Arbeitsrecht: Zum Verhältnis der sozialen Auswahlkriterien des § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG zueinander
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Das LAG Köln hat mit dem Urteil vom 18.02.2011 (Az: 4 Sa 1122/10) entschieden:
Tatbestand:
Die Parteien streiten – nachdem erstinstanzlich noch weitere Ansprüche Streitgegenstand waren – zweitinstanzlich nur mehr darum, ob das zwischen ihnen begründete Arbeitsverhältnis durch eine betriebsbedingte Kündigung der Beklagten vom 13.11.2009 zum 31.05.2010 beendet worden ist.
Wegen des erstinstanzlichen streitigen und unstreitigen Vorbringens sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 69 Abs. 3 ArbGG auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 15.06.2010 die Klage abgewiesen.
Gegen dieses ihm am 12.08.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 01.09.2010 Berufung eingelegt und diese am 05.10.2010 begründet.
Der Kläger wendet sich zunächst dagegen, dass das Arbeitsgericht davon ausgegangen sei, die Beklagte habe nachvollziehbar dargelegt, wie nach der Zusammenlegung der Führungspositionen in den Abteilungen Montage und Werkstatt die neue Leitung die Arbeit bewältigen könne. Er verweist darauf, dass sowohl er als auch Herr K zuvor eine volle Stelle innegehabt hätten. Beide hätten in erheblichen Umfang Überstunden gefahren. Im Schriftsatz vom 13.12.2010 (Bl. 192.1/192.2 d. A.) spezifiziert der Kläger, wie viel Überstunden er in der Zeit von Januar 2008 bis Oktober 2009 monatlich geleistet habe. Auf die dortige Aufstellung wird Bezug genommen.
Der Vortrag der Beklagten zur Umverteilung der bisherigen Tätigkeit des Klägers sei demgegenüber schon in sich nicht stimmig gewesen, was der Kläger in der Berufungsbegründung weiter ausführt (Bl. 177/178 d. A.).
Zum Zweiten wendet der Kläger sich gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts hinsichtlich der sozialen Auswahl. Er beruft sich vor allem darauf, dass Herr K in jungen Jahren bereits eine verantwortungsvolle Position ausfülle und darauf bei jeder Bewerbung verweisen könne. Er, der Kläger, sei aber praktisch am Ende seines Berufslebens angekommen, jedoch noch nicht in der Nähe des Rentenalters. Das Lebensalter müsse daher im vorliegenden Fall deutlich stärker gewichtet werden.
Außer Herrn K sei er auch mit Herrn S und Herrn R vergleichbar, da Herr S nur gelernter Schlosser sei und seine Position als EDV-Konstrukteur sich erarbeitet habe, was er, der Kläger, mit Lehrgängen in weniger als 6 Monaten auch könne. Herr R sei zwar gelernter Diplomingenieur, werde aber nicht als solcher eingesetzt sondern als Kalkulator und Konstrukteur.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Siegburg vom 15.06.2010 (Aktenzeichen 5 Ca 3115/09) festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die arbeitgeberseitige Kündigung vom 13.11.2009 aufgelöst ist.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
Dass Überstunden in der Vergangenheit gelegentlich angefallen seien, möge sein. Allerdings sei dieses nicht im dem in der Berufungsbegründung behaupteten Umfang und der Regelmäßigkeit von 2 Stunden pro Arbeitstag gewesen.
Zur Verteilung der Arbeit nach der Kündigung des Klägers trägt sie jetzt vor, 1 bis 1½ Stunden der täglichen Arbeitszeit des Klägers entfielen dadurch, dass an den täglichen Treffen der Leiter der Organisationseinheiten Herr K allein für die zusammengelegte Organisationseinheit Werkstatt und Montage teilnehme. Eine weitere Stunde der täglichen Arbeitszeit sei dadurch entfallen, dass die bisher vom Kläger wahrgenommene zeitliche Kalkulation der Aufträge und Terminplanung jetzt durch Herrn R übernommen werde. Weitere drei Stunden tägliche Arbeitszeit, in denen der Kläger mit der Aufgabenverteilung und Einsatzplanung bzw. Einteilung der einzelnen Mitarbeiter der Werkstatt samt Koordination befasst gewesen sei, würden jetzt zusätzlich durch Herrn K wahrgenommen. Dieses sei im Rahmen seiner regulären Arbeitszeit ohne überobligatorischen Einsatz möglich. Bislang regelmäßig notwendige Absprachen zwischen den getrennten Abteilungen fielen weg. Auch sei die Arbeitsmenge seit Anfang 2009 in Folge der allgemeinen Finanz- und Wirtschaftskrise und des dadurch bedingten Auftragsrückgangs reduziert. Die täglich weiteren zwei Stunden Arbeitszeit des Klägers für Programmierung der computergestützten Laser/Nibble(Stanzen)-Maschine würden jetzt durch den Konstruktionsleiter Herrn S und die Konstrukteure B und B geleistet.
Zur sozialen Auswahl beruft sich die Beklagte hinsichtlich Herrn K darauf, sie habe soziale Gesichtspunkte „ausreichend“ berücksichtigt, wie das Gesetz es vorgebe.
Herr R und Herr S seien nicht vergleichbar. Herr R verfüge über die Qualifikation als Diplomingenieur und benötige diese auch für seine Aufgabe. Herr S sei für die EDV-Konstruktion durch Fortbildungen über Jahre geschult und angelernt worden. Der Kläger könne dieses Wissen nicht in einem Zeitraum von 6 Monaten erwerben. Zudem beruft die Beklagte sich darauf, dass der Kläger auch nicht sozial schutzwürdiger sei als Herr S , der verheiratet und seit dem 01.10.1990 bei ihr beschäftigt sei – was unstreitig ist.
Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen diesen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers hatte in der Sache Erfolg.
Die Wirksamkeit der Kündigung scheitert jedenfalls daran, dass die Beklagte gemäß § 1 Abs. 3 KSchG bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Auswahl der Kriterien des § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG nicht ausreichend berücksichtigt hat.
Es kann dahinstehen, ob die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG bedingt war. Die Kammer hat jedoch erhebliche Zweifel daran, ob die Beklagte insoweit ihrer Darlegungslast nachgekommen ist:
Dabei ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gesteigerte Anforderungen an die Darlegungslast des Arbeitgebers zu stellen sind, wenn der Arbeitgeber die Kündigung auf eine Unternehmerentscheidung stützt, welche wie die „Streichung einer Hierarchieebene“ (vgl. dazu z. B. BAG 13.02.2008 – 2 AZR 1050/06) oder die „Stellenstreichung zum Zwecke der Ersparnis von Personal und Kosten“ (vgl. dazu BAG 18.09.2008 – 2 AZR 560/07) nahe an den Kündigungsschlussentschluss als solchen heranrückt.
Ein solcher Fall ist auch in dem vorliegenden gegeben, in dem die Unternehmerentscheidung darin besteht, aus einer Hierarchieebene (hier die zweite Führungsebene) eine Stelle zu streichen und zwei Abteilungen, die bisher von zwei Personen geführt worden sind, lediglich in der Führungsposition zusammenzulegen.
Da die Kündigungsentscheidung selbst nach dem Gesetz nicht frei ist, sondern an das Vorliegen von Gründen gebunden ist, muss der Arbeitgeber in solchen Fällen seine Entscheidung regelmäßig hinsichtlich der organisatorischen Durchführung und hinsichtlich der Nachhaltigkeit verdeutlichen, um dem Gericht die Prüfung zu ermöglichen, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich, also rechtsmissbräuchlich ausgesprochen worden ist.
Der Arbeitgeber muss dann insbesondere konkret darlegen, in welchem Umfang die bisher von dem Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten zukünftig im Vergleich zum bisherigen Zustand entfallen. Er muss aufgrund seiner unternehmerischen Vorgaben die zukünftige Entwicklung der Arbeitsmenge anhand einer näher konkretisierten Prognose darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen erledigt werden können (vgl. BAG a. a. O.).
Der Sinn dieser erhöhten Darlegungsanforderungen besteht auch darin, einen Missbrauch des Kündigungsrechts auszuschließen. Vermieden werden sollen betriebsbedingte Kündigungen, die zu einer rechtswidrigen Überforderung oder Benachteiligung des im Betrieb verbleibenden Personals führen.
Vermieden werden soll außerdem, dass die unternehmerische Entscheidung lediglich als Vorwand benutzt wird, um Arbeitnehmer aus dem Betrieb zu drängen, obwohl Beschäftigungsbedarf und Beschäftigungsmöglichkeit fortbestehen und lediglich die Arbeitsvertragsinhalte und die gesetzlichen Kündigungsschutzbestimmungen als belastend angesehen werden (BAG 18.09.2008 a. a. O. mit weiteren Nachweisen).
2. Im vorliegenden Fall ist zunächst davon auszugehen, dass der Kläger zusätzlich zu seiner 38,5 Stunden-Woche (7,5 Stunden pro Arbeitstag) in erheblichem Umfang Überstunden leistete, die täglich circa 1,5 Stunden betrugen.
Der Kläger hat zunächst vorgetragen, dass er ständig pro Woche zwischen 5 und 10 Überstunden zu leisten hatte und das seine tägliche Arbeitszeit tatsächlich 9 Stunden betragen habe.
Die Beklagte hat dieses nicht bestritten. Sie hat (Bl. 189 d. A.) vorgetragen, dass Überstunden in der Vergangenheit gelegentlich angefallen seien, möge sein, „allerdings nicht in dem behaupteten Umfang und in der Regelmäßigkeit von 2 Stunden pro Arbeitstag“.
Dass der Kläger regelmäßig zwei Überstunden pro Arbeitstag leiste, hat er nicht behauptet. Er hat 1,5 Stunden behauptet. Da die Beklagte aus ihren Unterlagen genau erkennen konnte, wie viel Überstunden der Kläger leistete, hätte sie substantiiert bestreiten müssen. Dieses hat sie nicht getan. Sie hat nicht einmal allgemein bestritten, dass durchschnittlich 1,5 Überstunden pro Tag anfielen.
Dahinstehen kann daher, dass die vom Kläger unter dem 13.12.2009 eingereichte Aufstellung der Überstunden von Januar 2008 bis Oktober 2009 einen Umfang von durchschnittlich mehr als 1,5 Stunden pro Tag ergeben – und dieses gerade auch für die Monate in 2009.
Der Vortrag der Beklagten, wie dieses bisher vom Kläger geleistete Arbeitsquantum ohne überobligationsmäßige Leistungen auf andere Mitarbeiter verteilt worden ist, ist – unabhängig von aufgetretenen Widersprüchen – jedenfalls unvollständig:
Erstinstanzlich hat die Beklagte vorgetragen, rund 80% der Aufgaben des Klägers als Leiter der Organisationseinheit Werkstatt hätten in der zeitlichen Kalkulation der Aufträge, der Einsatzplanung der unterstellten Mitarbeiter, der Terminplanung und der Qualitätssicherung bestanden, 20% in der Programmierung einer computergestützten Stanz-Maschine (Bl. 56 d. A).
Diese bisherige Tätigkeit werde nunmehr dergestalt durchgeführt, dass Herr K (der bisherige Leiter der Montage) die Leitung des Organisationsbereiches Werkstatt vollständig übernommen habe. Er sei nunmehr verantwortlich für die zeitliche Kalkulation der Aufträge, die Einsatzplanung der unterstellten Mitarbeiter, die Terminplanung sowie die Qualitätssicherung. Damit seien jedenfalls zum Zeitpunkt des Ablaufs der Kündigungsfrist mindestens 80% der Tätigkeiten des Klägers entfallen. Die Programmierung der computergestützten Stanz-Maschine in der Werkstatt, die rund 20% der Aufgaben des Klägers umfasst habe, werde nunmehr von Herrn I ausgeführt (Bl. 58 d. A.)
Im Schriftsatz vom 07.06.2010 (Bl. 73 d. A.) trägt die Beklagte vor, rund 80% der Aufgaben des Klägers hätten die zeitliche Kalkulation der Aufträge, die Terminplanung sowie die Einsatzplanung der unterstellten Mitarbeiter ausgemacht. Diesbezüglich habe es ein tägliches Treffen mit den weiteren leitenden Mitarbeitern gegeben. Diese Lagebesprechung habe in etwa 1 bis 1,5 Stunden tägliche Arbeitszeit des Klägers in Anspruch genommen. Die anschließende Aufgabenverteilung und Einteilung der einzelnen Arbeitsgruppen samt Koordination hätten 3–4 Stunden der täglichen Arbeitszeit ausgemacht. Die zeitliche Kalkulation der Aufträge und Terminplanung in der Werkstatt in etwa eine weitere Stunde.
Herr K nehme als neuer Leiter (auch) der Organisationseinheit Werkstatt an der täglichen Lagebesprechung an Stelle des Klägers teil. Dies sei ohne weiteres und vor allem ohne zeitliche Mehrbelastung möglich. Zudem führe er die Aufgabenverteilung und Einteilung der Arbeitsgruppen durch. Hierbei ergäben sich Synergieeffekte dadurch, dass die Koordination zwischen Werkstatt und Montage nunmehr in einer Hand sei.
Im Gegensatz zum vorherigen Vortrag trägt die Beklagte nunmehr vor, die zeitliche Kalkulation der Aufträge und die Terminplanung werde von dem leitenden Mitarbeiter R übernommen (Bl. 76 d. A.).
Die Programmierung der computergestützten Stanzen-Maschine wird mit ca. 2 Stunden täglicher Arbeitszeit angegeben.
Wer anstelle des Klägers die Qualitätssicherung erledigt, wird in diesem Schriftsatz nicht mehr vorgetragen.
Während die Beklagte zuvor vorgetragen hatte, die Programmiertätigkeit des Klägers mit 2 Stunden Arbeitszeit täglich nehme jetzt Herr S wahr (ebenfalls ein leitender Mitarbeiter), wird nunmehr (Bl. 76 d. A.) vorgetragen, diese Tätigkeiten nähmen seit der Kündigung des Klägers die Konstrukteure S , B und B wahr.
In der Berufungsinstanz (Bl. 189 d. A.) fasst die Beklagte ihren Vortrag zur Umverteilung wie folgt zusammen: 1 bis 1,5 Stunden täglicher Arbeitszeit des Klägers seien dadurch entfallen, dass jetzt an den täglichen Treffen der Leiter der Organisationseinheiten Herr K allein für die Werkstatt und Montage teilnehme. Eine weitere Stunde der täglichen Arbeitszeit sei dadurch entfallen, dass Herr R die Kalkulation der Aufträge und Terminplanung im Bereich Werkstatt übernommen habe. Weitere 3 Stunden täglicher Arbeitszeit, in denen der Kläger mit Aufgabenverteilung und Einsatzplanung bzw. Einteilung der einzelnen Mitarbeiter samt Koordination befasst gewesen sei, werde nunmehr durch Herrn K wahrgenommen. Zwei weitere tägliche Stunden entfielen auf das Programmieren der computergestützten Maschine.
Damit hat die Beklagte von den durchschnittlich neun Stunden täglicher Arbeitszeit des Klägers – allerdings auch nur durch pauschalen Vortrag – 7 bis 7,5 Stunden belegt. Für weitere 1½ Stunden und insbesondere für den Bereich Qualitätssicherung fehlt jeder Vortrag.
Geht man ferner davon aus, dass Herr K jedenfalls 3 Stunden täglicher Arbeitszeit des Klägers zusätzlich übernommen hat und geht man weiter von dem von der Beklagten nicht bestrittenen Vortrag des Klägers aus, dass auch Herr K schon zuvor Überstunden in ganz erheblichen Umfang gefahren habe (Bl. 176 d. A.), so addiert sich die Arbeitszeit Herrn K anhand des nur pauschal Vorbringens der Beklagten auf täglich etwa 12 Stunden.
Die Beklagte hat nicht dargelegt, wie dieses mit individualvertraglichen, tarifvertraglichen und/oder gesetzlichen Arbeitszeitvorschriften vereinbar sein sollte.
Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, sie habe zum Zeitpunkt der Kündigung von erheblichen Auftragseinbrüchen ausgehen müssen, seit dem letzten Quartal 2008 habe der Auftragsrückgang 32% betragen. Deshalb – so die Beklagte – sei insgesamt weniger Arbeit angefallen.
Der Kläger hat diesen Vortrag mit Nichtwissen bestritten. Er hat dazu vorgetragen, es seien genügend Aufträge dar, diese seien aber von der Beklagten nicht freigegeben worden. Die Beklagte hat darauf erwidert (Bl. 170 d. A.), sie brauche als Arbeitgeber keine weiteren Zahlenangaben über das Geschäftsergebnis zu machen. Eine solche Darlegungspflicht bestehe nicht. Vielmehr habe das Gericht die freie Unternehmerentscheidung zu respektieren.
Anhand des völlig pauschalen, nicht belegten Vortrags der Beklagten zum Auftragsrückgang lässt sich dieser nicht feststellen. Auch eine Beweiserhebung würde zu einem unzulässigen Ausforschungsbeweis missraten.
Insbesondere aber lässt sich nicht feststellen, dass der von der Beklagten der damaligen Finanz- und Wirtschaftskrise zugeschriebene Auftragsrückgang nachhaltig gewesen wäre und die Prognose gerechtfertigt gewesen wäre, dass auch nach Ablauf der Kündigungsfristen nachhaltig weniger Arbeit anfalle.
Jedenfalls scheitert die Kündigung an § 1 Abs. 3 KSchG.
Der Kläger und Herr K sind in im Sinne der sozialen Auswahl vergleichbar.
Die Beklagte hat aus der bisherigen Stelle des Klägers und der Stelle Herrn K eine gemeinsame Stelle geschaffen. Sie hat diese mit Herrn K besetzt. Der Kläger war dafür jedenfalls nicht weniger geeignet als Herr K .
Zur Werkstatt gehörte die Metallverarbeitung. Dazu gehörten Aufgaben wie Schweißen, Schleifen, Sägen und maschinengestützte Arbeiten wie Stanzen, Abkanten und Biegen. Der Kläger hat diese Arbeiten zuvor verrichtet, er hat im Jahre 1995 – schon zur Beschäftigungszeit bei der Beklagten – die Prüfung zum Meister im Metallbauhandwerk abgelegt. Seit 2005 leitete er die Organisationseinheit Werkstatt, in der unter anderem Laser-, Schleif- und Schweißarbeiten durchgeführt wurden.
Herr K verfügt über keinen Meisterbrief. Während in der Abteilung des Klägers 18–20 Mitarbeiter arbeiteten, hatte Herr K in der Montage und dem Lager 8 Mitarbeiter zu leiten. Herr K hat nach Vortrag der Beklagten einen dem deutschen Elektromechaniker vergleichbaren Ausbildungsberuf in Polen erlernt und erfolgreich abgeschlossen. Nach Vortrag der Beklagten ist dieser Abschluss „von einer deutschen Industrie- und Handelskammer offiziell anerkannt und zertifiziert worden“.
Es liegt auf der Hand, dass Herr K jedenfalls für die Übernahme der Leitung der Metallarbeiten ebenso lange Einarbeitungszeiten benötigte, wie der Kläger für die Übernahme der Leitung auch der Montage benötigt hätte.
Sofern die Beklagte (Bl. 60 d. A.) erstinstanzliche noch vorgetragene hat, es sei auch zu berücksichtigen, „das lediglich Herr K in der Lage ist, beide Organisationseinheiten zu leiten“ und sie sich damit möglicherweise auf § 1 Abs. 3 S. 2 KSchG berufen wollte, so ist dieser Satz ohne jegliche Substantiierung geblieben.
Zweitinstanzlich geht auch die Beklagte uneingeschränkt von der Vergleichbarkeit des Klägers und Herrn K aus (Bl. 191 d. A.).
Die Kriterien der sozialen Auswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG sind nicht ausreichend berücksichtigt worden.
Eine Schwerbehinderung besteht bei keinem der beiden.
Die Dauer der Betriebszugehörigkeit ist nahezu gleich (Herr K ist seit dem 01.02.1991 beschäftigt, der Kläger seit dem 01.08.1991.
Beide Arbeitnehmer sind verheiratet; Herr K hat im Gegensatz zum Kläger zwei Kinder.
Der Kläger war zum Zeitpunkt der Kündigung 53 Jahre alt, Herr K. 35 Jahre.
Alle vier Kriterien des § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG sind prinzipiell gleichrangig. Keinem Kriterium kommt ein absoluter Vorrang zu (vgl. BAG 02.12.1999 NZA 2000, 531; 05.12.2002 NZA 2003, 731). Wenn der Arbeitgeber die vier zwingenden Rahmendaten ausreichend berücksichtigt hat, liegt es in seinem Wertungsspielraum, in einem Fall die Betriebszugehörigkeit in einem anderen das Alter bei einer nicht eindeutigen Auswahlentscheidung entscheiden zu lassen (vgl. BAG 16.05.1991 – 2 AZR 93/91). Ein solcher Wertungsspielraum ergibt sich heute bereits aus dem Wortlaut des § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG („ausreichend“).
Dieses darf jedoch nicht dazu führen, dem Arbeitgeber einen so weiten Wertungsspielraum zuzubilligen, dass das Gebot der sozialen Auswahl, welches unter anderem das grundrechtliche Sozialstaatsgebot konkretisiert und damit eine zwingende Schutzvorschrift darstellt, gänzlich unterlaufen wird und praktisch jede Auswahlentscheidung akzeptabel wird.
Im vorliegenden Fall ist dieser Wertungsspielraum überschritten. Das ergibt sich aus Folgendem:
Das Lebensalter des Klägers liegt mit 53 Jahren im Zeitpunkt der Kündigung im schlechtestmöglichen Bereich, was die Chancen auf dem Arbeitsmarkt und die Perspektiven anbelangt, das Arbeitsleben bis zum Rentenalter fortzusetzen.
Das Alter Herrn K ist mit 35 Jahren jedenfalls unter den im vorliegenden Fall gegebenen Umständen geradezu optimal, was die Chancen auf dem Arbeitsmarkt anbelangen.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach neuer Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (06.11.2008 - 2 AZR 523/07) die Berücksichtigung des Lebensalters als Sozialdatum gerade und nur deshalb nicht gegen das aus dem nationalen und dem europäischen Recht folgende Verbot der Altersdiskriminierung verstößt, weil es zur Einbeziehung individueller Arbeitsmarktchancen geeignet und erforderlich ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass jede Aussage über Chancen sich naturgemäß an Wahrscheinlichkeiten orientieren muss und es unstrittig ist, dass ein Erfahrungswert dahin besteht, dass mit steigendem Lebensalter die Vermittlungschancen generell zu sinken pflegen (BAG a. a. O).
Es ist weiter zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass mit Vollendung des 52. Lebensjahres eine so schwierige Beschäftigungssituation älterer Arbeitnehmer eintritt und so schlechte Vermittlungschancen für arbeitslose Arbeitnehmer bestehen, dass es selbst angesichts des Verbots der Altersdiskriminierung gerechtfertigt ist, sachgrundlose Befristungen mit solchen Arbeitnehmern weitestgehend zuzulassen.
Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Kläger angesichts einer für ihn geltenden regelmäßigen Altersgrenze von rund 66 Jahren mit 53 Jahren noch ca. 13 Jahre bis zum Erreichen der Altersgrenze zurückzulegen hat. Ein Arbeitnehmer im Alter des Klägers ist damit bei typisierender Betrachtung von einer Kündigung schwerstmöglich betroffen.
Ganz anders sieht dieses bei einem 35-jährigen aus. Ein 35-jähriger hat typischerweise seine Berufsausbildung abgeschlossen und bereits einige Jahre Berufspraxis hinter sich, was ihn einen besonders gefragten Teilnehmer am Arbeitsmarkt werden lässt. Ein 35jähriger zeigt typischerweise auch noch keine altersbedingten Abnutzungserscheinungen; mit häufigen und längeren Erkrankungen ist bei ihm nicht zu rechnen.
Herr K hat damit wegen seines Alters besonders gute, wenn nicht überhaupt die besten Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Auch dann, wenn man nicht berücksichtigt, dass Herr K nicht nur diesem Typus entspricht, sondern sich durch Erreichen einer Führungsposition in jungen Jahren in seiner Tüchtigkeit ausgewiesen hat und zudem Führungserfahrung mitbringt, so war im Zeitpunkt der Kündigung des Klägers mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass Herr K aufgrund einer Kündigung der Beklagten keine Arbeitslosigkeit zu befürchten hatte, sondern in der immerhin auf 5 Monate bemessenen Kündigungsfrist eine neue Arbeit gefunden hätte.
bb) Vor diesem Hintergrund müssen die Unterhaltspflichten Herrn K zurücktreten. Es ist nämlich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass Herr K nicht von Arbeitslosigkeit betroffen gewesen wäre. Dementsprechend wären auch seine Unterhaltspflichten von der Kündigung mit ebenso hoher Wahrscheinlichkeit gar nicht tangiert worden.
Die gravierenden Unterschiede beim Kriterium des Lebensalters können daher nicht in ausreichender Weise durch die Unterschiede bei den Unterhaltspflichten aufgewogen werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Kammer hat die Revision zugelassen, weil der vorliegende Fall eine nähere Bestimmung des bislang weitestgehend ungeklärten Verhältnisses der sozialen Auswahlkriterien in § 1 Abs. 3 KSchG zueinander erfordert. Die Kammer hat offengelassen, ob die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG bedingt war, und hierauf ihre Entscheidung nicht gestützt, weil sonst die ebenfalls ungeklärte grundsätzliche Frage zu beantworten wäre, inwieweit die Beklagte von den oben A. dargestellten Darlegungserfordernissen entbunden wäre, wenn von der vom Arbeitsgericht als „ganz offensichtlich“ festgestellten Tatsache auszugehen wäre, dass die Beklagte seit November 2009 die neue Aufgabenverteilung praktiziert. Grundsätzlich klärungsbedürftig ist insbesondere, ob hier eine Vermutung eingreift, wie sie der 7. Senat des BAG im Befristungsrecht in ständiger Rechtsprechung annimmt (vgl. z. B. BAG 12. 1. 2000 AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 217; BAG 25. 8. 2004 – 7 AZR 7/04; 16. 11. 2005 AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 264).
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil kann von der beklagten Partei REVISION eingelegt werden.
Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich beim Bundesarbeitsgericht, Hugo-Preuß-Platz 1, 99084 Erfurt, Fax: 0361 2636 2000 innerhalb einer Notfrist* von einem Monat eingelegt werden.
Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
Rechtsanwälte,
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
Eine Partei die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden
Das am 18.02.2011 verkündete Urteil wird gem. § 319 ZPO dahingehend berichtigt, dass es im ersten Absatz des Tenors heißen muss:
Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien begründete Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 13.11.2009 nicht aufgelöst worden ist.
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Annotations
(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.
(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.
(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.
(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.
(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.
(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn
- 1.
in Betrieben des privaten Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat, - 2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.
(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.
(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.
(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn
- 1.
in Betrieben des privaten Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat, - 2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.
(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.
(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.
(1) Das Dienstverhältnis endigt mit dem Ablauf der Zeit, für die es eingegangen ist.
(2) Ist die Dauer des Dienstverhältnisses weder bestimmt noch aus der Beschaffenheit oder dem Zwecke der Dienste zu entnehmen, so kann jeder Teil das Dienstverhältnis nach Maßgabe der §§ 621 bis 623 kündigen.
(3) Für Arbeitsverträge, die auf bestimmte Zeit abgeschlossen werden, gilt das Teilzeit- und Befristungsgesetz.
(4) Ein Verbrauchervertrag über eine digitale Dienstleistung kann auch nach Maßgabe der §§ 327c, 327m und 327r Absatz 3 und 4 beendet werden.
(1) Schreibfehler, Rechnungsfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die in dem Urteil vorkommen, sind jederzeit von dem Gericht auch von Amts wegen zu berichtigen.
(2) Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Erfolgt der Berichtigungsbeschluss in der Form des § 130b, ist er in einem gesonderten elektronischen Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
(3) Gegen den Beschluss, durch den der Antrag auf Berichtigung zurückgewiesen wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, findet sofortige Beschwerde statt.