Arbeitslosigkeit: Faktische Beschäftigungslosigkeit und Bezug von ALG I
AoLs
Authors
Die Arbeitsagentur lehnte Arbeitslosengeld I ab, weil die Antragstellerin in einem ungekündigten Beschäftigungsverhältnis stehe und ihr Arbeitgeber nicht auf sein Direktionsrecht verzichtet habe. Sie sei damit nicht arbeitslos.
Das SG verurteilte die Arbeitsagentur, Arbeitslosengeld zu zahlen. Für die Arbeitslosigkeit genüge eine faktische Beschäftigungslosigkeit. Die Arbeitnehmerin habe das Beschäftigungsverhältnis faktisch dadurch beendet, dass sie das Direktionsrecht ihres Arbeitgebers nicht anerkenne und sich nicht an ihrem Stammgericht einsetzen lasse. Sie habe sich auch der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt. Sie dürfe die förmliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Land NRW davon abhängig machen, eine anderweitige zumutbare Arbeit gefunden zu haben. Es sei unschädlich, dass sie versuche, die Wiederaufnahme der Beschäftigung bei dem bisherigen Arbeitgeber durch eine Versetzung zu erreichen. Die Kammer sehe dies als Verpflichtung der Arbeitnehmerin im Rahmen von Eigenbemühungen zur Beendigung der Arbeitslosigkeit an.
Quelle: Sozialgericht Dortmund, Urteil vom 10.10.2016, S 31 AL 84/16
Tenor:
Der Bescheid vom 11. Dezember 2015 in der Gestalt des Wider
spruchsbescheides vom 11. Januar 2016 wird aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ab 24. November 2015 Arbeitslosengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu bewilligen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt Arbeitslosengeld.
Die Klägerin ist Justizbeschäftigte des Landes NRW. Sie war beim Amtsgericht T eingesetzt. Ab März 2015 war sie arbeitsunfähig. Bis zum 02. November 2015 wurde sie stufenweise in das Erwerbsleben wiedereingegliedert durch Arbeitseinsätze beim Amtsgericht M und T. Ab 03. November 2015 schrieb sie der behandelnde Arzt arbeitsfähig, gab aber an, die Klägerin könne weiterhin nicht beim Amtsgericht T arbeiten. Unter dem 02. November 2015 schrieb der Präsident des OLG I an die Klägerin, er habe den Direktor des Amtsgerichts T gebeten, sie aufzufordern, ihre Tätigkeit beim Amtsgericht T wiederaufzunehmen, weil sie ab 03. November 2015 wieder arbeitsfähig sei. Sie sei als Beschäftigte des Amtsgerichts T mit der Hälfte ihrer Arbeitszeit an das Landgericht I abgeordnet. Wenn sie sich aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sehe, ihren Dienst beim Amtsgericht T zu verrichten, sei sie weiterhin arbeitsunfähig erkrankt. Entgeltfortzahlung könne nicht wiederaufgenommen werden.
Daraufhin meldete sich die Klägerin am 03. November 2015 arbeitslos. Ihrem Arbeitsvermittler erklärte sie am 18. November 2015, sie könne nicht beim Amtsgericht T arbeiten. Daraufhin sei sie vom Arbeitgeber unter Einstellung der Gehaltszahlung freigestellt worden. Krankengeld beziehe sie nicht, weil sie nicht arbeitsunfähig sei. Der Arbeitsvermittler erläuterte der Klägerin die Verfügbarkeit für den allgemeinen Arbeitsmarkt. Die Klägerin stellte sich dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht zu Verfügung und erklärte, sie wolle den Arbeitgeber nicht wechseln. Am 24. November 2015 erklärte die Klägerin bei einer weiteren Vorsprache dem Arbeitsvermittler, daß sie sich dem Arbeitsmarkt in Vollzeit zur Verfügung stelle. Sie werde zum heutigen Zeitpunkt ihr aktuelles Arbeitsverhältnis beim Land NRW jedoch nicht kündigen. Bei einer möglichen Arbeitsaufnahme müsse die Situation geprüft werden.
Mit Bescheid vom 11. Dezember 2015 lehnte die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin stehe in einem ungekündigten Beschäftigungsverhältnis. Ihr Arbeitgeber habe darüber hinaus nicht auf sein Direktionsrecht verzichtet. Deswegen sei die Klägerin nicht arbeitslos.
Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie machte geltend, der Arbeitgeber habe auf sein Direktionsrecht verzichtet. Dazu legte sie ein Schreiben des Direktors des Amtsgerichts T vom 14. Dezember 2015 vor. Darin heißt es im Wesentlichen, die Klägerin habe ihre Arbeit nicht angetreten, obwohl sie keine Arbeitsunfähigkeit nachgewiesen habe. Die behauptete eingeschränkte Arbeitsfähigkeit für das Amtsgericht T könne nur als Arbeitsunfähigkeit verstanden werden mit der Folge, dass eine Beschäftigung beim Amtsgericht T nicht möglich sei. Insoweit werde für die Dauer dieser Arbeitsunfähigkeit auf das Direktionsrecht verzichtet.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 11. Januar 2016 zurückgewiesen. Die Beklagte führte im Wesentlichen aus, der Arbeitgeber habe nicht vollständig auf sein Direktionsrecht verzichtet. Die Klägerin stehe in einem ungekündigten Beschäftigungsverhältnis und sei damit nicht arbeitslos.
Daraufhin hat die Klägerin am 10. Februar 2016 Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, zwar bestehe noch ein Arbeitsverhältnis mit dem Land NRW, allerdings kein Beschäftigungsverhältnis mehr im Sinne von § 138 SGB III. Ihre Arbeitskraft werde vom Land NRW nicht angenommen. Das Land beschäftigte sie nicht mehr und sei auch nicht bereit, ihr Arbeitsverhältnis örtlich so abzuändern, dass eine Beschäftigung für sie möglich sei. Ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des SGB III sei auch beendet, wenn der Arbeitnehmer das Direktionsrecht des Arbeitgebers nicht mehr anerkenne. Überdies habe der Direktor des Amtsgerichts T mit Schreiben vom 14. Dezember 2015 ausdrücklich auf sein Direktionsrecht verzichtet. Die Klägerin hat ein Schreiben des Präsidenten des OLG I vom 24. Mai 2016 vorgelegt. In diesem heißt es im Wesentlichen, er übe derzeit die Verfügungsgewalt hinsichtlich der Arbeitsleistung der Klägerin nicht aus.
Die Klägerin beantragt, den Bescheid vom 11. Dezember 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Januar 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 03. November 2015 Arbeitslosengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass die Klägerin zumindest bis zum Schreiben des Präsidenten des OLG I in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden habe. Ferner zweifle sie an der Verfügbarkeit der Klägerin.
Die Klägerin klagt gegen das Land NRW beim Arbeitsgericht E auf Versetzung weg vom Amtsgericht T. Kammertermin beim Arbeitsgericht ist am 15. November 2016.
Das Gericht hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung angehört. Die Klägerin hat im Wesentlichen angegeben, sie könne beim Amtsgericht T wegen Mobbing nicht arbeiten. Ansonsten sei sie voll einsatzfähig. Sie würde am liebsten bei der Justiz weiterarbeiten. Sie würde aber eine andere Arbeit aufnehmen, wenn sie ein tolles Angebot bekomme, das ihr gut gefalle. Dann würde sie auch beim Land kündigen. Sie hätte jede Arbeitsstelle angenommen, auch als Putzfrau oder Schreibkraft. Dann hätte sie entschieden, ob sie beim Land kündige. Sie habe dem Arbeitsvermittler gesagt, dass sie auf jeden Fall arbeiten wolle. Sie habe nur nicht schon vorab beim Land kündigen wollen. Sie habe sich in eigener Initiative im Januar 2016 vergeblich auf eine Stelle als Renogehilfin beworben und sich auch um Putzstellen bemüht. Von der Beklagten habe sie keine Stellenangebote erhalten.
Ferner hat das Gericht den Arbeitsvermittler der Klägerin als Zeugen vernommen. Der Zeuge hat im Wesentlichen bekundet, die Klägerin habe ihm am 18. November 2015 erklärt, sie stelle sich dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung. Am 24. November 2015 habe die Klägerin erklärt, dass sie sich doch dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen wolle. Allerdings habe sie auch gesagt, dass, wenn ein Arbeitsangebot für sie da sei, sie dann prüfen und entscheiden müsse, ob sie ihre Arbeit beim Land kündige. Er habe sie mit Einschränkungen für verfügbar gehalten. Denn die Klägerin habe gesagt, dass sie den Arbeitgeber nur dann wechseln würde, wenn ihr der neue Arbeitsplatz gut gefalle und die Rahmenbedingungen passen würden.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf die Streitakte und Ausdrucke aus der elektronischen Akte der Beklagten, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig und teilweise begründet.
Die Klägerin ist durch die angefochtenen Bescheide im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG beschwert, weil ihr ab 24. November 2015 Arbeitslosengeld zusteht.
Gemäß § 137 Abs. 1 SGB III hat Anspruch auf Arbeitslosengeld, wer arbeitslos ist, sich arbeitslos gemeldet hat und die Anwartschaftszeit erfüllt hat.
Die Klägerin erfüllt die Anwartschaftszeit und hat sich am 03. November 2015 arbeitslos gemeldet. Ab 24. November 2015 war die Klägerin dann auch arbeitslos.
Nach § 138 Abs. 1 SGB III ist arbeitslos, wer nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht, sich bemüht, die eigene Beschäftigungslosigkeit zu beenden, und den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht.
Die Klägerin stand bereits ab 03. November 2015 nicht mehr in einem Beschäftigungsverhältnis. Im Sinne von § 138 Abs. 1 SGB III ist nämlich nicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses oder das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses im beitragsrechtlichen Sinne abzustellen, sondern es geht um das Beschäftigungsverhältnis im leistungsrechtlichen Sinne. Dabei genügt für eine Beschäftigungslosigkeit bereits faktische Beschäftigungslosigkeit. Die Klägerin hat das Beschäftigungsverhältnis mit dem Land NRW faktisch dadurch beendet, daß sie das Direktionsrecht ihres Arbeitgebers nicht anerkennt und sich nicht beim Amtsgericht T einsetzen lässt.
Ferner stehen fehlende Eigenbemühungen dem Anspruch der Klägerin nicht entgegen. Zum Einen hat sie glaubhaft bekundet, daß sie sich eigeninitiativ auf Stellen beworben hat. Zum Anderen sind Eigenbemühungen zur Auffassung der Kammer kein echtes Tatbestandsmerkmal, deren Fehlen ohne weiteres zum Ausschluß des Arbeitslosengeldanspruchs führt. Eigenbemühungen sind zunächst nach § 37 SGB III zur konkretisieren. Fehlende Eigenbemühungen führen, wie § 159 Abs. 1 Nr. 3 SGB III zeigt, nicht zum Ausschluß des Arbeitslosengeldanspruches, sondern allenfalls zu einer Sperrzeit.
Schließlich stand die Klägerin ab 24. November 2015 auch den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung. Gemäß § 138 Abs. 5 SGB III steht den Vermittlungsbemühungen zur Verfügung, wer eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung ausüben kann und darf, den Vorschlägen der Agentur zur beruflichen Eingliederung Folge leisten kann, bereit ist, jede Beschäftigung im Sinne von § 138 Abs. 5 Nr. 1 anzunehmen und auszuüben, und bereit ist, an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung in das Erwerbsleben teilzunehmen.
An der objektiven Verfügbarkeit der Klägerin bestehen keine Zweifel. Ab dem zweiten Gespräch mit dem Arbeitsvermittler bestand auch subjektive Verfügbarkeit; so hat auch der Arbeitsvermittler die Erklärung der Klägerin aufgefaßt. Nach der Anhörung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ist die Kammer davon überzeugt, daß die Klägerin ab 24. November 2015 tatsächlich subjektiv verfügbar ist. Es ist unschädlich, daß die Klägerin ihr Arbeitsverhältnis mit dem Land nicht gekündigt hat und erst dann kündigen will, wenn sie eine anderweitige zumutbare Arbeit gefunden hat. Denn eine Arbeitslose muß nicht jede Stelle annehmen, sondern gemäß § 140 SGB III nur zumutbare. Dabei bestehen insbesondere in den ersten sechs Monaten der Arbeitslosigkeit erhebliche Zumutbarkeitseinschränkungen. Es ist auch unschädlich, daß die Klägerin versucht, die Wiederaufnahme der Beschäftigung bei dem bisherigen Arbeitgeber durch eine Versetzung zu erreichen. Die Kammer sieht dies vielmehr als Verpflichtung im Rahmen von Eigenbemühungen an. Für die Zeit vor dem 24. November 2015 steht der Klägerin allerdings kein Arbeitslosengeld zu. In dieser Zeit war sie noch nicht verfügbar, weil sie sich dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch nicht zur Verfügung stellen wollte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat die Kammer von einer Kostenquotelung abgesehen, weil die Klägerin mit ihrer Klage weitgehend durchgedrungen ist.
moreResultsText
moreResultsText
Annotations
Tenor
Der Bescheid vom 11. Dezember 2015 in der Gestalt des Wider- spruchsbescheides vom 11. Januar 2016 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ab 24. November 2015 Arbeitslosengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu bewilligen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin begehrt Arbeitslosengeld.
3Die Klägerin ist Justizbeschäftigte des Landes NRW. Sie war beim Amtsgericht T eingesetzt. Ab März 2015 war sie arbeitsunfähig. Bis zum 02. November 2015 wurde sie stufenweise in das Erwerbsleben wiedereingegliedert durch Arbeitseinsätze beim Amtsgericht M und T. Ab 03. November 2015 schrieb sie der behandelnde Arzt arbeitsfähig, gab aber an, die Klägerin könne weiterhin nicht beim Amtsgericht T arbeiten. Unter dem 02. November 2015 schrieb der Präsident des OLG I an die Klägerin, er habe den Direktor des Amtsgerichts T gebeten, sie aufzufordern, ihre Tätigkeit beim Amtsgericht T wieder aufzunehmen, weil sie ab 03. November 2015 wieder arbeitsfähig sei. Sie sei als Beschäftigte des Amtsgerichts T mit der Hälfte ihrer Arbeitszeit an das Landgericht I abgeordnet. Wenn sie sich aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sehe, ihren Dienst beim Amtsgericht T zu verrichten, sei sie weiterhin arbeitsunfähig erkrankt. Entgeltfortzahlung könne nicht wieder aufgenommen werden.
4Daraufhin meldete sich die Klägerin am 03. November 2015 arbeitslos. Ihrem Arbeitsvermittler erklärte sie am 18. November 2015, sie könne nicht beim Amtsgericht T arbeiten. Daraufhin sei sie vom Arbeitgeber unter Einstellung der Gehaltszahlung freigestellt worden. Krankengeld beziehe sie nicht, weil sie nicht arbeitsunfähig sei. Der Arbeitsvermittler erläuterte der Klägerin die Verfügbarkeit für den allgemeinen Arbeitsmarkt. Die Klägerin stellte sich dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht zu Verfügung und erklärte, sie wolle den Arbeitgeber nicht wechseln. Am 24. November 2015 erklärte die Klägerin bei einer weiteren Vorsprache dem Arbeitsvermittler, daß sie sich dem Arbeitsmarkt in Vollzeit zur Verfügung stelle. Sie werde zum heutigen Zeitpunkt ihr aktuelles Arbeitsverhältnis beim Land NRW jedoch nicht kündigen. Bei einer möglichen Arbeitsaufnahme müsse die Situation geprüft werden.
5Mit Bescheid vom 11. Dezember 2015 lehnte die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin stehe in einem ungekündigten Beschäftigungsverhältnis. Ihr Arbeitgeber habe darüber hinaus nicht auf sein Direktionsrecht verzichtet. Deswegen sei die Klägerin nicht arbeitslos.
6Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie machte geltend, der Arbeitgeber habe auf sein Direktionsrecht verzichtet. Dazu legte sie ein Schreiben des Direktors des Amtsgerichts T vom 14. Dezember 2015 vor. Darin heißt es im Wesentlichen, die Klägerin habe ihre Arbeit nicht angetreten, obwohl sie keine Arbeitsunfähigkeit nachgewiesen habe. Die behauptete eingeschränkte Arbeitsfähigkeit für das Amtsgericht T könne nur als Arbeitsunfähigkeit verstanden werden mit der Folge, daß eine Beschäftigung beim Amtsgericht T nicht möglich sei. Insoweit werde für die Dauer dieser Arbeitsunfähigkeit auf das Direktionsrecht verzichtet.
7Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 11. Januar 2016 zurückgewiesen. Die Beklagte führte im Wesentlichen aus, der Arbeitgeber habe nicht vollständig auf sein Direktionsrecht verzichtet. Die Klägerin stehe in einem ungekündigten Beschäftigungsverhältnis und sei damit nicht arbeitslos.
8Daraufhin hat die Klägerin am 10. Februar 2016 Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, zwar bestehe noch ein Arbeitsverhältnis mit dem Land NRW, allerdings kein Beschäftigungsverhältnis mehr im Sinne von § 138 SGB III. Ihre Arbeitskraft werde vom Land NRW nicht angenommen. Das Land beschäftigte sie nicht mehr und sei auch nicht bereit, ihr Arbeitsverhältnis örtlich so abzuändern, daß eine Beschäftigung für sie möglich sei. Ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des SGB III sei auch beendet, wenn der Arbeitnehmer das Direktionsrecht des Arbeitgebers nicht mehr anerkenne. Überdies habe der Direktor des Amtsgerichts T mit Schreiben vom 14. Dezember 2015 ausdrücklich auf sein Direktionsrecht verzichtet. Die Klägerin hat ein Schreiben des Präsidenten des OLG I vom 24. Mai 2016 vorgelegt. In diesem heißt es im Wesentlichen, er übe derzeit die Verfügungsgewalt hinsichtlich der Arbeitsleistung der Klägerin nicht aus.
9Die Klägerin beantragt,
10den Bescheid vom 11. Dezember 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Januar 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 03. November 2015 Arbeitslosengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu bewilligen.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Sie ist der Auffassung, daß die Klägerin zumindest bis zum Schreiben des Präsidenten des OLG I in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden habe. Ferner zweifle sie an der Verfügbarkeit der Klägerin.
14Die Klägerin klagt gegen das Land NRW beim Arbeitsgericht E auf Versetzung weg vom Amtsgericht T. Kammertermin beim Arbeitsgericht ist am 15. November 2016.
15Das Gericht hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung angehört. Die Klägerin hat im Wesentlichen angegeben, sie könne beim Amtsgericht T wegen Mobbing nicht arbeiten. Ansonsten sei sie voll einsatzfähig. Sie würde am liebsten bei der Justiz weiterarbeiten. Sie würde aber eine andere Arbeit aufnehmen, wenn sie ein tolles Angebot bekomme, das ihr gut gefalle. Dann würde sie auch beim Land kündigen. Sie hätte jede Arbeitsstelle angenommen, auch als Putzfrau oder Schreibkraft. Dann hätte sie entschieden, ob sie beim Land kündige. Sie habe dem Arbeitsvermittler gesagt, daß sie auf jeden Fall arbeiten wolle. Sie habe nur nicht schon vorab beim Land kündigen wollen. Sie habe sich in eigener Initiative im Januar 2016 vergeblich auf eine Stelle als Renogehilfin beworben und sich auch um Putzstellen bemüht. Von der Beklagten habe sie keine Stellenangebote erhalten.
16Ferner hat das Gericht den Arbeitsvermittler der Klägerin als Zeugen vernommen. Der Zeuge hat im Wesentlichen bekundet, die Klägerin habe ihm am 18. November 2015 erklärt, sie stelle sich dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung. Am 24. November 2015 habe die Klägerin erklärt, daß sie sich doch dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen wolle. Allerdings habe sie auch gesagt, daß, wenn ein Arbeitsangebot für sie da sei, sie dann prüfen und entscheiden müsse, ob sie ihre Arbeit beim Land kündige. Er habe sie mit Einschränkungen für verfügbar gehalten. Denn die Klägerin habe gesagt, daß sie den Arbeitgeber nur dann wechseln würde, wenn ihr der neue Arbeitsplatz gut gefalle und die Rahmenbedingungen passen würden.
17Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf die Streitakte und Ausdrucke aus der elektronischen Akte der Beklagten, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
18Entscheidungsgründe:
19Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig und teilweise begründet.
20Die Klägerin ist durch die angefochtenen Bescheide im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG beschwert, weil ihr ab 24. November 2015 Arbeitslosengeld zusteht.
21Gemäß § 137 Abs. 1 SGB III hat Anspruch auf Arbeitslosengeld, wer arbeitslos ist, sich arbeitslos gemeldet hat und die Anwartschaftszeit erfüllt hat.
22Die Klägerin erfüllt die Anwartschaftszeit und hat sich am 03. November 2015 arbeitslos gemeldet. Ab 24. November 2015 war die Klägerin dann auch arbeitslos.
23Nach § 138 Abs. 1 SGB III ist arbeitslos, wer nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht, sich bemüht, die eigene Beschäftigungslosigkeit zu beenden, und den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht.
24Die Klägerin stand bereits ab 03. November 2015 nicht mehr in einem Beschäftigungsverhältnis. Im Sinne von § 138 Abs. 1 SGB III ist nämlich nicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses oder das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses im beitragsrechtlichen Sinne abzustellen, sondern es geht um das Beschäftigungsverhältnis im leistungsrechtlichen Sinne (vgl. Gagel/Hölzer Kommentar zum SGB III § 138 Nr. 31 ff mit Rechtsprechungsnachweisen). Dabei genügt für eine Beschäftigungslosigkeit bereits faktische Beschäftigungslosigkeit. Die Klägerin hat das Beschäftigungsverhältnis mit dem Land NRW faktisch dadurch beendet, daß sie das Direktionsrecht ihres Arbeitgebers nicht anerkennt und sich nicht beim Amtsgericht T einsetzen läßt (vgl. Gagel/Hölzer § 138 Rdnr. 44f mit Rechtsprechungsnachweisen).
25Ferner stehen fehlende Eigenbemühungen dem Anspruch der Klägerin nicht entgegen. Zum Einen hat sie glaubhaft bekundet, daß sie sich eigeninitiativ auf Stellen beworben hat. Zum Anderen sind Eigenbemühungen zur Auffassung der Kammer kein echtes Tatbestandsmerkmal, deren Fehlen ohne weiteres zum Ausschluß des Arbeitslosengeldanspruchs führt. Eigenbemühungen sind zunächst nach § 37 SGB III zur konkretisieren. Fehlende Eigenbemühungen führen, wie § 159 Abs. 1 Nr. 3 SGB III zeigt, nicht zum Ausschluß des Arbeitslosengeldanspruches, sondern allenfalls zu einer Sperrzeit.
26Schließlich stand die Klägerin ab 24. November 2015 auch den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung. Gemäß § 138 Abs. 5 SGB III steht den Vermittlungsbemühungen zur Verfügung, wer eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung ausüben kann und darf, den Vorschlägen der Agentur zur beruflichen Eingliederung Folge leisten kann, bereit ist, jede Beschäftigung im Sinne von § 138 Abs. 5 Nr. 1 anzunehmen und auszuüben, und bereit ist, an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung in das Erwerbsleben teilzunehmen.
27An der objektiven Verfügbarkeit der Klägerin bestehen keine Zweifel. Ab dem zweiten Gespräch mit dem Arbeitsvermittler bestand auch subjektive Verfügbarkeit; so hat auch der Arbeitsvermittler die Erklärung der Klägerin aufgefaßt. Nach der Anhörung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ist die Kammer davon überzeugt, daß die Klägerin ab 24. November 2015 tatsächlich subjektiv verfügbar ist. Es ist unschädlich, daß die Klägerin ihr Arbeitsverhältnis mit dem Land nicht gekündigt hat und erst dann kündigen will, wenn sie eine anderweitige zumutbare Arbeit gefunden hat. Denn eine Arbeitslose muß nicht jede Stelle annehmen, sondern gemäß § 140 SGB III nur zumutbare. Dabei bestehen insbesondere in den ersten sechs Monaten der Arbeitslosigkeit erhebliche Zumutbarkeitseinschränkungen. Es ist auch unschädlich, daß die Klägerin versucht, die Wiederaufnahme der Beschäftigung bei dem bisherigen Arbeitgeber durch eine Versetzung zu erreichen. Die Kammer sieht dies vielmehr als Verpflichtung im Rahmen von Eigenbemühungen an (vgl. Gagel/Hölzer § 138 SGB III Rdnr. 45). Für die Zeit vor dem 24. November 2015 steht der Klägerin allerdings kein Arbeitslosengeld zu. In dieser Zeit war sie noch nicht verfügbar, weil sie sich dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch nicht zur Verfügung stellen wollte.
28Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat die Kammer von einer Kostenquotelung abgesehen, weil die Klägerin mit ihrer Klage weitgehend durchgedrungen ist.
(1) Arbeitslos ist, wer Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer ist und
- 1.
nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit), - 2.
sich bemüht, die eigene Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen), und - 3.
den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit).
(2) Eine ehrenamtliche Betätigung schließt Arbeitslosigkeit nicht aus, wenn dadurch die berufliche Eingliederung der oder des Arbeitslosen nicht beeinträchtigt wird.
(3) Die Ausübung einer Beschäftigung, selbständigen Tätigkeit, Tätigkeit als mithelfende Familienangehörige oder mithelfender Familienangehöriger (Erwerbstätigkeit) schließt die Beschäftigungslosigkeit nicht aus, wenn die Arbeits- oder Tätigkeitszeit (Arbeitszeit) weniger als 15 Stunden wöchentlich umfasst; gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer bleiben unberücksichtigt. Die Arbeitszeiten mehrerer Erwerbstätigkeiten werden zusammengerechnet.
(4) Im Rahmen der Eigenbemühungen hat die oder der Arbeitslose alle Möglichkeiten zur beruflichen Eingliederung zu nutzen. Hierzu gehören insbesondere
- 1.
die Wahrnehmung der Verpflichtungen aus der Eingliederungsvereinbarung, - 2.
die Mitwirkung bei der Vermittlung durch Dritte und - 3.
die Inanspruchnahme der Selbstinformationseinrichtungen der Agentur für Arbeit.
(5) Den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit steht zur Verfügung, wer
- 1.
eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für sie oder ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf, - 2.
Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann, - 3.
bereit ist, jede Beschäftigung im Sinne der Nummer 1 anzunehmen und auszuüben, und - 4.
bereit ist, an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung in das Erwerbsleben teilzunehmen.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.
(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.
(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.
(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.
(1) Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit hat, wer
- 1.
arbeitslos ist, - 2.
sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und - 3.
die Anwartschaftszeit erfüllt hat.
(2) Bis zur Entscheidung über den Anspruch kann die antragstellende Person bestimmen, dass der Anspruch nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen soll.
(1) Arbeitslos ist, wer Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer ist und
- 1.
nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit), - 2.
sich bemüht, die eigene Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen), und - 3.
den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit).
(2) Eine ehrenamtliche Betätigung schließt Arbeitslosigkeit nicht aus, wenn dadurch die berufliche Eingliederung der oder des Arbeitslosen nicht beeinträchtigt wird.
(3) Die Ausübung einer Beschäftigung, selbständigen Tätigkeit, Tätigkeit als mithelfende Familienangehörige oder mithelfender Familienangehöriger (Erwerbstätigkeit) schließt die Beschäftigungslosigkeit nicht aus, wenn die Arbeits- oder Tätigkeitszeit (Arbeitszeit) weniger als 15 Stunden wöchentlich umfasst; gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer bleiben unberücksichtigt. Die Arbeitszeiten mehrerer Erwerbstätigkeiten werden zusammengerechnet.
(4) Im Rahmen der Eigenbemühungen hat die oder der Arbeitslose alle Möglichkeiten zur beruflichen Eingliederung zu nutzen. Hierzu gehören insbesondere
- 1.
die Wahrnehmung der Verpflichtungen aus der Eingliederungsvereinbarung, - 2.
die Mitwirkung bei der Vermittlung durch Dritte und - 3.
die Inanspruchnahme der Selbstinformationseinrichtungen der Agentur für Arbeit.
(5) Den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit steht zur Verfügung, wer
- 1.
eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für sie oder ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf, - 2.
Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann, - 3.
bereit ist, jede Beschäftigung im Sinne der Nummer 1 anzunehmen und auszuüben, und - 4.
bereit ist, an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung in das Erwerbsleben teilzunehmen.
(1) Die Agentur für Arbeit hat unverzüglich nach der Ausbildungsuchendmeldung oder Arbeitsuchendmeldung zusammen mit der oder dem Ausbildungsuchenden oder der oder dem Arbeitsuchenden die für die Vermittlung erforderlichen beruflichen und persönlichen Merkmale, beruflichen Fähigkeiten und die Eignung festzustellen (Potenzialanalyse). Die Potenzialanalyse erstreckt sich auch auf die Feststellung, ob und durch welche Umstände die berufliche Eingliederung voraussichtlich erschwert sein wird.
(2) In einer Eingliederungsvereinbarung, die die Agentur für Arbeit zusammen mit der oder dem Ausbildungsuchenden oder der oder dem Arbeitsuchenden trifft, werden für einen zu bestimmenden Zeitraum festgelegt
- 1.
das Eingliederungsziel, - 2.
die Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit, - 3.
welche Eigenbemühungen zur beruflichen Eingliederung die oder der Ausbildungsuchende oder die oder der Arbeitsuchende in welcher Häufigkeit mindestens unternehmen muss und in welcher Form diese nachzuweisen sind, - 4.
die vorgesehenen Leistungen der aktiven Arbeitsförderung.
(3) Der oder dem Ausbildungsuchenden oder der oder dem Arbeitsuchenden ist eine Ausfertigung der Eingliederungsvereinbarung auszuhändigen. Die Eingliederungsvereinbarung ist sich ändernden Verhältnissen anzupassen; sie ist fortzuschreiben, wenn in dem Zeitraum, für den sie zunächst galt, die Ausbildungssuche oder Arbeitsuche nicht beendet wurde. Sie ist spätestens nach sechsmonatiger Arbeitslosigkeit, bei arbeitslosen und ausbildungsuchenden jungen Menschen spätestens nach drei Monaten, zu überprüfen. Kommt eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande, sollen die nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 erforderlichen Eigenbemühungen durch Verwaltungsakt festgesetzt werden.
(1) Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn
- 1.
die oder der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe), - 2.
die bei der Agentur für Arbeit als arbeitsuchend gemeldete (§ 38 Absatz 1) oder die arbeitslose Person trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine von der Agentur für Arbeit unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht annimmt oder nicht antritt oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches, durch ihr Verhalten verhindert (Sperrzeit bei Arbeitsablehnung), - 3.
die oder der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die von der Agentur für Arbeit geforderten Eigenbemühungen nicht nachweist (Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen), - 4.
die oder der Arbeitslose sich weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (§ 45) oder einer Maßnahme zur beruflichen Ausbildung oder Weiterbildung oder einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben teilzunehmen (Sperrzeit bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme), - 5.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einer in Nummer 4 genannten Maßnahme abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einer dieser Maßnahmen gibt (Sperrzeit bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme), - 6.
die oder der Arbeitslose sich nach einer Aufforderung der Agentur für Arbeit weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einem Integrationskurs nach § 43 des Aufenthaltsgesetzes oder an einem Kurs der berufsbezogenen Deutschsprachförderung nach § 45a des Aufenthaltsgesetzes teilzunehmen, der jeweils für die dauerhafte berufliche Eingliederung notwendig ist (Sperrzeit bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung), - 7.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einem in Nummer 6 genannten Kurs abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einem dieser Kurse gibt (Sperrzeit bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung), - 8.
die oder der Arbeitslose einer Aufforderung der Agentur für Arbeit, sich zu melden oder zu einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen (§ 309), trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht nachkommt oder nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei Meldeversäumnis), - 9.
die oder der Arbeitslose der Meldepflicht nach § 38 Absatz 1 nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung).
(2) Die Sperrzeit beginnt mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende dieser Sperrzeit. Werden mehrere Sperrzeiten durch dasselbe Ereignis begründet, folgen sie in der Reihenfolge des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 bis 9 einander nach.
(3) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe beträgt zwölf Wochen. Sie verkürzt sich
- 1.
auf drei Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von sechs Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte, - 2.
auf sechs Wochen, wenn - a)
das Arbeitsverhältnis innerhalb von zwölf Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte oder - b)
eine Sperrzeit von zwölf Wochen für die arbeitslose Person nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde.
(4) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsablehnung, bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung oder bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung beträgt
- 1.
im Fall des erstmaligen versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art drei Wochen, - 2.
im Fall des zweiten versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art sechs Wochen, - 3.
in den übrigen Fällen zwölf Wochen.
(5) Die Dauer einer Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen beträgt zwei Wochen.
(6) Die Dauer einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis oder bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung beträgt eine Woche.
(1) Arbeitslos ist, wer Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer ist und
- 1.
nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit), - 2.
sich bemüht, die eigene Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen), und - 3.
den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit).
(2) Eine ehrenamtliche Betätigung schließt Arbeitslosigkeit nicht aus, wenn dadurch die berufliche Eingliederung der oder des Arbeitslosen nicht beeinträchtigt wird.
(3) Die Ausübung einer Beschäftigung, selbständigen Tätigkeit, Tätigkeit als mithelfende Familienangehörige oder mithelfender Familienangehöriger (Erwerbstätigkeit) schließt die Beschäftigungslosigkeit nicht aus, wenn die Arbeits- oder Tätigkeitszeit (Arbeitszeit) weniger als 15 Stunden wöchentlich umfasst; gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer bleiben unberücksichtigt. Die Arbeitszeiten mehrerer Erwerbstätigkeiten werden zusammengerechnet.
(4) Im Rahmen der Eigenbemühungen hat die oder der Arbeitslose alle Möglichkeiten zur beruflichen Eingliederung zu nutzen. Hierzu gehören insbesondere
- 1.
die Wahrnehmung der Verpflichtungen aus der Eingliederungsvereinbarung, - 2.
die Mitwirkung bei der Vermittlung durch Dritte und - 3.
die Inanspruchnahme der Selbstinformationseinrichtungen der Agentur für Arbeit.
(5) Den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit steht zur Verfügung, wer
- 1.
eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für sie oder ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf, - 2.
Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann, - 3.
bereit ist, jede Beschäftigung im Sinne der Nummer 1 anzunehmen und auszuüben, und - 4.
bereit ist, an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung in das Erwerbsleben teilzunehmen.
(1) Einer arbeitslosen Person sind alle ihrer Arbeitsfähigkeit entsprechenden Beschäftigungen zumutbar, soweit allgemeine oder personenbezogene Gründe der Zumutbarkeit einer Beschäftigung nicht entgegenstehen.
(2) Aus allgemeinen Gründen ist eine Beschäftigung einer arbeitslosen Person insbesondere nicht zumutbar, wenn die Beschäftigung gegen gesetzliche, tarifliche oder in Betriebsvereinbarungen festgelegte Bestimmungen über Arbeitsbedingungen oder gegen Bestimmungen des Arbeitsschutzes verstößt.
(3) Aus personenbezogenen Gründen ist eine Beschäftigung einer arbeitslosen Person insbesondere nicht zumutbar, wenn das daraus erzielbare Arbeitsentgelt erheblich niedriger ist als das der Bemessung des Arbeitslosengeldes zugrunde liegende Arbeitsentgelt. In den ersten drei Monaten der Arbeitslosigkeit ist eine Minderung um mehr als 20 Prozent und in den folgenden drei Monaten um mehr als 30 Prozent dieses Arbeitsentgelts nicht zumutbar. Vom siebten Monat der Arbeitslosigkeit an ist einer arbeitslosen Person eine Beschäftigung nur dann nicht zumutbar, wenn das daraus erzielbare Nettoeinkommen unter Berücksichtigung der mit der Beschäftigung zusammenhängenden Aufwendungen niedriger ist als das Arbeitslosengeld.
(4) Aus personenbezogenen Gründen ist einer arbeitslosen Person eine Beschäftigung auch nicht zumutbar, wenn die täglichen Pendelzeiten zwischen ihrer Wohnung und der Arbeitsstätte im Vergleich zur Arbeitszeit unverhältnismäßig lang sind. Als unverhältnismäßig lang sind im Regelfall Pendelzeiten von insgesamt mehr als zweieinhalb Stunden bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden und Pendelzeiten von mehr als zwei Stunden bei einer Arbeitszeit von sechs Stunden und weniger anzusehen. Sind in einer Region unter vergleichbaren Beschäftigten längere Pendelzeiten üblich, bilden diese den Maßstab. Ein Umzug zur Aufnahme einer Beschäftigung außerhalb des zumutbaren Pendelbereichs ist einer arbeitslosen Person zumutbar, wenn nicht zu erwarten ist, dass sie innerhalb der ersten drei Monate der Arbeitslosigkeit eine Beschäftigung innerhalb des zumutbaren Pendelbereichs aufnehmen wird. Vom vierten Monat der Arbeitslosigkeit an ist einer arbeitslosen Person ein Umzug zur Aufnahme einer Beschäftigung außerhalb des zumutbaren Pendelbereichs in der Regel zumutbar. Die Sätze 4 und 5 sind nicht anzuwenden, wenn dem Umzug ein wichtiger Grund entgegensteht. Ein wichtiger Grund kann sich insbesondere aus familiären Bindungen ergeben.
(5) Eine Beschäftigung ist nicht schon deshalb unzumutbar, weil sie befristet ist, vorübergehend eine getrennte Haushaltsführung erfordert oder nicht zum Kreis der Beschäftigungen gehört, für die die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer ausgebildet ist oder die sie oder er bisher ausgeübt hat.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.