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| Die Normenkontrollanträge der Antragsteller sind zulässig und nach Maßgabe des Tenors auch begründet. |
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| Die Anträge sind gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen unbedenklich zulässig. Die Antragsteller besitzen insbesondere die gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO erforderliche Antragsbefugnis, da sie sich gegen Festsetzungen des angefochtenen Bebauungsplans wenden, die unmittelbar ihr eigenes Grundstück betreffen und daher eine Bestimmung von Inhalt und Schranken ihres Eigentums bedeuten. Die Antragsbefugnis ist in einem solchen Fall regelmäßig zu bejahen (BVerwG, Beschl. v. 13.11.2012 - 4 BN 23.12 - Juris; Beschl. v. 7.7.1997 - 4 BN 11.97 - ZfBR 1997, 314; Urt. v. 10.3.1998 - 4 CN 6.97 - ZfBR 1998, 205). § 47 Abs. 2a VwGO steht der Zulässigkeit der Anträge ebenfalls nicht entgegen, da die Antragsteller mit Schreiben vom 10.7.2013 rechtzeitig Einwendungen gegen den Bebauungsplan erhoben haben. |
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| Die Anträge haben auch in der Sache Erfolg. Zwar bestehen gegen den angefochtenen Bebauungsplan in verfahrensrechtlicher Hinsicht keine Bedenken (1.). Der Plan ist jedoch insoweit materiell rechtswidrig, als die Antragsgegnerin mit der Festsetzung des über das Grundstück der Antragsteller führenden innerörtlichen Verbindungswegs die Eigentümerinteressen der Antragsteller unverhältnismäßig hinter die mit diesem Weg verfolgten öffentlichen Interessen zurückgestellt hat (2.). Der darin liegende Fehler im Abwägungsergebnis hat allerdings nicht die Gesamtnichtigkeit des Bebauungsplans zur Folge, sondern zieht nur die Unwirksamkeit der hierauf bezogenen Festsetzungen des Plans nach sich (3.). |
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| 1. Gegen den angefochtenen Änderungsbebauungsplan bestehen in verfahrensrechtlicher Hinsicht keine Bedenken. |
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| a) Die Aufstellung des angefochtenen Bebauungsplans erfolgte im beschleunigten Verfahren gemäß § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB. Eine frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit und der Behörden nach den §§ 3 Abs. 1 und 4 Abs. 1 BauGB sowie eine Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 BauGB sind dementsprechend unterblieben. Die an der Rechtmäßigkeit dieses Vorgehens geäußerten Zweifel der Antragsteller sind unbegründet. |
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| Nach § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB kann ein Bebauungsplan für die Wiedernutzbarmachung von Flächen, die Nachverdichtung oder andere Maßnahmen der Innenentwicklung (Bebauungsplan der Innenentwicklung) im beschleunigten Verfahren aufgestellt werden, sofern die von ihm festgesetzte Grundfläche die in § 13a Abs. 1 Satz 2 BauGB genannten Grenzen nicht überschreitet und auch keiner der in § 13a Abs. 1 Satz 4 und 5 BauGB genannten weiteren Ausschlussgründe vorliegt. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist im vorliegenden Fall ohne weiteres zu bejahen. Der angefochtene Änderungsbebauungsplan erfasst ein im Ortskern der Antragsgegnerin gelegenes Gebiet und verfolgt u.a. das Ziel, in diesem Bereich zusätzliche Baumöglichkeiten zu schaffen. Das Plangebiet umfasst eine Fläche von nur 2.665 m2. Die in § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB genannten Grenzen für die in einem der Bebauungsplan der Innenentwicklung festgesetzte Grundfläche werden folglich bei Weitem nicht erreicht. Die Zulässigkeit eines Vorhabens, das einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegt, wird durch den angefochtenen Änderungsbebauungsplan nicht begründet. Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter liegen nicht vor. Insoweit werden auch von den Antragstellern keine Einwendungen gegen die Anwendung des beschleunigten Verfahrens erhoben. |
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| Die in § 13a BauGB getroffene Regelung ist unionsrechtskonform. Sie verstößt, anders als von den Antragstellern in der Begründung ihrer Anträge angedeutet, insbesondere nicht gegen die Richtlinie 2001/42/EG vom 21.7.2001 (sog. Plan-UP-Richtlinie). |
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| Nach ihrem Art. 1 ist es das Ziel der Plan-UP-Richtlinie, ein hohes Umweltschutzniveau sicherzustellen, indem alle Pläne und Programme, die voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben, vor ihrer Annahme einer Umweltprüfung unterzogen werden. Art. 3 Abs. 1 Plan-UP-RL schreibt dementsprechend vor, dass die unter die Absätze 2 bis 4 fallenden Pläne und Programme, die voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben, einer Umweltprüfung nach den Art. 4 bis 9 unterzogen werden. Dies gilt nach Art. 3 Abs. 2 Plan-UP-RL - vorbehaltlich der Regelung in Art. 3 Abs. 3 - insbesondere für alle Pläne und Programme, durch die der Rahmen für die künftige Genehmigung der in den Anhängen I und II der Richtlinie 85/337/EWG aufgeführten Projekte gesetzt wird oder bei denen angesichts ihrer voraussichtlichen Auswirkungen auf Gebiete eine Prüfung nach Art. 6 oder 7 der Richtlinie 92/43/EWG für erforderlich erachtet wird. Bei nicht unter diese Vorschrift fallenden Plänen und Programmen, durch die der Rahmen für die künftige Genehmigung von Projekten gesetzt wird, haben die Mitgliedstaaten gemäß Art. 3 Abs. 4 Plan-UP-RL darüber zu befinden, ob diese voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben. Nach Art. 3 Abs. 5 Satz 1 Plan-UP-RL kann das entweder durch Einzelfallprüfung oder durch Festlegung von Arten von Plänen oder durch eine Kombination dieser beiden Ansätze erfolgen, wobei gemäß Art. 3 Abs. 5 Satz 2 Plan-UP-RL in jedem Fall die einschlägigen Kriterien des Anhangs II der Richtlinie zu beachten sind. |
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| Mit § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB hat der deutsche Gesetzgeber von der zweiten Variante des Art. 3 Abs. 5 Satz 1 Plan-UP-RL Gebrauch gemacht und abstrakt-generell festgelegt, dass bestimmte Pläne im beschleunigten Verfahren und damit nach § 13a Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit § 13 Abs. 3 Satz 1 BauGB ohne Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 BauGB erlassen werden können. Eine solche abstrakte Regelung ist zulässig, weil es denkbar ist, dass eine besondere Art von Plan, die bestimmte qualitative Voraussetzungen erfüllt, a priori voraussichtlich keine erheblichen Umweltauswirkungen hat (BVerwG, Beschl. v. 31.7.2014 - 4 BN 12.14 - NVwZ 2015, 161; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 29.10.2013 - 3 S 198/12 - NVwZ-RR 2014, 171; Urt. v. 17.2.2014 - 5 S 3254/11 - BauR 2014, 1243). |
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| Aus dem von den Antragstellern zitierten Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 18.4.2013 - C-463/11 - (BauR 2013, 1097) ergibt sich nichts anderes. In dem Urteil hat der Europäische Gerichtshof die in § 13a BauGB getroffene Regelung nicht in Frage gestellt, sondern allein die inzwischen aufgehobene Regelung in § 214 Abs. 2a Nr. 1 BauGB a.F. beanstandet, der eine Verletzung der Verfahrensvorschriften über die Umweltprüfung, die darauf beruht, dass die Gemeinde die Voraussetzung für das beschleunigte Verfahren nach § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB unzutreffend beurteilt hat, als für die Rechtswirksamkeit dieses Bebauungsplans der Innenentwicklung unbeachtlich erklärte. |
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| b) Der Bebauungsplan verstößt ferner nicht gegen die besonderen Verfahrensvorschriften, die für die Aufstellung eines Bebauungsplans der Innenentwicklung gelten. Die Antragsgegnerin hat ihre Entscheidung, dass der Plan im vereinfachten Verfahren ohne Durchführung einer Umweltprüfung beschlossen werden soll, insbesondere gemäß § 13a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB ortsüblich bekanntgemacht. Mehr ist jedenfalls unter den im vorliegenden Fall gegebenen Umständen nicht erforderlich. |
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| Art. 3 Abs. 7 Plan-UP-RL bestimmt, dass die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass die nach Art. 3 Abs. 5 Plan-UP-RL getroffenen Schlussfolgerungen, einschließlich der Gründe für die Entscheidung, keine Umweltprüfung gemäß den Artikeln 4 bis 9 vorzuschreiben, der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Was Gegenstand der Hinweispflicht ist, hängt davon ab, wie der Mitgliedstaat von seiner Befugnis gemäß Art. 3 Abs. 5 Satz 1 Plan-UP-RL Gebrauch macht. Trifft er die Bestimmung wie im Fall des § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB abstrakt-generell auf der Ebene des Gesetzes, so trifft auch die Hinweispflicht jedenfalls primär den Gesetzgeber (BVerwG, Beschl. v. 31.7.2014, a.a.O.). Dieser Pflicht hat der Gesetzgeber genügt, indem er in der Begründung zu § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Entwurfs des Gesetzes zur Erleichterung von Planungsvorhaben für die Innenentwicklung der Städte (BT-Drs. 16/2496, S. 13 f.) entsprechend Art. 3 Abs. 5 Satz 2 Plan-UP-RL dargelegt hat, aus welchen Gründen er in diesen Fällen keine Umweltprüfung nach Art. 4 bis 9 Plan-UP-RL vorgeschrieben hat. |
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| Die Frage, ob sich aus Art. 3 Abs. 7 Plan-UP-RL darüber hinaus weitere Hinweispflichten für das konkrete Bebauungsplanverfahren ergeben, bedarf im vorliegenden Fall keiner Klärung. Die Richtlinie fordert insoweit allenfalls, dass der Öffentlichkeit die maßgeblichen Schlussfolgerungen einschließlich ihrer Gründe „zugänglich“ gemacht werden. Wie der Vergleich mit dem Wortlaut des Art. 9 Plan-UP-RL zeigt, muss ein solches Zugänglichmachen nicht stets durch Bekanntgabe erfolgen, sondern kann ebenso im Wege der öffentlichen Auslegung erreicht werden (BVerwG, Beschl. v. 31.7.2014, a.a.O.). Ob Art. 3 Abs. 7 Plan-UP-RL im Fall des § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB mehr als den von § 13a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB vorgeschriebenen Hinweis verlangt, kann danach allenfalls dann zweifelhaft sein, wenn sich auch aus den ausgelegten Unterlagen nicht die Umstände ergeben, die im konkreten Fall zur Wahl des beschleunigten Verfahrens und damit zum Unterlassen der Umweltprüfung geführt haben (BVerwG, Beschl. v. 31.7.2014, a.a.O.). Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben, da die von der Antragsgegnerin mitausgelegte Begründung des Bebauungsplanentwurfs alle für die Beurteilung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB maßgeblichen Informationen enthält. |
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| 2. Der angefochtene Bebauungsplan beruht jedoch auf einer nicht ordnungsgemäßen Abwägung der mit der Planung verfolgten öffentlichen Interessen gegen die privaten Interessen der Antragsteller. |
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| Nach § 1 Abs. 7 BauGB sind bei der Aufstellung eines Bebauungsplans die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Die Beachtung dieses Gebots unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung, die die planerische Gestaltungsfreiheit der Gemeinde zu respektieren hat. Die gerichtliche Kontrolle der von der Gemeinde vorzunehmenden Abwägung hat sich dementsprechend auf die Prüfung zu beschränken, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat, ob in sie an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden musste, ob die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange richtig erkannt worden ist und ob der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belangen in einer Weise vorgenommen worden ist, die zu ihrer objektiven Gewichtigkeit in einem angemessenen Verhältnis steht (ständige Rechtsprechung, grundlegend: BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 - BVerwGE 34, 301; Urt. v. 5.7.1974 - IV C 50.72 - BVerwGE 45, 309). |
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| a) Die Festsetzung der Baufenster auf dem Grundstück der Antragsteller und den nach Nordwesten und Südwesten angrenzenden Grundstücken ist danach nicht zu beanstanden. Die damit verbundene Einräumung zusätzlicher Baumöglichkeiten entspricht dem mit dem Bebauungsplan verfolgten Ziel, die im Plangebiet gelegenen Flächen für eine Wohnnutzung zu aktivieren. Nachteile für die Antragsteller sind damit nicht verbunden. Das auf dem Grundstück der Antragsteller im Bebauungsplan „Ortskern-Süd“ in seiner ursprünglichen Fassung festgesetzte Baufenster von 10 m x 12,5 m wird mit der angefochtenen Änderung des Bebauungsplans auf 22,5 m x 13,5 m vergrößert und lässt damit eine Bebauung zu, die weit über das vorhandene Wohnhaus der Antragsteller hinausgeht. Dafür, dass durch die auf den benachbarten Grundstücken festgesetzten Baufenster die Bebauung des Grundstücks der Antragsteller eingeschränkt würde, ist nichts zu erkennen. Ihre diesbezüglichen Einwendungen haben die Antragsteller in der mündlichen Verhandlung auch nicht aufrechterhalten. |
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| b) Gegen den Bebauungsplan bestehen auch insoweit keine Bedenken, als er den bereits bestehenden Weg zwischen dem Vogtshof im Südwesten und der Tretenhofstraße im Nordosten nach Südosten an die Grenze zum Grundstück der Antragsteller verschiebt. Die Maßnahme dient der von der Antragsgegnerin angestrebten besseren Ausnutzung der im Plangebiet gelegenen Flächen für Wohnzwecke. Die damit verbundenen Nachteile für die Antragsteller sind hinnehmbar. |
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| c) Für die Planung des von der Luisenstraße über das Grundstück der Antragsteller nach Nordwesten führenden Verbindungswegs gilt das nicht. Die sich daraus für die Antragsteller ergebenden Nachteile wiegen so schwer, dass die Planung dieses Wegs trotz ihrer grundsätzlich anzuerkennenden Zielsetzung als nicht mehr verhältnismäßig anzusehen ist. |
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| aa) Festsetzungen eines Bebauungsplans haben keine enteignende Vorwirkung. Mit der Festsetzung von Flächen öffentlicher Nutzung ist daher keine Entscheidung über die Zulässigkeit einer Enteignung dieser Flächen verbunden (BVerfG, Beschl. v. 22.2.1999 - 1 BvR 565/91 - NVwZ 1999, 979; BVerwG, Beschl. v. 14.6.2007 - 4 BN 21.07 - BRS 71 Nr. 3; Urt. v. 6.6.2002 - 4 CN 6.01 - NVwZ 2002, 1506; Beschl. v. 21.2.1991 - 4 NB 16.90 - NVwZ 1991, 873). Setzt ein Bebauungsplan - wie hier - für ein bisher privat genutztes Grundstück eine Verkehrsfläche fest, bedarf es deshalb bei der Aufstellung des Plans keiner vollen Prüfung der Enteignungsvoraussetzungen (BVerfG, Beschl. v. 22.2.1999 - 1 BvR 565/91 - NVwZ 1999, 979). Ob der Vollzug der Festsetzung es erfordert, das Grundstück seinem bisherigen Eigentümer hoheitlich zu entziehen, ist vielmehr erst in einem etwaigen Enteignungsverfahren zu entscheiden. |
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| Das enthebt die Gemeinde aber nicht der Verpflichtung, bei der Aufstellung eines Bebauungsplans auch diejenigen schutzwürdigen privaten Interessen angemessen zu berücksichtigen, die sich aus dem Eigentum und dessen Nutzung herleiten lassen (BVerwG, Beschl. v. 14.6.2007, a.a.O.). Bei der Inanspruchnahme von privatem Grundeigentum muss insbesondere geprüft werden, ob es ein milderes Mittel gibt, das zur Zweckerreichung gleich geeignet ist, den Eigentümer aber weniger belastet (BVerfG, Beschl. v. 19.12.2002 - 1 BvR 1402/01 - NVwZ 2003, 727; BVerwG, Beschl. v. 14.6.2007, a.a.O.; Urt. v. 6.6.2002, a.a.O.). Das Gewicht des Eingriffs muss außerdem zur Dringlichkeit der für die Planung sprechenden Interessen in einem angemessenen Verhältnis stehen (BVerwG, Urt. v. 16.5.1991 - 4 C 17.90 - BVerwGE 88, 191). Diese Belange müssen umso gewichtiger sein, je stärker die Festsetzungen eines Bebauungsplans die Privatnützigkeit der betroffenen Grundstücke beschränken oder gar ausschließen (BVerwG, Beschl. v. 18.12.1987 - 4 NB 4.87 - NVwZ 1988, 727; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 6.2.2014 - 3 S 207/13 - VBlBW 2015, 37, Urt. v. 26.9.2003 - 3 S 1650/02 - BauR 2004, 373). |
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| bb) Der angefochtene Bebauungsplan weist den an die Luisenstraße grenzenden „Ausläufer“ des Grundstücks der Antragsteller sowie den nach Nordwesten folgenden Teil der Zufahrt zu der auf dem Grundstück vorhandenen Garage als öffentliche Verkehrsfläche besonderer Zweckbestimmung (verkehrsberuhigter Bereich) aus. Im Anschluss an diesen Bereich setzt der Plan auf dem Grundstück längs der südöstlichen und der südwestlichen Grenze des Grundstücks einen 2,5 m breiten öffentlichen Fuß- und Radweg fest, der seine Fortsetzung in dem über die nach Nordwesten angrenzenden Grundstücke Flst.Nr. ... und ... verlaufenden Weg zwischen dem Vogtshof im Südwesten und der Tretenhofstraße im Nordosten findet. |
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| Die mit dieser Planung verbundenen Nachteile für die Antragsteller wiegen schwer. Der unmittelbare Flächenverlust, den das Grundstück der Antragsteller durch die Planung erleidet, beträgt ca. 137 m2. Hinzu kommen ein gravierender Eingriff in die Privatsphäre der Antragsteller, da ihr bisher weitgehend ungestört in zweiter Reihe gelegenes Grundstück von dem geplanten Weg einschließlich seiner Fortsetzung von insgesamt drei Seiten eingerahmt wird und ein Teil des Wegs nur wenige Meter von der Terrasse der Antragsteller entfernt ist, sowie die Erschwernisse bei der Benutzung der Zufahrt zu der neben dem Wohnhaus befindlichen Garage auf dem Grundstück. Die Antragsteller können zwar auch weiterhin von ihrer Garage auf die Luisenstraße ausfahren bzw. von dieser Straße zu ihrer Garage gelangen. Ein Befahren der bisher privaten Zu- und Abfahrt wird aber in Zukunft insoweit erschwert, als die Antragsteller dabei Rücksicht auf die den Weg benutzenden Radfahrer und Fußgänger nehmen müssen. |
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| Der von der Antragsgegnerin genannte Vorteil, dass die Antragsteller für die Unterhaltung und die Verkehrssicherheit der für den öffentlichen Weg in Anspruch genommenen Fläche nicht mehr zuständig seien, vermag diese Nachteile auch nicht annähernd zu kompensieren, sondern ist nicht mehr als ein bloßes „Trostpflaster“. Die Nachteile der Planung für die Antragsteller lassen sich entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin auch nicht mit dem Hinweis darauf relativieren, dass die Antragsteller die Einsehbarkeit ihres Grundstücks mit wenig Aufwand selbst verringern könnten. Was den südlichen Teil des geplanten Verbindungswegs betrifft, scheidet eine solche Möglichkeit aus, da dieser Teil des Wegs den Antragsteller als Zu- und Abfahrt ihrer Garage dient, auf die sie auch in Zukunft nicht verzichten können. Um die Einsehbarkeit des Grundstücks auch von den weiteren Teilstücken des Wegs zumindest weitgehend auszuschließen, müssten die Antragsteller im Übrigen längs der Grenzen zu dem geplanten Weg einen mindestens 1,8 m hohen Sichtschutz errichten. Der Begriff „wenig Aufwand“ wird deshalb den tatsächlichen Verhältnissen auch insoweit nicht gerecht. Die Errichtung eines solchen Sichtschutzes bedeutete zudem zugleich, dass die Antragsteller in dem gleichen Maße von ihrer Umwelt abgeschnitten wären. |
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| Die von der Antragsgegnerin mit der Planung des von der Luisenstraße nach Nordwesten führenden Verbindungswegs verfolgten Gründe stehen zu den schwerwiegenden Nachteilen, die diese Planung für die Antragsteller bedeutet, in keinem angemessenen Verhältnis. |
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| Mit dem in Begründung des angefochtenen Bebauungsplans genannten Ziel einer innerörtlichen Nachverdichtung steht die Planung einer von Südosten nach Nordwesten verlaufenden Wegeverbindung - anders als die Verlegung des schon bisher vorhandenen Wegs zwischen dem Vogtshof und der Tretenhofstraße an die nordwestliche Grenze des Grundstücks der Antragsteller - in keinem Zusammenhang. Die Schaffung zusätzlicher Baumöglichkeiten auf den südwestlich und nordwestlich des Grundstücks der Antragsteller gelegenen Grundstücken hängt von der Herstellung dieser Wegeverbindung nicht ab und wird durch diese auch nicht erleichtert. |
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| Die Herstellung dieser Verbindung kann daher nur mit der - in der Begründung des Bebauungsplans als weiterer Grund für die Aufstellung des Bebauungsplans genannten - Konzeption eines innerörtlichen Wegenetzes gerechtfertigt werden. Nach den dazu in der Begründung gemachten Ausführungen der Antragsgegnerin soll mit dem vom Vogtshof zur Luisenstraße führenden Fuß- und Radweg eine verkehrssichere fußläufige Verbindung von den Wohngebieten westlich der Tretenhofstraße zu den Versorgungsbereichen in der Ortsmitte geschaffen werden. Dies gebe Schul- und Kindergartenkindern die Möglichkeit, abseits des Fahrverkehrs verkehrssicher zur Fußgängerampel an der Hauptstraße beim Rathaus und somit zum Schulgelände zu gelangen. Zudem werde damit ein wesentliches Teilstück für eine verkehrssichere Verbindung zwischen der Ortsmitte und den Freizeit- und Erholungseinrichtungen (Piratenspielplatz „Dautenstein“, Familienbad, Sport- und Tennisplätze, Naherholungsgebiet Herrenmatt-Rückhaltebecken und Litschental) geschaffen. Die Antragsgegnerin hat dazu in ihrer Antragserwiderung weiter dargelegt, der geplante Fuß- und Radweg sei Bestandteil einer Gesamtkonzeption, die den Bereich Turnhalle/Schulzentrum des Orts mit den Sportanlagen und dem Familienbad im Süden verbinden solle. Sie hat dazu einen Übersichtsplan vorgelegt, in dem eine - im Wesentlichen in Nordsüdrichtung verlaufende - Wegeverbindung von dem Schulzentrum im Nordosten des Orts und den Sportanlagen im Süden dargestellt ist, wobei allerdings offenbar ein nicht unwesentlicher Teil dieser Wegeverbindung auf Anliegerstraßen verläuft. |
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| Die Berechtigung der von der Antragsgegnerin mit der Herstellung der genannten Wegeverbindung verfolgten Zwecke steht außer Frage. Bei der in Nord-Süd-Richtung durch den Ortskern der Antragsgegnerin führenden Tretenhofstraße handelt es sich um eine stark befahrene Straße mit einem erheblichen Anteil an Schwerlastverkehr. Die längs der Fahrbahn verlaufenden Gehwege sind an mehreren Stellen nur sehr schmal. Eine gefahrlose Benutzung der Gehwege durch Schul- und Kindergartenkinder ist deshalb jedenfalls nicht durchgängig möglich. Was das hier in Rede stehende Teilstück der von der Antragsgegnerin gewünschten Wegeverbindung im Bereich zwischen der Luisenstraße und der Markstraße betrifft, steht jedoch mit der weiter westlich verlaufenden Litschentalstraße eine Alternative zu der Planung der Antragsgegnerin zur Verfügung, die die mit dieser Planung verfolgten Zwecke ebenfalls erfüllt. Die Litschentalstraße ist in dem Abschnitt zwischen der Luisenstraße und der Marktstraße im nördlichen Teil als verkehrsberuhigter Bereich ausgeschildert. Im südlichen Teil gilt eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h. Eine gefahrlose Benutzung der Gehwege längs der Fahrbahn dieser Straße ist deshalb auch durch Schul- und Kindergartenkinder ohne weiteres möglich, wovon sich der Senat bei dem von ihm eingenommenen Augenschein überzeugt hat. |
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| Die genannte Alternativstrecke ist allerdings etwas länger als der von der Antragsgegnerin geplante Weg. Der über die Litschentalstraße führende Weg von dem - neben der Garageneinfahrt der Antragsteller liegenden - Gebäude Luisenstr. 4 bis zum Gebäude Marktstr. 4 hat eine Länge von ungefähr 350 m und ist damit gegenüber dem von der Antragsgegnerin geplanten, über das Grundstück der Antragsteller führenden Weg um ca. 200 m länger. Der insoweit bestehende Nachteil der Alternativstrecke hat jedoch nicht das erforderliche Gewicht, um den mit der Planung der Antragsgegnerin verbundenen Zugriff auf das Eigentum der Antragsteller und die weiteren Beeinträchtigungen ihrer Interessen zu rechtfertigen. Das gilt umso mehr, als der von der Antragsgegnerin geplante Weg insgesamt viermal seine Richtung um jeweils 90° ändert und damit jedenfalls für Radfahrer keine besondere Attraktivität besitzt. Der Bebauungsplan beruht damit insoweit auf einer unverhältnismäßigen Zurücksetzung der privaten Interessen der Antragsteller. |
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| 3. Der danach festzustellende Fehler im Abwägungsergebnis zieht die Unwirksamkeit der hierauf bezogenen Festsetzungen des angefochtenen Bebauungsplans nach sich, lässt jedoch den übrigen Inhalt des Plans unberührt. |
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| Nach den allgemeinen Grundsätzen über die teilweise Nichtigkeit von Gesetzen und anderen Rechtsvorschriften führen Mängel, die einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans anhaften, nicht notwendigerweise zu dessen Gesamtnichtigkeit. Sie lassen die übrigen Festsetzungen des Plans vielmehr unberührt, wenn sie für sich betrachtet noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB bewirken können und die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gelangten Willen im Zweifel auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BVerwG, Beschl. v. 18.2.2009 - 4 B 54.08 - BauR 2009, 1102; Beschl. v. 6.4.1993 - 4 NB 43.92 - ZfBR 1993, 238; Beschl. v. 29.3.1993 - 4 NB 10.91 - DVBl. 1993, 661). |
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| Das ist hier der Fall. Die übrigen Festsetzungen des Bebauungsplans sind von der Planung des über das Grundstück der Antragsteller führenden Wegs ohne weiteres abtrennbar und können auch für sich betrachtet ihre Aufgabe erfüllen, eine geordnete städtebauliche Entwicklung des Planbereichs zu gewährleisten. Angesichts der nicht voneinander abhängigen Ziele, die die Antragsgegnerin mit dem über das Grundstück der Antragsteller führenden Weg einerseits und den übrigen Festsetzungen des Bebauungsplans andererseits verfolgt, gibt es auch keinen vernünftigen Zweifel daran, dass die Antragsgegnerin einen eingeschränkten Bebauungsplan mit ansonsten gleichem Inhalt beschlossen hätte, wenn sie die Unzulässigkeit des diesen Weg betreffenden Teils ihrer Planung erkannt hätte. |
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| Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Ein Fall des § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO liegt nicht vor, da der Normenkontrollantrag eines Antragstellers, der durch einen Bebauungsplan einen Nachteil erleidet, nicht deshalb mit nachteiligen Kostenfolgen als teilweise unbegründet zurückgewiesen werden darf, weil der angefochtene Plan nur für teilnichtig zu erklären ist (BVerwG, Beschl. v. 4.6.1991 - 4 NB 35.89 - BVerwGE 88, 268; Beschl. v. 25.2.1997 - 4 NB 30.96 - BauR 1997, 603; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 6.2.2014 - 3 S 207/13 - VBlBW 2015, 37). |
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| Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. |
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| Beschluss vom 11. März 2015 |
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| Der Beschluss ist unanfechtbar. |
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