Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 10. Juli 2006 - 9 S 519/06

bei uns veröffentlicht am10.07.2006

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 02. Februar 2006 - 11 K 1933/05 - geändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 11. August 2005 wird wiederhergestellt, soweit er Nr. 1 und Nr. 2 der Verfügung betrifft, und angeordnet, soweit er Nr. 4 und Nr. 5 der Verfügung betrifft.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen trägt die Antragsgegnerin.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 10.000.-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die zulässige, insbesondere innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO entsprechend den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO begründete Beschwerde der Antragstellerin hat mit den von ihr dargelegten Gründen Erfolg (§ 146 Abs. 6 Satz 6 VwGO). Unter Berücksichtigung der Umstände, dass der Antragstellerin nach ihren unwidersprochenen Angaben durch ein Befolgen von Nr. 1 der Verfügung vom 11.08.2005, mit der ihr als Inhaberin der Firma ... ... ..., ohne im Besitz einer Erlaubnis nach § 1 Abs. 1 Heilpraktikergesetz zu sein, die berufs- und gewerbsmäßige Ausübung der Faltenunterspritzung untersagt wurde, ein Umsatzverlust in Höhe von 50 Prozent, mithin ihrem Betrieb der Entzug der Existenzgrundlage droht (1.), und dass für Nr. 2 der Verfügung eine taugliche Rechtsgrundlage bei summarischer Prüfung nicht ersichtlich ist (2.), lässt sich insoweit entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ein überwiegendes besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Verfügung vom 11.08.2005 jedenfalls derzeit nicht feststellen. Entsprechendes gilt dann auch für die angedrohten Zwangsgelder bei Nichtbefolgen der Nrn. 1 und 2 der Verfügung (3.).
1. Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des § 80 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Nr. 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind die Gerichte in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gehalten, bei Auslegung und Anwendung der gesetzlichen Regelungen - wie hier § 80 Abs. 5 VwGO - der besonderen Bedeutung der betroffenen Grundrechte und den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes Rechnung zu tragen. Der in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verankerte Anspruch des Bürgers auf eine tatsächlich und rechtlich wirksame Kontrolle verpflichtet die Gerichte, bei ihrer Entscheidungsfindung diejenigen Folgen zu erwägen, die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes für den Bürger verbunden sind. Je schwerer die sich daraus ergebenden Belastungen wiegen, je geringer die Wahrscheinlichkeit ist, dass sie im Falle des Obsiegens in der Hauptsache rückgängig gemacht werden können, um so weniger darf das Interesse an einer vorläufigen Regelung oder Sicherung der geltend gemachten Rechtsposition zurückgestellt werden (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 25.07.1996 - 1 BvR 638/96 -, DVBl 1996, 1367 = NVwZ 1997, 479, mit zahlreichen weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung des Gerichts). Die hiernach vorzunehmende Interessenabwägung fällt zugunsten der Antragstellerin aus.
1.1 Als Rechtsgrundlage für Nr. 1 der angefochtenen Verfügung kommt allein die polizeiliche Generalklausel (§§ 1 und 3 PolG) in Betracht. Eine unerlaubte Ausübung der Heilkunde verstößt gegen die strafbewehrte Vorschrift des § 5 des Gesetzes über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung vom 17.02.1939 (RGBl. I S. 251, zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.10.2001, BGBl I S. 2702; Heilpraktikergesetz - HPG -), gegen dessen Fortgeltung als Bundesrecht und grundsätzlich zulässige Einschränkung des Art. 12 Abs. 1 GG keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 10.05.1988 - 1 BvR 482/84 und 1166/85 -, BVerfGE 78, 179, 192; Beschluss vom 02.03.2004 - 1 BvR 784/03 -, NJW-RR 2004, 705). Der Verstoß gegen ein Strafgesetz stellt eine Störung der öffentlichen Sicherheit dar, weshalb die zuständige Ortspolizeibehörde zur Abwehr weiterer drohender Verstöße eine Unterlassungsverfügung erlassen kann (vgl. Senat, Urteile vom 17.02.2005 - 9 S 216/04 -, ArztR 2006, 46 und vom 09.07.1991 - 9 S 961/90 -, MedR 1992, 54). Ob die Klägerin mit den von ihr als Kosmetikerin ausschließlich vorgenommenen Injektionen von nichtanimalischer Hyaluronsäure zur Glättung altersbedingter Falten im Stirnbereich, im Nasen- und Labialfaltenbereich, im Bereich der „Zornesfalte“ zwischen den Augenbrauen, im Bereich der Oberlippe, Unterlippe, Mundwinkel und Kinnpartie sowie im Hals- und Nasenbereich erlaubnispflichtige Heilkunde in diesem Sinne berufs- oder gewerbsmäßig ausübt und ihr deshalb diese Tätigkeit zu Recht untersagt wurde, lässt sich bei summarischer Prüfung nicht völlig zweifelsfrei feststellen.
1.2 Nach der Legaldefinition in § 1 Abs. 2 HPG ist Ausübung der Heilkunde im Sinne dieses Gesetzes jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird. Das Heilpraktikergesetz dient dabei seit jeher der Abwehr von Gefahren, die vor allem von fachlich ungeeigneten Personen für die Gesundheit der Patienten ausgehen, sein Sinn und Zweck war und ist es deshalb, möglichst jede nicht-ärztliche Tätigkeit auf dem Gebiet der Heilkunde zu erfassen. (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.05.1988 - 1 BvR 482/84 und 1166/85 -, a.a.O.). In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die die ausdrückliche Billigung des Bundesverfassungsgerichts gefunden hat (vgl. BVerfG, Urteil vom 24.10.2002 - 2 BvF 1/01 -, BVerfGE 106, 62), sind, dieser Zweckrichtung folgend, ungeschriebene Tatbestandsmerkmale entwickelt worden, die die gesetzliche Definition der Heilkunde ergänzen. Zum einen ist der Bereich ausgenommen, in dem die Behandlung keine Fachkenntnisse voraussetzt oder keinen Schaden anrichten kann, mithin keine Gefahr für den Patienten bedeutet (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 28.09.1965 - I C 105.63 -, DÄ 1966, 446 = NJW 1966, 418; Urteil vom 25.06.1970 - 1 C 53.66 -, BVerwGE 35, 308; Urteil vom 18.12.1972 - I C 2.69 -, NJW 1973, 579; Urteil vom 10.02.1983 - 3 C 21/82 -, BVerwGE 66, 367; Urteil vom 11.11.1993 - 3 C 45/91 -, BVerwGE 94, 269). Zum anderen ist der Bereich eingeschlossen, in dem es um die gefährliche Behandlung an sich gesunder Menschen geht (prophylaktische oder kosmetische Eingriffe, vgl. BVerwG, Urteil vom 14.10.1958 - BVerwG I C 25/56, NJW 1959, 833; Urteil vom 18.12.1972, a.a.O.; zum Ganzen auch Quaas/Zuck, Medizinrecht, S 668 ff.). Für die Auslegung des Heilkundebegriffs spielt es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und ihm folgend des Bundesverfassungsgerichts ferner keine Rolle, dass es zu der Zeit, als das Heilpraktikergesetz in Kraft getreten ist, bestimmte, konkret zu beurteilende Behandlungsmethoden oder -richtungen noch nicht gegeben hat. Der Begriff der Heilkunde in § 1 Abs. 2 HPG ist entsprechend dem Gesetzeszweck, möglichen Gesundheitsgefahren vorzubeugen, vielmehr dynamisch und nicht statisch auszulegen (vgl. BVerfG, Urteil vom 24.10.2002, a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 10.02.1983, a.a.O.).
Ausgehend hiervon mag zwar die altersbedingte Faltenbildung eine weit verbreitete Erscheinung sein und im Regelfall sowenig als Anomalität, als Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes und als Behinderung der normalen Leistungsfähigkeit anzusehen sein, dass sie den Begriff der Krankheit, des Leidens oder des Körperschadens im Sinne des Heilpraktikergesetzes nicht erfüllt und eine Tätigkeit, die auf ihre Behebung gerichtet ist, nicht als Heilung von einer Krankheit anzusehen, sondern dem Gebiet der Kosmetik zuzurechnen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.09.1965, a.a.O.). Dagegen könnte sprechen, dass mit altersbedingten Hautveränderungen und -falten nicht selten auch eine gewisse Belastung psychischer Art in der Weise einher gehen kann, dass jemand "mit seinem natürlichen Äußeren nicht zufrieden ist" und die Behandlung über rein ästhetische Überlegungen hinaus auch zur Wiederherstellung und Stärkung des persönlichen Wohlbefindens und Selbstwertgefühls bzw. zur Beseitigung einer entsprechenden - wenn auch möglicherweise geringen - "psychischen Belastung" durchführen lässt (so OVG NW, Beschluss vom 28.04.2006 - 13 A 2495/03 -, juris). Hinzu kommt die gesetzliche Wertung in § 2 Abs. 5 und § 4 Abs. 1 Nr. 3 des Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuches (Lebensmittel- und Futtermilchgesetzbuch - LFGB) vom 01.09.2005 (BGBl. I S. 3007), wonach zwar (äußerlich anwendbare) Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die zur Beeinflussung der Körperformen bestimmt sind, nicht als kosmetische Mittel gelten, während die Vorschriften dieses Gesetzes für kosmetische Mittel auch für Mittel zum Tätowieren einschließlich vergleichbarer Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die dazu bestimmt sind, zur Beeinflussung des Aussehens in oder unter die menschliche Haut eingebracht zu werden und dort, auch vorübergehend, zu verbleiben, gelten. Ob aber zu letzteren auch Stoffe zur Faltenunterspritzung als „vergleichbare Stoffe“ gerechnet werden könnten, erscheint fraglich. Eines näheren Eingehens hierauf bedarf es im vorliegenden Zusammenhang indessen nicht. Denn selbst wenn die Faltenunterspritzung nicht der Heilbehandlung einer Krankheit, sondern ausschließlich der Kosmetik zuzurechnen wäre, erforderte ihre sachgemäße Durchführung grundsätzlich ärztliche oder heilkundliche Fachkenntnisse, sei es im Hinblick auf das Ziel, die Art oder die Methode der Tätigkeit oder für die Feststellung, ob im Einzelfall mit der Behandlung begonnen werden darf (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 10.02.1983, a.a.O.).
1.3 Ob für eine Tätigkeit zusätzliche ärztliche oder heilkundliche Fachkenntnisse erforderlich sind, um diese nach dem Wortlaut der Vorschrift an sich nicht erfasste Tätigkeit im Hinblick auf Sinn und Zweck des Gesetzes gleichwohl als erlaubnispflichtige Ausübung der Heilkunde im Sinne von § 1 Abs. 2 HPG anzusehen, kann nicht losgelöst vom beruflichen Kontext, in dessen Rahmen mit bereits erworbenen beruflichen Fachkenntnissen die Tätigkeit ausgeübt wird, gesehen werden. Denn der Erwerb von „heilkundlichen“ Kenntnissen und Fähigkeiten, die ein Betroffener im Rahmen einer normierten Berufsausbildung schon anderweitig zweifelsfrei erworben hat und die auch die Eignung für den Heilkundeberuf im Allgemeinen vermitteln können (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 03.06.2004 - 2 BvR 1802/02 -, NJW 2004, 2890), darf bei verfassungskonformer Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Rahmen der Auslegung des § 1 Abs. 2 HPG nicht noch einmal gefordert werden.
Nach im Wesentlichen übereinstimmenden Informationen aus dem Internet (vgl. etwa www. dgaepc „Die Spritze gegen Falten: Kleiner Pieks mit großer Wirkung - 10 wichtige Fragen zur Faltenunterspritzung“ ; www.adk-online.org/wms/adk/aktuelles/ wissenschaft&kategorie =2 , Aus der ADK-Redaktion, Artikel vom 19.07.2005 und vom 26.04.2004; http://de. wikipedia.org/wiki/ Hyalurons %C3% A4ure ), die der Senat für die Zwecke des vorliegenden Eilverfahrens für ausreichend hält und die zwischen den Beteiligten auch nicht streitig sind, wird bei der Faltenunterspritzung mit Hilfe sehr feiner Injektionsnadeln und einer speziellen Injektionstechnik an der betroffenen Stelle eine Substanz unter die Haut der obersten Hautschicht gespritzt. Die dabei in Betracht kommenden Stoffe haben unterschiedliche Wirkungsweisen. Mit Füllmaterialien werden vorhandene Falten aufgefüllt und so die Hautoberfläche geglättet. Botulinum-Toxin, ein Nervengift, des den faltenbildenden Muskel lähmt, hingegen vermeidet die Entstehung von Falten, indem der verantwortliche Muskel außer Kraft gesetzt wird. Vom Körper abbaubare Füllmaterialien sind verschiedene Stoffe aus Hyaluronsäure mit oder ohne tierische Bestandteile (Hühnereiweiß) und aus Kollagen (biologische Substanz mit Rindereiweiß) sowie Eigenfett (Körpereigenes Fettgewebe z.B. aus dem Bauchbereich). Hinzu kommen sog. Permanent-Produkte (Kombination aus Acrylat und Kollagen oder Hyaluronsäure), die meist dauerhaft im Körper verbleiben. Abhängig vom verwendeten Stoff können bei der Behandlung Nebenwirkungen wie lokale Schmerzen, Hämatome an der Injektionsstelle, Wundinfektionen, Unverträglichkeitsreaktionen, wie etwa bei einer Überempfindlichkeit gegen Hühnereiweiß, Fremdkörpergranulome oder diffuse granulomatöse Gewebereaktionen, Lymphknotenschwellungen u.a. auftreten, deren Ursache auch häufig die Injektion des Füllmaterials in die falsche Hautschicht sowie die Injektion zu großer Volumina in einer Sitzung ist (vgl. auch OVG NW, Beschluss vom 28.04.2006, a.a.O.; VG Trier, Urteil vom 23.01.2003 – 6 K 867/02.TR -, MedR 2003, 464, jeweils mit weiteren Nachw.), wobei aber Stoffe aus Hyaluronsäure ohne tierische Bestandteile in der Regel sehr gut verträglich sind, kaum allergische Reaktionen hervorrufen und keine Testspritze erforderlich ist.
Hiernach dürfte zwar der Vorgang der Injektion von vom Körper abbaubaren Füllmaterialien mit den hierfür entwickelten Spezialgeräten an sich keine über die Fachkenntnisse einer ausgebildeten Kosmetikerin hinausgehende medizinische oder heilkundliche Fachkenntnisse erfordern, nachdem die Kosmetikerinnen nach der seit 01.08.2003 geltenden Verordnung über die Berufsausbildung zum Kosmetiker/zur Kosmetikerin vom 09.01.2002 (BGBl. I S. 417) als eine der zu erwerbenden Wahlqualifikationen die Wahlqualifikation „Permanentes Make-up“ wählen können. Bei dessen Anwendung werden ebenfalls mittels feiner Nadeln und meist mit einer Oberflächenanästhesie Farbpigmente in die obere Hautschicht gebracht, wo sie über einen längeren Zeitraum verbleiben (vgl. etwa http://www. wdr5 .de/service/ service_rat /250132. phtml „Körperschmuck - Von Tatoos, Piercings, Brandings und Co“ ). Auch kann die Injektion von Füllmaterialien bei der Faltenunterspritzung keineswegs mit dem in wesentlich tiefere Hautschichten erfolgenden Verabreichen einer medizinischen Spritze gleichgesetzt werden. Zur Ausbildung zur Kosmetikerin, die im Rahmen einer kosmetischen Behandlung auch sonst mit Apparaten und Instrumenten an der menschlichen Haut arbeitet, gehören ferner ebenso umfangreiche Unterweisungen in hygienischen Anforderungen und Desinfektion, Reinigung, Sterilisation und Pflege von Apparaten und Instrumenten sowie des gesamten Arbeitsplatzes (§ 4 Abs. 1 Nr. 5 der Verordnung), sodass auch insoweit der ordnungsgemäße Umgang mit den Arbeitsmaterialien und -geräten ebenso wie etwa bei der Einbringung eines Permanent Make up gewährleistet ist. Ärztliche/heilkundliche Kenntnisse sind aber zweifelsfrei erforderlich, soweit zur Behandlung (zusätzliche) medizinische Eingriffe wie zum z.B. bei der Einbringung von Permanent-Produkten und der Gewinnung von körpereigenem Fett bei der Eigenfettbehandlung vorgenommen werden müssen oder soweit wegen der besonderen Gefährlichkeit der Behandlung genaueste Kenntnisse über den Aufbau und die Schichten der Haut sowie über den Verlauf von Blutgefäßen, Nervenbahnen und Muskelsträngen in dem für die Behandlung vorgesehenen Gesichtsbereich wie z.B. bei der Injektion von Botulinum-Toxin, bei der schon geringe Ungenauigkeiten zu Gesichtslähmungen und -asymmetrien führen können, nötig sind. Sie sind aber auch allgemein für die vor Beginn einer Behandlung zu klärenden Fragen erforderlich, welche Behandlungsart im Hinblick auf etwaige Unverträglichkeiten auch bei an sich unproblematischen Stoffen oder besonderen Patientenwünschen für bestimmte - in der Methode oder Stoffauswahl möglicherweise neuartige - Behandlungsarten in Betracht kommt und ob mit ihr ohne weitere medizinische Abklärung z.B. wegen einer möglichen Allergie gegen Hühnereiweiß, Vorliegens einer Hauterkrankung oder psychischer Probleme, begonnen werden kann und soll (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.09.1965, a.a.O.).
Nach Vorstehendem ist die Vornahme einer kosmetischen Faltenunterspritzung bei der gebotenen generellen Betrachtungsweise auch nicht frei von Gesundheitsgefahren. Dabei reicht ein nur geringfügiges Gefahrenmoment unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nicht aus, um die Tätigkeit von einer Erlaubnis nach § 1 Abs. 1 HPG abhängig zu machen. Heilkundliche Verrichtungen, die keine nennenswerten Gesundheitsgefahren zur Folge haben können, fallen nicht unter die Erlaubnispflicht des Heilpraktikergesetzes (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.12.1972, a.a.O.). Davon kann hier aber nicht ausgegangen werden. Je nach Behandlungsmethode können die unterschiedlichsten Nebenwirkungen oder folgenreiche Behandlungsfehler auftreten, denen insbesondere bei der Behandlung mit Permanent-Produkten oder Botulinum-Toxin ein ganz erhebliches Gefährdungspotential innewohnt. Aber auch bei der Verwendung von bestimmten Stoffen aus Hyaluronsäure können zumindest allergische Reaktionen auftreten, die im Hinblick auf den Schutzzweck des Gesetzes nicht vernachlässigbar sind (vgl. auch OVG NW, Beschluss vom 28.04.2006, a.a.O.).
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Erweist sich danach die sog. Faltenunterspritzung jedenfalls im Sinne einer umfassenden Tätigkeit als Ausübung von Heilkunde und bedarf es hierfür einer Erlaubnis nach § 1 Abs. 1 HPG, stellt sich gleichwohl die weitere Frage, ob eine Erlaubnispflicht mit Blick auf die Berufswahlfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten auch dann bestehen kann, wenn - wie bei der Antragstellerin - die Tätigkeit der Faltenunterspritzung, für die sich ein eigenständiges Berufsbild bisher nicht entwickelt hat, entsprechend einer langjährigen Berufspraxis als Kosmetikerin beschränkt ist auf die ausschließliche Injektion von Stoffen aus Hyaluronsäure ohne tierische Bestandteile und andere Arten der Faltenunterspritzung auch weiterhin nicht vorgenommen werden sollen. Denn insoweit dürften nach den dem Senat bisher vorliegenden Informationen kaum nennenswerte Gesundheitsgefahren zu besorgen sein, insbesondere sind diese Stoffe offenbar sehr gut verträglich und rufen kaum allergische Reaktionen hervor. Insofern könnte eine Erlaubnispflicht nach dem Heilpraktikergesetz jedenfalls für ausgebildete Kosmetikerinnen mangels nennenswerten Gefahrenpotentials der Behandlung nach dem geschilderten Sinn und Zweck des Gesetzes entbehrlich und dennoch auftretende Problemfälle haftungsrechtlich zu lösen sein (a.A. hinsichtlich der Differenzierung nach den zu behandelnden Gesichtspartien: OVG NW, Beschluss vom 28.04.2006, a.a.O.). Zu einer abschließenden Beurteilung sieht sich der Senat im vorliegenden Eilverfahren, in dem eine umfangreiche Beweiserhebung untunlich ist, aber nicht in der Lage. Eine erforderliche weitere Sachaufklärung in dieser Hinsicht und etwa auch, ob die Antragstellerin vergleichbare Fachkenntnisse als Kosmetikerin in vorgenanntem Sinne besitzt, muss vielmehr dem Hauptsacheverfahren vorbehalten werden.
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Ferner ist zu beachten, dass selbst dann, wenn es sich auch bei der von der Antragstellerin angewandten Methode der Faltenunterspritzung um eine nach § 1 Abs. 1 HPG erlaubnispflichtige Tätigkeit handelt, dies nicht bedeutet, dass die Klägerin künftig auf Dauer diese Tätigkeit nicht mehr ausüben darf. Sie besagt nur, dass sie zur berufsmäßigen Ausübung dieser Tätigkeit einer Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz bedarf, auf die bei Erfüllung der persönlichen Zulassungsvoraussetzungen ein Rechtsanspruch besteht und die nur versagt werden darf, wenn eine der maßgebenden Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 der 1. HPG-DVO nicht gegeben ist. Eine etwaige Überprüfung, durch die festgestellt werden soll, ob die im Rahmen ihres Kosmetikbetriebes erfolgende Ausübung der Heilkunde durch die Klägerin eine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung bedeutet, ist dabei an den zur ordnungsgemäßen Erfüllung der zunächst unbeanstandet seit Jahren praktizierten und auch künftig geplanten Heilpraktikertätigkeit erforderlichen Kenntnissen und Fähigkeiten zu orientieren. Ein Nachweis von Kenntnissen und Fähigkeiten, die ihre derzeitige und künftige heilkundliche Tätigkeit in Form der Faltenunterspritzung nicht berühren, dürfte unter den vorliegenden besonderen Umständen wohl nicht verlangt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.01.1993 - 3 C 34/90 -, BVerwGE 91, 356; Urteil vom 10.02.1983, a.a.O.; Urteil vom 18.12.1972, a.a.O.; OVG NW Beschluss vom 28.04.2006, a.a.O.; vgl. auch Urteil des Senats vom 25.07.1997 - 9 S 558/97 -, MedR 1997, 555). Im Hauptsacheverfahren wird danach ggf. auch zu klären sein, ob dieser von der Antragsgegnerin bisher nicht berücksichtigte Umstand mit Blick auf den nicht bestrittenen Vortrag der Antragstellerin, dass es im schon langjährigen Betrieb noch bei keinem ihrer Behandlungsfälle zu Komplikationen kam, anstelle einer Untersagung zunächst mildere Maßnahmen, etwa eine Fristsetzung zur erfolgreichen Ablegung der (eingeschränkten) Kenntnisüberprüfung, zur Gefahrenabwehr ausreichen lässt und erst bei ergebnislosem Verstreichen dieser Frist eine Untersagung in den Blick genommen werden kann.
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1.4 Bei dieser Sach- und Rechtslage überwiegt das private Interesse der Antragstellerin, von der sofortigen Vollziehung der Untersagungsverfügung vorläufig verschont zu bleiben. Die Einnahmen aus der untersagten Tätigkeit stellen nach ihrem unwidersprochen gebliebenen Vortrag einen Anteil in Höhe von etwa 50% am Umsatz ihres Geschäftsbetriebes dar. Die sofortige Einstellung der Vornahme von Faltenunterspritzungen nach der von ihr ausschließlich angewandten Methode würde demnach zu erheblichen und auch bei einem Erfolg in der Hauptsache unwiederbringlichen Umsatzverlusten führen, die die wirtschaftliche Existenz ihres Geschäftsbetriebes mit mehreren Angestellten auf Dauer jedenfalls in der derzeit bestehenden Größe und Ausrichtung in Frage stellten. Demgegenüber ist ein besonderes öffentliches Interessen am sofortigen Vollzug der Tätigkeitsuntersagung gerade gegenüber der Antragstellerin, auch wenn sich die Maßnahme im Hauptsacheverfahren letztlich doch als rechtmäßig erweisen sollte, nicht ersichtlich. Das von der Antragstellerin konkret ausgehende Gefahrenpotential ist nach Vorstehendem gering, zumal sie nach ihrem unwidersprochenen Vortrag zusätzlich eine abgeschlossene Ausbildung zur Krankenschwester mit anschließender langjähriger Tätigkeit in diesem Beruf vorweisen kann, sie also bereits gewisse, in diesem Heilhilfsberuf gewonnene heilkundliche Erfahrungen haben dürfte. Insofern ist die Prognose gerechtfertigt, dass die bisher schon jahrelang ohne Komplikationen durchgeführte Tätigkeit auch in Zukunft in dieser Weise fortgesetzt werden kann. Die Antragstellerin ist freilich darauf hinzuweisen, dass diese Erwägungen nur für den Fall fortdauernde Geltung beanspruchen, als sie Art und Methode ihrer bisherigen Tätigkeit, die von der Untersagungsverfügung betroffen ist, nicht ändert.
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2. Entsprechendes gilt, soweit der Antragstellerin in Nr. 2 der Verfügung vom 11.08.2005 gestützt auf §§ 1, 3, 5, 6 PolG aufgegeben wurde, im Rahmen der Durchführung von Seminaren für Faltenunterspritzungen ihre Kursteilnehmer, welche nicht als Arzt bestallt sind, darüber zu belehren, dass Faltenunterspritzungen von Personen, die nicht als Arzt bestallt sind, ohne Erlaubnis nach § 1 Abs. 1 HPG nicht vorgenommen werden dürfen. Zwar enthält hierzu die Beschwerdebegründung der Antragstellerin keine ausdrücklichen Darlegungen, sondern nur eine Bezugnahme auf erstinstanzlichen Vortrag im Schriftsatz vom 07.09.2005, was in der Regel nicht als ausreichend im Sinne von § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO anzusehen ist (vgl. Beschluss des Senats vom 08.11.2004 - 9 S 1536/04 -, NVwZ-RR 2006, 74). Das Verwaltungsgericht hat sich jedoch in dem angefochtenen Beschluss mit Nr. 2 der Verfügung vom 11.08.2005 und dem hierzu getätigten Vorbringen der Antragstellerin nicht befasst. Eine Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung unter Darlegung weiterer Gründe ist der Antragstellerin danach nicht möglich.
14 
Insofern dürfte es bereits am Vorliegen einer von der Antragstellerin oder ihren Seminaren ausgehenden polizeilichen Gefahr fehlen, die gegenüber der Antragstellerin eine derartige Maßnahme rechtfertigen könnte. Dass den Seminarteilnehmern nach Teilnahme an dem Seminar ein - zudem vom Ehemann der Klägerin, einem Arzt, unterschriebenes - Zertifikat ausgehändigt bekommen, dürfte an deren alleiniger Verantwortlichkeit für ihr späteres Verhalten nichts ändern, zumal sie in einem Aufklärungsmerkblatt auf die sich im Fluss befindliche Problematik hingewiesen werden. Im Übrigen führt die Antragstellerin nach den Angaben im Bescheid vom 11.08.2005 auch ihre Tages-Intensivseminare ausschließlich in „Faltenunterspritzung mit nichtanimalischer Hyaluronsäure“ durch, also für die von ihr selbst angewandte Methode, für die eine Erlaubnispflicht nach Vorstehendem zumindest fraglich ist. Bei dieser Sach- und Rechtslage ist aber auch insoweit ein besonderes öffentliches Interesse am sofortigen Vollzug der Verfügung vom 11.08.2005 nicht erkennbar.
15 
3. Ist danach die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen Nr. 1 und Nr. 2 der Verfügung vom 11.08.2005 wiederherzustellen (§ 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO), fehlt es an einer Vollstreckungsvoraussetzung (§ 2 LVwVG) und mithin einem Grund, an der sofortigen Vollziehung der kraft Gesetzes sofort vollziehbaren (§§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, 12 Satz 1 LVwVG) Zwangsgeldandrohungen in Nr. 4 und Nr. 5 der Verfügung vom 11.08.2005 festzuhalten. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs war deshalb insoweit nach §§ 12 Satz 2 LVwVG, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO anzuordnen.
16 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 39 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 2 GKG (Nrn. 1.1.1, 1.5, 1.6.2, und 35.1 des Streitwertkatalogs 2004).
17 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 10. Juli 2006 - 9 S 519/06

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 23. März 2017 - 9 S 1034/15

bei uns veröffentlicht am 23.03.2017

Tenor Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19. März 2015 - 9 K 1519/13 - wird zurückgewiesen.Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Die Revision wird zugelassen. Tatbestand   1 Die

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 19. März 2009 - 9 S 1413/08

bei uns veröffentlicht am 19.03.2009

Tenor Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. April 2008 - 4 K 5891/07 - geändert. Es wird festgestellt, dass der Kläger für selbständige Behandlungen aus dem Aufgabenkreis der ihm nach § 1

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 19. März 2009 - 9 S 2518/08

bei uns veröffentlicht am 19.03.2009

Tenor Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 31. Juli 2008 - 4 K 5809/07 - geändert. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechts

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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Wer, ohne zur Ausübung des ärztlichen Berufs berechtigt zu sein und ohne eine Erlaubnis nach § 1 zu besitzen, die Heilkunde ausübt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 02. Juni 2004 - 8 K 772/04 - wird verworfen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde ist unzulässig, denn sie genügt nicht dem Darlegungsgebot des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO. Danach muss die Begründung einen bestimmten Antrag enthalten, ferner müssen die Gründe dargelegt werden, aus denen die erstinstanzliche Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist und sie muss sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Zwar enthält die Antragsschrift vom 08.07.2004 einen bestimmten Antrag, mit dem begehrt wird, die Antragstellerin „... im vierten Fachsemester des Studienganges Internationale Betriebswirtschaftslehre im Sommersemester 2004 und in nachfolgenden Semestern weiterhin zu beteiligen“ und sie „... zu den Prüfungen im Sommersemester 2004 und den nachfolgenden Semestern - bis zur Entscheidung in der Hauptsache - vorläufig zuzulassen“. Es fehlt aber an einer Auseinandersetzung mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Sinne des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO.
Aus der Entstehungsgeschichte der mit Gesetz zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozess - RMBereinVpG - vom 20.12.2001 (BGBl. I S. 3987) in die VwGO eingefügten Vorschrift folgt, dass diese an die Auslegungskriterien zum Berufungszulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) anknüpft (siehe hierzu ausführlich VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.07.2002 - 11 S 1293/02 - m.w.N., EzAR 625 Nr. 2 = NVwZ 2002, 1388; Thüringer OVG, Beschluss vom 11.02.2003, Az: - 3 EO 387/02 -, AuAS 2003, 119 = DVBl. 2003, 879 und Beschluss vom 26.11.2003, Az: - 4 EO 627/02 -, KStZ 2004, 57). Die Beschwerdebegründung muss zwar anders als beim Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO keine Bedenken mit dem Gewicht ernstlicher Zweifel an dem Ausgangsbeschluss des Verwaltungsgerichts aufzeigen. Sie muss aber jedenfalls erkennen lassen, aus welchen rechtlichen und tatsächlichen Gründen dieser Ausgangsbeschluss unrichtig sein soll und geändert werden muss. Dies erfordert eine Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffes und damit eine sachliche Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Beschlusses. Der Beschwerdeführer muss nicht nur die Punkte bezeichnen, in denen der Beschluss angegriffen werden soll, sondern auch angeben, aus welchen Gründen er die angefochtene Entscheidung in diesem Punkt für unrichtig hält. Hierfür reicht eine bloße Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens ohne Eingehen auf die jeweils tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts, außer in Fällen der Nichtberücksichtigung oder des Offenlassens des früheren Vortrags, grundsätzlich ebenso wenig aus wie bloße pauschale oder formelhafte Rügen (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.04.2002 - 1 S 705/02 - NVwZ-RR 2002, 797 und vom 16.12.2003 - 7 S 2465/03 - zitiert nach juris).
Ob und in welchem Umfang hingegen ein neuer Vortrag im Rahmen des Darlegungsgebotes nach § 146 Abs. 3 VwGO berücksichtigt werden kann, ist umstritten (für eine unbeschränkte Berücksichtigung: Thüringer OVG, Beschluss vom 26.11.2003, Az. 4 EO 627/02, a.a.O.; für dessen generellen Ausschluss: Bader in Bader, VwGO, 2. Aufl., § 146 RN. 36). Zur Klärung dieser Frage ist vom Zweck der Beschwerde auszugehen. Sie hat ebenso wie die Berufung die Aufgabe einer zweiten Tatsacheninstanz. Das Rechtsmittel umfasst daher eine Überprüfung der angefochtenen Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht, weshalb vom Beschwerdegericht auch neue Tatsachen oder Änderungen der Rechtslage zu berücksichtigen sind, auf die sich der Beschwerdeführer fristgerecht beruft und die nach materiellem Recht im Zeitpunkt der Entscheidung des Rechtsmittelgerichts maßgeblich sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat zu der vergleichsweise heranzuziehenden Vorschrift des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ausgeführt, es seien - auch - solche Tatsachen zu berücksichtigen, die nach der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung eingetreten seien (BVerwG, Beschluss vom 15.12.2003 - 7 AV 2.03 -, Buchholz 310 § 124 VwGO Nr. 32 = NVwZ 2004, 744 und Beschluss vom 11.11.2002 - 7 AV 3/02 - Buchholz 310 § 124 VwGO Nr. 31). Ebenso seien Tatsachen zu berücksichtigen, die vom Verwaltungsgericht deshalb im Zeitpunkt seiner Entscheidung außer Betracht gelassen worden sind, weil sie von den Beteiligten nicht vorgetragen und mangels entsprechender Anhaltspunkte auch nicht von Amts wegen zu ermitteln gewesen seien (BVerwG, Beschluss vom 14.06.2002, Buchholz § 124b VwGO Nr. 1 = NVwZ-RR 2002, 894). Ob diese Rechtsprechung ohne Einschränkungen auch auf das Beschwerdeverfahren zu übertragen ist, mag dahin stehen.
Eine Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung im Sinne des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO findet jedenfalls dann nicht statt, wenn in einem Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nach § 123 VwGO, um das es hier geht, der Anordnungsanspruch trotz Aufforderung des Verwaltungsgerichts nicht begründet worden ist und derart „aufgesparte“ Gründe erst im Beschwerdeverfahren vorgetragen werden. Es würde dem Zweck der Neuregelung widersprechen, im Rahmen der gebotenen Darlegung auch einen Vortrag zur Sachlage zu berücksichtigen, der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren bereits zum Gegenstand der Prüfung hätte gemacht werden können. Dies ergibt sich aus Folgendem:
Im Verfahren nach § 123 VwGO hat der Antragsteller den Anordnungsanspruch vorzutragen und glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO, §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). Trotz dieser Verweisung auf zivilprozessuale Vorschriften gilt zwar auch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht etwa der Beibringungsgrundsatz, sondern - wie allgemein in der Verwaltungsgerichtsordnung - der Untersuchungsgrundsatz (§ 86 VwGO; siehe hierzu Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, § 123 VwG0 Rz. 95 m.w.N.). Hat der Antragsteller aber weder von sich aus den geltend gemachten Anordnungsanspruch sachlich begründet noch in der Sache etwas auf eine entsprechende, dem Amtsermittlungsgrundsatz Rechnung tragende Aufforderung des Verwaltungsgerichts vorgetragen, können erst im Beschwerdeverfahren vorgetragene Gründe nicht mehr berücksichtigt werden. Denn der im Gesetzgebungsverfahren gefundene Kompromiss zwischen einerseits Zulassung der Beschwerde und andererseits Verschärfung der Zulässigkeitsschranken durch die eingeschränkte Begründetheitsüberprüfung (§ 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO) ist Ausdruck des gesetzgeberischen Willens, das Beschwerdeverfahren zu beschleunigen und eine Verfahrenskonzentration herbeizuführen (siehe hierzu auch Thüringer OVG, Beschluss vom 11.02.2003, Az: - 3 EO 387/02 -, a.a.O. m.w.N.) Ließe man das „aufgesparte“ Vorbringen zum Anordnungsanspruch zu, würde sich dem Beschwerdegericht eine vom Gesetzgeber nicht gewollte erstmalige und vollständige Prüfung des Falles stellen. Im Hinblick auf diesen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht mehr zu berücksichtigenden Tatsachenvortrag entsteht auch keine „Rechtsschutzlücke“, denn der Antragsteller kann seine Gründe entweder in einem Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO (analog) oder im Hauptsacheverfahren geltend machen.
In Anwendung dieser Grundsätze stellt der Vortrag der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren keine Auseinandersetzung mit den Gründen der angegriffenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidung dar. Mit Verfügung vom 06.04.2004 hat das Verwaltungsgericht die Antragstellerin aufgefordert, zum Vorliegen eines Anordnungsanspruchs Angaben zu machen. Hierzu hat sich die Antragstellerin aber nicht geäußert. Erst mit der Beschwerdebegründung hat sie vorgetragen, sowohl bei dem ersten Prüfungsversuch im Fach Allgemeine Betriebswirtschaftslehre I als auch bei der Wiederholungsprüfung aufgrund der sie stark belastenden familiären Verhältnisse nicht in der Lage gewesen zu sein, die Prüfungen zu bestehen. Diese Umstände hätten aber von der Antragstellerin bereits im erstinstanzlichen Verfahren mit der Antragstellung, spätestens aber auf die entsprechende Aufforderung des Gerichts vorgetragen und glaubhaft gemacht werden können. Es handelt sich insoweit nicht um Umstände, die nach Abschluss des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht „neu“ eingetreten sind, diese lagen vielmehr bereits zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung vor und hätten bereits von dem Verwaltungsgericht geprüft werden können - wenn die Antragstellerin sie vorgetragen hätte.
Der Senat weist im Übrigen darauf hin, dass die Beschwerde auch unbegründet gewesen wäre. Bezüglich des Nichtbestehens der Prüfung kann insoweit auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts im Beschluss vom 02.06.2004 verwiesen werden, deren Richtigkeit auch von Seiten der Antragstellerin nicht in Frage gestellt werden. Soweit die Antragstellerin nunmehr vorträgt, aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen zu sein, die Prüfung abzulegen, ist auf die Vorschrift des § 13a der Prüfungsordnung der Universität Tübingen für den Diplom-Studiengang Internationale Betriebswirtschaftslehre hinzuweisen. Für die Antragstellerin hätte nämlich die Möglichkeit bestanden, aufgrund der von ihr nunmehr geltend gemachten familiären Belastungen den Antrag zu stellen, die Frist zur Ablegung der Orientierungsprüfung um zwei Semester zu verlängern (§ 13a Abs. 4 der Prüfungsordnung). Gerade im Hinblick darauf, dass bereits die erste Orientierungsprüfung nach ihren Angaben aufgrund ihrer familiären Situation fehlgeschlagen ist, hätte es nahe gelegen, einen entsprechenden Antrag auf „Herausschieben“ der Orientierungsprüfung zu stellen. Da sie von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass das endgültige Nichtbestehen der Prüfung von ihr im Sinne von § 13a Abs. 3 der Prüfungsordnung nicht zu vertreten sei.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In demselben Verfahren und in demselben Rechtszug werden die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Streitwert beträgt höchstens 30 Millionen Euro, soweit kein niedrigerer Höchstwert bestimmt ist.