Arbeitsrecht: Kündigung – Was ist „genesungswidriges“ Verhalten bei Arbeitsunfähigkeit?
1. Tatsächliche Genesungswidrigkeit eines Verhaltens
Ob der Besuch von bestimmten Veranstaltungen während der Arbeitsunfähigkeit tatsächlich genesungswidrig ist, hängt vor allem von Art und Schwere der jeweiligen Erkrankung ab. Allein das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit verpflichtet den Arbeitnehmer noch nicht, im Bett oder in seiner Wohnung zu bleiben. Andererseits hat ein arbeitsunfähig krankgeschriebener Arbeitnehmer die Pflicht, sich so zu verhalten, dass er möglichst bald wieder gesund wird. Er muss alle Aktivitäten unterlassen, die das Gesundwerden verzögern könnten.
Will der Arbeitgeber etwa eine Kündigung auf die aus seiner Sicht genesungswidrige Ordnertätigkeit einer Arbeitnehmers, der wegen Rückenbeschwerden krankgeschrieben war, während eines Fussballspiels stützen, muss er darlegen und beweisen, dass diese Tätigkeit die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit tatsächlich beeinträchtigt hat. Dies wird meist nur gelingen, wenn ein Verstoß gegen ärztliche Verhaltensmaßregeln nachweisbar ist.
2. Welche Sanktionen des Arbeitgebers sind angemessen?
In der Regel reichen kleinere Verletzungen der Pflicht, sich nicht genesungswidrig zu verhalten, ohne vorherige Abmahnung nicht aus, um eine außerordentliche oder ordentliche Kündigung zu rechtfertigen.
Es ist allerdings durchaus möglich, dass der Arbeitgeber eine Abmahnung erteilt. In der arbeitsgerichtlichen Praxis wird daher oft die (mögliche) Genesungswidrigkeit eines bestimmten Verhaltens, wie der Besuch einer Sportveranstaltung während der Arbeitsunfähigkeit, zugunsten des Arbeitgebers unterstellt. Dann wird geprüft, ob der Grad der Schwere der Pflichtverletzung für eine Kündigung ausreicht. Das ist aber oft gerade nicht der Fall.
Allein in schweren Fällen genesungswidrigen Verhaltens, wie etwa einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit eines Arbeitnehmers während der Arbeitsunfähigkeit, kommt auch ohne vorherige Abmahnung der Ausspruch einer außerordentlichen oder ordentlichen Kündigung durch den Arbeitgeber als verhältnismäßige Sanktion in Betracht. In allen anderen Fallkonstellationen ist zunächst der Ausspruch einer einschlägigen Abmahnung erforderlich.
3. Was Sie als Arbeitnehmer beachten sollten, um eine Kündigung zu vermeiden:
- Während der Krankschreibung möglichst diejenigen Aktivitäten vermeiden, die sich auf Ihre Krankheit/ anderweitige Arbeitsunfähigkeit stark negativ auswirken könnten.
- Lassen Sie sich jedoch nicht allzu sehr einschüchtern: Trotz Krankheit oder anderer Verhinderung kann Ihr Leben nicht stillstehen.
- Im Falle einer Abmahnung durch Ihren Arbeitgeber halten Sie möglichst Rücksprache mit Ihrem Anwalt/ Ihrer Anwältin. Nicht jedes „genesungswidrige Verhalten“ stellt einen rechtmäßigen Kündigungsgrund dar.
Haben Sie Fragen zum Thema Arbeitsrecht? Nehmen Sie Kontakt zu Frau Dorit Jäger auf und lassen Sie sich fachkundig beraten.