Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 01. Aug. 2016 - 3 S 1082/16

bei uns veröffentlicht am01.08.2016

Tenor

Die Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 4. Mai 2016 - 5 K 533/16 - wird zurückgewiesen.

Die Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf EUR 15.000,- festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Beschwerde der Beigeladenen richtet sich gegen die vom Verwaltungsgericht angeordnete aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen eine Baugenehmigung.
Die Antragstellerin ist Eigentümerin einer selbstgenutzten Wohnung im Erdgeschoss des Wohnhauses ... auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... im Stadtgebiet der Antragsgegnerin. Die Beigeladene beabsichtigt auf den hieran in westlicher Richtung anschließenden, zusammenhängenden Grundstücken Flst.-Nrn. ... und ..., ...-..., einen Lebensmittelmarkt zu errichten.
Am 9.10.2013 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen die beantragte Baugenehmigung. Nach den genehmigten Plänen sind ein eingehauster Anlieferungsbereich mit Papierpresse und Müllcontainer entlang der östlichen Grundstücksgrenze, daran westlich anschließende Verkaufsräume mit einer Verkaufsfläche von knapp 1.300 m² sowie Parkflächen im Norden und Westen vorgesehen. Die Baugrundstücke umfassen eine Fläche von insgesamt 6.848 m² und waren bislang mit zwei Wohnhäusern, einem Geschäftshaus, einem Betriebsgebäude (ehemalige Autovermietung) sowie diversen Garagen und Schuppen bebaut.
Die Grundstücke liegen südlich der Raiffeisenstraße und der hierzu in einer Entfernung von rund 20 m weitgehend parallel verlaufenden Bahntrasse Babstadt/Bad Wimpfen, an die sich im Norden die durch eine Fußgängerunterführung mit der Raiffeisenstraße verbundene übrige Innenstadt anschließt. Im Bereich zwischen der Straße und der Bahntrasse befinden sich im Wesentlichen der Südteil des S-Bahnhofs und des neugestalteten Zentralen Omnibusbahnhofs Bad Rappenau sowie Parkflächen und gewerbliche Nutzungen mit vorgelagertem Parkplatz. Diesem Parkplatz gegenüber liegt südlich der Raiffeisenstraße und westlich der Baugrundstücke die Parkplatzanlage des Einkaufszentrums „Schlossarkaden“, in dem neben einem Schuhgeschäft und einem weiteren Lebensmitteleinzelhandelsgeschäft derzeit auch ein Lebensmittelmarkt der Beigeladenen untergebracht ist. Südlich der Baugrundstücke befindet sich ein reines Wohngebiet. Im Osten folgen auf das Grundstück Flst.-Nr. ..., ein Hotelgebäude, das nach Angaben der Antragstellerin nunmehr als Wohnhaus genutzt wird, und ein weiteres Wohngebäude.
Der östliche (überwiegende) Bereich der Vorhabengrundstücke liegt im Geltungsbereich des am 10.7.2014 in Kraft getretenen Bebauungsplans „Nahverkehrszentrum Stadtmitte - 1. Änderung" und ist als sonstiges Sondergebiet für einen Lebensmitteleinzelhandelsbetrieb mit einer maximalen Verkaufsfläche von 1.300 m² ausgewiesen. Der übrige Teil der genehmigten Parkflächen im Westen der Baugrundstücke war bereits zuvor durch den am 30.4.2010 in Kraft getretenen Bebauungsplan „Südlich des Schlossparks mit 1. Änderung des Bebauungsplans Südanbindung" entsprechend überplant. Der Bebauungsplan „Nahverkehrszentrum Stadtmitte - 1. Änderung" setzt unter anderem für das Grundstück Flst.-Nr. ... ein Mischgebiet fest. Ein davon getrennter Bereich im südöstlichen Teil des Plangebiets ist ebenfalls als Mischgebiet ausgewiesen. Nach Nr. 1.1 der textlichen Festsetzungen sind auf den als Mischgebiet ausgewiesenen Grundstücken in einem Bereich von bis zu 15 m Abstand zur Straßengrenze der Raiffeisenstraße in den Erdgeschossen der Gebäude keine Wohnungen, sondern nur gewerbliche Nutzungen, Dienstleistungseinrichtungen und Einzelhandelsbetriebe zulässig, die zur Attraktivität der Innenstadt beitragen; eine gleichlautende Festsetzung findet sich in Nr. 1.2 der textlichen Festsetzungen für den als eingeschränktes Gewerbegebiet ausgewiesenen nordwestlichen Teil des Plangebiets. Der Bebauungsplan weist ferner weitere Parkflächen im Bereich des S-Bahnhofs sowie Verkehrs-und Grünflächen aus und setzt für das Sondergebiet und das eingeschränkte Gewerbegebiet Emissionskontingente fest.
Gegen die Baugenehmigung erhob die Antragstellerin, die bereits im Nachbarbeteiligungsverfahren Einwendungen gegen das Bauvorhaben vorgebracht hatte, Widerspruch. Sie machte im Wesentlichen geltend, der Bebauungsplan „Nahverkehrszentrum Stadtmitte - 1. Änderung" sei aus unterschiedlichen Gründen unwirksam. Auf einem der Baugrundstücke seien Altlasten zu erwarten, deren Auswirkungen auch für die Nachbarschaft im Falle eines Erdaushubs nicht hinreichend geklärt und weder im Bebauungsplan noch in der Baugenehmigung ausreichend berücksichtigt worden seien. Auch sei die Einhaltung der im Bebauungsplan festgesetzten Emissionskontingente durch die von der Beigeladenen vorgelegte Geräuschimmissionsprognose nicht nachgewiesen. Die zu erwartenden Lärm- und Geruchsimmissionen seien ebenso unzumutbar wie die durch das vorgesehene Gebäude herbeigeführte Verschattung und erdrückende Wirkung. Ferner sei der Brandschutzsachverständige bei Erstellung des Brandschutzkonzepts von falschen Abständen zur gemeinsamen Grundstücksgrenze ausgegangen.
In der Folgezeit erhob die Antragstellerin Untätigkeitsklage, über die bislang ebenso wie über den Widerspruch nicht entschieden ist.
Auf ihren am 1.2.2016 gestellten einstweiligen Rechtsschutzantrag hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Beschluss vom 4.5.2016 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung angeordnet. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Bebauungsplan „Nahverkehrszentrum Stadtmitte - 1. Änderung" sei nach aller Voraussicht unwirksam, da Nr. 1.1 und Nr. 1.2 der textlichen Festsetzungen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht hinreichend bestimmt seien. Dies betreffe zwei von drei Gebietstypen, nämlich die beiden Mischgebiete und das eingeschränkte Gewerbegebiet und führe zur Gesamtnichtigkeit des Änderungsbebauungsplans Stadtmitte. Denn das Ziel des Plangebers, das Einzelhandelsangebot zu steuern, sei ohne die getroffenen unbestimmten Festsetzungen nicht möglich. Die Zulässigkeit des Vorhabens sei daher an dem fortgeltenden Bebauungsplan „Nahverkehrszentrum Stadtmitte" aus dem Jahre 2007 zu messen, der nicht an einem zur Unwirksamkeit führenden Ausfertigungsmangel leide. Mit dem in diesem Bebauungsplan für das Grundstück der Antragstellerin und den Bereich des Bauvorhabens festgesetzten Mischgebiet stehe der Neubau eines Lebensmittelmarktes mit einer Fläche von ca. 1.300 m² voraussichtlich nicht in Einklang, was den Gebietserhaltungsanspruch der Antragstellerin verletze.
Mit ihrer hiergegen erhobenen Beschwerde macht die Beigeladene geltend, der Bebauungsplan „Nahverkehrszentrum Stadtmitte - 1. Änderung" sei jedenfalls in Bezug auf das ausgewiesene Sondergebiet wirksam. Aber auch dann, wenn man von der Ungültigkeit des Plans ausgehe, sei das Vorhaben zulässig. Denn der Bebauungsplan Stadtmitte leide an einem Ausfertigungsmangel und sei daher nicht anzuwenden. Gemessen an § 34 Abs. 1 BauGB sei das Vorhaben jedenfalls nicht zu Lasten der Antragstellerin rücksichtslos.
10 
Die Antragstellerin verteidigt die angegriffene Entscheidung und führt unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen ergänzend aus, das Bauvorhaben sei auch nach § 34 Abs. 1 bzw. Abs. 2 unzulässig.
II.
11 
Die fristgerecht eingelegte (§ 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und begründete (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts ist zulässig; sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
12 
Zwar ergibt die auf die dargelegten Gründe beschränkte Prüfung des Senats (§ 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO), dass die tragende Begründung des Verwaltungsgerichts die erfolgte Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO nicht rechtfertigt (1.). Indes führt auch die danach erforderliche umfassende Prüfung (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14.3.2013 - 8 S 2504/12 - VBlBW 2013, 384 ff.) zu dem Ergebnis, dass das private Interesse der Antragstellerin, vom gesetzlich angeordneten Sofortvollzug der angegriffenen Baugenehmigung (§ 212a Abs. 1 BauGB) einstweilen verschont zu bleiben, das gegenläufige öffentliche Interesse und das private Interesse der Beigeladenen überwiegt. Denn die Baugenehmigung erweist sich derzeit aus bauordnungsrechtlichen Gründen als voraussichtlich zu Lasten der Antragstellerin rechtswidrig (2.).
13 
1. Anders als vom Verwaltungsgericht angenommen, ergibt sich aus der fehlenden Bestimmtheit der für die Mischgebiete und das eingeschränkte Gewerbegebiet getroffenen Festsetzungen nach aller Voraussicht nicht die Unwirksamkeit des Bebauungsplans „Nahverkehrszentrum Stadtmitte - 1. Änderung" auch für den hier maßgeblichen Bereich des Sondergebiets.
14 
a) Allerdings hat das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt, dass und weshalb die in den Nrn. 1.1 und 1.2 der textlichen Festsetzungen - in Bezug auf die Nutzung der Erdgeschosse eines Bereichs von bis zu 15 m Abstand zur Straßengrenze der Raiffeisenstraße - vorgesehene Beschränkung der Nutzungsart auf Gewerbenutzungen, die zur Attraktivität der Innenstadt beitragen, nach aller Voraussicht nicht hinreichend bestimmt sind; hierauf wird verwiesen.
15 
Der dagegen von der Beigeladenen erhobene Einwand, die fraglichen Festsetzungen beschränkten die Nutzung in den Erdgeschossen der Gebäude entlang der Raiffeisenstraße nur auf gewerbliche Nutzungen, Dienstleistungseinrichtungen sowie Einzelhandelsbetriebe und verlangten nicht zusätzlich deren Beitrag zur Attraktivität der Innenstadt, greift nach aller Voraussicht nicht durch. Denn bei der Zulassung nur von Gewerbenutzungen, „die zur Attraktivität der Innenstadt beitragen“, handelt es sich bereits nach dem Wortlaut um eine Einschränkung der gewerblichen Nutzungsmöglichkeit und nicht - wie die Beigeladene meint - um einen bloßen Hinweis auf den Grund der Festsetzung.
16 
Aus dem erkennbaren Willen des Satzungsgebers folgt im Ergebnis nichts anderes. Zwar nennt Nr. 6 der Begründung zum Bebauungsplan die Erhöhung der Attraktivität der Innenstadt nicht als weitere Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Nutzung, sondern als Ziel der ausschließlichen Zulassung von Gewerbenutzungen. Indes war dieses Ziel allein durch den Ausschluss von Wohnbebauung und die Zulassung von gewerblichen Nutzungen, Dienstleistungseinrichtungen und Einzelhandelsbetrieben nicht ohne Weiteres zu erreichen. Insbesondere unter die allgemein zugelassenen gewerblichen Nutzungen fallen nämlich nicht nur Nutzungsvarianten mit attraktivitätssteigernder Außenwirkung, sondern auch solche, denen diese Eigenschaft fehlt, wie beispielsweise gewerbliche Lagerflächen. Zur Zielerreichung bedurfte es damit einer entsprechenden Beschränkung der Gewerbenutzungen im Einzugsbereich der Raiffeisenstraße.
17 
Nur mit diesem - wie ausgeführt auch dem Wortlaut entsprechenden - Inhalt lässt sich dem in Rede stehenden Passus auch ein vernünftiger Zweck beimessen. Andernfalls wäre er sowohl unnötig als auch gesetzestechnisch verfehlt.
18 
Diese Auslegung wird schließlich auch dadurch bestätigt, dass der Satzungsgeber den im Rahmen der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange erfolgten Hinweis des Regionalverbands Heilbronn-Franken vom 6.6.2013, das Merkmal des Beitrages zur Attraktivität der Innenstadt sei baurechtlich nicht hinreichend bestimmt und in der Genehmigungspraxis schwer anwendbar, nicht zum Anlass genommen hat, die fragliche Formulierung aus dem noch zu beschließenden Satzungstext zu streichen. Wäre diese nämlich nur als unnötige Erläuterung gedacht gewesen, hätte es angesichts des Hinweises nahegelegen, ihre Aufnahme in den Normtext zu unterlassen.
19 
b) Die danach aller Voraussicht nach unwirksamen Beschränkungen von Gewerbenutzungen in den Mischgebieten und dem eingeschränkten Gewerbegebiet dürften jedoch nicht zur Gesamtnichtigkeit des Bebauungsplans „Nahverkehrszentrum Stadtmitte - 1. Änderung" führen.
20 
Nach den allgemeinen Grundsätzen über die teilweise Nichtigkeit von Gesetzen und anderen Rechtsvorschriften haben Mängel, die einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans anhaften, nicht notwendigerweise dessen Gesamtnichtigkeit zur Folge. Sie lassen die übrigen Festsetzungen des Plans vielmehr unberührt, wenn sie für sich betrachtet noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB bewirken können und die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gelangten Willen im Zweifel auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (ständige Rechtsprechung, vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.3.2015 - 3 S 156/14 - VBlBW 2015, 343 ff. m. w. N.).
21 
aa) Angesichts des mit den Nrn. 1.1 und 1.2 des Textteils des Bebauungsplans verfolgten Ziels lassen sich die Festsetzungen für die Mischgebiete und das eingeschränkte Gewerbegebiet nicht isoliert, also ohne die Beschränkung auf zur Attraktivität der Innenstadt beitragen Gewerbenutzungen, aufrechterhalten.
22 
Wie oben unter a) dargelegt, war Ziel der Planung in Bezug auf die Mischgebiete und das eingeschränkte Gewerbegebiet die Erhöhung der Attraktivität der Innenstadt und bedurfte es zur Erreichung dieses Ziels der Beschränkung der Gewerbenutzungen im Einzugsbereich der Raiffeisenstraße auf solche mit entsprechender Wirkung. Daher lässt sich nicht annehmen, dass die Antragsgegnerin die getroffenen Regelungen für die Mischgebiete und das eingeschränkte Gewerbegebiet auch ohne die fraglichen Beschränkungen beschlossen hätte.
23 
Darauf, dass nach den Festsetzungen des Bebauungsplans „Nahverkehrszentrum Stadtmitte - 1. Änderung" außerhalb der Erdgeschosse und eines Abstandes von 15 m zur Straßengrenze der Raiffeisenstraße ohnehin Gewerbenutzungen ohne die fragliche Beschränkung zugelassen werden, kommt es - anders als die Beigeladene meint - nicht an. Denn diese Flächen liegen nach der Wertung des Satzungsgebers gerade außerhalb der für die Steigerung der Attraktivität der Innenstadt maßgeblichen Bereiche.
24 
bb) Jedoch dürfte die Unwirksamkeit des Bebauungsplans „Nahverkehrszentrum Stadtmitte - 1. Änderung" in Bezug auf die Mischgebiete und das eingeschränkte Gewerbegebiet nicht auch die Festsetzungen für das hier maßgebliche Sondergebiet erfassen.
25 
(1.) Die Festsetzungen des Bebauungsplans betreffend das Sondergebiet - und im Übrigen auch für Parkflächen im Bereich des S-Bahnhofs sowie die Verkehrsflächen und Grünflächen - sind von der Planung der Mischgebiete und des eingeschränkten Gewerbegebiets ohne Weiteres abtrennbar und können auch für sich betrachtet ihre Aufgabe erfüllen, eine geordnete städtebauliche Entwicklung des Planbereichs zu gewährleisten. Angesichts der bereits im Bebauungsplan „Nahverkehrszentrum Stadtmitte" erfolgten Festsetzung eines Mischgebiets bzw. der - für den Fall der Ungültigkeit des Bebauungsplans „Nahverkehrszentrum Stadtmitte" - anzunehmenden Gemengelage von Wohnen und Gewerbe im Bereich östlich des Sondergebiets bestehen keine rechtserheblichen Unterschiede in Bezug auf die planungsrechtliche Bewältigung von Konflikten zwischen den aneinandergrenzenden Nutzungen.
26 
(2.) Ferner gibt es keinen vernünftigen Zweifel daran, dass die Antragsgegnerin einen eingeschränkten Bebauungsplan mit ansonsten gleichem Inhalt beschlossen hätte, wenn sie die Unzulässigkeit des die Mischgebiete und das eingeschränkte Gewerbegebiet betreffenden Teils ihrer Planung erkannt hätte.
27 
Insbesondere hängen die Ziele, die die Antragsgegnerin mit den unwirksamen Festsetzungen betreffend die Mischgebiete und das eingeschränkte Gewerbegebiet einerseits und den Festsetzungen in Bezug auf das Sondergebiet andererseits verfolgt, nicht voneinander ab.
28 
Ziel der Planung der Antragsgegnerin war ausweislich der Planbegründung zum einen die Anpassung des bestehenden Bebauungsplans an die konkrete Planung für den Zentralen Omnibusbahnhof nebst Schaffung der Voraussetzungen zur Anpassung des Parkraumbedarfs an den infolge des Ausbaus des Nahverkehrszentrums und Anbindung des Bahnhofs an das Stadtbahnnetz steigenden Bedarf. Zum anderen zielte die Planung darauf, die Parkplatzanlage des Einkaufszentrums Schlossarkaden nach Osten zu erweitern und im räumlichen Anschluss hieran die Ansiedlung eines Lebensmittelmarktes zu ermöglichen, um dem Wunsch (der Beigeladenen) nachzukommen, ihre im Einkaufszentrum „Schlossarkaden“ vorhandene Filiale an den geplanten zentrumsnäheren Standort umzusiedeln.
29 
Beide Ziele werden von der Unwirksamkeit der Festsetzungen betreffend die Mischgebiete und das eingeschränkte Gewerbegebiet nicht betroffen.
30 
Die vom Verwaltungsgericht als Ziel der Planung angesehene Steuerung des Einzelhandelsangebots wird in der Planbegründung nicht als Planungsziel, sondern als Begründung für die Erforderlichkeit der Planung genannt. Im Übrigen entspräche die Ausweisung des Sondergebiets auch einem unterstellten Steuerungsziel. Denn nach Nr. 2 der Planbegründung entspricht die (mit der Sondergebietsausweisung bezweckte) Verlagerung des Lebensmitteldiscountmarktes (der Beigeladenen) von seinem bisherigen Standort in den Schlossarkaden, der aus regionalplanerischer Sicht als Ergänzungszone eingestuft wird, in den Planbereich des Bebauungsplans und damit in den abgegrenzten Innenstadtbereich, der regionalplanerischen Zielsetzung der Stärkung zentraler Versorgungsbereiche.
31 
2. Es bedarf im vorliegenden Verfahren keiner Entscheidung, ob die von der Antragstellerin vorgebrachten weiteren Bedenken gegen die Wirksamkeit des Bebauungsplans „Nahverkehrszentrum Stadtmitte - 1. Änderung", insbesondere die Einwendungen gegen die das Sondergebiet betreffenden Festsetzungen durchgreifen. Denn das genehmigte Vorhaben verstößt voraussichtlich gegen zu Gunsten der Antragstellerin nachbarschützende Vorschriften des Brandschutzes, und der Antragstellerin ist die Berufung hierauf auch nicht wegen Eintritts einer materiellen Präklusion verwehrt.
32 
a) Nach § 27 Abs. 4 LBO i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 LBOAVO sind Brandwände als raumabschließende Bauteile zum Abschluss von Gebäuden (Gebäudeabschlusswand) erforderlich, wenn diese Abschlusswände an oder mit einem Abstand von weniger als 2,5 m gegenüber der Nachbargrenze oder mit einem Abstand von weniger als 5 m zu bestehenden oder baurechtlich zulässigen Gebäuden auf demselben Grundstück errichtet werden, es sei denn, dass ein Abstand von mindestens 5 m zu bestehenden oder nach den baurechtlichen Vorschriften zulässigen künftigen Gebäuden gesichert ist. Ausnahmen gelten nach § 7 Abs. 2 LBOAVO in genauer bestimmten Fällen für nach § 5 und § 6 LBO in den Abstandsflächen oder ohne eigene Abstandsflächen zulässige Gebäude oder Gebäudeteile sowie für Wände, die mit einem Winkel von mehr als 75° zu Nachbargrenzen oder zu bestehenden oder baurechtlich zulässigen Gebäuden stehen. Das Erfordernis einer Brandwand als Gebäudeabschlusswand an der Nachbargrenze ist zu Gunsten des an diese Grenze gelegenen Nachbargrundstücks drittschützend (vgl. Busch, in: Schlotterbeck/Hager/ Busch/Gammerl, LBO, 7. Aufl. 2016, RdNr. 72 zu § 7 LBOAVO).
33 
Zwar halten die Außenwände des Vorhabens der Beigeladenen nach den genehmigten Plänen einen Abstand von 2,5 m zur Grenze des Grundstücks Flst.-Nr. ... ein. Dies gilt auch für die im Südosten auf einer Länge von mehr als 8 m mit einer Entfernung von exakt 2,5 m parallel zur Grundstücksgrenze und in Teilen auch zu dem von der Antragstellerin bewohnten Gebäude verlaufenden Außenwand der Frühanlieferung. Maßgeblich ist insoweit der genehmigte Abstandsflächenplan vom 11.6.2013 und nicht der anderen Zwecken als dem Nachweis der Grenzabstände dienende Grundriss vom 26.7.2013 oder die unter demselben Datum gefertigte Nordansicht. Daher kommt es nicht darauf an, dass sich aus dem Grundriss ein größerer Wandabstand zur Nachbargrenze und aus der Nordansicht ein Abstand von „ca. 2,50 m“ ergibt. Der aus dem Abstandsflächenplan ersichtliche und den Abstand von 2,5 m zur Nachbargrenze unterschreitende Dachüberstand ist für die Frage der Erforderlichkeit einer Brandwand unbeachtlich, da es hierfür nur auf den Wandabstand ankommt.
34 
Maßgeblich sind die genehmigten Ansichten allerdings insoweit, als sich aus ihnen ergibt, dass für den oberen Bereich der Außenwände des Gebäudes und auch des in einer Entfernung von 2,5 m parallel zum Grundstück Flst.-Nr. ... verlaufenden Teils der Außenwand die Anbringung einer Fassadenverkleidung vorgesehen ist. Diese soll im hier fraglichen Bereich gemessen ab ihrer Unterkante bis zur Unterkante des Daches eine Höhe zwischen ca. 1,20 m und ca. 1,90 m aufweisen und ca. 15 bis 20 cm über den der Grenzabstandsermittlung zu Grunde gelegten unteren Teil der Wand hinausragen. Sie führt mithin - anders als vom Brandschutzsachverständigen Dipl.-Ing. (FH) ... im Brandschutzkonzept 5.6.2013 angenommen (Abstände „jeweils mehr als 2,50 m“) - im Bereich der dem Grundstück Flst.-Nr. ... zugewandten Außenwand der Frühanlieferung zu einer Verringerung des Grenzabstandes auf weniger als 2,5 m.
35 
Angesichts dessen bedarf es im besagten Bereich der Errichtung einer in den genehmigten Plänen aber nicht vorgesehenen Brandwand. Denn auch ein Abstand von 5 m zu dem von der Antragstellerin bewohnten gegenüberliegenden Gebäude ist nicht eingehalten, da dieses seinerseits mit einem Grenzabstand zum Baugrundstück von allenfalls 2,5 m errichtet wurde. Ein Ausnahmetatbestand nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 LBOAVO liegt angesichts der Breite und Höhe der Wand sowie ihrer Stellung zur Nachbargrenze bzw. zum von der Antragstellerin bewohnten Gebäude und des Umstandes, dass es sich hier nicht um einen Fall nachträglicher Wärmedämmung handelt ebenfalls nicht vor. Ferner liegt auch kein Fall des § 56 LBO vor; insbesondere führt die Einhaltung der Brandschutzvorschriften für die Beigeladene nicht zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte im Sinne des § 56 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 LBO.
36 
b) Die Antragstellerin ist schließlich mit brandschutzrechtlichen Einwendungen auch nicht nach § 55 Abs. 2 Satz 2 LBO präkludiert.
37 
Dabei kann offenbleiben, ob dies bereits deshalb gilt, weil die Antragstellerin auf das gemäß § 55 Abs. 1 Satz 4 LBO an den Hausverwalter gerichtete Benachrichtigungsschreiben der Antragsgegnerin vom 24.6.2013 bereits am 3.7.2013 schriftlich die Einhaltung des Grenzabstandes durch das Vorhaben der Beigeladenen gegenüber dem von ihr bewohnten Grundstück angesprochen hat. Denn durch das genannte Benachrichtigungsschreiben wurde die zur Präklusion führende Einwendungsfrist des § 55 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 LBO nicht ausgelöst.
38 
Die Präklusionswirkung setzt nach § 55 Abs. 2 Satz 2 LBO den Zugang des Benachrichtigungsschreibens mittels Zustellung voraus, die nach den Vorschriften des Landesverwaltungszustellungsgesetzes zu bewirken ist. Das von der Antragsgegnerin gewählte „Einwurf“-Einschreiben entspricht den Anforderungen der §§ 2 ff. LVwZG aber nicht. Insbesondere handelt es sich hierbei nicht um eine durch § 4 Abs. 1 LVwZG vorgesehene Zustellung durch die Post mittels Einschreiben, da es an der gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 LVwZG erforderlichen Übergabe des Schriftstücks fehlt und der Postbedienstete lediglich bestätigt, dass er das Einschreiben in den Hausbriefkasten eingeworfen hat (vgl. zu alledem Schlotterbeck, in: Schlotterbeck/Hager/Busch/Gammerl, a. a. O., RdNr. 30 zu § 55). Zugelassen sind daher nach § 4 Abs. 1 LVwZG lediglich die Zustellung mittels „Übergabe“-Einschreiben und mittels Einschreiben mit Rückschein (§ 4 Abs. 1 Satz 1). Nur für diese gilt auch die Zugangsvermutung des § 4 Abs. 2 Satz 2 LVwZG (vgl. Schlatmann, in: Engelhardt/App/Schlatmann, VwVG/VwZG, 10. Aufl. 2014, RdNr. 4 zu § 4).
39 
Eine Heilung des Zustellungsmangels (§ 9 LVwZG) mit fristauslösender Wirkung scheidet in Bezug auf die in Rede stehende Präklusion aus. Die erhebliche Eingriffswirkung der zu einem materiellen Rechtsverlust führenden Vorschrift des § 55 Abs. 2 Satz 2 LBO erfordert nämlich von den Baurechtsbehörden und Gemeinden die exakte Einhaltung der entsprechenden zur materiellen Präklusion führenden Verfahrensvorgaben (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 9.1.2008 - 3 S 2016/07 - VBlBW 2008, 223 f.). Namentlich im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 und Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG tritt die Präklusion daher nicht ein, wenn das Verfahren fehlerhaft war (vgl. Sauter, LBO, Stand Dezember 2014, RdNr. 45 zu § 55; Schlotterbeck, in: Schlotterbeck/Hager/Busch/Gammerl, a. a. O., RdNr. 29 zu § 55). Da § 55 Abs. 2 sowohl für den Beginn der Einwendungsfrist (Satz 1) als auch für den Einwendungsausschluss (Satz 2) jeweils ausdrücklich die Zustellung fordert, kann mithin für eine Präklusion auf die formgerechte Zustellung nicht verzichtet werden. Wird die Benachrichtigung mittels Zustellung unterlassen, kann deshalb die Einwendungsfrist nicht zu laufen beginnen und die materielle Verwirkungspräklusion nicht eintreten (vgl. auch hierzu Schlotterbeck, in: Schlotterbeck/Hager/Busch/Gammerl, a. a. O., RdNr. 30 zu § 55).
40 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und Abs. 3 i. V. mit § 159 VwGO.
41 
Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 und 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.7.1 des Streitwertkataloges 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
42 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 01. Aug. 2016 - 3 S 1082/16

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Tenor Der Bebauungsplan „3. Änderung Ortskern Süd“ der Antragsgegnerin vom 23. September 2013 wird insoweit für unwirksam erklärt, als er auf dem Grundstück der Antragsteller eine öffentliche Verkehrsfläche besonderer Zweckbestimmung (verkehrsberuhi

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 14. März 2013 - 8 S 2504/12

bei uns veröffentlicht am 14.03.2013

Tenor Auf die Beschwerden der Antragsteller zu 1 und 2 wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2012 - 11 K 3405/12 - geändert, soweit er deren Antrag ablehnt. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 09. Jan. 2008 - 3 S 2016/07

bei uns veröffentlicht am 09.01.2008

Tenor Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 2. August 2007 - 5 K 1475/07 - geändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die der Beigeladenen am 21.

Referenzen

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen. § 67 Abs. 4 bleibt unberührt.

(2) Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Beschwerdegericht eingeht.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

Auf die Beschwerden der Antragsteller zu 1 und 2 wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2012 - 11 K 3405/12 - geändert, soweit er deren Antrag ablehnt. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller zu 1 und 2 gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 21. September 2012 wird angeordnet.

Die Beschwerden der Antragsteller zu 3 bis 5 gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2012 - 11 K 3405/12 - werden zurückgewiesen.

Die Antragsteller zu 3 bis zu 5 tragen jeweils ein Viertel der Gerichtskosten, ein Viertel der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin und des Beigeladenen sowie ihre eigenen außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen. Die Antragsgegnerin und der Beigeladene tragen jeweils ein Achtel der Gerichtskosten, jeweils die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu 1 und zu 2 sowie je ein Viertel ihrer außergerichtlichen Kosten.

Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen auf jeweils 15.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragsteller wenden sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit einer dem Beigeladenen erteilten Baugenehmigung zur Änderung der Nutzung eines Wohnheims mit Werkstatt und Schulungsräumen in Gemeinschaftsunterkünfte für Asylbewerber sowie Büros mit Lagerräumen.
Die Antragsgegnerin erteilte dem Beigeladenen mit Bescheid vom 21.09.2012 die streitbefangene Baugenehmigung zur oben beschriebenen Nutzungsänderung entsprechend seinem Antrag vom 11.06.2012 in Anwendung von § 31 Abs. 1 BauGB, § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Der Bauantrag war ausdrücklich auf „Gemeinschaftsunterkünfte zur Unterbringung von Personen nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz (Asylbewerber)“ gerichtet.
Das Baugrundstück (Flst. Nr. ...) befindet sich ebenso wie das im Miteigentum der Antragsteller zu 1 und zu 2 befindliche Grundstück (Flst. Nr. ...) im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ der Gemeinde Oeffingen vom 29.10.1973, in dem nach Nr. 1.2 seines Textteils für das gesamte Plangebiet ein „beschränktes Gewerbegebiet nach § 8 Abs. 4 BauNVO“ festgesetzt wird, in dem „nur nicht wesentlich störende Betriebe im Sinne von § 6 BauNVO zulässig [sind]“. Die Grundstücke der Antragsteller zu 4 und zu 5 grenzen südlich bzw. südöstlich an das Grundstück des Beigeladenen an und befinden sich innerhalb eines durch Bebauungsplan festgesetzten Industriegebiets. Das Grundstück der Antragstellerin zu 3 befindet sich südwestlich des Grundstücks des Beigeladenen auf der anderen Seite der „... Straße“ im Geltungsbereich eines weiteren Bebauungsplans, der dort ein Gewerbegebiet festsetzt.
Die Antragsteller haben gegen die genehmigte Nutzungsänderung Widerspruch erhoben. Ihre Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Beschluss vom 21.11.2012 abgelehnt: Die Widersprüche der Antragsteller zu 3 bis 5 seien ersichtlich aussichtslos. Da sich deren Grundstücke außerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ befänden, könnten sie sich nicht auf einen Gebietserhaltungsanspruch berufen. Das in § 15 Abs. 1 BauNVO verankerte Gebot der Rücksichtnahme sei nicht verletzt, da nicht ersichtlich sei, aus welchen Gründen die Antragsteller zu 3 bis 5 durch das Bauvorhaben unzumutbar beeinträchtigt sein könnten. Hingegen erwiesen sich die Erfolgsaussichten der Widersprüche der Antragsteller zu 1 und 2 als offen. Sie könnten sich auf einen Gebietserhaltungsanspruch berufen. Die genehmigte Gemeinschaftsunterkunft sei zwar nach § 8 Abs. 2 BauNVO im Gewerbegebiet nicht zulässig. Sie sei indes nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO durch die Antragsgegnerin ausnahmsweise zugelassen worden. Asylbewerberunterkünfte seien Einrichtungen für soziale Zwecke im Sinne dieser Vorschrift. Die Zulassung auf der Grundlage des § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO setze aber voraus, dass die Gemeinschaftsunterkunft mit der Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets vereinbar sei. Entscheidend sei, ob ein Vorhaben generell geeignet sei, ein bodenrechtlich beachtliches Störpotential zu entfalten, das sich mit der Zweckbestimmung des Baugebiets nicht vertrage. Ob sich nach diesen Grundsätzen eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber mit der allgemeinen Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets vertrage, das geprägt sei von werktätiger Geschäftigkeit, sei offen. Ob es sich bei der genehmigten Gemeinschaftsunterkunft um eine wohnähnliche Nutzung handele, könne nach den vorgelegten Bauunterlagen nicht festgestellt werden. Die Klärung müsse dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Die notwendige Interessenabwägung falle zu Lasten der Antragsteller aus. Da es sich im Wesentlichen um eine Nutzungsänderung eines vorhandenen Gebäudes handele, wäre die Nutzung nach einer etwaigen rechtskräftigen Aufhebung der Baugenehmigung einzustellen, ohne dass die Antragsteller durch die geringfügigen baulichen Änderungen in ihren Rechten verletzt würden.
Gegen diesen Beschluss richten sich die Beschwerden der Antragsteller, die weiterhin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Widersprüche begehren. Die Antragsgegnerin und der Beigeladene sind der Beschwerde entgegengetreten.
Wegen der Einzelheiten wird auf die dem Senat vorliegenden Akten der Antragsgegnerin und die Gerichtsakten verwiesen.
II.
Die zulässigen (§§ 146, 147 VwGO) Beschwerden der Antragsteller zu 1 und 2 sind begründet. Die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs ist anzuordnen (1.). Hingegen haben die zulässigen Beschwerden der Antragsteller zu 3 bis 5 keinen Erfolg (2.).
1. Die im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, geben zu einer Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts hinsichtlich der Antragsteller zu 1 und 2 Anlass. Mit ihrem Beschwerdevorbringen rügen die Antragsteller zu Recht die Richtigkeit der den angefochtenen Beschluss tragenden Rechtsauffassung, die Erfolgsaussichten ihrer Widersprüche seien offen (a)). Die deshalb erforderliche Prüfung ihres Rechtsschutzbegehrens durch den Senat an den allgemeinen Maßstäben des § 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO führt zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche (b)).
a) Die Rüge der Antragsteller zu 1 und 2, wonach sich das Verwaltungsgericht fragen lassen müsse, weshalb es sich bei der Nutzung des Gebäudes als Gemeinschaftsunterkunft nicht um eine wohnähnliche Nutzung handele, obwohl es selbst „Bezüge zu einer Wohnnutzung“ festgestellt habe und es nicht bezweifelt werden könne, dass es sich bei Gemeinschaftsunterkünften jedenfalls um wohnähnliche Nutzungen handele, greift zunächst hinsichtlich der Schlussfolgerung des Verwaltungsgerichts durch, dass diese Frage offen sei.
10 
Der Ansatz des Verwaltungsgericht, dass es der Klärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben müsse, ob es sich bei der genehmigten Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber um eine wohnähnliche Nutzung handele, weil dies nach den genehmigten Bauvorlagen nicht festgestellt werden könne, ist nämlich nicht zutreffend. Denn wäre der Baugenehmigung die mit ihr zugelassene Art der baulichen Nutzung nicht zu entnehmen, handelte es sich um einen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot aus § 37 Abs. 1 LVwVfG; die Baugenehmigung erwiese sich bereits als rechtswidrig. Insoweit kann es bei der Drittanfechtung der Baugenehmigung auch nicht auf die tatsächliche sondern allein auf die genehmigte Art der Nutzung ankommen (vgl. Sauter, LBO, 3. Aufl., Stand: Juni 2010, § 58 LBO Rn. 33). Die Kategorisierung der genehmigten Nutzungsart hat nämlich anhand der Vorgaben der einschlägigen Baunutzungsverordnung - hier die Fassung der Bekanntmachung vom 26.11.1968 (BGBl. I, S. 1237, ber. BGBl. 1969 I, S. 11) BauNVO 1968 - und der Bauvorlagen zu erfolgen. Die Frage der Bestimmtheit der Baugenehmigung hinsichtlich der mit ihr genehmigten Art der baulichen Nutzung kann im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auch beantwortet werden, so sie denn entscheidungserheblich ist. Abgesehen davon ist den genehmigten Bauvorlagen hinreichend bestimmt jedenfalls zu entnehmen, dass eine wohnähnliche Nutzung genehmigt ist (siehe nachfolgend b) aa) (b) (aa)).
11 
b) Ergibt die auf dargelegte Gründe beschränkte Prüfung des Beschwerdegerichts (§ 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO), dass die tragende Begründung des Verwaltungsgerichts die Ablehnung des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht rechtfertigt, hat es umfassend zu prüfen, ob vorläufiger Rechtsschutz nach allgemeinen Maßstäben zu gewähren ist (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15.01.2009 - 9 S 70.08 - juris Rn. 3 f.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 21.12.2006 - 7 B 2193/06 - BauR 2007, 861 und vom 08.05.2002 - 1 B 241/02 - NVwZ-RR 2003, 50; vgl. auch Senatsbeschluss vom 25.11.2004 - 8 S 1870/04 - VBlBW 205, 282; Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 146 Rn. 115).
12 
Die vom Senat zu treffende umfassende Interessenabwägung (§§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO) unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Widerspruchs der Antragsteller zu 1 und 2 fällt zu Lasten der Antragsgegnerin und des Beigeladenen aus. Anders als das Verwaltungsgericht misst der Senat dem privaten Interesse des Beigeladenen, von der Baugenehmigung - dem gesetzlichen Regelfall entsprechend (§ 212a Abs. 1 BauGB) - sofort Gebrauch machen zu dürfen, keinen Vorrang vor dem Interesse der Antragsteller an der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Baugenehmigung bei. Vielmehr überwiegt das Suspensivinteresse der Antragsteller zu 1 und 2. Maßgeblich hierfür ist, dass sich die angegriffene Baugenehmigung in der Hauptsache wohl als rechtswidrig erweisen wird und sie die Antragsteller dadurch in eigenen Rechten verletzen dürfte, so dass sie wohl aufzuheben sein wird (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
13 
aa) Auf die von den Antragstellern aufgeworfene Frage, ob die streitbefangene Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 02.02.2012 - 4 C 14.10 - BVerwGE 142, 1) in bauplanungsrechtlicher Hinsicht eine Anlage für soziale Zwecke sein kann, kommt es für die Beurteilung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache allerdings nicht an. Unabhängig von der Beantwortung dieser Frage erweist sich die erteilte Baugenehmigung voraussichtlich als rechtswidrig.
14 
(a) Sollte es sich bei der Gemeinschaftsunterkunft um keine Anlage für soziale Zwecke handeln, wäre sie in dem (beschränkten) Gewerbegebiet ersichtlich unzulässig, da sie dann weder unter den hier eingeschränkten Katalog von Nutzungsarten nach § 8 Abs. 2 BauNVO 1968 noch unter eine andere in § 8 Abs. 3 BauNVO 1968 für ausnahmsweise zulässig erklärte Nutzungsart fallen könnte. Der Senat weist jedoch darauf hin, dass er nach seiner bisherigen Rechtsprechung bei einer „heimmäßigen Unterbringung“ von Asylbewerbern das Vorliegen einer Anlage für soziale Zwecke angenommen hat (Senatsurteil vom 11.05.1990 - 8 S 220/90 - juris Rn. 23 = NVwZ 1990, 1202) und eine Zulassung einer Gemeinschaftsunterkunft in einem Gewerbegebiet bislang allein in Fällen einer Befreiung (§ 31 Abs. 2 BauGB) als rechtmäßig angesehen hat (Senatsbeschlüsse vom 17.07.1992 - 8 S 1621/92 - DÖV 993, 257 und vom 29.09.1993 - 8 S 2160/93 - NVwZ 1994, 800 (801)). Das Bundesverwaltungsgericht hat eine Gemeinschaftsunterkunft ,„zumindest“ als Einrichtung für soziale Zwecke angesehen und offen gelassen, ob die Unterbringung von Asylbewerbern generell als Wohnnutzung einzustufen sei (BVerwG, Beschluss vom 04.06.1997 - 4 C 2.96 - NVwZ 1998, 173).
15 
(b) Ebenfalls bauplanungsrechtlich unzulässig wäre die Gemeinschaftsunterkunft, wenn es sich bei ihr um eine Anlage für soziale Zwecke im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO 1968 handeln sollte. Denn eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber ist in einem Gewerbegebiet deshalb auch nicht ausnahmsweise nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO als Anlage für soziale Zwecke zulässig, weil sie nach ihrer gesetzlichen Zweckbestimmung für eine mehr als nur unbeachtlich kurze Dauer Lebensmittelpunkt des einzelnen Asylbewerbers ist, ihr damit ein wohnähnlicher Charakter zukommt und sie sich daher in einem Gewerbegebiet als gebietsunverträglich erweist.
16 
(aa) Die Wohnähnlichkeit der Nutzung ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Baurechtlich genehmigt ist die Nutzung des Gebäudes des Beigeladenen für den dauernden Aufenthalt von 68 Personen. Diese können sich in den ihnen zugewiesenen Räumen und den Gemeinschaftsräumen uneingeschränkt zu jeder Zeit aufhalten. Für den einzelnen Asylbewerber stellt sich die Gemeinschaftsunterkunft daher regelmäßig für die Dauer seines Asylverfahrens als sein räumlicher Lebensmittelpunkt dar; erst mit dem Abschluss des Asylverfahrens (oder mit einem erstinstanzlich obsiegenden Urteil, § 53 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG) endet in aller Regel die vorläufige Unterbringung (vgl. § 7 Abs. 4 und 5 des Gesetzes über die Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen - Flüchtlingsaufnahmegesetz - FlüAG - vom 11.03.2004, GBl. S. 99, zuletzt geändert durch Art. 71 der Achten Verordnung des Innenministeriums zur Anpassung des Landesrechts an die geänderten Geschäftsbereiche und Bezeichnungen der Ministerien vom 25.01.2012 (GBl. S. 65)), die grundsätzlich in der Gemeinschaftsunterkunft erfolgt, § 6 Abs. 1 Satz 1 FlüAG. Der gesetzliche Begriff der vorläufigen Unterbringung aus § 6 FlüAG grenzt dabei lediglich die Unterbringungsform von derjenigen der Anschlussunterbringung (vgl. §§ 11 ff. FlüAG) ab. Aus ihm kann gerade nicht auf eine nur unbeachtlich kurze Dauer der Unterbringung des einzelnen Asylbewerbers geschlossen werden. Hinsichtlich der Verweildauer ist zu berücksichtigen, dass ein Asylverfahren auch bei günstigem Verlauf die Dauer von einigen Monaten kaum unterschreiten kann, häufig tatsächlich diese Zeit aber deutlich überschreiten wird. So gibt etwa das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge für das Jahr 2011 eine durchschnittliche Gesamtverfahrensdauer für das Verwaltungs- und Gerichtsverfahren von 12,2 Monaten an, die sich im ersten Halbjahr 2012 auf 13,1 Monate erhöht hat (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Hrsg.), Das deutsche Asylverfahren - ausführlich erklärt, Nürnberg 2012, S. 40). Im Jahr 2011 lag der Median-Wert der Verfahrensdauer bei acht Monaten (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Hrsg.), Das Bundesamt in Zahlen 2011, Nürnberg 2011, S. 54). Die sich daraus ergebende nicht nur kurze Verweildauer des Einzelnen in der Unterkunft als seinem Lebensmittelpunkt - die dessen Schutzwürdigkeit bauplanungsrechtlich grundsätzlich erhöht - ist letztlich ausschlaggebend für die Einstufung der Nutzung als „wohnähnlich“ (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.04.1992 - 4 C 43.89 - BVerwGE 90, 140 zu einem Arbeitnehmerwohnheim als „Beherbergungsbetrieb“).
17 
(bb) Aus der Wohnähnlichkeit ihrer Nutzung folgt, dass eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber trotz der ausnahmsweisen Zulässigkeit von Anlagen für soziale Zwecke (§ 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO) in einem Gewerbegebiet mangels ihrer Gebietsverträglichkeit nicht ausnahmsweise zulässig ist.
18 
Die Zulässigkeit eines bestimmten Vorhabens innerhalb eines Baugebiets der Baunutzungsverordnung richtet sich nicht allein nach der Einordnung des Vorhabens in eine bestimmte Nutzungs- oder Anlagenart, sondern auch nach der Zweckbestimmung des jeweiligen Baugebiets. Die Prüfung der Gebietsverträglichkeit rechtfertigt sich aus dem typisierenden Ansatz der Baugebietsvorschriften der Baunutzungsverordnung. Der Verordnungsgeber will durch die Zuordnung von Nutzungen zu den näher bezeichneten Baugebieten die vielfältigen und oft gegenläufigen Ansprüche an die Bodennutzung zu einem schonenden Ausgleich im Sinne überlegter Städtebaupolitik bringen. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn die vom Verordnungsgeber dem jeweiligen Baugebiet zugewiesene allgemeine Zweckbestimmung den Charakter des Gebiets eingrenzend bestimmt (BVerwG, Urteil vom 02.02.2012 - 4 C 14.10 - BVerwGE 142, 1 Rn. 16; vgl. auch Urteile vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 - BVerwGE 138, 166 Rn. 19 und vom 21.03.2002 - 4 C 1.02 - BVerwGE 116, 155 (158)). Hinsichtlich des Gebietstypus des Gewerbegebiets gilt, dass Bauvorhaben, die außerhalb des Anwendungsbereichs des § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO einer Wohn- oder wohnähnlichen Nutzung zu dienen bestimmt sind, mit dem Charakter eines Gewerbegebietes - abgesehen von gebietsakzessorischen Wohnnutzungen sonstiger Art - unvereinbar sind. Denn in Gewerbegebieten soll nicht gewohnt werden. Neben der Wohnnutzung nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO kann allein ein sehr kurzfristiger, vorübergehender Aufenthaltszweck in Anlagen nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zulässig sein (BVerwG, Beschluss vom 13.05.2002 - 4 B 86.01 - NVwZ 2002, 1384 (1385)). Wohnähnliche Nutzungsformen sind daher regelmäßig abstrakt gebietsunverträglich.
19 
In Anwendung der vorstehenden Grundsätze erweist sich damit eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber in einem Gewerbegebiet als nicht ausnahmsweise zulässig nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Nichts anderes gilt hier aufgrund der Festsetzung eines beschränkten Gewerbegebiets nach § 8 Abs. 4 BauNVO 1968. Denn auch ein derartiges Gebiet entspricht seiner allgemeinen Zweckbestimmung nach dem Typus eines Gewerbegebiets (BVerwG, Beschluss vom 15.04.1987 - 4 B 71.87 - NVwZ 1987, 970; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.03.1997 - 10 S 2815/96 - NVwZ 1999, 439 (440)). Aus dem Vorstehenden ergibt sich auch, dass die Rechtsauffassung des Beigeladenen nicht zutrifft, dass das Verwaltungsgericht es dem Hauptsacheverfahren überlassen müsse, die Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets zu klären. Denn bezogen auf die Zweckbestimmung des Gebiets nach § 8 BauNVO 1968 stellen sich keine nicht höchstrichterlich abschließend geklärten Fragen. Die Eigenart des konkreten Gewerbegebiets des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ ist für die typisierende Gebietsverträglichkeit der zugelassenen Nutzung nicht relevant, sondern erst bei der Anwendung des § 15 Abs. 1 BauNVO.
20 
bb) Die Festsetzung von Baugebieten durch einen Bebauungsplan hat zu Gunsten der Grundstückseigentümer im jeweiligen Baugebiet eine nachbarschützende Funktion (BVerwG, Urteile vom 16.09.1993 - 4 C 28.91 - BVerwGE 94, 151 und vom 02.02.2012 - 4 C 14.10 - BVerwGE 142, 1 Rn. 24; Senatsurteil vom 29.01.2008 - 8 S 2748/06 - VBlBW 2008, 377), mit der Folge, dass eine rechtswidrige baurechtliche Zulassung einer Nutzungsart - so wie sehr wahrscheinlich hier - die anderen Grundstückseigentümer im Baugebiet auch in eigenen Rechten verletzt.
21 
c)Gegebenenfalls wird die Widerspruchsbehörde die im bisherigen Verfahren von keinem der Beteiligten erörterte Frage zu klären haben, ob die Nutzung als Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber nicht (teilweise) von der möglicherweise ursprünglich erteilten Baugenehmigung für ein Wohnheim mit umfasst und abgedeckt wird, sofern diese Baugenehmigung noch wirksam sein sollte. Dann käme es gegebenenfalls jedenfalls für einen Teil der Nutzung auf die Rechtmäßigkeit der hier gegenständlichen Baugenehmigung nicht an. Überdies ist zu berücksichtigen, dass für den Fall, dass bereits ursprünglich eine wohnähnliche Nutzung genehmigt worden sein sollte, sich dies möglicherweise auch auf die Schutzbedürftigkeit der Antragsteller zu 1 und 2 auswirken kann.
22 
d) Angesichts der nach dem Vorstehenden sehr wahrscheinlich rechtswidrigen und die Antragsteller in eigenen Rechten verletzenden Baugenehmigung kommen den privaten Interessen des Beigeladenen und den öffentlichen Interessen am weiteren Vollzug der Baugenehmigung nur geringe Gewichte zu. Die Interessen der Antragsteller an der Abwehr einer rechtswidrigen Nutzung des Grundstücks überwiegen deutlich. Soweit der Beigeladene ein überwiegendes öffentliches Interesse aus Art. 16a GG und der staatlichen Schutz- und Unterbringungspflicht für Asylbewerber einerseits und aus dem akuten Mangel an Unterbringungsmöglichkeiten andererseits herleiten will, vermag dies hier zu keiner anderen Würdigung zu führen. Der Vortrag bleibt pauschal und unsubstantiiert. Angesichts der hohen Wahrscheinlichkeit der Rechtswidrigkeit der angegriffenen Baugenehmigung müsste dem für die Unterbringung zuständigen Land Baden-Württemberg eine anderweitige Unterbringung der in der genehmigten Unterkunft wohnenden Flüchtlinge nicht möglich oder zumutbar sein, um dem Vollzugsinteresse dennoch den Vorrang einräumen zu können. Dafür ist nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich. Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass für den Fall eines tatsächlichen und erheblichen Mangels an Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbewerber gegebenenfalls an eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans nach § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB gedacht werden könnte. Eine solche ist bislang aber nicht erteilt.
23 
2. Die Beschwerden der Antragsteller zu 3 bis 5 haben hingegen aus den dargelegten Gründen, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, keinen Erfolg.
24 
a) Das Verwaltungsgericht hat sich zur Begründung seiner Auffassung zutreffend darauf gestützt, dass die Festsetzung von Baugebieten durch einen Bebauungsplan nur zu Gunsten der Grundstückseigentümer im jeweiligen Baugebiet eine nachbarschützende Funktion zukommt (BVerwG, Urteile vom 16.09.1993 - 4 C 28.91 - BVerwGE 94, 151 (155) und vom 02.02.2012 - 4 C 14.10 - BVerwGE 142, 1 Rn. 24; Senatsurteil vom 29.01.2008 - 8 S 2748/06 - VBlBW 2008, 377). Hiergegen wenden sich die Antragsteller zu 3 bis 5 mit dem Vortrag, dass es zwar stimme, dass ihnen ein Gebietserhaltungsanspruch nicht zukomme, mit der planungsrechtlichen Festsetzung „Industriegebiet“ die auf dem benachbarten Baugrundstück geplante wohnähnliche Nutzung unter dem Aspekt des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO aber nicht vereinbar sei. Nutzungen nach § 9 BauNVO seien außerhalb der in § 9 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO geregelten Ausnahmen prinzipiell mit wohnähnlichen Nutzungen unvereinbar. Die Zulassung der wohnähnlichen Nutzung gefährde die bisherige Nutzung der Grundstücke der Antragsteller zu 4 und 5. Mit diesem Vortrag sind mögliche Erfolgsaussichten der Widersprüche dieser Antragsteller nicht dargetan. Denn allein der Umstand, dass die in einem festgesetzten Industriegebiet liegenden Grundstücke der Antragsteller zu 4 und 5 unmittelbar an das Grundstück des Beigeladenen angrenzen, sagt noch nichts über die behauptete Rücksichtslosigkeit der Nutzungsänderung aus. Die beiden Antragsteller behaupten zwar, die bisherige Grundstücksnutzung sei durch „die Zulassung der wohnähnlichen Nutzung gefährdet“. Dieser Vortrag ist jedoch unsubstantiiert. Weder im bisherigen behördlichen Verfahren bis zur Erteilung der Baugenehmigung noch im gerichtlichen Verfahren nach § 80a Abs. 3 und § 80 Abs. 5 VwGO haben die Antragsteller nämlich zu den auf ihren Grundstücken genehmigten Nutzungen konkret vorgetragen. Allein der Beigeladene hat sich im Beschwerdeverfahren dazu verhalten, was mit Blick auf § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO hier aber nicht zugunsten der Antragsteller relevant sein kann. Damit verfehlt die Beschwerde die einzelfallbezogene Sichtweise, die das in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO konkretisierte Rücksichtnahmegebot verlangt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.09.1999 - 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314).
25 
Soweit die Beschwerde zutreffend darauf hinweist, das Verwaltungsgericht gehe fälschlicherweise davon aus, dass das Grundstück der Antragstellerin zu 3 in einem festgesetzten Industriegebiet liege, führt dies ebenfalls zu keiner ihr günstigeren Entscheidung. Mit der Beschwerde wird nicht dargetan, was aus dem Umstand, dass das Grundstück in einem festgesetzten Gewerbegebiet - das nicht dasjenige ist, in dem sich das Grundstück des Beigeladenen befindet - folgen soll. Ein Gebietserhaltungsanspruch kommt der Antragstellerin zu 3 jedenfalls ebenso wie den Antragstellern zu 4 und 5 nicht zu.
26 
b) Im Übrigen weist der Senat jedoch für das Widerspruchsverfahren hinsichtlich der Antragsteller zu 4 und 5 auf folgende zwei Gesichtspunkte hin. Ausweislich der dem Senat vorliegenden Behördenakten hat der Antragsteller zu 4 als Eigentümer des Grundstücks Flst. Nr. ... (... Straße ...) zwar Widerspruch eingelegt. Jedoch finden sich von ihm keine innerhalb von vier Wochen nach Zustellung der Angrenzerbenachrichtigung im Sinne des § 55 Abs. 1 Satz 1 LBO erhobenen Einwendungen, so dass er aufgrund von § 55 Abs.2 Satz 2 LBO mit allen Einwendungen ausgeschlossen sein könnte. Insbesondere wird weder der Antragsteller zu 4 noch das Grundstück „... Straße ...“ im Einwendungsschreiben seines jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 31.07.2012 erwähnt. Auch die Antragstellerin zu 5 hat innerhalb der Vierwochenfrist keine in den Bauakten dokumentierten Einwendungen erhoben. Jedoch finden sich im Einwendungsschreiben ihres jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 31.07.2012 Einwendungen einer „... GmbH“ bezogen auf das Grundstück ... Straße ... Hier könnte es sich um eine rechtlich unbeachtliche Falschbezeichnung der Antragstellerin zu 5 handeln, was gegebenenfalls aufzuklären wäre.
27 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2 und 3, 155 Abs. 1 Satz 1, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO.
28 
Da der Beigeladene mit seinem Antrag auf Zurückweisung der Beschwerde ein Kostenrisiko eingegangen ist (§ 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es der Billigkeit, den Antragstellern zu 3 bis 5 anteilsmäßig die außergerichtlichen Kosten des insoweit obsiegenden Beigeladenen aufzuerlegen. Darüber hinaus tragen er und die Antragsgegnerin anteilig die Kosten des Verfahrens, soweit sie - nämlich bezogen auf die Antragsteller zu 1 und 2 - unterlegen sind.
29 
4. Die Streitwertfestsetzung und -abänderung beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1, 39 Abs. 1, 63 Abs. 3 Satz 1 GKG und lehnt sich entsprechend der ständigen Senatsrechtsprechung (vgl. etwa Beschluss vom 29.01.2008 - 8 S 2748/06 - juris Rn. 44) an die Nrn. II.1.5 und II.9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327) an. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist bei der Drittanfechtung einer Baugenehmigung kein Raum für die Anwendung des § 52 Abs. 2 GKG. Da mit dem Vollzug der Nutzungsänderung keine vollendeten, unumkehrbaren Tatsachen geschaffen werden können, ist der Streitwert von 7.500 EUR - je betroffenem Grundstück - zu halbieren, so dass insgesamt ein Streitwert von 15.000,- EUR (4*3.750,- EUR) festzusetzen ist.
30 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absatz 3 sowie des Ausgleichsbetrags nach § 154 durch die Gemeinde haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

Tenor

Der Bebauungsplan „3. Änderung Ortskern Süd“ der Antragsgegnerin vom 23. September 2013 wird insoweit für unwirksam erklärt, als er auf dem Grundstück der Antragsteller eine öffentliche Verkehrsfläche besonderer Zweckbestimmung (verkehrsberuhigter Bereich) sowie einen öffentlichen Fuß- und Radweg festsetzt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Antragsteller wenden sich gegen den am 27.9.2013 in Kraft getretenen Bebauungsplan „3. Änderung Ortskern Süd“ der Antragsgegnerin.
Die Antragsteller sind Eigentümer des im Ortskern der Antragsgegnerin gelegenen, mit einem - in zweiter Reihe stehenden - Wohnhaus und einer - an das Wohnhaus angebauten - Garage bebauten Grundstücks Flst.Nr. ... (...). Das Grundstück grenzt mit einem 2,5 m breiten „Ausläufer“ nach Südosten an die Luisenstraße, über den die Zufahrt zu der Garage der Antragsteller verläuft. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Ortskern Süd“ der Antragsgegnerin vom 17.8.1981, der das im Ortskern der Antragsgegnerin gelegene Gebiet zwischen der Marktstraße, Tretenhofstraße, Luisenstraße und Schutterstraße erfasst und als besonderes Wohngebiet ausweist.
Mit dem angefochtenen Bebauungsplan wird der Bebauungsplan „Ortskern Süd“ in einem insgesamt 2.665 m2 großen Teilbereich geändert, der außer dem Grundstück der Antragsteller die Grundstücke Flst.Nr. ..., ..., ..., ... und ... umfasst. Mit Hilfe des Änderungsbebauungsplans sollen langfristig die Voraussetzungen für die Umsetzung eines zuvor entwickelten Wegekonzepts geschaffen werden. Der Änderungsbebauungsplan sieht dazu die Herstellung eines innerörtlichen Verbindungswegs zwischen der Marktstraße, der Litschentalstraße und der Luisenstraße vor, der im Plan zum Teil als verkehrsberuhigter Bereich und zum Teil als 2,5 m breiter öffentlicher Fuß- und Radweg ausgewiesen wird. Hiervon betroffen ist u.a. das Grundstück der Antragsteller, dessen an die Luisenstraße grenzender „Ausläufer“ sowie der nach Nordwesten folgende Teil der Zufahrt zu der Garage der Antragsteller als öffentliche Verkehrsfläche besonderer Zweckbestimmung (verkehrsberuhigter Bereich) ausgewiesen werden. Im Anschluss an diesen Bereich setzt der Änderungsbebauungsplan auf dem Grundstück ein Teilstück des 2,5 m breiten öffentlicher Fuß- und Radwegs fest, das entlang der Grenze des Grundstücks zu den angrenzenden Grundstücken Flst.Nr. ... und ... verläuft und seine Fortsetzung in einem auf den nach Nordwesten angrenzenden Grundstücken Flst.Nr. ... und ... verlaufenden zweiten Teilstück findet.
Dem angefochtenen Bebauungsplan liegt folgendes Verfahren zugrunde: Der Gemeinderat der Antragsgegnerin beschloss am 10.6.2013, den Bebauungsplan „Ortskern Süd“ in dem genannten Teilbereich im beschleunigten Verfahren gemäß § 13a BauGB zu ändern. Der Beschluss wurde am 14.6.2013 im Mitteilungsblatt der Antragsgegnerin öffentlich bekanntgemacht. In der Bekanntmachung wurde darauf hingewiesen, dass die Änderung im beschleunigten Verfahren gemäß § 13a BauGB ohne Durchführung einer Umweltprüfung erfolge.
Gegen den Entwurf des Bebauungsplans, der in der Zeit vom 1.7. bis 1.8.2013 öffentlich ausgelegt wurde, erhoben die Antragsteller mit Schreiben vom 10.7.2013 Einwendungen, die sie u. a. damit begründeten, dass in der Begründung des Bebauungsplans nicht dargelegt werde, welche Ziele mit der Festsetzung eines verkehrsberuhigten Bereichs sowie eines Fuß- und Radwegs verfolgt würden. Es werde auch nicht erklärt, weshalb der Radweg unmittelbar an die nordöstliche Grenze ihres Grundstücks gelegt werden solle. Der Weg nehme Teile ihres Grundstücks in Anspruch, die bisher als Garten bzw. Zufahrt genutzt worden seien. Ein öffentliches Interesse an einem über ihr Grundstück verlaufenden Fuß- und Radweg, der ihre Interessen überwiege, bestehe nicht. Eine Verbindung von der Luisenstraße zur Tretenhofstraße bestehe bereits jetzt. Die Schaffung eines durchgehenden Fuß- und Radwegs vom Schwimmbad zur Ortsmitte sei nicht gewährleistet, weil das Einverständnis der betroffenen Grundstückseigentümer fehle.
Der Bebauungsplan wurde am 23.9.2013 vom Gemeinderat der Antragsgegnerin als Satzung beschlossen. Der Beschluss wurde am 7.7.2013 öffentlich bekannt gemacht.
Die Antragsteller haben am 23.1.2014 Normenkontrollanträge gestellt. Zur Begründung machen sie geltend, der Bebauungsplan sei sowohl aus formellen als auch materiellrechtlichen Gründen unwirksam.
Nach dem zu § 13a BauGB ergangenen Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 18.4.2013 bestünden Bedenken gegen die Wirksamkeit dieser Vorschrift. Es sei deshalb schon aus diesem Grund von der Unwirksamkeit des Bebauungsplans auszugehen.
Die Festsetzung eines Fuß- und Radwegs sei unter den im vorliegenden Fall gegebenen Umständen nicht zulässig. Die Festsetzung eines Fuß- und Radwegs, der einen umfriedeten Hofraum durchschneiden solle, sei nur dann abwägungsfehlerfrei, wenn die für den Weg sprechenden öffentlichen Belange die entgegen stehenden Interessen des Grundstückseigentümers deutlich überwögen. Das sei hier nicht der Fall. Der zu ihrem Grundstück gehörende eingezäunte Hofraum sei ein nach außen abgeschirmter Bereich, der zu ihrer schutzwürdigen Privatsphäre gehöre. Sie hätten einen Anspruch darauf, dass sie sich auf ihrem Grundstück frei und unbeobachtet bewegen könnten. Dies wäre aber nicht mehr möglich, wenn der Fuß- und Radweg und die verkehrsberuhigte Fläche so wie geplant umgesetzt würden, da ein Teil des Wegs an ihrem Wohnhaus entlang durch den auf dem Grundstück angelegten Garten verlaufen solle. Ein weiterer Teil des Wegs liege in dem Bereich ihres Grundstücks, in dem regelmäßig Fahrzeuge abgestellt würden. Die Einfahrt in ihre Garage sei nur über den Bereich möglich, in welchem der Weg liegen solle. Es sei ihnen nicht zuzumuten, beim Rangieren mit Fahrzeugen auf Radfahrer und Fußgänger, welche in diesem Bereich bei Realisierung der Planung bei Tag und Nacht unterwegs wären, Rücksicht zu nehmen. Ihre gewichtigen privaten Belange könnten - wenn überhaupt - nur dann überwunden werden, wenn für die Errichtung des Wegs noch gewichtigere Belange sprächen. Das sei offensichtlich nicht der Fall. Der Fuß- und Radweg habe keine Verbesserung der Verkehrsführung zur Folge und biete auch sonst keinerlei Vorteile.
10 
Für das Grundstück Flst.Nr. ... sei in dem angefochtenen Bebauungsplan offene Bauweise festgesetzt worden. Das vorgesehene Baufenster schränke die Möglichkeiten der Bebauung in unzulässiger Weise ein. Bei der vorgelegten Planung seien die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzabstände zu dem ihnen gehörenden Grundstück nicht eingehalten.
11 
Die Antragsteller beantragen,
12 
den Bebauungsplan „3. Änderung Ortskern Süd“ der Antragsgegnerin vom 23. September 2013 für unwirksam zu erklären.
13 
Die Antragsgegnerin beantragt,
14 
die Anträge abzuweisen.
15 
Sie erwidert: Das von den Antragstellern genannte Urteil des Europäischen Gerichtshofs betreffe die Vereinbarkeit der mittlerweile aufgehobenen Regelung in § 214 Abs. 2a Nr. 1 BauGB mit Europarecht. Es sei nicht ersichtlich, wieso sich aus diesem Urteil die Unwirksamkeit des Bebauungsplans ergeben solle.
16 
Der Bebauungsplan sei entgegen der Ansicht der Antragsteller erforderlich. Das von den Antragstellern genannte Anschlussteilstück des geplanten Fuß- und Radwegs sei rechtsverbindlich in den Bebauungsplan „Dautenstein“ aufgenommenworden. Der in dem angefochtenen Bebauungsplan festgesetzte Weg sei die Fortsetzung dieses Teilstücks. Durch die Aufnahme der Wegeverbindung in den Bebauungsplan „Dautenstein“ und den angefochtenen Bebauungsplan werde die Möglichkeit geschaffen, die Wegeverbindung notfalls auch gegen den Widerstand der Grundstückseigentümer durchsetzen zu können. Abwägungsfehler bei der Beschlussfassung über den angefochtenen Bebauungsplan seien nicht ersichtlich. Das Grundstück der Antragsteller werde durch den geplanten Weg nicht „durchschnitten“. Der Weg werde vielmehr an der Grundstücksgrenze entlang geführt, um eine übermäßige Beeinträchtigung der Belange der Antragsteller zu vermeiden. Die vorgebrachten Eigentümerbelange, insbesondere die Einschränkung der Nutzbarkeit, die erhöhte Einsehbarkeit des Grundstücks und die Notwendigkeit, auf Fahrradfahrer und Fußgänger im Bereich der Einfahrt Rücksicht zu nehmen, seien berücksichtigt und abgewogen worden. Der Gemeinderat habe jedoch im Rahmen der Abwägung dem von ihm verfolgten öffentlichen Ziel, eine innerörtliche Wegbeziehung im Plangebiet insbesondere für Fußgänger und Schulkinder abseits des Fahrverkehrs zu schaffen, den Vorrang eingeräumt. Der geplante Fußweg sei eingebettet in eine Gesamtkonzeption, die die Schaffung einer durchgängigen Verbindung über Fußwege und verkehrsberuhigte Wohnstraßen zum Sportplatz/Schwimmbad und zum Naherholungsgebiet beim Campingplatz zum Inhalt habe. Im Rahmen der Abwägung sei auch zu berücksichtigen gewesen, dass im Bereich der Zufahrt das Eigentum der Antragsteller an der zu überplanenden Fläche nicht entzogen werden solle, da eine Erweiterung des Nutzerkreises durch Ausweisung einer öffentlichen Verkehrsfläche ausreichend sei. Im Gegenzug habe dies für die Antragsteller den Vorteil, dass sie für die Unterhaltung und die Verkehrssicherheit dieser Fläche nicht mehr zuständig seien. Weiter sei auch zu berücksichtigen gewesen, dass die Einsehbarkeit des Grundstücks mit wenig Aufwand durch Maßnahmen der Antragsteller (Sichtschutz) verringert werden könne.
17 
Auf dem Grundstück Flst.Nr. ... setze der Bebauungsplan offene Bauweise fest. Eine Einschränkung der Bebaubarkeit durch festgesetzte Baugrenzen sei bislang schon gegeben, die Baugrenzen seien lediglich an die gewählte Bauweise angepasst worden. Zur Grenze mit dem Grundstück der Antragsteller halte die Baugrenze nach dem geänderten Plan einen Abstand vom 2,5 m ein, was nach der vorherigen Planfassung nicht der Fall gewesen sei. Weshalb diese Änderung nicht zulässig sein sollte, sei dem Vortrag der Antragsteller nicht zu entnehmen.
18 
Der Senat hat das Grundstück der Antragsteller sowie seine nähere Umgebung im Rahmen der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommen.
19 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die vorliegenden Bebauungsplanakten sowie die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
20 
Die Normenkontrollanträge der Antragsteller sind zulässig und nach Maßgabe des Tenors auch begründet.
I.
21 
Die Anträge sind gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen unbedenklich zulässig. Die Antragsteller besitzen insbesondere die gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO erforderliche Antragsbefugnis, da sie sich gegen Festsetzungen des angefochtenen Bebauungsplans wenden, die unmittelbar ihr eigenes Grundstück betreffen und daher eine Bestimmung von Inhalt und Schranken ihres Eigentums bedeuten. Die Antragsbefugnis ist in einem solchen Fall regelmäßig zu bejahen (BVerwG, Beschl. v. 13.11.2012 - 4 BN 23.12 - Juris; Beschl. v. 7.7.1997 - 4 BN 11.97 - ZfBR 1997, 314; Urt. v. 10.3.1998 - 4 CN 6.97 - ZfBR 1998, 205). § 47 Abs. 2a VwGO steht der Zulässigkeit der Anträge ebenfalls nicht entgegen, da die Antragsteller mit Schreiben vom 10.7.2013 rechtzeitig Einwendungen gegen den Bebauungsplan erhoben haben.
II.
22 
Die Anträge haben auch in der Sache Erfolg. Zwar bestehen gegen den angefochtenen Bebauungsplan in verfahrensrechtlicher Hinsicht keine Bedenken (1.). Der Plan ist jedoch insoweit materiell rechtswidrig, als die Antragsgegnerin mit der Festsetzung des über das Grundstück der Antragsteller führenden innerörtlichen Verbindungswegs die Eigentümerinteressen der Antragsteller unverhältnismäßig hinter die mit diesem Weg verfolgten öffentlichen Interessen zurückgestellt hat (2.). Der darin liegende Fehler im Abwägungsergebnis hat allerdings nicht die Gesamtnichtigkeit des Bebauungsplans zur Folge, sondern zieht nur die Unwirksamkeit der hierauf bezogenen Festsetzungen des Plans nach sich (3.).
23 
1. Gegen den angefochtenen Änderungsbebauungsplan bestehen in verfahrensrechtlicher Hinsicht keine Bedenken.
24 
a) Die Aufstellung des angefochtenen Bebauungsplans erfolgte im beschleunigten Verfahren gemäß § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB. Eine frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit und der Behörden nach den §§ 3 Abs. 1 und 4 Abs. 1 BauGB sowie eine Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 BauGB sind dementsprechend unterblieben. Die an der Rechtmäßigkeit dieses Vorgehens geäußerten Zweifel der Antragsteller sind unbegründet.
25 
Nach § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB kann ein Bebauungsplan für die Wiedernutzbarmachung von Flächen, die Nachverdichtung oder andere Maßnahmen der Innenentwicklung (Bebauungsplan der Innenentwicklung) im beschleunigten Verfahren aufgestellt werden, sofern die von ihm festgesetzte Grundfläche die in § 13a Abs. 1 Satz 2 BauGB genannten Grenzen nicht überschreitet und auch keiner der in § 13a Abs. 1 Satz 4 und 5 BauGB genannten weiteren Ausschlussgründe vorliegt. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist im vorliegenden Fall ohne weiteres zu bejahen. Der angefochtene Änderungsbebauungsplan erfasst ein im Ortskern der Antragsgegnerin gelegenes Gebiet und verfolgt u.a. das Ziel, in diesem Bereich zusätzliche Baumöglichkeiten zu schaffen. Das Plangebiet umfasst eine Fläche von nur 2.665 m2. Die in § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB genannten Grenzen für die in einem der Bebauungsplan der Innenentwicklung festgesetzte Grundfläche werden folglich bei Weitem nicht erreicht. Die Zulässigkeit eines Vorhabens, das einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegt, wird durch den angefochtenen Änderungsbebauungsplan nicht begründet. Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter liegen nicht vor. Insoweit werden auch von den Antragstellern keine Einwendungen gegen die Anwendung des beschleunigten Verfahrens erhoben.
26 
Die in § 13a BauGB getroffene Regelung ist unionsrechtskonform. Sie verstößt, anders als von den Antragstellern in der Begründung ihrer Anträge angedeutet, insbesondere nicht gegen die Richtlinie 2001/42/EG vom 21.7.2001 (sog. Plan-UP-Richtlinie).
27 
Nach ihrem Art. 1 ist es das Ziel der Plan-UP-Richtlinie, ein hohes Umweltschutzniveau sicherzustellen, indem alle Pläne und Programme, die voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben, vor ihrer Annahme einer Umweltprüfung unterzogen werden. Art. 3 Abs. 1 Plan-UP-RL schreibt dementsprechend vor, dass die unter die Absätze 2 bis 4 fallenden Pläne und Programme, die voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben, einer Umweltprüfung nach den Art. 4 bis 9 unterzogen werden. Dies gilt nach Art. 3 Abs. 2 Plan-UP-RL - vorbehaltlich der Regelung in Art. 3 Abs. 3 - insbesondere für alle Pläne und Programme, durch die der Rahmen für die künftige Genehmigung der in den Anhängen I und II der Richtlinie 85/337/EWG aufgeführten Projekte gesetzt wird oder bei denen angesichts ihrer voraussichtlichen Auswirkungen auf Gebiete eine Prüfung nach Art. 6 oder 7 der Richtlinie 92/43/EWG für erforderlich erachtet wird. Bei nicht unter diese Vorschrift fallenden Plänen und Programmen, durch die der Rahmen für die künftige Genehmigung von Projekten gesetzt wird, haben die Mitgliedstaaten gemäß Art. 3 Abs. 4 Plan-UP-RL darüber zu befinden, ob diese voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben. Nach Art. 3 Abs. 5 Satz 1 Plan-UP-RL kann das entweder durch Einzelfallprüfung oder durch Festlegung von Arten von Plänen oder durch eine Kombination dieser beiden Ansätze erfolgen, wobei gemäß Art. 3 Abs. 5 Satz 2 Plan-UP-RL in jedem Fall die einschlägigen Kriterien des Anhangs II der Richtlinie zu beachten sind.
28 
Mit § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB hat der deutsche Gesetzgeber von der zweiten Variante des Art. 3 Abs. 5 Satz 1 Plan-UP-RL Gebrauch gemacht und abstrakt-generell festgelegt, dass bestimmte Pläne im beschleunigten Verfahren und damit nach § 13a Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit § 13 Abs. 3 Satz 1 BauGB ohne Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 BauGB erlassen werden können. Eine solche abstrakte Regelung ist zulässig, weil es denkbar ist, dass eine besondere Art von Plan, die bestimmte qualitative Voraussetzungen erfüllt, a priori voraussichtlich keine erheblichen Umweltauswirkungen hat (BVerwG, Beschl. v. 31.7.2014 - 4 BN 12.14 - NVwZ 2015, 161; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 29.10.2013 - 3 S 198/12 - NVwZ-RR 2014, 171; Urt. v. 17.2.2014 - 5 S 3254/11 - BauR 2014, 1243).
29 
Aus dem von den Antragstellern zitierten Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 18.4.2013 - C-463/11 - (BauR 2013, 1097) ergibt sich nichts anderes. In dem Urteil hat der Europäische Gerichtshof die in § 13a BauGB getroffene Regelung nicht in Frage gestellt, sondern allein die inzwischen aufgehobene Regelung in § 214 Abs. 2a Nr. 1 BauGB a.F. beanstandet, der eine Verletzung der Verfahrensvorschriften über die Umweltprüfung, die darauf beruht, dass die Gemeinde die Voraussetzung für das beschleunigte Verfahren nach § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB unzutreffend beurteilt hat, als für die Rechtswirksamkeit dieses Bebauungsplans der Innenentwicklung unbeachtlich erklärte.
30 
b) Der Bebauungsplan verstößt ferner nicht gegen die besonderen Verfahrensvorschriften, die für die Aufstellung eines Bebauungsplans der Innenentwicklung gelten. Die Antragsgegnerin hat ihre Entscheidung, dass der Plan im vereinfachten Verfahren ohne Durchführung einer Umweltprüfung beschlossen werden soll, insbesondere gemäß § 13a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB ortsüblich bekanntgemacht. Mehr ist jedenfalls unter den im vorliegenden Fall gegebenen Umständen nicht erforderlich.
31 
Art. 3 Abs. 7 Plan-UP-RL bestimmt, dass die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass die nach Art. 3 Abs. 5 Plan-UP-RL getroffenen Schlussfolgerungen, einschließlich der Gründe für die Entscheidung, keine Umweltprüfung gemäß den Artikeln 4 bis 9 vorzuschreiben, der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Was Gegenstand der Hinweispflicht ist, hängt davon ab, wie der Mitgliedstaat von seiner Befugnis gemäß Art. 3 Abs. 5 Satz 1 Plan-UP-RL Gebrauch macht. Trifft er die Bestimmung wie im Fall des § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB abstrakt-generell auf der Ebene des Gesetzes, so trifft auch die Hinweispflicht jedenfalls primär den Gesetzgeber (BVerwG, Beschl. v. 31.7.2014, a.a.O.). Dieser Pflicht hat der Gesetzgeber genügt, indem er in der Begründung zu § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Entwurfs des Gesetzes zur Erleichterung von Planungsvorhaben für die Innenentwicklung der Städte (BT-Drs. 16/2496, S. 13 f.) entsprechend Art. 3 Abs. 5 Satz 2 Plan-UP-RL dargelegt hat, aus welchen Gründen er in diesen Fällen keine Umweltprüfung nach Art. 4 bis 9 Plan-UP-RL vorgeschrieben hat.
32 
Die Frage, ob sich aus Art. 3 Abs. 7 Plan-UP-RL darüber hinaus weitere Hinweispflichten für das konkrete Bebauungsplanverfahren ergeben, bedarf im vorliegenden Fall keiner Klärung. Die Richtlinie fordert insoweit allenfalls, dass der Öffentlichkeit die maßgeblichen Schlussfolgerungen einschließlich ihrer Gründe „zugänglich“ gemacht werden. Wie der Vergleich mit dem Wortlaut des Art. 9 Plan-UP-RL zeigt, muss ein solches Zugänglichmachen nicht stets durch Bekanntgabe erfolgen, sondern kann ebenso im Wege der öffentlichen Auslegung erreicht werden (BVerwG, Beschl. v. 31.7.2014, a.a.O.). Ob Art. 3 Abs. 7 Plan-UP-RL im Fall des § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB mehr als den von § 13a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB vorgeschriebenen Hinweis verlangt, kann danach allenfalls dann zweifelhaft sein, wenn sich auch aus den ausgelegten Unterlagen nicht die Umstände ergeben, die im konkreten Fall zur Wahl des beschleunigten Verfahrens und damit zum Unterlassen der Umweltprüfung geführt haben (BVerwG, Beschl. v. 31.7.2014, a.a.O.). Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben, da die von der Antragsgegnerin mitausgelegte Begründung des Bebauungsplanentwurfs alle für die Beurteilung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB maßgeblichen Informationen enthält.
33 
2. Der angefochtene Bebauungsplan beruht jedoch auf einer nicht ordnungsgemäßen Abwägung der mit der Planung verfolgten öffentlichen Interessen gegen die privaten Interessen der Antragsteller.
34 
Nach § 1 Abs. 7 BauGB sind bei der Aufstellung eines Bebauungsplans die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Die Beachtung dieses Gebots unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung, die die planerische Gestaltungsfreiheit der Gemeinde zu respektieren hat. Die gerichtliche Kontrolle der von der Gemeinde vorzunehmenden Abwägung hat sich dementsprechend auf die Prüfung zu beschränken, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat, ob in sie an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden musste, ob die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange richtig erkannt worden ist und ob der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belangen in einer Weise vorgenommen worden ist, die zu ihrer objektiven Gewichtigkeit in einem angemessenen Verhältnis steht (ständige Rechtsprechung, grundlegend: BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 - BVerwGE 34, 301; Urt. v. 5.7.1974 - IV C 50.72 - BVerwGE 45, 309).
35 
a) Die Festsetzung der Baufenster auf dem Grundstück der Antragsteller und den nach Nordwesten und Südwesten angrenzenden Grundstücken ist danach nicht zu beanstanden. Die damit verbundene Einräumung zusätzlicher Baumöglichkeiten entspricht dem mit dem Bebauungsplan verfolgten Ziel, die im Plangebiet gelegenen Flächen für eine Wohnnutzung zu aktivieren. Nachteile für die Antragsteller sind damit nicht verbunden. Das auf dem Grundstück der Antragsteller im Bebauungsplan „Ortskern-Süd“ in seiner ursprünglichen Fassung festgesetzte Baufenster von 10 m x 12,5 m wird mit der angefochtenen Änderung des Bebauungsplans auf 22,5 m x 13,5 m vergrößert und lässt damit eine Bebauung zu, die weit über das vorhandene Wohnhaus der Antragsteller hinausgeht. Dafür, dass durch die auf den benachbarten Grundstücken festgesetzten Baufenster die Bebauung des Grundstücks der Antragsteller eingeschränkt würde, ist nichts zu erkennen. Ihre diesbezüglichen Einwendungen haben die Antragsteller in der mündlichen Verhandlung auch nicht aufrechterhalten.
36 
b) Gegen den Bebauungsplan bestehen auch insoweit keine Bedenken, als er den bereits bestehenden Weg zwischen dem Vogtshof im Südwesten und der Tretenhofstraße im Nordosten nach Südosten an die Grenze zum Grundstück der Antragsteller verschiebt. Die Maßnahme dient der von der Antragsgegnerin angestrebten besseren Ausnutzung der im Plangebiet gelegenen Flächen für Wohnzwecke. Die damit verbundenen Nachteile für die Antragsteller sind hinnehmbar.
37 
c) Für die Planung des von der Luisenstraße über das Grundstück der Antragsteller nach Nordwesten führenden Verbindungswegs gilt das nicht. Die sich daraus für die Antragsteller ergebenden Nachteile wiegen so schwer, dass die Planung dieses Wegs trotz ihrer grundsätzlich anzuerkennenden Zielsetzung als nicht mehr verhältnismäßig anzusehen ist.
38 
aa) Festsetzungen eines Bebauungsplans haben keine enteignende Vorwirkung. Mit der Festsetzung von Flächen öffentlicher Nutzung ist daher keine Entscheidung über die Zulässigkeit einer Enteignung dieser Flächen verbunden (BVerfG, Beschl. v. 22.2.1999 - 1 BvR 565/91 - NVwZ 1999, 979; BVerwG, Beschl. v. 14.6.2007 - 4 BN 21.07 - BRS 71 Nr. 3; Urt. v. 6.6.2002 - 4 CN 6.01 - NVwZ 2002, 1506; Beschl. v. 21.2.1991 - 4 NB 16.90 - NVwZ 1991, 873). Setzt ein Bebauungsplan - wie hier - für ein bisher privat genutztes Grundstück eine Verkehrsfläche fest, bedarf es deshalb bei der Aufstellung des Plans keiner vollen Prüfung der Enteignungsvoraussetzungen (BVerfG, Beschl. v. 22.2.1999 - 1 BvR 565/91 - NVwZ 1999, 979). Ob der Vollzug der Festsetzung es erfordert, das Grundstück seinem bisherigen Eigentümer hoheitlich zu entziehen, ist vielmehr erst in einem etwaigen Enteignungsverfahren zu entscheiden.
39 
Das enthebt die Gemeinde aber nicht der Verpflichtung, bei der Aufstellung eines Bebauungsplans auch diejenigen schutzwürdigen privaten Interessen angemessen zu berücksichtigen, die sich aus dem Eigentum und dessen Nutzung herleiten lassen (BVerwG, Beschl. v. 14.6.2007, a.a.O.). Bei der Inanspruchnahme von privatem Grundeigentum muss insbesondere geprüft werden, ob es ein milderes Mittel gibt, das zur Zweckerreichung gleich geeignet ist, den Eigentümer aber weniger belastet (BVerfG, Beschl. v. 19.12.2002 - 1 BvR 1402/01 - NVwZ 2003, 727; BVerwG, Beschl. v. 14.6.2007, a.a.O.; Urt. v. 6.6.2002, a.a.O.). Das Gewicht des Eingriffs muss außerdem zur Dringlichkeit der für die Planung sprechenden Interessen in einem angemessenen Verhältnis stehen (BVerwG, Urt. v. 16.5.1991 - 4 C 17.90 - BVerwGE 88, 191). Diese Belange müssen umso gewichtiger sein, je stärker die Festsetzungen eines Bebauungsplans die Privatnützigkeit der betroffenen Grundstücke beschränken oder gar ausschließen (BVerwG, Beschl. v. 18.12.1987 - 4 NB 4.87 - NVwZ 1988, 727; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 6.2.2014 - 3 S 207/13 - VBlBW 2015, 37, Urt. v. 26.9.2003 - 3 S 1650/02 - BauR 2004, 373).
40 
bb) Der angefochtene Bebauungsplan weist den an die Luisenstraße grenzenden „Ausläufer“ des Grundstücks der Antragsteller sowie den nach Nordwesten folgenden Teil der Zufahrt zu der auf dem Grundstück vorhandenen Garage als öffentliche Verkehrsfläche besonderer Zweckbestimmung (verkehrsberuhigter Bereich) aus. Im Anschluss an diesen Bereich setzt der Plan auf dem Grundstück längs der südöstlichen und der südwestlichen Grenze des Grundstücks einen 2,5 m breiten öffentlichen Fuß- und Radweg fest, der seine Fortsetzung in dem über die nach Nordwesten angrenzenden Grundstücke Flst.Nr. ... und ... verlaufenden Weg zwischen dem Vogtshof im Südwesten und der Tretenhofstraße im Nordosten findet.
41 
Die mit dieser Planung verbundenen Nachteile für die Antragsteller wiegen schwer. Der unmittelbare Flächenverlust, den das Grundstück der Antragsteller durch die Planung erleidet, beträgt ca. 137 m2. Hinzu kommen ein gravierender Eingriff in die Privatsphäre der Antragsteller, da ihr bisher weitgehend ungestört in zweiter Reihe gelegenes Grundstück von dem geplanten Weg einschließlich seiner Fortsetzung von insgesamt drei Seiten eingerahmt wird und ein Teil des Wegs nur wenige Meter von der Terrasse der Antragsteller entfernt ist, sowie die Erschwernisse bei der Benutzung der Zufahrt zu der neben dem Wohnhaus befindlichen Garage auf dem Grundstück. Die Antragsteller können zwar auch weiterhin von ihrer Garage auf die Luisenstraße ausfahren bzw. von dieser Straße zu ihrer Garage gelangen. Ein Befahren der bisher privaten Zu- und Abfahrt wird aber in Zukunft insoweit erschwert, als die Antragsteller dabei Rücksicht auf die den Weg benutzenden Radfahrer und Fußgänger nehmen müssen.
42 
Der von der Antragsgegnerin genannte Vorteil, dass die Antragsteller für die Unterhaltung und die Verkehrssicherheit der für den öffentlichen Weg in Anspruch genommenen Fläche nicht mehr zuständig seien, vermag diese Nachteile auch nicht annähernd zu kompensieren, sondern ist nicht mehr als ein bloßes „Trostpflaster“. Die Nachteile der Planung für die Antragsteller lassen sich entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin auch nicht mit dem Hinweis darauf relativieren, dass die Antragsteller die Einsehbarkeit ihres Grundstücks mit wenig Aufwand selbst verringern könnten. Was den südlichen Teil des geplanten Verbindungswegs betrifft, scheidet eine solche Möglichkeit aus, da dieser Teil des Wegs den Antragsteller als Zu- und Abfahrt ihrer Garage dient, auf die sie auch in Zukunft nicht verzichten können. Um die Einsehbarkeit des Grundstücks auch von den weiteren Teilstücken des Wegs zumindest weitgehend auszuschließen, müssten die Antragsteller im Übrigen längs der Grenzen zu dem geplanten Weg einen mindestens 1,8 m hohen Sichtschutz errichten. Der Begriff „wenig Aufwand“ wird deshalb den tatsächlichen Verhältnissen auch insoweit nicht gerecht. Die Errichtung eines solchen Sichtschutzes bedeutete zudem zugleich, dass die Antragsteller in dem gleichen Maße von ihrer Umwelt abgeschnitten wären.
43 
Die von der Antragsgegnerin mit der Planung des von der Luisenstraße nach Nordwesten führenden Verbindungswegs verfolgten Gründe stehen zu den schwerwiegenden Nachteilen, die diese Planung für die Antragsteller bedeutet, in keinem angemessenen Verhältnis.
44 
Mit dem in Begründung des angefochtenen Bebauungsplans genannten Ziel einer innerörtlichen Nachverdichtung steht die Planung einer von Südosten nach Nordwesten verlaufenden Wegeverbindung - anders als die Verlegung des schon bisher vorhandenen Wegs zwischen dem Vogtshof und der Tretenhofstraße an die nordwestliche Grenze des Grundstücks der Antragsteller - in keinem Zusammenhang. Die Schaffung zusätzlicher Baumöglichkeiten auf den südwestlich und nordwestlich des Grundstücks der Antragsteller gelegenen Grundstücken hängt von der Herstellung dieser Wegeverbindung nicht ab und wird durch diese auch nicht erleichtert.
45 
Die Herstellung dieser Verbindung kann daher nur mit der - in der Begründung des Bebauungsplans als weiterer Grund für die Aufstellung des Bebauungsplans genannten - Konzeption eines innerörtlichen Wegenetzes gerechtfertigt werden. Nach den dazu in der Begründung gemachten Ausführungen der Antragsgegnerin soll mit dem vom Vogtshof zur Luisenstraße führenden Fuß- und Radweg eine verkehrssichere fußläufige Verbindung von den Wohngebieten westlich der Tretenhofstraße zu den Versorgungsbereichen in der Ortsmitte geschaffen werden. Dies gebe Schul- und Kindergartenkindern die Möglichkeit, abseits des Fahrverkehrs verkehrssicher zur Fußgängerampel an der Hauptstraße beim Rathaus und somit zum Schulgelände zu gelangen. Zudem werde damit ein wesentliches Teilstück für eine verkehrssichere Verbindung zwischen der Ortsmitte und den Freizeit- und Erholungseinrichtungen (Piratenspielplatz „Dautenstein“, Familienbad, Sport- und Tennisplätze, Naherholungsgebiet Herrenmatt-Rückhaltebecken und Litschental) geschaffen. Die Antragsgegnerin hat dazu in ihrer Antragserwiderung weiter dargelegt, der geplante Fuß- und Radweg sei Bestandteil einer Gesamtkonzeption, die den Bereich Turnhalle/Schulzentrum des Orts mit den Sportanlagen und dem Familienbad im Süden verbinden solle. Sie hat dazu einen Übersichtsplan vorgelegt, in dem eine - im Wesentlichen in Nordsüdrichtung verlaufende - Wegeverbindung von dem Schulzentrum im Nordosten des Orts und den Sportanlagen im Süden dargestellt ist, wobei allerdings offenbar ein nicht unwesentlicher Teil dieser Wegeverbindung auf Anliegerstraßen verläuft.
46 
Die Berechtigung der von der Antragsgegnerin mit der Herstellung der genannten Wegeverbindung verfolgten Zwecke steht außer Frage. Bei der in Nord-Süd-Richtung durch den Ortskern der Antragsgegnerin führenden Tretenhofstraße handelt es sich um eine stark befahrene Straße mit einem erheblichen Anteil an Schwerlastverkehr. Die längs der Fahrbahn verlaufenden Gehwege sind an mehreren Stellen nur sehr schmal. Eine gefahrlose Benutzung der Gehwege durch Schul- und Kindergartenkinder ist deshalb jedenfalls nicht durchgängig möglich. Was das hier in Rede stehende Teilstück der von der Antragsgegnerin gewünschten Wegeverbindung im Bereich zwischen der Luisenstraße und der Markstraße betrifft, steht jedoch mit der weiter westlich verlaufenden Litschentalstraße eine Alternative zu der Planung der Antragsgegnerin zur Verfügung, die die mit dieser Planung verfolgten Zwecke ebenfalls erfüllt. Die Litschentalstraße ist in dem Abschnitt zwischen der Luisenstraße und der Marktstraße im nördlichen Teil als verkehrsberuhigter Bereich ausgeschildert. Im südlichen Teil gilt eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h. Eine gefahrlose Benutzung der Gehwege längs der Fahrbahn dieser Straße ist deshalb auch durch Schul- und Kindergartenkinder ohne weiteres möglich, wovon sich der Senat bei dem von ihm eingenommenen Augenschein überzeugt hat.
47 
Die genannte Alternativstrecke ist allerdings etwas länger als der von der Antragsgegnerin geplante Weg. Der über die Litschentalstraße führende Weg von dem - neben der Garageneinfahrt der Antragsteller liegenden - Gebäude Luisenstr. 4 bis zum Gebäude Marktstr. 4 hat eine Länge von ungefähr 350 m und ist damit gegenüber dem von der Antragsgegnerin geplanten, über das Grundstück der Antragsteller führenden Weg um ca. 200 m länger. Der insoweit bestehende Nachteil der Alternativstrecke hat jedoch nicht das erforderliche Gewicht, um den mit der Planung der Antragsgegnerin verbundenen Zugriff auf das Eigentum der Antragsteller und die weiteren Beeinträchtigungen ihrer Interessen zu rechtfertigen. Das gilt umso mehr, als der von der Antragsgegnerin geplante Weg insgesamt viermal seine Richtung um jeweils 90° ändert und damit jedenfalls für Radfahrer keine besondere Attraktivität besitzt. Der Bebauungsplan beruht damit insoweit auf einer unverhältnismäßigen Zurücksetzung der privaten Interessen der Antragsteller.
48 
3. Der danach festzustellende Fehler im Abwägungsergebnis zieht die Unwirksamkeit der hierauf bezogenen Festsetzungen des angefochtenen Bebauungsplans nach sich, lässt jedoch den übrigen Inhalt des Plans unberührt.
49 
Nach den allgemeinen Grundsätzen über die teilweise Nichtigkeit von Gesetzen und anderen Rechtsvorschriften führen Mängel, die einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans anhaften, nicht notwendigerweise zu dessen Gesamtnichtigkeit. Sie lassen die übrigen Festsetzungen des Plans vielmehr unberührt, wenn sie für sich betrachtet noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB bewirken können und die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gelangten Willen im Zweifel auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BVerwG, Beschl. v. 18.2.2009 - 4 B 54.08 - BauR 2009, 1102; Beschl. v. 6.4.1993 - 4 NB 43.92 - ZfBR 1993, 238; Beschl. v. 29.3.1993 - 4 NB 10.91 - DVBl. 1993, 661).
50 
Das ist hier der Fall. Die übrigen Festsetzungen des Bebauungsplans sind von der Planung des über das Grundstück der Antragsteller führenden Wegs ohne weiteres abtrennbar und können auch für sich betrachtet ihre Aufgabe erfüllen, eine geordnete städtebauliche Entwicklung des Planbereichs zu gewährleisten. Angesichts der nicht voneinander abhängigen Ziele, die die Antragsgegnerin mit dem über das Grundstück der Antragsteller führenden Weg einerseits und den übrigen Festsetzungen des Bebauungsplans andererseits verfolgt, gibt es auch keinen vernünftigen Zweifel daran, dass die Antragsgegnerin einen eingeschränkten Bebauungsplan mit ansonsten gleichem Inhalt beschlossen hätte, wenn sie die Unzulässigkeit des diesen Weg betreffenden Teils ihrer Planung erkannt hätte.
51 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Ein Fall des § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO liegt nicht vor, da der Normenkontrollantrag eines Antragstellers, der durch einen Bebauungsplan einen Nachteil erleidet, nicht deshalb mit nachteiligen Kostenfolgen als teilweise unbegründet zurückgewiesen werden darf, weil der angefochtene Plan nur für teilnichtig zu erklären ist (BVerwG, Beschl. v. 4.6.1991 - 4 NB 35.89 - BVerwGE 88, 268; Beschl. v. 25.2.1997 - 4 NB 30.96 - BauR 1997, 603; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 6.2.2014 - 3 S 207/13 - VBlBW 2015, 37).
52 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
53 
Beschluss vom 11. März 2015
54 
Der Streitwert wird auf 15.000 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
55 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
20 
Die Normenkontrollanträge der Antragsteller sind zulässig und nach Maßgabe des Tenors auch begründet.
I.
21 
Die Anträge sind gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen unbedenklich zulässig. Die Antragsteller besitzen insbesondere die gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO erforderliche Antragsbefugnis, da sie sich gegen Festsetzungen des angefochtenen Bebauungsplans wenden, die unmittelbar ihr eigenes Grundstück betreffen und daher eine Bestimmung von Inhalt und Schranken ihres Eigentums bedeuten. Die Antragsbefugnis ist in einem solchen Fall regelmäßig zu bejahen (BVerwG, Beschl. v. 13.11.2012 - 4 BN 23.12 - Juris; Beschl. v. 7.7.1997 - 4 BN 11.97 - ZfBR 1997, 314; Urt. v. 10.3.1998 - 4 CN 6.97 - ZfBR 1998, 205). § 47 Abs. 2a VwGO steht der Zulässigkeit der Anträge ebenfalls nicht entgegen, da die Antragsteller mit Schreiben vom 10.7.2013 rechtzeitig Einwendungen gegen den Bebauungsplan erhoben haben.
II.
22 
Die Anträge haben auch in der Sache Erfolg. Zwar bestehen gegen den angefochtenen Bebauungsplan in verfahrensrechtlicher Hinsicht keine Bedenken (1.). Der Plan ist jedoch insoweit materiell rechtswidrig, als die Antragsgegnerin mit der Festsetzung des über das Grundstück der Antragsteller führenden innerörtlichen Verbindungswegs die Eigentümerinteressen der Antragsteller unverhältnismäßig hinter die mit diesem Weg verfolgten öffentlichen Interessen zurückgestellt hat (2.). Der darin liegende Fehler im Abwägungsergebnis hat allerdings nicht die Gesamtnichtigkeit des Bebauungsplans zur Folge, sondern zieht nur die Unwirksamkeit der hierauf bezogenen Festsetzungen des Plans nach sich (3.).
23 
1. Gegen den angefochtenen Änderungsbebauungsplan bestehen in verfahrensrechtlicher Hinsicht keine Bedenken.
24 
a) Die Aufstellung des angefochtenen Bebauungsplans erfolgte im beschleunigten Verfahren gemäß § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB. Eine frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit und der Behörden nach den §§ 3 Abs. 1 und 4 Abs. 1 BauGB sowie eine Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 BauGB sind dementsprechend unterblieben. Die an der Rechtmäßigkeit dieses Vorgehens geäußerten Zweifel der Antragsteller sind unbegründet.
25 
Nach § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB kann ein Bebauungsplan für die Wiedernutzbarmachung von Flächen, die Nachverdichtung oder andere Maßnahmen der Innenentwicklung (Bebauungsplan der Innenentwicklung) im beschleunigten Verfahren aufgestellt werden, sofern die von ihm festgesetzte Grundfläche die in § 13a Abs. 1 Satz 2 BauGB genannten Grenzen nicht überschreitet und auch keiner der in § 13a Abs. 1 Satz 4 und 5 BauGB genannten weiteren Ausschlussgründe vorliegt. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist im vorliegenden Fall ohne weiteres zu bejahen. Der angefochtene Änderungsbebauungsplan erfasst ein im Ortskern der Antragsgegnerin gelegenes Gebiet und verfolgt u.a. das Ziel, in diesem Bereich zusätzliche Baumöglichkeiten zu schaffen. Das Plangebiet umfasst eine Fläche von nur 2.665 m2. Die in § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB genannten Grenzen für die in einem der Bebauungsplan der Innenentwicklung festgesetzte Grundfläche werden folglich bei Weitem nicht erreicht. Die Zulässigkeit eines Vorhabens, das einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegt, wird durch den angefochtenen Änderungsbebauungsplan nicht begründet. Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter liegen nicht vor. Insoweit werden auch von den Antragstellern keine Einwendungen gegen die Anwendung des beschleunigten Verfahrens erhoben.
26 
Die in § 13a BauGB getroffene Regelung ist unionsrechtskonform. Sie verstößt, anders als von den Antragstellern in der Begründung ihrer Anträge angedeutet, insbesondere nicht gegen die Richtlinie 2001/42/EG vom 21.7.2001 (sog. Plan-UP-Richtlinie).
27 
Nach ihrem Art. 1 ist es das Ziel der Plan-UP-Richtlinie, ein hohes Umweltschutzniveau sicherzustellen, indem alle Pläne und Programme, die voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben, vor ihrer Annahme einer Umweltprüfung unterzogen werden. Art. 3 Abs. 1 Plan-UP-RL schreibt dementsprechend vor, dass die unter die Absätze 2 bis 4 fallenden Pläne und Programme, die voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben, einer Umweltprüfung nach den Art. 4 bis 9 unterzogen werden. Dies gilt nach Art. 3 Abs. 2 Plan-UP-RL - vorbehaltlich der Regelung in Art. 3 Abs. 3 - insbesondere für alle Pläne und Programme, durch die der Rahmen für die künftige Genehmigung der in den Anhängen I und II der Richtlinie 85/337/EWG aufgeführten Projekte gesetzt wird oder bei denen angesichts ihrer voraussichtlichen Auswirkungen auf Gebiete eine Prüfung nach Art. 6 oder 7 der Richtlinie 92/43/EWG für erforderlich erachtet wird. Bei nicht unter diese Vorschrift fallenden Plänen und Programmen, durch die der Rahmen für die künftige Genehmigung von Projekten gesetzt wird, haben die Mitgliedstaaten gemäß Art. 3 Abs. 4 Plan-UP-RL darüber zu befinden, ob diese voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben. Nach Art. 3 Abs. 5 Satz 1 Plan-UP-RL kann das entweder durch Einzelfallprüfung oder durch Festlegung von Arten von Plänen oder durch eine Kombination dieser beiden Ansätze erfolgen, wobei gemäß Art. 3 Abs. 5 Satz 2 Plan-UP-RL in jedem Fall die einschlägigen Kriterien des Anhangs II der Richtlinie zu beachten sind.
28 
Mit § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB hat der deutsche Gesetzgeber von der zweiten Variante des Art. 3 Abs. 5 Satz 1 Plan-UP-RL Gebrauch gemacht und abstrakt-generell festgelegt, dass bestimmte Pläne im beschleunigten Verfahren und damit nach § 13a Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit § 13 Abs. 3 Satz 1 BauGB ohne Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 BauGB erlassen werden können. Eine solche abstrakte Regelung ist zulässig, weil es denkbar ist, dass eine besondere Art von Plan, die bestimmte qualitative Voraussetzungen erfüllt, a priori voraussichtlich keine erheblichen Umweltauswirkungen hat (BVerwG, Beschl. v. 31.7.2014 - 4 BN 12.14 - NVwZ 2015, 161; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 29.10.2013 - 3 S 198/12 - NVwZ-RR 2014, 171; Urt. v. 17.2.2014 - 5 S 3254/11 - BauR 2014, 1243).
29 
Aus dem von den Antragstellern zitierten Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 18.4.2013 - C-463/11 - (BauR 2013, 1097) ergibt sich nichts anderes. In dem Urteil hat der Europäische Gerichtshof die in § 13a BauGB getroffene Regelung nicht in Frage gestellt, sondern allein die inzwischen aufgehobene Regelung in § 214 Abs. 2a Nr. 1 BauGB a.F. beanstandet, der eine Verletzung der Verfahrensvorschriften über die Umweltprüfung, die darauf beruht, dass die Gemeinde die Voraussetzung für das beschleunigte Verfahren nach § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB unzutreffend beurteilt hat, als für die Rechtswirksamkeit dieses Bebauungsplans der Innenentwicklung unbeachtlich erklärte.
30 
b) Der Bebauungsplan verstößt ferner nicht gegen die besonderen Verfahrensvorschriften, die für die Aufstellung eines Bebauungsplans der Innenentwicklung gelten. Die Antragsgegnerin hat ihre Entscheidung, dass der Plan im vereinfachten Verfahren ohne Durchführung einer Umweltprüfung beschlossen werden soll, insbesondere gemäß § 13a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB ortsüblich bekanntgemacht. Mehr ist jedenfalls unter den im vorliegenden Fall gegebenen Umständen nicht erforderlich.
31 
Art. 3 Abs. 7 Plan-UP-RL bestimmt, dass die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass die nach Art. 3 Abs. 5 Plan-UP-RL getroffenen Schlussfolgerungen, einschließlich der Gründe für die Entscheidung, keine Umweltprüfung gemäß den Artikeln 4 bis 9 vorzuschreiben, der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Was Gegenstand der Hinweispflicht ist, hängt davon ab, wie der Mitgliedstaat von seiner Befugnis gemäß Art. 3 Abs. 5 Satz 1 Plan-UP-RL Gebrauch macht. Trifft er die Bestimmung wie im Fall des § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB abstrakt-generell auf der Ebene des Gesetzes, so trifft auch die Hinweispflicht jedenfalls primär den Gesetzgeber (BVerwG, Beschl. v. 31.7.2014, a.a.O.). Dieser Pflicht hat der Gesetzgeber genügt, indem er in der Begründung zu § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Entwurfs des Gesetzes zur Erleichterung von Planungsvorhaben für die Innenentwicklung der Städte (BT-Drs. 16/2496, S. 13 f.) entsprechend Art. 3 Abs. 5 Satz 2 Plan-UP-RL dargelegt hat, aus welchen Gründen er in diesen Fällen keine Umweltprüfung nach Art. 4 bis 9 Plan-UP-RL vorgeschrieben hat.
32 
Die Frage, ob sich aus Art. 3 Abs. 7 Plan-UP-RL darüber hinaus weitere Hinweispflichten für das konkrete Bebauungsplanverfahren ergeben, bedarf im vorliegenden Fall keiner Klärung. Die Richtlinie fordert insoweit allenfalls, dass der Öffentlichkeit die maßgeblichen Schlussfolgerungen einschließlich ihrer Gründe „zugänglich“ gemacht werden. Wie der Vergleich mit dem Wortlaut des Art. 9 Plan-UP-RL zeigt, muss ein solches Zugänglichmachen nicht stets durch Bekanntgabe erfolgen, sondern kann ebenso im Wege der öffentlichen Auslegung erreicht werden (BVerwG, Beschl. v. 31.7.2014, a.a.O.). Ob Art. 3 Abs. 7 Plan-UP-RL im Fall des § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB mehr als den von § 13a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB vorgeschriebenen Hinweis verlangt, kann danach allenfalls dann zweifelhaft sein, wenn sich auch aus den ausgelegten Unterlagen nicht die Umstände ergeben, die im konkreten Fall zur Wahl des beschleunigten Verfahrens und damit zum Unterlassen der Umweltprüfung geführt haben (BVerwG, Beschl. v. 31.7.2014, a.a.O.). Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben, da die von der Antragsgegnerin mitausgelegte Begründung des Bebauungsplanentwurfs alle für die Beurteilung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB maßgeblichen Informationen enthält.
33 
2. Der angefochtene Bebauungsplan beruht jedoch auf einer nicht ordnungsgemäßen Abwägung der mit der Planung verfolgten öffentlichen Interessen gegen die privaten Interessen der Antragsteller.
34 
Nach § 1 Abs. 7 BauGB sind bei der Aufstellung eines Bebauungsplans die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Die Beachtung dieses Gebots unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung, die die planerische Gestaltungsfreiheit der Gemeinde zu respektieren hat. Die gerichtliche Kontrolle der von der Gemeinde vorzunehmenden Abwägung hat sich dementsprechend auf die Prüfung zu beschränken, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat, ob in sie an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden musste, ob die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange richtig erkannt worden ist und ob der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belangen in einer Weise vorgenommen worden ist, die zu ihrer objektiven Gewichtigkeit in einem angemessenen Verhältnis steht (ständige Rechtsprechung, grundlegend: BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 - BVerwGE 34, 301; Urt. v. 5.7.1974 - IV C 50.72 - BVerwGE 45, 309).
35 
a) Die Festsetzung der Baufenster auf dem Grundstück der Antragsteller und den nach Nordwesten und Südwesten angrenzenden Grundstücken ist danach nicht zu beanstanden. Die damit verbundene Einräumung zusätzlicher Baumöglichkeiten entspricht dem mit dem Bebauungsplan verfolgten Ziel, die im Plangebiet gelegenen Flächen für eine Wohnnutzung zu aktivieren. Nachteile für die Antragsteller sind damit nicht verbunden. Das auf dem Grundstück der Antragsteller im Bebauungsplan „Ortskern-Süd“ in seiner ursprünglichen Fassung festgesetzte Baufenster von 10 m x 12,5 m wird mit der angefochtenen Änderung des Bebauungsplans auf 22,5 m x 13,5 m vergrößert und lässt damit eine Bebauung zu, die weit über das vorhandene Wohnhaus der Antragsteller hinausgeht. Dafür, dass durch die auf den benachbarten Grundstücken festgesetzten Baufenster die Bebauung des Grundstücks der Antragsteller eingeschränkt würde, ist nichts zu erkennen. Ihre diesbezüglichen Einwendungen haben die Antragsteller in der mündlichen Verhandlung auch nicht aufrechterhalten.
36 
b) Gegen den Bebauungsplan bestehen auch insoweit keine Bedenken, als er den bereits bestehenden Weg zwischen dem Vogtshof im Südwesten und der Tretenhofstraße im Nordosten nach Südosten an die Grenze zum Grundstück der Antragsteller verschiebt. Die Maßnahme dient der von der Antragsgegnerin angestrebten besseren Ausnutzung der im Plangebiet gelegenen Flächen für Wohnzwecke. Die damit verbundenen Nachteile für die Antragsteller sind hinnehmbar.
37 
c) Für die Planung des von der Luisenstraße über das Grundstück der Antragsteller nach Nordwesten führenden Verbindungswegs gilt das nicht. Die sich daraus für die Antragsteller ergebenden Nachteile wiegen so schwer, dass die Planung dieses Wegs trotz ihrer grundsätzlich anzuerkennenden Zielsetzung als nicht mehr verhältnismäßig anzusehen ist.
38 
aa) Festsetzungen eines Bebauungsplans haben keine enteignende Vorwirkung. Mit der Festsetzung von Flächen öffentlicher Nutzung ist daher keine Entscheidung über die Zulässigkeit einer Enteignung dieser Flächen verbunden (BVerfG, Beschl. v. 22.2.1999 - 1 BvR 565/91 - NVwZ 1999, 979; BVerwG, Beschl. v. 14.6.2007 - 4 BN 21.07 - BRS 71 Nr. 3; Urt. v. 6.6.2002 - 4 CN 6.01 - NVwZ 2002, 1506; Beschl. v. 21.2.1991 - 4 NB 16.90 - NVwZ 1991, 873). Setzt ein Bebauungsplan - wie hier - für ein bisher privat genutztes Grundstück eine Verkehrsfläche fest, bedarf es deshalb bei der Aufstellung des Plans keiner vollen Prüfung der Enteignungsvoraussetzungen (BVerfG, Beschl. v. 22.2.1999 - 1 BvR 565/91 - NVwZ 1999, 979). Ob der Vollzug der Festsetzung es erfordert, das Grundstück seinem bisherigen Eigentümer hoheitlich zu entziehen, ist vielmehr erst in einem etwaigen Enteignungsverfahren zu entscheiden.
39 
Das enthebt die Gemeinde aber nicht der Verpflichtung, bei der Aufstellung eines Bebauungsplans auch diejenigen schutzwürdigen privaten Interessen angemessen zu berücksichtigen, die sich aus dem Eigentum und dessen Nutzung herleiten lassen (BVerwG, Beschl. v. 14.6.2007, a.a.O.). Bei der Inanspruchnahme von privatem Grundeigentum muss insbesondere geprüft werden, ob es ein milderes Mittel gibt, das zur Zweckerreichung gleich geeignet ist, den Eigentümer aber weniger belastet (BVerfG, Beschl. v. 19.12.2002 - 1 BvR 1402/01 - NVwZ 2003, 727; BVerwG, Beschl. v. 14.6.2007, a.a.O.; Urt. v. 6.6.2002, a.a.O.). Das Gewicht des Eingriffs muss außerdem zur Dringlichkeit der für die Planung sprechenden Interessen in einem angemessenen Verhältnis stehen (BVerwG, Urt. v. 16.5.1991 - 4 C 17.90 - BVerwGE 88, 191). Diese Belange müssen umso gewichtiger sein, je stärker die Festsetzungen eines Bebauungsplans die Privatnützigkeit der betroffenen Grundstücke beschränken oder gar ausschließen (BVerwG, Beschl. v. 18.12.1987 - 4 NB 4.87 - NVwZ 1988, 727; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 6.2.2014 - 3 S 207/13 - VBlBW 2015, 37, Urt. v. 26.9.2003 - 3 S 1650/02 - BauR 2004, 373).
40 
bb) Der angefochtene Bebauungsplan weist den an die Luisenstraße grenzenden „Ausläufer“ des Grundstücks der Antragsteller sowie den nach Nordwesten folgenden Teil der Zufahrt zu der auf dem Grundstück vorhandenen Garage als öffentliche Verkehrsfläche besonderer Zweckbestimmung (verkehrsberuhigter Bereich) aus. Im Anschluss an diesen Bereich setzt der Plan auf dem Grundstück längs der südöstlichen und der südwestlichen Grenze des Grundstücks einen 2,5 m breiten öffentlichen Fuß- und Radweg fest, der seine Fortsetzung in dem über die nach Nordwesten angrenzenden Grundstücke Flst.Nr. ... und ... verlaufenden Weg zwischen dem Vogtshof im Südwesten und der Tretenhofstraße im Nordosten findet.
41 
Die mit dieser Planung verbundenen Nachteile für die Antragsteller wiegen schwer. Der unmittelbare Flächenverlust, den das Grundstück der Antragsteller durch die Planung erleidet, beträgt ca. 137 m2. Hinzu kommen ein gravierender Eingriff in die Privatsphäre der Antragsteller, da ihr bisher weitgehend ungestört in zweiter Reihe gelegenes Grundstück von dem geplanten Weg einschließlich seiner Fortsetzung von insgesamt drei Seiten eingerahmt wird und ein Teil des Wegs nur wenige Meter von der Terrasse der Antragsteller entfernt ist, sowie die Erschwernisse bei der Benutzung der Zufahrt zu der neben dem Wohnhaus befindlichen Garage auf dem Grundstück. Die Antragsteller können zwar auch weiterhin von ihrer Garage auf die Luisenstraße ausfahren bzw. von dieser Straße zu ihrer Garage gelangen. Ein Befahren der bisher privaten Zu- und Abfahrt wird aber in Zukunft insoweit erschwert, als die Antragsteller dabei Rücksicht auf die den Weg benutzenden Radfahrer und Fußgänger nehmen müssen.
42 
Der von der Antragsgegnerin genannte Vorteil, dass die Antragsteller für die Unterhaltung und die Verkehrssicherheit der für den öffentlichen Weg in Anspruch genommenen Fläche nicht mehr zuständig seien, vermag diese Nachteile auch nicht annähernd zu kompensieren, sondern ist nicht mehr als ein bloßes „Trostpflaster“. Die Nachteile der Planung für die Antragsteller lassen sich entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin auch nicht mit dem Hinweis darauf relativieren, dass die Antragsteller die Einsehbarkeit ihres Grundstücks mit wenig Aufwand selbst verringern könnten. Was den südlichen Teil des geplanten Verbindungswegs betrifft, scheidet eine solche Möglichkeit aus, da dieser Teil des Wegs den Antragsteller als Zu- und Abfahrt ihrer Garage dient, auf die sie auch in Zukunft nicht verzichten können. Um die Einsehbarkeit des Grundstücks auch von den weiteren Teilstücken des Wegs zumindest weitgehend auszuschließen, müssten die Antragsteller im Übrigen längs der Grenzen zu dem geplanten Weg einen mindestens 1,8 m hohen Sichtschutz errichten. Der Begriff „wenig Aufwand“ wird deshalb den tatsächlichen Verhältnissen auch insoweit nicht gerecht. Die Errichtung eines solchen Sichtschutzes bedeutete zudem zugleich, dass die Antragsteller in dem gleichen Maße von ihrer Umwelt abgeschnitten wären.
43 
Die von der Antragsgegnerin mit der Planung des von der Luisenstraße nach Nordwesten führenden Verbindungswegs verfolgten Gründe stehen zu den schwerwiegenden Nachteilen, die diese Planung für die Antragsteller bedeutet, in keinem angemessenen Verhältnis.
44 
Mit dem in Begründung des angefochtenen Bebauungsplans genannten Ziel einer innerörtlichen Nachverdichtung steht die Planung einer von Südosten nach Nordwesten verlaufenden Wegeverbindung - anders als die Verlegung des schon bisher vorhandenen Wegs zwischen dem Vogtshof und der Tretenhofstraße an die nordwestliche Grenze des Grundstücks der Antragsteller - in keinem Zusammenhang. Die Schaffung zusätzlicher Baumöglichkeiten auf den südwestlich und nordwestlich des Grundstücks der Antragsteller gelegenen Grundstücken hängt von der Herstellung dieser Wegeverbindung nicht ab und wird durch diese auch nicht erleichtert.
45 
Die Herstellung dieser Verbindung kann daher nur mit der - in der Begründung des Bebauungsplans als weiterer Grund für die Aufstellung des Bebauungsplans genannten - Konzeption eines innerörtlichen Wegenetzes gerechtfertigt werden. Nach den dazu in der Begründung gemachten Ausführungen der Antragsgegnerin soll mit dem vom Vogtshof zur Luisenstraße führenden Fuß- und Radweg eine verkehrssichere fußläufige Verbindung von den Wohngebieten westlich der Tretenhofstraße zu den Versorgungsbereichen in der Ortsmitte geschaffen werden. Dies gebe Schul- und Kindergartenkindern die Möglichkeit, abseits des Fahrverkehrs verkehrssicher zur Fußgängerampel an der Hauptstraße beim Rathaus und somit zum Schulgelände zu gelangen. Zudem werde damit ein wesentliches Teilstück für eine verkehrssichere Verbindung zwischen der Ortsmitte und den Freizeit- und Erholungseinrichtungen (Piratenspielplatz „Dautenstein“, Familienbad, Sport- und Tennisplätze, Naherholungsgebiet Herrenmatt-Rückhaltebecken und Litschental) geschaffen. Die Antragsgegnerin hat dazu in ihrer Antragserwiderung weiter dargelegt, der geplante Fuß- und Radweg sei Bestandteil einer Gesamtkonzeption, die den Bereich Turnhalle/Schulzentrum des Orts mit den Sportanlagen und dem Familienbad im Süden verbinden solle. Sie hat dazu einen Übersichtsplan vorgelegt, in dem eine - im Wesentlichen in Nordsüdrichtung verlaufende - Wegeverbindung von dem Schulzentrum im Nordosten des Orts und den Sportanlagen im Süden dargestellt ist, wobei allerdings offenbar ein nicht unwesentlicher Teil dieser Wegeverbindung auf Anliegerstraßen verläuft.
46 
Die Berechtigung der von der Antragsgegnerin mit der Herstellung der genannten Wegeverbindung verfolgten Zwecke steht außer Frage. Bei der in Nord-Süd-Richtung durch den Ortskern der Antragsgegnerin führenden Tretenhofstraße handelt es sich um eine stark befahrene Straße mit einem erheblichen Anteil an Schwerlastverkehr. Die längs der Fahrbahn verlaufenden Gehwege sind an mehreren Stellen nur sehr schmal. Eine gefahrlose Benutzung der Gehwege durch Schul- und Kindergartenkinder ist deshalb jedenfalls nicht durchgängig möglich. Was das hier in Rede stehende Teilstück der von der Antragsgegnerin gewünschten Wegeverbindung im Bereich zwischen der Luisenstraße und der Markstraße betrifft, steht jedoch mit der weiter westlich verlaufenden Litschentalstraße eine Alternative zu der Planung der Antragsgegnerin zur Verfügung, die die mit dieser Planung verfolgten Zwecke ebenfalls erfüllt. Die Litschentalstraße ist in dem Abschnitt zwischen der Luisenstraße und der Marktstraße im nördlichen Teil als verkehrsberuhigter Bereich ausgeschildert. Im südlichen Teil gilt eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h. Eine gefahrlose Benutzung der Gehwege längs der Fahrbahn dieser Straße ist deshalb auch durch Schul- und Kindergartenkinder ohne weiteres möglich, wovon sich der Senat bei dem von ihm eingenommenen Augenschein überzeugt hat.
47 
Die genannte Alternativstrecke ist allerdings etwas länger als der von der Antragsgegnerin geplante Weg. Der über die Litschentalstraße führende Weg von dem - neben der Garageneinfahrt der Antragsteller liegenden - Gebäude Luisenstr. 4 bis zum Gebäude Marktstr. 4 hat eine Länge von ungefähr 350 m und ist damit gegenüber dem von der Antragsgegnerin geplanten, über das Grundstück der Antragsteller führenden Weg um ca. 200 m länger. Der insoweit bestehende Nachteil der Alternativstrecke hat jedoch nicht das erforderliche Gewicht, um den mit der Planung der Antragsgegnerin verbundenen Zugriff auf das Eigentum der Antragsteller und die weiteren Beeinträchtigungen ihrer Interessen zu rechtfertigen. Das gilt umso mehr, als der von der Antragsgegnerin geplante Weg insgesamt viermal seine Richtung um jeweils 90° ändert und damit jedenfalls für Radfahrer keine besondere Attraktivität besitzt. Der Bebauungsplan beruht damit insoweit auf einer unverhältnismäßigen Zurücksetzung der privaten Interessen der Antragsteller.
48 
3. Der danach festzustellende Fehler im Abwägungsergebnis zieht die Unwirksamkeit der hierauf bezogenen Festsetzungen des angefochtenen Bebauungsplans nach sich, lässt jedoch den übrigen Inhalt des Plans unberührt.
49 
Nach den allgemeinen Grundsätzen über die teilweise Nichtigkeit von Gesetzen und anderen Rechtsvorschriften führen Mängel, die einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans anhaften, nicht notwendigerweise zu dessen Gesamtnichtigkeit. Sie lassen die übrigen Festsetzungen des Plans vielmehr unberührt, wenn sie für sich betrachtet noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB bewirken können und die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gelangten Willen im Zweifel auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BVerwG, Beschl. v. 18.2.2009 - 4 B 54.08 - BauR 2009, 1102; Beschl. v. 6.4.1993 - 4 NB 43.92 - ZfBR 1993, 238; Beschl. v. 29.3.1993 - 4 NB 10.91 - DVBl. 1993, 661).
50 
Das ist hier der Fall. Die übrigen Festsetzungen des Bebauungsplans sind von der Planung des über das Grundstück der Antragsteller führenden Wegs ohne weiteres abtrennbar und können auch für sich betrachtet ihre Aufgabe erfüllen, eine geordnete städtebauliche Entwicklung des Planbereichs zu gewährleisten. Angesichts der nicht voneinander abhängigen Ziele, die die Antragsgegnerin mit dem über das Grundstück der Antragsteller führenden Weg einerseits und den übrigen Festsetzungen des Bebauungsplans andererseits verfolgt, gibt es auch keinen vernünftigen Zweifel daran, dass die Antragsgegnerin einen eingeschränkten Bebauungsplan mit ansonsten gleichem Inhalt beschlossen hätte, wenn sie die Unzulässigkeit des diesen Weg betreffenden Teils ihrer Planung erkannt hätte.
51 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Ein Fall des § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO liegt nicht vor, da der Normenkontrollantrag eines Antragstellers, der durch einen Bebauungsplan einen Nachteil erleidet, nicht deshalb mit nachteiligen Kostenfolgen als teilweise unbegründet zurückgewiesen werden darf, weil der angefochtene Plan nur für teilnichtig zu erklären ist (BVerwG, Beschl. v. 4.6.1991 - 4 NB 35.89 - BVerwGE 88, 268; Beschl. v. 25.2.1997 - 4 NB 30.96 - BauR 1997, 603; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 6.2.2014 - 3 S 207/13 - VBlBW 2015, 37).
52 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
53 
Beschluss vom 11. März 2015
54 
Der Streitwert wird auf 15.000 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
55 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 2. August 2007 - 5 K 1475/07 - geändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die der Beigeladenen am 21. Juni 2007 von der Antragsgegnerin erteilte Baugenehmigung zur Umnutzung der Lagerhalle und des Brennereigebäudes sowie zur Errichtung eines Parkplatzes mit 68 Stellplätzen wird angeordnet, soweit mit der Baugenehmigung die Zufahrt zu dem Baugrundstück über die durch Baulast gesicherte Fläche auf dem Grundstück der Antragstellerin zu anderen als den im Sinne des § 37 Abs. 1 LBO notwendigen sieben Stellplätzen auf dem Grundstück Flst.-Nr. 1098/1 genehmigt wird.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragsgegnerin und die Beigeladene je zur Hälfte.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die fristgerecht eingelegte und begründete Beschwerde ist statthaft und auch sonst zulässig, namentlich ist die Antragstellerin als Wohnungseigentümergemeinschaft seit Inkrafttreten der Änderungen des Wohnungseigentumsgesetzes - WEG - zum 1. Juli 2007 (BGBl. I S. 370) befugt, die gemeinschaftsbezogenen Rechte der Wohnungseigentümer auszuüben (§ 10 Abs. 6 Satz 3 WEG). Sie kann ferner vor Gericht klagen und verklagt werden (§ 10 Abs. 6 Satz 5 WEG) und ist deshalb jedenfalls nach § 61 Nr. 2 VwGO beteiligtenfähig.
Die Beschwerde ist auch begründet. Der Prüfungsmaßstab des Senats bestimmt sich nach der ausdrücklichen normativen Anordnung in § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die vom Beschwerdeführer dargelegten Gründe. Unter solchen sind im Blick auf § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO grundsätzlich nur diejenigen Gründe zu verstehen, die der Beschwerdeführer innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung des Verwaltungsgerichts vorgebracht hat (vgl. hierzu und zu Ausnahmen: Kopp/Schenke, VwGO, § 146 RdNrn. 42 und 43). Die strikte Bindung an die innerhalb der Monatsfrist vorgebrachten Gründe bedarf aber - von den Fällen nachträglicher Änderungen abgesehen (vgl. zu solchen Fallkonstellationen: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 08.06.2006 - 11 S 2135/05 -, NVwZ-RR 2006, 849; Beschluss vom 27.01.2006 - 6 S 1860/05 -, VBlBW 2006, 323) - auch im Blick auf das Gebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes einer Korrektur, wenn die angegriffene verwaltungsgerichtliche Entscheidung aus anderen als den dargelegten Gründen rechtswidrig und diese Rechtswidrigkeit offensichtlich ist (so zutreffend Kopp/Schenke, a.a.O., RdNr. 43; Meyer-Ladewig/Rudisile, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Band 2, § 146 RdNr. 15). So liegt der Fall hier.
Das Verwaltungsgericht hat die gegen das Bauvorhaben der Beigeladenen vorgebrachten Einwendungen der Antragstellerin gemäß § 55 Abs. 2 Satz 2 LBO für materiell präkludiert gehalten und seine Entscheidung ausschließlich auf diese Annahme gestützt. Dabei hat das Verwaltungsgericht übersehen, dass es auf den von ihm für maßgeblich gehaltenen Umstand, ob die Antragstellerin noch innerhalb der Einwendungsfrist mündlich Einwendungen zur Niederschrift bei der Antragsgegnerin vorgebracht hat, deswegen nicht ankommt, weil die Frist des § 55 Abs. 2 Satz 1 LBO nicht zu laufen begonnen hat. Nach dieser Vorschrift sind Einwendungen innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Benachrichtigung bei der Gemeinde schriftlich oder zur Niederschrift vorzubringen. Nach § 55 Abs. 2 Satz 2 LBO werden die vom Bauantrag durch Zustellung benachrichtigten Angrenzer mit allen Einwendungen ausgeschlossen, die im Rahmen der Beteiligung nicht fristgemäß geltend gemacht worden sind (materielle Präklusion). Auf diese Rechtsfolge ist in der Benachrichtigung hinzuweisen (§ 55 Abs. 2 Satz 3 LBO). Dass die genannten landesrechtlichen Vorschriften über die materielle Präklusion im Baugenehmigungsverfahren trotz der relativ knapp bemessenen Zwei-Wochen-Frist des § 55 Abs. 2 Satz 1 LBO verfassungsgemäß sind, insbesondere mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG in Einklang stehen, ist in der Rechtsprechung des beschließenden Gerichtshofs geklärt und wird auch von den Beteiligten nicht in Zweifel gezogen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 01.04.1998 - 8 S 822/98 -, VBlBW 1998, 464; Sauter, LBO, Band 1, § 55 RdNr. 28a m.w.N.). Die erhebliche Eingriffswirkung der zu einem materiellen Rechtsverlust führenden Vorschrift des § 55 Abs. 2 Satz 2 LBO erfordert aber von den Baurechtsbehörden und Gemeinden die exakte Einhaltung der entsprechenden zur materiellen Präklusion führenden Verfahrensvorgaben und - damit einher gehend - von den Widerspruchsbehörden und Verwaltungsgerichten eine sorgfältige Überprüfung der Annahme, dass der Angrenzer sein vorhabenbezogenes materielles Abwehrrecht durch Präklusion verloren hat.
Diese Vorgaben machen regelmäßig zunächst die Prüfung erforderlich, ob die Frist des § 55 Abs. 2 Satz 1 LBO überhaupt wirksam in Lauf gesetzt worden ist. Dies ist hier nicht der Fall. Die Antragsgegnerin hat die Antragstellerin entgegen dem Wortlaut des an die Zustellung anknüpfenden § 55 Abs. 2 LBO dahingehend belehrt, dass Einwendungen gegen das Bauvorhaben innerhalb von zwei Wochen „ab Zugang dieses Schreibens“ eingehen müssen. Diese Formulierung steht mit der eindeutig an das Erfordernis der Zustellung anknüpfenden Rechtslage nicht im Einklang. Denn die fehlerhafte Angabe des für den Beginn der Frist maßgeblichen Ereignisses ist geeignet, sich auf die Erhebung von Einwendungen auszuwirken. Da eine Frist, die vom Zugang des Bescheides an läuft, früher ablaufen kann als die, die von dem - fiktiven - Zeitpunkt an rechnet, in dem die Zustellung nach § 4 LVwZG als bewirkt gilt, kann der Fehler dazu führen, dass zum Ende der Frist die Erhebung von Einwendungen in der durch die Belehrung nach § 55 Abs. 2 Satz 3 LBO ausgelösten fehlerhaften Vorstellung unterbleibt, die Frist des § 55 Abs. 2 Satz 1 LBO sei bereits abgelaufen, obwohl sie in Wirklichkeit noch läuft (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25.02.2000 - 14 A 4921/99 -, NVwZ 2001, 212; vgl. auch zu Rechtsbehelfsbelehrungen: Kopp/Schenke, VwGO, § 58 RdNr. 12; Meissner, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Band 1, § 58 RdNr. 29). Bereits dieser Umstand macht die in § 55 Abs. 2 Satz 3 LBO vorausgesetzte Belehrung unrichtig mit der zwingenden Folge, dass die Zwei-Wochen-Frist des § 55 Abs. 2 Satz 1 LBO nicht wirksam in Lauf setzt wurde, eine materielle Präklusion der Antragstellerin somit von vornherein nicht in Betracht kommt. Unerheblich ist entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin und der Beigeladenen, ob sich - was wegen der Zustellung mittels Einlegung in den Briefkasten hier nicht der Fall war - die Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung tatsächlich ausgewirkt hat, denn die Frage nach dem Beginn der Einwendungsfrist knüpft ausschließlich an die inhaltliche Richtigkeit der Belehrung an.
Demnach kann die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Antragstellerin sei mit ihrem Vorbringen materiell präkludiert, keinen Bestand haben. Aus verfahrensökonomischen Gründen hat der Senat auf eine Zurückverweisung des Verfahrens an das Verwaltungsgericht (vgl. zu dieser Möglichkeit: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 17.12.2002 - 11 S 1442/02 -, VBlBW 2003, 239) verzichtet, den Beteiligten einen rechtlichen Hinweis erteilt und die Antragstellerin aufgefordert darzulegen, inwiefern die angefochtene Baugenehmigung öffentlich-rechtliche Vorschriften verletzt, die auch ihrem Schutz zu dienen bestimmt sind. Gemessen an ihrem Vorbringen im Schriftsatz vom 11.12.2007 erweist sich die der Beigeladenen von der Antragsgegnerin erteilte Baugenehmigung bei der im Beschwerdeverfahren allein gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage als voraussichtlich rechtswidrig, soweit mit der Baugenehmigung die Zufahrt zu dem Baugrundstück über die durch Baulast gesicherte Fläche auf dem Grundstück der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu anderen als den im Sinne des § 37 Abs. 1 LBO notwendigen sieben Stellplätzen auf dem Grundstück Flst.-Nr. 1098/1 genehmigt wird.
Nach dem Vorbringen der Antragsgegnerin und dem Inhalt der ihm vorliegenden Akten geht der Senat davon aus, dass die Baugenehmigung auch die Nutzung der durch Baulast gesicherten Fläche auf dem Grundstück der Wohnungseigentümergemeinschaft als Zufahrt zu sämtlichen der zur Genehmigung gestellten 68 Stellplätze umfasst. Entsprechendes hat die Antragsgegnerin auf die Anfrage des Senats mitgeteilt; hierfür sprechen ferner die Bauvorlagen, die den Bereich der Zufahrt über das nicht im Eigentum der Beigeladenen stehende Grundstück farblich einbeziehen und sogar bauliche Änderungen auf dem Nachbargrundstück vorsehen (Anbringen einer Schranke, vgl. Nebenbestimmung B0300 zur Baugenehmigung). Der Senat geht in tatsächlicher Hinsicht weiter davon aus, dass die Herstellung einer Zufahrt auf das Parkplatzgrundstück Flst.-Nr. 1098/31 auch direkt von der Jahnstraße aus, die dem genannten Grundstück die Erschließung im Sinne des § 4 Abs. 1 LBO vermittelt, möglich und machbar wäre. Hierauf deuten neben den eingereichten Plänen, aus denen sich Zufahrtshindernisse nicht entnehmen lassen, insbesondere die Antragserwiderung der Antragsgegnerin im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht (dort S. 4 f.) hin. Schließlich geht der Senat davon aus, dass von den zur Genehmigung gestellten 68 Stellplätzen es sich lediglich bei sieben Stellplätzen um notwendige Stellplätze im Sinne des § 37 Abs. 1 LBO handelt. Dies ergibt sich unmissverständlich aus dem Stellplatznachweis des Architekturbüros ... vom 23.02.2007.
Unter Zugrundelegung dieser Annahmen spricht derzeit vieles dafür, dass die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung gegen die nachbarschützende Vorschrift des § 37 Abs. 7 Satz 2 LBO verstößt. Danach darf die Nutzung der Stellplätze die Gesundheit nicht schädigen, das Wohnen und Arbeiten, die Ruhe und die Erholung in der Umgebung nicht erheblich stören. Als erheblich werden nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. statt vieler das Urteil des Senats vom 02.07.1999 - 3 S 1393/99 -, VBlBW 2000, 76 m.w.N.) nur solche Störungen betrachtet, die das Maß des für die Umgebung billigerweise Zumutbaren überschreiten. Bei der Bestimmung des Maßes dessen, wann eine Störung "erheblich" bzw. was an Störungen billigerweise noch zumutbar und hinzunehmen ist, kommt es auf das Ergebnis einer situationsbezogenen Abwägung und einen Ausgleich der widerstreitenden Interessen an. Die Frage, ob eine Störung den Grad der Erheblichkeit erreicht, hängt deshalb maßgebend von den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der konkreten Situation ab. So werden bei der Beurteilung insbesondere die Gebietsart, der konkrete Standort, die Zahl und die Benutzungsart der Stellplätze, die Art und Weise der Verbindung zum öffentlichen Verkehrsraum sowie die Funktion der Stellplätze als "notwendige" oder zusätzliche Stellplätze eine Rolle spielen. Daneben sind ebenso von Bedeutung die Lage und Beschaffenheit des Nachbargrundstücks, wie überhaupt die durch die tatsächlichen Verhältnisse bestimmte Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit des Nachbargrundstücks (vgl. wiederum Urteil des Senats vom 02.07.1999, a.a.O.).
Der Grad der billigerweise nicht mehr zumutbaren Störung ist in diesem Fall voraussichtlich überschritten. Dabei unterstellt der Senat zugunsten der Antragsgegnerin und der Beigeladenen, dass der eine Zufahrt zu dem Baugrundstück bislang erschwerende Begrenzungspfosten künftig durch eine Schranke ersetzt wird und - neben Feuerwehr- und Rettungsfahrzeugen - nur Mitarbeiter der Beigeladenen die durch Baulast gesicherte Fläche befahren dürfen. Diesen in der Baugenehmigung allerdings nicht ausdrücklich geregelten Umstand vorausgesetzt, dürfte die sich aus den Akten ergebende Annahme, die Zahl der werktäglichen Fahrbewegungen über das im Eigentum der Wohnungseigentümer stehende Grundstück werde sich auf nicht mehr als 200 belaufen, realistisch sein. Ob diese Anzahl der Fahrbewegungen die maßgeblichen Lärmgrenzwerte überschreitet, vermag der Senat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht zu entscheiden; gegebenenfalls bedarf es hierzu weiterer Untersuchungen im Widerspruchsverfahren.
Jedoch spricht derzeit ungeachtet der Ergebnisse entsprechender Begutachtungen Überwiegendes für einen Verstoß gegen § 37 Abs. 7 Satz 2 LBO. Zwar ist der Antragsgegnerin zuzugeben, dass die zulasten der Wohnungseigentümer bestehende Baulast ihrem Wortlaut nach die Zufahrt sowohl zu dem an der Jahnstraße gelegenen Grundstück Flst.-Nr. 1098/31 als auch die Zufahrt zu dem (Hinterlieger-)Grundstück Flst.-Nr. 1098/1 zulässt. Jedoch erscheint es dem Senat zumindest in Bezug auf das Grundstück Flst.-Nr. 1098/31 in hohem Maße zweifelhaft, ob ein öffentliches Interesse an der Baulast auch in Ansehung der beabsichtigten Nutzung auch künftig noch anzuerkennen ist oder ob - wofür nach Lage der Akten manches spricht - die durch die Antragstellerin repräsentierten Grundstückseigentümer des Grundstücks Flst.-Nr. 1098/37 angesichts der Belegenheit des Parkplatzgrundstücks unmittelbar an der Jahnstraße nicht vielmehr einen Anspruch auf Verzicht auf die Baulast insoweit haben (vgl. dazu Sauter, LBO, Band 2, § 71 RdNr. 48). Auch diese Frage bedarf jedoch im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes keiner endgültigen Klärung. Denn selbst wenn die Baulast auch in Bezug auf die Zufahrt zum Grundstück Flst.-Nr. 1098/31 weiterhin Bestand haben sollte, erscheint dem Senat die Inanspruchnahme der für einen gänzlich anderen Zweck eingeräumten Baulast (vgl. auch zur Auswirkung von Nutzungsänderungen auf die Baulast: Sauter, a.a.O., § 71 RNr. 50) bei summarischer Prüfung der Antragstellerin gegenüber billigerweise nicht zumutbar. Denn von den zur Genehmigung gestellten 68 Stellplätzen sind lediglich sieben Stellplätze im Sinne des § 37 Abs. 1 LBO notwendig. Hinsichtlich dieser sieben Stellplätze ist zwar nach der Rechtsprechung des Senats davon auszugehen, dass sie und die Zufahrt zu ihnen keine erheblichen, billigerweise unzumutbaren Störungen hervorrufen (Beschluss des Senats vom 20.07.1995 - 3 S 3538/94 -, VBlBW 1996, 143; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 16.09.1993 - 4 C 28.91 -, BVerwGE 94, 152; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.05.1992 - 8 S 551/92 -, NJW 1993, 2258; Beschluss vom 06.02.1997 - 8 S 29/97 -, NVwZ-RR 1998, 611). Für die nicht im Sinne des § 37 Abs. 1 LBO notwendigen 61 Stellplätze gilt diese Vermutung indes nicht. Angesichts der von der Antragsgegnerin genehmigten Nutzung des mit der Baulast belasteten Grundstücks Flst.-Nr. 1098/37 als Senioren- und Pflegeheim, des geringen Abstands der Zufahrt über die durch Baulast gesicherte Fläche zu den Außenwohnbereichen (Balkonen) des Senioren- und Pflegeheims, der nicht unerheblichen Fahrbewegungen pro Tag unter Berücksichtigung der durch die Abschrankung entstehenden zusätzlichen Immissionen bei laufendem Motor, vor allem aber im Blick darauf, dass nach Lage der Akten eine Zufahrt zu dem Parkplatzgrundstück Flst.-Nr. 1098/31 auch von der Jahnstraße aus herstellbar sein dürfte, erscheint es dem Senat den Eigentümern des Grundstücks Flst.-Nr. 1098/37 gegenüber billigerweise nicht zumutbar, diese künftig unmittelbar und unter Berufung auf eine zu anderen Zwecken eingeräumte Baulast dem Zu- und Abfahrtverkehr zu 61 Stellplätzen auszusetzen, deren Herstellung für die ordnungsgemäße Nutzung des Vorhabens der Beigeladenen nicht notwendig ist (vgl. § 37 Abs. 1 Satz 2 LBO). Soweit hingegen die Zufahrt zu den im Sinne des § 37 Abs. 1 LBO notwendigen Stellplätzen, die wohl auf dem Hinterliegergrundstück Flst.-Nr. 1098/1 liegen dürften, betroffen ist, ergibt sich aus dem Vortrag im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes kein hinreichender Anhaltspunkt für eine den Wohnungseigentümern gegenüber billigerweise nicht mehr zumutbare Störung.
10 
Einwendungen gegen die Nutzungsänderung des Brennereigebäudes und der Lagerhalle sowie gegen die (bloße) Errichtung der Parkplätze hat die Antragstellerin nicht erhoben. Schon im Blick auf § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO ist dem Senat eine Überprüfung der Baugenehmigung insoweit auch nicht gestattet.
11 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3 VwGO. Für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht können der Beigeladenen keine Kostenauferlegt werden, weil sie keinen Antrag gestellt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO). Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Ziff. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, Fassung 2004.
12 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.