Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 26. Mai 2015 - 3 S 733/15

bei uns veröffentlicht am26.05.2015

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers 2 wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 11. März 2015 - 5 K 259/15 - geändert.

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers 2 vom 15.1.2015 gegen die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 14.12.2014 wird angeordnet.

Die Beschwerde der Antragstellerin 1 gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 11. März 2015 - 5 K 259/15 - wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin und die Antragstellerin 1 tragen die Gerichtskosten in beiden Rechtszügen je zur Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers 2 trägt in beiden Rechtszügen die Antragsgegnerin. Die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin trägt in beiden Rechtszügen die Antragstellerin 1 zur Hälfte. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen selbst.

Der Streitwert wird unter Abänderung des Streitwertbeschlusses des Verwaltungsgerichts Stuttgart in beiden Instanzen auf jeweils auf 20.000,--EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragsteller wenden sich gegen die den Beigeladenen von der Antragsgegnerin erteilte Baugenehmigung vom 14.12.2014 für den Neubau eines Mehrfamilienwohnhauses mit vier Wohnungen und vier Tiefgaragenstellplätzen auf dem Grundstück Flst.-Nr. xxx (Sxxx) auf der Gemarkung der Stadt Heilbronn.
Die Antragstellerin 1, die Eigentümerin des mit einem Wohnhaus bebauten südöstlich angrenzenden Grundstücks Flst.-Nr. xxx (Rxxx-Wxxx-Sxxx) ist, und der Antragsteller 2, der Eigentümer des östlich angrenzenden Grundstücks Flst.-Nr. xxx (Sxxx) ist, legten gegen diese Baugenehmigung am 13.1.2015 und 15.1.2015 Widersprüche ein, über die noch nicht entschieden ist.
Die von den Antragstellern gestellten Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Widersprüche hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Beschluss vom 11.3.2015 abgelehnt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, das Vorhaben der Beigeladenen verstoße nicht gegen nachbarschützende Normen des Bauordnungsrechts. Insbesondere sei es mit den bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften vereinbar. Der „Erker“ an der Ostseite des Vorhabens bleibe als Vorbau im Sinne des § 5 Abs. 6 Nr. 2 LBO bei der Bemessung der Abstandsflächen außer Betracht. Er halte die in dieser Vorschrift aufgeführten Abmessungen ein und sei auch gegenüber der dahinter liegenden Außenwand untergeordnet. Die östliche und südöstliche Außenwand des geplanten Gebäudes mit einer Gesamtlänge von 12,4 m trete gegenüber dem Vorbau prägend in Erscheinung. Außerdem überrage sie ihn in der Höhe. An dem dominierenden Eindruck der Außenwand ändere sich nichts dadurch, dass sie südlich des Vorbaus leicht zurückversetzt und angeschrägt von Südwest nach Nordost verlaufe. Die Terrasse wahre den vorgeschriebenen Abstand zum Nachbargrundstück der Antragsteller. Die an die Grenze der Antragsteller heranreichende Tiefgarage sei gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBO wegen ihrer Wandhöhe von nicht mehr als 1 m ohne Einhaltung eigener Abstände zulässig.
Das Vorhaben verstoße auch nicht gegen die Antragsteller schützende Vorschriften des Bauplanungsrechts. Die den Beigeladenen erteilte Befreiung von den Festsetzungen zur Zahl der Vollgeschosse und zur Flächenausnutzung begegne keinen rechtlichen Bedenken. Diese Festsetzungen seien nicht nachbarschützend und eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme sei nicht festzustellen. Gleiches gelte für die Überschreitung der festgesetzten Gebäudetiefe durch das genehmigte Vorhaben. Vorschriften zur Gebäudetiefe - wie § 50 Ortsbausatzung - OBS - seien nicht nachbarschützend; ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot sei nicht ersichtlich. Die Überschreitung der nördlichen Baugrenze vermittle keinen Nachbarschutz. Auf die Überschreitung der südlichen Baugrenze könnten sich die Antragsteller gleichfalls nicht berufen. Es sei bereits zweifelhaft, ob diese Nachbarschutz zu ihren Gunsten entfalte. Jedenfalls aber habe die Antragsgegnerin insoweit eine rechtlich nicht zu beanstandende Befreiung von dieser Festsetzung erteilt. Insbesondere sei eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der Belüftung, Belichtung und Besonnung der Antragstellergrundstücke nicht zu befürchten, zumal auch die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenregelungen gewahrt blieben. Die Antragsteller würden auch nicht durch eine Abweichung des Vorhabens von der festgesetzten Bauweise in ihren Rechten verletzt. Festsetzungen zur Bauweise würden generell nicht für untergeordnete Gebäude und gebäudeähnliche Anlagen gelten, die - wie die geplante Tiefgarage - bauordnungsrechtlich in den Abstandsflächen anderer Anlagen und ohne eigene Abstandsflächen zulässig seien.
Auch im Übrigen verstoße das Vorhaben der Beigeladenen nicht gegen das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot. Eine erdrückende Wirkung sei von dem Vorhaben der Beigeladenen nicht zu erwarten. Unzumutbare Immissionen seien auch von der genehmigten Tiefgarage nicht zu befürchten.
Mit ihren Beschwerden verfolgen die Antragsteller ihr Begehren weiter.
II.
Die Beschwerden sind statthaft und auch im Übrigen zulässig; insbesondere sind sie fristgerecht (§ 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) eingelegt und innerhalb der Monatsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO begründet worden. Die Beschwerden haben aber nur in dem im Tenor ausgewiesenen Umfang Erfolg. Während die Beschwerde des Antragstellers 2 begründet ist (1.), bleibt die Beschwerde der Antragstellerin 1 erfolglos (2).
1. Unter Berücksichtigung der im Beschwerdeverfahren innerhalb der Monatsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, hat das Verwaltungsgericht den Antrag des Antragstellers 2 auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 14.12.2014 zu Unrecht abgelehnt. Der Senat ist der Auffassung, dass das private Interesse der Beigeladenen an der Ausnutzung der kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Baugenehmigung (vgl. § 212a BauGB) das gegenläufige Interesse des Antragstellers 2 nicht überwiegt, vorläufig vom Vollzug der angefochtenen Baugenehmigung verschont zu bleiben. Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutz allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage wird der Widerspruch des Antragstellers 2 voraussichtlich Erfolg haben. Die von ihm angegriffene Baugenehmigung verstößt voraussichtlich gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts. Denn das Vorhaben der Beigeladenen ist nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage mit den Nachbarschutz entfaltenden bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften, gegen die sich der Antragsteller 2 insoweit allein wendet, aller Voraussicht nach nicht vereinbar.
a) Die die Abstandsflächen regelnden Vorschriften der Landesbauordnung Baden-Württemberg (§§ 5 ff. LBO) werden vorliegend nicht durch § 47 Abs. 1 Ortsbausatzung - nachfolgend: OBS 1939 - der Antragsgegnerin verdrängt. Nach dieser für Wohngebiete mit Gewerbebetrieben geltenden Vorschrift ist mit Vordergebäuden von der seitlichen Eigentumsgrenze ein Abstand (Grenzabstand) von mindestens 2,50 m einzuhalten. Diese ortsbausatzungsrechtliche Bestimmung besitzt unabhängig von der Frage, ob sie eine planungs- oder bauordnungsrechtliche Vorschrift darstellt, heute keine Gültigkeit mehr.
10 
aa) Als planungsrechtliche Vorschrift wäre § 47 Abs. 1 OBS 1939 mit dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes außer Kraft getreten, da nach § 233 Abs. 3 BauGB und § 173 Abs. 3 Satz 1 BBauB 1960 nur solche Festsetzungen fortgelten, die auch nach § 9 BBauG 1960 zulässig wären. Damit ist gemeint, dass die - überzuleitende - Festsetzung einen Inhalt haben muss, der nach dem Bauplanungsrecht des Bundesbaugesetzes 1960 Inhalt eines Bebauungsplans sein konnte (BVerwG, Urt. v. 3.6.1971 - 4 C 64.69 - BVerwGE 38, 152; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 6.2.2015 - 8 S 450/13 - juris Rn. 32; Urt. v. 23.1.1998 - 8 S 2447/97 - NuR 1999, 332). Zu Festsetzungen über die Einhaltung von Grenzabständen ermächtigte § 9 Abs. 1 BBauG 1960 jedoch nicht (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 9.11.1995 - 8 S 2383/95 - VGHBW-Ls 1996, Beilage 1, B 5; Beschl. v. 25.2.2010 - 8 S 2822/09 -). § 47 Abs. 1 OBS 1939 ist auch keine Festsetzung über die Stellung der baulichen Anlagen gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1b BBauG 1960. Den damit wird im Wesentlichen die Ausrichtung der Längsachse des Gebäudes zu einer Himmelsrichtung oder zu einer Straße bestimmt (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 9.11.1995, a.a.O.).
11 
Ob § 47 Abs. 1 OBS 1939 als eine Festsetzung über die überbaubare Grundstücksfläche im Sinne einer Baugrenze verstanden werden kann, bedarf vorliegend keiner abschließenden Entscheidung (verneint von VGH Bad.-Württ., Urt. v. 9.11.1995, a.a.O.; Beschluss vom 25.2.2010, a.a.O.). Selbst wenn dies zu bejahen wäre, obwohl dieses Instrument erst mit Inkrafttreten der Baunutzungsverordnung 1962 und damit nach Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes zur Verfügung stand (vgl. § 23 Abs. 1 und 3 BauNVO), ließe diese - bauplanungsrechtliche - Festsetzung gemäß § 29 Abs. 2 BauGB und als unter dem Landesrecht stehendes Satzungsrecht die Geltung der landesbauordnungsrechtlichen Abstandsflächenbestimmungen grundsätzlich unberührt (Fickert/Fieseler, BauNVO, § 23 Rn. 8; Blechschmidt, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauNVO, § 23 Rn. 16).
12 
bb) Sollte es sich dagegen bei § 47 Abs. 1 OBS 1939 um eine bauordnungsrechtliche Vorschrift handeln, wäre sie mit der Aufhebung der württembergischen Bauordnung vom 28.7.1910 durch die am 1.1.1965 in Kraft getretene Landesbauordnung unwirksam geworden. Zwar bleiben nach § 118 Abs. 5 LBO 1964 Verordnungen und Satzungen, die aufgrund der in Abs. 1 aufgehobenen Vorschriften erlassen worden sind, bis zum Erlass neuer Vorschriften in Kraft, soweit sie diesem Gesetz nicht widersprechen. Diese Voraussetzungen sind aber nicht erfüllt.
13 
§ 47 Abs. 1 OBS 1939 erlaubt einen Grenzabstand von 2,50 m und widerspricht damit § 7 Abs. 2 LBO 1964, wonach ein Mindestgrenzabstand von 3 m einzuhalten ist. § 111 Abs. 1 Nr. 5 LBO 1964 steht dem nicht entgegen, ungeachtet der Frage, ob diese Bestimmung auch auf Rechtsvorschriften vor Erlass der Landesbauordnung 1964 anwendbar ist (so wohl VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 25.2.2010 - 8 S 2822/09 -). Denn diese Vorschrift ermächtigt nur zum Erlass örtlicher Bauvorschriften über die Festsetzung größerer Grenzabstände, als in § 7 LBO 1964 vorgeschrieben. Bei § 47 Abs. 1 OBS 1939 werden aber - wie bereits dargelegt - kleinere Grenzabstände festgesetzt.
14 
b) Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dass ein Verstoß gegen die Abstandsflächenvorschriften der Landesbauordnung, auf die - wie vorgehend aufgezeigt - im vorliegenden Fall allein abzustellen ist, nicht vorliegt, weil die Voraussetzungen des § 5 Abs. 6 Nr. 2 LBO erfüllt seien. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.
15 
Gemäß § 5 Abs. 6 Nr. 2 LBO bleiben bei der Bemessung der Abstandsflächen Vorbauten wie Wände, Erker, Balkone, Tür- und Fenstervorbauten, wenn sie nicht breiter als 5 m sind, nicht mehr als 1,5 m vortreten und von Nachbargrenzen mindestens 2 m entfernt bleiben, außer Betracht. Der an der östlichen Außenwand des geplanten Gebäudes gegenüber dem Grundstück des Antragstellers 2 vortretende Gebäudeteil hält zwar die in § 5 Abs. 6 Nr. 2 LBO aufgeführten Maße ein. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts stellt er indessen gleichwohl keinen Vorbau im Sinne dieser Vorschrift dar.
16 
Auch wenn sich solche Vorbauten nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs über die gesamte Gebäudehöhe erstrecken können (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 6.9.1996 - 5 S 2049/96 - VBlBW 1997, 144; Beschl. v. 12.11.2014 - 3 S 1419/14 - juris), muss der Vorbau dennoch in seiner räumlichen Ausdehnung im Verhältnis zum Baukörper des Hauptgebäudes deutlich untergeordnet sein. Er muss sich für den objektiven Betrachter noch als vorgebauter Annex und nicht bereits als angebauter Teil des Hauptgebäudes darstellen. Die Außenwand muss noch optisch prägend in Erscheinung treten (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.4.2008 - 8 S 12/07 - VBlBW 2009, 184; Beschl. v. 9.7.2014 - 8 S 827/14 - juris; Beschl. v. 22.6.1993 - 3 S 379/93 - VGH BW-Ls 1993, Beilage 9, B12). Zwar bietet die vorgeschriebene Größenbeschränkung von maximal 5 m Breite und 1,5 m Tiefe insoweit einen gewissen Anhaltspunkt; gleichwohl ist der Vorbau zusätzlich noch in Beziehung zum Gebäude, insbesondere zu der dazugehörenden Außenwand zu setzen.
17 
aa) Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben erweist sich der an der östlichen Außenwand vortretende Gebäudeteil nicht mehr als ein für die Bemessung der Abstandsflächentiefe (§ 5 Abs. 4 i.V.m. Abs. 7 LBO) unbeachtlicher Vorbau. Denn der Senat sieht als die hierfür zu berücksichtigende Außenwand lediglich die Gebäudewand an, die von Norden nach Süden bis zu dem dortigen Rücksprung nach Westen reicht. Die nach dem Rücksprung in südöstlicher Richtung schräg verlaufende Außenwand des Gebäudes der Beigeladenen ist nicht mehr zu der gegenüber dem Grundstück des Antragstellers 2 liegenden östlichen Außenwand des geplanten Gebäudes zu rechnen. Aufgrund des deutlich in Erscheinung tretenden Rücksprungs stellt diese schräg verlaufende Außenwand gegenüber der östlichen Außenwand des geplanten Gebäudes eine von dieser unabhängigen abstandsflächenrechtlich selbständig zu betrachtende Außenwand des geplanten Wohngebäudes der Beigeladenen dar. Vor diesem Hintergrund ist der an der Ostseite vorspringende Außenwandteil aufgrund seiner Maße mit 4,99 m Breite gegenüber der übrigen östlichen Außenwand mit einer weiteren Breite von ca. 3,40 m nicht mehr untergeordnet, sondern tritt vielmehr gegenüber diesem Außenwandteil dominierend in Erscheinung. Er ist Hauptteil der maßgeblichen östlichen Außenwand und bildet den Schwerpunkt deren Gliederung. Demgegenüber tritt die übrige östliche Außenwand als untergeordnet zurück. Aufgrund all dessen ist der vortretende Teil der östlichen Außenwand nicht gemäß § 5 Abs. 6 Nr. 2 LBO bei der Bemessung der Abstandsfläche außer Betracht zu lassen. Dass dieser Teil der östlichen Außenwand die nach § 5 Abs. 4 i.V.m. Abs. 7 LBO erforderliche Abstandsfläche gegenüber dem Grundstück des Antragstellers 2 nicht einhält, unterliegt keinem Zweifel. Denn der Abstand dieses Wandteils zur Grundstücksgrenze des Antragstellers beträgt lediglich ca. 3,20 m. Er bleibt damit hinter der nach den Abstandsflächenvorschriften geforderten Tiefe der Abstandsfläche von 3,75 m (vgl. hierzu Abstandsflächenberechnung und Abstandsflächenplan - Berechnungsfeld D), die von der übrigen östlichen Außenwand eingehalten wird, zurück.
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bb) Die Voraussetzungen für die Zulassung geringerer Abstandsflächentiefen nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO sind nicht erfüllt. Denn die von der Rechtsprechung geforderte Sondersituation auf dem Nachbargrundstück liegt ersichtlich nicht vor.
19 
Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO sind geringere Tiefen der Abstandsflächen zuzulassen, wenn Beleuchtung mit Tageslicht sowie Belüftung in ausreichendem Maße gewährleistet bleiben, Gründe des Brandschutzes nicht entgegenstehen und, soweit die Tiefe der Abstandsflächen die Maße des § 5 Abs. 7 Satz 3 unterschreitet, nachbarliche Belange nicht erheblich beeinträchtigt werden. Nach der Rechtsprechung aller mit Baurechtssachen befassten Senate des erkennenden Gerichtshofs ist dabei von der normativen Wertung auszugehen, dass eine erhebliche Beeinträchtigung nachbarlicher Belange regelmäßig dann vorliegt, wenn die Abstandsflächentiefe unterschritten wird, gleichgültig, ob die Unterschreitung gravierend oder geringfügig ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.4.2008 – 8 S 12/07 – VBlBW 2009, 184; Beschl. v. 9.7.2014 - 8 S 827/14 - juris; Beschl. v. 4.7.2003 - 8 S 1251/03 -; Beschl. v. 8.10.1996 - 8 S 2566/96 - BRS 58 Nr. 109; Beschl. v. 13.6.2003 - 3 S 938/03 -BauR 2003, 1549; Urt. v. 10.10.2002 - 5 S 1655/01 - BauR 2003, 1201; Beschl. v. 26.4.2002 – 5 S 629/02 - VBlBW 2002, 445).
20 
Nachbarliche Belange sind in einem solchen Fall nur dann nicht erheblich beeinträchtigt, wenn die vorhandene Situation in Bezug auf das Nachbargrundstück durch bauordnungsrechtlich relevante Besonderheiten gekennzeichnet ist, die das Interesse des Nachbarn an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandstiefe deutlich mindern oder als weniger schutzwürdig erscheinen lassen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 8.11.1999 - 8 S 1668/99 -BRS 62 Nr. 94); auf eine Interessenabwägung kommt es dagegen nicht an (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 29.1.1999 - 5 S 2971/98 - VBlBW 1999, 347 = NVwZ-RR 1999, 491; Beschl. v. 10.3.1999 - 3 S 332/99 - VGHBW-Ls 1999, Beilage 5, B 4). Solche Besonderheiten können beispielsweise vorliegen bei unterschiedlicher Höhenlage beider Grundstücke, d. h. wenn das Baugrundstück wesentlich tiefer liegt als das Nachbargrundstück, bei einem ungewöhnlichen Zuschnitt des Nachbargrundstücks, der dessen Bebauung in dem dem geplanten Gebäude gegenüberliegenden Bereich praktisch ausschließt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.10.1996 - 3 S 2205/94 - VBlBW 1997, 266; Beschl. v. 12.9.1996 - 5 S 2232/96 - VBlBW 1997, 221) oder bei schmalen oder topographisch besonders gelagerten Grundstücken, die weder bebaut noch sonst gärtnerisch oder zu Freizeitzwecken sinnvoll genutzt werden können (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.9.1999 - 3 S 1437/99 - VGHBW-Ls 1999, Beil. 12, B 4), wie bei einem als Zufahrt genutzten Grundstücksteil (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 19.12.1996 - 8 S 3190/96 - BRS 59 Nr. 107). Aber auch bei einem vorhandenen grenznahen Gebäude auf dem Nachbargrundstück, das die verlässliche Aussage zulässt, dass durch das konkrete Bauvorhaben keine oder nur eine unerhebliche Beeinträchtigung verursacht wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 26.4.2002 a.a.O.), wie z.B. einer privilegierten Grenzgarage (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 25.1.2000 - 5 S 2996/99 -VBlBW 2000, 286; Beschl. v. 12.9.1996, a.a.O.) oder einer Grenzmauer, die das Vorhaben verdeckt (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 25.1.2000, a.a.O.), und auch bei erklärtem Einverständnis des Nachbarn (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 8.11.1999, a.a.O.) liegt eine Sondersituation in diesem Sinn vor.
21 
Im vorliegenden Fall sind keine der genannten Sondersituationen gegeben. Für das Vorliegen der Voraussetzungen für die Zulassung geringerer Abstandsflächentiefen nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 3 LBO sieht der Senat keine Anhaltspunkte.
22 
Da das Vorhaben der Beigeladenen gegenüber dem Antragsteller 2 bereits gegen die Nachbarschutz entfaltenden abstandsflächenrechtlichen Bestimmungen nach § 5 Abs. 4 i.V.m. Abs. 7 LBO verstößt, bedarf es in diesem Zusammenhang keines Eingehens mehr auf dessen - weiteren - Einwand, die Baugenehmigung sei auch mit der Seitenabstandsregelung in § 47 Abs. 2 OBS 1939 nicht vereinbar.
23 
2. Die Beschwerde der Antragstellerin 1 ist unbegründet.
24 
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragstellerin 1 auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 14.12.2014 im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Das Beschwerdevorbringen der Antragstellerin 1, auf das sich die Prüfung nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, rechtfertigt weder unter bauordnungsrechtlichen noch unter bauplanungsrechtlichen Gesichtspunkten eine andere Entscheidung.
25 
a) Die angefochtene Baugenehmigung verletzt die Antragstellerin 1 in bauordnungsrechtlicher Hinsicht voraussichtlich nicht in Nachbarschutz gewährenden Rechten. Denn das Vorhaben der Beigeladenen verstößt gegenüber der Antragstellerin 1 nicht gegen die im vorliegenden Rechtsstreit insoweit allein in Rede stehenden Bestimmungen des Abstandsflächenrechts.
26 
aa) Soweit die östliche Außenwand des Vorhabens mit dem vortretenden Gebäudeteil in Rede steht, kann sich die Antragstellerin 1 nicht darauf berufen, dass diese - wie unter 1. aufgezeigt - die nach § 5 Abs. 4 und 7 LBO erforderliche Abstandsflächentiefe nicht einhält. Denn diese bis zum Rücksprung reichende Außenwand liegt ersichtlich nicht dem Grundstück der Antragstellerin 1 gegenüber. Denn das Freihaltegebot des § 5 Abs. 1 Satz 1 LBO dient nur dem Schutz der Grundstücke, die der baulichen Anlage gegenüberliegen („Gegenüberlieger“; vgl. Sauter, LBO, § 5 Rn. 10; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 7.8.2014 - 3 S 1194/14 -).
27 
bb) Die dem Grundstück der Antragstellerin 1 gegenüberliegende - und daher insoweit allein maßgebliche - schräg verlaufenden süd-östliche Außenwand mit einer Breite von ca. 4,00 m hält, wie sich aus der Abstandsflächenberechnung und dem beigefügten Abstandsflächenplan ergibt, unstreitig die nach § 5 Abs. 4 und 7 LBO erforderlichen Abstandsflächentiefe ein.
28 
cc) Der Einwand der Antragstellerin 1, das Vorhaben der Beigeladenen sei mit der Seitenabstandsregelung in § 47 Abs. 2 OBS 1939 nicht vereinbar, rechtfertigt keine andere Entscheidung.
29 
Nach § 47 Abs. 2 OBS 1939 muss die Summe der Grenzabstände (Seitenabstand) bei Gebäuden bis zu zwei Geschossen mindestens 5 m, bei Gebäuden von drei und mehr Geschossen mindestens 7 m betragen. § 47 Abs. 3 OBS 1939 bestimmt, dass die Verteilung der Grenzabstände durch die Baupolizeibehörde festgelegt werden kann.
30 
Die Antragstellerin 1 meint, da für das Gebäude auf dem Grundstück Flst.-Nr. xxx (Sxxx), das westlich an Baugrundstück angrenze, von der Baugenehmigungsbehörde seinerzeit kein Grenzabstand gefordert und dieses nunmehr mit dem geplanten Gebäude zu einer Doppelhauseinheit zusammengefügt worden sei, sei der nach § 47 Abs. 2 OBS erforderliche Gesamtseitengrenzabstand von 7 Metern auf der östlichen Seite des Vorhabengrundstücks einzuhalten. Dieser Abstand werde nicht eingehalten.
31 
Dieser Auffassung ist nicht zu folgen. Hierbei kann der Senat unerörtert lassen, ob § 47 Abs. 2 OBS 1939 entweder als planungsrechtliche Vorschrift nach Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes im Jahre 1960 gemäß § 233 Abs. 3 BauGB und § 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG 1960 fort gilt oder als bauordnungsrechtliche Bestimmung nach Inkrafttreten der Landesbauordnung am 1.1.1964 trotz der gemäß § 118 Abs. 1 Nr. 2 LBO 1964 erfolgten Aufhebung der Württembergischen Bauordnung vom 28.7.1910 wirksam übergeleitet worden ist. Selbst wenn von der Wirksamkeit des § 47 Abs. 2 OBS 1939 weiterhin auszugehen wäre, verhilft dies der Beschwerde nicht zum Erfolg.
32 
(1) Entgegen der Meinung der Antragstellerin 1 hat die Antragsgegnerin eine Entscheidung über die Verteilung der Grenzabstände im Sinne des § 47 Abs. 3 OBS 1939 in der Weise getroffen, dass dieser an der westlichen und östlichen Grenze jeweils 3,50 m beträgt.
33 
In der angefochtenen Baugenehmigung wurde eine Befreiung von der offenen Bauweise erteilt, damit - wie auf Seite 11 zur Begründung ausgeführt wird -aus städtebaulichen Gründen an das vorhandene Gebäude T-straße 68 angebaut wird. Damit wurden beide Gebäude nach § 46 OBS 1939 zu einer Hausgruppe zusammengefasst. Aufgrund dieser Entscheidung der „Baupolizeibehörde“ im Sinne des § 47 Abs. 3 OBS 1939 ist somit die in § 47 Abs. 2 OBS 1939 geforderte Summe der seitlichen Grenzabstände - hier: 7 m - von der Hausgruppe einzuhalten. Das Gebäude auf dem Grundstück Flst.-Nr. xxx (Sxxx) ist mit einem westlichen Grenzabstand von 3,50 m genehmigt (vgl. den von der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 13.5.2015 vorgelegten Lageplan und Abstandsflächenplan T-straße 68). Die Tiefgarage ist an der Westseite mit einer Wandhöhe von 1 m genehmigt und daher in der Abstandsfläche zulässig. Die auf dieser Tiefgarage genehmigte Terrasse hält ausweislich der genehmigten Planunterlagen zur westlichen Grundstücksgrenze einen deutlich größeren Abstand als 3,50 m ein. Auf dem Grundstück der Beigeladenen ist daher nach §§ 46, 47 Abs. 2 OBS 1939 ein seitlicher Abstand zur östlichen Grundstücksgrenze von 3,50 m einzuhalten. Dieser Grenzabstand wird jedenfalls von der gegenüber dem Grundstück der Antragstellerin 1 liegenden und damit allein maßgeblichen schräg verlaufenden Außenwand eingehalten.
34 
(2) § 47 Abs. 2 OBS 1939 führt ferner auch deshalb nicht zu einer für die Antragstellerin 1 günstigeren Entscheidung, weil diese Regelung eine offene Bauweise sicherstellen will und damit ausschließlich das städtebauliche Ziel einer aufgelockerten Bebauung verfolgt. Die Bestimmung des § 47 Abs. 2 OBS 1939 dient daher nur der städtebaulichen Gestaltung, sie vermittelt aber keinen Nachbarschutz zugunsten der Antragstellerin 1 (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 10.12.1979 - III 1699/79 -; Beschl. v. 25.7.1996 - 3 S 1426/96 -; Beschl. v. 24.9.1991 - 3 S 2049/91 - VBlBW 1992, 105). Eine - übergeleitete -planungsrechtliche Vorschrift über den Abstand von Gebäuden auf aneinandergrenzenden Grundstücken könnte zwar mit drittschützender Funktion ausgestattet sein, wenn sie in ihrer rechtlichen Wirkung der Festsetzung einer seitlichen Baugrenze (vgl. § 23 Abs. 1 und 3 BauNVO) gleichkäme. Dies ist jedoch nicht der Fall.
35 
Ein die Annahme einer nachbarschützenden Funktion rechtfertigendes nachbarliches Austauschverhältnis läge hier nur dann vor, wenn sich die überbaubare Grundstücksfläche für jedes Grundstück - wie bei einer Baugrenze -allein schon aus der planungsrechtlichen Bestimmung ergäbe, so dass unabhängig von der Bebauung des Nachbargrundstücks von vornherein feststünde, wieweit die Bebauung auf einem Grundstück planungsrechtlich an die Bebauung auf dem an derselben Grundstücksseite liegenden Nachbargrundstück heranrücken darf (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 24.9.1991, a.a.O.). Dem entspricht die Abstandsregelung des § 47 Abs. 2 OBS 1939 nicht. Denn die zulässige Reichweite der Bebauung mit einem Gebäude auf dem einen Grundstück hängt danach zusätzlich von der Bebauung ab, die auf dem anderen, auf derselben Seite angrenzenden Grundstück bereits vorhanden ist. Der zuerst bauende Grundstückseigentümer bestimmt damit durch den Grenzabstand seines Gebäudes die zur Seite hin noch mögliche Bebauung des benachbarten Grundstücks. Zudem ist - wie die vorgehende Ausführungen unter aa) gerade zeigen - der letztlich zu einer bestimmten Grundstücksgrenze hin geltende Grenzabstand von der Festlegung durch die Baupolizeibehörde gemäß § 47 Abs. 3 OBS 1939 abhängig.
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b) Das Vorhaben der Beigeladenen begegnet auch in bauplanungsrechtlicher Hinsicht keinen Bedenken. Denn es verstößt nicht gegen das in § 15 Abs. 1 BauNVO zum Ausdruck kommende baunachbarrechtliche Gebot der Rücksichtnahme. Es ist deshalb auch - mit Blick auf die Befreiung von der nicht nachbarschützenden Festsetzung der offenen Bauweise - unter Würdigung nachbarlicher Interessen im Sinne des § 31 Abs. 2 BauGB rechtlich nicht zu beanstanden.
37 
Maßgeblich für die Beurteilung, ob ein Vorhaben die notwendige Rücksichtnahme auf nachbarliche Belange vermissen lässt, sind alle Umstände des Einzelfalles - insbesondere der tatsächlichen und rechtlichen Vorbelastung der Grundstücke und des Gebiets, der tatsächlichen und rechtlichen Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit des Bauherrn und des Nachbarn sowie der Art und Intensität aller in Betracht kommenden städtebaulich relevanten Nachteile - zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.9.1999 - 4 C 6.98 -BVerwGE 109, 314; Beschl. v. 16.12.2008 - 4 B 68.08 - BRS 73 Nr. 82 [2008]; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 8.11.2007 - 3 S 1923/07 - VBlBW 2008, 147; Beschl. v. 20.3.2012 - 3 S 223/12 - juris). Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot ist danach auch in Ansehung des Beschwerdevorbringens nicht zu erkennen.
38 
aa) Das Gebot der Rücksichtnahme wird, wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, im Regelfall aus tatsächlichen Gründen nicht verletzt, wenn ein Vorhaben - wie hier - die nach Landesrecht zur Sicherung hinreichender Belichtung, Besonnung oder Belüftung gebotenen Abstandsflächen einhält (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.1.1999 - 4 B 128.98 - NVwZ 1999, 879; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 20.3.2012, a.a.O.; Beschl. v. 7.9.1999 - 3 S 1932/99 - VBlBW 2000, 113; Beschl. v. 28.8.2006 - 3 S 724/06 -).
39 
Die konkrete Grundstückssituation und die Lage sowie die Anordnung der Baukörper zueinander rechtfertigen auch keine Ausnahme von dem Grundsatz, dass bei Einhaltung der Abstandsflächentiefe grundsätzlich eine rücksichtslose Betroffenheit des Nachbarn in Bezug auf die Belange Besonnung, Belichtung und Belüftung seines Grundstücks nicht anzunehmen ist (vgl. zur Möglichkeit einer derartigen Ausnahme BVerwG, Beschl. v. 11.1.1999, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 20.3.2007 - 3 S 3007/06 -). Der Senat vermag vorliegend keine Besonderheit zu erkennen, die es gebietet, der Antragstellerin 1 städtebaulich ein weitergehendes Schutzniveau bezüglich grenznaher Bebauung als nach dem bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenrecht zuzubilligen.
40 
bb) Vor diesem Hintergrund führen auch die mit dem Vorhaben der Natur der Sache nach grundsätzlich verbundenen - von der Antragstellerin 1 beklagten - Einsichtnahmemöglichkeiten auf ihr Grundstück zu keinen Nachteilen, die das Maß des Zumutbaren überschreiten.
41 
cc) Das Verwaltungsgericht hat schließlich angenommen, dass das genehmigte Vorhaben gegenüber dem Grundstück und dem Wohnhaus der Antragstellerin 1 keine erdrückende Wirkung entfalten werde. Dies trifft auch nach Auffassung des Senats zu.
42 
Eine erdrückende Wirkung kommt nach der Rechtsprechung grundsätzlich nur bei „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 13.3.1981 - 4 C 1.78 - DVBl. 1981, 928; Urt. v. 23.5.1986 - 4 C 34.85 - DVBl. 1986, 1271; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 20.3.2007 - 3 S 3007/06 -; Urt. v. 17.12.2009 - 8 S 1669/09 - NVwZ-RR 2010, 383). Eine damit vergleichbare Situation liegt nach den dem Senat vorliegenden Plänen ersichtlich nicht vor. Eine unzumutbare Verschattung des Wohnhauses oder eine nicht mehr ausreichende Beleuchtung mit Tageslicht vermag auch der Senat nicht festzustellen, zumal das Vorhaben der Beigeladenen nordöstlich des Grundstücks der Antragstellerin 1 errichtet werden soll. Vor diesem Hintergrund kann auch von einer „einmauernden“ Wirkung der geplanten Bebauung auf das Grundstück der Antragstellerin 1 nicht die Rede sein.
43 
Anhaltspunkte, die aus anderen Gründen unzumutbare Nachteile für das Anwesen der Antragstellerin 1 durch das Vorhaben der Beigeladenen befürchten ließen, sind weder ersichtlich noch im Beschwerdevorbringen substantiiert dargelegt.
44 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 155 Abs. 1 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit (§ 162 Abs. 3 VwGO), der Antragstellerin 1 und der Antragsgegnerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen. Denn diese haben keinen Antrag gestellt und damit kein Kostenrisiko nach § 154 Abs. 3 VwGO übernommen.
45 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 39 Abs. 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 63 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 und 9.7.1 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (VBlBW 2014, Heft 1, Sonderbeilage). Nach Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs 2013 ist bei der Klage eines Nachbarn gegen eine Baugenehmigung ein Streitwert zwischen 7.500,--EUR und 15.000,-- EUR festzusetzen, soweit nicht ein höherer wirtschaftlicher Schaden feststellbar ist. Deswegen ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs bei der Klage eines Nachbarn gegen die Baugenehmigung für ein Ein- oder Mehrfamilienwohnhaus im Hauptsacheverfahren - sofern sich aus dem Vortrag der Beteiligten zum Streitwert (vgl. § 61 GKG) keine abweichenden Anhaltspunkte ergeben - ein Streitwert von 10.000,-- EUR festzusetzen (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 27.8.2014 - 3 S 1490/14 - juris; Beschl. v. 13.8.2014 - 8 S 979/14 - ZfBR 2014, 704 [Ls.]). Vor diesem Hintergrund war der Streitwert unter Abänderung des Streitwertbeschlusses des Verwaltungsgerichts Stuttgart in beiden Instanzen auf jeweils auf 20.000,--EUR festzusetzen.
46 
Der Senat geht ferner in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass der Streitwert im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes des Nachbarn nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen eine dem Bauherrn erteilte Baugenehmigung bis zur Höhe des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwerts angehoben wird, weil insofern die Entscheidung in der Sache faktisch vorweggenommen wird. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich Baunachbarn nicht allein gegen die Auswirkungen der zukünftigen Nutzung des Nachbargrundstücks, sondern - wie hier der Antragsteller - gegen solche der Baukörper zur Wehr setzen und einen vorläufigen Stopp deren Errichtung begehren (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 13.8.2014 - 8 S 979/14 - Juris; Beschl. v. 11.12.2013 - 3 S 1964/13 - VBlBW 2014, 275).

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 26. Mai 2015 - 3 S 733/15

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 26. Mai 2015 - 3 S 733/15

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 146


(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltun

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 26. Mai 2015 - 3 S 733/15 zitiert 17 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 146


(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltun

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Baugesetzbuch - BBauG | § 31 Ausnahmen und Befreiungen


(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind. (2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüg

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 15 Allgemeine Voraussetzungen für die Zulässigkeit baulicher und sonstiger Anlagen


(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästi

Baugesetzbuch - BBauG | § 9 Inhalt des Bebauungsplans


(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden: 1. die Art und das Maß der baulichen Nutzung;2. die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;2a. vom

Baugesetzbuch - BBauG | § 29 Begriff des Vorhabens; Geltung von Rechtsvorschriften


(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 147


(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen. § 67 Abs. 4 bleibt unberührt.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 39 Grundsatz


(1) In demselben Verfahren und in demselben Rechtszug werden die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist. (2) Der Streitwert beträgt höchstens 30 Millionen Euro, soweit kein niedrigerer Höchstwert be

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 23 Überbaubare Grundstücksfläche


(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden. (2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut wer

Baugesetzbuch - BBauG | § 212a Entfall der aufschiebenden Wirkung


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung. (2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absa

Baugesetzbuch - BBauG | § 233 Allgemeine Überleitungsvorschriften


(1) Verfahren nach diesem Gesetz, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung förmlich eingeleitet worden sind, werden nach den bisher geltenden Rechtsvorschriften abgeschlossen, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist. Ist mit gesetzlich

Baugesetzbuch - BBauG | § 173 Genehmigung, Übernahmeanspruch


(1) Die Genehmigung wird durch die Gemeinde erteilt; § 22 Absatz 5 Satz 2 bis 5 ist entsprechend anzuwenden. Ist eine baurechtliche Genehmigung oder an ihrer Stelle eine baurechtliche Zustimmung erforderlich, wird die Genehmigung durch die Baugenehmi

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 61 Angabe des Werts


Bei jedem Antrag ist der Streitwert, sofern dieser nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht, kein fester Wert bestimmt ist oder sich nicht aus früheren Anträgen ergibt, und nach Aufforderung auch der Wert eines Teils des Streitgegenstands schriftl

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 26. Mai 2015 - 3 S 733/15 zitiert oder wird zitiert von 10 Urteil(en).

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 26. Mai 2015 - 3 S 733/15 zitiert 9 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 06. Feb. 2015 - 8 S 450/13

bei uns veröffentlicht am 06.02.2015

Tenor Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 3. April 2012 - 13 K 50/11 - geändert und die Beklagte verpflichtet, einen Bauvorbescheid darüber zu erteilen, dass die im Lageplan vom 15. Juni 2009 zum Bauvorb

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 12. Nov. 2014 - 3 S 1419/14

bei uns veröffentlicht am 12.11.2014

Tenor Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 4. Juni 2014 - 2 K 1597/13 - wird abgelehnt.Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtliche Ko

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 13. Aug. 2014 - 8 S 979/14

bei uns veröffentlicht am 13.08.2014

Tenor Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 23. April 2014 - 5 K 425/14 - wird zurückgewiesen.Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtliche

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 09. Juli 2014 - 8 S 827/14

bei uns veröffentlicht am 09.07.2014

Tenor Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 27. März 2014 - 2 K 3527/13 - wird zurückgewiesen.Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen K

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 20. März 2012 - 3 S 223/12

bei uns veröffentlicht am 20.03.2012

Tenor Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 09. Januar 2012 - 5 K 2279/11 - wird zurückgewiesen.Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kos

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 25. Feb. 2010 - 8 S 2822/09

bei uns veröffentlicht am 25.02.2010

Tenor Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 3. Dezember 2009 - 13 K 4093/09 - mit Ausnahme der Festsetzung des Streitwerts geändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der An

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 17. Dez. 2009 - 8 S 1669/09

bei uns veröffentlicht am 17.12.2009

Tenor Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 16. Juli 2009 - 5 K 628/09 - wird zurückgewiesen. Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschl

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 15. Apr. 2008 - 8 S 12/07

bei uns veröffentlicht am 15.04.2008

Tenor Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 24. Juli 2006 - 2 K 2146/05 - wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausna

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 08. Nov. 2007 - 3 S 1923/07

bei uns veröffentlicht am 08.11.2007

Tenor Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23. Juli 2007 - 2 K 3669/07 - geändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller gegen die der Beigeladenen erteilte B
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 26. Mai 2015 - 3 S 733/15.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 20. Sept. 2016 - 11 S 2070/14

bei uns veröffentlicht am 20.09.2016

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 21. Mai 2014 - 5 K 2137/13 - insoweit geändert, als die Baugenehmigung der Beklagten vom 25. Juni 2012 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums

Referenzen

(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen. § 67 Abs. 4 bleibt unberührt.

(2) Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Beschwerdegericht eingeht.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absatz 3 sowie des Ausgleichsbetrags nach § 154 durch die Gemeinde haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Verfahren nach diesem Gesetz, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung förmlich eingeleitet worden sind, werden nach den bisher geltenden Rechtsvorschriften abgeschlossen, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist. Ist mit gesetzlich vorgeschriebenen einzelnen Schritten des Verfahrens noch nicht begonnen worden, können diese auch nach den Vorschriften dieses Gesetzes durchgeführt werden.

(2) Die Vorschriften des Dritten Kapitels Zweiter Teil Vierter Abschnitt zur Planerhaltung sind auch auf Flächennutzungspläne und Satzungen entsprechend anzuwenden, die auf der Grundlage bisheriger Fassungen dieses Gesetzes in Kraft getreten sind. Unbeschadet des Satzes 1 sind auf der Grundlage bisheriger Fassungen dieses Gesetzes unbeachtliche oder durch Fristablauf unbeachtliche Fehler bei der Aufstellung von Flächennutzungsplänen und Satzungen auch weiterhin für die Rechtswirksamkeit dieser Flächennutzungspläne und Satzungen unbeachtlich. Abweichend von Satz 1 sind für vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung in Kraft getretene Flächennutzungspläne und Satzungen die vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung geltenden Vorschriften über die Geltendmachung der Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften, von Mängeln der Abwägung und von sonstigen Vorschriften einschließlich ihrer Fristen weiterhin anzuwenden.

(3) Auf der Grundlage bisheriger Fassungen dieses Gesetzes wirksame oder übergeleitete Pläne, Satzungen und Entscheidungen gelten fort.

(1) Die Genehmigung wird durch die Gemeinde erteilt; § 22 Absatz 5 Satz 2 bis 5 ist entsprechend anzuwenden. Ist eine baurechtliche Genehmigung oder an ihrer Stelle eine baurechtliche Zustimmung erforderlich, wird die Genehmigung durch die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde erteilt; im Baugenehmigungs- oder Zustimmungsverfahren wird über die in § 172 Absatz 3 bis 5 bezeichneten Belange entschieden.

(2) Wird in den Fällen des § 172 Absatz 3 die Genehmigung versagt, kann der Eigentümer von der Gemeinde unter den Voraussetzungen des § 40 Absatz 2 die Übernahme des Grundstücks verlangen. § 43 Absatz 1, 4 und 5 sowie § 44 Absatz 3 und 4 sind entsprechend anzuwenden.

(3) Vor der Entscheidung über den Genehmigungsantrag hat die Gemeinde mit dem Eigentümer oder sonstigen zur Unterhaltung Verpflichteten die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu erörtern. In den Fällen des § 172 Absatz 4 und 5 hat sie auch Mieter, Pächter und sonstige Nutzungsberechtigte zu hören. In den Fällen des § 172 Absatz 4 Satz 3 Nummer 6 hat sie die nach Satz 2 anzuhörenden Personen über die Erteilung einer Genehmigung zu informieren.

(4) Die landesrechtlichen Vorschriften, insbesondere über den Schutz und die Erhaltung von Denkmälern, bleiben unberührt.

(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden:

1.
die Art und das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
2a.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
3.
für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke Mindestmaße und aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden für Wohnbaugrundstücke auch Höchstmaße;
4.
die Flächen für Nebenanlagen, die auf Grund anderer Vorschriften für die Nutzung von Grundstücken erforderlich sind, wie Spiel-, Freizeit- und Erholungsflächen sowie die Flächen für Stellplätze und Garagen mit ihren Einfahrten;
5.
die Flächen für den Gemeinbedarf sowie für Sport- und Spielanlagen;
6.
die höchstzulässige Zahl der Wohnungen in Wohngebäuden;
7.
die Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude, die mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert werden könnten, errichtet werden dürfen;
8.
einzelne Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude errichtet werden dürfen, die für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf bestimmt sind;
9.
der besondere Nutzungszweck von Flächen;
10.
die Flächen, die von der Bebauung freizuhalten sind, und ihre Nutzung;
11.
die Verkehrsflächen sowie Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung, wie Fußgängerbereiche, Flächen für das Parken von Fahrzeugen, Flächen für Ladeinfrastruktur elektrisch betriebener Fahrzeuge, Flächen für das Abstellen von Fahrrädern sowie den Anschluss anderer Flächen an die Verkehrsflächen; die Flächen können auch als öffentliche oder private Flächen festgesetzt werden;
12.
die Versorgungsflächen, einschließlich der Flächen für Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung;
13.
die Führung von oberirdischen oder unterirdischen Versorgungsanlagen und -leitungen;
14.
die Flächen für die Abfall- und Abwasserbeseitigung, einschließlich der Rückhaltung und Versickerung von Niederschlagswasser, sowie für Ablagerungen;
15.
die öffentlichen und privaten Grünflächen, wie Parkanlagen, Naturerfahrungsräume, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze, Friedhöfe;
16.
a)
die Wasserflächen und die Flächen für die Wasserwirtschaft,
b)
die Flächen für Hochwasserschutzanlagen und für die Regelung des Wasserabflusses,
c)
Gebiete, in denen bei der Errichtung baulicher Anlagen bestimmte bauliche oder technische Maßnahmen getroffen werden müssen, die der Vermeidung oder Verringerung von Hochwasserschäden einschließlich Schäden durch Starkregen dienen, sowie die Art dieser Maßnahmen,
d)
die Flächen, die auf einem Baugrundstück für die natürliche Versickerung von Wasser aus Niederschlägen freigehalten werden müssen, um insbesondere Hochwasserschäden, einschließlich Schäden durch Starkregen, vorzubeugen;
17.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen;
18.
a)
die Flächen für die Landwirtschaft und
b)
Wald;
19.
die Flächen für die Errichtung von Anlagen für die Kleintierhaltung wie Ausstellungs- und Zuchtanlagen, Zwinger, Koppeln und dergleichen;
20.
die Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft;
21.
die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zugunsten der Allgemeinheit, eines Erschließungsträgers oder eines beschränkten Personenkreises zu belastenden Flächen;
22.
die Flächen für Gemeinschaftsanlagen für bestimmte räumliche Bereiche wie Kinderspielplätze, Freizeiteinrichtungen, Stellplätze und Garagen;
23.
Gebiete, in denen
a)
zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte Luft verunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
b)
bei der Errichtung von Gebäuden oder bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung getroffen werden müssen,
c)
bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmenden Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen, die der Vermeidung oder Minderung der Folgen von Störfällen dienen, getroffen werden müssen;
24.
die von der Bebauung freizuhaltenden Schutzflächen und ihre Nutzung, die Flächen für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie die zum Schutz vor solchen Einwirkungen oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen zu treffenden baulichen und sonstigen technischen Vorkehrungen, einschließlich von Maßnahmen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche, wobei die Vorgaben des Immissionsschutzrechts unberührt bleiben;
25.
für einzelne Flächen oder für ein Bebauungsplangebiet oder Teile davon sowie für Teile baulicher Anlagen mit Ausnahme der für landwirtschaftliche Nutzungen oder Wald festgesetzten Flächen
a)
das Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen,
b)
Bindungen für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen sowie von Gewässern;
26.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen und Stützmauern, soweit sie zur Herstellung des Straßenkörpers erforderlich sind.

(1a) Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 können auf den Grundstücken, auf denen Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten sind, oder an anderer Stelle sowohl im sonstigen Geltungsbereich des Bebauungsplans als auch in einem anderen Bebauungsplan festgesetzt werden. Die Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich an anderer Stelle können den Grundstücken, auf denen Eingriffe zu erwarten sind, ganz oder teilweise zugeordnet werden; dies gilt auch für Maßnahmen auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen.

(2) Im Bebauungsplan kann in besonderen Fällen festgesetzt werden, dass bestimmte der in ihm festgesetzten baulichen und sonstigen Nutzungen und Anlagen nur

1.
für einen bestimmten Zeitraum zulässig oder
2.
bis zum Eintritt bestimmter Umstände zulässig oder unzulässig
sind. Die Folgenutzung soll festgesetzt werden.

(2a) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden. Dabei ist insbesondere ein hierauf bezogenes städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 zu berücksichtigen, das Aussagen über die zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Gemeindeteils enthält. In den zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereichen sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für Vorhaben, die diesen Versorgungsbereichen dienen, nach § 30 oder § 34 vorhanden oder durch einen Bebauungsplan, dessen Aufstellung förmlich eingeleitet ist, vorgesehen sein.

(2b) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann in einem Bebauungsplan, auch für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans, festgesetzt werden, dass Vergnügungsstätten oder bestimmte Arten von Vergnügungsstätten zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, um

1.
eine Beeinträchtigung von Wohnnutzungen oder anderen schutzbedürftigen Anlagen wie Kirchen, Schulen und Kindertagesstätten oder
2.
eine Beeinträchtigung der sich aus der vorhandenen Nutzung ergebenden städtebaulichen Funktion des Gebiets, insbesondere durch eine städtebaulich nachteilige Häufung von Vergnügungsstätten,
zu verhindern.

(2c) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile nach § 34 und für Gebiete nach § 30 in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes kann zur Vermeidung oder Verringerung der Folgen von Störfällen für bestimmte Nutzungen, Arten von Nutzungen oder für nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmende Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass diese zulässig, nicht zulässig oder nur ausnahmsweise zulässig sind; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden.

(2d) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) können in einem Bebauungsplan zur Wohnraumversorgung eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:

1.
Flächen, auf denen Wohngebäude errichtet werden dürfen;
2.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen einzelne oder alle Wohnungen die baulichen Voraussetzungen für eine Förderung mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung erfüllen, oder
3.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen sich ein Vorhabenträger hinsichtlich einzelner oder aller Wohnungen dazu verpflichtet, die zum Zeitpunkt der Verpflichtung geltenden Förderbedingungen der sozialen Wohnraumförderung, insbesondere die Miet- und Belegungsbindung, einzuhalten und die Einhaltung dieser Verpflichtung in geeigneter Weise sichergestellt wird.
Ergänzend können eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:
1.
das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
3.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
4.
Mindestmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke;
5.
Höchstmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Wohnbaugrundstücke, aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden.
Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 und 2 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans getroffen werden. Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 bis 3 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans oder für Geschosse, Ebenen oder sonstige Teile baulicher Anlagen unterschiedlich getroffen werden. Das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans nach diesem Absatz kann nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 2024 förmlich eingeleitet werden. Der Satzungsbeschluss nach § 10 Absatz 1 ist bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 zu fassen.

(3) Bei Festsetzungen nach Absatz 1 kann auch die Höhenlage festgesetzt werden. Festsetzungen nach Absatz 1 für übereinanderliegende Geschosse und Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen können gesondert getroffen werden; dies gilt auch, soweit Geschosse, Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche vorgesehen sind.

(4) Die Länder können durch Rechtsvorschriften bestimmen, dass auf Landesrecht beruhende Regelungen in den Bebauungsplan als Festsetzungen aufgenommen werden können und inwieweit auf diese Festsetzungen die Vorschriften dieses Gesetzbuchs Anwendung finden.

(5) Im Bebauungsplan sollen gekennzeichnet werden:

1.
Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen oder bei denen besondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind;
2.
Flächen, unter denen der Bergbau umgeht oder die für den Abbau von Mineralien bestimmt sind;
3.
Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind.

(6) Nach anderen gesetzlichen Vorschriften getroffene Festsetzungen, gemeindliche Regelungen zum Anschluss- und Benutzungszwang sowie Denkmäler nach Landesrecht sollen in den Bebauungsplan nachrichtlich übernommen werden, soweit sie zu seinem Verständnis oder für die städtebauliche Beurteilung von Baugesuchen notwendig oder zweckmäßig sind.

(6a) Festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes, Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten im Sinne des § 78b Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie Hochwasserentstehungsgebiete im Sinne des § 78d Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sollen nachrichtlich übernommen werden. Noch nicht festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie als Risikogebiete im Sinne des § 73 Absatz 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes bestimmte Gebiete sollen im Bebauungsplan vermerkt werden.

(7) Der Bebauungsplan setzt die Grenzen seines räumlichen Geltungsbereichs fest.

(8) Dem Bebauungsplan ist eine Begründung mit den Angaben nach § 2a beizufügen.

Tenor

Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 3. April 2012 - 13 K 50/11 - geändert und die Beklagte verpflichtet, einen Bauvorbescheid darüber zu erteilen, dass die im Lageplan vom 15. Juni 2009 zum Bauvorbescheidantrag vom 22. Juni 2009 auf den Grundstücken mit den Flurstück-Nummern ... und ... der Gemarkung Stuttgart-Kaltental rot eingefärbte „Fläche für Nutzung“ bauplanungsrechtlich ohne Erteilung einer Abweichung überbaubar ist. Der Bescheid der Beklagten vom 10. Februar 2010 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 24. November 2011 werden aufgehoben, soweit sie dieser Feststellung entgegenstehen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger sind die Erben des ehemaligen Eigentümers der Grundstücke mit den Flst. Nrn. ... in Stuttgart-Kaltental (im Folgenden: Baugrundstück). Das Baugrundstück befinden sich innerhalb der Geltungsbereiche der Ortsbausatzung der Beklagten vom 26.06.1935, des Baustaffelplans vom 01.08.1935 und der Stadtbaupläne 1929/17 vom 30.11.1928 und 1935/63 vom 23.11.1935. Der Stadtbauplan 1935/63 wurde durch Entschließung des Oberbürgermeisters festgestellt und ist nach der Genehmigung durch das württembergische Innenministerium am 14.01.1936 in Kraft getreten. Das Baugrundstück, das im Westen durch die ... und im Osten durch einen Bachlauf und daran anschließend einen Wald begrenzt wird, ist derzeit mit einem - vor Erlass des Stadtbauplans 1935/63 errichteten - Wohngebäude und mehreren Nebengebäuden überbaut. Der Stadtbauplan 1935/63 setzt in weiten Teilen des Baugrundstücks und auch entlang des weiteren Verlaufs des Nesenbachs ein Bauverbot und im an die ... angrenzenden Bereich - also im westlichen Teil des Baugrundstücks - eine öffentliche Verkehrsfläche fest. Abweichend hiervon setzte zuvor der Stadtbauplan 1929/17 eine Bauverbotsfläche nur entlang des Nesenbachs und im Übrigen eine Baulinie fest, die eine Bebauung auf einer bis zu zwölf Meter tiefen Teilfläche des Baugrundstücks ermöglichte.
Die Kläger beantragten am 22.06.2009 die Erteilung eines Bauvorbescheids zur Bebaubarkeit des Baugrundstücks. Der eingereichte „Fragenkatalog zur Bauvoranfrage“ umfasste neben einer Vielzahl weiterer die folgenden Fragen:
„1.a Ist daher eine Neubebauung des Grundstücks grundsätzlich möglich?
1.b Ist eine Bebauung in Anlehnung an den Bebauungsplan 1929/17 möglich?“
Mit dem Antrag legten die Kläger u.a. einen Lageplan vor, in dem in roter Farbe eine „Fläche für Nutzung“ bezeichnet ist, die bezogen auf die Festsetzungen des Stadtbauplans 1929/17 vollständig auf der hinter der Baulinie überbaubaren Grundstücksfläche, bezogen auf die Festsetzungen des Stadtbauplans 1935/63 hingegen zu einem kleinen Teil auf der öffentlichen Verkehrsfläche und weit überwiegend auf der Bauverbotsfläche liegt.
Mit Bescheid der Beklagten vom 10.02.2010 entschied diese u.a., dass eine Neubebauung des Baugrundstücks grundsätzlich nicht zulässig sei und eine Bebauung weder in Anlehnung an den Stadtbauplan 1929/17 noch eine Inanspruchnahme der Bauverbotsfläche zulässig sei. Das Baugrundstück liege in den Geltungsbereichen des Stadtbauplans 1935/63 und der Baustaffel 4. Der Stadtbauplan 1935/63 setze für das Baugrundstück Bauverbot und öffentliche Verkehrsfläche fest. Etwa 85% der von den Klägern für ein Bauvorhaben geplanten Grundfläche liege innerhalb des Bauverbots, der übrige Teil auf der öffentlichen Verkehrsfläche. Befreiungen könnten nicht erteilt werden, da der Tatbestand des § 31 Abs. 2 BauGB nicht erfüllt sei. Der Stadtbauplan 1929/17 sei nicht anwendbar, da die Festsetzungen des rechtsverbindlichen Stadtbauplans 1935/63 zu beachten seien. Im Übrigen wurden mit dem Bescheid weitere Fragen der Kläger beantwortet.
Die Kläger erhoben am 17.02.2010 Widerspruch. Der Stadtbauplan 1935/63 sei unwirksam, weil er nicht vom Gemeinderat festgestellt, sondern aufgrund einer Entschließung des Oberbürgermeisters zustande gekommen sei. Die Deutsche Gemeindeordnung vom 30.01.1935 habe die Gemeindeordnung vom 19.03.1930 faktisch aufgehoben und eine mit dem kommunalen Selbstverwaltungsrecht aus Art. 127 WRV nicht zu vereinbarende Entscheidungskonzentration beim Bürgermeister eingeführt. Der Stadtbauplan 1929/17 habe zwischen öffentlicher Verkehrsfläche und Bauverbotszone noch ein 12 m breites Baufenster vorgesehen. Selbst wenn der Stadtbauplan 1935/63 wirksam zustande gekommen wäre, habe er nicht in Anwendung von § 173 Abs. 3 BauGB wirksam übergeleitet werden können, denn er sei im Zeitpunkt der Überleitung nicht mit Art. 14 Abs. 1 GG zu vereinbaren gewesen. Der Entzug der Bebaubarkeit sei gemessen an den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nicht verhältnismäßig.
Die Kläger haben am 05.01.2011 Untätigkeitsklage erhoben.
Das Regierungspräsidium Stuttgart wies den Widerspruch mit Bescheid vom 24.10.2011 zurück: Die Frage nach der Zulässigkeit einer Neubebauung sei zu Recht ablehnend beantwortet worden. Der Stadtbauplan 1935/63 sei wirksam nach § 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG übergeleitet worden. Die Festsetzungen seien auch nicht funktionslos geworden. Der Straßenausbau könne weiterhin realisiert werde. Die Beurteilung der Notwendigkeit des Straßenausbaus könne sich bei einer Änderung der verkehrlichen Rahmenbedingungen auch in Zukunft ändern. Eine Befreiung sei richtigerweise nicht erteilt worden. Denn die beabsichtigte Inanspruchnahme der Bauverbotsfläche würde das Interesse, dem das Bauverbot zu dienen bestimmt ist, in starkem Maße beeinträchtigten. Im Übrigen wäre das von den Klägern beabsichtigte Bauvorhaben wegen der Nichteinhaltung des Waldabstands unzulässig.
Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat die Klage mit Urteil vom 03.04.2012 abgewiesen: In bauplanungsrechtlicher Hinsicht sei die Zulässigkeit des Vorhabens nach den Festsetzungen des Stadtbauplans 1935/63 und nach der Ortsbausatzung der Beklagten vom 26.06.1935 zu beurteilen. Der Stadtbauplan 1935/63 sei wirksam nach § 173 Abs. 3 BBauG übergeleitet worden. Die darin festgesetzten nicht überbaubaren Grundstücksflächen könnten auch Inhalt eines Plans nach den Bestimmungen des Bundesbaugesetzes sein. Auch weil keine Verfahrensakten mehr existierten, gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Abwägung der beachtlichen Belange fehlerhaft gewesen sei. Vermutlich sei die Bauverbotszone zur Freihaltung und zum Schutz des Uferbereichs des Nesenbaches festgesetzt.
10 
Die Kläger haben die mit Senatsbeschluss vom 27.02.2013 - zugestellt am 11.03.2013 - zugelassene Berufung am 11.04.2013 begründet: Gegenstand des Verfahrens sei allein die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit einer Neubebauung. Der Klage fehle auch mit Blick auf § 4 Abs. 3 Satz 1 LBO nicht das Rechtsschutzinteresse. Denn der erforderliche Waldabstand gelte nicht für Gebäude, die nach den Festsetzungen des Bebauungsplans mit einem geringeren Abstand als nach Satz 1 zulässig seien. Anzuwenden sei der Stadtbauplan 1929/17. Der Stadtbauplan 1935/63 sei unwirksam erlassen worden, so dass eine Überleitung ausscheide. Nicht dem Oberbürgermeister, sondern dem Gemeinderat hätte aufgrund der Bestimmung des Art. 7 Abs. 1 Satz 1 der Württembergischen Bauordnung die Feststellung eines Stadtbauplans oblegen. Selbst wenn der Stadtbauplan wirksam erlassen worden wäre, wäre er nicht wirksam nach § 173 BBauG übergeleitet worden. Denn das Planungsergebnis stehe außer Verhältnis zu Bedeutung und Gewicht der Eigentümerinteressen. Jedenfalls rechtfertige das Interesse des Schutzes des Nesenbaches nicht die festgesetzte Tiefe des Bauverbotes. Daraus ergebe sich, dass die Bebauung auf der überbaubaren Grundstücksfläche nach dem Stadtbauplan 1929/17 zulässig sei.
11 
Die Kläger beantragen,
12 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 03.04.2012 - 13 K 50/11 - zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, einen Bauvorbescheid darüber zu erteilen, dass die im Lageplan vom 15.06. 2009 zum Bauvorbescheidantrag vom 22.06.2009 auf den Grundstücken mit den Flurstück-Nummern ... und ... der Gemarkung Stuttgart-Kaltental rot eingefärbte „Fläche für Nutzung“ bauplanungsrechtlich ohne Erteilung einer Abweichung überbaubar ist, und den Bescheid der Beklagten vom 10.02.2010 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 24.11.2011 aufzuheben, soweit sie diesen Feststellungen entgegenstehen.
13 
Die Beklagte beantragt,
14 
die Berufung zurückzuweisen.
15 
Sie verteidigt das angegriffene Urteil und führt aus, selbst für den Fall, dass Abwägungsmängel vorgelegen hätten, seien diese nach § 244 Abs. 2 BBauG 1986 unbeachtlich geworden, weil sie nicht bis zum 30.06.1994 geltend gemacht worden seien.
16 
In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Beklagten geltend gemacht, eine Rechtfertigung für das Bauverbot auf dem Baugrundstück ergebe sich aus der Begründung für die Ortsbausatzung der Beklagten aus dem Jahr 1934, wie sie im Amtsblatt der Beklagten vom 16.10.1934 abgedruckt sei. Dort heißt es u.a.:
17 
„Wenn gerade in Stuttgart viele Probleme des Städtebaus besonders vordringlich waren, so ist das vor allem in der Eigenart der Oberflächengestaltung des Stadtgebiets begründet. In einer Stadt der Ebene bleiben die begangenen Bausünden immer mehr oder weniger verdeckt und verborgen. Ganz anders in einer Stadt wie Stuttgart, deren Eigenart ja gerade darin liegt, daß ihre Hänge fast von jedem Punkt aus in Erscheinung treten. Das ist aber auf der anderen Seite ein so bevorzugtes Gut, das nur ganz wenige Städte auszeichnet. Dieses Gut heißt es zu schützen und in den Dienst der Allgemeinheit zu stellen. So wird in Zukunft jedes Haus, jedes Gebäude als ein Steinchen in dem Mosaik des Stadtbildes behandelt und eingesetzt werden müssen. Die Auffassung muß sich durchsetzen, daß die innere Gestaltung des Hauses ganz nach der Eigenart und den Wünschen des Einzelnen, die Gestaltung des Äußeren aber so zu erfolgen hat, daß dem Gemeinnutz der Gesamtbevölkerung weitgehendst Rechnung getragen wird.
18 
Dieser fordert vor allem aus volksgesundheitlichen Gründen die Verjüngung und Auflockerung der Stadt, insbesondere die Schaffung von Licht und Luft, die Erhaltung und Vermehrung von Grünflächen.
19 
Diese Aufforderung wird nicht nur im großen, sondern auch im Einzelfalle Platz greifen müssen. Der Gedanke der Volksgemeinschaft läßt es nicht mehr zu, daß man den einfacheren Kreisen der Bevölkerung zumutet, in Hinterhäusern und schlechten Untergeschoßwohnungen oder Dachräumen ihr Dasein zu fristen. …“
20 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Beklagten - einschließlich der Stadtbaupläne 1929/17 und 1935/63 - vor. Auf diese wird wegen der weiteren Einzelheiten ebenso verwiesen wie auf die Gerichtsverfahrensakten. Mit Schreiben vom 09.02.2012 hat die Beklagte gegenüber dem Verwaltungsgericht erklärt, dass es zur Aufstellung der genannten Stadtbaupläne keine Akten mehr gebe.

Entscheidungsgründe

 
21 
Die zulässige - insbesondere rechtzeitig begründete (§ 124a Abs. 6 Sätze 1 und 2, Abs. 3 Satz 4 VwGO) - Berufung ist begründet. Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht die zulässige Klage (I.) abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 10.02.2010 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 24.11.2011 sind, soweit sie die Erteilung des begehrten Bauvorbescheids ablehnen, rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten. Die Kläger haben einen Anspruch auf Erteilung des beantragten Bauvorbescheids (II.).
I.
22 
Die Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 2. Var. VwGO) ist zulässig.
23 
1. Bei der Neufassung des Klageantrags im Berufungsverfahren handelt es sich um keine Klageänderung, sondern nur um eine Präzisierung des Begehrens, wie es bereits mit dem Antrag gegenüber der Beklagten und auch mit dem erstinstanzlichen Verfahren verfolgt worden ist. Den Klägern ging es von Anfang an mit den Fragen 1a und 1b ihres Bauvorbescheids-Antrags darum, die Überbaubarkeit der in den Bauvorlagen als „Fläche für Nutzung“ gekennzeichneten Fläche zu klären. Dass auch im Verwaltungsprozess kein weitergehender Bauvorbescheid erstrebt wird, ergibt sich schon daraus, dass es hierfür in weiten Teilen an verbindlichen Festlegungen im Antrag - etwa zur Art der baulichen Nutzung - fehlt.
24 
2. Die bauplanungsrechtliche Überbaubarkeit einer Fläche ist eine einzelne Frage des Vorhabens im Sinne des § 57 Abs. 1 Satz 1 LBO und damit zulässiger Gegenstand eines Bauvorbescheids. Denn die Überbaubarkeit einer bestimmten Grundstücksfläche nach bauplanungsrechtlichen Vorgaben lässt sich isoliert von weiteren bauordnungs- und bauplanungsrechtlichen Fragen beantworten (vgl. Sauter, LBO, Stand: April 2014, § 57 Rn. 6). Die Ausklammerung von Abweichungen (Ausnahmen und Befreiungen) ist ebenfalls zulässig. Soll die Möglichkeit, vorab einzelne Fragen zur Klärung zu stellen, nicht sinnentleert werden, muss es möglich sein, ein wenig detailliert geplantes Bauvorhaben zur Teilprüfung zu stellen. Da die Art der baulichen Nutzung regelmäßig bei Ermessensentscheidungen zu Ausnahmen und Befreiungen auch hinsichtlich anderer Festsetzungen relevant sein kann, ist das Ausklammern solcher Zulassungen im Ermessenswege von § 57 Abs. 1 Satz 1 LBO gedeckt.
25 
3. Entgegen der Auffassung der Beklagten fehlt den Klägern das notwendige Rechtsschutzinteresse nicht deshalb, weil das von ihnen beabsichtigte Bauvorhaben innerhalb des bauordnungsrechtlichen Waldabstands läge.
26 
Die Baugenehmigungsbehörden sind nicht verpflichtet, in die Prüfung eines Bauvorbescheids-Antrages einzutreten, wenn der Antragsteller den Bauvorbescheid zwar (möglicherweise) formal beanspruchen kann, jedoch klar ist, dass er aus Gründen, die jenseits des Verfahrensgegenstandes liegen, an einer Verwertung des begehrten Bauvorbescheids gehindert und deshalb der Bescheid ersichtlich nutzlos wäre. Das erforderliche Antragsinteresse und damit auch in einem Verwaltungsstreitverfahren das erforderliche Rechtsschutzinteresse ist zu verneinen, wenn sich das Hindernis „schlechthin nicht ausräumen“ lässt (BVerwG, Urteil vom 24.10.1980 - 4 C 3.78 - BVerwGE 61, 128 <130 f.>; Senatsurteil vom 20.12.2011 - 8 S 1438/09 - juris Rn. 32).
27 
Gemessen hieran kommt den Klägern das notwendige Rechtschutzinteresse für ihre Klage zu. Denn selbst wenn die zur Überprüfung gestellte Grundstücksfläche teilweise innerhalb des nach § 4 Abs. 3 Satz 1 LBO von baulichen Anlagen mit Feuerstätten freizuhaltenden Waldabstands von 30 m liegen sollte und auch § 4 Abs. 3 Satz 2 LBO mit der Ausnahme für Gebäude, die nach den Festsetzungen eines Bebauungsplans mit einem geringeren Abstand zulässig sind, nicht greifen sollte, stellte sich immer noch die Frage nach einer Ausnahme gemäß § 4 Abs. 3 Satz 3 LBO. Es ist nicht zu erkennen, dass die Erteilung einer im Ermessen der Baurechtsbehörde stehenden Ausnahme, für die es auch auf die - hier nicht verfahrensgegenständliche - Art des Bauvorhabens ankommt (Sauter, LBO, Stand: Juni 2010, § 4 Rn. 40), offenkundig ausgeschlossen und damit das mögliche bauordnungsrechtliche Hindernis der Einhaltung der Waldabstandsvorschriften schlechthin nicht ausräumbar wäre.
II.
28 
Die Klage ist begründet. Die Versagung des begehrten Bauvorbescheids ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten. Denn sie haben nach § 57 Abs. 1 LBO in Verbindung mit § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO einen Anspruch auf Erteilung des begehrten Bauvorbescheids entsprechend dem im Berufungsverfahren klargestellten Antrag (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
29 
1. Die bauplanungsrechtliche Überbaubarkeit der im Lageplan zum Bauvorbescheids-Antrag gekennzeichneten Fläche richtet sich nach den Festsetzungen des Stadtbauplans 1929/17 der Beklagten und nicht nach denjenigen des Stadtbauplans 1935/63. Denn der letztgenannte ist - im Unterschied zu dem Stadtbauplan 1929/17 - nicht wirksam in Anwendung von § 173 Abs. 3 Satz 1 des Bundesbaugesetzes vom 23.06.1960 (BGBl. I. S. 341) - BBauG 1960 -übergeleitet worden.
30 
a) § 173 BBauG 1960 ist ebenso wie die Überleitungsvorschrift des § 244 Abs. 2 des Baugesetzbuchs in der Fassung vom 08.12.1986 (BGBl. I S. 466) -BauGB 1986 - weiterhin anzuwenden, was mit § 233 Abs. 3 BauGB klargestellt wird (Rieger, in: Schrödter, BauGB, 8. Aufl. 2015, § 233 Rn. 18).
31 
b) Nach § 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG 1960 galten bei Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes - am 29.06.1961 (vgl. § 189 Abs. 1 BBauG 1960) - bestehende baurechtliche Vorschriften und festgestellte städtebauliche Pläne, soweit sie verbindliche Regelungen der in § 9 bezeichneten Art enthielten, als Bebauungsplan fort.
32 
aa) Voraussetzung für eine wirksame Überleitung ist danach zunächst, dass die überzuleitenden Vorschriften und Pläne einen Inhalt haben, der nach dem am Tag der Überleitung - 29.06.1961 - geltenden Recht Inhalt eines Bebauungsplans sein konnte. Die baurechtlichen Vorschriften müssen also verbindliche Regelungen der in § 9 BBauG 1960 bezeichneten Art enthalten. Weitere Voraussetzung für die wirksame Überleitung ist, dass die entsprechenden Vorschriften zum Zeitpunkt ihrer Aufstellung Ergebnis sachgemäßer Abwägung der damals beachtlichen Belange waren sowie zur Zeit der Überleitung ein rechtlich nicht zu beanstandendes Abwägungsergebnis darstellten. Die Abwägungsmaßstäbe sind dabei dem seinerzeit geltenden Recht zu entnehmen, das Abwägungsergebnis ist hingegen an den rechtlichen Maßstäben, die am 29.06.1961 gegolten habe, zu messen (BVerwG, Urteil vom 20.10.1972 - 4 C 14.71 - BVerwGE 41, 67; Senatsurteil vom 17.02.1995 - 8 S 2183/94 -VBlBW 1995, 400 <400 f.>; Bayerischer VGH, Beschluss vom 30.10.2012 - 1 ZB 11.1535 - BayVBl 2013, 472 <473>).
33 
bb) Gemessen hieran war der Stadtbauplan 1935/61 nicht überleitungsfähig, denn sein Abwägungsergebnis - die Erweiterung des Bauverbots auf die bislang überbaubare Fläche - stand am 29.06.1961 nicht im Einklang mit den Vorgaben aus Art. 14 Abs. 1 GG und war damit rechtlich zu beanstanden.
34 
(1) Das Ergebnis der planerischen Abwägung ist allein dann rechtlich zu beanstanden, wenn eine fehlerfreie Nachholung der erforderlichen Abwägung schlechterdings nicht zum selben Ergebnis führen könnte, weil andernfalls der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen würde, der zur ihrer objektiven Gewichtigkeit außer Verhältnis steht und deshalb die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit überschritten sind (BVerwG, Urteil vom 22.09.2010 - 4 CN 2.10 - BVerwGE 138, 12 Rn. 22; Senatsurteil vom 04.06.2013 - 8 S 574/11 - VBlBW 2014, 16; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.10.2014 - 3 S 1505/13 - juris).
35 
Bei einer Überplanung bereits beplanter und bebauter Grundstücke ist das Interesse an der Erhaltung eines bestehenden Baurechts in die Abwägung einzubeziehen und entsprechend zu gewichten (BVerfG, Beschluss vom 22.02.1999 - 1 BvR 565/91 - NVwZ 1999, 979 <980>). Das private Interesse am Erhalt dieses Rechts muss mit dem öffentlichen Interesse an einer Neuordnung des Plangebiets abgewogen werden (BVerfG, Beschluss vom 19.12.2002 - 1 BvR 1402/01 - NVwZ 2003, 727 <728>). Zwar darf die Gemeinde durch ihre Bauleitplanung die bauliche Nutzbarkeit von Grundstücken verändern, einschränken oder sogar aufheben; einen Planungsgrundsatz, nach dem die vorhandene Bebauung eines Gebiets nach Art und Maß auch bei einer Überplanung weiterhin zugelassen werden muss, gibt es nicht (BVerwG, Urteil vom 31.08.2000 - 4 CN 6.99 - BVerwGE 112, 41 <48> und Beschluss vom 20.08.2009 - 4 BN 35.09 - juris). Für eine Einschränkung bestehenden Baurechts müssen aber gewichtige, städtebaulich beachtliche Allgemeinbelange sprechen. Diese müssen umso gewichtiger sein, je stärker die Festsetzungen eines Bebauungsplans die Befugnisse des Eigentümers einschränken oder Grundstücke von einer Bebauung ganz ausschließen. Denn das durch Art. 14 GG gewährleistete Eigentumsrecht gehört in hervorgehobener Weise zu den von der Bauleitplanung zu berücksichtigenden Belangen (BVerfG, Beschluss vom 19.12.2002, a.a.O.). Es umfasst neben der Substanz des Eigentums auch die Beachtung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Gleichheitssatzes (BVerfG, Beschluss vom 19.12.2002 - 1 BvR 1402/01 - NVwZ 2003, 727 und BVerwG, Urteil vom 24.11.1994 - 7 C 25.93 -BVerwGE 97, 143 sowie Beschluss vom 15.05.2013 - 4 BN 1.13 - ZfBR 2013, 573 Rn. 17; zu alledem auch Senatsurteile vom 04.04.2012 - 8 S 1300/09 -VBlBW 2012, 391 <392> und vom 18.12.2014 - 8 S 1400/12 - juris).
36 
(2) Die Gründe, die zur Erweiterung der Bauverbotsfläche auf dem Baugrundstück und damit zur Aufhebung seiner teilweisen Bebaubarkeit geführt haben, sind unbekannt und auch nicht mehr aufklärbar. Die Planaufstellungsakten sind bei der Beklagten nicht mehr verfügbar. Der Vortrag der Beklagten in der mündlichen Verhandlung zu den Erwägungen in ihrem Amtsblatt anlässlich des Inkrafttretens einer neuen Ortsbausatzung im Oktober 2014 vermag eine Begründung für die Aufhebung der Teilüberbaubarkeit nicht zu ersetzen. Aus den allgemeinen, für das gesamte Stadtgebiet der Beklagten geltenden Erwägungen lässt sich nicht erkennen, welche Gründe gerade für die Aufhebung der Bebaubarkeit der relativ kleinen Fläche entlang der Böblinger Straße im Nesenbachtal gesprochen haben können. Auf Nachfrage war die Beklagte weder in der Lage, auf das Baugrundstück bezogene, individuelle Gründe für die Erweiterung des Bauverbots zu benennen, noch anhand der Situation am Tag der mündlichen Verhandlung Gründe darzutun, die - über den bloßen Umstand der planerischen Festsetzung hinaus - einer Bebauung aus städtebaulichen Erwägungen im Wege stehen könnten. Auch die Vermutung des Verwaltungsgerichts, die Bauverbotszone sei zur Freihaltung und zum Schutz des Uferbereichs des Nesenbaches festgesetzt worden, lässt sich schon nicht im Ansatz verifizieren. Insbesondere lässt sich nicht ergründen, weshalb die im Stadtbauplan 1929/17 ausgewiesenen Bauverbotsflächen mit dem Stadtbauplan 1935/63 erweitert wurden und die im Stadtbauplan 1929/17 neu festgestellte, mit roter Farbe eingetragene Baulinie (vgl. § 5 der Verfügung des Ministeriums des Innern zum Vollzug der Bauordnung vom 10.05.1911 (RegBl. S. 77) und somit die teilweise Bebaubarkeit des Baugrundstücks wieder entfallen ist.
37 
(3) Der Senat hat angesichts der fehlenden Aufklärbarkeit der Gründe, aus denen das Bauverbot erweitert worden ist, davon auszugehen, dass diese Erweiterung nicht von gewichtigen, städtebaulich beachtlichen Allgemeinbelangen getragen worden ist, daher am 29.06.1961 eine unverhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums der Rechtsvorgänger der Kläger darstellte und deshalb nicht nach § 173 Abs. 3 Satz 1 BauGB überleitungsfähig war.
38 
(a) Im Grundsatz gilt allerdings, dass weder der Verlust des Plandokuments noch der Planaufstellungsunterlagen für sich genommen zur Ungültigkeit oder zum Außerkrafttreten eines Bebauungsplans führt. Mängel im Rechtssetzungsverfahren dürfen nicht allein wegen des das Gegenteil belegender Unterlagen unterstellt werden (BVerwG, Beschluss vom 01.04.1997 - 4 B 206.96 - NVwZ 1997, 890 <892>; Senatsurteil vom 02.11.2006 - 8 S 361/06 -VBlBW 2007, 265 <266>; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 04.12.2003 - 5 S 1746/02 - BRS 67 Nr. 49).
39 
(b) Es geht hier jedoch nicht um die Feststellung von Mängeln im Rechtssetzungsverfahren. Vielmehr stellt sich die Frage, ob im Falle der Unaufklärbarkeit der Belange, die für die Aufhebung der mit Stadtbauplan 1929/17 festgesetzten überbaubaren Grundstücksfläche durch Erweiterung des Bauverbot streiten, das Vorliegen gewichtiger, städtebaulich beachtlicher Allgemeinbelange zu unterstellen ist oder ob insoweit die Beklagte materiell beweisbelastet ist. Letzteres ist hier der Fall.
40 
(aa) Es ist Aufgabe des Gerichts, von sich aus den maßgeblichen Sachverhalt zu ermitteln und dazu von Amts wegen die erforderliche Sachverhaltsaufklärung zu betreiben (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Diese gerichtliche Aufklärungspflicht findet aber dort ihre Grenze, wo das Vorbringen der Beteiligten keinen tatsächlichen Anlass zu weiterer Aufklärung bietet (vgl. dazu im Einzelnen BVerwG, Urteil vom 29.06.1999 - 9 C 36.98 - BVerwGE 109, 174 <177 f.>). Erst wenn die entscheidungserhebliche Tatsachenfrage danach unaufklärbar bleibt, ist es eine Frage der materiellen Beweislast, zu wessen Lasten dies geht. Wer die materielle Beweislast trägt, bestimmt sich dabei nach materiellem Recht und ist in Auslegung der im Einzelfall einschlägigen Normen zu ermitteln. Enthalten diese keine besonderen Regelungen, so greift der allgemeine Rechtsgrundsatz ein, dass die Nichterweislichkeit von Tatsachen, aus denen eine Partei ihr günstige Rechtsfolgen herleitet, zu ihren Lasten geht (BVerwG, Urteil vom 13.04.2005 - 10 C 8.04 - NVwZ 2005, 1322 <1323 f.>).
41 
(bb) Die Nichterweislichkeit hinreichender städtebaulicher Gründe zur Rechtfertigung der Erweiterung des Bauverbots unter Aufhebung der Bebaubarkeit des Baugrundstücks geht zu Lasten der Beklagten.
42 
Die Nichterweislichkeit der hinreichenden städtebaulichen Rechtfertigung eines vor Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes 1960 festgestellten städtebaulichen Änderungsplans und damit dessen Überleitungsfähigkeit (§ 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG 1960) geht jedenfalls dann zu Lasten der Baurechtsbehörde, wenn der Änderungsplan für eine in einem vorangegangenen städtebaulichen Plan überbaubare Fläche nunmehr ein Bauverbot festsetzt, dadurch ein mit einem Wohnhaus überbautes Grundstück vollständig unbebaubar wird - also auch ein Teilwiederaufbau des Wohnhauses bauplanungsrechtlich unzulässig wird - und die dieser Änderung zugrunde liegende Abwägung, weil sie vor Inkrafttreten des Grundgesetzes (23.05.1949) getroffen worden ist, nicht an den Maßstäben des Art. 14 GG ausgerichtet war. Gerade weil die Abwägung nicht an den Maßstäben des Art. 14 GG ausgerichtet sein konnte und diese in der hier zu entscheidenden Fallkonstellation die aufgezeigten, besonders hohen Anforderungen an das Abwägungsergebnis stellen, führte die Zuordnung der materiellen Beweislast an die Kläger für Umstände, die nicht in ihrer Sphäre liegen, zu nicht interessengerechten Belastungen. Denn zu den Gründen der Planung in den 1920er und 1930er Jahren können sie selbst - naturgemäß -regelmäßig - und so auch hier - nichts Substanzielles vortragen. Insoweit gebietet hier das Eigentumsgrundrecht selbst aus Gründen seiner effektiven Durchsetzung die Zuordnung der materiellen Beweislast hinsichtlich des rechtfertigenden Grundes für die Aufhebung der Bebaubarkeit des Baugrundstücks an die Beklagte.
43 
(4) Die fehlende Überleitungsfähigkeit des Stadtbauplans 1935/63 aufgrund des rechtlich zu beanstandenden Abwägungsergebnisses am 29.06.1961 ist nicht nachträglich unbeachtlich geworden, auch wenn dieser Mangel erstmals in dem hier zu entscheidenden Verfahren gegenüber der Beklagten gerügt worden ist. Insbesondere greift entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten insoweit § 244 Abs. 2 BauGB 1986 nicht ein.
44 
(a) § 244 Abs. 2 Satz 1 BauGB 1986 bestimmte, dass Mängel der Abwägung von Flächennutzungsplänen und Satzungen, die vor dem 01.07.1987 bekanntgemacht worden waren, unbeachtlich sind, wenn sie nicht innerhalb von sieben Jahren nach dem 01.07.1987 schriftlich gegenüber der Gemeinde geltend gemacht worden sind. Damit wurden im Anwendungsbereich dieser Vorschrift auch Fehler im Abwägungsergebnis bei unterbliebener Rüge unbeachtlich (vgl. BVerwG, Beschluss vom 02.01.2001 - 4 BN 13.00 - Buchholz 406.11 § 215 BauGB Nr. 17 und Schmaltz, in: Schrödter, BauGB, 5. Aufl. 1992, § 215 Rn. 6 f.).
45 
(b) § 244 Abs. 2 BauGB 1986 ist jedoch auf städtebauliche Pläne, die vor Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes am 29.06.1961 festgestellt worden sind, nicht anwendbar.
46 
(aa) Nach dem Wortlaut des § 244 Abs. 2 Satz 1 BauGB 1986 ist dieser auf jegliche Flächennutzungspläne und Satzungen, die vor dem 01.07.1987 bekanntgemacht worden sind, anzuwenden. Den Gesetzgebungsmaterialien - die Regelung geht maßgeblich auf die Beschlussempfehlungen des Ausschusses des 10. Deutschen Bundestags für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau zurück - lässt sich der Hinweis entnehmen (BT-Drs. 10/6166 S. 135), dass der Ausschuss davon ausging,
47 
„daß sich aufgrund der Überleitungsvorschrift die Wirkungen der §§ 214 und 215 auch auf Pläne erstreckt, die vor dem Erlaß des Bundesbaugesetzes und des Städtebauförderungsgesetzes ergangen sind.“
48 
Dies aufgreifend vertrat Gaentzsch die Auffassung, dass § 244 Abs. 2 BauGB 1986 sowohl nach seinem Wortlaut als auch nach seinem Sinn umfassend sei und für alle Pläne eine Generalbereinigung erreichen wolle. Dies betreffe u.a. auch die Frage, ob sie im Zeitpunkt ihrer Überleitung auf das Bundesbaugesetz inhaltlich im Ergebnis als Interessenausgleich noch verhältnismäßig gewesen seien (Gaentzsch, in: Berliner Kommentar zum BauGB, 1. Aufl. 1988, § 244 Rn. 6). Dieser Rechtsauffassung, der der Bundesgerichtshof jüngst in einem obiter dictum gefolgt ist (BGH, Beschluss vom 13.02.2014 - III ZR 250/13 - NZM 2014, 352 Rn. 15 unter Bezugnahme auf OVG Berlin, Urteil vom 31.03.1992 - 2 A 9.88 - juris Rn. 24), hat sich der Senat angeschlossen (Senatsurteil vom 25.02.1993 - 8 S 287/92 - VBlBW 1994, 420 <423> und Senatsbeschluss vom 15.11.1996 - 8 S 2663/96 -).
49 
(bb) Seine diesbezügliche Rechtsprechung gibt der Senat nunmehr auf und entscheidet die durch das Bundesverwaltungsgericht bislang nicht geklärte Rechtsfrage (vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.06.1997 - 4 NB 6.97 - NVwZ-RR 1998, 415) dahingehend, dass § 244 Abs. 2 Satz 1 BauGB 1986 auf vor dem 29.06.1961 festgestellte Pläne (§ 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG 1960) nicht anwendbar ist. Zutreffend wird gegen die Anwendbarkeit der Bestimmung auf übergeleitete Pläne angeführt, dass diese, wenn die Voraussetzungen der Überleitung nach § 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG nicht gegeben sind, nicht - nur -an einem Abwägungsfehler leiden, sondern bereits an dem materiellen Verstoß gegen § 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG, der schon ihre Überleitungsfähigkeit ausschloss (Lemmel, in: Berliner Kommentar zum BauGB, 2. Aufl. 1995, § 244 Rn. 8). Es geht also nicht um die Heilung von Fehlern eines Bebauungsplans, der durch Satzungsbeschluss bereits für sich in Anspruch nimmt, rechtswirksam zu sein. Vielmehr fehlt bei am 29.06.1961 nicht übergeleiteten Plänen der rechtliche Ausgangspunkt für die Annahme eines solchen Rechtsscheins. Eine Regelung für die rückwirkende Ermöglichung der Überleitung von städtebaulichen Plänen, die am 29.06.1961 nicht übergeleitet werden konnten, enthält § 244 BauGB 1986 gerade nicht. Weiter sind die von § 244 Abs. 2 Satz 1 BauGB in den Blick genommenen „Mängel der Abwägung“ solche nach dem systematisch identischen Abwägungsprogramm des Baugesetzbuches und des Bundesbaugesetzes, nicht aber darüber hinaus Mängel aufgrund anderer rechtlicher Vorgaben zur Abwägung (Schlez, BauGB, 4. Aufl. 1994, § 244 Rn. 3).
50 
c) Keine rechtlichen Bedenken hinsichtlich der Überleitungsfähigkeit bestehen hingegen hinsichtlich des Stadtbauplans 1929/17, der anstelle des nicht überleitungsfähigen Stadtbauplans 1935/61 in Anwendung von § 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG übergeleitet worden ist und der damit bauplanungsrechtliche Vorgaben für das Baugrundstück - als Bebauungsplan - trifft.
51 
2. In Anwendung des Stadtbauplans 1929/17 ist die Fläche, deren Überbauung seitens der Kläger vorgesehen ist, überbaubar. Das Vorhaben beachtet sowohl die Baulinie als auch die überbaubare Grundstücksfläche, so dass die Kläger einen Anspruch auf den begehrten Bauvorbescheid haben. Das ist, wie in der Berufungsverhandlung klargestellt, zwischen den Beteiligten unstreitig.
52 
3. Keiner Entscheidung bedarf hiernach die Frage, ob der Stadtbauplan 1935/63 aus anderen Gründen - anfänglich - unwirksam gewesen ist und daher am 29.06.1961 nicht nach § 173 Abs. 3 BBauG als Bebauungsplan fortgelten konnte. Insbesondere ist nicht zu klären, ob, wie die Kläger meinen, Art. 7 Abs. 1 Satz 1 der Württembergischen Bauordnung vom 28.07.1910 mit der Regelung, wonach es dem Gemeinderat oblag, aufgrund sachverständiger Beratung nach Bedürfnis neue Ortsbaupläne festzustellen und bestehende Ortsbaupläne abzuändern, auch nach Erlass der Deutschen Gemeindeordnung vom 30.01.1935 entsprechend seinem unveränderten Wortlaut fortgalt und also der Oberbürgermeister der Beklagten für die Feststellung des Stadtbauplans 1935/63 nicht zuständig gewesen sein könnte.
III.
53 
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
54 
2. Die Revision ist nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage zuzulassen, ob § 244 Abs. 2 BauGB 1986 auf städtebauliche Pläne, die vor Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes am 29.06.1961 festgestellt worden sind (§ 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG), anzuwenden ist. Diese bislang - soweit ersichtlich - vom Bundesverwaltungsgericht noch nicht entschiedene und weiterhin klärungsbedürftige Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung. Es ist zu erwarten, dass der Entscheidung im Revisionsverfahren eine über den Einzelfall hinaus gehende Bedeutung zukommen wird. Zwar handelt es sich bei § 244 Abs. 2 BauGB 1986 um nicht mehr geltendes Recht. Jedoch werden im Gerichtsbezirk des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg nach wie vor zahlreiche vor dem 29.06.1961 festgestellte Orts- und Stadtbaupläne, insbesondere der Beklagten, des Stadtkreises Heilbronn und der Großen Kreisstadt Reutlingen, angewendet, so dass die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage über den vorliegenden Einzelfall hinaus fortbesteht.
55 
Beschluss vom 29. Januar 2015
56 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG endgültig auf 60.000,-- EUR festgesetzt.
57 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
21 
Die zulässige - insbesondere rechtzeitig begründete (§ 124a Abs. 6 Sätze 1 und 2, Abs. 3 Satz 4 VwGO) - Berufung ist begründet. Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht die zulässige Klage (I.) abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 10.02.2010 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 24.11.2011 sind, soweit sie die Erteilung des begehrten Bauvorbescheids ablehnen, rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten. Die Kläger haben einen Anspruch auf Erteilung des beantragten Bauvorbescheids (II.).
I.
22 
Die Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 2. Var. VwGO) ist zulässig.
23 
1. Bei der Neufassung des Klageantrags im Berufungsverfahren handelt es sich um keine Klageänderung, sondern nur um eine Präzisierung des Begehrens, wie es bereits mit dem Antrag gegenüber der Beklagten und auch mit dem erstinstanzlichen Verfahren verfolgt worden ist. Den Klägern ging es von Anfang an mit den Fragen 1a und 1b ihres Bauvorbescheids-Antrags darum, die Überbaubarkeit der in den Bauvorlagen als „Fläche für Nutzung“ gekennzeichneten Fläche zu klären. Dass auch im Verwaltungsprozess kein weitergehender Bauvorbescheid erstrebt wird, ergibt sich schon daraus, dass es hierfür in weiten Teilen an verbindlichen Festlegungen im Antrag - etwa zur Art der baulichen Nutzung - fehlt.
24 
2. Die bauplanungsrechtliche Überbaubarkeit einer Fläche ist eine einzelne Frage des Vorhabens im Sinne des § 57 Abs. 1 Satz 1 LBO und damit zulässiger Gegenstand eines Bauvorbescheids. Denn die Überbaubarkeit einer bestimmten Grundstücksfläche nach bauplanungsrechtlichen Vorgaben lässt sich isoliert von weiteren bauordnungs- und bauplanungsrechtlichen Fragen beantworten (vgl. Sauter, LBO, Stand: April 2014, § 57 Rn. 6). Die Ausklammerung von Abweichungen (Ausnahmen und Befreiungen) ist ebenfalls zulässig. Soll die Möglichkeit, vorab einzelne Fragen zur Klärung zu stellen, nicht sinnentleert werden, muss es möglich sein, ein wenig detailliert geplantes Bauvorhaben zur Teilprüfung zu stellen. Da die Art der baulichen Nutzung regelmäßig bei Ermessensentscheidungen zu Ausnahmen und Befreiungen auch hinsichtlich anderer Festsetzungen relevant sein kann, ist das Ausklammern solcher Zulassungen im Ermessenswege von § 57 Abs. 1 Satz 1 LBO gedeckt.
25 
3. Entgegen der Auffassung der Beklagten fehlt den Klägern das notwendige Rechtsschutzinteresse nicht deshalb, weil das von ihnen beabsichtigte Bauvorhaben innerhalb des bauordnungsrechtlichen Waldabstands läge.
26 
Die Baugenehmigungsbehörden sind nicht verpflichtet, in die Prüfung eines Bauvorbescheids-Antrages einzutreten, wenn der Antragsteller den Bauvorbescheid zwar (möglicherweise) formal beanspruchen kann, jedoch klar ist, dass er aus Gründen, die jenseits des Verfahrensgegenstandes liegen, an einer Verwertung des begehrten Bauvorbescheids gehindert und deshalb der Bescheid ersichtlich nutzlos wäre. Das erforderliche Antragsinteresse und damit auch in einem Verwaltungsstreitverfahren das erforderliche Rechtsschutzinteresse ist zu verneinen, wenn sich das Hindernis „schlechthin nicht ausräumen“ lässt (BVerwG, Urteil vom 24.10.1980 - 4 C 3.78 - BVerwGE 61, 128 <130 f.>; Senatsurteil vom 20.12.2011 - 8 S 1438/09 - juris Rn. 32).
27 
Gemessen hieran kommt den Klägern das notwendige Rechtschutzinteresse für ihre Klage zu. Denn selbst wenn die zur Überprüfung gestellte Grundstücksfläche teilweise innerhalb des nach § 4 Abs. 3 Satz 1 LBO von baulichen Anlagen mit Feuerstätten freizuhaltenden Waldabstands von 30 m liegen sollte und auch § 4 Abs. 3 Satz 2 LBO mit der Ausnahme für Gebäude, die nach den Festsetzungen eines Bebauungsplans mit einem geringeren Abstand zulässig sind, nicht greifen sollte, stellte sich immer noch die Frage nach einer Ausnahme gemäß § 4 Abs. 3 Satz 3 LBO. Es ist nicht zu erkennen, dass die Erteilung einer im Ermessen der Baurechtsbehörde stehenden Ausnahme, für die es auch auf die - hier nicht verfahrensgegenständliche - Art des Bauvorhabens ankommt (Sauter, LBO, Stand: Juni 2010, § 4 Rn. 40), offenkundig ausgeschlossen und damit das mögliche bauordnungsrechtliche Hindernis der Einhaltung der Waldabstandsvorschriften schlechthin nicht ausräumbar wäre.
II.
28 
Die Klage ist begründet. Die Versagung des begehrten Bauvorbescheids ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten. Denn sie haben nach § 57 Abs. 1 LBO in Verbindung mit § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO einen Anspruch auf Erteilung des begehrten Bauvorbescheids entsprechend dem im Berufungsverfahren klargestellten Antrag (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
29 
1. Die bauplanungsrechtliche Überbaubarkeit der im Lageplan zum Bauvorbescheids-Antrag gekennzeichneten Fläche richtet sich nach den Festsetzungen des Stadtbauplans 1929/17 der Beklagten und nicht nach denjenigen des Stadtbauplans 1935/63. Denn der letztgenannte ist - im Unterschied zu dem Stadtbauplan 1929/17 - nicht wirksam in Anwendung von § 173 Abs. 3 Satz 1 des Bundesbaugesetzes vom 23.06.1960 (BGBl. I. S. 341) - BBauG 1960 -übergeleitet worden.
30 
a) § 173 BBauG 1960 ist ebenso wie die Überleitungsvorschrift des § 244 Abs. 2 des Baugesetzbuchs in der Fassung vom 08.12.1986 (BGBl. I S. 466) -BauGB 1986 - weiterhin anzuwenden, was mit § 233 Abs. 3 BauGB klargestellt wird (Rieger, in: Schrödter, BauGB, 8. Aufl. 2015, § 233 Rn. 18).
31 
b) Nach § 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG 1960 galten bei Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes - am 29.06.1961 (vgl. § 189 Abs. 1 BBauG 1960) - bestehende baurechtliche Vorschriften und festgestellte städtebauliche Pläne, soweit sie verbindliche Regelungen der in § 9 bezeichneten Art enthielten, als Bebauungsplan fort.
32 
aa) Voraussetzung für eine wirksame Überleitung ist danach zunächst, dass die überzuleitenden Vorschriften und Pläne einen Inhalt haben, der nach dem am Tag der Überleitung - 29.06.1961 - geltenden Recht Inhalt eines Bebauungsplans sein konnte. Die baurechtlichen Vorschriften müssen also verbindliche Regelungen der in § 9 BBauG 1960 bezeichneten Art enthalten. Weitere Voraussetzung für die wirksame Überleitung ist, dass die entsprechenden Vorschriften zum Zeitpunkt ihrer Aufstellung Ergebnis sachgemäßer Abwägung der damals beachtlichen Belange waren sowie zur Zeit der Überleitung ein rechtlich nicht zu beanstandendes Abwägungsergebnis darstellten. Die Abwägungsmaßstäbe sind dabei dem seinerzeit geltenden Recht zu entnehmen, das Abwägungsergebnis ist hingegen an den rechtlichen Maßstäben, die am 29.06.1961 gegolten habe, zu messen (BVerwG, Urteil vom 20.10.1972 - 4 C 14.71 - BVerwGE 41, 67; Senatsurteil vom 17.02.1995 - 8 S 2183/94 -VBlBW 1995, 400 <400 f.>; Bayerischer VGH, Beschluss vom 30.10.2012 - 1 ZB 11.1535 - BayVBl 2013, 472 <473>).
33 
bb) Gemessen hieran war der Stadtbauplan 1935/61 nicht überleitungsfähig, denn sein Abwägungsergebnis - die Erweiterung des Bauverbots auf die bislang überbaubare Fläche - stand am 29.06.1961 nicht im Einklang mit den Vorgaben aus Art. 14 Abs. 1 GG und war damit rechtlich zu beanstanden.
34 
(1) Das Ergebnis der planerischen Abwägung ist allein dann rechtlich zu beanstanden, wenn eine fehlerfreie Nachholung der erforderlichen Abwägung schlechterdings nicht zum selben Ergebnis führen könnte, weil andernfalls der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen würde, der zur ihrer objektiven Gewichtigkeit außer Verhältnis steht und deshalb die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit überschritten sind (BVerwG, Urteil vom 22.09.2010 - 4 CN 2.10 - BVerwGE 138, 12 Rn. 22; Senatsurteil vom 04.06.2013 - 8 S 574/11 - VBlBW 2014, 16; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.10.2014 - 3 S 1505/13 - juris).
35 
Bei einer Überplanung bereits beplanter und bebauter Grundstücke ist das Interesse an der Erhaltung eines bestehenden Baurechts in die Abwägung einzubeziehen und entsprechend zu gewichten (BVerfG, Beschluss vom 22.02.1999 - 1 BvR 565/91 - NVwZ 1999, 979 <980>). Das private Interesse am Erhalt dieses Rechts muss mit dem öffentlichen Interesse an einer Neuordnung des Plangebiets abgewogen werden (BVerfG, Beschluss vom 19.12.2002 - 1 BvR 1402/01 - NVwZ 2003, 727 <728>). Zwar darf die Gemeinde durch ihre Bauleitplanung die bauliche Nutzbarkeit von Grundstücken verändern, einschränken oder sogar aufheben; einen Planungsgrundsatz, nach dem die vorhandene Bebauung eines Gebiets nach Art und Maß auch bei einer Überplanung weiterhin zugelassen werden muss, gibt es nicht (BVerwG, Urteil vom 31.08.2000 - 4 CN 6.99 - BVerwGE 112, 41 <48> und Beschluss vom 20.08.2009 - 4 BN 35.09 - juris). Für eine Einschränkung bestehenden Baurechts müssen aber gewichtige, städtebaulich beachtliche Allgemeinbelange sprechen. Diese müssen umso gewichtiger sein, je stärker die Festsetzungen eines Bebauungsplans die Befugnisse des Eigentümers einschränken oder Grundstücke von einer Bebauung ganz ausschließen. Denn das durch Art. 14 GG gewährleistete Eigentumsrecht gehört in hervorgehobener Weise zu den von der Bauleitplanung zu berücksichtigenden Belangen (BVerfG, Beschluss vom 19.12.2002, a.a.O.). Es umfasst neben der Substanz des Eigentums auch die Beachtung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Gleichheitssatzes (BVerfG, Beschluss vom 19.12.2002 - 1 BvR 1402/01 - NVwZ 2003, 727 und BVerwG, Urteil vom 24.11.1994 - 7 C 25.93 -BVerwGE 97, 143 sowie Beschluss vom 15.05.2013 - 4 BN 1.13 - ZfBR 2013, 573 Rn. 17; zu alledem auch Senatsurteile vom 04.04.2012 - 8 S 1300/09 -VBlBW 2012, 391 <392> und vom 18.12.2014 - 8 S 1400/12 - juris).
36 
(2) Die Gründe, die zur Erweiterung der Bauverbotsfläche auf dem Baugrundstück und damit zur Aufhebung seiner teilweisen Bebaubarkeit geführt haben, sind unbekannt und auch nicht mehr aufklärbar. Die Planaufstellungsakten sind bei der Beklagten nicht mehr verfügbar. Der Vortrag der Beklagten in der mündlichen Verhandlung zu den Erwägungen in ihrem Amtsblatt anlässlich des Inkrafttretens einer neuen Ortsbausatzung im Oktober 2014 vermag eine Begründung für die Aufhebung der Teilüberbaubarkeit nicht zu ersetzen. Aus den allgemeinen, für das gesamte Stadtgebiet der Beklagten geltenden Erwägungen lässt sich nicht erkennen, welche Gründe gerade für die Aufhebung der Bebaubarkeit der relativ kleinen Fläche entlang der Böblinger Straße im Nesenbachtal gesprochen haben können. Auf Nachfrage war die Beklagte weder in der Lage, auf das Baugrundstück bezogene, individuelle Gründe für die Erweiterung des Bauverbots zu benennen, noch anhand der Situation am Tag der mündlichen Verhandlung Gründe darzutun, die - über den bloßen Umstand der planerischen Festsetzung hinaus - einer Bebauung aus städtebaulichen Erwägungen im Wege stehen könnten. Auch die Vermutung des Verwaltungsgerichts, die Bauverbotszone sei zur Freihaltung und zum Schutz des Uferbereichs des Nesenbaches festgesetzt worden, lässt sich schon nicht im Ansatz verifizieren. Insbesondere lässt sich nicht ergründen, weshalb die im Stadtbauplan 1929/17 ausgewiesenen Bauverbotsflächen mit dem Stadtbauplan 1935/63 erweitert wurden und die im Stadtbauplan 1929/17 neu festgestellte, mit roter Farbe eingetragene Baulinie (vgl. § 5 der Verfügung des Ministeriums des Innern zum Vollzug der Bauordnung vom 10.05.1911 (RegBl. S. 77) und somit die teilweise Bebaubarkeit des Baugrundstücks wieder entfallen ist.
37 
(3) Der Senat hat angesichts der fehlenden Aufklärbarkeit der Gründe, aus denen das Bauverbot erweitert worden ist, davon auszugehen, dass diese Erweiterung nicht von gewichtigen, städtebaulich beachtlichen Allgemeinbelangen getragen worden ist, daher am 29.06.1961 eine unverhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums der Rechtsvorgänger der Kläger darstellte und deshalb nicht nach § 173 Abs. 3 Satz 1 BauGB überleitungsfähig war.
38 
(a) Im Grundsatz gilt allerdings, dass weder der Verlust des Plandokuments noch der Planaufstellungsunterlagen für sich genommen zur Ungültigkeit oder zum Außerkrafttreten eines Bebauungsplans führt. Mängel im Rechtssetzungsverfahren dürfen nicht allein wegen des das Gegenteil belegender Unterlagen unterstellt werden (BVerwG, Beschluss vom 01.04.1997 - 4 B 206.96 - NVwZ 1997, 890 <892>; Senatsurteil vom 02.11.2006 - 8 S 361/06 -VBlBW 2007, 265 <266>; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 04.12.2003 - 5 S 1746/02 - BRS 67 Nr. 49).
39 
(b) Es geht hier jedoch nicht um die Feststellung von Mängeln im Rechtssetzungsverfahren. Vielmehr stellt sich die Frage, ob im Falle der Unaufklärbarkeit der Belange, die für die Aufhebung der mit Stadtbauplan 1929/17 festgesetzten überbaubaren Grundstücksfläche durch Erweiterung des Bauverbot streiten, das Vorliegen gewichtiger, städtebaulich beachtlicher Allgemeinbelange zu unterstellen ist oder ob insoweit die Beklagte materiell beweisbelastet ist. Letzteres ist hier der Fall.
40 
(aa) Es ist Aufgabe des Gerichts, von sich aus den maßgeblichen Sachverhalt zu ermitteln und dazu von Amts wegen die erforderliche Sachverhaltsaufklärung zu betreiben (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Diese gerichtliche Aufklärungspflicht findet aber dort ihre Grenze, wo das Vorbringen der Beteiligten keinen tatsächlichen Anlass zu weiterer Aufklärung bietet (vgl. dazu im Einzelnen BVerwG, Urteil vom 29.06.1999 - 9 C 36.98 - BVerwGE 109, 174 <177 f.>). Erst wenn die entscheidungserhebliche Tatsachenfrage danach unaufklärbar bleibt, ist es eine Frage der materiellen Beweislast, zu wessen Lasten dies geht. Wer die materielle Beweislast trägt, bestimmt sich dabei nach materiellem Recht und ist in Auslegung der im Einzelfall einschlägigen Normen zu ermitteln. Enthalten diese keine besonderen Regelungen, so greift der allgemeine Rechtsgrundsatz ein, dass die Nichterweislichkeit von Tatsachen, aus denen eine Partei ihr günstige Rechtsfolgen herleitet, zu ihren Lasten geht (BVerwG, Urteil vom 13.04.2005 - 10 C 8.04 - NVwZ 2005, 1322 <1323 f.>).
41 
(bb) Die Nichterweislichkeit hinreichender städtebaulicher Gründe zur Rechtfertigung der Erweiterung des Bauverbots unter Aufhebung der Bebaubarkeit des Baugrundstücks geht zu Lasten der Beklagten.
42 
Die Nichterweislichkeit der hinreichenden städtebaulichen Rechtfertigung eines vor Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes 1960 festgestellten städtebaulichen Änderungsplans und damit dessen Überleitungsfähigkeit (§ 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG 1960) geht jedenfalls dann zu Lasten der Baurechtsbehörde, wenn der Änderungsplan für eine in einem vorangegangenen städtebaulichen Plan überbaubare Fläche nunmehr ein Bauverbot festsetzt, dadurch ein mit einem Wohnhaus überbautes Grundstück vollständig unbebaubar wird - also auch ein Teilwiederaufbau des Wohnhauses bauplanungsrechtlich unzulässig wird - und die dieser Änderung zugrunde liegende Abwägung, weil sie vor Inkrafttreten des Grundgesetzes (23.05.1949) getroffen worden ist, nicht an den Maßstäben des Art. 14 GG ausgerichtet war. Gerade weil die Abwägung nicht an den Maßstäben des Art. 14 GG ausgerichtet sein konnte und diese in der hier zu entscheidenden Fallkonstellation die aufgezeigten, besonders hohen Anforderungen an das Abwägungsergebnis stellen, führte die Zuordnung der materiellen Beweislast an die Kläger für Umstände, die nicht in ihrer Sphäre liegen, zu nicht interessengerechten Belastungen. Denn zu den Gründen der Planung in den 1920er und 1930er Jahren können sie selbst - naturgemäß -regelmäßig - und so auch hier - nichts Substanzielles vortragen. Insoweit gebietet hier das Eigentumsgrundrecht selbst aus Gründen seiner effektiven Durchsetzung die Zuordnung der materiellen Beweislast hinsichtlich des rechtfertigenden Grundes für die Aufhebung der Bebaubarkeit des Baugrundstücks an die Beklagte.
43 
(4) Die fehlende Überleitungsfähigkeit des Stadtbauplans 1935/63 aufgrund des rechtlich zu beanstandenden Abwägungsergebnisses am 29.06.1961 ist nicht nachträglich unbeachtlich geworden, auch wenn dieser Mangel erstmals in dem hier zu entscheidenden Verfahren gegenüber der Beklagten gerügt worden ist. Insbesondere greift entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten insoweit § 244 Abs. 2 BauGB 1986 nicht ein.
44 
(a) § 244 Abs. 2 Satz 1 BauGB 1986 bestimmte, dass Mängel der Abwägung von Flächennutzungsplänen und Satzungen, die vor dem 01.07.1987 bekanntgemacht worden waren, unbeachtlich sind, wenn sie nicht innerhalb von sieben Jahren nach dem 01.07.1987 schriftlich gegenüber der Gemeinde geltend gemacht worden sind. Damit wurden im Anwendungsbereich dieser Vorschrift auch Fehler im Abwägungsergebnis bei unterbliebener Rüge unbeachtlich (vgl. BVerwG, Beschluss vom 02.01.2001 - 4 BN 13.00 - Buchholz 406.11 § 215 BauGB Nr. 17 und Schmaltz, in: Schrödter, BauGB, 5. Aufl. 1992, § 215 Rn. 6 f.).
45 
(b) § 244 Abs. 2 BauGB 1986 ist jedoch auf städtebauliche Pläne, die vor Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes am 29.06.1961 festgestellt worden sind, nicht anwendbar.
46 
(aa) Nach dem Wortlaut des § 244 Abs. 2 Satz 1 BauGB 1986 ist dieser auf jegliche Flächennutzungspläne und Satzungen, die vor dem 01.07.1987 bekanntgemacht worden sind, anzuwenden. Den Gesetzgebungsmaterialien - die Regelung geht maßgeblich auf die Beschlussempfehlungen des Ausschusses des 10. Deutschen Bundestags für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau zurück - lässt sich der Hinweis entnehmen (BT-Drs. 10/6166 S. 135), dass der Ausschuss davon ausging,
47 
„daß sich aufgrund der Überleitungsvorschrift die Wirkungen der §§ 214 und 215 auch auf Pläne erstreckt, die vor dem Erlaß des Bundesbaugesetzes und des Städtebauförderungsgesetzes ergangen sind.“
48 
Dies aufgreifend vertrat Gaentzsch die Auffassung, dass § 244 Abs. 2 BauGB 1986 sowohl nach seinem Wortlaut als auch nach seinem Sinn umfassend sei und für alle Pläne eine Generalbereinigung erreichen wolle. Dies betreffe u.a. auch die Frage, ob sie im Zeitpunkt ihrer Überleitung auf das Bundesbaugesetz inhaltlich im Ergebnis als Interessenausgleich noch verhältnismäßig gewesen seien (Gaentzsch, in: Berliner Kommentar zum BauGB, 1. Aufl. 1988, § 244 Rn. 6). Dieser Rechtsauffassung, der der Bundesgerichtshof jüngst in einem obiter dictum gefolgt ist (BGH, Beschluss vom 13.02.2014 - III ZR 250/13 - NZM 2014, 352 Rn. 15 unter Bezugnahme auf OVG Berlin, Urteil vom 31.03.1992 - 2 A 9.88 - juris Rn. 24), hat sich der Senat angeschlossen (Senatsurteil vom 25.02.1993 - 8 S 287/92 - VBlBW 1994, 420 <423> und Senatsbeschluss vom 15.11.1996 - 8 S 2663/96 -).
49 
(bb) Seine diesbezügliche Rechtsprechung gibt der Senat nunmehr auf und entscheidet die durch das Bundesverwaltungsgericht bislang nicht geklärte Rechtsfrage (vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.06.1997 - 4 NB 6.97 - NVwZ-RR 1998, 415) dahingehend, dass § 244 Abs. 2 Satz 1 BauGB 1986 auf vor dem 29.06.1961 festgestellte Pläne (§ 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG 1960) nicht anwendbar ist. Zutreffend wird gegen die Anwendbarkeit der Bestimmung auf übergeleitete Pläne angeführt, dass diese, wenn die Voraussetzungen der Überleitung nach § 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG nicht gegeben sind, nicht - nur -an einem Abwägungsfehler leiden, sondern bereits an dem materiellen Verstoß gegen § 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG, der schon ihre Überleitungsfähigkeit ausschloss (Lemmel, in: Berliner Kommentar zum BauGB, 2. Aufl. 1995, § 244 Rn. 8). Es geht also nicht um die Heilung von Fehlern eines Bebauungsplans, der durch Satzungsbeschluss bereits für sich in Anspruch nimmt, rechtswirksam zu sein. Vielmehr fehlt bei am 29.06.1961 nicht übergeleiteten Plänen der rechtliche Ausgangspunkt für die Annahme eines solchen Rechtsscheins. Eine Regelung für die rückwirkende Ermöglichung der Überleitung von städtebaulichen Plänen, die am 29.06.1961 nicht übergeleitet werden konnten, enthält § 244 BauGB 1986 gerade nicht. Weiter sind die von § 244 Abs. 2 Satz 1 BauGB in den Blick genommenen „Mängel der Abwägung“ solche nach dem systematisch identischen Abwägungsprogramm des Baugesetzbuches und des Bundesbaugesetzes, nicht aber darüber hinaus Mängel aufgrund anderer rechtlicher Vorgaben zur Abwägung (Schlez, BauGB, 4. Aufl. 1994, § 244 Rn. 3).
50 
c) Keine rechtlichen Bedenken hinsichtlich der Überleitungsfähigkeit bestehen hingegen hinsichtlich des Stadtbauplans 1929/17, der anstelle des nicht überleitungsfähigen Stadtbauplans 1935/61 in Anwendung von § 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG übergeleitet worden ist und der damit bauplanungsrechtliche Vorgaben für das Baugrundstück - als Bebauungsplan - trifft.
51 
2. In Anwendung des Stadtbauplans 1929/17 ist die Fläche, deren Überbauung seitens der Kläger vorgesehen ist, überbaubar. Das Vorhaben beachtet sowohl die Baulinie als auch die überbaubare Grundstücksfläche, so dass die Kläger einen Anspruch auf den begehrten Bauvorbescheid haben. Das ist, wie in der Berufungsverhandlung klargestellt, zwischen den Beteiligten unstreitig.
52 
3. Keiner Entscheidung bedarf hiernach die Frage, ob der Stadtbauplan 1935/63 aus anderen Gründen - anfänglich - unwirksam gewesen ist und daher am 29.06.1961 nicht nach § 173 Abs. 3 BBauG als Bebauungsplan fortgelten konnte. Insbesondere ist nicht zu klären, ob, wie die Kläger meinen, Art. 7 Abs. 1 Satz 1 der Württembergischen Bauordnung vom 28.07.1910 mit der Regelung, wonach es dem Gemeinderat oblag, aufgrund sachverständiger Beratung nach Bedürfnis neue Ortsbaupläne festzustellen und bestehende Ortsbaupläne abzuändern, auch nach Erlass der Deutschen Gemeindeordnung vom 30.01.1935 entsprechend seinem unveränderten Wortlaut fortgalt und also der Oberbürgermeister der Beklagten für die Feststellung des Stadtbauplans 1935/63 nicht zuständig gewesen sein könnte.
III.
53 
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
54 
2. Die Revision ist nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage zuzulassen, ob § 244 Abs. 2 BauGB 1986 auf städtebauliche Pläne, die vor Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes am 29.06.1961 festgestellt worden sind (§ 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG), anzuwenden ist. Diese bislang - soweit ersichtlich - vom Bundesverwaltungsgericht noch nicht entschiedene und weiterhin klärungsbedürftige Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung. Es ist zu erwarten, dass der Entscheidung im Revisionsverfahren eine über den Einzelfall hinaus gehende Bedeutung zukommen wird. Zwar handelt es sich bei § 244 Abs. 2 BauGB 1986 um nicht mehr geltendes Recht. Jedoch werden im Gerichtsbezirk des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg nach wie vor zahlreiche vor dem 29.06.1961 festgestellte Orts- und Stadtbaupläne, insbesondere der Beklagten, des Stadtkreises Heilbronn und der Großen Kreisstadt Reutlingen, angewendet, so dass die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage über den vorliegenden Einzelfall hinaus fortbesteht.
55 
Beschluss vom 29. Januar 2015
56 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG endgültig auf 60.000,-- EUR festgesetzt.
57 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden:

1.
die Art und das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
2a.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
3.
für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke Mindestmaße und aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden für Wohnbaugrundstücke auch Höchstmaße;
4.
die Flächen für Nebenanlagen, die auf Grund anderer Vorschriften für die Nutzung von Grundstücken erforderlich sind, wie Spiel-, Freizeit- und Erholungsflächen sowie die Flächen für Stellplätze und Garagen mit ihren Einfahrten;
5.
die Flächen für den Gemeinbedarf sowie für Sport- und Spielanlagen;
6.
die höchstzulässige Zahl der Wohnungen in Wohngebäuden;
7.
die Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude, die mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert werden könnten, errichtet werden dürfen;
8.
einzelne Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude errichtet werden dürfen, die für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf bestimmt sind;
9.
der besondere Nutzungszweck von Flächen;
10.
die Flächen, die von der Bebauung freizuhalten sind, und ihre Nutzung;
11.
die Verkehrsflächen sowie Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung, wie Fußgängerbereiche, Flächen für das Parken von Fahrzeugen, Flächen für Ladeinfrastruktur elektrisch betriebener Fahrzeuge, Flächen für das Abstellen von Fahrrädern sowie den Anschluss anderer Flächen an die Verkehrsflächen; die Flächen können auch als öffentliche oder private Flächen festgesetzt werden;
12.
die Versorgungsflächen, einschließlich der Flächen für Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung;
13.
die Führung von oberirdischen oder unterirdischen Versorgungsanlagen und -leitungen;
14.
die Flächen für die Abfall- und Abwasserbeseitigung, einschließlich der Rückhaltung und Versickerung von Niederschlagswasser, sowie für Ablagerungen;
15.
die öffentlichen und privaten Grünflächen, wie Parkanlagen, Naturerfahrungsräume, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze, Friedhöfe;
16.
a)
die Wasserflächen und die Flächen für die Wasserwirtschaft,
b)
die Flächen für Hochwasserschutzanlagen und für die Regelung des Wasserabflusses,
c)
Gebiete, in denen bei der Errichtung baulicher Anlagen bestimmte bauliche oder technische Maßnahmen getroffen werden müssen, die der Vermeidung oder Verringerung von Hochwasserschäden einschließlich Schäden durch Starkregen dienen, sowie die Art dieser Maßnahmen,
d)
die Flächen, die auf einem Baugrundstück für die natürliche Versickerung von Wasser aus Niederschlägen freigehalten werden müssen, um insbesondere Hochwasserschäden, einschließlich Schäden durch Starkregen, vorzubeugen;
17.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen;
18.
a)
die Flächen für die Landwirtschaft und
b)
Wald;
19.
die Flächen für die Errichtung von Anlagen für die Kleintierhaltung wie Ausstellungs- und Zuchtanlagen, Zwinger, Koppeln und dergleichen;
20.
die Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft;
21.
die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zugunsten der Allgemeinheit, eines Erschließungsträgers oder eines beschränkten Personenkreises zu belastenden Flächen;
22.
die Flächen für Gemeinschaftsanlagen für bestimmte räumliche Bereiche wie Kinderspielplätze, Freizeiteinrichtungen, Stellplätze und Garagen;
23.
Gebiete, in denen
a)
zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte Luft verunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
b)
bei der Errichtung von Gebäuden oder bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung getroffen werden müssen,
c)
bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmenden Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen, die der Vermeidung oder Minderung der Folgen von Störfällen dienen, getroffen werden müssen;
24.
die von der Bebauung freizuhaltenden Schutzflächen und ihre Nutzung, die Flächen für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie die zum Schutz vor solchen Einwirkungen oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen zu treffenden baulichen und sonstigen technischen Vorkehrungen, einschließlich von Maßnahmen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche, wobei die Vorgaben des Immissionsschutzrechts unberührt bleiben;
25.
für einzelne Flächen oder für ein Bebauungsplangebiet oder Teile davon sowie für Teile baulicher Anlagen mit Ausnahme der für landwirtschaftliche Nutzungen oder Wald festgesetzten Flächen
a)
das Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen,
b)
Bindungen für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen sowie von Gewässern;
26.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen und Stützmauern, soweit sie zur Herstellung des Straßenkörpers erforderlich sind.

(1a) Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 können auf den Grundstücken, auf denen Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten sind, oder an anderer Stelle sowohl im sonstigen Geltungsbereich des Bebauungsplans als auch in einem anderen Bebauungsplan festgesetzt werden. Die Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich an anderer Stelle können den Grundstücken, auf denen Eingriffe zu erwarten sind, ganz oder teilweise zugeordnet werden; dies gilt auch für Maßnahmen auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen.

(2) Im Bebauungsplan kann in besonderen Fällen festgesetzt werden, dass bestimmte der in ihm festgesetzten baulichen und sonstigen Nutzungen und Anlagen nur

1.
für einen bestimmten Zeitraum zulässig oder
2.
bis zum Eintritt bestimmter Umstände zulässig oder unzulässig
sind. Die Folgenutzung soll festgesetzt werden.

(2a) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden. Dabei ist insbesondere ein hierauf bezogenes städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 zu berücksichtigen, das Aussagen über die zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Gemeindeteils enthält. In den zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereichen sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für Vorhaben, die diesen Versorgungsbereichen dienen, nach § 30 oder § 34 vorhanden oder durch einen Bebauungsplan, dessen Aufstellung förmlich eingeleitet ist, vorgesehen sein.

(2b) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann in einem Bebauungsplan, auch für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans, festgesetzt werden, dass Vergnügungsstätten oder bestimmte Arten von Vergnügungsstätten zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, um

1.
eine Beeinträchtigung von Wohnnutzungen oder anderen schutzbedürftigen Anlagen wie Kirchen, Schulen und Kindertagesstätten oder
2.
eine Beeinträchtigung der sich aus der vorhandenen Nutzung ergebenden städtebaulichen Funktion des Gebiets, insbesondere durch eine städtebaulich nachteilige Häufung von Vergnügungsstätten,
zu verhindern.

(2c) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile nach § 34 und für Gebiete nach § 30 in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes kann zur Vermeidung oder Verringerung der Folgen von Störfällen für bestimmte Nutzungen, Arten von Nutzungen oder für nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmende Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass diese zulässig, nicht zulässig oder nur ausnahmsweise zulässig sind; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden.

(2d) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) können in einem Bebauungsplan zur Wohnraumversorgung eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:

1.
Flächen, auf denen Wohngebäude errichtet werden dürfen;
2.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen einzelne oder alle Wohnungen die baulichen Voraussetzungen für eine Förderung mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung erfüllen, oder
3.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen sich ein Vorhabenträger hinsichtlich einzelner oder aller Wohnungen dazu verpflichtet, die zum Zeitpunkt der Verpflichtung geltenden Förderbedingungen der sozialen Wohnraumförderung, insbesondere die Miet- und Belegungsbindung, einzuhalten und die Einhaltung dieser Verpflichtung in geeigneter Weise sichergestellt wird.
Ergänzend können eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:
1.
das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
3.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
4.
Mindestmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke;
5.
Höchstmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Wohnbaugrundstücke, aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden.
Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 und 2 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans getroffen werden. Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 bis 3 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans oder für Geschosse, Ebenen oder sonstige Teile baulicher Anlagen unterschiedlich getroffen werden. Das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans nach diesem Absatz kann nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 2024 förmlich eingeleitet werden. Der Satzungsbeschluss nach § 10 Absatz 1 ist bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 zu fassen.

(3) Bei Festsetzungen nach Absatz 1 kann auch die Höhenlage festgesetzt werden. Festsetzungen nach Absatz 1 für übereinanderliegende Geschosse und Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen können gesondert getroffen werden; dies gilt auch, soweit Geschosse, Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche vorgesehen sind.

(4) Die Länder können durch Rechtsvorschriften bestimmen, dass auf Landesrecht beruhende Regelungen in den Bebauungsplan als Festsetzungen aufgenommen werden können und inwieweit auf diese Festsetzungen die Vorschriften dieses Gesetzbuchs Anwendung finden.

(5) Im Bebauungsplan sollen gekennzeichnet werden:

1.
Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen oder bei denen besondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind;
2.
Flächen, unter denen der Bergbau umgeht oder die für den Abbau von Mineralien bestimmt sind;
3.
Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind.

(6) Nach anderen gesetzlichen Vorschriften getroffene Festsetzungen, gemeindliche Regelungen zum Anschluss- und Benutzungszwang sowie Denkmäler nach Landesrecht sollen in den Bebauungsplan nachrichtlich übernommen werden, soweit sie zu seinem Verständnis oder für die städtebauliche Beurteilung von Baugesuchen notwendig oder zweckmäßig sind.

(6a) Festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes, Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten im Sinne des § 78b Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie Hochwasserentstehungsgebiete im Sinne des § 78d Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sollen nachrichtlich übernommen werden. Noch nicht festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie als Risikogebiete im Sinne des § 73 Absatz 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes bestimmte Gebiete sollen im Bebauungsplan vermerkt werden.

(7) Der Bebauungsplan setzt die Grenzen seines räumlichen Geltungsbereichs fest.

(8) Dem Bebauungsplan ist eine Begründung mit den Angaben nach § 2a beizufügen.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 3. Dezember 2009 - 13 K 4093/09 - mit Ausnahme der Festsetzung des Streitwerts geändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 20. August 2009 wird angeordnet.

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug je zur Hälfte. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Hiervon ausgenommen sind die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen in beiden Rechtszügen, die diese selbst trägt.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die nach § 146 Abs. 1 VwGO statthafte und auch sonst zulässige (§§ 147 Abs. 1, 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO), insbesondere den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechende Beschwerde der Antragsteller hat Erfolg. Die von den Antragstellern im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat grundsätzlich beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), geben Anlass, den angefochtenen Beschluss, mit dem das Verwaltungsgericht den Antrag der Antragsteller, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 20.08.2009 anzuordnen, abgelehnt hat, zu ändern und die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs anzuordnen.
Die Baugenehmigung gestattet die Errichtung eines Wohnhauses als Hintergebäude auf dem an das Grundstück der Antragsteller angrenzenden Grundstück Flst.Nr. ... in Stuttgart-... unter Einhaltung eines Grenzabstandes von 2,50 m zum Grundstück der Antragsteller. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit der Begründung abgelehnt, das Vorhaben verletze voraussichtlich keine die Rechte der Antragsteller schützenden Vorschriften. Auf dem Baugrundstück sei nach § 5 der Ortsbausatzung der Antragsgegnerin vom 25.06.1935 - OBS - ein Wohngebäude als Hintergebäude zulässig. Soweit das genehmigte Bauvorhaben die in § 43 Abs. 1 OBS festgesetzte Gebäudetiefe unterschreite und der nach § 38 Abs. 6 OBS vom Hintergebäude einzuhaltende Grenzabstand unterschritten sei, habe die Antragsgegnerin die erforderlichen Befreiungen erteilt. Eine Verletzung des nachbarschützenden Gebots der Rücksichtnahme könne nicht festgestellt werden. Ein darüber hinausgehender Schutz könne nicht beansprucht werden, da den Festsetzungen keine nachbarschützende Wirkung zukomme.
1. Zwar dürfte die dagegen erhobene Rüge der Antragsteller, dass die zugelassene Wohnnutzung gegen die Festsetzung der Art der Nutzung in § 5 OBS für Hintergebäude verstoße, nicht durchgreifen. Die Auffassung der Antragsteller, dass sich die Regelung des § 5 Halbsatz 2 OBS auf einen Ausschluss von Wohnnutzung in Hintergebäuden erstrecke, begegnet erheblichen Zweifeln.
Nach § 5 OBS gelten in Baustaffel 4, zu der das Baugrundstück unstreitig gehört, die Bestimmungen über das Gemischte Gebiet; jedoch sind Hintergebäude nur für landwirtschaftliche und kleinere Gewerbebetriebe zugelassen. Das Verwaltungsgericht hat insoweit ausgeführt, dass nach Sinn und Zweck der Vorschrift sowie dem Regelungszusammenhang mit § 4 OBS (Gemischtes Gebiet) davon auszugehen sei, dass der Satzungsgeber durch § 5 Halbsatz 2 OBS nicht die im Gemischten Gebiet zulässige Wohnnutzung ausschließen, sondern lediglich die Zulässigkeit der dort aufgeführten emittierenden Betriebe habe beschränken wollen. Dem dürfte zuzustimmen sein.
§ 5 Halbsatz 2 OBS enthält seinem Wortlaut nach eine Einschränkung der zulässigen Nutzungsarten von Hintergebäuden. Doch knüpft diese Regelung - wie sich aus § 5 Halbsatz 1 OBS ergibt - an § 4 OBS an und ist im systematischen Zusammenhang mit dieser Norm auszulegen. Danach sind im Gemischten Gebiet und wegen der Verweisung in § 5 Halbsatz 1 OBS auch in der Staffel 4 Anlagen der in § 16 Abs. 1 der (Reichs-)Gewerbeordnung bezeichneten Art nicht zulässig (§ 4 Abs. 1 OBS), wenn nicht - zugunsten solcher Anlagen - die Ausnahmeregelung in § 4 Abs. 2 OBS eingreift. Diese Ausschluss- und Ausnahmeregelung wird durch § 5 Halbsatz 2 OBS für Hintergebäude wiederum modifiziert, indem in Hintergebäuden nicht sämtliche von § 4 Abs. 2 OBS erfassten und unter bestimmten Voraussetzungen zulässigen Nutzungen, sondern nur landwirtschaftliche und kleinere gewerbliche Betriebe zugelassen sind. Darin erschöpft sich indessen der Regelungsgehalt des § 5 Halbsatz 2 OBS, dem nicht der Charakter einer abschließenden Aufzählung der in Hintergebäuden der Staffel 4 zulässigen Nutzungen entnommen werden kann. § 5 Halbsatz 2 bezieht sich damit nicht auf die Wohnnutzung, deren Zulässigkeit zwar von §§ 4 und 5 OBS vorausgesetzt, aber nicht ausdrücklich geregelt und folglich von der Spezialvorschrift des § 5 Halbsatz 2 OBS auch nicht eingeschränkt wird.
2. Eine Rechtsverletzung der Antragsteller folgt aber daraus, dass die Baugenehmigung gegen die - nachbarschützende - Festsetzung in § 38 Abs. 6 OBS verstößt, wonach von sämtlichen Eigentumsgrenzen mindestens ein Abstand von 4 m einzuhalten ist, und die erteilte Befreiung von dieser Festsetzung rechtswidrig ist.
a) Durchgreifende Bedenken gegen die Wirksamkeit der Vorschrift bestehen nicht. Zwar ist § 38 Abs. 6 OBS als bauplanungsrechtliche Vorschrift mit Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes im Jahre 1960 außer Kraft getreten, da nach §§ 233 Abs. 3 BauGB, 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG 1960 nur planungsrechtliche Regelungen der in § 9 BBauG 1960 bezeichneten Art fortgelten. Damit ist gemeint, dass die (überzuleitende) Festsetzung einen Inhalt haben muss, der nach dem Bauplanungsrecht des BBauG 1960 Inhalt eines Bebauungsplans sein konnte (BVerwG, Urteil vom 03.06.1971 - IV C 64.69 -, BVerwGE 38, 152). Zu Festsetzungen über die Einhaltung von Grenzabständen ermächtigte § 9 Abs. 1 BBauG 1960 jedoch nicht. Die Vorschrift kann insbesondere nicht als eine Festsetzung über die überbaubare oder nicht überbaubare Grundstücksfläche im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 1 b BBauG 1960 verstanden werden, da hierfür als Instrument gemäß § 23 Abs. 1 BauNVO nur die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen zur Verfügung steht. Sie ist auch keine Festsetzung über die Stellung der baulichen Anlagen gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 b BBauG 1960; damit wird im Wesentlichen die Ausrichtung der Längsachse des Gebäudes zu einer Himmelsrichtung oder zu einer Straße bestimmt (so VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.11.1995 - 8 S 2383/95 -, Juris und Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Komm., 7. Aufl., 2004, RdNr. 24 a).
Der Senat sieht § 38 Abs. 6 OBS jedoch - jedenfalls auch - als bauordnungsrechtliche Vorschrift an, die beim Inkrafttreten der Landesbauordnung am 01.01.1964 trotz der gemäß § 118 Abs. 1 Nr. 2 LBO 1964 erfolgten Aufhebung der Württembergischen Bauordnung vom 28.07.1910 wirksam übergeleitet worden ist. Nach § 118 Abs. 5 LBO 1964 bleiben Verordnungen und Satzungen, die aufgrund der in Abs. 1 aufgehobenen Vorschriften erlassen worden sind, bis zum Erlass neuer Vorschriften in Kraft, soweit sie diesem Gesetz nicht widersprechen. Die in § 38 Abs. 6 OBS getroffene Regelung über die Einhaltung eines Mindestabstands von 4 m zu sämtlichen Eigentumsgrenzen steht in Einklang mit § 111 Abs. 1 Nr. 5 LBO 1964, der zum Erlass örtlicher Bauvorschriften über die Festsetzung größerer Abstände, als in § 7 LBO 1964 vorgeschrieben, ermächtigte. § 38 Abs. 6 OBS schreibt für Hintergebäude die Einhaltung eines Abstandes von mindestens 4 m von sämtlichen Eigentumsgrenzen und damit größere als die in § 7 Abs. 7 LBO 1964 vorgesehenen Mindestabstände von 3 m vor (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.11.1995 - 8 S 2383/95 - a.a.O.).
b) Die Festsetzung eines Mindestgrenzabstands von 4 m in § 38 Abs. 6 OBS entfaltet auch eine nachbarschützende Wirkung zu Gunsten der Antragsteller als Eigentümer des unmittelbar an das Baugrundstück angrenzenden Grundstücks. Die Vorschriften der Württembergischen Bauordnung und der Ortsbausatzung der Antragsgegnerin, insbesondere des § 38 Abs. 6 OBS, über die Abstände zu Eigentumsgrenzen, sind, wie der Verwaltungsgerichtshof Stuttgart bereits mit Urteil vom 02.11.1956 - 2 S 183/54 -, DÖV-Baden-Württembergisches Verwaltungsblatt 1956, 184 ff.) entschieden hat, auch im Interesse des Grundstücksnachbarn erlassen und gewähren diesem daher ein subjektives Recht mit der Folge, dass die Verletzung der Grenzabstandsvorschriften eine Verletzung subjektiv öffentlicher Rechte darstellen kann. Die nachbarschützende Wirkung beschränkt sich dabei jeweils auf den Eigentümer des angrenzenden Grundstücks, zu dem der Grenzabstand unterschritten wird. Gegen die Annahme einer nachbarschützenden Wirkung des § 38 Abs. 6 OBS können nicht, wie die Beigeladene meint, die Erwägungen des Senats in seinem Urteil vom 01.02.1993 (- 8 S 2796/92 -, Juris) zur nachbarschützenden Wirkung des § 40 Buchst. b OBS herangezogen werden, der für Hintergebäude in Baustaffel 8 bis 10 von den Eigentumsgrenzen einen Abstand gleich der Höhe der der Grenze gegenüberstehenden Gebäudeseite, jedoch nicht unter 4 m verlangt. Die genannte Entscheidung verneint zwar eine nachbarschützende Wirkung der Forderung nach einem Abstand in Höhe des Gebäudes, tendiert aber bereits zur Annahme einer nachbarschützenden Wirkung der - mit der vorliegenden Vorschrift unter Umständen vergleichbaren - Festsetzung eines Mindestabstands von 4 m, wenn auch die Frage nicht näher erläutert und beantwortet wird, weil der Grenzabstand in jenem Fall eingehalten war.
10 
c) Die Antragsteller können sich auf einen Verstoß gegen § 38 Abs. 6 OBS auch berufen. Zwar ist nach dem auch im nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis geltenden Grundsatz von Treu und Glauben ein Nachbar gehindert, einen Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften geltend zu machen, wenn er in vergleichbarer Weise gegen diese Vorschrift verstoßen hat (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.11.2002 - 3 S 882/02 -, VBlBW 2003, 23 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung zahlreicher Oberverwaltungsgerichte). § 38 Abs. 6 OBS ist auf das Wohngebäude der Antragsteller, welches ebenfalls keinen Abstand von 4 m zur Grenze der Beigeladenen einhält, aber nicht anwendbar. Denn das Wohngebäude der Antragsteller ist kein Hintergebäude, für welches der Abstand des § 38 Abs. 6 OBS gilt.
11 
Wie der beschließende Gerichtshof zum Begriff des Hintergebäudes in §§ 30 und 32 der Badischen Landesbauordnung vom 01.09.1907 entschieden hat (Urteil vom 06.12.1960 - III 20/60 -, Leitsatz in Juris, im Übrigen nicht veröffentlicht), kommt es darauf an, ob das zu beurteilende Gebäude von der Straße aus gesehen in einem natürlichen Sinne hinter einem an der Bauflucht stehenden Vordergebäude gelegen ist. Im Verhältnis zur Straße ist jedes Gebäude als Hintergebäude anzusehen, das nicht unwesentlich hinter der Reihe der in der Bauflucht stehenden Gebäude zurücksteht. Diese Auslegung des Begriffs des Hintergebäudes lässt sich auf Art. 56 (wie auch auf Art. 48 Abs. 2, 53 Abs. 4) WürttBauO und den darauf gestützten § 38 Abs. 6 OBS übertragen. Diese Regelungen stellen in mit §§ 30, 32 der Badischen Landesbauordnung vergleichbarer Weise Anforderungen an Hintergebäude (beispielsweise hinsichtlich der zulässigen Größe, der Höhe, der Geschosszahl).
12 
Nach diesen Grundsätzen ist das Gebäude der Antragsteller nicht als Hintergebäude zu betrachten. Es steht nicht hinter einer Reihe von in einer Bauflucht stehenden Gebäuden. Denn die Baufluchten entlang der ...straße und der ... Straße sind nicht maßgebend. Das Gebäude der Antragsteller ist in Beziehung zu setzen zur ...straße (Flst.Nr. ...), auch wenn diese nur als kurzer, ca. 22 m langer Straßenstich in das Hinterland der ...straße hinein reicht. Im Verhältnis zur ...straße kann das Gebäude der Antragsteller nicht als Hintergebäude betrachtet werden. Es steht bezogen auf diese Straße nicht hinter der Reihe von in einer Bauflucht stehenden Gebäuden. Zwischen seiner Westseite und der westlich gelegenen, dort als Sackgasse endenden ...straße, der das Gebäude zugewandt ist, liegt lediglich ein ca. 6 m breites freies Gelände, das nicht selbständig bebaubar ist. Das Gebäude der Antragsteller kann daher im Verhältnis zur ...straße nicht als Hintergebäude angesehen werden (vgl. hierzu auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.02.1993 - 8 S 2796/92 -, Juris). Damit ist den Antragstellern die Berufung auf die nur für Hintergebäude geltende Vorschrift nicht verwehrt.
13 
d) Die von der Antragsgegnerin wegen des Verstoßes des Bauvorhabens gegen § 38 Abs. 6 OBS erteilte Befreiung ist rechtswidrig und verletzt die Antragsteller in ihren Rechten. Da von einer nachbarschützenden Festsetzung befreit wurde, können sie verlangen, dass die Befreiung in vollem Umfang rechtsfehlerfrei ist. Dazu gehört auch eine fehlerfreie Ermessensentscheidung. Die von der Antragsgegnerin ausgesprochene Befreiung leidet jedoch an Ermessensfehlern. Die Antragsgegnerin hat das ihr eingeräumte Ermessen nicht in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise ausgeübt (§ 114 VwGO). Sie hat die Zulässigkeit einer solchen Befreiung anhand des § 31 Abs. 2 BauGB beurteilt und aus Gründen der städtebaulichen Vertretbarkeit (§ 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB) erteilt. Diese Vorschrift ist jedoch im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Die Zulässigkeit einer Befreiung von dem als bauordnungsrechtliche Vorschrift übergeleiteten § 38 Abs. 6 OBS richtet sich vielmehr nach § 56 Abs. 5 LBO. Danach kann von den Vorschriften aufgrund dieses Gesetzes (wozu auch die nach dem Gesetz übergeleiteten Bestimmungen gehören) Befreiung erteilt werden, wenn die Einhaltung der Vorschrift im Einzelfall zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde (Nr. 2). Es spricht einiges dafür, dass die Voraussetzungen dieser Bestimmung erfüllt sind. Eine besondere Härte könnte möglicherweise darin gesehen werden, dass das Grundstück aufgrund seines schmalen Zuschnitts bei einer Einhaltung des Mindestabstandes von 4 m zu allen Eigentumsgrenzen nicht mit einem Wohngebäude bebaubar wäre.
14 
Die vorliegende Befreiungsentscheidung ist aber selbst dann rechtswidrig, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 56 Abs. 5 LBO für eine Befreiung von der Abstandsvorschrift des § 38 Abs. 6 OBS vorliegen. Denn es liegt jedenfalls ein Ermessensfehlgebrauch vor, weil die Antragsgegnerin ihre Ermessensentscheidung auf eine unzutreffende Rechtsgrundlage gestützt hat (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Komm., 16. Aufl., 2007, § 114 RdNr. 12). Die auf § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB gestützten Ermessenserwägungen tragen eine Befreiungsentscheidung nach § 56 Abs. 5 LBO nicht, da sich die Zwecksetzungen der Vorschriften in wesentlicher Hinsicht unterscheiden. Zudem ist das Interesse der Nachbarn an der Einhaltung von nachbarschützenden Vorschriften mit anderem Gewicht in die Abwägung einzustellen als ihr Interesse an der Einhaltung einer nicht nachbarschützenden Vorschrift. Eine dementsprechende Gewichtung der entgegenstehenden Belange hat die Antragsgegnerin aber nicht vorgenommen. Sie hat die Belange der Antragsteller auf die Maßstäbe des Gebots der Rücksichtnahme beschränkt. Bei der Befreiung von einer nachbarschützenden Vorschrift sind die Belange des Nachbarn bei der Ermessensausübung aber nicht erst dann zu berücksichtigen, wenn sich das Bauvorhaben ihnen gegenüber als rücksichtslos erweist. Vielmehr ist es im Rahmen einer Befreiung von nachbarschützenden Vorschriften geboten, die Belange des Nachbarn auch dann zu berücksichtigen, wenn sie durch das genehmigte Bauvorhaben in einer Weise betroffen werden, die unterhalb der Schwelle des Rücksichtnahmegebots liegt.
15 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 3, 159 Satz 1 VwGO, 100 Abs. 1 ZPO. Die Beigeladene war an den Kosten des ersten Rechtszuges zu beteiligen, da sie im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht einen Antrag gestellt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).
16 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nrn. 1.5 und 9.7.1 des Streitwertkatalogs 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
17 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden:

1.
die Art und das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
2a.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
3.
für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke Mindestmaße und aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden für Wohnbaugrundstücke auch Höchstmaße;
4.
die Flächen für Nebenanlagen, die auf Grund anderer Vorschriften für die Nutzung von Grundstücken erforderlich sind, wie Spiel-, Freizeit- und Erholungsflächen sowie die Flächen für Stellplätze und Garagen mit ihren Einfahrten;
5.
die Flächen für den Gemeinbedarf sowie für Sport- und Spielanlagen;
6.
die höchstzulässige Zahl der Wohnungen in Wohngebäuden;
7.
die Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude, die mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert werden könnten, errichtet werden dürfen;
8.
einzelne Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude errichtet werden dürfen, die für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf bestimmt sind;
9.
der besondere Nutzungszweck von Flächen;
10.
die Flächen, die von der Bebauung freizuhalten sind, und ihre Nutzung;
11.
die Verkehrsflächen sowie Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung, wie Fußgängerbereiche, Flächen für das Parken von Fahrzeugen, Flächen für Ladeinfrastruktur elektrisch betriebener Fahrzeuge, Flächen für das Abstellen von Fahrrädern sowie den Anschluss anderer Flächen an die Verkehrsflächen; die Flächen können auch als öffentliche oder private Flächen festgesetzt werden;
12.
die Versorgungsflächen, einschließlich der Flächen für Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung;
13.
die Führung von oberirdischen oder unterirdischen Versorgungsanlagen und -leitungen;
14.
die Flächen für die Abfall- und Abwasserbeseitigung, einschließlich der Rückhaltung und Versickerung von Niederschlagswasser, sowie für Ablagerungen;
15.
die öffentlichen und privaten Grünflächen, wie Parkanlagen, Naturerfahrungsräume, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze, Friedhöfe;
16.
a)
die Wasserflächen und die Flächen für die Wasserwirtschaft,
b)
die Flächen für Hochwasserschutzanlagen und für die Regelung des Wasserabflusses,
c)
Gebiete, in denen bei der Errichtung baulicher Anlagen bestimmte bauliche oder technische Maßnahmen getroffen werden müssen, die der Vermeidung oder Verringerung von Hochwasserschäden einschließlich Schäden durch Starkregen dienen, sowie die Art dieser Maßnahmen,
d)
die Flächen, die auf einem Baugrundstück für die natürliche Versickerung von Wasser aus Niederschlägen freigehalten werden müssen, um insbesondere Hochwasserschäden, einschließlich Schäden durch Starkregen, vorzubeugen;
17.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen;
18.
a)
die Flächen für die Landwirtschaft und
b)
Wald;
19.
die Flächen für die Errichtung von Anlagen für die Kleintierhaltung wie Ausstellungs- und Zuchtanlagen, Zwinger, Koppeln und dergleichen;
20.
die Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft;
21.
die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zugunsten der Allgemeinheit, eines Erschließungsträgers oder eines beschränkten Personenkreises zu belastenden Flächen;
22.
die Flächen für Gemeinschaftsanlagen für bestimmte räumliche Bereiche wie Kinderspielplätze, Freizeiteinrichtungen, Stellplätze und Garagen;
23.
Gebiete, in denen
a)
zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte Luft verunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
b)
bei der Errichtung von Gebäuden oder bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung getroffen werden müssen,
c)
bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmenden Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen, die der Vermeidung oder Minderung der Folgen von Störfällen dienen, getroffen werden müssen;
24.
die von der Bebauung freizuhaltenden Schutzflächen und ihre Nutzung, die Flächen für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie die zum Schutz vor solchen Einwirkungen oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen zu treffenden baulichen und sonstigen technischen Vorkehrungen, einschließlich von Maßnahmen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche, wobei die Vorgaben des Immissionsschutzrechts unberührt bleiben;
25.
für einzelne Flächen oder für ein Bebauungsplangebiet oder Teile davon sowie für Teile baulicher Anlagen mit Ausnahme der für landwirtschaftliche Nutzungen oder Wald festgesetzten Flächen
a)
das Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen,
b)
Bindungen für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen sowie von Gewässern;
26.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen und Stützmauern, soweit sie zur Herstellung des Straßenkörpers erforderlich sind.

(1a) Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 können auf den Grundstücken, auf denen Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten sind, oder an anderer Stelle sowohl im sonstigen Geltungsbereich des Bebauungsplans als auch in einem anderen Bebauungsplan festgesetzt werden. Die Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich an anderer Stelle können den Grundstücken, auf denen Eingriffe zu erwarten sind, ganz oder teilweise zugeordnet werden; dies gilt auch für Maßnahmen auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen.

(2) Im Bebauungsplan kann in besonderen Fällen festgesetzt werden, dass bestimmte der in ihm festgesetzten baulichen und sonstigen Nutzungen und Anlagen nur

1.
für einen bestimmten Zeitraum zulässig oder
2.
bis zum Eintritt bestimmter Umstände zulässig oder unzulässig
sind. Die Folgenutzung soll festgesetzt werden.

(2a) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden. Dabei ist insbesondere ein hierauf bezogenes städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 zu berücksichtigen, das Aussagen über die zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Gemeindeteils enthält. In den zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereichen sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für Vorhaben, die diesen Versorgungsbereichen dienen, nach § 30 oder § 34 vorhanden oder durch einen Bebauungsplan, dessen Aufstellung förmlich eingeleitet ist, vorgesehen sein.

(2b) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann in einem Bebauungsplan, auch für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans, festgesetzt werden, dass Vergnügungsstätten oder bestimmte Arten von Vergnügungsstätten zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, um

1.
eine Beeinträchtigung von Wohnnutzungen oder anderen schutzbedürftigen Anlagen wie Kirchen, Schulen und Kindertagesstätten oder
2.
eine Beeinträchtigung der sich aus der vorhandenen Nutzung ergebenden städtebaulichen Funktion des Gebiets, insbesondere durch eine städtebaulich nachteilige Häufung von Vergnügungsstätten,
zu verhindern.

(2c) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile nach § 34 und für Gebiete nach § 30 in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes kann zur Vermeidung oder Verringerung der Folgen von Störfällen für bestimmte Nutzungen, Arten von Nutzungen oder für nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmende Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass diese zulässig, nicht zulässig oder nur ausnahmsweise zulässig sind; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden.

(2d) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) können in einem Bebauungsplan zur Wohnraumversorgung eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:

1.
Flächen, auf denen Wohngebäude errichtet werden dürfen;
2.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen einzelne oder alle Wohnungen die baulichen Voraussetzungen für eine Förderung mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung erfüllen, oder
3.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen sich ein Vorhabenträger hinsichtlich einzelner oder aller Wohnungen dazu verpflichtet, die zum Zeitpunkt der Verpflichtung geltenden Förderbedingungen der sozialen Wohnraumförderung, insbesondere die Miet- und Belegungsbindung, einzuhalten und die Einhaltung dieser Verpflichtung in geeigneter Weise sichergestellt wird.
Ergänzend können eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:
1.
das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
3.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
4.
Mindestmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke;
5.
Höchstmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Wohnbaugrundstücke, aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden.
Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 und 2 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans getroffen werden. Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 bis 3 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans oder für Geschosse, Ebenen oder sonstige Teile baulicher Anlagen unterschiedlich getroffen werden. Das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans nach diesem Absatz kann nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 2024 förmlich eingeleitet werden. Der Satzungsbeschluss nach § 10 Absatz 1 ist bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 zu fassen.

(3) Bei Festsetzungen nach Absatz 1 kann auch die Höhenlage festgesetzt werden. Festsetzungen nach Absatz 1 für übereinanderliegende Geschosse und Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen können gesondert getroffen werden; dies gilt auch, soweit Geschosse, Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche vorgesehen sind.

(4) Die Länder können durch Rechtsvorschriften bestimmen, dass auf Landesrecht beruhende Regelungen in den Bebauungsplan als Festsetzungen aufgenommen werden können und inwieweit auf diese Festsetzungen die Vorschriften dieses Gesetzbuchs Anwendung finden.

(5) Im Bebauungsplan sollen gekennzeichnet werden:

1.
Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen oder bei denen besondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind;
2.
Flächen, unter denen der Bergbau umgeht oder die für den Abbau von Mineralien bestimmt sind;
3.
Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind.

(6) Nach anderen gesetzlichen Vorschriften getroffene Festsetzungen, gemeindliche Regelungen zum Anschluss- und Benutzungszwang sowie Denkmäler nach Landesrecht sollen in den Bebauungsplan nachrichtlich übernommen werden, soweit sie zu seinem Verständnis oder für die städtebauliche Beurteilung von Baugesuchen notwendig oder zweckmäßig sind.

(6a) Festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes, Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten im Sinne des § 78b Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie Hochwasserentstehungsgebiete im Sinne des § 78d Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sollen nachrichtlich übernommen werden. Noch nicht festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie als Risikogebiete im Sinne des § 73 Absatz 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes bestimmte Gebiete sollen im Bebauungsplan vermerkt werden.

(7) Der Bebauungsplan setzt die Grenzen seines räumlichen Geltungsbereichs fest.

(8) Dem Bebauungsplan ist eine Begründung mit den Angaben nach § 2a beizufügen.

(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.

(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.

(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.

(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30 bis 37.

(2) Die Vorschriften des Bauordnungsrechts und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 3. Dezember 2009 - 13 K 4093/09 - mit Ausnahme der Festsetzung des Streitwerts geändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 20. August 2009 wird angeordnet.

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug je zur Hälfte. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Hiervon ausgenommen sind die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen in beiden Rechtszügen, die diese selbst trägt.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die nach § 146 Abs. 1 VwGO statthafte und auch sonst zulässige (§§ 147 Abs. 1, 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO), insbesondere den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechende Beschwerde der Antragsteller hat Erfolg. Die von den Antragstellern im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat grundsätzlich beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), geben Anlass, den angefochtenen Beschluss, mit dem das Verwaltungsgericht den Antrag der Antragsteller, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 20.08.2009 anzuordnen, abgelehnt hat, zu ändern und die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs anzuordnen.
Die Baugenehmigung gestattet die Errichtung eines Wohnhauses als Hintergebäude auf dem an das Grundstück der Antragsteller angrenzenden Grundstück Flst.Nr. ... in Stuttgart-... unter Einhaltung eines Grenzabstandes von 2,50 m zum Grundstück der Antragsteller. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit der Begründung abgelehnt, das Vorhaben verletze voraussichtlich keine die Rechte der Antragsteller schützenden Vorschriften. Auf dem Baugrundstück sei nach § 5 der Ortsbausatzung der Antragsgegnerin vom 25.06.1935 - OBS - ein Wohngebäude als Hintergebäude zulässig. Soweit das genehmigte Bauvorhaben die in § 43 Abs. 1 OBS festgesetzte Gebäudetiefe unterschreite und der nach § 38 Abs. 6 OBS vom Hintergebäude einzuhaltende Grenzabstand unterschritten sei, habe die Antragsgegnerin die erforderlichen Befreiungen erteilt. Eine Verletzung des nachbarschützenden Gebots der Rücksichtnahme könne nicht festgestellt werden. Ein darüber hinausgehender Schutz könne nicht beansprucht werden, da den Festsetzungen keine nachbarschützende Wirkung zukomme.
1. Zwar dürfte die dagegen erhobene Rüge der Antragsteller, dass die zugelassene Wohnnutzung gegen die Festsetzung der Art der Nutzung in § 5 OBS für Hintergebäude verstoße, nicht durchgreifen. Die Auffassung der Antragsteller, dass sich die Regelung des § 5 Halbsatz 2 OBS auf einen Ausschluss von Wohnnutzung in Hintergebäuden erstrecke, begegnet erheblichen Zweifeln.
Nach § 5 OBS gelten in Baustaffel 4, zu der das Baugrundstück unstreitig gehört, die Bestimmungen über das Gemischte Gebiet; jedoch sind Hintergebäude nur für landwirtschaftliche und kleinere Gewerbebetriebe zugelassen. Das Verwaltungsgericht hat insoweit ausgeführt, dass nach Sinn und Zweck der Vorschrift sowie dem Regelungszusammenhang mit § 4 OBS (Gemischtes Gebiet) davon auszugehen sei, dass der Satzungsgeber durch § 5 Halbsatz 2 OBS nicht die im Gemischten Gebiet zulässige Wohnnutzung ausschließen, sondern lediglich die Zulässigkeit der dort aufgeführten emittierenden Betriebe habe beschränken wollen. Dem dürfte zuzustimmen sein.
§ 5 Halbsatz 2 OBS enthält seinem Wortlaut nach eine Einschränkung der zulässigen Nutzungsarten von Hintergebäuden. Doch knüpft diese Regelung - wie sich aus § 5 Halbsatz 1 OBS ergibt - an § 4 OBS an und ist im systematischen Zusammenhang mit dieser Norm auszulegen. Danach sind im Gemischten Gebiet und wegen der Verweisung in § 5 Halbsatz 1 OBS auch in der Staffel 4 Anlagen der in § 16 Abs. 1 der (Reichs-)Gewerbeordnung bezeichneten Art nicht zulässig (§ 4 Abs. 1 OBS), wenn nicht - zugunsten solcher Anlagen - die Ausnahmeregelung in § 4 Abs. 2 OBS eingreift. Diese Ausschluss- und Ausnahmeregelung wird durch § 5 Halbsatz 2 OBS für Hintergebäude wiederum modifiziert, indem in Hintergebäuden nicht sämtliche von § 4 Abs. 2 OBS erfassten und unter bestimmten Voraussetzungen zulässigen Nutzungen, sondern nur landwirtschaftliche und kleinere gewerbliche Betriebe zugelassen sind. Darin erschöpft sich indessen der Regelungsgehalt des § 5 Halbsatz 2 OBS, dem nicht der Charakter einer abschließenden Aufzählung der in Hintergebäuden der Staffel 4 zulässigen Nutzungen entnommen werden kann. § 5 Halbsatz 2 bezieht sich damit nicht auf die Wohnnutzung, deren Zulässigkeit zwar von §§ 4 und 5 OBS vorausgesetzt, aber nicht ausdrücklich geregelt und folglich von der Spezialvorschrift des § 5 Halbsatz 2 OBS auch nicht eingeschränkt wird.
2. Eine Rechtsverletzung der Antragsteller folgt aber daraus, dass die Baugenehmigung gegen die - nachbarschützende - Festsetzung in § 38 Abs. 6 OBS verstößt, wonach von sämtlichen Eigentumsgrenzen mindestens ein Abstand von 4 m einzuhalten ist, und die erteilte Befreiung von dieser Festsetzung rechtswidrig ist.
a) Durchgreifende Bedenken gegen die Wirksamkeit der Vorschrift bestehen nicht. Zwar ist § 38 Abs. 6 OBS als bauplanungsrechtliche Vorschrift mit Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes im Jahre 1960 außer Kraft getreten, da nach §§ 233 Abs. 3 BauGB, 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG 1960 nur planungsrechtliche Regelungen der in § 9 BBauG 1960 bezeichneten Art fortgelten. Damit ist gemeint, dass die (überzuleitende) Festsetzung einen Inhalt haben muss, der nach dem Bauplanungsrecht des BBauG 1960 Inhalt eines Bebauungsplans sein konnte (BVerwG, Urteil vom 03.06.1971 - IV C 64.69 -, BVerwGE 38, 152). Zu Festsetzungen über die Einhaltung von Grenzabständen ermächtigte § 9 Abs. 1 BBauG 1960 jedoch nicht. Die Vorschrift kann insbesondere nicht als eine Festsetzung über die überbaubare oder nicht überbaubare Grundstücksfläche im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 1 b BBauG 1960 verstanden werden, da hierfür als Instrument gemäß § 23 Abs. 1 BauNVO nur die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen zur Verfügung steht. Sie ist auch keine Festsetzung über die Stellung der baulichen Anlagen gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 b BBauG 1960; damit wird im Wesentlichen die Ausrichtung der Längsachse des Gebäudes zu einer Himmelsrichtung oder zu einer Straße bestimmt (so VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.11.1995 - 8 S 2383/95 -, Juris und Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, Komm., 7. Aufl., 2004, RdNr. 24 a).
Der Senat sieht § 38 Abs. 6 OBS jedoch - jedenfalls auch - als bauordnungsrechtliche Vorschrift an, die beim Inkrafttreten der Landesbauordnung am 01.01.1964 trotz der gemäß § 118 Abs. 1 Nr. 2 LBO 1964 erfolgten Aufhebung der Württembergischen Bauordnung vom 28.07.1910 wirksam übergeleitet worden ist. Nach § 118 Abs. 5 LBO 1964 bleiben Verordnungen und Satzungen, die aufgrund der in Abs. 1 aufgehobenen Vorschriften erlassen worden sind, bis zum Erlass neuer Vorschriften in Kraft, soweit sie diesem Gesetz nicht widersprechen. Die in § 38 Abs. 6 OBS getroffene Regelung über die Einhaltung eines Mindestabstands von 4 m zu sämtlichen Eigentumsgrenzen steht in Einklang mit § 111 Abs. 1 Nr. 5 LBO 1964, der zum Erlass örtlicher Bauvorschriften über die Festsetzung größerer Abstände, als in § 7 LBO 1964 vorgeschrieben, ermächtigte. § 38 Abs. 6 OBS schreibt für Hintergebäude die Einhaltung eines Abstandes von mindestens 4 m von sämtlichen Eigentumsgrenzen und damit größere als die in § 7 Abs. 7 LBO 1964 vorgesehenen Mindestabstände von 3 m vor (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.11.1995 - 8 S 2383/95 - a.a.O.).
b) Die Festsetzung eines Mindestgrenzabstands von 4 m in § 38 Abs. 6 OBS entfaltet auch eine nachbarschützende Wirkung zu Gunsten der Antragsteller als Eigentümer des unmittelbar an das Baugrundstück angrenzenden Grundstücks. Die Vorschriften der Württembergischen Bauordnung und der Ortsbausatzung der Antragsgegnerin, insbesondere des § 38 Abs. 6 OBS, über die Abstände zu Eigentumsgrenzen, sind, wie der Verwaltungsgerichtshof Stuttgart bereits mit Urteil vom 02.11.1956 - 2 S 183/54 -, DÖV-Baden-Württembergisches Verwaltungsblatt 1956, 184 ff.) entschieden hat, auch im Interesse des Grundstücksnachbarn erlassen und gewähren diesem daher ein subjektives Recht mit der Folge, dass die Verletzung der Grenzabstandsvorschriften eine Verletzung subjektiv öffentlicher Rechte darstellen kann. Die nachbarschützende Wirkung beschränkt sich dabei jeweils auf den Eigentümer des angrenzenden Grundstücks, zu dem der Grenzabstand unterschritten wird. Gegen die Annahme einer nachbarschützenden Wirkung des § 38 Abs. 6 OBS können nicht, wie die Beigeladene meint, die Erwägungen des Senats in seinem Urteil vom 01.02.1993 (- 8 S 2796/92 -, Juris) zur nachbarschützenden Wirkung des § 40 Buchst. b OBS herangezogen werden, der für Hintergebäude in Baustaffel 8 bis 10 von den Eigentumsgrenzen einen Abstand gleich der Höhe der der Grenze gegenüberstehenden Gebäudeseite, jedoch nicht unter 4 m verlangt. Die genannte Entscheidung verneint zwar eine nachbarschützende Wirkung der Forderung nach einem Abstand in Höhe des Gebäudes, tendiert aber bereits zur Annahme einer nachbarschützenden Wirkung der - mit der vorliegenden Vorschrift unter Umständen vergleichbaren - Festsetzung eines Mindestabstands von 4 m, wenn auch die Frage nicht näher erläutert und beantwortet wird, weil der Grenzabstand in jenem Fall eingehalten war.
10 
c) Die Antragsteller können sich auf einen Verstoß gegen § 38 Abs. 6 OBS auch berufen. Zwar ist nach dem auch im nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis geltenden Grundsatz von Treu und Glauben ein Nachbar gehindert, einen Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften geltend zu machen, wenn er in vergleichbarer Weise gegen diese Vorschrift verstoßen hat (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.11.2002 - 3 S 882/02 -, VBlBW 2003, 23 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung zahlreicher Oberverwaltungsgerichte). § 38 Abs. 6 OBS ist auf das Wohngebäude der Antragsteller, welches ebenfalls keinen Abstand von 4 m zur Grenze der Beigeladenen einhält, aber nicht anwendbar. Denn das Wohngebäude der Antragsteller ist kein Hintergebäude, für welches der Abstand des § 38 Abs. 6 OBS gilt.
11 
Wie der beschließende Gerichtshof zum Begriff des Hintergebäudes in §§ 30 und 32 der Badischen Landesbauordnung vom 01.09.1907 entschieden hat (Urteil vom 06.12.1960 - III 20/60 -, Leitsatz in Juris, im Übrigen nicht veröffentlicht), kommt es darauf an, ob das zu beurteilende Gebäude von der Straße aus gesehen in einem natürlichen Sinne hinter einem an der Bauflucht stehenden Vordergebäude gelegen ist. Im Verhältnis zur Straße ist jedes Gebäude als Hintergebäude anzusehen, das nicht unwesentlich hinter der Reihe der in der Bauflucht stehenden Gebäude zurücksteht. Diese Auslegung des Begriffs des Hintergebäudes lässt sich auf Art. 56 (wie auch auf Art. 48 Abs. 2, 53 Abs. 4) WürttBauO und den darauf gestützten § 38 Abs. 6 OBS übertragen. Diese Regelungen stellen in mit §§ 30, 32 der Badischen Landesbauordnung vergleichbarer Weise Anforderungen an Hintergebäude (beispielsweise hinsichtlich der zulässigen Größe, der Höhe, der Geschosszahl).
12 
Nach diesen Grundsätzen ist das Gebäude der Antragsteller nicht als Hintergebäude zu betrachten. Es steht nicht hinter einer Reihe von in einer Bauflucht stehenden Gebäuden. Denn die Baufluchten entlang der ...straße und der ... Straße sind nicht maßgebend. Das Gebäude der Antragsteller ist in Beziehung zu setzen zur ...straße (Flst.Nr. ...), auch wenn diese nur als kurzer, ca. 22 m langer Straßenstich in das Hinterland der ...straße hinein reicht. Im Verhältnis zur ...straße kann das Gebäude der Antragsteller nicht als Hintergebäude betrachtet werden. Es steht bezogen auf diese Straße nicht hinter der Reihe von in einer Bauflucht stehenden Gebäuden. Zwischen seiner Westseite und der westlich gelegenen, dort als Sackgasse endenden ...straße, der das Gebäude zugewandt ist, liegt lediglich ein ca. 6 m breites freies Gelände, das nicht selbständig bebaubar ist. Das Gebäude der Antragsteller kann daher im Verhältnis zur ...straße nicht als Hintergebäude angesehen werden (vgl. hierzu auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.02.1993 - 8 S 2796/92 -, Juris). Damit ist den Antragstellern die Berufung auf die nur für Hintergebäude geltende Vorschrift nicht verwehrt.
13 
d) Die von der Antragsgegnerin wegen des Verstoßes des Bauvorhabens gegen § 38 Abs. 6 OBS erteilte Befreiung ist rechtswidrig und verletzt die Antragsteller in ihren Rechten. Da von einer nachbarschützenden Festsetzung befreit wurde, können sie verlangen, dass die Befreiung in vollem Umfang rechtsfehlerfrei ist. Dazu gehört auch eine fehlerfreie Ermessensentscheidung. Die von der Antragsgegnerin ausgesprochene Befreiung leidet jedoch an Ermessensfehlern. Die Antragsgegnerin hat das ihr eingeräumte Ermessen nicht in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise ausgeübt (§ 114 VwGO). Sie hat die Zulässigkeit einer solchen Befreiung anhand des § 31 Abs. 2 BauGB beurteilt und aus Gründen der städtebaulichen Vertretbarkeit (§ 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB) erteilt. Diese Vorschrift ist jedoch im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Die Zulässigkeit einer Befreiung von dem als bauordnungsrechtliche Vorschrift übergeleiteten § 38 Abs. 6 OBS richtet sich vielmehr nach § 56 Abs. 5 LBO. Danach kann von den Vorschriften aufgrund dieses Gesetzes (wozu auch die nach dem Gesetz übergeleiteten Bestimmungen gehören) Befreiung erteilt werden, wenn die Einhaltung der Vorschrift im Einzelfall zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde (Nr. 2). Es spricht einiges dafür, dass die Voraussetzungen dieser Bestimmung erfüllt sind. Eine besondere Härte könnte möglicherweise darin gesehen werden, dass das Grundstück aufgrund seines schmalen Zuschnitts bei einer Einhaltung des Mindestabstandes von 4 m zu allen Eigentumsgrenzen nicht mit einem Wohngebäude bebaubar wäre.
14 
Die vorliegende Befreiungsentscheidung ist aber selbst dann rechtswidrig, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 56 Abs. 5 LBO für eine Befreiung von der Abstandsvorschrift des § 38 Abs. 6 OBS vorliegen. Denn es liegt jedenfalls ein Ermessensfehlgebrauch vor, weil die Antragsgegnerin ihre Ermessensentscheidung auf eine unzutreffende Rechtsgrundlage gestützt hat (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Komm., 16. Aufl., 2007, § 114 RdNr. 12). Die auf § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB gestützten Ermessenserwägungen tragen eine Befreiungsentscheidung nach § 56 Abs. 5 LBO nicht, da sich die Zwecksetzungen der Vorschriften in wesentlicher Hinsicht unterscheiden. Zudem ist das Interesse der Nachbarn an der Einhaltung von nachbarschützenden Vorschriften mit anderem Gewicht in die Abwägung einzustellen als ihr Interesse an der Einhaltung einer nicht nachbarschützenden Vorschrift. Eine dementsprechende Gewichtung der entgegenstehenden Belange hat die Antragsgegnerin aber nicht vorgenommen. Sie hat die Belange der Antragsteller auf die Maßstäbe des Gebots der Rücksichtnahme beschränkt. Bei der Befreiung von einer nachbarschützenden Vorschrift sind die Belange des Nachbarn bei der Ermessensausübung aber nicht erst dann zu berücksichtigen, wenn sich das Bauvorhaben ihnen gegenüber als rücksichtslos erweist. Vielmehr ist es im Rahmen einer Befreiung von nachbarschützenden Vorschriften geboten, die Belange des Nachbarn auch dann zu berücksichtigen, wenn sie durch das genehmigte Bauvorhaben in einer Weise betroffen werden, die unterhalb der Schwelle des Rücksichtnahmegebots liegt.
15 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 3, 159 Satz 1 VwGO, 100 Abs. 1 ZPO. Die Beigeladene war an den Kosten des ersten Rechtszuges zu beteiligen, da sie im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht einen Antrag gestellt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).
16 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nrn. 1.5 und 9.7.1 des Streitwertkatalogs 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
17 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 4. Juni 2014 - 2 K 1597/13 - wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtliche Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Klägerin ist Eigentümerin des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks Flst.Nr. ... (...) auf der Gemarkung der Beklagten, die Beigeladenen sind Eigentümer der Dachgeschosswohnung auf dem nach Süden angrenzenden, ebenfalls mit einem Wohnhaus bebauten Grundstück Flst.Nr. ... (...). Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Insel - 1. Änderung“ der Beklagten, der die überbaubaren Grundstücksflächen auf den an die Ludwig-Trick-Straße grenzenden Grundstücken durch eine straßenseitige Baulinie und im Übrigen durch Baugrenzen bestimmt.
Auf Antrag der Beigeladenen genehmigte die Beklagte mit Bescheid vom 3.8.2012 den Anbau einer Aufzugsanlage an das auf dem Grundstück Flst.Nr. ... vorhandene Wohnhaus. Der Anbau soll an der südlichen, dem Wohnhaus der Klägerin zugewandten Außenwand errichtet werden, um die Wohnung der Beigeladenen von der Eingangsebene und der im Untergeschoss gelegenen Garage aus mit dem Aufzug erreichen zu können. Die gegen das Vorhaben erhobenen Einwendungen der Klägerin wurden von der Beklagten mit der Begründung zurückgewiesen, der geplante Anbau überschreite die südliche Baugrenze mit einer Tiefe von 1,0 m auf einer Länge von 1,7 m nur geringfügig. Nach § 23 Abs. 3 BauNVO könne ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß zugelassen werden. Die Aufzugsanlage mit einer Grundfläche von 1,7 m2 sei gegenüber dem Hauptgebäude untergeordnet und diene dem Wohnen. Die Überschreitung der Baugrenze werde deshalb zugelassen. Bauordnungsrechtliche Vorschriften seien nicht verletzt. Nach § 5 Abs. 6 Nr. 2 LBO müssten mit Vorbauten keine Abstandsflächen eingehalten werden, wenn sie nicht breiter als 5 m seien, nicht mehr als 1,5 m vorträten und von der Nachbargrenze mindestens 2 m entfernt blieben. Das sei hier der Fall.
Die von der Klägerin nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 4.6.2014 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die geplante Aufzugsanlage verstoße nicht gegen nachbarschützende Vorschriften. Zwar überschreite die Anlage die im Bebauungsplan festgesetzte Baugrenze, der zu Gunsten der Klägerin nachbarschützende Wirkung zukomme. Die Beklagte habe dies jedoch nach § 23 Abs. 3 Satz 2 BauNVO ohne Rechtsfehler zugelassen. Der geplante Anbau sei ein „Gebäudeteil“ im Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 2 BauNVO, der in nur geringfügigem Maß die Baugrenze überschreite. Die Zulassung der Überschreitung der Baugrenze habe danach im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten gestanden. Die Beklagte habe dieses Ermessen ohne Fehler ausgeübt.
II.
Der auf § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Antrag der Klägerin, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, bleibt ohne Erfolg. Aus dem Vorbringen der Klägerin ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung.
1. Die südliche, dem Grundstück der Klägerin zugewandte Außenwand des auf dem Grundstück der Beigeladenen vorhandenen Wohnhauses reicht unmittelbar an die im Bebauungsplan der Beklagten festgesetzte Baugrenze. Mit dem geplanten, vor die Außenwand tretenden Anbau wird somit die Baugrenze auf eine Breite von 1,7 m um 1,0 m überschritten.
§ 23 Abs. 3 Satz 1 BauNVO knüpft an die Festsetzung einer Baugrenze die Rechtsfolge, dass „Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten“ dürfen. Nach § 23 Abs. 3 Satz 2 BauNVO kann jedoch ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß zugelassen werden. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, steht diese Vorschrift nicht zur Disposition der Gemeinde. Dem Verwaltungsgericht ist auch insoweit zuzustimmen, als es das Vorliegen der Voraussetzungen des § 23 Abs. 3 Satz 2 BauNVO bejaht hat. Der geplante Anbau an das bestehende Wohnhaus ist ein bloßer Gebäudeteil, der die Baugrenze nur in geringfügigem Ausmaß überschreitet.
a) § 23 Abs. 3 Satz 2 BauNVO begründet eine in das Ermessen der Genehmigungsbehörde gestellte („quasi-gesetzliche“) Ausnahme, die als zwingende Folge mit der Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen verbunden ist (BVerwG, Beschl. v. 27.2.1992 - 4 C 43.87 - BVerwGE 90, 57 ). Die der Baurechtsbehörde insoweit eröffnete Möglichkeit zu der ausnahmsweisen Zulassung eines die in der Vorschrift genannten Voraussetzungen erfüllenden Vorhabens kann nicht durch eine Festsetzung im Bebauungsplan ausgeschlossen werden. Nach § 23 Abs. 3 Satz 3 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 2 BauNVO können im Bebauungsplan lediglich weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden. § 23 Abs. 3 Satz 2 BauNVO steht also nicht zur Disposition der Gemeinde (Blechschmidt in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 23 BauNVO Rn. 39; König in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl., § 23 Rn. 23). Der von der Klägerin behauptete Wille der Beklagten, beim Erlass des hier anzuwendenden Bebauungsplans „möglichst strenge Regeln für die Bebaubarkeit“ zu treffen, vermag die Anwendung des § 23 Abs. 3 Satz 2 BauNVO somit nicht zu hindern.
b) Nach § 23 Abs. 3 Satz 2 BauNVO kann nur eine Überschreitung der Baugrenze mit Gebäudeteilen, nicht aber mit dem Gebäude selbst zugelassen werden. Unter einem Gebäudeteil im Sinne dieser Vorschrift ist ein nur unwesentlicher Teil des Gebäudes zu verstehen. Eine Überschreitung der Baugrenze mit einem wesentlichen Gebäudeteil wird somit von § 23 Abs. 3 Satz 2 BauNVO nicht gestattet. Beim Vortreten eines wesentlichen Gebäudeteils über die Baugrenze wird diese Grenze vielmehr zugleich mit dem Gebäude selbst überschritten (BVerwG, Urt. v. 20.6.1975 - IV C 5.74 - BauR 1975, 313; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14.6.2007 - 8 S 967/07 - VBIBW 2007, 387).
Das auf dem Grundstück der Beigeladenen vorhandene Wohnhaus hat eine Grundfläche von ca. 150 m2, die dem Grundstück der Klägerin zugewandte südliche Außenwand des Wohnhauses eine Länge von 15 m. Der geplante, 1,7 m lange und 1,0 m breite Anbau ist danach trotz seiner Höhe von ca. 10,5 m (gemessen ab der Geländeoberfläche) als ein nur unwesentlicher Gebäudeteil zu qualifizieren. Die ihm zugedachte Nutzung ändert daran nichts. Wie der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg bereits entschieden hat, sind Treppenhäuser von der Anwendung des § 23 Abs. 3 Satz 2 BauNVO nicht ausgenommen (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 20.1.2005 - 8 S 3003/04 - VBIBW 2005, 312). Es spricht daher nichts dagegen, die Vorschrift auch auf den Anbau einer Aufzugsanlage anzuwenden, sofern er sich als ein nur unwesentlicher Gebäudeteil im Verhältnis zu dem Gesamtgebäude darstellt.
10 
c) Zur Beantwortung der Frage, ob der Überschreitung einer Baugrenze durch ein Gebäudeteil als nur geringfügig anzusehen ist, kann - wovon auch das Verwaltungsgericht ausgegangen ist - auf die bauordnungsrechtliche Regelung des § 5 Abs. 6 LBO zurückgegriffen werden. Denn bei Gebäudeteilen, die den in dieser Vorschrift festgelegten Voraussetzungen entsprechen und deshalb bei der Bemessung der Abstandsfläche außer Betracht bleiben, kann zugleich angenommen werden, dass sie nur „in geringfügigem Ausmaß“ im Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 2 BauNVO „vortreten“ (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 20.1.2005, a.a.O.; Beschl. v. 3.6.1993 - 5 S 1029/93 - Juris; Blechschmidt in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 23 BauNVO Rn. 41).
11 
Nach § 5 Abs. 6 Nr. 2 LBO bleiben Vorbauten wie Wände, Erker, Balkone, Tür- und Fenstervorbauten bei der Bemessung der Abstandsflächen außer Betracht, wenn sie nicht breiter als 5 m sind, nicht mehr als 1,5 m vortreten und von Nachbargrenzen mindestens 2 Meter entfernt bleiben. Der geplante Anbau hält sich im Rahmen dieser Vorschrift. Der Anbau tritt vor die eigentliche Außenwand und stellt damit sowohl im allgemeinen Wortsinn als auch im Sinne des § 5 Abs. 6 Nr. 2 LBO einen „Vorbau“ dar. Der Umstand, dass der Anbau unter keinen der gesetzlich ausdrücklich genannten Gebäudeteile fällt, die nach den Vorstellungen des Gesetzgebers als Vorbauten im Sinne der Vorschrift anzusehen sind, steht dem nicht entgegen. Die in der Vorschrift enthaltene Aufzählung ist lediglich beispielhaft und daher nicht abschließend (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 20.1.2005, a.a.O.; Busch in: Schlotterbeck/von Arnim, LBO für Baden-Württemberg, 6. Aufl., § 5 Rn. 74).
12 
Die Qualifizierung des geplanten Anbaus als Vorbau im Sinne des § 5 Abs. 6 Nr. 2 LBO wird ferner nicht dadurch gehindert, dass der Anbau die Firsthöhe des bestehenden Wohnhauses um nur ca. 1,4 m unterschreitet. Zwar zeichnen sich die in § 5 Abs. 6 Nr. 2 LBO beispielhaft aufgezählten Erker, Balkone, Tür- und Fenstervorbauten dadurch aus, dass sie sich nicht durchgehend über die ganze Gebäudehöhe erstrecken, sondern entweder oberhalb der Erdoberfläche beginnen und/oder unterhalb des Dachs enden. Der Gesetzgeber hat diese Aufzählung jedoch bereits 1995 durch den Begriff „Wände“ ergänzt und damit zum Ausdruck gebracht, dass Vorbauten sich auch über die gesamte Gebäudehöhe erstrecken können. Ausweislich der Begründung des Regierungsentwurfs (LT-Drs. 11/5337, S 81) war es das erklärte Ziel der Ergänzung der Vorschrift, dies im Hinblick auf die damalige anderslautende Rechtsprechung klarzustellen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 4.7.2003 - 8 S 1251/03 - Juris; Beschl. v. 6.9.1996 - 5 S 2049/96 - VBlBW 1997, 144).
13 
Auch von seiner Größe hält sich der Anbau innerhalb des von § 5 Abs. 6 Nr. 2 LBO gezogenen Rahmens, da er lediglich 1,0 m vor die Außenwand des bestehenden Wohnhauses vortritt, nur 1,7 m breit ist und 2 m von der Grenze zum Grundstück der Klägerin entfernt bleibt.
14 
d) Das Verwaltungsgericht hat ferner zutreffend angenommen, dass sich die von der Beklagten ausgesprochene Zulassung auch als ermessensfehlerfrei erweist, da nicht ersichtlich ist, dass sie unzumutbare Beeinträchtigungen der Klägerin als Eigentümerin des südlich angrenzenden Grundstücks zur Folge hat. In der Begründung des Zulassungsantrags werden insoweit auch keine Gesichtspunkte angeführt, die eine andere Beurteilung rechtfertigten.
15 
2. Das Vorhaben der Beigeladenen verletzt auch in bauordnungsrechtlicher Hinsicht nicht die Rechte der Klägerin. Ein Verstoß gegen § 5 LBO liegt, wie bereits ausgeführt nicht vor. § 39 Abs. 1 LBO betrifft ausschließlich bauliche Anlagen sowie andere Anlagen, die überwiegend von behinderten oder alten Menschen genutzt werden, nicht aber „normale“ Wohnhäuser. Die Vorschrift dient davon abgesehen allein öffentlichen Interessen und ist nicht zum Schutz des Nachbarn bestimmt.
16 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese einen Antrag gestellt und damit ein Kostenrisiko nach § 154 Abs. 3 VwGO übernommen haben.
17 
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG.
18 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 24. Juli 2006 - 2 K 2146/05 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung.
Der Kläger ist Eigentümer des mit einem Einfamilienhaus und Garage bebauten Grundstücks Bergstraße ... in Uhldingen-Mühlhofen (Flst. Nr. 400/2). Die Bebauung des Grundstücks erfolgte Mitte der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts. Baugrundstück war seinerzeit das ca. 40 a große Hanggrundstück Flst. Nr. 400; durch Abtrennung einer Teilfläche wurde 1977 das heutige Grundstück Flst. Nr. 400/2 gebildet. Der Beigeladene ist Eigentümer des ebenfalls mit einem Wohnhaus und Garage bebauten südöstlich angrenzenden Grundstücks Bergstraße ... (Flst. Nr. 401/1). Auch dieses Grundstück war 1959 durch die Abtrennung einer Teilfläche vom damaligen Grundstück Flst. Nr. 400 - zusammen mit einer Teilfläche des früheren Grundstücks Flst. Nr. 401 - gebildet worden.
Mit Kaufvertrag vom 31.7.1959 erwarb der Vater des Beigeladenen von den Eltern des Klägers, ... und ... ..., das zu dieser Zeit neu gebildete, 532 qm große Baugrundstück Flst. Nr. 401/1. In dem Kaufvertrag hieß es unter „§ 6 weitere Vereinbarungen“:
„Die Verkäufer verpflichten sich, den Käufer bis auf 2 m an ihre Grundstücksgrenze Flurst. Nr. 400 bauen zu lassen. Sie verzichten insoweit auf ihr nachbarliches Einspruchsrecht. ...“
Auf dem Grundstück des Beigeladenen errichtete dessen Vater in der Folge ein Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung (Baubescheid des Landratsamts Überlingen/See vom 26.6.1961), das zur gemeinsamen Grundstücksgrenze einen Abstand von 2 m einhielt. Im Zusammenhang damit wurde am 13.7.1961 auf Grund einer entsprechenden Erklärung des Vaters des Klägers vom 26.4.1961 und einer dahingehenden Anordnung des Landratsamts Überlingen vom 30.5.1961 folgende Baulast in das Baulastenbuch der Gemeinde Unteruhldingen eingetragen:
„Herr ... in Unteruhldingen übernimmt als grundbuchmäßiger Eigentümer des Grundstücks Lgb. Nr. 400 der Gemarkung Unteruhldingen für sich und seine Rechtsnachfolger die baurechtliche Verpflichtung, im Falle eines eigenen Bauvorhabens von der Grenze des Grundstücks Lgb. Nr. 401/1 einen Abstand von mindestens 4 m einzuhalten.“
Aufgrund einer weiteren Baugenehmigung vom 20.7.1984 wurde das Gebäude später erweitert und umgebaut.
Beide Grundstücke sind baurechtlich nicht überplant.
Am 27.10.1998 erteilte das Landratsamt Bodenseekreis dem Beigeladenen die Baugenehmigung für den Um- und Erweiterungsbau des bestehenden Wohnhauses, den Einbau eines Aufzugs, den Abbruch einer bestehenden Garage und den Neubau einer Doppelgarage sowie den Umbau der bisherigen ÖI- in eine Gasheizung; das erweiterte Gebäude sollte dabei auf weniger als 50 cm an die Grenze zum Grundstück des Klägers heranrücken. Während das Vorhaben bereits ausgeführt wurde, erhob der Kläger Widerspruch, mit dem er jedoch zunächst erfolglos blieb (Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 14.5.2001). Erst das Verwaltungsgericht Sigmaringen hob die Baugenehmigung mit Urteil vom 18.7.2002 (2 K 913/01) auf. Zur Begründung hieß es in dem Urteil unter anderem, dass der erforderliche Grenzabstand von 2,5 m nicht eingehalten werde. Der Kläger sei auch nicht aufgrund der übernommenen Baulast vom 13.7.1961 verpflichtet, die Bebauung in Grenznähe zu dulden. Nach deren Wortlaut müsse der Kläger lediglich bei der Bebauung seines eigenen Grundstücks einen Mindestabstand von 4 m zur Grundstücksgrenze des Beigeladenen einhalten. Die Übernahme von Abstandsflächen vom Baugrundstück (Nr. 401/1) auf sein Grundstück (Nr. 400/2) sei nicht erklärt worden. Bei der Auslegung der Baulastübernahme als Willenserklärung sei entsprechend § 133 BGB der wirkliche Wille zu erforschen und dabei auch der Kaufvertrag vom 31.7.1959 heranzuziehen. Dort hätten sich die Eltern und der Großvater des Klägers lediglich verpflichtet, "den Käufer bis auf 2 m an ihre Grundstücksgrenze Flurst. Nr. 400 bauen zu lassen", und "insoweit auf ihr nachbarliches Einspruchsrecht" verzichtet. Aus dem Wort "insoweit" werde deutlich, dass nur ein Herannahen der Bebauung bis auf 2 m von der Grundstücksgrenze, nicht hingegen bis auf 50 oder gar 30 cm habe zugelassen werden sollen. Dementsprechend sei auch der Baubescheid vom 26.6.1961 erteilt worden. Auch nach heutiger Rechtslage (§ 7 Abs. 1 Satz 1 LBO) dürften sich Abstandsflächen nur dann ganz oder teilweise auf andere Grundstücke erstrecken, wenn durch Baulast gesichert sei, dass sie nicht überbaut und auf die auf diesen Grundstücken erforderlichen Abstandsflächen nicht angerechnet werden. Im vorliegenden Fall sei aber nur die erste dieser beiden Voraussetzungen erfüllt. Die Baugenehmigung verstoße wegen der Treppenhausfenster außerdem auch gegen Brandschutzvorschriften (Öffnungsverbot bei grenznahen Wänden). Der Kläger sei weder durch Treu und Glauben an der Geltendmachung seiner Nachbarrechte gehindert, noch habe er seine Rechte verwirkt. Das Urteil wurde rechtskräftig.
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Am 26.9.2002 beantragte der Kläger beim Landratsamt Bodenseekreis unter Bezugnahme auf das Urteil des Verwaltungsgerichts den Erlass einer Abbruchsverfügung insoweit, als mit dem - inzwischen nahezu fertiggestellten - Bau gegen die Abstandsflächen- und Brandschutzvorschriften verstoßen worden sei. Mit Bescheid vom 12.11.2002 lehnte das Landratsamt Bodenseekreis den Erlass der beantragten Abbruchsverfügung als unverhältnismäßig ab; auch der am 20.11.2002 erhobene Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 6.5.2003). Auf die Klage des Klägers hin hob das Verwaltungsgericht Sigmaringen die angefochtenen Bescheide mit Urteil vom 24.7.2006 auf und verpflichtete den Beklagten unter Abweisung der Klage im übrigen, über den Antrag des Klägers auf Erlass einer Abbruchsverfügung hinsichtlich des Anbaus unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Auf die vom Senat zugelassene Berufung ist das Urteil geändert und die Klage insgesamt abgewiesen worden (Senatsurteil vom 15.4.2008 – 8 S 11/07 -).
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Bereits unter dem 3.12.2004 hatte der Beigeladene erneut die Genehmigung seines Vorhabens beantragt. Gegenüber der ursprünglichen Planung hatte er u. a. den Einbau von G-30 Fenstern im grenznahen Treppenhaus vorgesehen. Der Kläger verwies im Rahmen der Angrenzeranhörung wiederum auf die nicht eingehaltene Abstandsfläche und die Verletzung der Brandschutzvorschriften.
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Am 15.4.2005 wurde die beantragte Baugenehmigung unter Zulassung geringerer Abstandsflächentiefen gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO erteilt. Die Einwendungen des Klägers wurden mit folgender Begründung zurückgewiesen: Der Kläger sei durch die nach wie vor geltende Baulastübernahmeerklärung verpflichtet, im Fall eines eigenen Vorhabens von der Grenze des Grundstücks Flst. Nr. 401/1 einen Abstand von mindestens 4,00 m einzuhalten. Danach ergebe sich zwischen den Gebäuden ein Gesamtabstand von 4,50 m. Seine Rechtsposition bleibe unverändert. Beleuchtung mit Tageslicht sowie ausreichende Belüftung der Gebäude auf dem Baugrundstück und auf dem Nachbargrundstück seien nicht beeinträchtigt. Gründe des Brandschutzes stünden dem Vorhaben nicht entgegen. Zwar solle nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 LBOAVO entweder ein Abstand zwischen Gebäuden von 5,00 m eingehalten werden oder die betreffenden Außenwände dürften keine Öffnungen haben. Aufgrund der Baulast sei ein Gebäudeabstand von 4,50 m gewährleistet. Zur Gewährleistung des erforderlichen Brandschutzes sei der Bauherr bereits im Sommer 2003 veranlasst worden, die unzulässigen Öffnungen in der Treppenhauswand zum Grundstück Flst. Nr. 400/2 hin mit nicht zu öffnenden Brandschutzgläsern (G 30) zur Vermeidung des Funkenübersprungs auf das Nachbargrundstück zu verschließen. Eine erhebliche Beeinträchtigung des Klägers sei nicht zu erkennen. Ein Recht auf das Weiterbestehen vorhandener Sichtverhältnisse gebe es nicht. Die Baugenehmigung wurde dem Kläger am 21.4.2005 zugestellt.
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Gegen die Baugenehmigung erhob der Kläger am 4.5.2005 Widerspruch, den er unter anderem damit begründete, dass der Abstand des Gebäudes bis zu seiner Grenze nur noch 0,3 m betrage. Sein Grundstück werde erheblich beschattet und verliere auch an Wert. Die Wohngegend könne als villenartig bezeichnet werden; dort sei eine enge Bebauung nicht üblich und wirke sich negativ auf den Wert des jeweiligen Grundstücks aus.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 15.11.2005 wies das Regierungspräsidium Tübingen den Widerspruch zurück. Das Landratsamt habe zu Recht eine geringere Tiefe der Abstandsfläche nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO zugelassen. Bei der Frage, ob nachbarliche Belange erheblich, d.h. unzumutbar beeinträchtigt würden, komme es auf die konkrete Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der nachbarlichen Interessen an. Die Frage, ob eine geringere Tiefe der Abstandsfläche zulässig sei, sei daher aufgrund einer Abwägung der beiderseitigen Interessen zu beantworten. Das Interesse des Klägers gehe vor allem dahin, eine Verschlechterung der bisherigen baulichen Situation zu vermeiden. Der Beigeladene sei dagegen daran interessiert, sein Gebäude entsprechend umzubauen. Aufgrund der besonderen Umstände sei das Interesse des Beigeladenen aber höher zu bewerten. Dies folge einerseits daraus, dass sich Belichtung und Belüftung des Nachbargebäudes gegenüber dem bisherigen Zustand jedenfalls nicht wesentlich verschlechterten. Das Bauvorhaben liege aus Sicht des Klägers im Osten, so dass allein schon deswegen die Belichtung und Besonnung seines Grundstücks nicht wesentlich beeinträchtigt sein könne. Vor allem aber sei die geltend gemachte Beschattung nicht vorrangig und ausschlaggebend auf den Umbau bzw. Treppenhausneubau zurückzuführen. Vielmehr werde diese - sofern überhaupt von Belang - bereits seit über 40 Jahren durch den bestehenden Hauptbaukörper auf dem Grundstück Flst. Nr. 401/1 verursacht. Dies zeigten die Schnitte der genehmigten Bauvorlagen, aus denen sich keine derartige Erhöhung des Nachbargebäudes ergebe, die nun erstmalig eine wesentliche und unzumutbare Verschattung zu Lasten des Klägers bewirken könne, zumal das Gelände zum Grundstück des Klägers hin ansteige. Nicht zuletzt sei der Kläger durch die auf seinem Grundstück liegende Baulast an einer weiteren Bebauung des fraglichen Bereichs ohnehin gehindert, so dass sich insoweit - ungeachtet der bereits vorhandenen Situation - keine neuen oder zusätzlichen Verschlechterungen für dortige Wohnräume ergeben könnten. Diese insgesamt schon vorhandene "Vorbelastung" sei zu Ungunsten des Klägers zu werten. Insofern sei auch nicht damit zu rechnen, dass sich diese Verhältnisse bezüglich Besonnung und Belichtung des Nachbargebäudes gegenüber dem bisherigen Zustand wesentlich verschlechtern würden. Der Kläger werde somit in der (baulichen) Nutzbarkeit seines Grundstücks durch die Zulassung der Abweichung im Wesentlichen nicht weiter beeinträchtigt, als dies durch die bestehenden Verhältnisse ohnehin schon der Fall sei. Damit lägen in Bezug auf das betroffene Nachbargrundstück besondere Umstände vor, d.h. die vorhandene Situation in Bezug auf das Nachbargrundstück sei durch Besonderheiten topographischer und anderer Art gekennzeichnet, die das Interesse des Klägers an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandsflächentiefe deutlich mindern und damit weniger schutzwürdig erscheinen ließen. Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung komme deshalb den Belangen des Klägers gegenüber dem Interesse des Beigeladenen an der Verwirklichung seines Bauwunsches weniger Gewicht zu. Der Erteilung der Baugenehmigung stehe auch das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 18.7.2002 nicht entgegen. Der Einwand der "res iudicata" verpflichte nach § 121 VwGO allein die Verwaltungsgerichte, kein abweichendes Sachurteil über diesen Streitgegenstand zu fällen. Dagegen sei die Verwaltungsbehörde nicht gehindert, eine neue Sachentscheidung zu treffen. Das gelte umso mehr, als vorliegend durch die vom Bauherrn vorgenommene Schließung der unzulässigen Öffnungen in der Treppenhauswand eine neue Sach- und Rechtslage herbeigeführt worden sei. Insoweit sei schon der Streitgegenstand nicht mehr derselbe. Im Übrigen werde auf die zutreffenden Gründe des Ausgangsbescheides verwiesen. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 18.11.2005 zugestellt.
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Am 9.12.2005 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Anfechtungsklage erhoben und beantragt, die Baugenehmigung des Landratsamtes Bodenseekreis vom 15.4.2005 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 15.11.2005 aufzuheben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgebracht, dass er nach den rechtskräftigen Feststellungen des Verwaltungsgerichts Sigmaringen im Urteil vom 18.7.2002 nicht verpflichtet sei, einen Grenzabstand von weniger als 2,0 m zu seiner Grundstücksgrenze zu dulden. Allein der Austausch der Verglasung der Fensterflächen gegen eine brandschutzhemmende Verglasung könne im Ergebnis nicht zur Rechtmäßigkeit der nunmehr erteilten Baugenehmigung führen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO seien nicht gegeben. Die Grenzbebauung stelle eine erhebliche und nicht hinzunehmende Beeinträchtigung dar. Selbst wenn man von einer ausreichenden Belichtung, Belüftung und Besonnung seines Grundstücks ausgehe, verstoße das Bauvorhaben weiterhin gegen brandschutzrechtliche Vorschriften und verletze darüber hinaus auch den nachbarlichen Wohnfrieden. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBOAVO seien Außenwände, die einen Abstand von weniger als 2,5 m zur Nachbargrenze haben, ohne Öffnungen herzustellen. Das nunmehr genehmigte Bauvorhaben weise jedoch weiterhin zwei ca. 2 qm große Fensteröffnungen auf. Gegenüber dieser Fensterverglasung, die nicht die Voraussetzungen einer in diesem Abstand erforderlichen Brandschutzmauer erfülle, befinde sich in ca. 4 m Entfernung sein Wintergartenanbau. Dieser sei großflächig verglast und werde von ihm über das gesamte Jahr hinweg als Wohnraum genutzt. Die nunmehr dem Beigeladenen eröffnete Möglichkeit, seine Wohnräumlichkeiten einzusehen, beeinträchtige ihn und seine Familie in ihrer Privatsphäre nicht nur unerheblich. Es sei vorhersehbar, dass sein Grundstück für Reinigungs-, Maler-, Reparatur- und sonstige Arbeiten in Anspruch genommen werden müsse. Eine hierfür erforderliche Gerüsterstellung sowie erforderliche Rettungsmaßnahmen im Brandfall könnten nunmehr ausschließlich über sein Grundstück erfolgen. Dies alles stelle in der Summe eine erhebliche Belastung dar. Die Versäumnisse der Beteiligten dürften nicht dazu führen, dass er im Ergebnis rechtlos gestellt werde und der Nachbarschutz leer laufe. Eine Grenzbebauung sei auch bauplanungsrechtlich nicht vorgesehen, so dass diese im Ergebnis auch nicht über die Ausnahmeregelung des § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO erreicht werden könne. Allenfalls eine geringfügige Unterschreitung des Grenzabstandes habe er im Rahmen des nachbarschaftlichen Rücksichtnahmegebots hinzunehmen.
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Mit Urteil vom 24.7.2006 hat das Verwaltungsgericht Sigmaringen die angefochtene Baugenehmigung vom 15.4.2005 und den Widerspruchsbescheid vom 15.11.2005 aufgehoben. Zur Begründung heißt es in den Entscheidungsgründen u. a., dass der Treppenhausanbau gegen § 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 7 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 und 3 LBO verstoße. Die Einhaltung der Tiefe der Abstandsfläche von 2 m bei einer Wand von bis zu 5 m Breite diene kraft gesetzlicher Anordnung dem Schutz des Nachbarn. Die Tiefe der Abstandsfläche betrage auf dem Grundstück des Beigeladenen aber nur 0,5 m. Die Baulast aus dem Jahr 1961 bestimme lediglich eine Fläche der Unbebaubarkeit auf dem klägerischen Grundstück. Mit ihr sei keine Übernahme von Abstandsflächen, die nach der gesetzlichen Regelung auf dem Grundstück des Beigeladenen zu liegen hätten, auf das klägerische Grundstück bestimmt worden. Auch bei erneuter Überprüfung bleibe die Kammer bei der Auslegung der Baulasterklärung wie im Urteil vom 18.7.2002. Die Zulassung einer geringeren Tiefe der Abstandsfläche nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO komme nicht in Betracht, weil die Tiefe der Abstandsflächen des § 5 Abs. 7 Satz 3 LBO unterschritten werde und nachbarliche Belange erheblich beeinträchtigt würden. Als nachbarliche Belange in diesem Sinn seien Besonnung, Belichtung und Belüftung des Grundstücks, nicht hingegen der allgemeine Wohnfriede zu berücksichtigen, so dass es auf die Frage, inwieweit die Brandschutzverglasungen von innen nach außen durchsichtig seien, nicht ankommen könne. Besondere Gegebenheiten, welche ein Unterschreiten der nachbarschützenden Abstandsflächentiefe rechtfertigen könnten, seien nicht zu erkennen. Die Unterschreitung dieser Tiefe führe hier zu erheblichen Beeinträchtigungen des Grundstücks des Klägers im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO. Die zu Gunsten des Grundstücks des Beigeladenen bestehende Baulast sei nicht geeignet, eine Sondersituation zu begründen, in welcher die Abstandsflächentiefe des § 5 Abs. 7 Satz 3 LBO unterschritten werden dürfe. Dies ergebe sich aus zwei voneinander unabhängigen Überlegungen: Zum einen würde die Auffassung des Beklagten, dass mittels der Baulast ein ausreichender Gesamtabstand zwischen den beiden Wohnhäusern sichergestellt sei, dazu führen, dass der Baulast de facto doch der Inhalt einer Abstandsflächenbaulast zukommen würde. Dies sei aber gerade nicht der Inhalt dieser Baulast und dürfe über den Umweg des § 6 Abs. 4 LBO auch nicht zu deren Inhalt gemacht werden. Zum anderen sei aber auch erheblich, dass die Baulast nur die Bebaubarkeit des klägerischen Grundstücks einschränke, nicht aber dessen sonstige Nutzung als Garten und mögliche Liege- und Nutzfläche. Der betroffene Grundstücksteil sei solchen Nutzungen zugänglich, wie der Augenschein ergeben habe. Nur wenn jede sinnvolle Nutzung ausgeschlossen sei, könne von dem Ausschluss einer erheblichen Beeinträchtigung durch die Abstandsflächenunterschreitung ausgegangen werden. Eine bedeutsame topographische Besonderheit in Gestalt eines deutlichen Höhenunterschieds lasse sich ebenfalls nicht feststellen. Zwar liege der Eingang zum Haus des Beigeladenen aufgrund von Abgrabungen deutlich unterhalb des Geländeverlaufs auf dem Grundstück des Klägers. Selbst wenn man dies berücksichtigen wolle, könne darin keine - geschaffene - topographische Besonderheit erkannt werden, welche eine Sondersituation schaffe, in der ein Unterschreiten der nachbarschützenden Abstandsflächentiefe zulässig wäre. Der Baukörper des Anbaus rage nämlich weiterhin deutlich sichtbar erheblich über die Abgrabung hinaus und wirke damit in erheblicher Weise auf das Grundstück des Klägers ein. Eine Sondersituation aufgrund topographischer Besonderheiten könne aber regelmäßig nur dann angenommen werden, wenn dadurch das Nachbargrundstück deutlich weniger beeinträchtigt werde und die Hanglage bereits dafür sorge, dass ein Bauvorhaben das Nachbargrundstück hinsichtlich Belüftung, Besonnung und Belichtung nicht oder kaum beeinträchtigen könne. So liege der Fall hier aber nicht. Der Umstand, dass das Gebäude durch den Anbau insgesamt nicht höher geworden sei und es sich im Osten des klägerischen Grundstücks befinde, führe ebenfalls nicht zu einer Sondersituation. Es sei beim Augenschein nicht zu erkennen gewesen, dass eine Verschlechterung in Bezug auf Besonnung und Belüftung nicht eingetreten sei. Durch das Heranrücken der Bebauung sei der Schattenwurf auf das klägerische Grundstück im Bereich des Treppenhauses des Beigeladenen erkennbar größer geworden und das klägerische Grundstück werde somit erheblich beeinträchtigt. Angesichts der Höhe des Baukörpers entstehe auf dem Grundstück des Klägers auch deutlich der Eindruck eines "Eingemauertseins", welcher ebenfalls zu einer erheblichen Beeinträchtigung der nachbarlichen Belange führe. Entgegen der Auffassung des Regierungspräsidiums im Widerspruchsbescheid sei die Frage, ob eine erhebliche Beeinträchtigung nachbarlicher Belange im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO vorliege, nicht anhand einer Interessenabwägung vorzunehmen, in die auch die Interessen des Bauherrn an der Verwirklichung des Projekts mit einzufließen hätten. Es sei nur das Nachbargrundstück, nicht auch dasjenige des Bauherrn oder gar vom Grundstück losgelöste Interessen in den Blick zu nehmen, so dass Interessen des Beigeladenen das Ergebnis nicht beeinflussen könnten. Eine teilweise Aufhebung der Baugenehmigung komme nicht in Betracht, da für den Fall, dass nur die Genehmigung für das Treppenhaus aufgehoben werden würde, ein nicht genehmigungsfähiger Torso als Gegenstand der Baugenehmigung zurückbleibe, nämlich ein mehrstöckiges Gebäude ohne Eingang und ohne Treppenhaus.
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Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Senat mit Beschluss vom 21.12.2006 - 8 S 2123/06 - zugelassene Berufung des beklagten Landes, mit der es beantragt,
18 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 24. Juli 2006 - 2 K 2146/05 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
19 
Es macht geltend, dass die Voraussetzungen für die Zulassung geringerer Tiefen der Abstandsflächen gem. § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO vorlägen. Die Beleuchtung mit Tageslicht sowie Belüftung blieben in ausreichendem Maße gewährleistet. Das Gebäude sei durch den Anbau insgesamt nicht höher geworden und der Anbau befinde sich im Osten des Wohnhauses des Klägers. Auf dem Grundstück des Klägers hätten bisher auch keine Beeinträchtigungen wegen fehlender Belichtung wie beispielsweise eine Versumpfung festgestellt werden können. Gründe des Brandschutzes stünden der Zulassung einer geringeren Tiefe der Abstandsfläche ebenfalls nicht entgegen, nachdem der Beigeladene die Öffnungen in der Treppenhauswand mit dem Einbau einer Brandschutzverglasung (G 30), vergleichbar einer Brandschutzwand, geschlossen habe. Die Belange des Klägers würden trotz der Unterschreitung des nachbarschützenden Teils der Abstandsflächentiefe nicht erheblich beeinträchtigt, da aufgrund der vorhandenen grenznahen Bebauung mit einer Grenzgarage eine Sondersituation gegeben sei. Der Kläger habe sich bei der Errichtung dieser Garage weder an die bestehende Baulastverpflichtung, noch an die Auflagen der ihm erteilten Baugenehmigung, noch an die maßgeblichen Abstandsflächenvorschriften gehalten. Die Baulastverpflichtung unterscheide nicht zwischen einem Wohnhaus und einer Garage. Es sei auf ein Versäumnis der Gemeinde Uhldingen-Mühlhofen zurückzuführen, dass die Baugenehmigung dennoch erteilt worden sei. Dem Vater des Klägers, der die Baulast 1961 übernommen habe, habe dieses Versäumnis bewusst sein müssen. Die Baugenehmigung sei 1975 bzw. 1976 mit der Auflage erteilt worden, dass das Garagendach nicht als Terrasse genutzt werden dürfe. Das in den Planunterlagen im Gebäudeschnitt eingetragene Geländer sowie der mit Grüneintrag angebrachte Vermerk „keine Terrasse“ hätten die Umsetzung dieser Auflage sicherstellen sollen. Eine Terrasse auf einer ansonsten grenzprivilegierten Garage sei unzulässig. Abweichend von den genehmigten Planunterlagen sei anstatt des ursprünglich über der Rückwand der Garage angedachten Geländers ein weitaus längeres Geländer über der Garagenfront und den seitlichen Wänden angebracht worden, so dass das gekieste Garagendach problemlos als Terrasse genutzt werden könne. Es könne nicht angehen, dass durch die vorhandene Garage auf dem Grundstück des Klägers nachbarschützende Belange beeinträchtigt würden, gleichzeitig aber beim Bauvorhaben des Beigeladenen auf der uneingeschränkten Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandsflächen beharrt werde.
20 
Der Kläger beantragt,
21 
die Berufung zurückzuweisen.
22 
Er wiederholt im Wesentlichen seinen Vortrag im Klageverfahren und bringt noch vor, dass die heranrückende Bebauung den Schattenwurf nicht unerheblich erhöht habe und die angelegte Rasenfläche erheblich unter diesem Lichtmangel leide, was eine großflächig auftretende Vermoosung zur Folge habe. In seinem Wintergarten, der lediglich 4 m von der Grundstücksgrenze entfernt liege, entstehe angesichts der Höhe des Baukörpers deutlich der Eindruck des Eingemauertseins. Auf dem Garagendach gebe es weder eine Terrasse noch einen Sitzplatz.
23 
Der Beigeladene stellt keinen eigenen Antrag, pflichtet aber den Ausführungen des Beklagten bei. Ergänzend weist er darauf hin, dass entgegen der bisherigen Rechtsprechung nicht jede Unterschreitung des nachbarschützenden Teils der Abstandsflächentiefe bereits zu einer erheblichen Beeinträchtigung nachbarlicher Belange führen könne, da bei diesem Verständnis der Norm das Tatbestandsmerkmal der Erheblichkeit entbehrlich sei. Im Übrigen sei eine Besonderheit im Sinne der Rechtsprechung nicht nur die Lage östlich vom Grundstück des Klägers, sondern auch das Zurücktreten des Schattenwurfs des Anbaus hinter die Verschattung durch das Gebäude insgesamt, die auch nach nunmehr zehnjährigem Bestehen des Gebäudes zu keinen negativen Auswirkungen auf dem Grundstück des Klägers geführt habe. Das Gelände zu seinem Gebäude falle außerdem ab, so dass die Belastung durch den Treppenhausanbau deutlich verringert werde.
24 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die dem Gericht vorliegenden Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
25 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtene Baugenehmigung vom 15.4.2005 und den Widerspruchsbescheid vom 15.11.2005 im Ergebnis zu Recht aufgehoben. Die Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
I.
26 
Die Rechtskraft der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 18.7.2002 - 2 K 913/01 - steht weder der Zulässigkeit der Anfechtungsklage gegen die Baugenehmigung vom 15.4.2005 noch der gerichtlichen Sachprüfung (vgl. hierzu: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 121 Rdnr. 26 mwN.) entgegen. Nach § 121 Nr. 1 VwGO binden rechtskräftige Urteile, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist, die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger. In dem zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits am 18.7.2002 ergangenen rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts wurde die dem Beigeladenen am 27.10.1998 erteilte Baugenehmigung wegen eines Verstoßes gegen die Abstandsflächenvorschriften und die Brandschutzvorschriften aufgehoben. Das vorliegende Verfahren betrifft nicht erneut diese bereits aufgehobene Baugenehmigung aus dem Jahre 1998, sondern eine andere neue Baugenehmigung vom 15.4.2005, über deren Rechtmäßigkeit bisher noch nicht entschieden worden ist und über die daher im vorliegenden Verfahren entschieden werden kann, ohne dass gegen die Zulässigkeit der Anfechtungsklage rechtliche Bedenken bestünden (vgl. BVerwG, Urteil vom 8.12.1992 - 1 C 12/92 -, NVwZ 1993, 672 mwN.).
27 
Dem beklagten Land war es auch nicht infolge der Rechtskraftwirkung des Urteils vom 18.7.2002 verwehrt, auf den erneuten Genehmigungsantrag des Beigeladenen die nunmehr angefochtene Baugenehmigung zu erlassen. Zwar erfasst die Rechtskraftwirkung in dem in § 121 VwGO umschriebenen Rahmen auch nachfolgende Verwaltungsakte. Damit soll verhindert werden, dass die aus einem festgestellten Tatbestand hergeleitete Rechtsfolge, über die durch ein Urteil rechtskräftig entschieden worden ist, erneut zum Gegenstand eines Verfahrens zwischen denselben Parteien gemacht wird. Im Falle einer erfolgreichen Anfechtungsklage darf die im Vorprozess unterlegene Behörde bei unveränderter Sach- und Rechtslage nicht den gleichen Verwaltungsakt aus den vom Gericht missbilligten Gründen erneut erlassen (vgl. BVerwG, a.a.O.). Vorliegend hat sich die maßgebliche Sachlage jedoch verändert. Der zur Genehmigung gestellte Bauantrag vom 3.12.2004 betrifft zwar insgesamt gesehen das gleiche Vorhaben; in wesentlichen Details sind jedoch Veränderungen vorgenommen worden, die eine für die Entscheidung relevante neue Sachlage begründeten. Denn die Änderungen betrafen u. a. den Brandschutz und die Verkürzung der dem Grundstück des Klägers zugewandten grenznahen Außenwand und waren somit für die Prüfung von Vorschriften bedeutsam, auf deren Verletzung die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zugunsten des Klägers gestützt worden war. Ob diese Veränderungen es letztlich rechtfertigten, die Baugenehmigung zu erteilen, ist eine Frage, die sich erst auf der Ebene der materiell-rechtlichen Prüfung stellt und keinen Einfluss auf die Sachprüfungsbefugnis des Gerichts unter dem Gesichtspunkt der Rechtskraftwirkung des vorangegangenen Urteils hat.
II.
28 
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist auch im Übrigen nicht zu beanstanden, da die Baugenehmigung vom 15.4.2005 nicht hätte erteilt werden dürfen; dem Vorhaben stehen die Vorschriften der Landesbauordnung über die Abstandsflächen entgegen (vgl. § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO).
29 
1. Die nach § 5 Abs. 1 Satz 1 LBO erforderliche Abstandsfläche vor der nordwestlichen Außenwand des Treppenhauses liegt nicht – wie nach § 5 Abs. 2 Satz 1 LBO für den Regelfall vorgesehen – auf dem Baugrundstück selbst, sondern zu einem erheblichen Teil auf dem Grundstück des Klägers. Anhaltspunkte dafür, dass aus planungsrechtlichen Gründen eine Abstandsfläche nicht erforderlich ist, bestehen nicht; außerdem wäre selbst bei einer nach Planungsrecht möglichen Grenzbebauung nicht öffentlich-rechtlich gesichert, dass auf dem Nachbargrundstück ebenfalls an die Grenze gebaut wird (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO).
30 
2. Die Abstandsfläche darf auch nicht - jedenfalls nicht in voller Tiefe - aufgrund von § 7 Abs. 1 Satz 1 LBO auf dem Grundstück des Klägers liegen. Nach dieser Vorschrift dürfen sich Abstandsflächen, soweit sie auf dem Grundstück selbst liegen müssen, ganz oder teilweise auf ein anderes Grundstück erstrecken, wenn durch Baulast gesichert ist, dass diese Abstandsflächen nicht überbaut werden und auf die auf diesem anderen Grundstück erforderlichen Abstandsflächen nicht angerechnet werden. Zwar besteht vorliegend – zumindest nach Aktenlage - eine derartige Baulast; sie sichert jedoch nicht im erforderlichen Umfang, dass die Abstandsfläche vor der Außenmauer des Treppenhauses nicht auf die auf dem Grundstück des Klägers erforderliche Abstandsfläche angerechnet wird.
31 
a) Nach dem für das - bis zur Kreisreform 1971 - badische Unteruhldingen geltenden § 27 Abs. 1 des badischen Ortsstraßengesetzes vom 30.10.1936 (GVBl. S. 179) hafteten besondere, nicht schon aus den allgemeinen baupolizeilichen Vorschriften sich ergebende Verpflichtungen, welche hinsichtlich der Nichtbebauung von Grundstücksteilen auf Verlangen der Baupolizeibehörde gegenüber dieser Behörde von dem Eigentümer mit Rücksicht auf ein von einem anderen Eigentümer eingereichtes Baugesuch übernommenen wurden, wenn sie in dem Baulastenbuch eingetragen waren, als öffentlich-rechtliche Lasten (Baulasten) auf dem Grundstück und gingen als solche auf jeden späteren Erwerber des Grundstücks über. Der Vater des Klägers hat als dessen Rechtsvorgänger im Zusammenhang mit dem vom Vater des Beigeladenen eingereichten Baugesuch die sich nicht schon aus den allgemeinen baupolizeilichen Vorschriften ergebende Verpflichtung übernommen, mit einem eigenen Vorhaben auf seinem Grundstück Flst. Nr. 400 von der Grenze des Grundstücks Flst. Nr. 401/1 einen Abstand von 4 m einzuhalten. Diese Verpflichtung wurde in das Baulastenbuch der Gemeinde Unteruhldingen eingetragen und liegt daher als öffentlich-rechtliche Last auf dem Grundstück Flst. Nr. 400/2, das insoweit an die Stelle des früheren Grundstücks Flst. Nr. 400 getreten ist. Sie blieb als eigenständige Verpflichtung mangels einer anders lautenden Übergangsregelung in der 1964 in Kraft getretenen Landesbauordnung (vgl. §§ 116 ff. LBO 1964) auch nach Außerkrafttreten des badischen Ortsstraßengesetzes (vgl. § 118 Abs. 1 Nr. 5 LBO 1964) bestehen.
32 
b) Die Baulast ist auch grundsätzlich geeignet, die in § 7 Abs. 1 Satz 1 LBO genannte Rechtsfolge herbeizuführen. Insbesondere fehlt es nicht an dem vom Verwaltungsgericht vermissten Anrechnungsverbot. Der Senat teilt zwar die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Übernahme der Verpflichtung als einseitige Willenserklärung entsprechend § 133 BGB auszulegen und dabei der wirkliche Wille zu erforschen ist. Für die Auslegung des erklärten Willens ist dabei maßgeblich, wie derjenige, für den die Erklärung bestimmt war, also die Baurechtsbehörde, diese nach Treu und Glauben verstehen durfte (sog. „objektiver Empfängerhorizont“, vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.1.2007 – 3 S 1251/06 -, VBlBW 2007, 225 = NVwZ-RR 2007, 662 mwN.). Abweichend von diesem rechtlich zutreffenden Ansatz hat sich das Verwaltungsgericht aber bei seinen Ausführungen nicht am wirklichen Willen des Erklärenden, sondern am objektiven Wortlaut der Erklärung orientiert, indem es darauf abgestellt hat, dass die Übernahme von Abstandsflächen vom Baugrundstück auf das Grundstück des Klägers nicht erklärt worden sei bzw. dass eine Erklärung fehle, wonach die mit dem Überbauungsverbot belegte Fläche nicht auf die auf dem Grundstück des Klägers erforderlichen Abstandsflächen angerechnet werden dürfe. Mit dieser Begründung hat sich das Verwaltungsgericht auf eine Terminologie gestützt, die zum für die Auslegung maßgeblichen Zeitpunkt der Übernahme der Verpflichtung - 1961 - gesetzlich noch nicht vorgesehen war und die dementsprechend auch nicht dem wirklichen Willen des Erklärenden entsprechen konnte. Sowohl den Begriff der Abstandsfläche vor Außenwänden wie auch das Problem der Anrechnung von Abstandsflächen gibt es in dem für § 7 Abs. 1 Satz 1 LBO maßgeblichen Verständnis terminologisch erst seit der Neufassung der Abstandsvorschriften durch die LBO 1983. Zuvor ging das Gesetz – sowohl die LBO 1964 wie auch die badische Bauordnung - von Abständen aus, die u. a. zur Grundstücksgrenze hin eingehalten werden mussten (vgl. § 7 LBO 1964, §§ 31, 32 badBauO). Da dieser Abstand bei Gebäuden auf benachbarten Grundstücken von beiden Gebäuden einzuhalten war, entsprach der Abstand zwischen den Gebäuden dem doppelten Abstand von der Grenze. Auf diese Rechtslage bezog sich erkennbar das Schreiben des Landratsamtes Überlingen vom 13.3.1961 an den Vater des Beigeladenen, worin darauf hingewiesen wurde, dass gemäß § 2 (3) der Kreisbauordnung für den Landkreis Überlingen vom 11.6.1959 die Hauptgebäude von den seitlich angrenzenden Nachbargrundstücken einen Grenzabstand von mind. 3,00 m einhalten müssten und dass daher angesichts des bei dem geplanten Vorhaben beidseitig nur verbleibenden Grenzabstands von 2,00 m das Baugesuch nur dann genehmigungsfähig sei, wenn durch Übernahme von Baulasten durch die Eigentümer der Nachbargrundstücke sichergestellt sei, dass von den Umfassungswänden des Gebäudes bei der künftigen Bebauung der Nachbargrundstücke ein Abstand von mindestens 6,00 m eingehalten werde. Wenn sich der Vater des Klägers in der Folge zur Nichtüberbauung seines Grundstücks in einem Abstand von 4 m von der gemeinsamen Grundstücksgrenze verpflichtete, sollte damit offensichtlich dieser behördlichen Forderung Rechnung getragen werden. Denn damit war trotz des auf dem Baugrundstück seinerzeit nur vorgesehenen und vom Vater des Klägers auch vertraglich zugestandenen geringeren Grenzabstand von 2 m insgesamt gleichwohl ein Gebäudeabstand von 6 m gewährleistet. Das Gebäude des Klägers war daher so zu errichten, als ob die gemeinsame Grenze um 1 m nach Westen verschoben worden wäre. Damit war aber eine Situation geschaffen, die in ihren rechtlichen Wirkungen dem Anrechnungsverbot nach heutiger Rechtslage entspricht. Denn auch das heutige Anrechnungsverbot dient der Sache nach der Gewährleistung des beschriebenen Gebäudeabstands. Regelungsgehalt der Vorschriften über die Abstandsflächen ist, dass sie nicht überbaut werden (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 LBO) und dass sie sich grundsätzlich nicht überdecken dürfen (vgl. § 5 Abs. 3 Satz 1 LBO). Die Abstandsflächen dürfen also auch dann, wenn sie auf dem Nachbargrundstück liegen, nicht überbaut und nicht von den aufgrund der dortigen Bebauung notwendigen Abstandsflächen überdeckt werden; das ist gemeint, wenn das Gesetz davon spricht, dass sie nicht angerechnet werden dürfen. In diesem Sinn ist es daher gerechtfertigt, die Konsequenzen der Baulastübernahme für den Grundstücksnachbarn mit einer fiktiven Grenzverschiebung zu umschreiben (vgl. Senatsbeschluss vom 30.7.2001 - 8 S 1485/01 - VBlBW 2002, 127; Senatsurteil vom 27.10.2000 - 8 S 1445/00 - VBlBW 2001, 188; Senatsbeschluss vom 14.12.1990 - 8 S 2440/90 - VGHBW-Ls 1991, Beilage 3, B 8).
33 
c) Aus all dem ergibt sich aber auch, dass von den 4 m auf dem Grundstück des Klägers nur 1 m dem zu geringen Grenzabstand des Gebäudes auf dem Baugrundstück geschuldet war, die restlichen 3 m aber dem Grenzabstand eines zukünftigen Gebäudes auf dem Grundstück des Vaters des Klägers dienen sollten. Das bedeutet, dass die für das Vorhaben des Beigeladenen zur Verfügung stehende Abstandsflächentiefe maximal 1,50 m beträgt. Dieses Maß genügt aber selbst dann nicht, wenn man einen Fall abstandsrechtlicher Privilegierung in Betracht zieht.
34 
(1) Nach § 5 Abs. 6 Nr. 2 LBO außer Betracht bleiben kann das Treppenhaus nicht, weil es auch von der „verschobenen“ Nachbargrenze nicht mindestens 2 m entfernt bleibt. Außerdem ist zweifelhaft, ob es sich um einen Vorbau in diesem Sinn handelt. Auch wenn sich solche Vorbauten nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs über die gesamte Gebäudehöhe erstrecken können (vgl. VGH Bad.-Württ. Beschluss vom 6.9.1996 - 5 S 2049/96 - VBlBW 1997, 144), muss der Vorbau dennoch in seiner räumlichen Ausdehnung im Verhältnis zum Baukörper des Hauptgebäudes deutlich untergeordnet sein. Er muss sich für den objektiven Betrachter noch als vorgebauter Annex und nicht bereits als angebauter Teil des Hauptgebäudes darstellen. Die Außenwand muss noch optisch prägend in Erscheinung treten (vgl. VGH Bad.-Württ. Beschluss vom 22.6.1993 - 3 S 379/93 - VGHBW-Ls 1993, Beil. 9, B 12). Der Vorbau darf also beispielsweise die Außenwand in ihren Ausmaßen nicht überschreiten. Ein Vorbau, der höher als die Außenwand ist und somit in den Dachraum hineinragt, kann nicht mehr nach § 5 Abs. 6 Nr. 2 LBO privilegiert sein (vgl. Senatsbeschluss vom 4.7.2003 - 8 S 1251/03 -). Zwar bietet die vorgeschriebene Größenbeschränkung von maximal 5 m Breite und 1,5 m Tiefe insoweit einen gewissen Anhaltspunkt (vgl. LT-DrS. 11/5337, 81); gleichwohl ist der Vorbau zusätzlich noch in Beziehung zum Gebäude, insbesondere zu der dazugehörenden Außenwand zu setzen. So ist eine Wand, die 5 m breit ist und 1,5 m vortritt, dann kein für die Berechnung der Abstandsflächentiefe unbeachtlicher Vorbau, wenn die dazugehörende Außenwand insgesamt nur 10 m breit ist und daher ihrerseits gegenüber dem Vorbau nur unter- bzw. allenfalls gleichgeordnet in Erscheinung tritt. So liegt der Fall hier: Die Außenwand des Gebäudes bietet vom Grundstück des Klägers aus betrachtet aufgrund ihrer Gliederung in einzelne Abschnitte (rückwärtiger, mittlerer und vorderer Gebäudeteil) im Verhältnis zum grenznäheren, in der Mitte liegenden Treppenhaus keinen einheitlichen dominierenden Eindruck. Vielmehr erscheint die Außenwand des Treppenhauses eher als gleichberechtigter Teil dieser Gliederung. Gegenüber dem rückwärtigen Gebäudeteil fehlt es bereits von der Breite her an einem eindeutigen Über-/Unterordnungsverhältnis; dies gilt auch gegenüber dem vorderen Gebäudeteil, der schon wegen der geringeren Höhe – jedenfalls von außen betrachtet - seinerseits eher den Eindruck eines (südlichen) Anbaus vermittelt.
35 
(2) Auch das sog. Schmalseitenprivileg nach § 5 Abs. 7 iVm. Abs. 8 LBO führt zu keiner Abstandsflächentiefe, die bei der gegebenen Sachlage das Vorhaben abstandsrechtlich unbedenklich machen würde. Denn selbst wenn man die maßgebliche tatsächliche Wandhöhe unberücksichtigt lassen würde, müsste vor der weniger als 5 m breiten Außenwand zumindest eine Abstandsfläche mit einer Tiefe von 2 m liegen, was jedoch – wie gezeigt - nicht der Fall ist.
36 
3. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht auch die Verpflichtung der Baurechtsbehörde verneint, eine geringere Abstandsflächentiefe nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO zuzulassen. Denn die von der Rechtsprechung geforderte Sondersituation auf dem Nachbargrundstück liegt ersichtlich nicht vor. Nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO sind geringere Tiefen der Abstandsflächen zuzulassen, wenn Beleuchtung mit Tageslicht sowie Belüftung in ausreichendem Maße gewährleistet bleiben, Gründe des Brandschutzes nicht entgegenstehen und, soweit die Tiefe der Abstandsflächen die Maße des § 5 Abs. 7 Satz 3 unterschreitet, nachbarliche Belange nicht erheblich beeinträchtigt werden. Nach der Rechtsprechung aller mit Baurechtssachen befassten Senate des erkennenden Gerichtshofs ist dabei von der normativen Wertung auszugehen, dass eine erhebliche Beeinträchtigung nachbarlicher Belange regelmäßig dann vorliegt, wenn der nachbarschützende Teil der Abstandsflächentiefe unterschritten wird, gleichgültig, ob die Unterschreitung gravierend oder geringfügig ist (vgl. u. a. Senatsbeschlüsse vom 4.7.2003 - 8 S 1251/03 - und vom 8.10.1996 - 8 S 2566/96 - BRS 58 Nr. 109; Beschluss vom 13.6.2003 – 3 S 938/03 -, BauR 2003, 1549 = BRS 66 Nr. 129; Urteil vom 10.10.2002 - 5 S 1655/01 -, BauR 2003, 1201 = BRS 65 Nr. 121; Beschluss vom 26.4.2002 – 5 S 629/02 - VBlBW 2002, 445). Nachbarliche Belange sind in einem solchen Fall nur dann nicht erheblich beeinträchtigt, wenn die vorhandene Situation in Bezug auf das Nachbargrundstück durch bauordnungsrechtlich relevante Besonderheiten gekennzeichnet ist, die das Interesse des Nachbarn an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandstiefe deutlich mindern oder als weniger schutzwürdig erscheinen lassen (vgl. Senatsurteil vom 8.11.1999 - 8 S 1668/999 - BRS 62 Nr. 94); auf eine Interessenabwägung kommt es dagegen - wie schon das Verwaltungsgericht hervorgehoben hat - nicht an (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 29.1.1999 - 5 S 2971/98 -, VBlBW 1999, 347 = NVwZ-RR 1999, 491 = BRS 62 Nr 132; Beschluss vom 10.3.1999 - 3 S 332/99 -, VGHBW-Ls 1999, Beilage 5, B 4). Solche Besonderheiten können beispielsweise vorliegen bei unterschiedlicher Höhenlage beider Grundstücke, d. h. wenn das Baugrundstück wesentlich tiefer liegt als das Nachbargrundstück, bei einem ungewöhnlichen Zuschnitt des Nachbargrundstücks, der dessen Bebauung in dem dem geplanten Gebäude gegenüberliegenden Bereich praktisch ausschließt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.10.1996 - 3 S 2205/94 - VBlBW 1997, 266; Beschluss vom 12.9.1996 - 5 S 2232/96 - VBlBW 1997, 221) oder bei schmalen oder topographisch besonders gelagerten Grundstücken, die weder bebaut noch sonst gärtnerisch oder zu Freizeitzwecken sinnvoll genutzt werden können (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.9.1999, - 3 S 1437/99 - VGHBW-Ls 1999, Beil. 12, B 4), wie bei einem als Zufahrt genutzten Grundstücksteil (vgl. Senatsbeschluss vom 19.12.1996 - 8 S 3190/96 - BRS 59 Nr. 107). Aber auch bei einem vorhandenen grenznahen Gebäude auf dem Nachbargrundstück, das die verlässliche Aussage zulässt, dass durch das konkrete Bauvorhaben keine oder nur eine unerhebliche Beeinträchtigung verursacht wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 26.4.2002 a.a.O.), wie z.B. einer privilegierten Grenzgarage (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 25.1.2000 - 5 S 2996/99 -, VBlBW 2000, 286; Beschluss vom 12.9.1996, aaO.) oder einer Grenzmauer, die das Vorhaben verdeckt (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 25.1.2000, a.a.O.), und auch bei erklärtem Einverständnis des Nachbarn (vgl. Senatsurteil vom 8.11.1999, a.a.O.) liegt eine Sondersituation in diesem Sinn vor.
37 
Keine der genannten Sondersituationen ist hier gegeben. Zwar liegt das Baugrundstück insgesamt gesehen tiefer als das Grundstück des Klägers; jedoch ergibt sich daraus keine die Abweichung von der regulären Abstandsflächentiefe rechtfertigende Situation. Denn die für die Abstandsflächentiefe maßgebliche Außenwand des Treppenhauses beginnt im Wesentlichen auf der Höhe der an der Grenze bestehenden Grundstücksoberfläche des Nachbargrundstücks, so dass sich die tiefere Lage des Gesamtgebäudes für den Kläger nicht in entscheidendem Umfang entlastend auswirkt. Ebenso wenig ist der Fall eines ungewöhnlichen Grundstückszuschnitts gegeben, aufgrund dessen das Nachbargrundstück an dieser Stelle nicht bebaut werden kann. Denn das Grundstück ist in dem gegenüberliegenden Bereich tatsächlich bebaut; dass die Bebauung nicht bis zur Grenze reicht, hat keine tatsächlichen, sondern rechtliche Gründe, nämlich die Einhaltung der Abstandsflächenvorschriften bzw. der Baulast. Aber selbst wenn man in diesem Zusammenhang grundsätzlich auch Besonderheiten rechtlicher Art in Betracht ziehen würde (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 18.12.2007 - 3 S 2107/07 -, VBlBW 2008, 190), ergäbe sich daraus vorliegend keine Sondersituation, weil die Baulast gerade die Einhaltung von Abständen gewährleisten soll und daher nicht das Interesse des Klägers daran mindert. Und schließlich geht auch die Annahme des Beklagten fehl, dass die Grenzgarage als ein vorhandenes grenznahes Gebäude eine Sondersituation begründe. Die Garage lässt nicht die verlässliche Aussage zu, dass durch das konkrete Bauvorhaben keine oder nur eine unerhebliche Beeinträchtigung verursacht wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 26.4.2002, a.a.O.), weil die Garage und das Bauvorhaben nicht im selben Grenzbereich liegen. Anhaltspunkte für die Annahme einer durch andere Umstände begründeten Sondersituation sind ebenfalls nicht ersichtlich.
38 
4. Der Kläger ist auch nicht durch den Grundsatz von Treu und Glauben gehindert, den Abstandsflächenverstoß geltend zu machen. Zwar gilt nach der Rechtsprechung, dass ein Nachbar, der seinerseits den erforderlichen Grenzabstand nicht einhält, nach dem Grundsatz von Treu und Glauben daran gehindert ist, die Verletzung des Grenzabstands zu rügen, wenn die Verletzung nachbarschützender Abstandsregelungen durch das angegriffene Vorhaben nicht schwerer wiegt als der eigene Verstoß und in gefahrenrechtlicher Hinsicht keine völlig untragbaren Zustände entstehen (vgl. VGH Bad.-Württ. Urteil vom 18.11.2002 - 3 S 882/02 -, VBlBW 2003, 235). Denn es ist bereits nicht ersichtlich, dass der Kläger selbst mit seiner Grenzgarage den erforderlichen Grenzabstand nicht einhält. Nach der zum Zeitpunkt der Genehmigung der Garage geltenden Rechtslage war sie als privilegiertes Gebäude unter Einhaltung der gesetzlichen Maße an der Grenze zulässig (vgl. § 7 Abs. 3 LBO 1972). Eine Terrassennutzung, die eventuell zu einer Entprivilegierung hätte führen können (vgl. insoweit zu § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBO 1983: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 1.3.1995 - 3 S 1121/94 -, VBlBW 1995, 321; siehe aber auch Senatsurteil vom 24.7.1998 - 8 S 1306/98 -, VBlBW 1999, 64) wurde nicht genehmigt; der Augenschein hat auch keinen Anhaltspunkt dafür erbracht, dass das Dach der Garage faktisch als Terrasse genutzt wird. Ob die bestehende Baulast der Errichtung der privilegierten Garage entgegenstand (in diesem Sinn § 10 Abs. 4 2. HS LBO 1972 interpretierend Senatsurteil vom 7.4.1978 - VIII 2147/77 -; anders dagegen Sauter, LBO, Kommentar, Stand September 1979, § 10 Rn. 4; s. a. § 7 Abs. 1 Satz 2 LBO in der aktuellen Fassung), kann offen bleiben; denn jedenfalls würde die dadurch vorliegende Verletzung der Abstandsflächenvorschriften gegenüber derjenigen durch das aufsteigende Treppenhaus ersichtlich weniger schwer wiegen, da die Grenzgarage im hinteren Bereich gänzlich von Erde bedeckt ist.
39 
5. Erweist sich die Baugenehmigung somit bereits aufgrund des Verstoßes gegen die Abstandsflächenvorschriften als rechtswidrig, braucht auf die vom Kläger außerdem noch geltend gemachten brandschutzrechtlichen Bedenken nicht weiter eingegangen zu werden.
40 
6. Das Verwaltungsgericht hat es auch zutreffend abgelehnt, die Baugenehmigung im Hinblick darauf nur teilweise aufzuheben, dass der genehmigte Um- und Erweiterungsbau in seinem überwiegenden Umfang nachbarschützende Vorschriften nicht tangiert, denn eine solche Teilaufhebung kommt mangels Teilbarkeit der Baugenehmigung nicht in Betracht (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Auflage 2007, § 113 Rn. 16 m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 3.11.1982 - 3 S 1168/82 -, VBlBW 1983, 266).
41 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
42 
Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
43 
Beschluss vom 10. April 2008
44 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 7.500 EUR festgesetzt.
45 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
25 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtene Baugenehmigung vom 15.4.2005 und den Widerspruchsbescheid vom 15.11.2005 im Ergebnis zu Recht aufgehoben. Die Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
I.
26 
Die Rechtskraft der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 18.7.2002 - 2 K 913/01 - steht weder der Zulässigkeit der Anfechtungsklage gegen die Baugenehmigung vom 15.4.2005 noch der gerichtlichen Sachprüfung (vgl. hierzu: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 121 Rdnr. 26 mwN.) entgegen. Nach § 121 Nr. 1 VwGO binden rechtskräftige Urteile, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist, die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger. In dem zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits am 18.7.2002 ergangenen rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts wurde die dem Beigeladenen am 27.10.1998 erteilte Baugenehmigung wegen eines Verstoßes gegen die Abstandsflächenvorschriften und die Brandschutzvorschriften aufgehoben. Das vorliegende Verfahren betrifft nicht erneut diese bereits aufgehobene Baugenehmigung aus dem Jahre 1998, sondern eine andere neue Baugenehmigung vom 15.4.2005, über deren Rechtmäßigkeit bisher noch nicht entschieden worden ist und über die daher im vorliegenden Verfahren entschieden werden kann, ohne dass gegen die Zulässigkeit der Anfechtungsklage rechtliche Bedenken bestünden (vgl. BVerwG, Urteil vom 8.12.1992 - 1 C 12/92 -, NVwZ 1993, 672 mwN.).
27 
Dem beklagten Land war es auch nicht infolge der Rechtskraftwirkung des Urteils vom 18.7.2002 verwehrt, auf den erneuten Genehmigungsantrag des Beigeladenen die nunmehr angefochtene Baugenehmigung zu erlassen. Zwar erfasst die Rechtskraftwirkung in dem in § 121 VwGO umschriebenen Rahmen auch nachfolgende Verwaltungsakte. Damit soll verhindert werden, dass die aus einem festgestellten Tatbestand hergeleitete Rechtsfolge, über die durch ein Urteil rechtskräftig entschieden worden ist, erneut zum Gegenstand eines Verfahrens zwischen denselben Parteien gemacht wird. Im Falle einer erfolgreichen Anfechtungsklage darf die im Vorprozess unterlegene Behörde bei unveränderter Sach- und Rechtslage nicht den gleichen Verwaltungsakt aus den vom Gericht missbilligten Gründen erneut erlassen (vgl. BVerwG, a.a.O.). Vorliegend hat sich die maßgebliche Sachlage jedoch verändert. Der zur Genehmigung gestellte Bauantrag vom 3.12.2004 betrifft zwar insgesamt gesehen das gleiche Vorhaben; in wesentlichen Details sind jedoch Veränderungen vorgenommen worden, die eine für die Entscheidung relevante neue Sachlage begründeten. Denn die Änderungen betrafen u. a. den Brandschutz und die Verkürzung der dem Grundstück des Klägers zugewandten grenznahen Außenwand und waren somit für die Prüfung von Vorschriften bedeutsam, auf deren Verletzung die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zugunsten des Klägers gestützt worden war. Ob diese Veränderungen es letztlich rechtfertigten, die Baugenehmigung zu erteilen, ist eine Frage, die sich erst auf der Ebene der materiell-rechtlichen Prüfung stellt und keinen Einfluss auf die Sachprüfungsbefugnis des Gerichts unter dem Gesichtspunkt der Rechtskraftwirkung des vorangegangenen Urteils hat.
II.
28 
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist auch im Übrigen nicht zu beanstanden, da die Baugenehmigung vom 15.4.2005 nicht hätte erteilt werden dürfen; dem Vorhaben stehen die Vorschriften der Landesbauordnung über die Abstandsflächen entgegen (vgl. § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO).
29 
1. Die nach § 5 Abs. 1 Satz 1 LBO erforderliche Abstandsfläche vor der nordwestlichen Außenwand des Treppenhauses liegt nicht – wie nach § 5 Abs. 2 Satz 1 LBO für den Regelfall vorgesehen – auf dem Baugrundstück selbst, sondern zu einem erheblichen Teil auf dem Grundstück des Klägers. Anhaltspunkte dafür, dass aus planungsrechtlichen Gründen eine Abstandsfläche nicht erforderlich ist, bestehen nicht; außerdem wäre selbst bei einer nach Planungsrecht möglichen Grenzbebauung nicht öffentlich-rechtlich gesichert, dass auf dem Nachbargrundstück ebenfalls an die Grenze gebaut wird (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO).
30 
2. Die Abstandsfläche darf auch nicht - jedenfalls nicht in voller Tiefe - aufgrund von § 7 Abs. 1 Satz 1 LBO auf dem Grundstück des Klägers liegen. Nach dieser Vorschrift dürfen sich Abstandsflächen, soweit sie auf dem Grundstück selbst liegen müssen, ganz oder teilweise auf ein anderes Grundstück erstrecken, wenn durch Baulast gesichert ist, dass diese Abstandsflächen nicht überbaut werden und auf die auf diesem anderen Grundstück erforderlichen Abstandsflächen nicht angerechnet werden. Zwar besteht vorliegend – zumindest nach Aktenlage - eine derartige Baulast; sie sichert jedoch nicht im erforderlichen Umfang, dass die Abstandsfläche vor der Außenmauer des Treppenhauses nicht auf die auf dem Grundstück des Klägers erforderliche Abstandsfläche angerechnet wird.
31 
a) Nach dem für das - bis zur Kreisreform 1971 - badische Unteruhldingen geltenden § 27 Abs. 1 des badischen Ortsstraßengesetzes vom 30.10.1936 (GVBl. S. 179) hafteten besondere, nicht schon aus den allgemeinen baupolizeilichen Vorschriften sich ergebende Verpflichtungen, welche hinsichtlich der Nichtbebauung von Grundstücksteilen auf Verlangen der Baupolizeibehörde gegenüber dieser Behörde von dem Eigentümer mit Rücksicht auf ein von einem anderen Eigentümer eingereichtes Baugesuch übernommenen wurden, wenn sie in dem Baulastenbuch eingetragen waren, als öffentlich-rechtliche Lasten (Baulasten) auf dem Grundstück und gingen als solche auf jeden späteren Erwerber des Grundstücks über. Der Vater des Klägers hat als dessen Rechtsvorgänger im Zusammenhang mit dem vom Vater des Beigeladenen eingereichten Baugesuch die sich nicht schon aus den allgemeinen baupolizeilichen Vorschriften ergebende Verpflichtung übernommen, mit einem eigenen Vorhaben auf seinem Grundstück Flst. Nr. 400 von der Grenze des Grundstücks Flst. Nr. 401/1 einen Abstand von 4 m einzuhalten. Diese Verpflichtung wurde in das Baulastenbuch der Gemeinde Unteruhldingen eingetragen und liegt daher als öffentlich-rechtliche Last auf dem Grundstück Flst. Nr. 400/2, das insoweit an die Stelle des früheren Grundstücks Flst. Nr. 400 getreten ist. Sie blieb als eigenständige Verpflichtung mangels einer anders lautenden Übergangsregelung in der 1964 in Kraft getretenen Landesbauordnung (vgl. §§ 116 ff. LBO 1964) auch nach Außerkrafttreten des badischen Ortsstraßengesetzes (vgl. § 118 Abs. 1 Nr. 5 LBO 1964) bestehen.
32 
b) Die Baulast ist auch grundsätzlich geeignet, die in § 7 Abs. 1 Satz 1 LBO genannte Rechtsfolge herbeizuführen. Insbesondere fehlt es nicht an dem vom Verwaltungsgericht vermissten Anrechnungsverbot. Der Senat teilt zwar die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Übernahme der Verpflichtung als einseitige Willenserklärung entsprechend § 133 BGB auszulegen und dabei der wirkliche Wille zu erforschen ist. Für die Auslegung des erklärten Willens ist dabei maßgeblich, wie derjenige, für den die Erklärung bestimmt war, also die Baurechtsbehörde, diese nach Treu und Glauben verstehen durfte (sog. „objektiver Empfängerhorizont“, vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.1.2007 – 3 S 1251/06 -, VBlBW 2007, 225 = NVwZ-RR 2007, 662 mwN.). Abweichend von diesem rechtlich zutreffenden Ansatz hat sich das Verwaltungsgericht aber bei seinen Ausführungen nicht am wirklichen Willen des Erklärenden, sondern am objektiven Wortlaut der Erklärung orientiert, indem es darauf abgestellt hat, dass die Übernahme von Abstandsflächen vom Baugrundstück auf das Grundstück des Klägers nicht erklärt worden sei bzw. dass eine Erklärung fehle, wonach die mit dem Überbauungsverbot belegte Fläche nicht auf die auf dem Grundstück des Klägers erforderlichen Abstandsflächen angerechnet werden dürfe. Mit dieser Begründung hat sich das Verwaltungsgericht auf eine Terminologie gestützt, die zum für die Auslegung maßgeblichen Zeitpunkt der Übernahme der Verpflichtung - 1961 - gesetzlich noch nicht vorgesehen war und die dementsprechend auch nicht dem wirklichen Willen des Erklärenden entsprechen konnte. Sowohl den Begriff der Abstandsfläche vor Außenwänden wie auch das Problem der Anrechnung von Abstandsflächen gibt es in dem für § 7 Abs. 1 Satz 1 LBO maßgeblichen Verständnis terminologisch erst seit der Neufassung der Abstandsvorschriften durch die LBO 1983. Zuvor ging das Gesetz – sowohl die LBO 1964 wie auch die badische Bauordnung - von Abständen aus, die u. a. zur Grundstücksgrenze hin eingehalten werden mussten (vgl. § 7 LBO 1964, §§ 31, 32 badBauO). Da dieser Abstand bei Gebäuden auf benachbarten Grundstücken von beiden Gebäuden einzuhalten war, entsprach der Abstand zwischen den Gebäuden dem doppelten Abstand von der Grenze. Auf diese Rechtslage bezog sich erkennbar das Schreiben des Landratsamtes Überlingen vom 13.3.1961 an den Vater des Beigeladenen, worin darauf hingewiesen wurde, dass gemäß § 2 (3) der Kreisbauordnung für den Landkreis Überlingen vom 11.6.1959 die Hauptgebäude von den seitlich angrenzenden Nachbargrundstücken einen Grenzabstand von mind. 3,00 m einhalten müssten und dass daher angesichts des bei dem geplanten Vorhaben beidseitig nur verbleibenden Grenzabstands von 2,00 m das Baugesuch nur dann genehmigungsfähig sei, wenn durch Übernahme von Baulasten durch die Eigentümer der Nachbargrundstücke sichergestellt sei, dass von den Umfassungswänden des Gebäudes bei der künftigen Bebauung der Nachbargrundstücke ein Abstand von mindestens 6,00 m eingehalten werde. Wenn sich der Vater des Klägers in der Folge zur Nichtüberbauung seines Grundstücks in einem Abstand von 4 m von der gemeinsamen Grundstücksgrenze verpflichtete, sollte damit offensichtlich dieser behördlichen Forderung Rechnung getragen werden. Denn damit war trotz des auf dem Baugrundstück seinerzeit nur vorgesehenen und vom Vater des Klägers auch vertraglich zugestandenen geringeren Grenzabstand von 2 m insgesamt gleichwohl ein Gebäudeabstand von 6 m gewährleistet. Das Gebäude des Klägers war daher so zu errichten, als ob die gemeinsame Grenze um 1 m nach Westen verschoben worden wäre. Damit war aber eine Situation geschaffen, die in ihren rechtlichen Wirkungen dem Anrechnungsverbot nach heutiger Rechtslage entspricht. Denn auch das heutige Anrechnungsverbot dient der Sache nach der Gewährleistung des beschriebenen Gebäudeabstands. Regelungsgehalt der Vorschriften über die Abstandsflächen ist, dass sie nicht überbaut werden (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 LBO) und dass sie sich grundsätzlich nicht überdecken dürfen (vgl. § 5 Abs. 3 Satz 1 LBO). Die Abstandsflächen dürfen also auch dann, wenn sie auf dem Nachbargrundstück liegen, nicht überbaut und nicht von den aufgrund der dortigen Bebauung notwendigen Abstandsflächen überdeckt werden; das ist gemeint, wenn das Gesetz davon spricht, dass sie nicht angerechnet werden dürfen. In diesem Sinn ist es daher gerechtfertigt, die Konsequenzen der Baulastübernahme für den Grundstücksnachbarn mit einer fiktiven Grenzverschiebung zu umschreiben (vgl. Senatsbeschluss vom 30.7.2001 - 8 S 1485/01 - VBlBW 2002, 127; Senatsurteil vom 27.10.2000 - 8 S 1445/00 - VBlBW 2001, 188; Senatsbeschluss vom 14.12.1990 - 8 S 2440/90 - VGHBW-Ls 1991, Beilage 3, B 8).
33 
c) Aus all dem ergibt sich aber auch, dass von den 4 m auf dem Grundstück des Klägers nur 1 m dem zu geringen Grenzabstand des Gebäudes auf dem Baugrundstück geschuldet war, die restlichen 3 m aber dem Grenzabstand eines zukünftigen Gebäudes auf dem Grundstück des Vaters des Klägers dienen sollten. Das bedeutet, dass die für das Vorhaben des Beigeladenen zur Verfügung stehende Abstandsflächentiefe maximal 1,50 m beträgt. Dieses Maß genügt aber selbst dann nicht, wenn man einen Fall abstandsrechtlicher Privilegierung in Betracht zieht.
34 
(1) Nach § 5 Abs. 6 Nr. 2 LBO außer Betracht bleiben kann das Treppenhaus nicht, weil es auch von der „verschobenen“ Nachbargrenze nicht mindestens 2 m entfernt bleibt. Außerdem ist zweifelhaft, ob es sich um einen Vorbau in diesem Sinn handelt. Auch wenn sich solche Vorbauten nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs über die gesamte Gebäudehöhe erstrecken können (vgl. VGH Bad.-Württ. Beschluss vom 6.9.1996 - 5 S 2049/96 - VBlBW 1997, 144), muss der Vorbau dennoch in seiner räumlichen Ausdehnung im Verhältnis zum Baukörper des Hauptgebäudes deutlich untergeordnet sein. Er muss sich für den objektiven Betrachter noch als vorgebauter Annex und nicht bereits als angebauter Teil des Hauptgebäudes darstellen. Die Außenwand muss noch optisch prägend in Erscheinung treten (vgl. VGH Bad.-Württ. Beschluss vom 22.6.1993 - 3 S 379/93 - VGHBW-Ls 1993, Beil. 9, B 12). Der Vorbau darf also beispielsweise die Außenwand in ihren Ausmaßen nicht überschreiten. Ein Vorbau, der höher als die Außenwand ist und somit in den Dachraum hineinragt, kann nicht mehr nach § 5 Abs. 6 Nr. 2 LBO privilegiert sein (vgl. Senatsbeschluss vom 4.7.2003 - 8 S 1251/03 -). Zwar bietet die vorgeschriebene Größenbeschränkung von maximal 5 m Breite und 1,5 m Tiefe insoweit einen gewissen Anhaltspunkt (vgl. LT-DrS. 11/5337, 81); gleichwohl ist der Vorbau zusätzlich noch in Beziehung zum Gebäude, insbesondere zu der dazugehörenden Außenwand zu setzen. So ist eine Wand, die 5 m breit ist und 1,5 m vortritt, dann kein für die Berechnung der Abstandsflächentiefe unbeachtlicher Vorbau, wenn die dazugehörende Außenwand insgesamt nur 10 m breit ist und daher ihrerseits gegenüber dem Vorbau nur unter- bzw. allenfalls gleichgeordnet in Erscheinung tritt. So liegt der Fall hier: Die Außenwand des Gebäudes bietet vom Grundstück des Klägers aus betrachtet aufgrund ihrer Gliederung in einzelne Abschnitte (rückwärtiger, mittlerer und vorderer Gebäudeteil) im Verhältnis zum grenznäheren, in der Mitte liegenden Treppenhaus keinen einheitlichen dominierenden Eindruck. Vielmehr erscheint die Außenwand des Treppenhauses eher als gleichberechtigter Teil dieser Gliederung. Gegenüber dem rückwärtigen Gebäudeteil fehlt es bereits von der Breite her an einem eindeutigen Über-/Unterordnungsverhältnis; dies gilt auch gegenüber dem vorderen Gebäudeteil, der schon wegen der geringeren Höhe – jedenfalls von außen betrachtet - seinerseits eher den Eindruck eines (südlichen) Anbaus vermittelt.
35 
(2) Auch das sog. Schmalseitenprivileg nach § 5 Abs. 7 iVm. Abs. 8 LBO führt zu keiner Abstandsflächentiefe, die bei der gegebenen Sachlage das Vorhaben abstandsrechtlich unbedenklich machen würde. Denn selbst wenn man die maßgebliche tatsächliche Wandhöhe unberücksichtigt lassen würde, müsste vor der weniger als 5 m breiten Außenwand zumindest eine Abstandsfläche mit einer Tiefe von 2 m liegen, was jedoch – wie gezeigt - nicht der Fall ist.
36 
3. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht auch die Verpflichtung der Baurechtsbehörde verneint, eine geringere Abstandsflächentiefe nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO zuzulassen. Denn die von der Rechtsprechung geforderte Sondersituation auf dem Nachbargrundstück liegt ersichtlich nicht vor. Nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO sind geringere Tiefen der Abstandsflächen zuzulassen, wenn Beleuchtung mit Tageslicht sowie Belüftung in ausreichendem Maße gewährleistet bleiben, Gründe des Brandschutzes nicht entgegenstehen und, soweit die Tiefe der Abstandsflächen die Maße des § 5 Abs. 7 Satz 3 unterschreitet, nachbarliche Belange nicht erheblich beeinträchtigt werden. Nach der Rechtsprechung aller mit Baurechtssachen befassten Senate des erkennenden Gerichtshofs ist dabei von der normativen Wertung auszugehen, dass eine erhebliche Beeinträchtigung nachbarlicher Belange regelmäßig dann vorliegt, wenn der nachbarschützende Teil der Abstandsflächentiefe unterschritten wird, gleichgültig, ob die Unterschreitung gravierend oder geringfügig ist (vgl. u. a. Senatsbeschlüsse vom 4.7.2003 - 8 S 1251/03 - und vom 8.10.1996 - 8 S 2566/96 - BRS 58 Nr. 109; Beschluss vom 13.6.2003 – 3 S 938/03 -, BauR 2003, 1549 = BRS 66 Nr. 129; Urteil vom 10.10.2002 - 5 S 1655/01 -, BauR 2003, 1201 = BRS 65 Nr. 121; Beschluss vom 26.4.2002 – 5 S 629/02 - VBlBW 2002, 445). Nachbarliche Belange sind in einem solchen Fall nur dann nicht erheblich beeinträchtigt, wenn die vorhandene Situation in Bezug auf das Nachbargrundstück durch bauordnungsrechtlich relevante Besonderheiten gekennzeichnet ist, die das Interesse des Nachbarn an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandstiefe deutlich mindern oder als weniger schutzwürdig erscheinen lassen (vgl. Senatsurteil vom 8.11.1999 - 8 S 1668/999 - BRS 62 Nr. 94); auf eine Interessenabwägung kommt es dagegen - wie schon das Verwaltungsgericht hervorgehoben hat - nicht an (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 29.1.1999 - 5 S 2971/98 -, VBlBW 1999, 347 = NVwZ-RR 1999, 491 = BRS 62 Nr 132; Beschluss vom 10.3.1999 - 3 S 332/99 -, VGHBW-Ls 1999, Beilage 5, B 4). Solche Besonderheiten können beispielsweise vorliegen bei unterschiedlicher Höhenlage beider Grundstücke, d. h. wenn das Baugrundstück wesentlich tiefer liegt als das Nachbargrundstück, bei einem ungewöhnlichen Zuschnitt des Nachbargrundstücks, der dessen Bebauung in dem dem geplanten Gebäude gegenüberliegenden Bereich praktisch ausschließt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.10.1996 - 3 S 2205/94 - VBlBW 1997, 266; Beschluss vom 12.9.1996 - 5 S 2232/96 - VBlBW 1997, 221) oder bei schmalen oder topographisch besonders gelagerten Grundstücken, die weder bebaut noch sonst gärtnerisch oder zu Freizeitzwecken sinnvoll genutzt werden können (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.9.1999, - 3 S 1437/99 - VGHBW-Ls 1999, Beil. 12, B 4), wie bei einem als Zufahrt genutzten Grundstücksteil (vgl. Senatsbeschluss vom 19.12.1996 - 8 S 3190/96 - BRS 59 Nr. 107). Aber auch bei einem vorhandenen grenznahen Gebäude auf dem Nachbargrundstück, das die verlässliche Aussage zulässt, dass durch das konkrete Bauvorhaben keine oder nur eine unerhebliche Beeinträchtigung verursacht wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 26.4.2002 a.a.O.), wie z.B. einer privilegierten Grenzgarage (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 25.1.2000 - 5 S 2996/99 -, VBlBW 2000, 286; Beschluss vom 12.9.1996, aaO.) oder einer Grenzmauer, die das Vorhaben verdeckt (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 25.1.2000, a.a.O.), und auch bei erklärtem Einverständnis des Nachbarn (vgl. Senatsurteil vom 8.11.1999, a.a.O.) liegt eine Sondersituation in diesem Sinn vor.
37 
Keine der genannten Sondersituationen ist hier gegeben. Zwar liegt das Baugrundstück insgesamt gesehen tiefer als das Grundstück des Klägers; jedoch ergibt sich daraus keine die Abweichung von der regulären Abstandsflächentiefe rechtfertigende Situation. Denn die für die Abstandsflächentiefe maßgebliche Außenwand des Treppenhauses beginnt im Wesentlichen auf der Höhe der an der Grenze bestehenden Grundstücksoberfläche des Nachbargrundstücks, so dass sich die tiefere Lage des Gesamtgebäudes für den Kläger nicht in entscheidendem Umfang entlastend auswirkt. Ebenso wenig ist der Fall eines ungewöhnlichen Grundstückszuschnitts gegeben, aufgrund dessen das Nachbargrundstück an dieser Stelle nicht bebaut werden kann. Denn das Grundstück ist in dem gegenüberliegenden Bereich tatsächlich bebaut; dass die Bebauung nicht bis zur Grenze reicht, hat keine tatsächlichen, sondern rechtliche Gründe, nämlich die Einhaltung der Abstandsflächenvorschriften bzw. der Baulast. Aber selbst wenn man in diesem Zusammenhang grundsätzlich auch Besonderheiten rechtlicher Art in Betracht ziehen würde (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 18.12.2007 - 3 S 2107/07 -, VBlBW 2008, 190), ergäbe sich daraus vorliegend keine Sondersituation, weil die Baulast gerade die Einhaltung von Abständen gewährleisten soll und daher nicht das Interesse des Klägers daran mindert. Und schließlich geht auch die Annahme des Beklagten fehl, dass die Grenzgarage als ein vorhandenes grenznahes Gebäude eine Sondersituation begründe. Die Garage lässt nicht die verlässliche Aussage zu, dass durch das konkrete Bauvorhaben keine oder nur eine unerhebliche Beeinträchtigung verursacht wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 26.4.2002, a.a.O.), weil die Garage und das Bauvorhaben nicht im selben Grenzbereich liegen. Anhaltspunkte für die Annahme einer durch andere Umstände begründeten Sondersituation sind ebenfalls nicht ersichtlich.
38 
4. Der Kläger ist auch nicht durch den Grundsatz von Treu und Glauben gehindert, den Abstandsflächenverstoß geltend zu machen. Zwar gilt nach der Rechtsprechung, dass ein Nachbar, der seinerseits den erforderlichen Grenzabstand nicht einhält, nach dem Grundsatz von Treu und Glauben daran gehindert ist, die Verletzung des Grenzabstands zu rügen, wenn die Verletzung nachbarschützender Abstandsregelungen durch das angegriffene Vorhaben nicht schwerer wiegt als der eigene Verstoß und in gefahrenrechtlicher Hinsicht keine völlig untragbaren Zustände entstehen (vgl. VGH Bad.-Württ. Urteil vom 18.11.2002 - 3 S 882/02 -, VBlBW 2003, 235). Denn es ist bereits nicht ersichtlich, dass der Kläger selbst mit seiner Grenzgarage den erforderlichen Grenzabstand nicht einhält. Nach der zum Zeitpunkt der Genehmigung der Garage geltenden Rechtslage war sie als privilegiertes Gebäude unter Einhaltung der gesetzlichen Maße an der Grenze zulässig (vgl. § 7 Abs. 3 LBO 1972). Eine Terrassennutzung, die eventuell zu einer Entprivilegierung hätte führen können (vgl. insoweit zu § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBO 1983: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 1.3.1995 - 3 S 1121/94 -, VBlBW 1995, 321; siehe aber auch Senatsurteil vom 24.7.1998 - 8 S 1306/98 -, VBlBW 1999, 64) wurde nicht genehmigt; der Augenschein hat auch keinen Anhaltspunkt dafür erbracht, dass das Dach der Garage faktisch als Terrasse genutzt wird. Ob die bestehende Baulast der Errichtung der privilegierten Garage entgegenstand (in diesem Sinn § 10 Abs. 4 2. HS LBO 1972 interpretierend Senatsurteil vom 7.4.1978 - VIII 2147/77 -; anders dagegen Sauter, LBO, Kommentar, Stand September 1979, § 10 Rn. 4; s. a. § 7 Abs. 1 Satz 2 LBO in der aktuellen Fassung), kann offen bleiben; denn jedenfalls würde die dadurch vorliegende Verletzung der Abstandsflächenvorschriften gegenüber derjenigen durch das aufsteigende Treppenhaus ersichtlich weniger schwer wiegen, da die Grenzgarage im hinteren Bereich gänzlich von Erde bedeckt ist.
39 
5. Erweist sich die Baugenehmigung somit bereits aufgrund des Verstoßes gegen die Abstandsflächenvorschriften als rechtswidrig, braucht auf die vom Kläger außerdem noch geltend gemachten brandschutzrechtlichen Bedenken nicht weiter eingegangen zu werden.
40 
6. Das Verwaltungsgericht hat es auch zutreffend abgelehnt, die Baugenehmigung im Hinblick darauf nur teilweise aufzuheben, dass der genehmigte Um- und Erweiterungsbau in seinem überwiegenden Umfang nachbarschützende Vorschriften nicht tangiert, denn eine solche Teilaufhebung kommt mangels Teilbarkeit der Baugenehmigung nicht in Betracht (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Auflage 2007, § 113 Rn. 16 m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 3.11.1982 - 3 S 1168/82 -, VBlBW 1983, 266).
41 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
42 
Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
43 
Beschluss vom 10. April 2008
44 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 7.500 EUR festgesetzt.
45 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 27. März 2014 - 2 K 3527/13 - wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen als Gesamtschuldner.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat es das Verwaltungsgericht abgelehnt, gegen den Antragsgegner eine einstweilige Anordnung gerichtet auf baurechtliches Einschreiten in Form einer Baueinstellungsverfügung gegen die Beigeladene zu erlassen. Die im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, geben zu einer Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts keinen Anlass.
1. a) Die Antragsteller wenden sich mit ihrer Beschwerde gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die auf der ihrem Grundstück zugewandten Seite vorgesehenen Vorbauten hielten den erforderlichen Abstand nicht ein. Das Verwaltungsgericht hat insoweit entschieden, dass es sich bei dem geplanten Vorbau um einen solchen nach § 5 Abs. 6 Nr. 2 LBO handele, weil er nach seiner räumlichen Ausdehnung im Verhältnis zum Baukörper des Hauptgebäudes deutlich untergeordnet sei und sich für den objektiven Betrachter noch als vorgebauter Annex und nicht bereits als angebauter Teil des Hauptgebäudes darstelle. Er erstrecke sich an der Nordseite des Gebäudes über das Unter- und das Erdgeschoss. In der Höhe reiche er über zwei Stockwerke. Im darüber liegenden Dachgeschoss sei ein Balkon vorgesehen. Die um einen knappen Meter vor die Hauptwand tretende Wand weise eine Länge von 4,65 m auf. Der dominierende Eindruck der Hauptwand, die im Erdgeschoss eine Länge von 17,43 m und im Untergeschoss vom 16,06 m aufweise, nicht in Frage gestellt. Da der Vorbau auch mit 2,06 m mehr als 2 m von der Nachbargrenze entfernt bleibe, bleibe er bei der Bemessung der Abstandsflächen außer Betracht.
b) Hiergegen bringen die Antragsteller vor, dass der umstrittene Vorbau zur Grundstücksgrenze ihres Grundstücks nicht im Sinne der Rechtsprechung des beschließenden Gerichtshofs deutlich untergeordnet sei. Zwar halte das vorgestellte Bauteil die in § 5 Abs. 6 Nr. 2 LBO vorgeschriebenen Außenmaße ein, aber es erweise sich nicht als deutlich untergeordnet. Das Verwaltungsgericht habe nicht darauf abgestellt, dass das vorgestellte Bauteil mit seiner Oberkante bis in das Dachgeschoss hineinrage. Im Blick auf seine höhenmäßige Ausdehnung sei es nicht mehr deutlich untergeordnet, sondern stelle vielmehr ein dominantes Bauteil dar. Vom Erdgeschoss bis zur Oberkante der Balkonbrüstung weise es eine Höhe von 6 m auf. Aufgrund der nachgereichten Schnitte errechne sich eine Wandhöhe von 6,18 m. Hinzukomme, dass der Vorbau sich in Form des Balkons fortsetze. Erweise sich das Bauvorhaben aber im Hinblick auf die Abstandsfläche des vorgestellten Bauteils als rechtswidrig, verletze es die rechtlich geschützten Interessen der Antragsteller in Form der Verletzung der gesetzlich vorgeschriebenen Abstandsflächen.
c) Dieses Vorbringen verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg. Denn das Verwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, dass der geplante Vorbau abstandsflächenrechtlich nach § 5 Abs. 6 Nr. 2 LBO privilegiert ist und deshalb bei der Bemessung der Abstandsfläche außer Betracht zu bleiben hat.
aa) Nach dieser Vorschrift bleiben bei der Bemessung der Abstandsfläche Vorbauten wie Wände, Erker, Balkone, Tür- und Fenstervorbauten, wenn sie nicht breiter als 5 m sind, nicht mehr als 1,5 m vortreten und von Nachbargrenzen mindestens 2 m entfernt bleiben, außer Betracht. Vorbauten im Sinne dieser Vorschrift müssen nicht oberhalb der Erdoberfläche oder unterhalb des Daches enden. Sie müssen aber dem hinter ihnen liegenden Gebäude zu- und untergeordnet sein. Ein vor die Außenwand gesetzter Bauteil fällt danach jedenfalls im Grundsatz nur dann unter diesen Begriff, wenn er diese Wand nicht überragt (Senatsbeschluss vom 04.07.2003 - 8 S 1251/03 - juris Rn. 9). Er muss sich für den objektiven Betrachter noch als vorgebauter Annex und nicht bereits als angebauter Teil des Hauptgebäudes darstellen (Senatsurteil vom 15.04.2008 - 8 S 12/07 - VBlBW 2009, 184). Mehrere Vorbauten im Sinne des § 5 Abs. 6 Nr. 2 LBO vor der Außenwand eines Gebäudes sind nach dieser Vorschrift nur dann abstandsflächenrechtlich privilegiert, wenn sie sich in ihrer Gesamtheit unterordnen und das Erscheinungsbild der Außenwand weiterhin dominiert (vgl. Sauter, LBO, 3. Aufl., Stand: März 2010, § 5 Rn. 99 zur vertikalen Verteilung von Vorbauten einer Außenwand).
bb) Gemessen an diesen Maßstäben sind sowohl der erkerähnliche Vorbau als auch der auf ihm vorgesehene Balkon abstandsflächenrechtlich privilegiert. Rechtlich unzutreffend ist der Ansatz der Beschwerde, den erkergleichen, sich über Unter- und Erdgeschoss erstreckenden Vorbau und den auf ihm im Dachgeschoss vorgesehenen Balkon als einheitlichen Vorbau im Sinne des § 5 Abs. 6 Nr. 2 LBO zu betrachten. Vielmehr sind die beiden Vorbauten nach den obigen Maßstäben zunächst getrennt voneinander zu betrachten und zu bewerten.
(1) Der erkerähnliche Vorbau ist ein untergeordneter Vorbau im Sinne von § 5 Abs. 6 Nr. 2 LBO. Er hält - wie die Beschwerde einräumt - die von § 5 Abs. 6 Nr. 2 LBO vorgeschriebenen Außenmaße ein und ragt selbst auch nicht über die Außenwand in die Giebelfläche des Bauvorhabens hinein. Weiter erstreckt sich auf deutlich weniger als ein Drittel der Länge der Außenwand und ist mithin im Verhältnis zu ihr untergeordnet.
(2) Der auf dem erkerähnlichen Vorbau vorgesehene, im Dachgeschoss teilweise in die Giebelfläche des geplanten Gebäudes hineinragende Balkon ist eigenständig an § 5 Abs. 6 Nr. 2 LBO zu messen. Denn er wäre ohne den erkerähnlichen Vorbau konstruierbar, da er ihn nicht als Fundament benötigt. Es handelt sich damit um einen eigenständigen Vorbau, der als Balkon ebenfalls nach § 5 Abs. 6 Nr. 2 LBO privilegiert ist. Er ist nämlich für sich betrachtet erkennbar der Außenwand untergeordnet.
10 
(3) Die Gesamtheit der vor der Außenwand befindlichen Vorbauten - Erker und Balkon - erweist sich ebenfalls als untergeordnet und im Umkehrschluss die Außenwand weiterhin als optisch dominierend. Dafür ist im Wesentlichen die Ausdehnung in der Länge von deutlich weniger als einem Drittel der Außenwand und ergänzend ausschlaggebend, dass die Außenwand und die Giebelfläche hinter dem Balkon weiterhin sichtbar bleiben und nicht etwa vollständig verdeckt werden.
11 
2. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2, 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladene einen eigenen Antrag gestellt hat und damit ein Kostenrisiko eingegangen ist (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es billigem Ermessen, ihre außergerichtlichen Kosten den unterlegenen Antragstellern aufzuerlegen.
12 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG und lehnt sich an Nr. 9.7 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ 2013, Beilage S. 57) an. Eine Reduzierung des Streitwerts in Anlehnung an Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs 2013 kommt nach ständiger Senatsrechtsprechung nicht in Betracht, da sich die Antragsteller nicht allein gegen die Auswirkungen der zukünftigen Nutzung des Nachbargrundstücks zur Wehr setzten.
13 
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 24. Juli 2006 - 2 K 2146/05 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung.
Der Kläger ist Eigentümer des mit einem Einfamilienhaus und Garage bebauten Grundstücks Bergstraße ... in Uhldingen-Mühlhofen (Flst. Nr. 400/2). Die Bebauung des Grundstücks erfolgte Mitte der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts. Baugrundstück war seinerzeit das ca. 40 a große Hanggrundstück Flst. Nr. 400; durch Abtrennung einer Teilfläche wurde 1977 das heutige Grundstück Flst. Nr. 400/2 gebildet. Der Beigeladene ist Eigentümer des ebenfalls mit einem Wohnhaus und Garage bebauten südöstlich angrenzenden Grundstücks Bergstraße ... (Flst. Nr. 401/1). Auch dieses Grundstück war 1959 durch die Abtrennung einer Teilfläche vom damaligen Grundstück Flst. Nr. 400 - zusammen mit einer Teilfläche des früheren Grundstücks Flst. Nr. 401 - gebildet worden.
Mit Kaufvertrag vom 31.7.1959 erwarb der Vater des Beigeladenen von den Eltern des Klägers, ... und ... ..., das zu dieser Zeit neu gebildete, 532 qm große Baugrundstück Flst. Nr. 401/1. In dem Kaufvertrag hieß es unter „§ 6 weitere Vereinbarungen“:
„Die Verkäufer verpflichten sich, den Käufer bis auf 2 m an ihre Grundstücksgrenze Flurst. Nr. 400 bauen zu lassen. Sie verzichten insoweit auf ihr nachbarliches Einspruchsrecht. ...“
Auf dem Grundstück des Beigeladenen errichtete dessen Vater in der Folge ein Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung (Baubescheid des Landratsamts Überlingen/See vom 26.6.1961), das zur gemeinsamen Grundstücksgrenze einen Abstand von 2 m einhielt. Im Zusammenhang damit wurde am 13.7.1961 auf Grund einer entsprechenden Erklärung des Vaters des Klägers vom 26.4.1961 und einer dahingehenden Anordnung des Landratsamts Überlingen vom 30.5.1961 folgende Baulast in das Baulastenbuch der Gemeinde Unteruhldingen eingetragen:
„Herr ... in Unteruhldingen übernimmt als grundbuchmäßiger Eigentümer des Grundstücks Lgb. Nr. 400 der Gemarkung Unteruhldingen für sich und seine Rechtsnachfolger die baurechtliche Verpflichtung, im Falle eines eigenen Bauvorhabens von der Grenze des Grundstücks Lgb. Nr. 401/1 einen Abstand von mindestens 4 m einzuhalten.“
Aufgrund einer weiteren Baugenehmigung vom 20.7.1984 wurde das Gebäude später erweitert und umgebaut.
Beide Grundstücke sind baurechtlich nicht überplant.
Am 27.10.1998 erteilte das Landratsamt Bodenseekreis dem Beigeladenen die Baugenehmigung für den Um- und Erweiterungsbau des bestehenden Wohnhauses, den Einbau eines Aufzugs, den Abbruch einer bestehenden Garage und den Neubau einer Doppelgarage sowie den Umbau der bisherigen ÖI- in eine Gasheizung; das erweiterte Gebäude sollte dabei auf weniger als 50 cm an die Grenze zum Grundstück des Klägers heranrücken. Während das Vorhaben bereits ausgeführt wurde, erhob der Kläger Widerspruch, mit dem er jedoch zunächst erfolglos blieb (Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 14.5.2001). Erst das Verwaltungsgericht Sigmaringen hob die Baugenehmigung mit Urteil vom 18.7.2002 (2 K 913/01) auf. Zur Begründung hieß es in dem Urteil unter anderem, dass der erforderliche Grenzabstand von 2,5 m nicht eingehalten werde. Der Kläger sei auch nicht aufgrund der übernommenen Baulast vom 13.7.1961 verpflichtet, die Bebauung in Grenznähe zu dulden. Nach deren Wortlaut müsse der Kläger lediglich bei der Bebauung seines eigenen Grundstücks einen Mindestabstand von 4 m zur Grundstücksgrenze des Beigeladenen einhalten. Die Übernahme von Abstandsflächen vom Baugrundstück (Nr. 401/1) auf sein Grundstück (Nr. 400/2) sei nicht erklärt worden. Bei der Auslegung der Baulastübernahme als Willenserklärung sei entsprechend § 133 BGB der wirkliche Wille zu erforschen und dabei auch der Kaufvertrag vom 31.7.1959 heranzuziehen. Dort hätten sich die Eltern und der Großvater des Klägers lediglich verpflichtet, "den Käufer bis auf 2 m an ihre Grundstücksgrenze Flurst. Nr. 400 bauen zu lassen", und "insoweit auf ihr nachbarliches Einspruchsrecht" verzichtet. Aus dem Wort "insoweit" werde deutlich, dass nur ein Herannahen der Bebauung bis auf 2 m von der Grundstücksgrenze, nicht hingegen bis auf 50 oder gar 30 cm habe zugelassen werden sollen. Dementsprechend sei auch der Baubescheid vom 26.6.1961 erteilt worden. Auch nach heutiger Rechtslage (§ 7 Abs. 1 Satz 1 LBO) dürften sich Abstandsflächen nur dann ganz oder teilweise auf andere Grundstücke erstrecken, wenn durch Baulast gesichert sei, dass sie nicht überbaut und auf die auf diesen Grundstücken erforderlichen Abstandsflächen nicht angerechnet werden. Im vorliegenden Fall sei aber nur die erste dieser beiden Voraussetzungen erfüllt. Die Baugenehmigung verstoße wegen der Treppenhausfenster außerdem auch gegen Brandschutzvorschriften (Öffnungsverbot bei grenznahen Wänden). Der Kläger sei weder durch Treu und Glauben an der Geltendmachung seiner Nachbarrechte gehindert, noch habe er seine Rechte verwirkt. Das Urteil wurde rechtskräftig.
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Am 26.9.2002 beantragte der Kläger beim Landratsamt Bodenseekreis unter Bezugnahme auf das Urteil des Verwaltungsgerichts den Erlass einer Abbruchsverfügung insoweit, als mit dem - inzwischen nahezu fertiggestellten - Bau gegen die Abstandsflächen- und Brandschutzvorschriften verstoßen worden sei. Mit Bescheid vom 12.11.2002 lehnte das Landratsamt Bodenseekreis den Erlass der beantragten Abbruchsverfügung als unverhältnismäßig ab; auch der am 20.11.2002 erhobene Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 6.5.2003). Auf die Klage des Klägers hin hob das Verwaltungsgericht Sigmaringen die angefochtenen Bescheide mit Urteil vom 24.7.2006 auf und verpflichtete den Beklagten unter Abweisung der Klage im übrigen, über den Antrag des Klägers auf Erlass einer Abbruchsverfügung hinsichtlich des Anbaus unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Auf die vom Senat zugelassene Berufung ist das Urteil geändert und die Klage insgesamt abgewiesen worden (Senatsurteil vom 15.4.2008 – 8 S 11/07 -).
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Bereits unter dem 3.12.2004 hatte der Beigeladene erneut die Genehmigung seines Vorhabens beantragt. Gegenüber der ursprünglichen Planung hatte er u. a. den Einbau von G-30 Fenstern im grenznahen Treppenhaus vorgesehen. Der Kläger verwies im Rahmen der Angrenzeranhörung wiederum auf die nicht eingehaltene Abstandsfläche und die Verletzung der Brandschutzvorschriften.
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Am 15.4.2005 wurde die beantragte Baugenehmigung unter Zulassung geringerer Abstandsflächentiefen gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO erteilt. Die Einwendungen des Klägers wurden mit folgender Begründung zurückgewiesen: Der Kläger sei durch die nach wie vor geltende Baulastübernahmeerklärung verpflichtet, im Fall eines eigenen Vorhabens von der Grenze des Grundstücks Flst. Nr. 401/1 einen Abstand von mindestens 4,00 m einzuhalten. Danach ergebe sich zwischen den Gebäuden ein Gesamtabstand von 4,50 m. Seine Rechtsposition bleibe unverändert. Beleuchtung mit Tageslicht sowie ausreichende Belüftung der Gebäude auf dem Baugrundstück und auf dem Nachbargrundstück seien nicht beeinträchtigt. Gründe des Brandschutzes stünden dem Vorhaben nicht entgegen. Zwar solle nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 LBOAVO entweder ein Abstand zwischen Gebäuden von 5,00 m eingehalten werden oder die betreffenden Außenwände dürften keine Öffnungen haben. Aufgrund der Baulast sei ein Gebäudeabstand von 4,50 m gewährleistet. Zur Gewährleistung des erforderlichen Brandschutzes sei der Bauherr bereits im Sommer 2003 veranlasst worden, die unzulässigen Öffnungen in der Treppenhauswand zum Grundstück Flst. Nr. 400/2 hin mit nicht zu öffnenden Brandschutzgläsern (G 30) zur Vermeidung des Funkenübersprungs auf das Nachbargrundstück zu verschließen. Eine erhebliche Beeinträchtigung des Klägers sei nicht zu erkennen. Ein Recht auf das Weiterbestehen vorhandener Sichtverhältnisse gebe es nicht. Die Baugenehmigung wurde dem Kläger am 21.4.2005 zugestellt.
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Gegen die Baugenehmigung erhob der Kläger am 4.5.2005 Widerspruch, den er unter anderem damit begründete, dass der Abstand des Gebäudes bis zu seiner Grenze nur noch 0,3 m betrage. Sein Grundstück werde erheblich beschattet und verliere auch an Wert. Die Wohngegend könne als villenartig bezeichnet werden; dort sei eine enge Bebauung nicht üblich und wirke sich negativ auf den Wert des jeweiligen Grundstücks aus.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 15.11.2005 wies das Regierungspräsidium Tübingen den Widerspruch zurück. Das Landratsamt habe zu Recht eine geringere Tiefe der Abstandsfläche nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO zugelassen. Bei der Frage, ob nachbarliche Belange erheblich, d.h. unzumutbar beeinträchtigt würden, komme es auf die konkrete Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der nachbarlichen Interessen an. Die Frage, ob eine geringere Tiefe der Abstandsfläche zulässig sei, sei daher aufgrund einer Abwägung der beiderseitigen Interessen zu beantworten. Das Interesse des Klägers gehe vor allem dahin, eine Verschlechterung der bisherigen baulichen Situation zu vermeiden. Der Beigeladene sei dagegen daran interessiert, sein Gebäude entsprechend umzubauen. Aufgrund der besonderen Umstände sei das Interesse des Beigeladenen aber höher zu bewerten. Dies folge einerseits daraus, dass sich Belichtung und Belüftung des Nachbargebäudes gegenüber dem bisherigen Zustand jedenfalls nicht wesentlich verschlechterten. Das Bauvorhaben liege aus Sicht des Klägers im Osten, so dass allein schon deswegen die Belichtung und Besonnung seines Grundstücks nicht wesentlich beeinträchtigt sein könne. Vor allem aber sei die geltend gemachte Beschattung nicht vorrangig und ausschlaggebend auf den Umbau bzw. Treppenhausneubau zurückzuführen. Vielmehr werde diese - sofern überhaupt von Belang - bereits seit über 40 Jahren durch den bestehenden Hauptbaukörper auf dem Grundstück Flst. Nr. 401/1 verursacht. Dies zeigten die Schnitte der genehmigten Bauvorlagen, aus denen sich keine derartige Erhöhung des Nachbargebäudes ergebe, die nun erstmalig eine wesentliche und unzumutbare Verschattung zu Lasten des Klägers bewirken könne, zumal das Gelände zum Grundstück des Klägers hin ansteige. Nicht zuletzt sei der Kläger durch die auf seinem Grundstück liegende Baulast an einer weiteren Bebauung des fraglichen Bereichs ohnehin gehindert, so dass sich insoweit - ungeachtet der bereits vorhandenen Situation - keine neuen oder zusätzlichen Verschlechterungen für dortige Wohnräume ergeben könnten. Diese insgesamt schon vorhandene "Vorbelastung" sei zu Ungunsten des Klägers zu werten. Insofern sei auch nicht damit zu rechnen, dass sich diese Verhältnisse bezüglich Besonnung und Belichtung des Nachbargebäudes gegenüber dem bisherigen Zustand wesentlich verschlechtern würden. Der Kläger werde somit in der (baulichen) Nutzbarkeit seines Grundstücks durch die Zulassung der Abweichung im Wesentlichen nicht weiter beeinträchtigt, als dies durch die bestehenden Verhältnisse ohnehin schon der Fall sei. Damit lägen in Bezug auf das betroffene Nachbargrundstück besondere Umstände vor, d.h. die vorhandene Situation in Bezug auf das Nachbargrundstück sei durch Besonderheiten topographischer und anderer Art gekennzeichnet, die das Interesse des Klägers an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandsflächentiefe deutlich mindern und damit weniger schutzwürdig erscheinen ließen. Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung komme deshalb den Belangen des Klägers gegenüber dem Interesse des Beigeladenen an der Verwirklichung seines Bauwunsches weniger Gewicht zu. Der Erteilung der Baugenehmigung stehe auch das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 18.7.2002 nicht entgegen. Der Einwand der "res iudicata" verpflichte nach § 121 VwGO allein die Verwaltungsgerichte, kein abweichendes Sachurteil über diesen Streitgegenstand zu fällen. Dagegen sei die Verwaltungsbehörde nicht gehindert, eine neue Sachentscheidung zu treffen. Das gelte umso mehr, als vorliegend durch die vom Bauherrn vorgenommene Schließung der unzulässigen Öffnungen in der Treppenhauswand eine neue Sach- und Rechtslage herbeigeführt worden sei. Insoweit sei schon der Streitgegenstand nicht mehr derselbe. Im Übrigen werde auf die zutreffenden Gründe des Ausgangsbescheides verwiesen. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 18.11.2005 zugestellt.
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Am 9.12.2005 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Anfechtungsklage erhoben und beantragt, die Baugenehmigung des Landratsamtes Bodenseekreis vom 15.4.2005 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 15.11.2005 aufzuheben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgebracht, dass er nach den rechtskräftigen Feststellungen des Verwaltungsgerichts Sigmaringen im Urteil vom 18.7.2002 nicht verpflichtet sei, einen Grenzabstand von weniger als 2,0 m zu seiner Grundstücksgrenze zu dulden. Allein der Austausch der Verglasung der Fensterflächen gegen eine brandschutzhemmende Verglasung könne im Ergebnis nicht zur Rechtmäßigkeit der nunmehr erteilten Baugenehmigung führen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO seien nicht gegeben. Die Grenzbebauung stelle eine erhebliche und nicht hinzunehmende Beeinträchtigung dar. Selbst wenn man von einer ausreichenden Belichtung, Belüftung und Besonnung seines Grundstücks ausgehe, verstoße das Bauvorhaben weiterhin gegen brandschutzrechtliche Vorschriften und verletze darüber hinaus auch den nachbarlichen Wohnfrieden. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBOAVO seien Außenwände, die einen Abstand von weniger als 2,5 m zur Nachbargrenze haben, ohne Öffnungen herzustellen. Das nunmehr genehmigte Bauvorhaben weise jedoch weiterhin zwei ca. 2 qm große Fensteröffnungen auf. Gegenüber dieser Fensterverglasung, die nicht die Voraussetzungen einer in diesem Abstand erforderlichen Brandschutzmauer erfülle, befinde sich in ca. 4 m Entfernung sein Wintergartenanbau. Dieser sei großflächig verglast und werde von ihm über das gesamte Jahr hinweg als Wohnraum genutzt. Die nunmehr dem Beigeladenen eröffnete Möglichkeit, seine Wohnräumlichkeiten einzusehen, beeinträchtige ihn und seine Familie in ihrer Privatsphäre nicht nur unerheblich. Es sei vorhersehbar, dass sein Grundstück für Reinigungs-, Maler-, Reparatur- und sonstige Arbeiten in Anspruch genommen werden müsse. Eine hierfür erforderliche Gerüsterstellung sowie erforderliche Rettungsmaßnahmen im Brandfall könnten nunmehr ausschließlich über sein Grundstück erfolgen. Dies alles stelle in der Summe eine erhebliche Belastung dar. Die Versäumnisse der Beteiligten dürften nicht dazu führen, dass er im Ergebnis rechtlos gestellt werde und der Nachbarschutz leer laufe. Eine Grenzbebauung sei auch bauplanungsrechtlich nicht vorgesehen, so dass diese im Ergebnis auch nicht über die Ausnahmeregelung des § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO erreicht werden könne. Allenfalls eine geringfügige Unterschreitung des Grenzabstandes habe er im Rahmen des nachbarschaftlichen Rücksichtnahmegebots hinzunehmen.
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Mit Urteil vom 24.7.2006 hat das Verwaltungsgericht Sigmaringen die angefochtene Baugenehmigung vom 15.4.2005 und den Widerspruchsbescheid vom 15.11.2005 aufgehoben. Zur Begründung heißt es in den Entscheidungsgründen u. a., dass der Treppenhausanbau gegen § 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 7 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 und 3 LBO verstoße. Die Einhaltung der Tiefe der Abstandsfläche von 2 m bei einer Wand von bis zu 5 m Breite diene kraft gesetzlicher Anordnung dem Schutz des Nachbarn. Die Tiefe der Abstandsfläche betrage auf dem Grundstück des Beigeladenen aber nur 0,5 m. Die Baulast aus dem Jahr 1961 bestimme lediglich eine Fläche der Unbebaubarkeit auf dem klägerischen Grundstück. Mit ihr sei keine Übernahme von Abstandsflächen, die nach der gesetzlichen Regelung auf dem Grundstück des Beigeladenen zu liegen hätten, auf das klägerische Grundstück bestimmt worden. Auch bei erneuter Überprüfung bleibe die Kammer bei der Auslegung der Baulasterklärung wie im Urteil vom 18.7.2002. Die Zulassung einer geringeren Tiefe der Abstandsfläche nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO komme nicht in Betracht, weil die Tiefe der Abstandsflächen des § 5 Abs. 7 Satz 3 LBO unterschritten werde und nachbarliche Belange erheblich beeinträchtigt würden. Als nachbarliche Belange in diesem Sinn seien Besonnung, Belichtung und Belüftung des Grundstücks, nicht hingegen der allgemeine Wohnfriede zu berücksichtigen, so dass es auf die Frage, inwieweit die Brandschutzverglasungen von innen nach außen durchsichtig seien, nicht ankommen könne. Besondere Gegebenheiten, welche ein Unterschreiten der nachbarschützenden Abstandsflächentiefe rechtfertigen könnten, seien nicht zu erkennen. Die Unterschreitung dieser Tiefe führe hier zu erheblichen Beeinträchtigungen des Grundstücks des Klägers im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO. Die zu Gunsten des Grundstücks des Beigeladenen bestehende Baulast sei nicht geeignet, eine Sondersituation zu begründen, in welcher die Abstandsflächentiefe des § 5 Abs. 7 Satz 3 LBO unterschritten werden dürfe. Dies ergebe sich aus zwei voneinander unabhängigen Überlegungen: Zum einen würde die Auffassung des Beklagten, dass mittels der Baulast ein ausreichender Gesamtabstand zwischen den beiden Wohnhäusern sichergestellt sei, dazu führen, dass der Baulast de facto doch der Inhalt einer Abstandsflächenbaulast zukommen würde. Dies sei aber gerade nicht der Inhalt dieser Baulast und dürfe über den Umweg des § 6 Abs. 4 LBO auch nicht zu deren Inhalt gemacht werden. Zum anderen sei aber auch erheblich, dass die Baulast nur die Bebaubarkeit des klägerischen Grundstücks einschränke, nicht aber dessen sonstige Nutzung als Garten und mögliche Liege- und Nutzfläche. Der betroffene Grundstücksteil sei solchen Nutzungen zugänglich, wie der Augenschein ergeben habe. Nur wenn jede sinnvolle Nutzung ausgeschlossen sei, könne von dem Ausschluss einer erheblichen Beeinträchtigung durch die Abstandsflächenunterschreitung ausgegangen werden. Eine bedeutsame topographische Besonderheit in Gestalt eines deutlichen Höhenunterschieds lasse sich ebenfalls nicht feststellen. Zwar liege der Eingang zum Haus des Beigeladenen aufgrund von Abgrabungen deutlich unterhalb des Geländeverlaufs auf dem Grundstück des Klägers. Selbst wenn man dies berücksichtigen wolle, könne darin keine - geschaffene - topographische Besonderheit erkannt werden, welche eine Sondersituation schaffe, in der ein Unterschreiten der nachbarschützenden Abstandsflächentiefe zulässig wäre. Der Baukörper des Anbaus rage nämlich weiterhin deutlich sichtbar erheblich über die Abgrabung hinaus und wirke damit in erheblicher Weise auf das Grundstück des Klägers ein. Eine Sondersituation aufgrund topographischer Besonderheiten könne aber regelmäßig nur dann angenommen werden, wenn dadurch das Nachbargrundstück deutlich weniger beeinträchtigt werde und die Hanglage bereits dafür sorge, dass ein Bauvorhaben das Nachbargrundstück hinsichtlich Belüftung, Besonnung und Belichtung nicht oder kaum beeinträchtigen könne. So liege der Fall hier aber nicht. Der Umstand, dass das Gebäude durch den Anbau insgesamt nicht höher geworden sei und es sich im Osten des klägerischen Grundstücks befinde, führe ebenfalls nicht zu einer Sondersituation. Es sei beim Augenschein nicht zu erkennen gewesen, dass eine Verschlechterung in Bezug auf Besonnung und Belüftung nicht eingetreten sei. Durch das Heranrücken der Bebauung sei der Schattenwurf auf das klägerische Grundstück im Bereich des Treppenhauses des Beigeladenen erkennbar größer geworden und das klägerische Grundstück werde somit erheblich beeinträchtigt. Angesichts der Höhe des Baukörpers entstehe auf dem Grundstück des Klägers auch deutlich der Eindruck eines "Eingemauertseins", welcher ebenfalls zu einer erheblichen Beeinträchtigung der nachbarlichen Belange führe. Entgegen der Auffassung des Regierungspräsidiums im Widerspruchsbescheid sei die Frage, ob eine erhebliche Beeinträchtigung nachbarlicher Belange im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO vorliege, nicht anhand einer Interessenabwägung vorzunehmen, in die auch die Interessen des Bauherrn an der Verwirklichung des Projekts mit einzufließen hätten. Es sei nur das Nachbargrundstück, nicht auch dasjenige des Bauherrn oder gar vom Grundstück losgelöste Interessen in den Blick zu nehmen, so dass Interessen des Beigeladenen das Ergebnis nicht beeinflussen könnten. Eine teilweise Aufhebung der Baugenehmigung komme nicht in Betracht, da für den Fall, dass nur die Genehmigung für das Treppenhaus aufgehoben werden würde, ein nicht genehmigungsfähiger Torso als Gegenstand der Baugenehmigung zurückbleibe, nämlich ein mehrstöckiges Gebäude ohne Eingang und ohne Treppenhaus.
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Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Senat mit Beschluss vom 21.12.2006 - 8 S 2123/06 - zugelassene Berufung des beklagten Landes, mit der es beantragt,
18 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 24. Juli 2006 - 2 K 2146/05 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
19 
Es macht geltend, dass die Voraussetzungen für die Zulassung geringerer Tiefen der Abstandsflächen gem. § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO vorlägen. Die Beleuchtung mit Tageslicht sowie Belüftung blieben in ausreichendem Maße gewährleistet. Das Gebäude sei durch den Anbau insgesamt nicht höher geworden und der Anbau befinde sich im Osten des Wohnhauses des Klägers. Auf dem Grundstück des Klägers hätten bisher auch keine Beeinträchtigungen wegen fehlender Belichtung wie beispielsweise eine Versumpfung festgestellt werden können. Gründe des Brandschutzes stünden der Zulassung einer geringeren Tiefe der Abstandsfläche ebenfalls nicht entgegen, nachdem der Beigeladene die Öffnungen in der Treppenhauswand mit dem Einbau einer Brandschutzverglasung (G 30), vergleichbar einer Brandschutzwand, geschlossen habe. Die Belange des Klägers würden trotz der Unterschreitung des nachbarschützenden Teils der Abstandsflächentiefe nicht erheblich beeinträchtigt, da aufgrund der vorhandenen grenznahen Bebauung mit einer Grenzgarage eine Sondersituation gegeben sei. Der Kläger habe sich bei der Errichtung dieser Garage weder an die bestehende Baulastverpflichtung, noch an die Auflagen der ihm erteilten Baugenehmigung, noch an die maßgeblichen Abstandsflächenvorschriften gehalten. Die Baulastverpflichtung unterscheide nicht zwischen einem Wohnhaus und einer Garage. Es sei auf ein Versäumnis der Gemeinde Uhldingen-Mühlhofen zurückzuführen, dass die Baugenehmigung dennoch erteilt worden sei. Dem Vater des Klägers, der die Baulast 1961 übernommen habe, habe dieses Versäumnis bewusst sein müssen. Die Baugenehmigung sei 1975 bzw. 1976 mit der Auflage erteilt worden, dass das Garagendach nicht als Terrasse genutzt werden dürfe. Das in den Planunterlagen im Gebäudeschnitt eingetragene Geländer sowie der mit Grüneintrag angebrachte Vermerk „keine Terrasse“ hätten die Umsetzung dieser Auflage sicherstellen sollen. Eine Terrasse auf einer ansonsten grenzprivilegierten Garage sei unzulässig. Abweichend von den genehmigten Planunterlagen sei anstatt des ursprünglich über der Rückwand der Garage angedachten Geländers ein weitaus längeres Geländer über der Garagenfront und den seitlichen Wänden angebracht worden, so dass das gekieste Garagendach problemlos als Terrasse genutzt werden könne. Es könne nicht angehen, dass durch die vorhandene Garage auf dem Grundstück des Klägers nachbarschützende Belange beeinträchtigt würden, gleichzeitig aber beim Bauvorhaben des Beigeladenen auf der uneingeschränkten Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandsflächen beharrt werde.
20 
Der Kläger beantragt,
21 
die Berufung zurückzuweisen.
22 
Er wiederholt im Wesentlichen seinen Vortrag im Klageverfahren und bringt noch vor, dass die heranrückende Bebauung den Schattenwurf nicht unerheblich erhöht habe und die angelegte Rasenfläche erheblich unter diesem Lichtmangel leide, was eine großflächig auftretende Vermoosung zur Folge habe. In seinem Wintergarten, der lediglich 4 m von der Grundstücksgrenze entfernt liege, entstehe angesichts der Höhe des Baukörpers deutlich der Eindruck des Eingemauertseins. Auf dem Garagendach gebe es weder eine Terrasse noch einen Sitzplatz.
23 
Der Beigeladene stellt keinen eigenen Antrag, pflichtet aber den Ausführungen des Beklagten bei. Ergänzend weist er darauf hin, dass entgegen der bisherigen Rechtsprechung nicht jede Unterschreitung des nachbarschützenden Teils der Abstandsflächentiefe bereits zu einer erheblichen Beeinträchtigung nachbarlicher Belange führen könne, da bei diesem Verständnis der Norm das Tatbestandsmerkmal der Erheblichkeit entbehrlich sei. Im Übrigen sei eine Besonderheit im Sinne der Rechtsprechung nicht nur die Lage östlich vom Grundstück des Klägers, sondern auch das Zurücktreten des Schattenwurfs des Anbaus hinter die Verschattung durch das Gebäude insgesamt, die auch nach nunmehr zehnjährigem Bestehen des Gebäudes zu keinen negativen Auswirkungen auf dem Grundstück des Klägers geführt habe. Das Gelände zu seinem Gebäude falle außerdem ab, so dass die Belastung durch den Treppenhausanbau deutlich verringert werde.
24 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die dem Gericht vorliegenden Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
25 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtene Baugenehmigung vom 15.4.2005 und den Widerspruchsbescheid vom 15.11.2005 im Ergebnis zu Recht aufgehoben. Die Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
I.
26 
Die Rechtskraft der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 18.7.2002 - 2 K 913/01 - steht weder der Zulässigkeit der Anfechtungsklage gegen die Baugenehmigung vom 15.4.2005 noch der gerichtlichen Sachprüfung (vgl. hierzu: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 121 Rdnr. 26 mwN.) entgegen. Nach § 121 Nr. 1 VwGO binden rechtskräftige Urteile, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist, die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger. In dem zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits am 18.7.2002 ergangenen rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts wurde die dem Beigeladenen am 27.10.1998 erteilte Baugenehmigung wegen eines Verstoßes gegen die Abstandsflächenvorschriften und die Brandschutzvorschriften aufgehoben. Das vorliegende Verfahren betrifft nicht erneut diese bereits aufgehobene Baugenehmigung aus dem Jahre 1998, sondern eine andere neue Baugenehmigung vom 15.4.2005, über deren Rechtmäßigkeit bisher noch nicht entschieden worden ist und über die daher im vorliegenden Verfahren entschieden werden kann, ohne dass gegen die Zulässigkeit der Anfechtungsklage rechtliche Bedenken bestünden (vgl. BVerwG, Urteil vom 8.12.1992 - 1 C 12/92 -, NVwZ 1993, 672 mwN.).
27 
Dem beklagten Land war es auch nicht infolge der Rechtskraftwirkung des Urteils vom 18.7.2002 verwehrt, auf den erneuten Genehmigungsantrag des Beigeladenen die nunmehr angefochtene Baugenehmigung zu erlassen. Zwar erfasst die Rechtskraftwirkung in dem in § 121 VwGO umschriebenen Rahmen auch nachfolgende Verwaltungsakte. Damit soll verhindert werden, dass die aus einem festgestellten Tatbestand hergeleitete Rechtsfolge, über die durch ein Urteil rechtskräftig entschieden worden ist, erneut zum Gegenstand eines Verfahrens zwischen denselben Parteien gemacht wird. Im Falle einer erfolgreichen Anfechtungsklage darf die im Vorprozess unterlegene Behörde bei unveränderter Sach- und Rechtslage nicht den gleichen Verwaltungsakt aus den vom Gericht missbilligten Gründen erneut erlassen (vgl. BVerwG, a.a.O.). Vorliegend hat sich die maßgebliche Sachlage jedoch verändert. Der zur Genehmigung gestellte Bauantrag vom 3.12.2004 betrifft zwar insgesamt gesehen das gleiche Vorhaben; in wesentlichen Details sind jedoch Veränderungen vorgenommen worden, die eine für die Entscheidung relevante neue Sachlage begründeten. Denn die Änderungen betrafen u. a. den Brandschutz und die Verkürzung der dem Grundstück des Klägers zugewandten grenznahen Außenwand und waren somit für die Prüfung von Vorschriften bedeutsam, auf deren Verletzung die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zugunsten des Klägers gestützt worden war. Ob diese Veränderungen es letztlich rechtfertigten, die Baugenehmigung zu erteilen, ist eine Frage, die sich erst auf der Ebene der materiell-rechtlichen Prüfung stellt und keinen Einfluss auf die Sachprüfungsbefugnis des Gerichts unter dem Gesichtspunkt der Rechtskraftwirkung des vorangegangenen Urteils hat.
II.
28 
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist auch im Übrigen nicht zu beanstanden, da die Baugenehmigung vom 15.4.2005 nicht hätte erteilt werden dürfen; dem Vorhaben stehen die Vorschriften der Landesbauordnung über die Abstandsflächen entgegen (vgl. § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO).
29 
1. Die nach § 5 Abs. 1 Satz 1 LBO erforderliche Abstandsfläche vor der nordwestlichen Außenwand des Treppenhauses liegt nicht – wie nach § 5 Abs. 2 Satz 1 LBO für den Regelfall vorgesehen – auf dem Baugrundstück selbst, sondern zu einem erheblichen Teil auf dem Grundstück des Klägers. Anhaltspunkte dafür, dass aus planungsrechtlichen Gründen eine Abstandsfläche nicht erforderlich ist, bestehen nicht; außerdem wäre selbst bei einer nach Planungsrecht möglichen Grenzbebauung nicht öffentlich-rechtlich gesichert, dass auf dem Nachbargrundstück ebenfalls an die Grenze gebaut wird (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO).
30 
2. Die Abstandsfläche darf auch nicht - jedenfalls nicht in voller Tiefe - aufgrund von § 7 Abs. 1 Satz 1 LBO auf dem Grundstück des Klägers liegen. Nach dieser Vorschrift dürfen sich Abstandsflächen, soweit sie auf dem Grundstück selbst liegen müssen, ganz oder teilweise auf ein anderes Grundstück erstrecken, wenn durch Baulast gesichert ist, dass diese Abstandsflächen nicht überbaut werden und auf die auf diesem anderen Grundstück erforderlichen Abstandsflächen nicht angerechnet werden. Zwar besteht vorliegend – zumindest nach Aktenlage - eine derartige Baulast; sie sichert jedoch nicht im erforderlichen Umfang, dass die Abstandsfläche vor der Außenmauer des Treppenhauses nicht auf die auf dem Grundstück des Klägers erforderliche Abstandsfläche angerechnet wird.
31 
a) Nach dem für das - bis zur Kreisreform 1971 - badische Unteruhldingen geltenden § 27 Abs. 1 des badischen Ortsstraßengesetzes vom 30.10.1936 (GVBl. S. 179) hafteten besondere, nicht schon aus den allgemeinen baupolizeilichen Vorschriften sich ergebende Verpflichtungen, welche hinsichtlich der Nichtbebauung von Grundstücksteilen auf Verlangen der Baupolizeibehörde gegenüber dieser Behörde von dem Eigentümer mit Rücksicht auf ein von einem anderen Eigentümer eingereichtes Baugesuch übernommenen wurden, wenn sie in dem Baulastenbuch eingetragen waren, als öffentlich-rechtliche Lasten (Baulasten) auf dem Grundstück und gingen als solche auf jeden späteren Erwerber des Grundstücks über. Der Vater des Klägers hat als dessen Rechtsvorgänger im Zusammenhang mit dem vom Vater des Beigeladenen eingereichten Baugesuch die sich nicht schon aus den allgemeinen baupolizeilichen Vorschriften ergebende Verpflichtung übernommen, mit einem eigenen Vorhaben auf seinem Grundstück Flst. Nr. 400 von der Grenze des Grundstücks Flst. Nr. 401/1 einen Abstand von 4 m einzuhalten. Diese Verpflichtung wurde in das Baulastenbuch der Gemeinde Unteruhldingen eingetragen und liegt daher als öffentlich-rechtliche Last auf dem Grundstück Flst. Nr. 400/2, das insoweit an die Stelle des früheren Grundstücks Flst. Nr. 400 getreten ist. Sie blieb als eigenständige Verpflichtung mangels einer anders lautenden Übergangsregelung in der 1964 in Kraft getretenen Landesbauordnung (vgl. §§ 116 ff. LBO 1964) auch nach Außerkrafttreten des badischen Ortsstraßengesetzes (vgl. § 118 Abs. 1 Nr. 5 LBO 1964) bestehen.
32 
b) Die Baulast ist auch grundsätzlich geeignet, die in § 7 Abs. 1 Satz 1 LBO genannte Rechtsfolge herbeizuführen. Insbesondere fehlt es nicht an dem vom Verwaltungsgericht vermissten Anrechnungsverbot. Der Senat teilt zwar die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Übernahme der Verpflichtung als einseitige Willenserklärung entsprechend § 133 BGB auszulegen und dabei der wirkliche Wille zu erforschen ist. Für die Auslegung des erklärten Willens ist dabei maßgeblich, wie derjenige, für den die Erklärung bestimmt war, also die Baurechtsbehörde, diese nach Treu und Glauben verstehen durfte (sog. „objektiver Empfängerhorizont“, vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.1.2007 – 3 S 1251/06 -, VBlBW 2007, 225 = NVwZ-RR 2007, 662 mwN.). Abweichend von diesem rechtlich zutreffenden Ansatz hat sich das Verwaltungsgericht aber bei seinen Ausführungen nicht am wirklichen Willen des Erklärenden, sondern am objektiven Wortlaut der Erklärung orientiert, indem es darauf abgestellt hat, dass die Übernahme von Abstandsflächen vom Baugrundstück auf das Grundstück des Klägers nicht erklärt worden sei bzw. dass eine Erklärung fehle, wonach die mit dem Überbauungsverbot belegte Fläche nicht auf die auf dem Grundstück des Klägers erforderlichen Abstandsflächen angerechnet werden dürfe. Mit dieser Begründung hat sich das Verwaltungsgericht auf eine Terminologie gestützt, die zum für die Auslegung maßgeblichen Zeitpunkt der Übernahme der Verpflichtung - 1961 - gesetzlich noch nicht vorgesehen war und die dementsprechend auch nicht dem wirklichen Willen des Erklärenden entsprechen konnte. Sowohl den Begriff der Abstandsfläche vor Außenwänden wie auch das Problem der Anrechnung von Abstandsflächen gibt es in dem für § 7 Abs. 1 Satz 1 LBO maßgeblichen Verständnis terminologisch erst seit der Neufassung der Abstandsvorschriften durch die LBO 1983. Zuvor ging das Gesetz – sowohl die LBO 1964 wie auch die badische Bauordnung - von Abständen aus, die u. a. zur Grundstücksgrenze hin eingehalten werden mussten (vgl. § 7 LBO 1964, §§ 31, 32 badBauO). Da dieser Abstand bei Gebäuden auf benachbarten Grundstücken von beiden Gebäuden einzuhalten war, entsprach der Abstand zwischen den Gebäuden dem doppelten Abstand von der Grenze. Auf diese Rechtslage bezog sich erkennbar das Schreiben des Landratsamtes Überlingen vom 13.3.1961 an den Vater des Beigeladenen, worin darauf hingewiesen wurde, dass gemäß § 2 (3) der Kreisbauordnung für den Landkreis Überlingen vom 11.6.1959 die Hauptgebäude von den seitlich angrenzenden Nachbargrundstücken einen Grenzabstand von mind. 3,00 m einhalten müssten und dass daher angesichts des bei dem geplanten Vorhaben beidseitig nur verbleibenden Grenzabstands von 2,00 m das Baugesuch nur dann genehmigungsfähig sei, wenn durch Übernahme von Baulasten durch die Eigentümer der Nachbargrundstücke sichergestellt sei, dass von den Umfassungswänden des Gebäudes bei der künftigen Bebauung der Nachbargrundstücke ein Abstand von mindestens 6,00 m eingehalten werde. Wenn sich der Vater des Klägers in der Folge zur Nichtüberbauung seines Grundstücks in einem Abstand von 4 m von der gemeinsamen Grundstücksgrenze verpflichtete, sollte damit offensichtlich dieser behördlichen Forderung Rechnung getragen werden. Denn damit war trotz des auf dem Baugrundstück seinerzeit nur vorgesehenen und vom Vater des Klägers auch vertraglich zugestandenen geringeren Grenzabstand von 2 m insgesamt gleichwohl ein Gebäudeabstand von 6 m gewährleistet. Das Gebäude des Klägers war daher so zu errichten, als ob die gemeinsame Grenze um 1 m nach Westen verschoben worden wäre. Damit war aber eine Situation geschaffen, die in ihren rechtlichen Wirkungen dem Anrechnungsverbot nach heutiger Rechtslage entspricht. Denn auch das heutige Anrechnungsverbot dient der Sache nach der Gewährleistung des beschriebenen Gebäudeabstands. Regelungsgehalt der Vorschriften über die Abstandsflächen ist, dass sie nicht überbaut werden (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 LBO) und dass sie sich grundsätzlich nicht überdecken dürfen (vgl. § 5 Abs. 3 Satz 1 LBO). Die Abstandsflächen dürfen also auch dann, wenn sie auf dem Nachbargrundstück liegen, nicht überbaut und nicht von den aufgrund der dortigen Bebauung notwendigen Abstandsflächen überdeckt werden; das ist gemeint, wenn das Gesetz davon spricht, dass sie nicht angerechnet werden dürfen. In diesem Sinn ist es daher gerechtfertigt, die Konsequenzen der Baulastübernahme für den Grundstücksnachbarn mit einer fiktiven Grenzverschiebung zu umschreiben (vgl. Senatsbeschluss vom 30.7.2001 - 8 S 1485/01 - VBlBW 2002, 127; Senatsurteil vom 27.10.2000 - 8 S 1445/00 - VBlBW 2001, 188; Senatsbeschluss vom 14.12.1990 - 8 S 2440/90 - VGHBW-Ls 1991, Beilage 3, B 8).
33 
c) Aus all dem ergibt sich aber auch, dass von den 4 m auf dem Grundstück des Klägers nur 1 m dem zu geringen Grenzabstand des Gebäudes auf dem Baugrundstück geschuldet war, die restlichen 3 m aber dem Grenzabstand eines zukünftigen Gebäudes auf dem Grundstück des Vaters des Klägers dienen sollten. Das bedeutet, dass die für das Vorhaben des Beigeladenen zur Verfügung stehende Abstandsflächentiefe maximal 1,50 m beträgt. Dieses Maß genügt aber selbst dann nicht, wenn man einen Fall abstandsrechtlicher Privilegierung in Betracht zieht.
34 
(1) Nach § 5 Abs. 6 Nr. 2 LBO außer Betracht bleiben kann das Treppenhaus nicht, weil es auch von der „verschobenen“ Nachbargrenze nicht mindestens 2 m entfernt bleibt. Außerdem ist zweifelhaft, ob es sich um einen Vorbau in diesem Sinn handelt. Auch wenn sich solche Vorbauten nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs über die gesamte Gebäudehöhe erstrecken können (vgl. VGH Bad.-Württ. Beschluss vom 6.9.1996 - 5 S 2049/96 - VBlBW 1997, 144), muss der Vorbau dennoch in seiner räumlichen Ausdehnung im Verhältnis zum Baukörper des Hauptgebäudes deutlich untergeordnet sein. Er muss sich für den objektiven Betrachter noch als vorgebauter Annex und nicht bereits als angebauter Teil des Hauptgebäudes darstellen. Die Außenwand muss noch optisch prägend in Erscheinung treten (vgl. VGH Bad.-Württ. Beschluss vom 22.6.1993 - 3 S 379/93 - VGHBW-Ls 1993, Beil. 9, B 12). Der Vorbau darf also beispielsweise die Außenwand in ihren Ausmaßen nicht überschreiten. Ein Vorbau, der höher als die Außenwand ist und somit in den Dachraum hineinragt, kann nicht mehr nach § 5 Abs. 6 Nr. 2 LBO privilegiert sein (vgl. Senatsbeschluss vom 4.7.2003 - 8 S 1251/03 -). Zwar bietet die vorgeschriebene Größenbeschränkung von maximal 5 m Breite und 1,5 m Tiefe insoweit einen gewissen Anhaltspunkt (vgl. LT-DrS. 11/5337, 81); gleichwohl ist der Vorbau zusätzlich noch in Beziehung zum Gebäude, insbesondere zu der dazugehörenden Außenwand zu setzen. So ist eine Wand, die 5 m breit ist und 1,5 m vortritt, dann kein für die Berechnung der Abstandsflächentiefe unbeachtlicher Vorbau, wenn die dazugehörende Außenwand insgesamt nur 10 m breit ist und daher ihrerseits gegenüber dem Vorbau nur unter- bzw. allenfalls gleichgeordnet in Erscheinung tritt. So liegt der Fall hier: Die Außenwand des Gebäudes bietet vom Grundstück des Klägers aus betrachtet aufgrund ihrer Gliederung in einzelne Abschnitte (rückwärtiger, mittlerer und vorderer Gebäudeteil) im Verhältnis zum grenznäheren, in der Mitte liegenden Treppenhaus keinen einheitlichen dominierenden Eindruck. Vielmehr erscheint die Außenwand des Treppenhauses eher als gleichberechtigter Teil dieser Gliederung. Gegenüber dem rückwärtigen Gebäudeteil fehlt es bereits von der Breite her an einem eindeutigen Über-/Unterordnungsverhältnis; dies gilt auch gegenüber dem vorderen Gebäudeteil, der schon wegen der geringeren Höhe – jedenfalls von außen betrachtet - seinerseits eher den Eindruck eines (südlichen) Anbaus vermittelt.
35 
(2) Auch das sog. Schmalseitenprivileg nach § 5 Abs. 7 iVm. Abs. 8 LBO führt zu keiner Abstandsflächentiefe, die bei der gegebenen Sachlage das Vorhaben abstandsrechtlich unbedenklich machen würde. Denn selbst wenn man die maßgebliche tatsächliche Wandhöhe unberücksichtigt lassen würde, müsste vor der weniger als 5 m breiten Außenwand zumindest eine Abstandsfläche mit einer Tiefe von 2 m liegen, was jedoch – wie gezeigt - nicht der Fall ist.
36 
3. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht auch die Verpflichtung der Baurechtsbehörde verneint, eine geringere Abstandsflächentiefe nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO zuzulassen. Denn die von der Rechtsprechung geforderte Sondersituation auf dem Nachbargrundstück liegt ersichtlich nicht vor. Nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO sind geringere Tiefen der Abstandsflächen zuzulassen, wenn Beleuchtung mit Tageslicht sowie Belüftung in ausreichendem Maße gewährleistet bleiben, Gründe des Brandschutzes nicht entgegenstehen und, soweit die Tiefe der Abstandsflächen die Maße des § 5 Abs. 7 Satz 3 unterschreitet, nachbarliche Belange nicht erheblich beeinträchtigt werden. Nach der Rechtsprechung aller mit Baurechtssachen befassten Senate des erkennenden Gerichtshofs ist dabei von der normativen Wertung auszugehen, dass eine erhebliche Beeinträchtigung nachbarlicher Belange regelmäßig dann vorliegt, wenn der nachbarschützende Teil der Abstandsflächentiefe unterschritten wird, gleichgültig, ob die Unterschreitung gravierend oder geringfügig ist (vgl. u. a. Senatsbeschlüsse vom 4.7.2003 - 8 S 1251/03 - und vom 8.10.1996 - 8 S 2566/96 - BRS 58 Nr. 109; Beschluss vom 13.6.2003 – 3 S 938/03 -, BauR 2003, 1549 = BRS 66 Nr. 129; Urteil vom 10.10.2002 - 5 S 1655/01 -, BauR 2003, 1201 = BRS 65 Nr. 121; Beschluss vom 26.4.2002 – 5 S 629/02 - VBlBW 2002, 445). Nachbarliche Belange sind in einem solchen Fall nur dann nicht erheblich beeinträchtigt, wenn die vorhandene Situation in Bezug auf das Nachbargrundstück durch bauordnungsrechtlich relevante Besonderheiten gekennzeichnet ist, die das Interesse des Nachbarn an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandstiefe deutlich mindern oder als weniger schutzwürdig erscheinen lassen (vgl. Senatsurteil vom 8.11.1999 - 8 S 1668/999 - BRS 62 Nr. 94); auf eine Interessenabwägung kommt es dagegen - wie schon das Verwaltungsgericht hervorgehoben hat - nicht an (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 29.1.1999 - 5 S 2971/98 -, VBlBW 1999, 347 = NVwZ-RR 1999, 491 = BRS 62 Nr 132; Beschluss vom 10.3.1999 - 3 S 332/99 -, VGHBW-Ls 1999, Beilage 5, B 4). Solche Besonderheiten können beispielsweise vorliegen bei unterschiedlicher Höhenlage beider Grundstücke, d. h. wenn das Baugrundstück wesentlich tiefer liegt als das Nachbargrundstück, bei einem ungewöhnlichen Zuschnitt des Nachbargrundstücks, der dessen Bebauung in dem dem geplanten Gebäude gegenüberliegenden Bereich praktisch ausschließt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.10.1996 - 3 S 2205/94 - VBlBW 1997, 266; Beschluss vom 12.9.1996 - 5 S 2232/96 - VBlBW 1997, 221) oder bei schmalen oder topographisch besonders gelagerten Grundstücken, die weder bebaut noch sonst gärtnerisch oder zu Freizeitzwecken sinnvoll genutzt werden können (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.9.1999, - 3 S 1437/99 - VGHBW-Ls 1999, Beil. 12, B 4), wie bei einem als Zufahrt genutzten Grundstücksteil (vgl. Senatsbeschluss vom 19.12.1996 - 8 S 3190/96 - BRS 59 Nr. 107). Aber auch bei einem vorhandenen grenznahen Gebäude auf dem Nachbargrundstück, das die verlässliche Aussage zulässt, dass durch das konkrete Bauvorhaben keine oder nur eine unerhebliche Beeinträchtigung verursacht wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 26.4.2002 a.a.O.), wie z.B. einer privilegierten Grenzgarage (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 25.1.2000 - 5 S 2996/99 -, VBlBW 2000, 286; Beschluss vom 12.9.1996, aaO.) oder einer Grenzmauer, die das Vorhaben verdeckt (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 25.1.2000, a.a.O.), und auch bei erklärtem Einverständnis des Nachbarn (vgl. Senatsurteil vom 8.11.1999, a.a.O.) liegt eine Sondersituation in diesem Sinn vor.
37 
Keine der genannten Sondersituationen ist hier gegeben. Zwar liegt das Baugrundstück insgesamt gesehen tiefer als das Grundstück des Klägers; jedoch ergibt sich daraus keine die Abweichung von der regulären Abstandsflächentiefe rechtfertigende Situation. Denn die für die Abstandsflächentiefe maßgebliche Außenwand des Treppenhauses beginnt im Wesentlichen auf der Höhe der an der Grenze bestehenden Grundstücksoberfläche des Nachbargrundstücks, so dass sich die tiefere Lage des Gesamtgebäudes für den Kläger nicht in entscheidendem Umfang entlastend auswirkt. Ebenso wenig ist der Fall eines ungewöhnlichen Grundstückszuschnitts gegeben, aufgrund dessen das Nachbargrundstück an dieser Stelle nicht bebaut werden kann. Denn das Grundstück ist in dem gegenüberliegenden Bereich tatsächlich bebaut; dass die Bebauung nicht bis zur Grenze reicht, hat keine tatsächlichen, sondern rechtliche Gründe, nämlich die Einhaltung der Abstandsflächenvorschriften bzw. der Baulast. Aber selbst wenn man in diesem Zusammenhang grundsätzlich auch Besonderheiten rechtlicher Art in Betracht ziehen würde (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 18.12.2007 - 3 S 2107/07 -, VBlBW 2008, 190), ergäbe sich daraus vorliegend keine Sondersituation, weil die Baulast gerade die Einhaltung von Abständen gewährleisten soll und daher nicht das Interesse des Klägers daran mindert. Und schließlich geht auch die Annahme des Beklagten fehl, dass die Grenzgarage als ein vorhandenes grenznahes Gebäude eine Sondersituation begründe. Die Garage lässt nicht die verlässliche Aussage zu, dass durch das konkrete Bauvorhaben keine oder nur eine unerhebliche Beeinträchtigung verursacht wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 26.4.2002, a.a.O.), weil die Garage und das Bauvorhaben nicht im selben Grenzbereich liegen. Anhaltspunkte für die Annahme einer durch andere Umstände begründeten Sondersituation sind ebenfalls nicht ersichtlich.
38 
4. Der Kläger ist auch nicht durch den Grundsatz von Treu und Glauben gehindert, den Abstandsflächenverstoß geltend zu machen. Zwar gilt nach der Rechtsprechung, dass ein Nachbar, der seinerseits den erforderlichen Grenzabstand nicht einhält, nach dem Grundsatz von Treu und Glauben daran gehindert ist, die Verletzung des Grenzabstands zu rügen, wenn die Verletzung nachbarschützender Abstandsregelungen durch das angegriffene Vorhaben nicht schwerer wiegt als der eigene Verstoß und in gefahrenrechtlicher Hinsicht keine völlig untragbaren Zustände entstehen (vgl. VGH Bad.-Württ. Urteil vom 18.11.2002 - 3 S 882/02 -, VBlBW 2003, 235). Denn es ist bereits nicht ersichtlich, dass der Kläger selbst mit seiner Grenzgarage den erforderlichen Grenzabstand nicht einhält. Nach der zum Zeitpunkt der Genehmigung der Garage geltenden Rechtslage war sie als privilegiertes Gebäude unter Einhaltung der gesetzlichen Maße an der Grenze zulässig (vgl. § 7 Abs. 3 LBO 1972). Eine Terrassennutzung, die eventuell zu einer Entprivilegierung hätte führen können (vgl. insoweit zu § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBO 1983: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 1.3.1995 - 3 S 1121/94 -, VBlBW 1995, 321; siehe aber auch Senatsurteil vom 24.7.1998 - 8 S 1306/98 -, VBlBW 1999, 64) wurde nicht genehmigt; der Augenschein hat auch keinen Anhaltspunkt dafür erbracht, dass das Dach der Garage faktisch als Terrasse genutzt wird. Ob die bestehende Baulast der Errichtung der privilegierten Garage entgegenstand (in diesem Sinn § 10 Abs. 4 2. HS LBO 1972 interpretierend Senatsurteil vom 7.4.1978 - VIII 2147/77 -; anders dagegen Sauter, LBO, Kommentar, Stand September 1979, § 10 Rn. 4; s. a. § 7 Abs. 1 Satz 2 LBO in der aktuellen Fassung), kann offen bleiben; denn jedenfalls würde die dadurch vorliegende Verletzung der Abstandsflächenvorschriften gegenüber derjenigen durch das aufsteigende Treppenhaus ersichtlich weniger schwer wiegen, da die Grenzgarage im hinteren Bereich gänzlich von Erde bedeckt ist.
39 
5. Erweist sich die Baugenehmigung somit bereits aufgrund des Verstoßes gegen die Abstandsflächenvorschriften als rechtswidrig, braucht auf die vom Kläger außerdem noch geltend gemachten brandschutzrechtlichen Bedenken nicht weiter eingegangen zu werden.
40 
6. Das Verwaltungsgericht hat es auch zutreffend abgelehnt, die Baugenehmigung im Hinblick darauf nur teilweise aufzuheben, dass der genehmigte Um- und Erweiterungsbau in seinem überwiegenden Umfang nachbarschützende Vorschriften nicht tangiert, denn eine solche Teilaufhebung kommt mangels Teilbarkeit der Baugenehmigung nicht in Betracht (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Auflage 2007, § 113 Rn. 16 m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 3.11.1982 - 3 S 1168/82 -, VBlBW 1983, 266).
41 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
42 
Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
43 
Beschluss vom 10. April 2008
44 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 7.500 EUR festgesetzt.
45 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
25 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtene Baugenehmigung vom 15.4.2005 und den Widerspruchsbescheid vom 15.11.2005 im Ergebnis zu Recht aufgehoben. Die Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
I.
26 
Die Rechtskraft der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 18.7.2002 - 2 K 913/01 - steht weder der Zulässigkeit der Anfechtungsklage gegen die Baugenehmigung vom 15.4.2005 noch der gerichtlichen Sachprüfung (vgl. hierzu: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 121 Rdnr. 26 mwN.) entgegen. Nach § 121 Nr. 1 VwGO binden rechtskräftige Urteile, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist, die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger. In dem zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits am 18.7.2002 ergangenen rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts wurde die dem Beigeladenen am 27.10.1998 erteilte Baugenehmigung wegen eines Verstoßes gegen die Abstandsflächenvorschriften und die Brandschutzvorschriften aufgehoben. Das vorliegende Verfahren betrifft nicht erneut diese bereits aufgehobene Baugenehmigung aus dem Jahre 1998, sondern eine andere neue Baugenehmigung vom 15.4.2005, über deren Rechtmäßigkeit bisher noch nicht entschieden worden ist und über die daher im vorliegenden Verfahren entschieden werden kann, ohne dass gegen die Zulässigkeit der Anfechtungsklage rechtliche Bedenken bestünden (vgl. BVerwG, Urteil vom 8.12.1992 - 1 C 12/92 -, NVwZ 1993, 672 mwN.).
27 
Dem beklagten Land war es auch nicht infolge der Rechtskraftwirkung des Urteils vom 18.7.2002 verwehrt, auf den erneuten Genehmigungsantrag des Beigeladenen die nunmehr angefochtene Baugenehmigung zu erlassen. Zwar erfasst die Rechtskraftwirkung in dem in § 121 VwGO umschriebenen Rahmen auch nachfolgende Verwaltungsakte. Damit soll verhindert werden, dass die aus einem festgestellten Tatbestand hergeleitete Rechtsfolge, über die durch ein Urteil rechtskräftig entschieden worden ist, erneut zum Gegenstand eines Verfahrens zwischen denselben Parteien gemacht wird. Im Falle einer erfolgreichen Anfechtungsklage darf die im Vorprozess unterlegene Behörde bei unveränderter Sach- und Rechtslage nicht den gleichen Verwaltungsakt aus den vom Gericht missbilligten Gründen erneut erlassen (vgl. BVerwG, a.a.O.). Vorliegend hat sich die maßgebliche Sachlage jedoch verändert. Der zur Genehmigung gestellte Bauantrag vom 3.12.2004 betrifft zwar insgesamt gesehen das gleiche Vorhaben; in wesentlichen Details sind jedoch Veränderungen vorgenommen worden, die eine für die Entscheidung relevante neue Sachlage begründeten. Denn die Änderungen betrafen u. a. den Brandschutz und die Verkürzung der dem Grundstück des Klägers zugewandten grenznahen Außenwand und waren somit für die Prüfung von Vorschriften bedeutsam, auf deren Verletzung die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zugunsten des Klägers gestützt worden war. Ob diese Veränderungen es letztlich rechtfertigten, die Baugenehmigung zu erteilen, ist eine Frage, die sich erst auf der Ebene der materiell-rechtlichen Prüfung stellt und keinen Einfluss auf die Sachprüfungsbefugnis des Gerichts unter dem Gesichtspunkt der Rechtskraftwirkung des vorangegangenen Urteils hat.
II.
28 
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist auch im Übrigen nicht zu beanstanden, da die Baugenehmigung vom 15.4.2005 nicht hätte erteilt werden dürfen; dem Vorhaben stehen die Vorschriften der Landesbauordnung über die Abstandsflächen entgegen (vgl. § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO).
29 
1. Die nach § 5 Abs. 1 Satz 1 LBO erforderliche Abstandsfläche vor der nordwestlichen Außenwand des Treppenhauses liegt nicht – wie nach § 5 Abs. 2 Satz 1 LBO für den Regelfall vorgesehen – auf dem Baugrundstück selbst, sondern zu einem erheblichen Teil auf dem Grundstück des Klägers. Anhaltspunkte dafür, dass aus planungsrechtlichen Gründen eine Abstandsfläche nicht erforderlich ist, bestehen nicht; außerdem wäre selbst bei einer nach Planungsrecht möglichen Grenzbebauung nicht öffentlich-rechtlich gesichert, dass auf dem Nachbargrundstück ebenfalls an die Grenze gebaut wird (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO).
30 
2. Die Abstandsfläche darf auch nicht - jedenfalls nicht in voller Tiefe - aufgrund von § 7 Abs. 1 Satz 1 LBO auf dem Grundstück des Klägers liegen. Nach dieser Vorschrift dürfen sich Abstandsflächen, soweit sie auf dem Grundstück selbst liegen müssen, ganz oder teilweise auf ein anderes Grundstück erstrecken, wenn durch Baulast gesichert ist, dass diese Abstandsflächen nicht überbaut werden und auf die auf diesem anderen Grundstück erforderlichen Abstandsflächen nicht angerechnet werden. Zwar besteht vorliegend – zumindest nach Aktenlage - eine derartige Baulast; sie sichert jedoch nicht im erforderlichen Umfang, dass die Abstandsfläche vor der Außenmauer des Treppenhauses nicht auf die auf dem Grundstück des Klägers erforderliche Abstandsfläche angerechnet wird.
31 
a) Nach dem für das - bis zur Kreisreform 1971 - badische Unteruhldingen geltenden § 27 Abs. 1 des badischen Ortsstraßengesetzes vom 30.10.1936 (GVBl. S. 179) hafteten besondere, nicht schon aus den allgemeinen baupolizeilichen Vorschriften sich ergebende Verpflichtungen, welche hinsichtlich der Nichtbebauung von Grundstücksteilen auf Verlangen der Baupolizeibehörde gegenüber dieser Behörde von dem Eigentümer mit Rücksicht auf ein von einem anderen Eigentümer eingereichtes Baugesuch übernommenen wurden, wenn sie in dem Baulastenbuch eingetragen waren, als öffentlich-rechtliche Lasten (Baulasten) auf dem Grundstück und gingen als solche auf jeden späteren Erwerber des Grundstücks über. Der Vater des Klägers hat als dessen Rechtsvorgänger im Zusammenhang mit dem vom Vater des Beigeladenen eingereichten Baugesuch die sich nicht schon aus den allgemeinen baupolizeilichen Vorschriften ergebende Verpflichtung übernommen, mit einem eigenen Vorhaben auf seinem Grundstück Flst. Nr. 400 von der Grenze des Grundstücks Flst. Nr. 401/1 einen Abstand von 4 m einzuhalten. Diese Verpflichtung wurde in das Baulastenbuch der Gemeinde Unteruhldingen eingetragen und liegt daher als öffentlich-rechtliche Last auf dem Grundstück Flst. Nr. 400/2, das insoweit an die Stelle des früheren Grundstücks Flst. Nr. 400 getreten ist. Sie blieb als eigenständige Verpflichtung mangels einer anders lautenden Übergangsregelung in der 1964 in Kraft getretenen Landesbauordnung (vgl. §§ 116 ff. LBO 1964) auch nach Außerkrafttreten des badischen Ortsstraßengesetzes (vgl. § 118 Abs. 1 Nr. 5 LBO 1964) bestehen.
32 
b) Die Baulast ist auch grundsätzlich geeignet, die in § 7 Abs. 1 Satz 1 LBO genannte Rechtsfolge herbeizuführen. Insbesondere fehlt es nicht an dem vom Verwaltungsgericht vermissten Anrechnungsverbot. Der Senat teilt zwar die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Übernahme der Verpflichtung als einseitige Willenserklärung entsprechend § 133 BGB auszulegen und dabei der wirkliche Wille zu erforschen ist. Für die Auslegung des erklärten Willens ist dabei maßgeblich, wie derjenige, für den die Erklärung bestimmt war, also die Baurechtsbehörde, diese nach Treu und Glauben verstehen durfte (sog. „objektiver Empfängerhorizont“, vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.1.2007 – 3 S 1251/06 -, VBlBW 2007, 225 = NVwZ-RR 2007, 662 mwN.). Abweichend von diesem rechtlich zutreffenden Ansatz hat sich das Verwaltungsgericht aber bei seinen Ausführungen nicht am wirklichen Willen des Erklärenden, sondern am objektiven Wortlaut der Erklärung orientiert, indem es darauf abgestellt hat, dass die Übernahme von Abstandsflächen vom Baugrundstück auf das Grundstück des Klägers nicht erklärt worden sei bzw. dass eine Erklärung fehle, wonach die mit dem Überbauungsverbot belegte Fläche nicht auf die auf dem Grundstück des Klägers erforderlichen Abstandsflächen angerechnet werden dürfe. Mit dieser Begründung hat sich das Verwaltungsgericht auf eine Terminologie gestützt, die zum für die Auslegung maßgeblichen Zeitpunkt der Übernahme der Verpflichtung - 1961 - gesetzlich noch nicht vorgesehen war und die dementsprechend auch nicht dem wirklichen Willen des Erklärenden entsprechen konnte. Sowohl den Begriff der Abstandsfläche vor Außenwänden wie auch das Problem der Anrechnung von Abstandsflächen gibt es in dem für § 7 Abs. 1 Satz 1 LBO maßgeblichen Verständnis terminologisch erst seit der Neufassung der Abstandsvorschriften durch die LBO 1983. Zuvor ging das Gesetz – sowohl die LBO 1964 wie auch die badische Bauordnung - von Abständen aus, die u. a. zur Grundstücksgrenze hin eingehalten werden mussten (vgl. § 7 LBO 1964, §§ 31, 32 badBauO). Da dieser Abstand bei Gebäuden auf benachbarten Grundstücken von beiden Gebäuden einzuhalten war, entsprach der Abstand zwischen den Gebäuden dem doppelten Abstand von der Grenze. Auf diese Rechtslage bezog sich erkennbar das Schreiben des Landratsamtes Überlingen vom 13.3.1961 an den Vater des Beigeladenen, worin darauf hingewiesen wurde, dass gemäß § 2 (3) der Kreisbauordnung für den Landkreis Überlingen vom 11.6.1959 die Hauptgebäude von den seitlich angrenzenden Nachbargrundstücken einen Grenzabstand von mind. 3,00 m einhalten müssten und dass daher angesichts des bei dem geplanten Vorhaben beidseitig nur verbleibenden Grenzabstands von 2,00 m das Baugesuch nur dann genehmigungsfähig sei, wenn durch Übernahme von Baulasten durch die Eigentümer der Nachbargrundstücke sichergestellt sei, dass von den Umfassungswänden des Gebäudes bei der künftigen Bebauung der Nachbargrundstücke ein Abstand von mindestens 6,00 m eingehalten werde. Wenn sich der Vater des Klägers in der Folge zur Nichtüberbauung seines Grundstücks in einem Abstand von 4 m von der gemeinsamen Grundstücksgrenze verpflichtete, sollte damit offensichtlich dieser behördlichen Forderung Rechnung getragen werden. Denn damit war trotz des auf dem Baugrundstück seinerzeit nur vorgesehenen und vom Vater des Klägers auch vertraglich zugestandenen geringeren Grenzabstand von 2 m insgesamt gleichwohl ein Gebäudeabstand von 6 m gewährleistet. Das Gebäude des Klägers war daher so zu errichten, als ob die gemeinsame Grenze um 1 m nach Westen verschoben worden wäre. Damit war aber eine Situation geschaffen, die in ihren rechtlichen Wirkungen dem Anrechnungsverbot nach heutiger Rechtslage entspricht. Denn auch das heutige Anrechnungsverbot dient der Sache nach der Gewährleistung des beschriebenen Gebäudeabstands. Regelungsgehalt der Vorschriften über die Abstandsflächen ist, dass sie nicht überbaut werden (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 LBO) und dass sie sich grundsätzlich nicht überdecken dürfen (vgl. § 5 Abs. 3 Satz 1 LBO). Die Abstandsflächen dürfen also auch dann, wenn sie auf dem Nachbargrundstück liegen, nicht überbaut und nicht von den aufgrund der dortigen Bebauung notwendigen Abstandsflächen überdeckt werden; das ist gemeint, wenn das Gesetz davon spricht, dass sie nicht angerechnet werden dürfen. In diesem Sinn ist es daher gerechtfertigt, die Konsequenzen der Baulastübernahme für den Grundstücksnachbarn mit einer fiktiven Grenzverschiebung zu umschreiben (vgl. Senatsbeschluss vom 30.7.2001 - 8 S 1485/01 - VBlBW 2002, 127; Senatsurteil vom 27.10.2000 - 8 S 1445/00 - VBlBW 2001, 188; Senatsbeschluss vom 14.12.1990 - 8 S 2440/90 - VGHBW-Ls 1991, Beilage 3, B 8).
33 
c) Aus all dem ergibt sich aber auch, dass von den 4 m auf dem Grundstück des Klägers nur 1 m dem zu geringen Grenzabstand des Gebäudes auf dem Baugrundstück geschuldet war, die restlichen 3 m aber dem Grenzabstand eines zukünftigen Gebäudes auf dem Grundstück des Vaters des Klägers dienen sollten. Das bedeutet, dass die für das Vorhaben des Beigeladenen zur Verfügung stehende Abstandsflächentiefe maximal 1,50 m beträgt. Dieses Maß genügt aber selbst dann nicht, wenn man einen Fall abstandsrechtlicher Privilegierung in Betracht zieht.
34 
(1) Nach § 5 Abs. 6 Nr. 2 LBO außer Betracht bleiben kann das Treppenhaus nicht, weil es auch von der „verschobenen“ Nachbargrenze nicht mindestens 2 m entfernt bleibt. Außerdem ist zweifelhaft, ob es sich um einen Vorbau in diesem Sinn handelt. Auch wenn sich solche Vorbauten nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs über die gesamte Gebäudehöhe erstrecken können (vgl. VGH Bad.-Württ. Beschluss vom 6.9.1996 - 5 S 2049/96 - VBlBW 1997, 144), muss der Vorbau dennoch in seiner räumlichen Ausdehnung im Verhältnis zum Baukörper des Hauptgebäudes deutlich untergeordnet sein. Er muss sich für den objektiven Betrachter noch als vorgebauter Annex und nicht bereits als angebauter Teil des Hauptgebäudes darstellen. Die Außenwand muss noch optisch prägend in Erscheinung treten (vgl. VGH Bad.-Württ. Beschluss vom 22.6.1993 - 3 S 379/93 - VGHBW-Ls 1993, Beil. 9, B 12). Der Vorbau darf also beispielsweise die Außenwand in ihren Ausmaßen nicht überschreiten. Ein Vorbau, der höher als die Außenwand ist und somit in den Dachraum hineinragt, kann nicht mehr nach § 5 Abs. 6 Nr. 2 LBO privilegiert sein (vgl. Senatsbeschluss vom 4.7.2003 - 8 S 1251/03 -). Zwar bietet die vorgeschriebene Größenbeschränkung von maximal 5 m Breite und 1,5 m Tiefe insoweit einen gewissen Anhaltspunkt (vgl. LT-DrS. 11/5337, 81); gleichwohl ist der Vorbau zusätzlich noch in Beziehung zum Gebäude, insbesondere zu der dazugehörenden Außenwand zu setzen. So ist eine Wand, die 5 m breit ist und 1,5 m vortritt, dann kein für die Berechnung der Abstandsflächentiefe unbeachtlicher Vorbau, wenn die dazugehörende Außenwand insgesamt nur 10 m breit ist und daher ihrerseits gegenüber dem Vorbau nur unter- bzw. allenfalls gleichgeordnet in Erscheinung tritt. So liegt der Fall hier: Die Außenwand des Gebäudes bietet vom Grundstück des Klägers aus betrachtet aufgrund ihrer Gliederung in einzelne Abschnitte (rückwärtiger, mittlerer und vorderer Gebäudeteil) im Verhältnis zum grenznäheren, in der Mitte liegenden Treppenhaus keinen einheitlichen dominierenden Eindruck. Vielmehr erscheint die Außenwand des Treppenhauses eher als gleichberechtigter Teil dieser Gliederung. Gegenüber dem rückwärtigen Gebäudeteil fehlt es bereits von der Breite her an einem eindeutigen Über-/Unterordnungsverhältnis; dies gilt auch gegenüber dem vorderen Gebäudeteil, der schon wegen der geringeren Höhe – jedenfalls von außen betrachtet - seinerseits eher den Eindruck eines (südlichen) Anbaus vermittelt.
35 
(2) Auch das sog. Schmalseitenprivileg nach § 5 Abs. 7 iVm. Abs. 8 LBO führt zu keiner Abstandsflächentiefe, die bei der gegebenen Sachlage das Vorhaben abstandsrechtlich unbedenklich machen würde. Denn selbst wenn man die maßgebliche tatsächliche Wandhöhe unberücksichtigt lassen würde, müsste vor der weniger als 5 m breiten Außenwand zumindest eine Abstandsfläche mit einer Tiefe von 2 m liegen, was jedoch – wie gezeigt - nicht der Fall ist.
36 
3. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht auch die Verpflichtung der Baurechtsbehörde verneint, eine geringere Abstandsflächentiefe nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO zuzulassen. Denn die von der Rechtsprechung geforderte Sondersituation auf dem Nachbargrundstück liegt ersichtlich nicht vor. Nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO sind geringere Tiefen der Abstandsflächen zuzulassen, wenn Beleuchtung mit Tageslicht sowie Belüftung in ausreichendem Maße gewährleistet bleiben, Gründe des Brandschutzes nicht entgegenstehen und, soweit die Tiefe der Abstandsflächen die Maße des § 5 Abs. 7 Satz 3 unterschreitet, nachbarliche Belange nicht erheblich beeinträchtigt werden. Nach der Rechtsprechung aller mit Baurechtssachen befassten Senate des erkennenden Gerichtshofs ist dabei von der normativen Wertung auszugehen, dass eine erhebliche Beeinträchtigung nachbarlicher Belange regelmäßig dann vorliegt, wenn der nachbarschützende Teil der Abstandsflächentiefe unterschritten wird, gleichgültig, ob die Unterschreitung gravierend oder geringfügig ist (vgl. u. a. Senatsbeschlüsse vom 4.7.2003 - 8 S 1251/03 - und vom 8.10.1996 - 8 S 2566/96 - BRS 58 Nr. 109; Beschluss vom 13.6.2003 – 3 S 938/03 -, BauR 2003, 1549 = BRS 66 Nr. 129; Urteil vom 10.10.2002 - 5 S 1655/01 -, BauR 2003, 1201 = BRS 65 Nr. 121; Beschluss vom 26.4.2002 – 5 S 629/02 - VBlBW 2002, 445). Nachbarliche Belange sind in einem solchen Fall nur dann nicht erheblich beeinträchtigt, wenn die vorhandene Situation in Bezug auf das Nachbargrundstück durch bauordnungsrechtlich relevante Besonderheiten gekennzeichnet ist, die das Interesse des Nachbarn an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandstiefe deutlich mindern oder als weniger schutzwürdig erscheinen lassen (vgl. Senatsurteil vom 8.11.1999 - 8 S 1668/999 - BRS 62 Nr. 94); auf eine Interessenabwägung kommt es dagegen - wie schon das Verwaltungsgericht hervorgehoben hat - nicht an (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 29.1.1999 - 5 S 2971/98 -, VBlBW 1999, 347 = NVwZ-RR 1999, 491 = BRS 62 Nr 132; Beschluss vom 10.3.1999 - 3 S 332/99 -, VGHBW-Ls 1999, Beilage 5, B 4). Solche Besonderheiten können beispielsweise vorliegen bei unterschiedlicher Höhenlage beider Grundstücke, d. h. wenn das Baugrundstück wesentlich tiefer liegt als das Nachbargrundstück, bei einem ungewöhnlichen Zuschnitt des Nachbargrundstücks, der dessen Bebauung in dem dem geplanten Gebäude gegenüberliegenden Bereich praktisch ausschließt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.10.1996 - 3 S 2205/94 - VBlBW 1997, 266; Beschluss vom 12.9.1996 - 5 S 2232/96 - VBlBW 1997, 221) oder bei schmalen oder topographisch besonders gelagerten Grundstücken, die weder bebaut noch sonst gärtnerisch oder zu Freizeitzwecken sinnvoll genutzt werden können (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.9.1999, - 3 S 1437/99 - VGHBW-Ls 1999, Beil. 12, B 4), wie bei einem als Zufahrt genutzten Grundstücksteil (vgl. Senatsbeschluss vom 19.12.1996 - 8 S 3190/96 - BRS 59 Nr. 107). Aber auch bei einem vorhandenen grenznahen Gebäude auf dem Nachbargrundstück, das die verlässliche Aussage zulässt, dass durch das konkrete Bauvorhaben keine oder nur eine unerhebliche Beeinträchtigung verursacht wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 26.4.2002 a.a.O.), wie z.B. einer privilegierten Grenzgarage (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 25.1.2000 - 5 S 2996/99 -, VBlBW 2000, 286; Beschluss vom 12.9.1996, aaO.) oder einer Grenzmauer, die das Vorhaben verdeckt (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 25.1.2000, a.a.O.), und auch bei erklärtem Einverständnis des Nachbarn (vgl. Senatsurteil vom 8.11.1999, a.a.O.) liegt eine Sondersituation in diesem Sinn vor.
37 
Keine der genannten Sondersituationen ist hier gegeben. Zwar liegt das Baugrundstück insgesamt gesehen tiefer als das Grundstück des Klägers; jedoch ergibt sich daraus keine die Abweichung von der regulären Abstandsflächentiefe rechtfertigende Situation. Denn die für die Abstandsflächentiefe maßgebliche Außenwand des Treppenhauses beginnt im Wesentlichen auf der Höhe der an der Grenze bestehenden Grundstücksoberfläche des Nachbargrundstücks, so dass sich die tiefere Lage des Gesamtgebäudes für den Kläger nicht in entscheidendem Umfang entlastend auswirkt. Ebenso wenig ist der Fall eines ungewöhnlichen Grundstückszuschnitts gegeben, aufgrund dessen das Nachbargrundstück an dieser Stelle nicht bebaut werden kann. Denn das Grundstück ist in dem gegenüberliegenden Bereich tatsächlich bebaut; dass die Bebauung nicht bis zur Grenze reicht, hat keine tatsächlichen, sondern rechtliche Gründe, nämlich die Einhaltung der Abstandsflächenvorschriften bzw. der Baulast. Aber selbst wenn man in diesem Zusammenhang grundsätzlich auch Besonderheiten rechtlicher Art in Betracht ziehen würde (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 18.12.2007 - 3 S 2107/07 -, VBlBW 2008, 190), ergäbe sich daraus vorliegend keine Sondersituation, weil die Baulast gerade die Einhaltung von Abständen gewährleisten soll und daher nicht das Interesse des Klägers daran mindert. Und schließlich geht auch die Annahme des Beklagten fehl, dass die Grenzgarage als ein vorhandenes grenznahes Gebäude eine Sondersituation begründe. Die Garage lässt nicht die verlässliche Aussage zu, dass durch das konkrete Bauvorhaben keine oder nur eine unerhebliche Beeinträchtigung verursacht wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 26.4.2002, a.a.O.), weil die Garage und das Bauvorhaben nicht im selben Grenzbereich liegen. Anhaltspunkte für die Annahme einer durch andere Umstände begründeten Sondersituation sind ebenfalls nicht ersichtlich.
38 
4. Der Kläger ist auch nicht durch den Grundsatz von Treu und Glauben gehindert, den Abstandsflächenverstoß geltend zu machen. Zwar gilt nach der Rechtsprechung, dass ein Nachbar, der seinerseits den erforderlichen Grenzabstand nicht einhält, nach dem Grundsatz von Treu und Glauben daran gehindert ist, die Verletzung des Grenzabstands zu rügen, wenn die Verletzung nachbarschützender Abstandsregelungen durch das angegriffene Vorhaben nicht schwerer wiegt als der eigene Verstoß und in gefahrenrechtlicher Hinsicht keine völlig untragbaren Zustände entstehen (vgl. VGH Bad.-Württ. Urteil vom 18.11.2002 - 3 S 882/02 -, VBlBW 2003, 235). Denn es ist bereits nicht ersichtlich, dass der Kläger selbst mit seiner Grenzgarage den erforderlichen Grenzabstand nicht einhält. Nach der zum Zeitpunkt der Genehmigung der Garage geltenden Rechtslage war sie als privilegiertes Gebäude unter Einhaltung der gesetzlichen Maße an der Grenze zulässig (vgl. § 7 Abs. 3 LBO 1972). Eine Terrassennutzung, die eventuell zu einer Entprivilegierung hätte führen können (vgl. insoweit zu § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBO 1983: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 1.3.1995 - 3 S 1121/94 -, VBlBW 1995, 321; siehe aber auch Senatsurteil vom 24.7.1998 - 8 S 1306/98 -, VBlBW 1999, 64) wurde nicht genehmigt; der Augenschein hat auch keinen Anhaltspunkt dafür erbracht, dass das Dach der Garage faktisch als Terrasse genutzt wird. Ob die bestehende Baulast der Errichtung der privilegierten Garage entgegenstand (in diesem Sinn § 10 Abs. 4 2. HS LBO 1972 interpretierend Senatsurteil vom 7.4.1978 - VIII 2147/77 -; anders dagegen Sauter, LBO, Kommentar, Stand September 1979, § 10 Rn. 4; s. a. § 7 Abs. 1 Satz 2 LBO in der aktuellen Fassung), kann offen bleiben; denn jedenfalls würde die dadurch vorliegende Verletzung der Abstandsflächenvorschriften gegenüber derjenigen durch das aufsteigende Treppenhaus ersichtlich weniger schwer wiegen, da die Grenzgarage im hinteren Bereich gänzlich von Erde bedeckt ist.
39 
5. Erweist sich die Baugenehmigung somit bereits aufgrund des Verstoßes gegen die Abstandsflächenvorschriften als rechtswidrig, braucht auf die vom Kläger außerdem noch geltend gemachten brandschutzrechtlichen Bedenken nicht weiter eingegangen zu werden.
40 
6. Das Verwaltungsgericht hat es auch zutreffend abgelehnt, die Baugenehmigung im Hinblick darauf nur teilweise aufzuheben, dass der genehmigte Um- und Erweiterungsbau in seinem überwiegenden Umfang nachbarschützende Vorschriften nicht tangiert, denn eine solche Teilaufhebung kommt mangels Teilbarkeit der Baugenehmigung nicht in Betracht (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Auflage 2007, § 113 Rn. 16 m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 3.11.1982 - 3 S 1168/82 -, VBlBW 1983, 266).
41 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
42 
Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
43 
Beschluss vom 10. April 2008
44 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 7.500 EUR festgesetzt.
45 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 27. März 2014 - 2 K 3527/13 - wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen als Gesamtschuldner.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat es das Verwaltungsgericht abgelehnt, gegen den Antragsgegner eine einstweilige Anordnung gerichtet auf baurechtliches Einschreiten in Form einer Baueinstellungsverfügung gegen die Beigeladene zu erlassen. Die im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, geben zu einer Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts keinen Anlass.
1. a) Die Antragsteller wenden sich mit ihrer Beschwerde gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die auf der ihrem Grundstück zugewandten Seite vorgesehenen Vorbauten hielten den erforderlichen Abstand nicht ein. Das Verwaltungsgericht hat insoweit entschieden, dass es sich bei dem geplanten Vorbau um einen solchen nach § 5 Abs. 6 Nr. 2 LBO handele, weil er nach seiner räumlichen Ausdehnung im Verhältnis zum Baukörper des Hauptgebäudes deutlich untergeordnet sei und sich für den objektiven Betrachter noch als vorgebauter Annex und nicht bereits als angebauter Teil des Hauptgebäudes darstelle. Er erstrecke sich an der Nordseite des Gebäudes über das Unter- und das Erdgeschoss. In der Höhe reiche er über zwei Stockwerke. Im darüber liegenden Dachgeschoss sei ein Balkon vorgesehen. Die um einen knappen Meter vor die Hauptwand tretende Wand weise eine Länge von 4,65 m auf. Der dominierende Eindruck der Hauptwand, die im Erdgeschoss eine Länge von 17,43 m und im Untergeschoss vom 16,06 m aufweise, nicht in Frage gestellt. Da der Vorbau auch mit 2,06 m mehr als 2 m von der Nachbargrenze entfernt bleibe, bleibe er bei der Bemessung der Abstandsflächen außer Betracht.
b) Hiergegen bringen die Antragsteller vor, dass der umstrittene Vorbau zur Grundstücksgrenze ihres Grundstücks nicht im Sinne der Rechtsprechung des beschließenden Gerichtshofs deutlich untergeordnet sei. Zwar halte das vorgestellte Bauteil die in § 5 Abs. 6 Nr. 2 LBO vorgeschriebenen Außenmaße ein, aber es erweise sich nicht als deutlich untergeordnet. Das Verwaltungsgericht habe nicht darauf abgestellt, dass das vorgestellte Bauteil mit seiner Oberkante bis in das Dachgeschoss hineinrage. Im Blick auf seine höhenmäßige Ausdehnung sei es nicht mehr deutlich untergeordnet, sondern stelle vielmehr ein dominantes Bauteil dar. Vom Erdgeschoss bis zur Oberkante der Balkonbrüstung weise es eine Höhe von 6 m auf. Aufgrund der nachgereichten Schnitte errechne sich eine Wandhöhe von 6,18 m. Hinzukomme, dass der Vorbau sich in Form des Balkons fortsetze. Erweise sich das Bauvorhaben aber im Hinblick auf die Abstandsfläche des vorgestellten Bauteils als rechtswidrig, verletze es die rechtlich geschützten Interessen der Antragsteller in Form der Verletzung der gesetzlich vorgeschriebenen Abstandsflächen.
c) Dieses Vorbringen verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg. Denn das Verwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, dass der geplante Vorbau abstandsflächenrechtlich nach § 5 Abs. 6 Nr. 2 LBO privilegiert ist und deshalb bei der Bemessung der Abstandsfläche außer Betracht zu bleiben hat.
aa) Nach dieser Vorschrift bleiben bei der Bemessung der Abstandsfläche Vorbauten wie Wände, Erker, Balkone, Tür- und Fenstervorbauten, wenn sie nicht breiter als 5 m sind, nicht mehr als 1,5 m vortreten und von Nachbargrenzen mindestens 2 m entfernt bleiben, außer Betracht. Vorbauten im Sinne dieser Vorschrift müssen nicht oberhalb der Erdoberfläche oder unterhalb des Daches enden. Sie müssen aber dem hinter ihnen liegenden Gebäude zu- und untergeordnet sein. Ein vor die Außenwand gesetzter Bauteil fällt danach jedenfalls im Grundsatz nur dann unter diesen Begriff, wenn er diese Wand nicht überragt (Senatsbeschluss vom 04.07.2003 - 8 S 1251/03 - juris Rn. 9). Er muss sich für den objektiven Betrachter noch als vorgebauter Annex und nicht bereits als angebauter Teil des Hauptgebäudes darstellen (Senatsurteil vom 15.04.2008 - 8 S 12/07 - VBlBW 2009, 184). Mehrere Vorbauten im Sinne des § 5 Abs. 6 Nr. 2 LBO vor der Außenwand eines Gebäudes sind nach dieser Vorschrift nur dann abstandsflächenrechtlich privilegiert, wenn sie sich in ihrer Gesamtheit unterordnen und das Erscheinungsbild der Außenwand weiterhin dominiert (vgl. Sauter, LBO, 3. Aufl., Stand: März 2010, § 5 Rn. 99 zur vertikalen Verteilung von Vorbauten einer Außenwand).
bb) Gemessen an diesen Maßstäben sind sowohl der erkerähnliche Vorbau als auch der auf ihm vorgesehene Balkon abstandsflächenrechtlich privilegiert. Rechtlich unzutreffend ist der Ansatz der Beschwerde, den erkergleichen, sich über Unter- und Erdgeschoss erstreckenden Vorbau und den auf ihm im Dachgeschoss vorgesehenen Balkon als einheitlichen Vorbau im Sinne des § 5 Abs. 6 Nr. 2 LBO zu betrachten. Vielmehr sind die beiden Vorbauten nach den obigen Maßstäben zunächst getrennt voneinander zu betrachten und zu bewerten.
(1) Der erkerähnliche Vorbau ist ein untergeordneter Vorbau im Sinne von § 5 Abs. 6 Nr. 2 LBO. Er hält - wie die Beschwerde einräumt - die von § 5 Abs. 6 Nr. 2 LBO vorgeschriebenen Außenmaße ein und ragt selbst auch nicht über die Außenwand in die Giebelfläche des Bauvorhabens hinein. Weiter erstreckt sich auf deutlich weniger als ein Drittel der Länge der Außenwand und ist mithin im Verhältnis zu ihr untergeordnet.
(2) Der auf dem erkerähnlichen Vorbau vorgesehene, im Dachgeschoss teilweise in die Giebelfläche des geplanten Gebäudes hineinragende Balkon ist eigenständig an § 5 Abs. 6 Nr. 2 LBO zu messen. Denn er wäre ohne den erkerähnlichen Vorbau konstruierbar, da er ihn nicht als Fundament benötigt. Es handelt sich damit um einen eigenständigen Vorbau, der als Balkon ebenfalls nach § 5 Abs. 6 Nr. 2 LBO privilegiert ist. Er ist nämlich für sich betrachtet erkennbar der Außenwand untergeordnet.
10 
(3) Die Gesamtheit der vor der Außenwand befindlichen Vorbauten - Erker und Balkon - erweist sich ebenfalls als untergeordnet und im Umkehrschluss die Außenwand weiterhin als optisch dominierend. Dafür ist im Wesentlichen die Ausdehnung in der Länge von deutlich weniger als einem Drittel der Außenwand und ergänzend ausschlaggebend, dass die Außenwand und die Giebelfläche hinter dem Balkon weiterhin sichtbar bleiben und nicht etwa vollständig verdeckt werden.
11 
2. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2, 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladene einen eigenen Antrag gestellt hat und damit ein Kostenrisiko eingegangen ist (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es billigem Ermessen, ihre außergerichtlichen Kosten den unterlegenen Antragstellern aufzuerlegen.
12 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG und lehnt sich an Nr. 9.7 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ 2013, Beilage S. 57) an. Eine Reduzierung des Streitwerts in Anlehnung an Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs 2013 kommt nach ständiger Senatsrechtsprechung nicht in Betracht, da sich die Antragsteller nicht allein gegen die Auswirkungen der zukünftigen Nutzung des Nachbargrundstücks zur Wehr setzten.
13 
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Verfahren nach diesem Gesetz, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung förmlich eingeleitet worden sind, werden nach den bisher geltenden Rechtsvorschriften abgeschlossen, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist. Ist mit gesetzlich vorgeschriebenen einzelnen Schritten des Verfahrens noch nicht begonnen worden, können diese auch nach den Vorschriften dieses Gesetzes durchgeführt werden.

(2) Die Vorschriften des Dritten Kapitels Zweiter Teil Vierter Abschnitt zur Planerhaltung sind auch auf Flächennutzungspläne und Satzungen entsprechend anzuwenden, die auf der Grundlage bisheriger Fassungen dieses Gesetzes in Kraft getreten sind. Unbeschadet des Satzes 1 sind auf der Grundlage bisheriger Fassungen dieses Gesetzes unbeachtliche oder durch Fristablauf unbeachtliche Fehler bei der Aufstellung von Flächennutzungsplänen und Satzungen auch weiterhin für die Rechtswirksamkeit dieser Flächennutzungspläne und Satzungen unbeachtlich. Abweichend von Satz 1 sind für vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung in Kraft getretene Flächennutzungspläne und Satzungen die vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung geltenden Vorschriften über die Geltendmachung der Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften, von Mängeln der Abwägung und von sonstigen Vorschriften einschließlich ihrer Fristen weiterhin anzuwenden.

(3) Auf der Grundlage bisheriger Fassungen dieses Gesetzes wirksame oder übergeleitete Pläne, Satzungen und Entscheidungen gelten fort.

(1) Die Genehmigung wird durch die Gemeinde erteilt; § 22 Absatz 5 Satz 2 bis 5 ist entsprechend anzuwenden. Ist eine baurechtliche Genehmigung oder an ihrer Stelle eine baurechtliche Zustimmung erforderlich, wird die Genehmigung durch die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde erteilt; im Baugenehmigungs- oder Zustimmungsverfahren wird über die in § 172 Absatz 3 bis 5 bezeichneten Belange entschieden.

(2) Wird in den Fällen des § 172 Absatz 3 die Genehmigung versagt, kann der Eigentümer von der Gemeinde unter den Voraussetzungen des § 40 Absatz 2 die Übernahme des Grundstücks verlangen. § 43 Absatz 1, 4 und 5 sowie § 44 Absatz 3 und 4 sind entsprechend anzuwenden.

(3) Vor der Entscheidung über den Genehmigungsantrag hat die Gemeinde mit dem Eigentümer oder sonstigen zur Unterhaltung Verpflichteten die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu erörtern. In den Fällen des § 172 Absatz 4 und 5 hat sie auch Mieter, Pächter und sonstige Nutzungsberechtigte zu hören. In den Fällen des § 172 Absatz 4 Satz 3 Nummer 6 hat sie die nach Satz 2 anzuhörenden Personen über die Erteilung einer Genehmigung zu informieren.

(4) Die landesrechtlichen Vorschriften, insbesondere über den Schutz und die Erhaltung von Denkmälern, bleiben unberührt.

(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.

(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.

(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23. Juli 2007 - 2 K 3669/07 - geändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 14. Mai 2007 wird angeordnet.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese auf sich behält.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die fristgerecht eingelegte und begründete sowie inhaltlich den Anforderungen des § 146 Abs. 4 S. 3 VwGO entsprechende Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 23.7.2007 ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Anders als das Verwaltungsgericht misst der Senat bei der vorliegend gebotenen Interessenabwägung dem Interesse der Antragsteller an der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Baugenehmigung vom 14.5.2007 zwecks Verhinderung vollendeter Tatsachen Vorrang bei vor dem Interesse der Beigeladenen und der Antragsgegnerin, von der Baugenehmigung - dem gesetzlichen Regelfall entsprechend - sofortigen Gebrauch machen zu dürfen (vgl. §§ 80 a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, 80 Abs. 5 S. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 212 a BauGB). Die Baugenehmigung gestattet die Errichtung eines Neubaus mit 15 Wohnungen und einer Gewerbeeinheit - bestehend aus einem langgestreckten Gebäude an der ... ... (Haus 1) und einem rechtwinklig angebauten Gebäude an der ... (Haus 2) sowie einer Tiefgarage mit Zufahrt für 19 Stellplätze. Nach derzeitigem - unvollständigem - Erkenntnisstand erscheint es durchaus denkbar, dass dieses Vorhaben gegen Vorschriften des Planungsrechts (Gebot der Rücksichtnahme) und des Bauordnungsrechts (§ 37 Abs. 7 LBO) verstößt, die (auch) dem Schutz der Antragsteller dienen, die Eigentümer eines westlich an das Baugrundstück an der... angrenzenden Wohngrundstücks sind. Diesbezügliche Einwendungen haben die Antragsteller im Baugenehmigungsverfahren auch rechtzeitig innerhalb der Frist des § 55 Abs. 2 S. 1 LBO erhoben.
I.
Bauplanungsrechtlich überschreitet das genehmigte Vorhaben in mehrfacher Hinsicht erheblich die Festsetzungen des maßgeblichen Bebauungsplans „Oscar-Parett-Straße“ vom 17.11.1987 zum Maß der baulichen Nutzung. Überschritten wird zunächst die Zahl der zulässigen Vollgeschosse. Der Bebauungsplan lässt höchstens (zwingend) zwei Vollgeschosse zu, während das Gebäude an der ... ... (Haus 1) dreigeschossig (mit Keller- und Dachgeschoss) ausgeführt ist und das - insofern wohl eigenständig zu beurteilende - Gebäude an der ... (Haus 2) wohl vier Vollgeschosse (zuzüglich eines Dachgeschosses mit weiteren Wohnungen) aufweist, da das „Untergeschoss“ mit der Gewerbeeinheit auf Grund der Topographie wohl die Voraussetzungen eines Vollgeschosses nach § 18 BauNVO 1977 i.V.m. § 1 Abs. 5 LBO 1983 erfüllen dürfte (vgl. dazu die Pläne „Ansicht Nord“ und „Schnitt B-B“; zur statischen Verweisung auf die LBO beim Vollgeschossbegriffs der BauNVO vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 27.1.1999 - 8 S 19/99 -, VBlBW 1999, 268). Von vier Vollgeschossen in diesem Bereich geht auch die Antragsgegnerin selbst aus (vgl. die baurechtliche Beurteilung der Verwaltung in der Vorlage für den Ausschuss für Umwelt und Technik des Gemeinderats vom 1.12.2006, Bl. 22 d.A.). Massiv überschritten wird ferner die nach dem Bebauungsplan zulässige Geschossfläche. Während der Bebauungsplan (auf der Grundlage einer GFZ von höchstens 1,2) auf dem Baugrundstück nur 1.176 qm erlaubt, nimmt das genehmigte Gebäude auf Grund seiner Grundfläche und der erhöhten Geschosszahl schon nach den Berechnungen der Beigeladenen eine Geschossfläche von 1.118 qm in Anspruch. Dies entspricht einer Überschreitung der zulässigen Grenze von 55 %, wobei die wirkliche Geschossfläche und der Überschreitungsquotient noch höher liegen dürften, da die Antragsgegnerin bei ihrer Berechnung von insgesamt nur drei Vollgeschossen ausgegangen ist.
1. Der Senat hat angesichts dessen gewichtige Zweifel, ob die Befreiungen, welche die Antragsgegnerin ohne nähere Begründung „gemäß § 31 Abs. 2 BauGB“ in erster Linie zwecks Umsetzung eines kommunalpolitisch erwünschten städtebaulichen Wettbewerbsentwurfs erteilt hat, sich noch im Rahmen der Grundzüge der Planung des Bebauungsplans „Oscar-Parett-Straße“ vom 17.11.1987 halten - wobei es insofern auf die Vorstellungen des Plangebers beim Satzungsbeschluss ankommt (vgl. Urteil des Senats vom 13.6.2007 - 3 S 881/06 -, VBlBW 2007, 385) -, und ob sie ermessensfehlerfrei sind. Zwar können sich die Antragsteller auf eine derartige objektive Rechtswidrigkeit der Befreiungen nicht unmittelbar berufen, da die Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung, von denen befreit worden ist, mangels erkennbarer gegenteiliger Absicht des Plangebers wohl - wie regelmäßig - allgemeinen städtebaulichen Interessen und nicht gezielt auch dem Schutz der Gebietsanlieger dienen sollen (vgl. dazu etwa VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 5.11.1995 - 3 S 3096/94 -, BauR 1995, 512; zum fehlenden Nachbarschutz des § 31 Abs. 2 BauGB in solchen Fällen vgl. BVerwG, Beschluss vom 8.7.1998 - 4 B 64.98 -, BauR 1998, 1206; ebenso Urteile vom 19.9.1986 - 4 C 8.84 -, BauR 1987, 70 und vom 10.12.1982 - 4 C 49.79 -, DVBl. 1983, 348). § 31 Abs. 2 BauGB entfaltet drittschützende Wirkung aber mit dem Gebot der Würdigung nachbarlicher Interessen. Befreiungen verletzen den Nachbarn in seinen Rechten, sofern er handgreiflich betroffen ist und die Behörde seinen Interessen nicht die gebotene Beachtung schenkt. Dies ist nach Maßgabe der Kriterien des Gebots der Rücksichtnahme in seiner nachbarschützenden Ausprägung zu beurteilen. Ob sich ein Vorhaben danach rücksichtslos, d.h. unzumutbar auswirkt, ist unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls - insbesondere der tatsächlichen und rechtlichen Vorbelastung der Grundstücke und des Gebiets, der tatsächlichen und rechtlichen Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit des Bauherrn und des Nachbarn sowie der Art und Intensität aller in Betracht kommenden städtebaulich relevanten Nachteile zu beurteilen (st. Rspr. des Senats, vgl. bereits Beschluss vom 16.2.1990 - 3 S 155/90 -, Juris). Art und Ausmaß einer „rücksichtslosen“ Betroffenheit lassen sich demgemäß nicht statisch-absolut festlegen, sondern enthalten jeweils auch relativ-wertende Elemente. Bei dieser Bewertung kommt der objektiven Rechtmäßigkeit des betreffenden Vorhabens sowie seiner regel- oder nur ausnahmsweisen Zulässigkeit Bedeutung zu. So tritt Drittschutz des Rücksichtnahmegebots nur selten ein, wo eine Baugenehmigung im Einklang mit den Festsetzungen des Bebauungsplans steht; solcher Drittschutz kommt aber eher zum Zug, wo die Baugenehmigung - wie hier und zudem in rechtlich nicht unbedenklicher Weise - von nicht nachbarschützenden Festsetzungen im Wege einer Ausnahme oder Befreiung abweicht. Die Interessen des Nachbarn gewinnen dann auch nach der Rechtsprechung des Bundesveraltungsgerichts größeres Gewicht. Der Nachbar kann umso mehr an Rücksichtnahme verlangen, je empfindlicher seine Stellung durch die planabweichende Nutzung berührt wird und je schutzwürdiger er diesbezüglich ist. Umgekehrt braucht der Bauherr umso weniger Rücksicht zu nehmen, je verständlicher, unabweisbarer und rechtlich schutzwürdiger seine Interessen sind. Daraus können sich für befreiungs- und nicht befreiungsbedürftige Vorhaben unterschiedliche Anforderungen an den Drittschutz ergeben (vgl. BVerwG, Urteile vom 19.9.1986 - 4 C 8.84 -, NVwZ 1987, 409, und vom 6.10.1989 - 4 C 14.87 -, NJW 1990, 1192 = DVBl. 1990, 205). Handelt es sich um ein befreiungsbedürftiges und zudem möglicherweise nicht befreiungsfähiges Vorhaben, so kann die Schwelle rücksichtsloser Betroffenheit des Nachbarn schon bei Nachteilen von etwas geringerer Intensität erreicht sein als dann, wenn das beanstandete Vorhaben mit den Regelfestsetzungen des betreffenden Bebauungsplans übereinstimmt (vgl. Beschluss des Senats vom 16.2.1990 - 3 S 155/90 -, Juris).
2. Gemessen daran kommt zumindest nach derzeitigem Erkenntnisstand in Betracht, dass es die Antragsgegnerin bei der Erteilung der Baugenehmigung unter tiefgreifenden Befreiungen an der gebotenen Rücksichtnahme auf die Interessen der Antragsteller hat fehlen lassen. Durch die genehmigte Erhöhung der Vollgeschosse von zwei auf drei bzw. vier Vollgeschossen nimmt die streitige Wohnanlage erheblich an Höhe zu. So erreicht das Gebäude an der ... (Haus 2) auf der dem Grundstück der Antragsteller zugewandten Westseite eine Traufhöhe von 13 bis 14 m und eine Giebelhöhe von 16 bis 17 m (vgl. die unterschiedlichen Höhen in den Plänen „Schnitt B-B“ und „Ansicht Nord“ sowie „Ansicht West“). Genaue Höhenangaben sind nicht möglich, da es an den gebotenen Vermaßungen in den Plänen fehlt. Bei plankonformer Bebauung mit nur zwei Vollgeschossen wäre die Gebäudehöhe um einige Meter geringer. Die Zulassung von drei bzw. vier Vollgeschossen (zuzüglich des Dachgeschosses) bei gleichzeitiger massiver Überschreitung der zulässigen Geschoßfläche führt ferner dazu, dass sich die Zahl der im Gesamtgebäude unterzubringenden Wohnungen (im 1. OG sind 7, im 2. OG sind 6 Wohneinheiten vorgesehen) und als Folge davon die Zahl der notwendigen Stellplätze und damit auch die Anzahl der Fahrbewegungen über die Tiefgarageneinfahrt deutlich erhöht.
Sowohl die befreiungsbedingte Gebäudeerhöhung und -massierung als auch die Zunahme der Fahrbewegungen wirken sich für die Antragsteller nachteilig aus. Nach ihrem Vorbringen und den Eintragungen im Bebauungsplan ist davon auszugehen, dass ihr Wohnhaus lediglich eingeschossig errichtet ist und daher zum ihnen viergeschossig gegenübertretenden „Haus 2“ eine erhebliche Höhendisparität besteht. Deutliche Unterschiede dürften auch in der Bebauungstiefe des klägerischen Wohnhauses und dem ihm gegenüberliegenden Vorhaben bestehen. Ferner ist zu berücksichtigen, dass wohl sämtliche Fenster des Wohnhauses der Antragsteller nach Osten (zum Vorhaben hin) ausgerichtet sind und dass das Wohnhaus nur wenig mehr als 1 m von der Grundstücksgrenze und der hieran unmittelbar anschließenden Tiefgaragenzufahrt entfernt liegt. Bei dieser Sachlage kommt jedenfalls nach gegenwärtigem Erkenntnisstand in Betracht, dass von dem Gebäude an der ... (Haus 2) eine optisch erdrückende Wirkung auf das Wohnhaus und das Grundstück der Antragsteller ausgeht und dass zum anderen die unmittelbar an der Grundstücksgrenze genehmigte Tiefgaragenzufahrt zu den 19 Stellplätzen im Untergeschoss zu einer als rücksichtslos einzustufenden Lärmbetroffenheit der Antragsteller führt. Zwar lässt sich - trotz Fehlens der erforderlichen Abstandsflächenberechnung - feststellen, dass das Haus 2 - bei einer Wandhöhe von mindestens 13 m und einem Grenzabstand von ca. 5 m - jedenfalls die nachbarschützende Abstandsflächentiefe im hier festgesetzten Besonderen Wohngebiet einhält (zur Bemessung vgl. § 5 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 und S. 3 LBO). Dies schließt eine unzumutbare Betroffenheit der Antragsteller wegen erdrückender Wirkung des Baukörpers des Vorhabens in dessen nicht aus. Zwar konkretisieren die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächentiefen grundsätzlich auch im Rahmen des planungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots die Grenzen eines hinsichtlich Belichtung, Belüftung, Besonnung und Einsichtnahme gebotenen Mindestschutzes (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.11.1984 - 4 B 244.84 -, NVwZ 1985, 653; Beschluss vom 6.12.1996 - 4 B 215.96 -, NVwZ-RR 1997, 516; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 26.11.1993 - 3 S 2603/93 -, Juris). Dieser Grundsatz lässt je nach Lage im Einzelfall aber Ausnahmen selbst hinsichtlich dieser durch die Abstandsflächenbestimmungen geschützten nachbarlichen Belange zu. Er ist im Hinblick auf den vom Schutzbereich der §§ 5 ff. LBO nicht erfassten Belang der optisch erdrückenden Wirkung eines Vorhabens, der an planungsrechtliche Kriterien (Maß der baulichen Nutzung, Größe des Baukörpers) anknüpft, aber schon nicht anwendbar (so BVerwG, Urteil vom 23.5.1986 - 4 C 34.85 -, NVwZ 1987, 34, 35).
3. Ob sich das Verdikt einer unzumutbar erdrückenden Wirkung des Vorhabens (vornehmlich Haus 2) für das Wohnhaus und Grundstück der Antragsteller bei einer abschließenden Prüfung aufrechterhalten lässt, muss im vorliegenden Verfahren offen bleiben. Dies auch deswegen, weil eine umfassende Beurteilung der maßgeblichen tatsächlichen Verhältnisse derzeit schon nicht möglich ist. Dem steht entgegen, dass die genehmigten Pläne, worauf auch die Antragsteller zutreffend hinweisen, in mehrfacher Hinsicht unvollständig sind. So sind insbesondere weder die genauen Höhenmaße des Hauses 2 auf der Westseite angegeben, noch ist in den Plänen wohl die richtige Grundfläche des Wohnhauses der Antragsteller eingezeichnet. Völlig fehlen zudem Angaben zur Trauf- und zur Giebelhöhe des Wohnhauses der Antragsteller sowie Bauvorlagen, die den Blick sowohl auf Haus 2 als auch auf das Wohnhaus der Antragsteller zeigen und damit einen Vergleich der Gebäudehöhen und -dimensionen erst möglich machen. Derartige Darstellungen sind jedoch erforderlich und auch vorgeschrieben, um gesicherte Beurteilungsgrundlagen für die Rechtmäßigkeit (Nachbarverträglichkeit) des Vorhabens gewinnen zu können (zu den insofern notwendigen Bauvorlagen vgl. § 52 Abs. 1 LBO i.V.m. § 4 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 und § 6 Abs. 2 Nr. 3 LBO-VVO). Auf das Fehlen dieser erforderlichen Angaben können die Antragsteller sich berufen. Denn Regelungen über die Anforderungen an Bauvorlagen entfalten nach der Rechtsprechung des Senats dann eine nachbarschützende Wirkung, wenn wegen der Unvollständigkeit der Bauvorlagen eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften nicht geprüft oder jedenfalls nicht zuverlässig ausgeschlossen werden kann (vgl. Beschluss vom 9.8.2005 - 3 S 1216/05 -, VBlBW 2005, 480; im Ergebnis ebenso VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 12.2.2007 - 5 S 2826/06 -, VBlBW 2007, 383). Die Antragsteller müssen sich entgegen dem Verwaltungsgericht für die Beurteilung ihrer aktuellen Betroffenheit auch nicht darauf verweisen lassen, dass sie nach dem Bebauungsplan ihr Grundstück auch stärker ausnutzen und zweigeschossig bebauen dürften. Den Antragstellern kann angesichts der besonderen Verhältnisse wohl auch nicht schutzmindernd entgegengehalten werden, dass ihr Wohnhaus in geringem Abstand zur Grenze errichtet ist. Denn ihr Wohnhaus war bereits bei Erlass des Bebauungsplans vorhanden und liegt wohl noch innerhalb des im Bebauungsplan grenznah festgesetzten Baufensters.
4. Nach Lage der Dinge hält der Senat auch einen Verstoß der Tiefgaragenzufahrt zu Lasten der Antragsteller gegen das Gebot der Rücksichtnahme für möglich, ohne dass auch insoweit eine abschließende Beurteilung getroffen werden kann. Insoweit wird auf die nachfolgenden Ausführungen zu II. verwiesen.
II.
Bauordnungsrechtlich kommt ein Verstoß der genehmigten Tiefgaragenzufahrt zu 19 Stellplätzen gegen die nachbarschützende Bestimmung des § 37 Abs. 7 LBO in Betracht. Danach sind Stellplätze einschließlich der Zufahrten so anzuordnen und einzurichten, dass u.a. das Wohnen und Arbeiten durch Lärm, Abgase und Gerüche nicht erheblich, d.h. unzumutbar gestört werden. Was erheblich ist, ist auch hier - spiegelbildlich zum und in Konkretisierung des Rücksichtnahmegebots - nach den tatsächlichen und rechtlichen Umständen des Einzelfalls (tatsächliche und rechtliche Schutzwürdigkeit und -bedürftigkeit, Intensität der Beeinträchtigung) zu entscheiden. Zwar ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Nutzung von und die Zufahrt zu - wie hier - nach § 37 Abs. 1 LBO bedarfsnotwendigen Stellplätzen in Wohngebieten keine erheblichen, billigerweise nicht mehr zumutbaren Störungen hervorrufen (st.Rspr., vgl. Nachweise bei Sauter, LBO, § 37 Rdnr. 111). Auch dieser Grundsatz hat jedoch Ausnahmen. Eine solche Ausnahme ist vorliegend in Erwägung zu ziehen. Zunächst ist, wie dargelegt, zu berücksichtigen, dass die genehmigte Nutzungsfrequenz (Zu- und Abfahrten zu 19 Stellplätzen) zu einem erheblichen Teil Folge der durch die Befreiungen gestatteten höheren Ausnutzbarkeit des Baugrundstücks ist. Ferner ist der die Antragsteller einseitig belastende Standort der Zufahrt in Rechnung zu stellen. Die Zufahrt soll unmittelbar an der Grenze und im Abstand von lediglich 1 bis 2 m vom Wohnhaus der Antragsteller entfernt angelegt werden, wobei wohl sämtliche Fenster sich in der Ostwand befinden und daher der Zufahrt zugewandt sind. Schließlich ist nach den Plänen auch der eigentliche Zufahrtsbereich bis zum Beginn der Rampe nach oben hin offen und gar nicht (so der Eindruck im Plan „Ansicht West“) bzw. allenfalls mit einer niedrigen Mauer nach Westen hin abgeschirmt (so wohl im Plan „Grundriss KG“). Eine nennenswerte Minderung der Zu- und Abfahrtsgeräusche im Einfahrtsbereich für das Wohnhaus der Antragsteller dürfte mit diesen Maßnahmen nicht verbunden sein. Endlich stellt sich die Frage, ob die beigeladene Bauherrin gerade auf den gewählten, einseitig die Antragsteller belastenden Einfahrtsstandort von der ... aus angewiesen ist, ob sich dieser Standort im öffentlichen Interesse aufdrängt oder ob - gegebenenfalls auch unter gewissen Einbußen an Ausnutzbarkeit des Baugrundstücks - nachbarschonendere Planungsalternativen zur Verfügung stehen. Solche Alternativen vermag der Senat nach derzeitigem Erkenntnisstand jedenfalls nicht auszuschließen. In Betracht käme zum einen die Anlegung einer Zufahrt über die ... .... Von dieser Straße aus werden ersichtlich auch die übrigen Anliegergrundstücke angefahren und es erscheint denkbar, dass die Zufahrt zu dem genehmigten Mehrfamilienhaus auch in einer mit der Verkehrssicherheit vereinbarenden Weise angelegt werden könnte. Diese Möglichkeit ist durch die bisher sehr vagen Gegenargumente der Antragsgegnerin nicht widerlegt. Als weitere Alternative wäre zumindest erwägenswert, ob die Zufahrt von Westen her über die im Zuge des Bebauungsplans „Oscar-Parett-Straße“ zur Erschließung des rückwärtigen Gebiets angelegten Straßen erfolgen kann.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, 3 und § 162 Abs. 3 VwGO; die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 63 Abs. 2 S. 1, 47 Abs. 1 S. 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG i.V.m. Nrn. 1.5 und 9.7.1 des Streitwertkatalogs 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
10 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 09. Januar 2012 - 5 K 2279/11 - wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, als Gesamtschuldner.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss vom 09.01.2012 ist statthaft und auch sonst zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat es zu Recht abgelehnt, der Klage der Antragsteller gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 15.06.2011 i.d.F. des Widerspruchsbescheids vom 05.08.2011 aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Auch nach Auffassung des Senats kommt dem Interesse der Beigeladenen an der - dem gesetzlichen Regelfall entsprechenden - sofortigen Ausnutzung der Baugenehmigung Vorrang vor dem Interesse der Antragsteller an einem vorläufigen Baustopp zu. Nach derzeitigem Erkenntnisstand und nach der im Eilverfahren allein möglichen und gebotenen Prüfung der Sach- und Rechtslage wird die Klage mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen Erfolg haben. Denn die genehmigten zwei Mehrfamilienwohnhäuser (Haus 1 mit acht und Haus 2 mit sechs Wohneinheiten) mit vier offenen Stellplätzen und einer Tiefgarage auf dem derzeit unbebauten Grundstück Flst.-Nr. ... (G... ...) in Müllheim verstoßen nicht gegen bauplanungsrechtliche Vorschriften, die zumindest auch dem Schutz der Antragsteller als Eigentümer des östlich angrenzenden und mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks Flst.-Nr. ... (G... ...) zu dienen bestimmt sind.
Zur Begründung nimmt der Senat auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO), wobei davon auszugehen ist, dass die Antragsteller mit ihrem Vorbringen nicht nach § 55 Abs. 2 Satz 2 LBO präkludiert sind und daher Anspruch auf volle Überprüfung ihrer Einwendungen haben. Ergänzend und in Würdigung des Beschwerdevorbringens der Antragsteller ist Folgendes auszuführen:
I.
Die Antragsteller halten dem Verwaltungsgericht zusammengefasst vor, es hätte die Prüfung des - im unbeplanten Innenbereich von Müllheim innerhalb einer Baulücke gelegenen - Vorhabens auf seine objektive Rechtmäßigkeit nach § 34 Abs. 1 BauGB nicht offen lassen dürfen. Das Gericht hätte diese Frage vielmehr notwendigerweise prüfen und als Prüfungsergebnis zwingend verneinen müssen, da die genehmigten Gebäude in ihrer Massivität, Lage und Wohnungszahl in der durch großzügige Einfamilienhausbebauung gekennzeichneten Umgebung beispiellos seien und eine irreversible Verfremdung des bislang harmonischen und völlig spannungsfreien Baugebiets einleiteten. Dieser massive Verstoß gegen das objektiv-rechtliche Einfügensgebot löse unmittelbare Abwehransprüche für sie als Angrenzer aus, ohne dass es eines Rückgriffs auf die Voraussetzungen des Rücksichtnahmegebots bedürfe. Im Übrigen wirkten sich die beiden Häuser aber auch rücksichtslos erdrückend und einmauernd auf ihr nur bescheiden bebautes Wohngrundstück aus, ohne dass es auf die Einhaltung der bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften ankomme, da diese nur „technisches Recht“ umsetzten und nachbarliche Belange nur untergeordnet berücksichtigten.
II.
Dem ist im dogmatischen Ansatz und im Ergebnis nicht zu folgen:
1. a) In der Rechtsprechung ist seit langem geklärt, dass § 34 Abs. 1 BauGB, wonach sich ein Vorhaben nach Art und Maß der baulichen Nutzung, nach der Bauweise und nach seiner überbauten Grundstücksfläche in die jeweils maßgebliche nähere Umgebung einzufügen hat, d.h. sich in dem jeweils prägenden Rahmen halten muss und diesen Rahmen nur bei Vermeidung städtebaulicher Spannungen überschreiten darf, unmittelbar keine drittschützende Wirkung entfaltet. Unmittelbarer Drittschutz gegen Gebietsveränderungen steht Gebietsanliegern nur im Anwendungsbereich des § 34 Abs. 2 BauGB zu, wenn die nähere Umgebung der Nutzungsart nach einem der gesetzlich vorgeformten Gebiete nach §§ 2 ff. BauNVO entspricht. Sie können in diesem Fall nach ihrer Nutzungsart unzulässige Vorhaben abwehren, ohne sich auf die qualifizierten Anforderungen des Rücksichtnahmegebots verweisen lassen zu müssen (sog. Gebietserhaltungs- oder Gebietsbewahrungsanspruch, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 16.12.2008 - 4 B 68.08 -, ZfBR 2009, 376 f. sowie Urteil vom 16.09.1993 - 4 C 28.91 -, BVerwGE 94, 151 ff. = NJW 1994, 1546 ff.).
Nur in diesem Sonderfall des § 34 Abs. 2 BauGB gesteht der Gesetzgeber, beschränkt auf die Art der baulichen Nutzung auf Nachbargrundstücken, den Bewohnern unbeplanter und beplanter Gebiete unter dem Gesichtspunkt der „Schicksalsgemeinschaft“ gleiche - unmittelbare - Abwehrrechte zu. Für die übrigen Merkmale des § 34 Abs. 1 BauGB (Nutzungsmaß, Bauweise, über- baubare Grundstücksfläche) gilt dies nicht. Dies verkennen die Antragsteller. Nachbarschützende Wirkung kommt Verstößen gegen diese Merkmale nur mittelbar über das im Begriff des „Einfügens“ aufgehende Gebot der Rücksichtnahme zu. Dieses ist verletzt, wenn ein Vorhaben es trotz Einhaltung des Umgebungsrahmens hinsichtlich eines oder mehrerer der Merkmale des § 34 Abs. 1 BauGB „an der gebotenen Rücksichtnahme auf die sonstige, d.h. vor allem auf die in seiner unmittelbaren Umgebung vorhandene Bebauung fehlen lässt“ (so bereits BVerwG, Urteil vom 26.05.1978 - 4 C 9.77 -, BVerwGE 55, 369, 386). Das Rücksichtnahmegebot hat insoweit zunächst objektiv-rechtliche Bedeutung. Nachbarschutz vermittelt es nur insoweit, als - mit den Worten des Bundesverwaltungsgerichts - „in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter“ Rücksicht zu nehmen ist (st. Rpr. zu. § 34 Abs. 1 BBauG wie zu § 34 Abs. 1 BauGB; vgl. dazu etwa BVerwG, Urteil vom 13.03.1981 - 4 C 1.78 -, BauR 1981, 354 ff. sowie Beschluss vom 20.01.1992 - 4 B 229.91 -, juris). An dieser Unterscheidung zwischen objektiv-rechtlicher und subjektiv-rechtlicher Ausprägung des Rücksichtnahmegebots ist rechtsdogmatisch bis heute festzuhalten, auch wenn in der Praxis beide Komponenten meist zusammenfallen und sich daher eine zweistufige Prüfung erübrigt. In Nachbarrechtsverfahren kommt es jedenfalls allein darauf an, ob sich ein Vorhaben in der dargelegten qualifizierten Art und Weise rücksichtslos, d.h. unzumutbar auswirkt. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats - bezogen auf die Merkmale des § 34 Abs. 1 BauGB - unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls - insbesondere der tatsächlichen und rechtlichen Vorbelastung der Grundstücke und des Gebiets, der tatsächlichen und rechtlichen Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit des Bauherrn und des Nachbarn sowie der Art und Intensität aller in Betracht kommenden städtebaulich relevanten Nachteile - zu beurteilen (vgl. etwa Beschlüsse vom 08.11.2007 - 3 S 1923/07 -, VBlBW 2008, 147 ff. und vom 16.2.1990 - 3 S 155/90 -, juris).
2. Gemessen an diesen Grundsätzen, an denen festzuhalten ist, war das Verwaltungsgericht nicht zu einer vollumfänglichen und abschließenden Prüfung der streitigen Mehrfamilienhäuser am objektiv-rechtlichen Maßstab des § 34 Abs. 1 BauGB (einschließlich des Rücksichtnahmegebots in seiner objektiv-rechtlichen Ausgestaltung) verpflichtet, sondern durfte sich auf die Prüfung beschränken, ob sich die Gebäude zu Lasten der Antragsteller anhand eines oder mehrerer der Kriterien des § 34 Abs. 1 BauGB subjektiv-rechtlich als rücksichtslos erweisen und insoweit „drittschützende“ städtebauliche Spannungen auslösen (zum Gebot der Rücksichtnahme als Unterfall des Verbots der Begründung oder Erhöhung bodenrechtlich beachtlicher Spannungen in § 34 Abs. 1 BauGB vgl. BVerwG, Urteil vom 16.09.2010 - 4 C 7.10 -, NVwZ 2011, 436 ff.). Derartige die Schwelle der Rücksichtslosigkeit erreichende Nachteile des Vorhabens für die Antragsteller vermag auch der Senat noch nicht zu erkennen.
a) Bezüglich der Nutzungsart (Wohnen) wird der Rahmen der Umgebung unstreitig eingehalten. Die den Gebietsrahmen möglicherweise übersteigende Gesamtwohnungszahl des Vorhabens (14 Wohneinheiten), die Wohnungsdichte, wird von § 34 Abs. 1 BauGB nicht erfasst (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 25.02.1992 - 3 S 309/92 -, VBlBW 1992, 344 ff. m.w.N.). Sie kann nur mittelbar durchschlagen, etwa dann, wenn gleichzeitig unzumutbarer Verkehrslärm durch die Bewohner hervorgerufen wird. Davon kann vorliegend aber nicht ausgegangen werden, nachdem die Zufahrt zur genehmigten Tiefgarage sich auf der vom Grundstück der Antragsteller abgewandten Westseite des Baugrundstücks befindet.
b) Auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung sind rücksichtslose Auswirkungen des Vorhabens für die Antragsteller noch nicht zu erkennen. Bei der Beurteilung ist hierbei allerdings nicht auf „relative“ Maßkriterien wie insbesondere die - hier eingehaltene - Grund- und Geschossflächenzahl abzuheben, sondern es kommt vorrangig auf die nach außen im Verhältnis zur Umgebungsbebauung prägenden Eigenschaften an, zu denen insbesondere die flächenmäßige Ausdehnung, die Geschosszahl und die Höhe der den Rahmen bildenden Gebäude zählen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.06.2007 - 4 B 8.07 -, BauR 2007, 1691 f.). Diesbezüglich dürften sich die streitigen zwei Mehrfamilienhäuser sowohl nach ihrer Grundfläche von jeweils etwa 300 m² als auch nach ihrer Geschosszahl und ihrer Gebäudehöhe möglicherweise sogar objektiv-rechtlich (gerade noch) im Umgebungsrahmen halten, der räumlich mindestens die Bebauungszeile südlich der G... umfasst. In dieser Zeile befindet sich das große und damit auch prägende Mehrfamilienwohnhaus auf dem östlich an das Grundstück der Antragsteller angrenzenden Grundstück Flst.-Nr. ... (G... ...). Der dortige aus drei versetzten Einheiten bestehende Gebäudekomplex weist ausweislich der nicht bestrittenen Ermittlungen der Antragsgegnerin eine Grundfläche von 315 m² auf, hat ebenfalls zwei Vollgeschosse und ein Dachgeschoss und übertrifft die genehmigten Wohnhäuser in der Firsthöhe um mindestens 2 m. Allein schon wegen dieses prägenden Gebäudekomplexes kann der Einschätzung der Antragsteller nicht gefolgt werden, im Baugebiet herrsche „Harmonie“ im Sinne einer in sich geschlossenen und von kleinen freistehenden Einfamilienhäusern geprägten „Schicksalsgemeinschaft“. Unabhängig von ihrer objektiv-rechtlichen Bewertung kommt den genehmigten Häusern auf dem Grundstück der Beigeladenen jedenfalls aber keine (subjektiv) rücksichtslose, weil unzumutbar optisch erdrückende oder einmauernde Wirkung zu. Diese Entscheidung ist, worauf die Antragsteller zu Recht abheben, nicht allein schon dadurch determiniert, dass die genehmigten Gebäude die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften in jeder Hinsicht einhalten. Diese Abstandsflächengebote sind allerdings keine rein „technischen Normen“, sondern haben eine starke nachbarschützende Zielrichtung. Jedoch umfasst ihr Schutzbereichskatalog (Belichtung, Besonnung, Belüftung, Brandschutz und ggf. auch ein Minimum an Wohnfrieden) nicht auch den Schutz gegen optisch erdrückende oder abriegelnde Baukörper. Dieser Schutz wird vielmehr vom bundesrechtlichen Kriterium des Maßes baulicher Nutzung abgeleitet (vgl. Beschluss des Senats vom 08.11.2007 - 3 S 1923/07 -, VBlBW 2008, 147 ff.; im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 23.05.1986 - 4 C 34.85 -, BauR 1986, 542 f.). Indessen treten die beiden genehmigten Wohnhäuser der Beigeladenen gegenüber dem Grundstück der Antragsteller noch nicht unzumutbar optisch erdrückend oder gar abriegelnd in Erscheinung. Denn beide Gebäude sind, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, nur mit den Giebelseiten zum Grundstück der Antragsteller hin ausgerichtet, zudem voneinander durch eine Freifläche von ca. 13 m getrennt.
10 
c) Auch bezüglich der überbauten Grundstücksfläche und in einer Gesamtwürdigung aller Umstände müssen die Antragsteller noch nicht mit unzumutbaren Nachteilen rechnen. Dabei verkennt auch der Senat nicht, dass sich der bisher in Richtung Westen außergewöhnlich günstige Lagevorteil des Grundstücks der Antragsteller im Zuge der Verwirklichung des streitigen Vorhabens verschlechtern wird. Die Antragsteller, die ihr großes Gartengrundstück im Verhältnis zur Umgebung eher gering ausnutzen, können jedoch in Anwendung des Rücksichtnahmegebots nicht verlangen, dass das Nachbargrundstück auch in Zukunft gänzlich unbebaut bleibt oder zwingend nur „in erster Reihe“ mit nur einem Gebäude (Haus 1) bebaut werden darf. Denn im Blockinnenbereich zwischen G... und H... sind auch an anderer Stelle „Hinterlandbebauungen“ in zweiter Reihe anzutreffen. Dies gilt nicht nur mit Blick auf die durchgehend tiefgestaffelte Bebauung im Bereich nördlich der H..., sondern auch für den Bereich südlich der G...-..., da auch hier - prägend - Wohnbebauung in „zweiter Reihe“ auf den Grundstücken Flst.-Nr. ... (G... ...) und dem dahinterliegenden Grundstück Flst.-Nr. ... (G... ...) in einer mit Haus 2 vergleichbaren Bebauungstiefe vorhanden ist.
11 
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab und nimmt stattdessen auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug.
12 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Billigem Ermessen entspricht es nicht, den Antragstellern auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen. Denn die Beigeladene hat im Schriftsatz vom 09.03.2012 zwar Ausführungen zur Sache gemacht. Die an den Anfang gestellte Formulierung, es werde im Folgenden dargetan, dass die Beschwerde zurückzuweisen sei, ist jedoch nicht als förmlicher Prozessantrag auszulegen. Da die Beigeladene daher für den Fall des Unterliegens kein Kostenrisiko zu tragen gehabt hätte (§ 154 Abs. 3 VwGO), ist es nach der Rechtsprechung aller Bausenate des erk. Gerichtshofs auch nicht unbillig, dass sie - korrespondierend - im Falle des Obsiegens keine Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten verlangen kann (vgl. zuletzt etwa Beschluss vom 20.01.2011 - 8 S 2567/10 -, VBlBW 2011, 279 f.).
13 
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
14 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 16. Juli 2009 - 5 K 628/09 - wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750,-- Euro festgesetzt.

Gründe

 
Die zulässige Beschwerde der Antragsteller ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht den Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 07.10.2008 in Gestalt der Baugenehmigung vom 09.04.2009 zum Neubau eines Mehrfamilienwohnhauses mit vier Wohneinheiten, einer Büroeinheit sowie einer Tiefgarage anzuordnen, abgelehnt, weil nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung die angefochtene Baugenehmigung keine Rechte der Antragsteller verletzt. Die im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, geben zu einer Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts keinen Anlass.
1. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass das Vorhaben der Beigeladenen nicht zu Lasten der Antragsteller § 5 Abs. 2 Satz 2 LBO verletzt. Nach dieser Vorschrift dürfen Abstandsflächen auch auf öffentlichen Verkehrsflächen liegen, bei beidseitig anbaubaren Flächen jedoch nur bis zu deren Mitte. Die Antragsteller machen in diesem Zusammenhang geltend, dass die vor dem Vorhaben teilweise auf der ... - einer beidseitig anbaubaren öffentlichen Verkehrsfläche im Sinne der genannten Vorschrift - liegenden Abstandsflächen mit den Bezeichnungen AF 3 bis 5 die Mittellinie der ... überschritten und damit gegen § 5 Abs. 2 Satz 2 LBO verstießen.
Dieses Vorbringen führt nicht zu einem Erfolg der Beschwerde. Dabei bedarf es keiner abschließenden Klärung der Frage, ob und in welchem Umfang die genannten Abstandsflächen die ... über die Mittellinie hinaus in Anspruch nehmen. Denn nach § 5 Abs. 7 Satz 3 LBO ist nicht die gesamte Tiefe der Abstandsfläche nachbarschützend, sondern lediglich ein bestimmter Teil hiervon. Im Falle des Vorhabens der Beigeladenen beträgt der nachbarschützende Teil 0,4 der Wandhöhe (§ 5 Abs. 7 Satz 3 i.V.m. Satz 1 Nr. 1 LBO). Der danach nachbarschützende Teil der Abstandsflächen vor dem Vorhaben der Beigeladenen erreicht die Mittellinie der ... nicht; anderes macht auch die Beschwerde selbst nicht geltend.
Entgegen der Auffassung der Beschwerde wird das Ausmaß der Ansprüche des Nachbarn hinsichtlich der Tiefe der einzuhaltenden Abstandsflächen auch nicht durch § 5 Abs. 2 Satz 2 LBO erweitert. Die Antragsteller meinen, sie könnten als Nachbarn eine Überschreitung der Mittellinie einer öffentlichen Verkehrsfläche auch insoweit geltend machen, als diese Mittellinie nicht vom nachbarschützenden Teil der Abstandsfläche, sondern nur von deren in objektiv-rechtlicher Hinsicht einzuhaltenden Tiefe (§ 5 Abs. 7 Satz 1 LBO) erreicht wird. Darin ist den Antragstellern nicht zu folgen (im Ergebnis ebenso VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 24.02.1992 - 3 S 3026/91 - VBlBW 1992, 295). Ihre Auffassung findet im Gesetz keine Stütze, denn § 5 Abs. 7 Satz 3 LBO legt den nachbarschützenden Teil der Abstandsflächen fest, ohne dabei zwischen bestimmten Typen von Abstandsflächen zu unterscheiden. Namentlich eine Differenzierung des Umfangs des Nachbarschutzes von Abstandsflächen auf privaten Grundstücken einerseits und auf öffentlichen Verkehrsflächen andererseits, wie sie die Antragsteller wohl für richtig halten, lässt sich dem Gesetzeswortlaut ebenso wenig entnehmen wie den Materialien zu den Vorschriften der Landesbauordnung über die nachbarschützende Tiefe der Abstandsflächen (vgl. LT-Drucks. 9/1067). Angesichts dieser Sonderregelungen der Landesbauordnung führt die von der Beschwerde erwähnte Auslegung der Abstandsflächenvorschriften anderer Länder in der Rechtsprechung der für das jeweilige Landesrecht zuständigen Oberverwaltungsgerichte nicht zu einem anderen Ergebnis. Schließlich ist auch nicht ersichtlich, weshalb der aus den Abstandsflächenvorschriften folgende Nachbarschutz zugunsten der Eigentümer von Grundstücken, die an eine öffentliche Verkehrsfläche angrenzen, weiter reichen sollte als die Rechtsposition der Eigentümer anderer Grundstücke.
2. Eine Verletzung von Rechten der Antragsteller folgt auch nicht daraus, dass die Baugenehmigung unter Befreiung (§ 31 Abs. 2 BauGB) von den Baulinien, die in den Bebauungsplänen Nr. 2 und 15 der Antragsgegnerin aus den Jahren 1901 und 1906 festgesetzt wurden, erteilt worden ist. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend dargelegt, dass die in diesen Plänen festgesetzten Baulinien keine nachbarschützende Wirkung zugunsten der Antragsteller entfalten (a) und die von der Antragsgegnerin erteilte Befreiung das Rücksichtnahmegebot nicht verletzt (b).
a) Die genannten Baulinien entfalten keine Schutzwirkung zugunsten der Antragsteller. Grundsätzlich dienen Baulinien oder Baugrenzen öffentlichen Belangen, und es bedarf besonderer Anhaltspunkte dafür, dass sie über die städtebaulichen Gesichtspunkte hinaus Rechte des Nachbarn schützen sollen. Derartige Anhaltspunkte für eine nachbarschützende Wirkung von Baugrenzen oder Baulinien können sich regelmäßig hinsichtlich der seitlichen oder hinteren Baugrenze zugunsten des an derselben Grundstücksseite liegenden Nachbarn ergeben. Denn zu dem an derselben Grundstücksseite liegenden Nachbarn wird ein nachbarrechtliches Austauschverhältnis begründet, das zur gegenseitigen Rücksichtnahme und zur wechselseitigen Beachtung der festgesetzten Baulinien oder Baugrenzen verpflichtet. Das gilt aber nicht für eine vordere, straßenseitige Baulinie oder Baugrenze. Dieser kommt lediglich die Funktion zu, die Anordnung der Gebäude zur Straße aus städtebaulichen Gründen zu gestalten. Einer vorderen, straßenseitigen Baugrenze oder Baulinie kommt daher regelmäßig keine nachbarschützende Wirkung zu. Nur dann, wenn aus dem Bebauungsplan im Einzelfall zu entnehmen ist, dass mit der Baulinien- oder Baugrenzenfestsetzung - auch - ein nachbarschaftliches Austauschverhältnis begründet und nach dem Willen des Ortsgesetzgebers ein gegenseitiges Verhältnis der Rücksichtnahme geschaffen werden sollte, kann einer vorderen, straßenseitigen Baugrenze oder Baulinie nachbarschützende Wirkung beizumessen sein (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 01.10.1999 - 5 S 2014/99 - VBlBW 2000, 112). Anhaltspunkte für eine derartige Zielsetzung der hier maßgeblichen Baulinien sind nicht erkennbar. Für die von den Antragstellern angenommene Schutzwirkung der Baulinien zugunsten ihres Grundstücks fehlen nachvollziehbare Anhaltspunkte in den Bebauungsplänen Nr. 2 und 15. Soweit die Antragsteller die Auffassung vertreten, diese Baulinien sollten jedenfalls zum Teil eine freie Sichtbeziehung von Gebäuden auf ihrem Grundstück ermöglichen, handelt es sich um Vermutungen ohne gesicherte tatsächliche Grundlage, zumal die Bebauungspläne Nr. 2 und 15 keine baulichen Anlagen auf dem Grundstück der Antragsteller erkennen lassen. Vielmehr ist - wie die Antragsgegnerin unwidersprochen vorgetragen hat - das erste Gebäude auf dem Grundstück der Antragsteller im Jahre 1909 genehmigt worden, so dass die Annahme einer Schutzwirkung der Baulinien zugunsten von Gebäuden auf dem Grundstück der Antragsteller fern liegt.
b) Soweit die Antragsgegnerin von den in Rede stehenden, nicht nachbarschützenden Festsetzungen eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB erteilt hat, erfolgte dies nicht unter Verstoß gegen eine gerade dem Schutz der Antragsteller dienende Rechtsvorschrift. Anhaltspunkte hierfür lassen sich der Beschwerdebegründung, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), nicht entnehmen. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat der Nachbar bei der Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB von einer nicht nachbarschützenden Festsetzung eines Bebauungsplans über den Anspruch auf Würdigung nachbarlicher Interessen hinaus keinen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung der Baugenehmigungsbehörde (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.07.1998 - 4 B 64.98 - NVwZ-RR 1999, 8 m.w.N.). Das damit den rechtlichen Maßstab bildende Rücksichtnahmegebot ist durch die Erteilung der Befreiung nicht verletzt worden. Dass diese zu einer Gefährdung des Grundstücks der Antragsteller durch einen Einsturz der Platane auf dem Grundstück der Beigeladenen führen könnte, stellt lediglich eine Vermutung der Antragsteller dar; abgesehen davon könnte eine derartige Verletzung des Eigentums der Antragsteller - worauf die Antragsgegnerin zu Recht hinweist - allenfalls zivilrechtliche Ansprüche gegen die Beigeladene begründen.
Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot folgt auch nicht daraus, dass den Antragstellern durch die Realisierung des Vorhabens eine Fläche entzogen würde, die - wie sie meinen - abstandsflächenrechtlich als Teil ihres Grundstücks anzusehen ist. Dies leiten sie daraus ab, dass ihrer Auffassung nach durch die Befreiung im Bereich der ... eine beidseitig anbaubare Verkehrsfläche im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 2 LBO entstehe und sie deswegen bei einem Vorhaben auf ihrem Grundstück mit der Abstandsfläche die Straßenmitte nicht überschreiten dürften. Abgesehen von der Frage, ob es sich bei der derzeit in keiner Weise konkretisierten Möglichkeit, mit einer Anbaufläche die gesamte öffentliche Verkehrsfläche in Anspruch nehmen zu können, überhaupt um eine schutzwürdige und im Rahmen des Rücksichtnahmegebots berücksichtigungsfähige bodenordnungsrechtliche Rechtsposition handelt, stellt die Verschlechterung der Möglichkeit, eine öffentliche Verkehrsfläche mit Abstandsflächen in Anspruch zu nehmen, deswegen keine unzumutbare Belastung dar, weil etwaige Härten im Hinblick auf die notwendige Tiefe der Abstandsflächen vor einem zukünftigen Vorhaben der Antragsteller im Wege einer Entscheidung nach § 6 Abs. 4 oder § 56 LBO ausgeglichen werden könnten.
3. Die angefochtene Baugenehmigung verletzt ferner keine subjektiven Rechte der Antragsteller aus § 34 Abs. 1 BauGB. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Baugenehmigung gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstieße. Doch pflichtet der Senat dem Verwaltungsgericht darin bei, dass das Vorhaben der Beigeladenen mit den rechtlichen Anforderungen des Rücksichtnahmegebots auch über die bereits unter 2. erörterten Aspekte hinaus im Einklang steht. Dabei verkennt der Senat nicht, dass das Vorhaben im Hinblick auf die Maßzahlen der baulichen Nutzung die entsprechenden Werte der vorhandenen Bebauung überschreiten mag. Allein dies führt jedoch noch nicht zu einer Rücksichtslosigkeit des Vorhabens gegenüber den Antragstellern. Eine solche liegt auch aus Sicht des Senats deswegen nicht vor, weil zwischen dem Vorhaben und dem Gebäude auf dem Grundstück der Antragsteller auch nach deren Angaben ein Abstand von mindestens zehn Metern liegt. Hinzu kommt, dass sich das Vorhaben nicht direkt gegenüber dem Gebäude auf dem Grundstück der Antragsteller befindet und dass das Gebäude der Antragsteller etwas höher liegt als das Vorhaben der Beigeladenen. Die Gesamtbetrachtung dieser Umstände führt dazu, dass eine erdrückende Wirkung oder eine sonstige Unzumutbarkeit des Vorhabens zu Lasten der Antragsteller nicht feststellbar ist.
10 
4. Eine Verletzung eigener Rechte der Antragsteller folgt auch nicht - über das Rücksichtnahmegebot hinaus - daraus, dass die Baugenehmigung gegen eine Verpflichtung zum Erhalt der Platane auf dem Grundstück der Beigeladenen verstieße.
11 
a) Insoweit teilt der Senat zunächst die erheblichen Zweifel des Verwaltungsgerichts an der Existenz eines subjektiven öffentlichen Rechts der Antragsteller, das auf den Erhalt der Platane bezogen wäre. So lässt sich zunächst nicht feststellen, dass mit der Verpflichtungserklärung der Antragsgegnerin vom 06.05.1981, die gegenüber dem Regierungspräsidium Tübingen abgegeben wurde, oder dem im Jahre 1982 abgeschlossenen Vergleich zwischen der Antragsgegnerin und verschiedenen Anwohnern der ... und ... Rechte gerade der Antragsteller begründet werden sollten, die als von der Antragsgegnerin nach § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften der Erteilung der Baugenehmigung entgegenstehen könnten. Dazu bedarf es keiner Entscheidung der vom Senat (Urteil vom 22.05.2000 - 8 S 314/00 - NuR 2001, 583) schon bisher offen gelassenen Frage, ob zu den öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Sinne des § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO auch Pflichten aus einem öffentlich-rechtlichen Vertrag oder einer Verpflichtungserklärung, wie sie die Antragsgegnerin gegenüber dem Regierungspräsidium Tübingen abgegeben hat, gehören. Denn jedenfalls ist den genannten Vereinbarungen ein auf die Begründung eines Anspruchs gerade der Antragsteller auf Erhalt der Platane, der gegebenenfalls die Versagung einer Baugenehmigung für ein Vorhaben auf dem Grundstück der Beigeladenen einschlösse, nicht zu entnehmen. Der Wortlaut dieser Vereinbarungen gibt hierfür - wie das Verwaltungsgericht ausführlich und zutreffend dargelegt hat - ebenso wenig einen Anhaltspunkt wie sonstige Umstände. Soweit die Antragsteller auf die Umstände bei der Errichtung des Bürgerzentrums „Graf-Zeppelin-Haus“ hinweisen, mag es sich dabei um Motive der seinerzeit Betroffenen handeln; eine rechtliche Bindung der Antragsgegnerin zu Lasten der Beigeladenen folgt daraus nicht.
12 
b) Nichts anderes folgt aus den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. ... „Uferstraße West und Uferzentrum“ der Beigeladenen vom 24. März 1980. Nach Nr. 7 Abs. 4 der textlichen Festsetzungen dieses Plans sind zwar die in den Plan eingetragenen Einzelbäume, zu denen auch die Platane gehört, zu erhalten oder bei Abgang durch gleichartige Bäume zu ersetzen. Nicht ersichtlich ist jedoch, dass diese, auf der Grundlage von § 9 Abs. 1 Nr. 25b BBauG ergangene Festsetzung Nachbarschutz zugunsten der Antragsteller entfalten würde. Anhaltspunkte hierfür, die sich aus dem Plan selbst oder seiner Begründung ergeben könnten, zeigt auch die Beschwerdebegründung nicht auf.
13 
Unabhängig davon ist die Antragsgegnerin auch ihren aus der erwähnten Festsetzung jedenfalls in objektiv-rechtlicher Hinsicht folgenden Pflichten nachgekommen. Denn die Beigeladene ist von der Antragsgegnerin mit der Baugenehmigung verpflichtet worden, die im gutachtlichen Erläuterungsbericht vom 27.09.2008 geforderten Maßnahmen zum Schutz und zur nachhaltigen Sicherung des Baumes „zwingend umzusetzen“. Damit ist der sich aus dem Bebauungsplan ergebenden Erhaltungspflicht Genüge getan. Dass die Antragsteller die danach gebotenen Maßnahmen für nicht ausreichend erachten, steht der Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung nicht entgegen. Es ist weder dargelegt noch erkennbar, woraus sich eine Pflicht der Antragsgegnerin zur Anordnung gerade der von den Antragstellern für richtig gehaltenen Maßnahmen ergeben könnte, zumal das Bauplanungsrecht nur ausnahmsweise einen Planvollziehungsanspruch gewährt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 29.01.2009 - 5 S 149/08, ESVGH 59, 181).
14 
5. Soweit die Antragsteller ein fehlendes Sachbescheidungsinteresse der Beigeladenen geltend machen, ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass daraus eine Verletzung eigener Rechte der Antragsteller folgen könnte.
15 
6. Einer Entscheidung über den Hilfsantrag der Antragsteller bedarf es nicht. Dieser ist nur für den Fall einer „isolierten Weitergeltung“ der unter dem 07.10.2008 erteilten Baugenehmigung gestellt. Hiervon ist indessen aus den von den Antragstellern selbst dargelegten Gründen nicht auszugehen; vielmehr wird diese früher erteilte Baugenehmigung durch die Genehmigung vom 09.04.2009 ergänzt und modifiziert. Die Baugenehmigung soll ersichtlich nur in dieser Gestalt, die sie durch den Bescheid vom 09.04.2009 gefunden hat, rechtlich wirksam sein.
16 
Die Kostenentscheidung folgt aus den § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG.
17 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In demselben Verfahren und in demselben Rechtszug werden die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Streitwert beträgt höchstens 30 Millionen Euro, soweit kein niedrigerer Höchstwert bestimmt ist.

Bei jedem Antrag ist der Streitwert, sofern dieser nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht, kein fester Wert bestimmt ist oder sich nicht aus früheren Anträgen ergibt, und nach Aufforderung auch der Wert eines Teils des Streitgegenstands schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle anzugeben. Die Angabe kann jederzeit berichtigt werden.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 23. April 2014 - 5 K 425/14 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen auf jeweils 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

1. Die zulässige (§ 146, 147 VwGO) Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet. Denn ihr Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die den Beigeladenen am 28.01.2014 erteilte Baugenehmigung (zum Neubau eines Einfamilienwohnhauses mit Garage und Carport) ist mit der durch die Beigeladenen mit Ausdrucken von Bilddateien belegten, von der Antragsgegnerin bestätigten und von den Antragstellern nicht bestrittenen Fertigstellung des Rohbaus in Ausnutzung der streitbefangenen Baugenehmigung unzulässig geworden.
Wendet sich ein Nachbar mit einem Antrag nach § 80a Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Satz 2, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ausschließlich gegen die von einer genehmigten baulichen Anlage als solcher ausgehenden Beeinträchtigungen, nicht aber gegen deren bestimmungsgemäße Nutzung, ist sein Begehren auf Erlangung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes mangels fortbestehenden Rechtsschutzbedürfnisses mit der Fertigstellung des Rohbaus unzulässig (Senatsbeschluss vom 12.01.2005 - 8 S 2720/04 - BauR 2005, 1762; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 15.01.2013 - 3 S 2259/12 - juris). Denn das Rechtsschutzbedürfnis ist dann nicht mehr gegeben, wenn der Rechtsuchende mit seinem Begehren eine Verbesserung seiner Rechtsstellung nicht mehr erreichen kann (BVerwG, Beschluss vom 28.08.1987 - 4 N 3.86 - BVerwGE 78, 85 (91) und Urteil vom 08.07.2009 - 8 C 4.09 - NVwZ-RR 2009, 980 Rn. 24). Wendet sich ein Antragsteller - wie hier - gegen die vom Baukörper ausgehenden Beeinträchtigungen - und nicht gegen dessen bestimmungsgemäße Nutzung -, kann die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach Fertigstellung des Baukörpers seine Rechtsstellung nicht mehr verbessern.
Darauf, ob das Verwaltungsgericht sein Eilrechtsschutzgesuch zu Recht als unbegründet angesehen hat oder ob seine Beschwerdegründe gegen den erstinstanzlichen Beschluss durchgegriffen hätten, kommt es deshalb nicht mehr an.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladenen mit ihrem Antrag auf Zurückweisung der Beschwerden ein Kostenrisiko eingegangen sind (§ 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens der Antragstellerin aufzuerlegen.
3. Die Streitwertfestsetzung und -abänderung beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1, 63 Abs. 3 Satz 1 GKG und lehnt sich an die Nrn. 1.5 und 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57) (Streitwertkatalog 2013) an.
a) Nach Nr. 9.7.1 Streitwertkatalog 2013 ist bei der Klage eines Nachbarn gegen eine Baugenehmigung ein Streitwert zwischen 7.500 EUR und 15.000 EUR vorgeschlagen, soweit nicht ein höherer wirtschaftlicher Schaden feststellbar ist. Damit unterscheidet sich dieser Vorschlag von demjenigen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 (NVwZ 2004, 1327). Dort war unter Nr. 9.7.1 ein Streitwert von 7.500 EUR, mindestens aber der Betrag der Grundstückswertminderung vorgesehen. Da nunmehr im Regelfall ein Rahmen für den festzusetzenden Streitwert vorgeschlagen ist (zur Ausnahme Nr. 9 Streitwertkatalog 2013), setzt der Senat in Abweichung von seiner Praxis zum früheren Streitwertkatalog (siehe etwa Senatsbeschluss vom 24.03.2014 - 8 S 1938/12 - juris Rn. 58) bei Verfahren, die nach dem 01.01.2014 anhängig geworden sind, den Streitwert bei Drittanfechtungen von Baugenehmigungen regelmäßig innerhalb des vorgeschlagenen Rahmens fest. Ergeben sich aus dem Vortrag der Beteiligten zum Streitwert (vgl. § 61 GKG) keine abweichenden Anhaltspunkte, ist bei der Klage eines Nachbarn gegen die Baugenehmigung für ein Ein- oder (kleineres) Mehrfamilienwohnhaus im Hauptsacheverfahren daher in Anwendung des Rahmenvorschlags aus Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs 2013 ein Streitwert von 10.000,-EUR festzusetzen. Entsprechend ist der Streitwert innerhalb des vorgeschlagenen Rahmens höher festzusetzen, wenn die erkennbare Bedeutung des Streits für den Klägern über diese durchschnittliche Bewertung hinausgeht und niedriger festzusetzen, wenn sich die Bedeutung als unterdurchschnittlich erweist. Der bisherigen Senatspraxis folgend (vgl. zuletzt Senatsbeschluss vom 09.07.2014 - 8 S 827/14 - juris Rn. 12) kommt eine Reduzierung dieses Streitwerts für Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes dann auch weiterhin nicht in Betracht, wenn sich ein Antragsteller nicht allein gegen die Auswirkungen der zukünftigen Nutzung des Nachbargrundstücks, sondern gegen den Baukörper als solchen zur Wehr setzen.
b) Davon ausgehend ist hier für beide Instanzen ein Streitwert von 7.500 EUR festzusetzen. Der Senat bewertet das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin an der unproblematischen Bewirtschaftung ihres „Mühlkanals“ im Verhältnis zu durchschnittlichen Fallgestaltungen, bei denen Rechtsverstöße zulasten bebauter Grundstücke abgewehrt werden sollen, als geringer und setzt daher den niedrigsten, im Streitwertkatalog 2013 für Drittanfechtungen vorgeschlagenen Streitwert fest. Da sich die Antragstellerin gegen den Baukörper selbst zur Wehr setzt, kommt eine Reduzierung des Streitwerts für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht in Betracht.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.