaltserlaubnis kann widerrufen werden, wenn der Ausländer nicht mehr die Voraussetzungen erfüllt, unter denen ihm die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden könnte.

(5) Eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 oder Absatz 4b Satz 1 soll widerrufen werden, wenn

1.
der Ausländer nicht bereit war oder nicht mehr bereit ist, im Strafverfahren auszusagen,
2.
die Angaben des Ausländers, auf die in § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 1 oder Absatz 4b Satz 2 Nummer 1 Bezug genommen wird, nach Mitteilung der Staatsanwaltschaft oder des Strafgerichts mit hinreichender Wahrscheinlichkeit als falsch anzusehen sind oder
3.
der Ausländer auf Grund sonstiger Umstände nicht mehr die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 25 Absatz 4a oder Absatz 4b erfüllt.
Eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 soll auch dann widerrufen werden, wenn der Ausländer freiwillig wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.

(6) Eine Aufenthaltserlaubnis nach § 38a soll widerrufen werden, wenn der Ausländer seine Rechtsstellung als langfristig Aufenthaltsberechtigter in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verliert.

(7) (weggefallen)

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.
der Lebensunterhalt gesichert ist,
1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,
2.
kein Ausweisungsinteresse besteht,
3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und
4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und
2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.

(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 23. Februar 2005 - 7 K 181/05 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die fristgerecht erhobene und begründete sowie inhaltlich den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechende Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 23.02.2005 ist zulässig, aber unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat es zu Recht abgelehnt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den mit Verfügung der Antragsgegnerin vom 08.12.2004 unter Anordnung des Sofortvollzugs erfolgten Widerruf seiner unbefristeten Aufenthaltserlaubnis sowie gegen die in dem Bescheid enthaltene Abschiebungsandrohung wiederherzustellen bzw. anzuordnen. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seinem Beschwerdevorbringen, auf dessen Überprüfung der Senat beschränkt ist (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), ohne Erfolg
Auch nach Auffassung des Senats gebührt bei der im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Aufenthaltsbeendigung nach Widerruf der dem Antragsteller asylbedingt nach § 68 Abs. 1 AsylVfG a.F. erteilten unbefristeten Aufenthaltserlaubnis der Vorrang vor dem privaten Interesse des Antragstellers, vom Vollzug der angefochtenen Verfügung vorläufig verschont zu bleiben.
1. Der nach bestandskräftigem Widerruf der Asylanerkennung des Antragstellers, eines 1984 geborenen serbisch-montenegrinischen Staatsangehörigen albanischer Volkszugehörigkeit aus dem Kosovo, erfolgte Widerruf der ihm asylbedingt erteilten unbefristeten Aufenthaltserlaubnis ist aller Voraussicht nach rechtmäßig.
a) Ist wie im vorliegenden Fall der erforderliche Widerspruchsbescheid noch nicht ergangen, so ist für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung - wie im übrigen auch für die Abwägung der widerstreitenden Interessen - auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO abzustellen (vgl. § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO; s. dazu auch Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 4. Aufl., Rdnr. 870, und Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, 3. Aufl., § 80 Rn. 97, jeweils m.w.N.). Dies hat zur Folge, dass der Widerruf der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis des Antragstellers nach § 52 Abs. 1 Nr. 4 des zum 01.01.2005 in Kraft getretenen Aufenthaltsgesetzes (vgl. Art. 15 Abs. 3 1. HS des Zuwanderungsgesetzes vom 30.07.2004, BGBl. I,   S. 1945 ff.). zu beurteilen ist; diese Vorschrift entspricht inhaltlich dem von der Antragsgegnerin zu Grunde gelegten § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG.
b) Nach § 52 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG kann der Aufenthaltstitel des Ausländers widerrufen werden, wenn seine Anerkennung als Asylberechtigter oder seine Rechtsstellung als Flüchtling erlischt oder unwirksam wird. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschrift sind unstreitig erfüllt, nachdem das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) wegen der seit der Asylanerkennung veränderten Situation im Kosovo mit bestandskräftigem Bescheid vom 02.03.2004 die Anerkennung des Antragstellers als Asylberechtigter und die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, widerrufen hat.
c) Der Widerruf der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis stand damit im Ermessen der Antragsgegnerin. Dieses Ermessen dürfte die Antragsgegnerin rechtfehlerfrei ausgeübt haben.
aa) Das Verwaltungsgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass ein Widerruf nach § 52 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG nicht deshalb ausscheidet, weil der Antragsteller unabhängig von seiner entfallenen Asylberechtigung aus anderen Rechtsgründen einen Anspruch auf ein dem entzogenen Recht gleichwertiges Aufenthaltsrecht hat, die Behörde mithin unzulässiger Weise einen Aufenthaltstitel widerrufen hätte, den sie sogleich wieder erteilen müsste (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 20.02.2003 - 1 C 13/02 -, BVerwGE 117, 380 ff.).
Ein solches asylunabhängiges Aufenthaltsrecht ergibt sich entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht aus § 35 Abs. 1 Satz 2 AufenthG (früher § 26 Abs. 1 Satz 2 AuslG). Zum einen scheidet, wie bereits das Verwaltungsgericht im einzelnen ausgeführt hat, ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 35 Abs. 1 Satz 2 AufenthG deshalb aus, weil diese Bestimmung voraussetzt, dass der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis „nach diesem Abschnitt“, d.h. nach Abschnitt 6 des Aufenthaltsgesetzes („Aufenthalt aus familiären Gründen“) besitzt. Diese Voraussetzungen erfüllt der Antragsteller jedoch nicht, weil er nicht im Wege des Familiennachzugs, sondern - gemeinsam mit seiner Mutter - als Asylbewerber in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist und eine Aufenthaltserlaubnis ausschließlich wegen seiner Anerkennung als Asylberechtigter erhalten hat. Zum anderen wäre der Erwerb eines Anspruchs aus § 35 Abs. 1 Satz 2 AufenthG unter Berücksichtigung der Zeiten des erlaubten Aufenthalts auf Grund der Asylanerkennung selbst asylbedingt und unterläge dem Widerruf; er kann daher dem Widerruf der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis nach § 52 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG nicht entgegenstehen (vgl. dazu im einzelnen BVerwG, Urteil vom 20.02.2003, a.a.O., zur vergleichbaren Situation bei möglichen Ansprüchen aus § 24 Abs. 1 AuslG bzw. 27 Abs. 2 AuslG). Es kommt daher nicht darauf an, ob die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 35 Abs. 1 Satz 2 AufenthG auch deshalb ausscheidet, weil ein auf dem persönlichen Verhalten des Antragstellers beruhender Ausweisungsgrund (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AufenthG, früher § 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AuslG) vorliegt, ob § 35 Abs. 3 Nr. 2 AufenthG (früher § 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AuslG) insoweit eine Spezialregelung darstellt und ob § 35 Abs. 3 Satz 2 AufenthG (früher § 26 Abs. 3 Satz 2 AuslG) in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen wäre.
bb) Entgegen der Auffassung des - im Zeitpunkt der Widerrufsentscheidung 18 Jahre alten - Antragstellers ist auch nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin bei der Widerrufsentscheidung nicht berücksichtigt hat, ob der Antragsteller sich im Falle einer Ausweisung auf besondere Ausweisungsschutzvorschriften, insbesondere auf einen besonderen Ausweisungsschutz für Heranwachsende (d.h. für Personen zwischen 18 und 21 Jahren, vgl. § 1 Abs. 2 JGG), berufen könnte.
10 
(1) Zwar konnte nach § 48 Abs. 2 Satz 2 AuslG ein Heranwachsender, der im Bundesgebiet aufgewachsen ist und mit seinen Eltern in häuslicher Gemeinschaft lebt, nur nach Maßgabe des § 47 Abs. 1 und 2 Nr. 1 und Abs. 3 AuslG (dessen Voraussetzungen hier nicht vorliegen) ausgewiesen werden. Diese Regelung ist in das für die Widerrufsentscheidung nunmehr maßgebliche Aufenthaltsgesetz aber nicht aufgenommen worden, da der Gesetzgeber keinen Grund dafür gesehen hat, einen Heranwachsenden, der mit seinen Eltern in häuslicher Gemeinschaft lebt, gegenüber anderen Heranwachsenden zu privilegieren (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs zu § 56 AufenthG, BTDrucks 15/420). Der Gesetzgeber hat damit ersichtlich dem auch vom Verwaltungsgericht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hervorgehobenen Gesichtspunkt Rechnung getragen, dass volljährige Kinder aufenthaltsrechtlich grundsätzlich selbständig zu behandeln sind, weil zwischen ihnen und ihren Eltern (anders als bei Minderjährigen) regelmäßig eine bloße Begegnungsgemeinschaft besteht.
11 
Nachdem der Antragsteller sich auf § 48 Abs. 2 Satz 2 AuslG nicht mehr berufen kann, bedarf die Frage, ob diese Vorschrift im Widerrufsverfahren hätte berücksichtigt werden müssen, keiner weiteren Klärung.
12 
(2) Spezieller Ausweisungsschutz für Heranwachsende besteht nach dem Aufenthaltsgesetz nur noch bei Vorliegen der Voraussetzungen von § 56 Abs. 2 Satz 1 AufenthG und führt lediglich dazu, dass in den Fällen der §§ 53 und 54 AufenthG (d.h. bei Vorliegen eines Ist- oder Regelausweisungstatbestandes) immer nur eine Ermessensausweisung zulässig ist. Im Unterschied zum Ausweisungsschutz für Heranwachsende nach dem Ausländergesetz kommt aber die Ausweisung eines Heranwachsenden bei allen Ausweisungstatbeständen der §§ 53, 54 und 55 AufenthG in Betracht. Selbst wenn man also von der Anwendbarkeit der Ausweisungsschutzvorschriften für Heranwachsende im Widerrufsverfahren ausgehen wollte, stünden diese im Falle des Klägers einem Widerruf der Aufenthaltserlaubnis nicht zwingend entgegen entgegen.
13 
(3) Soweit das Beschwerdevorbringen des Antragstellers im Hinblick auf die von ihm in Bezug genommene Entscheidung des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25.09.2003 (- 11 K 4484/02 -, InfAuslR 2004, 74 ff.) so zu verstehen sein sollte, dass bei der Ermessensentscheidung über den Widerruf einer   asylbedingt erteilten unbefristeten Aufenthaltserlaubnis nach § 52 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG generell die Vorschriften über den besonderen Ausweisungsschutz „wertend heranzuziehen“ seien, so kann dem nicht gefolgt werden.
14 
Dass die Ausländerbehörde bei der Ausübung des ihr nach § 52 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG eröffneten Widerrufsermessens in der Regel nicht zu berücksichtigen hat, ob der Ausländer auf Grund der nunmehr in § 56 AufenthG zusammengefassten besonderen Ausweisungsschutzvorschriften ausgewiesen werden könnte, ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte und dem Sinn und Zweck der Regelung über den Widerruf einer asylbedingt erteilten unbefristeten Aufenthaltserlaubnis.
15 
Nach dem Ausländergesetz 1965 führte der Widerruf der Asylberechtigung bereits kraft Gesetzes zum Erlöschen der Aufenthaltserlaubnis und der Aufenthaltsberechtigung (§ 9 Abs. 1 AuslG 1965). Wie sich aus der Begründung des Gesetzentwurfs zu § 43 Abs. 1 AuslG 1990 (BTDrucks 11/6321, S. 71) ergibt, wollte der Gesetzgeber mit der damaligen Neuregelung, die im wesentlichen unverändert in das Aufenthaltsgesetz übernommen wurde, lediglich diese gesetzliche Erlöschensautomatik durch die Widerrufsmöglichkeit, die eine Würdigung der Umstände des Einzelfalles erlaubt, ersetzen, um mitunter sachlich nicht gerechtfertigte Ergebnisse zu vermeiden, insbesondere bei langjährigem rechtmäßigen Aufenthalt und wirtschaftlichem Lebensmittelpunkt im Bundesgebiet. Insbesondere sollte der Bestand des Aufenthaltsrechts möglichst nicht an Voraussetzungen geknüpft werden, auf die der Ausländer im Einzelfall keinen Einfluss hat. An der Möglichkeit, jeden aufgrund der Asylanerkennung erworbenen Aufenthaltsstatus zu widerrufen, sollte dabei nichts geändert werden. Mit der Zwischenschaltung einer ausländerbehördlichen Ermessensentscheidung wollte der Gesetzgeber ersichtlich nicht davon abweichen, dass der Wegfall der Asylberechtigung oder der Flüchtlingseigenschaft grundsätzlich auch eine Beendigung des darauf beruhenden Aufenthalts nach sich zieht. Dem entspricht auch der an den Fortbestand der politischen Verfolgungssituation im Herkunftsland geknüpfte Charakter des Asylrechts (vgl. § 73 Abs. 1 AsylVfG). Der Gesetzgeber hat das der Ausländerbehörde in § 52 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG (bzw. früher § 43 Abs. 1 Nr. 4AuslG) eingeräumte Ermessen dabei nicht an bestimmte Vorgaben geknüpft, sondern insoweit einen weiten Spielraum eröffnet. Die Behörde darf danach grundsätzlich davon ausgehen, dass in den Fällen des § 52 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG in der Regel ein gewichtiges öffentliches Interesse an dem Widerruf der Aufenthaltsgenehmigung besteht. Bei ihrer Ermessensausübung muss die Ausländerbehörde allerdings sämtliche Umstände des Einzelfalles und damit auch die schutzwürdigen Belange des Ausländers an einem weiteren Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland in den Blick nehmen, wie sie beispielhaft für die Aufenthaltsbeendigung durch Ermessensausweisung in § 55 Abs. 3 AufenthG (früher § 45 Abs. 2 AuslG) aufgeführt sind. Dazu gehören nach § 55 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG (früher § 45 Abs. 2 Nr. 1 AuslG) insbesondere die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts und die schutzwürdigen persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen des Ausländers im Bundesgebiet (vgl. zum Ganzen grundsätzlich BVerwG, Urteil vom 20.02.2003, a.a.O., zu § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG).
16 
Zieht nach dem Gesagten der Wegfall der Asylberechtigung oder der Flüchtlingseigenschaft insbesondere im Hinblick auf den Charakter des Asylrechts grundsätzlich auch eine Beendigung des darauf beruhenden Aufenthalts nach sich, ergeben sich daraus grundlegende Unterschiede zwischen einer Aufenthaltsbeendigung durch Widerruf einer asylbedingt erteilten Aufenthaltserlaubnis und der Beendigung eines bestehenden Aufenthaltsrechts durch Ausweisung.
17 
Im Fall der Aufenthaltsgewährung nach Asylanerkennung oder Feststellung der Flüchtlingseigenschaft ist das Aufenthaltsrecht - wenn es auch unbefristet erteilt wird - von Anfang an mit der gesetzlich vorgesehenen und tatbestandsmäßig nicht beschränkten Widerrufsmöglichkeit nach § 52 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG (bzw. davor § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG) „belastet“. Nach Widerruf der Asylanerkennung oder der Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, der im übrigen seinerseits Beschränkungen unterliegt (vgl. § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG), liegt es grundsätzlich im überwiegenden öffentlichen Interesse, das auf dem Zufluchtsgedanken beruhende Aufenthaltsrecht zu beenden, es sei denn, die Aufenthaltsbeendigung erweise sich wegen schutzwürdiger privater Belange des Ausländers als ermessensfehlerhaft. Zu den in diesem Zusammenhang besonders zu berücksichtigenden Gesichtspunkten gehören neben der Aufenthaltsdauer insbesondere die vom Ausländer erbrachten Integrationsleistungen (vgl. auch Kanein/Renner, Ausländerrecht, 6. Aufl., § 43 AuslG Rn. 9). Demgegenüber wird durch die Ausweisung gerade in den Fällen, in denen Ausweisungsschutz nach § 56 AufenthG besteht, in eine ansonsten besonders schutzwürdige Aufenthaltsposition eingegriffen und diese durch Ausweisung beendet (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG). Vor diesem Hintergrund haben die besonderen Ausweisungsschutzvorschriften, die die Ausweisung im Hinblick auf die privilegierte aufenthaltsrechtliche Position des Ausländers erschweren, ihren Sinn. Soweit besonderer Aufenthaltsschutz aus der Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts erwächst, ist darüber hinaus zu bedenken, dass bei Asylberechtigten oder anerkannten Flüchtlingen auch dieser Aufenthalt seinerseits i.d.R. asylbedingt ist. Schließlich ist es auch grundsätzlich unzulässig, die für eine bestimmte Problemlage getroffenen Regelungen auf die Regelungen für eine andere Problemlage zu übertragen, wobei es keinen Unterschied machen dürfte, dass im konkreten Fall sowohl die Aufenthaltsbeendigung durch Widerruf einer asylbedingt erteilten Aufenthaltserlaubnis als auch die Ausweisungsvorschriften im gleichen Abschnitt des Aufenthaltsgesetzes geregelt sind (vgl. dazu auch BVerwG vom 20.02.2003, a.a.O.).
18 
Eine andere rechtliche Beurteilung ergibt sich im vorliegenden Fall auch nicht aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.07.2002 ( - 1 C 8/02 -, BVerwGE 116, 378 ff.), wonach der besondere Ausweisungsschutz für Minderjährige nach § 48 Abs. 2 Satz 1 AuslG (vgl. jetzt § 56 Abs. 2 Sätze 1 und 2 AufenthG) auch im Rahmen einer nach § 21 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 17 Abs. 5 AuslG (vgl. jetzt § 34 Abs. 1 i.V.m. §§ 8 Abs. 1, 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG) zu treffenden Entscheidung über die Versagung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis eines Minderjährigen zu beachten ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat in der genannten Entscheidung ausdrücklich betont, von dem Grundsatz, dass im Ausländerrecht die für eine bestimmte Problemlage getroffene Regelung nicht auf andere Problemlagen übertragen werden könne, sei in dem zu entscheidenden Fall - ausnahmsweise - deshalb abzuweichen, weil zum einen bei der Beendigung des rechtmäßigen Aufenthalts durch Versagung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis und durch Ausweisung   eine vergleichbare Interessen- und Abwägungslage gegeben und zum anderen bei minderjährigen Ausländern der verfassungsrechtliche Schutzauftrag aus Art. 6 GG zu beachten sei.
19 
Eine der Ausweisungsentscheidung vergleichbare Interessen- und Abwägungslage dürfte beim Widerruf der Aufenthaltserlaubnis nach Wegfall der Asylberechtigung oder der Flüchtlingseigenschaft aus den o.g. Gründen nicht bestehen. Ob gleichwohl im Hinblick auf die Schutzwirkungen des Art. 6 GG oder Art. 8 EMRK bei Minderjährigen die besonderen Ausweisungsschutzvorschriften bei der Ausübung des Widerrufsermessens ausnahmsweise zu berücksichtigen sind oder die Minderjährigkeit eines Ausländers nach erfolgtem Widerruf nur ggf. zu einem rechtlichen Abschiebungshindernis führt, kann im vorliegenden Fall offen bleiben, da der Antragsteller volljährig ist.
20 
cc) Entgegen der Auffassung des Antragstellers dürften die Ermessenserwägungen der Antragsgegnerin auch im übrigen nicht zu beanstanden sein. Die Antragsgegnerin hat in ihre Erwägungen die Dauer des Aufenthalts des Antragstellers und seine schutzwürdigen Bindungen im Bundesgebiet eingestellt und gewürdigt. Es ist dabei nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin keine dem Widerruf der Aufenthaltserlaubnis entgegenstehenden besonders schützenswerten familiären Bindungen angenommen hat, da - worauf auch das Verwaltungsgericht hingewiesen hat - der Kläger volljährig ist und Anhaltspunkte für eine über eine bloße Begegnungsgemeinschaft hinausgehende Beziehung zu den Eltern nicht erkennbar sind. Zu Recht ist die Antragsgegnerin davon ausgegangen, dass der Antragsteller, der nach Aktenlage jeweils nur kurzzeitigen Beschäftigungen nachgegangen ist, sich weder in wirtschaftlicher noch in sozialer Hinsicht in die Verhältnisse der Bundesrepublik integriert hat. Die Antragsgegnerin hat sich auch entsprechend den Maßgaben des Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 20.02.2003, a.a.O.) inhaltlich mit den vom Antragsteller begangenen Straftaten auseinander gesetzt und diese im Hinblick auf deren zeitliche Abfolge, deren Gewicht und deren Aussagekraft für die vom Antragsteller ausgehenden Gefahr weiterer Straftaten gewürdigt. Danach ist der Antragsteller seit dem ersten aktenkundigen (noch als Kind begangenen) Ladendiebstahl bis zur Widerrufsentscheidung der Antragsgegnerin kontinuierlich und in einer Vielzahl von Fällen strafrechtlich in Erscheinung getreten. Wegen mehrerer Diebstahlsdelikte, u.a. wegen Diebstahls in einem besonders schweren Fall, sowie wegen gefährlicher Körperverletzung wurden dem Antragsteller Arbeitsauflagen erteilt bzw. es wurden Freizeitarreste sowie Jugendarrest verhängt, ohne dass diese Maßnahmen ihn von der Begehung weitere Straftaten abgehalten hätten. Die letzte aktenkundig gewordene Straftat ist ein Ladendiebstahl vom 24.01.2004 (eingestellt gemäß §§ 45 Abs. 1 und 2, 47 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 JGG), den der Antragsteller beging, nachdem er vom Regierungspräsidium Freiburg bereits zu einer eventuellen Ausweisung angehört worden war. Die Lebenssituation des Antragstellers ist insgesamt von Perspektiv- und Orientierungslosigkeit gekennzeichnet. Die Feststellung der Antragsgegnerin, es deute nichts darauf hin, dass der Antragsteller künftig von weiteren Straftaten absehen werde, ist vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden.
21 
2. Im Ergebnis zu Recht hat das Verwaltungsgericht bei der im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung auch dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Aufenthaltsbeendigung nach Widerruf der dem Antragsteller asylbedingt erteilten unbefristeten Aufenthaltserlaubnis den Vorrang eingeräumt vor dem privaten Interesse des Antragstellers, vom Vollzug der angefochtenen Verfügung vorläufig verschont zu bleiben.
22 
a) Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats muss zwar das öffentliche Interesse an der Anordnung der sofortigen Vollziehung des Widerrufs einer Aufenthaltserlaubnis nach § 52 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG (= § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG), der durch Beendigung eines Aufenthaltsrechts gravierend in Schicksal und Lebensplanung des Ausländers eingreift, über das allgemeine Interesse an dieser Maßnahme hinausgehen (vgl. Senatsbeschluss vom 11.02.2005 - 11 S 1170/04 - ). Die Dringlichkeit einer Vollziehung ergibt sich dabei nicht schon daraus, dass diese Maßnahme ohne die Anordnung der sofortigen Vollziehung von vornherein ihren Zweck verfehlt. Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass die Widerrufsentscheidung - ebenso wie die nachträgliche zeitliche Beschränkung einer Aufenthaltsgenehmigung nach § 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG ( = § 12 Abs. 2 Satz 2 AuslG) - ungeachtet der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs wirksam bleibt (§ 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG = § 72 Abs. 2 Satz 1 AuslG) und schon dadurch ihren zuwanderungsbegrenzenden Zweck (Verhinderung weiterer rechtserheblicher Integration) weitgehend erfüllt. Daraus folgt, dass es eines über die (selbst offensichtliche) Rechtmäßigkeit des Widerrufs hinausgehenden sofortigen Vollzugsinteresses bedarf, das im Einzelfall und nach gegenwärtiger Rechtslage einen dringenden Handlungsbedarf voraussetzt. Einen solchen Handlungsbedarf hatte der Senat in dem dem Beschluss vom 11.02.2005 zugrunde liegenden Fall, in dem die von der Widerrufsentscheidung betroffenen Ausländer nicht straffällig geworden waren, sondern sozial angepasst und unauffällig in der Bundesrepublik lebten, verneint.
23 
b) Anders sind jedoch die Verhältnisse im vorliegenden Fall zu beurteilen. Der Antragsteller ist seit 1995 kontinuierlich strafrechtlich in Erscheinung getreten, so dass die Antragsgegnerin zu Recht von einer konkreten Wiederholungsgefahr ausgehen konnte. Die bisherigen Straftaten des Antragstellers waren auch von nicht unerheblichem Gewicht. Wie die Antragsgegnerin in ihrer Begründung zur Anordnung des Sofortvollzugs zu Recht festgestellt hat, besteht daher ohne diese Anordnung die Gefahr, dass der Antragsteller in dem - auch bei größtmöglicher Beschleunigung des Widerspruchs- und des sich ggf. anschließenden Klage- und Rechtsmittelverfahrens erheblichen -Zeitraum bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung weitere Verstöße gegen das Eigentum und die körperliche Integrität anderer begeht. Damit liegt ein besonderes, über das Interesse an der Aufenthaltsbeendigung nach Wegfall der asylbedingten Aufenthaltserlaubnis hinausgehendes öffentliches Vollzugsinteresse vor, welches das private Interesse des Antragstellers, von den Vollzugsfolgen vorläufig verschont zu bleiben, überwiegt und auch für die Ausländerbehörde einen entsprechenden Handlungsbedarf begründet. Dem steht nicht entgegen, dass der Widerruf der asylbedingt erteilten Aufenthaltserlaubnis nach § 52 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG selbst nicht der Gefahrenabwehr dient (vgl. Senatsbeschluss vom 11.02.2005, a.aO.). Das in den Regelfällen des § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO geforderte besondere, am allgemeinen Wohl orientierte öffentliche Interesse ist ein qualitativ anderes Interesse als das für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Interesse. Ob ein solch besonderes öffentliches Sofortvollzugsinteresse vorliegt, ist durch Abwägung aller für die sofortige Vollziehung sprechenden Gründe zu ermitteln (vgl.    Finkelnburg/Jank, a.a.O., Rn. 733 f. m.w.N.).
24 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
25 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG. Dabei war auch für das vorläufige Rechtsschutzverfahren der volle Auffangstreitwert von 5.000,-- EUR anzusetzen, da Gegenstand des Verfahrens der Verlust eines bisher innegehabten Aufenthaltsrechts ist.
26 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 08. Oktober 2002 - 5 K 4277/01 - ist insoweit, d.h. hinsichtlich der Ziff. 3 der Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.10.2001 (Abschiebungsandrohung), unwirksam.

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart, soweit die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache nicht übereinstimmend für erledigt erklärt haben, geändert. Die Klage wird, soweit sie nach den Erledigungserklärungen noch anhängig ist, abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen seine Ausweisung und die Abschiebungsandrohung.
Der am 12.08.1979 in Berlin geborene ledige Kläger besitzt die türkische Staatsangehörigkeit. Seine Schulausbildung schloss der Kläger mit dem Hauptschulabschluss ab. Anschließend besuchte er eine Fachschule für Nachrichtentechnik, die er nach einem Jahr mit einem Abgangszeugnis verließ. Im Jahre 1998 begann der Kläger mit einer Ausbildung zum Fahrradmechaniker, die er aber bereits nach einem Monat wieder abbrach. Anschließend war er arbeitslos, eine im September 1999 begonnene Tätigkeit als Lüftungsmonteur übte er lediglich für zweieinhalb Monate aus. Dann war er in Teilzeit als Spüler in einem Restaurant und schließlich als Maler im Rahmen eines Arbeitsprojekts der Sozialberatung tätig. Der Vater des Klägers ist im Jahr 1995 verstorben. Am 15.08.1995 erteilte das Landeseinwohneramt Berlin dem Kläger eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Im Sommer 1999 verließ der Kläger mit dem Ziel, sein Leben in einer neuen Umgebung zu stabilisieren, die Wohnung seiner Mutter in Berlin und lebte für mehrere Monate bei seiner Tante in Stuttgart. Ende 1999 zogen auch seine Mutter und sein Bruder nach Stuttgart und lebten wieder mit dem Kläger in einer Wohnung zusammen.
Strafrechtlich trat der Kläger wie folgt in Erscheinung:
1. Urteil des Amtsgerichts - Jugendgericht - Berlin-Tiergarten vom 08.12.1997: 3 Tage Jugendarrest wegen Körperverletzung;
2. Strafbefehl des Amtsgerichts Tiergarten vom 27.07.1998: Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu je 15 DM wegen Diebstahls geringwertiger Sachen;
3. Urteil des Amtsgerichts - Jugendgericht - Tiergarten vom 14.12.1998: Jugendstrafe von 6 Monaten wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung, wobei die Vollstreckung der Strafe auf 3 Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde;
4. Urteil des Amtsgerichts - Jugendschöffengericht - Tiergarten vom 19.05.1999: Jugendstrafe von 18 Monaten wegen gemeinschaftlichen Diebstahls geringwertiger Sachen sowie wegen Diebstahls in einem besonders schweren Fall in 6 Fällen, davon in einem Fall lediglich versucht, unter Einbeziehung von Ziff. 4); die Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung wurde zunächst für die Dauer von 6 Monaten zurückgestellt und schließlich mit Beschluss vom 28.03.2000 gewährt;
5. Urteil des Amtsgerichts Stuttgart - Jugendschöffengericht - vom 14.09.2000: Unter Einbeziehung des Urteils vom 19.05.1999 Jugendstrafe von 1 Jahr und 10 Monaten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen. Die vom Kläger gegen dieses Urteil eingelegte Berufung verwarf das Landgericht Stuttgart mit Urteil vom 09.01.2001. Tattage waren der 05.02. und der 14.02.2000.
Mit Schreiben vom 20.12.1999 setzte die Stadt Stuttgart den Kläger davon in Kenntnis, dass im Hinblick auf die von ihm begangenen Straftaten seine Ausweisung geprüft werde, und gab ihm Gelegenheit zur Stellungnahme.
10 
Am 29.11.2000 wurde der Kläger von der Polizei einer Personenkontrolle unterzogen. Bei ihm wurden 1,9 Gramm Marihuana gefunden, welches er in einem in seiner Unterhose versteckten Tütchen bei sich führte.
11 
Am 09.04.2001 trat der Kläger seine Haftstrafe in der Justizvollzugsanstalt Adelsheim an. Am 19.04.2002 wurde der Kläger aus der Haft wieder entlassen.
12 
Mit Schreiben vom 24.09.2001 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Kläger darauf hin, dass im Hinblick auf seine Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Straftat nach dem Betäubungsmittelgesetz seine Ausweisung in Betracht komme, und gab ihm Gelegenheit zur Stellungnahme. Im Hinblick auf die angekündigte Ausweisung machte der Kläger geltend, dass er erstmals wegen Betäubungsmitteldelikten verurteilt worden sei und es sich zudem um die weiche Droge Marihuana gehandelt habe. Angesichts der Verurteilung von weit unter zwei Jahren sei eine Ausweisung unverhältnismäßig.
13 
Mit Verfügung vom 01.10.2001 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Kläger aus dem Bundesgebiet unter Anordnung des Sofortvollzugs aus und drohte ihm ohne Setzung einer Frist zur freiwilligen Ausreise die Abschiebung in die Türkei oder in einen anderen Staat an, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei. Zur Begründung wies das Regierungspräsidium darauf hin, dass der Kläger die Voraussetzungen des § 47 Abs. 2 Nr. 2 AuslG erfülle. Er genieße jedoch besonderen Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AuslG. Der geahndete Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz stelle einen schwerwiegenden Ausweisungsanlass dar. Auch das Strafgericht sei von einer denkbar ungünstigen Zukunftsprognose ausgegangen. Angesichts des Umstandes, dass sich der Kläger auch durch zwei Bewährungsappelle nicht von der Begehung weiterer Straftaten habe abhalten lassen, sei auch in Zukunft mit weiteren Straftaten zu rechnen. Auch sei die Ausweisung aus generalpräventiven Gründen gerechtfertigt. Die Stützung der Ausweisung auf generalpräventive Gründe sei auch nicht nach den Bestimmungen des Assoziationsratsbeschlusses 1/80 unzulässig. Die Ausweisung des Klägers sei auch aus spezialpräventiven Erwägungen erfolgt. Er habe zum Zeitpunkt seines Haftantritts in einem Arbeitsverhältnis gestanden; das von der Sozialberatung getragene Beschäftigungsprojekt habe aber noch nicht die für eine diesbezügliche Rechtsposition erforderliche Eingliederung in den vorhandenen Arbeitsmarkt vermittelt. Nach § 47 Abs. 3 Satz 2 AuslG werde die Regelausweisung zu einer Ermessensausweisung herabgestuft. Das öffentliche Interesse an einer Ausweisung des Klägers gehe aber seinem privaten Interesse an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet vor. Der Kläger habe durch sein strafrechtlich relevantes Verhalten gezeigt, dass er nicht gewillt sei, sich künftig straffrei zu führen. Auch habe sich der Kläger nicht in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert. Weder im gesellschaftlichen noch im sozialen Bereich noch in beruflicher Hinsicht habe der Kläger Fuß gefasst. Auch ein Ortswechsel von Berlin nach Stuttgart habe nicht zu einer Verbesserung geführt. Er habe weder eine Berufsausbildung zu Ende gebracht noch sei er kontinuierlich einer geregelten Erwerbstätigkeit nachgegangen. Als Angehöriger der zweiten Generation von im Bundesgebiet lebenden Ausländern sei er wohl zweisprachig aufgewachsen. Dadurch seien ihm die kulturellen und gesellschaftlichen Gepflogenheiten seines Heimatlandes nicht gänzlich fremd. Auch sei ihm angesichts seines Alters ein Neubeginn in seinem Heimatland möglich. Das Zusammenleben mit seiner Mutter und seinem Bruder in familiärer Lebensgemeinschaft habe ihn nicht von Straftaten abgehalten. Art. 3 des Europäischen Niederlassungsabkommens stehe der Ausweisung des Klägers nicht entgegen. Vor seiner Inhaftierung sei der Kläger zwar im Rahmen eines Arbeitsprojekts der Sozialberatung tätig gewesen. Diese Rechtsposition im Sinne von Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 habe er durch seine Inhaftierung wieder verloren. Auch sei eine Berufung auf Art. 6 ARB 1/80 ausgeschlossen, wenn Art. 14 ARB 1/80 eingreife. Die Ausweisung des Klägers aus dem Bundesgebiet habe aber ordnungsrechtlichen Charakter. Deshalb könne dahingestellt bleiben, ob der Kläger die tatbestandlichen Voraussetzungen der Privilegierung in Art. 6 und 7 ARB 1/80 erfülle. Die Ausweisung sei auch nicht nach Art. 8 EMRK unzulässig. Die im Ausländergesetz eröffnete Möglichkeit der Ausweisung aus schwerwiegenden Gründen erfülle die Voraussetzungen von Art. 8 Abs. 2 EMRK. Durch die für sofort vollziehbar erklärte Ausweisung erlösche die ihm erteilte unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Damit sei der Kläger auch vollziehbar ausreisepflichtig. Da der Kläger in Strafhaft einsitze, bedürfe es nach § 50 Abs. 5 AuslG keiner Fristsetzung.
14 
Am 31.10.2001 hat der Kläger Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen: Er habe in der Türkei keine Verwandten mehr. Seine Mutter lebe seit 23 Jahren in der Bundesrepublik Deutschland, sein Vater sei 1995 verstorben. Auch seine Geschwister lebten im Bundesgebiet. Sein Heimatland sei die Bundesrepublik Deutschland und nicht die Türkei. Eine Rückkehr in die Türkei habe für ihn irreversible Folgen. Auch habe seine Familie in der Türkei ihr gesamtes Hab und Gut verkauft. Aus § 48 Abs. 1 Satz 2 AuslG sei zu schließen, dass in den Fällen des § 47 Abs. 2 AuslG nur unter ganz bestimmten Umständen von schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgegangen werden könne. Es sei zu berücksichtigen, dass er nicht mit gefährlichen Drogen wie Kokain oder Heroin, sondern mit der weitaus weniger gefährlichen Droge Haschisch in Berührung gekommen sei.
15 
Mit Beschluss vom 19.03.2002 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart (Az. 5 K 4278/01) die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich der Ausweisung wieder hergestellt und hinsichtlich der Abschiebungsandrohung angeordnet.
16 
Zur Begründung des Antrags auf Klageabweisung hat der Beklagte vorgetragen, dass mit weiteren Straftaten des Klägers zu rechnen sei. Der Kläger sei bereits mehrfach mit dem Gesetz in Konflikt geraten, ohne dass ihn vom Gericht ausgesprochene Bewährungsstrafen letztendlich von neuerlichen Straftaten hätten abhalten können. Dementsprechend bestehe eine konkrete Wiederholungsgefahr.
17 
Mit Urteil vom 08.10.2002 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart die Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.10.2001 aufgehoben. Zur Begründung des Urteils hat es ausgeführt: Die Ausweisung des Klägers sei wegen Verstoßes gegen Art. 8 EMRK rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten. Aus dem Inhalt der Akten und dem Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger faktisch zum Inländer geworden sei, den mit der Türkei außer der Staatsangehörigkeit nichts mehr verbinde. Zwar sei davon auszugehen, dass dem Kläger aufgrund des Zusammenlebens mit seinen Eltern und Geschwistern gewisse soziale und kulturelle Beziehungen zur Türkei vermittelt worden seien. Diese Einflüsse seien aber in der Bundesrepublik deutlich in den Hintergrund gedrängt worden. Eine Übersetzung in das Türkische sei ihm nur bei einfacheren Wörtern möglich gewesen. Die Prägung als faktischer Inländer ergebe sich auch aus seinem intensiven Kontakt im Alter von 11 bis 12 Jahren zu einer deutschen Nachbarin und Arbeitskollegin seiner Mutter sowie deren Sohn in Berlin. Diese Nachbarin sei für den Kläger in der Zeit, in der sich seine Eltern getrennt hätten, eine Ersatzmutter gewesen. Auch sei er außerhalb des häuslichen Bereichs vielfältigen deutschen Einflüssen ausgesetzt gewesen. Die Türkei habe der Kläger lediglich als Urlaubsland während seiner Kindheit kennen gelernt. In der Türkei lebten keine Verwandten des Klägers mehr. Der Kläger sei daher in einem Ausmaß faktisch zum Inländer geworden, dass ihm von vornherein der Weggang aus der Bundesrepublik Deutschland und der Verbleib in der Türkei unzumutbar und daher unverhältnismäßig seien. Sei die Ausweisung rechtswidrig, so sei auch die Abschiebungsandrohung aufzuheben.
18 
Mit Beschluss vom 21.07.2003 hat der Senat die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart zugelassen. Im Hinblick auf die am 19.04.2002 erfolgte Entlassung des Klägers aus der Strafhaft haben die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache hinsichtlich der in der Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.10.2001 in Ziff. 3 ausgesprochenen Abschiebungsandrohung übereinstimmend für erledigt erklärt.
19 
Mit am 04.08.2003 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat der Beklagte beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 08.10.2002 zu ändern und die Klage abzuweisen. Zur Begründung hat der Beklagte auf die Ausführungen im Antrag auf Zulassung der Berufung verwiesen.
20 
Der Beklagte beantragt,
21 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 08. Oktober 2002 - 5 K 4277/01 -, soweit die Hauptsache nicht für erledigt erklärt worden ist, zu ändern und die Klage, soweit sie nach den Erledigungserklärungen noch anhängig ist, abzuweisen.
22 
Der Kläger beantragt,
23 
die Berufung zurückzuweisen, soweit das Verfahren in der Hauptsache nach den übereinstimmenden Erledigungserklärungen noch anhängig ist.
24 
Entgegen der Annahme des Beklagten habe er im Jahr 1996 einen Antrag auf Einbürgerung gestellt. Dieser sei jedoch wegen der langen Verfahrensdauer abgelehnt worden, weil er nach Erteilung der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis Jugendverfehlungen begangen habe. Der Beklagte verkenne, dass er bereits als Kind wesentlich mehr Kontakt zu Deutschen gehabt habe als dies bei vergleichbaren türkischen Staatsangehörigen der zweiten und dritten Generation üblicherweise der Fall sei. Insbesondere habe eine sehr intensive Beziehung zu seiner deutschen "Ersatzmutter" bestanden, die ihn wie einen Sohn betreut habe. Im Ergebnis sei er wegen seiner Beziehungen zu Deutschen ein faktischer Inländer. Nach dem Urteil vom 14.09.2000 habe er keine Straftaten mehr begangen. Die Straftaten habe er sämtlich als Jugendlicher oder Heranwachsender und damit in einer Zeit der Orientierung begangen. Mittlerweile habe er sich jedoch weiterentwickelt und erkennbar stabilisiert. Das Urteil des Verwaltungsgericht Stuttgart entspreche der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 8 EMRK. Im Übrigen verweist der Kläger auf die Begründung des angegriffenen Urteils des Verwaltungsgerichts und seine Ausführungen im Verfahren auf Zulassung der Berufung.
25 
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten, auf die Akten des Verwaltungsgerichts des Klageverfahrens sowie des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens, auf die Ausländerakte sowie auf die Akte des Ausweisungsverfahrens verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
26 
A) Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben (Abschiebungsandrohung, Ziff. 3 der Verfügung vom 01.10.2001), war das Verfahren nach § 125 Abs. 1 Satz 1 und dem entsprechend anzuwendenden § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, das Urteil des Verwaltungsgerichts insoweit für unwirksam zu erklären (§ 173 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 ZPO analog) und nur noch über die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen zu entscheiden (§ 161 Abs. 2 VwGO).
B)
27 
I) Soweit keine Teilerledigung eingetreten ist, ist die vom Senat zugelassene Berufung des Beklagten zulässig.
28 
Der Berufungsschriftsatz des Beklagten vom 01.08.2003 enthält einen bestimmten Antrag (§ 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO). Die Berufungsbegründung genügt auch den inhaltlichen Anforderungen des § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO. Denn die Berufungsbegründung bezeichnet durch die zulässige Bezugnahme auf den Berufungszulassungsantrag mehrere entscheidungserhebliche Fragen und macht hierzu eine von der Vorinstanz abweichende Beurteilung deutlich (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.1998 - 9 C 6.98 -, BVerwGE 107, 117; Beschluss vom 23.09.1999 - 9 B 372.99 -, NVwZ 2000, 67).
29 
II) Die zulässige Berufung des Beklagten ist auch begründet.
30 
Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht Ziff. 1 der Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.10.2001, durch die der Kläger aus dem Bundesgebiet ausgewiesen worden ist, aufgehoben. Denn die Klage des Klägers ist zwar zulässig, aber nicht begründet. Ziff. 1 der Verfügung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
31 
1) In formeller Hinsicht ist die Ausweisungsverfügung des Regierungspräsidiums nicht zu beanstanden.
32 
a) Das Regierungspräsidium Stuttgart war zur Entscheidung über die Ausweisung des Klägers zuständig, da sich der Kläger zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Verfügung auf richterliche Anordnung in Strafhaft befand (§ 7 Abs. 1 Satz 1 AAZuVO). Wegen der Zuständigkeit des Regierungspräsidiums war nach § 6a Satz 1 AGVwGO auch die Durchführung eines Vorverfahrens ausgeschlossen (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Vor Erlass der angefochtenen Verfügung ist der Kläger entsprechend § 28 LVwVfG angehört worden.
33 
b) Ob die Ausgestaltung des Rechtsschutzes, der türkischen Staatsangehörigen gegen eine Ausweisungsverfügung in der Bundesrepublik Deutschland eröffnet ist, denen die Rechtsstellung nach Art. 6 oder 7 des Beschlusses des Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation (ARB 1/80) zukommt, insbesondere den Anforderungen des Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG des Rates vom 25. Februar 1964 zur Koordinierung der Sondervorschriften für die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern, soweit sie aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind, genügt (vgl. zu dieser Frage in Bezug auf einen italienischen Staatsangehörigen, VGH Baden-Württemberg, Urt. v.28.11.2002 - 11 S 1270/02 -), kann hier dahingestellt bleiben. Denn die Richtlinie 64/221/EWG ist auf türkische Staatsangehörige nicht anwendbar. Mit Beschluss vom 18.03.2003 hat der Österreichische Verwaltungsgerichtshof (Zlen. EU 2003/0001, 0002-1-99/21/0018, 2002/21/0067,      und InfAuslR 2003, 217) dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) nach Art. 234 EGV zwar die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die Rechtsschutzgarantien der Art. 8 und 9 der Richtlinie 64/221/EWG auf türkische Staatsangehörige anzuwenden sind, die Rechte nach Art. 6 oder 7 ARB 1/80 genießen. Nach Ansicht des Senats, der nicht nach Art. 234 Abs. 3 EGV zur Vorlage verpflichtet ist, kommt aber eine Anwendung von Bestimmungen der Richtlinie 64/221/EWG auf türkische Staatsangehörige nicht in Betracht (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.09.1998 - 1 C 8.96 -, InfAuslR 1999, 54, 57, zur Frage der Anwendbarkeit von Art. 6 und Art. 7 der Richtlinie 64/221/EWG auf türkische Staatsangehörige).
34 
Die auf Bestimmungen des früheren EWG-Vertrages gestützte Richtlinie gilt nach ihrem Art. 1 Abs. 1 für Staatsangehörige eines Mitgliedstaates, die sich in einem anderen Mitgliedstaat der Gemeinschaft aufhalten oder sich dorthin begeben, um eine selbstständige oder unselbständige Erwerbstätigkeit auszuüben oder um Dienstleistungen entgegenzunehmen. Ziel der Richtlinie ist es, eine möglichst effektive Wahrnehmung der Grundfreiheiten - Freizügigkeit der Arbeitnehmer, Niederlassungsfreiheit und Dienstleistungsfreiheit - durch Staatsangehörige der Mitgliedstaaten und deren Ehegatten und Familienmitglieder zu gewährleisten. Zu diesem Zweck will die Richtlinie z.B. im Bereich der Freizügigkeit von Arbeitnehmern die zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gerechtfertigten Maßnahmen koordinieren, um deren Anwendung mit dem fundamentalen Grundsatz der Freizügigkeit in der Gemeinschaft und mit der Beseitigung jeglicher Diskriminierung zwischen eigenen Staatsangehörigen und den Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten im Anwendungsbereich des Vertrages in Einklang zu bringen (vgl. EuGH, Urt. v. 26.02.1975, Rs. C-67/74, Slg. 297, Rn. 5; Urt. v. 27.10.1977, Rs. C-30/77, Slg. 1999, Rn. 15; Urt. v. 09.11.2000, Rs. C-357/98, Slg. I-9265, Rn. 27). Für Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der Europäischen Union gelten die im EG-Vertrag geregelten Grundfreiheiten, deren Verwirklichung Hauptzweck des EG-Vertrages ist, aber unmittelbar und nicht vorbehaltlich einer Vereinbarung der Vertragsstaaten über ihre Anwendbarkeit. Demgegenüber können sich türkische Staatsangehörige vor Behörden eines Mitgliedstaates der Europäischen Union gerade nicht unmittelbar auf die Grundfreiheiten des EG-Vertrages berufen. Vielmehr erfolgt die schrittweise Herstellung der Grundfreiheit bzw. die schrittweise Beseitigung von Beschränkungen der Grundfreiheiten nach Maßgabe der hierfür von einem gesonderten Assoziationsrat festgelegten Regeln. In Art. 12 des Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei vom 12. September 1963 (BGBl. 1964 II S. 509) haben die damaligen Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und die Republik Türkei vereinbart, sich von den Artikeln 48, 49 und 50 des Vertrages zur Gründung der Gemeinschaft leiten zu lassen, um untereinander die Freizügigkeit der Arbeitnehmer schrittweise herzustellen. In Art. 13 und 14 dieses Abkommens finden sich vergleichbare Vereinbarungen hinsichtlich der Aufhebung von Beschränkungen für die Niederlassungsfreiheit und die Dienstleistungsfreiheit. In Art. 36 des Zusatzprotokolls zum Abkommen vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei für die Übergangsphase der Assoziation (BGBl. 1972 II S. 385 ) ist z.B. hinsichtlich der Freizügigkeit der Arbeitnehmer bestimmt, dass diese Grundfreiheit zwischen den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und der Türkei nach den Grundsätzen des Artikels 12 des Assoziierungsabkommens zwischen dem Ende des zwölften und dem Ende des zweiundzwanzigsten Jahres nach dem Inkrafttreten des genannten Abkommens schrittweise hergestellt wird und der Assoziationsrat die hierfür erforderlichen Regeln festlegt (vgl. z.B. ARB vom 20.12.1976, 2/76; ARB vom 19.09.1980, 1/80). Sowohl zum Zeitpunkt der Zustellung der Verfügung vom 01.10.2001 als auch zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung war der Kläger weder selbständig tätig (vgl. Art. 43 EGV), noch machte er durch seinen seit 1979 andauernden Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland von der Dienstleistungsfreiheit im Sinne von Art. 49 EGV Gebrauch. Es ist anerkannt, dass die Dienstleistungsfreiheit mangels Auslandsbezugs nicht denjenigen Angehörigen eines Mitgliedstaates erfasst, der, wie der Kläger in einem anderen Mitgliedstaat geboren ist und dort seinen Hauptaufenthalt nimmt, um dort für unbestimmte Dauer Dienstleistungen zu empfangen (EuGH, Urt. v. 05.10.1988, Rs. C-196/87, Steymann, Slg. 1988, 6159, Rn. 17; Urt. v. 17.06.1997, Rs. C-70/95, Sodemare, Slg. I-3395, 3435 f., Rn. 38 m.w.Nachw.). Dieser vom EuGH zur Grundfreiheit der Dienstleistungsfreiheit im Sinne des EG-Vertrages entwickelte Grundsatz kann auch für die Bestimmungen des Assoziationsrechts herangezogen werden. Für den Kläger kommt deshalb wegen seiner Erwerbstätigkeiten vor und nach seiner Inhaftierung allein die Grundfreiheit der Freizügigkeit der Arbeitnehmer in Betracht. Nach dem derzeitigen Stand genießen türkische Staatsangehörige aber keine Freizügigkeit innerhalb der Gemeinschaft, sondern haben im jeweiligen Aufnahmemitgliedstaat lediglich bestimmte Rechte, sofern die Voraussetzungen von Art. 6 oder 7 des ARB 1/80 erfüllt sind (vgl. EuGH, Urt. v. 30.09.1997, Rs. C-36/96, Günyadin, InfAuslR 1997, 440, Rn. 21 f. m.w.Nachw.). Erfolgt die Herstellung einer Grundfreiheit bzw. die Beseitigung von Beschränkungen einer Grundfreiheit im Verhältnis zwischen türkischen Staatsangehörigen und Behörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union ungeachtet des Ablaufs der in Art. 36 des Zusatzprotokolls genannten Frist allein nach Maßgabe von Beschlüssen eines besonderen Gremiums (Assoziationsrat), so ist es ausgeschlossen, ohne ausdrückliche Willenskundgebung dieses über die Schritte zur vollständigen Verwirklichung der Grundfreiheiten allein entscheidenden Gremiums sekundärrechtliche Vorschriften des Gemeinschaftsrechts, die der effektiven Wahrnehmung der unmittelbar geltenden Grundfreiheiten durch Staatsangehörige der Mitgliedstaaten gegenüber anderen Mitgliedstaaten dienen, auf das Verhältnis zwischen türkischen Staatsangehörigen und den Mitgliedstaaten der Europäischen Union anzuwenden. Zwar leitet der Europäische Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung aus dem Wortlaut des Art. 12 des Assoziierungsabkommens und des Art. 36 des Zusatzprotokolls sowie aus dem Zweck des ARB 1/80 her, dass die im Rahmen des Art. 39 ff. EGV geltenden Grundsätze soweit wie möglich auf die türkischen Arbeitnehmer, die die im ARB 1/80 eingeräumten Rechte besitzen, übertragen werden sollen (Urt. v. 10.02.2000, Nazli, DVBl 2000, 550, 552, Rn. 54 m.w.Nachw.). Dies gilt aber für die in der Rechtsprechung des EuGH erarbeiteten allgemeinen Grundsätze z.B. zur Rechtmäßigkeit der Beschränkung von Grundfreiheiten und nicht für besondere prozessuale Rechte, die Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Interesse der möglichst effektiven Verwirklichung der ihnen unmittelbar zustehenden Grundfreiheiten erst durch besondere sekundärrechtliche Vorschriften, hier die Richtlinie 64/221/EWG, eingeräumt worden sind. So wendet der EuGH z.B. die von ihm entwickelten Grundsätze zur Rechtmäßigkeit der Beschränkung der Grundfreiheit der Freizügigkeit der Arbeitnehmer nach Art. 39 Abs. 3 EGV auch auf die Ausweisung von türkischen Staatsangehörigen an, die die im ARB 1/80 eingeräumten Rechte besitzen (Urt. v. 10.02.2000, Nazli, DVBl 2000, 550, 552, Rn. 56). Dieses Vorgehen ist aber allein im Hinblick darauf gerechtfertigt, dass die in Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 vorgesehene Ausnahme der öffentlichen Ordnung nahezu denselben Wortlaut hat wie Art. 39 Abs. 3 EGV. Für den Bereich der in der Richtlinie 64/221/EWG geregelten besonderen prozessualen Rechte, die der effektiven Wahrnehmung der Grundfreiheiten durch die Angehörigen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union dienen, findet sich aber gerade keine Entscheidung des Assoziationsrates, die eine Gleichstellung von Unionsangehörigen und türkischen Staatsangehörigen gestattet.
35 
2) Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht erweist sich die Ausweisung als rechtmäßig.
36 
a) Nach innerstaatlichem Ausländerrecht ist die Ausweisung nicht zu beanstanden.
37 
Nach bisheriger ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisung der Zeitpunkt der Bekanntgabe der letzten Behördenentscheidung (BVerwG, Beschl. v. 17.01.1996 - 1 B 3.96 -, InfAuslR 1996, 137 f.; Urt. v. 19.11.1996 - 1 C 6.95 -, BVerwGE 102, 249, 251), hier der Zustellung der Verfügung vom 01.10.2001. Nachträglich eingetretene Umstände können im Rahmen der Entscheidung über die Befristung der Wirkungen der Ausweisung nach § 8 Abs. 2 Satz 3 AuslG berücksichtigt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.02.2002 - 1 C 21.00 -, InfAuslR 2002, 338, 342 m.w.Nachw.).
38 
Durch das Verhalten, das den Gegenstand des rechtskräftigen Urteils des Landgerichts Stuttgart vom 09.01.2001 bildet (Verurteilung wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und zehn Monaten), erfüllt der Kläger die Voraussetzungen der Regel-Ausweisung nach § 47 Abs. 2 Nr. 2 AuslG. Da der Kläger im Bundesgebiet geboren ist und im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis ist, genießt er besonderen Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AuslG, wonach ein Ausländer nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden kann. Derartige Gründe liegen vor, wenn das öffentliche Interesse an der Erhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Vergleich zu dem vom Gesetz bezweckten Schutz des Ausländers vor einer Ausweisung ein deutliches Übergewicht hat. Bei einer Ausweisung aus spezialpräventiven Zwecken sind erforderlich ein Ausweisungsanlass von besonderem Gewicht, das sich bei Straftaten aus ihrer Art, Schwere und Häufigkeit ergibt, sowie konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine schwere Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch neue Verfehlungen des Ausländers ernsthaft droht und damit von ihm eine bedeutsame Gefahr für ein wichtiges Schutzgut ausgeht (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.06.1996 - 1 C 24.94 -, BVerwGE 101, 247, 253 f.; Urt. v. 28.01.1997 - 1 C 17.94 -, NVwZ 1997, 1119; Urt. v. 29.09.1998 - 1 C 8.96 -, InfAuslR 1999, 54; Urt. v. 26.02.2002 - 1 C 21.00 -, InfAuslR 2002, 338). Die Ausweisungsentscheidung des Regierungspräsidiums genügt diesen Anforderungen. Denn die Straftaten des Klägers nach dem Betäubungsmittelgesetz bilden einen ausreichenden Ausweisungsanlass. Das mit dem Urteil des Landgerichts vom 09.01.2001 geahndete strafrechtliche Verhalten ist schwerwiegend. Aus dem Urteil des Landgerichts Stuttgart ist zu entnehmen, dass der Kläger spätestens im September 1999 erstmals mit Cannabis in Kontakt geraten war. Er konsumierte dieses Rauschgift in einem Maße, dass sich bei ausbleibendem Konsum allmählich Schlafprobleme einstellten. Er setzte den Drogenkonsum auch fort, nachdem seine Mutter ebenfalls nach Stuttgart verzogen war und wieder mit dem Kläger zusammen lebte. In nicht unerheblichem Umfang beteiligte sich der Kläger am Straßenhandel mit Cannabis. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Urteils des Amtsgerichts Stuttgart vom 14.09.2000 führte der Kläger bei seiner ersten Verhaftung am 05.02.2000 sieben Kanten Haschisch mit insgesamt 18,4 Gramm (netto) bei sich. Bei der anschließenden Durchsuchung seiner Wohnung wurden 54 kleine Tütchen mit Marihuanablatt-Aufdruck gefunden, die nach der - auch vom Senat geteilten - Einschätzung des Amtsgerichts Stuttgart als Verpackungsmaterial für Rauschgift dienen sollten. Trotz dieser ersten Verhaftung und der anschließenden Durchsuchung seiner Wohnung, bei der die zur Aufbewahrung von Rauschgift dienenden Tütchen gefunden worden waren, setzte der Kläger den Straßenhandel mit Cannabis fort. Denn nur neun Tage später versuchte der Kläger wiederum in Stuttgart 2,8 Gramm (netto) Haschisch an eine verdeckt arbeitende Polizeibeamtin zu verkaufen. Diese Betäubungsmitteldelikte können auch nicht durch den Hinweis auf das jugendliche Alter des Täters relativiert werden. Denn der Kläger war zum Zeitpunkt dieser beiden Taten bereits 20 ½ Jahre alt. Erschwerend kommt hinzu, dass der Kläger diese beiden Straftaten noch in der sogenannten Vorbewährungszeit beging. Im vorangegangenen Urteil des Amtsgerichts Berlin-Tiergarten vom 19.05.1999, durch das der Kläger wegen gemeinschaftlichen Diebstahls geringwertiger Sachen sowie wegen Diebstahls in einem besonders schweren Fall in sechs Fällen, davon in einem Fall lediglich versucht, unter Einbeziehung einer vorherigen Strafe wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von 18 Monaten verurteilt worden war, war dem Kläger noch keine Bewährung gewährt worden. Strafaussetzung zur Bewährung erhielt er erst im Beschluss vom 28.03.2000, wobei dem Amtsgericht Tiergarten die beiden Betäubungsmitteldelikte vom Februar 2000 nicht bekannt waren. Zum Nachteil des Klägers ist auch die im Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 09.01.20001 getroffene tatsächliche Feststellung zu werten, dass der Kläger in der Nacht zum 29.11.2000 - und damit nur zwei Monate nach dem die Bewährung versagenden Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 14.09.2000 - von der Polizei im Stadtgebiet von Stuttgart mit 1,9 Gramm Marihuana angetroffen wurde, welches er in einem in seiner Unterhose versteckten Tütchen bei sich führte. Erschwerend kommt hinzu, dass sich der Kläger auch von einer im Schreiben der Stadt Stuttgart vom 20.12.1999 im Hinblick auf seine bis dahin begangenen Straftaten enthaltenen Androhung der Ausweisung nicht von der Begehung der gravierenden Straftaten gegen das Betäubungsmittelgesetz hat abhalten lassen. Zum Zeitpunkt der Zustellung der Ausweisungsverfügung bestand auch die ernsthafte, nicht nur entfernte Möglichkeit erneuter gravierender Verfehlungen des Klägers. Der Kläger hatte noch nach der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Stuttgart am 14.09.2000 Kontakt zu illegalen Betäubungsmitteln. Auch hatte sich der Kläger durch mehrere Bewährungsstrafen nicht von der Begehung weiterer, erheblicher Straftaten abhalten lassen. Dies rechtfertigte die Einschätzung, dass der Kläger ein großes kriminelles Potential besaß. Der Kläger verfügte auch nicht über eine abgeschlossene Berufsausbildung, die Anlass für die Erwartung bot, er könne seinen notwendigen Lebensunterhalt zukünftig durch eine ordnungsgemäße Erwerbstätigkeit sicherstellen. Obwohl die Wertungen der Strafgerichte hinsichtlich einer Wiederholungsgefahr für die Ausländerbehörden nicht bindend sind, ist im Hinblick auf die hier anzustellende Vorhersage auch zu beachten, dass sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht Stuttgart in ihren Urteilen von einer sehr ungünstigen Prognose ausgegangen sind.
39 
Infolge des besonderen Ausweisungsschutzes wird die Regelausweisung nach § 47 Abs. 2 Nr. 2 AuslG zu einer Ausweisung nach Ermessen herabgestuft (§ 47 Abs. 3 Satz 2 AuslG). Die Ausführungen in der Verfügung lassen aber einen Ermessensfehler (§ 40 LVwVfG) nicht erkennen. Das Regierungspräsidium hat insbesondere die für einen weiteren Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet sprechenden Gesichtspunkte (§ 45 Abs. 2 AuslG), wie z.B. die Geburt und seinen ständigen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet, die fehlenden engen Beziehungen zur Türkei, die zu erwartenden Schwierigkeiten nach einer zwangsweisen Rückkehr in die Türkei und das Zusammenleben mit seiner Mutter und seinem Bruder in familiärer Lebensgemeinschaft, in die Ermessensentscheidung eingestellt. Diesen Gesichtspunkten hat das Regierungspräsidium das öffentliche Interesse an der Verhinderung weiterer Straftaten des Klägers im Bundesgebiet (Spezialprävention) gegenübergestellt. Dass das Regierungspräsidium zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der angefochtenen Verfügung von einem Überwiegen der für eine Ausweisung des Klägers sprechenden öffentlichen Interessen ausgegangen ist, kann auch im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht beanstandet werden.
40 
b) Im Gegensatz zur Ansicht des Verwaltungsgerichts erweist sich die Ausweisung auch im Hinblick auf Art. 8 EMRK als rechtmäßig.
41 
Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK, der in der Bundesrepublik Deutschland infolge des Zustimmungsgesetzes im Rang eines einfachen Bundesgesetzes gilt und an dem Ausweisungen nach §§ 45 ff. AuslG gemessen werden müssen, hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Vorliegend ist die Ausweisung des Klägers als Eingriff im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK gesetzlich vorgesehen (§ 47 Abs. 2 Nr. 2, § 48 Abs.1, § 47 Abs. 3 Satz 2 und § 45 AuslG). Sie dient auch dem berechtigten Ziel der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch die Anordnung der Ausweisung wegen strafbarer Handlungen verurteilter Ausländer. Ferner muss die Maßnahme, um Art. 8 Abs. 2 EMRK zu genügen, notwendig in einer demokratischen Gesellschaft sein. Sie muss einem dringenden sozialen Bedürfnis entsprechen und insbesondere verhältnismäßig zu dem verfolgten legitimen Ziel sein (vgl. EGMR, Urt. v. 27.09.1999, NJW 2000, 2089, 2092, Rn. 87; Urt. v. 31.10.2002, InfAuslR 2003, 126, 128, Rn. 41 m.w.Nachw.). Nach der insoweit maßgeblichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) kommt es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisung im Hinblick auf Art. 8 EMRK nicht auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe der Verfügung, sondern auf den Zeitpunkt an, in dem diese Verfügung vom Gericht bestätigt wird (vgl. Urt. v. 31.10.2002, InfAuslR 2003, 126, 127, Rn. 34 f m.w.Nachw., Rn. 44; Urt. v. 30.11.1999, InfAuslR 2000, 53, Rn. 36). Auch im Hinblick auf diesen Zeitpunkt erweist sich die Ausweisung als verhältnismäßig.
42 
Der inzwischen 24 Jahre alte Kläger ist ledig und hat keine Kinder. Seit seiner Haftentlassung am 19.04.2002 lebt der Kläger wieder bei seiner Mutter und seinem jüngeren Bruder. Vom EGMR wird der Begriff des Familienlebens in Art. 8 Abs. 1 EMRK außerordentlich weit verstanden, so dass auch dieses Zusammenleben von Art. 8 Abs. 1 EMRK erfasst ist. Bei der im Rahmen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gebotenen Abwägung ist aber zu berücksichtigen, dass sich Hinweise auf ein Abhängigkeitsverhältnis des Klägers zu seiner Mutter oder zu seinem Bruder bzw. umgekehrt weder aus den dem Senat vorliegenden Akten noch aus dem Vortrag des Klägers ergeben. Zugunsten des Klägers sind seine Geburt im Bundesgebiet und der ständige rechtmäßige Aufenthalt zu berücksichtigen. Auch hat er 1996 einen Antrag auf Einbürgerung gestellt. Die Beziehungen zu seinem Heimatland sind gering ausgeprägt. Letztmals hielt er sich im Jahr 1996 aus Anlass des einjährigen Todestages seines Vaters für die Dauer einer Woche in der Türkei auf. Allerdings ist davon auszugehen, dass der Kläger noch über ausreichende Kenntnisse der türkischen Sprache verfügt. Denn nach seinen Aussagen in der mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ist in der Familie des Klägers Deutsch und Türkisch gesprochen worden. Auch ist er in Anbetracht seines Alters in der Lage, seine Türkischkenntnisse wenn nötig zu vervollkommnen. Bemühungen des Klägers, aus der türkischen Staatsangehörigkeit entlassen zu werden, ergeben sich weder aus den vorliegenden Akten noch aus dem Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren. Vielmehr hat der Kläger nach seiner Aussage in der Berufungsverhandlung z.B. die Zurückstellung vom Wehrdienst in der Türkei erreicht. Zwar kommt eine Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bei Ausländern in Betracht, die aufgrund ihrer gesamten Entwicklung faktisch zu Inländern geworden sind und denen wegen der Besonderheiten des Falles ein Leben im Staat ihrer Staatsangehörigkeit, zu dem sie keinen Bezug haben, nicht zuzumuten ist. Die Annahme von besonderen Bindungen an die Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland setzt aber eine irreversible Einfügung in die hiesigen Lebensverhältnisse voraus, die beim Kläger nicht festgestellt werden kann. Der Kläger ist ledig und hat keine Kinder. Insbesondere fehlt es an einer dauerhaften Eingliederung in das Berufsleben in der Bundesrepublik Deutschland. Zwar verfügt der Kläger über einen Hauptschulabschluss (1996) und absolvierte auch erfolgreich die einjährige Berufsfachschule (Elektrotechnik). Eine anschließende Ausbildung als Fahrradmechaniker brach der Kläger bereits nach einem Monat ab. Danach war er arbeitslos, eine Tätigkeit als Lüftungsmonteur übte der Kläger lediglich für zweieinhalb Monate aus. Dann war er in Teilzeit als Spüler in einem Restaurant und anschließend als Maler im Rahmen eines Arbeitsprojekts der Sozialberatung tätig. Während der bis zum 19.04.2002 andauernden Haft hat der Kläger keine weitere Schulausbildung oder Berufsausbildung durchlaufen. Im Dezember 2002 begann er eine Ausbildung als Maler, die jedoch nach sechs Monaten wiederum endete. Bei einer Zeitarbeitsfirma ist der Kläger seit seiner Haftentlassung nur gelegentlich tätig, sofern diese selbst entsprechende Aufträge hat. Bemühungen des Klägers um einen Ausbildungsplatz waren erfolglos.
43 
Der Schwere der vom Ausländer begangenen Straftaten kommt nach dem EGMR für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der Ausweisung besondere Bedeutung zu. In der Rechtsprechung des EGMR wird hinsichtlich des Gewichts der für eine Ausweisung sprechenden Gründe bei Straftaten im Zusammenhang mit Betäubungsmitteln insbesondere danach unterschieden, ob es um den bloßen Besitz/Gebrauch von Drogen geht oder um den Handel mit Betäubungsmitteln (vgl. z.B. Urt. v. 13.02.2001, InfAuslR 2001, 480, Rn. 34; Urt. v. 30.11.1999, InfAuslR 2000, 53; Urt. v. 19.02.1998, InfAuslR 1998, 201). Auch in Anbetracht der wegen des Fehlens eines persönlichen Abhängigkeitsverhältnisses zwischen dem bereits 24 Jahre alten Kläger und seiner Mutter bzw. seinem Bruder geringeren Schutzwürdigkeit des Familienlebens des Klägers im Sinne von Art. 8 Abs. 1 EMRK kommt dem Umstand, dass er wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt worden ist, maßgebliche Bedeutung zu. Wiederum ist zu berücksichtigen, dass der Kläger bei diesen Straftaten mit ganz erheblicher krimineller Energie vorgegangen ist. Er hat sich weder von vorherigen Verurteilungen zu Bewährungsstrafen, noch von einer noch ausstehenden Entscheidung über die Einräumung einer Bewährung, noch von einer erstmaligen Verhaftung wegen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und einer anschließenden Wohnungsdurchsuchung, die Hinweise auf eine ganz erhebliche Beteiligung am illegalen Drogenhandel ergeben hatte, noch von der ihm bereits im Dezember 1999 im Hinblick auf die bis dahin abgeurteilten Straftaten angedrohten Ausweisung aus dem Bundesgebiet von einer Fortsetzung seiner Drogengeschäfte abhalten lassen. Auch nach seiner Haftentlassung ist dem Kläger bisher insbesondere keine Verbesserung seiner beruflichen Situation gelungen, die Anlass zu der Annahme geben könnte, er werde seine erhebliche kriminelle Energie zurückdrängen und seinen Lebensunterhalt zukünftig durch eine ordnungsgemäße Erwerbstätigkeit sicherstellen können.
44 
c) Auch im Hinblick auf Art. 3 Abs. 3 des Europäischen Niederlassungsabkommens (BGBl. 1959 II, S. 997, ENA) erweist sich die Ausweisung des Klägers als rechtmäßig. Danach dürfen Staatsangehörige eines Vertragsstaates, die, wie der Kläger, seit mehr als zehn Jahren ihren ordnungsgemäßen Aufenthalt im Gebiet eines Vertragsstaates haben, nur aus Gründen der Sicherheit des Staates, oder wenn die übrigen in Absatz 1 aufgeführten Gründe besonders schwerwiegend sind, ausgewiesen werden. Im Hinblick auf den für die Ausweisung des Klägers danach erforderlichen besonders schwerwiegenden Verstoß gegen die öffentliche Ordnung kann auf die vorstehenden Ausführungen zu den schwerwiegenden Gründen im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 1 AuslG verwiesen werden. Denn die Voraussetzungen im Sinne von Art. 3 Abs. 3 ENA entsprechen denen der schwerwiegenden Gründe im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 AuslG (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.12.1999 - 1 C 13.99 -, BVerwGE 110, 140; Urt. v. 11.06.1996 - 1 C 24.94 -, BVerwGE 101, 247, 262 f.; Urt. v. 26.02.2002 - 1 C 21.00 -, InfAuslR 2002, 338).
45 
Art. 7 des Niederlassungsabkommens zwischen dem Deutschen Reich und der Türkischen Republik vom 12. Januar 1927 (RGBl II S. 76), das im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei angewendet wird (BGBl II 1952 S. 608), begründet ebenfalls keinen besonderen Ausweisungsschutz. Denn nach dieser Vertragsvorschrift sind Ausweisungen als Einzelmaßnahmen gemäß den Gesetzen der Vertragsstaaten zulässig (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.09.1998 - 1 C 8.96 -, InfAuslR 1999, 54, 58 m.w.Nachw.).
46 
d) Die Vorschriften des ARB 1/80 stehen der Ausweisung des Klägers ebenfalls nicht entgegen. Zwar erscheint es sehr zweifelhaft, ob der Kläger die Voraussetzungen des Art. 6 ARB 1/80 erfüllt. Näher liegt die Heranziehung von Art. 7 ARB 1/80. Jedenfalls ist die Ausweisung des Klägers auch nach Maßgabe von Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 zulässig, wonach der Abschnitt 1 des ARB 1/80 vorbehaltlich der Beschränkungen gilt, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigt sind. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist diese Ausnahme ebenso auszulegen wie die des Art. 39 Abs. 3 EGV (vgl. Urt. v. 10.02.2000, Nazli, NVwZ 2000, 1029, Rn. 56). Danach ist eine Ausweisung zum Zweck der Generalprävention mit Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 unvereinbar und eine Ausweisung deshalb nur zulässig, wenn das persönliche Verhalten des betreffenden Ausländers auf die konkrete Gefahr von weiteren schweren Störungen der öffentlichen Ordnung hindeutet und damit eine Gefährdung vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (EuGH, Urt. v. 10.02.2000, a.a.O., Rn. 61 ff.; Urt. v. 19.01.1999, Calfa, EuZW 1999, 345, Rn. 22-27). Auch im Hinblick auf diese Grundsätze begegnet die Ausweisung des Klägers keinen rechtlichen Bedenken. Denn diese ist nicht ausschließlich generalpräventiv begründet worden, sondern ist vom Regierungspräsidium in erster Linie im Hinblick auf die berechtigte Annahme verfügt worden, der Kläger werde wegen seiner in den abgeurteilten Taten zum Ausdruck kommenden erheblichen kriminellen Energie weitere Straftaten begehen. Auch insoweit kann auf die Darlegungen zu den schwerwiegenden Gründen im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 1 AuslG verwiesen werden.
47 
Hinsichtlich des nicht übereinstimmend für erledigt erklärten Teils folgt die Kostenentscheidung aus § 154 Abs. 1 VwGO.
48 
Auch die hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils des Verfahrens (Abschiebungsandrohung) nach § 161 Abs. 2 VwGO zu treffende Entscheidung führt zur Kostentragung des Klägers. Denn der Kläger wäre voraussichtlich auch mit seiner Klage gegen die Abschiebungsandrohung in Ziff. 3 der Verfügung des Regierungspräsidiums unterlegen.
49 
Der nicht zur Vorlage nach Art. 234 Abs. 3 EG-Vertrag verpflichtete Senat sieht in Bezug auf die sich hinsichtlich der Richtlinie 64/221/EWG stellenden Fragen von einer Vorlage an den EuGH ab. Die Rechtssache hat aber grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), so dass die Revision zuzulassen ist. Hierdurch wird im Interesse der Einheit der nationalen Rechtsprechung vor der Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH die Ausschöpfung des innerstaatlichen Instanzenzugs ermöglicht.
50 
Die in diesem Urteil enthaltene Kostenentscheidung nach § 161 Abs. 2 VwGO ist unanfechtbar (§ 158 Abs. 2 VwGO). Im Übrigen gilt folgende

Gründe

 
26 
A) Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben (Abschiebungsandrohung, Ziff. 3 der Verfügung vom 01.10.2001), war das Verfahren nach § 125 Abs. 1 Satz 1 und dem entsprechend anzuwendenden § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, das Urteil des Verwaltungsgerichts insoweit für unwirksam zu erklären (§ 173 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 ZPO analog) und nur noch über die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen zu entscheiden (§ 161 Abs. 2 VwGO).
B)
27 
I) Soweit keine Teilerledigung eingetreten ist, ist die vom Senat zugelassene Berufung des Beklagten zulässig.
28 
Der Berufungsschriftsatz des Beklagten vom 01.08.2003 enthält einen bestimmten Antrag (§ 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO). Die Berufungsbegründung genügt auch den inhaltlichen Anforderungen des § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO. Denn die Berufungsbegründung bezeichnet durch die zulässige Bezugnahme auf den Berufungszulassungsantrag mehrere entscheidungserhebliche Fragen und macht hierzu eine von der Vorinstanz abweichende Beurteilung deutlich (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.1998 - 9 C 6.98 -, BVerwGE 107, 117; Beschluss vom 23.09.1999 - 9 B 372.99 -, NVwZ 2000, 67).
29 
II) Die zulässige Berufung des Beklagten ist auch begründet.
30 
Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht Ziff. 1 der Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.10.2001, durch die der Kläger aus dem Bundesgebiet ausgewiesen worden ist, aufgehoben. Denn die Klage des Klägers ist zwar zulässig, aber nicht begründet. Ziff. 1 der Verfügung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
31 
1) In formeller Hinsicht ist die Ausweisungsverfügung des Regierungspräsidiums nicht zu beanstanden.
32 
a) Das Regierungspräsidium Stuttgart war zur Entscheidung über die Ausweisung des Klägers zuständig, da sich der Kläger zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Verfügung auf richterliche Anordnung in Strafhaft befand (§ 7 Abs. 1 Satz 1 AAZuVO). Wegen der Zuständigkeit des Regierungspräsidiums war nach § 6a Satz 1 AGVwGO auch die Durchführung eines Vorverfahrens ausgeschlossen (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Vor Erlass der angefochtenen Verfügung ist der Kläger entsprechend § 28 LVwVfG angehört worden.
33 
b) Ob die Ausgestaltung des Rechtsschutzes, der türkischen Staatsangehörigen gegen eine Ausweisungsverfügung in der Bundesrepublik Deutschland eröffnet ist, denen die Rechtsstellung nach Art. 6 oder 7 des Beschlusses des Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation (ARB 1/80) zukommt, insbesondere den Anforderungen des Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG des Rates vom 25. Februar 1964 zur Koordinierung der Sondervorschriften für die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern, soweit sie aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind, genügt (vgl. zu dieser Frage in Bezug auf einen italienischen Staatsangehörigen, VGH Baden-Württemberg, Urt. v.28.11.2002 - 11 S 1270/02 -), kann hier dahingestellt bleiben. Denn die Richtlinie 64/221/EWG ist auf türkische Staatsangehörige nicht anwendbar. Mit Beschluss vom 18.03.2003 hat der Österreichische Verwaltungsgerichtshof (Zlen. EU 2003/0001, 0002-1-99/21/0018, 2002/21/0067,      und InfAuslR 2003, 217) dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) nach Art. 234 EGV zwar die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die Rechtsschutzgarantien der Art. 8 und 9 der Richtlinie 64/221/EWG auf türkische Staatsangehörige anzuwenden sind, die Rechte nach Art. 6 oder 7 ARB 1/80 genießen. Nach Ansicht des Senats, der nicht nach Art. 234 Abs. 3 EGV zur Vorlage verpflichtet ist, kommt aber eine Anwendung von Bestimmungen der Richtlinie 64/221/EWG auf türkische Staatsangehörige nicht in Betracht (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.09.1998 - 1 C 8.96 -, InfAuslR 1999, 54, 57, zur Frage der Anwendbarkeit von Art. 6 und Art. 7 der Richtlinie 64/221/EWG auf türkische Staatsangehörige).
34 
Die auf Bestimmungen des früheren EWG-Vertrages gestützte Richtlinie gilt nach ihrem Art. 1 Abs. 1 für Staatsangehörige eines Mitgliedstaates, die sich in einem anderen Mitgliedstaat der Gemeinschaft aufhalten oder sich dorthin begeben, um eine selbstständige oder unselbständige Erwerbstätigkeit auszuüben oder um Dienstleistungen entgegenzunehmen. Ziel der Richtlinie ist es, eine möglichst effektive Wahrnehmung der Grundfreiheiten - Freizügigkeit der Arbeitnehmer, Niederlassungsfreiheit und Dienstleistungsfreiheit - durch Staatsangehörige der Mitgliedstaaten und deren Ehegatten und Familienmitglieder zu gewährleisten. Zu diesem Zweck will die Richtlinie z.B. im Bereich der Freizügigkeit von Arbeitnehmern die zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gerechtfertigten Maßnahmen koordinieren, um deren Anwendung mit dem fundamentalen Grundsatz der Freizügigkeit in der Gemeinschaft und mit der Beseitigung jeglicher Diskriminierung zwischen eigenen Staatsangehörigen und den Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten im Anwendungsbereich des Vertrages in Einklang zu bringen (vgl. EuGH, Urt. v. 26.02.1975, Rs. C-67/74, Slg. 297, Rn. 5; Urt. v. 27.10.1977, Rs. C-30/77, Slg. 1999, Rn. 15; Urt. v. 09.11.2000, Rs. C-357/98, Slg. I-9265, Rn. 27). Für Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der Europäischen Union gelten die im EG-Vertrag geregelten Grundfreiheiten, deren Verwirklichung Hauptzweck des EG-Vertrages ist, aber unmittelbar und nicht vorbehaltlich einer Vereinbarung der Vertragsstaaten über ihre Anwendbarkeit. Demgegenüber können sich türkische Staatsangehörige vor Behörden eines Mitgliedstaates der Europäischen Union gerade nicht unmittelbar auf die Grundfreiheiten des EG-Vertrages berufen. Vielmehr erfolgt die schrittweise Herstellung der Grundfreiheit bzw. die schrittweise Beseitigung von Beschränkungen der Grundfreiheiten nach Maßgabe der hierfür von einem gesonderten Assoziationsrat festgelegten Regeln. In Art. 12 des Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei vom 12. September 1963 (BGBl. 1964 II S. 509) haben die damaligen Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und die Republik Türkei vereinbart, sich von den Artikeln 48, 49 und 50 des Vertrages zur Gründung der Gemeinschaft leiten zu lassen, um untereinander die Freizügigkeit der Arbeitnehmer schrittweise herzustellen. In Art. 13 und 14 dieses Abkommens finden sich vergleichbare Vereinbarungen hinsichtlich der Aufhebung von Beschränkungen für die Niederlassungsfreiheit und die Dienstleistungsfreiheit. In Art. 36 des Zusatzprotokolls zum Abkommen vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei für die Übergangsphase der Assoziation (BGBl. 1972 II S. 385 ) ist z.B. hinsichtlich der Freizügigkeit der Arbeitnehmer bestimmt, dass diese Grundfreiheit zwischen den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und der Türkei nach den Grundsätzen des Artikels 12 des Assoziierungsabkommens zwischen dem Ende des zwölften und dem Ende des zweiundzwanzigsten Jahres nach dem Inkrafttreten des genannten Abkommens schrittweise hergestellt wird und der Assoziationsrat die hierfür erforderlichen Regeln festlegt (vgl. z.B. ARB vom 20.12.1976, 2/76; ARB vom 19.09.1980, 1/80). Sowohl zum Zeitpunkt der Zustellung der Verfügung vom 01.10.2001 als auch zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung war der Kläger weder selbständig tätig (vgl. Art. 43 EGV), noch machte er durch seinen seit 1979 andauernden Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland von der Dienstleistungsfreiheit im Sinne von Art. 49 EGV Gebrauch. Es ist anerkannt, dass die Dienstleistungsfreiheit mangels Auslandsbezugs nicht denjenigen Angehörigen eines Mitgliedstaates erfasst, der, wie der Kläger in einem anderen Mitgliedstaat geboren ist und dort seinen Hauptaufenthalt nimmt, um dort für unbestimmte Dauer Dienstleistungen zu empfangen (EuGH, Urt. v. 05.10.1988, Rs. C-196/87, Steymann, Slg. 1988, 6159, Rn. 17; Urt. v. 17.06.1997, Rs. C-70/95, Sodemare, Slg. I-3395, 3435 f., Rn. 38 m.w.Nachw.). Dieser vom EuGH zur Grundfreiheit der Dienstleistungsfreiheit im Sinne des EG-Vertrages entwickelte Grundsatz kann auch für die Bestimmungen des Assoziationsrechts herangezogen werden. Für den Kläger kommt deshalb wegen seiner Erwerbstätigkeiten vor und nach seiner Inhaftierung allein die Grundfreiheit der Freizügigkeit der Arbeitnehmer in Betracht. Nach dem derzeitigen Stand genießen türkische Staatsangehörige aber keine Freizügigkeit innerhalb der Gemeinschaft, sondern haben im jeweiligen Aufnahmemitgliedstaat lediglich bestimmte Rechte, sofern die Voraussetzungen von Art. 6 oder 7 des ARB 1/80 erfüllt sind (vgl. EuGH, Urt. v. 30.09.1997, Rs. C-36/96, Günyadin, InfAuslR 1997, 440, Rn. 21 f. m.w.Nachw.). Erfolgt die Herstellung einer Grundfreiheit bzw. die Beseitigung von Beschränkungen einer Grundfreiheit im Verhältnis zwischen türkischen Staatsangehörigen und Behörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union ungeachtet des Ablaufs der in Art. 36 des Zusatzprotokolls genannten Frist allein nach Maßgabe von Beschlüssen eines besonderen Gremiums (Assoziationsrat), so ist es ausgeschlossen, ohne ausdrückliche Willenskundgebung dieses über die Schritte zur vollständigen Verwirklichung der Grundfreiheiten allein entscheidenden Gremiums sekundärrechtliche Vorschriften des Gemeinschaftsrechts, die der effektiven Wahrnehmung der unmittelbar geltenden Grundfreiheiten durch Staatsangehörige der Mitgliedstaaten gegenüber anderen Mitgliedstaaten dienen, auf das Verhältnis zwischen türkischen Staatsangehörigen und den Mitgliedstaaten der Europäischen Union anzuwenden. Zwar leitet der Europäische Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung aus dem Wortlaut des Art. 12 des Assoziierungsabkommens und des Art. 36 des Zusatzprotokolls sowie aus dem Zweck des ARB 1/80 her, dass die im Rahmen des Art. 39 ff. EGV geltenden Grundsätze soweit wie möglich auf die türkischen Arbeitnehmer, die die im ARB 1/80 eingeräumten Rechte besitzen, übertragen werden sollen (Urt. v. 10.02.2000, Nazli, DVBl 2000, 550, 552, Rn. 54 m.w.Nachw.). Dies gilt aber für die in der Rechtsprechung des EuGH erarbeiteten allgemeinen Grundsätze z.B. zur Rechtmäßigkeit der Beschränkung von Grundfreiheiten und nicht für besondere prozessuale Rechte, die Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Interesse der möglichst effektiven Verwirklichung der ihnen unmittelbar zustehenden Grundfreiheiten erst durch besondere sekundärrechtliche Vorschriften, hier die Richtlinie 64/221/EWG, eingeräumt worden sind. So wendet der EuGH z.B. die von ihm entwickelten Grundsätze zur Rechtmäßigkeit der Beschränkung der Grundfreiheit der Freizügigkeit der Arbeitnehmer nach Art. 39 Abs. 3 EGV auch auf die Ausweisung von türkischen Staatsangehörigen an, die die im ARB 1/80 eingeräumten Rechte besitzen (Urt. v. 10.02.2000, Nazli, DVBl 2000, 550, 552, Rn. 56). Dieses Vorgehen ist aber allein im Hinblick darauf gerechtfertigt, dass die in Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 vorgesehene Ausnahme der öffentlichen Ordnung nahezu denselben Wortlaut hat wie Art. 39 Abs. 3 EGV. Für den Bereich der in der Richtlinie 64/221/EWG geregelten besonderen prozessualen Rechte, die der effektiven Wahrnehmung der Grundfreiheiten durch die Angehörigen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union dienen, findet sich aber gerade keine Entscheidung des Assoziationsrates, die eine Gleichstellung von Unionsangehörigen und türkischen Staatsangehörigen gestattet.
35 
2) Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht erweist sich die Ausweisung als rechtmäßig.
36 
a) Nach innerstaatlichem Ausländerrecht ist die Ausweisung nicht zu beanstanden.
37 
Nach bisheriger ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisung der Zeitpunkt der Bekanntgabe der letzten Behördenentscheidung (BVerwG, Beschl. v. 17.01.1996 - 1 B 3.96 -, InfAuslR 1996, 137 f.; Urt. v. 19.11.1996 - 1 C 6.95 -, BVerwGE 102, 249, 251), hier der Zustellung der Verfügung vom 01.10.2001. Nachträglich eingetretene Umstände können im Rahmen der Entscheidung über die Befristung der Wirkungen der Ausweisung nach § 8 Abs. 2 Satz 3 AuslG berücksichtigt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.02.2002 - 1 C 21.00 -, InfAuslR 2002, 338, 342 m.w.Nachw.).
38 
Durch das Verhalten, das den Gegenstand des rechtskräftigen Urteils des Landgerichts Stuttgart vom 09.01.2001 bildet (Verurteilung wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und zehn Monaten), erfüllt der Kläger die Voraussetzungen der Regel-Ausweisung nach § 47 Abs. 2 Nr. 2 AuslG. Da der Kläger im Bundesgebiet geboren ist und im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis ist, genießt er besonderen Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AuslG, wonach ein Ausländer nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden kann. Derartige Gründe liegen vor, wenn das öffentliche Interesse an der Erhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Vergleich zu dem vom Gesetz bezweckten Schutz des Ausländers vor einer Ausweisung ein deutliches Übergewicht hat. Bei einer Ausweisung aus spezialpräventiven Zwecken sind erforderlich ein Ausweisungsanlass von besonderem Gewicht, das sich bei Straftaten aus ihrer Art, Schwere und Häufigkeit ergibt, sowie konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine schwere Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch neue Verfehlungen des Ausländers ernsthaft droht und damit von ihm eine bedeutsame Gefahr für ein wichtiges Schutzgut ausgeht (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.06.1996 - 1 C 24.94 -, BVerwGE 101, 247, 253 f.; Urt. v. 28.01.1997 - 1 C 17.94 -, NVwZ 1997, 1119; Urt. v. 29.09.1998 - 1 C 8.96 -, InfAuslR 1999, 54; Urt. v. 26.02.2002 - 1 C 21.00 -, InfAuslR 2002, 338). Die Ausweisungsentscheidung des Regierungspräsidiums genügt diesen Anforderungen. Denn die Straftaten des Klägers nach dem Betäubungsmittelgesetz bilden einen ausreichenden Ausweisungsanlass. Das mit dem Urteil des Landgerichts vom 09.01.2001 geahndete strafrechtliche Verhalten ist schwerwiegend. Aus dem Urteil des Landgerichts Stuttgart ist zu entnehmen, dass der Kläger spätestens im September 1999 erstmals mit Cannabis in Kontakt geraten war. Er konsumierte dieses Rauschgift in einem Maße, dass sich bei ausbleibendem Konsum allmählich Schlafprobleme einstellten. Er setzte den Drogenkonsum auch fort, nachdem seine Mutter ebenfalls nach Stuttgart verzogen war und wieder mit dem Kläger zusammen lebte. In nicht unerheblichem Umfang beteiligte sich der Kläger am Straßenhandel mit Cannabis. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Urteils des Amtsgerichts Stuttgart vom 14.09.2000 führte der Kläger bei seiner ersten Verhaftung am 05.02.2000 sieben Kanten Haschisch mit insgesamt 18,4 Gramm (netto) bei sich. Bei der anschließenden Durchsuchung seiner Wohnung wurden 54 kleine Tütchen mit Marihuanablatt-Aufdruck gefunden, die nach der - auch vom Senat geteilten - Einschätzung des Amtsgerichts Stuttgart als Verpackungsmaterial für Rauschgift dienen sollten. Trotz dieser ersten Verhaftung und der anschließenden Durchsuchung seiner Wohnung, bei der die zur Aufbewahrung von Rauschgift dienenden Tütchen gefunden worden waren, setzte der Kläger den Straßenhandel mit Cannabis fort. Denn nur neun Tage später versuchte der Kläger wiederum in Stuttgart 2,8 Gramm (netto) Haschisch an eine verdeckt arbeitende Polizeibeamtin zu verkaufen. Diese Betäubungsmitteldelikte können auch nicht durch den Hinweis auf das jugendliche Alter des Täters relativiert werden. Denn der Kläger war zum Zeitpunkt dieser beiden Taten bereits 20 ½ Jahre alt. Erschwerend kommt hinzu, dass der Kläger diese beiden Straftaten noch in der sogenannten Vorbewährungszeit beging. Im vorangegangenen Urteil des Amtsgerichts Berlin-Tiergarten vom 19.05.1999, durch das der Kläger wegen gemeinschaftlichen Diebstahls geringwertiger Sachen sowie wegen Diebstahls in einem besonders schweren Fall in sechs Fällen, davon in einem Fall lediglich versucht, unter Einbeziehung einer vorherigen Strafe wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von 18 Monaten verurteilt worden war, war dem Kläger noch keine Bewährung gewährt worden. Strafaussetzung zur Bewährung erhielt er erst im Beschluss vom 28.03.2000, wobei dem Amtsgericht Tiergarten die beiden Betäubungsmitteldelikte vom Februar 2000 nicht bekannt waren. Zum Nachteil des Klägers ist auch die im Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 09.01.20001 getroffene tatsächliche Feststellung zu werten, dass der Kläger in der Nacht zum 29.11.2000 - und damit nur zwei Monate nach dem die Bewährung versagenden Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 14.09.2000 - von der Polizei im Stadtgebiet von Stuttgart mit 1,9 Gramm Marihuana angetroffen wurde, welches er in einem in seiner Unterhose versteckten Tütchen bei sich führte. Erschwerend kommt hinzu, dass sich der Kläger auch von einer im Schreiben der Stadt Stuttgart vom 20.12.1999 im Hinblick auf seine bis dahin begangenen Straftaten enthaltenen Androhung der Ausweisung nicht von der Begehung der gravierenden Straftaten gegen das Betäubungsmittelgesetz hat abhalten lassen. Zum Zeitpunkt der Zustellung der Ausweisungsverfügung bestand auch die ernsthafte, nicht nur entfernte Möglichkeit erneuter gravierender Verfehlungen des Klägers. Der Kläger hatte noch nach der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Stuttgart am 14.09.2000 Kontakt zu illegalen Betäubungsmitteln. Auch hatte sich der Kläger durch mehrere Bewährungsstrafen nicht von der Begehung weiterer, erheblicher Straftaten abhalten lassen. Dies rechtfertigte die Einschätzung, dass der Kläger ein großes kriminelles Potential besaß. Der Kläger verfügte auch nicht über eine abgeschlossene Berufsausbildung, die Anlass für die Erwartung bot, er könne seinen notwendigen Lebensunterhalt zukünftig durch eine ordnungsgemäße Erwerbstätigkeit sicherstellen. Obwohl die Wertungen der Strafgerichte hinsichtlich einer Wiederholungsgefahr für die Ausländerbehörden nicht bindend sind, ist im Hinblick auf die hier anzustellende Vorhersage auch zu beachten, dass sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht Stuttgart in ihren Urteilen von einer sehr ungünstigen Prognose ausgegangen sind.
39 
Infolge des besonderen Ausweisungsschutzes wird die Regelausweisung nach § 47 Abs. 2 Nr. 2 AuslG zu einer Ausweisung nach Ermessen herabgestuft (§ 47 Abs. 3 Satz 2 AuslG). Die Ausführungen in der Verfügung lassen aber einen Ermessensfehler (§ 40 LVwVfG) nicht erkennen. Das Regierungspräsidium hat insbesondere die für einen weiteren Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet sprechenden Gesichtspunkte (§ 45 Abs. 2 AuslG), wie z.B. die Geburt und seinen ständigen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet, die fehlenden engen Beziehungen zur Türkei, die zu erwartenden Schwierigkeiten nach einer zwangsweisen Rückkehr in die Türkei und das Zusammenleben mit seiner Mutter und seinem Bruder in familiärer Lebensgemeinschaft, in die Ermessensentscheidung eingestellt. Diesen Gesichtspunkten hat das Regierungspräsidium das öffentliche Interesse an der Verhinderung weiterer Straftaten des Klägers im Bundesgebiet (Spezialprävention) gegenübergestellt. Dass das Regierungspräsidium zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der angefochtenen Verfügung von einem Überwiegen der für eine Ausweisung des Klägers sprechenden öffentlichen Interessen ausgegangen ist, kann auch im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht beanstandet werden.
40 
b) Im Gegensatz zur Ansicht des Verwaltungsgerichts erweist sich die Ausweisung auch im Hinblick auf Art. 8 EMRK als rechtmäßig.
41 
Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK, der in der Bundesrepublik Deutschland infolge des Zustimmungsgesetzes im Rang eines einfachen Bundesgesetzes gilt und an dem Ausweisungen nach §§ 45 ff. AuslG gemessen werden müssen, hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Vorliegend ist die Ausweisung des Klägers als Eingriff im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK gesetzlich vorgesehen (§ 47 Abs. 2 Nr. 2, § 48 Abs.1, § 47 Abs. 3 Satz 2 und § 45 AuslG). Sie dient auch dem berechtigten Ziel der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch die Anordnung der Ausweisung wegen strafbarer Handlungen verurteilter Ausländer. Ferner muss die Maßnahme, um Art. 8 Abs. 2 EMRK zu genügen, notwendig in einer demokratischen Gesellschaft sein. Sie muss einem dringenden sozialen Bedürfnis entsprechen und insbesondere verhältnismäßig zu dem verfolgten legitimen Ziel sein (vgl. EGMR, Urt. v. 27.09.1999, NJW 2000, 2089, 2092, Rn. 87; Urt. v. 31.10.2002, InfAuslR 2003, 126, 128, Rn. 41 m.w.Nachw.). Nach der insoweit maßgeblichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) kommt es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisung im Hinblick auf Art. 8 EMRK nicht auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe der Verfügung, sondern auf den Zeitpunkt an, in dem diese Verfügung vom Gericht bestätigt wird (vgl. Urt. v. 31.10.2002, InfAuslR 2003, 126, 127, Rn. 34 f m.w.Nachw., Rn. 44; Urt. v. 30.11.1999, InfAuslR 2000, 53, Rn. 36). Auch im Hinblick auf diesen Zeitpunkt erweist sich die Ausweisung als verhältnismäßig.
42 
Der inzwischen 24 Jahre alte Kläger ist ledig und hat keine Kinder. Seit seiner Haftentlassung am 19.04.2002 lebt der Kläger wieder bei seiner Mutter und seinem jüngeren Bruder. Vom EGMR wird der Begriff des Familienlebens in Art. 8 Abs. 1 EMRK außerordentlich weit verstanden, so dass auch dieses Zusammenleben von Art. 8 Abs. 1 EMRK erfasst ist. Bei der im Rahmen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gebotenen Abwägung ist aber zu berücksichtigen, dass sich Hinweise auf ein Abhängigkeitsverhältnis des Klägers zu seiner Mutter oder zu seinem Bruder bzw. umgekehrt weder aus den dem Senat vorliegenden Akten noch aus dem Vortrag des Klägers ergeben. Zugunsten des Klägers sind seine Geburt im Bundesgebiet und der ständige rechtmäßige Aufenthalt zu berücksichtigen. Auch hat er 1996 einen Antrag auf Einbürgerung gestellt. Die Beziehungen zu seinem Heimatland sind gering ausgeprägt. Letztmals hielt er sich im Jahr 1996 aus Anlass des einjährigen Todestages seines Vaters für die Dauer einer Woche in der Türkei auf. Allerdings ist davon auszugehen, dass der Kläger noch über ausreichende Kenntnisse der türkischen Sprache verfügt. Denn nach seinen Aussagen in der mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ist in der Familie des Klägers Deutsch und Türkisch gesprochen worden. Auch ist er in Anbetracht seines Alters in der Lage, seine Türkischkenntnisse wenn nötig zu vervollkommnen. Bemühungen des Klägers, aus der türkischen Staatsangehörigkeit entlassen zu werden, ergeben sich weder aus den vorliegenden Akten noch aus dem Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren. Vielmehr hat der Kläger nach seiner Aussage in der Berufungsverhandlung z.B. die Zurückstellung vom Wehrdienst in der Türkei erreicht. Zwar kommt eine Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bei Ausländern in Betracht, die aufgrund ihrer gesamten Entwicklung faktisch zu Inländern geworden sind und denen wegen der Besonderheiten des Falles ein Leben im Staat ihrer Staatsangehörigkeit, zu dem sie keinen Bezug haben, nicht zuzumuten ist. Die Annahme von besonderen Bindungen an die Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland setzt aber eine irreversible Einfügung in die hiesigen Lebensverhältnisse voraus, die beim Kläger nicht festgestellt werden kann. Der Kläger ist ledig und hat keine Kinder. Insbesondere fehlt es an einer dauerhaften Eingliederung in das Berufsleben in der Bundesrepublik Deutschland. Zwar verfügt der Kläger über einen Hauptschulabschluss (1996) und absolvierte auch erfolgreich die einjährige Berufsfachschule (Elektrotechnik). Eine anschließende Ausbildung als Fahrradmechaniker brach der Kläger bereits nach einem Monat ab. Danach war er arbeitslos, eine Tätigkeit als Lüftungsmonteur übte der Kläger lediglich für zweieinhalb Monate aus. Dann war er in Teilzeit als Spüler in einem Restaurant und anschließend als Maler im Rahmen eines Arbeitsprojekts der Sozialberatung tätig. Während der bis zum 19.04.2002 andauernden Haft hat der Kläger keine weitere Schulausbildung oder Berufsausbildung durchlaufen. Im Dezember 2002 begann er eine Ausbildung als Maler, die jedoch nach sechs Monaten wiederum endete. Bei einer Zeitarbeitsfirma ist der Kläger seit seiner Haftentlassung nur gelegentlich tätig, sofern diese selbst entsprechende Aufträge hat. Bemühungen des Klägers um einen Ausbildungsplatz waren erfolglos.
43 
Der Schwere der vom Ausländer begangenen Straftaten kommt nach dem EGMR für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der Ausweisung besondere Bedeutung zu. In der Rechtsprechung des EGMR wird hinsichtlich des Gewichts der für eine Ausweisung sprechenden Gründe bei Straftaten im Zusammenhang mit Betäubungsmitteln insbesondere danach unterschieden, ob es um den bloßen Besitz/Gebrauch von Drogen geht oder um den Handel mit Betäubungsmitteln (vgl. z.B. Urt. v. 13.02.2001, InfAuslR 2001, 480, Rn. 34; Urt. v. 30.11.1999, InfAuslR 2000, 53; Urt. v. 19.02.1998, InfAuslR 1998, 201). Auch in Anbetracht der wegen des Fehlens eines persönlichen Abhängigkeitsverhältnisses zwischen dem bereits 24 Jahre alten Kläger und seiner Mutter bzw. seinem Bruder geringeren Schutzwürdigkeit des Familienlebens des Klägers im Sinne von Art. 8 Abs. 1 EMRK kommt dem Umstand, dass er wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt worden ist, maßgebliche Bedeutung zu. Wiederum ist zu berücksichtigen, dass der Kläger bei diesen Straftaten mit ganz erheblicher krimineller Energie vorgegangen ist. Er hat sich weder von vorherigen Verurteilungen zu Bewährungsstrafen, noch von einer noch ausstehenden Entscheidung über die Einräumung einer Bewährung, noch von einer erstmaligen Verhaftung wegen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und einer anschließenden Wohnungsdurchsuchung, die Hinweise auf eine ganz erhebliche Beteiligung am illegalen Drogenhandel ergeben hatte, noch von der ihm bereits im Dezember 1999 im Hinblick auf die bis dahin abgeurteilten Straftaten angedrohten Ausweisung aus dem Bundesgebiet von einer Fortsetzung seiner Drogengeschäfte abhalten lassen. Auch nach seiner Haftentlassung ist dem Kläger bisher insbesondere keine Verbesserung seiner beruflichen Situation gelungen, die Anlass zu der Annahme geben könnte, er werde seine erhebliche kriminelle Energie zurückdrängen und seinen Lebensunterhalt zukünftig durch eine ordnungsgemäße Erwerbstätigkeit sicherstellen können.
44 
c) Auch im Hinblick auf Art. 3 Abs. 3 des Europäischen Niederlassungsabkommens (BGBl. 1959 II, S. 997, ENA) erweist sich die Ausweisung des Klägers als rechtmäßig. Danach dürfen Staatsangehörige eines Vertragsstaates, die, wie der Kläger, seit mehr als zehn Jahren ihren ordnungsgemäßen Aufenthalt im Gebiet eines Vertragsstaates haben, nur aus Gründen der Sicherheit des Staates, oder wenn die übrigen in Absatz 1 aufgeführten Gründe besonders schwerwiegend sind, ausgewiesen werden. Im Hinblick auf den für die Ausweisung des Klägers danach erforderlichen besonders schwerwiegenden Verstoß gegen die öffentliche Ordnung kann auf die vorstehenden Ausführungen zu den schwerwiegenden Gründen im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 1 AuslG verwiesen werden. Denn die Voraussetzungen im Sinne von Art. 3 Abs. 3 ENA entsprechen denen der schwerwiegenden Gründe im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 AuslG (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.12.1999 - 1 C 13.99 -, BVerwGE 110, 140; Urt. v. 11.06.1996 - 1 C 24.94 -, BVerwGE 101, 247, 262 f.; Urt. v. 26.02.2002 - 1 C 21.00 -, InfAuslR 2002, 338).
45 
Art. 7 des Niederlassungsabkommens zwischen dem Deutschen Reich und der Türkischen Republik vom 12. Januar 1927 (RGBl II S. 76), das im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei angewendet wird (BGBl II 1952 S. 608), begründet ebenfalls keinen besonderen Ausweisungsschutz. Denn nach dieser Vertragsvorschrift sind Ausweisungen als Einzelmaßnahmen gemäß den Gesetzen der Vertragsstaaten zulässig (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.09.1998 - 1 C 8.96 -, InfAuslR 1999, 54, 58 m.w.Nachw.).
46 
d) Die Vorschriften des ARB 1/80 stehen der Ausweisung des Klägers ebenfalls nicht entgegen. Zwar erscheint es sehr zweifelhaft, ob der Kläger die Voraussetzungen des Art. 6 ARB 1/80 erfüllt. Näher liegt die Heranziehung von Art. 7 ARB 1/80. Jedenfalls ist die Ausweisung des Klägers auch nach Maßgabe von Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 zulässig, wonach der Abschnitt 1 des ARB 1/80 vorbehaltlich der Beschränkungen gilt, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigt sind. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist diese Ausnahme ebenso auszulegen wie die des Art. 39 Abs. 3 EGV (vgl. Urt. v. 10.02.2000, Nazli, NVwZ 2000, 1029, Rn. 56). Danach ist eine Ausweisung zum Zweck der Generalprävention mit Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 unvereinbar und eine Ausweisung deshalb nur zulässig, wenn das persönliche Verhalten des betreffenden Ausländers auf die konkrete Gefahr von weiteren schweren Störungen der öffentlichen Ordnung hindeutet und damit eine Gefährdung vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (EuGH, Urt. v. 10.02.2000, a.a.O., Rn. 61 ff.; Urt. v. 19.01.1999, Calfa, EuZW 1999, 345, Rn. 22-27). Auch im Hinblick auf diese Grundsätze begegnet die Ausweisung des Klägers keinen rechtlichen Bedenken. Denn diese ist nicht ausschließlich generalpräventiv begründet worden, sondern ist vom Regierungspräsidium in erster Linie im Hinblick auf die berechtigte Annahme verfügt worden, der Kläger werde wegen seiner in den abgeurteilten Taten zum Ausdruck kommenden erheblichen kriminellen Energie weitere Straftaten begehen. Auch insoweit kann auf die Darlegungen zu den schwerwiegenden Gründen im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 1 AuslG verwiesen werden.
47 
Hinsichtlich des nicht übereinstimmend für erledigt erklärten Teils folgt die Kostenentscheidung aus § 154 Abs. 1 VwGO.
48 
Auch die hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils des Verfahrens (Abschiebungsandrohung) nach § 161 Abs. 2 VwGO zu treffende Entscheidung führt zur Kostentragung des Klägers. Denn der Kläger wäre voraussichtlich auch mit seiner Klage gegen die Abschiebungsandrohung in Ziff. 3 der Verfügung des Regierungspräsidiums unterlegen.
49 
Der nicht zur Vorlage nach Art. 234 Abs. 3 EG-Vertrag verpflichtete Senat sieht in Bezug auf die sich hinsichtlich der Richtlinie 64/221/EWG stellenden Fragen von einer Vorlage an den EuGH ab. Die Rechtssache hat aber grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), so dass die Revision zuzulassen ist. Hierdurch wird im Interesse der Einheit der nationalen Rechtsprechung vor der Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH die Ausschöpfung des innerstaatlichen Instanzenzugs ermöglicht.
50 
Die in diesem Urteil enthaltene Kostenentscheidung nach § 161 Abs. 2 VwGO ist unanfechtbar (§ 158 Abs. 2 VwGO). Im Übrigen gilt folgende

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Ausländer ist jeder, der nicht Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes ist.

(2) Erwerbstätigkeit ist die selbständige Tätigkeit, die Beschäftigung im Sinne von § 7 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und die Tätigkeit als Beamter.

(3) Der Lebensunterhalt eines Ausländers ist gesichert, wenn er ihn einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann. Nicht als Inanspruchnahme öffentlicher Mittel gilt der Bezug von:

1.
Kindergeld,
2.
Kinderzuschlag,
3.
Erziehungsgeld,
4.
Elterngeld,
5.
Leistungen der Ausbildungsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch, dem Bundesausbildungsförderungsgesetz und dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz,
6.
öffentlichen Mitteln, die auf Beitragsleistungen beruhen oder die gewährt werden, um den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen und
7.
Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz.
Ist der Ausländer in einer gesetzlichen Krankenversicherung krankenversichert, hat er ausreichenden Krankenversicherungsschutz. Bei der Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug werden Beiträge der Familienangehörigen zum Haushaltseinkommen berücksichtigt. Der Lebensunterhalt gilt für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 16a bis 16c, 16e sowie 16f mit Ausnahme der Teilnehmer an Sprachkursen, die nicht der Studienvorbereitung dienen, als gesichert, wenn der Ausländer über monatliche Mittel in Höhe des monatlichen Bedarfs, der nach den §§ 13 und 13a Abs. 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bestimmt wird, verfügt. Der Lebensunterhalt gilt für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 16d, 16f Absatz 1 für Teilnehmer an Sprachkursen, die nicht der Studienvorbereitung dienen, sowie § 17 als gesichert, wenn Mittel entsprechend Satz 5 zuzüglich eines Aufschlages um 10 Prozent zur Verfügung stehen. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat gibt die Mindestbeträge nach Satz 5 für jedes Kalenderjahr jeweils bis zum 31. August des Vorjahres im Bundesanzeiger bekannt.

(4) Als ausreichender Wohnraum wird nicht mehr gefordert, als für die Unterbringung eines Wohnungssuchenden in einer öffentlich geförderten Sozialmietwohnung genügt. Der Wohnraum ist nicht ausreichend, wenn er den auch für Deutsche geltenden Rechtsvorschriften hinsichtlich Beschaffenheit und Belegung nicht genügt. Kinder bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres werden bei der Berechnung des für die Familienunterbringung ausreichenden Wohnraumes nicht mitgezählt.

(5) Schengen-Staaten sind die Staaten, in denen folgende Rechtsakte in vollem Umfang Anwendung finden:

1.
Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen (ABl. L 239 vom 22.9.2000, S. 19),
2.
die Verordnung (EU) 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) (ABl. L 77 vom 23.3.2016, S. 1) und
3.
die Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft (ABl. L 243 vom 15.9.2009, S. 1).

(6) Vorübergehender Schutz im Sinne dieses Gesetzes ist die Aufenthaltsgewährung in Anwendung der Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 212 S. 12).

(7) Langfristig Aufenthaltsberechtigter ist ein Ausländer, dem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union die Rechtsstellung nach Artikel 2 Buchstabe b der Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (ABl. EU 2004 Nr. L 16 S. 44), die zuletzt durch die Richtlinie 2011/51/EU (ABl. L 132 vom 19.5.2011, S. 1) geändert worden ist, verliehen und nicht entzogen wurde.

(8) Langfristige Aufenthaltsberechtigung – EU ist der einem langfristig Aufenthaltsberechtigten durch einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ausgestellte Aufenthaltstitel nach Artikel 8 der Richtlinie 2003/109/EG.

(9) Einfache deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau A 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (Empfehlungen des Ministerkomitees des Europarates an die Mitgliedstaaten Nr. R (98) 6 vom 17. März 1998 zum Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen – GER).

(10) Hinreichende deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau A 2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

(11) Ausreichende deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

(11a) Gute deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau B2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

(12) Die deutsche Sprache beherrscht ein Ausländer, wenn seine Sprachkenntnisse dem Niveau C 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen entsprechen.

(12a) Eine qualifizierte Berufsausbildung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn es sich um eine Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf handelt, für den nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren festgelegt ist.

(12b) Eine qualifizierte Beschäftigung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn zu ihrer Ausübung Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich sind, die in einem Studium oder einer qualifizierten Berufsausbildung erworben werden.

(12c) Bildungseinrichtungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Ausbildungsbetriebe bei einer betrieblichen Berufsaus- oder Weiterbildung,
2.
Schulen, Hochschulen sowie Einrichtungen der Berufsbildung oder der sonstigen Aus- und Weiterbildung.

(13) International Schutzberechtigter ist ein Ausländer, der internationalen Schutz genießt im Sinne der

1.
Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 304 vom 30.9.2004, S. 12) oder
2.
Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9).

(14) Soweit Artikel 28 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31), der die Inhaftnahme zum Zwecke der Überstellung betrifft, maßgeblich ist, gelten § 62 Absatz 3a für die widerlegliche Vermutung einer Fluchtgefahr im Sinne von Artikel 2 Buchstabe n der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 und § 62 Absatz 3b Nummer 1 bis 5 als objektive Anhaltspunkte für die Annahme einer Fluchtgefahr im Sinne von Artikel 2 Buchstabe n der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 entsprechend; im Anwendungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 bleibt Artikel 28 Absatz 2 im Übrigen maßgeblich. Ferner kann ein Anhaltspunkt für Fluchtgefahr vorliegen, wenn

1.
der Ausländer einen Mitgliedstaat vor Abschluss eines dort laufenden Verfahrens zur Zuständigkeitsbestimmung oder zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz verlassen hat und die Umstände der Feststellung im Bundesgebiet konkret darauf hindeuten, dass er den zuständigen Mitgliedstaat in absehbarer Zeit nicht aufsuchen will,
2.
der Ausländer zuvor mehrfach einen Asylantrag in anderen Mitgliedstaaten als der Bundesrepublik Deutschland im Geltungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 gestellt und den jeweiligen anderen Mitgliedstaat der Asylantragstellung wieder verlassen hat, ohne den Ausgang des dort laufenden Verfahrens zur Zuständigkeitsbestimmung oder zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz abzuwarten.
Die für den Antrag auf Inhaftnahme zum Zwecke der Überstellung zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn
a)
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 oder 2 besteht,
b)
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Überstellungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und
c)
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Überstellungshaft entziehen will.
Der Ausländer ist unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Überstellungshaft vorzuführen. Auf das Verfahren auf Anordnung von Haft zur Überstellung nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 finden die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend Anwendung, soweit das Verfahren in der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 nicht abweichend geregelt ist.

Tenor

Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 11. November 2005 - 4 K 2405/05 - werden zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 12.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die fristgerecht erhobenen und begründeten sowie inhaltlich den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechenden Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 11.11.2005 sind zulässig, haben jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat es im Ergebnis zu Recht abgelehnt, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, vorläufig von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gegenüber den Antragstellern abzusehen. Dagegen wenden sich die Antragsteller mit ihrem Beschwerdevorbringen, auf dessen Überprüfung der Senat beschränkt ist (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), ohne Erfolg.
I.
Die 1955 bzw. 1966 geborenen Antragsteller zu 1. und 2. sowie ihre 1990, 1991 und 1995 geborenen Kinder, die Antragsteller zu 3. - 4., sind serbisch-montenegrinische Staatsangehörige und gehören nach von ihnen vorgelegten Unterlagen der Volksgruppe der Ashkali an. Die Antragsteller zu 1. - 4. stammen aus dem Kosovo und reisten 1993 in die Bundesrepublik Deutschland ein; der Antragsteller zu 5. wurde in Deutschland geboren. Die Asylanträge der Antragsteller sowie mehrere Asylfolgeanträge wurden vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (bzw. jetzt Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) abgelehnt. Bis auf kurze Zeiten des Besitzes von Aufenthaltsgestattungen im Zusammenhang mit der Durchführung von Asylverfahren wurden die Antragsteller geduldet. Derzeit sind die Antragsteller im Besitz von Duldungen, die mit der auflösenden Bedingung „erlischt mit Bekanntgabe des Abschiebetermins“ versehen sind. Mit Schreiben vom 08.08.2005 kündigte das Regierungspräsidium Karlsruhe den Antragstellern die Abschiebung nach Serbien-Montenegro einschließlich des UNMIK-Mandatsgebiets Kosovo an.
Mit Beschluss vom 11.11.2005 lehnte das Verwaltungsgericht Karlsruhe es mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs ab, zur Sicherung eines Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis oder auf Erteilung von Duldungen ohne auflösende Bedingung eine einstweilig Anordnung zu erlassen. Das Verwaltungsgericht begründete seine Entscheidung im wesentlichen und zusammengefasst damit, dass die Antragsteller sich im Hinblick auf die von ihnen vorgetragene Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland nicht darauf berufen könnten, Art. 8 EMRK stehe der Beendigung ihres Aufenthaltes entgegen. Ein Eingriff in das von Art. 8 EMRK geschützte Privat- und Familienleben durch Versagung des Aufenthalts für einen Ausländer setze voraus, dass sein Privat- oder Familienleben in dem betreffenden Land fest verankert sei. Diese Voraussetzung sei in Fällen einer bloßen Duldung nicht erfüllt. Eine Duldung gewähre keinen legalen ordnungsgemäßen Aufenthalt, sondern schütze einen Ausländer, der sich illegal in der Bundesrepublik aufhalte, lediglich vorübergehend vor einer sonst rechtlich zwingend gebotenen Abschiebung und lasse die Ausreisepflicht unberührt.
Dagegen wenden sich die Antragsteller mit der Beschwerde und tragen unter Berufung auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 16.06.2005 (, InfAuslR 2005, 349 ff.) zusammengefasst vor, im Falle des Vorliegens starker persönlicher, sozialer und wirtschaftlicher Kontakte zum Aufnahmestaat stelle Art. 8 EMRK nicht nur ein Abwehrrecht dar, sondern es ergebe sich daraus auch ein Anspruch auf positive Maßnahmen des Aufnahmestaates, etwa ein Recht auf Legalisierung des Aufenthalts. Das Verwaltungsgericht nehme eine Relativierung von Menschenrechten vor, wenn es davon ausgehe, ein rechtlicher Schutz greife nur ein, wenn das Schutzgut auf der Basis eines rechtmäßigen Aufenthalts entstanden sei. Außerdem erwecke die praktische Handhabung des ausländerrechtlichen Regelungsinstruments der Duldung, nämlich die Vergabe von Duldungen über Zeiträume von zehn Jahren und mehr, beim Adressaten das Gefühl der Inhaberschaft eines Aufenthaltstitels und stelle eine verkappte Aufenthaltserlaubnis dar.
II.
Dieses Vorbringen der Antragsteller ist nicht geeignet, ihren Beschwerden zum Erfolg zu verhelfen. Im Ergebnis zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Antragsteller im Hinblick auf Art. 8 EMRK weder einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG noch auf Erteilung von Duldungen (ohne auflösende Bedingung) nach § 60a Abs. 2 AufenthG glaubhaft gemacht haben.
Gemäß § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Gemäß § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG soll die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Ein Ausreisehindernis i.S.d. § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG liegt u.a. dann vor, wenn die Ausreise aus verfassungs- oder völkerrechtlichen Gründen mit Blick auf Art. 6 GG und Art. 8 EMRK unzumutbar und damit rechtlich unmöglich ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006 - 13 S 2220/05 -, VBlBW 2006, 200 ff. m.w.N.; Hess. VGH, Beschluss vom 15.02.2006 - 7 TG 106/06 -, InfAuslR 2006, 217; s. dazu auch Senatsurteil vom 06.04.2005 - 11 S 2779/04 -, VBlBW 2005, S. 356 ff. m.w.N.).
Gemäß § 60a Abs. 2 AufenthG ist die Abschiebung eines Ausländers auszusetzen und ihm eine Duldung zu erteilen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen - u.a. im Hinblick auf Art. 6 GG und Art. 8 EMRK - unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird.
Im vorliegenden Fall sind die Antragsteller auf Grund der unanfechtbaren Ablehnung ihrer Asylanträge zwar vollziehbar ausreisepflichtig. Ihre Ausreise ist jedoch auch unter Beachtung der Gewährleistungen des Art. 8 EMRK nicht rechtlich unmöglich i.S.d. o.g. Vorschriften.
1. Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Art. 8 Abs. 2 EMRK regelt, dass der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft ist, soweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
10 
Da im vorliegenden Fall die Familie nicht getrennt werden soll, sondern vielmehr der gesamten Familie ein Aufenthaltsrecht verweigert wird und alle Familienmitglieder in das Land ihrer Staatsangehörigkeit zurückkehren sollen, scheidet ein Eingriff in das durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte „Familienleben“ von vornherein aus (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006, a.a.O., und Beschluss vom 02.11.2005 - 1 S 3023/04 -, InfAuslR 2006, 70 ff.). In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) ist auch geklärt, dass Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht das Recht gewährt, den Ort zu wählen, der nach Ansicht der Betroffenen am besten geeignet ist, ein Familienleben aufzubauen (Entscheidung vom 07.10.2004 , NVwZ 2005, 1043 ff.).
11 
2. Die Weigerung, den Antragstellern ein Aufenthaltsrecht in Deutschland zu gewähren, kann daher allenfalls einen Eingriff in ihr Recht auf Achtung ihres „Privatlebens“ darstellen. Zum schützenswerten Privatleben gehören die gewachsenen persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Bindungen in dem Staat, in dem der Ausländer geboren oder aufgewachsen ist. Eine den Schutz des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK auslösende Verbindung kann insbesondere für solche Ausländer in Betracht kommen, deren Bindungen an die Bundesrepublik Deutschland auf Grund eines Hineinwachsens in die hiesigen Verhältnisse mit gleichzeitiger Entfremdung von ihrem Heimatland quasi deutschen Staatsangehörigen gleichzustellen sind. Ihre Situation ist dadurch gekennzeichnet, dass die Bundesrepublik Deutschland faktisch das Land ist, zu dem sie gehören, während sie mit ihrem Heimatland nur noch das formale Band ihrer Staatsangehörigkeit verbindet (zum Begriff des „faktischen Inländers“ im Zusammenhang mit dem „Schutz des Familienlebens“ vgl. etwa EGMR, Urteile vom 26.03.1992 , InfAuslR 1994, 86 ff., und vom 26.09.1997 , InfAuslR 1997, 430; s. auch BVerwG, Urteil vom 29.09.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303 ff. , und OVG Schleswig, Urteil vom 23.02.1999 - 4 L 195/98 - ;).
12 
Die - stark kasuistisch geprägte - Rechtsprechung des EGMR zu der Frage, ob ein langjähriger Aufenthalt im Bundesgebiet eine schutzwürdige Position nach Art. 8 Abs. 1 EMRK begründen kann, bezieht sich im wesentlichen auf die Grenzen der Ausweisungskompetenz der Vertragsstaaten bei Personen, die im Staatsgebiet des Vertragsstaates geboren oder in sehr frühem Alter im Wege des Familiennachzugs in dieses eingereist sind (sog. Ausländer der zweiten Generation), einen Aufenthaltstitel erworben haben und als Folge strafrechtlicher Verfehlungen von der Ausweisung bedroht sind (vgl. die Auswertung der Rechtsprechung des EGMR in BVerfG, Kammerbeschluss vom 01.03.2004 - 2 BvR 1570/03 -, InfAuslR 2004, 280 ff.). Während bei diesen Ausländern die Frage zu beurteilen ist, ob sie auf Grund ihres langjährigen rechtmäßigen Aufenthalts und ihrer Sozialisation im Vertragsstaat gegen eine Ausweisung geschützt sind, geht es in Fällen wie dem vorliegenden darum, ob Flüchtlinge, deren Asylanträge erfolglos geblieben sind, deren Abschiebung jedoch über einen sehr langen Zeitraum hinweg nicht durchgesetzt wurde und die auch nicht in den Besitz eines Aufenthaltstitels gelangt sind, aufgrund ihres langjährigen faktischen Aufenthalts im Vertragsstaat und ihres dort erlangten Integrationsgrades gegen aufenthaltsbeendende Maßnahmen geschützt sind und deshalb im Ergebnis einen Anspruch auf Legalisierung ihres Aufenthalts haben.
13 
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteile vom 03.06.1997 - 1 C 18/96 -, NVwZ 1998, 189 ff., und vom 29.03.1996 - 1 C 28/94 -, InfAuslR 1997, 24 ff.). setzt ein Eingriff in die von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten Rechte durch Versagung des Aufenthalts für einen Ausländer grundsätzlich voraus, dass sein Privat- bzw. Familienleben in dem betreffenden Land fest verankert ist und sich nicht auf eine lose Verbindung beschränkt. Hierzu gehört grundsätzlich - als Basis - eine aufenthaltsrechtliche Verankerung. Diese Voraussetzung ist daher in den Fällen bloßer Duldungen, in deren Besitz die Antragsteller sich befinden, regelmäßig nicht erfüllt. Eine Duldung gewährt keinen legalen, ordnungsgemäßen Aufenthalt, sondern schützt den Ausländer lediglich vorübergehend vor einer sonst rechtlich zwingend gebotenen Abschiebung und lässt seine Ausreisepflicht unberührt (vgl. §§ 55 Abs. 1, 56 Abs. 1 AuslG bzw. § 60a Abs. 1 - 3 AufenthG). Sie führt nicht zur Erlangung eines aufenthaltsrechtlichen Status, der berechtigterweise die Erwartung hervorrufen kann, in Deutschland bleiben zu dürfen (vgl. zu diesem Kriterium auch OVG Schleswig, Urteil vom 23.02.1999, a.a.O.). Auch nach der Rechtsprechung des Senats kann grundsätzlich eine aufenthaltsrechtlich erhebliche und insoweit schutzwürdige Eingliederung in die in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Lebensverhältnisse während des Aufenthalts eines Ausländers, der sich nicht rechtmäßig in Deutschland aufhält, nicht erfolgen (vgl. Senatsbeschluss vom 25.09.2003 - 11 S 1795/03 -, InfAuslR 2004, 70 ff.).
14 
Der EGMR hat in seiner grundlegenden Entscheidung zur Bedeutung der EMRK im Rechts des Aufenthalts von Ausländern vom 28.05.1985 (, NJW 1986, 3007 ff.) betont, dass zum einen die Vertragsstaaten im Bereich des nicht klar umrissenen Begriffs der „Achtung“ des Familien- und Privatlebens über einen weiten Ermessensspielraum verfügen und sie zum anderen das Recht haben, die Einwanderung von Personen, die nicht ihre Nationalität haben, in ihr Staatsgebiet zu kontrollieren. In seinen Entscheidungen vom 16.09.2004 (, NVwZ 2005, 1046 ff.) und vom 07.10.2004 (, NVwZ 2005, 1043) hat der EGMR nochmals darauf verwiesen, dass die Konvention nicht das Recht eines Ausländers garantiere, in einen bestimmten Staat einzureisen oder sich dort aufzuhalten oder nicht ausgewiesen zu werden. Die Vertragsstaaten hätten vielmehr nach allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsätzen das Recht, über die Einreise, den Aufenthalt und die Abschiebung fremder Staatsangehöriger zu entscheiden. Auch wenn die Frage, welche rechtliche Qualität ein Aufenthalt haben muss, um Grundlage eines i.S.v. Art. 8 Abs. 1 EMRK schützenswerten Privat- oder Familienlebens sein zu können, in der Rechtsprechung des EGMR soweit ersichtlich noch nicht eindeutig geklärt ist (offen gelassen z. B. im Urteil vom 16.09.2004 , a.a.O.), ist jedenfalls festzuhalten, dass allein ein langdauernder faktischer Aufenthalt auch aus der Sicht des EMRK nicht ausreichend ist. In der o.g. Entscheidung Ghiban heißt es ausdrücklich, Art. 8 Abs. 1 EMRK dürfe nicht so ausgelegt werden, als verbiete er allgemein die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen nur deswegen, weil dieser sich eine bestimmte Zeit im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten habe (im Ergebnis ebenso EGMR vom 07.10.2004 in der Sache Dragan, a.a.O.). In beiden Verfahren hatten sich die Beschwerdeführer zwar viele Jahre in Deutschland aufgehalten, jedoch einen Aufenthaltstitel nicht oder nur für sehr kurze Zeit erlangt. Auf dieses fehlende Aufenthaltsrecht hat der EGMR bei seinen Entscheidungen jeweils maßgeblich abgestellt. Eine rechtsgrundsätzliche Festlegung im Sinne der Entbehrlichkeit eines rechtmäßigen Aufenthalts dürfte auch der Entscheidung des EGMR vom 16.06.2005 (, a.a.O.), nicht zu entnehmen sein. Zwar wird darin ein auf der Grundlage von Art. 8 Abs. 1 EMRK begründeter Anspruch auf dauerhafte Legalisierung des Aufenthalts anerkannt. Der Fall ist indessen von der Besonderheit geprägt, dass die Beschwerdeführer zum einen lange Zeit ordnungsgemäß im Vertragsstaat gewohnt hatten und ihr aufenthaltsrechtlicher Status erst im Anschluss an politische Umwälzungen - die Auflösung der Sowjetunion und die Unabhängigkeit Lettlands - aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit in Frage gestellt worden ist und ihnen zum anderen jedenfalls die rechtliche Möglichkeit eröffnet war, einen befristeten legalen Aufenthaltsstatus zu erlangen. Eine vergleichbare Situation ist bei den Antragstellern nicht gegeben.
15 
b) Selbst wenn man zu Gunsten der Antragsteller davon ausgeht, dass auch ein rechtlich ungesicherter, rein faktischer Aufenthalt im Vertragsstaat eine Grundlage für die Annahme eines schutzwürdigen Privatlebens i.S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK sein kann, ist die daraus folgende Rechtsposition im Rahmen der Schrankenbestimmung des Art. 8 Abs. 2 EMRK gegen das Recht des Vertragsstaates zur Einwanderungskontrolle abzuwägen. Jedenfalls bei der Bewertung der Notwendigkeit, d.h. der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs, hat die rechtliche Natur des Aufenthalts erhebliches Gewicht.
16 
Eine wirksame Einwanderungskontrolle stellt auch nach der Rechtsprechung des EGMR eine Maßnahme dar, die in einer demokratischen Gesellschaft aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung notwendig ist (vgl. Entscheidung vom 16.09.2004 in der Sache Ghiban, a.a.O.). Wie dargelegt, verbietet Art. 8 EMRK die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen nicht allein deswegen, weil er sich eine bestimmte Zeit im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten hat. Vielmehr bedarf es näherer Anhaltspunkte dafür, dass eine Rückkehr nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unzumutbar ist (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.09.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303 ff.). Bei der danach vorzunehmenden umfassenden Abwägung des legitimen staatlichen Interesses auf Gestaltung des Aufenthaltsrechts gegen die aus einer Verwurzelung folgenden schutzwürdigen Belange der Betroffenen spielt u.a. eine Rolle, aus welchen Gründen der Ausländer sich trotz Fehlens eines Aufenthaltsrechts im Bundesgebiet aufhält, ob etwa die Aufenthaltsbeendigung aus von ihm zu vertretenden Gründen (z.B. wegen der Weigerung, an der Beschaffung der erforderlichen Heimreisedokumente mitzuwirken, oder wegen der Durchführung erfolgloser Verfahren zur Erlangung eines Aufenthaltstitels, vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006, a.a.O.) oder aus anderen Gründen (etwa im Hinblick auf eine bestehende Erlasslage) nicht erfolgt ist. Allein der Umstand, dass ein Ausländer als Kind in den Vertragsstaat eingereist und dort aufgewachsen und zur Schule gegangen ist, rechtfertigt noch nicht den Schluss, dass die Rückkehr nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unzumutbar ist (in diesem Sinne siehe EGMR, Entscheidung vom 07.10.2004 in der Sache Dragan, a.a.O., hinsichtlich der dortigen Beschwerdeführer zu 2 und 3). Ein Gesichtspunkt ist neben der Dauer des Aufenthalts auch, ob der Ausländer ein Alter erreicht hat, in dem ihm ein Hineinwachsen in die Lebensumstände des Staates seiner Staatsangehörigkeit in der Regel nicht mehr oder nur unter größten Schwierigkeiten gelingen kann, wobei auch die Sprachkenntnisse des Betroffenen bzw. dessen sprachliche Integrationsfähigkeit im Heimatland in Betracht zu ziehen sind (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006, a.a.O.; OVG Schleswig, Urteil vom 23.02.1999, a.a.O.; siehe zu den einzelnen Gesichtspunkten auch die Nachweise aus der Rechtsprechung des EGMR in BVerfG, Kammerbeschluss vom 01.03.2004, a.a.O., zu dem Problemkreis s. auch Hoppe, Verwurzelung von Ausländern ohne Aufenthaltstitel, ZAR 2006, 125 ff.).)
17 
c) Im Rahmen der gebotenen Gesamtschau ist nach Auffassung des Senats bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs bei minderjährigen Kindern regelmäßig nicht nur deren Integration isoliert in den Blick zu nehmen und festzustellen, inwieweit sie selbst - etwa im Hinblick auf Sprachkenntnisse, Schulbesuch und persönlichen Umgang - in der Bundesrepublik Deutschland verwurzelt sind. Vielmehr kommt auch der Frage Bedeutung zu, in welchem Umfang sich ihre Familie in die bundesdeutschen Lebensverhältnisse integriert hat. Bei dieser familienbezogenen Gesamtbetrachtung sind auch solche Gesichtspunkte berücksichtigungsfähig, welche (etwa im Hinblick auf die unterbliebene Ausreise aus dem Bundesgebiet, die mangelnde wirtschaftliche oder soziale Integration, die Beachtung der bundesdeutschen Rechtsordnung etc.) auf das Verhalten der Eltern zurückzuführen sind (ebenso VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006, a.a.O.). Dafür, dass ein minderjähriges Kind sich das Verhalten seiner Eltern bei der Prüfung, ob der Eingriff in sein Privatleben durch legitime Ziele der Einwanderungskontrolle gerechtfertigt ist, „zurechnen“ lassen muss, sprechen neben der Bezugnahme auf das „Familienleben“ als paralleles Schutzgut des Art. 8 Abs. 1 EMRK auch folgende Erwägungen: Für die Beurteilung der Verwurzelung von minderjährigen Kindern kommt es auch darauf an, inwieweit ihre innerfamiliären Lebensverhältnisse von der nationalen Herkunft der Gesamtfamilie geprägt sind. Darüber hinaus sind bei der für die aufenthaltsrechtliche Entscheidung relevanten Frage, ob eine (Re)Integration in das Land der Staatsangehörigkeit möglich ist, bei der beabsichtigten Rückführung minderjähriger Kinder die Fertigkeiten und möglichen Unterstützungsleistungen der Eltern sowie deren Verbindungen im Heimatland in Rechnung zu stellen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 02.11.2005, a.a.O., und Hess. VGH, Beschluss vom 15.02.2006, a.a.O). Ferner würde ein allein aus der Integration des minderjährigen Kindes hergeleitetes Aufenthaltsrecht dazu führen, dass den Eltern (und im weiteren auch den minderjährigen Geschwistern) ohne nähere Prüfung ihrer Integration unter Bezugnahme auf Art. 6 GG, Art. 8 EMRK in der Regel zumindest Abschiebungsschutz zu gewähren wäre, was einwanderungspolitische Belange der Bundesrepublik Deutschland in ganz erheblichem Maße berühren und zu einer einseitigen Gewichtung der privaten Belange des betroffenen Ausländers führen würde. Auch die Tatsache, dass minderjährige Kinder ihren Lebensunterhalt in der Bundesrepublik Deutschland regelmäßig nicht alleine sichern können, sondern hierfür auf die Unterstützung ihrer Familie angewiesen sind, spricht dafür, deren wirtschaftliche Integration in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen. Die Konzeption des Aufenthaltsgesetzes geht schließlich ebenfalls davon aus, dass minderjährige Kinder grundsätzlich das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern teilen (vgl. § 27 Abs. 1 i.V.m. §§ 29 Abs. 1 - 4, 32 Abs. 1 und 3, 34 AufenthG). Erst volljährige Kinder sind aufenthaltsrechtlich grundsätzlich selbständig zu behandeln, weil zwischen ihnen und ihren Eltern - anders als bei Minderjährigen - regelmäßig keine Beistands-, sondern eine bloße Begegnungsgemeinschaft besteht.
18 
An dieser rechtlichen Beurteilung ändert sich in dem hier maßgeblichen Zusammenhang grundsätzlich auch nichts dadurch, dass das Aufenthaltsgesetz für Kinder nach Vollendung des 16. Lebensjahres unter bestimmten Umständen ein selbständiges Aufenthaltsrecht vorsieht (vgl. § 35 Abs. 1 AufenthG). § 35 Abs. 1 AufenthG schafft einen privilegierten Erwerbstatbestand für nachgezogene Kinder von Ausländern, die zum Zeitpunkt der Vollendung ihres 16. Lebensjahres mindestens fünf Jahre im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis sind, die zum Zwecke des Familiennachzuges nach § 27 AufenthG - welcher seinerseits grundsätzlich ein Aufenthaltsrecht der Eltern bzw. des sorgeberechtigten Elternteils voraussetzt, vgl. § 32 AufenthG - erteilt worden ist (s. Hailbronner, AuslR, § 35 Rn. 3 und 5 AufenthG). Aus dieser gesetzlichen Regelung lassen sich für die hier vorliegende Fallkonstellation, in der weder das minderjährige Kind noch dessen Eltern über eine Aufenthaltserlaubnis verfügen bzw. verfügt haben, keine vergleichbaren Rechte herleiten. Gleiches gilt für die Regelung in § 37 AufenthG, der Ausländern unter bestimmten Umständen ein Recht auf Wiederkehr gewährt, wenn der entsprechende Antrag nach Vollendung des 15. und vor Vollendung des 21. Lebensjahres gestellt wird. Auch diese Vorschrift setzt voraus, dass der Ausländer als Minderjähriger rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hatte und geht grundsätzlich von einer mindestens achtjährigen rechtmäßigen Aufenthaltsdauer aus.
19 
Ergänzend sei darauf hingewiesen, das auch sonst bei Abschiebungshindernissen von Kindern die Rechtsprechung davon ausgeht, dass die familiäre Unterstützung im Heimatland mit zu berücksichtigen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.09.1999 - 9 C 12.99 -, BVerwGE 109, 305 und Urteil vom 27.07.2000 - 9 C 9.00 -, InfAuslR 2001, 52). Die Berücksichtigung der rechtlichen Bindung des Kindes an seine Eltern entspricht auch den Regelungen des deutschen Familienrechts, wonach Kinder den Wohnsitz der Eltern teilen (§ 11 BGB) und diesen im Rahmen der elterlichen Sorge das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihr Kind zusteht (§§ 1626 Abs. 1, 1631 Abs. 1 BGB). Nach §§ 1666, 1666a BGB kommt ein Eingriff in dieses Recht, insbesondere eine Trennung, nur ausnahmsweise in Betracht. Der Senat hat bei der Frage, ob eine Ausreise für ein Kind aus Rechtsgründen unzumutbar ist, wegen des Grundsatzes der Einheit der Rechtsordnung im übrigen auch die insofern eher zurückhaltende Rechtsprechung zu §§ 1631,1666 BGB zu bedenken (ebenso VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006, a.a.O.).
20 
d) Bei der danach gebotenen Gesamtschau ist zu Gunsten der Antragsteller zu berücksichtigen, dass sich die Antragsteller zu 1. - 4. bereits seit 1993 in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, die Antragsteller zu 3. und 4. mithin bereits als Kleinkinder in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sind, bzw. der Antragsteller zu 5. sogar im Bundesgebiet geboren wurde. Die Antragsteller zu 3. und 4. besuchen nach dem Vortrag ihres Prozessbevollmächtigten im verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Realschule, so dass davon ausgegangen werden kann, dass sie die deutsche Sprache gut beherrschen; gleiches dürfte für den Antragsteller zu 5. gelten, der zum Zeitpunkt des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die Grundschule besuchte. Für die Antragsteller spricht auch, dass sie offensichtlich seit 2001 keine Sozialhilfe mehr beziehen, sondern sich eine eigene - wenn auch für eine fünfköpfige Familie sehr bescheidene - wirtschaftliche Existenz aufbauen konnten. Ob diese Umstände ohne weitere Darlegungen im Beschwerdeverfahren genügen, um eine tiefe Verwurzelung in Deutschland als erste Voraussetzung eines nur hier möglichen Privatlebens darzutun (vgl. dazu Hess. VGH, Beschluss vom 15.02.2006, a.a.O.), ist fraglich, kann aber dahinstehen.
21 
Bei der Abwägung der öffentlichen und privaten Belange ist zu Lasten der Antragsteller jedenfalls von erheblicher Bedeutung, dass diese zu keinem Zeitpunkt im Besitz eines Aufenthaltstitels waren, der berechtigterweise die Erwartung hervorrufen konnte, in Deutschland bleiben zu dürfen. Entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Antragsteller sind im vorliegenden Fall die den Antragstellern erteilten Duldungen auch nicht als die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts begründende „verkappte Aufenthaltserlaubnisse“ (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 16.10.1990 - 1 C 15/88 -, InfAuslR 1991, 72 ff.) zu betrachten. Den Antragstellern wurde mit den ihnen erteilten Duldungen nicht in Wahrheit ein Aufenthalt im Bundesgebiet erlaubt. Die Erteilung von Duldungen erfolgte erkennbar mit Rücksicht auf eingeleitete Asylfolgeverfahren, fehlende tatsächliche Rückführungsmöglichkeiten und die Erlasslage zur Rückführung von Minderheiten aus dem Kosovo. Die langjährigen Duldungen der Antragsteller sind darüber hinaus auch darauf zurückzuführen, dass sie in ihren ersten Asylverfahren eine albanische Volkszugehörigkeit vorgetragen und sich erst 1999, als sich die Situation der Albaner im Kosovo durch den Einmarsch der KFOR-Truppen und den Rückzug der serbischen Armee entscheidend verbessert hatte, auf ihre Zugehörigkeit zur Minderheit der Ashkali berufen haben. Die Behörden haben die Antragsteller jedenfalls zu keiner Zeit über die Unsicherheit ihres Aufenthaltsstatusses im Bundesgebiet im Zweifel gelassen. Die rechtliche Wirkung der Duldungen blieb auf den Bereich des Vollstreckungsschutzes gegen eine Entfernung aus dem Bundesgebiet beschränkt. Die Antragsteller waren mithin seit der ersten Ablehnung ihres Asylantrages vollziehbar ausreisepflichtig und nach der bundesdeutschen Rechtsordnung zur freiwilligen Ausreise verpflichtet. Die Tatsache, dass dessen ungeachtet die bundesdeutschen Behörden angesichts der wechselhaften politischen sowie existenziellen Verhältnisse im Kosovo lange Zeit von einer zwangsweisen Durchsetzung der Ausreiseverpflichtung abgesehen haben, führt noch nicht dazu, eine Aufenthaltsbeendigung nunmehr für unzulässig zu erachten, zumal die Behörden einen entsprechenden Vertrauenstatbestand zu keinem Zeitpunkt geschaffen haben.
22 
Im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung kann auch nicht außer Acht gelassen werden, dass die Antragsteller zu 1. und 2. in weit geringerem Maß in der Bundesrepublik Deutschland verwurzelt sind als die Antragsteller zu 3. - 5. Die Antragsteller zu 1. und 2. sind in Serbien-Montenegro geboren und aufgewachsen und haben ihr Heimatland erst im Erwachsenenalter verlassen. Zu ihren deutschen Sprachkenntnissen und ihrer sonstigen, insbesondere sozialen, Integration in die Verhältnisse der Bundesrepublik Deutschland ist nichts vorgetragen. Zwar hat der Antragsteller zu 1. eine Arbeitsstelle gefunden und verfügt damit zumindest über eine wirtschaftliche Bindung an die Bundesrepublik. Nicht übersehen werden darf jedoch, dass der Antragsteller zu 1. in der Bundesrepublik Deutschland mehrfach straffällig geworden ist (das Bundeszentralregister weist zwischen 1993 und 2001 sechs Eintragungen auf), so dass von einer Integration in die Rechtsordnung der Bundesrepublik nicht ausgegangen werden kann. Die Antragsteller Ziffer 3. - 5. befinden sich in einem Alter, in dem ihnen angesichts der Gesamtumstände eine Integration in die Lebensverhältnisse des Landes ihrer Staatsangehörigkeit noch angesonnen werden kann. Sie werden nicht allein übersiedeln, sondern können mit der Unterstützung ihrer Eltern und ggf. auch anderer Verwandten rechnen, die mit den Lebensverhältnisse des Staates ihrer Staatsangehörigkeit vertraut sind. Dass die Antragsteller zu 3. - 5. nicht albanisch sprechen und aus diesem Grund eine Integration in die dortigen Lebensverhältnisse auf unüberwindliche Schwierigkeiten stoßen würde, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
23 
Der Senat verkennt nicht die erheblichen Schwierigkeiten, die für die Antragsteller nach so langem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland mit einer Übersiedlung in das Land ihrer Staatsangehörigkeit verbunden sind. Sie teilen insoweit allerdings das Schicksal einer Vielzahl von Bürgerkriegsflüchtlingen, die in der Bundesrepublik aus humanitären Gründen langjährig Aufnahme gefunden haben und nunmehr in das Land ihrer Staatsangehörigkeit zurückkehren sollen. Die damit verbundenen Probleme und Härten lassen sich durch die Rechtsprechung, die an das gesetzliche Regelungskonzept gebunden ist, nur eingeschränkt lösen. Insbesondere ist es den Verwaltungsgerichten verwehrt, durch eine Überdehnung des Schutzbereiches des Art. 8 EMRK das Fehlen einer auf humanitäre Gründe gestützten Altfallregelung für langjährig Geduldete, die in den Verantwortungsbereich der politischen Entscheidungsträger fällt, auszugleichen.
24 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO in entsprechender Anwendung.
25 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 1, 39 Abs. 1 GKG i. d.F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 05.05.2004 (BGBl. I, S. 718 ff.).
26 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 24. Juni 2004 - 11 K 4809/03 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.13 S 2220/05

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis bzw. einer Aufenthaltsgenehmigung.
Er wurde am 22.8.1990 in der Bundesrepublik Deutschland geboren und ist vietnamesischer Staatsangehöriger. Seine Eltern reisten im Jahr 1987 als Vertragsarbeitnehmer aus Vietnam in die DDR ein. Nach der Maueröffnung siedelten sie Ende 1989 in die Bundesrepublik Deutschland über, wo sie im Jahr 1990 einen Asylantrag stellten. Die Asylverfahren endeten im Juli 1994 bzw. Juli 1995 erfolglos. Im Jahr 1995 beantragte die Familie des Klägers die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis. Mit Verfügung vom 20.11.1995 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab. Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 12.4.2001 (11 K 547/01) ab, den hiergegen gestellten Antrag auf Zulassung der Berufung lehnte der erkennende Senat mit Beschluss vom 11.6.2001 (13 S 1195/01) ab. Der Kläger war seit seiner Geburt zu keiner Zeit im Besitz einer Aufenthaltsgenehmigung.
Am 15.7.2003 beantragte der Vater des Klägers für sich und seine Familie erneut die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis. Zur Begründung wurde vorgetragen: Das ursprüngliche Abschiebungshindernis der Passlosigkeit sei zwischenzeitlich entfallen, nachdem sich die gesamte Familie freiwillig vietnamesische Reisepässe verschafft habe. Für den Kläger ergebe sich eine rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung aber daraus, dass er in Böblingen geboren, aufgewachsen und sprachlich sowie kulturell in die Bundesrepublik Deutschland integriert sei. Er habe keinen Bezug zu seinem "Heimatstaat Vietnam". Eine Abschiebung würde eine Entwurzelung bedeuten, die mit einer erheblichen Gefährdung des Kindeswohls, insbesondere der seelischen Gesundheit einhergehen würde. Eine Abschiebung in Kenntnis der zu erwartenden offensichtlichen psychischen Störungen verstoße zudem gegen Art. 8 Abs. 1 EMRK.
Mit Schreiben vom 14.10.2003 teilte die Beklagte den Prozessbevollmächtigten des Klägers mit: Nach erneuter Prüfung der Aktenlage und Rücksprache mit dem Regierungspräsidium sei man übereingekommen, dass sich an der Sachlage der Familie seit den letzten mehrmals gestellten Anträgen auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nichts geändert habe. Eine neue Prüfung und ein daraus folgender Bescheid, der eine Ablehnung zur Folge hätte, sei daher entbehrlich.
Der Kläger hat - gemeinsam mit seinen übrigen Familienangehörigen - am 21.11.2003 verwaltungsgerichtliche Klage erhoben, zu deren Begründung er im wesentlichen das Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt hat. Mit Beschluss vom 13.10.2004 hat das Verwaltungsgericht nach Durchführung der mündlichen Verhandlung das Verfahren des Klägers vom Verfahren der übrigen Familienangehörigen abgetrennt.
Mit Urteil vom 24.6.2004 hat das Verwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet, dem Kläger eine Aufenthaltsbefugnis zu erteilen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei gem. § 75 VwGO zulässig. Zu Unrecht berufe sich die Beklagte darauf, wegen Unanfechtbarkeit ihrer vorangegangenen ablehnenden Verfügung besitze der Kläger kein Sachbescheidungsinteresse. Denn es lägen Gründe vor, die dafür sprächen, dass ein sachlicher Anlass für eine erneute Prüfung und Entscheidung durch sog. Zweitbescheid gegeben sei. Unabhängig von der Frage, welche Bedeutung dem Umstand zukomme, dass der Kläger nunmehr - anders als im Zeitpunkt der letzten Gerichtsentscheidung - im Besitz eines vietnamesischen Reisepasses sei, berufe er sich auf seine fortgeschrittene Integration und ein daraus resultierendes rechtliches Abschiebungshindernis. Nachdem die vorangegangene Entscheidung des VG Stuttgart insoweit mehr als drei Jahre zurückliege, was angesichts des Alters des Klägers eine erhebliche Zeitspanne sei, habe Anlass für eine neue Prüfung und Entscheidung bestanden. Der Kläger habe auch Anspruch auf die begehrte Aufenthaltsbefugnis. Allerdings komme deren Erteilung wohl nicht nach § 30 Abs. 3 AuslG in Betracht, da der Kläger zwischenzeitlich im Besitz eines vietnamesischen Reisepasses sei. Soweit er sich auf das rechtliche Abschiebungshindernis seiner erfolgreichen Integration berufe, dürfte ein Vertretenmüssen i. S. des § 30 Abs. 3 AuslG vorliegen, weil er sich das Verhalten seiner Eltern zurechnen lassen müsse. Diese hätten aber spätestens seit Abschluss ihres Asylverfahrens im Jahr 1995 gewusst, dass sie kein Bleiberecht in Deutschland besäßen. Es wäre im Interesse des Kindeswohls seinerzeit geboten gewesen, den Kläger auf ein Leben im Heimatland Vietnam vorzubereiten. Dass dies nicht in ausreichendem Maße geschehen sei, sei objektiv und subjektiv vorwerfbar und dürfte eine Anwendung von § 30 Abs. 3 AuslG insoweit ausschließen. Der Kläger erfülle jedoch die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nach § 30 Abs. 4 AuslG. Wie die gesetzliche Formulierung zeige, komme es hier auf ein Vertretenmüssen gerade nicht an. Auch der Ausländer, der ein Abschiebungshindernis selbst zurechenbar herbeigeführt habe, könne sich im Grundsatz auf diese Vorschrift berufen. Insoweit sei das vom Kläger in Anspruch genommene Abschiebungshindernis seiner gelungenen Integration rechtlich von Bedeutung. Es sei unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalles auch tatsächlich gegeben. Eine abgeschlossene erfolgreiche Integration eines fast 15-jährigen im Bundesgebiet geborenen und aufgewachsenen Ausländers sei im Hinblick auf das Schutzgut des "Privatlebens" in Art. 8 Abs. 1 EMRK als rechtliches Abschiebungshindernis zu berücksichtigen. Das Gericht sehe die Integration des Klägers - im Unterschied zu derjenigen seiner Eltern - weitgehend als erfolgreich abgeschlossen an. Er nehme hier am sozialen Leben teil, besuche - mit Erfolg - eine weiterführende Schule, spreche in seiner Umgebung und auch innerhalb der Familie - jedenfalls mit seinen Geschwistern - mehrheitlich deutsch, und weise alle Merkmale eines sog. "faktischen Inländers" auf. Er sei nicht vorbestraft und lebe auch nicht unter Inanspruchnahme öffentlicher Mittel. Seine Abschiebung nach Vietnam würde sich rein tatsächlich nicht als eine Rückkehr ins Heimatland darstellen, vielmehr als eine Art "Verbannung" in die Fremde. Mit Blick auf die vorzunehmende Verhältnismäßigkeitsprüfung komme hinzu, dass das Hineinwachsen des Klägers in diese Integration von mehreren Faktoren begünstigt worden sei, nicht zuletzt von dem Umstand, dass es den Behörden in der Vergangenheit einfach nicht gelungen sei, die aufenthaltsrechtliche Situation der Familie "in den Griff" zu bekommen. Integriere sich ein im Bundesgebiet geborener ausländischer Jugendlicher aber auf Grund der genannten Umstände derart erfolgreich, werde das an sich legitime Ziel, die Einhaltung der aufenthaltsrechtlichen Vorschriften letztendlich doch noch durchzusetzen, schließlich unverhältnismäßig i. S. von Art. 8 Abs. 1 und 2 EMRK, und es sei von einem rechtlichen Abschiebungshindernis auszugehen. Zwar treffe den Ausländer im Rahmen des § 30 Abs. 4 AuslG die Obliegenheit, alles in seiner Kraft Stehende und ihm Zumutbare dazu beizutragen, etwaige Abschiebungshindernisse zu überwinden. Für den Kläger wäre es aus den dargelegten Gründen aber nicht zumutbar, sein Privatleben aufzugeben und seiner Ausreisepflicht zu genügen. Einen Verlust seiner erfolgreich abgeschlossenen Integration vermöge er rein tatsächlich nicht herbeizuführen. Das Ermessen der Beklagten sei vorliegend "auf Null" reduziert.
Gegen das am 30.11.2004 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 20.12.2004 die Zulassung der Berufung beantragt. Mit Beschluss vom 31.10.2005 hat der Senat die Berufung zugelassen. Der Beschluss wurde der Beklagten am 9.11.2005 zugestellt.
Mit am 8.12.2005 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat die Beklagte die Berufung begründet und ausgeführt: Die Trennung der Verfahren der Eltern und der Geschwister von dem des Klägers hätte nicht erfolgen dürfen. Es sei von einer notwendigen Streitgenossenschaft auszugehen. Die Klage sei bereits unzulässig. Das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass der Kläger ein Sachbescheidungsinteresse habe. Die Tatsache, dass er sich integriert habe, stelle lediglich den gewöhnlichen Lauf der Dinge dar. Sie müsse generell bei einem Heranwachsenden erwartet werden und sei daher kein neuer Sachverhalt, der ein Sachbescheidungsinteresse begründe. Die Klage sei auch unbegründet. Das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass es bei § 30 Abs. 4 AuslG nicht darauf ankomme, ob der Ausländer ein Abschiebungshindernis zu vertreten habe. Im übrigen stelle die Integration des Klägers kein Abschiebungshindernis nach Art. 8 Abs. 1 EMRK dar. Seine Familie sei seit mehreren Jahren vollziehbar ausreisepflichtig, das Abschiebungshindernis habe sie auf Grund fehlender Mitwirkung selbst verschuldet. Sie habe sich nachgewiesenermaßen mehrmals geweigert, an den Passbeschaffungsmaßnahmen mitzuwirken, obwohl zumindest der Vater des Klägers einen vom 9.6.1995 bis 8.6.2000 gültigen vietnamesischen Nationalpass bei der Ausländerbehörde hinterlegt gehabt habe. Erst nachdem erneut Hoffnung auf ein Aufenthaltsrecht bestanden habe, sei die Familie bereit gewesen, die entsprechenden Bemühungen zu zeigen. Eine freiwillige Ausreise wäre demnach schon vor Jahren möglich gewesen. Es sei allein den Eltern des Klägers zuzurechnen, dass sich der Aufenthalt im Bundesgebiet derart lange hinausgezogen habe. Auch stelle die Familie einen Integrationswillen nicht ausreichend unter Beweis. Sie hätte bereits vor Jahren ein Aufenthaltsrecht erhalten können, habe dies jedoch selbst durch den mehrjährigen Bezug von Sozialhilfe und durch fehlende Mitwirkungsbereitschaft verhindert. Bleiberechtsregelungen des Innenministeriums hätten daher keine Anwendung gefunden. Dass die Eltern den Kindern weder die heimatliche Sprache noch die vietnamesische Kultur vermittelt hätten, gehe allein zu Lasten der Familie. Der Kläger möge sich zwar selbst integriert haben, er müsse sich jedoch das Verhalten der Eltern anrechnen lassen, da er minderjährig sei und seine Eltern seine gesetzlichen Vertreter seien. Auch aus Art. 8 EMRK könne kein Bleiberecht abgeleitet werden. Hinsichtlich des Schutzes des Familienlebens scheide eine Verletzung dieser Bestimmung schon deshalb aus, weil der gesamten Familie ein Aufenthaltsrecht in Deutschland verweigert werde und daher alle Familienmitglieder in ihr Heimatland zurückkehren müssten. Art. 8 Abs. 1 EMRK gewähre kein Recht, den Ort zu wählen, der nach Ansicht der Betroffenen am besten geeignet sei, um ein Familienleben aufzubauen. Auch das Recht auf Privatleben werde durch eine Aufenthaltsbeendigung nicht verletzt. Es spreche bereits vieles dafür, dass ein schützenswertes Privatleben i. S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK voraussetze, dass zumindest für einen gewissen Zeitraum ein ordnungsgemäßer Aufenthalt im Aufenthaltsstaat vorgelegen habe. Der Kläger habe jedoch nie über einen ordnungsgemäßen Aufenthalt verfügt. Selbst wenn man davon ausgehe, dass auch ein rechtlich ungesicherter Aufenthalt Grundlage für die Annahme eines geschützten Privatlebens i. S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK sein könne, sei die daraus folgende Rechtsposition im Rahmen der Schrankenbestimmung des Art. 8 Abs. 2 EMRK gegen das Recht des Vertragsstaates zur Einwanderungskontrolle abzuwägen. Dabei dürfe Art. 8 EMRK nicht so ausgelegt werden, als verbiete er allgemein die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen nur deshalb, weil er sich eine bestimmte Zeit im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten habe. Vielmehr bedürfe es näherer Anhaltspunkte dafür, dass eine Rückkehr unzumutbar sei. Allein der Umstand, dass ein Ausländer als Kind in den Vertragsstaat einreise und dort aufgewachsen und zur Schule gegangen sei, rechtfertige einen solchen Schluss nicht. Gesichtspunkte seien jeweils unter anderem die Sprachkenntnisse des Betroffenen bzw. dessen sprachliche Integrationsfähigkeit im Heimatland. Es sei dem Kläger auch zumutbar, in sein Heimatland zurückzukehren. Er sei in einem Alter, in dem er sich an neue Verhältnisse anpassen und in sie einfügen könne. Seine persönlichen Interessen, weiterhin im Bundesgebiet zu leben, seien zwar nachvollziehbar, müssten jedoch gegenüber den aufenthaltsrechtlichen Vorschriften hintanstehen. Nicht richtig sei weiterhin, wenn das Verwaltungsgericht den Behörden eine Teilschuld zumesse. Zum einen werde seitens des Innenministeriums Baden-Württemberg das Instrument der freiwilligen Ausreise bevorzugt. Zum anderen habe die Familie des Klägers die Abschiebung durch fehlende Mitwirkung, die mehrmalige Antragstellung, die Durchführung verwaltungsgerichtlicher Verfahren etc. selbst vereitelt. Es wäre ausschließlich die Pflicht der Familie gewesen auszureisen.
Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 24. Juni 2004 - 11 K 4809/03 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er verteidigt das angefochtene Urteil.
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Der Beigeladene schließt sich dem Antrag der Beklagten an.
15 
Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere des weiteren Vorbringens der Beteiligten, wird auf die gewechselten Schriftsätze und die dem Senat vorliegen Verwaltungsakten der Beklagten, Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Stuttgart und Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart (auch aus früheren Verfahren) verwiesen. Sie waren Gegenstand der Verhandlung und Beratung.

Entscheidungsgründe

 
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Die vom Senat zugelassene Berufung ist statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde rechtzeitig beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (§ 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung, vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3, Abs. 3 Satz 4 VwGO). Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben, weil der Kläger keinen Anspruch auf den von ihm begehrten Aufenthaltstitel hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
17 
Entgegen der Auffassung der Beklagten erweist sich das Urteil allerdings nicht schon deshalb als fehlerhaft, weil das Verwaltungsgericht das Verfahren des Klägers von demjenigen der übrigen Familienmitglieder abgetrennt und über dieses vorab entschieden hat. Nach § 93 VwGO kann das Gericht durch Beschluss mehrere bei ihm anhängige Verfahren über den gleichen Gegenstand zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbinden und wieder trennen. Es kann anordnen, dass mehrere in einem Verfahren erhobene Ansprüche in getrennten Verfahren verhandelt und entschieden werden. Die Entscheidung über eine Verbindung oder Trennung steht im Ermessen des Gerichts (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., Rdnr. 3 zu § 93 m.w.N.). Es ist vorliegend nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht das Verfahren des Klägers nach Durchführung der mündlichen Verhandlung abgetrennt hat. Zwar könnte dies anders zu beurteilen sein, wenn zwischen dem Kläger und seinen Familienangehörigen eine notwendige Streitgenossenschaft nach § 64 VwGO i.V.m. § 62 ZPO bestünde (vgl. Hessischer VGH, Urteil vom 4.7.1991 - 4 UE 552/87 -, juris). Dies ist aber - entgegen der Auffassung der Beklagten - hier nicht der Fall. Denn es ist nicht ersichtlich, dass über den vom Kläger und seiner Familie geltend gemachten Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zwingend einheitlich (d.h. für jeden Familienangehörigen gleich) entschieden werden muss oder dass aus einem sonstigen Grund eine notwendige Streitgenossenschaft vorliegt (vgl. auch Kopp/Schenke, a.a.O., Rnr. 6 f. zu § 64). Vielmehr ist es durchaus denkbar, dass die Klage hinsichtlich einiger Familienmitglieder Erfolg hat, hinsichtlich anderer - etwa wegen in ihrer Person liegender Gründe (z.B. Fehlen einer allgemeinen Erteilungsvoraussetzung nach § 5 AufenthG) - aber nicht. Im übrigen ist aber auch nicht erkennbar, dass sich die Trennung des Verfahrens des Klägers von demjenigen seiner Eltern und Geschwister in der Sache auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ausgewirkt hat.
18 
Der Kläger hat auch das für die Zulässigkeit der Klage erforderliche Sachbescheidungsinteresse. Die Beklagte hat zur Begründung ihrer gegenteiligen Auffassung vorgetragen, über den Antrag des Klägers und seiner Familie auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis vom 15.7.2003 sei kein neuer Bescheid erlassen worden, da keine neuen Umstände vorgetragen worden seien, die einen anderen rechtlich relevanten Sachverhalt als in den Jahren zuvor beträfen, in denen der Kläger bereits mehrmals Anträge gestellt und Petitionen eingereicht habe; die Tatsache, dass er sich integriert habe, stelle lediglich den gewöhnlichen Lauf der Dinge dar. Dem hat das Verwaltungsgericht jedoch zutreffend entgegengehalten, dass der Kläger Gründe vorgetragen hat, die einen sachlichen Anlass für eine erneute Prüfung und förmliche Entscheidung durch Verwaltungsakt boten, weil sich im Hinblick auf seine weiter fortgeschrittene Integration ernsthaft die Frage stellte, ob nunmehr ein Abschiebungshindernis gegeben war oder ob noch an den früheren ablehnenden Entscheidungen festgehalten werden konnte. Vor diesem Hintergrund besteht auch kein Anlass zur Annahme, dass der erneute Antrag des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis von der Beklagten als offensichtlich rechtsmissbräuchlich gestellt angesehen und daher unbeachtet gelassen werden durfte (vgl. hierzu Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., Rnr. 57 zu § 22 m.w.N.; siehe auch OVG Münster, Beschluss vom 27.10.2005 - 13 A 3802.05A -,    InfAuslR 2006, 99).    
19 
Der Zulässigkeit der Klage steht auch nicht die Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12.4.2001 (11 K 547/01) entgegen. Zwar ist mit diesem ein Anspruch (auch) des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis abgelehnt worden. Damit steht allerdings nur (rechtskräftig) fest, dass ihm zum für die damalige Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt (der mündlichen Verhandlung) keine Aufenthaltsbefugnis zustand (vgl. § 121 VwGO und Kopp/Schenke, a.a.O., Rnr. 9 und 28 zu § 121). Der Kläger macht aber gerade geltend, dass ein solcher Anspruch aufgrund der inzwischen vergangenen Zeit und der damit verbundenen fortgeschrittenen Integration nunmehr gegeben ist.
20 
Die Klage ist aber unbegründet, weil der Kläger keinen Anspruch auf die begehrte Aufenthaltsbefugnis bzw. Aufenthaltserlaubnis hat.
21 
Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis ist zwar noch unter der Geltung des früheren Ausländergesetzes gestellt worden; für die Frage, ob die Erteilung dieses Aufenthaltstitels aus Rechtsgründen geboten ist (Anspruch) oder aus Rechtsgründen ausscheidet (Sperre), ist aber auf das Recht des seit dem 1.1.2005 geltenden Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz - AufenthG -) vom 30.6.2004 (BGBl I S. 1950), abzustellen (vgl. auch § 104 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Im übrigen (Ermessen) kommt es zwar grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides an (siehe dazu allgemein BVerwG, Urteil vom 16.6.2004 - 1 C 20.03 -, InfAuslR 2004, 427; speziell zum Übergang vom AuslG zum AufenthG siehe VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 9.2.2005 - 11 S 1099/04 -, vom 23.2.2005 - 13 S 2949/04 - und vom 22.6.2005 - 13 S 1023/05 -; Jakober/Welte, AufenthG, Rdnr. 34 f. zu § 101; Funke-Kaiser, GK-AufenthG, Rdnr. 2 f. zu § 102); da aber im vorliegenden Verfahren weder ein Bescheid der Beklagten noch ein Widerspruchsbescheid ergangen ist (und damit auch keine behördliche Ermessensausübung stattgefunden hat), ist insgesamt maßgebender Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in der Tatsacheninstanz (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.12.1997 - 17 A 5677/95 - juris; OVG Hamburg, Beschluss vom 6.12.1996 - Bs VI 104/96 -, DÖV 1997, 386).
22 
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufenthaltserlaubnis; auch eine Aufenthaltserlaubnis im Ermessensweg kommt hier nicht in Betracht.
23 
1. § 25 Abs. 1 und 2 AufenthG scheiden als Rechtsgrundlage aus, weil der Kläger weder als Asylberechtigter anerkannt noch festgestellt worden ist, dass bei ihm die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen. Nachdem er das Vorliegen der Voraussetzungen für die Aussetzung der Abschiebung nach § 60 Abs. 2, 3, 5, oder 7 AufenthG weder vorgetragen hat noch dies sonst erkennbar ist, kommt auch die Anwendung von § 25 Abs. 3 AufenthG nicht in Betracht. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4 Satz 1 AufenthG scheidet aus, weil der Kläger nicht nur einen vorübergehenden Aufenthalt anstrebt. Zudem ist nicht erkennbar, dass dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG kann als Rechtsgrundlage für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis schon deshalb nicht herangezogen werden, weil es an einem rechtmäßigen (Vor-)Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet fehlt. Die Vorschrift regelt nämlich die von § 8 Abs. 1 und 2 AufenthG abweichende Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis. Sie setzt daher zwingend voraus, dass der Ausländer bereits über eine verlängerbare Aufenthaltserlaubnis verfügt (vgl. auch den Gesetzentwurf der Bundesregierung BT-Drs. 15/420 S. 80: "Satz 2 schafft eine Ausnahmemöglichkeit für Fälle, in denen ein bereits rechtmäßiger Aufenthalt besteht…"). In Betracht kommt danach allein die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Jedoch sind auch die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht gegeben.
24 
2. Auch nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann dem Kläger keine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Seine Ausreise ist nämlich nicht aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich.
25 
Nachdem der - vollziehbar ausreisepflichtige - Kläger inzwischen im Besitz eines gültigen vietnamesischen Reisepasses ist, ist das ursprünglich bestehende tatsächliche Ausreisehindernis entfallen. Es ist auch sonst weder vorgetragen noch erkennbar, dass seiner Ausreise ein tatsächliches Ausreisehindernis entgegensteht.
26 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts liegt im Fall des Klägers aber auch kein rechtliches Ausreisehindernis vor. Er macht insoweit geltend, dass seine Integration in die Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland im Hinblick auf Art. 8 EMRK einer Aufenthaltsbeendigung entgegensteht. Damit beruft er sich in der Sache auf die Unzumutbarkeit einer (freiwilligen) Ausreise.
27 
Ob auch die Unzumutbarkeit der Ausreise - deren Vorliegen unterstellt - zu ihrer rechtlichen Unmöglichkeit i.S.d. § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG führt, wird unterschiedlich beurteilt. Gegen diese Auffassung könnte sprechen, dass die behauptete Unzumutbarkeit eine freiwillige Ausreise des Klägers aus der Bundesrepublik Deutschland nicht von vornherein ausschließt. Dementsprechend wird unter Hinweis auf den Gesetzeswortlaut des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG teilweise die Auffassung vertreten, es komme auf die Zumutbarkeit einer Ausreise nicht an (vgl. VG Lüneburg, Beschluss vom 23.9.2005 - 3 B 70/05 -, juris; Renner, AuslR, 8. Aufl., Rnr. 34 zu § 25 AufenthG; Jakober/Welte, Aktuelles Ausländerrecht, Rnr. 22 und 23a zu § 25). Andererseits ist jedoch nach der Gesetzesbegründung zu § 25 Abs. 5 AufenthG (BT-Drs. 15/420, S. 80) bei der Frage, ob eine Ausreisemöglichkeit besteht, auch die subjektive Möglichkeit - und damit implizit auch die Zumutbarkeit - der Ausreise zu prüfen (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.4.2005 - 11 S 2779/04 -, VBlBW 2005, 356; Hessischer VGH, Beschluss vom 1.6.2005 - 3 TG 1273/05 -, Asylmagazin 9/2005, 33; VG Koblenz, Urteil vom 10.10.2005 - 3 K 147/05.KO -, InfAuslR 2006, 25; VG Karlsruhe, Urteil vom 7.9.2005 - 4 K 1390/03 -; Göbel-Zimmermann, ZAR 2005, 275, 278; Benassi, InfAuslR 2005, 357, 362). Daher geht der Senat davon aus, dass auch die Unzumutbarkeit der Ausreise eine rechtliche Unmöglichkeit i.S.d. § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG darstellt. Hierfür spricht auch, dass kein Wille des Gesetzgebers erkennbar ist, die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Vergleich zur früheren Regelung in § 30 Abs. 3 und 4 AuslG insoweit zu verschärfen. Letztlich bedarf diese Frage hier aber keiner abschließenden Entscheidung. Denn im Fall des Klägers ist die Ausreise möglich und zumutbar, weil ihr weder Art. 6 GG noch Art. 8 EMRK entgegenstehen.
28 
a) Art. 6 Abs. 1 GG verpflichtet den Staat, die Einheit und Selbstverantwortlichkeit von Ehe und Familie zu respektieren und zu fördern. Art. 6 Abs. 2 GG garantiert das Elternrecht im Interesse des Kindeswohls und schützt die freie Entscheidung der Eltern darüber, wie sie ihrer Elternverantwortung gerecht werden wollen, vor staatlichen Eingriffen (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 22.8.2000 - 2 BvR 1363/00 -, juris). Art. 6 Abs. 3 GG regelt die grundsätzlichen Voraussetzungen, unter denen Kinder gegen den Willen der Erziehungsberechtigten von der Familie getrennt werden dürfen.
29 
Da im vorliegenden Fall die Familie nicht getrennt werden soll, sondern vielmehr der gesamten Familie ein Aufenthaltsrecht verweigert wird und nach dem Willen der Beklagten alle Familienmitglieder in das Land ihrer Staatsangehörigkeit zurückkehren sollen, ist der Schutzbereich der genannten Gewährleistungen von vornherein nicht tangiert. Der Umstand, dass das Verwaltungsgericht das Verfahren des Klägers von demjenigen seiner Familienangehörigen abgetrennt und vorab entschieden hat, ändert hieran nichts, zumal nach den unbestritten gebliebenen Angaben der Beklagten und des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat weiterhin eine gemeinsame Aufenthaltsbeendigung der Familie des Klägers angestrebt wird.
30 
b) Nach Art. 8 Abs. 1 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4.11.1950 (BGBl II 1952, 686, 953/II 1954, 14) - EMRK - hat jedermann Anspruch auf Achtung (u.a.) seines Privat- und Familienlebens. Art. 8 Abs. 2 EMRK nennt die Voraussetzungen, unter denen der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts statthaft ist.
31 
Soweit Art. 8 Abs. 1 EMRK (auch) den Schutz des Familienlebens garantiert, scheidet eine Verletzung dieser Bestimmung aus den bereits genannten Gründen aus. In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) ist auch geklärt, dass Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht das Recht gewährt, den Ort zu wählen, der nach Ansicht der Betroffenen am besten geeignet ist, ein Familienleben aufzubauen (Urteil der Großen Kammer vom 9.10.2003 - 48321/99 - Slivenko/Lettland, § 94, wobei hier der Begriff des Familienlebens i.S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK in Bezug auf Abschiebung, Ausweisung und Auslieferung ausdrücklich verstanden wird als das auf dem Gebiet eines Vertragstaates tatsächlich geführte Familienleben von Nicht-Staatsangehörigen, die sich dort rechtmäßig aufhalten ["by aliens lawfully resident there"]; Entscheidung vom 7.10.2004 - 33743/03 - , NVwZ 2005, 1043,1045).
32 
Die Weigerung, dem Kläger ein Aufenthaltsrecht in Deutschland zu gewähren, kann daher allenfalls einen rechtfertigungsbedürftigen Eingriff in sein Recht auf Achtung seines Privatlebens darstellen. Ein nicht gerechtfertigter Eingriff i. S. des Art. 8 Abs. 1 und 2 EMRK liegt jedoch hier nicht vor.
33 
Nach seiner ursprünglichen Konzeption dient dieses Recht dazu, dem Individuum eine Sphäre zu sichern, in der es die Entwicklung und Erfüllung seiner Persönlichkeit anstreben kann. Wenn der Staat Regeln für das Verhalten in dieser Sphäre trifft, greift er in das Recht auf Achtung der Privatsphäre ein, was der Rechtfertigung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK bedarf (vgl. zum Schutzbereich des Privatlebens: Frowein/Penkert, EMRK, 1996, Rnr. 1 ff. zu Art. 8). Nach der Rechtsprechung des EGMR (Urteil vom 16.6.2005 - 60654/00 -, auszugsweise abgedr. in InfAuslR 2005, 349) stellt auch eine Aufenthaltsbeendigung bzw. die Verweigerung eines Aufenthaltsrechts jedenfalls dann einen - rechtfertigungsbedürftigen - Eingriff in das Privatleben dar, wenn der Ausländer über starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat verfügt. Eine den Schutz des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK auslösende Verbindung mit der Bundesrepublik Deutschland als Aufenthaltsstaat kann danach insbesondere für solche Ausländer in Betracht kommen, die auf Grund eines Hineinwachsens in die hiesigen Verhältnisse mit gleichzeitiger Entfremdung von ihrem Heimatland so eng mit der Bundesrepublik Deutschland verbunden sind, dass sie quasi deutschen Staatsangehörigen gleichzustellen sind. Ihre Situation ist dadurch gekennzeichnet, dass die Bundesrepublik Deutschland faktisch das Land ist, zu dem sie gehören, während sie mit ihrem Heimatland im wesentlichen nur noch das formale Band ihrer Staatsangehörigkeit verbindet (vgl. auch OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.2.1999 - 4 L 195/98 -, juris; zur Bedeutung der engen Bindung an den Aufenthaltsstaat im Zusammenhang mit dem "Schutz des Familienlebens" s. auch EGMR, Urteile vom 26.3.1992 , InfAuslR 1994, 86 ff., und vom 26.9.1997 , InfAuslR 1997, 430, sowie BVerwG, Urteil vom 29.9.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303 ff.).
34 
Ein der Rechtfertigung bedürftiger Eingriff in die von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten Rechte durch Versagung des Aufenthalts für einen Ausländer liegt allerdings regelmäßig nur dann vor, wenn sein Privat- bzw. Familienleben in dem betreffenden Land fest verankert ist und sich nicht auf eine lose Verbindung beschränkt (vgl. BVerwG, Urteile vom 3.6.1997 - 1 C 18/96 -, NVwZ 1998, 189 ff. m.w.N., und vom 29.3.1996 - 1 C 28/94 -, InfAuslR 1997, 24 ff.). Hierzu gehört grundsätzlich - als Basis - eine entsprechende aufenthaltsrechtliche Verankerung. Diese Voraussetzung ist in den Fällen bloßer Duldungen, in deren Besitz der Kläger sich befindet, aber regelmäßig nicht erfüllt. Eine Duldung gewährt nämlich keinen legalen, ordnungsgemäßen Aufenthalt, sondern schützt den Ausländer lediglich vorübergehend vor einer sonst rechtlich zwingend gebotenen Abschiebung und lässt seine Ausreisepflicht unberührt (vgl. §§ 55 Abs. 1, 56 Abs. 1 AuslG bzw. § 60a Abs. 1 - 3 AufenthG). Sie führt nicht zur Erlangung eines aufenthaltsrechtlichen Status, der berechtigterweise die Erwartung hervorrufen kann, in Deutschland bleiben zu dürfen (vgl. zu diesem Kriterium auch OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.2.1999, a.a.O.). Nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs kann daher eine aufenthaltsrechtlich erhebliche und insoweit schutzwürdige Eingliederung in die in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Lebensverhältnisse während des Aufenthalts eines Ausländers, der sich nicht rechtmäßig in Deutschland aufhält, grundsätzlich nicht erfolgen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.9.2003 - 11 S 1795/03 -, InfAuslR 2004, 70 ff. und Beschluss vom 24.11.2005 - 11 S 1078/05 -; vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 2.11.2005 - 1 S 3023/04 -, InfAuslR 2006, 70,71).
35 
In der - ohnehin stark kasuistisch geprägten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 1.3.2004 - 2 BvR 1570/03 -, NVwZ 2004, 852 ff.) - Rechtsprechung des EGMR ist die Frage, welche rechtliche Qualität ein Aufenthalt haben muss, um Grundlage eines i.S.v. Art. 8 Abs. 1 EMRK schützenswerten Privat- oder Familienlebens sein zu können, soweit ersichtlich allerdings nicht eindeutig geklärt (offen gelassen z. B. im Urteil vom 16.9.2004 , a.a.O.). Es kann  aber jedenfalls festgehalten werden, dass allein ein langdauernder faktischer Aufenthalt auch aus der Sicht des EGMR hierfür nicht ausreichend ist. In der Entscheidung heißt es ausdrücklich, Art. 8 Abs. 1 EMRK dürfe nicht so ausgelegt werden, als verbiete er allgemein die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen nur deswegen, weil dieser sich eine bestimmte Zeit im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten habe (im Ergebnis ebenso EGMR vom 7.10.2004 in der Sache Dragan, a.a.O.). In beiden Verfahren hatten sich die Beschwerdeführer zwar viele Jahre in Deutschland aufgehalten, jedoch einen Aufenthaltstitel nicht oder nur für sehr kurze Zeit erlangt. Auf dieses fehlende Aufenthaltsrecht hat der EGMR bei seinen Entscheidungen jeweils maßgeblich abgestellt. Eine rechtsgrundsätzliche Festlegung im Sinne der Entbehrlichkeit eines rechtmäßigen Aufenthalts dürfte auch der Entscheidung vom 16.6.2005 (- 60654/00 -, Sisojewa/Lettland, auszugsweise abgedruckt in InfAuslR 2005, 349) nicht zu entnehmen sein. Zwar wird darin ein auf der Grundlage von Art. 8 Abs. 1 EMRK begründeter Anspruch auf dauerhafte Legalisierung des Aufenthalts anerkannt. Der Fall ist indessen von der Besonderheit geprägt, dass die Beschwerdeführer zum einen lange Zeit ordnungsgemäß im Vertragsstaat gewohnt hatten und ihr aufenthaltsrechtlicher Status erst im Anschluss an politische Umwälzungen - die Auflösung der Sowjetunion und die Unabhängigkeit Lettlands - aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit in Frage gestellt worden ist (siehe §§ 57 f. und 94), und ihnen zum anderen jedenfalls die rechtliche Möglichkeit eröffnet war, einen befristeten legalen Aufenthaltsstatus zu erlangen (siehe hierzu insbesondere die abweichende Meinung der Richterinnen V und B). Eine vergleichbare Situation ist beim Kläger indes nicht gegeben.
36 
Allerdings legt die - sehr einzelfallbezogene - Rechtsprechung des EGMR  die Annahme nahe, dass ein schutzwürdiger Aufenthalt im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK auch beim Vorhandensein einer Duldung jedenfalls nicht von vornherein ausscheidet. Vielmehr dürfte es aus Sicht des EGMR maßgeblich darauf ankommen, warum der betreffende Ausländer sich trotz des Fehlens eines Aufenthaltsrechts im Aufnahmestaat aufhält, ob ihm eine Ausreise grundsätzlich möglich und zumutbar wäre und ob die Aufenthaltsbeendigung aus von ihm zu vertretenden Gründen oder auf Grund anderer Umstände (etwa wegen der Verhältnisse im Heimatstaat) nicht möglich ist.
37 
Selbst wenn zu Gunsten des Klägers davon ausgegangen wird, dass auch ein - wie hier - rechtlich ungesicherter Aufenthalt Grundlage für die Annahme eines schutzwürdigen Privatlebens i.S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK sein kann, ist die daraus folgende Rechtsposition jedoch im Rahmen der Schrankenbestimmung des Art. 8 Abs. 2 EMRK gegen das Recht des Vertragsstaates zur Einwanderungskontrolle abzuwägen. Nach dieser Bestimmung ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts aus Absatz 1 nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Eine wirksame Einwanderungskontrolle stellt auch nach der Rechtsprechung des EGMR eine Maßnahme dar, die in einer demokratischen Gesellschaft aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung notwendig ist (vgl. Entscheidung vom 16.9.2004 in der Sache Ghiban, a.a.O.). In seiner grundlegenden Entscheidung zur Bedeutung der EMRK im Recht des Aufenthalts von Ausländern vom 28.5.1985 (, NJW 1986, 3007 ff.) hat der EGMR zudem betont, dass zum einen die Vertragsstaaten im Bereich des nicht klar umrissenen Begriffs der  "Achtung"  des Familien- und Privatlebens über einen weiten Ermessensspielraum verfügen und sie zum anderen das Recht haben, die Einwanderung von Personen, die nicht ihre Nationalität haben, in ihr Staatsgebiet zu kontrollieren. In seinen Entscheidungen vom 16.9.2004 (, NVwZ 2005, 1046 ff.) und 7.10.2004 (, NVwZ 2005, 1043) hat er nochmals darauf verwiesen, dass die Konvention nicht das Recht eines Ausländers garantiere, in einen bestimmten Staat einzureisen oder sich dort aufzuhalten oder nicht ausgewiesen zu werden. Die Vertragsstaaten hätten vielmehr nach allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsätzen das Recht, über die Einreise, den Aufenthalt und die Abschiebung fremder Staatsangehöriger zu entscheiden.  Wie dargelegt, verbietet Art. 8 EMRK die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen zudem nicht allein deswegen, weil er sich "eine bestimmte Zeit" im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten hat. Vielmehr bedarf es näherer Anhaltspunkte dafür, dass eine Rückkehr nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unzumutbar ist (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.9.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303 ff.). Allein der Umstand, dass ein Ausländer als Kind in den Vertragsstaat eingereist und dort aufgewachsen und zur Schule gegangen ist, rechtfertigt einen solchen Schluss jedoch noch nicht (in diesem Sinne siehe EGMR, Entscheidung vom 7.10.2004 in der Sache Dragan, a.a.O., hinsichtlich der dortigen Beschwerdeführer zu 2 und 3). Ein wesentlicher Gesichtspunkt ist neben der Dauer des Aufenthalts insbesondere, ob der Ausländer ein Alter erreicht hat, in dem ihm ein Hineinwachsen in die Lebensumstände des Staates seiner Staatsangehörigkeit in der Regel nicht mehr oder nur unter größten Schwierigkeiten gelingen kann (vgl. dazu OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.2.1999, a.a.O.), wobei gerade auch die Sprachkenntnisse des Betroffenen bzw. dessen sprachliche Integrationsfähigkeit im Heimatland in Betracht zu ziehen sind (siehe zu den einzelnen Gesichtspunkten die Nachweise aus der Rechtsprechung des EGMR in BVerfG, Beschluss vom 1.3.2004 - 2 BvR 1570/03 -, NVwZ 2004, 852 ff.).
38 
Vor dem dargestellten Hintergrund ist im Fall des Klägers bei Abwägung aller Umstände nicht festzustellen, dass die Verweigerung der Legalisierung seines Aufenthalts und die geplante Aufenthaltsbeendigung unverhältnismäßig ist und daher gegen Art. 8 Abs. 1 EMRK verstößt. Dabei ist es nach Auffassung des Senats nicht ausreichend, bei der Beurteilung der Integration des Klägers gleichsam isoliert nur in den Blick zu nehmen, inwieweit er selbst - etwa im Hinblick auf Sprachkenntnisse, Schulbesuch und persönlichen Umgang - in der Bundesrepublik Deutschland verwurzelt ist. Vielmehr kommt dabei auch der Frage Bedeutung zu, in welchem Umfang seine Familie sich in die bundesdeutschen Lebensverhältnisse integriert hat. Denn für die Beurteilung der Verwurzelung des Klägers kommt es auch entscheidend darauf an, ob bzw. inwieweit seine familiären Verhältnisse an das Leben in der Bundesrepublik Deutschland angeglichen sind und welche Verbindungen insoweit noch zum Land seiner Staatsangehörigkeit bestehen. Für eine solche Gesamtbetrachtung spricht nicht nur die Bezugnahme auf das "Familienleben" als paralleles Schutzgut des Art. 8 Abs. 1 EMRK, sondern auch die Tatsache, dass der Kläger seinen Lebensunterhalt in der Bundesrepublik Deutschland nicht allein sichern könnte, sondern hierfür auf die Unterstützung seiner Familie angewiesen ist. Sein Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland kann auch insoweit rechtlich nicht isoliert von demjenigen seiner Familie, insbesondere seiner Eltern, beurteilt werden. Zudem wären auch Fallgestaltungen denkbar, in denen nur ein Kind in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert ist, andere Kinder dagegen auf Rückkehr in den Heimatstaat angewiesen wären.
39 
Entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung sind bei dieser Gesamtbetrachtung - sowohl zu seinen Gunsten wie zu seinen Lasten - auch solche Gesichtspunkte berücksichtigungsfähig, welche (etwa im Hinblick auf die unterbliebene Ausreise aus dem Bundesgebiet) auf das Verhalten seiner Eltern zurückzuführen sind.  Er muss sich das Verhalten seiner Eltern schon deshalb zurechnen lassen, weil er als Kind grundsätzlich deren aufenthaltsrechtliches Schicksal teilt und sich nur deshalb bis heute in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten konnte, weil diese ihrer bestehenden Ausreisepflicht nicht nachgekommen sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.4.1997 - 1 B 74/97 -, juris). Hierfür spricht auch, dass das Aufenthaltsgesetz ein selbständiges Aufenthaltsrecht für Kinder erst nach Vollendung des 16. Lebensjahres vorsieht (vgl. § 35 Abs. 1 AufenthG) und sie auch erst ab diesem Alter für verfahrensfähig erklärt (vgl. § 80 Abs. 1 AufenthG). Daran zeigt sich, dass der Gesetzgeber auch beim Aufenthaltsgesetz an der Konzeption festgehalten hat, wonach das Aufenthaltsrecht von Kindern bis zum 16. Lebensjahr dem der Eltern folgt; damit wird im übrigen auch ihre Integrationsfähigkeit in andere Lebensverhältnisse generell unterstellt (vgl. Hessischer VGH, Urteil vom 21.9.1994 - 10 UE 548/94 -, NVwZ-RR 1995, 163). Auch sonst geht die Rechtsprechung bei Abschiebungshindernissen von Kindern davon aus, dass die familiäre Unterstützung im Heimatland mit zu berücksichtigen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.9.1999 - 9 C 12.99 -, BVerwGE 109, 305 und Urteil vom 27.7.2000 - 9 C 9.00 -, InfAuslR 2001, 52). Die Berücksichtigung der rechtlichen Bindung des Kindes an seine Eltern entspricht auch den Regelungen des deutschen Familienrechts, wonach Kinder den Wohnsitz der Eltern teilen (§ 11 BGB) und diesen im Rahmen der elterlichen Sorge das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihr Kind zusteht (§§ 1626 Abs. 1, 1631 Abs. 1 BGB). Nach §§ 1666, 1666a BGB kommt ein Eingriff in dieses Recht, insbesondere eine Trennung, nur ausnahmsweise in Betracht. Der Senat hat bei der Frage, ob eine Ausreise für ein Kind aus Rechtsgründen unzumutbar ist, wegen des Grundsatzes der Einheit der Rechtsordnung im übrigen auch die insofern eher zurückhaltende Rechtsprechung zu §§ 1631,1666 BGB zu bedenken.
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Bei der danach gebotenen Gesamtschau ist zu Gunsten des Klägers in die Erwägungen einzustellen, dass er, wie auch seine Geschwister, in der Bundesrepublik Deutschland geboren und aufgewachsen ist; er beherrscht - wie die mündliche Verhandlung vor dem Senat bestätigt hat - die deutsche Sprache sehr gut, besucht mit überdurchschnittlichem Erfolg die Realschule und möchte anschließend auf das Gymnasium wechseln. Zudem nimmt er am sozialen Leben in seiner Wohngemeinde teil. Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, dass er sich nach seinen Angaben bisher niemals in Vietnam, dem Land seiner Staatsangehörigkeit, aufgehalten hat, dieses also nicht aus eigener Anschauung kennt.
41 
Andererseits kann aber nicht außer Acht gelassen werden, dass die Eltern des Klägers bisher in weit geringerem Maß in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert sind als er, weshalb die innerfamiliären Lebensverhältnisse auch heute noch in erheblichem Maß von der vietnamesischen Herkunft der Gesamtfamilie geprägt werden. Dabei ist in der Verhandlung vor dem Senat vor allem aufgefallen, dass der Vater des Klägers, trotz des langjährigen Aufenthalts, die deutsche Sprache verhältnismäßig schlecht beherrscht, weshalb der Kläger die Fragen des Senats und die Antworten seines Vaters zumeist übersetzen musste. Nach Angaben des Klägers spricht sein Vater allerdings besser Deutsch als seine Mutter, weshalb bei ihr von einer noch geringeren Beherrschung der deutschen Sprache ausgegangen werden muss. Schon diese geringen Sprachkenntnisse der Eltern legen es nahe, dass bei ihnen keine fortgeschrittene Integration angenommen werden kann. Darüber hinaus hat die Familie des Klägers in der Zeit von 1990 bis zum Februar 2000 Sozialhilfe (teilweise in voller Höhe, teilweise als zusätzliche Leistung) bezogen, was für diesen Zeitraum gegen eine gelungene Integration - jedenfalls in wirtschaftlicher Hinsicht - spricht.
42 
Zu berücksichtigen ist ferner, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt über einen rechtmäßigen und damit längerfristig gesicherten Aufenthalt in Deutschland verfügt hat. Dem Umstand, dass seine Eltern im Jahr 1987 als Vertragsarbeitnehmer in die DDR gelangt sind und dort ein bis zum Jahr 1992 gültiges Aufenthaltsrecht erhalten haben, kommt dabei keine entscheidende Bedeutung zu. Ungeachtet der Frage, ob und gegebenenfalls welche Wirkungen dieses Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland entfaltet hat, waren sie nämlich jedenfalls nach dem Abschluss ihrer Asylverfahren vollziehbar ausreisepflichtig und durchgehend nur im Besitz von Duldungen, die ihre Ausreisepflicht unberührt gelassen haben. Ab diesem Zeitpunkt konnte aber weder für sie noch für den Kläger von einem begründeten Vertrauen auf einen dauerhaften Aufenthalt ausgegangen werden. Hinzu kommt, dass die Dauer des Aufenthalts maßgeblich dadurch zustande gekommen ist, dass die Eltern des Klägers nach dem rechtskräftigen Abschluss ihrer Asylverfahren trotz der bestehenden Ausreisepflicht mehrere weitere (erfolglose) Verfahren zur Erlangung eines Aufenthaltsrechts eingeleitet haben. Sie haben bereits im Jahr 1995 einen erfolglosen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis gestellt, im Jahr 1997 ebenfalls erfolglos eine Petition eingereicht und am 15.3.2000 einen - ebenfalls erfolglosen -  Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis auf der Grundlage von § 32 AuslG i.V.m. dem Erlass des Innenministeriums Baden-Württemberg über die Härtefallregelung für ausländische Familien mit langjährigem Aufenthalt vom 12.1.2000 - Az.: 4-1340/29 -gestellt (das damals beim Verwaltungsgericht Stuttgart anhängige Klageverfahren hat währenddessen geruht). Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Vater des Klägers einer am 28.12.1995 erfolgten Vorladung wegen einer beabsichtigten Passbeschaffung unentschuldigt nicht nachgekommen ist und sich - wie die Beklagte in einem Schreiben an die damaligen Bevollmächtigten der Eltern des Klägers vom 17.5.2000 ausgeführt hat - später auch weigerte, Angaben bezüglich seines letzten Aufenthaltes in Vietnam zu machen. So wird auch im Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12.4.2001 (11 K 547/01) ausgeführt, die Kläger (gemeint: die Eltern des Klägers) hätten hinsichtlich der Passlosigkeit ihren diesbezüglichen Mitwirkungspflichten nicht genügt und seien mündlichen und schriftlichen Aufforderungen der Ausländerbehörde zum Ausfüllen von Passanträgen nicht nachgekommen bzw. hätten entsprechenden Vorladungen nicht Folge geleistet. Es kann wohl davon ausgegangen werden, dass eine Aufenthaltsbeendigung in der Vergangenheit möglich gewesen wäre, wenn sich die - vollziehbar ausreisepflichtigen - Eltern des Klägers um Reisepapiere bemüht hätten.
43 
Zugunsten des Klägers fällt demgegenüber nicht entscheidend ins Gewicht, dass sein Aufenthalt und der Aufenthalt seiner Familie seit dem Abschluss der Asylverfahren der Eltern im Jahr 1995 von der Beklagten nicht zwangsweise beendet worden ist. Es erscheint bereits als grundsätzlich zweifelhaft, ob ein Ausländer, der vollziehbar zur Ausreise aus dem Bundesgebiet verpflichtet ist und dieser gesetzlichen Verpflichtung freiwillig nachkommen könnte, sich   überhaupt auf die unterlassene Vollstreckung der Ausreiseverpflichtung berufen kann. Hat ein Ausländer die seiner freiwilligen Ausreise und seiner Abschiebung entgegenstehenden Hindernisse zu vertreten, so ist er nämlich nach der Rechtsprechung verpflichtet, die ihm entstehenden Nachteile gering zu halten, indem er sich frühzeitig und nachhaltig um die Beseitigung des Ausreisehindernisses bemüht. Zudem hat er Nachteile, die sich hieraus ergeben, grundsätzlich hinzunehmen und kann nicht darauf vertrauen, eine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.4.1997 - 1 B 74/97 -, juris). Davon abgesehen lagen vorliegend aber auch nachvollziehbare Gründe dafür vor, dass eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung der Familie des Klägers in der Vergangenheit nicht erfolgt ist. Zum einen hat sein Vater - wie ausgeführt - die Mitwirkung an der Beschaffung von Reisepapieren mehrfach verweigert. Zum anderen stellte sich eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung der Familie auf der Grundlage des am 21.7.1995 unterzeichneten "Deutsch-Vietnamesischen Rückübernahmeabkommens" nach den unbestrittenen Angaben der Beklagten bzw. des Regierungspräsidiums Stuttgart als schwierig und langwierig dar.  
44 
Beim Kläger ist auch die Annahme gerechtfertigt, dass er sich in die vietnamesischen Lebensverhältnisse wird einleben können. Wie er schon in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht angegeben hat, verfügt er durchaus über vietnamesische Sprachkenntnisse. Dies hat sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt. Zwar hat er hier zunächst gemeint, seine Vietnamesischkenntnisse seien eher schlecht. Allerdings spricht er zuhause nach seinem eigenen Vortrag mit den Eltern Vietnamesisch. In der mündlichen Verhandlung hat er zudem die an seinen Vater gerichteten Fragen des Senats übersetzt, was ihm offenbar keine besonderen Schwierigkeiten bereitet hat. Danach muss der Kläger jedoch über zumindest so gute Kenntnisse der vietnamesischen Sprache verfügen, dass ihm eine Verständigung mit seinen Eltern im Alltagsleben möglich ist. Angesichts seines Alters ist zudem die Annahme gerechtfertigt, dass er diese Kenntnisse der vietnamesischen Sprache weiter ausbauen kann (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.9.2002 - 11 S 862/02 -, NVwZ-RR 2003, 307, 308 f.; Urteil vom 27.1.2004 - 10 S 1610/03 -, VBlBW 2004, 308, 311; Beschluss vom 2.11.2004 - 1 S 3023/04 -, InfAuslR 2006, 71;  ferner EGMR, Urteil vom 27.10. 2005 - 32231 - , InfAuslR 2006, 3; Urteil vom 5.7.2005 - 46410/99 - <Üner>, InfAuslR 2005, 450). Soweit er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen hat, er könne die vietnamesische Sprache nicht lesen und schreiben, ist zu berücksichtigen, dass er sich in einem Alter befindet, in dem der Erwerb dieser Kenntnisse jedenfalls noch als zumutbar erscheint, zumal auch diese Sprache lateinische Buchstaben verwendet, wie der Kläger in der Verhandlung nochmals bestätigt hat. Dies gilt umso mehr, als er - wie dargelegt - die vietnamesische Sprache jedenfalls recht gut spricht. Hinzu kommt, dass er nicht allein, sondern gemeinsam mit seiner Familie nach Vietnam übersiedeln soll, dort also nicht auf sich allein gestellt sein wird, sondern insbesondere mit der Unterstützung seiner Eltern rechnen kann, die mit den vietnamesischen Lebensverhältnissen noch hinreichend vertraut sein dürften. Zudem befinden sich noch seine Großeltern in Vietnam, mit welchen die Familie regelmäßigen Kontakt pflegt. Auch dies dürfte ein Einleben in die vietnamesischen Lebensverhältnisse erleichtern.
45 
Unter Abwägung aller Gesichtspunkte kann der Kläger daher auch aus der Tatsache, dass er hier geboren und aufgewachsen ist und hier seine Schulausbildung erhalten hat bzw. derzeit erhält, nicht ableiten, dass die Versagung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG in seinem Fall einen unzulässigen Eingriff i.S.d. Art. 8 Abs. 2 EMRK darstellt.
46 
c) Der Senat vermag auch nicht zu erkennen, dass die Versagung einer Legalisierung des Aufenthalts des Klägers zu einem verfassungsrechtlich unzulässigen Eingriff in grundgesetzliche Gewährleistungen aus Art. 1, 2 oder 3 GG führt.
47 
Fehlt es danach bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG, bedarf keiner Erörterung, ob das Ermessen der Beklagten - wie das Verwaltungsgericht angenommen hat - dergestalt reduziert ist, dass ermessensfehlerfrei allein die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis in Betracht kommt (sog. "Ermessensreduzierung auf Null").
48 
3. Auch § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG, wonach die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden "soll", wenn die Abschiebung 18 Monate lang ausgesetzt ist, verschafft dem Kläger keinen selbständigen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Denn § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG setzt das Vorliegen der Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG voraus. Dies folgt daraus, dass § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG systematisch an den Tatbestand des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG anknüpft und nur die dort vorgesehene Rechtsfolge ("kann") im Sinne eines "soll" modifiziert, sofern das zusätzliche Tatbestandsmerkmal "Aussetzung der Abschiebung seit 18 Monaten" erfüllt ist (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.4.2005 - 11 S 2779/04 -, juris). Bereits der Tatbestand des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG ist hier aber nicht erfüllt, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt.
49 
4. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 32 Abs. 4 AufenthG. Nach dieser Vorschrift kann dem minderjährigen ledigen Kind eines Ausländers (im übrigen, d. h. wenn die Voraussetzungen der Absätze 1 bis 3 - wie hier - nicht vorliegen) eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn es auf Grund der Umstände des Einzelfalls zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist. Hierbei sind das Kindeswohl und die familiäre Situation zu berücksichtigen (Satz 2).
50 
Es kann vorliegend offen bleiben, ob einem Anspruch auf Grund dieser Bestimmung schon entgegensteht, dass der Kläger im Verwaltungs- und Klageverfahren ausdrücklich (nur) die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis beantragt hat, welcher nach Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 AufenthG entspricht (vgl. § 101 Abs. 2 AufenthG). Denn er erfüllt jedenfalls nicht die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 AufenthG. Allerdings steht der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf dieser Grundlage wohl nicht entgegen, dass er in der Bundesrepublik Deutschland geboren ist. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Vorgängerbestimmung des § 20 Abs. 4 Nr. 2 AuslG war diese nämlich auch auf Kinder anwendbar, die im Bundesgebiet geboren sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.5.2004 - 13 S 2833/02 -, InfAuslR 2004, 385 = VBlBW 2004, 354). Dies dürfte auch für die insoweit übereinstimmende Regelung des § 32 Abs. 4 AufenthG angenommen werden können.
51 
Im Fall des Klägers kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Vermeidung einer besonderen Härte in diesem Sinne erforderlich ist. Das Vorliegen einer solchen Härte setzt voraus, dass die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis den minderjährigen Ausländer in den Folgen deutlich ungleich schwerer trifft als andere Ausländer in vergleichbarer Lage (vgl. - zu § 20 Abs. 4 Nr. 2 AuslG - VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.5.2004, a.a.O. m.w.N.; Hailbronner, AuslR, Stand: 6/2005, Rnr. 28 f. zu § 32 AufenthG). Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass der Zweck des § 32 AufenthG darin besteht, den von dieser Bestimmung begünstigten Familienmitgliedern einen gemeinsamen rechtmäßigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland zu ermöglichen, um dem sich aus Art. 6 GG ergebenden Schutz von Ehe und Familie Rechnung zu tragen (vgl. hierzu die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 15/420, S. 83). Eine besondere Härte im Sinne dieser Bestimmung kann vor diesem Hintergrund aber nur dann angenommen werden, wenn die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis ein solches Zusammenleben in der Bundesrepublik Deutschland hindert. Angesichts des Umstandes, dass sowohl die Eltern des Klägers als auch seine Geschwister vollziehbar ausreisepflichtig sind und nach dem Willen der Beklagten die Bundesrepublik Deutschland gemeinsam mit ihm verlassen sollen, kommt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an ihn schon von der Zweckbestimmung des § 32 Abs. 4 AufenthG her nicht in Betracht. Zudem ist nicht erkennbar, dass die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis eine besondere Härte im dargestellten Sinn begründen könnte, nachdem sie gerade nicht zu einer Trennung von der Familie führt.
52 
5. Auch aus dem Gesetz zu dem Übereinkommen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes (BGBl. II 1992, S. 121 ff.) kann der Kläger für das von ihm begehrte Aufenthaltsrecht nichts herleiten. Dieses Übereinkommen ist für die Bundesrepublik Deutschland am 5. April 1992 (BGBl. 1992 II, 990) in Kraft getreten.
53 
Im vorliegenden Fall ist schon zweifelhaft, ob das Übereinkommen Rechte des Klägers begründet, aus welchen sich ein Aufenthaltsrecht ergeben könnte. Auch insofern ist von entscheidender Bedeutung, dass er zusammen mit seinen Eltern und Geschwistern das Bundesgebiet verlassen soll. Das Übereinkommen betont an mehreren Stellen die Achtung vor dem Elternrecht. Insoweit gilt auch bei Heranziehung des Übereinkommens nichts anderes als sonst allgemein im Ausländerrecht, dass nämlich minderjährige Kinder das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern teilen. Aus Art. 20 Abs. 1 des Übereinkommens ergibt sich eine besondere Beistandspflicht des Staates nur für solche Kinder, die aus ihrer familiären Umgebung herausgelöst werden. Dies ist vorliegend gerade nicht der Fall.
54 
Darüber hinaus hat die Bundesrepublik Deutschland bei der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde eine "Erklärung" abgegeben, in der es unter I. Satz 4 und 5 heißt, das Übereinkommen finde innerstaatlich keine unmittelbare Anwendung. Es begründe völkerrechtliche Staatenverpflichtungen, die die Bundesrepublik Deutschland nach näherer Bestimmung ihres mit dem Übereinkommen übereinstimmenden innerstaatlichen Rechts erfülle. Des weiteren wird unter IV. eine bereits am 23. Februar 1989 in Genf abgegebene Erklärung bekräftigt, nach der nichts in dem Übereinkommen dahingehend ausgelegt werden könne, dass die widerrechtliche Einreise eines Ausländers in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland oder dessen widerrechtlicher Aufenthalt dort erlaubt sei; auch könne keine Bestimmung dahin ausgelegt werden, dass sie das Recht der Bundesrepublik Deutschland beschränke, Gesetze und Verordnungen über die Einreise von Ausländern und die Bedingungen ihres Aufenthalts zu erlassen oder Unterschiede zwischen Inländern und Ausländern zu machen.
55 
Die von der Bundesrepublik Deutschland bei der Ratifikation des Vertrages gemachten Vorbehalte schließen die Ableitung von Rechten aus dem Übereinkommen aus. Es spricht auch nichts dafür, dass diese Vorbehalte nach Art. 51 Absatz 2 des Übereinkommens unzulässig wären.
56 
6. Schließlich ergibt sich auch aus der Landesverfassung Baden-Württemberg nichts für einen Aufenthaltserlaubnisanspruch des Klägers. Dies gilt insbesondere für die in der Rechtsprechung teilweise herangezogene Bestimmung des Art. 2 Abs. 2 LV, wonach sich das Volk von Baden-Württemberg zu dem unveräußerlichen Menschenrecht auf die Heimat bekennt (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 11.10.2005 - 11 K 5363/03 -). Abgesehen davon, dass die Regelungen der Landesverfassung den Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes nachrangig sind (Art. 31 GG), kann sich eine eigene Rechtsposition des Klägers hieraus schon deshalb nicht ergeben, weil es sich dabei nicht um ein Grundrecht handelt, sondern um einen Programmsatz, der allenfalls die Rechtspflicht der Staatsorgane begründet, zur Verwirklichung des Rechts auf Heimat das ihnen Mögliche beizutragen (vgl. Braun, Kommentar zur Verfassung des Landes Baden-Württemberg, 1984, Rnr. 133 ff. zu Art. 2; Hollerbach in: Feuchte, Verfassung des Landes Baden-Württemberg, 1987, Rnr. 25 ff. zu Art. 2). Nachdem die für den Kläger sprechenden Gesichtspunkte, insbesondere seine fortgeschrittene Integration in die bundesdeutschen Lebensverhältnisse, bereits über Art. 8 EMRK in Verbindung mit § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG umfassend berücksichtigt worden sind, ist nicht erkennbar, dass sich aus dem Recht auf Heimat insoweit zusätzliche, zugunsten des Klägers zu berücksichtigende Gesichtspunkte ergeben könnten. Danach bedarf auch keiner weiteren Vertiefung, ob der Kläger vom Begriff des "Volkes" in Art. 2 Abs. 2 LV überhaupt erfasst wird.
57 
7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Anwendung des § 161 Abs. 3 VwGO kommt vorliegend nicht in Betracht. Nach dieser Bestimmung fallen in den Fällen des § 75 die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte. Es kann offen bleiben, ob die Anwendung des § 161 Abs. 3 VwGO bereits deshalb ausgeschlossen ist, weil eine streitige Gerichtsentscheidung ergeht (hierzu Ring, NVwZ 1995, 1191; Kopp/Schenke, a.a.O. Rnr. 35 zu § 161 m.w.N.). Denn § 161 Abs. 3 VwGO ist jedenfalls dann nicht anzuwenden, wenn ein Kläger das anhängige Klageverfahren nach negativer Bescheidung durch die Behörde zunächst fortsetzt und es entweder erst später für erledigt erklärt wird oder streitig über die Sache entschieden werden muss. In einem solchen Fall besteht für eine Kostenüberbürdung auf den Beklagten nach § 161 Abs. 3 VwGO keine Rechtfertigung mehr, weil sich die verzögerte Bescheidung als nicht mehr kausal für den nach dem Erlass des Verwaltungsaktes fortgesetzten Prozess erweist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.7.1991 - 3 C 56/90 -, NVwZ 1991, 1180; Beschluss vom 28.4.1992 - 3 C 50/90 -, Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 94; Clausing in: Schoch/Schmidt-Aßmann/ Pietzner, VwGO, Stand 2005, Rnr. 41 zu § 161;  Kopp/Schenke, a.a.O., Rnr. 35 zu § 161 m.w.N.). Diese Grundsätze sind auch hier anzuwenden. Zwar hat die Beklagte bislang keinen förmlichen Bescheid erlassen; sie hat sich jedoch in der beim Verwaltungsgericht vorgelegten Klageerwiderung vom 23.12.2003 zur Sache geäußert und dabei die Gründe, aus welchen nach ihrer Auffassung die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis an den Kläger (und seine Familie) weiterhin ausscheidet, ausführlich dargestellt. Der Kläger hätte danach - in gleicher Weise wie nach dem Ergehen eines Bescheides - die Möglichkeit gehabt, das Verfahren nach Kenntnis der Rechtsauffassung der Beklagten durch Erledigungserklärung oder Rücknahme (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 23.7.1991 und vom 28.4.1992, a.a.O.) zu beenden. Nachdem er hierauf verzichtet hat, ist es nicht mehr gerechtfertigt, ihn für die weitere Prozessführung von jedem Kostenrisiko freizustellen. Der Umstand, dass er im erstinstanzlichen Verfahren erfolgreich gewesen ist, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Denn dies ändert nichts daran, dass das Unterlassen der Bescheidung seines Antrags durch die Beklagte jedenfalls nach Vorlage der Klageerwiderung für den weiteren Fortgang des Verfahrens nicht mehr ursächlich gewesen ist.
58 
Da der Beigeladene einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO) entspricht es der Billigkeit, dem Kläger auch seine außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO).
59 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
60 
Beschluss
61 
vom 18.1.2006
62 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 72 Nr.1 GKG i. d. F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5.5.2004, BGBl. I S. 718).
63 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
16 
Die vom Senat zugelassene Berufung ist statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde rechtzeitig beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (§ 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung, vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3, Abs. 3 Satz 4 VwGO). Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben, weil der Kläger keinen Anspruch auf den von ihm begehrten Aufenthaltstitel hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
17 
Entgegen der Auffassung der Beklagten erweist sich das Urteil allerdings nicht schon deshalb als fehlerhaft, weil das Verwaltungsgericht das Verfahren des Klägers von demjenigen der übrigen Familienmitglieder abgetrennt und über dieses vorab entschieden hat. Nach § 93 VwGO kann das Gericht durch Beschluss mehrere bei ihm anhängige Verfahren über den gleichen Gegenstand zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbinden und wieder trennen. Es kann anordnen, dass mehrere in einem Verfahren erhobene Ansprüche in getrennten Verfahren verhandelt und entschieden werden. Die Entscheidung über eine Verbindung oder Trennung steht im Ermessen des Gerichts (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., Rdnr. 3 zu § 93 m.w.N.). Es ist vorliegend nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht das Verfahren des Klägers nach Durchführung der mündlichen Verhandlung abgetrennt hat. Zwar könnte dies anders zu beurteilen sein, wenn zwischen dem Kläger und seinen Familienangehörigen eine notwendige Streitgenossenschaft nach § 64 VwGO i.V.m. § 62 ZPO bestünde (vgl. Hessischer VGH, Urteil vom 4.7.1991 - 4 UE 552/87 -, juris). Dies ist aber - entgegen der Auffassung der Beklagten - hier nicht der Fall. Denn es ist nicht ersichtlich, dass über den vom Kläger und seiner Familie geltend gemachten Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zwingend einheitlich (d.h. für jeden Familienangehörigen gleich) entschieden werden muss oder dass aus einem sonstigen Grund eine notwendige Streitgenossenschaft vorliegt (vgl. auch Kopp/Schenke, a.a.O., Rnr. 6 f. zu § 64). Vielmehr ist es durchaus denkbar, dass die Klage hinsichtlich einiger Familienmitglieder Erfolg hat, hinsichtlich anderer - etwa wegen in ihrer Person liegender Gründe (z.B. Fehlen einer allgemeinen Erteilungsvoraussetzung nach § 5 AufenthG) - aber nicht. Im übrigen ist aber auch nicht erkennbar, dass sich die Trennung des Verfahrens des Klägers von demjenigen seiner Eltern und Geschwister in der Sache auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ausgewirkt hat.
18 
Der Kläger hat auch das für die Zulässigkeit der Klage erforderliche Sachbescheidungsinteresse. Die Beklagte hat zur Begründung ihrer gegenteiligen Auffassung vorgetragen, über den Antrag des Klägers und seiner Familie auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis vom 15.7.2003 sei kein neuer Bescheid erlassen worden, da keine neuen Umstände vorgetragen worden seien, die einen anderen rechtlich relevanten Sachverhalt als in den Jahren zuvor beträfen, in denen der Kläger bereits mehrmals Anträge gestellt und Petitionen eingereicht habe; die Tatsache, dass er sich integriert habe, stelle lediglich den gewöhnlichen Lauf der Dinge dar. Dem hat das Verwaltungsgericht jedoch zutreffend entgegengehalten, dass der Kläger Gründe vorgetragen hat, die einen sachlichen Anlass für eine erneute Prüfung und förmliche Entscheidung durch Verwaltungsakt boten, weil sich im Hinblick auf seine weiter fortgeschrittene Integration ernsthaft die Frage stellte, ob nunmehr ein Abschiebungshindernis gegeben war oder ob noch an den früheren ablehnenden Entscheidungen festgehalten werden konnte. Vor diesem Hintergrund besteht auch kein Anlass zur Annahme, dass der erneute Antrag des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis von der Beklagten als offensichtlich rechtsmissbräuchlich gestellt angesehen und daher unbeachtet gelassen werden durfte (vgl. hierzu Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., Rnr. 57 zu § 22 m.w.N.; siehe auch OVG Münster, Beschluss vom 27.10.2005 - 13 A 3802.05A -,    InfAuslR 2006, 99).    
19 
Der Zulässigkeit der Klage steht auch nicht die Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12.4.2001 (11 K 547/01) entgegen. Zwar ist mit diesem ein Anspruch (auch) des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis abgelehnt worden. Damit steht allerdings nur (rechtskräftig) fest, dass ihm zum für die damalige Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt (der mündlichen Verhandlung) keine Aufenthaltsbefugnis zustand (vgl. § 121 VwGO und Kopp/Schenke, a.a.O., Rnr. 9 und 28 zu § 121). Der Kläger macht aber gerade geltend, dass ein solcher Anspruch aufgrund der inzwischen vergangenen Zeit und der damit verbundenen fortgeschrittenen Integration nunmehr gegeben ist.
20 
Die Klage ist aber unbegründet, weil der Kläger keinen Anspruch auf die begehrte Aufenthaltsbefugnis bzw. Aufenthaltserlaubnis hat.
21 
Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis ist zwar noch unter der Geltung des früheren Ausländergesetzes gestellt worden; für die Frage, ob die Erteilung dieses Aufenthaltstitels aus Rechtsgründen geboten ist (Anspruch) oder aus Rechtsgründen ausscheidet (Sperre), ist aber auf das Recht des seit dem 1.1.2005 geltenden Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz - AufenthG -) vom 30.6.2004 (BGBl I S. 1950), abzustellen (vgl. auch § 104 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Im übrigen (Ermessen) kommt es zwar grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides an (siehe dazu allgemein BVerwG, Urteil vom 16.6.2004 - 1 C 20.03 -, InfAuslR 2004, 427; speziell zum Übergang vom AuslG zum AufenthG siehe VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 9.2.2005 - 11 S 1099/04 -, vom 23.2.2005 - 13 S 2949/04 - und vom 22.6.2005 - 13 S 1023/05 -; Jakober/Welte, AufenthG, Rdnr. 34 f. zu § 101; Funke-Kaiser, GK-AufenthG, Rdnr. 2 f. zu § 102); da aber im vorliegenden Verfahren weder ein Bescheid der Beklagten noch ein Widerspruchsbescheid ergangen ist (und damit auch keine behördliche Ermessensausübung stattgefunden hat), ist insgesamt maßgebender Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in der Tatsacheninstanz (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.12.1997 - 17 A 5677/95 - juris; OVG Hamburg, Beschluss vom 6.12.1996 - Bs VI 104/96 -, DÖV 1997, 386).
22 
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufenthaltserlaubnis; auch eine Aufenthaltserlaubnis im Ermessensweg kommt hier nicht in Betracht.
23 
1. § 25 Abs. 1 und 2 AufenthG scheiden als Rechtsgrundlage aus, weil der Kläger weder als Asylberechtigter anerkannt noch festgestellt worden ist, dass bei ihm die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen. Nachdem er das Vorliegen der Voraussetzungen für die Aussetzung der Abschiebung nach § 60 Abs. 2, 3, 5, oder 7 AufenthG weder vorgetragen hat noch dies sonst erkennbar ist, kommt auch die Anwendung von § 25 Abs. 3 AufenthG nicht in Betracht. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4 Satz 1 AufenthG scheidet aus, weil der Kläger nicht nur einen vorübergehenden Aufenthalt anstrebt. Zudem ist nicht erkennbar, dass dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG kann als Rechtsgrundlage für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis schon deshalb nicht herangezogen werden, weil es an einem rechtmäßigen (Vor-)Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet fehlt. Die Vorschrift regelt nämlich die von § 8 Abs. 1 und 2 AufenthG abweichende Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis. Sie setzt daher zwingend voraus, dass der Ausländer bereits über eine verlängerbare Aufenthaltserlaubnis verfügt (vgl. auch den Gesetzentwurf der Bundesregierung BT-Drs. 15/420 S. 80: "Satz 2 schafft eine Ausnahmemöglichkeit für Fälle, in denen ein bereits rechtmäßiger Aufenthalt besteht…"). In Betracht kommt danach allein die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Jedoch sind auch die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht gegeben.
24 
2. Auch nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann dem Kläger keine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Seine Ausreise ist nämlich nicht aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich.
25 
Nachdem der - vollziehbar ausreisepflichtige - Kläger inzwischen im Besitz eines gültigen vietnamesischen Reisepasses ist, ist das ursprünglich bestehende tatsächliche Ausreisehindernis entfallen. Es ist auch sonst weder vorgetragen noch erkennbar, dass seiner Ausreise ein tatsächliches Ausreisehindernis entgegensteht.
26 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts liegt im Fall des Klägers aber auch kein rechtliches Ausreisehindernis vor. Er macht insoweit geltend, dass seine Integration in die Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland im Hinblick auf Art. 8 EMRK einer Aufenthaltsbeendigung entgegensteht. Damit beruft er sich in der Sache auf die Unzumutbarkeit einer (freiwilligen) Ausreise.
27 
Ob auch die Unzumutbarkeit der Ausreise - deren Vorliegen unterstellt - zu ihrer rechtlichen Unmöglichkeit i.S.d. § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG führt, wird unterschiedlich beurteilt. Gegen diese Auffassung könnte sprechen, dass die behauptete Unzumutbarkeit eine freiwillige Ausreise des Klägers aus der Bundesrepublik Deutschland nicht von vornherein ausschließt. Dementsprechend wird unter Hinweis auf den Gesetzeswortlaut des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG teilweise die Auffassung vertreten, es komme auf die Zumutbarkeit einer Ausreise nicht an (vgl. VG Lüneburg, Beschluss vom 23.9.2005 - 3 B 70/05 -, juris; Renner, AuslR, 8. Aufl., Rnr. 34 zu § 25 AufenthG; Jakober/Welte, Aktuelles Ausländerrecht, Rnr. 22 und 23a zu § 25). Andererseits ist jedoch nach der Gesetzesbegründung zu § 25 Abs. 5 AufenthG (BT-Drs. 15/420, S. 80) bei der Frage, ob eine Ausreisemöglichkeit besteht, auch die subjektive Möglichkeit - und damit implizit auch die Zumutbarkeit - der Ausreise zu prüfen (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.4.2005 - 11 S 2779/04 -, VBlBW 2005, 356; Hessischer VGH, Beschluss vom 1.6.2005 - 3 TG 1273/05 -, Asylmagazin 9/2005, 33; VG Koblenz, Urteil vom 10.10.2005 - 3 K 147/05.KO -, InfAuslR 2006, 25; VG Karlsruhe, Urteil vom 7.9.2005 - 4 K 1390/03 -; Göbel-Zimmermann, ZAR 2005, 275, 278; Benassi, InfAuslR 2005, 357, 362). Daher geht der Senat davon aus, dass auch die Unzumutbarkeit der Ausreise eine rechtliche Unmöglichkeit i.S.d. § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG darstellt. Hierfür spricht auch, dass kein Wille des Gesetzgebers erkennbar ist, die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Vergleich zur früheren Regelung in § 30 Abs. 3 und 4 AuslG insoweit zu verschärfen. Letztlich bedarf diese Frage hier aber keiner abschließenden Entscheidung. Denn im Fall des Klägers ist die Ausreise möglich und zumutbar, weil ihr weder Art. 6 GG noch Art. 8 EMRK entgegenstehen.
28 
a) Art. 6 Abs. 1 GG verpflichtet den Staat, die Einheit und Selbstverantwortlichkeit von Ehe und Familie zu respektieren und zu fördern. Art. 6 Abs. 2 GG garantiert das Elternrecht im Interesse des Kindeswohls und schützt die freie Entscheidung der Eltern darüber, wie sie ihrer Elternverantwortung gerecht werden wollen, vor staatlichen Eingriffen (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 22.8.2000 - 2 BvR 1363/00 -, juris). Art. 6 Abs. 3 GG regelt die grundsätzlichen Voraussetzungen, unter denen Kinder gegen den Willen der Erziehungsberechtigten von der Familie getrennt werden dürfen.
29 
Da im vorliegenden Fall die Familie nicht getrennt werden soll, sondern vielmehr der gesamten Familie ein Aufenthaltsrecht verweigert wird und nach dem Willen der Beklagten alle Familienmitglieder in das Land ihrer Staatsangehörigkeit zurückkehren sollen, ist der Schutzbereich der genannten Gewährleistungen von vornherein nicht tangiert. Der Umstand, dass das Verwaltungsgericht das Verfahren des Klägers von demjenigen seiner Familienangehörigen abgetrennt und vorab entschieden hat, ändert hieran nichts, zumal nach den unbestritten gebliebenen Angaben der Beklagten und des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat weiterhin eine gemeinsame Aufenthaltsbeendigung der Familie des Klägers angestrebt wird.
30 
b) Nach Art. 8 Abs. 1 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4.11.1950 (BGBl II 1952, 686, 953/II 1954, 14) - EMRK - hat jedermann Anspruch auf Achtung (u.a.) seines Privat- und Familienlebens. Art. 8 Abs. 2 EMRK nennt die Voraussetzungen, unter denen der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts statthaft ist.
31 
Soweit Art. 8 Abs. 1 EMRK (auch) den Schutz des Familienlebens garantiert, scheidet eine Verletzung dieser Bestimmung aus den bereits genannten Gründen aus. In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) ist auch geklärt, dass Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht das Recht gewährt, den Ort zu wählen, der nach Ansicht der Betroffenen am besten geeignet ist, ein Familienleben aufzubauen (Urteil der Großen Kammer vom 9.10.2003 - 48321/99 - Slivenko/Lettland, § 94, wobei hier der Begriff des Familienlebens i.S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK in Bezug auf Abschiebung, Ausweisung und Auslieferung ausdrücklich verstanden wird als das auf dem Gebiet eines Vertragstaates tatsächlich geführte Familienleben von Nicht-Staatsangehörigen, die sich dort rechtmäßig aufhalten ["by aliens lawfully resident there"]; Entscheidung vom 7.10.2004 - 33743/03 - , NVwZ 2005, 1043,1045).
32 
Die Weigerung, dem Kläger ein Aufenthaltsrecht in Deutschland zu gewähren, kann daher allenfalls einen rechtfertigungsbedürftigen Eingriff in sein Recht auf Achtung seines Privatlebens darstellen. Ein nicht gerechtfertigter Eingriff i. S. des Art. 8 Abs. 1 und 2 EMRK liegt jedoch hier nicht vor.
33 
Nach seiner ursprünglichen Konzeption dient dieses Recht dazu, dem Individuum eine Sphäre zu sichern, in der es die Entwicklung und Erfüllung seiner Persönlichkeit anstreben kann. Wenn der Staat Regeln für das Verhalten in dieser Sphäre trifft, greift er in das Recht auf Achtung der Privatsphäre ein, was der Rechtfertigung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK bedarf (vgl. zum Schutzbereich des Privatlebens: Frowein/Penkert, EMRK, 1996, Rnr. 1 ff. zu Art. 8). Nach der Rechtsprechung des EGMR (Urteil vom 16.6.2005 - 60654/00 -, auszugsweise abgedr. in InfAuslR 2005, 349) stellt auch eine Aufenthaltsbeendigung bzw. die Verweigerung eines Aufenthaltsrechts jedenfalls dann einen - rechtfertigungsbedürftigen - Eingriff in das Privatleben dar, wenn der Ausländer über starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat verfügt. Eine den Schutz des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK auslösende Verbindung mit der Bundesrepublik Deutschland als Aufenthaltsstaat kann danach insbesondere für solche Ausländer in Betracht kommen, die auf Grund eines Hineinwachsens in die hiesigen Verhältnisse mit gleichzeitiger Entfremdung von ihrem Heimatland so eng mit der Bundesrepublik Deutschland verbunden sind, dass sie quasi deutschen Staatsangehörigen gleichzustellen sind. Ihre Situation ist dadurch gekennzeichnet, dass die Bundesrepublik Deutschland faktisch das Land ist, zu dem sie gehören, während sie mit ihrem Heimatland im wesentlichen nur noch das formale Band ihrer Staatsangehörigkeit verbindet (vgl. auch OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.2.1999 - 4 L 195/98 -, juris; zur Bedeutung der engen Bindung an den Aufenthaltsstaat im Zusammenhang mit dem "Schutz des Familienlebens" s. auch EGMR, Urteile vom 26.3.1992 , InfAuslR 1994, 86 ff., und vom 26.9.1997 , InfAuslR 1997, 430, sowie BVerwG, Urteil vom 29.9.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303 ff.).
34 
Ein der Rechtfertigung bedürftiger Eingriff in die von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten Rechte durch Versagung des Aufenthalts für einen Ausländer liegt allerdings regelmäßig nur dann vor, wenn sein Privat- bzw. Familienleben in dem betreffenden Land fest verankert ist und sich nicht auf eine lose Verbindung beschränkt (vgl. BVerwG, Urteile vom 3.6.1997 - 1 C 18/96 -, NVwZ 1998, 189 ff. m.w.N., und vom 29.3.1996 - 1 C 28/94 -, InfAuslR 1997, 24 ff.). Hierzu gehört grundsätzlich - als Basis - eine entsprechende aufenthaltsrechtliche Verankerung. Diese Voraussetzung ist in den Fällen bloßer Duldungen, in deren Besitz der Kläger sich befindet, aber regelmäßig nicht erfüllt. Eine Duldung gewährt nämlich keinen legalen, ordnungsgemäßen Aufenthalt, sondern schützt den Ausländer lediglich vorübergehend vor einer sonst rechtlich zwingend gebotenen Abschiebung und lässt seine Ausreisepflicht unberührt (vgl. §§ 55 Abs. 1, 56 Abs. 1 AuslG bzw. § 60a Abs. 1 - 3 AufenthG). Sie führt nicht zur Erlangung eines aufenthaltsrechtlichen Status, der berechtigterweise die Erwartung hervorrufen kann, in Deutschland bleiben zu dürfen (vgl. zu diesem Kriterium auch OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.2.1999, a.a.O.). Nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs kann daher eine aufenthaltsrechtlich erhebliche und insoweit schutzwürdige Eingliederung in die in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Lebensverhältnisse während des Aufenthalts eines Ausländers, der sich nicht rechtmäßig in Deutschland aufhält, grundsätzlich nicht erfolgen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.9.2003 - 11 S 1795/03 -, InfAuslR 2004, 70 ff. und Beschluss vom 24.11.2005 - 11 S 1078/05 -; vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 2.11.2005 - 1 S 3023/04 -, InfAuslR 2006, 70,71).
35 
In der - ohnehin stark kasuistisch geprägten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 1.3.2004 - 2 BvR 1570/03 -, NVwZ 2004, 852 ff.) - Rechtsprechung des EGMR ist die Frage, welche rechtliche Qualität ein Aufenthalt haben muss, um Grundlage eines i.S.v. Art. 8 Abs. 1 EMRK schützenswerten Privat- oder Familienlebens sein zu können, soweit ersichtlich allerdings nicht eindeutig geklärt (offen gelassen z. B. im Urteil vom 16.9.2004 , a.a.O.). Es kann  aber jedenfalls festgehalten werden, dass allein ein langdauernder faktischer Aufenthalt auch aus der Sicht des EGMR hierfür nicht ausreichend ist. In der Entscheidung heißt es ausdrücklich, Art. 8 Abs. 1 EMRK dürfe nicht so ausgelegt werden, als verbiete er allgemein die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen nur deswegen, weil dieser sich eine bestimmte Zeit im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten habe (im Ergebnis ebenso EGMR vom 7.10.2004 in der Sache Dragan, a.a.O.). In beiden Verfahren hatten sich die Beschwerdeführer zwar viele Jahre in Deutschland aufgehalten, jedoch einen Aufenthaltstitel nicht oder nur für sehr kurze Zeit erlangt. Auf dieses fehlende Aufenthaltsrecht hat der EGMR bei seinen Entscheidungen jeweils maßgeblich abgestellt. Eine rechtsgrundsätzliche Festlegung im Sinne der Entbehrlichkeit eines rechtmäßigen Aufenthalts dürfte auch der Entscheidung vom 16.6.2005 (- 60654/00 -, Sisojewa/Lettland, auszugsweise abgedruckt in InfAuslR 2005, 349) nicht zu entnehmen sein. Zwar wird darin ein auf der Grundlage von Art. 8 Abs. 1 EMRK begründeter Anspruch auf dauerhafte Legalisierung des Aufenthalts anerkannt. Der Fall ist indessen von der Besonderheit geprägt, dass die Beschwerdeführer zum einen lange Zeit ordnungsgemäß im Vertragsstaat gewohnt hatten und ihr aufenthaltsrechtlicher Status erst im Anschluss an politische Umwälzungen - die Auflösung der Sowjetunion und die Unabhängigkeit Lettlands - aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit in Frage gestellt worden ist (siehe §§ 57 f. und 94), und ihnen zum anderen jedenfalls die rechtliche Möglichkeit eröffnet war, einen befristeten legalen Aufenthaltsstatus zu erlangen (siehe hierzu insbesondere die abweichende Meinung der Richterinnen V und B). Eine vergleichbare Situation ist beim Kläger indes nicht gegeben.
36 
Allerdings legt die - sehr einzelfallbezogene - Rechtsprechung des EGMR  die Annahme nahe, dass ein schutzwürdiger Aufenthalt im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK auch beim Vorhandensein einer Duldung jedenfalls nicht von vornherein ausscheidet. Vielmehr dürfte es aus Sicht des EGMR maßgeblich darauf ankommen, warum der betreffende Ausländer sich trotz des Fehlens eines Aufenthaltsrechts im Aufnahmestaat aufhält, ob ihm eine Ausreise grundsätzlich möglich und zumutbar wäre und ob die Aufenthaltsbeendigung aus von ihm zu vertretenden Gründen oder auf Grund anderer Umstände (etwa wegen der Verhältnisse im Heimatstaat) nicht möglich ist.
37 
Selbst wenn zu Gunsten des Klägers davon ausgegangen wird, dass auch ein - wie hier - rechtlich ungesicherter Aufenthalt Grundlage für die Annahme eines schutzwürdigen Privatlebens i.S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK sein kann, ist die daraus folgende Rechtsposition jedoch im Rahmen der Schrankenbestimmung des Art. 8 Abs. 2 EMRK gegen das Recht des Vertragsstaates zur Einwanderungskontrolle abzuwägen. Nach dieser Bestimmung ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts aus Absatz 1 nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Eine wirksame Einwanderungskontrolle stellt auch nach der Rechtsprechung des EGMR eine Maßnahme dar, die in einer demokratischen Gesellschaft aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung notwendig ist (vgl. Entscheidung vom 16.9.2004 in der Sache Ghiban, a.a.O.). In seiner grundlegenden Entscheidung zur Bedeutung der EMRK im Recht des Aufenthalts von Ausländern vom 28.5.1985 (, NJW 1986, 3007 ff.) hat der EGMR zudem betont, dass zum einen die Vertragsstaaten im Bereich des nicht klar umrissenen Begriffs der  "Achtung"  des Familien- und Privatlebens über einen weiten Ermessensspielraum verfügen und sie zum anderen das Recht haben, die Einwanderung von Personen, die nicht ihre Nationalität haben, in ihr Staatsgebiet zu kontrollieren. In seinen Entscheidungen vom 16.9.2004 (, NVwZ 2005, 1046 ff.) und 7.10.2004 (, NVwZ 2005, 1043) hat er nochmals darauf verwiesen, dass die Konvention nicht das Recht eines Ausländers garantiere, in einen bestimmten Staat einzureisen oder sich dort aufzuhalten oder nicht ausgewiesen zu werden. Die Vertragsstaaten hätten vielmehr nach allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsätzen das Recht, über die Einreise, den Aufenthalt und die Abschiebung fremder Staatsangehöriger zu entscheiden.  Wie dargelegt, verbietet Art. 8 EMRK die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen zudem nicht allein deswegen, weil er sich "eine bestimmte Zeit" im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten hat. Vielmehr bedarf es näherer Anhaltspunkte dafür, dass eine Rückkehr nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unzumutbar ist (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.9.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303 ff.). Allein der Umstand, dass ein Ausländer als Kind in den Vertragsstaat eingereist und dort aufgewachsen und zur Schule gegangen ist, rechtfertigt einen solchen Schluss jedoch noch nicht (in diesem Sinne siehe EGMR, Entscheidung vom 7.10.2004 in der Sache Dragan, a.a.O., hinsichtlich der dortigen Beschwerdeführer zu 2 und 3). Ein wesentlicher Gesichtspunkt ist neben der Dauer des Aufenthalts insbesondere, ob der Ausländer ein Alter erreicht hat, in dem ihm ein Hineinwachsen in die Lebensumstände des Staates seiner Staatsangehörigkeit in der Regel nicht mehr oder nur unter größten Schwierigkeiten gelingen kann (vgl. dazu OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.2.1999, a.a.O.), wobei gerade auch die Sprachkenntnisse des Betroffenen bzw. dessen sprachliche Integrationsfähigkeit im Heimatland in Betracht zu ziehen sind (siehe zu den einzelnen Gesichtspunkten die Nachweise aus der Rechtsprechung des EGMR in BVerfG, Beschluss vom 1.3.2004 - 2 BvR 1570/03 -, NVwZ 2004, 852 ff.).
38 
Vor dem dargestellten Hintergrund ist im Fall des Klägers bei Abwägung aller Umstände nicht festzustellen, dass die Verweigerung der Legalisierung seines Aufenthalts und die geplante Aufenthaltsbeendigung unverhältnismäßig ist und daher gegen Art. 8 Abs. 1 EMRK verstößt. Dabei ist es nach Auffassung des Senats nicht ausreichend, bei der Beurteilung der Integration des Klägers gleichsam isoliert nur in den Blick zu nehmen, inwieweit er selbst - etwa im Hinblick auf Sprachkenntnisse, Schulbesuch und persönlichen Umgang - in der Bundesrepublik Deutschland verwurzelt ist. Vielmehr kommt dabei auch der Frage Bedeutung zu, in welchem Umfang seine Familie sich in die bundesdeutschen Lebensverhältnisse integriert hat. Denn für die Beurteilung der Verwurzelung des Klägers kommt es auch entscheidend darauf an, ob bzw. inwieweit seine familiären Verhältnisse an das Leben in der Bundesrepublik Deutschland angeglichen sind und welche Verbindungen insoweit noch zum Land seiner Staatsangehörigkeit bestehen. Für eine solche Gesamtbetrachtung spricht nicht nur die Bezugnahme auf das "Familienleben" als paralleles Schutzgut des Art. 8 Abs. 1 EMRK, sondern auch die Tatsache, dass der Kläger seinen Lebensunterhalt in der Bundesrepublik Deutschland nicht allein sichern könnte, sondern hierfür auf die Unterstützung seiner Familie angewiesen ist. Sein Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland kann auch insoweit rechtlich nicht isoliert von demjenigen seiner Familie, insbesondere seiner Eltern, beurteilt werden. Zudem wären auch Fallgestaltungen denkbar, in denen nur ein Kind in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert ist, andere Kinder dagegen auf Rückkehr in den Heimatstaat angewiesen wären.
39 
Entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung sind bei dieser Gesamtbetrachtung - sowohl zu seinen Gunsten wie zu seinen Lasten - auch solche Gesichtspunkte berücksichtigungsfähig, welche (etwa im Hinblick auf die unterbliebene Ausreise aus dem Bundesgebiet) auf das Verhalten seiner Eltern zurückzuführen sind.  Er muss sich das Verhalten seiner Eltern schon deshalb zurechnen lassen, weil er als Kind grundsätzlich deren aufenthaltsrechtliches Schicksal teilt und sich nur deshalb bis heute in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten konnte, weil diese ihrer bestehenden Ausreisepflicht nicht nachgekommen sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.4.1997 - 1 B 74/97 -, juris). Hierfür spricht auch, dass das Aufenthaltsgesetz ein selbständiges Aufenthaltsrecht für Kinder erst nach Vollendung des 16. Lebensjahres vorsieht (vgl. § 35 Abs. 1 AufenthG) und sie auch erst ab diesem Alter für verfahrensfähig erklärt (vgl. § 80 Abs. 1 AufenthG). Daran zeigt sich, dass der Gesetzgeber auch beim Aufenthaltsgesetz an der Konzeption festgehalten hat, wonach das Aufenthaltsrecht von Kindern bis zum 16. Lebensjahr dem der Eltern folgt; damit wird im übrigen auch ihre Integrationsfähigkeit in andere Lebensverhältnisse generell unterstellt (vgl. Hessischer VGH, Urteil vom 21.9.1994 - 10 UE 548/94 -, NVwZ-RR 1995, 163). Auch sonst geht die Rechtsprechung bei Abschiebungshindernissen von Kindern davon aus, dass die familiäre Unterstützung im Heimatland mit zu berücksichtigen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.9.1999 - 9 C 12.99 -, BVerwGE 109, 305 und Urteil vom 27.7.2000 - 9 C 9.00 -, InfAuslR 2001, 52). Die Berücksichtigung der rechtlichen Bindung des Kindes an seine Eltern entspricht auch den Regelungen des deutschen Familienrechts, wonach Kinder den Wohnsitz der Eltern teilen (§ 11 BGB) und diesen im Rahmen der elterlichen Sorge das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihr Kind zusteht (§§ 1626 Abs. 1, 1631 Abs. 1 BGB). Nach §§ 1666, 1666a BGB kommt ein Eingriff in dieses Recht, insbesondere eine Trennung, nur ausnahmsweise in Betracht. Der Senat hat bei der Frage, ob eine Ausreise für ein Kind aus Rechtsgründen unzumutbar ist, wegen des Grundsatzes der Einheit der Rechtsordnung im übrigen auch die insofern eher zurückhaltende Rechtsprechung zu §§ 1631,1666 BGB zu bedenken.
40 
Bei der danach gebotenen Gesamtschau ist zu Gunsten des Klägers in die Erwägungen einzustellen, dass er, wie auch seine Geschwister, in der Bundesrepublik Deutschland geboren und aufgewachsen ist; er beherrscht - wie die mündliche Verhandlung vor dem Senat bestätigt hat - die deutsche Sprache sehr gut, besucht mit überdurchschnittlichem Erfolg die Realschule und möchte anschließend auf das Gymnasium wechseln. Zudem nimmt er am sozialen Leben in seiner Wohngemeinde teil. Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, dass er sich nach seinen Angaben bisher niemals in Vietnam, dem Land seiner Staatsangehörigkeit, aufgehalten hat, dieses also nicht aus eigener Anschauung kennt.
41 
Andererseits kann aber nicht außer Acht gelassen werden, dass die Eltern des Klägers bisher in weit geringerem Maß in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert sind als er, weshalb die innerfamiliären Lebensverhältnisse auch heute noch in erheblichem Maß von der vietnamesischen Herkunft der Gesamtfamilie geprägt werden. Dabei ist in der Verhandlung vor dem Senat vor allem aufgefallen, dass der Vater des Klägers, trotz des langjährigen Aufenthalts, die deutsche Sprache verhältnismäßig schlecht beherrscht, weshalb der Kläger die Fragen des Senats und die Antworten seines Vaters zumeist übersetzen musste. Nach Angaben des Klägers spricht sein Vater allerdings besser Deutsch als seine Mutter, weshalb bei ihr von einer noch geringeren Beherrschung der deutschen Sprache ausgegangen werden muss. Schon diese geringen Sprachkenntnisse der Eltern legen es nahe, dass bei ihnen keine fortgeschrittene Integration angenommen werden kann. Darüber hinaus hat die Familie des Klägers in der Zeit von 1990 bis zum Februar 2000 Sozialhilfe (teilweise in voller Höhe, teilweise als zusätzliche Leistung) bezogen, was für diesen Zeitraum gegen eine gelungene Integration - jedenfalls in wirtschaftlicher Hinsicht - spricht.
42 
Zu berücksichtigen ist ferner, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt über einen rechtmäßigen und damit längerfristig gesicherten Aufenthalt in Deutschland verfügt hat. Dem Umstand, dass seine Eltern im Jahr 1987 als Vertragsarbeitnehmer in die DDR gelangt sind und dort ein bis zum Jahr 1992 gültiges Aufenthaltsrecht erhalten haben, kommt dabei keine entscheidende Bedeutung zu. Ungeachtet der Frage, ob und gegebenenfalls welche Wirkungen dieses Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland entfaltet hat, waren sie nämlich jedenfalls nach dem Abschluss ihrer Asylverfahren vollziehbar ausreisepflichtig und durchgehend nur im Besitz von Duldungen, die ihre Ausreisepflicht unberührt gelassen haben. Ab diesem Zeitpunkt konnte aber weder für sie noch für den Kläger von einem begründeten Vertrauen auf einen dauerhaften Aufenthalt ausgegangen werden. Hinzu kommt, dass die Dauer des Aufenthalts maßgeblich dadurch zustande gekommen ist, dass die Eltern des Klägers nach dem rechtskräftigen Abschluss ihrer Asylverfahren trotz der bestehenden Ausreisepflicht mehrere weitere (erfolglose) Verfahren zur Erlangung eines Aufenthaltsrechts eingeleitet haben. Sie haben bereits im Jahr 1995 einen erfolglosen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis gestellt, im Jahr 1997 ebenfalls erfolglos eine Petition eingereicht und am 15.3.2000 einen - ebenfalls erfolglosen -  Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis auf der Grundlage von § 32 AuslG i.V.m. dem Erlass des Innenministeriums Baden-Württemberg über die Härtefallregelung für ausländische Familien mit langjährigem Aufenthalt vom 12.1.2000 - Az.: 4-1340/29 -gestellt (das damals beim Verwaltungsgericht Stuttgart anhängige Klageverfahren hat währenddessen geruht). Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Vater des Klägers einer am 28.12.1995 erfolgten Vorladung wegen einer beabsichtigten Passbeschaffung unentschuldigt nicht nachgekommen ist und sich - wie die Beklagte in einem Schreiben an die damaligen Bevollmächtigten der Eltern des Klägers vom 17.5.2000 ausgeführt hat - später auch weigerte, Angaben bezüglich seines letzten Aufenthaltes in Vietnam zu machen. So wird auch im Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12.4.2001 (11 K 547/01) ausgeführt, die Kläger (gemeint: die Eltern des Klägers) hätten hinsichtlich der Passlosigkeit ihren diesbezüglichen Mitwirkungspflichten nicht genügt und seien mündlichen und schriftlichen Aufforderungen der Ausländerbehörde zum Ausfüllen von Passanträgen nicht nachgekommen bzw. hätten entsprechenden Vorladungen nicht Folge geleistet. Es kann wohl davon ausgegangen werden, dass eine Aufenthaltsbeendigung in der Vergangenheit möglich gewesen wäre, wenn sich die - vollziehbar ausreisepflichtigen - Eltern des Klägers um Reisepapiere bemüht hätten.
43 
Zugunsten des Klägers fällt demgegenüber nicht entscheidend ins Gewicht, dass sein Aufenthalt und der Aufenthalt seiner Familie seit dem Abschluss der Asylverfahren der Eltern im Jahr 1995 von der Beklagten nicht zwangsweise beendet worden ist. Es erscheint bereits als grundsätzlich zweifelhaft, ob ein Ausländer, der vollziehbar zur Ausreise aus dem Bundesgebiet verpflichtet ist und dieser gesetzlichen Verpflichtung freiwillig nachkommen könnte, sich   überhaupt auf die unterlassene Vollstreckung der Ausreiseverpflichtung berufen kann. Hat ein Ausländer die seiner freiwilligen Ausreise und seiner Abschiebung entgegenstehenden Hindernisse zu vertreten, so ist er nämlich nach der Rechtsprechung verpflichtet, die ihm entstehenden Nachteile gering zu halten, indem er sich frühzeitig und nachhaltig um die Beseitigung des Ausreisehindernisses bemüht. Zudem hat er Nachteile, die sich hieraus ergeben, grundsätzlich hinzunehmen und kann nicht darauf vertrauen, eine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.4.1997 - 1 B 74/97 -, juris). Davon abgesehen lagen vorliegend aber auch nachvollziehbare Gründe dafür vor, dass eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung der Familie des Klägers in der Vergangenheit nicht erfolgt ist. Zum einen hat sein Vater - wie ausgeführt - die Mitwirkung an der Beschaffung von Reisepapieren mehrfach verweigert. Zum anderen stellte sich eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung der Familie auf der Grundlage des am 21.7.1995 unterzeichneten "Deutsch-Vietnamesischen Rückübernahmeabkommens" nach den unbestrittenen Angaben der Beklagten bzw. des Regierungspräsidiums Stuttgart als schwierig und langwierig dar.  
44 
Beim Kläger ist auch die Annahme gerechtfertigt, dass er sich in die vietnamesischen Lebensverhältnisse wird einleben können. Wie er schon in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht angegeben hat, verfügt er durchaus über vietnamesische Sprachkenntnisse. Dies hat sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt. Zwar hat er hier zunächst gemeint, seine Vietnamesischkenntnisse seien eher schlecht. Allerdings spricht er zuhause nach seinem eigenen Vortrag mit den Eltern Vietnamesisch. In der mündlichen Verhandlung hat er zudem die an seinen Vater gerichteten Fragen des Senats übersetzt, was ihm offenbar keine besonderen Schwierigkeiten bereitet hat. Danach muss der Kläger jedoch über zumindest so gute Kenntnisse der vietnamesischen Sprache verfügen, dass ihm eine Verständigung mit seinen Eltern im Alltagsleben möglich ist. Angesichts seines Alters ist zudem die Annahme gerechtfertigt, dass er diese Kenntnisse der vietnamesischen Sprache weiter ausbauen kann (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.9.2002 - 11 S 862/02 -, NVwZ-RR 2003, 307, 308 f.; Urteil vom 27.1.2004 - 10 S 1610/03 -, VBlBW 2004, 308, 311; Beschluss vom 2.11.2004 - 1 S 3023/04 -, InfAuslR 2006, 71;  ferner EGMR, Urteil vom 27.10. 2005 - 32231 - , InfAuslR 2006, 3; Urteil vom 5.7.2005 - 46410/99 - <Üner>, InfAuslR 2005, 450). Soweit er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen hat, er könne die vietnamesische Sprache nicht lesen und schreiben, ist zu berücksichtigen, dass er sich in einem Alter befindet, in dem der Erwerb dieser Kenntnisse jedenfalls noch als zumutbar erscheint, zumal auch diese Sprache lateinische Buchstaben verwendet, wie der Kläger in der Verhandlung nochmals bestätigt hat. Dies gilt umso mehr, als er - wie dargelegt - die vietnamesische Sprache jedenfalls recht gut spricht. Hinzu kommt, dass er nicht allein, sondern gemeinsam mit seiner Familie nach Vietnam übersiedeln soll, dort also nicht auf sich allein gestellt sein wird, sondern insbesondere mit der Unterstützung seiner Eltern rechnen kann, die mit den vietnamesischen Lebensverhältnissen noch hinreichend vertraut sein dürften. Zudem befinden sich noch seine Großeltern in Vietnam, mit welchen die Familie regelmäßigen Kontakt pflegt. Auch dies dürfte ein Einleben in die vietnamesischen Lebensverhältnisse erleichtern.
45 
Unter Abwägung aller Gesichtspunkte kann der Kläger daher auch aus der Tatsache, dass er hier geboren und aufgewachsen ist und hier seine Schulausbildung erhalten hat bzw. derzeit erhält, nicht ableiten, dass die Versagung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG in seinem Fall einen unzulässigen Eingriff i.S.d. Art. 8 Abs. 2 EMRK darstellt.
46 
c) Der Senat vermag auch nicht zu erkennen, dass die Versagung einer Legalisierung des Aufenthalts des Klägers zu einem verfassungsrechtlich unzulässigen Eingriff in grundgesetzliche Gewährleistungen aus Art. 1, 2 oder 3 GG führt.
47 
Fehlt es danach bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG, bedarf keiner Erörterung, ob das Ermessen der Beklagten - wie das Verwaltungsgericht angenommen hat - dergestalt reduziert ist, dass ermessensfehlerfrei allein die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis in Betracht kommt (sog. "Ermessensreduzierung auf Null").
48 
3. Auch § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG, wonach die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden "soll", wenn die Abschiebung 18 Monate lang ausgesetzt ist, verschafft dem Kläger keinen selbständigen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Denn § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG setzt das Vorliegen der Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG voraus. Dies folgt daraus, dass § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG systematisch an den Tatbestand des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG anknüpft und nur die dort vorgesehene Rechtsfolge ("kann") im Sinne eines "soll" modifiziert, sofern das zusätzliche Tatbestandsmerkmal "Aussetzung der Abschiebung seit 18 Monaten" erfüllt ist (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.4.2005 - 11 S 2779/04 -, juris). Bereits der Tatbestand des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG ist hier aber nicht erfüllt, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt.
49 
4. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 32 Abs. 4 AufenthG. Nach dieser Vorschrift kann dem minderjährigen ledigen Kind eines Ausländers (im übrigen, d. h. wenn die Voraussetzungen der Absätze 1 bis 3 - wie hier - nicht vorliegen) eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn es auf Grund der Umstände des Einzelfalls zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist. Hierbei sind das Kindeswohl und die familiäre Situation zu berücksichtigen (Satz 2).
50 
Es kann vorliegend offen bleiben, ob einem Anspruch auf Grund dieser Bestimmung schon entgegensteht, dass der Kläger im Verwaltungs- und Klageverfahren ausdrücklich (nur) die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis beantragt hat, welcher nach Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 AufenthG entspricht (vgl. § 101 Abs. 2 AufenthG). Denn er erfüllt jedenfalls nicht die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 AufenthG. Allerdings steht der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf dieser Grundlage wohl nicht entgegen, dass er in der Bundesrepublik Deutschland geboren ist. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Vorgängerbestimmung des § 20 Abs. 4 Nr. 2 AuslG war diese nämlich auch auf Kinder anwendbar, die im Bundesgebiet geboren sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.5.2004 - 13 S 2833/02 -, InfAuslR 2004, 385 = VBlBW 2004, 354). Dies dürfte auch für die insoweit übereinstimmende Regelung des § 32 Abs. 4 AufenthG angenommen werden können.
51 
Im Fall des Klägers kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Vermeidung einer besonderen Härte in diesem Sinne erforderlich ist. Das Vorliegen einer solchen Härte setzt voraus, dass die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis den minderjährigen Ausländer in den Folgen deutlich ungleich schwerer trifft als andere Ausländer in vergleichbarer Lage (vgl. - zu § 20 Abs. 4 Nr. 2 AuslG - VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.5.2004, a.a.O. m.w.N.; Hailbronner, AuslR, Stand: 6/2005, Rnr. 28 f. zu § 32 AufenthG). Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass der Zweck des § 32 AufenthG darin besteht, den von dieser Bestimmung begünstigten Familienmitgliedern einen gemeinsamen rechtmäßigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland zu ermöglichen, um dem sich aus Art. 6 GG ergebenden Schutz von Ehe und Familie Rechnung zu tragen (vgl. hierzu die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 15/420, S. 83). Eine besondere Härte im Sinne dieser Bestimmung kann vor diesem Hintergrund aber nur dann angenommen werden, wenn die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis ein solches Zusammenleben in der Bundesrepublik Deutschland hindert. Angesichts des Umstandes, dass sowohl die Eltern des Klägers als auch seine Geschwister vollziehbar ausreisepflichtig sind und nach dem Willen der Beklagten die Bundesrepublik Deutschland gemeinsam mit ihm verlassen sollen, kommt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an ihn schon von der Zweckbestimmung des § 32 Abs. 4 AufenthG her nicht in Betracht. Zudem ist nicht erkennbar, dass die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis eine besondere Härte im dargestellten Sinn begründen könnte, nachdem sie gerade nicht zu einer Trennung von der Familie führt.
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5. Auch aus dem Gesetz zu dem Übereinkommen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes (BGBl. II 1992, S. 121 ff.) kann der Kläger für das von ihm begehrte Aufenthaltsrecht nichts herleiten. Dieses Übereinkommen ist für die Bundesrepublik Deutschland am 5. April 1992 (BGBl. 1992 II, 990) in Kraft getreten.
53 
Im vorliegenden Fall ist schon zweifelhaft, ob das Übereinkommen Rechte des Klägers begründet, aus welchen sich ein Aufenthaltsrecht ergeben könnte. Auch insofern ist von entscheidender Bedeutung, dass er zusammen mit seinen Eltern und Geschwistern das Bundesgebiet verlassen soll. Das Übereinkommen betont an mehreren Stellen die Achtung vor dem Elternrecht. Insoweit gilt auch bei Heranziehung des Übereinkommens nichts anderes als sonst allgemein im Ausländerrecht, dass nämlich minderjährige Kinder das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern teilen. Aus Art. 20 Abs. 1 des Übereinkommens ergibt sich eine besondere Beistandspflicht des Staates nur für solche Kinder, die aus ihrer familiären Umgebung herausgelöst werden. Dies ist vorliegend gerade nicht der Fall.
54 
Darüber hinaus hat die Bundesrepublik Deutschland bei der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde eine "Erklärung" abgegeben, in der es unter I. Satz 4 und 5 heißt, das Übereinkommen finde innerstaatlich keine unmittelbare Anwendung. Es begründe völkerrechtliche Staatenverpflichtungen, die die Bundesrepublik Deutschland nach näherer Bestimmung ihres mit dem Übereinkommen übereinstimmenden innerstaatlichen Rechts erfülle. Des weiteren wird unter IV. eine bereits am 23. Februar 1989 in Genf abgegebene Erklärung bekräftigt, nach der nichts in dem Übereinkommen dahingehend ausgelegt werden könne, dass die widerrechtliche Einreise eines Ausländers in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland oder dessen widerrechtlicher Aufenthalt dort erlaubt sei; auch könne keine Bestimmung dahin ausgelegt werden, dass sie das Recht der Bundesrepublik Deutschland beschränke, Gesetze und Verordnungen über die Einreise von Ausländern und die Bedingungen ihres Aufenthalts zu erlassen oder Unterschiede zwischen Inländern und Ausländern zu machen.
55 
Die von der Bundesrepublik Deutschland bei der Ratifikation des Vertrages gemachten Vorbehalte schließen die Ableitung von Rechten aus dem Übereinkommen aus. Es spricht auch nichts dafür, dass diese Vorbehalte nach Art. 51 Absatz 2 des Übereinkommens unzulässig wären.
56 
6. Schließlich ergibt sich auch aus der Landesverfassung Baden-Württemberg nichts für einen Aufenthaltserlaubnisanspruch des Klägers. Dies gilt insbesondere für die in der Rechtsprechung teilweise herangezogene Bestimmung des Art. 2 Abs. 2 LV, wonach sich das Volk von Baden-Württemberg zu dem unveräußerlichen Menschenrecht auf die Heimat bekennt (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 11.10.2005 - 11 K 5363/03 -). Abgesehen davon, dass die Regelungen der Landesverfassung den Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes nachrangig sind (Art. 31 GG), kann sich eine eigene Rechtsposition des Klägers hieraus schon deshalb nicht ergeben, weil es sich dabei nicht um ein Grundrecht handelt, sondern um einen Programmsatz, der allenfalls die Rechtspflicht der Staatsorgane begründet, zur Verwirklichung des Rechts auf Heimat das ihnen Mögliche beizutragen (vgl. Braun, Kommentar zur Verfassung des Landes Baden-Württemberg, 1984, Rnr. 133 ff. zu Art. 2; Hollerbach in: Feuchte, Verfassung des Landes Baden-Württemberg, 1987, Rnr. 25 ff. zu Art. 2). Nachdem die für den Kläger sprechenden Gesichtspunkte, insbesondere seine fortgeschrittene Integration in die bundesdeutschen Lebensverhältnisse, bereits über Art. 8 EMRK in Verbindung mit § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG umfassend berücksichtigt worden sind, ist nicht erkennbar, dass sich aus dem Recht auf Heimat insoweit zusätzliche, zugunsten des Klägers zu berücksichtigende Gesichtspunkte ergeben könnten. Danach bedarf auch keiner weiteren Vertiefung, ob der Kläger vom Begriff des "Volkes" in Art. 2 Abs. 2 LV überhaupt erfasst wird.
57 
7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Anwendung des § 161 Abs. 3 VwGO kommt vorliegend nicht in Betracht. Nach dieser Bestimmung fallen in den Fällen des § 75 die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte. Es kann offen bleiben, ob die Anwendung des § 161 Abs. 3 VwGO bereits deshalb ausgeschlossen ist, weil eine streitige Gerichtsentscheidung ergeht (hierzu Ring, NVwZ 1995, 1191; Kopp/Schenke, a.a.O. Rnr. 35 zu § 161 m.w.N.). Denn § 161 Abs. 3 VwGO ist jedenfalls dann nicht anzuwenden, wenn ein Kläger das anhängige Klageverfahren nach negativer Bescheidung durch die Behörde zunächst fortsetzt und es entweder erst später für erledigt erklärt wird oder streitig über die Sache entschieden werden muss. In einem solchen Fall besteht für eine Kostenüberbürdung auf den Beklagten nach § 161 Abs. 3 VwGO keine Rechtfertigung mehr, weil sich die verzögerte Bescheidung als nicht mehr kausal für den nach dem Erlass des Verwaltungsaktes fortgesetzten Prozess erweist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.7.1991 - 3 C 56/90 -, NVwZ 1991, 1180; Beschluss vom 28.4.1992 - 3 C 50/90 -, Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 94; Clausing in: Schoch/Schmidt-Aßmann/ Pietzner, VwGO, Stand 2005, Rnr. 41 zu § 161;  Kopp/Schenke, a.a.O., Rnr. 35 zu § 161 m.w.N.). Diese Grundsätze sind auch hier anzuwenden. Zwar hat die Beklagte bislang keinen förmlichen Bescheid erlassen; sie hat sich jedoch in der beim Verwaltungsgericht vorgelegten Klageerwiderung vom 23.12.2003 zur Sache geäußert und dabei die Gründe, aus welchen nach ihrer Auffassung die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis an den Kläger (und seine Familie) weiterhin ausscheidet, ausführlich dargestellt. Der Kläger hätte danach - in gleicher Weise wie nach dem Ergehen eines Bescheides - die Möglichkeit gehabt, das Verfahren nach Kenntnis der Rechtsauffassung der Beklagten durch Erledigungserklärung oder Rücknahme (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 23.7.1991 und vom 28.4.1992, a.a.O.) zu beenden. Nachdem er hierauf verzichtet hat, ist es nicht mehr gerechtfertigt, ihn für die weitere Prozessführung von jedem Kostenrisiko freizustellen. Der Umstand, dass er im erstinstanzlichen Verfahren erfolgreich gewesen ist, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Denn dies ändert nichts daran, dass das Unterlassen der Bescheidung seines Antrags durch die Beklagte jedenfalls nach Vorlage der Klageerwiderung für den weiteren Fortgang des Verfahrens nicht mehr ursächlich gewesen ist.
58 
Da der Beigeladene einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO) entspricht es der Billigkeit, dem Kläger auch seine außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO).
59 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
60 
Beschluss
61 
vom 18.1.2006
62 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 72 Nr.1 GKG i. d. F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5.5.2004, BGBl. I S. 718).
63 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Eine vor dem 1. Januar 2005 erteilte Aufenthaltsberechtigung oder unbefristete Aufenthaltserlaubnis gilt fort als Niederlassungserlaubnis entsprechend dem ihrer Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt. Eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, die nach § 1 Abs. 3 des Gesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge vom 22. Juli 1980 (BGBl. I S. 1057) oder in entsprechender Anwendung des vorgenannten Gesetzes erteilt worden ist, und eine anschließend erteilte Aufenthaltsberechtigung gelten fort als Niederlassungserlaubnis nach § 23 Abs. 2.

(2) Die übrigen Aufenthaltsgenehmigungen gelten fort als Aufenthaltserlaubnisse entsprechend dem ihrer Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt.

(3) Ein Aufenthaltstitel, der vor dem 28. August 2007 mit dem Vermerk „Daueraufenthalt-EG“ versehen wurde, gilt als Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU fort.

(4) Ein Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4, der vor dem 1. März 2020 erteilt wurde, gilt mit den verfügten Nebenbestimmungen entsprechend dem der Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt im Rahmen seiner Gültigkeitsdauer fort.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.