Haftungsrecht: Kundenparkplätze müssen nicht völlig schnee- und eisfrei sein
Öffentliche Parkplätze müssen nicht völlig schnee- und eisfrei gehalten werden. Vielmehr ist es auch auf belebten Abstellplätzen hinzunehmen, dass die Fahrzeugbenutzer kleine, gut sichtbare Eisflächen umgehen oder übersteigen müssen, ehe sie den rutschfreien Bereich erreichen.
Das musste sich der Kunde einer Sparkasse vor dem Oberlandesgericht (OLG) Koblenz sagen lassen. Er hatte seinen Pkw auf dem Kundenparkplatz geparkt und war auf dem Weg zum Gebäude auf einer ca. 50 cm großen, gut sichtbaren Eisfläche ausgerutscht. Beim Sturz zog er sich eine Verletzung des Sprunggelenks zu. Die Richter wiesen darauf hin, dass zwar grundsätzlich die Verpflichtung bestehe, einen Kundenparkplatz so von Schnee und Eis zu befreien, dass er möglichst gefahrlos benutzt werden könne. Der Parkplatz sei vorliegend aber großflächig eisfrei gewesen. Es habe nur vereinzelt vereiste Stellen gegeben, denen der Kläger hätte ausweichen können. Daher habe die Sparkasse keinen Pflichtverstoß begangen, der Kläger habe seinen Sturz selbst zu verantworten. Der Kläger hat daraufhin seine Berufung zurückgenommen (OLG Koblenz, 5 U 1418/11).
Die Entscheidung im Einzelnen lautet:
OLG Koblenz: Beschluss vom 10.01.2012 (Az: 5 U 1418/11)
Öffentliche Parkplätze müssen auch dann nicht umfassend schnee- und eisfrei sein, wenn sie nicht von einer Kommune im Interesse der Allgemeinheit, sondern von einem Wirtschaftsunternehmen für dessen Kundschaft unterhalten werden (hier: 50 cm Eisfläche auf dem ansonsten gefahrlos begehbaren Parkplatz einer Sparkasse)
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig davon überzeugt ist, dass sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache ohne grundsätzliche Bedeutung ist, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ein Urteil erfordern und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Im Einzelnen ist zur Sach- und Rechtslage zu bemerken:
Der Kläger begab sich am 11.03.2010 gegen 16.30 Uhr zu einer Niederlassung der beklagten Sparkasse. Dazu fuhr er seitlich des Sparkassengebäudes in den dahinter liegenden Kundenparkplatz ein. Dort stellte er sein Auto im rückwärtigen Teil mit der Front zur Grenzmauer hin ab. Als er es verlassen und das Fahrzeugheck passiert hatte, glitt er auf einer Eisfläche aus und stürzte. Dabei zog er sich rechtsseitig eine Sprunggelenksdistorsion zu, die operativ und anhaltend physiotherapeutisch versorgt werden musste. Noch heute bereitet längeres Gehen Schmerzen. Außerdem ist es zu einer Fehlhaltung der Wirbelsäule mit neurologischen Folgeerscheinungen im Bein gekommen. Dafür und für begleitende materielle Schäden, zu denen insbesondere eine Verdiensteinbuße gehört, macht der Kläger die Beklagte verantwortlich. Er hat ihr angelastet, den Parkplatz nicht hinlänglich geräumt zu haben. Weite Bereiche seien vereist gewesen.
Die Beklagte hat das bestritten und entgegen gehalten, dass der Parkplatz bereits in etwa 50 cm Entfernung von der Wagenstellfläche des Klägers großflächig eisfrei gewesen sei und man von dort an das Sparkassengebäude sicheren Fußes habe erreichen können. Damit habe sie ihrer Verkehrssicherungspflicht genügt. Unabhängig davon treffe den Kläger der Vorwurf der Unachtsamkeit.
Das Landgericht hat zum Unfallgeschehen den Kläger als Partei und einen Mitarbeiter der Beklagten als Zeugen angehört. Sodann hat es das Klageverlangen, mit dem eine materielle Ersatzleistung von 2.640 €, ein mit mindestens 2.000 € zu bezifferndes Schmerzensgeld, die Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten und die Feststellung der weitergehenden Haftung der Beklagten geltend gemacht worden ist, abgewiesen. Nach seiner Sachverhaltsbeurteilung gab es auf dem Parkplatz nur vereinzelt vereiste Stellen, denen der Kläger hätte ausweichen können. Damit fehle es an einem Pflichtverstoß der Beklagten, und der Kläger habe seinen Sturz selbst zu verantworten.
Diese Entscheidung greift der Kläger in Erneuerung seines Begehrens mit der Berufung an. Er bringt vor, dass er die Eisfläche, auf der er zu Fall kam, nicht habe umgehen können. Andere Fahrzeugstellplätze, von denen aus das Sparkassengebäude weniger gefahrbringend habe erreicht werden können, hätten ihm nicht zur Verfügung gestanden. Deshalb sei die Beklagte einstandspflichtig, ohne dass ihm ein durchschlagender Mitverschuldensvorwurf gemacht werden könne.
Damit vermag der Kläger nicht durchzudringen. Er hat erstinstanzlich zugestanden, dass das von dem Zeugen S. zu den Akten gereichte Foto „die örtlichen Gegebenheiten zum Zeitpunkt des Sturzes“ korrekt wiedergibt. Das stellt er auch im Berufungsverfahren nicht in Frage. Allerdings weist er darauf hin, dass die Parksituation anders als abgebildet gewesen sei. Deshalb habe er nicht die Wahl gehabt, sein Fahrzeug andernorts abzustellen, und sei gezwungen gewesen, die im Heckbereich des Wagens vorhandene Eisfläche zu betreten; sie mit einem großen Schritt zu übersteigen, sei wegen der Bodenbeschaffenheit nicht in Betracht gekommen.
Es kann auf sich beruhen, ob das den tatsächlichen Verhältnissen gerecht wird. Denn die Beklagte haftet auch dann nicht, wenn die Sachverhaltsbeschreibung des Klägers zutrifft. Die vereiste Stelle, auf der der Kläger stürzte, befand sich unstreitig in unmittelbarer Nähe der angefahrenen Parkbucht und hatte dabei, wie das Landgericht anknüpfend an die Bekundung des Zeugen S. festgestellt hat, lediglich eine Ausdehnung von etwa 50 cm. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Fotodokumentation. Hatte man sie überquert, befand man sich auf ungefährlichem Terrain und konnte - unter Meidung sonst noch vorhandener Eisreste - sicheren Fußes in das Sparkassengebäude gelangen. Unter derartigen Umständen war der Verkehrssicherungspflicht der Beklagten Genüge getan. Dass unterlassen wurde, die verbliebenen Eisansammlungen zu beseitigen, war kein haftungsbegründendes Versäumnis.
Es ist anerkannt, dass öffentliche Parkplätze nicht uneingeschränkt schnee- und eisfrei gehalten zu werden brauchen. Vielmehr ist - selbst wenn sie belebt sind - hinzunehmen, dass die Fahrzeugbenutzer kurze Strecken („wenige Schritte“) auf nicht geräumtem und nicht gestreutem Terrain zurücklegen, ehe sie verkehrssichere Flächen erreichen. So lagen die Dinge auch im konkreten Fall. Die Auffassung des Klägers, dieser Grundsatz habe hier nicht gegolten, weil der Parkplatz, auf dem sich der Unfall ereignete, nicht von einer Kommune im Interesse der Allgemeinheit, sondern von der Beklagten als Wirtschaftsunternehmen mit Rücksicht auf die eigene Kundschaft unterhalten wurde, trifft nicht zu. Es gibt keine Rechtfertigung dafür, insoweit einen Unterschied zu machen. In beiden Fällen geht es um einen Parkplatz, der einer unbestimmten Vielzahl von Benutzern eröffnet worden ist. Deren Schutzbedürfnis hängt nicht davon ab, wer den Parkplatz mit welcher Motivation betreibt. Deshalb unterliegen die Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht jeweils den gleichen Regeln.
Nach alledem sollte der Kläger aus Kostengründen erwägen, sein Rechtsmittel zurückzunehmen. Bis zum 8. 02. 2012 besteht Gelegenheit zur Stellungnahme.
Das musste sich der Kunde einer Sparkasse vor dem Oberlandesgericht (OLG) Koblenz sagen lassen. Er hatte seinen Pkw auf dem Kundenparkplatz geparkt und war auf dem Weg zum Gebäude auf einer ca. 50 cm großen, gut sichtbaren Eisfläche ausgerutscht. Beim Sturz zog er sich eine Verletzung des Sprunggelenks zu. Die Richter wiesen darauf hin, dass zwar grundsätzlich die Verpflichtung bestehe, einen Kundenparkplatz so von Schnee und Eis zu befreien, dass er möglichst gefahrlos benutzt werden könne. Der Parkplatz sei vorliegend aber großflächig eisfrei gewesen. Es habe nur vereinzelt vereiste Stellen gegeben, denen der Kläger hätte ausweichen können. Daher habe die Sparkasse keinen Pflichtverstoß begangen, der Kläger habe seinen Sturz selbst zu verantworten. Der Kläger hat daraufhin seine Berufung zurückgenommen (OLG Koblenz, 5 U 1418/11).
Die Entscheidung im Einzelnen lautet:
OLG Koblenz: Beschluss vom 10.01.2012 (Az: 5 U 1418/11)
Öffentliche Parkplätze müssen auch dann nicht umfassend schnee- und eisfrei sein, wenn sie nicht von einer Kommune im Interesse der Allgemeinheit, sondern von einem Wirtschaftsunternehmen für dessen Kundschaft unterhalten werden (hier: 50 cm Eisfläche auf dem ansonsten gefahrlos begehbaren Parkplatz einer Sparkasse)
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig davon überzeugt ist, dass sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache ohne grundsätzliche Bedeutung ist, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ein Urteil erfordern und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Im Einzelnen ist zur Sach- und Rechtslage zu bemerken:
Der Kläger begab sich am 11.03.2010 gegen 16.30 Uhr zu einer Niederlassung der beklagten Sparkasse. Dazu fuhr er seitlich des Sparkassengebäudes in den dahinter liegenden Kundenparkplatz ein. Dort stellte er sein Auto im rückwärtigen Teil mit der Front zur Grenzmauer hin ab. Als er es verlassen und das Fahrzeugheck passiert hatte, glitt er auf einer Eisfläche aus und stürzte. Dabei zog er sich rechtsseitig eine Sprunggelenksdistorsion zu, die operativ und anhaltend physiotherapeutisch versorgt werden musste. Noch heute bereitet längeres Gehen Schmerzen. Außerdem ist es zu einer Fehlhaltung der Wirbelsäule mit neurologischen Folgeerscheinungen im Bein gekommen. Dafür und für begleitende materielle Schäden, zu denen insbesondere eine Verdiensteinbuße gehört, macht der Kläger die Beklagte verantwortlich. Er hat ihr angelastet, den Parkplatz nicht hinlänglich geräumt zu haben. Weite Bereiche seien vereist gewesen.
Die Beklagte hat das bestritten und entgegen gehalten, dass der Parkplatz bereits in etwa 50 cm Entfernung von der Wagenstellfläche des Klägers großflächig eisfrei gewesen sei und man von dort an das Sparkassengebäude sicheren Fußes habe erreichen können. Damit habe sie ihrer Verkehrssicherungspflicht genügt. Unabhängig davon treffe den Kläger der Vorwurf der Unachtsamkeit.
Das Landgericht hat zum Unfallgeschehen den Kläger als Partei und einen Mitarbeiter der Beklagten als Zeugen angehört. Sodann hat es das Klageverlangen, mit dem eine materielle Ersatzleistung von 2.640 €, ein mit mindestens 2.000 € zu bezifferndes Schmerzensgeld, die Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten und die Feststellung der weitergehenden Haftung der Beklagten geltend gemacht worden ist, abgewiesen. Nach seiner Sachverhaltsbeurteilung gab es auf dem Parkplatz nur vereinzelt vereiste Stellen, denen der Kläger hätte ausweichen können. Damit fehle es an einem Pflichtverstoß der Beklagten, und der Kläger habe seinen Sturz selbst zu verantworten.
Diese Entscheidung greift der Kläger in Erneuerung seines Begehrens mit der Berufung an. Er bringt vor, dass er die Eisfläche, auf der er zu Fall kam, nicht habe umgehen können. Andere Fahrzeugstellplätze, von denen aus das Sparkassengebäude weniger gefahrbringend habe erreicht werden können, hätten ihm nicht zur Verfügung gestanden. Deshalb sei die Beklagte einstandspflichtig, ohne dass ihm ein durchschlagender Mitverschuldensvorwurf gemacht werden könne.
Damit vermag der Kläger nicht durchzudringen. Er hat erstinstanzlich zugestanden, dass das von dem Zeugen S. zu den Akten gereichte Foto „die örtlichen Gegebenheiten zum Zeitpunkt des Sturzes“ korrekt wiedergibt. Das stellt er auch im Berufungsverfahren nicht in Frage. Allerdings weist er darauf hin, dass die Parksituation anders als abgebildet gewesen sei. Deshalb habe er nicht die Wahl gehabt, sein Fahrzeug andernorts abzustellen, und sei gezwungen gewesen, die im Heckbereich des Wagens vorhandene Eisfläche zu betreten; sie mit einem großen Schritt zu übersteigen, sei wegen der Bodenbeschaffenheit nicht in Betracht gekommen.
Es kann auf sich beruhen, ob das den tatsächlichen Verhältnissen gerecht wird. Denn die Beklagte haftet auch dann nicht, wenn die Sachverhaltsbeschreibung des Klägers zutrifft. Die vereiste Stelle, auf der der Kläger stürzte, befand sich unstreitig in unmittelbarer Nähe der angefahrenen Parkbucht und hatte dabei, wie das Landgericht anknüpfend an die Bekundung des Zeugen S. festgestellt hat, lediglich eine Ausdehnung von etwa 50 cm. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Fotodokumentation. Hatte man sie überquert, befand man sich auf ungefährlichem Terrain und konnte - unter Meidung sonst noch vorhandener Eisreste - sicheren Fußes in das Sparkassengebäude gelangen. Unter derartigen Umständen war der Verkehrssicherungspflicht der Beklagten Genüge getan. Dass unterlassen wurde, die verbliebenen Eisansammlungen zu beseitigen, war kein haftungsbegründendes Versäumnis.
Es ist anerkannt, dass öffentliche Parkplätze nicht uneingeschränkt schnee- und eisfrei gehalten zu werden brauchen. Vielmehr ist - selbst wenn sie belebt sind - hinzunehmen, dass die Fahrzeugbenutzer kurze Strecken („wenige Schritte“) auf nicht geräumtem und nicht gestreutem Terrain zurücklegen, ehe sie verkehrssichere Flächen erreichen. So lagen die Dinge auch im konkreten Fall. Die Auffassung des Klägers, dieser Grundsatz habe hier nicht gegolten, weil der Parkplatz, auf dem sich der Unfall ereignete, nicht von einer Kommune im Interesse der Allgemeinheit, sondern von der Beklagten als Wirtschaftsunternehmen mit Rücksicht auf die eigene Kundschaft unterhalten wurde, trifft nicht zu. Es gibt keine Rechtfertigung dafür, insoweit einen Unterschied zu machen. In beiden Fällen geht es um einen Parkplatz, der einer unbestimmten Vielzahl von Benutzern eröffnet worden ist. Deren Schutzbedürfnis hängt nicht davon ab, wer den Parkplatz mit welcher Motivation betreibt. Deshalb unterliegen die Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht jeweils den gleichen Regeln.
Nach alledem sollte der Kläger aus Kostengründen erwägen, sein Rechtsmittel zurückzunehmen. Bis zum 8. 02. 2012 besteht Gelegenheit zur Stellungnahme.
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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
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die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.