Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 24. Juni 2015 - A 6 S 1259/14

bei uns veröffentlicht am24.06.2015

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. März 2014 - A 11 K 2917/13 -, soweit es den Kläger betrifft, geändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Der Kläger trägt die ihn betreffenden Kosten des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht und die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der am xx.xx.1962 geborene Kläger ist serbischer Staatsangehöriger und gehört dem Volk der Roma an. Gemeinsam mit seiner Ehefrau reiste er nach eigenen Angaben im April 2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am 02.05.2013 beantragten er und seine Ehefrau ihre Anerkennung als Asylberechtigte.
Bei der Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) gab der Kläger an: Er und seine Frau hätten ihr eigenes Haus in Serbien, in dem ihre Kinder im Alter von 20 und 26 Jahren immer noch lebten, am 15.04.2013 verlassen und seien mit einem Kleinbus über ihm unbekannte Länder in die Bundesrepublik eingereist. Er habe sowohl einen serbischen Personalausweis wie auch einen serbischen Reisepass besessen und sei mit diesen Dokumenten in die Bundesrepublik eingereist. Diese Papiere seien aber nach seiner Einreise in die Bundesrepublik gestohlen worden. Bei der Meldung als Asylsuchende habe er seinen Führerschein und seine Frau ihren Personalausweis abgegeben. Er habe 19 oder 20 Jahre lang in einer Textilfirma in seinem Wohnort gearbeitet und sei seit 2002/2003 arbeitslos, da die Firma Bankrott gemacht habe. Er und seine Frau hätten Sozialhilfe erhalten, letztmals im Januar oder Februar 2010. Er habe danach „privat“ gearbeitet und aus diesen Mitteln den Lebensunterhalt der Familie bestritten. Solange die Kinder minderjährig gewesen seien, hätten sie auch Kindergeld erhalten. Er sei nur wegen seiner Frau nach Deutschland gekommen, da es hier eine besonders gute ärztliche Versorgung gebe. Im Falle einer Rückkehr nach Serbien sei es nicht gewährleistet, dass er und seine Ehefrau das Geld für deren medizinische Versorgung aufbringen könnten.
Das Bundesamt lehnte mit Bescheid vom 06.08.2013 die Anträge des Klägers und seiner Ehefrau auf Anerkennung als Asylberechtigte als offensichtlich unbegründet ab, stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich sowie Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen und drohte dem Kläger und seiner Ehefrau die Abschiebung nach Serbien mit einer Frist von einer Woche an. Zur Begründung heißt es in dem Bescheid unter anderem: Auf Grund der Zugehörigkeit zu der Gruppe der Roma oder aus sonstigen individuellen Gründen hätten die Kläger Verfolgungsmaßnahmen bei einer Rückkehr nach Serbien nicht zu befürchten. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass Angehörige der Volksgruppe der Roma in Serbien einer staatlichen Verfolgung im Sinne des Art. 16a GG oder § 60 Abs. 1 AufenthG ausgesetzt seien. Zwar sei ein Großteil der Romabevölkerung mit äußerst schwierigen Lebensbedingungen und vielfach auch mit Diskriminierungen konfrontiert. Doch seien diese Diskriminierungen wegen fehlender Intensität in der Regel nicht asylrelevant. Eine entsprechende Verfolgung durch den Staat oder seitens nichtstaatlicher Dritter hätten der Kläger und seine Ehefrau auch nicht vorgetragen. Vielmehr würden diese selbst bei Rückkehr nicht mit relevanten staatlichen oder nichtstaatlichen Repressionsmaßnahmen rechnen. Die allgemein schwierige soziale und wirtschaftliche Situation in Serbien begründe kein Abschiebungsverbot. Die Kläger seien zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes auf ihre eigene Arbeitskraft zu verweisen. Es sei nicht ersichtlich, weshalb ihnen dies, wie in der Vergangenheit auch, nicht gelingen solle. Darüber hinaus hätten sie nach der Auskunftslage Zugang zur sozialen Infrastruktur. Es sei nicht erkennbar, dass für die vorgetragenen Erkrankungen der Ehefrau des Klägers eine erforderliche medizinische Behandlung nicht gewährleistet sei oder aus finanziellen Gründen scheitern könne.
Der Kläger und seine Ehefrau haben gegen den am 09.08.2013 als Einschreiben zur Post gegebenen Bescheid am 19.08.2013 Klage erhoben und beantragt, die Nummern 2 bis 4 des Bescheides des Bundesamtes aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihnen die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen, hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, ihnen subsidiären Schutz zuzuerkennen, höchst hilfsweise die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegt. Zur Begründung haben sie die Ehefrau des Klägers betreffende medizinische Unterlagen vorgelegt.
Auf den Antrag des Klägers und seiner Ehefrau hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Beschluss vom 30.08.2013 - A 11 K 2918/13 - die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen die Abschiebungsandrohung des Bescheids vom 06.08.2013 angeordnet.
Mit Urteil vom 25.03.2014, der Beklagten am 02.04.2014 zugestellt, hat das Verwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet, dem Kläger und seiner Ehefrau die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG zuzuerkennen und den Bescheid des Bundesamtes vom 06.08.2013 aufgehoben, soweit er dem entgegensteht. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger und seine Ehefrau hätten bei einer Rückkehr nach Serbien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit der Gefahr einer Verfolgung zu rechnen, die an die Rasse als asylrelevantes Merkmal anknüpfe. Roma würden in Serbien verstärkt Opfer von Übergriffen Dritter und die staatlichen Organe würden in der Regel gegen solche Übergriffe keinen Schutz gewähren. Schon dies stelle die Einschätzung des Bundesamtes, dass den gegen Roma gerichteten Verfolgungsmaßnahmen die erforderliche Intensität fehle, in Frage. Entscheidend komme hinzu, dass Angehörige der Roma in jüngster Zeit durch den serbischen Staat in ihren elementaren Rechten auf Freizügigkeit beschnitten und zudem kriminalisiert würden, weil sie von dem Menschenrecht der freien Ausreise Gebrauch machten. Die neuen serbischen Ausreise- und Grenzkontrollbestimmungen seien ausdrücklich dazu bestimmt und würden dazu eingesetzt, Angehörigen von Minderheiten, insbesondere der Roma, die Ausreise aus Serbien zu erschweren oder diese unmöglich zu machen. Die Lebensverhältnisse der Roma in Serbien seien unerträglich und den Roma würden durch neue staatliche Maßnahmen, etwa durch das neu eingeführte Abfallbeseitigungskonzept, auch noch die wenigen Möglichkeiten genommen, ihr Leben zu fristen. In Verbindung mit diesen Beeinträchtigungen erfülle die Beschränkung der Ausreisefreiheit für Roma die Voraussetzungen des § 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG. Die neu geschaffenen Sanktionen durch das Meldegesetz und Art. 350a des serbischen StGB kämen erschwerend hinzu. Verurteilungen wegen Verstoßes gegen das Meldegesetz erfolgten selektiv gegen Roma. Nach Art. 350a Abs. 1 des serbischen StGB hätten Asylbewerber allein wegen der Stellung eines Asylantrags im Ausland mit strafrechtlicher Verfolgung und Verurteilung zu rechnen. Die Strafschärfungen in den Absätzen 2 und 3 seien nicht auf gewerbsmäßige Fluchthelfer beschränkt, sondern erfassten jeden, der die Tat in einer Gruppe verübe oder als „Organisator“ begehe.
Auf den von der Beklagten am 28.04.2014 gestellten Antrag auf Zulassung der Berufung hat der Senat mit Beschluss vom 02.07.2014 die Berufung zugelassen.
Zur Begründung der Berufung hat die Beklagte zunächst auf ihr Vorbringen im Zulassungsantrag verwiesen. Dort hatte sie im Wesentlichen geltend gemacht: Es bestünden bereits erhebliche Zweifel daran, dass die Verhinderung oder Beeinträchtigung des Rechts auf Ausreise eine Verletzung eines grundlegenden Menschenrechts bzw. einer im Rahmen des § 3 a Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG maßgeblich berücksichtigungsfähigen Rechtsposition darstellten. Mögliche Sanktionen wegen Verstoßes gegen das Meldegesetz seien Geldstrafen in Höhe von 10.000 bis 50.000 serbischen Dinaren (etwa 86 bis 433 EUR). Ungeachtet der Frage einer selektiven Anwendung dieser Rechtsvorschrift auf Roma handele es sich bei einer solchen Geldstrafe weder für sich noch in Kumulation mit anderen Maßnahmen um einen erkennbar schweren Eingriff im Sinne des § 3 a Abs. 1 AsylVfG. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Anwendung des Art. 350a des serbischen StGB beruhten nicht auf einer Überprüfung der Rechtspraxis, sondern seien reine Tatsachenbehauptungen. Die flüchtlingsrechtliche Relevanz einer Strafvorschrift lasse sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht allein anhand ihres Normtextes bestimmen. Es komme letztlich darauf an, wie die in Rede stehende Strafvorschrift in der Rechtspraxis der Gerichte sowie der Strafvollstreckungsbehörden tatsächlich gehandhabt werde. Gegen die vom Verwaltungsgericht vertretene Bewertung spreche, dass nach ihren Monatsstatistiken trotz der administrativen Maßnahmen der serbischen Stellen im Rahmen der Grenzkontrollen Ausreisen für Minderheitsangehörige möglich blieben und sich gleichbleibend in einem durchaus hohen Bereich bewegten. Es sei keine relevante Diskriminierung darin zu sehen, dass serbische Stellen die Ausreise vom Nachweis der Geldsumme abhängig machten, die nötig sei, um den Aufenthalt im EU-Ausland zu bestreiten und dabei in Anlehnung an die Einreisebestimmungen der sog. Schengenstaaten einen Betrag von 30 bis 50 EUR zu Grunde legten. Gegen ein in tatsächlicher Hinsicht selektiv Minderheitsangehörigen treffendes Verfahren sprächen auch Rückkehrerbefragungen, die ergeben hätten, dass die Maßnahmen unterschiedslos auf alle Personen angewendet würden, die im Ausland Asyl beantragt hätten. Die Strafandrohung des Art. 350a des serbischen StGB beziehe sich nicht auf den individuellen Asylbewerber, sondern auf die Organisation und Unterstützung der missbräuchlichen Asylantragstellung in Deutschland. Darüber hinaus macht die Beklagte im Berufungsverfahren geltend: Auf Grund der Einstufung Serbiens als sicherer Herkunftsstaat im Sinne des § 29a AsylVfG sei die gesetzliche Vermutung zulässig, dass dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Verfolgung stattfinde. Mitgeteilte Einzelfälle von Übergriffen und Benachteiligungen von Roma erreichten die für die Annahme einer Gruppenverfolgung notwendige Verfolgungsdichte nicht einmal ansatzweise. Probleme der Roma beim Zugang zu Sozialleistungen gäben für die Annahme einer Gruppenverfolgung nichts her. Hinsichtlich des Art. 350a des serbischen StGB sei mittlerweile auch in tatsächlicher Hinsicht geklärt, dass die Ausreise zum Zweck der Asylantragstellung in Serbien nicht strafbar sei.
Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. März 2014 - A 11 K 2917/13 - zu ändern und die Klagen insgesamt abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Nummer 2 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 06.08.2013 hinsichtlich des Offensichtlichkeitsurteils und die Ziffern 3 und 4 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 06.08.2013 (insgesamt) aufzuheben, soweit diese Ziffern ihn betreffen, und die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Satz 1 AufenthG vorliegen und ihm subsidiärer Schutz zuzuerkennen ist, weiter hilfsweise die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.
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Der Kläger verteidigt die angegriffene Entscheidung und legt weitere den gesundheitlichen Zustand seiner Ehefrau betreffende ärztliche Bescheinigungen vor.
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Der Kläger und seine Ehefrau sind in der Berufungsverhandlung zu den Gründen ihres Begehrens angehört werden. Hinsichtlich ihrer Angaben wird auf die Anlage zur Niederschrift verwiesen. In der Berufungsverhandlung hat der Senat das Berufungsverfahren der Ehefrau abgetrennt und führt es unter dem Aktenzeichen A 6 S 1288/15 fort.
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Dem Senat liegen die Akten des Bundesamtes sowie die Akten des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vor. Hierauf sowie auf die gewechselten Schriftsätze wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts hat der Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt der Berufungsverhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Soweit im Berufungsverfahren deshalb die Hilfsanträge des Klägers in Bezug auf die Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Satz 1 AufenthG und Zuerkennung subsidiären Schutzes sowie auf die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG anfallen, hat die Klage ebenfalls keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 06.08.2013 erweist sich insgesamt - auch hinsichtlich des Offensichtlichkeitsurteils - bezüglich des Klägers als rechtmäßig und verletzt diesen nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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Bezogen auf den Zeitpunkt der Berufungsverhandlung ist der Antrag des Klägers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylVfG) deshalb offensichtlich unbegründet, weil er aus einem sicheren Herkunftsstaat stammt und er die Vermutung, dass ein Asylsuchender aus einem sicheren Herkunftsstaat nicht politisch verfolgt wird, nicht widerlegt hat.
18 
Nach § 29a Abs. 1 AsylVfG ist der Asylantrag (vgl. § 13 AsylVfG) eines Ausländers aus einem Staat im Sinne des Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG (sicherer Herkunftsstaat) als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht.
19 
Die Republik Serbien, dessen Staatsangehörigkeit der Kläger hat, ist im hier maßgeblichen Zeitpunkt der Berufungsverhandlung gemäß des am 06.11.2014 in Kraft getretenen Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Einstufung weiterer Staaten als sichere Herkunftsstaaten und zur Erleichterung des Arbeitszugangs für Asylbewerber und geduldete Ausländer vom 31.10.2014 (GBl. I S. 1649), § 29 a Abs. 2 AsylVfG in Verbindung mit der Anlage II zum Asylverfahrensgesetz ein sicherer Herkunftsstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG. Die Einstufung Serbiens als sicherer Herkunftsstaat in diesem Sinne ist weder verfassungs- noch unionsrechtlich zu beanstanden.
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In verfassungsrechtlicher Hinsicht kann der Gesetzgeber gemäß Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG Staaten bestimmen, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, dass dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Anhand dieser Prüfkriterien hat sich der Gesetzgeber aus einer Vielzahl von Faktoren ein Gesamturteil über die für die politische Verfolgung und unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung bedeutsamen Verhältnisse in dem jeweiligen Staat zu bilden (BVerfG, Urteil vom 14.05.1996 - 2 BvR 1507/93, 2 BvR 1508/93 -, BVerfGE 94, 115, 139). Hinsichtlich der Art und Weise der hierfür erforderlichen Tatsachenerhebung, bei der den Berichten der zuständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland und internationaler Organisationen, insbesondere des UNHCR, besonderes Gewicht zukommt (BVerfGE 94, 115, 143) wie auch hinsichtlich der Beurteilung und Gewichtung der ermittelten Verhältnisse sowie der Prognose der in absehbarer Zukunft zu erwartenden Entwicklung kommt dem Gesetzgeber ein Entscheidungs- und Wertungsspielraum zu, infolge dessen die verfassungsrechtliche Überprüfung der Einstufung eines Staates als sicherer Herkunftsstaat auf die Vertretbarkeit dieser Entscheidung beschränkt ist. Dies hat zur Folge, dass die Verfassungswidrigkeit nur angenommen werden kann, wenn sich der Gesetzgeber bei seiner Entscheidung nicht von guten Gründen hat leiten lassen (BVerfGE 94, 115, 143 f.). Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass dies in Bezug auf die Bestimmung Serbiens zum sicheren Herkunftsstaat der Fall ist. In der (erstinstanzlichen) verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung wird die Bestimmung Serbiens zum sicheren Herkunftsstaat nahezu einhellig als verfassungskonform gewertet (vgl. dazu ausführlich: VG Berlin, Urteil vom 28.01.2015 - 7 K 546.15 A -; VG Darmstadt, Urteil vom 19.02.2015 - 1 K 1667/12.Da.A - sowie VG Münster, Urteil vom 11.05.2015 - 4 K 3220/13.A -, jew. juris; letzteres unter Aufgabe seiner Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit im Beschluss vom 27.11.2014 - 4 L 867/14.A -, juris; vgl. weiter auch etwa: VG Hamburg, Beschluss vom 06.03.2015 - 5 AE 270/15 -, VG Regensburg, Beschluss vom 24.02.2015 - RN 6RN 6 S 15.30120 -; VG Aachen, Beschluss vom 03.02.2015 - 9 L 680/14.A -; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 29.01.2015 - 19a L 94/15.A -; VG Schwerin, Beschluss vom 26.01.2015 - 5 B 116/15 As -; VG Würzburg, Beschluss vom 08.01.2015 - W 1 S 14.30695 -; VG Bayreuth, Beschluss vom 16.12.2014 - B 3 S 14.30486 - jew. juris; a.A.: Bader, InfAuslR 2015, 69, 71). Auch der Senat sieht keine Anhaltspunkte dafür, dass sich der Gesetzgeber bei der Bestimmung Serbiens als sicherer Herkunftsstaat nicht von guten Gründen hat leiten lassen oder das erforderliche Maß an Sorgfalt bei der Erhebung der Tatsachen nicht beachtet hat. Er folgt diesbezüglich ausdrücklich der Einschätzung in den oben genannten, ausführlich und sorgfältig begründeten Entscheidungen der Verwaltungsgerichte Berlin, Darmstadt und Münster, die er teilt und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht hat.
21 
Den Materialien des Gesetzgebungsverfahrens lässt sich entnehmen, dass zahlreiche Erkenntnismittel ausgewertet und bewertet wurden. Dem Gesetzentwurf lagen Berichte des Auswärtigen Amtes, einschließlich des damals aktuellen Lageberichts Serbien, eine EASO-Untersuchung zu Asylanträgen aus den westlichen Balkanstaaten von November 2013 sowie „Erkenntnisse lokaler Menschenrechtsgruppen, vor Ort vertretener Nichtregierungsorganisationen und internationaler Organisationen, wie z.B. UNHCR“ zu Grunde; ferner wurde die Einstufung Serbiens als sicherer Herkunftsstaat in anderen EU-Staaten und in der Schweiz in den Blick genommen (BT-Drs. 18/1528, S. 8, 15 bis 17). Im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens wurden Gutachten mehrerer Sachverständiger (u.a. Dr. Marx, Dr. Waringo, Caritasverband für die Diözese Osnabrück, UNHCR) eingeholt und diese im Rahmen einer öffentlichen Anhörung des Innenausschusses ausführlich erörtert (vgl. dazu mit den entsprechenden Nachweisen: VG Darmstadt, Urteil vom 19.01.2015 und VG Berlin, Urteil vom 28.01.2015, jew. a.a.O.). Diese Vorgehensweise ist, auch unter den Gesichtspunkten der Transparenz (vgl. dazu: VG Münster, Urteil vom 11.05.2015, a.a.O.), nach den oben genannten Maßstäben nicht zu beanstanden.
22 
Die Beurteilung der ermittelten tatsächlichen Verhältnisse erweist sich ebenfalls als verfassungsrechtlich tragfähig. Der Gesetzgeber war sich des verfassungsrechtlichen Maßstabes bewusst (BT-Drs. 18/1528, S. 8 f.). Die von ihm der Prüfung zu Grunde gelegten Teilbereiche (Demokratie und Mehrparteiensystem, Rechtsstaatlichkeit und unabhängige Regulierungsbehörden, freie Medien, rechtliche und praktische Gewährung von Menschenrechten, Grundfreiheiten, Minderheiten- und Diskriminierungsschutz unter besonderer Berücksichtigung der Volksgruppe der Roma, wirtschaftliche und soziale Lage, Folgen der Asylantragstellung im Ausland, Stabilität der Verhältnisse (BT-Drs. 18/1528, S. 15 ff.) zeichnen die in Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG genannten Prüfkriterien Rechtslage, Rechtsanwendung und allgemeine politische Verhältnisse nach (VG Berlin, Urteil vom 28.01.2015, a.a.O.). Vor allem hat der Gesetzgeber die für Roma schwierige wirtschaftliche, soziale und gesellschaftliche Lage in Serbien berücksichtigt und eigenständig, teils auch in Abweichung von den gutachterlichen Stellungnahmen bewertet und hieraus vertretbare, innerhalb des ihm insoweit eingeräumten Einschätzungs- und Bewertungsspielraums liegende Schlussfolgerungen gezogen (vgl. dazu ausführlich: VG Münster, Urteil vom 11.05.2015, a.a.O.). Entscheidendes Gewicht hat er in diesem Zusammenhang insbesondere dem Bemühen der serbischen Regierung zugemessen, die Lage der Roma durch eine aktive Minderheitenpolitik zu verbessern.
23 
Im Hinblick auf die Ausführungen in dem angegriffenen Urteil des Verwaltungsgerichts zu den Verhältnissen in Serbien merkt der Senat darüber hinaus an: Es entspricht der gefestigten und nahezu einhelligen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte (etwa: Niedersächs. OVG, Beschluss vom 22.10.2014 - 8 LA 129/14 -; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.08.2011 - 5 A 416/11.A -; Sächs. OVG, Beschluss vom 20.05.2011 - A 4 A 666/09 -; VG Würzburg, Beschluss vom 08.01.2015, VG Bayreuth, Beschluss vom 16.12.201, jew. a.a.O.; VG Göttingen, Beschluss vom 27.10.2014 - 4 B 239/14 -; VG Freiburg, Urteil vom 30.06.2014; VG Stuttgart, Urteil vom 28.05.2014 - A 12 K 4301/12 -; VG Sigmaringen, Urteil vom 25.04.2014 - 1 K 234/14 -, jew. juris), dass Roma in Serbien (wie auch im Kosovo, vgl. dazu etwa: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 04.02.2010 - A 11 S 331/07 -, AuAS 2010, 190) auf Grund ihrer Volkszugehörigkeit keiner staatlichen oder quasi-staatlichen Verfolgung im Sinne des Art. 16a Abs. 1 GG, § 3 Abs. 1 AsylVfG ausgesetzt sind. Soweit das verwaltungsgerichtliche Urteil darauf abstellt, dass Roma in Serbien verstärkt Opfer von Übergriffen Dritter seien, die staatlichen Organe gegen solche Übergriffe in der Regel keinen Schutz gewährten und schon dieser Befund die Einschätzung des Bundesamtes in Frage stelle, dass den gegen Roma gerichteten Diskriminierungen die erforderliche Verfolgungsintensität fehle, stützt es sich lediglich auf die Zeugenaussage von Frau Dr. Waringo in dem Verfahren A 11 K 5036/13 vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart, die das angegriffene Urteil im Tatbestand wiedergibt. Deren diesbezügliche Angaben, Übergriffe Dritter auf Roma blieben folgenlos, die Polizei komme häufig nicht, wenn sie von Roma gerufen werde, und wenn sie komme, unternehme sie nichts, wird nicht durch die Angabe konkreter Beispielsfälle konkretisiert. Auch wenn zu konstatieren ist, dass es in der Vergangenheit immer wieder zu einer Reihe zum Teil auch gewalttätiger Übergriffe auf Roma durch Dritte gekommen ist, die die Polizei nicht immer mit der gebotenen Konsequenz verfolgt (vgl. dazu etwa: Lagebericht Serbien des Auswärtigen Amtes vom 15.12.2014, S. 11; Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe Serbien: Übergriffe gegen Roma und Ashkali vom 15.03.2015, S. 4 ff.), kann nicht davon ausgegangen werden, dass der serbische Staat grundsätzlich zu einer Schutzgewährung nicht willens oder nicht in der Lage ist. Seit Jahren sind Bestrebungen der serbischen Regierung zu erkennen, die Lage der Roma durch eine aktive Minderheitenpolitik zu verbessern (Lageberichte des Auswärtigen Amtes vom 12.03.2012, 29.01.2013, 18.10.2013 und vom 15.12.2014). Das serbische Strafgesetzbuch gewichtet seit Dezember 2012 in Art. 54a ein Verbrechen aus Hass neu als spezifischen erschwerenden Straftatbestand. Zudem wird in Art. 317 des serbischen Strafgesetzbuchs die Anstiftung zu nationalistischem, ethnischem oder religiösen Hass oder Intoleranz, in Art. 387 rassistische und weitere Diskriminierung sowie in Art. 174 die Herabsetzung einer Person wegen Rasse, Hautfarbe, Religion, Nationalität, ethnischer Herkunft und persönlicher Merkmale als Straftatbestand benannt. Je nach Tatbestand und Schwere des Vergehens können Gefängnisstrafen zwischen drei Monaten bis zu zehn Jahren verhängt werden (Nachweise bei Schweizerische Flüchtlingshilfe: Übergriffe gegen Roma und Ashkali vom 15.03.2015, S. 3 f.). 2013 wurden bei 64 der der Polizei gemeldeten Hassverbrechen („Hate Crimes“) 23 Strafverfahren durchgeführt und kam es in 16 Fällen zu einer Verurteilung. Nach Angaben serbischer Behörden kam es bei insgesamt 315 erfassten Übergriffen in den Jahren 2012 und 2013 zu Strafanzeigen. Von diesen 114 Straftaten wurden 75 aufgeklärt und Strafanzeigen gegen 146 Personen erhoben. Vor diesem Hintergrund bestehen für den Senat an der generellen Bereitschaft des serbischen Staates, auch gegen Übergriffe auf Roma mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln vorzugehen, keine durchgreifenden Zweifel. Die Lückenhaftigkeit des Systems staatlicher Schutzgewährung oder in Einzelfällen dem Betroffenen widerfahrene Schutzversagung lässt als solche die staatliche Schutzbereitschaft oder -fähigkeit (vgl. dazu: BVerwG, Urteil vom 05.07.1994 - 9 C 1.94 -, NVwZ 1995, 391) nicht entfallen. Darüber hinaus sind angesichts der Zahl der in Serbien lebenden Roma (300.000 - 500.000, vgl. Lagebericht Serbien des Auswärtigen Amtes vom 15.12.2014) keineswegs Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass verbale oder physische Übergriffe auf Roma ein solches Ausmaß erreichen, dass für jeden Roma ohne Weiteres eine aktuelle Gefährdung eigener Betroffenheit bestünde (näher dazu: VG Münster, Urteil vom 11.05.2015, a.a.O.). Unter diesen Gesichtspunkten kann mithin nicht davon gesprochen werden, dass die gesetzgeberische Bestimmung Serbiens als sicheres Herkunftsland zu beanstanden ist.
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Anders als der Kläger und das verwaltungsgerichtliche Urteil meinen, bestehen aber auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der serbische Staat in asylrelevanter Weise in die durch Art. 2 Abs. 2 des Protokolls Nr. 4 zur Europäischen Menschenrechtskonvention (BGBl. II 2002, 1074) geschützte Ausreisefreiheit von Angehörigen der Roma eingreift, was gegebenenfalls zur Folge haben könnte, dass der Gesetzgeber davon hätte absehen müssen, Serbien als sicheren Herkunftsstaat zu bestimmen.
25 
Dies gilt sowohl für die in Serbien diesbezüglich geltenden melderechtlichen, strafrechtlichen sowie Ausreise- und Grenzkontrollbestimmungen wie auch für deren jeweilige Anwendung.
26 
Art. 17 der serbischen Verfassung garantiert das Recht auf Bewegungsfreiheit, das sowohl die Freizügigkeit innerhalb Serbiens und die freie Wahl des Wohnortes als auch das Recht garantiert, Serbien zu verlassen und wieder nach Serbien zurückzukehren. In Übereinstimmung mit den entsprechenden internationalen Konventionen hält die serbische Verfassung fest, dass dieses Recht nur eingeschränkt werden kann, wenn dies im Rahmen von strafrechtlichen Ermittlungen, zur Vorbeugung ansteckender Krankheiten oder zur Verteidigung der Republik Serbien notwendig ist (vgl. Dr. Waringo, Serbien - ein sicherer Herkunftsstaat von Asylsuchenden in Deutschland, S. 42).
27 
Durch das serbische Meldegesetz (Fundstelle bei Dr. Waringo, a.a.O., S. 41), das für einen längeren Aufenthalt im Ausland eine Abmelde- und für die Rückkehr eine Anmeldepflicht vorsieht (Art. 19) und Verstöße dagegen mit einem Bußgeld ahndet (Art. 27 Abs. 1 Nr. 5), wird weder die Stellung eines Asylantrags im Ausland gezielt sanktioniert noch wird in die Ausreisefreiheit unmittelbar eingegriffen. Deutsche Meldegesetze kennen ebenfalls entsprechende Meldepflichten und deren ordnungswidrigkeitenrechtliche Sanktionierung im Falle der Nichterfüllung (für Baden-Württemberg vgl. §§ 15 Abs. 1 und 2, 36 Abs. 1 Nr. 2 Meldegesetz Baden-Württemberg). Soweit eine mittelbare Beeinflussung der Ausübung der Ausreisefreiheit im Einzelfall in Betracht kommen mag, stellt dies die für die Einstufung Serbiens als sicherer Herkunftsstaat maßgebliche Rechtsstaatlichkeit (vgl. BVerfGE 94, 115, 136) der serbischen melderechtlichen Vorschriften nicht in Frage (VG Münster, Urteil vom 11.05.2015, a.a.O.). Wenn das Verwaltungsgericht in der angegriffenen Entscheidung unter Berufung auf die aktuelle Auskunftslage, Erklärungen von Dr. Waringo und die Information des Regional Centers for Minorities meint, „Bestrafungen“ nach dem neuen Meldegesetz würden selektiv gegen Roma erfolgen, sind hierfür keine hinreichend belastbaren konkreten Belege vorhanden. Dr. Waringo (a.a.O., S. 41) bezieht sich lediglich auf Informationen der Nichtregierungsorganisation Regional Center for Minorities, die ihrerseits die Behauptung, dass Art. 19 des serbischen Meldegesetzes ausschließlich auf Angehörige der Romaminderheit angewendet wird, die in der EU oder in einem anderen Land des Schengenraums Asyl beantragt haben, in ihrem Bericht „Die Liberalisierung des Visasystems und Einschränkungen des Rechts auf Asyl - Zur Situation serbischer Roma, die im Ausland Asyl beantragt haben“ nicht näher belegt und keine Fälle benennt, in denen bei Verstößen durch andere serbische Staatsangehörige als Roma die Sanktionsmöglichkeiten des Meldegesetzes keine Anwendung finden (vgl. dazu: Niedersächs. OVG, Beschluss vom 22.10.2014; VG Sigmaringen, Urteil vom 25.04.2014, jew. a.a.O.). Die Schweizerische Flüchtlingshilfe gibt in ihrer Auskunft „Serbien: Ausreisebeschränkungen für Roma und Ashkali“ vom 26.03.2015 (S. 10 f.) lediglich an, dass eine Kontaktperson des Regional Centers for Minorities auf Anfrage mitgeteilt habe, dass sie im Jahr 2012 von verschiedenen Roma-Angehörigen wegen Schwierigkeiten mit den serbischen melderechtlichen Bestimmungen kontaktiert worden sei, die betroffenen Personen aber meist den Kontakt abgebrochen hätten und anschließend nicht mehr zu erreichen gewesen seien. Der Nichtregierungsorganisation „Praxis“ seien im März 2015 keine diesbezüglichen Fälle bekannt gewesen. Soweit in der Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe von einer Familie die Rede ist, die eine erfolglose Beschwerde gegen einen erstinstanzlichen Entscheid eingelegt hat, werden die näheren Umstände nicht benannt und wäre zudem ein Einzelfall nicht geeignet, eine rechtsstaatlichen Grundsätzen widersprechende Anwendung der serbischen melderechtlichen Vorschriften auf Roma anzunehmen.
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Der Ansicht des Verwaltungsgerichts, Asylbewerber hätten nach Art. 350a des serbischen Strafgesetzbuchs allein wegen der Stellung eines Asylantrags im Ausland mit einer strafrechtlichen Verfolgung und Verurteilung zu rechnen, vermag der Senat ebenfalls nicht zu folgen.
29 
Nach Art. 350a Abs. 1 des serbischen Strafgesetzbuchs (Fundstelle bei Niedersächs. OVG, Beschluss vom 22.10.2014, a.a.O.) wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren bestraft, wer versucht, in der Absicht, sich selbst oder jemand anderem einen Vorteil zu verschaffen, einen Transport, eine Verlegung, eine Aufnahme, eine Unterkunft, ein Versteck organisiert oder auf eine andere Weise ermöglicht, dass serbischen Staatsangehörigen durch falsche Angaben über die Bedrohung ihrer Menschenrechte oder fundamentalen Freiheiten die Asylantragstellung in einem anderen ausländischen Staat ermöglicht wird. Nach Absatz 2 dieser Vorschrift beträgt das Strafmaß sechs Monate bis fünf Jahre, wenn der Tatbestand von einer Gruppe oder durch den Missbrauch von Befugnissen verwirklicht wird. Der Organisator einer Tat des Absatzes 2 wird gemäß Art. 350a Abs. 3 des serbischen Strafgesetzbuches mit einer Freiheitsstrafe von ein bis acht Jahren bestraft. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift wird mithin nicht der serbische Staatsangehörige bestraft, der aus Serbien ausreist und in einem anderen Staat einen Asylantrag stellt, sondern Dritte, die zur missbräuchlichen Asylantragstellung Unterstützung oder Beihilfe leisten. Dieser Gesetzeszweck ist dem Art. 350a des serbischen Strafgesetzbuches vom serbischen Justizminister auch beigemessen worden, der sich in der Ankündigung des Gesetzesvorhabens ausschließlich auf den Tatbestand der Beihilfe, also auf Fluchthelfer bezog (vgl. Dr. Waringo, a.a.O., S. 40; dazu auch mit weiterem Nachweis: Niedersächs. OVG, Beschluss vom 22.10.2014, a.a.O.). Auch der Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 18.12.2013 (S. 23 f.) versteht die Strafbestimmung in diesem Sinn. Soweit Dr. Waringo (a.a.O., S. 40) vertritt, dass die Formulierung des Gesetzes die Möglichkeit einer späteren Kriminalisierung der Asylbewerber, denen vorgeworfen werde, ihre Situation in Serbien falsch darzustellen, beinhalte, ist diese Möglichkeit vom Gesetzeswortlaut nicht gedeckt und eine spätere Pönalisierung bloße Spekulation. Auch das erstinstanzliche Urteil, das meint, dass die Strafvorschrift ausdrücklich den Asylbewerber selbst betrifft, übersieht, dass es sich bei den „falschen Angaben über die Bedrohung ihrer Menschenrechte oder fundamentalen Freiheiten“ allein um ein Tatbestandsmerkmal handelt, das - falls es erfüllt ist - keinen strafrechtlich relevanten Vorwurf gegenüber dem Asylbewerber selbst begründet, sondern allein Voraussetzung für eine Bestrafung der die Unterstützungshandlungen und die Beihilfehandlungen leistenden Dritten ist (so auch: Niedersächs. OVG, Beschluss vom 22.10.2014, a.a.O.). Aus dem Verhältnis des Absatzes 1 zu den Absätzen 2 und 3 des Art. 350a des serbischen Strafgesetzbuchs ergibt sich entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nichts anderes.
30 
Anhaltspunkte für eine von dem Wortlaut abweichende Praxis serbischer Strafgerichte bei der Anwendung des Art. 350a des serbischen Strafgesetzbuches sind nicht ersichtlich. Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 15.12.2014 (S. 18) können zurückgeführte serbische Staatsangehörige nach ihrer Rückkehr unbehelligt in ihre Heimatstädte zurückfahren; Sanktionen wegen der Stellung eines Asylantrags im Ausland gebe es weder de jure noch de facto. Die Aussagen von Dr. Waringo bei ihrer Vernehmung im Asylstreitverfahren A 11 K 5036/13 vor dem VG Stuttgart stehen dem nicht entgegen. Soweit Dr. Waringo dort angegeben hat, dass nach dem Fortschrittsbericht der EU 2013 auf Grund der Vorschrift des Art. 350a des serbischen Strafgesetzbuches sieben Strafverfahren gegen acht Personen betrieben worden seien, wird nicht ausgeführt, dass diese gerade Asylbewerber betroffen haben, und bleibt unklar, ob die Verfahren überhaupt zu Verurteilungen geführt haben. Andere Berichte über die Durchführung von Strafverfahren betreffen durchweg Unterstützungshandlungen und Beihilfehandlungen Dritter, nicht aber die Anwendung des Art. 350a des serbischen Strafgesetzbuchs auf abgelehnte Asylbewerber (vgl. dazu: Niedersächs. OVG, Beschluss vom 22.10.2014, a.a.O.). Die Schweizerische Flüchtlingshilfe führt in ihrer Auskunft „Serbien: Ausreisebeschränkungen für Roma und Ashkali“ (S. 13) unter Berufung auf „Praxis“, eine der wichtigsten serbischen Flüchtlingsorganisationen (vgl. dazu VG Münster, Urteil vom 26.03.2015. a.a.O.), aus:
31 
„Laut der erhaltenen Antworten der 66 Basic Courts und 24 High Courts wurden im Zeitraum zwischen dem 1. Januar 2013 und dem 31. Dezember 2013 keinerlei Strafverfahren auf Grund des Artikels 350a des Strafgesetzbuchs eröffnet. Zwei Gerichte gaben keine Antworten. Nach Einschätzung der serbischen NGO Praxis werden serbische Staatsangehörige, die im Ausland aus berechtigten oder vorgetäuschten Gründen Asyl beantragt haben, nicht durch Art. 350a des Strafgesetzes sanktioniert. Nur Personen, welche Hilfestellungen („Enabling“) diesbezüglich leisten, sind gemäß dieser Einschätzung von Artikel 350a betroffen.“
32 
Vor diesem Hintergrund sind auch keine Anhaltspunkte für die vom Verwaltungsgericht nicht weiter begründete Annahme ersichtlich, dass sich Art. 350a des serbischen Strafgesetzbuchs speziell gegen Roma richtet und diskriminierend ist.
33 
Schließlich ist die Bestimmung Serbiens als sicherer Herkunftsstaat auch nicht mit Blick auf die serbischen Ausreise- und Grenzkontrollbestimmungen und ihre Anwendung auf ausreisewillige serbische Staatsangehörige, insbesondere Roma, verfassungsrechtlich zu beanstanden.
34 
Nach Art. 6 des Gesetzes zum Grenzschutz (Law on Border Protection) aus dem Jahr 2008 kann die Grenzpolizei neben der Identität des Reisenden überprüfen, ob eine die Grenze überquerende Person die Kriterien zur Ein- und Ausreise erfüllt und welchen Zweck die Reise hat. Nach im Juni 2011 weiter eingeführten Bestimmungen ist es der Grenzpolizei erlaubt, von serbischen Staatsbürgern außerdem folgende Unterlagen einzufordern: Dokumente, die den Zweck der Reise belegen (etwa: Hotelreservierungen, Rückreiseticket, schriftliche Einladung, Garantieerklärung, Bestätigung eines Reiseveranstalters), Belege für genügende finanzielle Mittel für den Auslandsaufenthalt (etwa: Bargeld, Kreditkarten, Schecks), Einladungen oder Beweise bezüglich des Reisezwecks (Nachweise zu den gesetzlichen Bestimmungen in der Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe Serbien: Ausreisbeschränkungen für Roma und Ashkali vom 26.03.2015, S. 1 f.). Die Bestimmungen enthalten keine genaueren Angaben dazu, welche Belege und in welcher Höhe finanzielle Mittel notwendig sind, um die Grenzpolizei von der Legitimität der Ausreise zu überzeugen. Demgemäß besitzt die Grenzpolizei einen weiten Ermessensspielraum (Schweizerische Flüchtlingshilfe vom 26.03.2015, a.a.O.).
35 
Für sich genommen zielen diese Bestimmungen weder auf eine generelle Ausreisebeschränkung noch auf bestimmte Personen, insbesondere Roma, sondern treffen alle serbischen Staatsangehörigen in gleicher Weise. Sie haben die Intention, die Interessen Serbiens zu schützen und den Missbrauch der Regelungen der Visafreiheit der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union mit Serbien zu verhindern, und wurden unter anderem auf Drängen der Europäischen Union nach dem Wegfall der Visumpflicht im Dezember 2009 und im Hinblick auf schengenkonforme Grenzkontrollen im Rahmen der EU-Beitrittsverhandlungen eingeführt (vgl. Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 03.09.2014 an das VG Münster; Schweizerische Flüchtlingshilfe Serbien: Ausreisbeschränkungen für Roma und Ashkali vom 26.03.2015, S. 1; Waringo, a.a.O., S. 38 f.). Hinreichende Belege dafür, dass in der praktischen Anwendung dieser Bestimmungen an den serbischen Grenzen eine beachtliche Zahl an Ausreiseverweigerungen der Verhinderung der Asylantragstellung in der Europäischen Union dient oder sich gezielt gegen die Minderheiten der Roma oder Ashkali richtet, existieren nicht. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes (Auskunft vom 03.09.2014, a.a.O.) wurden im Zeitraum Juli bis Dezember 2012 3.756 Personen an der serbischen Grenze zurückgewiesen, nach Erkenntnissen der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (Auskunft Serbien: Ausreisbeschränkungen für Roma und Ashkali vom 26.03.2015, S. 3) wurden im Zeitraum vom 02.06.2011 bis zum 31.12.2014 7.656 Personen an der Ausreise gehindert, um „den Missbrauch der Visa-Freiheit der EU-Staaten zu verhindern“. Die Schweizerische Flüchtlingshilfe zählt in ihrer Auskunft vom 26.03.2015 (a.a.O., S. 5 f.) nur vereinzelte Fälle auf, in denen Roma von der serbischen Grenzpolizei bei der Ausreise willkürlich behandelt worden sind. Eine belastbare Dokumentation von Fällen dieser Art gibt es nicht. Verschiedene von der Schweizerischen Flüchtlingshilfe in Serbien kontaktierte Nichtregierungsorganisationen, die im Bereich Migration, Roma-Rechte oder Grenzkontrollen arbeiten, gaben an, dass ihnen die Problematik bezüglich der neuen Grenz- und Ausreisebestimmungen bekannt sei, sie jedoch keine Falldokumentationen vorweisen könnten (Schweizerische Flüchtlingshilfe, a.a.O., S. 6; zu fehlenden Zahlen oder Statistiken auch Dr. Waringo, a.a.O., S. 39; vgl. auch: Niedersächs. OVG, Beschluss vom 22.10.2014, a.a.O.; VG Darmstadt, Urteil vom 19.01.2015, a.a.O.). Dass eine Vielzahl serbischer Staatsbürger an der Ausreise gehindert wird und die Mehrheit dieser Staatsangehörigen Angehörige ethnischer Minderheiten sind, ergibt sich aus den vorliegenden Erkenntnisquellen nicht. Vielmehr spricht die in den letzten Jahren markant angestiegene Zahl der Asylerstanträge von serbischen Staatsangehörigen (2011: 4.579, 2012: 8.477, 2013: 11.851, 2014: 17.172, Januar - Mai 2015: 8.664), davon mehr als 90 Prozent Roma, sowie der Umstand, dass serbische Asylbewerber, wie auch der Kläger und seine Ehefrau, überwiegend legal mit Reisebussen in das Schengengebiet einreisen (vgl. dazu: VG Münster, Urteil vom 11.05.2015), dagegen, insoweit an der Verfassungswidrigkeit der Bestimmung Serbiens als sicherem Herkunftsstaat zu zweifeln.
36 
Eine Unionsrechtswidrigkeit der Bestimmung Serbiens als sicherer Herkunftsstaat, die zahlreiche andere Mitgliedstaaten der EU, wie Belgien, Frankreich, Luxemburg, Österreich und Großbritannien ebenfalls vorgenommen haben, hat der Kläger nicht geltend gemacht und ist für den Senat vor den Maßstäben der Richtlinien 2005/85/EG über die Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft (ABl. L 326/13) vom 01.12.2005 bzw. 2013/32/EU vom 26.06.2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Abl. L 180/60) insbesondere vor dem Hintergrund der bereits gemachten Ausführungen nicht ersichtlich. Nachdem sich der Kläger auf eine diesbezügliche Unionsrechtswidrigkeit auch nicht beruft, verweist der Senat hinsichtlich der Einzelheiten auf die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Urteile der Verwaltungsgerichte Darmstadt, Berlin und Münster (a.a.O.).
37 
Der Kläger hat keine Tatsachen vorgetragen oder Beweismittel vorgelegt, die die Annahme begründen, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage in Serbien politische Verfolgung droht (vgl. § 29a Abs. 1 AsylVfG). Zur Ausräumung der Vermutung, dass ein Asylsuchender aus einem sicheren Herkunftsstaat nicht politisch verfolgt wird, ist nur ein Vorbringen zugelassen, das die Furcht vor politischer Verfolgung auf ein individuelles Verfolgungsschicksal des Antragstellers gründet. Dabei kann er seine Furcht vor politischer Verfolgung auch dann auf ein persönliches Verfolgungsschicksal stützen, wenn dieses seine Wurzel in politischen Verhältnissen hat. Die Vermutung ist erst dann ausgeräumt, wenn der Asylbewerber die Umstände seiner politischen Verfolgung schlüssig und substantiiert vorträgt. Dieser Vortrag muss vor dem Hintergrund der Feststellung des Gesetzgebers, dass in dem jeweiligen Staat im allgemeinen keine politische Verfolgung stattfindet, der Erkenntnisse der Behörden und Gerichte zu den allgemeinen Verhältnissen des Staates und der Glaubwürdigkeit des Antragstellers glaubhaft sein (BVerfGE 94, 115, 147). Diesen Anforderungen genügt der Vortrag des Klägers nicht. Der Kläger hat bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt angegeben, dass er nur wegen der Erkrankung seiner Ehefrau nach Deutschland gekommen sei, weil er gehört habe, dass es hier eine besonders gute ärztliche Versorgung gebe. Andere Gründe habe er nicht. Diese Angaben entsprechen denen der Ehefrau des Klägers bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt und wurden von dem Kläger und seiner Ehefrau in der Berufungsverhandlung nochmals bestätigt.
38 
Dem Kläger ist auch nicht subsidiärer Schutz nach § 60 Abs. 2 AufenthG, § 4 Abs. 1 AsylVfG zuzuerkennen. Nach § 4 Abs. 1 AsylVfG ist subsidiär schutzberechtigt, wer stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, ihm drohe in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden im Gestalt der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe (Satz 2 Nr. 1), der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung (Satz 2 Nr. 2) oder einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlich bewaffneten Konflikts (Satz 2 Nr. 3). Dafür ist vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen nichts ersichtlich. Ergänzend wird gemäß § 77 Abs. 2 AsylVfG auf die zutreffenden Ausführungen in dem angegriffenen Bescheid verwiesen.
39 
Die Voraussetzungen eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 5 AufenthG vermag der Senat ebenfalls nicht festzustellen, wobei wiederum auf die vorstehenden Ausführungen und die Begründung im Bescheid des Bundesamtes vom 06.08.2013 Bezug genommen werden kann. Soweit der Kläger eine Beschränkung seiner Ausreisefreiheit und damit einen Eingriff in Art. 2 Abs. 2 des Vierten Zusatzprotokolls zur EMRK vom 16.09.1963 geltend macht, ist aus den bereits genannten Gründen nicht davon auszugehen, dass ihm ein Eingriff in den Kernbereich des Rechts auf Freizügigkeit in Form der Ausreisefreiheit droht. Insoweit kann offenbleiben, ob § 60 Abs. 5 AufenthG mit dem Verweis auf die EMRK auch das Vierte Zusatzprotokoll umfasst und ob und inwieweit Eingriffe in die Ausreisefreiheit gemäß Art. 2 Abs. 3 des Vierten Zusatzprotokolls zur EMRK gerechtfertigt wären.
40 
Der Kläger hat schließlich auch keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Der Kläger hat bei Rückkehr nach Serbien weder Obdachlosigkeit noch sonstige existenzielle Not zu befürchten. In Serbien besteht für alle Bürger bei entsprechender Bedürftigkeit und fehlender anderweitiger Hilfsmöglichkeit ein Anspruch auf Sozialhilfe sowie auf weitere staatliche Unterstützung, beispielsweise bei der Wohnungssuche oder der Vermittlung von Notunterkünften durch die Zentren für Sozialarbeit. Voraussetzung für den Erhalt dieser Sozialleistungen ist eine Registrierung am Wohnort, für die bei Angehörigen der Roma auch die Angabe des vorläufigen Wohnortes genügt (Lagebericht Serbien des Auswärtigen Amtes vom 15.12.2014, S. 14 f.). Dass es im Fall des Klägers zu Schwierigkeiten in der praktischen Umsetzung des Anspruchs auf Sozialleistungen, insbesondere wegen Schwierigkeiten bei der Registrierung, kommen könnte (vgl. dazu: Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe Serbien: Zugang zu Sozialleistungen für Roma und Ashkali vom 15.03.2015, S. 1 ff.), vermag der Senat nicht zu erkennen. Der Kläger hat vor seiner Ausreise in die Bundesrepublik zusammen mit seiner Ehefrau und seinen Söhnen und deren Familie in einem eigenen Haus gelebt, in das er nach seiner Rückkehr zurückkehren kann. Zudem haben er und seine Ehefrau bereits vor ihrer Ausreise aus Serbien Sozialleistungen erhalten, die nach den klarstellenden Angaben des Klägers und seiner Ehefrau nur eingestellt wurden, wenn der Kläger „privat“ gearbeitet hat. Im Übrigen wäre der Kläger darauf zu verweisen, bestehende Rechtsschutzmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen. Anhaltspunkte dafür, dass Rechtsschutz insoweit nicht gewährt werden würde, sind weder vorgetragen noch ersichtlich (vgl. VG Berlin, Urteil vom 28.01.2015 und VG Münster, Urteil vom 11.05.2015, jew. a.a.O.).
41 
Die Ausreiseaufforderung mit Abschiebungsandrohung und Fristsetzung in der durch die erfolgreiche Inanspruchnahme des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO gesetzlich (§ 37 Abs. 2 AsylVfG) auf einen Monat nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens verlängerte Ausreisefrist ist bezüglich des Klägers nicht zu beanstanden. Sie findet ihre Grundlage in § 34 Abs. 1 AsylVfG in Verbindung mit § 59 AufenthG.
42 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83b AsylVfG).
43 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Gründe

 
16 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts hat der Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt der Berufungsverhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Soweit im Berufungsverfahren deshalb die Hilfsanträge des Klägers in Bezug auf die Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Satz 1 AufenthG und Zuerkennung subsidiären Schutzes sowie auf die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG anfallen, hat die Klage ebenfalls keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 06.08.2013 erweist sich insgesamt - auch hinsichtlich des Offensichtlichkeitsurteils - bezüglich des Klägers als rechtmäßig und verletzt diesen nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
17 
Bezogen auf den Zeitpunkt der Berufungsverhandlung ist der Antrag des Klägers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylVfG) deshalb offensichtlich unbegründet, weil er aus einem sicheren Herkunftsstaat stammt und er die Vermutung, dass ein Asylsuchender aus einem sicheren Herkunftsstaat nicht politisch verfolgt wird, nicht widerlegt hat.
18 
Nach § 29a Abs. 1 AsylVfG ist der Asylantrag (vgl. § 13 AsylVfG) eines Ausländers aus einem Staat im Sinne des Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG (sicherer Herkunftsstaat) als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht.
19 
Die Republik Serbien, dessen Staatsangehörigkeit der Kläger hat, ist im hier maßgeblichen Zeitpunkt der Berufungsverhandlung gemäß des am 06.11.2014 in Kraft getretenen Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Einstufung weiterer Staaten als sichere Herkunftsstaaten und zur Erleichterung des Arbeitszugangs für Asylbewerber und geduldete Ausländer vom 31.10.2014 (GBl. I S. 1649), § 29 a Abs. 2 AsylVfG in Verbindung mit der Anlage II zum Asylverfahrensgesetz ein sicherer Herkunftsstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG. Die Einstufung Serbiens als sicherer Herkunftsstaat in diesem Sinne ist weder verfassungs- noch unionsrechtlich zu beanstanden.
20 
In verfassungsrechtlicher Hinsicht kann der Gesetzgeber gemäß Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG Staaten bestimmen, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, dass dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Anhand dieser Prüfkriterien hat sich der Gesetzgeber aus einer Vielzahl von Faktoren ein Gesamturteil über die für die politische Verfolgung und unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung bedeutsamen Verhältnisse in dem jeweiligen Staat zu bilden (BVerfG, Urteil vom 14.05.1996 - 2 BvR 1507/93, 2 BvR 1508/93 -, BVerfGE 94, 115, 139). Hinsichtlich der Art und Weise der hierfür erforderlichen Tatsachenerhebung, bei der den Berichten der zuständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland und internationaler Organisationen, insbesondere des UNHCR, besonderes Gewicht zukommt (BVerfGE 94, 115, 143) wie auch hinsichtlich der Beurteilung und Gewichtung der ermittelten Verhältnisse sowie der Prognose der in absehbarer Zukunft zu erwartenden Entwicklung kommt dem Gesetzgeber ein Entscheidungs- und Wertungsspielraum zu, infolge dessen die verfassungsrechtliche Überprüfung der Einstufung eines Staates als sicherer Herkunftsstaat auf die Vertretbarkeit dieser Entscheidung beschränkt ist. Dies hat zur Folge, dass die Verfassungswidrigkeit nur angenommen werden kann, wenn sich der Gesetzgeber bei seiner Entscheidung nicht von guten Gründen hat leiten lassen (BVerfGE 94, 115, 143 f.). Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass dies in Bezug auf die Bestimmung Serbiens zum sicheren Herkunftsstaat der Fall ist. In der (erstinstanzlichen) verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung wird die Bestimmung Serbiens zum sicheren Herkunftsstaat nahezu einhellig als verfassungskonform gewertet (vgl. dazu ausführlich: VG Berlin, Urteil vom 28.01.2015 - 7 K 546.15 A -; VG Darmstadt, Urteil vom 19.02.2015 - 1 K 1667/12.Da.A - sowie VG Münster, Urteil vom 11.05.2015 - 4 K 3220/13.A -, jew. juris; letzteres unter Aufgabe seiner Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit im Beschluss vom 27.11.2014 - 4 L 867/14.A -, juris; vgl. weiter auch etwa: VG Hamburg, Beschluss vom 06.03.2015 - 5 AE 270/15 -, VG Regensburg, Beschluss vom 24.02.2015 - RN 6RN 6 S 15.30120 -; VG Aachen, Beschluss vom 03.02.2015 - 9 L 680/14.A -; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 29.01.2015 - 19a L 94/15.A -; VG Schwerin, Beschluss vom 26.01.2015 - 5 B 116/15 As -; VG Würzburg, Beschluss vom 08.01.2015 - W 1 S 14.30695 -; VG Bayreuth, Beschluss vom 16.12.2014 - B 3 S 14.30486 - jew. juris; a.A.: Bader, InfAuslR 2015, 69, 71). Auch der Senat sieht keine Anhaltspunkte dafür, dass sich der Gesetzgeber bei der Bestimmung Serbiens als sicherer Herkunftsstaat nicht von guten Gründen hat leiten lassen oder das erforderliche Maß an Sorgfalt bei der Erhebung der Tatsachen nicht beachtet hat. Er folgt diesbezüglich ausdrücklich der Einschätzung in den oben genannten, ausführlich und sorgfältig begründeten Entscheidungen der Verwaltungsgerichte Berlin, Darmstadt und Münster, die er teilt und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht hat.
21 
Den Materialien des Gesetzgebungsverfahrens lässt sich entnehmen, dass zahlreiche Erkenntnismittel ausgewertet und bewertet wurden. Dem Gesetzentwurf lagen Berichte des Auswärtigen Amtes, einschließlich des damals aktuellen Lageberichts Serbien, eine EASO-Untersuchung zu Asylanträgen aus den westlichen Balkanstaaten von November 2013 sowie „Erkenntnisse lokaler Menschenrechtsgruppen, vor Ort vertretener Nichtregierungsorganisationen und internationaler Organisationen, wie z.B. UNHCR“ zu Grunde; ferner wurde die Einstufung Serbiens als sicherer Herkunftsstaat in anderen EU-Staaten und in der Schweiz in den Blick genommen (BT-Drs. 18/1528, S. 8, 15 bis 17). Im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens wurden Gutachten mehrerer Sachverständiger (u.a. Dr. Marx, Dr. Waringo, Caritasverband für die Diözese Osnabrück, UNHCR) eingeholt und diese im Rahmen einer öffentlichen Anhörung des Innenausschusses ausführlich erörtert (vgl. dazu mit den entsprechenden Nachweisen: VG Darmstadt, Urteil vom 19.01.2015 und VG Berlin, Urteil vom 28.01.2015, jew. a.a.O.). Diese Vorgehensweise ist, auch unter den Gesichtspunkten der Transparenz (vgl. dazu: VG Münster, Urteil vom 11.05.2015, a.a.O.), nach den oben genannten Maßstäben nicht zu beanstanden.
22 
Die Beurteilung der ermittelten tatsächlichen Verhältnisse erweist sich ebenfalls als verfassungsrechtlich tragfähig. Der Gesetzgeber war sich des verfassungsrechtlichen Maßstabes bewusst (BT-Drs. 18/1528, S. 8 f.). Die von ihm der Prüfung zu Grunde gelegten Teilbereiche (Demokratie und Mehrparteiensystem, Rechtsstaatlichkeit und unabhängige Regulierungsbehörden, freie Medien, rechtliche und praktische Gewährung von Menschenrechten, Grundfreiheiten, Minderheiten- und Diskriminierungsschutz unter besonderer Berücksichtigung der Volksgruppe der Roma, wirtschaftliche und soziale Lage, Folgen der Asylantragstellung im Ausland, Stabilität der Verhältnisse (BT-Drs. 18/1528, S. 15 ff.) zeichnen die in Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG genannten Prüfkriterien Rechtslage, Rechtsanwendung und allgemeine politische Verhältnisse nach (VG Berlin, Urteil vom 28.01.2015, a.a.O.). Vor allem hat der Gesetzgeber die für Roma schwierige wirtschaftliche, soziale und gesellschaftliche Lage in Serbien berücksichtigt und eigenständig, teils auch in Abweichung von den gutachterlichen Stellungnahmen bewertet und hieraus vertretbare, innerhalb des ihm insoweit eingeräumten Einschätzungs- und Bewertungsspielraums liegende Schlussfolgerungen gezogen (vgl. dazu ausführlich: VG Münster, Urteil vom 11.05.2015, a.a.O.). Entscheidendes Gewicht hat er in diesem Zusammenhang insbesondere dem Bemühen der serbischen Regierung zugemessen, die Lage der Roma durch eine aktive Minderheitenpolitik zu verbessern.
23 
Im Hinblick auf die Ausführungen in dem angegriffenen Urteil des Verwaltungsgerichts zu den Verhältnissen in Serbien merkt der Senat darüber hinaus an: Es entspricht der gefestigten und nahezu einhelligen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte (etwa: Niedersächs. OVG, Beschluss vom 22.10.2014 - 8 LA 129/14 -; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.08.2011 - 5 A 416/11.A -; Sächs. OVG, Beschluss vom 20.05.2011 - A 4 A 666/09 -; VG Würzburg, Beschluss vom 08.01.2015, VG Bayreuth, Beschluss vom 16.12.201, jew. a.a.O.; VG Göttingen, Beschluss vom 27.10.2014 - 4 B 239/14 -; VG Freiburg, Urteil vom 30.06.2014; VG Stuttgart, Urteil vom 28.05.2014 - A 12 K 4301/12 -; VG Sigmaringen, Urteil vom 25.04.2014 - 1 K 234/14 -, jew. juris), dass Roma in Serbien (wie auch im Kosovo, vgl. dazu etwa: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 04.02.2010 - A 11 S 331/07 -, AuAS 2010, 190) auf Grund ihrer Volkszugehörigkeit keiner staatlichen oder quasi-staatlichen Verfolgung im Sinne des Art. 16a Abs. 1 GG, § 3 Abs. 1 AsylVfG ausgesetzt sind. Soweit das verwaltungsgerichtliche Urteil darauf abstellt, dass Roma in Serbien verstärkt Opfer von Übergriffen Dritter seien, die staatlichen Organe gegen solche Übergriffe in der Regel keinen Schutz gewährten und schon dieser Befund die Einschätzung des Bundesamtes in Frage stelle, dass den gegen Roma gerichteten Diskriminierungen die erforderliche Verfolgungsintensität fehle, stützt es sich lediglich auf die Zeugenaussage von Frau Dr. Waringo in dem Verfahren A 11 K 5036/13 vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart, die das angegriffene Urteil im Tatbestand wiedergibt. Deren diesbezügliche Angaben, Übergriffe Dritter auf Roma blieben folgenlos, die Polizei komme häufig nicht, wenn sie von Roma gerufen werde, und wenn sie komme, unternehme sie nichts, wird nicht durch die Angabe konkreter Beispielsfälle konkretisiert. Auch wenn zu konstatieren ist, dass es in der Vergangenheit immer wieder zu einer Reihe zum Teil auch gewalttätiger Übergriffe auf Roma durch Dritte gekommen ist, die die Polizei nicht immer mit der gebotenen Konsequenz verfolgt (vgl. dazu etwa: Lagebericht Serbien des Auswärtigen Amtes vom 15.12.2014, S. 11; Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe Serbien: Übergriffe gegen Roma und Ashkali vom 15.03.2015, S. 4 ff.), kann nicht davon ausgegangen werden, dass der serbische Staat grundsätzlich zu einer Schutzgewährung nicht willens oder nicht in der Lage ist. Seit Jahren sind Bestrebungen der serbischen Regierung zu erkennen, die Lage der Roma durch eine aktive Minderheitenpolitik zu verbessern (Lageberichte des Auswärtigen Amtes vom 12.03.2012, 29.01.2013, 18.10.2013 und vom 15.12.2014). Das serbische Strafgesetzbuch gewichtet seit Dezember 2012 in Art. 54a ein Verbrechen aus Hass neu als spezifischen erschwerenden Straftatbestand. Zudem wird in Art. 317 des serbischen Strafgesetzbuchs die Anstiftung zu nationalistischem, ethnischem oder religiösen Hass oder Intoleranz, in Art. 387 rassistische und weitere Diskriminierung sowie in Art. 174 die Herabsetzung einer Person wegen Rasse, Hautfarbe, Religion, Nationalität, ethnischer Herkunft und persönlicher Merkmale als Straftatbestand benannt. Je nach Tatbestand und Schwere des Vergehens können Gefängnisstrafen zwischen drei Monaten bis zu zehn Jahren verhängt werden (Nachweise bei Schweizerische Flüchtlingshilfe: Übergriffe gegen Roma und Ashkali vom 15.03.2015, S. 3 f.). 2013 wurden bei 64 der der Polizei gemeldeten Hassverbrechen („Hate Crimes“) 23 Strafverfahren durchgeführt und kam es in 16 Fällen zu einer Verurteilung. Nach Angaben serbischer Behörden kam es bei insgesamt 315 erfassten Übergriffen in den Jahren 2012 und 2013 zu Strafanzeigen. Von diesen 114 Straftaten wurden 75 aufgeklärt und Strafanzeigen gegen 146 Personen erhoben. Vor diesem Hintergrund bestehen für den Senat an der generellen Bereitschaft des serbischen Staates, auch gegen Übergriffe auf Roma mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln vorzugehen, keine durchgreifenden Zweifel. Die Lückenhaftigkeit des Systems staatlicher Schutzgewährung oder in Einzelfällen dem Betroffenen widerfahrene Schutzversagung lässt als solche die staatliche Schutzbereitschaft oder -fähigkeit (vgl. dazu: BVerwG, Urteil vom 05.07.1994 - 9 C 1.94 -, NVwZ 1995, 391) nicht entfallen. Darüber hinaus sind angesichts der Zahl der in Serbien lebenden Roma (300.000 - 500.000, vgl. Lagebericht Serbien des Auswärtigen Amtes vom 15.12.2014) keineswegs Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass verbale oder physische Übergriffe auf Roma ein solches Ausmaß erreichen, dass für jeden Roma ohne Weiteres eine aktuelle Gefährdung eigener Betroffenheit bestünde (näher dazu: VG Münster, Urteil vom 11.05.2015, a.a.O.). Unter diesen Gesichtspunkten kann mithin nicht davon gesprochen werden, dass die gesetzgeberische Bestimmung Serbiens als sicheres Herkunftsland zu beanstanden ist.
24 
Anders als der Kläger und das verwaltungsgerichtliche Urteil meinen, bestehen aber auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der serbische Staat in asylrelevanter Weise in die durch Art. 2 Abs. 2 des Protokolls Nr. 4 zur Europäischen Menschenrechtskonvention (BGBl. II 2002, 1074) geschützte Ausreisefreiheit von Angehörigen der Roma eingreift, was gegebenenfalls zur Folge haben könnte, dass der Gesetzgeber davon hätte absehen müssen, Serbien als sicheren Herkunftsstaat zu bestimmen.
25 
Dies gilt sowohl für die in Serbien diesbezüglich geltenden melderechtlichen, strafrechtlichen sowie Ausreise- und Grenzkontrollbestimmungen wie auch für deren jeweilige Anwendung.
26 
Art. 17 der serbischen Verfassung garantiert das Recht auf Bewegungsfreiheit, das sowohl die Freizügigkeit innerhalb Serbiens und die freie Wahl des Wohnortes als auch das Recht garantiert, Serbien zu verlassen und wieder nach Serbien zurückzukehren. In Übereinstimmung mit den entsprechenden internationalen Konventionen hält die serbische Verfassung fest, dass dieses Recht nur eingeschränkt werden kann, wenn dies im Rahmen von strafrechtlichen Ermittlungen, zur Vorbeugung ansteckender Krankheiten oder zur Verteidigung der Republik Serbien notwendig ist (vgl. Dr. Waringo, Serbien - ein sicherer Herkunftsstaat von Asylsuchenden in Deutschland, S. 42).
27 
Durch das serbische Meldegesetz (Fundstelle bei Dr. Waringo, a.a.O., S. 41), das für einen längeren Aufenthalt im Ausland eine Abmelde- und für die Rückkehr eine Anmeldepflicht vorsieht (Art. 19) und Verstöße dagegen mit einem Bußgeld ahndet (Art. 27 Abs. 1 Nr. 5), wird weder die Stellung eines Asylantrags im Ausland gezielt sanktioniert noch wird in die Ausreisefreiheit unmittelbar eingegriffen. Deutsche Meldegesetze kennen ebenfalls entsprechende Meldepflichten und deren ordnungswidrigkeitenrechtliche Sanktionierung im Falle der Nichterfüllung (für Baden-Württemberg vgl. §§ 15 Abs. 1 und 2, 36 Abs. 1 Nr. 2 Meldegesetz Baden-Württemberg). Soweit eine mittelbare Beeinflussung der Ausübung der Ausreisefreiheit im Einzelfall in Betracht kommen mag, stellt dies die für die Einstufung Serbiens als sicherer Herkunftsstaat maßgebliche Rechtsstaatlichkeit (vgl. BVerfGE 94, 115, 136) der serbischen melderechtlichen Vorschriften nicht in Frage (VG Münster, Urteil vom 11.05.2015, a.a.O.). Wenn das Verwaltungsgericht in der angegriffenen Entscheidung unter Berufung auf die aktuelle Auskunftslage, Erklärungen von Dr. Waringo und die Information des Regional Centers for Minorities meint, „Bestrafungen“ nach dem neuen Meldegesetz würden selektiv gegen Roma erfolgen, sind hierfür keine hinreichend belastbaren konkreten Belege vorhanden. Dr. Waringo (a.a.O., S. 41) bezieht sich lediglich auf Informationen der Nichtregierungsorganisation Regional Center for Minorities, die ihrerseits die Behauptung, dass Art. 19 des serbischen Meldegesetzes ausschließlich auf Angehörige der Romaminderheit angewendet wird, die in der EU oder in einem anderen Land des Schengenraums Asyl beantragt haben, in ihrem Bericht „Die Liberalisierung des Visasystems und Einschränkungen des Rechts auf Asyl - Zur Situation serbischer Roma, die im Ausland Asyl beantragt haben“ nicht näher belegt und keine Fälle benennt, in denen bei Verstößen durch andere serbische Staatsangehörige als Roma die Sanktionsmöglichkeiten des Meldegesetzes keine Anwendung finden (vgl. dazu: Niedersächs. OVG, Beschluss vom 22.10.2014; VG Sigmaringen, Urteil vom 25.04.2014, jew. a.a.O.). Die Schweizerische Flüchtlingshilfe gibt in ihrer Auskunft „Serbien: Ausreisebeschränkungen für Roma und Ashkali“ vom 26.03.2015 (S. 10 f.) lediglich an, dass eine Kontaktperson des Regional Centers for Minorities auf Anfrage mitgeteilt habe, dass sie im Jahr 2012 von verschiedenen Roma-Angehörigen wegen Schwierigkeiten mit den serbischen melderechtlichen Bestimmungen kontaktiert worden sei, die betroffenen Personen aber meist den Kontakt abgebrochen hätten und anschließend nicht mehr zu erreichen gewesen seien. Der Nichtregierungsorganisation „Praxis“ seien im März 2015 keine diesbezüglichen Fälle bekannt gewesen. Soweit in der Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe von einer Familie die Rede ist, die eine erfolglose Beschwerde gegen einen erstinstanzlichen Entscheid eingelegt hat, werden die näheren Umstände nicht benannt und wäre zudem ein Einzelfall nicht geeignet, eine rechtsstaatlichen Grundsätzen widersprechende Anwendung der serbischen melderechtlichen Vorschriften auf Roma anzunehmen.
28 
Der Ansicht des Verwaltungsgerichts, Asylbewerber hätten nach Art. 350a des serbischen Strafgesetzbuchs allein wegen der Stellung eines Asylantrags im Ausland mit einer strafrechtlichen Verfolgung und Verurteilung zu rechnen, vermag der Senat ebenfalls nicht zu folgen.
29 
Nach Art. 350a Abs. 1 des serbischen Strafgesetzbuchs (Fundstelle bei Niedersächs. OVG, Beschluss vom 22.10.2014, a.a.O.) wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren bestraft, wer versucht, in der Absicht, sich selbst oder jemand anderem einen Vorteil zu verschaffen, einen Transport, eine Verlegung, eine Aufnahme, eine Unterkunft, ein Versteck organisiert oder auf eine andere Weise ermöglicht, dass serbischen Staatsangehörigen durch falsche Angaben über die Bedrohung ihrer Menschenrechte oder fundamentalen Freiheiten die Asylantragstellung in einem anderen ausländischen Staat ermöglicht wird. Nach Absatz 2 dieser Vorschrift beträgt das Strafmaß sechs Monate bis fünf Jahre, wenn der Tatbestand von einer Gruppe oder durch den Missbrauch von Befugnissen verwirklicht wird. Der Organisator einer Tat des Absatzes 2 wird gemäß Art. 350a Abs. 3 des serbischen Strafgesetzbuches mit einer Freiheitsstrafe von ein bis acht Jahren bestraft. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift wird mithin nicht der serbische Staatsangehörige bestraft, der aus Serbien ausreist und in einem anderen Staat einen Asylantrag stellt, sondern Dritte, die zur missbräuchlichen Asylantragstellung Unterstützung oder Beihilfe leisten. Dieser Gesetzeszweck ist dem Art. 350a des serbischen Strafgesetzbuches vom serbischen Justizminister auch beigemessen worden, der sich in der Ankündigung des Gesetzesvorhabens ausschließlich auf den Tatbestand der Beihilfe, also auf Fluchthelfer bezog (vgl. Dr. Waringo, a.a.O., S. 40; dazu auch mit weiterem Nachweis: Niedersächs. OVG, Beschluss vom 22.10.2014, a.a.O.). Auch der Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 18.12.2013 (S. 23 f.) versteht die Strafbestimmung in diesem Sinn. Soweit Dr. Waringo (a.a.O., S. 40) vertritt, dass die Formulierung des Gesetzes die Möglichkeit einer späteren Kriminalisierung der Asylbewerber, denen vorgeworfen werde, ihre Situation in Serbien falsch darzustellen, beinhalte, ist diese Möglichkeit vom Gesetzeswortlaut nicht gedeckt und eine spätere Pönalisierung bloße Spekulation. Auch das erstinstanzliche Urteil, das meint, dass die Strafvorschrift ausdrücklich den Asylbewerber selbst betrifft, übersieht, dass es sich bei den „falschen Angaben über die Bedrohung ihrer Menschenrechte oder fundamentalen Freiheiten“ allein um ein Tatbestandsmerkmal handelt, das - falls es erfüllt ist - keinen strafrechtlich relevanten Vorwurf gegenüber dem Asylbewerber selbst begründet, sondern allein Voraussetzung für eine Bestrafung der die Unterstützungshandlungen und die Beihilfehandlungen leistenden Dritten ist (so auch: Niedersächs. OVG, Beschluss vom 22.10.2014, a.a.O.). Aus dem Verhältnis des Absatzes 1 zu den Absätzen 2 und 3 des Art. 350a des serbischen Strafgesetzbuchs ergibt sich entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nichts anderes.
30 
Anhaltspunkte für eine von dem Wortlaut abweichende Praxis serbischer Strafgerichte bei der Anwendung des Art. 350a des serbischen Strafgesetzbuches sind nicht ersichtlich. Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 15.12.2014 (S. 18) können zurückgeführte serbische Staatsangehörige nach ihrer Rückkehr unbehelligt in ihre Heimatstädte zurückfahren; Sanktionen wegen der Stellung eines Asylantrags im Ausland gebe es weder de jure noch de facto. Die Aussagen von Dr. Waringo bei ihrer Vernehmung im Asylstreitverfahren A 11 K 5036/13 vor dem VG Stuttgart stehen dem nicht entgegen. Soweit Dr. Waringo dort angegeben hat, dass nach dem Fortschrittsbericht der EU 2013 auf Grund der Vorschrift des Art. 350a des serbischen Strafgesetzbuches sieben Strafverfahren gegen acht Personen betrieben worden seien, wird nicht ausgeführt, dass diese gerade Asylbewerber betroffen haben, und bleibt unklar, ob die Verfahren überhaupt zu Verurteilungen geführt haben. Andere Berichte über die Durchführung von Strafverfahren betreffen durchweg Unterstützungshandlungen und Beihilfehandlungen Dritter, nicht aber die Anwendung des Art. 350a des serbischen Strafgesetzbuchs auf abgelehnte Asylbewerber (vgl. dazu: Niedersächs. OVG, Beschluss vom 22.10.2014, a.a.O.). Die Schweizerische Flüchtlingshilfe führt in ihrer Auskunft „Serbien: Ausreisebeschränkungen für Roma und Ashkali“ (S. 13) unter Berufung auf „Praxis“, eine der wichtigsten serbischen Flüchtlingsorganisationen (vgl. dazu VG Münster, Urteil vom 26.03.2015. a.a.O.), aus:
31 
„Laut der erhaltenen Antworten der 66 Basic Courts und 24 High Courts wurden im Zeitraum zwischen dem 1. Januar 2013 und dem 31. Dezember 2013 keinerlei Strafverfahren auf Grund des Artikels 350a des Strafgesetzbuchs eröffnet. Zwei Gerichte gaben keine Antworten. Nach Einschätzung der serbischen NGO Praxis werden serbische Staatsangehörige, die im Ausland aus berechtigten oder vorgetäuschten Gründen Asyl beantragt haben, nicht durch Art. 350a des Strafgesetzes sanktioniert. Nur Personen, welche Hilfestellungen („Enabling“) diesbezüglich leisten, sind gemäß dieser Einschätzung von Artikel 350a betroffen.“
32 
Vor diesem Hintergrund sind auch keine Anhaltspunkte für die vom Verwaltungsgericht nicht weiter begründete Annahme ersichtlich, dass sich Art. 350a des serbischen Strafgesetzbuchs speziell gegen Roma richtet und diskriminierend ist.
33 
Schließlich ist die Bestimmung Serbiens als sicherer Herkunftsstaat auch nicht mit Blick auf die serbischen Ausreise- und Grenzkontrollbestimmungen und ihre Anwendung auf ausreisewillige serbische Staatsangehörige, insbesondere Roma, verfassungsrechtlich zu beanstanden.
34 
Nach Art. 6 des Gesetzes zum Grenzschutz (Law on Border Protection) aus dem Jahr 2008 kann die Grenzpolizei neben der Identität des Reisenden überprüfen, ob eine die Grenze überquerende Person die Kriterien zur Ein- und Ausreise erfüllt und welchen Zweck die Reise hat. Nach im Juni 2011 weiter eingeführten Bestimmungen ist es der Grenzpolizei erlaubt, von serbischen Staatsbürgern außerdem folgende Unterlagen einzufordern: Dokumente, die den Zweck der Reise belegen (etwa: Hotelreservierungen, Rückreiseticket, schriftliche Einladung, Garantieerklärung, Bestätigung eines Reiseveranstalters), Belege für genügende finanzielle Mittel für den Auslandsaufenthalt (etwa: Bargeld, Kreditkarten, Schecks), Einladungen oder Beweise bezüglich des Reisezwecks (Nachweise zu den gesetzlichen Bestimmungen in der Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe Serbien: Ausreisbeschränkungen für Roma und Ashkali vom 26.03.2015, S. 1 f.). Die Bestimmungen enthalten keine genaueren Angaben dazu, welche Belege und in welcher Höhe finanzielle Mittel notwendig sind, um die Grenzpolizei von der Legitimität der Ausreise zu überzeugen. Demgemäß besitzt die Grenzpolizei einen weiten Ermessensspielraum (Schweizerische Flüchtlingshilfe vom 26.03.2015, a.a.O.).
35 
Für sich genommen zielen diese Bestimmungen weder auf eine generelle Ausreisebeschränkung noch auf bestimmte Personen, insbesondere Roma, sondern treffen alle serbischen Staatsangehörigen in gleicher Weise. Sie haben die Intention, die Interessen Serbiens zu schützen und den Missbrauch der Regelungen der Visafreiheit der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union mit Serbien zu verhindern, und wurden unter anderem auf Drängen der Europäischen Union nach dem Wegfall der Visumpflicht im Dezember 2009 und im Hinblick auf schengenkonforme Grenzkontrollen im Rahmen der EU-Beitrittsverhandlungen eingeführt (vgl. Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 03.09.2014 an das VG Münster; Schweizerische Flüchtlingshilfe Serbien: Ausreisbeschränkungen für Roma und Ashkali vom 26.03.2015, S. 1; Waringo, a.a.O., S. 38 f.). Hinreichende Belege dafür, dass in der praktischen Anwendung dieser Bestimmungen an den serbischen Grenzen eine beachtliche Zahl an Ausreiseverweigerungen der Verhinderung der Asylantragstellung in der Europäischen Union dient oder sich gezielt gegen die Minderheiten der Roma oder Ashkali richtet, existieren nicht. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes (Auskunft vom 03.09.2014, a.a.O.) wurden im Zeitraum Juli bis Dezember 2012 3.756 Personen an der serbischen Grenze zurückgewiesen, nach Erkenntnissen der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (Auskunft Serbien: Ausreisbeschränkungen für Roma und Ashkali vom 26.03.2015, S. 3) wurden im Zeitraum vom 02.06.2011 bis zum 31.12.2014 7.656 Personen an der Ausreise gehindert, um „den Missbrauch der Visa-Freiheit der EU-Staaten zu verhindern“. Die Schweizerische Flüchtlingshilfe zählt in ihrer Auskunft vom 26.03.2015 (a.a.O., S. 5 f.) nur vereinzelte Fälle auf, in denen Roma von der serbischen Grenzpolizei bei der Ausreise willkürlich behandelt worden sind. Eine belastbare Dokumentation von Fällen dieser Art gibt es nicht. Verschiedene von der Schweizerischen Flüchtlingshilfe in Serbien kontaktierte Nichtregierungsorganisationen, die im Bereich Migration, Roma-Rechte oder Grenzkontrollen arbeiten, gaben an, dass ihnen die Problematik bezüglich der neuen Grenz- und Ausreisebestimmungen bekannt sei, sie jedoch keine Falldokumentationen vorweisen könnten (Schweizerische Flüchtlingshilfe, a.a.O., S. 6; zu fehlenden Zahlen oder Statistiken auch Dr. Waringo, a.a.O., S. 39; vgl. auch: Niedersächs. OVG, Beschluss vom 22.10.2014, a.a.O.; VG Darmstadt, Urteil vom 19.01.2015, a.a.O.). Dass eine Vielzahl serbischer Staatsbürger an der Ausreise gehindert wird und die Mehrheit dieser Staatsangehörigen Angehörige ethnischer Minderheiten sind, ergibt sich aus den vorliegenden Erkenntnisquellen nicht. Vielmehr spricht die in den letzten Jahren markant angestiegene Zahl der Asylerstanträge von serbischen Staatsangehörigen (2011: 4.579, 2012: 8.477, 2013: 11.851, 2014: 17.172, Januar - Mai 2015: 8.664), davon mehr als 90 Prozent Roma, sowie der Umstand, dass serbische Asylbewerber, wie auch der Kläger und seine Ehefrau, überwiegend legal mit Reisebussen in das Schengengebiet einreisen (vgl. dazu: VG Münster, Urteil vom 11.05.2015), dagegen, insoweit an der Verfassungswidrigkeit der Bestimmung Serbiens als sicherem Herkunftsstaat zu zweifeln.
36 
Eine Unionsrechtswidrigkeit der Bestimmung Serbiens als sicherer Herkunftsstaat, die zahlreiche andere Mitgliedstaaten der EU, wie Belgien, Frankreich, Luxemburg, Österreich und Großbritannien ebenfalls vorgenommen haben, hat der Kläger nicht geltend gemacht und ist für den Senat vor den Maßstäben der Richtlinien 2005/85/EG über die Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft (ABl. L 326/13) vom 01.12.2005 bzw. 2013/32/EU vom 26.06.2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Abl. L 180/60) insbesondere vor dem Hintergrund der bereits gemachten Ausführungen nicht ersichtlich. Nachdem sich der Kläger auf eine diesbezügliche Unionsrechtswidrigkeit auch nicht beruft, verweist der Senat hinsichtlich der Einzelheiten auf die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Urteile der Verwaltungsgerichte Darmstadt, Berlin und Münster (a.a.O.).
37 
Der Kläger hat keine Tatsachen vorgetragen oder Beweismittel vorgelegt, die die Annahme begründen, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage in Serbien politische Verfolgung droht (vgl. § 29a Abs. 1 AsylVfG). Zur Ausräumung der Vermutung, dass ein Asylsuchender aus einem sicheren Herkunftsstaat nicht politisch verfolgt wird, ist nur ein Vorbringen zugelassen, das die Furcht vor politischer Verfolgung auf ein individuelles Verfolgungsschicksal des Antragstellers gründet. Dabei kann er seine Furcht vor politischer Verfolgung auch dann auf ein persönliches Verfolgungsschicksal stützen, wenn dieses seine Wurzel in politischen Verhältnissen hat. Die Vermutung ist erst dann ausgeräumt, wenn der Asylbewerber die Umstände seiner politischen Verfolgung schlüssig und substantiiert vorträgt. Dieser Vortrag muss vor dem Hintergrund der Feststellung des Gesetzgebers, dass in dem jeweiligen Staat im allgemeinen keine politische Verfolgung stattfindet, der Erkenntnisse der Behörden und Gerichte zu den allgemeinen Verhältnissen des Staates und der Glaubwürdigkeit des Antragstellers glaubhaft sein (BVerfGE 94, 115, 147). Diesen Anforderungen genügt der Vortrag des Klägers nicht. Der Kläger hat bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt angegeben, dass er nur wegen der Erkrankung seiner Ehefrau nach Deutschland gekommen sei, weil er gehört habe, dass es hier eine besonders gute ärztliche Versorgung gebe. Andere Gründe habe er nicht. Diese Angaben entsprechen denen der Ehefrau des Klägers bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt und wurden von dem Kläger und seiner Ehefrau in der Berufungsverhandlung nochmals bestätigt.
38 
Dem Kläger ist auch nicht subsidiärer Schutz nach § 60 Abs. 2 AufenthG, § 4 Abs. 1 AsylVfG zuzuerkennen. Nach § 4 Abs. 1 AsylVfG ist subsidiär schutzberechtigt, wer stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, ihm drohe in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden im Gestalt der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe (Satz 2 Nr. 1), der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung (Satz 2 Nr. 2) oder einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlich bewaffneten Konflikts (Satz 2 Nr. 3). Dafür ist vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen nichts ersichtlich. Ergänzend wird gemäß § 77 Abs. 2 AsylVfG auf die zutreffenden Ausführungen in dem angegriffenen Bescheid verwiesen.
39 
Die Voraussetzungen eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 5 AufenthG vermag der Senat ebenfalls nicht festzustellen, wobei wiederum auf die vorstehenden Ausführungen und die Begründung im Bescheid des Bundesamtes vom 06.08.2013 Bezug genommen werden kann. Soweit der Kläger eine Beschränkung seiner Ausreisefreiheit und damit einen Eingriff in Art. 2 Abs. 2 des Vierten Zusatzprotokolls zur EMRK vom 16.09.1963 geltend macht, ist aus den bereits genannten Gründen nicht davon auszugehen, dass ihm ein Eingriff in den Kernbereich des Rechts auf Freizügigkeit in Form der Ausreisefreiheit droht. Insoweit kann offenbleiben, ob § 60 Abs. 5 AufenthG mit dem Verweis auf die EMRK auch das Vierte Zusatzprotokoll umfasst und ob und inwieweit Eingriffe in die Ausreisefreiheit gemäß Art. 2 Abs. 3 des Vierten Zusatzprotokolls zur EMRK gerechtfertigt wären.
40 
Der Kläger hat schließlich auch keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Der Kläger hat bei Rückkehr nach Serbien weder Obdachlosigkeit noch sonstige existenzielle Not zu befürchten. In Serbien besteht für alle Bürger bei entsprechender Bedürftigkeit und fehlender anderweitiger Hilfsmöglichkeit ein Anspruch auf Sozialhilfe sowie auf weitere staatliche Unterstützung, beispielsweise bei der Wohnungssuche oder der Vermittlung von Notunterkünften durch die Zentren für Sozialarbeit. Voraussetzung für den Erhalt dieser Sozialleistungen ist eine Registrierung am Wohnort, für die bei Angehörigen der Roma auch die Angabe des vorläufigen Wohnortes genügt (Lagebericht Serbien des Auswärtigen Amtes vom 15.12.2014, S. 14 f.). Dass es im Fall des Klägers zu Schwierigkeiten in der praktischen Umsetzung des Anspruchs auf Sozialleistungen, insbesondere wegen Schwierigkeiten bei der Registrierung, kommen könnte (vgl. dazu: Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe Serbien: Zugang zu Sozialleistungen für Roma und Ashkali vom 15.03.2015, S. 1 ff.), vermag der Senat nicht zu erkennen. Der Kläger hat vor seiner Ausreise in die Bundesrepublik zusammen mit seiner Ehefrau und seinen Söhnen und deren Familie in einem eigenen Haus gelebt, in das er nach seiner Rückkehr zurückkehren kann. Zudem haben er und seine Ehefrau bereits vor ihrer Ausreise aus Serbien Sozialleistungen erhalten, die nach den klarstellenden Angaben des Klägers und seiner Ehefrau nur eingestellt wurden, wenn der Kläger „privat“ gearbeitet hat. Im Übrigen wäre der Kläger darauf zu verweisen, bestehende Rechtsschutzmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen. Anhaltspunkte dafür, dass Rechtsschutz insoweit nicht gewährt werden würde, sind weder vorgetragen noch ersichtlich (vgl. VG Berlin, Urteil vom 28.01.2015 und VG Münster, Urteil vom 11.05.2015, jew. a.a.O.).
41 
Die Ausreiseaufforderung mit Abschiebungsandrohung und Fristsetzung in der durch die erfolgreiche Inanspruchnahme des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO gesetzlich (§ 37 Abs. 2 AsylVfG) auf einen Monat nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens verlängerte Ausreisefrist ist bezüglich des Klägers nicht zu beanstanden. Sie findet ihre Grundlage in § 34 Abs. 1 AsylVfG in Verbindung mit § 59 AufenthG.
42 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83b AsylVfG).
43 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 24. Juni 2015 - A 6 S 1259/14

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 24. Juni 2015 - A 6 S 1259/14

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 24. Juni 2015 - A 6 S 1259/14 zitiert 8 §§.

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(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 16a


(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht. (2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 59 Androhung der Abschiebung


(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfal

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 24. Juni 2015 - A 6 S 1259/14 zitiert oder wird zitiert von 18 Urteil(en).

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Verwaltungsgericht Regensburg Beschluss, 24. Feb. 2015 - RN 6 S 15.30120

bei uns veröffentlicht am 24.02.2015

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe I. Die am ... 1960 geborene Antragstellerin ist serb

Verwaltungsgericht Bayreuth Beschluss, 16. Dez. 2014 - B 3 S 14.30486

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Tenor 1. Der Antrag wird abgelehnt. 2. Die Antragsteller haben die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen. Gründe I. Die Anträge der Antragsteller, die Staatsangehörige Serbiens und der Volksz

Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 08. Jan. 2015 - W 1 S 14.30695

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Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe I. Der Antragsteller ist serbischer Staatsangehörig

Verwaltungsgericht Münster Urteil, 11. Mai 2015 - 4 K 3220/13.A

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Verwaltungsgericht Hamburg Beschluss, 06. März 2015 - 5 AE 270/15

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Verwaltungsgericht Aachen Beschluss, 03. Feb. 2015 - 9 L 680/14.A

bei uns veröffentlicht am 03.02.2015

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Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Beschluss, 29. Jan. 2015 - 19a L 94/15.A

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Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 28. Mai 2014 - A 12 K 4301/12

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 04. Feb. 2010 - A 11 S 331/07

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Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 21. August 2006 - A 2 K 11717/04 - wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens in beiden Rechtszügen. Der Bundesbeauft
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Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 27. Okt. 2015 - W 1 K 13.30315

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Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 23. Sept. 2015 - W 1 K 14.30497

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Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Tatbestand I. Die Kläger (Vater und Tochter aus erster Ehe) sind

Verwaltungsgericht München Urteil, 15. Apr. 2016 - M 17 K 15.30065

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Tenor I. Soweit die Klage zurückgenommen wurde, wird das Verfahren eingestellt. II. Die Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung des Bescheides des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 14. Januar 2015 verp

Verwaltungsgericht München Beschluss, 01. März 2016 - M 17 S 16.30322

bei uns veröffentlicht am 01.03.2016

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gründe I. Die Antragsteller sind albanische Staatsangehörige, christlicher Glaubensric

Referenzen

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in beizutreibender Höhe leistet.


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Tenor

Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage 5 A 269/15 gegen den Bescheid vom 13. Januar 2015 anzuordnen, wird abgelehnt.

Gerichtskosten werden nicht erhoben. Der Antragsteller trägt die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens.

Gründe

1

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage (5 A 269/15) ist zwar nach § 80 Abs. 5 VwGO i.V.m. § 36 Abs. 3 AsylVfG zulässig, aber unbegründet, weil keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts i.S.d. § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG bestehen. Angegriffen hat der Antragsteller den Bescheid vom 13. Januar 2015, mit dem die Antragsgegnerin die Anträge des Antragstellers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Asylanerkennung als offensichtlich unbegründet abgelehnt sowie subsidiären Schutzstatus nicht zuerkannt hat. Des Weiteren liegen nach dem Bescheid Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vor, und dem Antragsteller wird die Abschiebung nach Serbien angedroht.

2

Ernstliche Zweifel im Sinne von § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG liegen nach der verfassungsrechtlichen Vorgabe in Art. 16 a Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 GG dann vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (BVerfG, Urt. v. 14.5.1996, 2 BvR 1516/93, BVerfGE 94, 166 <194>). Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig (§ 36 Abs. 4 Satz 2 AsylVfG). Hinsichtlich der Entscheidungen des Bundesamtes der Antragsgegnerin in Nr. 1 und 2 der Bescheide, dass die Anerkennungsvoraussetzungen „offensichtlich“ nicht vorliegen, gilt, dass das Gericht im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur diese Einschätzung des Bundesamtes zum Gegenstand seiner Prüfung zu machen hat (vgl. BVerfG, Urt. v. 14.5.1996, 2 BvR 1516/93, BVerfGE 94, 166 <192>).

3

Die Ablehnung des Antrags auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet beruht auf § 29 a Abs. 1 AsylVfG. Nach dieser Vorschrift ist der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat i.S.d. Art. 16 a Abs. 3 Satz 1 GG (sicherer Herkunftsstaat) als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht.

4

Das Heimatland des Antragstellers, Serbien, ist ein sicherer Herkunftsstaat in diesem Sinne, weil gemäß § 29 a Abs. 2 AsylVfG in Anlage II zu § 29 a AsylVfG bezeichnet. Die Einstufung Serbiens als sicherer Herkunftsstaat erfolgte aufgrund des Gesetzes zur Einstufung weiterer Staaten als sichere Herkunftsstaaten und zur Erleichterung des Arbeitsmarktzugangs für Asylbewerber und geduldete Ausländer vom 31. Oktober 2014, BGBl. I S. 1649 mit Wirkung vom 6. November 2014. Die Gerichte sind an diese Einstufung gebunden, es sei denn, sie sind der Überzeugung, dass sich die Einstufung als verfassungswidrig erweist (BVerfG, Urt. v. 14.5.1996, 2 BvR 1507/93, Rn. 65). Das erkennende Gericht ist dieser Überzeugung nicht. Für den Gesetzgeber besteht hinsichtlich der Einstufung als sicherer Herkunftsstaat ein Entscheidungsspielraum, der überschritten ist, wenn der Gesetzgeber sich bei der Entscheidung der Einstufung als sicherer Herkunftsstaat nicht von guten Gründen leiten lässt (vgl. BVerfG, Urt. v. 14.5.1996, 2 BvR 1507/93, juris insbesondere Rn. 87), wofür vorliegend keine Anhaltspunkte bestehen (vgl. VG Berlin, Beschl. v. 9.12.2014, 7 L 603.14 A; a. A. möglicherweise VG Münster, Beschl. v. 27.11.2014, 4 L 867/14.A, juris, sowie Bader in InfAuslR, 2015, 69 ff.). Der Gesetzgeber hat bei seiner Entscheidung bezüglich Serbiens den Umstand in seine Erwägungen einbezogen, dass in der serbischen Öffentlichkeit Vorbehalte und Vorurteile gegenüber Angehörigen bestimmter ethnischer Gruppen, insbesondere Roma, weit verbreitet seien, sowie dass die wirtschaftliche, soziale und gesellschaftliche Lage der Roma schwierig sei (BT-Drs. 18/1528 S. 16, 17).

5

Um Verfolgungsfällen gerecht zu werden, können auch Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten grundsätzlich als Asylberechtigte und Flüchtlinge anerkannt werden, und zwar gemäß § 29 a Abs. 1 AsylVfG entgegen der Vermutung in Art. 16 a Abs. 3 Satz 2 GG. Die in Art. 16 a Abs. 3 Satz 2 GG aufgestellte Vermutung geht dahin, dass der aus einem sicheren Herkunftsstaat stammende Ausländer nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatschen vorträgt, die die Annahme begründen, dass er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird (dann Art. 16 a Abs. 1 GG bzw. § 3 Abs. 1 AsylVfG mit der Folge des § 60 Abs. 1 AufenthG).

6

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ablehnung des Antrags auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet bestehen nicht. Der Antragsteller hat entgegen § 29 a Abs. 1 AsylVfG nicht Tatsachen oder Beweismittel angegeben, die die Annahme begründen, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Serbien politische Verfolgung droht. Er hat insbesondere nicht schlüssig, substantiiert und glaubhaft geltend gemacht, dass er sich gemäß § 3 Abs. 1 AsylVfG aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe in verfolgungsschutzrelevanter Intensität (vgl. § 3 a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG), von verfolgungsrelevanten Akteuren (vgl. § 3 d AsylVfG) ausgehend, außerhalb Serbiens befindet. Der Antragsteller hat bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt am 3. Dezember 2014 auf die Frage nach seinen Ausreisegründen und zuvor schriftlich unter dem 21. Oktober 2014 unsustantiiert und ohne erkennbaren verfolgungsrelevanten Bezug im Wesentlichen lediglich vorgetragen, sein Leben sei in Serbien seit fünf Jahren unverändert in Gefahr. Er werde von einem Mann immer wieder erneut um Geld erpresst, solches sei in seiner Heimatstadt Nis und auch in Belgrad geschehen. Die Polizei von Belgrad habe ein Protokoll aufgenommen. Der Polizei in Nis sei der Mann bekannt. Die Polizei habe ihm aber nicht helfen können. Im Übrigen habe der Mann ihn und seine Frau geschlagen.

7

Damit trägt der Antragsteller vor, dass er Opfer kriminellen Handelns sei, ein verfolgungsrelevanter Bezug ist nicht erkennbar. Die behauptete Lebensgefahr ist von dem Antragsteller nicht schlüssig begründet worden. Belegt ist sein Vortrag, auch bezüglich der vergeblichen Inanspruchnahme der Polizei, nicht. Das Gericht schließt sich den Ausführungen der Antragsgegnerin im angegriffenen Bescheid an, wonach die Angaben des Antragstellers angesichts der Angaben der Ehefrau des Antragstellers bei deren Anhörung vor dem Bundesamt (Az.: 5828597-170, 5 AE 468/15, 5 A 467/15) nicht überzeugend seien und das Verhalten des Antragstellers und seiner Frau zeige, dass keine ernsthafte Bedrohung in Serbien vorgelegen habe. Hiergegen bringt der Antragsteller in der Begründung des vorliegenden Eilantrags nichts vor. Zweifel an der Glaubhaftigkeit des Vortrags bestehen auch, soweit der Antragsteller vorgetragen hat, er und seine Frau seien von dem Mann geschlagen worden. Seine Frau hat bei ihrer Anhörung nichts dergleichen erwähnt.

8

Vor diesem Hintergrund bestehen auch keine ernstlichen Zweifel an der Rechtsmäßigkeit der Ablehnung des Antrags auf Asylanerkennung als offensichtlich unbegründet, zumal der Antragsteller auf dem Landweg über Ungarn und damit über einen sicheren Drittstaat gemäß Art. 16a Abs. 2 GG eingereist ist.

9

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Nichtzuerkennung des subsidiären Schutzstatus bestehen ebenfalls nicht. Nach § 4 AsylVfG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (1.), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (2.) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (3.). Schutzberechtigende Vorkommnisse hat der Antragsteller, wie oben dargelegt, nicht glaubhaft vorgetragen.

10

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Feststellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen, bestehen ebenfalls nicht. Das gilt hinsichtlich eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG auch i. V. m. Art. 2 Abs. 2 des 4. Zusatzprotokolls zur EMRK (das Gericht geht hierauf ein, weil der Antragsteller in seiner Antragsbegründung die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Stuttgart, dazu siehe unten, erwähnt hat). Nach Art. 2 Abs. 2 des 4. Zusatzprotokolls zur EMRK steht es jeder Person frei, jedes Land, einschließlich des eigenen, zu verlassen. Denn abgesehen davon, dass § 60 Abs. 5 AufenthG ausdrücklich nur auf die EMRK, BGBl. 1952 II S. 685 und nicht auf die Zusatzprotokolle verweist, besteht bei Abschiebungen in einen anderen Vertragsstaat der EMRK eine Mitverantwortung des abschiebenden Staates, die Konventionsrechte im Zielstaat der Abschiebung zu gewährleisten, nur dann, wenn dem Ausländer nach seiner Abschiebung Folter oder sonstige schwere und irreparable Misshandlungen drohen und effektiver Rechtsschutz – auch durch den EGMR – nicht oder nicht rechtzeitig zu erreichen ist (BVerwG, Urt. v. 7.12.2004, 1 C 14/04), so dass die insoweitige Rechtmäßigkeit der Nichtfeststellung eines entsprechenden Abschiebungsverbots nicht ernstlich zweifelhaft ist (vgl. VG Oldenburg, Urt. v. 10.9.2012, 5 A 1245/11, juris Rn. 30 sowie i. E. VG München, Urt. v. 16.1.2014, M 24 K 13.30752; Urt. v. 22.3.2013, M 24 K 12.30893, juris, allerdings mit dem Argument, die Menschenrechtsgarantie sei nicht in ihrem Kern bedroht. Dieses Argument überzeugt nicht, es beruht auf der Rechtsprechung des BVerwG zur Menschenrechtsgarantie bezüglich Nichtzeichnerstaaten, vgl. so schon VG Hamburg, Beschl. v. 11.3.2014, 5 AE 4412/13).

11

Auch ansonsten sind Abschiebeverbote nicht ersichtlich. Es spricht nichts dagegen anzunehmen, dass der Antragsteller nach Rückkehr in sein Herkunftsland wie bisher auch seinen Lebensunterhalt wird sichern können.

12

Soweit sich der Antragsteller in seiner Antragsbegründung auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Stuttgart stützt und meint, seinen Klageanträgen sei entsprechend stattzugeben, dürften die Urteile des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. März 2014, A 11 K 5036/13, und vom 28. Mai 2014, A 11 K 1996/14, gemeint sein, in denen das Verwaltungsgericht Stuttgart eine politische Verfolgung der Roma in Serbien mit Blick auf Art. 2 Abs. 2 des 4. Zusatzprotokolls zur EMRK wegen Einschränkung der Freizügigkeit durch gesetzliche Regelungen und deren administrative Umsetzung gesehen hat. Die vorliegend erkennende Einzelrichterin ist nicht davon überzeugt, dass eine etwaige Einschränkung der Freizügigkeit von Angehörigen der Roma durch die serbischen gesetzlichen Regelungen und deren administrative Umsetzung die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylVfG für den Antragsteller begründet. Zwar können gesetzliche und administrative Maßnahmen als Verfolgung i. S. d. §§ 3 Abs. 1, 3a Abs. 1 AsylVfG gelten (§ 3a Abs. 2 Nr. 2 AsylVfG). Die Flüchtlingseigenschaft setzte aber voraus, dass der Antragsteller rechtsschutzlos dagegen ist (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 2, lit. a AsylVfG). Der Antragsteller hätte indes die zumutbare Möglichkeit, in Serbien und letztlich ggf. vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung seines Rechts aus Art. 2 Abs. 2 des 4. Zusatzprotokolls zur EMRK zu rügen und effektiven Rechtsschutz zu erlangen.

13

Die Ausreiseaufforderung und die Abschiebungsandrohung sind nicht zu beanstanden (vgl. § 34 Abs. 1 AsylVfG).

14

Die Kostenentscheidung entspricht § 83 b AsylVfG, § 154 Abs. 1 VwGO.

Tenor

Die Anträge werden abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, in dem Gerichtskosten nicht erhoben werden.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist serbischer Staatsangehöriger und Volkszugehöriger der Roma. Er stammt aus Novi Sad. Seine Lebensgefährtin sowie die beiden gemeinsamen Kinder betreiben eigene Asylverfahren mit dazugehörigen gerichtlichen Verfahren (Az.: W 1 K 14.30696, W 1 S 14.30697). Der Antragsteller und seine Familienangehörigen beantragten im August 2013 erfolglos in Schweden Asyl. Nach Ablehnung ihrer Asylanträge kehrten sie nach Serbien zurück und reisten zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt im Mai 2014 auf dem Landweg in einem Pkw in das Bundesgebiet ein. Am 8. Oktober 2014 stellte der Antragsteller einen Zweitantrag.

In der persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 8. Oktober 2014 (Bl. 23 ff. der Bundesamtsakte) gab der Antragsteller im Wesentlichen an, er kenne seine frühere Adresse in Serbien nicht genau, er denke aber, dass er in Novi Sad gelebt habe. Er kenne die Namen seiner Eltern nicht und habe auch keinen Kontakt zu ihnen. Den Aufenthaltsort anderer Verwandter in Serbien habe er vergessen. Manche von ihnen seien auch im Gefängnis. Er habe keinen Beruf ausgeübt, sondern aus Müllcontainern gelebt. Er legte Lichtbilder von einem Haus vor, in dem er gelebt habe. Auf die Frage, wie lange er nicht mehr in Serbien gewesen sei, gab der Antragsteller an, seitdem er hier sei. Er habe in Serbien keine Möglichkeit zu leben gehabt. In Deutschland gingen seine Kinder in die Schule und seien ordentlich. Auch wenn sie in Serbien zur Schule gegangen seien, hätten sie keine Möglichkeit gehabt, zu lernen. In dem Haus, in dem sie gelebt hätten, habe man sich nicht waschen können und es habe keinen Strom gegeben. Er sei nervenkrank. Die Krankheit komme von dem schlechten Leben in Serbien. Sie hätten leiden müssen, weil sie nie etwas gehabt hätten. Er wisse nicht, was eine Krankenversicherung ist. Er habe Sozialhilfe beantragt, aber nichts erhalten. Kindergeld habe er nicht erhalten. Arbeit erhielten nur Leute, die eine Ausbildung hätten. Er sei nicht zur Schule gegangen, weil seine Mutter Analphabetin gewesen sei und nicht gewusst habe, was Schule heiße. Er wolle jedoch, dass seine Kinder in Deutschland in die Schule gehen. Wann er Serbien verlassen habe, wisse er nicht. Als Analphabet könne er nicht politisch aktiv sein. Er habe auch nie Probleme mit Behörden gehabt. Wegen seiner Nervenkrankheit sei er in Serbien nicht behandelt worden.

Nachweise für die geltend gemachte Erkrankung wurden nicht vorgelegt.

Mit Bescheid vom 18. November 2014 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1 des Bescheides) sowie auf Asylanerkennung (Ziffer 2) als offensichtlich unbegründet ab, lehnte die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus ab (Ziffer 3) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 4). Der Antragsteller wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe des Bescheides zu verlassen; für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde ihm die Abschiebung nach Serbien angedroht (Ziffer 5). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, es sei ein weiteres Asylverfahren durchzuführen, weil aufgrund des Vortrags des Antragstellers eine Änderung der Sachlage eingetreten sei. Der Antragsteller stamme aus einem sicheren Herkunftsstaat. Er habe nichts glaubhaft vorgetragen oder vorgelegt, was zu der Überzeugung gelangen ließe, dass entgegen der Einschätzung der allgemeinen Lage in seinem Herkunftsland die Voraussetzungen für die Annahme einer begründeten Furcht vor Verfolgung erfüllt seien. Der Vortrag des Antragstellers sei auch nicht geeignet, zu einem für ihn abweichenden Ergebnis einer dennoch bestehenden individuellen Gefährdung i. S. des § 4 Abs. 1 AsylVfG zu gelangen. Dass seine Kinder trotz Schulbesuchs nicht hätten lernen können und die schwierige Lebens- und Wohnsituation stellten mangels Erheblichkeit keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung dar. In Bezug auf Gefahren einer Verletzung des Art. 3 EMRK, die individuell durch einen konkret handelnden Täter drohten, sei im Rahmen des § 60 Abs. 5 AufenthG keine andere Bewertung als bei der Prüfung des subsidiären Schutzes denkbar. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Serbien führten nicht zu der Annahme, dass bei Abschiebung des Antragstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Die hierfür vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte geforderten hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab seien nicht erfüllt. Auch unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des Antragstellers sei eine Verletzung des Art. 3 EMRK nicht beachtlich wahrscheinlich, die schlechte Wohnsituation begründe kein Abschiebungsverbot in diesem Sinne. Um seine Wohnsituation zu verbessern, sei der Antragsteller auf sämtliche ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Einkommensbeschaffung zu verweisen. Darunter falle neben eigenen Anstrengungen auch die Unterstützung durch seine Verwandten, die in Serbien lebten. Darüber hinaus könne er als serbischer Staatsangehöriger die dort zur Verfügung stehenden Sozialleistungen beantragen. Es drohten dem Antragsteller auch keine individuellen Gefahren für Leib oder Leben i. S. des § 60 Abs. 7 AufenthG.

Mit am 28. November 2014 eingegangenem Schriftsatz ließ der Antragsteller Klage erheben, über die noch nicht entschieden ist (Az. W 1 K 14.30694).

Gleichzeitig beantragt er,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Zur Begründung ließ der Antragsteller im Wesentlichen ausführen, er sei nach seiner Rückkehr von Schweden nach Serbien verstärkt Diskriminierungen wegen seiner Volkszugehörigkeit ausgesetzt gewesen. Die Ausgrenzung habe sich durch den Umstand verstärkt, dass bekannt geworden sei, dass er in Schweden Asyl beantragt habe. Entgegen den Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid sei es Rückkehrern gerade nicht möglich, die grundsätzlich in Serbien zur Verfügung stehenden Mittel der Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen. Derartige Anträge würden seitens der Behörden gegenüber Roma, gerade wenn sie bereits im Ausland Asyl beantragt hätten und zurückgekehrt seien, regelmäßig versagt. Dem Antragsteller sei es nicht gelungen, eine menschenwürdige Bleibe in Serbien zu finden bzw. zu erhalten. Ausweislich der beigefügten Lichtbilder habe er ein Haus in der Nähe seines Herkunftsortes gefunden, das allerdings nicht bewohnbar sei. Im Winter sei dieses Haus ein das Kindeswohl gefährdender Ort, in dem die Gefahr erheblicher gesundheitlicher Schäden bestehe. Es gebe weder Wasser noch Strom noch eine Isolierung. Der Antragsteller lebe seit seiner Rückkehr vom Müll. Staatliche Unterstützung erhalte er nicht. Roma würden in Serbien extrem benachteiligt, indem ihnen der Zugang zum Arbeitsmarkt, zur Gesundheitsversorgung, zu Bildungsmöglichkeiten und insbesondere Sozialleistungen verwehrt werde. Der Antragsteller und seine Familienangehörigen könnten bei einer Rückkehr weder auf staatliche Hilfe noch auf Hilfen aus einem etwaigen sozialen Umfeld zurückgreifen. Rückkehrer nach Serbien erhielten anfänglich keine staatliche Unterstützung und keine Gesundheitsfürsorge. Aufgrund der Visumsfreiheit bestehe auch kein Anspruch mehr auf Starthilfen und Reisekosten aus dem GARP.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der zulässige, insbesondere innerhalb der Wochenfrist nach § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG gestellte Antrag, die kraft Gesetzes gemäß § 75 AsylVfG ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, ist zulässig, aber in der Sache nicht begründet. Denn es bestehen nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung in Ziffer 5 des streitgegenständlichen Bescheides vom 18. November 2014.

Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens nach § 36 Abs. 3 AsylVfG i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO ist die von der Antragsgegnerin ausgesprochene Abschiebungsandrohung, beschränkt auf die sofortige Vollziehbarkeit. Prüfungsmaßstab zur Frage der Bestätigung oder Verwerfung des Sofortvollzugs ist die Frage, ob die für die Aussetzung der Abschiebung erforderlichen ernstlichen Zweifel bezogen auf das Offensichtlichkeitsurteil des Bundesamtes vorliegen. Nach Art. 16a Abs. 4 Satz 1 GG, § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG darf die Aussetzung der Abschiebung nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Die Vollziehung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme darf nur dann ausgesetzt werden, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1516/93 - DVBl. 1996, 729, juris).

Offensichtlich unbegründet ist ein Asylantrag dann, wenn der Antragsteller aus einem sicheren Herkunftsstaat stammt, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht (§ 29a Abs. 1 AsylVfG). Offensichtlich unbegründet ist ein Asylantrag des Weiteren dann, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 AsylVfG offensichtlich nicht vorliegen (§ 30 Abs. 1 AsylVfG). Das ist insbesondere dann der Fall, wenn nach den Umständen des Einzelfalles offensichtlich ist, dass sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeine Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält (§ 30 Abs. 2 AsylVfG). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts setzt eine Abweisung der Asylklage als offensichtlich unbegründet voraus, dass im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise keine Zweifel bestehen können und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Abweisung der Klage dem Verwaltungsgericht geradezu aufdrängt (vgl. BVerfG, B. v. 20.9.2001 - 2 BvR 1392/00 - InfAuslR 2002, 146, juris; B. v. 5.2.1993 - 2 BvR 1294/92 - InfAuslR 1993, 196, juris). Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes kommt es darauf an, ob die Offensichtlichkeitsentscheidung in Bezug auf die geltend gemachten Asylgründe bei der hier gebotenen summarischen Prüfung mit der erforderlichen Richtigkeitsgewähr bestätigt werden kann.

Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Offensichtlichkeitsentscheidung des Bundesamtes nicht zu beanstanden.

1.

Ein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter steht dem Antragsteller offensichtlich nicht zu, da er aus einem sicheren Herkunftsstaat stammt. Der Anerkennung als Asylberechtigter steht somit Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG i. V. m. § 29a Abs. 1 AsylVfG i. V. m. Anlage II zum AsylVfG entgegen. Durch Art. 1 des Gesetzes vom 31. Oktober 2014 (BGBl I S. 1649) wurden die ehemaligen jugoslawischen Teilrepubliken Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und Serbien in die Liste der sicheren Herkunftsstaaten in Anlage II zu § 29a AsylVfG aufgenommen. Dieses Gesetz trat nach seinem Art. 3 am Tag nach der Verkündung, d. h. am 6. November 2014 in Kraft. Es findet damit gemäß § 77 Abs. 1 AsylVfG auf das Asylverfahren der Antragstellerin Anwendung. Das Gericht hat keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit bzw. Unionsrechtskonformität der Einstufung der genannten Staaten als sichere Herkunftsstaaten (vgl. VG Berlin B. v. 4.12.2014 - 7 L 596.14 A - juris Rn. 6; B. v. 26.11.2014 - 7 L 579.14 A - juris Rn. 6; a. A. VG Münster B. v. 27.11.2014 - 4 L 867/14. A - Urteilsabdruck S. 3 ff.). Bisher hat im Übrigen, soweit ersichtlich, noch kein deutsches Verwaltungsgericht das vorgenannte Gesetz gem. Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht zur verfassungsrechtlichen Überprüfung vorgelegt. Der Antragsteller hat des Weiteren keine Tatsachen glaubhaft gemacht, die geeignet wären, die gesetzliche Vermutung der Verfolgungssicherheit nach § 29a Abs. 1 AsylVfG zu widerlegen.

2.

Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylVfG scheidet ebenfalls offensichtlich aus, weil der Antragsteller keine individuellen Asylgründe vorgetragen hat, sondern nach seinem Vortrag offensichtlich nur aus wirtschaftlichen Gründen bzw. um einer allgemeine Notsituation zu entgehen, sich im Bundesgebiet aufhält (§ 30 Abs. 1, Abs. 2 AsylVfG).

Das Gericht geht darüber hinaus im Einklang mit der weit überwiegenden verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. nur Sächs. OVG, U. v. 17.5.2011 - A 4 A 510/10 - juris; OVG NRW, B. v. 14.12.2009 - 5 A 2716/09. A - juris; VG Saarlouis, B. v. 21.11.2011 - 10 L 1777/01 - juris; VG Oldenburg, U. v. 28.7.2010 - 11 A 2779/09 - juris; VG München, U. v. 2.6.2010 - M 17 K 09.50481 - juris; VG Freiburg, U. v. 13.5.2013 - A 3 K 734/11 - juris) davon aus, dass Angehörige der Volksgruppe der Roma in Serbien keiner Gruppenverfolgung i. S. des Art. 16a GG und § 3 Abs. 1 AsylVfG durch staatliche oder nichtstaatliche Akteure ausgesetzt sind. Auch nach dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amtes (Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Serbien, Stand November 2014 v. 15.12.2014) gibt es keine Anzeichen für systematische staatliche Verfolgungsmaßnahmen gegenüber Roma, auch wenn in der serbischen Öffentlichkeit Vorbehalte und Vorurteile gegen Minderheitenangehörige nach wie vor verbreitet sind.

3.

Die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus nach § 4 Abs. 1 AsylVfG kommt ebenfalls nicht in Betracht. Insbesondere droht dem Antragsteller im Falle der Rückkehr in sein Herkunftsland keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S. des § 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG.

Die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes gem. § 4 Abs. 1 AsylVfG liegen ebenfalls nicht vor. Insbesondere droht dem Antragsteller im Falle seiner Rückkehr nach Serbien keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S. des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG. Da diese Vorschrift der Umsetzung zwingender Richtlinienvorschriften der Europäischen Union dient, ist der Begriff der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung gemäß Art. 51 Abs. 1 GR-Charta in Einklang mit dem Grundrecht nach Art. 4 GR-Charta auszulegen. Bei der Auslegung des Art. 4 GR-Charta ist wiederum, da dieses Grundrecht dem Recht aus Art. 3 EMRK entspricht, gem. Art. 52 Abs. 3 Satz 1 GR-Charta die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK heranzuziehen.

Nach der Rechtsprechung zu Art. 3 EMRK können schlechte humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat nur in begründeten Ausnahmefällen in Bezug auf Art. 3 EMRK ein Abschiebungsverbot begründen, wenn es ernsthafte und stichhaltige Gründe dafür gibt, dass der Betroffene im Falle seiner Abschiebung tatsächlich Gefahr läuft, im Aufnahmeland einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden (vgl. BVerwG U. v. 31.1.2013 - 10 C 15/12 - juris Rn. 23 m. w. N.). Allerdings können Ausländer kein Recht aus der EMRK auf Verbleib in einem Konventionsstaat geltend machen, um dort weiter medizinische, soziale oder andere Hilfe und Unterstützung zu unterhalten. Der Umstand, dass im Falle einer Aufenthaltsbeendigung die Lage des Betroffenen einschließlich seiner Lebenserwartung erheblich beeinträchtigt würde, reicht nach dieser Rechtsprechung allein nicht aus, einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK anzunehmen. Anderes kann nur in besonderen Ausnahmefällen gelten, in denen humanitäre Gründe zwingend gegen die Aufenthaltsbeendigung sprechen (BVerwG a. a. O. unter Verweis auf EGMR U. v. 27.5.2008 - 26565/05, N./Vereinigtes Königreich - NVwZ 2008, 1334 Rn. 42, juris LS). Aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte lässt sich demgegenüber keine generelle Erstreckung des Schutzes nach Art. 3 EMRK auf zu gewährleistende Standards im Heimatstaat des Betroffenen ableiten (BVerwG a. a. O. Rn. 25). Daher können nur in ganz außergewöhnlichen Fällen auch (schlechte) humanitäre Verhältnisse Art. 3 EMRK verletzen, wenn die humanitären Gründe gegen die Abschiebung „zwingend“ sind. Maßgeblich ist dabei die Perspektive des abschiebenden Staates, aus dessen Sicht zu prüfen ist, ob der Betroffene durch die Abschiebung tatsächlich Gefahr läuft, eine Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Bei dieser Prüfung stellt der EGMR grundsätzlich auf den gesamten Abschiebungszielstaat ab und prüft zunächst, ob solche Umstände an dem Ort vorliegen, an dem die Abschiebung endet (BVerwG a. a. O. unter Verweis auf EGMR U. v. 28.6.2011 - 8319/07, Sufi und Elmi - NVwZ 2012,681, juris Leitsatz).

Gemessen an diesen Grundsätzen sind die humanitären Bedingungen in Serbien nicht derart ungünstig, dass sie zur Feststellung der Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG i. V. m. Art. 4 GR-Charta, Art. 3 EMRK führen könnten. Ungeachtet der für die Angehörigen der Volksgruppe der Roma in Serbien unbestritten nach wie vor in erheblichem Maße bestehenden Schwierigkeiten und bei Zugrundelegung der vom Antragsteller geschilderten Lebenssituation als zutreffend kann nicht von der Gefahr schwerster Gesundheitsbeeinträchtigungen oder gar von einer Todesgefahr bei seiner Rückkehr ausgegangen werden. Entgegen dem Vortrag des Antragstellers haben Roma in Serbien grundsätzlich Zugang zu allen staatlichen Einrichtungen und Dienstleistungen einschließlich der Sozialhilfe und der medizinischen Grundversorgung (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht Serbien, Stand November 2014, S. 14 f.). Auch Rückkehrer erhalten nach Abschluss der Registrierung bei den Wohn-ortbehörden und Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bzw. Anmeldung als Arbeitsuchende kostenfreien Zugang zur Gesundheits- und Sozialversorgung. Sollte ihre Registrierung aufgrund ihrer Ausreise erloschen sein, haben die Betroffenen die Möglichkeit der erneuten Registrierung (Lagebericht Serbien, S. 14). Hinsichtlich der Registrierung gilt für Rückkehrer der Grundsatz der Rückführung an den letzten Wohnort. Eine Registrierung an einem anderem als dem Herkunftsort eines Rückkehrers ist aufgrund der in Serbien grundsätzlich garantierten Niederlassungsfreiheit theoretisch möglich, in der Praxis jedoch nicht immer problemlos durchsetzbar. Dies gilt insbesondere, wenn die Betroffenen nicht in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln zu bestreiten und es ihnen nicht gelingt, einen Wohnsitz nachzuweisen. Dann ist mit erheblichem Widerstand der zuständigen Kommunalbehörden zu rechnen, der im Einzelfall nur durch Beschreitung des Rechtsweges überwunden werden kann (vgl. Lagebericht Serbien, S. 19). Es ist dem Antragsteller zumutbar, im Falle einer Verweigerungshaltung der serbischen Behörden seinen Anspruch auf Sozialhilfe im Beschwerdewege bzw. gerichtlich durchzusetzen. Im Übrigen geht das Gericht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass im Einzelfall die Ausländerbehörde - und nicht das Bundesamt bzw. das Verwaltungsgericht im Asylstreitverfahren - vor einer Abschiebung des Antragstellers nach Serbien zu prüfen hat, ob er dort registriert ist bzw. ob seine Registrierung dort noch besteht und/oder möglich ist (vgl. z. B. VG Würzburg, GB v. 12.6.2014 - W 1 K 12.30334 - Urteilsabdruck S. 10; VG Augsburg, U. v. 31.5.2012 - Au 6 K 11.30350 - juris).

Das Gericht folgt nicht der abweichenden Darstellung der tatsächlichen Registrierungsmöglichkeiten für Volkszugehörige der Roma in dem Bericht von Dr. Karin Waringo (Waringo, Pro Asyl, Serbien - ein sicherer Herkunftsstaat ? Eine Auswertung von Quellen zur Menschenrechtssituation). Anhaltspunkte dafür, dass Roma beim Zugang zur Registrierung und demzufolge zu Sozialleistungen systematisch diskriminiert würden, bestehen auch nach dem neuesten Lagebericht des Auswärtigen Amtes nicht. Vielmehr wurde durch das Änderungsgesetz zum Gesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit vom 31. August 2012 eine Grundlage geschaffen, um eine nachträgliche Eintragung ins Personenstandsregister für bisher nicht registrierte Personen unter vereinfachten Bedingungen zu erwirken. Damit soll der rechtliche Status insbesondere von Angehörigen der Roma-Minderheit verbessert werden. Im neuen Meldegesetz, das seit Ende 2011 in Kraft ist, wurde darüber hinaus eine Regelung aufgenommen, um Personen, die nicht über einen Personalausweis verfügen, die Anmeldung zu erleichtern. Mit der Richtlinie über das Verfahren der Verwirklichung der Rechte aus der Sozialpflichtversicherung ist geregelt, dass Angehörige der Roma-Minderheit im System der Sozialpflichtversicherung angemeldet sein können, auch wenn sie keinen angemeldeten Wohnsitz haben, wenn sie eine persönliche Erklärung abgeben, dass sie zur Roma-Minderheit gehören und wenn sie eine persönliche Erklärung über den Ort ihres vorläufigen Aufenthaltes abgeben (Lagebericht Serbien a. a. O., S. 14/15). Damit steht fest, dass der Antragsteller, der über einen Personalausweis verfügt, die tatsächliche Möglichkeit zu einer Registrierung in Serbien hat. Damit hat er, wenn er arbeitsunfähig ist oder seinen Unterhalt durch seine Arbeit allein, durch Unterhaltspflichten von Verwandten, durch sein Vermögen oder auf andere Art und Weise nicht sichern kann, sowohl Anspruch auf Sozialhilfe als auch auf Kindergeld (Lagebericht a. a. O., S. 15). Für die Erstaufnahme von Rückkehrern bestehen Notunterkünfte für die Dauer von bis zu zwei Wochen nach der Rückkehr (Lagebericht a. a. O., S. 15).

4.

Das Verwaltungsgericht hat darüber hinaus im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zu prüfen, ob das Bundesamt zu Recht das Vorliegen von Abschiebungsverboten verneint hat (vgl. Marx, AsylVfG, 8. Aufl. 2014, § 36 Rn. 56). Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegen zugunsten des Antragstellers jedoch nicht vor.

Im Hinblick auf § 60 Abs. 5 AufenthG i. V. m. Art. 3 EMRK kann auf die Ausführungen zum Fehlen der Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG (vgl. oben 3.) zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden.

Des Weiteren fehlt es auch an den Voraussetzungen eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Danach soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn diesem dort eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit droht. Dies setzt das Bestehen individueller Gefahren voraus. Beruft sich ein Ausländer hingegen auf allgemeine Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG, die nicht nur ihn persönlich, sondern zugleich die gesamte Bevölkerung oder eine Bevölkerungsgruppe allgemein betreffen, so ist die Gewährung von Abschiebungsschutz einer politischen Leitentscheidung der Obersten Landesbehörde nach § 60a AufenthG vorbehalten. Dies gilt auch im vorliegenden Fall. Die von den Antragstellern geschilderten Probleme und schlechten Lebensbedingungen treffen unstreitig für eine Vielzahl weiterer Personen im Abschiebestaat zu, insbesondere für Volkszugehörige der Roma (Lagebericht a. a. O.).

Beim Fehlen einer politischen Regelung i. S. des § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kommt die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Schutzlücke in Betracht. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist zutreffend anerkannt, dass im Falle einer extremen allgemeinen Gefahrenlage, die den einzelnen Ausländer im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausliefern würde, unabhängig vom Vorliegen individueller Abschiebungsverbote Schutz vor Abschiebung gewährt werden muss (vgl. BVerwG, U. v. 17.10.1995 - 9 C 9/95 - BVerwGE 99, 324 ff., juris; U. v. 4.6.1996 - NVwZ - Beilage 11/1996, 89 ff., juris). Insoweit lässt sich aus Art. 1 Abs. 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG der Grundsatz ableiten, dass ein Staat nicht durch seine Abschiebung dazu beitragen darf, den elementaren Anspruch jedes Menschen auf Menschenwürde und Leben und beeinträchtigen. Jenseits des Extremfalles der Auslieferung eines Menschen in den sicheren Tod und in die Gefahr schwerster Verletzungen besteht aber keine verfassungsrechtlich begründbare Garantenpflichten für die im Ausland als Folge der dort bestehenden sozialen, politischen oder ökonomischen Verhältnisse drohenden Gefahren für Leib und Leben (Hailbronner, Ausländerrecht, § 60 AufenthG, Rn. 187).

Eine solche extreme allgemeine Gefahrenlage besteht für den Antragsteller im Falle der Rückkehr nach Serbien nicht. Insoweit deckt sich der Maßstab mit dem Maßstab des Art. 3 EMRK im Hinblick auf die Feststellung einer menschlichen oder erniedrigenden Behandlung durch schlechte humanitäre Verhältnisse im Herkunftsstaat. Auf die Ausführungen (siehe oben 3.) zu § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG kann daher zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen werden.

Das Gericht geht im Übrigen davon aus, dass die für die Durchführung der Abschiebung zuständige Ausländerbehörde bei der Vorbereitung und Durchführung derselben bzw. im Rahmen der Entscheidung über eine Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG den Familienverband des Antragstellers mit seiner Lebensgefährtin und den gemeinsamen minderjährigen Kindern erhält und die erforderlichen Vorkehrungen zum Schutze der durch die Rückführung betroffenen Kleinkinder trifft (vgl. BVerfG, B. v. 17.9.2014 - 2 BvR 732/14 - juris Rn. 7 ff.; EGMR, U. v. 4.11.2014 - Tarakhel/Schweiz, Nr. 29217/12, Asylmagazin 2014, 424/425 Rn. 122).

5.

Schließlich bestehen auch gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung einschließlich der Zielstaatsbestimmung im Hinblick auf §§ 34 Abs. 1, 36 Abs. 1 AsylVfG i. V. m. § 59 AufenthG keine Bedenken.

6.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83b AsylVfG).

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Antragsteller haben die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Die Anträge der Antragsteller, die Staatsangehörige Serbiens und der Volkszugehörigkeit nach Roma sind, auf Asylanerkennung, Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären Schutzstatus wurden mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 24.11.2014, der laut Postzustellungsurkunde am 04.12.2014 zugestellt wurde, als (offensichtlich) unbegründet abgelehnt. Weiter wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen. Die Antragsteller wurden zur Ausreise binnen einer Woche nach Bekanntgabe des Bescheides aufgefordert, widrigenfalls sie abgeschoben werden.

Gegen diesen Bescheid bzw. die darin enthaltene Abschiebungsandrohung richtet sich der beim Verwaltungsgericht Bayreuth am 11.12.2014 eingegangene Antrag,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte des Klageverfahrens (B 3 K 14. 30487) und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag ist unbegründet.

Gemäß Art. 16 a Abs. 4 GG und § 36 Abs. 4 AsylVfG darf die Aussetzung der Abschiebung nur angeordnet bzw. die Vollziehung nur ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Die zur Entscheidung über diesen Antrag berufene Einzelrichterin (§ 76 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG) hat aus den Gründen des angefochtenen Bescheides des Bundesamtes vom 24.11.2014, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird (§ 77 Abs. 2 AsylVfG), jedenfalls keine ernstlichen Zweifel im Sinne der o.a. Vorschriften.

Die Antragsteller stammen aus einem sicheren Herkunftsstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG. Serbien ist in der Anlage II zum Asylverfahrensgesetz als sicherer Herkunftsstaat aufgelistet.

Nach § 29a Abs. 1 AsylVfG ist der Asylantrag eines Ausländers aus einem sogenannten sicheren Herkunftsstaat als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht.

Das Gericht schließt sich ausdrücklich der ausführlichen und überzeugenden Würdigung im Beschluss des VG Berlin vom 04.12.2014 (Az.: 7 L 596.14 A Rd.-Nr. 6 ff.) an, wonach gegen die Einstufung von Serbien als sicherem Herkunftsstaat weder verfassungsrechtliche noch europarechtliche Bedenken bestehen (entgegen VG Münster B. v. 27.11.2014 Az.: 4 L 867/14 A ).

Weiterhin geht das Gericht insbesondere mit Blick auf die geltend gemachten Beschränkungen der Ausreisefreiheit nicht von einer Gruppenverfolgung der Roma in Serbien aus. Das Gericht schließt sich der ausführlichen Würdigung im Beschluss des OVG Lüneburg vom 22.10.2014 (Az.: 8 LA 129/14 Rd.-Nrn. 14 ff.) an und macht sie zum Gegenstand der Begründung dieser Entscheidung. In diesem Zusammenhang sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich das OVG Lüneburg in vorgenanntem Beschluss ausdrücklich und überzeugend auch mit den vom Antragstellerbevollmächtigten genannten Entscheidungen des VG Stuttgart vom 25.03.2014 (A 11 K 5036/13 ) und des VG Münster vom 08.07.2014 (4 L 461/14.A ) auseinandersetzt (siehe dort etwa Rd.-Nr. 22 ff.).

Auch soweit der subsidiäre Schutzstatus (§ 4 AsylVfG) und Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht zuerkannt wurden, bestehen keine ernsthaften Zweifel, wobei zur Vermeidung von Wiederholungen auch insoweit auf die Ausführungen des Bundesamts im Bescheid vom 24.11.2014 verwiesen wird (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 VwGO.

Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83 b AsylVfG).

Diese Entscheidung ist gemäß § 80 AsylVfG unanfechtbar.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

Tenor

Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG für den Kläger zu 1 bezüglich Serbien vorliegt.

Nr. 3 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 09.11.2012 wird aufgehoben, soweit sie dem entgegensteht. Nr. 4 dieses Bescheids wird aufgehoben, soweit sie den Kläger zu 1 betrifft.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu 7/8, die Beklagte zu 1/8.

Tatbestand

 
Die Kläger sind Staatsangehörige von Serbien. Der Kläger zu 1 gehört zur Volksgruppe der Roma, die Klägerin zu 2 zu der der Kroaten. Sie kamen nach ihren Angaben etwa im September 2012 aus Österreich in die Bundesrepublik Deutschland und stellten hier Asylanträge. Zur Begründung beriefen sie sich insbesondere auf Folgendes: Es habe Drohungen und Mordversuche gegen den Kläger zu 1 gegeben. Er habe dagegen keinen Schutz erhalten. Hierzu legten die Kläger verschiedene Unterlagen vor, insbesondere vom Klinikzentrum V. eine undatierte Bestätigung und einen Arztbericht vom 24.05.2012, Befund und Stellungnahme des Psychologen F. J. vom 23.07.2012 und eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (- Bundesamt -) lehnte mit Bescheid vom 09.11.2012 - zugestellt am 14.11.2012 - die Asylanträge und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet ab, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen, und drohte die Abschiebung nach Serbien an.
Am 14.12.2012 haben die Kläger hiergegen beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben und am 19.12.2012 Antrag auf Wiedereinsetzung für die Versäumung der Klagefrist gestellt. Sie berufen sich auf Folgendes: Bei der Anhörung beim Bundesamt seien sie von der Dolmetscherin arrogant behandelt und massiv beschimpft worden. Der vom Kläger zu 1 geschilderte Mordversuch sei nur ausgeführt worden, weil er Roma sei. Eine Strafanzeige sei ebenso ergebnislos geblieben wie das von ihm angestrengte zivilgerichtliche Verfahren. In der Firma, in der er gearbeitet habe, sei man im Laufe der letzten Jahre alle Roma "losgeworden". Die Kläger haben weitere ärztliche Unterlagen vorgelegt.
In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger zu 1 - insbesondere auch auf Fragen des Gerichts - zusätzliche Ausführungen gemacht:
Er habe in Serbien bei einer Staatsfirma im Bereich Reinigung gearbeitet. Es habe sich um eine Fabrik gehandelt, in der Rohstoffe getrennt worden seien; er sei als Staplerfahrer beschäftigt gewesen. Er habe dort ca. zwei Monate, bevor sie nach Deutschland gekommen seien, gekündigt. Grund für die Kündigung sei gewesen, dass er bedroht worden sei. Er meine damit den Vorfall vom 15.01.2009. Nach dem Vorfall habe er nicht mehr zur Arbeit gehen dürfen. Er sei auch andauernd krankgeschrieben gewesen. Der Mann, der ihn habe umbringen wollen, habe ihn schon vorher bedroht und u. a. gesagt, er - der Kläger zu 1 - solle nach Indien gehen. Auf Nachfrage, ob er überhaupt zwischen dem 15.01.2009 und der Ausreise gearbeitet habe, hat er angegeben, er habe immer wieder zeitweise gearbeitet. Zwei bis drei Monate sei er krankgeschrieben gewesen, dann habe er wieder gearbeitet, so wie er es eben gekonnt habe.
Dann hat der Kläger zu 1 den Vorfall vom 15.01.2009 geschildert: Er habe in der Frühschicht gearbeitet. Er sei um 5.55 Uhr gekommen, da die Frühschicht um 6.00 Uhr begonnen habe. Er habe seine Maschine gecheckt. Dann sei der Mann, der ihn habe erstechen wollen, in ziviler Kleidung von hinten an ihn herangetreten und ihn gefragt: Wo bist du, Junge? Dieser Mann habe dann ein langes Messer gezogen, es sei ein Bajonett gewesen, und es in Richtung seines - des Klägers zu 1 - Bauch gestoßen. Er - der Kläger zu 1 - habe ihn am Unterarm gepackt und den Unterarm nach unten gedrückt. Der Mann habe dann das Bajonett gepackt und sei davongelaufen.
Auf Frage, ob der Kläger zu 1 Tatsachen oder Vermutungen zum Grund angeben könne, weswegen ihn der Mann habe niederstechen wollen, hat der Kläger zu 1 angegeben: Der Mann sei schon immer ein Nationalist gewesen. Er - der Kläger zu 1 - habe schon immer Probleme mit ihm gehabt. Als der Mann weggelaufen sei, habe dieser gesagt, er werde Frau und Kinder des Klägers zu 1 umbringen. Der Mann habe immer gesagt, dass er - der Kläger zu 1 - nicht nach Serbien gehöre. In Serbien sollten nur Serben leben. Roma sollten dahin, wohin sie gehörten. Er wisse nicht, ob der Mann betrunken gewesen sei. Es könnte sein, dass er dies beim Psychologen des Gesundheitshauses N. gesagt habe. Denn ein normaler Mensch könne eine solche Tat nicht begehen, das könne nur ein Betrunkener.
Nach der Tat habe er von der Firma den Videoclip verlangt, auf dem der Angriff aufgezeichnet gewesen sei, damit man die Tat sehen könne. Der Herr von der Security habe ihm erlaubt, das Video anzuschauen. Danach sei der Videoclip bei der Rechtsabteilung der Firma bzw. dem Anwalt der Firma gelandet. Er habe einen Nervenzusammenbruch erlitten und am 03.08.2010 einen Selbstmordversuch gemacht. Die Chefs der Firma hätten sich nicht engagiert. Er habe bei der Rechtsabteilung der Firma gefragt, ob die Firma Klage gegen den Täter erheben werde. Sie hätten aber gesagt, sie könnten nichts machen, weil das die Polizei machen würde. Er sei dann zur Polizei gegangen und habe das Protokoll verlangt, das die Polizei am 15.01.2009 erstellt habe. Die Polizei habe aber gesagt, es gebe kein Protokoll, obwohl ein Protokoll angefertigt worden sei.
Er habe bei der Polizei eine Anzeige gemacht. Er sei neunmal vor Gericht vorgeladen worden; der Mann, der ebenfalls geladen worden sei, sei aber nicht gekommen. Die Richterin habe immer wieder einen neuen Termin bestimmt. Er selbst sei immer reingegangen und sei nach fünf Minuten wieder draußen gewesen. Er habe dann einen zivilrechtlichen Prozess eingeleitet, der aber auch zu nichts geführt habe.
10 
Auf die Frage, warum sie erst im September 2012 Serbien verlassen hätten, obwohl der Vorfall schon im Januar 2009 geschehen sei, hat der Kläger zu 1 angegeben: Sie hätten zuerst abgewartet, ob der Mann bestraft werde. Nachdem er aber neunmal nicht zur Verhandlung gekommen sei und auch das zivilgerichtliche Verfahren nicht weitergeführt habe, seien sie ausgereist.
11 
Auf Fragen und Vorhalte der Prozessbevollmächtigten der Kläger hat der Kläger zu 1 weiter angegeben: Es habe eine ganze Anzahl Roma-Mitarbeiter in der Firma gegeben. Die Anzahl sei schon zurückgegangen gewesen, als der Vorfall vom 15.01.2009 stattgefunden habe. Früher hätten überwiegend Roma in der Firma gearbeitet. Bei jedem Regierungswechsel seien die Leute der neuen Regierung angestellt und es sei den Roma gekündigt worden. Es sei richtig, dass der Betrieb systematisch von Roma "gesäubert" worden sei. Dies habe aber nicht nur Roma betroffen, sondern auch Angehörige anderer Ethnien, außer den Serben.
12 
Die Klägerin zu 2 hat in der mündlichen Verhandlung zusätzlich vorgetragen: Am 15.01.2009 sei der Kläger zu 1 zur Arbeit gegangen. Er habe gegen 06.15 Uhr oder 06.20 Uhr angerufen und gesagt: "S." habe ihn mit einem Bajonett umbringen wollen. Es sei für sie alles so blitzschnell gegangen, Details habe sie erst später erfahren. Zum Grund des Angriffs habe sie später erfahren, der Mann habe gesagt, er mache das, weil er Roma hasse. Sie könne sich aber nicht wortwörtlich erinnern. Es sei jedenfalls darum gegangen, dass der Kläger zu 1 Roma sei.
13 
Auf Frage, warum sie erst im September 2012 aus Serbien weg seien, hat die Klägerin zu 2 angegeben: Sie hätten zuerst abgewartet, ob die Polizei oder das Gericht reagieren würden. Sie hätten mehrere Male das Gericht, die Polizei oder die Firma kontaktiert. Der Leiter der Rechtsabteilung der Firma habe gesagt, dass die Firma sich darum kümmern würde, weil der Vorfall bei der Arbeit passiert sei. Der Kläger zu 1 habe im Laufe der Zeit immer mehr Angst vor allen Menschen bekommen. Sein Verhalten habe sich immer mehr verschlimmert. Im August 2010 sei es dahin kulminiert, dass er gesagt habe, er möchte nicht in so einem Land leben, wo er zweiter Klasse sei. In der Nacht vom 03. auf den 04. August 2010 habe er getrunken. Sie habe geahnt, dass etwas passieren würde. Als sie instinktiv aufgewacht sei, habe er auf dem Sessel gelegen. Sie habe dann Notarzt und Arzt angerufen. Es habe ein Selbstmordversuch vorgelegen, nach dem er sieben Tage im Krankenhaus habe verbringen müssen. Sie hätten dann auch Klage erhoben und einen Anwalt eingeschaltet. Die Situation des Klägers zu 1 habe sich immer mehr verschlechtert. Sie habe nicht mehr gewusst, wie sie ihm und der Familie habe helfen sollen. Deshalb hätten sie beschlossen, außerhalb Serbiens Hilfe zu suchen.
14 
Die Kläger beantragen,
15 
die Beklagte zu verpflichten, ihnen die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,
hilfsweise subsidiären Schutz zuzuerkennen,
weiter hilfsweise festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegt,
und den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 09.11.2012 in Nr. 2 bis 4 aufzuheben.
16 
Die Beklagte beantragt,
17 
die Klage abzuweisen.
18 
Das Gericht hat Stellungnahmen des Landratsamts O. vom 20.03.2013 und 12.06.2013 sowie des Klinikums S. W. vom 19.02.2014 und eine Auskunft der Deutschen Botschaft Belgrad vom 19.03.2014 eingeholt. Weiter hat es Übersetzungen von den Klägern vorgelegter ärztlicher und anderer Unterlagen fertigen lassen.
19 
Mit Beschluss vom 04.07.2013 ist der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden.
20 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
21 
Das Gericht hat trotz Ausbleibens von Beteiligten über die Sache verhandeln und entscheiden können, da sie ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind (§ 102 Abs. 2 VwGO).
22 
Die Klage ist zulässig.
23 
Die Klagefrist begann nicht mit der Zustellung des Bescheids am 14.11.2012 zu laufen. Denn die Zustellung war unwirksam. Bei der Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde, wie sie vorliegend gewählt wurde, gelten die §§ 177 bis 182 ZPO3 Abs. 2 Satz 1 VwZG). Bei der Zustellung mit Zustellungsurkunde wird die Zustellung im Regelfall durch die Übergabe des Schriftstücks bewirkt (§§ 176 Abs. 2, 177 ZPO). Eine Ersatzzustellung ist zulässig durch Übergabe des Schriftstücks in der Wohnung des Empfängers an einen erwachsenen Familienangehörigen, eine in der Familie beschäftigte Person oder einen erwachsenen ständigen Mitbewohner (§ 178 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) oder in Gemeinschaftseinrichtungen an den Leiter der Einrichtung oder einen dazu ermächtigten Vertreter (§ 178 Abs. 1 Nr. 3 ZPO). Die Möglichkeit einer Ersatzzustellung in einem Geschäftsraum an eine dort beschäftigte Person (§ 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) entfiel vorliegend von vornherein. Eine Ersatzzustellung nach § 178 ZPO wurde vorliegend auch nicht durchgeführt.
24 
Eine Ersatzzustellung ist weiter möglich, indem das Schriftstück in einen zu der Wohnung gehörenden Briefkasten eingelegt wird (§ 180 Satz 1 ZPO). Nach dieser Vorschrift ist die Ersatzzustellung aber nur zulässig, wenn die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 ZPO nicht ausführbar ist, nicht dagegen, wenn sie nach § 178 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht ausführbar ist (§ 180 ZPO).
25 
Vorliegend gab es keinen "zu der Wohnung… gehörenden" Briefkasten. Denn der an der Unterkunft K. angebrachte Briefkasten ist nach dem Schreiben des O. vom 12.06.2013 nicht mit Namen der Bewohner versehen. Darüber hinaus ist eine Ersatzzustellung durch Einwurf in einen Gemeinschaftsbriefkasten nur dann wirksam, wenn er von dem Adressaten bereitgestellt wird und der Adressat eine solche Einrichtung gewöhnlich für den Erhalt von Postsendungen verwendet (vgl. näheres bei BGH, Urt. v. 16.06.2011, BGHZ 190, 99). Dies war vorliegend offensichtlich nicht der Fall. Denn die Kläger hatten keinen Einfluss auf die Beschriftung und Verwendung des Briefkastens. So war nach dem Schreiben des O. vom 12.06.2013 mit den zuständigen Postzustellern vereinbart worden, dass die Post für alle Bewohner der K. im Büro der Verwaltung der Gemeinschaftsunterkunft U. abgegeben wird.
26 
Die auf der Postzustellungsurkunde vermerkte Einlegung des Schriftstücks in den Briefkasten der Gemeinschaftsunterkunft K. war auch nicht als Ersatzzustellung gemäß § 178 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 180 ZPO zulässig.
27 
Dieser Zustellungsmangel wurde nach § 8 VwZG in dem Zeitpunkt geheilt, als das Schriftstück den Empfängern tatsächlich zuging. Das war nach den glaubhaft gemachten und auch glaubhaften Angaben der Kläger am Ende der 49. Woche des Jahres 2012, damit also spätestens am 09.12.2012. Die einwöchige Klagefrist lief damit am 17.12.2012 ab. Die Klage wurde am 14.12.2012 und damit innerhalb der Klagefrist erhoben.
28 
Die Klage ist auch im Umfang des Tenors begründet. Der Kläger zu 1 hat Anspruch auf Feststellung, dass für ihn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 Auf-enthG in Bezug auf Serbien vorliegt. Damit ist Nr. 3 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 09.11.2012 rechtswidrig, soweit sie dem entgegensteht, und Nr. 4 dieses Bescheids in Bezug auf den Kläger zu 1 insgesamt. Im Übrigen ist der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 09.11.2012 rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.
29 
Kläger zu 1
30 
Es besteht kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.
31 
Nach § 3 Abs. 4 AsylVfG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylVfG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG. Ein Ausländer ist nach § 3 Abs. 1 AsylVfG Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (Nr. 1), außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet (Nr. 2), dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
32 
Nach § 3 a Abs. 1 AsylVfG gelten als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 AsylVfG Handlungen, die 1. auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder 2. in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist. Nach § 3 a Abs. 2 AsylVfG können als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 unter anderem die folgenden Handlungen gelten: 1. die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, 2. gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, 3. unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, 4. Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, 5. Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 AsylVfG fallen, 6. Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind. Nach § 3 a Abs. 3 AsylVfG muss dabei zwischen den Verfolgungsgründen und den als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen. Die Verfolgung kann nach § 3 c AsylVfG ausgehen von 1. dem Staat, 2. Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder 3. nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3 d AsylVfG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
33 
Der Charakter einer Verfolgungshandlung erfordert, dass das Verhalten des betreffenden Akteurs im Sinne einer objektiven Gerichtetheit auf die Verletzung eines geschützten Rechtsguts selbst und nicht nur auf das asylerhebliche Merkmal oder jetzt die Verfolgungsgründe im Sinne von Art. 10 der Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011 (sogenannte Qualifikationsrichtlinie) - QRL - zielt (vgl. BVerwG, Urteile vom 19.1.2009 - 10 C 52.07 - und vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 - jew. juris). Der der Prognose zugrunde zu legende Wahrscheinlichkeitsmaßstab ist unabhängig davon, ob bereits Vorverfolgung oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des Art. 15 QRL vorliegt (vgl. EuGH, Urteil vom 02.03.2010 - Rs. C-175/08 u.a. - Abdullah -). Es gilt der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.02.2008, ZAR 2008, 192).
34 
Die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden ernsthaft bedroht war, ist ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden (Art. 4 Abs. 4 QRL); es besteht die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden (vgl. dazu auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.11.2010 - A 4 S 703/10 -). Den in der Vergangenheit liegenden Umständen wird Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft beigelegt (vgl. EuGH, Urteil vom 02.03.2010, InfAusR 2010,188). Dadurch wird der Vorverfolgte bzw. Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden bzw. schadenstiftenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland wiederholen werden. Es gelten nicht die strengen Maßstäbe, die bei fehlender Vorverfolgung anzulegen sind (EGMR, Urteil vom 28.02.2008 - Nr. 37201/06 - a.a.O.). Diese Vermutung kann aber widerlegt werden; hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung bzw. des Eintritts eines solchen Schadens entkräften (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.04.2010 - 10 C 5.09 - juris).
35 
Insgesamt liegen die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht vor.
36 
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger zu 1 allein wegen seiner Zugehörigkeit zum Volk der Roma, also wegen seiner "Rasse" (§§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 3 b Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG), einer Verfolgung im Sinne der §§ 3 ff. AsylVfG in Serbien ausgesetzt war oder bei einer Rückkehr nach Serbien einer solchen Gefahr ausgesetzt sein würde.
37 
Es kann nicht festgestellt werden, dass eine vom Staat oder von Parteien oder Organisationen ausgehende Verfolgung (§ 3 c Nr. 1 und 2 AsylVfG) der Roma in Serbien stattfindet. Zwar berichtet amnesty international im AMNESTY-REPORT 2013 Serbien über Diskriminierungsmaßnahmen Belgrader Behörden, als rund 1000 Roma aus der Siedlung Belvil vertrieben wurden. Es handelte sich dabei aber - soweit ersichtlich - um einen Einzelfall, bei dem schon fraglich ist, ob es sich überhaupt um Verfolgungshandlungen i.S.d. § 3 a AsylVfG handelte. Im AMNESTY-REPORT 2013 Serbien wird auch schon darauf hingewiesen, dass im September 2012 Gesetzesänderungen verabschiedet wurden, die die Rechtsstellung von Roma verbessern sollten. Nach der Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 06.08.2012 an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sind jedenfalls (staatliche) Menschenrechtsverletzungen gegenüber Minderheiten, auch gegenüber den Roma, nicht bekannt. Dem entsprechen die Ausführungen im Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 18.10.2013. Danach gibt es keinerlei Anzeichen für systematische staatliche Verfolgungsmaßnahmen gegenüber Roma. Die Regierung bemüht sich vielmehr, die Lage der Roma durch eine aktive Minderheitenpolitik zu verbessern. Allerdings sollen Roma weiterhin von Übergriffen auf Personen in Polizeigewahrsam überproportional betroffen sein, ohne dass hierzu konkrete Erkenntnisse vorliegen. Die serbische Regierung hat am 10.06.2013 einen Aktionsplan zur Verbesserung der Lage der Roma u. a. in den Bereichen Bildung, Krankenschutz, Arbeitsaufnahme, Wohnbedingungen, amtliche Registrierung und sozialen Schutz verabschiedet. Auch Dr. W. gab bei der Vernehmung als Zeugin beim erkennenden Gericht am 25.03.2014 im Verfahren A 11 K 5036/13 an, es sei nicht verbürgt, dass Rückkehrern in Serbien die Pässe abgenommen würden; sonstige Schikanen gegen Roma-Rückkehrer seien nicht bekannt. Dies gelte auch angesichts der allgemeinen Probleme, die Roma in Serbien beim Umgang mit staatlichen oder anderen Behörden weiterhin im Einzelfall haben könnten.
38 
Allerdings finden nach Auskunftslage gewisse Diskriminierungen seitens nichtstaatlicher Akteure (§ 3 c Nr. 3 AsylVfG) statt. Es ist jedoch nicht festzustellen, dass diese Diskriminierungen Verfolgungshandlungen im Sinne von § 3 a AsylVfG darstellen, d.h. dass sie schwerwiegende Verletzungen der grundlegenden Menschenrechte darstellen (vgl. § 3 a Abs. 1 Nr. 1 und 2 AsylVfG). Weiter ist nicht festzustellen, dass eine hinreichende Verfolgungsdichte vorliegt, dass also Verfolgungshandlungen allen Roma in Serbien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen (vgl. zum Maßstab VGH Bad.-Württ., Urt. vom 12.06.2013 - A 11 S 757/13 - juris; BVerwG, Urt. vom 20.02.2013, BVerwGE 146, 67).
39 
Hierzu hat Dr. W. als Zeugin ausgeführt, die allgemeine Lage der Roma in Serbien habe sich verschlechtert. Insbesondere habe die Gewalt gegen Roma zugenommen. Dies sei aktuell nur schwer greifbar, weil Zwischenfälle und Übergriffe nicht mehr dokumentiert würden, so dass man auf Medienberichte angewiesen sei. Eine gesteigerte Aggressivität gegen Roma gebe es insbesondere seit der Diskussion über eine mögliche Wiedereinführung der Visumspflicht für Reisen in die EU. In diesem Zusammenhang werde massiv Stimmung gegen die Roma gemacht. 2003 seien elf Fälle von Übergriffen Dritter auf Roma dokumentiert. Nach dieser Zahl ist allerdings schon eine maßgebliche Verfolgungsdichte durch Verfolgungshandlungen im Sinne von § 3 a AsylVfG nicht feststellbar. Nähere Erkenntnisse hierzu ergeben sich auch nicht aus den sonst verwerteten Erkenntnismitteln (vgl. auch VG Bremen, Urt. vom 06.01.2014 - 4 K 1005/12.A -; VG Augsburg, Urt. vom 05.11.2013 - Au 6 K 13.30331 - juris).
40 
Auch die in der Schrift "Serbien - ein sicherer Herkunftsstaat von Asylsuchenden in Deutschland?" von Dr. W. aufgeführten gewalttätigen und anderen Maßnahmen, die selbstverständlich außerordentlich bedauerlich sind, erreichen bei weitem nicht den Umfang einer maßgeblichen Verfolgungsdichte. Im Übrigen besteht in der gesamten Europäischen Union weitreichender Konsens, dass die sicherlich zu beklagenden Diskriminierungen und Ausgrenzungen von Roma in Serbien „nicht mit Verfolgung oder ernsthaftem Schaden im asylrechtlichen Sinne gleichzusetzen“ sind (vgl. BRat-Drs. 183/14 vom 02.05.2014, S. 14 ff. <18>).
41 
Offen bleiben kann danach, ob der vom Staat durchaus in die Wege geleitete Schutz (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 18.10.2013) ausreichend im Sinne von § 3 d AsylVfG ist.
42 
Schließlich liegt nach Auffassung des Gerichts keine maßgebliche Verfolgung durch "massenhafte Behinderung bzw. Verhinderung der Ausreise serbischer Staatsangehöriger durch gesetzliche Regelungen und deren administrative Umsetzung" vor (a. A. das Urteil des erkennenden Gerichts vom 25.03.2014 - A 11 K 5036/13 -).
43 
So gehört die Ausreisefreiheit schon nicht zu den grundlegenden Menschenrechten im Sinne von § 3 a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG. Sie wird insbesondere nicht in den Artikeln der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) genannt, die nach Art. 15 Abs. 2 EMRK notstandsfest sind. Die Ausreisefreiheit ist vielmehr überhaupt nicht durch die Europäische Menschenrechtskonvention erfasst. Das ergibt sich aus Protokoll Nr. 4 zur EMRK. Dadurch werden "gewisse Rechte und Freiheiten gewährleistet…, die nicht bereits in der Konvention oder im ersten Zusatzprotokoll enthalten sind". Die Ausreisefreiheit wird erst in Art. 2 Abs. 2 des Protokolls Nr. 4 zur EMRK normiert. Etwas anderes ergibt sich nicht aus der Entscheidung des EGMR vom 27.11.2012 (Bsw. 29713/05).
44 
Im Übrigen ist die damit geschützte Freizügigkeit jedenfalls nicht im Kern bedroht, wenn man sich - wie in Serbien - innerhalb des Landes grundsätzlich frei bewegen kann und eine Ein- und Ausreise zwar schwierig, aber nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist (vgl. OVG Lüneburg, Urt. vom 26.01.2012, InfAuslR 2012, 149).
45 
Darüber hinaus ist auch nicht feststellbar, dass eine Ausreise für Roma tatsächlich unmöglich oder nur unter erschwerten Umständen möglich wäre. So behauptete die Zeugin Dr. W. zwar, in den Jahren 2012 und 2013 sei einer großen Zahl Roma die Ausreise verweigert worden. Nachvollziehbare Tatsachen oder Grundlagen nennt sie aber nicht. An näheren Erkenntnissen hierzu fehlt es auch im Übrigen. Aus dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 18.10.2013 ergibt sich jedenfalls, dass eine Rückkehr ausgereister Roma nach Serbien problemlos möglich ist.
46 
Etwas anderes lässt sich nicht aus der Änderung des serbischen Strafrechts zum 01.01.2013 herleiten. Insbesondere betrifft § 350 a Serbisches StGB seinem Wortlaut nach nicht Asylbewerber selbst, sondern deren (Flucht-)Helfer. Allerdings kommt es grundsätzlich nicht auf den Wortlaut einer Vorschrift an, sondern darauf, wie sie in der Rechtspraxis der Gerichte oder sonstiger Verfolgungsbehörden tatsächlich gehandhabt wird (vgl. BVerwG, Urt. vom 26.10.1993, NVwZ 1994, 500). Nach der von Dr. W. genannten Anzahl von sieben Strafverfahren gegen acht Personen, bei denen im Übrigen noch kein Urteil vorliege, lässt sich eine solche Praxis mangels Masse schon nicht ermitteln. Hierzu gehört eine ersichtlich größere Anzahl von Verfahren oder Maßnahmen, für die es nach den vorliegenden Erkenntnisquellen jedenfalls derzeit keine hinreichenden Anhaltspunkte gibt. Im Übrigen kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich auch im deutschen Asylrecht Strafvorschriften finden lassen, die sich gegen Unterstützung missbräuchlicher Asylantragstellung richten (vgl. §§ 84 f. AsylVfG).
47 
Der Kläger zu 1 hat auch nicht aus individuellen Gründen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.
48 
Das Gericht ist allerdings nun - unter Auswertung der vorhandenen Äußerungen und Unterlagen und nach seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung - davon überzeugt, dass ein Kollege des Klägers zu 1 am 15.01.2009 versuchte, ihn mit einem Bajonette zu erstechen. Es steht aber nicht zur Überzeugung des Gerichts (§ 108 Abs. 1 VwGO) fest, dass der Angriff deshalb erfolgte, weil der Kläger zu 1 zur Volksgruppe der Roma gehört. Der Kläger zu 1 hat sich insoweit im Wesentlichen auf Vermutungen gestützt. Auch auf mehrfache Nachfragen des Gerichts haben sich hierzu keine konkreten Tatsachen ergeben. Auf Frage, ob der Kläger zu 1 Tatsachen oder Vermutungen zum Grund angeben könne, weswegen ihn der Mann habe niederstechen wollen, hat der Kläger zu 1 angegeben: Der Mann sei schon immer ein Nationalist gewesen. Er - der Kläger zu 1 - habe schon immer Probleme mit ihm gehabt. Der Mann habe immer gesagt, dass er - der Kläger zu 1 - nicht nach Serbien gehöre. In Serbien sollten nur Serben leben. Roma sollten dahin, wohin sie gehörten. Er wisse nicht, ob der Mann betrunken gewesen sei. Es könnte sein, dass er dies beim Psychologen des Gesundheitshauses N. gesagt habe. Denn ein normaler Mensch könne eine solche Tat nicht begehen, das könne nur ein Betrunkener.
49 
Insbesondere genügt hierfür nicht, dass der Kläger zu 1 den Angreifer als Nationalisten ansah. Dabei spielt auch eine Rolle, dass der Kläger zu 1 im Juli 2012 beim Gesundheitshaus N. angab, der Angreifer sei in einem alkoholisiertem Zustand auf ihn losgestürmt. Danach kommt als Auslöser des Angriffs ohne weiteres auch eine alkoholbedingte Enthemmung in Frage.
50 
Selbst wenn man davon ausgeht, dass Anlass und Grund des Angriffs die Zugehörigkeit des Klägers zu 1 zu den Roma war, kann derzeit nicht mehr davon ausgegangen werden, dass dem Kläger zu 1 bei einer Rückkehr nach Serbien eine konkrete Gefahr drohte. Dies gilt auch unter Beachtung von Art. 4 Abs. 4 QRL, wonach die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde, ein ernsthafter Hinweis darauf ist, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden. Denn es sprechen stichhaltige Gründe dagegen, dass der Kläger zu 1 erneut von solcher Verfolgung bedroht würde. Hierfür spricht zum einen, dass es im Zeitraum vom 15.01.2009 bis zu seiner Ausreise im September 2012 keinen weiteren vergleichbaren Vorfall gab, obwohl der Kläger zu 1 nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung immer wieder, wenn auch nur zeitweise, (an seiner Arbeitsstelle) gearbeitet hat. Weiter spricht gegen diese Vermutung, dass sich der Vorfall in der Arbeitsstelle des Klägers zu 1 und im Zusammenhang mit der Arbeitstätigkeit dort abspielte. Es erscheint aber völlig ausgeschlossen, dass der Kläger zu 1 nach seiner Kündigung und auch nach seinem psychischen Zustand dort je wieder arbeiten wird.
51 
Danach kann auch nicht festgestellt werden, dass der Kläger zu 1 Anspruch auf subsidiären Schutz nach § 4 AsylVfG hat. Es kann nicht festgestellt werden, dass ihm bei einer Rückkehr nach Serbien ein ernsthafter Schaden droht (§ 4 Abs. 1, Abs. 3 AsylVfG). Es liegen weiter auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 3 AufenthG vorliegen.
52 
Der Kläger zu 1 hat aber Anspruch auf Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen. Danach soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.
53 
Gesundheitlich bedingte Gefahren können unter bestimmten Umständen diese Voraussetzungen erfüllen. Bei einer bereits im Bundesgebiet vorhandenen Krankheit ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass sich die vorhandene Erkrankung bei einer Rückkehr in den Heimatstaat aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmern würde, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben führte; dies ist der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.10.2006, BVerwGE 127, 33; Beschl. v. 24.05.2006, InfAuslR 2006, 485; Urt. v. 25.11.1997, BVerwGE 105, 383). Diese Gefahr muss alsbald nach der Rückkehr drohen (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.10.2006, a.a.O.), d. h. ungefähr innerhalb eines Jahres nach Rückkehr (vgl. OVG Niedersachsen, Beschl. v. 23.02.2009, AuAS 2009, 160). Erforderlich ist dabei die Erstellung einer Gefahrenprognose (vgl. BVerwG, Beschl. v. 08.02.2011 - 10 B 1/11 -, juris).Hierzu sind alle vorhandenen Erkenntnisse und der dem § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG innewohnende Grundsatz der Zumutbarkeit zu würdigen und es ist gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO daraus eine richterliche Überzeugung zu bilden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 08.02.2011, a.a.O.; Urteil der erkennenden Kammer vom 06.07.2005 - A 17 K 10181/05 -). Als Maßstab kann darauf abgestellt werden, ob die Gesundheitsgefahren aus Sicht eines vernünftigen und besonnenen Menschen ernstlich zu befürchten und damit überwiegend wahrscheinlich sind (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 30.12.2004 - 13 A 1250/04.A -; Beschlüsse vom 16.12.2004 - 13 A 4512/03.A - und - 13 A 1140/04.A -; Beschl. v. 26.04.2007 - 13 A 4611/04.A). Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die zu einer Verschlimmerung der Erkrankung führen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.10.2006, a.a.O.).
54 
Der Kläger zu 1 leidet an einer psychischen Erkrankung und zwar an einer rezidivierenden depressiven Störung. Sie hatte sich nach dem oben dargestellten Vorfall vom 15.01.2009 entwickelt. Der Kläger zu 1 befand sich deswegen schon in Serbien in ärztlicher Behandlung und befindet sich seit Anfang 2012 in Deutschland in psychiatrischer Behandlung. Als Diagnosen wurden hier festgestellt: Rezidivierende depressive Störung, ggf. schwere Episode sowie posttraumatische Belastungsstörung. Dabei hat der Kläger zu 1 dreimal Selbsttötungsversuche unternommen. Für den Kläger zu 1 ist als Behandlung erforderlich: Regelmäßige psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung und Behandlung mit Antidepressiva und neuroleptischer Therapie. Um eine seelische Stabilität zu erreichen, ist ein sicheres soziales Umfeld notwendig. Sollte der Kläger zu 1 keine regelmäßigen psychotherapeutischen Gespräche bzw. keine medikamentöse Therapie erhalten, und im Falle von Veränderungen im sozialen Umfeld, vor allem bei Abschiebung in sein Heimatland, ist zu befürchten, dass die depressiven Symptome zunehmen und es im schlimmsten Fall im Rahmen dieser zu einem erneuten Selbsttötungsversuch kommt. Dies ergibt sich überzeugend aus der vom Gericht eingeholten Stellungnahme von A. E., Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie vom 19.02.2014.
55 
Danach ist aus der Sicht eines vernünftigen und besonderen Menschen ernstlich zu befürchten und damit wahrscheinlich, dass schon bei einer Abschiebung nach Serbien dort die depressiven Symptome zunehmen und es dabei zu einem erneuten Selbsttötungsversuch kommt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 27.09.2007, InfAuslR 2008, 94). Dies liegt schon deshalb nicht fern, weil der Kläger zu 1 schon aufgrund der verfahrensrelevanten Umstände drei Selbsttötungsversuche gemacht hat. Hierfür sprechen auch die Angaben, die die Klägerin zu 2 hierzu in der mündlichen Verhandlung gemacht hat: Der Kläger zu 1 habe im Laufe der Zeit immer mehr Angst vor allen Menschen bekommen. Sein Verhalten habe sich immer mehr verschlimmert. Im August 2010 sei es dahin kulminiert, dass er gesagt habe, er möchte nicht in so einem Land leben, wo er zweiter Klasse sei. In der Nacht vom 03. auf den 04. August 2010 habe er getrunken. Sie habe geahnt, dass etwas passieren würde. Als sie instinktiv aufgewacht sei, habe er auf dem Sessel gelegen. Sie habe dann Notarzt und Arzt angerufen. Es habe ein Selbstmordversuch vorgelegen, nach dem er sieben Tage im Krankenhaus habe verbringen müssen. Sie hätten dann auch Klage erhoben und einen Anwalt eingeschaltet. Die Situation des Klägers zu 1 habe sich immer mehr verschlechtert. Sie habe nicht mehr gewusst, wie sie ihm und der Familie habe helfen sollen. Deshalb hätten sie beschlossen, außerhalb Serbiens Hilfe zu suchen.
56 
Weiter führt - unabhängig von den bisherigen Ausführungen - zu einer Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, dass die nach der ärztlichen Einschätzung zwingend erforderliche medikamentöse Therapie in Serbien nicht gewährleistet wäre. Nach der vom Gericht eingeholten Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland Belgrad vom 01.04.2014 ist zwar davon auszugehen, dass in Serbien die für den Kläger zu 1 notwendigen Behandlungen, die psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung und auch die medikamentösen Behandlungen, grundsätzlich vorhanden wären; die beim Kläger zu 1 diagnostizierten Erkrankungen wären damit behandelbar. Dabei wären die psychotherapeutischen und psychiatrischen Behandlungen auch für den Kläger zu 1 kostenlos erreichbar. Im konkreten Falle des Klägers zu 1 wäre aber nicht sichergestellt, dass er die notwendigen Medikamente auch tatsächlich bekommen würde.
57 
Nach der Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland Belgrad vom 01.04.2014 können Patienten Medikamente - auch in staatlichen Apotheken - nur mit einer bestimmten Kostenbeteiligung erhalten (vgl. auch SFH vom 04.10.2012). Danach ist unbestritten, dass die Roma weiterhin einen erschwerten Zugang zu Gesundheitsdiensten haben. Zwar haben die Angehörigen der Volksgruppe der Roma die gleichen Rechte wie alle anderen Bürger Serbiens, somit auch das Recht auf Gesundheitsschutz. Sie müssen wie alle krankenversicherten Bürger aber auch die vorgeschriebene Kostenbeteiligung für Medikamente bezahlen. Sie können nur versuchen, die notwendigen Medikamente über humanitäre und kirchliche Organisationen zu bekommen (Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland Belgrad vom 07.06.2013 an VG Bremen).
58 
Dies gilt auch, wenn man davon ausgeht, dass die Zuzahlungen keine hohen Beträge beinhalten und die Kläger Anspruch auf Kindergeld haben (vgl. näher VG Bremen, Urt. vom 06.01.2014, a.a.O.). Denn es erscheint ausgeschlossen, dass der Kläger zu 1 in Serbien wieder Arbeit findet. Dagegen spricht der Gesundheitszustand des Klägers zu 1, der schon in Serbien dazu führte, dass er nur noch zeitweise arbeiten konnte, im Übrigen aber krankgeschrieben war. Weiter ist dabei zu berücksichtigten, dass der Zugang zum Arbeitsmarkt für Roma schon ohne diese zusätzlichen Erschwernisse grundsätzlich schwierig ist (Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 18.10.2013).
59 
Danach ist auch die gegen den Kläger zu 1 gerichtete Abschiebungsandrohung rechtswidrig. Denn Serbien wurde nicht als Staat bezeichnet, in den nicht abgeschoben werden darf (§ 59 Abs. 3 Satz 2 AufenthG). Anhaltspunkte dafür, dass die Abschiebung in einen anderen Staat in Betracht kommen könnte, bestehen nicht.
60 
Klägerin zu 2
61 
Die Klägerin zu 2 hat die geltend gemachten Ansprüche nicht. Sie ist Kroatin und hat sich nicht darauf berufen, wegen ihrer Volkszugehörigkeit in Serbien verfolgt zu werden. Darüber hinaus hat sie auch keine individuelle Verfolgung geltend gemacht. Schließlich ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass für sie aus gesundheitlichen Gründen die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.
62 
Die Androhung der Abschiebung gegenüber ihr ist rechtmäßig.
63 
Die Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 AsylVfG sind gegeben. Ein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte oder auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft besteht nicht; ein Aufenthaltstitel liegt nicht vor.
64 
Die Abschiebungsandrohung ist auch insoweit rechtmäßig, als nicht Serbien als Staat bezeichnet ist, in den nicht abgeschoben werden darf (§ 59 Abs. 3 Satz 2 AufenthG). Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 1 bis 7 AufenthG stehen einer Abschiebung dorthin nicht entgegen. Insoweit wird auf die Ausführungen oben verwiesen.
65 
Kläger zu 3 und 4
66 
Die Kläger zu 3 und 4 haben die geltend gemachten Ansprüche nicht. Nach den obigen Ausführungen besteht auch für die Kläger zu 3 und 4 keine Verfolgungsgefahr aufgrund der Volkszugehörigkeit, unabhängig davon, ob man sie der Gruppe der Roma oder der Gruppe der Kroaten zurechnet.
67 
Für die Kläger zu 3 und 4 sind auch keine individuellen Verfolgungsgründe ersichtlich. Die Angaben des Klägers zu 1 bei der Anhörung, die Tochter sei in der Schule diskriminiert worden wegen ihrer ethnischen Zugehörigkeit, und die Angaben der Klägerin zu 2 bei ihrer Anhörung, für die Kinder gebe es keine speziellen weiteren Asylgründe lassen keine konkrete Verfolgungssituation erkennen. Dabei beriefen sich die Kläger zu 1 und 2 bei der Anhörung gar nicht darauf, die Tochter sei von einer Gruppe Mitschüler aufgrund ihrer Herkunft verprügelt worden, wie es im ärztlichen Attest des Klinikums S. W. vom 11.02.2013 steht. Die Angaben sind jedenfalls insgesamt zu vage, um daraus irgendeine Vorverfolgung herzuleiten.
68 
Auch für die Kläger zu 3 und 4 gilt: Die Androhung der Abschiebung ist rechtmäßig.
69 
Die Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 AsylVfG sind gegeben. Ein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte oder auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft besteht nicht; ein Aufenthaltstitel liegt nicht vor.
70 
Die Abschiebungsandrohung ist auch insoweit rechtmäßig, als nicht Serbien als Staat bezeichnet ist, in den nicht abgeschoben werden darf (§ 59 Abs. 3 Satz 2 AufenthG). Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 1 bis 7 AufenthG stehen einer Abschiebung dorthin nicht entgegen. Insoweit wird auf die Ausführungen oben verwiesen.
71 
Dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsbeweisantrag muss nicht stattgegeben werden. Denn das Gericht ist bei seiner Entscheidung vom Vorliegen der zum Beweis gestellten Tatsachen ausgegangen.
72 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1, 159 S. 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO, § 83 b Abs. 1 AsylVfG.

Gründe

 
21 
Das Gericht hat trotz Ausbleibens von Beteiligten über die Sache verhandeln und entscheiden können, da sie ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind (§ 102 Abs. 2 VwGO).
22 
Die Klage ist zulässig.
23 
Die Klagefrist begann nicht mit der Zustellung des Bescheids am 14.11.2012 zu laufen. Denn die Zustellung war unwirksam. Bei der Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde, wie sie vorliegend gewählt wurde, gelten die §§ 177 bis 182 ZPO3 Abs. 2 Satz 1 VwZG). Bei der Zustellung mit Zustellungsurkunde wird die Zustellung im Regelfall durch die Übergabe des Schriftstücks bewirkt (§§ 176 Abs. 2, 177 ZPO). Eine Ersatzzustellung ist zulässig durch Übergabe des Schriftstücks in der Wohnung des Empfängers an einen erwachsenen Familienangehörigen, eine in der Familie beschäftigte Person oder einen erwachsenen ständigen Mitbewohner (§ 178 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) oder in Gemeinschaftseinrichtungen an den Leiter der Einrichtung oder einen dazu ermächtigten Vertreter (§ 178 Abs. 1 Nr. 3 ZPO). Die Möglichkeit einer Ersatzzustellung in einem Geschäftsraum an eine dort beschäftigte Person (§ 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) entfiel vorliegend von vornherein. Eine Ersatzzustellung nach § 178 ZPO wurde vorliegend auch nicht durchgeführt.
24 
Eine Ersatzzustellung ist weiter möglich, indem das Schriftstück in einen zu der Wohnung gehörenden Briefkasten eingelegt wird (§ 180 Satz 1 ZPO). Nach dieser Vorschrift ist die Ersatzzustellung aber nur zulässig, wenn die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 ZPO nicht ausführbar ist, nicht dagegen, wenn sie nach § 178 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht ausführbar ist (§ 180 ZPO).
25 
Vorliegend gab es keinen "zu der Wohnung… gehörenden" Briefkasten. Denn der an der Unterkunft K. angebrachte Briefkasten ist nach dem Schreiben des O. vom 12.06.2013 nicht mit Namen der Bewohner versehen. Darüber hinaus ist eine Ersatzzustellung durch Einwurf in einen Gemeinschaftsbriefkasten nur dann wirksam, wenn er von dem Adressaten bereitgestellt wird und der Adressat eine solche Einrichtung gewöhnlich für den Erhalt von Postsendungen verwendet (vgl. näheres bei BGH, Urt. v. 16.06.2011, BGHZ 190, 99). Dies war vorliegend offensichtlich nicht der Fall. Denn die Kläger hatten keinen Einfluss auf die Beschriftung und Verwendung des Briefkastens. So war nach dem Schreiben des O. vom 12.06.2013 mit den zuständigen Postzustellern vereinbart worden, dass die Post für alle Bewohner der K. im Büro der Verwaltung der Gemeinschaftsunterkunft U. abgegeben wird.
26 
Die auf der Postzustellungsurkunde vermerkte Einlegung des Schriftstücks in den Briefkasten der Gemeinschaftsunterkunft K. war auch nicht als Ersatzzustellung gemäß § 178 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 180 ZPO zulässig.
27 
Dieser Zustellungsmangel wurde nach § 8 VwZG in dem Zeitpunkt geheilt, als das Schriftstück den Empfängern tatsächlich zuging. Das war nach den glaubhaft gemachten und auch glaubhaften Angaben der Kläger am Ende der 49. Woche des Jahres 2012, damit also spätestens am 09.12.2012. Die einwöchige Klagefrist lief damit am 17.12.2012 ab. Die Klage wurde am 14.12.2012 und damit innerhalb der Klagefrist erhoben.
28 
Die Klage ist auch im Umfang des Tenors begründet. Der Kläger zu 1 hat Anspruch auf Feststellung, dass für ihn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 Auf-enthG in Bezug auf Serbien vorliegt. Damit ist Nr. 3 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 09.11.2012 rechtswidrig, soweit sie dem entgegensteht, und Nr. 4 dieses Bescheids in Bezug auf den Kläger zu 1 insgesamt. Im Übrigen ist der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 09.11.2012 rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.
29 
Kläger zu 1
30 
Es besteht kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.
31 
Nach § 3 Abs. 4 AsylVfG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylVfG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG. Ein Ausländer ist nach § 3 Abs. 1 AsylVfG Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (Nr. 1), außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet (Nr. 2), dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
32 
Nach § 3 a Abs. 1 AsylVfG gelten als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 AsylVfG Handlungen, die 1. auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder 2. in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist. Nach § 3 a Abs. 2 AsylVfG können als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 unter anderem die folgenden Handlungen gelten: 1. die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, 2. gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, 3. unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, 4. Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, 5. Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 AsylVfG fallen, 6. Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind. Nach § 3 a Abs. 3 AsylVfG muss dabei zwischen den Verfolgungsgründen und den als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen. Die Verfolgung kann nach § 3 c AsylVfG ausgehen von 1. dem Staat, 2. Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder 3. nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3 d AsylVfG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
33 
Der Charakter einer Verfolgungshandlung erfordert, dass das Verhalten des betreffenden Akteurs im Sinne einer objektiven Gerichtetheit auf die Verletzung eines geschützten Rechtsguts selbst und nicht nur auf das asylerhebliche Merkmal oder jetzt die Verfolgungsgründe im Sinne von Art. 10 der Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011 (sogenannte Qualifikationsrichtlinie) - QRL - zielt (vgl. BVerwG, Urteile vom 19.1.2009 - 10 C 52.07 - und vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 - jew. juris). Der der Prognose zugrunde zu legende Wahrscheinlichkeitsmaßstab ist unabhängig davon, ob bereits Vorverfolgung oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des Art. 15 QRL vorliegt (vgl. EuGH, Urteil vom 02.03.2010 - Rs. C-175/08 u.a. - Abdullah -). Es gilt der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.02.2008, ZAR 2008, 192).
34 
Die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden ernsthaft bedroht war, ist ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden (Art. 4 Abs. 4 QRL); es besteht die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden (vgl. dazu auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.11.2010 - A 4 S 703/10 -). Den in der Vergangenheit liegenden Umständen wird Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft beigelegt (vgl. EuGH, Urteil vom 02.03.2010, InfAusR 2010,188). Dadurch wird der Vorverfolgte bzw. Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden bzw. schadenstiftenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland wiederholen werden. Es gelten nicht die strengen Maßstäbe, die bei fehlender Vorverfolgung anzulegen sind (EGMR, Urteil vom 28.02.2008 - Nr. 37201/06 - a.a.O.). Diese Vermutung kann aber widerlegt werden; hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung bzw. des Eintritts eines solchen Schadens entkräften (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.04.2010 - 10 C 5.09 - juris).
35 
Insgesamt liegen die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht vor.
36 
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger zu 1 allein wegen seiner Zugehörigkeit zum Volk der Roma, also wegen seiner "Rasse" (§§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 3 b Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG), einer Verfolgung im Sinne der §§ 3 ff. AsylVfG in Serbien ausgesetzt war oder bei einer Rückkehr nach Serbien einer solchen Gefahr ausgesetzt sein würde.
37 
Es kann nicht festgestellt werden, dass eine vom Staat oder von Parteien oder Organisationen ausgehende Verfolgung (§ 3 c Nr. 1 und 2 AsylVfG) der Roma in Serbien stattfindet. Zwar berichtet amnesty international im AMNESTY-REPORT 2013 Serbien über Diskriminierungsmaßnahmen Belgrader Behörden, als rund 1000 Roma aus der Siedlung Belvil vertrieben wurden. Es handelte sich dabei aber - soweit ersichtlich - um einen Einzelfall, bei dem schon fraglich ist, ob es sich überhaupt um Verfolgungshandlungen i.S.d. § 3 a AsylVfG handelte. Im AMNESTY-REPORT 2013 Serbien wird auch schon darauf hingewiesen, dass im September 2012 Gesetzesänderungen verabschiedet wurden, die die Rechtsstellung von Roma verbessern sollten. Nach der Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 06.08.2012 an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sind jedenfalls (staatliche) Menschenrechtsverletzungen gegenüber Minderheiten, auch gegenüber den Roma, nicht bekannt. Dem entsprechen die Ausführungen im Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 18.10.2013. Danach gibt es keinerlei Anzeichen für systematische staatliche Verfolgungsmaßnahmen gegenüber Roma. Die Regierung bemüht sich vielmehr, die Lage der Roma durch eine aktive Minderheitenpolitik zu verbessern. Allerdings sollen Roma weiterhin von Übergriffen auf Personen in Polizeigewahrsam überproportional betroffen sein, ohne dass hierzu konkrete Erkenntnisse vorliegen. Die serbische Regierung hat am 10.06.2013 einen Aktionsplan zur Verbesserung der Lage der Roma u. a. in den Bereichen Bildung, Krankenschutz, Arbeitsaufnahme, Wohnbedingungen, amtliche Registrierung und sozialen Schutz verabschiedet. Auch Dr. W. gab bei der Vernehmung als Zeugin beim erkennenden Gericht am 25.03.2014 im Verfahren A 11 K 5036/13 an, es sei nicht verbürgt, dass Rückkehrern in Serbien die Pässe abgenommen würden; sonstige Schikanen gegen Roma-Rückkehrer seien nicht bekannt. Dies gelte auch angesichts der allgemeinen Probleme, die Roma in Serbien beim Umgang mit staatlichen oder anderen Behörden weiterhin im Einzelfall haben könnten.
38 
Allerdings finden nach Auskunftslage gewisse Diskriminierungen seitens nichtstaatlicher Akteure (§ 3 c Nr. 3 AsylVfG) statt. Es ist jedoch nicht festzustellen, dass diese Diskriminierungen Verfolgungshandlungen im Sinne von § 3 a AsylVfG darstellen, d.h. dass sie schwerwiegende Verletzungen der grundlegenden Menschenrechte darstellen (vgl. § 3 a Abs. 1 Nr. 1 und 2 AsylVfG). Weiter ist nicht festzustellen, dass eine hinreichende Verfolgungsdichte vorliegt, dass also Verfolgungshandlungen allen Roma in Serbien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen (vgl. zum Maßstab VGH Bad.-Württ., Urt. vom 12.06.2013 - A 11 S 757/13 - juris; BVerwG, Urt. vom 20.02.2013, BVerwGE 146, 67).
39 
Hierzu hat Dr. W. als Zeugin ausgeführt, die allgemeine Lage der Roma in Serbien habe sich verschlechtert. Insbesondere habe die Gewalt gegen Roma zugenommen. Dies sei aktuell nur schwer greifbar, weil Zwischenfälle und Übergriffe nicht mehr dokumentiert würden, so dass man auf Medienberichte angewiesen sei. Eine gesteigerte Aggressivität gegen Roma gebe es insbesondere seit der Diskussion über eine mögliche Wiedereinführung der Visumspflicht für Reisen in die EU. In diesem Zusammenhang werde massiv Stimmung gegen die Roma gemacht. 2003 seien elf Fälle von Übergriffen Dritter auf Roma dokumentiert. Nach dieser Zahl ist allerdings schon eine maßgebliche Verfolgungsdichte durch Verfolgungshandlungen im Sinne von § 3 a AsylVfG nicht feststellbar. Nähere Erkenntnisse hierzu ergeben sich auch nicht aus den sonst verwerteten Erkenntnismitteln (vgl. auch VG Bremen, Urt. vom 06.01.2014 - 4 K 1005/12.A -; VG Augsburg, Urt. vom 05.11.2013 - Au 6 K 13.30331 - juris).
40 
Auch die in der Schrift "Serbien - ein sicherer Herkunftsstaat von Asylsuchenden in Deutschland?" von Dr. W. aufgeführten gewalttätigen und anderen Maßnahmen, die selbstverständlich außerordentlich bedauerlich sind, erreichen bei weitem nicht den Umfang einer maßgeblichen Verfolgungsdichte. Im Übrigen besteht in der gesamten Europäischen Union weitreichender Konsens, dass die sicherlich zu beklagenden Diskriminierungen und Ausgrenzungen von Roma in Serbien „nicht mit Verfolgung oder ernsthaftem Schaden im asylrechtlichen Sinne gleichzusetzen“ sind (vgl. BRat-Drs. 183/14 vom 02.05.2014, S. 14 ff. <18>).
41 
Offen bleiben kann danach, ob der vom Staat durchaus in die Wege geleitete Schutz (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 18.10.2013) ausreichend im Sinne von § 3 d AsylVfG ist.
42 
Schließlich liegt nach Auffassung des Gerichts keine maßgebliche Verfolgung durch "massenhafte Behinderung bzw. Verhinderung der Ausreise serbischer Staatsangehöriger durch gesetzliche Regelungen und deren administrative Umsetzung" vor (a. A. das Urteil des erkennenden Gerichts vom 25.03.2014 - A 11 K 5036/13 -).
43 
So gehört die Ausreisefreiheit schon nicht zu den grundlegenden Menschenrechten im Sinne von § 3 a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG. Sie wird insbesondere nicht in den Artikeln der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) genannt, die nach Art. 15 Abs. 2 EMRK notstandsfest sind. Die Ausreisefreiheit ist vielmehr überhaupt nicht durch die Europäische Menschenrechtskonvention erfasst. Das ergibt sich aus Protokoll Nr. 4 zur EMRK. Dadurch werden "gewisse Rechte und Freiheiten gewährleistet…, die nicht bereits in der Konvention oder im ersten Zusatzprotokoll enthalten sind". Die Ausreisefreiheit wird erst in Art. 2 Abs. 2 des Protokolls Nr. 4 zur EMRK normiert. Etwas anderes ergibt sich nicht aus der Entscheidung des EGMR vom 27.11.2012 (Bsw. 29713/05).
44 
Im Übrigen ist die damit geschützte Freizügigkeit jedenfalls nicht im Kern bedroht, wenn man sich - wie in Serbien - innerhalb des Landes grundsätzlich frei bewegen kann und eine Ein- und Ausreise zwar schwierig, aber nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist (vgl. OVG Lüneburg, Urt. vom 26.01.2012, InfAuslR 2012, 149).
45 
Darüber hinaus ist auch nicht feststellbar, dass eine Ausreise für Roma tatsächlich unmöglich oder nur unter erschwerten Umständen möglich wäre. So behauptete die Zeugin Dr. W. zwar, in den Jahren 2012 und 2013 sei einer großen Zahl Roma die Ausreise verweigert worden. Nachvollziehbare Tatsachen oder Grundlagen nennt sie aber nicht. An näheren Erkenntnissen hierzu fehlt es auch im Übrigen. Aus dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 18.10.2013 ergibt sich jedenfalls, dass eine Rückkehr ausgereister Roma nach Serbien problemlos möglich ist.
46 
Etwas anderes lässt sich nicht aus der Änderung des serbischen Strafrechts zum 01.01.2013 herleiten. Insbesondere betrifft § 350 a Serbisches StGB seinem Wortlaut nach nicht Asylbewerber selbst, sondern deren (Flucht-)Helfer. Allerdings kommt es grundsätzlich nicht auf den Wortlaut einer Vorschrift an, sondern darauf, wie sie in der Rechtspraxis der Gerichte oder sonstiger Verfolgungsbehörden tatsächlich gehandhabt wird (vgl. BVerwG, Urt. vom 26.10.1993, NVwZ 1994, 500). Nach der von Dr. W. genannten Anzahl von sieben Strafverfahren gegen acht Personen, bei denen im Übrigen noch kein Urteil vorliege, lässt sich eine solche Praxis mangels Masse schon nicht ermitteln. Hierzu gehört eine ersichtlich größere Anzahl von Verfahren oder Maßnahmen, für die es nach den vorliegenden Erkenntnisquellen jedenfalls derzeit keine hinreichenden Anhaltspunkte gibt. Im Übrigen kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich auch im deutschen Asylrecht Strafvorschriften finden lassen, die sich gegen Unterstützung missbräuchlicher Asylantragstellung richten (vgl. §§ 84 f. AsylVfG).
47 
Der Kläger zu 1 hat auch nicht aus individuellen Gründen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.
48 
Das Gericht ist allerdings nun - unter Auswertung der vorhandenen Äußerungen und Unterlagen und nach seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung - davon überzeugt, dass ein Kollege des Klägers zu 1 am 15.01.2009 versuchte, ihn mit einem Bajonette zu erstechen. Es steht aber nicht zur Überzeugung des Gerichts (§ 108 Abs. 1 VwGO) fest, dass der Angriff deshalb erfolgte, weil der Kläger zu 1 zur Volksgruppe der Roma gehört. Der Kläger zu 1 hat sich insoweit im Wesentlichen auf Vermutungen gestützt. Auch auf mehrfache Nachfragen des Gerichts haben sich hierzu keine konkreten Tatsachen ergeben. Auf Frage, ob der Kläger zu 1 Tatsachen oder Vermutungen zum Grund angeben könne, weswegen ihn der Mann habe niederstechen wollen, hat der Kläger zu 1 angegeben: Der Mann sei schon immer ein Nationalist gewesen. Er - der Kläger zu 1 - habe schon immer Probleme mit ihm gehabt. Der Mann habe immer gesagt, dass er - der Kläger zu 1 - nicht nach Serbien gehöre. In Serbien sollten nur Serben leben. Roma sollten dahin, wohin sie gehörten. Er wisse nicht, ob der Mann betrunken gewesen sei. Es könnte sein, dass er dies beim Psychologen des Gesundheitshauses N. gesagt habe. Denn ein normaler Mensch könne eine solche Tat nicht begehen, das könne nur ein Betrunkener.
49 
Insbesondere genügt hierfür nicht, dass der Kläger zu 1 den Angreifer als Nationalisten ansah. Dabei spielt auch eine Rolle, dass der Kläger zu 1 im Juli 2012 beim Gesundheitshaus N. angab, der Angreifer sei in einem alkoholisiertem Zustand auf ihn losgestürmt. Danach kommt als Auslöser des Angriffs ohne weiteres auch eine alkoholbedingte Enthemmung in Frage.
50 
Selbst wenn man davon ausgeht, dass Anlass und Grund des Angriffs die Zugehörigkeit des Klägers zu 1 zu den Roma war, kann derzeit nicht mehr davon ausgegangen werden, dass dem Kläger zu 1 bei einer Rückkehr nach Serbien eine konkrete Gefahr drohte. Dies gilt auch unter Beachtung von Art. 4 Abs. 4 QRL, wonach die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde, ein ernsthafter Hinweis darauf ist, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden. Denn es sprechen stichhaltige Gründe dagegen, dass der Kläger zu 1 erneut von solcher Verfolgung bedroht würde. Hierfür spricht zum einen, dass es im Zeitraum vom 15.01.2009 bis zu seiner Ausreise im September 2012 keinen weiteren vergleichbaren Vorfall gab, obwohl der Kläger zu 1 nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung immer wieder, wenn auch nur zeitweise, (an seiner Arbeitsstelle) gearbeitet hat. Weiter spricht gegen diese Vermutung, dass sich der Vorfall in der Arbeitsstelle des Klägers zu 1 und im Zusammenhang mit der Arbeitstätigkeit dort abspielte. Es erscheint aber völlig ausgeschlossen, dass der Kläger zu 1 nach seiner Kündigung und auch nach seinem psychischen Zustand dort je wieder arbeiten wird.
51 
Danach kann auch nicht festgestellt werden, dass der Kläger zu 1 Anspruch auf subsidiären Schutz nach § 4 AsylVfG hat. Es kann nicht festgestellt werden, dass ihm bei einer Rückkehr nach Serbien ein ernsthafter Schaden droht (§ 4 Abs. 1, Abs. 3 AsylVfG). Es liegen weiter auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 3 AufenthG vorliegen.
52 
Der Kläger zu 1 hat aber Anspruch auf Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen. Danach soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.
53 
Gesundheitlich bedingte Gefahren können unter bestimmten Umständen diese Voraussetzungen erfüllen. Bei einer bereits im Bundesgebiet vorhandenen Krankheit ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass sich die vorhandene Erkrankung bei einer Rückkehr in den Heimatstaat aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmern würde, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben führte; dies ist der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.10.2006, BVerwGE 127, 33; Beschl. v. 24.05.2006, InfAuslR 2006, 485; Urt. v. 25.11.1997, BVerwGE 105, 383). Diese Gefahr muss alsbald nach der Rückkehr drohen (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.10.2006, a.a.O.), d. h. ungefähr innerhalb eines Jahres nach Rückkehr (vgl. OVG Niedersachsen, Beschl. v. 23.02.2009, AuAS 2009, 160). Erforderlich ist dabei die Erstellung einer Gefahrenprognose (vgl. BVerwG, Beschl. v. 08.02.2011 - 10 B 1/11 -, juris).Hierzu sind alle vorhandenen Erkenntnisse und der dem § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG innewohnende Grundsatz der Zumutbarkeit zu würdigen und es ist gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO daraus eine richterliche Überzeugung zu bilden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 08.02.2011, a.a.O.; Urteil der erkennenden Kammer vom 06.07.2005 - A 17 K 10181/05 -). Als Maßstab kann darauf abgestellt werden, ob die Gesundheitsgefahren aus Sicht eines vernünftigen und besonnenen Menschen ernstlich zu befürchten und damit überwiegend wahrscheinlich sind (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 30.12.2004 - 13 A 1250/04.A -; Beschlüsse vom 16.12.2004 - 13 A 4512/03.A - und - 13 A 1140/04.A -; Beschl. v. 26.04.2007 - 13 A 4611/04.A). Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die zu einer Verschlimmerung der Erkrankung führen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.10.2006, a.a.O.).
54 
Der Kläger zu 1 leidet an einer psychischen Erkrankung und zwar an einer rezidivierenden depressiven Störung. Sie hatte sich nach dem oben dargestellten Vorfall vom 15.01.2009 entwickelt. Der Kläger zu 1 befand sich deswegen schon in Serbien in ärztlicher Behandlung und befindet sich seit Anfang 2012 in Deutschland in psychiatrischer Behandlung. Als Diagnosen wurden hier festgestellt: Rezidivierende depressive Störung, ggf. schwere Episode sowie posttraumatische Belastungsstörung. Dabei hat der Kläger zu 1 dreimal Selbsttötungsversuche unternommen. Für den Kläger zu 1 ist als Behandlung erforderlich: Regelmäßige psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung und Behandlung mit Antidepressiva und neuroleptischer Therapie. Um eine seelische Stabilität zu erreichen, ist ein sicheres soziales Umfeld notwendig. Sollte der Kläger zu 1 keine regelmäßigen psychotherapeutischen Gespräche bzw. keine medikamentöse Therapie erhalten, und im Falle von Veränderungen im sozialen Umfeld, vor allem bei Abschiebung in sein Heimatland, ist zu befürchten, dass die depressiven Symptome zunehmen und es im schlimmsten Fall im Rahmen dieser zu einem erneuten Selbsttötungsversuch kommt. Dies ergibt sich überzeugend aus der vom Gericht eingeholten Stellungnahme von A. E., Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie vom 19.02.2014.
55 
Danach ist aus der Sicht eines vernünftigen und besonderen Menschen ernstlich zu befürchten und damit wahrscheinlich, dass schon bei einer Abschiebung nach Serbien dort die depressiven Symptome zunehmen und es dabei zu einem erneuten Selbsttötungsversuch kommt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 27.09.2007, InfAuslR 2008, 94). Dies liegt schon deshalb nicht fern, weil der Kläger zu 1 schon aufgrund der verfahrensrelevanten Umstände drei Selbsttötungsversuche gemacht hat. Hierfür sprechen auch die Angaben, die die Klägerin zu 2 hierzu in der mündlichen Verhandlung gemacht hat: Der Kläger zu 1 habe im Laufe der Zeit immer mehr Angst vor allen Menschen bekommen. Sein Verhalten habe sich immer mehr verschlimmert. Im August 2010 sei es dahin kulminiert, dass er gesagt habe, er möchte nicht in so einem Land leben, wo er zweiter Klasse sei. In der Nacht vom 03. auf den 04. August 2010 habe er getrunken. Sie habe geahnt, dass etwas passieren würde. Als sie instinktiv aufgewacht sei, habe er auf dem Sessel gelegen. Sie habe dann Notarzt und Arzt angerufen. Es habe ein Selbstmordversuch vorgelegen, nach dem er sieben Tage im Krankenhaus habe verbringen müssen. Sie hätten dann auch Klage erhoben und einen Anwalt eingeschaltet. Die Situation des Klägers zu 1 habe sich immer mehr verschlechtert. Sie habe nicht mehr gewusst, wie sie ihm und der Familie habe helfen sollen. Deshalb hätten sie beschlossen, außerhalb Serbiens Hilfe zu suchen.
56 
Weiter führt - unabhängig von den bisherigen Ausführungen - zu einer Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, dass die nach der ärztlichen Einschätzung zwingend erforderliche medikamentöse Therapie in Serbien nicht gewährleistet wäre. Nach der vom Gericht eingeholten Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland Belgrad vom 01.04.2014 ist zwar davon auszugehen, dass in Serbien die für den Kläger zu 1 notwendigen Behandlungen, die psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung und auch die medikamentösen Behandlungen, grundsätzlich vorhanden wären; die beim Kläger zu 1 diagnostizierten Erkrankungen wären damit behandelbar. Dabei wären die psychotherapeutischen und psychiatrischen Behandlungen auch für den Kläger zu 1 kostenlos erreichbar. Im konkreten Falle des Klägers zu 1 wäre aber nicht sichergestellt, dass er die notwendigen Medikamente auch tatsächlich bekommen würde.
57 
Nach der Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland Belgrad vom 01.04.2014 können Patienten Medikamente - auch in staatlichen Apotheken - nur mit einer bestimmten Kostenbeteiligung erhalten (vgl. auch SFH vom 04.10.2012). Danach ist unbestritten, dass die Roma weiterhin einen erschwerten Zugang zu Gesundheitsdiensten haben. Zwar haben die Angehörigen der Volksgruppe der Roma die gleichen Rechte wie alle anderen Bürger Serbiens, somit auch das Recht auf Gesundheitsschutz. Sie müssen wie alle krankenversicherten Bürger aber auch die vorgeschriebene Kostenbeteiligung für Medikamente bezahlen. Sie können nur versuchen, die notwendigen Medikamente über humanitäre und kirchliche Organisationen zu bekommen (Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland Belgrad vom 07.06.2013 an VG Bremen).
58 
Dies gilt auch, wenn man davon ausgeht, dass die Zuzahlungen keine hohen Beträge beinhalten und die Kläger Anspruch auf Kindergeld haben (vgl. näher VG Bremen, Urt. vom 06.01.2014, a.a.O.). Denn es erscheint ausgeschlossen, dass der Kläger zu 1 in Serbien wieder Arbeit findet. Dagegen spricht der Gesundheitszustand des Klägers zu 1, der schon in Serbien dazu führte, dass er nur noch zeitweise arbeiten konnte, im Übrigen aber krankgeschrieben war. Weiter ist dabei zu berücksichtigten, dass der Zugang zum Arbeitsmarkt für Roma schon ohne diese zusätzlichen Erschwernisse grundsätzlich schwierig ist (Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 18.10.2013).
59 
Danach ist auch die gegen den Kläger zu 1 gerichtete Abschiebungsandrohung rechtswidrig. Denn Serbien wurde nicht als Staat bezeichnet, in den nicht abgeschoben werden darf (§ 59 Abs. 3 Satz 2 AufenthG). Anhaltspunkte dafür, dass die Abschiebung in einen anderen Staat in Betracht kommen könnte, bestehen nicht.
60 
Klägerin zu 2
61 
Die Klägerin zu 2 hat die geltend gemachten Ansprüche nicht. Sie ist Kroatin und hat sich nicht darauf berufen, wegen ihrer Volkszugehörigkeit in Serbien verfolgt zu werden. Darüber hinaus hat sie auch keine individuelle Verfolgung geltend gemacht. Schließlich ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass für sie aus gesundheitlichen Gründen die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.
62 
Die Androhung der Abschiebung gegenüber ihr ist rechtmäßig.
63 
Die Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 AsylVfG sind gegeben. Ein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte oder auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft besteht nicht; ein Aufenthaltstitel liegt nicht vor.
64 
Die Abschiebungsandrohung ist auch insoweit rechtmäßig, als nicht Serbien als Staat bezeichnet ist, in den nicht abgeschoben werden darf (§ 59 Abs. 3 Satz 2 AufenthG). Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 1 bis 7 AufenthG stehen einer Abschiebung dorthin nicht entgegen. Insoweit wird auf die Ausführungen oben verwiesen.
65 
Kläger zu 3 und 4
66 
Die Kläger zu 3 und 4 haben die geltend gemachten Ansprüche nicht. Nach den obigen Ausführungen besteht auch für die Kläger zu 3 und 4 keine Verfolgungsgefahr aufgrund der Volkszugehörigkeit, unabhängig davon, ob man sie der Gruppe der Roma oder der Gruppe der Kroaten zurechnet.
67 
Für die Kläger zu 3 und 4 sind auch keine individuellen Verfolgungsgründe ersichtlich. Die Angaben des Klägers zu 1 bei der Anhörung, die Tochter sei in der Schule diskriminiert worden wegen ihrer ethnischen Zugehörigkeit, und die Angaben der Klägerin zu 2 bei ihrer Anhörung, für die Kinder gebe es keine speziellen weiteren Asylgründe lassen keine konkrete Verfolgungssituation erkennen. Dabei beriefen sich die Kläger zu 1 und 2 bei der Anhörung gar nicht darauf, die Tochter sei von einer Gruppe Mitschüler aufgrund ihrer Herkunft verprügelt worden, wie es im ärztlichen Attest des Klinikums S. W. vom 11.02.2013 steht. Die Angaben sind jedenfalls insgesamt zu vage, um daraus irgendeine Vorverfolgung herzuleiten.
68 
Auch für die Kläger zu 3 und 4 gilt: Die Androhung der Abschiebung ist rechtmäßig.
69 
Die Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 AsylVfG sind gegeben. Ein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte oder auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft besteht nicht; ein Aufenthaltstitel liegt nicht vor.
70 
Die Abschiebungsandrohung ist auch insoweit rechtmäßig, als nicht Serbien als Staat bezeichnet ist, in den nicht abgeschoben werden darf (§ 59 Abs. 3 Satz 2 AufenthG). Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 1 bis 7 AufenthG stehen einer Abschiebung dorthin nicht entgegen. Insoweit wird auf die Ausführungen oben verwiesen.
71 
Dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsbeweisantrag muss nicht stattgegeben werden. Denn das Gericht ist bei seiner Entscheidung vom Vorliegen der zum Beweis gestellten Tatsachen ausgegangen.
72 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1, 159 S. 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO, § 83 b Abs. 1 AsylVfG.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 21. August 2006 - A 2 K 11717/04 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens in beiden Rechtszügen. Der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Die Klägerin begehrt die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 1, hilfsweise Abs. 7 AufenthG.
Die 1950 geborene Klägerin stammt aus dem Kosovo und ist nach eigenen Angaben Angehörige der Volksgruppe der Roma und muslimischen Glaubens. Sie ist alleinerziehende Mutter von zwei Kindern, geb. 1990 und 1992 (das Berufungsverfahren des Sohnes G. wurde vom erkennenden Senat unter dem Aktenzeichen A 11 S 332/07 mit Beschluss vom heutigen Tag entschieden; das Berufungsverfahren der Tochter wurde nach Klagerücknahme abgetrennt und mit Beschluss vom 17.08.2009 - A 6 S 1815/09 - eingestellt). Im Mai 1992 reiste die Klägerin mit ihrem inzwischen verstorbenen Ehemann nach Deutschland ein und beantragte die Gewährung von Asyl. Nachdem die Ladung zur Anhörung nicht zugestellt werden konnte, wurde der Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte mit bestandskräftigem Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge; im Folgenden: Bundesamt) vom 12.11.1993 abgelehnt. Zugleich wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG sowie Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen und der Klägerin die Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien angedroht. Im Rahmen der Begründung wurde davon ausgegangen, die Klägerin sei albanische Volkszugehörige.
Am 18.01.2000 stellte die Klägerin beim Bundesamt einen Asylfolgeantrag, den sie damit begründete, sie gehöre der Volksgruppe der Roma an, was nach ihrer Erinnerung im früheren Verfahren nicht deutlich gemacht worden sei. Vom serbischen Regime seien sie als Albanerin angesehen worden und deswegen Verfolgungen ausgesetzt gewesen. Seit dem Ende der kriegerischen Auseinandersetzungen würden die im Kosovo lebenden Roma zunehmend von der albanischen Bevölkerung verfolgt, misshandelt und zum Teil getötet. Auch im übrigen Jugoslawien sei mit asylerheblicher Verfolgung zu rechnen. Sie spreche sowohl die albanische Sprache als auch Romanes. Ausweislich der vorgelegten Bestätigung von Herrn N.v.H. sei sie Angehörige der Volksgruppe der Roma. Hinzu komme, dass sie, wie ein Krankenhausbericht belege, an mehreren Erkrankungen - u.a. Diabetes mellitus Typ II, arterielle Hypertonie und posttraumatische Belastungsstörung - leide, deren Behandlung insbesondere im Kosovo nicht gewährleistet sei.
Mit Bescheid vom 15.07.2004 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens und auf Abänderung des Bescheids vom 12.11.1993 bezüglich der Feststellung zu § 53 AuslG ab und drohte der Klägerin die Abschiebung nach Serbien und Montenegro an: Die Voraussetzungen nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG seien nicht erfüllt. Aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Gruppe der Roma habe die Klägerin politische Verfolgung weder im Kosovo noch im übrigen Serbien und Montenegro zu befürchten. Die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens zu § 53 AuslG seien ebenfalls nicht gegeben. Abschiebungshindernisse gemäß § 53 AuslG lägen nach wie vor nicht vor. Die allgemeine Situation der Roma, Ashkali und Ägypter im Kosovo stelle keine extreme konkrete Gefährdung für jeden Einzelnen im Sinne des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG dar. Abschiebungshindernisse ergäben sich schließlich auch nicht aus den gesundheitlichen Beschwerden der Klägerin. Es sei davon auszugehen, dass die Klägerin unter mehreren medikamentös behandlungsbedürftigen chronischen Beeinträchtigungen leide und daneben auch im neurologisch-psychiatrischen Bereich Beeinträchtigungen bestünden. Insbesondere das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung sei allerdings nicht hinreichend belegt worden. Im Kosovo sei nach den vorliegenden Auskünften sowohl eine antidepressive medikamentöse Behandlung als auch eine ärztliche bzw. nervenärztliche Behandlung möglich. Auch die chronischen Erkrankungen (Diabetes mellitus und Hypertonie) seien nach Auskunftslage ausreichend behandelbar; die erforderlichen Medikamente seien verfügbar und erhältlich. Ein Anspruch auf eine bestimmte, den hiesigen Verhältnissen entsprechende Behandlung bestehe grundsätzlich nicht. Auch Roma und Ashkali hätten unbeschränkten Zugang zum Gesundheitssystem.
Hiergegen hat die Klägerin am 03.08.2004 beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben, mit der sie sich darauf beruft, dass sie als Angehörige der Volksgruppe der Roma aus dem Kosovo vertrieben worden sei. Unter den Folgen des Fluchttraumas leide sie noch heute. Es sei davon auszugehen, dass Angehörige der Roma nach wie vor mit Verfolgung und Vertreibung rechnen müssten, ohne dass auch seitens internationaler Organisationen ausreichender Schutz gewährt werden könne. Ausweislich der vorgelegten Atteste und Stellungnahmen leide sie an zahlreichen Erkrankungen und sei deswegen schwerbehindert. Zuletzt habe sie sich einer Herzkatheteruntersuchung unterziehen müssen. Es seien unter anderem eine Aortenstenose, arterielle Hypertonie, Hyperlipidämie und Diabetes mellitus festgestellt worden. Eine adäquate Behandlung der Mehrfacherkrankungen sei im Kosovo nicht möglich. Zum einen existiere im Kosovo keine ausreichende Gesundheitsversorgung, zum anderen sei Angehörigen der Roma der Zugang zur rudimentären medizinischen Versorgung nicht möglich. Die Behandlung von Diabetes mellitus sei im Kosovo nicht finanzierbar. Sie leide außerdem an einer posttraumatischen Belastungsstörung, die im Kosovo nach den vorliegenden Auskünften und Stellungnahmen ebenfalls nicht adäquat behandelbar sei.
Die Beklagte ist dem unter Bezugnahme auf den angefochtenen Bescheid entgegengetreten.
Mit Urteil vom 21.08.2006 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Klägerin keine tatsächlichen Umstände geltend gemacht habe, aus denen sich eine individuelle politische Verfolgung ergeben könnte. Sie unterliege im Kosovo auch aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer ethnischen Minderheit keiner politischen Gruppenverfolgung. Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG seien nicht erfüllt. Es sei davon auszugehen, dass Angehörige der Minderheiten der Ashkali und „Ägypter“ im allgemeinen aufgrund der von UNMIK und KFOR eingeleiteten Maßnahmen vor Verfolgung effektiv geschützt seien, soweit nicht individuelle tatsächliche Umstände dagegen sprächen. Dabei gehe das Gericht auf der Grundlage der Angaben der Klägerin im Erstverfahren sowie im vorliegenden Verfahren davon aus, dass sie der Volksgruppe der Roma im weiteren Sinne und darunter den Ashkali zuzurechnen sei. Sie sei muslimischen Glaubens, spreche albanisch und besitze einen albanischen Namen. Unter den Roma, die den Albanern nahe stünden, sei sie den sogenannten Ashkali zuzuordnen, weil nicht erkennbar sei, dass sie eine Roma-Identität besitze, denn sie habe sich in den bisherigen Verfahren als Albanerin bezeichnet. Als Ashkali sei sie vor nicht-staatlicher Verfolgung hinreichend geschützt. Auch Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG lägen nicht vor. Aus den von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Attesten und ihrem Vortrag in der mündlichen Verhandlung ergebe sich nicht, dass bei ihr zum gegenwärtigen Zeitpunkt krankheitsbedingte Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorlägen. Die Krankheiten seien zum einen - Diabetes mellitus II, arterielle Hypertonie und die aus der Aortenstenose resultierende Herzinsuffizienz - nach den vorliegenden Erkenntnissen im Kosovo behandelbar, zum anderen - cerebrale Durchblutungsstörungen, die zu Kopfschmerzen und Schwindel führten - sei keine erhebliche konkrete Gefahr ersichtlich. Die Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Ashkali führe zu keiner anderen Einschätzung; das öffentliche Gesundheitssystem stehe ausweislich der Auskunftslage allen Ethnien offen. Soweit der Klägerin psychische Erkrankungen attestiert worden seien, entsprächen die vorgelegten Atteste bereits nicht den Mindestanforderungen für den Nachweis psychischer Erkrankungen. Auch diene der Abschiebungsschutz aus § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht dazu, eine bestehende Erkrankung optimal zu behandeln oder ihre Heilungschancen zu verbessern, vielmehr müsse sich ein Ausländer auf den Standard der Gesundheitsversorgung im Heimatland verweisen lassen. Für Angehörige der Ashkali seien auch aufgrund der allgemeinen Lebensverhältnisse im Kosovo die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht erfüllt. Eine extreme allgemeine Gefahrenlage, die die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG überwinden könnte, könne auch für die Minderheit der Ashkali nicht angenommen werden.
Auf Antrag der Klägerin hat der 6. Senat des erkennenden Gerichtshofs mit Beschluss vom 22.05.2007 - A 6 S 1051/06 - die Berufung zugelassen, soweit die Verpflichtungsklage auf Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 bzw. 7 AufenthG abgewiesen worden ist. Die Berufung sei zwar nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, weil die in der Antragsbegründung aufgeworfenen Fragen keiner fallübergreifenden Klärung zugänglich seien. Es liege jedoch mit dem geltend gemachten Gehörsverstoß ein die Berufung eröffnender Verfahrensmangel vor. Das Verwaltungsgericht habe das Vorbringen der Klägerin in ihrem Asylfolgeantrag, wonach sie der Volksgruppe der (ethnischen) Roma angehöre und sowohl albanisch als auch Romanes spreche sowie die hierzu beigefügte Bestätigung erkennbar nicht oder jedenfalls nur unvollständig in seine Würdigung des Sachverhalts einbezogen. Das übergangene Vorbringen sei auch entscheidungserheblich, weil das Nichtvorliegen der (tatbestandlichen) Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 und 7 AufenthG maßgeblich damit begründet worden sei, dass die Klägerin gerade der Roma-Untergruppe der Ashkali angehöre.
Zur Begründung ihrer Berufung führt die Klägerin unter Bezugnahme auf ihr bisheriges Vorbringen aus, dass sie der Volksgruppe der Roma angehöre und wegen dieser Volkszugehörigkeit bei Rückkehr in den Kosovo mit Übergriffen durch die albanische Mehrheit rechnen müsse, ohne dass ihr durch staatliche oder internationale Organisationen hiergegen Schutz gewährt werden könnte. Sie sei vor ihrer Flucht bereits Angriffen und Misshandlungen durch Albaner und Serben ausgesetzt gewesen, die ihre Ursache in ihrer Volkszugehörigkeit gehabt hätten. Es habe sich um ethnisch motivierte An- und Übergriffe im Jahre 1990 gehandelt. Gegenüber der Minderheit der Roma bestehe seitens der albanischen Bevölkerungsmehrheit weiterhin eine latente Pogromstimmung, gegen die kein Schutz zu erlangen sei. Wegen der Übergriffe der albanischen und serbischen Bevölkerung vor ihrer Flucht leide sie unter anderem an einer posttraumatischen Belastungsstörung, was durch die Vorlage entsprechender Atteste belegt worden sei. Insoweit sei bei einer Rückkehr von einer Retraumatisierung auszugehen. Die Erkrankung sei im Kosovo zudem nicht behandelbar. Hinzu kämen weitere schwerwiegende Erkrankungen, deren adäquate Behandlung im Kosovo auch aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit nicht möglich bzw. nicht finanzierbar sei. Bei einer Rückkehr sei von einer erheblichen, lebensgefährdenden Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes auszugehen, wie insbesondere die ärztliche Bescheinigung Dr. S. vom 27.11.2009 belege.
10 
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
11 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 21.08.2006 - A 2 K 11717/04 - zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 15.07.2004 zu verpflichten, festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG, hilfsweise dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 7 AufenthG hinsichtlich des Kosovo vorliegen.
12 
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
13 
die Berufung zurückzuweisen.
14 
Sie führt aus, dass allein wegen der Romazugehörigkeit nicht mit einer asylrechtlich relevanten Verfolgung zu rechnen sei. Die von der Klägerin vorgelegten Atteste und Arztberichte belegten zahlreiche Erkrankungen, die jedoch keinen konkreten Hinweis auf eine Unbehandelbarkeit im Kosovo ergäben. Dies gelte auch für die vorgetragene PTBS-Erkrankung. Eine asylrechtlich erhebliche Erkrankung sei insoweit nicht ausreichend nachgewiesen. Die in der ärztlichen Bescheinigung Dr. S. vom 27.11.2009 aufgeführten erforderlichen Medikamente würden nach Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland Pristina vom 26.11.2009 an das VG Minden im Kosovo kostenlos zur Verfügung gestellt. Auch depressive Störungen seien nach dieser Auskunft im Kosovo in den medizinischen Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitssystems uneingeschränkt behandelbar.
15 
Der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten hat keinen Antrag gestellt und ausgeführt, dass er keine inhaltsbezogene Stellungnahme abgeben könne. Er merke aber an, dass UNMIK und KFOR nach weitgehend einhelliger Sichtweise sowohl willens als auch hinreichend in der Lage seien, Roma im Kosovo Schutz zu bieten. Dies habe gerade die Bewältigung der Unruhen vom März 2004 gezeigt. Ein Anspruch auf den Flüchtlingsstatus lasse sich daher nicht bejahen. Ob ein Anspruch auf Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 AufenthG bestehe, könne nach der Berufungsbegründung nicht bewertet werden.
16 
Dem 11. Senat, dem der Rechtsstreit zum 01.01.2010 zugeteilt wurde, liegen die einschlägigen Akten der Beklagten (2 Bände) und des Verwaltungsgerichts (1 Band) vor. Hierauf wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes Bezug genommen.
II.
17 
Der Senat entscheidet gemäß § 130a VwGO über die Berufung durch Beschluss, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden (§§ 130a Satz 2, 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
18 
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts stellt sich im Ergebnis als richtig dar. Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 15.07.2004 ist zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 AsylVfG) rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG oder auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG hinsichtlich des Kosovo. Es besteht auch kein Anspruch auf Neubescheidung (§ 113 Abs. 5 VwGO).
19 
Entsprechend der Berufungszulassung ist Gegenstand des Berufungsverfahrens nur die von der Klägerin begehrte Verpflichtung zur Flüchtlingsanerkennung nach § 60 Abs. 1 AufenthG, hilfsweise die Feststellung von Abschiebungsverboten vorrangig nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG oder schließlich nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.06.2008 - 10 C 43.07 - BVerwGE 131, 198).
20 
Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des Klagebegehrens sind das Asylverfahrensgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 02.09.2008 (BGBl. I 1798) sowie § 60 AufenthG in der Fassung der Neubekanntmachung vom 25.02.2008 (BGBl. I 162). Damit sind auch die durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007 (BGBl. I 1970) eingetretenen Rechtsänderungen zu berücksichtigen.
21 
1. Da der erste Asylantrag der Klägerin bereits 1993 bestandskräftig abgelehnt wurde, handelt es sich bei ihrem am 18.01.2000 gestellten Asylantrag um einen Folgeantrag. Dieser Antrag genügt den Anforderungen des § 71 AsylVfG nicht (hierzu 1.1.). Unabhängig davon scheidet eine Flüchtlingsanerkennung der Klägerin auch deshalb aus, weil Angehörige der Roma im Kosovo keiner Gruppenverfolgung unterliegen (hierzu 1.2.).
22 
1.1. Gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ist auf einen nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrags gestellten Folgeantrag ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen. Hiernach setzt ein Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens insbesondere voraus, dass eine Änderung der Sach- oder Rechtslage eingetreten ist oder neue Beweismittel vorliegen und dass die Geeignetheit dieser Umstände für eine dem Antragsteller günstigeren Entscheidung schlüssig dargelegt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.1987 - 9 C 285/86 - juris). Der Folgeantrag muss binnen dreier Monate gestellt werden, wobei die Frist mit dem Tag beginnt, an dem der Betroffene Kenntnis von dem Wiederaufgreifensgrund hat ( § 51 Abs. 3 VwVfG).
23 
Diese Voraussetzungen sind für den Folgeantrag der Klägerin vom 18.01.2000 nicht erfüllt. Zur Begründung dieses Antrags hat sie im Wesentlichen geltend gemacht, sie gehöre (schon immer) der Volksgruppe der Roma an, was im Asylerstverfahren nicht deutlich gemacht worden sei und nun durch ein neues Beweismittel, die Bestätigung des Herrn N.v.H., belegt werden könne. Dieser Vortrag substantiiert ersichtlich keine „geänderte“ Sach- oder Rechtslage. Die Roma-Bestätigung des Herrn N.v.H. ist zudem kein „neues Beweismittel“ i.S.v. § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG, weil dies nur solche Beweismittel sind, die geeignet erscheinen, das bisherige Tatsachenvorbringen eines Asylantragstellers zu stützen; § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG betrifft mithin neue Beweismittel für „alte“ Tatsachen. Die Klägerin hingegen hat sich im Asylerstverfahren 1992 nach Aktenlage mit keinem Wort darauf berufen, der Volksgruppe der Roma anzugehören. Die mit dem Asylfolgeantrag vom 18.01.2000 vorgelegte Krankenhausbescheinigung schließlich datiert vom 29.01.1999; insoweit ist die Dreimonatsfrist des § 51 Abs. 3 VwVfG mithin offensichtlich nicht eingehalten worden.
24 
1.2. Selbst wenn von einem hinreichenden Folgeantrag sowie davon auszugehen wäre, dass es sich bei der Klägerin um eine Angehörige der Volksgruppe der Roma handelt, würde ein Anspruch auf Flüchtlingsanerkennung (§ 3 Abs. 4 AsylVfG) ausscheiden. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylVfG ist ein Ausländer Flüchtling, wenn er in dem Staat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder in dem er als Staatenloser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, den Bedrohungen nach § 60 Abs. 1 AufenthG ausgesetzt ist. Einer solchen Bedrohung ist die Klägerin, auch als Zugehörige zur Volksgruppe der Roma, im Kosovo nicht ausgesetzt.
25 
Nach § 60 Abs. 1 AufenthG darf ein Ausländer in Anwendung des Abkommens vom 28.07.1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II 559) nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Gemäß Satz 4 dieser Vorschrift kann eine Verfolgung im Sinne des Satzes 1 ausgehen von a) dem Staat, b) Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen oder c) nichtstaatlichen Akteuren, sofern die unter den Buchstaben a und b genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht, es sei denn, es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative. Gemäß Satz 5 sind für die Feststellung, ob eine Verfolgung nach Satz 1 vorliegt, Art. 4 Abs. 4 sowie die Art. 7 bis 10 der (Qualifikations-) Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. EU Nr. L 304 S. 12) ergänzend anzuwenden.
26 
Nach diesem Maßstab droht der Klägerin im Kosovo keine Verfolgung. Eine Verfolgung als Angehörige der Roma durch den Staat oder durch Parteien und Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des kosovarischen Staatsgebiets beherrschen, macht die anwaltlich vertretene Klägerin nicht geltend. Sie verweist ausschließlich auf eine Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure wegen der Zugehörigkeit zur ethnischen Minderheit der Roma. Die Annahme einer solchen Verfolgung setzt voraus, dass die Klägerin als Angehörige dieser Minderheit wegen ihrer „Rasse“ bedroht ist (§ 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG), dass der Staat, die Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staates beherrschen, erwiesenermaßen nicht in der Lage oder willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten und dass keine innerstaatliche Fluchtalternative besteht (§ 60 Abs. 1 Satz 4 AufenthG). Nicht anders als eine staatliche Gruppenverfolgung setzt die von der Klägerin geltend gemachte Gruppenverfolgung durch nichtstaatliche Akteure voraus, dass jedes im Verfolgungsgebiet lebende Gruppenmitglied wegen der Gruppenzugehörigkeit von Verfolgung betroffen ist. Dies erfordert Verfolgungshandlungen gegen die Gruppe, die so intensiv und zahlreich sind, dass jedes einzelne Mitglied der Gruppe daraus die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit ableiten kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.04.2009 - 10 C 11.08 - InfAuslR 2009, 315). Eine solche Verfolgungsdichte, die die Regelvermutung eigener Verfolgung begründet, lässt sich für Angehörige der Roma auf der Grundlage der dem Senat vorliegenden Erkenntnismittel im Kosovo nicht feststellen (so schon VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.04.2008 - A 6 S 1028/05 - sowie Sächs. OVG, Urteil vom 19.05.2009 - A 4 B 229/07 - juris).
27 
Das Sächsische Oberverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 21.07.2009 – A 4 B 554/07 – (juris) hierzu Folgendes ausgeführt:
28 
„Im Kosovo gibt es nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 2.2.2009 mehr als 30.000 Angehörige der Roma (davon wohl 23.000 Ashkali und Ägypter), wobei der UNHCR Ashkali und Ägypter nicht mehr zur Gruppe der Personen mit einem fortbestehenden Bedürfnis nach internationalem Schutz zählt (Lagebericht S. 16). Eine Volkszählung im Jahr 1991 habe 42.000 Roma auf dem Gebiet des Kosovo ergeben, nach Angaben von Roma-Verbänden habe die Anzahl der Roma mit rund 120.000 deutlich höher gelegen. Nach Amnesty International (Asyl-Info 3/2009, S. 6) wurden im März 2004 ca. 4.100 Angehörige von Minderheiten durch ethnisch motivierte Gewalttaten vertrieben, darunter auch Roma. Im Anschluss an den Einsatz der NATO hätten Albaner zahlreiche Häuser der Roma zerstört. Viele Angehörige der Roma lebten heute in extremer Armut, nahezu alle Roma seien von Arbeitslosigkeit betroffen. Seit der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo im Februar 2008 habe sich die Lage der Roma nicht verbessert; Roma seien von den sozialen Sicherungssystemen faktisch ausgeschlossen und kaum in der Lage, sich eine medizinische Grundversorgung zu leisten. Aktionspläne zur Integration von Roma, Ashkali und Ägyptern seien im Kosovo bislang nicht umgesetzt werden. Auf gewaltsame Repressionen durch nichtstaatliche Akteure - wie sie von der Klägerin geltend gemacht wird - verweist Amnesty International dagegen nicht mehr. Das Positionspapier der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 10.10.2008 führt aus, dass es seit den pogromartigen Ausschreitungen von März 2004 zu keinen größeren Übergriffen gegen Roma-Gemeinschaften gekommen sei. Angehörigen der Roma, Ashkali und Ägypter drohe „in Einzelfällen“ noch asylrelevante Verfolgung, wenn sie im Verdacht der Kollaboration mit der ehemaligen serbischen Verwaltung oder der Teilnahme an Plünderungen stünden. Während der vergangenen Jahre habe sich die Sicherheitssituation der Roma-Gemeinschaften allmählich verbessert. Die Sicherheitslage im Kosovo sei insgesamt auch für ethnische Minderheiten stabil. Im Bereich ihrer Siedlungen drohten den Angehörigen der Roma im Allgemeinen keine Gewaltakte. Diese Einschätzung wird durch den Lagebericht des Auswärtigen Amts bestätigt, nach dem die Anzahl ethnisch motivierter Vorfälle von 62 im Jahr 2006 auf 24 im Jahr 2007 gefallen sei (S. 14). Im Rahmen groß angelegter Wiederaufbauprojekte seien umfangreiche Baumaßnahmen durchgeführt worden, um eine dauerhafte Rückkehr von Roma etwa in der Siedlung Roma Mahala zu ermöglichen (Lagebericht S. 16 f.). Auch die Schweizerische Flüchtlingshilfe (Positionspaper vom 10.1.2008), die eine Rückkehr von Roma in den Kosovo als unzumutbar ansieht, beschreibt die Lage der abgeschottet von der „Außenwelt“ lebenden Roma-Gemeinschaften als relativ sicher, wobei eine „asylrelevante Verfolgung“ in „Einzelfällen“ nur solchen Angehörigen von Minderheiten drohe, die im Verdacht der Kollaboration mit der früheren serbischen Verwaltung oder der Teilnahme an Plünderungen stünden.“
29 
Dieses Bild wird durch den in das Verfahren eingeführten Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 19.10.2009 - Kosovo - bestätigt. Auch hier wird die ausgesprochen schwierige Lage der Roma im Kosovo dargestellt, aber zusammenfassend ausgeführt, es gebe keine Anzeichen für eine staatliche Verfolgung (S. 10). Für ethnische Roma, die sich während des Krieges nicht ausdrücklich auf die Seite Serbiens gestellt haben oder in gewalttätige Handlungen gegen Kosovo-Albaner verwickelt waren, würden keine Erkenntnisse über eine Gefährdung seitens der albanischen Bevölkerung vorliegen. Roma-Familien, die z.B. während des Krieges den albanischen Nachbarn halfen, Schutz zu finden, würden respektiert. Ihre Stellung sei die gleiche wie die der albanischen Bevölkerung. Eine individuelle Gefährdungslage könne für Roma allerdings dann bestehen, wenn sie sich vor oder während der kriegerischen Auseinandersetzungen in den Augen der albanischen Bevölkerung auf die Seite der Serben gestellt und sich auf Seiten der Serben an den Auseinandersetzungen gegen ihre albanischen Nachbarn beteiligt haben. Einer solchen regional bestehenden individuellen Gefährdung könnten sie jedoch durch Wohnsitznahme in einem anderen Landesteil entgehen (S. 15).
30 
Ausgehend von diesem Erkenntnismittel bestehen jedenfalls im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats hinsichtlich des Kosovo keine greifbaren Anhaltspunkte für die Annahme einer Gruppenverfolgung der Roma (ebenso für Ashkali VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.04.2008 - A 6 S 1026/05 - juris), selbst wenn man realistischerweise davon ausgehen muss, dass nicht jeder Übergriff auf einen Angehörigen dieser Volksgruppe zur Anzeige kommt. Da die Klägerin auch nach ihren eigenen Angaben nicht zum Personenkreis derjenigen gehört, die im Verdacht der Kollaboration mit der früheren serbischen Verwaltung oder etwa der Teilnahme an Plünderungen stehen, sie zudem albanisch spricht und sich zum muslimischen Glauben bekennt, fehlen selbst bei Anlegung des sogenannten herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstabs hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin nach Rückkehr in ihre Heimat dort verfolgt werden könnte. Ein Anspruch der Klägerin auf Flüchtlingsanerkennung im Folgeverfahren scheidet mithin aus.
31 
2. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 7 AufenthG. Hierüber ist ungeachtet der Frage zu entscheiden, ob der Folgeantrag der Klägerin insoweit die Voraussetzungen des § 71 AsylVfG i.V.m. § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG erfüllt (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.03.2000 - 9 C 41.99 - BVerwGE 101, 77).
32 
2.1. Ein (europarechtlich begründetes) Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG ist nicht erkennbar. Nach dieser Norm ist von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abzusehen, wenn er dort als Angehöriger der Zivilbevölkerung einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt ist. Die Vorschrift setzt die sich aus Art. 18 i.V.m. Art. 15 lit. c der Qualifikationsrichtlinie ergebenden Verpflichtungen auf Gewährung eines „subsidiären Schutzstatus“ bzw. „subsidiären Schutzes“ in nationales Recht um. Der Begriff des internationalen wie auch des innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ist dabei unter Berücksichtigung der Bedeutung dieser Begriffe im humanitären Völkerrecht, insbesondere unter Heranziehung von Art. 3 der Genfer Konventionen zum humanitären Völkerrecht von 1949 und des zur Präzisierung erlassenen Zusatzprotokolls II von 1977 auszulegen. Danach müssen die Kampfhandlungen von einer Qualität sein, wie sie u.a. für Bürgerkriegssituationen kennzeichnend sind, und über innere Unruhen und Spannungen wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und ähnliche Handlungen hinausgehen. Bei innerstaatlichen Krisen, die zwischen diesen beiden Erscheinungsformen liegen, scheidet die Annahme eines bewaffneten Konflikts i.S.v. Art. 15 lit. c der Qualifikationsrichtlinie nicht von vornherein aus. Der Konflikt muss jedoch zumindest ein bestimmtes Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen, wie sie typischerweise in Bürgerkriegsauseinandersetzungen und Guerillakämpfen zu finden sind (ausführlich: BVerwG, Urteil vom 24.06.2008 - 10 C 43.07 - BVerwGE 131, 198). Davon kann im Kosovo derzeit nicht ausgegangen werden. Die Situation dort rechtfertigt nicht die Annahme eines Bürgerkriegs oder einer bürgerkriegsähnlichen Situation und damit eines landesweit oder auch nur regional bestehenden bewaffneten Konflikts i.S.v. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG. Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 19.10.2009 – Kosovo – (S. 5) hat sich die Sicherheitslage seit den Unruhen im März 2004 vielmehr weitgehend beruhigt und ist überwiegend stabil.
33 
2.2. Auch ein (national begründetes) Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist im Falle der Klägerin nicht erkennbar. Nach dieser Norm soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn diesem dort eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit droht. Dies setzt das Bestehen individueller Gefahren voraus. Beruft sich ein Ausländer hingegen auf allgemeine Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG, die nicht nur ihn persönlich, sondern zugleich die gesamte Bevölkerung oder seine Bevölkerungsgruppe allgemein treffen, wird - abgesehen von Fällen der richtlinienkonformen Auslegung bei Anwendung von Art. 15 lit. c der Qualifikationsrichtlinie für internationale oder innerstaatliche bewaffnete Konflikte - der Abschiebungsschutz grundsätzlich nur durch eine generelle Regelung der obersten Landesbehörde nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG gewährt. Beim Fehlen einer solchen Regelung kommt die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Schutzlücke (Art. 1, Art. 2 Abs. 2 GG) in Betracht, d.h. nur zur Vermeidung einer extremen konkreten Gefahrenlage in dem Sinne, dass dem Ausländer sehenden Auges der sichere Tod droht oder er schwerste Gesundheitsbeeinträchtigungen zu erwarten hätte (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.06.2008 - 10 C 43.07-, BVerwGE 131, 198 <211 f.> Rn. 31 f.).
34 
Eine solche extreme konkrete Gefahrenlage besteht für die Klägerin im Hinblick auf ihre vorgetragene Zugehörigkeit zur Minderheit der Roma im Kosovo ungeachtet der für diese Volksgruppe nach wie vor dort in erheblichem Ausmaß bestehenden Schwierigkeiten nicht (vgl. hierzu m.w.N. bereits Urteil des VGH Bad.-Württ. vom 24.04.2008 a.a.O.; Lagebericht des Auswärtigen Amtes - Kosovo - vom 19.10.2009, S. 10 ff.; s.a. Sächs. OVG, Urteil vom 19.05.2009 a.a.O.; OVG Saarland, Beschluss vom 08.02.2008 - 2 A 16/07 - juris). Da insbesondere die von der Klägerin befürchtete Verfolgungssituation nicht hinreichend wahrscheinlich ist (s.o.), kann auch nicht von der Gefahr schwerster Gesundheitsbeeinträchtigungen oder gar von Todesgefahr bei einer Rückkehr in den Kosovo ausgegangen werden.
35 
Auch im Hinblick auf den Gesundheitszustand der Klägerin vermag der Senat keine erhebliche konkrete Gefahrenlage zu erkennen. Nach den vorliegenden ärztlichen Attesten und den Angaben der Klägerin kann nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit von einer wesentlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes alsbald nach der Rückkehr in ihre Heimat ausgegangen werden, insbesondere weil eine adäquate Behandlung dort nicht möglich oder nicht erlangbar ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.10.2006 - 1 C 18.05 - BVerwGE 127, 33). Zwar hat die Klägerin 2001 einen Schlaganfall erlitten und leidet nach den vorliegenden fachärztlichen Attesten insbesondere an einer behandlungsbedürftigen Hypertonie, einem behandlungsbedürftigen Diabetes mellitus sowie psychovegetativen Störungen mit Depressivität (vgl. die Atteste des Allgemeinmediziners Dr. N. vom 20.06.2005, 11.01.2006, 27.07.2006, 14.10.2009 und 19.11.2009, die weitere, u.a. orthopädische und psychiatrische Diagnosen, aber keine konkret durchgeführte Behandlung nennen, die Anlass zu näherer Überprüfung geben könnte; s.a. das kardiologische Attest des Theresienkrankenhauses M. vom 04.05.2005, das aufgrund des Herzkatheter-Befundes eine konservative, medikamentöse Therapie - lediglich - empfiehlt, den Bericht der UMM vom 24.03.2009 sowie die Atteste des Neurologen und Psychiaters Dr. S. vom 13.06.2005, 12.01.2006 und 23.11.2009, die ebenfalls verschiedene Diagnosen, aber keine konkrete Behandlung nennen, sowie die diese Einschätzungen bestätigende ärztliche Bescheinigung Dr. S. vom 27.11.2009). Aufgrund der aktuellen Erkenntnislage zur medizinischen Versorgung im Kosovo ist im Falle der Klägerin jedoch keine beachtlich wahrscheinliche Gefahr für Leib und Leben im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erkennbar, weil ihre Erkrankungen in ihrer Heimat hinreichend behandelbar sind. Insbesondere nach den Lageberichten des Auswärtigen Amtes vom 02.02.2009 und 19.10.2009 - Kosovo - wird die medizinische Grundversorgung der Bevölkerung durch ein in der Qualität aus finanziellen Gründen allerdings manchmal eingeschränktes staatlich finanziertes öffentliches dreistufiges Gesundheitssystem gewährleistet, und zwar durch Erstversorgungszentren, Krankenhäuser auf regionaler Ebene und eine spezialisierte Gesundheitsversorgung durch die Universitätsklinik Pristina. Daneben gibt es im Kosovo mittlerweile eine große Anzahl von Privatpraxen und einige privat geführte medizinische Behandlungszentren, die eine Vielzahl von Behandlungsmöglichkeiten anbieten. Für medizinische Leistungen sowie für bestimmte Basismedikamente hat der Patient Eigenbeteiligungen zu zahlen, die nach vorgegebenen Sätzen pauschal erhoben werden. Von der Zuzahlungspflicht befreit sind jedoch Invaliden und Empfänger von Sozialleistungen, chronisch Kranke, Kinder bis zum 10. Lebensjahr und Personen über 65 Jahre. Die Medikamentenversorgung im staatlichen Gesundheitssystem wird zentral vom kosovarischen Gesundheitsministerium gesteuert, wobei der Medikamentenbedarf in den letzten Jahren mangels ausreichender finanzieller Mittel nicht vollständig gedeckt werden konnte. Im Bedarfsfall sind aber nahezu alle Medikamente über Apotheken beziehbar.
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Vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, dass für die attestierten chronischen Erkrankungen der Klägerin, die derzeit allein mit Basismedikamenten behandelt werden, im Kosovo eine erforderliche medizinische Behandlung nicht gewährleistet wäre oder aus finanziellen Gründen scheitern könnte. Als chronisch Kranke ist die Klägerin von den genannten Zuzahlungen im öffentlichen Gesundheitssystem befreit und wird vorrangig mit den erforderlichen Medikamenten versorgt. Die in der ärztlichen Bescheinigung D. S. vom 27.11.2009 genannten Medikamente, die die Klägerin derzeit einnimmt, sind nach der von der Beklagten vorgelegten Auskunft der Deutschen Botschaft in Pristina vom 26.11.2009 im Kosovo kostenlos erhältlich. Etwas anderes ergibt sich auch nicht, soweit die Klägerin ausführt, sie sei alleinerziehend und befürchte, als Angehörige der Volksgruppe der Roma die ggf. (grundsätzlich) vorhandenen medizinischen Behandlungsmöglichkeiten nicht zu erhalten. Ungeachtet einer möglicherweise nicht optimalen medizinischen Versorgungslage im Kosovo ist nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten, dass die Klägerin als Roma die notwendige Behandlung nicht wird erlangen können. Denn das öffentliche Gesundheitssystem steht grundsätzlich allen Ethnien offen (vgl. hierzu auch die Auskunft des Deutschen Verbindungsbüros Kosovo an das VG Sigmaringen vom 07.06.2005).
37 
Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin - wie sie andeutet - an einem schwer zu behandelnden, komplexen Krankheitsbild leidet und etwa ein weiterer Schlaganfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen könnte, ergeben sich aus den vorliegenden ärztlichen Bescheinigungen nicht. Auch eine sonstige beachtlich wahrscheinliche Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist trotz der dargelegten gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht hinreichend feststellbar. Nach den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Lageberichten des Auswärtigen Amtes vom 02.02.2009 und 19.10.2009 ist die Grundversorgung der gesamten Bevölkerung des Kosovo zwischenzeitlich gewährleistet. Bedürftige Personen erhalten Unterstützung in Form von Sozialhilfe, deren Höhe sich allerdings selbst gemessen an den Lebensbedingungen im Kosovo auf niedrigem Niveau bewegt. Empfänger von Sozialhilfeleistungen sind jedoch insbesondere von Zuzahlungen im öffentlichen Gesundheitssystem befreit. Zwar ist es für Angehörige der Volksgruppe der Roma aufgrund von Vorurteilen der übrigen Bevölkerung schwierig, Wohnraum anzumieten. Es stehen aber Übergangsunterkünfte und bezugsfertige Wohnmöglichkeiten im groß angelegten Aufbauprojekt der Siedlung „Roma Mahala“ in Süd-Mitrovica zur Verfügung, wo auch ein „Haus der Gesundheit“ eröffnet worden ist, das eine medizinische Grundversorgung der Bewohner unmittelbar vor Ort sicherstellen kann.
38 
Soweit sich die Klägerin schließlich auf das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung beruft, wurde diese Diagnose zwar in den beim Bundesamt vorgelegten Attesten des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. P. vom 15.07.2002, 08.10.2002, 05.05.2003 und 22.09.2003 neben zahlreichen anderen Diagnosen aufgezählt; es wurden verschiedene Medikamente und eine wöchentliche Psychotherapie genannt, ein konkreter Behandlungsbedarf sowie eine Prognose wurden jedoch - trotz der Aufforderung bereits des Bundesamts, hierzu konkrete Angaben zu machen -, nicht näher beschrieben. Im Attest vom 22.09.2003 wird lediglich der Vortrag der Klägerin zu ihren Ausreisegründen wiedergeben, nicht aber die Diagnose begründet oder eine konkrete Behandlung näher bezeichnet. Der für die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung befähigte Facharzt für Psychiatrie und Neurologie Dr. S., bei dem die Klägerin nach eigenen Angaben seit Jahren in Behandlung ist, deutet die Diagnose einer Traumaerkrankung in seinen später erstellten Attesten noch nicht einmal an (vgl. Atteste vom 13.06.2005 und vom 12.01.2006). Vom Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung kann vor diesem Hintergrund weder ausgegangen werden noch ergibt sich ergänzender Klärungsbedarf (vgl. zu den an ein fachärztliches Attest zu stellenden Mindestanforderungen auch BVerwG, Urteil vom 11.09.2007 - 10 C 8.07 - BVerwGE 129, 251). Abgesehen davon ist es für den Senat auch in keiner Weise nachzuvollziehen, dass die Erkrankung auf traumatischen Erlebnissen beruhen könnte, die der Klägerin als Roma vor ihrer Einreise in das Bundesgebiet zugestoßen waren. Zum einen hatte sie sich im Asylerstverfahren mit keinem Wort auf ihre Zugehörigkeit zu den Roma berufen, zum anderen fehlt es auch insoweit bis heute an jedem nachvollziehbaren Vortrag. Wiederum losgelöst hiervon geht der Senat im Übrigen davon aus, dass posttraumatische Belastungsstörungen und andere psychische Erkrankungen im Kosovo - wenn auch nicht optimal - behandelt werden können (Lagebericht des Auswärtigen Amtes - Kosovo - vom 19.10.2009, S. 24). Klärungsbedürftige Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ergeben sich (auch) hieraus nicht. Soweit die Klägerin die Einholung eines Sachverständigengutachtens begehrt, handelt es sich mangels entsprechender Anknüpfungstatsachen nicht um einen Beweis-, sondern um einen bloßen Beweisermittlungsantrag, der auf Ausforschung gerichtet ist und dem Senat auch vor dem Hintergrund des Grundsatzes der Amtsermittlung (§ 86 Abs. 1 VwGO) keinen Anlass gibt, den Sachverhalt weiter aufzuklären (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 11.09.2007 - 10 C 8.07 - a.a.O.; Beschluss vom 24.05.2006 - 1 B 118.05 - InfAuslR 2006, 485; Beschluss vom 28.03.2006 - 1 B 91.05 u.a. - NVwZ 2007, 346; Beschluss vom 29.06.2005 - 1 B 174.04 - juris).
39 
3. Die Abschiebungsandrohung im Bescheid des Bundesamts vom 15.07.2004 ist ungeachtet der heute abweichenden Zielstaatsbezeichnungen nicht zu beanstanden (vgl. zur Abschiebung in den Kosovo auch Senatsbeschluss vom 22.07.2008 - 11 S 1771/08 - InfAuslR 2008, 420).
40 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 83b AsylVfG und einer entsprechenden Anwendung des § 162 Abs. 3 VwGO.
41 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in beizutreibender Höhe leistet.


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Tenor

Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage 5 A 269/15 gegen den Bescheid vom 13. Januar 2015 anzuordnen, wird abgelehnt.

Gerichtskosten werden nicht erhoben. Der Antragsteller trägt die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens.

Gründe

1

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage (5 A 269/15) ist zwar nach § 80 Abs. 5 VwGO i.V.m. § 36 Abs. 3 AsylVfG zulässig, aber unbegründet, weil keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts i.S.d. § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG bestehen. Angegriffen hat der Antragsteller den Bescheid vom 13. Januar 2015, mit dem die Antragsgegnerin die Anträge des Antragstellers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Asylanerkennung als offensichtlich unbegründet abgelehnt sowie subsidiären Schutzstatus nicht zuerkannt hat. Des Weiteren liegen nach dem Bescheid Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vor, und dem Antragsteller wird die Abschiebung nach Serbien angedroht.

2

Ernstliche Zweifel im Sinne von § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG liegen nach der verfassungsrechtlichen Vorgabe in Art. 16 a Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 GG dann vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (BVerfG, Urt. v. 14.5.1996, 2 BvR 1516/93, BVerfGE 94, 166 <194>). Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig (§ 36 Abs. 4 Satz 2 AsylVfG). Hinsichtlich der Entscheidungen des Bundesamtes der Antragsgegnerin in Nr. 1 und 2 der Bescheide, dass die Anerkennungsvoraussetzungen „offensichtlich“ nicht vorliegen, gilt, dass das Gericht im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur diese Einschätzung des Bundesamtes zum Gegenstand seiner Prüfung zu machen hat (vgl. BVerfG, Urt. v. 14.5.1996, 2 BvR 1516/93, BVerfGE 94, 166 <192>).

3

Die Ablehnung des Antrags auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet beruht auf § 29 a Abs. 1 AsylVfG. Nach dieser Vorschrift ist der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat i.S.d. Art. 16 a Abs. 3 Satz 1 GG (sicherer Herkunftsstaat) als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht.

4

Das Heimatland des Antragstellers, Serbien, ist ein sicherer Herkunftsstaat in diesem Sinne, weil gemäß § 29 a Abs. 2 AsylVfG in Anlage II zu § 29 a AsylVfG bezeichnet. Die Einstufung Serbiens als sicherer Herkunftsstaat erfolgte aufgrund des Gesetzes zur Einstufung weiterer Staaten als sichere Herkunftsstaaten und zur Erleichterung des Arbeitsmarktzugangs für Asylbewerber und geduldete Ausländer vom 31. Oktober 2014, BGBl. I S. 1649 mit Wirkung vom 6. November 2014. Die Gerichte sind an diese Einstufung gebunden, es sei denn, sie sind der Überzeugung, dass sich die Einstufung als verfassungswidrig erweist (BVerfG, Urt. v. 14.5.1996, 2 BvR 1507/93, Rn. 65). Das erkennende Gericht ist dieser Überzeugung nicht. Für den Gesetzgeber besteht hinsichtlich der Einstufung als sicherer Herkunftsstaat ein Entscheidungsspielraum, der überschritten ist, wenn der Gesetzgeber sich bei der Entscheidung der Einstufung als sicherer Herkunftsstaat nicht von guten Gründen leiten lässt (vgl. BVerfG, Urt. v. 14.5.1996, 2 BvR 1507/93, juris insbesondere Rn. 87), wofür vorliegend keine Anhaltspunkte bestehen (vgl. VG Berlin, Beschl. v. 9.12.2014, 7 L 603.14 A; a. A. möglicherweise VG Münster, Beschl. v. 27.11.2014, 4 L 867/14.A, juris, sowie Bader in InfAuslR, 2015, 69 ff.). Der Gesetzgeber hat bei seiner Entscheidung bezüglich Serbiens den Umstand in seine Erwägungen einbezogen, dass in der serbischen Öffentlichkeit Vorbehalte und Vorurteile gegenüber Angehörigen bestimmter ethnischer Gruppen, insbesondere Roma, weit verbreitet seien, sowie dass die wirtschaftliche, soziale und gesellschaftliche Lage der Roma schwierig sei (BT-Drs. 18/1528 S. 16, 17).

5

Um Verfolgungsfällen gerecht zu werden, können auch Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten grundsätzlich als Asylberechtigte und Flüchtlinge anerkannt werden, und zwar gemäß § 29 a Abs. 1 AsylVfG entgegen der Vermutung in Art. 16 a Abs. 3 Satz 2 GG. Die in Art. 16 a Abs. 3 Satz 2 GG aufgestellte Vermutung geht dahin, dass der aus einem sicheren Herkunftsstaat stammende Ausländer nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatschen vorträgt, die die Annahme begründen, dass er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird (dann Art. 16 a Abs. 1 GG bzw. § 3 Abs. 1 AsylVfG mit der Folge des § 60 Abs. 1 AufenthG).

6

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ablehnung des Antrags auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet bestehen nicht. Der Antragsteller hat entgegen § 29 a Abs. 1 AsylVfG nicht Tatsachen oder Beweismittel angegeben, die die Annahme begründen, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Serbien politische Verfolgung droht. Er hat insbesondere nicht schlüssig, substantiiert und glaubhaft geltend gemacht, dass er sich gemäß § 3 Abs. 1 AsylVfG aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe in verfolgungsschutzrelevanter Intensität (vgl. § 3 a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG), von verfolgungsrelevanten Akteuren (vgl. § 3 d AsylVfG) ausgehend, außerhalb Serbiens befindet. Der Antragsteller hat bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt am 3. Dezember 2014 auf die Frage nach seinen Ausreisegründen und zuvor schriftlich unter dem 21. Oktober 2014 unsustantiiert und ohne erkennbaren verfolgungsrelevanten Bezug im Wesentlichen lediglich vorgetragen, sein Leben sei in Serbien seit fünf Jahren unverändert in Gefahr. Er werde von einem Mann immer wieder erneut um Geld erpresst, solches sei in seiner Heimatstadt Nis und auch in Belgrad geschehen. Die Polizei von Belgrad habe ein Protokoll aufgenommen. Der Polizei in Nis sei der Mann bekannt. Die Polizei habe ihm aber nicht helfen können. Im Übrigen habe der Mann ihn und seine Frau geschlagen.

7

Damit trägt der Antragsteller vor, dass er Opfer kriminellen Handelns sei, ein verfolgungsrelevanter Bezug ist nicht erkennbar. Die behauptete Lebensgefahr ist von dem Antragsteller nicht schlüssig begründet worden. Belegt ist sein Vortrag, auch bezüglich der vergeblichen Inanspruchnahme der Polizei, nicht. Das Gericht schließt sich den Ausführungen der Antragsgegnerin im angegriffenen Bescheid an, wonach die Angaben des Antragstellers angesichts der Angaben der Ehefrau des Antragstellers bei deren Anhörung vor dem Bundesamt (Az.: 5828597-170, 5 AE 468/15, 5 A 467/15) nicht überzeugend seien und das Verhalten des Antragstellers und seiner Frau zeige, dass keine ernsthafte Bedrohung in Serbien vorgelegen habe. Hiergegen bringt der Antragsteller in der Begründung des vorliegenden Eilantrags nichts vor. Zweifel an der Glaubhaftigkeit des Vortrags bestehen auch, soweit der Antragsteller vorgetragen hat, er und seine Frau seien von dem Mann geschlagen worden. Seine Frau hat bei ihrer Anhörung nichts dergleichen erwähnt.

8

Vor diesem Hintergrund bestehen auch keine ernstlichen Zweifel an der Rechtsmäßigkeit der Ablehnung des Antrags auf Asylanerkennung als offensichtlich unbegründet, zumal der Antragsteller auf dem Landweg über Ungarn und damit über einen sicheren Drittstaat gemäß Art. 16a Abs. 2 GG eingereist ist.

9

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Nichtzuerkennung des subsidiären Schutzstatus bestehen ebenfalls nicht. Nach § 4 AsylVfG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (1.), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (2.) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (3.). Schutzberechtigende Vorkommnisse hat der Antragsteller, wie oben dargelegt, nicht glaubhaft vorgetragen.

10

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Feststellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen, bestehen ebenfalls nicht. Das gilt hinsichtlich eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG auch i. V. m. Art. 2 Abs. 2 des 4. Zusatzprotokolls zur EMRK (das Gericht geht hierauf ein, weil der Antragsteller in seiner Antragsbegründung die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Stuttgart, dazu siehe unten, erwähnt hat). Nach Art. 2 Abs. 2 des 4. Zusatzprotokolls zur EMRK steht es jeder Person frei, jedes Land, einschließlich des eigenen, zu verlassen. Denn abgesehen davon, dass § 60 Abs. 5 AufenthG ausdrücklich nur auf die EMRK, BGBl. 1952 II S. 685 und nicht auf die Zusatzprotokolle verweist, besteht bei Abschiebungen in einen anderen Vertragsstaat der EMRK eine Mitverantwortung des abschiebenden Staates, die Konventionsrechte im Zielstaat der Abschiebung zu gewährleisten, nur dann, wenn dem Ausländer nach seiner Abschiebung Folter oder sonstige schwere und irreparable Misshandlungen drohen und effektiver Rechtsschutz – auch durch den EGMR – nicht oder nicht rechtzeitig zu erreichen ist (BVerwG, Urt. v. 7.12.2004, 1 C 14/04), so dass die insoweitige Rechtmäßigkeit der Nichtfeststellung eines entsprechenden Abschiebungsverbots nicht ernstlich zweifelhaft ist (vgl. VG Oldenburg, Urt. v. 10.9.2012, 5 A 1245/11, juris Rn. 30 sowie i. E. VG München, Urt. v. 16.1.2014, M 24 K 13.30752; Urt. v. 22.3.2013, M 24 K 12.30893, juris, allerdings mit dem Argument, die Menschenrechtsgarantie sei nicht in ihrem Kern bedroht. Dieses Argument überzeugt nicht, es beruht auf der Rechtsprechung des BVerwG zur Menschenrechtsgarantie bezüglich Nichtzeichnerstaaten, vgl. so schon VG Hamburg, Beschl. v. 11.3.2014, 5 AE 4412/13).

11

Auch ansonsten sind Abschiebeverbote nicht ersichtlich. Es spricht nichts dagegen anzunehmen, dass der Antragsteller nach Rückkehr in sein Herkunftsland wie bisher auch seinen Lebensunterhalt wird sichern können.

12

Soweit sich der Antragsteller in seiner Antragsbegründung auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Stuttgart stützt und meint, seinen Klageanträgen sei entsprechend stattzugeben, dürften die Urteile des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. März 2014, A 11 K 5036/13, und vom 28. Mai 2014, A 11 K 1996/14, gemeint sein, in denen das Verwaltungsgericht Stuttgart eine politische Verfolgung der Roma in Serbien mit Blick auf Art. 2 Abs. 2 des 4. Zusatzprotokolls zur EMRK wegen Einschränkung der Freizügigkeit durch gesetzliche Regelungen und deren administrative Umsetzung gesehen hat. Die vorliegend erkennende Einzelrichterin ist nicht davon überzeugt, dass eine etwaige Einschränkung der Freizügigkeit von Angehörigen der Roma durch die serbischen gesetzlichen Regelungen und deren administrative Umsetzung die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylVfG für den Antragsteller begründet. Zwar können gesetzliche und administrative Maßnahmen als Verfolgung i. S. d. §§ 3 Abs. 1, 3a Abs. 1 AsylVfG gelten (§ 3a Abs. 2 Nr. 2 AsylVfG). Die Flüchtlingseigenschaft setzte aber voraus, dass der Antragsteller rechtsschutzlos dagegen ist (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 2, lit. a AsylVfG). Der Antragsteller hätte indes die zumutbare Möglichkeit, in Serbien und letztlich ggf. vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung seines Rechts aus Art. 2 Abs. 2 des 4. Zusatzprotokolls zur EMRK zu rügen und effektiven Rechtsschutz zu erlangen.

13

Die Ausreiseaufforderung und die Abschiebungsandrohung sind nicht zu beanstanden (vgl. § 34 Abs. 1 AsylVfG).

14

Die Kostenentscheidung entspricht § 83 b AsylVfG, § 154 Abs. 1 VwGO.

Tenor

Die Anträge werden abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, in dem Gerichtskosten nicht erhoben werden.


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Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


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Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist serbischer Staatsangehöriger und Volkszugehöriger der Roma. Er stammt aus Novi Sad. Seine Lebensgefährtin sowie die beiden gemeinsamen Kinder betreiben eigene Asylverfahren mit dazugehörigen gerichtlichen Verfahren (Az.: W 1 K 14.30696, W 1 S 14.30697). Der Antragsteller und seine Familienangehörigen beantragten im August 2013 erfolglos in Schweden Asyl. Nach Ablehnung ihrer Asylanträge kehrten sie nach Serbien zurück und reisten zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt im Mai 2014 auf dem Landweg in einem Pkw in das Bundesgebiet ein. Am 8. Oktober 2014 stellte der Antragsteller einen Zweitantrag.

In der persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 8. Oktober 2014 (Bl. 23 ff. der Bundesamtsakte) gab der Antragsteller im Wesentlichen an, er kenne seine frühere Adresse in Serbien nicht genau, er denke aber, dass er in Novi Sad gelebt habe. Er kenne die Namen seiner Eltern nicht und habe auch keinen Kontakt zu ihnen. Den Aufenthaltsort anderer Verwandter in Serbien habe er vergessen. Manche von ihnen seien auch im Gefängnis. Er habe keinen Beruf ausgeübt, sondern aus Müllcontainern gelebt. Er legte Lichtbilder von einem Haus vor, in dem er gelebt habe. Auf die Frage, wie lange er nicht mehr in Serbien gewesen sei, gab der Antragsteller an, seitdem er hier sei. Er habe in Serbien keine Möglichkeit zu leben gehabt. In Deutschland gingen seine Kinder in die Schule und seien ordentlich. Auch wenn sie in Serbien zur Schule gegangen seien, hätten sie keine Möglichkeit gehabt, zu lernen. In dem Haus, in dem sie gelebt hätten, habe man sich nicht waschen können und es habe keinen Strom gegeben. Er sei nervenkrank. Die Krankheit komme von dem schlechten Leben in Serbien. Sie hätten leiden müssen, weil sie nie etwas gehabt hätten. Er wisse nicht, was eine Krankenversicherung ist. Er habe Sozialhilfe beantragt, aber nichts erhalten. Kindergeld habe er nicht erhalten. Arbeit erhielten nur Leute, die eine Ausbildung hätten. Er sei nicht zur Schule gegangen, weil seine Mutter Analphabetin gewesen sei und nicht gewusst habe, was Schule heiße. Er wolle jedoch, dass seine Kinder in Deutschland in die Schule gehen. Wann er Serbien verlassen habe, wisse er nicht. Als Analphabet könne er nicht politisch aktiv sein. Er habe auch nie Probleme mit Behörden gehabt. Wegen seiner Nervenkrankheit sei er in Serbien nicht behandelt worden.

Nachweise für die geltend gemachte Erkrankung wurden nicht vorgelegt.

Mit Bescheid vom 18. November 2014 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1 des Bescheides) sowie auf Asylanerkennung (Ziffer 2) als offensichtlich unbegründet ab, lehnte die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus ab (Ziffer 3) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 4). Der Antragsteller wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe des Bescheides zu verlassen; für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde ihm die Abschiebung nach Serbien angedroht (Ziffer 5). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, es sei ein weiteres Asylverfahren durchzuführen, weil aufgrund des Vortrags des Antragstellers eine Änderung der Sachlage eingetreten sei. Der Antragsteller stamme aus einem sicheren Herkunftsstaat. Er habe nichts glaubhaft vorgetragen oder vorgelegt, was zu der Überzeugung gelangen ließe, dass entgegen der Einschätzung der allgemeinen Lage in seinem Herkunftsland die Voraussetzungen für die Annahme einer begründeten Furcht vor Verfolgung erfüllt seien. Der Vortrag des Antragstellers sei auch nicht geeignet, zu einem für ihn abweichenden Ergebnis einer dennoch bestehenden individuellen Gefährdung i. S. des § 4 Abs. 1 AsylVfG zu gelangen. Dass seine Kinder trotz Schulbesuchs nicht hätten lernen können und die schwierige Lebens- und Wohnsituation stellten mangels Erheblichkeit keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung dar. In Bezug auf Gefahren einer Verletzung des Art. 3 EMRK, die individuell durch einen konkret handelnden Täter drohten, sei im Rahmen des § 60 Abs. 5 AufenthG keine andere Bewertung als bei der Prüfung des subsidiären Schutzes denkbar. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Serbien führten nicht zu der Annahme, dass bei Abschiebung des Antragstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Die hierfür vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte geforderten hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab seien nicht erfüllt. Auch unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des Antragstellers sei eine Verletzung des Art. 3 EMRK nicht beachtlich wahrscheinlich, die schlechte Wohnsituation begründe kein Abschiebungsverbot in diesem Sinne. Um seine Wohnsituation zu verbessern, sei der Antragsteller auf sämtliche ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Einkommensbeschaffung zu verweisen. Darunter falle neben eigenen Anstrengungen auch die Unterstützung durch seine Verwandten, die in Serbien lebten. Darüber hinaus könne er als serbischer Staatsangehöriger die dort zur Verfügung stehenden Sozialleistungen beantragen. Es drohten dem Antragsteller auch keine individuellen Gefahren für Leib oder Leben i. S. des § 60 Abs. 7 AufenthG.

Mit am 28. November 2014 eingegangenem Schriftsatz ließ der Antragsteller Klage erheben, über die noch nicht entschieden ist (Az. W 1 K 14.30694).

Gleichzeitig beantragt er,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Zur Begründung ließ der Antragsteller im Wesentlichen ausführen, er sei nach seiner Rückkehr von Schweden nach Serbien verstärkt Diskriminierungen wegen seiner Volkszugehörigkeit ausgesetzt gewesen. Die Ausgrenzung habe sich durch den Umstand verstärkt, dass bekannt geworden sei, dass er in Schweden Asyl beantragt habe. Entgegen den Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid sei es Rückkehrern gerade nicht möglich, die grundsätzlich in Serbien zur Verfügung stehenden Mittel der Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen. Derartige Anträge würden seitens der Behörden gegenüber Roma, gerade wenn sie bereits im Ausland Asyl beantragt hätten und zurückgekehrt seien, regelmäßig versagt. Dem Antragsteller sei es nicht gelungen, eine menschenwürdige Bleibe in Serbien zu finden bzw. zu erhalten. Ausweislich der beigefügten Lichtbilder habe er ein Haus in der Nähe seines Herkunftsortes gefunden, das allerdings nicht bewohnbar sei. Im Winter sei dieses Haus ein das Kindeswohl gefährdender Ort, in dem die Gefahr erheblicher gesundheitlicher Schäden bestehe. Es gebe weder Wasser noch Strom noch eine Isolierung. Der Antragsteller lebe seit seiner Rückkehr vom Müll. Staatliche Unterstützung erhalte er nicht. Roma würden in Serbien extrem benachteiligt, indem ihnen der Zugang zum Arbeitsmarkt, zur Gesundheitsversorgung, zu Bildungsmöglichkeiten und insbesondere Sozialleistungen verwehrt werde. Der Antragsteller und seine Familienangehörigen könnten bei einer Rückkehr weder auf staatliche Hilfe noch auf Hilfen aus einem etwaigen sozialen Umfeld zurückgreifen. Rückkehrer nach Serbien erhielten anfänglich keine staatliche Unterstützung und keine Gesundheitsfürsorge. Aufgrund der Visumsfreiheit bestehe auch kein Anspruch mehr auf Starthilfen und Reisekosten aus dem GARP.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der zulässige, insbesondere innerhalb der Wochenfrist nach § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG gestellte Antrag, die kraft Gesetzes gemäß § 75 AsylVfG ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, ist zulässig, aber in der Sache nicht begründet. Denn es bestehen nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung in Ziffer 5 des streitgegenständlichen Bescheides vom 18. November 2014.

Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens nach § 36 Abs. 3 AsylVfG i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO ist die von der Antragsgegnerin ausgesprochene Abschiebungsandrohung, beschränkt auf die sofortige Vollziehbarkeit. Prüfungsmaßstab zur Frage der Bestätigung oder Verwerfung des Sofortvollzugs ist die Frage, ob die für die Aussetzung der Abschiebung erforderlichen ernstlichen Zweifel bezogen auf das Offensichtlichkeitsurteil des Bundesamtes vorliegen. Nach Art. 16a Abs. 4 Satz 1 GG, § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG darf die Aussetzung der Abschiebung nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Die Vollziehung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme darf nur dann ausgesetzt werden, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1516/93 - DVBl. 1996, 729, juris).

Offensichtlich unbegründet ist ein Asylantrag dann, wenn der Antragsteller aus einem sicheren Herkunftsstaat stammt, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht (§ 29a Abs. 1 AsylVfG). Offensichtlich unbegründet ist ein Asylantrag des Weiteren dann, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 AsylVfG offensichtlich nicht vorliegen (§ 30 Abs. 1 AsylVfG). Das ist insbesondere dann der Fall, wenn nach den Umständen des Einzelfalles offensichtlich ist, dass sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeine Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält (§ 30 Abs. 2 AsylVfG). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts setzt eine Abweisung der Asylklage als offensichtlich unbegründet voraus, dass im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise keine Zweifel bestehen können und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Abweisung der Klage dem Verwaltungsgericht geradezu aufdrängt (vgl. BVerfG, B. v. 20.9.2001 - 2 BvR 1392/00 - InfAuslR 2002, 146, juris; B. v. 5.2.1993 - 2 BvR 1294/92 - InfAuslR 1993, 196, juris). Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes kommt es darauf an, ob die Offensichtlichkeitsentscheidung in Bezug auf die geltend gemachten Asylgründe bei der hier gebotenen summarischen Prüfung mit der erforderlichen Richtigkeitsgewähr bestätigt werden kann.

Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Offensichtlichkeitsentscheidung des Bundesamtes nicht zu beanstanden.

1.

Ein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter steht dem Antragsteller offensichtlich nicht zu, da er aus einem sicheren Herkunftsstaat stammt. Der Anerkennung als Asylberechtigter steht somit Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG i. V. m. § 29a Abs. 1 AsylVfG i. V. m. Anlage II zum AsylVfG entgegen. Durch Art. 1 des Gesetzes vom 31. Oktober 2014 (BGBl I S. 1649) wurden die ehemaligen jugoslawischen Teilrepubliken Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und Serbien in die Liste der sicheren Herkunftsstaaten in Anlage II zu § 29a AsylVfG aufgenommen. Dieses Gesetz trat nach seinem Art. 3 am Tag nach der Verkündung, d. h. am 6. November 2014 in Kraft. Es findet damit gemäß § 77 Abs. 1 AsylVfG auf das Asylverfahren der Antragstellerin Anwendung. Das Gericht hat keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit bzw. Unionsrechtskonformität der Einstufung der genannten Staaten als sichere Herkunftsstaaten (vgl. VG Berlin B. v. 4.12.2014 - 7 L 596.14 A - juris Rn. 6; B. v. 26.11.2014 - 7 L 579.14 A - juris Rn. 6; a. A. VG Münster B. v. 27.11.2014 - 4 L 867/14. A - Urteilsabdruck S. 3 ff.). Bisher hat im Übrigen, soweit ersichtlich, noch kein deutsches Verwaltungsgericht das vorgenannte Gesetz gem. Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht zur verfassungsrechtlichen Überprüfung vorgelegt. Der Antragsteller hat des Weiteren keine Tatsachen glaubhaft gemacht, die geeignet wären, die gesetzliche Vermutung der Verfolgungssicherheit nach § 29a Abs. 1 AsylVfG zu widerlegen.

2.

Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylVfG scheidet ebenfalls offensichtlich aus, weil der Antragsteller keine individuellen Asylgründe vorgetragen hat, sondern nach seinem Vortrag offensichtlich nur aus wirtschaftlichen Gründen bzw. um einer allgemeine Notsituation zu entgehen, sich im Bundesgebiet aufhält (§ 30 Abs. 1, Abs. 2 AsylVfG).

Das Gericht geht darüber hinaus im Einklang mit der weit überwiegenden verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. nur Sächs. OVG, U. v. 17.5.2011 - A 4 A 510/10 - juris; OVG NRW, B. v. 14.12.2009 - 5 A 2716/09. A - juris; VG Saarlouis, B. v. 21.11.2011 - 10 L 1777/01 - juris; VG Oldenburg, U. v. 28.7.2010 - 11 A 2779/09 - juris; VG München, U. v. 2.6.2010 - M 17 K 09.50481 - juris; VG Freiburg, U. v. 13.5.2013 - A 3 K 734/11 - juris) davon aus, dass Angehörige der Volksgruppe der Roma in Serbien keiner Gruppenverfolgung i. S. des Art. 16a GG und § 3 Abs. 1 AsylVfG durch staatliche oder nichtstaatliche Akteure ausgesetzt sind. Auch nach dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amtes (Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Serbien, Stand November 2014 v. 15.12.2014) gibt es keine Anzeichen für systematische staatliche Verfolgungsmaßnahmen gegenüber Roma, auch wenn in der serbischen Öffentlichkeit Vorbehalte und Vorurteile gegen Minderheitenangehörige nach wie vor verbreitet sind.

3.

Die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus nach § 4 Abs. 1 AsylVfG kommt ebenfalls nicht in Betracht. Insbesondere droht dem Antragsteller im Falle der Rückkehr in sein Herkunftsland keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S. des § 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG.

Die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes gem. § 4 Abs. 1 AsylVfG liegen ebenfalls nicht vor. Insbesondere droht dem Antragsteller im Falle seiner Rückkehr nach Serbien keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S. des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG. Da diese Vorschrift der Umsetzung zwingender Richtlinienvorschriften der Europäischen Union dient, ist der Begriff der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung gemäß Art. 51 Abs. 1 GR-Charta in Einklang mit dem Grundrecht nach Art. 4 GR-Charta auszulegen. Bei der Auslegung des Art. 4 GR-Charta ist wiederum, da dieses Grundrecht dem Recht aus Art. 3 EMRK entspricht, gem. Art. 52 Abs. 3 Satz 1 GR-Charta die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK heranzuziehen.

Nach der Rechtsprechung zu Art. 3 EMRK können schlechte humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat nur in begründeten Ausnahmefällen in Bezug auf Art. 3 EMRK ein Abschiebungsverbot begründen, wenn es ernsthafte und stichhaltige Gründe dafür gibt, dass der Betroffene im Falle seiner Abschiebung tatsächlich Gefahr läuft, im Aufnahmeland einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden (vgl. BVerwG U. v. 31.1.2013 - 10 C 15/12 - juris Rn. 23 m. w. N.). Allerdings können Ausländer kein Recht aus der EMRK auf Verbleib in einem Konventionsstaat geltend machen, um dort weiter medizinische, soziale oder andere Hilfe und Unterstützung zu unterhalten. Der Umstand, dass im Falle einer Aufenthaltsbeendigung die Lage des Betroffenen einschließlich seiner Lebenserwartung erheblich beeinträchtigt würde, reicht nach dieser Rechtsprechung allein nicht aus, einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK anzunehmen. Anderes kann nur in besonderen Ausnahmefällen gelten, in denen humanitäre Gründe zwingend gegen die Aufenthaltsbeendigung sprechen (BVerwG a. a. O. unter Verweis auf EGMR U. v. 27.5.2008 - 26565/05, N./Vereinigtes Königreich - NVwZ 2008, 1334 Rn. 42, juris LS). Aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte lässt sich demgegenüber keine generelle Erstreckung des Schutzes nach Art. 3 EMRK auf zu gewährleistende Standards im Heimatstaat des Betroffenen ableiten (BVerwG a. a. O. Rn. 25). Daher können nur in ganz außergewöhnlichen Fällen auch (schlechte) humanitäre Verhältnisse Art. 3 EMRK verletzen, wenn die humanitären Gründe gegen die Abschiebung „zwingend“ sind. Maßgeblich ist dabei die Perspektive des abschiebenden Staates, aus dessen Sicht zu prüfen ist, ob der Betroffene durch die Abschiebung tatsächlich Gefahr läuft, eine Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Bei dieser Prüfung stellt der EGMR grundsätzlich auf den gesamten Abschiebungszielstaat ab und prüft zunächst, ob solche Umstände an dem Ort vorliegen, an dem die Abschiebung endet (BVerwG a. a. O. unter Verweis auf EGMR U. v. 28.6.2011 - 8319/07, Sufi und Elmi - NVwZ 2012,681, juris Leitsatz).

Gemessen an diesen Grundsätzen sind die humanitären Bedingungen in Serbien nicht derart ungünstig, dass sie zur Feststellung der Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG i. V. m. Art. 4 GR-Charta, Art. 3 EMRK führen könnten. Ungeachtet der für die Angehörigen der Volksgruppe der Roma in Serbien unbestritten nach wie vor in erheblichem Maße bestehenden Schwierigkeiten und bei Zugrundelegung der vom Antragsteller geschilderten Lebenssituation als zutreffend kann nicht von der Gefahr schwerster Gesundheitsbeeinträchtigungen oder gar von einer Todesgefahr bei seiner Rückkehr ausgegangen werden. Entgegen dem Vortrag des Antragstellers haben Roma in Serbien grundsätzlich Zugang zu allen staatlichen Einrichtungen und Dienstleistungen einschließlich der Sozialhilfe und der medizinischen Grundversorgung (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht Serbien, Stand November 2014, S. 14 f.). Auch Rückkehrer erhalten nach Abschluss der Registrierung bei den Wohn-ortbehörden und Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bzw. Anmeldung als Arbeitsuchende kostenfreien Zugang zur Gesundheits- und Sozialversorgung. Sollte ihre Registrierung aufgrund ihrer Ausreise erloschen sein, haben die Betroffenen die Möglichkeit der erneuten Registrierung (Lagebericht Serbien, S. 14). Hinsichtlich der Registrierung gilt für Rückkehrer der Grundsatz der Rückführung an den letzten Wohnort. Eine Registrierung an einem anderem als dem Herkunftsort eines Rückkehrers ist aufgrund der in Serbien grundsätzlich garantierten Niederlassungsfreiheit theoretisch möglich, in der Praxis jedoch nicht immer problemlos durchsetzbar. Dies gilt insbesondere, wenn die Betroffenen nicht in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln zu bestreiten und es ihnen nicht gelingt, einen Wohnsitz nachzuweisen. Dann ist mit erheblichem Widerstand der zuständigen Kommunalbehörden zu rechnen, der im Einzelfall nur durch Beschreitung des Rechtsweges überwunden werden kann (vgl. Lagebericht Serbien, S. 19). Es ist dem Antragsteller zumutbar, im Falle einer Verweigerungshaltung der serbischen Behörden seinen Anspruch auf Sozialhilfe im Beschwerdewege bzw. gerichtlich durchzusetzen. Im Übrigen geht das Gericht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass im Einzelfall die Ausländerbehörde - und nicht das Bundesamt bzw. das Verwaltungsgericht im Asylstreitverfahren - vor einer Abschiebung des Antragstellers nach Serbien zu prüfen hat, ob er dort registriert ist bzw. ob seine Registrierung dort noch besteht und/oder möglich ist (vgl. z. B. VG Würzburg, GB v. 12.6.2014 - W 1 K 12.30334 - Urteilsabdruck S. 10; VG Augsburg, U. v. 31.5.2012 - Au 6 K 11.30350 - juris).

Das Gericht folgt nicht der abweichenden Darstellung der tatsächlichen Registrierungsmöglichkeiten für Volkszugehörige der Roma in dem Bericht von Dr. Karin Waringo (Waringo, Pro Asyl, Serbien - ein sicherer Herkunftsstaat ? Eine Auswertung von Quellen zur Menschenrechtssituation). Anhaltspunkte dafür, dass Roma beim Zugang zur Registrierung und demzufolge zu Sozialleistungen systematisch diskriminiert würden, bestehen auch nach dem neuesten Lagebericht des Auswärtigen Amtes nicht. Vielmehr wurde durch das Änderungsgesetz zum Gesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit vom 31. August 2012 eine Grundlage geschaffen, um eine nachträgliche Eintragung ins Personenstandsregister für bisher nicht registrierte Personen unter vereinfachten Bedingungen zu erwirken. Damit soll der rechtliche Status insbesondere von Angehörigen der Roma-Minderheit verbessert werden. Im neuen Meldegesetz, das seit Ende 2011 in Kraft ist, wurde darüber hinaus eine Regelung aufgenommen, um Personen, die nicht über einen Personalausweis verfügen, die Anmeldung zu erleichtern. Mit der Richtlinie über das Verfahren der Verwirklichung der Rechte aus der Sozialpflichtversicherung ist geregelt, dass Angehörige der Roma-Minderheit im System der Sozialpflichtversicherung angemeldet sein können, auch wenn sie keinen angemeldeten Wohnsitz haben, wenn sie eine persönliche Erklärung abgeben, dass sie zur Roma-Minderheit gehören und wenn sie eine persönliche Erklärung über den Ort ihres vorläufigen Aufenthaltes abgeben (Lagebericht Serbien a. a. O., S. 14/15). Damit steht fest, dass der Antragsteller, der über einen Personalausweis verfügt, die tatsächliche Möglichkeit zu einer Registrierung in Serbien hat. Damit hat er, wenn er arbeitsunfähig ist oder seinen Unterhalt durch seine Arbeit allein, durch Unterhaltspflichten von Verwandten, durch sein Vermögen oder auf andere Art und Weise nicht sichern kann, sowohl Anspruch auf Sozialhilfe als auch auf Kindergeld (Lagebericht a. a. O., S. 15). Für die Erstaufnahme von Rückkehrern bestehen Notunterkünfte für die Dauer von bis zu zwei Wochen nach der Rückkehr (Lagebericht a. a. O., S. 15).

4.

Das Verwaltungsgericht hat darüber hinaus im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zu prüfen, ob das Bundesamt zu Recht das Vorliegen von Abschiebungsverboten verneint hat (vgl. Marx, AsylVfG, 8. Aufl. 2014, § 36 Rn. 56). Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegen zugunsten des Antragstellers jedoch nicht vor.

Im Hinblick auf § 60 Abs. 5 AufenthG i. V. m. Art. 3 EMRK kann auf die Ausführungen zum Fehlen der Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG (vgl. oben 3.) zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden.

Des Weiteren fehlt es auch an den Voraussetzungen eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Danach soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn diesem dort eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit droht. Dies setzt das Bestehen individueller Gefahren voraus. Beruft sich ein Ausländer hingegen auf allgemeine Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG, die nicht nur ihn persönlich, sondern zugleich die gesamte Bevölkerung oder eine Bevölkerungsgruppe allgemein betreffen, so ist die Gewährung von Abschiebungsschutz einer politischen Leitentscheidung der Obersten Landesbehörde nach § 60a AufenthG vorbehalten. Dies gilt auch im vorliegenden Fall. Die von den Antragstellern geschilderten Probleme und schlechten Lebensbedingungen treffen unstreitig für eine Vielzahl weiterer Personen im Abschiebestaat zu, insbesondere für Volkszugehörige der Roma (Lagebericht a. a. O.).

Beim Fehlen einer politischen Regelung i. S. des § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kommt die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Schutzlücke in Betracht. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist zutreffend anerkannt, dass im Falle einer extremen allgemeinen Gefahrenlage, die den einzelnen Ausländer im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausliefern würde, unabhängig vom Vorliegen individueller Abschiebungsverbote Schutz vor Abschiebung gewährt werden muss (vgl. BVerwG, U. v. 17.10.1995 - 9 C 9/95 - BVerwGE 99, 324 ff., juris; U. v. 4.6.1996 - NVwZ - Beilage 11/1996, 89 ff., juris). Insoweit lässt sich aus Art. 1 Abs. 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG der Grundsatz ableiten, dass ein Staat nicht durch seine Abschiebung dazu beitragen darf, den elementaren Anspruch jedes Menschen auf Menschenwürde und Leben und beeinträchtigen. Jenseits des Extremfalles der Auslieferung eines Menschen in den sicheren Tod und in die Gefahr schwerster Verletzungen besteht aber keine verfassungsrechtlich begründbare Garantenpflichten für die im Ausland als Folge der dort bestehenden sozialen, politischen oder ökonomischen Verhältnisse drohenden Gefahren für Leib und Leben (Hailbronner, Ausländerrecht, § 60 AufenthG, Rn. 187).

Eine solche extreme allgemeine Gefahrenlage besteht für den Antragsteller im Falle der Rückkehr nach Serbien nicht. Insoweit deckt sich der Maßstab mit dem Maßstab des Art. 3 EMRK im Hinblick auf die Feststellung einer menschlichen oder erniedrigenden Behandlung durch schlechte humanitäre Verhältnisse im Herkunftsstaat. Auf die Ausführungen (siehe oben 3.) zu § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG kann daher zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen werden.

Das Gericht geht im Übrigen davon aus, dass die für die Durchführung der Abschiebung zuständige Ausländerbehörde bei der Vorbereitung und Durchführung derselben bzw. im Rahmen der Entscheidung über eine Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG den Familienverband des Antragstellers mit seiner Lebensgefährtin und den gemeinsamen minderjährigen Kindern erhält und die erforderlichen Vorkehrungen zum Schutze der durch die Rückführung betroffenen Kleinkinder trifft (vgl. BVerfG, B. v. 17.9.2014 - 2 BvR 732/14 - juris Rn. 7 ff.; EGMR, U. v. 4.11.2014 - Tarakhel/Schweiz, Nr. 29217/12, Asylmagazin 2014, 424/425 Rn. 122).

5.

Schließlich bestehen auch gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung einschließlich der Zielstaatsbestimmung im Hinblick auf §§ 34 Abs. 1, 36 Abs. 1 AsylVfG i. V. m. § 59 AufenthG keine Bedenken.

6.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83b AsylVfG).

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Antragsteller haben die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Die Anträge der Antragsteller, die Staatsangehörige Serbiens und der Volkszugehörigkeit nach Roma sind, auf Asylanerkennung, Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären Schutzstatus wurden mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 24.11.2014, der laut Postzustellungsurkunde am 04.12.2014 zugestellt wurde, als (offensichtlich) unbegründet abgelehnt. Weiter wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen. Die Antragsteller wurden zur Ausreise binnen einer Woche nach Bekanntgabe des Bescheides aufgefordert, widrigenfalls sie abgeschoben werden.

Gegen diesen Bescheid bzw. die darin enthaltene Abschiebungsandrohung richtet sich der beim Verwaltungsgericht Bayreuth am 11.12.2014 eingegangene Antrag,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte des Klageverfahrens (B 3 K 14. 30487) und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag ist unbegründet.

Gemäß Art. 16 a Abs. 4 GG und § 36 Abs. 4 AsylVfG darf die Aussetzung der Abschiebung nur angeordnet bzw. die Vollziehung nur ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Die zur Entscheidung über diesen Antrag berufene Einzelrichterin (§ 76 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG) hat aus den Gründen des angefochtenen Bescheides des Bundesamtes vom 24.11.2014, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird (§ 77 Abs. 2 AsylVfG), jedenfalls keine ernstlichen Zweifel im Sinne der o.a. Vorschriften.

Die Antragsteller stammen aus einem sicheren Herkunftsstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG. Serbien ist in der Anlage II zum Asylverfahrensgesetz als sicherer Herkunftsstaat aufgelistet.

Nach § 29a Abs. 1 AsylVfG ist der Asylantrag eines Ausländers aus einem sogenannten sicheren Herkunftsstaat als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht.

Das Gericht schließt sich ausdrücklich der ausführlichen und überzeugenden Würdigung im Beschluss des VG Berlin vom 04.12.2014 (Az.: 7 L 596.14 A Rd.-Nr. 6 ff.) an, wonach gegen die Einstufung von Serbien als sicherem Herkunftsstaat weder verfassungsrechtliche noch europarechtliche Bedenken bestehen (entgegen VG Münster B. v. 27.11.2014 Az.: 4 L 867/14 A ).

Weiterhin geht das Gericht insbesondere mit Blick auf die geltend gemachten Beschränkungen der Ausreisefreiheit nicht von einer Gruppenverfolgung der Roma in Serbien aus. Das Gericht schließt sich der ausführlichen Würdigung im Beschluss des OVG Lüneburg vom 22.10.2014 (Az.: 8 LA 129/14 Rd.-Nrn. 14 ff.) an und macht sie zum Gegenstand der Begründung dieser Entscheidung. In diesem Zusammenhang sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich das OVG Lüneburg in vorgenanntem Beschluss ausdrücklich und überzeugend auch mit den vom Antragstellerbevollmächtigten genannten Entscheidungen des VG Stuttgart vom 25.03.2014 (A 11 K 5036/13 ) und des VG Münster vom 08.07.2014 (4 L 461/14.A ) auseinandersetzt (siehe dort etwa Rd.-Nr. 22 ff.).

Auch soweit der subsidiäre Schutzstatus (§ 4 AsylVfG) und Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht zuerkannt wurden, bestehen keine ernsthaften Zweifel, wobei zur Vermeidung von Wiederholungen auch insoweit auf die Ausführungen des Bundesamts im Bescheid vom 24.11.2014 verwiesen wird (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 VwGO.

Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83 b AsylVfG).

Diese Entscheidung ist gemäß § 80 AsylVfG unanfechtbar.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

Tenor

Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG für den Kläger zu 1 bezüglich Serbien vorliegt.

Nr. 3 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 09.11.2012 wird aufgehoben, soweit sie dem entgegensteht. Nr. 4 dieses Bescheids wird aufgehoben, soweit sie den Kläger zu 1 betrifft.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu 7/8, die Beklagte zu 1/8.

Tatbestand

 
Die Kläger sind Staatsangehörige von Serbien. Der Kläger zu 1 gehört zur Volksgruppe der Roma, die Klägerin zu 2 zu der der Kroaten. Sie kamen nach ihren Angaben etwa im September 2012 aus Österreich in die Bundesrepublik Deutschland und stellten hier Asylanträge. Zur Begründung beriefen sie sich insbesondere auf Folgendes: Es habe Drohungen und Mordversuche gegen den Kläger zu 1 gegeben. Er habe dagegen keinen Schutz erhalten. Hierzu legten die Kläger verschiedene Unterlagen vor, insbesondere vom Klinikzentrum V. eine undatierte Bestätigung und einen Arztbericht vom 24.05.2012, Befund und Stellungnahme des Psychologen F. J. vom 23.07.2012 und eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (- Bundesamt -) lehnte mit Bescheid vom 09.11.2012 - zugestellt am 14.11.2012 - die Asylanträge und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet ab, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen, und drohte die Abschiebung nach Serbien an.
Am 14.12.2012 haben die Kläger hiergegen beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben und am 19.12.2012 Antrag auf Wiedereinsetzung für die Versäumung der Klagefrist gestellt. Sie berufen sich auf Folgendes: Bei der Anhörung beim Bundesamt seien sie von der Dolmetscherin arrogant behandelt und massiv beschimpft worden. Der vom Kläger zu 1 geschilderte Mordversuch sei nur ausgeführt worden, weil er Roma sei. Eine Strafanzeige sei ebenso ergebnislos geblieben wie das von ihm angestrengte zivilgerichtliche Verfahren. In der Firma, in der er gearbeitet habe, sei man im Laufe der letzten Jahre alle Roma "losgeworden". Die Kläger haben weitere ärztliche Unterlagen vorgelegt.
In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger zu 1 - insbesondere auch auf Fragen des Gerichts - zusätzliche Ausführungen gemacht:
Er habe in Serbien bei einer Staatsfirma im Bereich Reinigung gearbeitet. Es habe sich um eine Fabrik gehandelt, in der Rohstoffe getrennt worden seien; er sei als Staplerfahrer beschäftigt gewesen. Er habe dort ca. zwei Monate, bevor sie nach Deutschland gekommen seien, gekündigt. Grund für die Kündigung sei gewesen, dass er bedroht worden sei. Er meine damit den Vorfall vom 15.01.2009. Nach dem Vorfall habe er nicht mehr zur Arbeit gehen dürfen. Er sei auch andauernd krankgeschrieben gewesen. Der Mann, der ihn habe umbringen wollen, habe ihn schon vorher bedroht und u. a. gesagt, er - der Kläger zu 1 - solle nach Indien gehen. Auf Nachfrage, ob er überhaupt zwischen dem 15.01.2009 und der Ausreise gearbeitet habe, hat er angegeben, er habe immer wieder zeitweise gearbeitet. Zwei bis drei Monate sei er krankgeschrieben gewesen, dann habe er wieder gearbeitet, so wie er es eben gekonnt habe.
Dann hat der Kläger zu 1 den Vorfall vom 15.01.2009 geschildert: Er habe in der Frühschicht gearbeitet. Er sei um 5.55 Uhr gekommen, da die Frühschicht um 6.00 Uhr begonnen habe. Er habe seine Maschine gecheckt. Dann sei der Mann, der ihn habe erstechen wollen, in ziviler Kleidung von hinten an ihn herangetreten und ihn gefragt: Wo bist du, Junge? Dieser Mann habe dann ein langes Messer gezogen, es sei ein Bajonett gewesen, und es in Richtung seines - des Klägers zu 1 - Bauch gestoßen. Er - der Kläger zu 1 - habe ihn am Unterarm gepackt und den Unterarm nach unten gedrückt. Der Mann habe dann das Bajonett gepackt und sei davongelaufen.
Auf Frage, ob der Kläger zu 1 Tatsachen oder Vermutungen zum Grund angeben könne, weswegen ihn der Mann habe niederstechen wollen, hat der Kläger zu 1 angegeben: Der Mann sei schon immer ein Nationalist gewesen. Er - der Kläger zu 1 - habe schon immer Probleme mit ihm gehabt. Als der Mann weggelaufen sei, habe dieser gesagt, er werde Frau und Kinder des Klägers zu 1 umbringen. Der Mann habe immer gesagt, dass er - der Kläger zu 1 - nicht nach Serbien gehöre. In Serbien sollten nur Serben leben. Roma sollten dahin, wohin sie gehörten. Er wisse nicht, ob der Mann betrunken gewesen sei. Es könnte sein, dass er dies beim Psychologen des Gesundheitshauses N. gesagt habe. Denn ein normaler Mensch könne eine solche Tat nicht begehen, das könne nur ein Betrunkener.
Nach der Tat habe er von der Firma den Videoclip verlangt, auf dem der Angriff aufgezeichnet gewesen sei, damit man die Tat sehen könne. Der Herr von der Security habe ihm erlaubt, das Video anzuschauen. Danach sei der Videoclip bei der Rechtsabteilung der Firma bzw. dem Anwalt der Firma gelandet. Er habe einen Nervenzusammenbruch erlitten und am 03.08.2010 einen Selbstmordversuch gemacht. Die Chefs der Firma hätten sich nicht engagiert. Er habe bei der Rechtsabteilung der Firma gefragt, ob die Firma Klage gegen den Täter erheben werde. Sie hätten aber gesagt, sie könnten nichts machen, weil das die Polizei machen würde. Er sei dann zur Polizei gegangen und habe das Protokoll verlangt, das die Polizei am 15.01.2009 erstellt habe. Die Polizei habe aber gesagt, es gebe kein Protokoll, obwohl ein Protokoll angefertigt worden sei.
Er habe bei der Polizei eine Anzeige gemacht. Er sei neunmal vor Gericht vorgeladen worden; der Mann, der ebenfalls geladen worden sei, sei aber nicht gekommen. Die Richterin habe immer wieder einen neuen Termin bestimmt. Er selbst sei immer reingegangen und sei nach fünf Minuten wieder draußen gewesen. Er habe dann einen zivilrechtlichen Prozess eingeleitet, der aber auch zu nichts geführt habe.
10 
Auf die Frage, warum sie erst im September 2012 Serbien verlassen hätten, obwohl der Vorfall schon im Januar 2009 geschehen sei, hat der Kläger zu 1 angegeben: Sie hätten zuerst abgewartet, ob der Mann bestraft werde. Nachdem er aber neunmal nicht zur Verhandlung gekommen sei und auch das zivilgerichtliche Verfahren nicht weitergeführt habe, seien sie ausgereist.
11 
Auf Fragen und Vorhalte der Prozessbevollmächtigten der Kläger hat der Kläger zu 1 weiter angegeben: Es habe eine ganze Anzahl Roma-Mitarbeiter in der Firma gegeben. Die Anzahl sei schon zurückgegangen gewesen, als der Vorfall vom 15.01.2009 stattgefunden habe. Früher hätten überwiegend Roma in der Firma gearbeitet. Bei jedem Regierungswechsel seien die Leute der neuen Regierung angestellt und es sei den Roma gekündigt worden. Es sei richtig, dass der Betrieb systematisch von Roma "gesäubert" worden sei. Dies habe aber nicht nur Roma betroffen, sondern auch Angehörige anderer Ethnien, außer den Serben.
12 
Die Klägerin zu 2 hat in der mündlichen Verhandlung zusätzlich vorgetragen: Am 15.01.2009 sei der Kläger zu 1 zur Arbeit gegangen. Er habe gegen 06.15 Uhr oder 06.20 Uhr angerufen und gesagt: "S." habe ihn mit einem Bajonett umbringen wollen. Es sei für sie alles so blitzschnell gegangen, Details habe sie erst später erfahren. Zum Grund des Angriffs habe sie später erfahren, der Mann habe gesagt, er mache das, weil er Roma hasse. Sie könne sich aber nicht wortwörtlich erinnern. Es sei jedenfalls darum gegangen, dass der Kläger zu 1 Roma sei.
13 
Auf Frage, warum sie erst im September 2012 aus Serbien weg seien, hat die Klägerin zu 2 angegeben: Sie hätten zuerst abgewartet, ob die Polizei oder das Gericht reagieren würden. Sie hätten mehrere Male das Gericht, die Polizei oder die Firma kontaktiert. Der Leiter der Rechtsabteilung der Firma habe gesagt, dass die Firma sich darum kümmern würde, weil der Vorfall bei der Arbeit passiert sei. Der Kläger zu 1 habe im Laufe der Zeit immer mehr Angst vor allen Menschen bekommen. Sein Verhalten habe sich immer mehr verschlimmert. Im August 2010 sei es dahin kulminiert, dass er gesagt habe, er möchte nicht in so einem Land leben, wo er zweiter Klasse sei. In der Nacht vom 03. auf den 04. August 2010 habe er getrunken. Sie habe geahnt, dass etwas passieren würde. Als sie instinktiv aufgewacht sei, habe er auf dem Sessel gelegen. Sie habe dann Notarzt und Arzt angerufen. Es habe ein Selbstmordversuch vorgelegen, nach dem er sieben Tage im Krankenhaus habe verbringen müssen. Sie hätten dann auch Klage erhoben und einen Anwalt eingeschaltet. Die Situation des Klägers zu 1 habe sich immer mehr verschlechtert. Sie habe nicht mehr gewusst, wie sie ihm und der Familie habe helfen sollen. Deshalb hätten sie beschlossen, außerhalb Serbiens Hilfe zu suchen.
14 
Die Kläger beantragen,
15 
die Beklagte zu verpflichten, ihnen die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,
hilfsweise subsidiären Schutz zuzuerkennen,
weiter hilfsweise festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegt,
und den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 09.11.2012 in Nr. 2 bis 4 aufzuheben.
16 
Die Beklagte beantragt,
17 
die Klage abzuweisen.
18 
Das Gericht hat Stellungnahmen des Landratsamts O. vom 20.03.2013 und 12.06.2013 sowie des Klinikums S. W. vom 19.02.2014 und eine Auskunft der Deutschen Botschaft Belgrad vom 19.03.2014 eingeholt. Weiter hat es Übersetzungen von den Klägern vorgelegter ärztlicher und anderer Unterlagen fertigen lassen.
19 
Mit Beschluss vom 04.07.2013 ist der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden.
20 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
21 
Das Gericht hat trotz Ausbleibens von Beteiligten über die Sache verhandeln und entscheiden können, da sie ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind (§ 102 Abs. 2 VwGO).
22 
Die Klage ist zulässig.
23 
Die Klagefrist begann nicht mit der Zustellung des Bescheids am 14.11.2012 zu laufen. Denn die Zustellung war unwirksam. Bei der Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde, wie sie vorliegend gewählt wurde, gelten die §§ 177 bis 182 ZPO3 Abs. 2 Satz 1 VwZG). Bei der Zustellung mit Zustellungsurkunde wird die Zustellung im Regelfall durch die Übergabe des Schriftstücks bewirkt (§§ 176 Abs. 2, 177 ZPO). Eine Ersatzzustellung ist zulässig durch Übergabe des Schriftstücks in der Wohnung des Empfängers an einen erwachsenen Familienangehörigen, eine in der Familie beschäftigte Person oder einen erwachsenen ständigen Mitbewohner (§ 178 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) oder in Gemeinschaftseinrichtungen an den Leiter der Einrichtung oder einen dazu ermächtigten Vertreter (§ 178 Abs. 1 Nr. 3 ZPO). Die Möglichkeit einer Ersatzzustellung in einem Geschäftsraum an eine dort beschäftigte Person (§ 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) entfiel vorliegend von vornherein. Eine Ersatzzustellung nach § 178 ZPO wurde vorliegend auch nicht durchgeführt.
24 
Eine Ersatzzustellung ist weiter möglich, indem das Schriftstück in einen zu der Wohnung gehörenden Briefkasten eingelegt wird (§ 180 Satz 1 ZPO). Nach dieser Vorschrift ist die Ersatzzustellung aber nur zulässig, wenn die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 ZPO nicht ausführbar ist, nicht dagegen, wenn sie nach § 178 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht ausführbar ist (§ 180 ZPO).
25 
Vorliegend gab es keinen "zu der Wohnung… gehörenden" Briefkasten. Denn der an der Unterkunft K. angebrachte Briefkasten ist nach dem Schreiben des O. vom 12.06.2013 nicht mit Namen der Bewohner versehen. Darüber hinaus ist eine Ersatzzustellung durch Einwurf in einen Gemeinschaftsbriefkasten nur dann wirksam, wenn er von dem Adressaten bereitgestellt wird und der Adressat eine solche Einrichtung gewöhnlich für den Erhalt von Postsendungen verwendet (vgl. näheres bei BGH, Urt. v. 16.06.2011, BGHZ 190, 99). Dies war vorliegend offensichtlich nicht der Fall. Denn die Kläger hatten keinen Einfluss auf die Beschriftung und Verwendung des Briefkastens. So war nach dem Schreiben des O. vom 12.06.2013 mit den zuständigen Postzustellern vereinbart worden, dass die Post für alle Bewohner der K. im Büro der Verwaltung der Gemeinschaftsunterkunft U. abgegeben wird.
26 
Die auf der Postzustellungsurkunde vermerkte Einlegung des Schriftstücks in den Briefkasten der Gemeinschaftsunterkunft K. war auch nicht als Ersatzzustellung gemäß § 178 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 180 ZPO zulässig.
27 
Dieser Zustellungsmangel wurde nach § 8 VwZG in dem Zeitpunkt geheilt, als das Schriftstück den Empfängern tatsächlich zuging. Das war nach den glaubhaft gemachten und auch glaubhaften Angaben der Kläger am Ende der 49. Woche des Jahres 2012, damit also spätestens am 09.12.2012. Die einwöchige Klagefrist lief damit am 17.12.2012 ab. Die Klage wurde am 14.12.2012 und damit innerhalb der Klagefrist erhoben.
28 
Die Klage ist auch im Umfang des Tenors begründet. Der Kläger zu 1 hat Anspruch auf Feststellung, dass für ihn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 Auf-enthG in Bezug auf Serbien vorliegt. Damit ist Nr. 3 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 09.11.2012 rechtswidrig, soweit sie dem entgegensteht, und Nr. 4 dieses Bescheids in Bezug auf den Kläger zu 1 insgesamt. Im Übrigen ist der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 09.11.2012 rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.
29 
Kläger zu 1
30 
Es besteht kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.
31 
Nach § 3 Abs. 4 AsylVfG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylVfG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG. Ein Ausländer ist nach § 3 Abs. 1 AsylVfG Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (Nr. 1), außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet (Nr. 2), dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
32 
Nach § 3 a Abs. 1 AsylVfG gelten als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 AsylVfG Handlungen, die 1. auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder 2. in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist. Nach § 3 a Abs. 2 AsylVfG können als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 unter anderem die folgenden Handlungen gelten: 1. die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, 2. gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, 3. unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, 4. Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, 5. Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 AsylVfG fallen, 6. Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind. Nach § 3 a Abs. 3 AsylVfG muss dabei zwischen den Verfolgungsgründen und den als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen. Die Verfolgung kann nach § 3 c AsylVfG ausgehen von 1. dem Staat, 2. Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder 3. nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3 d AsylVfG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
33 
Der Charakter einer Verfolgungshandlung erfordert, dass das Verhalten des betreffenden Akteurs im Sinne einer objektiven Gerichtetheit auf die Verletzung eines geschützten Rechtsguts selbst und nicht nur auf das asylerhebliche Merkmal oder jetzt die Verfolgungsgründe im Sinne von Art. 10 der Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011 (sogenannte Qualifikationsrichtlinie) - QRL - zielt (vgl. BVerwG, Urteile vom 19.1.2009 - 10 C 52.07 - und vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 - jew. juris). Der der Prognose zugrunde zu legende Wahrscheinlichkeitsmaßstab ist unabhängig davon, ob bereits Vorverfolgung oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des Art. 15 QRL vorliegt (vgl. EuGH, Urteil vom 02.03.2010 - Rs. C-175/08 u.a. - Abdullah -). Es gilt der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.02.2008, ZAR 2008, 192).
34 
Die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden ernsthaft bedroht war, ist ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden (Art. 4 Abs. 4 QRL); es besteht die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden (vgl. dazu auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.11.2010 - A 4 S 703/10 -). Den in der Vergangenheit liegenden Umständen wird Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft beigelegt (vgl. EuGH, Urteil vom 02.03.2010, InfAusR 2010,188). Dadurch wird der Vorverfolgte bzw. Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden bzw. schadenstiftenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland wiederholen werden. Es gelten nicht die strengen Maßstäbe, die bei fehlender Vorverfolgung anzulegen sind (EGMR, Urteil vom 28.02.2008 - Nr. 37201/06 - a.a.O.). Diese Vermutung kann aber widerlegt werden; hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung bzw. des Eintritts eines solchen Schadens entkräften (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.04.2010 - 10 C 5.09 - juris).
35 
Insgesamt liegen die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht vor.
36 
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger zu 1 allein wegen seiner Zugehörigkeit zum Volk der Roma, also wegen seiner "Rasse" (§§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 3 b Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG), einer Verfolgung im Sinne der §§ 3 ff. AsylVfG in Serbien ausgesetzt war oder bei einer Rückkehr nach Serbien einer solchen Gefahr ausgesetzt sein würde.
37 
Es kann nicht festgestellt werden, dass eine vom Staat oder von Parteien oder Organisationen ausgehende Verfolgung (§ 3 c Nr. 1 und 2 AsylVfG) der Roma in Serbien stattfindet. Zwar berichtet amnesty international im AMNESTY-REPORT 2013 Serbien über Diskriminierungsmaßnahmen Belgrader Behörden, als rund 1000 Roma aus der Siedlung Belvil vertrieben wurden. Es handelte sich dabei aber - soweit ersichtlich - um einen Einzelfall, bei dem schon fraglich ist, ob es sich überhaupt um Verfolgungshandlungen i.S.d. § 3 a AsylVfG handelte. Im AMNESTY-REPORT 2013 Serbien wird auch schon darauf hingewiesen, dass im September 2012 Gesetzesänderungen verabschiedet wurden, die die Rechtsstellung von Roma verbessern sollten. Nach der Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 06.08.2012 an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sind jedenfalls (staatliche) Menschenrechtsverletzungen gegenüber Minderheiten, auch gegenüber den Roma, nicht bekannt. Dem entsprechen die Ausführungen im Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 18.10.2013. Danach gibt es keinerlei Anzeichen für systematische staatliche Verfolgungsmaßnahmen gegenüber Roma. Die Regierung bemüht sich vielmehr, die Lage der Roma durch eine aktive Minderheitenpolitik zu verbessern. Allerdings sollen Roma weiterhin von Übergriffen auf Personen in Polizeigewahrsam überproportional betroffen sein, ohne dass hierzu konkrete Erkenntnisse vorliegen. Die serbische Regierung hat am 10.06.2013 einen Aktionsplan zur Verbesserung der Lage der Roma u. a. in den Bereichen Bildung, Krankenschutz, Arbeitsaufnahme, Wohnbedingungen, amtliche Registrierung und sozialen Schutz verabschiedet. Auch Dr. W. gab bei der Vernehmung als Zeugin beim erkennenden Gericht am 25.03.2014 im Verfahren A 11 K 5036/13 an, es sei nicht verbürgt, dass Rückkehrern in Serbien die Pässe abgenommen würden; sonstige Schikanen gegen Roma-Rückkehrer seien nicht bekannt. Dies gelte auch angesichts der allgemeinen Probleme, die Roma in Serbien beim Umgang mit staatlichen oder anderen Behörden weiterhin im Einzelfall haben könnten.
38 
Allerdings finden nach Auskunftslage gewisse Diskriminierungen seitens nichtstaatlicher Akteure (§ 3 c Nr. 3 AsylVfG) statt. Es ist jedoch nicht festzustellen, dass diese Diskriminierungen Verfolgungshandlungen im Sinne von § 3 a AsylVfG darstellen, d.h. dass sie schwerwiegende Verletzungen der grundlegenden Menschenrechte darstellen (vgl. § 3 a Abs. 1 Nr. 1 und 2 AsylVfG). Weiter ist nicht festzustellen, dass eine hinreichende Verfolgungsdichte vorliegt, dass also Verfolgungshandlungen allen Roma in Serbien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen (vgl. zum Maßstab VGH Bad.-Württ., Urt. vom 12.06.2013 - A 11 S 757/13 - juris; BVerwG, Urt. vom 20.02.2013, BVerwGE 146, 67).
39 
Hierzu hat Dr. W. als Zeugin ausgeführt, die allgemeine Lage der Roma in Serbien habe sich verschlechtert. Insbesondere habe die Gewalt gegen Roma zugenommen. Dies sei aktuell nur schwer greifbar, weil Zwischenfälle und Übergriffe nicht mehr dokumentiert würden, so dass man auf Medienberichte angewiesen sei. Eine gesteigerte Aggressivität gegen Roma gebe es insbesondere seit der Diskussion über eine mögliche Wiedereinführung der Visumspflicht für Reisen in die EU. In diesem Zusammenhang werde massiv Stimmung gegen die Roma gemacht. 2003 seien elf Fälle von Übergriffen Dritter auf Roma dokumentiert. Nach dieser Zahl ist allerdings schon eine maßgebliche Verfolgungsdichte durch Verfolgungshandlungen im Sinne von § 3 a AsylVfG nicht feststellbar. Nähere Erkenntnisse hierzu ergeben sich auch nicht aus den sonst verwerteten Erkenntnismitteln (vgl. auch VG Bremen, Urt. vom 06.01.2014 - 4 K 1005/12.A -; VG Augsburg, Urt. vom 05.11.2013 - Au 6 K 13.30331 - juris).
40 
Auch die in der Schrift "Serbien - ein sicherer Herkunftsstaat von Asylsuchenden in Deutschland?" von Dr. W. aufgeführten gewalttätigen und anderen Maßnahmen, die selbstverständlich außerordentlich bedauerlich sind, erreichen bei weitem nicht den Umfang einer maßgeblichen Verfolgungsdichte. Im Übrigen besteht in der gesamten Europäischen Union weitreichender Konsens, dass die sicherlich zu beklagenden Diskriminierungen und Ausgrenzungen von Roma in Serbien „nicht mit Verfolgung oder ernsthaftem Schaden im asylrechtlichen Sinne gleichzusetzen“ sind (vgl. BRat-Drs. 183/14 vom 02.05.2014, S. 14 ff. <18>).
41 
Offen bleiben kann danach, ob der vom Staat durchaus in die Wege geleitete Schutz (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 18.10.2013) ausreichend im Sinne von § 3 d AsylVfG ist.
42 
Schließlich liegt nach Auffassung des Gerichts keine maßgebliche Verfolgung durch "massenhafte Behinderung bzw. Verhinderung der Ausreise serbischer Staatsangehöriger durch gesetzliche Regelungen und deren administrative Umsetzung" vor (a. A. das Urteil des erkennenden Gerichts vom 25.03.2014 - A 11 K 5036/13 -).
43 
So gehört die Ausreisefreiheit schon nicht zu den grundlegenden Menschenrechten im Sinne von § 3 a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG. Sie wird insbesondere nicht in den Artikeln der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) genannt, die nach Art. 15 Abs. 2 EMRK notstandsfest sind. Die Ausreisefreiheit ist vielmehr überhaupt nicht durch die Europäische Menschenrechtskonvention erfasst. Das ergibt sich aus Protokoll Nr. 4 zur EMRK. Dadurch werden "gewisse Rechte und Freiheiten gewährleistet…, die nicht bereits in der Konvention oder im ersten Zusatzprotokoll enthalten sind". Die Ausreisefreiheit wird erst in Art. 2 Abs. 2 des Protokolls Nr. 4 zur EMRK normiert. Etwas anderes ergibt sich nicht aus der Entscheidung des EGMR vom 27.11.2012 (Bsw. 29713/05).
44 
Im Übrigen ist die damit geschützte Freizügigkeit jedenfalls nicht im Kern bedroht, wenn man sich - wie in Serbien - innerhalb des Landes grundsätzlich frei bewegen kann und eine Ein- und Ausreise zwar schwierig, aber nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist (vgl. OVG Lüneburg, Urt. vom 26.01.2012, InfAuslR 2012, 149).
45 
Darüber hinaus ist auch nicht feststellbar, dass eine Ausreise für Roma tatsächlich unmöglich oder nur unter erschwerten Umständen möglich wäre. So behauptete die Zeugin Dr. W. zwar, in den Jahren 2012 und 2013 sei einer großen Zahl Roma die Ausreise verweigert worden. Nachvollziehbare Tatsachen oder Grundlagen nennt sie aber nicht. An näheren Erkenntnissen hierzu fehlt es auch im Übrigen. Aus dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 18.10.2013 ergibt sich jedenfalls, dass eine Rückkehr ausgereister Roma nach Serbien problemlos möglich ist.
46 
Etwas anderes lässt sich nicht aus der Änderung des serbischen Strafrechts zum 01.01.2013 herleiten. Insbesondere betrifft § 350 a Serbisches StGB seinem Wortlaut nach nicht Asylbewerber selbst, sondern deren (Flucht-)Helfer. Allerdings kommt es grundsätzlich nicht auf den Wortlaut einer Vorschrift an, sondern darauf, wie sie in der Rechtspraxis der Gerichte oder sonstiger Verfolgungsbehörden tatsächlich gehandhabt wird (vgl. BVerwG, Urt. vom 26.10.1993, NVwZ 1994, 500). Nach der von Dr. W. genannten Anzahl von sieben Strafverfahren gegen acht Personen, bei denen im Übrigen noch kein Urteil vorliege, lässt sich eine solche Praxis mangels Masse schon nicht ermitteln. Hierzu gehört eine ersichtlich größere Anzahl von Verfahren oder Maßnahmen, für die es nach den vorliegenden Erkenntnisquellen jedenfalls derzeit keine hinreichenden Anhaltspunkte gibt. Im Übrigen kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich auch im deutschen Asylrecht Strafvorschriften finden lassen, die sich gegen Unterstützung missbräuchlicher Asylantragstellung richten (vgl. §§ 84 f. AsylVfG).
47 
Der Kläger zu 1 hat auch nicht aus individuellen Gründen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.
48 
Das Gericht ist allerdings nun - unter Auswertung der vorhandenen Äußerungen und Unterlagen und nach seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung - davon überzeugt, dass ein Kollege des Klägers zu 1 am 15.01.2009 versuchte, ihn mit einem Bajonette zu erstechen. Es steht aber nicht zur Überzeugung des Gerichts (§ 108 Abs. 1 VwGO) fest, dass der Angriff deshalb erfolgte, weil der Kläger zu 1 zur Volksgruppe der Roma gehört. Der Kläger zu 1 hat sich insoweit im Wesentlichen auf Vermutungen gestützt. Auch auf mehrfache Nachfragen des Gerichts haben sich hierzu keine konkreten Tatsachen ergeben. Auf Frage, ob der Kläger zu 1 Tatsachen oder Vermutungen zum Grund angeben könne, weswegen ihn der Mann habe niederstechen wollen, hat der Kläger zu 1 angegeben: Der Mann sei schon immer ein Nationalist gewesen. Er - der Kläger zu 1 - habe schon immer Probleme mit ihm gehabt. Der Mann habe immer gesagt, dass er - der Kläger zu 1 - nicht nach Serbien gehöre. In Serbien sollten nur Serben leben. Roma sollten dahin, wohin sie gehörten. Er wisse nicht, ob der Mann betrunken gewesen sei. Es könnte sein, dass er dies beim Psychologen des Gesundheitshauses N. gesagt habe. Denn ein normaler Mensch könne eine solche Tat nicht begehen, das könne nur ein Betrunkener.
49 
Insbesondere genügt hierfür nicht, dass der Kläger zu 1 den Angreifer als Nationalisten ansah. Dabei spielt auch eine Rolle, dass der Kläger zu 1 im Juli 2012 beim Gesundheitshaus N. angab, der Angreifer sei in einem alkoholisiertem Zustand auf ihn losgestürmt. Danach kommt als Auslöser des Angriffs ohne weiteres auch eine alkoholbedingte Enthemmung in Frage.
50 
Selbst wenn man davon ausgeht, dass Anlass und Grund des Angriffs die Zugehörigkeit des Klägers zu 1 zu den Roma war, kann derzeit nicht mehr davon ausgegangen werden, dass dem Kläger zu 1 bei einer Rückkehr nach Serbien eine konkrete Gefahr drohte. Dies gilt auch unter Beachtung von Art. 4 Abs. 4 QRL, wonach die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde, ein ernsthafter Hinweis darauf ist, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden. Denn es sprechen stichhaltige Gründe dagegen, dass der Kläger zu 1 erneut von solcher Verfolgung bedroht würde. Hierfür spricht zum einen, dass es im Zeitraum vom 15.01.2009 bis zu seiner Ausreise im September 2012 keinen weiteren vergleichbaren Vorfall gab, obwohl der Kläger zu 1 nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung immer wieder, wenn auch nur zeitweise, (an seiner Arbeitsstelle) gearbeitet hat. Weiter spricht gegen diese Vermutung, dass sich der Vorfall in der Arbeitsstelle des Klägers zu 1 und im Zusammenhang mit der Arbeitstätigkeit dort abspielte. Es erscheint aber völlig ausgeschlossen, dass der Kläger zu 1 nach seiner Kündigung und auch nach seinem psychischen Zustand dort je wieder arbeiten wird.
51 
Danach kann auch nicht festgestellt werden, dass der Kläger zu 1 Anspruch auf subsidiären Schutz nach § 4 AsylVfG hat. Es kann nicht festgestellt werden, dass ihm bei einer Rückkehr nach Serbien ein ernsthafter Schaden droht (§ 4 Abs. 1, Abs. 3 AsylVfG). Es liegen weiter auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 3 AufenthG vorliegen.
52 
Der Kläger zu 1 hat aber Anspruch auf Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen. Danach soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.
53 
Gesundheitlich bedingte Gefahren können unter bestimmten Umständen diese Voraussetzungen erfüllen. Bei einer bereits im Bundesgebiet vorhandenen Krankheit ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass sich die vorhandene Erkrankung bei einer Rückkehr in den Heimatstaat aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmern würde, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben führte; dies ist der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.10.2006, BVerwGE 127, 33; Beschl. v. 24.05.2006, InfAuslR 2006, 485; Urt. v. 25.11.1997, BVerwGE 105, 383). Diese Gefahr muss alsbald nach der Rückkehr drohen (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.10.2006, a.a.O.), d. h. ungefähr innerhalb eines Jahres nach Rückkehr (vgl. OVG Niedersachsen, Beschl. v. 23.02.2009, AuAS 2009, 160). Erforderlich ist dabei die Erstellung einer Gefahrenprognose (vgl. BVerwG, Beschl. v. 08.02.2011 - 10 B 1/11 -, juris).Hierzu sind alle vorhandenen Erkenntnisse und der dem § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG innewohnende Grundsatz der Zumutbarkeit zu würdigen und es ist gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO daraus eine richterliche Überzeugung zu bilden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 08.02.2011, a.a.O.; Urteil der erkennenden Kammer vom 06.07.2005 - A 17 K 10181/05 -). Als Maßstab kann darauf abgestellt werden, ob die Gesundheitsgefahren aus Sicht eines vernünftigen und besonnenen Menschen ernstlich zu befürchten und damit überwiegend wahrscheinlich sind (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 30.12.2004 - 13 A 1250/04.A -; Beschlüsse vom 16.12.2004 - 13 A 4512/03.A - und - 13 A 1140/04.A -; Beschl. v. 26.04.2007 - 13 A 4611/04.A). Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die zu einer Verschlimmerung der Erkrankung führen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.10.2006, a.a.O.).
54 
Der Kläger zu 1 leidet an einer psychischen Erkrankung und zwar an einer rezidivierenden depressiven Störung. Sie hatte sich nach dem oben dargestellten Vorfall vom 15.01.2009 entwickelt. Der Kläger zu 1 befand sich deswegen schon in Serbien in ärztlicher Behandlung und befindet sich seit Anfang 2012 in Deutschland in psychiatrischer Behandlung. Als Diagnosen wurden hier festgestellt: Rezidivierende depressive Störung, ggf. schwere Episode sowie posttraumatische Belastungsstörung. Dabei hat der Kläger zu 1 dreimal Selbsttötungsversuche unternommen. Für den Kläger zu 1 ist als Behandlung erforderlich: Regelmäßige psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung und Behandlung mit Antidepressiva und neuroleptischer Therapie. Um eine seelische Stabilität zu erreichen, ist ein sicheres soziales Umfeld notwendig. Sollte der Kläger zu 1 keine regelmäßigen psychotherapeutischen Gespräche bzw. keine medikamentöse Therapie erhalten, und im Falle von Veränderungen im sozialen Umfeld, vor allem bei Abschiebung in sein Heimatland, ist zu befürchten, dass die depressiven Symptome zunehmen und es im schlimmsten Fall im Rahmen dieser zu einem erneuten Selbsttötungsversuch kommt. Dies ergibt sich überzeugend aus der vom Gericht eingeholten Stellungnahme von A. E., Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie vom 19.02.2014.
55 
Danach ist aus der Sicht eines vernünftigen und besonderen Menschen ernstlich zu befürchten und damit wahrscheinlich, dass schon bei einer Abschiebung nach Serbien dort die depressiven Symptome zunehmen und es dabei zu einem erneuten Selbsttötungsversuch kommt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 27.09.2007, InfAuslR 2008, 94). Dies liegt schon deshalb nicht fern, weil der Kläger zu 1 schon aufgrund der verfahrensrelevanten Umstände drei Selbsttötungsversuche gemacht hat. Hierfür sprechen auch die Angaben, die die Klägerin zu 2 hierzu in der mündlichen Verhandlung gemacht hat: Der Kläger zu 1 habe im Laufe der Zeit immer mehr Angst vor allen Menschen bekommen. Sein Verhalten habe sich immer mehr verschlimmert. Im August 2010 sei es dahin kulminiert, dass er gesagt habe, er möchte nicht in so einem Land leben, wo er zweiter Klasse sei. In der Nacht vom 03. auf den 04. August 2010 habe er getrunken. Sie habe geahnt, dass etwas passieren würde. Als sie instinktiv aufgewacht sei, habe er auf dem Sessel gelegen. Sie habe dann Notarzt und Arzt angerufen. Es habe ein Selbstmordversuch vorgelegen, nach dem er sieben Tage im Krankenhaus habe verbringen müssen. Sie hätten dann auch Klage erhoben und einen Anwalt eingeschaltet. Die Situation des Klägers zu 1 habe sich immer mehr verschlechtert. Sie habe nicht mehr gewusst, wie sie ihm und der Familie habe helfen sollen. Deshalb hätten sie beschlossen, außerhalb Serbiens Hilfe zu suchen.
56 
Weiter führt - unabhängig von den bisherigen Ausführungen - zu einer Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, dass die nach der ärztlichen Einschätzung zwingend erforderliche medikamentöse Therapie in Serbien nicht gewährleistet wäre. Nach der vom Gericht eingeholten Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland Belgrad vom 01.04.2014 ist zwar davon auszugehen, dass in Serbien die für den Kläger zu 1 notwendigen Behandlungen, die psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung und auch die medikamentösen Behandlungen, grundsätzlich vorhanden wären; die beim Kläger zu 1 diagnostizierten Erkrankungen wären damit behandelbar. Dabei wären die psychotherapeutischen und psychiatrischen Behandlungen auch für den Kläger zu 1 kostenlos erreichbar. Im konkreten Falle des Klägers zu 1 wäre aber nicht sichergestellt, dass er die notwendigen Medikamente auch tatsächlich bekommen würde.
57 
Nach der Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland Belgrad vom 01.04.2014 können Patienten Medikamente - auch in staatlichen Apotheken - nur mit einer bestimmten Kostenbeteiligung erhalten (vgl. auch SFH vom 04.10.2012). Danach ist unbestritten, dass die Roma weiterhin einen erschwerten Zugang zu Gesundheitsdiensten haben. Zwar haben die Angehörigen der Volksgruppe der Roma die gleichen Rechte wie alle anderen Bürger Serbiens, somit auch das Recht auf Gesundheitsschutz. Sie müssen wie alle krankenversicherten Bürger aber auch die vorgeschriebene Kostenbeteiligung für Medikamente bezahlen. Sie können nur versuchen, die notwendigen Medikamente über humanitäre und kirchliche Organisationen zu bekommen (Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland Belgrad vom 07.06.2013 an VG Bremen).
58 
Dies gilt auch, wenn man davon ausgeht, dass die Zuzahlungen keine hohen Beträge beinhalten und die Kläger Anspruch auf Kindergeld haben (vgl. näher VG Bremen, Urt. vom 06.01.2014, a.a.O.). Denn es erscheint ausgeschlossen, dass der Kläger zu 1 in Serbien wieder Arbeit findet. Dagegen spricht der Gesundheitszustand des Klägers zu 1, der schon in Serbien dazu führte, dass er nur noch zeitweise arbeiten konnte, im Übrigen aber krankgeschrieben war. Weiter ist dabei zu berücksichtigten, dass der Zugang zum Arbeitsmarkt für Roma schon ohne diese zusätzlichen Erschwernisse grundsätzlich schwierig ist (Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 18.10.2013).
59 
Danach ist auch die gegen den Kläger zu 1 gerichtete Abschiebungsandrohung rechtswidrig. Denn Serbien wurde nicht als Staat bezeichnet, in den nicht abgeschoben werden darf (§ 59 Abs. 3 Satz 2 AufenthG). Anhaltspunkte dafür, dass die Abschiebung in einen anderen Staat in Betracht kommen könnte, bestehen nicht.
60 
Klägerin zu 2
61 
Die Klägerin zu 2 hat die geltend gemachten Ansprüche nicht. Sie ist Kroatin und hat sich nicht darauf berufen, wegen ihrer Volkszugehörigkeit in Serbien verfolgt zu werden. Darüber hinaus hat sie auch keine individuelle Verfolgung geltend gemacht. Schließlich ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass für sie aus gesundheitlichen Gründen die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.
62 
Die Androhung der Abschiebung gegenüber ihr ist rechtmäßig.
63 
Die Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 AsylVfG sind gegeben. Ein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte oder auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft besteht nicht; ein Aufenthaltstitel liegt nicht vor.
64 
Die Abschiebungsandrohung ist auch insoweit rechtmäßig, als nicht Serbien als Staat bezeichnet ist, in den nicht abgeschoben werden darf (§ 59 Abs. 3 Satz 2 AufenthG). Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 1 bis 7 AufenthG stehen einer Abschiebung dorthin nicht entgegen. Insoweit wird auf die Ausführungen oben verwiesen.
65 
Kläger zu 3 und 4
66 
Die Kläger zu 3 und 4 haben die geltend gemachten Ansprüche nicht. Nach den obigen Ausführungen besteht auch für die Kläger zu 3 und 4 keine Verfolgungsgefahr aufgrund der Volkszugehörigkeit, unabhängig davon, ob man sie der Gruppe der Roma oder der Gruppe der Kroaten zurechnet.
67 
Für die Kläger zu 3 und 4 sind auch keine individuellen Verfolgungsgründe ersichtlich. Die Angaben des Klägers zu 1 bei der Anhörung, die Tochter sei in der Schule diskriminiert worden wegen ihrer ethnischen Zugehörigkeit, und die Angaben der Klägerin zu 2 bei ihrer Anhörung, für die Kinder gebe es keine speziellen weiteren Asylgründe lassen keine konkrete Verfolgungssituation erkennen. Dabei beriefen sich die Kläger zu 1 und 2 bei der Anhörung gar nicht darauf, die Tochter sei von einer Gruppe Mitschüler aufgrund ihrer Herkunft verprügelt worden, wie es im ärztlichen Attest des Klinikums S. W. vom 11.02.2013 steht. Die Angaben sind jedenfalls insgesamt zu vage, um daraus irgendeine Vorverfolgung herzuleiten.
68 
Auch für die Kläger zu 3 und 4 gilt: Die Androhung der Abschiebung ist rechtmäßig.
69 
Die Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 AsylVfG sind gegeben. Ein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte oder auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft besteht nicht; ein Aufenthaltstitel liegt nicht vor.
70 
Die Abschiebungsandrohung ist auch insoweit rechtmäßig, als nicht Serbien als Staat bezeichnet ist, in den nicht abgeschoben werden darf (§ 59 Abs. 3 Satz 2 AufenthG). Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 1 bis 7 AufenthG stehen einer Abschiebung dorthin nicht entgegen. Insoweit wird auf die Ausführungen oben verwiesen.
71 
Dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsbeweisantrag muss nicht stattgegeben werden. Denn das Gericht ist bei seiner Entscheidung vom Vorliegen der zum Beweis gestellten Tatsachen ausgegangen.
72 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1, 159 S. 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO, § 83 b Abs. 1 AsylVfG.

Gründe

 
21 
Das Gericht hat trotz Ausbleibens von Beteiligten über die Sache verhandeln und entscheiden können, da sie ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind (§ 102 Abs. 2 VwGO).
22 
Die Klage ist zulässig.
23 
Die Klagefrist begann nicht mit der Zustellung des Bescheids am 14.11.2012 zu laufen. Denn die Zustellung war unwirksam. Bei der Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde, wie sie vorliegend gewählt wurde, gelten die §§ 177 bis 182 ZPO3 Abs. 2 Satz 1 VwZG). Bei der Zustellung mit Zustellungsurkunde wird die Zustellung im Regelfall durch die Übergabe des Schriftstücks bewirkt (§§ 176 Abs. 2, 177 ZPO). Eine Ersatzzustellung ist zulässig durch Übergabe des Schriftstücks in der Wohnung des Empfängers an einen erwachsenen Familienangehörigen, eine in der Familie beschäftigte Person oder einen erwachsenen ständigen Mitbewohner (§ 178 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) oder in Gemeinschaftseinrichtungen an den Leiter der Einrichtung oder einen dazu ermächtigten Vertreter (§ 178 Abs. 1 Nr. 3 ZPO). Die Möglichkeit einer Ersatzzustellung in einem Geschäftsraum an eine dort beschäftigte Person (§ 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) entfiel vorliegend von vornherein. Eine Ersatzzustellung nach § 178 ZPO wurde vorliegend auch nicht durchgeführt.
24 
Eine Ersatzzustellung ist weiter möglich, indem das Schriftstück in einen zu der Wohnung gehörenden Briefkasten eingelegt wird (§ 180 Satz 1 ZPO). Nach dieser Vorschrift ist die Ersatzzustellung aber nur zulässig, wenn die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 ZPO nicht ausführbar ist, nicht dagegen, wenn sie nach § 178 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht ausführbar ist (§ 180 ZPO).
25 
Vorliegend gab es keinen "zu der Wohnung… gehörenden" Briefkasten. Denn der an der Unterkunft K. angebrachte Briefkasten ist nach dem Schreiben des O. vom 12.06.2013 nicht mit Namen der Bewohner versehen. Darüber hinaus ist eine Ersatzzustellung durch Einwurf in einen Gemeinschaftsbriefkasten nur dann wirksam, wenn er von dem Adressaten bereitgestellt wird und der Adressat eine solche Einrichtung gewöhnlich für den Erhalt von Postsendungen verwendet (vgl. näheres bei BGH, Urt. v. 16.06.2011, BGHZ 190, 99). Dies war vorliegend offensichtlich nicht der Fall. Denn die Kläger hatten keinen Einfluss auf die Beschriftung und Verwendung des Briefkastens. So war nach dem Schreiben des O. vom 12.06.2013 mit den zuständigen Postzustellern vereinbart worden, dass die Post für alle Bewohner der K. im Büro der Verwaltung der Gemeinschaftsunterkunft U. abgegeben wird.
26 
Die auf der Postzustellungsurkunde vermerkte Einlegung des Schriftstücks in den Briefkasten der Gemeinschaftsunterkunft K. war auch nicht als Ersatzzustellung gemäß § 178 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 180 ZPO zulässig.
27 
Dieser Zustellungsmangel wurde nach § 8 VwZG in dem Zeitpunkt geheilt, als das Schriftstück den Empfängern tatsächlich zuging. Das war nach den glaubhaft gemachten und auch glaubhaften Angaben der Kläger am Ende der 49. Woche des Jahres 2012, damit also spätestens am 09.12.2012. Die einwöchige Klagefrist lief damit am 17.12.2012 ab. Die Klage wurde am 14.12.2012 und damit innerhalb der Klagefrist erhoben.
28 
Die Klage ist auch im Umfang des Tenors begründet. Der Kläger zu 1 hat Anspruch auf Feststellung, dass für ihn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 Auf-enthG in Bezug auf Serbien vorliegt. Damit ist Nr. 3 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 09.11.2012 rechtswidrig, soweit sie dem entgegensteht, und Nr. 4 dieses Bescheids in Bezug auf den Kläger zu 1 insgesamt. Im Übrigen ist der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 09.11.2012 rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.
29 
Kläger zu 1
30 
Es besteht kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.
31 
Nach § 3 Abs. 4 AsylVfG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylVfG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG. Ein Ausländer ist nach § 3 Abs. 1 AsylVfG Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (Nr. 1), außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet (Nr. 2), dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
32 
Nach § 3 a Abs. 1 AsylVfG gelten als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 AsylVfG Handlungen, die 1. auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder 2. in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist. Nach § 3 a Abs. 2 AsylVfG können als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 unter anderem die folgenden Handlungen gelten: 1. die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, 2. gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, 3. unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, 4. Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, 5. Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 AsylVfG fallen, 6. Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind. Nach § 3 a Abs. 3 AsylVfG muss dabei zwischen den Verfolgungsgründen und den als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen. Die Verfolgung kann nach § 3 c AsylVfG ausgehen von 1. dem Staat, 2. Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder 3. nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3 d AsylVfG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
33 
Der Charakter einer Verfolgungshandlung erfordert, dass das Verhalten des betreffenden Akteurs im Sinne einer objektiven Gerichtetheit auf die Verletzung eines geschützten Rechtsguts selbst und nicht nur auf das asylerhebliche Merkmal oder jetzt die Verfolgungsgründe im Sinne von Art. 10 der Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011 (sogenannte Qualifikationsrichtlinie) - QRL - zielt (vgl. BVerwG, Urteile vom 19.1.2009 - 10 C 52.07 - und vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 - jew. juris). Der der Prognose zugrunde zu legende Wahrscheinlichkeitsmaßstab ist unabhängig davon, ob bereits Vorverfolgung oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des Art. 15 QRL vorliegt (vgl. EuGH, Urteil vom 02.03.2010 - Rs. C-175/08 u.a. - Abdullah -). Es gilt der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.02.2008, ZAR 2008, 192).
34 
Die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden ernsthaft bedroht war, ist ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden (Art. 4 Abs. 4 QRL); es besteht die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden (vgl. dazu auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.11.2010 - A 4 S 703/10 -). Den in der Vergangenheit liegenden Umständen wird Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft beigelegt (vgl. EuGH, Urteil vom 02.03.2010, InfAusR 2010,188). Dadurch wird der Vorverfolgte bzw. Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden bzw. schadenstiftenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland wiederholen werden. Es gelten nicht die strengen Maßstäbe, die bei fehlender Vorverfolgung anzulegen sind (EGMR, Urteil vom 28.02.2008 - Nr. 37201/06 - a.a.O.). Diese Vermutung kann aber widerlegt werden; hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung bzw. des Eintritts eines solchen Schadens entkräften (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.04.2010 - 10 C 5.09 - juris).
35 
Insgesamt liegen die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht vor.
36 
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger zu 1 allein wegen seiner Zugehörigkeit zum Volk der Roma, also wegen seiner "Rasse" (§§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 3 b Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG), einer Verfolgung im Sinne der §§ 3 ff. AsylVfG in Serbien ausgesetzt war oder bei einer Rückkehr nach Serbien einer solchen Gefahr ausgesetzt sein würde.
37 
Es kann nicht festgestellt werden, dass eine vom Staat oder von Parteien oder Organisationen ausgehende Verfolgung (§ 3 c Nr. 1 und 2 AsylVfG) der Roma in Serbien stattfindet. Zwar berichtet amnesty international im AMNESTY-REPORT 2013 Serbien über Diskriminierungsmaßnahmen Belgrader Behörden, als rund 1000 Roma aus der Siedlung Belvil vertrieben wurden. Es handelte sich dabei aber - soweit ersichtlich - um einen Einzelfall, bei dem schon fraglich ist, ob es sich überhaupt um Verfolgungshandlungen i.S.d. § 3 a AsylVfG handelte. Im AMNESTY-REPORT 2013 Serbien wird auch schon darauf hingewiesen, dass im September 2012 Gesetzesänderungen verabschiedet wurden, die die Rechtsstellung von Roma verbessern sollten. Nach der Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 06.08.2012 an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sind jedenfalls (staatliche) Menschenrechtsverletzungen gegenüber Minderheiten, auch gegenüber den Roma, nicht bekannt. Dem entsprechen die Ausführungen im Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 18.10.2013. Danach gibt es keinerlei Anzeichen für systematische staatliche Verfolgungsmaßnahmen gegenüber Roma. Die Regierung bemüht sich vielmehr, die Lage der Roma durch eine aktive Minderheitenpolitik zu verbessern. Allerdings sollen Roma weiterhin von Übergriffen auf Personen in Polizeigewahrsam überproportional betroffen sein, ohne dass hierzu konkrete Erkenntnisse vorliegen. Die serbische Regierung hat am 10.06.2013 einen Aktionsplan zur Verbesserung der Lage der Roma u. a. in den Bereichen Bildung, Krankenschutz, Arbeitsaufnahme, Wohnbedingungen, amtliche Registrierung und sozialen Schutz verabschiedet. Auch Dr. W. gab bei der Vernehmung als Zeugin beim erkennenden Gericht am 25.03.2014 im Verfahren A 11 K 5036/13 an, es sei nicht verbürgt, dass Rückkehrern in Serbien die Pässe abgenommen würden; sonstige Schikanen gegen Roma-Rückkehrer seien nicht bekannt. Dies gelte auch angesichts der allgemeinen Probleme, die Roma in Serbien beim Umgang mit staatlichen oder anderen Behörden weiterhin im Einzelfall haben könnten.
38 
Allerdings finden nach Auskunftslage gewisse Diskriminierungen seitens nichtstaatlicher Akteure (§ 3 c Nr. 3 AsylVfG) statt. Es ist jedoch nicht festzustellen, dass diese Diskriminierungen Verfolgungshandlungen im Sinne von § 3 a AsylVfG darstellen, d.h. dass sie schwerwiegende Verletzungen der grundlegenden Menschenrechte darstellen (vgl. § 3 a Abs. 1 Nr. 1 und 2 AsylVfG). Weiter ist nicht festzustellen, dass eine hinreichende Verfolgungsdichte vorliegt, dass also Verfolgungshandlungen allen Roma in Serbien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen (vgl. zum Maßstab VGH Bad.-Württ., Urt. vom 12.06.2013 - A 11 S 757/13 - juris; BVerwG, Urt. vom 20.02.2013, BVerwGE 146, 67).
39 
Hierzu hat Dr. W. als Zeugin ausgeführt, die allgemeine Lage der Roma in Serbien habe sich verschlechtert. Insbesondere habe die Gewalt gegen Roma zugenommen. Dies sei aktuell nur schwer greifbar, weil Zwischenfälle und Übergriffe nicht mehr dokumentiert würden, so dass man auf Medienberichte angewiesen sei. Eine gesteigerte Aggressivität gegen Roma gebe es insbesondere seit der Diskussion über eine mögliche Wiedereinführung der Visumspflicht für Reisen in die EU. In diesem Zusammenhang werde massiv Stimmung gegen die Roma gemacht. 2003 seien elf Fälle von Übergriffen Dritter auf Roma dokumentiert. Nach dieser Zahl ist allerdings schon eine maßgebliche Verfolgungsdichte durch Verfolgungshandlungen im Sinne von § 3 a AsylVfG nicht feststellbar. Nähere Erkenntnisse hierzu ergeben sich auch nicht aus den sonst verwerteten Erkenntnismitteln (vgl. auch VG Bremen, Urt. vom 06.01.2014 - 4 K 1005/12.A -; VG Augsburg, Urt. vom 05.11.2013 - Au 6 K 13.30331 - juris).
40 
Auch die in der Schrift "Serbien - ein sicherer Herkunftsstaat von Asylsuchenden in Deutschland?" von Dr. W. aufgeführten gewalttätigen und anderen Maßnahmen, die selbstverständlich außerordentlich bedauerlich sind, erreichen bei weitem nicht den Umfang einer maßgeblichen Verfolgungsdichte. Im Übrigen besteht in der gesamten Europäischen Union weitreichender Konsens, dass die sicherlich zu beklagenden Diskriminierungen und Ausgrenzungen von Roma in Serbien „nicht mit Verfolgung oder ernsthaftem Schaden im asylrechtlichen Sinne gleichzusetzen“ sind (vgl. BRat-Drs. 183/14 vom 02.05.2014, S. 14 ff. <18>).
41 
Offen bleiben kann danach, ob der vom Staat durchaus in die Wege geleitete Schutz (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 18.10.2013) ausreichend im Sinne von § 3 d AsylVfG ist.
42 
Schließlich liegt nach Auffassung des Gerichts keine maßgebliche Verfolgung durch "massenhafte Behinderung bzw. Verhinderung der Ausreise serbischer Staatsangehöriger durch gesetzliche Regelungen und deren administrative Umsetzung" vor (a. A. das Urteil des erkennenden Gerichts vom 25.03.2014 - A 11 K 5036/13 -).
43 
So gehört die Ausreisefreiheit schon nicht zu den grundlegenden Menschenrechten im Sinne von § 3 a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG. Sie wird insbesondere nicht in den Artikeln der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) genannt, die nach Art. 15 Abs. 2 EMRK notstandsfest sind. Die Ausreisefreiheit ist vielmehr überhaupt nicht durch die Europäische Menschenrechtskonvention erfasst. Das ergibt sich aus Protokoll Nr. 4 zur EMRK. Dadurch werden "gewisse Rechte und Freiheiten gewährleistet…, die nicht bereits in der Konvention oder im ersten Zusatzprotokoll enthalten sind". Die Ausreisefreiheit wird erst in Art. 2 Abs. 2 des Protokolls Nr. 4 zur EMRK normiert. Etwas anderes ergibt sich nicht aus der Entscheidung des EGMR vom 27.11.2012 (Bsw. 29713/05).
44 
Im Übrigen ist die damit geschützte Freizügigkeit jedenfalls nicht im Kern bedroht, wenn man sich - wie in Serbien - innerhalb des Landes grundsätzlich frei bewegen kann und eine Ein- und Ausreise zwar schwierig, aber nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist (vgl. OVG Lüneburg, Urt. vom 26.01.2012, InfAuslR 2012, 149).
45 
Darüber hinaus ist auch nicht feststellbar, dass eine Ausreise für Roma tatsächlich unmöglich oder nur unter erschwerten Umständen möglich wäre. So behauptete die Zeugin Dr. W. zwar, in den Jahren 2012 und 2013 sei einer großen Zahl Roma die Ausreise verweigert worden. Nachvollziehbare Tatsachen oder Grundlagen nennt sie aber nicht. An näheren Erkenntnissen hierzu fehlt es auch im Übrigen. Aus dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 18.10.2013 ergibt sich jedenfalls, dass eine Rückkehr ausgereister Roma nach Serbien problemlos möglich ist.
46 
Etwas anderes lässt sich nicht aus der Änderung des serbischen Strafrechts zum 01.01.2013 herleiten. Insbesondere betrifft § 350 a Serbisches StGB seinem Wortlaut nach nicht Asylbewerber selbst, sondern deren (Flucht-)Helfer. Allerdings kommt es grundsätzlich nicht auf den Wortlaut einer Vorschrift an, sondern darauf, wie sie in der Rechtspraxis der Gerichte oder sonstiger Verfolgungsbehörden tatsächlich gehandhabt wird (vgl. BVerwG, Urt. vom 26.10.1993, NVwZ 1994, 500). Nach der von Dr. W. genannten Anzahl von sieben Strafverfahren gegen acht Personen, bei denen im Übrigen noch kein Urteil vorliege, lässt sich eine solche Praxis mangels Masse schon nicht ermitteln. Hierzu gehört eine ersichtlich größere Anzahl von Verfahren oder Maßnahmen, für die es nach den vorliegenden Erkenntnisquellen jedenfalls derzeit keine hinreichenden Anhaltspunkte gibt. Im Übrigen kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich auch im deutschen Asylrecht Strafvorschriften finden lassen, die sich gegen Unterstützung missbräuchlicher Asylantragstellung richten (vgl. §§ 84 f. AsylVfG).
47 
Der Kläger zu 1 hat auch nicht aus individuellen Gründen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.
48 
Das Gericht ist allerdings nun - unter Auswertung der vorhandenen Äußerungen und Unterlagen und nach seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung - davon überzeugt, dass ein Kollege des Klägers zu 1 am 15.01.2009 versuchte, ihn mit einem Bajonette zu erstechen. Es steht aber nicht zur Überzeugung des Gerichts (§ 108 Abs. 1 VwGO) fest, dass der Angriff deshalb erfolgte, weil der Kläger zu 1 zur Volksgruppe der Roma gehört. Der Kläger zu 1 hat sich insoweit im Wesentlichen auf Vermutungen gestützt. Auch auf mehrfache Nachfragen des Gerichts haben sich hierzu keine konkreten Tatsachen ergeben. Auf Frage, ob der Kläger zu 1 Tatsachen oder Vermutungen zum Grund angeben könne, weswegen ihn der Mann habe niederstechen wollen, hat der Kläger zu 1 angegeben: Der Mann sei schon immer ein Nationalist gewesen. Er - der Kläger zu 1 - habe schon immer Probleme mit ihm gehabt. Der Mann habe immer gesagt, dass er - der Kläger zu 1 - nicht nach Serbien gehöre. In Serbien sollten nur Serben leben. Roma sollten dahin, wohin sie gehörten. Er wisse nicht, ob der Mann betrunken gewesen sei. Es könnte sein, dass er dies beim Psychologen des Gesundheitshauses N. gesagt habe. Denn ein normaler Mensch könne eine solche Tat nicht begehen, das könne nur ein Betrunkener.
49 
Insbesondere genügt hierfür nicht, dass der Kläger zu 1 den Angreifer als Nationalisten ansah. Dabei spielt auch eine Rolle, dass der Kläger zu 1 im Juli 2012 beim Gesundheitshaus N. angab, der Angreifer sei in einem alkoholisiertem Zustand auf ihn losgestürmt. Danach kommt als Auslöser des Angriffs ohne weiteres auch eine alkoholbedingte Enthemmung in Frage.
50 
Selbst wenn man davon ausgeht, dass Anlass und Grund des Angriffs die Zugehörigkeit des Klägers zu 1 zu den Roma war, kann derzeit nicht mehr davon ausgegangen werden, dass dem Kläger zu 1 bei einer Rückkehr nach Serbien eine konkrete Gefahr drohte. Dies gilt auch unter Beachtung von Art. 4 Abs. 4 QRL, wonach die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde, ein ernsthafter Hinweis darauf ist, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden. Denn es sprechen stichhaltige Gründe dagegen, dass der Kläger zu 1 erneut von solcher Verfolgung bedroht würde. Hierfür spricht zum einen, dass es im Zeitraum vom 15.01.2009 bis zu seiner Ausreise im September 2012 keinen weiteren vergleichbaren Vorfall gab, obwohl der Kläger zu 1 nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung immer wieder, wenn auch nur zeitweise, (an seiner Arbeitsstelle) gearbeitet hat. Weiter spricht gegen diese Vermutung, dass sich der Vorfall in der Arbeitsstelle des Klägers zu 1 und im Zusammenhang mit der Arbeitstätigkeit dort abspielte. Es erscheint aber völlig ausgeschlossen, dass der Kläger zu 1 nach seiner Kündigung und auch nach seinem psychischen Zustand dort je wieder arbeiten wird.
51 
Danach kann auch nicht festgestellt werden, dass der Kläger zu 1 Anspruch auf subsidiären Schutz nach § 4 AsylVfG hat. Es kann nicht festgestellt werden, dass ihm bei einer Rückkehr nach Serbien ein ernsthafter Schaden droht (§ 4 Abs. 1, Abs. 3 AsylVfG). Es liegen weiter auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 3 AufenthG vorliegen.
52 
Der Kläger zu 1 hat aber Anspruch auf Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen. Danach soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.
53 
Gesundheitlich bedingte Gefahren können unter bestimmten Umständen diese Voraussetzungen erfüllen. Bei einer bereits im Bundesgebiet vorhandenen Krankheit ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass sich die vorhandene Erkrankung bei einer Rückkehr in den Heimatstaat aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmern würde, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben führte; dies ist der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.10.2006, BVerwGE 127, 33; Beschl. v. 24.05.2006, InfAuslR 2006, 485; Urt. v. 25.11.1997, BVerwGE 105, 383). Diese Gefahr muss alsbald nach der Rückkehr drohen (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.10.2006, a.a.O.), d. h. ungefähr innerhalb eines Jahres nach Rückkehr (vgl. OVG Niedersachsen, Beschl. v. 23.02.2009, AuAS 2009, 160). Erforderlich ist dabei die Erstellung einer Gefahrenprognose (vgl. BVerwG, Beschl. v. 08.02.2011 - 10 B 1/11 -, juris).Hierzu sind alle vorhandenen Erkenntnisse und der dem § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG innewohnende Grundsatz der Zumutbarkeit zu würdigen und es ist gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO daraus eine richterliche Überzeugung zu bilden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 08.02.2011, a.a.O.; Urteil der erkennenden Kammer vom 06.07.2005 - A 17 K 10181/05 -). Als Maßstab kann darauf abgestellt werden, ob die Gesundheitsgefahren aus Sicht eines vernünftigen und besonnenen Menschen ernstlich zu befürchten und damit überwiegend wahrscheinlich sind (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 30.12.2004 - 13 A 1250/04.A -; Beschlüsse vom 16.12.2004 - 13 A 4512/03.A - und - 13 A 1140/04.A -; Beschl. v. 26.04.2007 - 13 A 4611/04.A). Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die zu einer Verschlimmerung der Erkrankung führen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.10.2006, a.a.O.).
54 
Der Kläger zu 1 leidet an einer psychischen Erkrankung und zwar an einer rezidivierenden depressiven Störung. Sie hatte sich nach dem oben dargestellten Vorfall vom 15.01.2009 entwickelt. Der Kläger zu 1 befand sich deswegen schon in Serbien in ärztlicher Behandlung und befindet sich seit Anfang 2012 in Deutschland in psychiatrischer Behandlung. Als Diagnosen wurden hier festgestellt: Rezidivierende depressive Störung, ggf. schwere Episode sowie posttraumatische Belastungsstörung. Dabei hat der Kläger zu 1 dreimal Selbsttötungsversuche unternommen. Für den Kläger zu 1 ist als Behandlung erforderlich: Regelmäßige psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung und Behandlung mit Antidepressiva und neuroleptischer Therapie. Um eine seelische Stabilität zu erreichen, ist ein sicheres soziales Umfeld notwendig. Sollte der Kläger zu 1 keine regelmäßigen psychotherapeutischen Gespräche bzw. keine medikamentöse Therapie erhalten, und im Falle von Veränderungen im sozialen Umfeld, vor allem bei Abschiebung in sein Heimatland, ist zu befürchten, dass die depressiven Symptome zunehmen und es im schlimmsten Fall im Rahmen dieser zu einem erneuten Selbsttötungsversuch kommt. Dies ergibt sich überzeugend aus der vom Gericht eingeholten Stellungnahme von A. E., Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie vom 19.02.2014.
55 
Danach ist aus der Sicht eines vernünftigen und besonderen Menschen ernstlich zu befürchten und damit wahrscheinlich, dass schon bei einer Abschiebung nach Serbien dort die depressiven Symptome zunehmen und es dabei zu einem erneuten Selbsttötungsversuch kommt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 27.09.2007, InfAuslR 2008, 94). Dies liegt schon deshalb nicht fern, weil der Kläger zu 1 schon aufgrund der verfahrensrelevanten Umstände drei Selbsttötungsversuche gemacht hat. Hierfür sprechen auch die Angaben, die die Klägerin zu 2 hierzu in der mündlichen Verhandlung gemacht hat: Der Kläger zu 1 habe im Laufe der Zeit immer mehr Angst vor allen Menschen bekommen. Sein Verhalten habe sich immer mehr verschlimmert. Im August 2010 sei es dahin kulminiert, dass er gesagt habe, er möchte nicht in so einem Land leben, wo er zweiter Klasse sei. In der Nacht vom 03. auf den 04. August 2010 habe er getrunken. Sie habe geahnt, dass etwas passieren würde. Als sie instinktiv aufgewacht sei, habe er auf dem Sessel gelegen. Sie habe dann Notarzt und Arzt angerufen. Es habe ein Selbstmordversuch vorgelegen, nach dem er sieben Tage im Krankenhaus habe verbringen müssen. Sie hätten dann auch Klage erhoben und einen Anwalt eingeschaltet. Die Situation des Klägers zu 1 habe sich immer mehr verschlechtert. Sie habe nicht mehr gewusst, wie sie ihm und der Familie habe helfen sollen. Deshalb hätten sie beschlossen, außerhalb Serbiens Hilfe zu suchen.
56 
Weiter führt - unabhängig von den bisherigen Ausführungen - zu einer Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, dass die nach der ärztlichen Einschätzung zwingend erforderliche medikamentöse Therapie in Serbien nicht gewährleistet wäre. Nach der vom Gericht eingeholten Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland Belgrad vom 01.04.2014 ist zwar davon auszugehen, dass in Serbien die für den Kläger zu 1 notwendigen Behandlungen, die psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung und auch die medikamentösen Behandlungen, grundsätzlich vorhanden wären; die beim Kläger zu 1 diagnostizierten Erkrankungen wären damit behandelbar. Dabei wären die psychotherapeutischen und psychiatrischen Behandlungen auch für den Kläger zu 1 kostenlos erreichbar. Im konkreten Falle des Klägers zu 1 wäre aber nicht sichergestellt, dass er die notwendigen Medikamente auch tatsächlich bekommen würde.
57 
Nach der Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland Belgrad vom 01.04.2014 können Patienten Medikamente - auch in staatlichen Apotheken - nur mit einer bestimmten Kostenbeteiligung erhalten (vgl. auch SFH vom 04.10.2012). Danach ist unbestritten, dass die Roma weiterhin einen erschwerten Zugang zu Gesundheitsdiensten haben. Zwar haben die Angehörigen der Volksgruppe der Roma die gleichen Rechte wie alle anderen Bürger Serbiens, somit auch das Recht auf Gesundheitsschutz. Sie müssen wie alle krankenversicherten Bürger aber auch die vorgeschriebene Kostenbeteiligung für Medikamente bezahlen. Sie können nur versuchen, die notwendigen Medikamente über humanitäre und kirchliche Organisationen zu bekommen (Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland Belgrad vom 07.06.2013 an VG Bremen).
58 
Dies gilt auch, wenn man davon ausgeht, dass die Zuzahlungen keine hohen Beträge beinhalten und die Kläger Anspruch auf Kindergeld haben (vgl. näher VG Bremen, Urt. vom 06.01.2014, a.a.O.). Denn es erscheint ausgeschlossen, dass der Kläger zu 1 in Serbien wieder Arbeit findet. Dagegen spricht der Gesundheitszustand des Klägers zu 1, der schon in Serbien dazu führte, dass er nur noch zeitweise arbeiten konnte, im Übrigen aber krankgeschrieben war. Weiter ist dabei zu berücksichtigten, dass der Zugang zum Arbeitsmarkt für Roma schon ohne diese zusätzlichen Erschwernisse grundsätzlich schwierig ist (Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 18.10.2013).
59 
Danach ist auch die gegen den Kläger zu 1 gerichtete Abschiebungsandrohung rechtswidrig. Denn Serbien wurde nicht als Staat bezeichnet, in den nicht abgeschoben werden darf (§ 59 Abs. 3 Satz 2 AufenthG). Anhaltspunkte dafür, dass die Abschiebung in einen anderen Staat in Betracht kommen könnte, bestehen nicht.
60 
Klägerin zu 2
61 
Die Klägerin zu 2 hat die geltend gemachten Ansprüche nicht. Sie ist Kroatin und hat sich nicht darauf berufen, wegen ihrer Volkszugehörigkeit in Serbien verfolgt zu werden. Darüber hinaus hat sie auch keine individuelle Verfolgung geltend gemacht. Schließlich ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass für sie aus gesundheitlichen Gründen die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.
62 
Die Androhung der Abschiebung gegenüber ihr ist rechtmäßig.
63 
Die Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 AsylVfG sind gegeben. Ein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte oder auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft besteht nicht; ein Aufenthaltstitel liegt nicht vor.
64 
Die Abschiebungsandrohung ist auch insoweit rechtmäßig, als nicht Serbien als Staat bezeichnet ist, in den nicht abgeschoben werden darf (§ 59 Abs. 3 Satz 2 AufenthG). Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 1 bis 7 AufenthG stehen einer Abschiebung dorthin nicht entgegen. Insoweit wird auf die Ausführungen oben verwiesen.
65 
Kläger zu 3 und 4
66 
Die Kläger zu 3 und 4 haben die geltend gemachten Ansprüche nicht. Nach den obigen Ausführungen besteht auch für die Kläger zu 3 und 4 keine Verfolgungsgefahr aufgrund der Volkszugehörigkeit, unabhängig davon, ob man sie der Gruppe der Roma oder der Gruppe der Kroaten zurechnet.
67 
Für die Kläger zu 3 und 4 sind auch keine individuellen Verfolgungsgründe ersichtlich. Die Angaben des Klägers zu 1 bei der Anhörung, die Tochter sei in der Schule diskriminiert worden wegen ihrer ethnischen Zugehörigkeit, und die Angaben der Klägerin zu 2 bei ihrer Anhörung, für die Kinder gebe es keine speziellen weiteren Asylgründe lassen keine konkrete Verfolgungssituation erkennen. Dabei beriefen sich die Kläger zu 1 und 2 bei der Anhörung gar nicht darauf, die Tochter sei von einer Gruppe Mitschüler aufgrund ihrer Herkunft verprügelt worden, wie es im ärztlichen Attest des Klinikums S. W. vom 11.02.2013 steht. Die Angaben sind jedenfalls insgesamt zu vage, um daraus irgendeine Vorverfolgung herzuleiten.
68 
Auch für die Kläger zu 3 und 4 gilt: Die Androhung der Abschiebung ist rechtmäßig.
69 
Die Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 AsylVfG sind gegeben. Ein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte oder auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft besteht nicht; ein Aufenthaltstitel liegt nicht vor.
70 
Die Abschiebungsandrohung ist auch insoweit rechtmäßig, als nicht Serbien als Staat bezeichnet ist, in den nicht abgeschoben werden darf (§ 59 Abs. 3 Satz 2 AufenthG). Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 1 bis 7 AufenthG stehen einer Abschiebung dorthin nicht entgegen. Insoweit wird auf die Ausführungen oben verwiesen.
71 
Dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsbeweisantrag muss nicht stattgegeben werden. Denn das Gericht ist bei seiner Entscheidung vom Vorliegen der zum Beweis gestellten Tatsachen ausgegangen.
72 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1, 159 S. 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO, § 83 b Abs. 1 AsylVfG.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 21. August 2006 - A 2 K 11717/04 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens in beiden Rechtszügen. Der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Die Klägerin begehrt die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 1, hilfsweise Abs. 7 AufenthG.
Die 1950 geborene Klägerin stammt aus dem Kosovo und ist nach eigenen Angaben Angehörige der Volksgruppe der Roma und muslimischen Glaubens. Sie ist alleinerziehende Mutter von zwei Kindern, geb. 1990 und 1992 (das Berufungsverfahren des Sohnes G. wurde vom erkennenden Senat unter dem Aktenzeichen A 11 S 332/07 mit Beschluss vom heutigen Tag entschieden; das Berufungsverfahren der Tochter wurde nach Klagerücknahme abgetrennt und mit Beschluss vom 17.08.2009 - A 6 S 1815/09 - eingestellt). Im Mai 1992 reiste die Klägerin mit ihrem inzwischen verstorbenen Ehemann nach Deutschland ein und beantragte die Gewährung von Asyl. Nachdem die Ladung zur Anhörung nicht zugestellt werden konnte, wurde der Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte mit bestandskräftigem Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge; im Folgenden: Bundesamt) vom 12.11.1993 abgelehnt. Zugleich wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG sowie Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen und der Klägerin die Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien angedroht. Im Rahmen der Begründung wurde davon ausgegangen, die Klägerin sei albanische Volkszugehörige.
Am 18.01.2000 stellte die Klägerin beim Bundesamt einen Asylfolgeantrag, den sie damit begründete, sie gehöre der Volksgruppe der Roma an, was nach ihrer Erinnerung im früheren Verfahren nicht deutlich gemacht worden sei. Vom serbischen Regime seien sie als Albanerin angesehen worden und deswegen Verfolgungen ausgesetzt gewesen. Seit dem Ende der kriegerischen Auseinandersetzungen würden die im Kosovo lebenden Roma zunehmend von der albanischen Bevölkerung verfolgt, misshandelt und zum Teil getötet. Auch im übrigen Jugoslawien sei mit asylerheblicher Verfolgung zu rechnen. Sie spreche sowohl die albanische Sprache als auch Romanes. Ausweislich der vorgelegten Bestätigung von Herrn N.v.H. sei sie Angehörige der Volksgruppe der Roma. Hinzu komme, dass sie, wie ein Krankenhausbericht belege, an mehreren Erkrankungen - u.a. Diabetes mellitus Typ II, arterielle Hypertonie und posttraumatische Belastungsstörung - leide, deren Behandlung insbesondere im Kosovo nicht gewährleistet sei.
Mit Bescheid vom 15.07.2004 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens und auf Abänderung des Bescheids vom 12.11.1993 bezüglich der Feststellung zu § 53 AuslG ab und drohte der Klägerin die Abschiebung nach Serbien und Montenegro an: Die Voraussetzungen nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG seien nicht erfüllt. Aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Gruppe der Roma habe die Klägerin politische Verfolgung weder im Kosovo noch im übrigen Serbien und Montenegro zu befürchten. Die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens zu § 53 AuslG seien ebenfalls nicht gegeben. Abschiebungshindernisse gemäß § 53 AuslG lägen nach wie vor nicht vor. Die allgemeine Situation der Roma, Ashkali und Ägypter im Kosovo stelle keine extreme konkrete Gefährdung für jeden Einzelnen im Sinne des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG dar. Abschiebungshindernisse ergäben sich schließlich auch nicht aus den gesundheitlichen Beschwerden der Klägerin. Es sei davon auszugehen, dass die Klägerin unter mehreren medikamentös behandlungsbedürftigen chronischen Beeinträchtigungen leide und daneben auch im neurologisch-psychiatrischen Bereich Beeinträchtigungen bestünden. Insbesondere das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung sei allerdings nicht hinreichend belegt worden. Im Kosovo sei nach den vorliegenden Auskünften sowohl eine antidepressive medikamentöse Behandlung als auch eine ärztliche bzw. nervenärztliche Behandlung möglich. Auch die chronischen Erkrankungen (Diabetes mellitus und Hypertonie) seien nach Auskunftslage ausreichend behandelbar; die erforderlichen Medikamente seien verfügbar und erhältlich. Ein Anspruch auf eine bestimmte, den hiesigen Verhältnissen entsprechende Behandlung bestehe grundsätzlich nicht. Auch Roma und Ashkali hätten unbeschränkten Zugang zum Gesundheitssystem.
Hiergegen hat die Klägerin am 03.08.2004 beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben, mit der sie sich darauf beruft, dass sie als Angehörige der Volksgruppe der Roma aus dem Kosovo vertrieben worden sei. Unter den Folgen des Fluchttraumas leide sie noch heute. Es sei davon auszugehen, dass Angehörige der Roma nach wie vor mit Verfolgung und Vertreibung rechnen müssten, ohne dass auch seitens internationaler Organisationen ausreichender Schutz gewährt werden könne. Ausweislich der vorgelegten Atteste und Stellungnahmen leide sie an zahlreichen Erkrankungen und sei deswegen schwerbehindert. Zuletzt habe sie sich einer Herzkatheteruntersuchung unterziehen müssen. Es seien unter anderem eine Aortenstenose, arterielle Hypertonie, Hyperlipidämie und Diabetes mellitus festgestellt worden. Eine adäquate Behandlung der Mehrfacherkrankungen sei im Kosovo nicht möglich. Zum einen existiere im Kosovo keine ausreichende Gesundheitsversorgung, zum anderen sei Angehörigen der Roma der Zugang zur rudimentären medizinischen Versorgung nicht möglich. Die Behandlung von Diabetes mellitus sei im Kosovo nicht finanzierbar. Sie leide außerdem an einer posttraumatischen Belastungsstörung, die im Kosovo nach den vorliegenden Auskünften und Stellungnahmen ebenfalls nicht adäquat behandelbar sei.
Die Beklagte ist dem unter Bezugnahme auf den angefochtenen Bescheid entgegengetreten.
Mit Urteil vom 21.08.2006 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Klägerin keine tatsächlichen Umstände geltend gemacht habe, aus denen sich eine individuelle politische Verfolgung ergeben könnte. Sie unterliege im Kosovo auch aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer ethnischen Minderheit keiner politischen Gruppenverfolgung. Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG seien nicht erfüllt. Es sei davon auszugehen, dass Angehörige der Minderheiten der Ashkali und „Ägypter“ im allgemeinen aufgrund der von UNMIK und KFOR eingeleiteten Maßnahmen vor Verfolgung effektiv geschützt seien, soweit nicht individuelle tatsächliche Umstände dagegen sprächen. Dabei gehe das Gericht auf der Grundlage der Angaben der Klägerin im Erstverfahren sowie im vorliegenden Verfahren davon aus, dass sie der Volksgruppe der Roma im weiteren Sinne und darunter den Ashkali zuzurechnen sei. Sie sei muslimischen Glaubens, spreche albanisch und besitze einen albanischen Namen. Unter den Roma, die den Albanern nahe stünden, sei sie den sogenannten Ashkali zuzuordnen, weil nicht erkennbar sei, dass sie eine Roma-Identität besitze, denn sie habe sich in den bisherigen Verfahren als Albanerin bezeichnet. Als Ashkali sei sie vor nicht-staatlicher Verfolgung hinreichend geschützt. Auch Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG lägen nicht vor. Aus den von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Attesten und ihrem Vortrag in der mündlichen Verhandlung ergebe sich nicht, dass bei ihr zum gegenwärtigen Zeitpunkt krankheitsbedingte Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorlägen. Die Krankheiten seien zum einen - Diabetes mellitus II, arterielle Hypertonie und die aus der Aortenstenose resultierende Herzinsuffizienz - nach den vorliegenden Erkenntnissen im Kosovo behandelbar, zum anderen - cerebrale Durchblutungsstörungen, die zu Kopfschmerzen und Schwindel führten - sei keine erhebliche konkrete Gefahr ersichtlich. Die Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Ashkali führe zu keiner anderen Einschätzung; das öffentliche Gesundheitssystem stehe ausweislich der Auskunftslage allen Ethnien offen. Soweit der Klägerin psychische Erkrankungen attestiert worden seien, entsprächen die vorgelegten Atteste bereits nicht den Mindestanforderungen für den Nachweis psychischer Erkrankungen. Auch diene der Abschiebungsschutz aus § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht dazu, eine bestehende Erkrankung optimal zu behandeln oder ihre Heilungschancen zu verbessern, vielmehr müsse sich ein Ausländer auf den Standard der Gesundheitsversorgung im Heimatland verweisen lassen. Für Angehörige der Ashkali seien auch aufgrund der allgemeinen Lebensverhältnisse im Kosovo die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht erfüllt. Eine extreme allgemeine Gefahrenlage, die die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG überwinden könnte, könne auch für die Minderheit der Ashkali nicht angenommen werden.
Auf Antrag der Klägerin hat der 6. Senat des erkennenden Gerichtshofs mit Beschluss vom 22.05.2007 - A 6 S 1051/06 - die Berufung zugelassen, soweit die Verpflichtungsklage auf Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 bzw. 7 AufenthG abgewiesen worden ist. Die Berufung sei zwar nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, weil die in der Antragsbegründung aufgeworfenen Fragen keiner fallübergreifenden Klärung zugänglich seien. Es liege jedoch mit dem geltend gemachten Gehörsverstoß ein die Berufung eröffnender Verfahrensmangel vor. Das Verwaltungsgericht habe das Vorbringen der Klägerin in ihrem Asylfolgeantrag, wonach sie der Volksgruppe der (ethnischen) Roma angehöre und sowohl albanisch als auch Romanes spreche sowie die hierzu beigefügte Bestätigung erkennbar nicht oder jedenfalls nur unvollständig in seine Würdigung des Sachverhalts einbezogen. Das übergangene Vorbringen sei auch entscheidungserheblich, weil das Nichtvorliegen der (tatbestandlichen) Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 und 7 AufenthG maßgeblich damit begründet worden sei, dass die Klägerin gerade der Roma-Untergruppe der Ashkali angehöre.
Zur Begründung ihrer Berufung führt die Klägerin unter Bezugnahme auf ihr bisheriges Vorbringen aus, dass sie der Volksgruppe der Roma angehöre und wegen dieser Volkszugehörigkeit bei Rückkehr in den Kosovo mit Übergriffen durch die albanische Mehrheit rechnen müsse, ohne dass ihr durch staatliche oder internationale Organisationen hiergegen Schutz gewährt werden könnte. Sie sei vor ihrer Flucht bereits Angriffen und Misshandlungen durch Albaner und Serben ausgesetzt gewesen, die ihre Ursache in ihrer Volkszugehörigkeit gehabt hätten. Es habe sich um ethnisch motivierte An- und Übergriffe im Jahre 1990 gehandelt. Gegenüber der Minderheit der Roma bestehe seitens der albanischen Bevölkerungsmehrheit weiterhin eine latente Pogromstimmung, gegen die kein Schutz zu erlangen sei. Wegen der Übergriffe der albanischen und serbischen Bevölkerung vor ihrer Flucht leide sie unter anderem an einer posttraumatischen Belastungsstörung, was durch die Vorlage entsprechender Atteste belegt worden sei. Insoweit sei bei einer Rückkehr von einer Retraumatisierung auszugehen. Die Erkrankung sei im Kosovo zudem nicht behandelbar. Hinzu kämen weitere schwerwiegende Erkrankungen, deren adäquate Behandlung im Kosovo auch aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit nicht möglich bzw. nicht finanzierbar sei. Bei einer Rückkehr sei von einer erheblichen, lebensgefährdenden Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes auszugehen, wie insbesondere die ärztliche Bescheinigung Dr. S. vom 27.11.2009 belege.
10 
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
11 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 21.08.2006 - A 2 K 11717/04 - zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 15.07.2004 zu verpflichten, festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG, hilfsweise dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 7 AufenthG hinsichtlich des Kosovo vorliegen.
12 
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
13 
die Berufung zurückzuweisen.
14 
Sie führt aus, dass allein wegen der Romazugehörigkeit nicht mit einer asylrechtlich relevanten Verfolgung zu rechnen sei. Die von der Klägerin vorgelegten Atteste und Arztberichte belegten zahlreiche Erkrankungen, die jedoch keinen konkreten Hinweis auf eine Unbehandelbarkeit im Kosovo ergäben. Dies gelte auch für die vorgetragene PTBS-Erkrankung. Eine asylrechtlich erhebliche Erkrankung sei insoweit nicht ausreichend nachgewiesen. Die in der ärztlichen Bescheinigung Dr. S. vom 27.11.2009 aufgeführten erforderlichen Medikamente würden nach Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland Pristina vom 26.11.2009 an das VG Minden im Kosovo kostenlos zur Verfügung gestellt. Auch depressive Störungen seien nach dieser Auskunft im Kosovo in den medizinischen Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitssystems uneingeschränkt behandelbar.
15 
Der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten hat keinen Antrag gestellt und ausgeführt, dass er keine inhaltsbezogene Stellungnahme abgeben könne. Er merke aber an, dass UNMIK und KFOR nach weitgehend einhelliger Sichtweise sowohl willens als auch hinreichend in der Lage seien, Roma im Kosovo Schutz zu bieten. Dies habe gerade die Bewältigung der Unruhen vom März 2004 gezeigt. Ein Anspruch auf den Flüchtlingsstatus lasse sich daher nicht bejahen. Ob ein Anspruch auf Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 AufenthG bestehe, könne nach der Berufungsbegründung nicht bewertet werden.
16 
Dem 11. Senat, dem der Rechtsstreit zum 01.01.2010 zugeteilt wurde, liegen die einschlägigen Akten der Beklagten (2 Bände) und des Verwaltungsgerichts (1 Band) vor. Hierauf wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes Bezug genommen.
II.
17 
Der Senat entscheidet gemäß § 130a VwGO über die Berufung durch Beschluss, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden (§§ 130a Satz 2, 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
18 
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts stellt sich im Ergebnis als richtig dar. Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 15.07.2004 ist zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 AsylVfG) rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG oder auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG hinsichtlich des Kosovo. Es besteht auch kein Anspruch auf Neubescheidung (§ 113 Abs. 5 VwGO).
19 
Entsprechend der Berufungszulassung ist Gegenstand des Berufungsverfahrens nur die von der Klägerin begehrte Verpflichtung zur Flüchtlingsanerkennung nach § 60 Abs. 1 AufenthG, hilfsweise die Feststellung von Abschiebungsverboten vorrangig nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG oder schließlich nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.06.2008 - 10 C 43.07 - BVerwGE 131, 198).
20 
Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des Klagebegehrens sind das Asylverfahrensgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 02.09.2008 (BGBl. I 1798) sowie § 60 AufenthG in der Fassung der Neubekanntmachung vom 25.02.2008 (BGBl. I 162). Damit sind auch die durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007 (BGBl. I 1970) eingetretenen Rechtsänderungen zu berücksichtigen.
21 
1. Da der erste Asylantrag der Klägerin bereits 1993 bestandskräftig abgelehnt wurde, handelt es sich bei ihrem am 18.01.2000 gestellten Asylantrag um einen Folgeantrag. Dieser Antrag genügt den Anforderungen des § 71 AsylVfG nicht (hierzu 1.1.). Unabhängig davon scheidet eine Flüchtlingsanerkennung der Klägerin auch deshalb aus, weil Angehörige der Roma im Kosovo keiner Gruppenverfolgung unterliegen (hierzu 1.2.).
22 
1.1. Gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ist auf einen nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrags gestellten Folgeantrag ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen. Hiernach setzt ein Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens insbesondere voraus, dass eine Änderung der Sach- oder Rechtslage eingetreten ist oder neue Beweismittel vorliegen und dass die Geeignetheit dieser Umstände für eine dem Antragsteller günstigeren Entscheidung schlüssig dargelegt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.1987 - 9 C 285/86 - juris). Der Folgeantrag muss binnen dreier Monate gestellt werden, wobei die Frist mit dem Tag beginnt, an dem der Betroffene Kenntnis von dem Wiederaufgreifensgrund hat ( § 51 Abs. 3 VwVfG).
23 
Diese Voraussetzungen sind für den Folgeantrag der Klägerin vom 18.01.2000 nicht erfüllt. Zur Begründung dieses Antrags hat sie im Wesentlichen geltend gemacht, sie gehöre (schon immer) der Volksgruppe der Roma an, was im Asylerstverfahren nicht deutlich gemacht worden sei und nun durch ein neues Beweismittel, die Bestätigung des Herrn N.v.H., belegt werden könne. Dieser Vortrag substantiiert ersichtlich keine „geänderte“ Sach- oder Rechtslage. Die Roma-Bestätigung des Herrn N.v.H. ist zudem kein „neues Beweismittel“ i.S.v. § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG, weil dies nur solche Beweismittel sind, die geeignet erscheinen, das bisherige Tatsachenvorbringen eines Asylantragstellers zu stützen; § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG betrifft mithin neue Beweismittel für „alte“ Tatsachen. Die Klägerin hingegen hat sich im Asylerstverfahren 1992 nach Aktenlage mit keinem Wort darauf berufen, der Volksgruppe der Roma anzugehören. Die mit dem Asylfolgeantrag vom 18.01.2000 vorgelegte Krankenhausbescheinigung schließlich datiert vom 29.01.1999; insoweit ist die Dreimonatsfrist des § 51 Abs. 3 VwVfG mithin offensichtlich nicht eingehalten worden.
24 
1.2. Selbst wenn von einem hinreichenden Folgeantrag sowie davon auszugehen wäre, dass es sich bei der Klägerin um eine Angehörige der Volksgruppe der Roma handelt, würde ein Anspruch auf Flüchtlingsanerkennung (§ 3 Abs. 4 AsylVfG) ausscheiden. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylVfG ist ein Ausländer Flüchtling, wenn er in dem Staat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder in dem er als Staatenloser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, den Bedrohungen nach § 60 Abs. 1 AufenthG ausgesetzt ist. Einer solchen Bedrohung ist die Klägerin, auch als Zugehörige zur Volksgruppe der Roma, im Kosovo nicht ausgesetzt.
25 
Nach § 60 Abs. 1 AufenthG darf ein Ausländer in Anwendung des Abkommens vom 28.07.1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II 559) nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Gemäß Satz 4 dieser Vorschrift kann eine Verfolgung im Sinne des Satzes 1 ausgehen von a) dem Staat, b) Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen oder c) nichtstaatlichen Akteuren, sofern die unter den Buchstaben a und b genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht, es sei denn, es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative. Gemäß Satz 5 sind für die Feststellung, ob eine Verfolgung nach Satz 1 vorliegt, Art. 4 Abs. 4 sowie die Art. 7 bis 10 der (Qualifikations-) Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. EU Nr. L 304 S. 12) ergänzend anzuwenden.
26 
Nach diesem Maßstab droht der Klägerin im Kosovo keine Verfolgung. Eine Verfolgung als Angehörige der Roma durch den Staat oder durch Parteien und Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des kosovarischen Staatsgebiets beherrschen, macht die anwaltlich vertretene Klägerin nicht geltend. Sie verweist ausschließlich auf eine Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure wegen der Zugehörigkeit zur ethnischen Minderheit der Roma. Die Annahme einer solchen Verfolgung setzt voraus, dass die Klägerin als Angehörige dieser Minderheit wegen ihrer „Rasse“ bedroht ist (§ 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG), dass der Staat, die Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staates beherrschen, erwiesenermaßen nicht in der Lage oder willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten und dass keine innerstaatliche Fluchtalternative besteht (§ 60 Abs. 1 Satz 4 AufenthG). Nicht anders als eine staatliche Gruppenverfolgung setzt die von der Klägerin geltend gemachte Gruppenverfolgung durch nichtstaatliche Akteure voraus, dass jedes im Verfolgungsgebiet lebende Gruppenmitglied wegen der Gruppenzugehörigkeit von Verfolgung betroffen ist. Dies erfordert Verfolgungshandlungen gegen die Gruppe, die so intensiv und zahlreich sind, dass jedes einzelne Mitglied der Gruppe daraus die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit ableiten kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.04.2009 - 10 C 11.08 - InfAuslR 2009, 315). Eine solche Verfolgungsdichte, die die Regelvermutung eigener Verfolgung begründet, lässt sich für Angehörige der Roma auf der Grundlage der dem Senat vorliegenden Erkenntnismittel im Kosovo nicht feststellen (so schon VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.04.2008 - A 6 S 1028/05 - sowie Sächs. OVG, Urteil vom 19.05.2009 - A 4 B 229/07 - juris).
27 
Das Sächsische Oberverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 21.07.2009 – A 4 B 554/07 – (juris) hierzu Folgendes ausgeführt:
28 
„Im Kosovo gibt es nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 2.2.2009 mehr als 30.000 Angehörige der Roma (davon wohl 23.000 Ashkali und Ägypter), wobei der UNHCR Ashkali und Ägypter nicht mehr zur Gruppe der Personen mit einem fortbestehenden Bedürfnis nach internationalem Schutz zählt (Lagebericht S. 16). Eine Volkszählung im Jahr 1991 habe 42.000 Roma auf dem Gebiet des Kosovo ergeben, nach Angaben von Roma-Verbänden habe die Anzahl der Roma mit rund 120.000 deutlich höher gelegen. Nach Amnesty International (Asyl-Info 3/2009, S. 6) wurden im März 2004 ca. 4.100 Angehörige von Minderheiten durch ethnisch motivierte Gewalttaten vertrieben, darunter auch Roma. Im Anschluss an den Einsatz der NATO hätten Albaner zahlreiche Häuser der Roma zerstört. Viele Angehörige der Roma lebten heute in extremer Armut, nahezu alle Roma seien von Arbeitslosigkeit betroffen. Seit der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo im Februar 2008 habe sich die Lage der Roma nicht verbessert; Roma seien von den sozialen Sicherungssystemen faktisch ausgeschlossen und kaum in der Lage, sich eine medizinische Grundversorgung zu leisten. Aktionspläne zur Integration von Roma, Ashkali und Ägyptern seien im Kosovo bislang nicht umgesetzt werden. Auf gewaltsame Repressionen durch nichtstaatliche Akteure - wie sie von der Klägerin geltend gemacht wird - verweist Amnesty International dagegen nicht mehr. Das Positionspapier der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 10.10.2008 führt aus, dass es seit den pogromartigen Ausschreitungen von März 2004 zu keinen größeren Übergriffen gegen Roma-Gemeinschaften gekommen sei. Angehörigen der Roma, Ashkali und Ägypter drohe „in Einzelfällen“ noch asylrelevante Verfolgung, wenn sie im Verdacht der Kollaboration mit der ehemaligen serbischen Verwaltung oder der Teilnahme an Plünderungen stünden. Während der vergangenen Jahre habe sich die Sicherheitssituation der Roma-Gemeinschaften allmählich verbessert. Die Sicherheitslage im Kosovo sei insgesamt auch für ethnische Minderheiten stabil. Im Bereich ihrer Siedlungen drohten den Angehörigen der Roma im Allgemeinen keine Gewaltakte. Diese Einschätzung wird durch den Lagebericht des Auswärtigen Amts bestätigt, nach dem die Anzahl ethnisch motivierter Vorfälle von 62 im Jahr 2006 auf 24 im Jahr 2007 gefallen sei (S. 14). Im Rahmen groß angelegter Wiederaufbauprojekte seien umfangreiche Baumaßnahmen durchgeführt worden, um eine dauerhafte Rückkehr von Roma etwa in der Siedlung Roma Mahala zu ermöglichen (Lagebericht S. 16 f.). Auch die Schweizerische Flüchtlingshilfe (Positionspaper vom 10.1.2008), die eine Rückkehr von Roma in den Kosovo als unzumutbar ansieht, beschreibt die Lage der abgeschottet von der „Außenwelt“ lebenden Roma-Gemeinschaften als relativ sicher, wobei eine „asylrelevante Verfolgung“ in „Einzelfällen“ nur solchen Angehörigen von Minderheiten drohe, die im Verdacht der Kollaboration mit der früheren serbischen Verwaltung oder der Teilnahme an Plünderungen stünden.“
29 
Dieses Bild wird durch den in das Verfahren eingeführten Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 19.10.2009 - Kosovo - bestätigt. Auch hier wird die ausgesprochen schwierige Lage der Roma im Kosovo dargestellt, aber zusammenfassend ausgeführt, es gebe keine Anzeichen für eine staatliche Verfolgung (S. 10). Für ethnische Roma, die sich während des Krieges nicht ausdrücklich auf die Seite Serbiens gestellt haben oder in gewalttätige Handlungen gegen Kosovo-Albaner verwickelt waren, würden keine Erkenntnisse über eine Gefährdung seitens der albanischen Bevölkerung vorliegen. Roma-Familien, die z.B. während des Krieges den albanischen Nachbarn halfen, Schutz zu finden, würden respektiert. Ihre Stellung sei die gleiche wie die der albanischen Bevölkerung. Eine individuelle Gefährdungslage könne für Roma allerdings dann bestehen, wenn sie sich vor oder während der kriegerischen Auseinandersetzungen in den Augen der albanischen Bevölkerung auf die Seite der Serben gestellt und sich auf Seiten der Serben an den Auseinandersetzungen gegen ihre albanischen Nachbarn beteiligt haben. Einer solchen regional bestehenden individuellen Gefährdung könnten sie jedoch durch Wohnsitznahme in einem anderen Landesteil entgehen (S. 15).
30 
Ausgehend von diesem Erkenntnismittel bestehen jedenfalls im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats hinsichtlich des Kosovo keine greifbaren Anhaltspunkte für die Annahme einer Gruppenverfolgung der Roma (ebenso für Ashkali VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.04.2008 - A 6 S 1026/05 - juris), selbst wenn man realistischerweise davon ausgehen muss, dass nicht jeder Übergriff auf einen Angehörigen dieser Volksgruppe zur Anzeige kommt. Da die Klägerin auch nach ihren eigenen Angaben nicht zum Personenkreis derjenigen gehört, die im Verdacht der Kollaboration mit der früheren serbischen Verwaltung oder etwa der Teilnahme an Plünderungen stehen, sie zudem albanisch spricht und sich zum muslimischen Glauben bekennt, fehlen selbst bei Anlegung des sogenannten herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstabs hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin nach Rückkehr in ihre Heimat dort verfolgt werden könnte. Ein Anspruch der Klägerin auf Flüchtlingsanerkennung im Folgeverfahren scheidet mithin aus.
31 
2. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 7 AufenthG. Hierüber ist ungeachtet der Frage zu entscheiden, ob der Folgeantrag der Klägerin insoweit die Voraussetzungen des § 71 AsylVfG i.V.m. § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG erfüllt (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.03.2000 - 9 C 41.99 - BVerwGE 101, 77).
32 
2.1. Ein (europarechtlich begründetes) Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG ist nicht erkennbar. Nach dieser Norm ist von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abzusehen, wenn er dort als Angehöriger der Zivilbevölkerung einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt ist. Die Vorschrift setzt die sich aus Art. 18 i.V.m. Art. 15 lit. c der Qualifikationsrichtlinie ergebenden Verpflichtungen auf Gewährung eines „subsidiären Schutzstatus“ bzw. „subsidiären Schutzes“ in nationales Recht um. Der Begriff des internationalen wie auch des innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ist dabei unter Berücksichtigung der Bedeutung dieser Begriffe im humanitären Völkerrecht, insbesondere unter Heranziehung von Art. 3 der Genfer Konventionen zum humanitären Völkerrecht von 1949 und des zur Präzisierung erlassenen Zusatzprotokolls II von 1977 auszulegen. Danach müssen die Kampfhandlungen von einer Qualität sein, wie sie u.a. für Bürgerkriegssituationen kennzeichnend sind, und über innere Unruhen und Spannungen wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und ähnliche Handlungen hinausgehen. Bei innerstaatlichen Krisen, die zwischen diesen beiden Erscheinungsformen liegen, scheidet die Annahme eines bewaffneten Konflikts i.S.v. Art. 15 lit. c der Qualifikationsrichtlinie nicht von vornherein aus. Der Konflikt muss jedoch zumindest ein bestimmtes Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen, wie sie typischerweise in Bürgerkriegsauseinandersetzungen und Guerillakämpfen zu finden sind (ausführlich: BVerwG, Urteil vom 24.06.2008 - 10 C 43.07 - BVerwGE 131, 198). Davon kann im Kosovo derzeit nicht ausgegangen werden. Die Situation dort rechtfertigt nicht die Annahme eines Bürgerkriegs oder einer bürgerkriegsähnlichen Situation und damit eines landesweit oder auch nur regional bestehenden bewaffneten Konflikts i.S.v. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG. Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 19.10.2009 – Kosovo – (S. 5) hat sich die Sicherheitslage seit den Unruhen im März 2004 vielmehr weitgehend beruhigt und ist überwiegend stabil.
33 
2.2. Auch ein (national begründetes) Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist im Falle der Klägerin nicht erkennbar. Nach dieser Norm soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn diesem dort eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit droht. Dies setzt das Bestehen individueller Gefahren voraus. Beruft sich ein Ausländer hingegen auf allgemeine Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG, die nicht nur ihn persönlich, sondern zugleich die gesamte Bevölkerung oder seine Bevölkerungsgruppe allgemein treffen, wird - abgesehen von Fällen der richtlinienkonformen Auslegung bei Anwendung von Art. 15 lit. c der Qualifikationsrichtlinie für internationale oder innerstaatliche bewaffnete Konflikte - der Abschiebungsschutz grundsätzlich nur durch eine generelle Regelung der obersten Landesbehörde nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG gewährt. Beim Fehlen einer solchen Regelung kommt die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Schutzlücke (Art. 1, Art. 2 Abs. 2 GG) in Betracht, d.h. nur zur Vermeidung einer extremen konkreten Gefahrenlage in dem Sinne, dass dem Ausländer sehenden Auges der sichere Tod droht oder er schwerste Gesundheitsbeeinträchtigungen zu erwarten hätte (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.06.2008 - 10 C 43.07-, BVerwGE 131, 198 <211 f.> Rn. 31 f.).
34 
Eine solche extreme konkrete Gefahrenlage besteht für die Klägerin im Hinblick auf ihre vorgetragene Zugehörigkeit zur Minderheit der Roma im Kosovo ungeachtet der für diese Volksgruppe nach wie vor dort in erheblichem Ausmaß bestehenden Schwierigkeiten nicht (vgl. hierzu m.w.N. bereits Urteil des VGH Bad.-Württ. vom 24.04.2008 a.a.O.; Lagebericht des Auswärtigen Amtes - Kosovo - vom 19.10.2009, S. 10 ff.; s.a. Sächs. OVG, Urteil vom 19.05.2009 a.a.O.; OVG Saarland, Beschluss vom 08.02.2008 - 2 A 16/07 - juris). Da insbesondere die von der Klägerin befürchtete Verfolgungssituation nicht hinreichend wahrscheinlich ist (s.o.), kann auch nicht von der Gefahr schwerster Gesundheitsbeeinträchtigungen oder gar von Todesgefahr bei einer Rückkehr in den Kosovo ausgegangen werden.
35 
Auch im Hinblick auf den Gesundheitszustand der Klägerin vermag der Senat keine erhebliche konkrete Gefahrenlage zu erkennen. Nach den vorliegenden ärztlichen Attesten und den Angaben der Klägerin kann nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit von einer wesentlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes alsbald nach der Rückkehr in ihre Heimat ausgegangen werden, insbesondere weil eine adäquate Behandlung dort nicht möglich oder nicht erlangbar ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.10.2006 - 1 C 18.05 - BVerwGE 127, 33). Zwar hat die Klägerin 2001 einen Schlaganfall erlitten und leidet nach den vorliegenden fachärztlichen Attesten insbesondere an einer behandlungsbedürftigen Hypertonie, einem behandlungsbedürftigen Diabetes mellitus sowie psychovegetativen Störungen mit Depressivität (vgl. die Atteste des Allgemeinmediziners Dr. N. vom 20.06.2005, 11.01.2006, 27.07.2006, 14.10.2009 und 19.11.2009, die weitere, u.a. orthopädische und psychiatrische Diagnosen, aber keine konkret durchgeführte Behandlung nennen, die Anlass zu näherer Überprüfung geben könnte; s.a. das kardiologische Attest des Theresienkrankenhauses M. vom 04.05.2005, das aufgrund des Herzkatheter-Befundes eine konservative, medikamentöse Therapie - lediglich - empfiehlt, den Bericht der UMM vom 24.03.2009 sowie die Atteste des Neurologen und Psychiaters Dr. S. vom 13.06.2005, 12.01.2006 und 23.11.2009, die ebenfalls verschiedene Diagnosen, aber keine konkrete Behandlung nennen, sowie die diese Einschätzungen bestätigende ärztliche Bescheinigung Dr. S. vom 27.11.2009). Aufgrund der aktuellen Erkenntnislage zur medizinischen Versorgung im Kosovo ist im Falle der Klägerin jedoch keine beachtlich wahrscheinliche Gefahr für Leib und Leben im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erkennbar, weil ihre Erkrankungen in ihrer Heimat hinreichend behandelbar sind. Insbesondere nach den Lageberichten des Auswärtigen Amtes vom 02.02.2009 und 19.10.2009 - Kosovo - wird die medizinische Grundversorgung der Bevölkerung durch ein in der Qualität aus finanziellen Gründen allerdings manchmal eingeschränktes staatlich finanziertes öffentliches dreistufiges Gesundheitssystem gewährleistet, und zwar durch Erstversorgungszentren, Krankenhäuser auf regionaler Ebene und eine spezialisierte Gesundheitsversorgung durch die Universitätsklinik Pristina. Daneben gibt es im Kosovo mittlerweile eine große Anzahl von Privatpraxen und einige privat geführte medizinische Behandlungszentren, die eine Vielzahl von Behandlungsmöglichkeiten anbieten. Für medizinische Leistungen sowie für bestimmte Basismedikamente hat der Patient Eigenbeteiligungen zu zahlen, die nach vorgegebenen Sätzen pauschal erhoben werden. Von der Zuzahlungspflicht befreit sind jedoch Invaliden und Empfänger von Sozialleistungen, chronisch Kranke, Kinder bis zum 10. Lebensjahr und Personen über 65 Jahre. Die Medikamentenversorgung im staatlichen Gesundheitssystem wird zentral vom kosovarischen Gesundheitsministerium gesteuert, wobei der Medikamentenbedarf in den letzten Jahren mangels ausreichender finanzieller Mittel nicht vollständig gedeckt werden konnte. Im Bedarfsfall sind aber nahezu alle Medikamente über Apotheken beziehbar.
36 
Vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, dass für die attestierten chronischen Erkrankungen der Klägerin, die derzeit allein mit Basismedikamenten behandelt werden, im Kosovo eine erforderliche medizinische Behandlung nicht gewährleistet wäre oder aus finanziellen Gründen scheitern könnte. Als chronisch Kranke ist die Klägerin von den genannten Zuzahlungen im öffentlichen Gesundheitssystem befreit und wird vorrangig mit den erforderlichen Medikamenten versorgt. Die in der ärztlichen Bescheinigung D. S. vom 27.11.2009 genannten Medikamente, die die Klägerin derzeit einnimmt, sind nach der von der Beklagten vorgelegten Auskunft der Deutschen Botschaft in Pristina vom 26.11.2009 im Kosovo kostenlos erhältlich. Etwas anderes ergibt sich auch nicht, soweit die Klägerin ausführt, sie sei alleinerziehend und befürchte, als Angehörige der Volksgruppe der Roma die ggf. (grundsätzlich) vorhandenen medizinischen Behandlungsmöglichkeiten nicht zu erhalten. Ungeachtet einer möglicherweise nicht optimalen medizinischen Versorgungslage im Kosovo ist nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten, dass die Klägerin als Roma die notwendige Behandlung nicht wird erlangen können. Denn das öffentliche Gesundheitssystem steht grundsätzlich allen Ethnien offen (vgl. hierzu auch die Auskunft des Deutschen Verbindungsbüros Kosovo an das VG Sigmaringen vom 07.06.2005).
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Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin - wie sie andeutet - an einem schwer zu behandelnden, komplexen Krankheitsbild leidet und etwa ein weiterer Schlaganfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen könnte, ergeben sich aus den vorliegenden ärztlichen Bescheinigungen nicht. Auch eine sonstige beachtlich wahrscheinliche Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist trotz der dargelegten gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht hinreichend feststellbar. Nach den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Lageberichten des Auswärtigen Amtes vom 02.02.2009 und 19.10.2009 ist die Grundversorgung der gesamten Bevölkerung des Kosovo zwischenzeitlich gewährleistet. Bedürftige Personen erhalten Unterstützung in Form von Sozialhilfe, deren Höhe sich allerdings selbst gemessen an den Lebensbedingungen im Kosovo auf niedrigem Niveau bewegt. Empfänger von Sozialhilfeleistungen sind jedoch insbesondere von Zuzahlungen im öffentlichen Gesundheitssystem befreit. Zwar ist es für Angehörige der Volksgruppe der Roma aufgrund von Vorurteilen der übrigen Bevölkerung schwierig, Wohnraum anzumieten. Es stehen aber Übergangsunterkünfte und bezugsfertige Wohnmöglichkeiten im groß angelegten Aufbauprojekt der Siedlung „Roma Mahala“ in Süd-Mitrovica zur Verfügung, wo auch ein „Haus der Gesundheit“ eröffnet worden ist, das eine medizinische Grundversorgung der Bewohner unmittelbar vor Ort sicherstellen kann.
38 
Soweit sich die Klägerin schließlich auf das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung beruft, wurde diese Diagnose zwar in den beim Bundesamt vorgelegten Attesten des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. P. vom 15.07.2002, 08.10.2002, 05.05.2003 und 22.09.2003 neben zahlreichen anderen Diagnosen aufgezählt; es wurden verschiedene Medikamente und eine wöchentliche Psychotherapie genannt, ein konkreter Behandlungsbedarf sowie eine Prognose wurden jedoch - trotz der Aufforderung bereits des Bundesamts, hierzu konkrete Angaben zu machen -, nicht näher beschrieben. Im Attest vom 22.09.2003 wird lediglich der Vortrag der Klägerin zu ihren Ausreisegründen wiedergeben, nicht aber die Diagnose begründet oder eine konkrete Behandlung näher bezeichnet. Der für die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung befähigte Facharzt für Psychiatrie und Neurologie Dr. S., bei dem die Klägerin nach eigenen Angaben seit Jahren in Behandlung ist, deutet die Diagnose einer Traumaerkrankung in seinen später erstellten Attesten noch nicht einmal an (vgl. Atteste vom 13.06.2005 und vom 12.01.2006). Vom Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung kann vor diesem Hintergrund weder ausgegangen werden noch ergibt sich ergänzender Klärungsbedarf (vgl. zu den an ein fachärztliches Attest zu stellenden Mindestanforderungen auch BVerwG, Urteil vom 11.09.2007 - 10 C 8.07 - BVerwGE 129, 251). Abgesehen davon ist es für den Senat auch in keiner Weise nachzuvollziehen, dass die Erkrankung auf traumatischen Erlebnissen beruhen könnte, die der Klägerin als Roma vor ihrer Einreise in das Bundesgebiet zugestoßen waren. Zum einen hatte sie sich im Asylerstverfahren mit keinem Wort auf ihre Zugehörigkeit zu den Roma berufen, zum anderen fehlt es auch insoweit bis heute an jedem nachvollziehbaren Vortrag. Wiederum losgelöst hiervon geht der Senat im Übrigen davon aus, dass posttraumatische Belastungsstörungen und andere psychische Erkrankungen im Kosovo - wenn auch nicht optimal - behandelt werden können (Lagebericht des Auswärtigen Amtes - Kosovo - vom 19.10.2009, S. 24). Klärungsbedürftige Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ergeben sich (auch) hieraus nicht. Soweit die Klägerin die Einholung eines Sachverständigengutachtens begehrt, handelt es sich mangels entsprechender Anknüpfungstatsachen nicht um einen Beweis-, sondern um einen bloßen Beweisermittlungsantrag, der auf Ausforschung gerichtet ist und dem Senat auch vor dem Hintergrund des Grundsatzes der Amtsermittlung (§ 86 Abs. 1 VwGO) keinen Anlass gibt, den Sachverhalt weiter aufzuklären (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 11.09.2007 - 10 C 8.07 - a.a.O.; Beschluss vom 24.05.2006 - 1 B 118.05 - InfAuslR 2006, 485; Beschluss vom 28.03.2006 - 1 B 91.05 u.a. - NVwZ 2007, 346; Beschluss vom 29.06.2005 - 1 B 174.04 - juris).
39 
3. Die Abschiebungsandrohung im Bescheid des Bundesamts vom 15.07.2004 ist ungeachtet der heute abweichenden Zielstaatsbezeichnungen nicht zu beanstanden (vgl. zur Abschiebung in den Kosovo auch Senatsbeschluss vom 22.07.2008 - 11 S 1771/08 - InfAuslR 2008, 420).
40 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 83b AsylVfG und einer entsprechenden Anwendung des § 162 Abs. 3 VwGO.
41 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.