Arbeitsrecht: Hitzefrei sonst Arbeitsverweigerung

Bezüglich der Bedingungen am Arbeitsplatz werden an den Arbeitgeber bestimmte Anforderungen gestellt. So hat dieser nach § 618 Abs. 1 BGB insbesondere „die Räume, Vorrichtungen oder Gerätschaften[...] so einzurichten und zu unterhalten [...], dass der Verpflichtete gegen Gefahr für Leben und Gesundheit soweit geschützt ist, als die Natur der Dienstleistung es gestattet“.
Aber ab wann besteht nun eine „Gefahr für Leben und Gesundheit“ des Arbeitnehmers?
Weiter konkretisiert wird diese Regelung durch die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) bzw. die Technischen Regeln für Arbeitsstätten. Durch diese wird unter anderem festgelegt, dass der Arbeitgeber dazu verpflichtet ist, mögliche Gefährdungen für die Gesundheit des Arbeitnehmers am Arbeitsplatz zunächst von alleine festzustellen und dann möglichst zu vermeiden. Ob eine gewisse Temperatur eine Gefährdung für die Gesundheit darstellt hängt grundsätzlich von der Schwere der Arbeit und der körperlichen Anstrengung ab.
Unabhängig davon „soll“ laut der Technischen Regeln für Arbeitsstätten die Temperatur in Arbeitsstätten 26 Grad jedoch nicht überschreiten.
Der Arbeitgeber „soll“ zudem ab einer Temperatur von 26 Grad am Arbeitsplatz neben der ohnehin schon zu installierenden Sonnenschutzmaßnahmen zusätzliche Maßnahmen ergreifen. Ab einer Temperatur von 30 Grad innerhalb der Arbeitsräume ist dies in jedem Fall verpflichtend.
Beispiele für Maßnahmen, die der Arbeitgeber ergreifen sollte oder ggf. muss:
- effektive Steuerung von Sonnenschutz-/Lüftungsanlagen
- Lüftung in den frühen Morgenstunden
- Lockerung der Bekleidungsvorschriften
- Bereitstellung geeigneter Getränke (insb. Wasser)
Ab einer alarmierenden Temperatur von über 35 Grad ist jedoch der Raum in der Regel nicht mehr als Arbeitsstätte geeignet. Selbstverständlich gelten für besonders hitzeanfällige Berufe (z.B. in einer Schweißerei) andere Maßstäbe.
Hitzefrei sonst Arbeitsverweigerung!
Gem. § 273 BGB ist jede Partei innerhalb eines Schuldverhältnisses dazu berechtigt, ihre Leistung zu verweigern, wenn die Leistung der Gegenseite nicht pflichtgemäß erfüllt wird. Dieses Recht nennt man „Zurückbehaltungsrecht“.
Sollte der Arbeitgeber also zum Beispiel seinen Verpflichtungen ab einer Temperatur von über 30 Grad innerhalb der Arbeitsräume nicht nachkommen bzw. nicht einmal Wasser zur Verfügung stellen oder für eine angemessene Lüftung sorgen, könnten die Arbeitsnehmer unter Umständen dazu berechtigt sein, ihre Arbeit zu verweigern bis der Arbeitgeber seiner Verpflichtung nachkommt.
Aber ACHTUNG: Dieses Arbeitsverweigerungsrecht gilt nur unter extremen Bedingungen und nur bis zu dem Zeitpunkt, wo die Raumtemperatur wieder ertragbar ist. Da jeder Arbeitnehmer aus seinem Arbeitsverhältnis auch zu einer bestimmten Treue gegenüber dem Arbeitgeber verpflichtet ist, ist beispielsweise eine für 2 Stunden ausgefallene Klimaanlage noch kein Grund den gesamten Arbeitstag über den Haufen zu werfen.
Praxistipp:
Sollten Sie als Arbeitnehmer in diesen heißen Tagen regelmäßig Probleme mit extremen Temperaturen und unerträglichen Arbeitsbedingungen haben, ist Ihnen unbedingt zu raten sich zunächst an Ihren Arbeitgeber zu wenden und sich nach geeigneten Maßnahmen zur Senkung der Temperatur zu erkundigen. Sollten Ihre Mühen aber auf Unverständnis stoßen, halten Sie am besten Rücksprache mit einem Experten, entweder aus dem Betriebsrat Ihres Unternehmens oder gleich mit dem/ der Arbeitsrechtler/in Ihres Vertrauens.
Haben Sie Fragen zum Thema Arbeitsrecht? Nehmen Sie Kontakt zu Frau Dorit Jäger auf und lassen Sie sich fachkundig beraten.
[DJ/ts]

Gesetze
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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 618 Pflicht zu Schutzmaßnahmen
Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 273 Zurückbehaltungsrecht
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Lür Waldmann

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