Hochschulrecht: Zu Hochschulzugangsbeschränkungen für nichtansässige Studierende aus benachbarten EU-Mitgliedsstaaten

bei uns veröffentlicht am02.09.2011

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Rechtsanwalt

für Familien- und Erbrecht

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Zusammenfassung des Autors
Die Art. 18 und 21 AEUV stehen einer nationalen Regelung wie der in den Ausgangsverfahren streitigen entgegen – Rechtsanwalt für Studienplatzklagen – BSP Bierbach, Streifler & Partner PartGmbB
Der EuGH hat mit dem Urteil vom 13.04.2010 (Az: C-73/08) folgendes entschieden:

Die Art. 18 und 21 AEUV stehen einer nationalen Regelung wie der in den Ausgangsverfahren streitigen entgegen, die die Zahl der als nicht in Belgien ansässig angesehenen Studierenden, die sich zum ersten Mal für einen medizinischen oder paramedizinischen Studiengang an einer Hochschuleinrichtung einschreiben können, beschränkt, es sei denn, das vorlegende Gericht stellt nach Würdigung aller von den zuständigen Stellen angeführten relevanten Gesichtspunkte fest, dass diese Regelung im Hinblick auf das Ziel des Schutzes der öffentlichen Gesundheit gerechtfertigt ist.

Die zuständigen Stellen können sich nicht auf Art. 13 Abs. 2 Buchst. c des von der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 16. Dezember 1966 angenommenen und am 3. Januar 1976 in Kraft getretenen Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte berufen, wenn das vorlegende Gericht feststellt, dass das Dekret der Französischen Gemeinschaft vom 16. Juni 2006 zur Regelung der Studierendenzahl in bestimmten Studiengängen des ersten Zyklus des Hochschulunterrichts nicht mit den Art. 18 und 21 AEUV vereinbar ist.

„Unionsbürgerschaft – Art. 18 und 21 AEUV – Richtlinie 2004/38/EG – Art. 24 Abs. 1 – Aufenthaltsfreiheit – Diskriminierungsverbot – Zugang zum Hochschulunterricht – Studierende aus einem Mitgliedstaat, die sich in einen anderen Mitgliedstaat begeben, um dort eine Ausbildung zu absolvieren – Kontingentierung der Einschreibung von nichtansässigen Studierenden für Studiengänge an Universitäten im Bereich des Gesundheitswesens – Rechtfertigung – Verhältnismäßigkeit – Gefahr für die Qualität des Unterrichts in den medizinischen und paramedizinischen Fächern – Gefahr eines Mangels an Absolventen in den Berufssektoren des Gesundheitswesens“

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 12 Abs. 1 EG und 18 Abs. 1 EG in Verbindung mit Art. 149 Abs. 1 und 2 EG und Art. 150 Abs. 2 EG.

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zwischen den Klägern Bressol u. a. und Chaverot u. a. einerseits und jeweils der Regierung der Französischen Gemeinschaft andererseits über die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit des Dekrets der Französischen Gemeinschaft vom 16. Juni 2006 zur Regelung der Studierendenzahl in bestimmten Studiengängen des ersten Zyklus des Hochschulunterrichts.


Rechtlicher Rahmen

Völkerrecht

Art. 2 Abs. 2 des von der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 16. Dezember 1966 angenommenen und am 3. Januar 1976 in Kraft getretenen Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (im Folgenden: Pakt) lautet:

„Die Vertragsstaaten verpflichten sich, zu gewährleisten, dass die in diesem Pakt verkündeten Rechte ohne Diskriminierung hinsichtlich … der nationalen … Herkunft … ausgeübt werden.“

In Art. 13 Abs. 2 Buchst. c des Paktes heißt es:

„Die Vertragsstaaten erkennen an, dass im Hinblick auf die volle Verwirklichung [des Rechts eines jeden auf Bildung]“



der Hochschulunterricht auf jede geeignete Weise, insbesondere durch allmähliche Einführung der Unentgeltlichkeit, jedermann gleichermaßen entsprechend seinen Fähigkeiten zugänglich gemacht werden muss;

…“


Unionsrecht

In den Erwägungsgründen 1, 3 und 20 der nach den Art. 12 Abs. 2 EG, 18 Abs. 2 EG, 40 EG, 44 EG und 52 EG erlassenen Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG (ABl. L 158, S. 77, berichtigt in ABl. 2004, L 229, S. 35, und ABl. 2007, L 204, S. 28) heißt es:

„(1) Die Unionsbürgerschaft verleiht jedem Bürger der Union das elementare und persönliche Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vorbehaltlich der im Vertrag und in den Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen frei zu bewegen und aufzuhalten.



Die Unionsbürgerschaft sollte der grundsätzliche Status der Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten sein, wenn sie ihr Recht auf Freizügigkeit und Aufenthalt wahrnehmen. Daher müssen die bestehenden Gemeinschaftsinstrumente, die Arbeitnehmer und Selbständige sowie Studierende und andere beschäftigungslose Personen getrennt behandeln, kodifiziert und überarbeitet werden, um das Freizügigkeits- und Aufenthaltsrecht aller Unionsbürger zu vereinfachen und zu verstärken.



Das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit erfordert, dass alle Unionsbürger und ihre Familienangehörigen, die sich aufgrund dieser Richtlinie in einem Mitgliedstaat aufhalten, in diesem Mitgliedstaat in den Anwendungsbereichen des Vertrags die gleiche Behandlung wie Inländer genießen; dies gilt vorbehaltlich spezifischer und ausdrücklich im Vertrag und im abgeleiteten Recht vorgesehener Bestimmungen.“

Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38 bestimmt:

„Diese Richtlinie gilt für jeden Unionsbürger, der sich in einen anderen als den Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, begibt oder sich dort aufhält, sowie für seine Familienangehörigen …“

Art. 24 („Gleichbehandlung“) Abs. 1 der Richtlinie 2004/38 lautet:

„Vorbehaltlich spezifischer und ausdrücklich im Vertrag und im abgeleiteten Recht vorgesehener Bestimmungen genießt jeder Unionsbürger, der sich aufgrund dieser Richtlinie im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats aufhält, im Anwendungsbereich des Vertrags die gleiche Behandlung wie die Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaats. Das Recht auf Gleichbehandlung erstreckt sich auch auf Familienangehörige, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen und das Recht auf Aufenthalt oder das Recht auf Daueraufenthalt genießen.“


Nationales Recht

Nach dem Dekret vom 16. Juni 2006 sind die Universitäten und Hochschulen der Französischen Gemeinschaft verpflichtet, die Zahl der zum Zeitpunkt ihrer Einschreibung als im Sinne dieses Dekrets nicht in Belgien ansässig angesehenen Studierenden (im Folgenden: nichtansässige Studierende), die sich zum ersten Mal für einen der neun von diesem Dekret erfassten medizinischen und paramedizinischen Studiengänge einschreiben können, unter Beachtung bestimmter Modalitäten zu beschränken.

Art. 1 des Dekrets vom 16. Juni 2006 lautet:

„Unter einem ansässigen Studierenden im Sinne dieses Dekrets ist ein Studierender zu verstehen, der zum Zeitpunkt seiner Einschreibung in einer Hochschuleinrichtung den Beweis erbringt, dass er seinen Hauptwohnort in Belgien hat und folgende Bedingungen erfüllt:

1. Er ist berechtigt, sich ständig in Belgien aufzuhalten;

2. er hat zum Zeitpunkt seiner Einschreibung in einer Hochschuleinrichtung seit wenigstens sechs Monaten seinen Hauptwohnort in Belgien und dort eine Berufstätigkeit als Lohnempfänger oder Nichtlohnempfänger ausgeübt oder ein durch einen belgischen öffentlichen Dienst gewährtes Ersatzeinkommen erhalten;

3. er besitzt die Erlaubnis für den Aufenthalt für unbestimmte Dauer auf der Grundlage der [belgischen Rechtsvorschriften];

4. er besitzt die Erlaubnis für den Aufenthalt in Belgien durch die Anerkennung als Flüchtling aufgrund [der belgischen Rechtsvorschriften] oder eines entsprechenden Antrags;

5. er besitzt die Erlaubnis für den Aufenthalt in Belgien mit dem zeitweiligen Schutz im Sinne [der einschlägigen belgischen Bestimmungen];

6. er hat als Vater, Mutter, gesetzlichen Vormund oder Ehegatten eine Person, die eine der vorstehenden Bedingungen erfüllt;

7. er hat zum Zeitpunkt der Einschreibung in einer Hochschuleinrichtung seinen Hauptwohnort seit mindestens drei Jahren in Belgien;

8. er ist Inhaber einer Bescheinigung als Stipendiat, die im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit für das akademische Jahr und für die Studien ausgestellt wurde, für die der Antrag auf Einschreibung eingereicht wird.

Unter ‚Recht auf ständigen Aufenthalt‘ im Sinne von Abs. 1 Nr. 1 ist für die Staatsbürger eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union das Recht zu verstehen, das aufgrund der Art. 16 und 17 der [Richtlinie 2004/38] anerkannt wird …“

Kapitel II des Dekrets, das aus den Art. 2 bis 5 besteht, enthält Bestimmungen über den Zugang zu Universitäten.

Art. 2 des Dekrets vom 16. Juni 2006 lautet:

„Die akademischen Behörden begrenzen die Zahl der Studierenden, die sich zum ersten Mal in einer Universität der Französischen Gemeinschaft für einen Studiengang im Sinne von Art. 3 einschreiben, auf die in Art. 4 vorgesehene Weise.

…“

Art. 3 des Dekrets vom 16. Juni 2006 bestimmt:

„Die Bestimmungen dieses [Kapitels II] finden Anwendung auf die Studiengänge, die zu den folgenden akademischen Graden führen:

1. Bachelor in Heilgymnastik und Rehabilitation;

2. Bachelor in Veterinärmedizin.“

Art. 4 des Dekrets vom 16. Juni 2006 lautet:

„Für jede Universitätseinrichtung und jeden Studiengang im Sinne von Art. 3 wird eine Zahl T festgesetzt, die der Gesamtzahl der Studierenden entspricht, die sich zum ersten Mal für den betreffenden Studiengang einschreiben und für die Finanzierung berücksichtigt werden, sowie eine Zahl NR, die der Zahl der Studierenden entspricht, die sich zum ersten Mal für den betreffenden Studiengang einschreiben und nicht als ansässige Studierende im Sinne von Art. 1 angesehen werden.

Wenn das Verhältnis zwischen einerseits der Zahl NR und andererseits der Zahl T des vorangegangenen akademischen Jahres einen Prozentsatz P erreicht, verweigern die akademischen Behörden die Einschreibung zusätzlicher Studierender, die nie für den betreffenden Studiengang eingeschrieben waren und nicht als ansässige Studierende im Sinne von Art. 1 angesehen werden.

Der Satz P im vorstehenden Absatz wird auf 30 % festgesetzt. Wenn jedoch für ein akademisches Jahr der Anteil der Studierenden, die ihr Studium anderswo fortsetzen als in dem Land, in dem sie ihr Sekundarschuldiplom erlangt haben, mehr als durchschnittlich 10 % in sämtlichen Hochschuleinrichtungen der Europäischen Union beträgt, entspricht der Satz P für das darauffolgende akademische Jahr diesem Prozentsatz, multipliziert mit drei.“

Art. 5 des Dekrets vom 16. Juni 2006 bestimmt:

„… Studierende, die nicht als ansässige Studierende im Sinne von Art. 1 angesehen werden, [müssen] ihren Antrag auf Einschreibung für einen der Studiengänge im Sinne von Art. 3 frühestens am dritten Werktag vor dem 2. September vor dem betreffenden akademischen Jahr stellen …



In Abweichung von Abs. 1 wird für die nicht ansässigen Studierenden, die spätestens am letzten Werktag vor dem 2. September vor dem akademischen Jahr vorstellig werden, um einen Antrag auf Einschreibung für einen der Studiengänge im Sinne von Art. 3 einzureichen, wenn die Zahl dieser somit vorstellig gewordenen Studierenden höher als die in Art. 4 Abs. 2 vorgesehene Zahl NR ist, die Reihenfolge dieser Studierenden durch das Los bestimmt. …

…“

Kapitel III des Dekrets vom 16. Juni 2006, das aus den Art. 6 bis 9 besteht, enthält Bestimmungen über den Zugang zu Hochschulen. Die Bestimmungen der Art. 6 Abs. 1, 8 und 9 entsprechen denen der Art. 2 Abs. 1, 4 und 5 dieses Dekrets.

Nach Art. 7 dieses Dekrets finden diese Bestimmungen Anwendung auf die Studiengänge, die zu folgenden akademischen Graden führen:

„1. Hebamme-Bachelor;

2. Bachelor in Ergotherapie;

3. Bachelor in Logopädie;

4. Bachelor in Podologie-Podotherapie;

5. Bachelor in Heilgymnastik;

6. Bachelor in Audiologie;

7. spezialisierte(r) Erzieher(in) in psycho-erzieherischer Begleitung.“


Ausgangsrechtsstreitigkeiten und Vorlagefragen

Das Hochschulbildungssystem der Französischen Gemeinschaft beruht auf einem freien Zugang zur Ausbildung, bei dem die Studierenden keiner Einschreibungsbeschränkung unterliegen.

Seit mehreren Jahren verzeichnet diese Gemeinschaft jedoch eine deutliche Zunahme der Zahl der Studierenden aus anderen Mitgliedstaaten als dem Königreich Belgien, die sich an Einrichtungen ihres Hochschulbildungssystems einschreiben, und zwar insbesondere für neun medizinische und paramedizinische Studiengänge. Der Vorlageentscheidung nach beruht diese Zunahme insbesondere auf dem Zustrom französischer Studierender in die Französische Gemeinschaft, da dort der Hochschulunterricht in derselben Sprache wie in Frankreich angeboten wird und die Französische Republik den Zugang zu den betroffenen Studiengängen beschränkt hat.

Die Französische Gemeinschaft war der Ansicht, dass die Zahl solcher Studierender in den genannten Studiengängen zu hoch geworden sei, und erließ daher das Dekret vom 16. Juni 2006.

Am 9. August bzw. 13. Dezember 2006 reichten die Kläger der Ausgangsverfahren beim Verfassungsgerichtshof eine Klage auf Nichtigerklärung dieses Dekrets ein.

Die Kläger sind zu einem Teil Studierende insbesondere französischer Staatsangehörigkeit, die keiner der in Art. 1 des Dekrets vom 16. Juni 2006 genannten Kategorien angehören und für das Studienjahr 2006/2007 die Einschreibung an einer Hochschuleinrichtung der Französischen Gemeinschaft für einen der in diesem Dekret genannten Studiengänge beantragt hatten.

Da die Zahl der nichtansässigen Studierenden die mit dem genannten Dekret festgesetzte Grenze überstieg, veranstalteten die betroffenen Einrichtungen unter diesen Studierenden eine Auslosung, bei der die Kläger der Ausgangsverfahren leer ausgingen. Ihre Anträge auf Einschreibung wurden daher von den betroffenen Einrichtungen abgelehnt.

Zu einem anderen Teil sind die Kläger Lehrer an vom Dekret vom 16. Juni 2006 betroffenen Universitäten und Hochschulen, die in der Anwendung dieses Dekrets eine direkte und unmittelbare Gefahr für ihre Beschäftigung sehen, da es letztlich zu einer Verringerung der Zahl der bei ihren Bildungseinrichtungen eingeschriebenen Studierenden führe.

Zur Begründung ihrer Klagen machen die Kläger der Ausgangsverfahren insbesondere geltend, dass das Dekret vom 16. Juni 2006 gegen den Grundsatz der Nichtdiskriminierung verstoße, da danach ansässige und nichtansässige Studierende ohne zutreffende Rechtfertigung unterschiedlich behandelt würden. Während nämlich ansässige Studierende nach diesem Dekret weiter freien Zugang zu den erfassten Studiengängen hätten, sei für nichtansässige Studierende der Zugang auf eine solche Weise beschränkt, dass die Zahl der für diese Studiengänge eingeschriebenen Studierenden dieser Kategorie die Grenze von 30 % nicht übersteigen könne.

Das vorlegende Gericht hat Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Dekrets vom 16. Juni 2006 und ist der Auffassung, dass die Bestimmungen der belgischen Verfassung, deren Einhaltung zu überprüfen es zuständig sei und deren Verletzung behauptet werde, in Verbindung mit den Art. 12 Abs. 1 EG, 18 Abs. 1 EG, 149 Abs. 1 und 2 zweiter Gedankenstrich EG und 150 Abs. 2 dritter Gedankenstrich EG auszulegen seien.

Unter diesen Umständen hat der Verfassungsgerichtshof die Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Sind die Art. 12 Abs. 1 EG und 18 Abs. 1 EG in Verbindung mit Art. 149 Abs. 1 und 2 zweiter Gedankenstrich EG sowie mit Art. 150 Abs. 2 dritter Gedankenstrich EG in dem Sinne auszulegen, dass diese Bestimmungen verhindern, dass eine für den Hochschulunterricht zuständige autonome Gemeinschaft eines Mitgliedstaats, die mit einem Zustrom von Studierenden eines benachbarten Mitgliedstaats in mehreren, hauptsächlich mit öffentlichen Mitteln finanzierten Ausbildungen medizinischer Art konfrontiert ist, und zwar infolge einer restriktiven Politik dieses benachbarten Mitgliedstaats, Maßnahmen ergreift, wie sie im Dekret [vom 16. Juni 2006] festgelegt sind, wenn diese Gemeinschaft triftige Gründe dafür anführt, dass diese Situation die öffentlichen Finanzen übermäßig zu belasten und die Qualität des erteilten Unterrichts zu beeinträchtigen droht?

2. Macht es für die Beantwortung der ersten Frage einen Unterschied, wenn diese Gemeinschaft beweist, dass diese Situation zur Folge hat, dass zu wenig in dieser Gemeinschaft ansässige Studierende ihr Diplom erhalten, damit auf Dauer genug medizinische Fachkräfte vorhanden sind, um die Qualität des öffentlichen Gesundheitssystems in dieser Gemeinschaft zu gewährleisten?

3. Macht es für die Beantwortung der ersten Frage einen Unterschied, wenn diese Gemeinschaft unter Berücksichtigung von Art. 149 Abs. 1 a. E. EG und Art. 13 Abs. 2 Buchst. c des Paktes, der eine Stillhalteverpflichtung enthält, sich für die Aufrechterhaltung eines breiten und demokratischen Zugangs zu einem Hochschulunterricht von guter Qualität für die Bevölkerung dieser Gemeinschaft entscheidet?


Zur ersten und zur zweiten Frage

Mit seinen ersten beiden Fragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob das Unionsrecht einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der in den Ausgangsverfahren streitigen entgegensteht, nach der die Zahl der nichtansässigen Studierenden, die sich zum ersten Mal für einen medizinischen oder paramedizinischen Studiengang an einer Hochschuleinrichtung einschreiben können, beschränkt wird, wenn dieser Mitgliedstaat infolge einer restriktiven Politik eines Nachbarmitgliedstaats einem Zustrom von Studierenden aus diesem ausgesetzt ist und diese Situation dazu führt, dass zu wenig Studierende aus dem erstgenannten Mitgliedstaat in diesen Studiengängen ein Diplom erhalten.


Zur Zuständigkeit der Mitgliedstaaten im Bildungsbereich

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das Unionsrecht zwar – nach den Art. 165 Abs. 1 und 166 Abs. 1 AEUV – die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten zur Gestaltung ihrer Bildungssysteme und Systeme der beruflichen Bildung unberührt lässt, dass die Mitgliedstaaten jedoch bei der Ausübung dieser Zuständigkeit das Unionsrecht und insbesondere die Bestimmungen über die Freizügigkeit und die Aufenthaltsfreiheit beachten müssen.

Die Mitgliedstaaten sind somit frei, sich für ein Bildungssystem zu entscheiden, das auf einem freien Zugang zur Ausbildung beruht – ohne Beschränkung der Zahl der Studierenden, die sich einschreiben können –, oder für ein System, das auf einem regulierten Zugang beruht, bei dem die Studierenden ausgewählt werden. Haben sie sich jedoch einmal für eines dieser Systeme oder für eine Kombination derselben entschieden, müssen die Modalitäten des gewählten Systems dem Unionsrecht und insbesondere dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit entsprechen.

Zur Bestimmung der in den Ausgangsrechtsstreitigkeiten anwendbaren Vorschriften

Nach Art. 21 Abs. 1 AEUV hat jeder Unionsbürger das Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vorbehaltlich der in den Verträgen und in den Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen frei zu bewegen und aufzuhalten.

Im Übrigen kann sich nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs jeder Unionsbürger in allen Situationen, die in den sachlichen Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen, auf Art. 18 AEUV berufen, der jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verbietet, wobei zu diesen Situationen auch die Ausübung der durch Art. 21 AEUV verliehenen Freiheit gehört, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zu bewegen und aufzuhalten.

Zudem ergibt sich aus dieser Rechtsprechung, dass dieses Verbot auch Situationen erfasst, die die Voraussetzungen für den Zugang zur Berufsausbildung betreffen, wobei sowohl das Hochschul- als auch das Universitätsstudium eine Berufsausbildung darstellen.

Folglich können sich die in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Studierenden auf das in den Art. 18 und 21 AEUV verankerte Recht berufen, sich im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats wie des Königreichs Belgien ohne unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit frei zu bewegen und aufzuhalten.

Gleichwohl lässt sich nicht ausschließen, dass die Situation einiger Kläger der Ausgangsverfahren möglicherweise unter Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38 fällt, der für jeden Unionsbürger, der sich aufgrund dieser Richtlinie im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats aufhält, gilt.

Hierzu ist erstens festzustellen, dass aus den Akten hervorgeht, dass die in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Studierenden Unionsbürger sind.

Zweitens ist der Umstand, dass sie in Belgien möglicherweise keine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben, unerheblich, da die Richtlinie 2004/38 für alle Unionsbürger unabhängig davon gilt, ob sie im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats als Arbeitnehmer oder als Selbständige wirtschaftlich tätig sind oder nicht.

Drittens lässt sich nicht ausschließen, dass sich einige Kläger der Ausgangsverfahren bereits in Belgien aufhielten, bevor sie beschlossen, sich für einen der fraglichen Studiengänge einzuschreiben.

Viertens ist festzustellen, dass die Richtlinie 2004/38 zeitlich auf die Ausgangsrechtsstreitigkeiten anwendbar ist. Die Mitgliedstaaten hatten diese Richtlinie nämlich bis zum 30. April 2006 umzusetzen, und das streitige Dekret wurde am 16. Juni 2006, also nach diesem Zeitpunkt, erlassen. Zudem steht fest, dass die in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Studierenden bei den betroffenen Hochschuleinrichtungen für das akademische Jahr 2006/2007 ihre Einschreibung beantragt hatten und diese auf der Grundlage dieses Dekrets abgelehnt worden war. Ihre Anträge müssen also zwangsläufig nach dem 30. April 2006 abgelehnt worden sein.

Da der Gerichtshof jedoch nicht über alle Anhaltspunkte verfügt, die es ermöglichen würden, festzustellen, dass die Situation der Kläger der Ausgangsverfahren auch unter Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38 fällt, ist es Sache des vorlegenden Gerichts, zu beurteilen, ob diese Bestimmung tatsächlich auf die Ausgangsrechtsstreitigkeiten Anwendung findet.


Zum Vorliegen einer Ungleichbehandlung

Das Diskriminierungsverbot erfasst nicht nur unmittelbare Diskriminierungen aus Gründen der Staatsangehörigkeit, sondern auch alle Formen der mittelbaren Diskriminierung, die durch die Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale tatsächlich zu dem gleichen Ergebnis führen.

Eine Vorschrift des nationalen Rechts ist, sofern sie nicht objektiv gerechtfertigt ist und in einem angemessenen Verhältnis zum verfolgten Zweck steht, als mittelbar diskriminierend anzusehen, wenn sie sich ihrem Wesen nach eher auf Angehörige anderer Mitgliedstaaten als auf Inländer auswirken kann und folglich die Gefahr besteht, dass sie die Erstgenannten besonders benachteiligt.

Was die Ausgangsverfahren angeht, sieht das Dekret vom 16. Juni 2006 vor, dass zu den von diesem Dekret erfassten medizinischen und paramedizinischen Studiengängen nur ansässige Studierende unbeschränkten Zugang erhalten, d. h. jene, die die Voraussetzung des Hauptwohnorts in Belgien und eine der acht weiteren, alternativen Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 1 Nrn. 1 bis 8 dieses Dekrets erfüllen.

Studierende, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, erhalten dagegen nur einen beschränkten Zugang zu diesen Einrichtungen, da die Gesamtzahl solcher Studierenden je Hochschuleinrichtung und Studiengang grundsätzlich auf 30 % aller Einschreibungen des vorangegangenen akademischen Jahrs begrenzt ist. Im Rahmen dieses für sie vorgesehenen prozentualen Anteils werden die nichtansässigen Studierenden, die eingeschrieben werden, durch Auslosung ermittelt.

Die streitige nationale Regelung bewirkt somit eine Ungleichbehandlung zwischen ansässigen und nichtansässigen Studierenden.

Ein Erfordernis der Ansässigkeit wie das nach dieser Regelung geltende wird jedoch von Inländern, die meist in Belgien ansässig sind, leichter erfüllt als von Angehörigen anderer Mitgliedstaaten, die in der Regel in einem anderen Mitgliedstaat als Belgien wohnen.

Folglich wirkt sich die in den Ausgangsverfahren streitige nationale Regelung, wie die belgische Regierung im Übrigen einräumt, ihrem Wesen nach auf Angehörige anderer Mitgliedstaaten als des Königreichs Belgien eher aus als auf Inländer und benachteiligt somit die Erstgenannten besonders.


Zur Rechtfertigung der Ungleichbehandlung

Wie in Randnr. 41 des vorliegenden Urteils festgestellt, ist eine Ungleichbehandlung wie die durch das Dekret vom 16. Juni 2006 eingeführte eine mittelbare Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit, die verboten ist, sofern sie nicht objektiv gerechtfertigt ist.

Um gerechtfertigt zu sein, muss die betroffene Maßnahme geeignet sein, die Erreichung des mit ihr verfolgten Ziels zu gewährleisten, und sie darf nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist.

Zur Rechtfertigung mit übermäßigen Belastungen zur Finanzierung des Hochschulunterrichts

Die belgische Regierung macht mit Unterstützung der österreichischen Regierung zunächst geltend, die Ungleichbehandlung von ansässigen und nichtansässigen Studierenden sei notwendig, um übermäßige Belastungen zur Finanzierung des Hochschulunterrichts zu vermeiden, die sich daraus ergäben, dass ohne unterschiedliche Behandlung die Zahl der an Hochschuleinrichtungen der Französischen Gemeinschaft eingeschriebenen nichtansässigen Studierenden ein übermäßig hohes Niveau erreichen würde.

Hierzu ist festzustellen, dass nach den Ausführungen der Französischen Gemeinschaft, wie sie sich aus der Vorlageentscheidung ergeben, die finanzielle Belastung keinen entscheidenden Grund für den Erlass des Dekrets vom 16. Juni 2006 darstellt. Diesen Ausführungen zufolge wird nämlich das Bildungswesen auf der Grundlage eines Systems der „geschlossenen Dotierung“ finanziert, bei dem die globale Mittelzuweisung nicht von der Gesamtzahl der Studierenden abhängt.

Unter diesen Umständen kann die Sorge vor einer übermäßigen Belastung zur Finanzierung des Hochschulunterrichts keine Ungleichbehandlung zwischen ansässigen und nichtansässigen Studierenden rechtfertigen.

Zur Rechtfertigung mit der Wahrung der Einheitlichkeit des Systems des Hochschulunterrichts

Die belgische Regierung macht mit Unterstützung der österreichischen Regierung geltend, dass die Teilnahme von nichtansässigen Studierenden an den betroffenen Studiengängen ein Niveau erreicht habe, das wegen der immanenten Begrenztheit der Aufnahmekapazität der Hochschuleinrichtungen und ihrer Personaldecke eine Verringerung der Qualität des Hochschulunterrichts zur Folge haben könnte. Um die Einheitlichkeit dieses Systems zu wahren und der Bevölkerung der Französischen Gemeinschaft einen breiten und demokratischen Zugang zu einem Hochschulunterricht von guter Qualität zu sichern, sei es geboten, zwischen den ansässigen und den nichtansässigen Studierenden eine Ungleichbehandlung einzuführen und die Zahl der Letztgenannten zu begrenzen.

Es lässt sich zwar nicht ohne Weiteres ausschließen, dass es zur Vermeidung einer Gefahr für den Bestand eines nationalen Bildungssystems und seine Einheitlichkeit gerechtfertigt sein könnte, bestimmte Studierende ungleich zu behandeln.

Die hierzu vorgetragenen Rechtfertigungsgründe stimmen jedoch mit jenen überein, die mit dem Schutz der öffentlichen Gesundheit zusammenhängen. Sie sind daher allein unter dem Gesichtspunkt der Rechtfertigungen zu prüfen, die aus den mit dem Schutz der öffentlichen Gesundheit zusammenhängenden Erfordernissen hergeleitet werden.

Zur Rechtfertigung mit Erfordernissen der öffentlichen Gesundheit

– Beim Gerichtshof eingereichte Erklärungen

Die belgische Regierung macht mit Unterstützung der österreichischen Regierung geltend, die in den Ausgangsverfahren streitige Regelung sei erforderlich, um die Qualität und den Fortbestand der medizinischen und paramedizinischen Versorgung in der Französischen Gemeinschaft sicherzustellen.

Die hohe Zahl der nichtansässigen Studierenden führe erstens zu einer erheblichen Minderung der Unterrichtsqualität in den medizinischen und paramedizinischen Studiengängen, die insbesondere viele Stunden an praktischer Ausbildung erfordere. Es habe sich herausgestellt, dass eine solche Ausbildung ab einer gewissen Zahl von Studierenden nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden könne, da die Aufnahmekapazität der Hochschuleinrichtungen, ihre Personaldecke und die Möglichkeiten der praktischen Ausbildung nicht unbegrenzt seien.

Zur Verdeutlichung der im Unterricht auftretenden Schwierigkeiten führt die belgische Regierung u. a. die Situation im Bereich des Studiengangs Veterinärmedizin an. Auf der Grundlage der Qualitätsnormen für die Veterinärausbildung – u. a. müsse jeder Studierende ein klinisches Praktikum an einer ausreichenden Anzahl von Tieren absolvieren – sei festgestellt worden, dass in der Französischen Gemeinschaft im zweiten Zyklus des Hochschulstudiums nicht mehr als 200 Veterinäre pro Jahr ausgebildet werden könnten. Wegen eines Zustroms nichtansässiger Studierender sei jedoch die Gesamtzahl der in den sechs Studienjahren eingeschriebenen Studierenden von 1 233 im akademischen Jahr 1995/1996 auf 2 343 im akademischen Jahr 2002/2003 gestiegen.

In den anderen von dem Dekret vom 16. Juni 2006 erfassten Studiengängen sei die Situation ähnlich.

Zweitens könnte die hohe Zahl nichtansässiger Studierender letztlich im gesamten Gebiet zu einer Knappheit an medizinischen Fachkräften führen, was das öffentliche Gesundheitssystem in der Französischen Gemeinschaft gefährden würde. Diese Gefahr ergebe sich daraus, dass die nichtansässigen Studierenden nach dem Studium in ihre Herkunftsländer zurückkehrten, um dort ihren Beruf auszuüben, während es in bestimmten Fachgebieten weiter zu wenig ansässige Absolventen gebe.

Die Kläger der Ausgangsverfahren machen insbesondere geltend, sofern diese zur Rechtfertigung angeführten Gründe zulässig sein sollten, habe die belgische Regierung das tatsächliche Vorliegen der genannten Umstände nicht nachgewiesen.

Die Kommission trägt vor, sie nehme die von der belgischen Regierung angeführten Gefahren sehr ernst. Doch reiche ihr bisheriger Kenntnisstand nicht aus, um sich zur sachlichen Richtigkeit der Rechtfertigung zu äußern.

– Antwort des Gerichtshofs

Aus der Rechtsprechung geht hervor, dass eine mittelbar auf der Staatsangehörigkeit beruhende Ungleichbehandlung durch das Ziel der Aufrechterhaltung einer qualitativ hochwertigen, ausgewogenen und allgemein zugänglichen medizinischen Versorgung gerechtfertigt sein kann, wenn es zur Erreichung eines hohen Niveaus des Gesundheitsschutzes beiträgt.

Somit ist zu prüfen, ob die in den Ausgangsverfahren streitige Regelung geeignet ist, die Erreichung dieses Ziels zu gewährleisten, und ob sie nicht über das hinausgeht, was zu dessen Erreichung erforderlich ist.

Es ist letztlich Sache des nationalen Gerichts, das allein für die Beurteilung des Sachverhalts des Ausgangsrechtsstreits sowie für die Auslegung des nationalen Rechts zuständig ist, zu bestimmen, ob und inwieweit eine solche Regelung diesen Anforderungen entspricht.

Der Gerichtshof, der dazu aufgerufen ist, dem nationalen Gericht zweckdienliche Antworten zu geben, ist jedoch befugt, dem vorlegenden Gericht auf der Grundlage der Akten des Ausgangsverfahrens und der vor ihm abgegebenen schriftlichen und mündlichen Erklärungen Hinweise zu geben, die diesem Gericht eine Entscheidung ermöglichen.

Als Erstes wird das vorlegende Gericht zu prüfen haben, ob der Schutz der öffentlichen Gesundheit wirklich gefährdet ist.

Dabei kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass eine etwaige Verringerung der Qualität der Ausbildung des künftigen medizinischen Personals letztlich die Qualität der Versorgung in dem betroffenen Gebiet beeinträchtigt, da die Qualität der medizinischen oder paramedizinischen Versorgung in einem bestimmten Gebiet von den Befähigungen des dort tätigen medizinischen Personals abhängt.

Auch ist nicht auszuschließen, dass eine etwaige Begrenzung der Gesamtzahl der Studierenden in den betreffenden Studiengängen – u. a., um die Qualität der Ausbildung sicherzustellen – einen entsprechenden Rückgang der Zahl der Absolventen zur Folge hat, die für die Gewährleistung der Gesundheitsversorgung in dem betroffenen Gebiet letztlich zur Verfügung stehen, was sich dann auf das Niveau des Schutzes der öffentlichen Gesundheit auswirken könnte. Insoweit ist einzuräumen, dass ein Mangel an medizinischem Personal schwerwiegende Probleme für den Schutz der öffentlichen Gesundheit mit sich brächte und dass es zur Vermeidung dieser Gefahr erforderlich ist, dass in ausreichender Zahl Absolventen in dieses Gebiet ziehen, um dort einen der von dem Dekret vom 16. Juni 2006 erfassten medizinischen oder paramedizinischen Berufe auszuüben.

Bei der Prüfung dieser Gefahren hat das vorlegende Gericht zunächst zu berücksichtigen, dass zwischen der Ausbildung des künftigen medizinischen Personals und dem Ziel der Aufrechterhaltung einer qualitativ hochwertigen, ausgewogenen und allgemein zugänglichen medizinischen Versorgung nur ein mittelbarer Zusammenhang besteht, der weniger kausal ist als der Zusammenhang zwischen dem Ziel der öffentlichen Gesundheit und der Tätigkeit des bereits auf dem Markt verfügbaren medizinischen Personals. Die Würdigung eines solchen Zusammenhangs hängt nämlich u. a. von einer Untersuchung der voraussichtlichen Entwicklung ab, bei der ausgehend von vielen zufallsabhängigen und ungewissen Elementen extrapoliert und die künftige Entwicklung des betreffenden Gesundheitssektors berücksichtigt werden muss, aber auch von einer Untersuchung der zum Ausgangszeitpunkt, d. h. gegenwärtig, bestehenden Situation.

Sodann hat das vorlegende Gericht bei der konkreten Würdigung des Sachverhalts der Ausgangsverfahren den Umstand zu berücksichtigen, dass der Mitgliedstaat, wenn eine Ungewissheit hinsichtlich des Vorliegens oder der Bedeutung der Gefahren für die öffentliche Gesundheit bleibt, Schutzmaßnahmen treffen kann, ohne warten zu müssen, bis es an medizinischem Personal fehlt. Dies hat auch dann zu gelten, wenn die Qualität des Unterrichts in diesem Bereich gefährdet ist.

Der Nachweis, dass solche Gefahren tatsächlich bestehen, obliegt daher den zuständigen nationalen Stellen. Nach ständiger Rechtsprechung ist es nämlich deren Sache, wenn sie eine Maßnahme erlassen, die von einem im Unionsrecht verankerten Grundsatz abweicht, in jedem Einzelfall nachzuweisen, dass diese Maßnahme geeignet ist, die Erreichung des mit ihr angestrebten Ziels zu gewährleisten, und nicht über das zu dessen Erreichung Erforderliche hinausgeht. Neben den Rechtfertigungsgründen, die ein Mitgliedstaat geltend machen kann, muss dieser daher eine Untersuchung zur Geeignetheit und Verhältnismäßigkeit der von ihm erlassenen Maßnahme vorlegen sowie genaue Angaben zur Stützung seines Vorbringens machen. Anhand einer solchen objektiven, eingehenden und auf Zahlenangaben gestützten Untersuchung muss sich mittels zuverlässiger, übereinstimmender und beweiskräftiger Daten nachweisen lassen, dass die öffentliche Gesundheit tatsächlich gefährdet ist.

In den Ausgangsverfahren muss diese Untersuchung u. a. für jeden der neun von dem Dekret vom 16. Juni 2006 erfassten Studiengänge eine Bewertung ermöglichen, wie viele Studierende unter Beachtung der gewünschten Standards für die Ausbildungsqualität höchstens ausgebildet werden können. Zudem muss darin angegeben werden, wie viele Absolventen zur Ausübung eines medizinischen oder paramedizinischen Berufs in das Gebiet der Französischen Gemeinschaft ziehen müssen, damit eine ausreichende öffentliche Gesundheitsversorgung gewährleistet ist.

Im Übrigen darf in der genannten Untersuchung nicht lediglich mit Zahlen der Studierenden dieser oder jener Gruppe gearbeitet werden, die insbesondere auf der Extrapolation beruhen, dass sämtliche nichtansässigen Studierenden nach ihrem Studium zur Ausübung eines der in den Ausgangsverfahren fraglichen Berufe in den Staat ziehen, in dem sie vor Aufnahme des Studiums ansässig waren. In der Untersuchung muss folglich in Rechnung gestellt werden, welches Gewicht der Gruppe der nichtansässigen Studierenden bei der Verfolgung des Ziels zukommt, in der Französischen Gemeinschaft eine Verfügbarkeit an Berufsangehörigen zu gewährleisten. Überdies ist die Möglichkeit zu berücksichtigen, dass ansässige Studierende beschließen, nach ihrem Studium ihrem Beruf in einem anderen Staat als dem Königreich Belgien nachzugehen. Ebenso ist zu berücksichtigen, in welchem Umfang Personen, die nicht in der Französischen Gemeinschaft studiert haben, später dort hinziehen, um einen der genannten Berufe auszuüben.

Die zuständigen Stellen haben dem vorlegenden Gericht eine diesen Anforderungen entsprechende Untersuchung vorzulegen.

Als Zweites hat das vorlegende Gericht, sofern es den Schutz der öffentlichen Gesundheit für tatsächlich gefährdet hält, zu prüfen, ob in Anbetracht der Angaben der zuständigen Stellen die in den Ausgangsverfahren streitige Regelung als geeignet angesehen werden kann, die Erreichung des Ziels des Schutzes der öffentlichen Gesundheit zu gewährleisten.

In diesem Zusammenhang hat es u. a. zu bewerten, ob eine Begrenzung der Zahl der nichtansässigen Studierenden tatsächlich geeignet ist, die Zahl der Absolventen zu erhöhen, die für die Gewährleistung der Gesundheitsversorgung in der Französischen Gemeinschaft letztlich zur Verfügung stehen.

Als Drittes hat das vorlegende Gericht zu beurteilen, ob die in den Ausgangsverfahren fragliche Regelung nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung des angeführten Ziels erforderlich ist, ob sich also dieses Ziel nicht mit weniger einschränkenden Maßnahmen erreichen ließe.

Insoweit ist festzustellen, dass es Sache dieses Gerichts ist, insbesondere nachzuprüfen, ob das angeführte im Allgemeininteresse liegende Ziel nicht durch weniger einschränkende Maßnahmen erreicht werden könnte, mit denen für Studierende, die ihr Studium in der Französischen Gemeinschaft absolvieren, ein Anreiz geschaffen würde, nach Abschluss des Studiums dort zu bleiben, oder für außerhalb der Französischen Gemeinschaft ausgebildete Berufsangehörige ein Anreiz, sich dort niederzulassen.

Ebenso ist es Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die zuständigen Stellen die Erreichung dieses Ziels angemessen mit den sich aus dem Unionsrecht ergebenden Erfordernissen in Einklang gebracht haben, insbesondere mit dem den Studierenden aus anderen Mitgliedstaaten zustehenden Recht auf Zugang zum Hochschulunterricht, das zum Kernbereich des Grundsatzes der Freizügigkeit der Studierenden gehört. Von einem Mitgliedstaat eingeführte Einschränkungen des Zugangs zu diesem Unterricht müssen daher auf das beschränkt sein, was zur Erreichung der verfolgten Ziele erforderlich ist, und müssen den genannten Studierenden einen ausreichend weiten Zugang zum Hochschulunterricht lassen.

Hierzu geht aus den Akten hervor, dass die an dem Hochschulunterricht interessierten nichtansässigen Studierenden, die eingeschrieben werden, durch Auslosung ermittelt werden, bei der als solcher ihre Kenntnisse und Erfahrungen nicht berücksichtigt werden.

Daher ist es Sache des vorlegenden Gerichts, nachzuprüfen, ob das Verfahren zur Auswahl der nichtansässigen Studierenden allein in der Auslosung besteht und, falls dem so sein sollte, ob diese Auswahlmethode, bei der nicht die Kapazitäten der betroffenen Kandidaten zugrunde gelegt werden, sondern der Zufall den Ausschlag gibt, zur Erreichung der verfolgten Ziele erforderlich ist.

Folglich ist auf die erste und die zweite Vorlagefrage zu antworten, dass die Art. 18 und 21 AEUV einer nationalen Regelung wie der in den Ausgangsverfahren streitigen entgegenstehen, die die Zahl der nichtansässigen Studierenden, die sich zum ersten Mal für einen medizinischen oder paramedizinischen Studiengang an einer Hochschuleinrichtung einschreiben können, beschränkt, es sei denn, das vorlegende Gericht stellt nach Würdigung aller von den zuständigen Stellen angeführten relevanten Gesichtspunkte fest, dass diese Regelung im Hinblick auf das Ziel des Schutzes der öffentlichen Gesundheit gerechtfertigt ist.


Zur dritten Frage

Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, welche Auswirkungen die nach Art. 13 Abs. 2 Buchst. c des Paktes an die Mitgliedstaaten gestellten Anforderungen auf die in den Ausgangsverfahren streitige Situation haben.

Die belgische Regierung macht geltend, der Erlass des Dekrets vom 16. Juni 2006 sei unerlässlich für die Wahrung des Rechts der Bevölkerung der Französischen Gemeinschaft auf Bildung, wie es sich aus Art. 13 Abs. 2 Buchst. c des Paktes ergebe. Diese Bestimmung enthalte nämlich eine Stillhalteverpflichtung, nach der diese Gemeinschaft einen breiten und demokratischen Zugang zu einem Hochschulunterricht von guter Qualität aufrechtzuerhalten habe. Ohne dieses Dekret wäre die Aufrechterhaltung eines solchen Zugangs gefährdet.

Hierzu ist jedoch festzustellen, dass es zwischen dem Pakt und den Anforderungen aus den Art. 18 bzw. 21 AEUV keine Unvereinbarkeit gibt.

Nach dem Wortlaut von Art. 13 Abs. 2 Buchst. c des Paktes dient dieser nämlich im Wesentlichen demselben Ziel wie die Art. 18 und 21 AEUV, nämlich, den Grundsatz der Nichtdiskriminierung beim Zugang zum Hochschulunterricht zu gewährleisten. Dies wird durch Art. 2 Abs. 2 des Paktes bestätigt, wonach die Vertragsstaaten des Paktes sich verpflichten, zu gewährleisten, dass die in diesem verkündeten Rechte ohne Diskriminierung u. a. hinsichtlich der nationalen Herkunft ausgeübt werden.

Dagegen verlangt Art. 13 Abs. 2 Buchst. c des Paktes von einem Vertragsstaat nicht und gestattet es ihm auch nicht, einen breiten Zugang zu einem Hochschulunterricht von guter Qualität nur für seine eigenen Staatsangehörigen zu gewährleisten.

Nach alledem ist auf die dritte Frage zu antworten, dass sich die zuständigen Stellen nicht auf Art. 13 Abs. 2 Buchst. c des Paktes berufen können, wenn das vorlegende Gericht feststellt, dass das Dekret vom 16. Juni 2006 nicht mit den Art. 18 und 21 AEUV vereinbar ist.


Zu den zeitlichen Wirkungen des Urteils

Die belgische Regierung beantragt für den Fall, dass das Unionsrecht nach Auffassung des Gerichtshofs der in den Ausgangsverfahren streitigen Regelung entgegensteht, die Wirkungen des verkündeten Urteils zeitlich zu beschränken. Diese Beschränkung sei notwendig, weil in großer Zahl gutgläubig Rechtsverhältnisse eingegangen worden seien, denn viele nichtansässige Studierende hätten für das akademische Jahr 2006/2007 ihre Einschreibung für einen der von dem Dekret vom 16. Juni 2006 erfassten Studiengänge beantragt. Würden diese Rechtsverhältnisse in Frage gestellt, könne dies daher schwerwiegende wirtschaftliche Auswirkungen haben, die den Haushalt für Bildung der Französischen Gemeinschaft aus dem Gleichgewicht bringen könnten.

Nach ständiger Rechtsprechung wird durch die Auslegung einer Vorschrift des Unionsrechts, die der Gerichtshof in Ausübung seiner Befugnisse aus Art. 267 AEUV vornimmt, erläutert und verdeutlicht, in welchem Sinne und mit welcher Tragweite diese Vorschrift seit ihrem Inkrafttreten zu verstehen und anzuwenden ist oder gewesen wäre. Daraus folgt, dass die Gerichte die Vorschriften in dieser Auslegung auch auf Rechtsverhältnisse, die vor Erlass des auf das Ersuchen um Auslegung ergangenen Urteils entstanden sind, anwenden können und müssen, wenn alle sonstigen Voraussetzungen für die Anrufung der zuständigen Gerichte in einem die Anwendung dieser Vorschriften betreffenden Streit vorliegen.

Der Gerichtshof kann die für die Betroffenen bestehende Möglichkeit, sich auf die Auslegung, die er einer Bestimmung gegeben hat, zu berufen, um in gutem Glauben begründete Rechtsverhältnisse in Frage zu stellen, nur ausnahmsweise aufgrund des allgemeinen gemeinschaftsrechtlichen Grundsatzes der Rechtssicherheit beschränken. Eine solche Beschränkung ist nur dann zulässig, wenn zwei grundlegende Kriterien erfüllt sind, nämlich guter Glaube der Betroffenen und die Gefahr schwerwiegender Störungen.

Ferner können nach ständiger Rechtsprechung die finanziellen Konsequenzen, die sich aus einem im Vorabentscheidungsverfahren ergangenen Urteil für einen Mitgliedstaat ergeben können, für sich allein nicht die zeitliche Begrenzung der Wirkungen dieses Urteils rechtfertigen.

Der Gerichtshof hat nämlich auf diese Lösung nur unter ganz bestimmten Umständen zurückgegriffen, wenn zum einen die Gefahr schwerwiegender wirtschaftlicher Auswirkungen bestand, die insbesondere mit der großen Zahl von Rechtsverhältnissen zusammenhingen, die gutgläubig auf der Grundlage der als gültig betrachteten Regelung eingegangen worden waren, und sich zum anderen herausstellte, dass die Einzelnen und die nationalen Behörden zu einem mit der Unionsregelung unvereinbaren Verhalten veranlasst worden waren, weil eine objektive, bedeutende Unsicherheit hinsichtlich der Tragweite der Unionsbestimmungen bestand, zu der eventuell auch das Verhalten anderer Mitgliedstaaten oder der Kommission beigetragen hatte.

In Bezug auf die Ausgangsverfahren ist festzustellen, dass die belgische Regierung dem Gerichtshof keinen konkreten Anhaltspunkt dafür vorgetragen hat, dass die Verfasser des Dekrets vom 16. Juni 2006 etwa zu einem mit der Unionsregelung unvereinbaren Verhalten veranlasst wurden, weil eine objektive, bedeutende Unsicherheit hinsichtlich der Tragweite der Unionsbestimmungen bestand.

Ebenso wenig hat diese Regierung ihr Vorbringen durch konkrete Angaben untermauert, dass das vorliegende Urteil ohne zeitliche Beschränkung seiner Wirkungen schwerwiegende finanzielle Folgen haben könnte.

Daher sind die Wirkungen des vorliegenden Urteils nicht zeitlich zu beschränken.


Kosten

Für die Parteien der Ausgangsverfahren ist das Verfahren ein Zwischenstreit in den bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreitigkeiten; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.


Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt:

1. Die Art. 18 und 21 AEUV stehen einer nationalen Regelung wie der in den Ausgangsverfahren streitigen entgegen, die die Zahl der als nicht in Belgien ansässig angesehenen Studierenden, die sich zum ersten Mal für einen medizinischen oder paramedizinischen Studiengang an einer Hochschuleinrichtung einschreiben können, beschränkt, es sei denn, das vorlegende Gericht stellt nach Würdigung aller von den zuständigen Stellen angeführten relevanten Gesichtspunkte fest, dass diese Regelung im Hinblick auf das Ziel des Schutzes der öffentlichen Gesundheit gerechtfertigt ist.

2. Die zuständigen Stellen können sich nicht auf Art. 13 Abs. 2 Buchst. c des von der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 16. Dezember 1966 angenommenen und am 3. Januar 1976 in Kraft getretenen Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte berufen, wenn das vorlegende Gericht feststellt, dass das Dekret der Französischen Gemeinschaft vom 16. Juni 2006 zur Regelung der Studierendenzahl in bestimmten Studiengängen des ersten Zyklus des Hochschulunterrichts nicht mit den Art. 18 und 21 AEUV vereinbar ist.


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Referenzen

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 210/09 Verkündet am:
23. November 2011
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Zur Rechtsnatur einer Garagengemeinschaft nach § 266 ZGB-DDR.

b) Für die Kündigung eines mit einer Außen-GbR abgeschlossenen Mietvertrages
genügt es, wenn sich aus der Kündigungserklärung entnehmen lässt, dass das
Mietverhältnis mit der Gesellschaft gekündigt werden soll und die Kündigung einem
vertretungsberechtigten Gesellschafter zugeht.

c) Das gilt auch dann, wenn den Gesellschaftern die Vertretungsbefugnis gemeinschaftlich
zusteht.
BGH, Urteil vom 23. November 2011 - XII ZR 210/09 - LG Frankfurt (Oder)
AG Frankfurt (Oder)
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. November 2011 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Dr. Klinkhammer, Schilling, Dr. Günter und Dr. Nedden-Boeger

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 21. April 2009 wird auf Kosten der Beklagten zu 1 zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin verlangt von der Beklagten zu 1 die Räumung und Herausgabe einer mit einer Garagenanlage bebauten Grundstücksfläche im Beitrittsgebiet.
2
Mit Vereinbarung vom 19. September 1979 überließ die Rechtsvorgängerin der Klägerin der Beklagten zu 1 eine Teilfläche eines Grundstücks zur unbefristeten und unentgeltlichen Nutzung, damit diese hierauf Garagen errichten kann.
3
Zu diesem Zweck schlossen die 16 Mitglieder der Beklagten einen "Vertrag über die Bildung der Garagengemeinschaft S. W. ". Nach Ziff. 1 dieses Vertrages bildeten die Bestimmungen des Zivilgesetzbuches der DDR über Gemeinschaften von Bürgern (§§ 266-273 ZGB-DDR) die Grundlage dieses Vertrages. Ziff. 3 Satz 1 des Vertrages sah vor, dass die Vertretung der Gemeinschaft allen Vertragspartnern gemeinschaftlich zusteht. Für die Erfordernisse der Praxis der gesellschaftlichen, insbesondere der rechtlichen Beziehungen wurde gemäß Ziff. 3 Satz 3 des Vertrages vier in einer Anlage 2 zu dem Vertrag benannten Mitgliedern als Vorstand der Gemeinschaft Generalvollmacht zur Erledigung von Rechtsgeschäften erteilt, wobei je zwei der Bevollmächtigten gemeinschaftlich zur Zeichnung berechtigt sein sollten.
4
In der Folgezeit wurden von der Beklagten zu 1 auf dem Gelände 16 Garagen errichtet.
5
Im August 2007 kündigte die Klägerin den Nutzungsvertrag ordentlich zum 30. November 2007, hilfsweise zum nächst möglichen Zeitpunkt. Die Kündigungsschreiben ließ die Klägerin den ihr bekannten 16 Mitgliedern der Beklagten zu 1 jeweils durch den Gerichtsvollzieher zustellen. Gegenüber der Beklagten zu 1 als solcher erfolgte keine ausdrückliche Kündigung des Vertrags.
6
Die Klägerin hat erstinstanzlich die Beklagte sowie neun weitere Mitglieder der Garagengemeinschaft auf Herausgabe und Räumung der Grundstücksfläche in Anspruch genommen. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die allein von der Beklagten zu 1 eingelegte Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision möchte die Beklagte weiter die Abweisung der Klage erreichen.

Entscheidungsgründe:

7
Die zulässige Revision hat keinen Erfolg.

I.

8
Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, die Beklagte sei befugt gewesen, die Berufung auch ohne ihre Gesellschafter einzulegen, weil sie als Außen-GbR parteifähig sei. Die Beklagte habe sich als eine Garagengemeinschaft nach § 266 ZGB-DDR gebildet. Mit der Wiedervereinigung nach dem 2. Oktober 1990 habe die Bürgergemeinschaft nach § 266 ZGB-DDR nicht nach Art. 232 § 1 EGBGB fortbestehen können, so dass sie der Gesetzgeber gemäß § 4 Abs. 2 SchuldRAnpG seit dem Wirksamwerden des Beitritts als eine Art der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts mit Gesamthandsvermögen angesehen und so ihren Fortbestand kraft Gesetzes angeordnet habe. Als AußenGbR erfülle die Beklagte auch das Erfordernis, im Rechtsverkehr unter ihrem Namen aufzutreten.
9
In der Sache habe das Amtsgericht die Beklagte zu Recht sowohl gem. § 546 BGB als auch gem. § 985 BGB zur Räumung und Herausgabe des Garagengrundstücks und der Garagen verurteilt. Die Klägerin sei nämlich gemäß § 6 Abs. 1 SchuldRAnpG i. V. m. § 580 a Abs. 1 Nr. 3 BGB zur Kündigung des Nutzungsvertrags berechtigt gewesen.
10
Der Nutzungsvertrag sei nach Art. 232 § 4 a EGBGB mit dem Inkrafttreten des Schuldrechtsanpassungsgesetzes am 1. Januar 1995 in einen Mietvertrag überführt worden. Dies folge aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 SchuldRAnpG, da der Nutzungsvereinbarung eine Grundstücksüberlassung nach den §§ 312 ff. ZGB-DDR zum Zwecke der Errichtung von Garagen zu Grunde gelegen habe.
11
§ 2 Abs. 2 SchuldRAnpG stehe dem nicht entgegen. Vom Anwendungsbereich des Schuldrechtsanpassungsgesetzes würden nur Verträge ausgeschlossen , die § 71 Abs. 2 des Gesetzes über das Vertragssystem in der sozia- listischen Wirtschaft vom 25. März 1982 (Vertragsgesetz; nachfolgend zitiert als: VG-DDR) unterfielen. Im vorliegenden Fall sei nicht erkennbar, woraus sich die für die Anwendbarkeit des Vertragsgesetzes maßgebliche Eigenschaft der Beklagten als Wirtschaftseinheit ergeben könne. Allein der Umstand, dass das Mitglied der Garagengemeinschaft K. als "Vorsitzender des Wohnbezirksausschusses" bezeichnet worden sei, führe nicht dazu, dass die Beklagte zu einer Wirtschaftseinheit im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 7 VG-DDR geworden sei und damit Rechtsfähigkeit erlangt habe. Auch die Vertragsgestaltung in Form der Unentgeltlichkeit und der sog. "Unbegrenztheit der Nutzung" führe nicht zwingend zur Anwendbarkeit des Vertragsgesetzes der DDR.
12
Die Klägerin sei auch berechtigt gewesen, das Nutzungsverhältnis gemäß § 580 a Abs. 1 Nr. 3 BGB i. V. m. § 6 Abs. 1 SchuldRAnpG zu kündigen. Gemäß § 23 Abs. 6 Nr. 1 SchuldRAnpG habe nämlich der Kündigungsschutz für Verträge über Garagengrundstücke mit Ablauf des 31. Dezember 1999 geendet.
13
Das Kündigungsrecht zwischen den Rechtsvorgängern der Parteien sei nicht durch den Abschluss einer Individualvereinbarung ausgeschlossen worden , die nach § 6 Abs. 2 Satz 2 SchuldRAnpG weiterhin Geltung beanspruchen würde. Der Wortlaut des zwischen den Rechtsvorgängern der Parteien geschlossenen Nachtrags habe mit der Formulierung "unbefristeten und unentgeltlichen Nutzung" nicht zu einem individuell verabredeten Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts geführt. Die Parteien hätten sich insoweit an den Wortlaut der damals geltenden Musterverträge für die Überlassung von Erholungs - und Freizeitgrundstücken gehalten und den Gesetzeswortlaut zum Inhalt der Abrede gemacht. Dies reiche für die Annahme einer Individualvereinbarung nach § 6 Abs. 2 Satz 2 SchuldRAnpG nicht aus.
14
Die Kündigungserklärung der Klägerin sei der Beklagten auch wirksam zugegangen. Zwar gelte grundsätzlich, dass bei einer Mehrheit von Mietern die Kündigungserklärung gegenüber allen Personen auf Mieterseite erklärt werden müsse. Deshalb sei es bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Mieterin erforderlich, die Kündigung allen Gesellschaftern zukommen zu lassen.
15
Etwas anderes gelte dann, wenn die Beklagte - wie hier - eine AußenGbR sei. Die Kündigungserklärung sei in diesem Fall an sich an die Beklagte zu adressieren gewesen und wäre mit Zugang an die vertretungsberechtigten Gesellschafter wirksam geworden. Es sei aber ausreichend, wenn die Kündigungserklärung an alle Gesellschafter der Außen-GbR adressiert werde und diesen die Kündigungserklärung zugehe. Voraussetzung sei nur, dass aus der Kündigungserklärung ersichtlich werde, dass das bestehende Mietverhältnis mit der Außen-GBR als Mieterin gekündigt werden solle.
16
So verhalte es sich im vorliegenden Fall. Die Klägerin habe nämlich in ihrem an die einzelnen Mitglieder der Beklagten gerichteten Kündigungsschreiben vom 22. August 2007 allein den Nutzungsvertrag mit der Beklagten vom 19. September 1979 nebst Nachträgen gekündigt und so zum Ausdruck gebracht , dass dieser Vertrag durch die Kündigung beendet werden solle.
17
Der Wirksamkeit der Kündigungserklärung könne die Beklagte nicht entgegenhalten , dass einige Adressaten der Kündigungserklärung nicht Gesellschafter der Beklagten gewesen seien bzw. dass ihnen die Kündigungserklärung nicht zugegangen sei. Den Sachvortrag der Beklagten hierzu habe das Berufungsgericht nicht berücksichtigen dürfen, da das Amtsgericht den entsprechenden Sachvortrag in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 18. April 2008 zu Recht gemäß § 296 a ZPO zurückgewiesen habe. Soweit die Beklagte vortrage, die Klägerin habe in ihrem Schriftsatz vom 6. März 2008 mit der Behauptung, die Kündigungserklärungen seien wirksam zugestellt worden, eine neue Tatsachenbehauptung aufgestellt, verkenne sie, dass es sich hierbei allenfalls um eine - untaugliche - Rechtstatsachenbehauptung handeln könne. Die Frage des rechtswirksamen Zugangs der Kündigungserklärung habe sich für die Beklagte schon nach Zustellung der Klageschrift stellen müssen.
18
Schließlich habe das Amtsgericht zutreffend das von der Beklagten im Hinblick auf die von ihr und ihren Mitgliedern errichteten Garagen behauptete Recht zum Besitz nach Art. 232 § 1 a BGB (richtig: Art. 233 § 2 a EGBGB) verneint , da diese Norm mit dem Inkrafttreten des Schuldrechtsänderungsgesetzes zum 1. Januar 1995 aufgehoben worden sei und die Rechtslage nunmehr nach dem Schuldrechtsanpassungsgesetz beziehungsweise dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz zu beurteilen sei.

II.

19
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision stand. Die Klägerin hat den Grundstücksüberlassungsvertrag wirksam gekündigt (§ 580 a Abs. 1 Nr. 3 BGB i. V. m. § 6 Abs. 1 SchuldRAnpG). Die Beklagte zu 1 ist daher gemäß § 546 Abs. 1 i. V. m. § 6 Abs. 1 SchuldRAnpG, § 985 Abs. 1 BGB zur Herausgabe und Räumung des Garagengrundstücks verpflichtet.
20
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass auf den von den Rechtsvorgängern der Parteien abgeschlossenen Grundstücksüberlassungsvertrag die Bestimmungen des am 1. Januar 1995 in Kraft getretenen Schuldrechtsanpassungsgesetzes (SchuldRAnpG) vom 21. September 1994 (BGBl. I S. 2538) anwendbar sind. Bei dieser Vereinbarung handelt es sich um einen Vertrag zur Überlassung eines Grundstücks zur Errichtung von Garagen nach §§ 312 Abs. 1, 313 Abs. 2 ZGB-DDR (Ministerium der Justiz-DDR Komm.
zum ZGB § 312 ZGB Anm. 1.2.; vgl. auch Horst GE 1996, 1262), der gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 SchuldRAnpG dem Anwendungsbereich dieses Gesetzes unterfällt.
21
Soweit die Revision hiergegen einwendet, bei der Vereinbarung handele es sich um einen Nutzungsvertrag nach § 71 VG-DDR, der nach § 2 Abs. 2 SchuldRAnpG vom Anwendungsbereich des Schuldrechtsanpassungsgesetzes ausgenommen ist, kann dem nicht gefolgt werden. Die Beklagte zu 1 ist keine Wirtschaftseinheit im Sinne von § 2 Abs. 1 VG-DDR, so dass das Vertragsgesetz auf den zwischen den Rechtsvorgängern der Parteien abgeschlossenen Nutzungsvertrag keine Anwendung findet.
22
a) Das Vertragsgesetz der DDR bildete die Rechtsgrundlage für Kooperationsvereinbarungen zwischen staatlichen Organen der DDR und den in § 2 Abs. 1 VG-DDR genannten Wirtschaftseinheiten, die der Koordinierung der Wirtschaftstätigkeit sowie der gemeinschaftlichen Lösung von Aufgaben dienen sollten (vgl. § 1 Abs. 1 VG-DDR). Deshalb war in personeller Hinsicht der Anwendungsbereich des Vertragsgesetzes auf staatliche Organe und die in § 2 Abs. 1 VG-DDR als Wirtschaftseinheiten bezeichneten Vereinigungen und Organisationseinheiten beschränkt (vgl. Staatliches Vertragsgericht beim Ministerrat der DDR Kommentar zum Gesetz über das Vertragssystem in der sozialistischen Wirtschaft 2. Aufl. Vorbem. zu §§ 1- 5 Anm. 2.).
23
Soweit die Revision meint, die Garagengemeinschaft "S. W. " sei ursprünglich als ein gemeinschaftliches Wirtschaftssubjekt zwischen dem zuständigen Wohnbezirksausschuss der Nationalen Front (WBA) und der Rechtsvorgängerin der Klägerin als damaliger sozialistischer Genossenschaft gebildet worden, verkennt sie die Rechtsnatur des Vertrages über die Bildung der Garagengemeinschaft "S. W.".
24
b) Nach § 266 ZGB-DDR konnten sich Bürger zur Verbesserung ihrer Arbeits- und Lebensbedingungen durch Vertrag zu einer Gemeinschaft zusammenschließen , um durch Arbeitsleistungen und materielle Mittel Einrichtungen und Anlagen für die kollektive und individuelle Nutzung zu schaffen und zu unterhalten. Gemeinschaften im Sinne dieser Bestimmung waren insbesondere die sog. Garagengemeinschaften (Ministerium der Justiz-DDR Komm. zum ZGB § 266 ZGB Anm. 1.; vgl. ausführlich dazu Horst GE 1996, 1262, 1276). In dieser Rechtsform wollten sich auch die Mitglieder der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1 organisieren. Bereits in § 1 des Vertrages wird ausdrücklich Bezug genommen auf die Bestimmungen des Zivilgesetzbuches der DDR über die Gemeinschaften von Bürgern (§§ 266-273 ZGB-DDR). Mitglieder der Garagengemeinschaft sollten allein die in der Anlage 1 zu dem Vertrag aufgeführten Personen werden. Auch in seinem weiteren Inhalt entspricht die Vereinbarung den Vorgaben, die § 267 Abs. 1 ZGB-DDR für einen Vertrag zur Bildung einer Gemeinschaft von Bürgern i. S. v. § 266 ZGB-DDR beinhaltete.
25
c) Die von der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1 gebildete Gemeinschaft von Bürgern gemäß § 266 ZGB-DDR ist indes nicht als Wirtschaftseinheit i. S. v. § 2 Abs. 1 VG-DDR zu qualifizieren. Zwar konnten nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 VG-DDR auch sozialistische Gemeinschaften und gemeinschaftliche Einrichtungen eine Wirtschaftseinheit sein, jedoch nur unter der Voraussetzung, dass sie Rechtsfähigkeit besaßen (vgl. Staatliches Vertragsgericht beim Ministerrat der DDR Kommentar zum Gesetz über das Vertragssystem in der sozialistischen Wirtschaft 2. Aufl. Vorbem. zu §§ 1- 5 Anm. 2.). Der Gemeinschaft nach § 266 ZGB-DDR wurde jedoch gerade keine Rechtsfähigkeit zuerkannt (vgl. Ministerium der Justiz-DDR Komm. zum ZGB § 266 ZGB Anm. 3.).
26
d) Die von der Beklagten zu 1 vorgelegten Unterlagen führen zu keiner anderen Beurteilung. Bei der Prüfung, ob die Vorschriften des Schuldrechtsan- passungsgesetzes im vorliegenden Fall Anwendung finden, ist zwischen dem Vertrag zur Errichtung der Garagengemeinschaft und dem anschließend von der Gemeinschaft abgeschlossenen Nutzungsvertrag zu unterscheiden. § 71 VG-DDR erfasste Nutzungsbeziehungen zwischen Wirtschaftseinheiten der sozialistischen Planwirtschaft (Göhring in Kiethe [Hrsg.] SchuldRAnpG § 2 Rn. 21). Einen Nutzungsvertrag im Sinne dieser Vorschrift konnte die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1 somit bereits deshalb nicht abschließen, weil sie keine Wirtschaftseinheit gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 7 VG-DDR bildete und daher schon nicht von dem personellen Anwendungsbereich des Vertragsgesetzes der DDR erfasst wurde. Der von der Beklagten zu 1 vorgelegte Prüfbericht und die weiteren Schreiben beziehen sich nur auf den Nutzungsvertrag und führen deshalb zu keiner anderen Beurteilung der Rechtsnatur der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1.
27
e) Das Berufungsgericht hat daher zu Recht angenommen, dass der Nutzungsvertrag mit dem Inkrafttreten des Schuldrechtsanpassungsgesetzes zum 1. Januar 1995 nach § 6 Abs. 1 SchuldRAnpG in einen Mietvertrag überführt worden ist. Dabei ist unerheblich, dass der zwischen den Rechtsvorgängern der Parteien abgeschlossene Nutzungsvertrag eine unentgeltliche Überlassung der Grundstücksfläche vorgesehen hatte. Denn § 6 Abs. 1 SchuldRAnpG findet auf sämtliche von § 1 Abs. 1 Nr. 1 SchuldRAnpG erfasste Grundstücksüberlassungsverträge Anwendung, unabhängig davon, ob für die Nutzung die Erbringung einer Gegenleistung vereinbart war (vgl. dazu auch MünchKommBGB/Kühnholz 4. Aufl. § 20 SchuldRAnpG Rn. 1). Wurde ein Grundstück zur Errichtung von Garagen überlassen, ist auf das Vertragsverhältnis regelmäßig Mietrecht anzuwenden (vgl. Horst GE 1996, 1262, 1273; Matthiessen in Kiethe [Hrsg.] SchuldRAnpG § 6 Rn. 15).
28
2. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, dass das Recht der Klägerin zur Kündigung des Vertrages nicht durch den Abschluss einer Individualvereinbarung ausgeschlossen wurde.
29
a) Zwar bleiben nach § 6 Abs. 2 Satz 1 und 2 SchuldRAnpG Vereinbarungen , die die Beteiligten bis zum Ablauf des 2. Oktober 1990 getroffen haben, von den jeweiligen Bestimmungen des Schuldrechtsanpassungsgesetzes unberührt , wenn sie vom Inhalt eines Vertrages vergleichbarer Art abweichen, nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung eines Beteiligten führen und wenn von ihnen anzunehmen ist, dass die Beteiligten sie auch getroffen hätten, wenn sie die durch den Beitritt bedingte Änderung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse vorausgesehen hätten. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass es sich um nichttypisierte Vereinbarungen handelt, die einen individuellen, von den gesetzlichen Vorgaben abweichenden Inhalt haben (Horst GE 1996, 1262, 1270). Abreden, die sich nur auf die Wiedergabe des Gesetzeswortlauts beschränken oder in den seinerzeit häufig verwendeten Musterverträgen vorgedruckt wiederzufinden waren, reichen nicht aus (Matthiessen in Kiethe [Hrsg.] SchuldRAnpG § 6 Rn. 43; vgl. auch MünchKommBGB/Kühnholz 4. Aufl. § 6 SchuldRAnpG Rn. 5). Denn mit § 6 Abs. 2 Satz 1 und 2 SchuldRAnpG beabsichtigte der Gesetzgeber, solche individuell vertraglichen Abreden zwischen Grundstückseigentümern und Nutzern aus der typisierten Übergangsregelung des Schuldrechtsanpassungsgesetzes auszunehmen, bei denen die Interessen der Beteiligten im Einzelfall angemessene Berücksichtigung gefunden haben und die Vereinbarung auch unter marktwirtschaftlichen Verhältnissen getroffen worden wäre (BGH Urteil vom 25. November 1999 - VIII ZR 380/96 - NZM 1999, 312, 316 f.; vgl. auch Begründung zum Regierungsentwurf des Schuldrechtsänderungsgesetzes - SchuldRÄndG, BT-Drucks. 12/7135 S. 40).
30
b) Eine solche Individualvereinbarung ergibt sich aus den Feststellungen des Berufungsgerichts indes nicht.
31
Im 2. Nachtrag zu der Vereinbarung vom 19. September 1979 haben die Rechtsvorgänger der Parteien unter der Ziff. 2 vereinbart, dass der Garagengemeinschaft die Grundstücksfläche zur unbefristeten und unentgeltlichen Nutzung überlassen wird. Entgegen der Auffassung der Revision kann hierin kein individualvertraglich vereinbarter Ausschluss des Rechts der Klägerin zur ordentlichen Kündigung des Nutzungsvertrages gesehen werden. Diese Vereinbarung entspricht inhaltlich bereits der in § 312 Abs. 2 Satz 2 ZGB-DDR vorgesehenen Regelung, wonach ein Vertrag zur Überlassung von land- und forstwirtschaftlich nicht genutzten Bodenflächen zu Zwecken der kleingärtnerischen Nutzung, Erholung und Freizeitgestaltung nur dann befristet abgeschlossen werden darf, wenn dafür gesellschaftlich gerechtfertigte Gründe vorliegen, die nach § 312 Abs. 2 Satz 3 ZGB-DDR im Vertrag anzugeben waren. Die unbefristete Überlassung von Grundstücksflächen war daher die Regel (vgl. Ministerium der Justiz-DDR Komm. zum ZGB § 312 ZGB Anm. 2). Hinzu kommt, dass eine ordentliche Kündigung des Grundstücksüberlassungsvertrages durch die Rechtsvorgängerin der Klägerin bereits aufgrund der Regelung des § 314 Abs. 4 Satz 3 ZGB-DDR nicht möglich war. Nach dieser Vorschrift konnte das Nutzungsverhältnis, wenn der Nutzungsberechtigte in Ausübung des Nutzungsrechts auf der Bodenfläche ein Wochenendhaus oder eine Garage errichtet hatte , gegen seinen Willen nur durch gerichtliche Entscheidung aufgehoben werden. Selbst wenn also, wie die Revision meint, die Rechtsvorgängerin der Klägerin mit der in dem 2. Nachtrag gewählten Formulierung einen Verzicht auf das Recht zur ordentlichen Kündigung hätte zum Ausdruck bringen wollen, wäre dies keine von der vertragstypischen Regelung abweichende Individualvereinbarung gewesen, weil der Rechtsvorgängerin der Klägerin schon nach der gesetzlichen Regelung kein ordentliches Kündigungsrecht zugestanden hat.
Damit läge, das Vorbringen der Revision hierzu unterstellt, keine individuell ausgehandelte Vertragsbestimmung mit einem von den gesetzlichen Vorgaben abweichenden Inhalt vor, die nach § 6 Abs. 2 Satz 1 und 2 SchuldRAnpG fortbestehen würde. Deshalb war das Berufungsgericht auch nicht gehalten, den Zeugen N. zum Inhalt der Vereinbarung zu vernehmen.
32
3. Der Nutzungsvertrag wurde von der Klägerin wirksam gemäß § 580 a Abs. 1 Nr. 3 BGB i. V. m. § 6 Abs. 1 SchuldRAnpG gekündigt. Das Berufungsgericht hat jedenfalls im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die Kündigungserklärung der Beklagten wirksam zugegangen ist.
33
a) Auf die vormals als Gemeinschaft von Bürgern i. S. v. § 266 ZGB-DDR gegründete Garagengemeinschaft sind gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 SchuldRAnpG die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Gesellschaft bürgerlichen Rechts anzuwenden. Da die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1 durch den Bau und die Unterhaltung der auf der Grundstücksfläche errichteten Garagenanlage am allgemeinen Rechtsverkehr teilgenommen hat, ist sie seit dem Inkrafttreten des Schuldrechtsanpassungsgesetzes als eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu qualifizieren, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Rechtsfähigkeit besitzt, soweit sie - wie hier - durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet (BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056 ff.). Partei des ursprünglich mit der Rechtsvorgängerin der Klägerin geschlossenen Nutzungsvertrags ist daher nach der Schuldrechtsanpassung allein die Beklagte zu 1, so dass ihr gegenüber die Kündigung des Nutzungsvertrages zu erklären war.
34
b) Entgegen der Auffassung der Revision muss jedoch die Kündigungserklärung eines mit einer Außen-GbR abgeschlossenen Mietvertrags nicht allen Gesellschaftern zugehen. Lässt sich aus der Kündigungserklärung entnehmen, dass das Mietverhältnis mit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts gekündigt werden soll, genügt es, wenn die Kündigung einem vertretungsberechtigten Gesellschafter zugeht (§ 164 Abs. 3 BGB; vgl. Schmidt-Futterer/Blank Mietrecht 10. Aufl. § 542 BGB Rn. 27; Rolfs in Emmerich/Sonnenschein Miete 10. Aufl. § 542 BGB Rn. 11; Blank in Blank/Börstinghaus Miete 3. Aufl. § 542 Rn. 26; Oprée in Lindner-Figura/Oprée/Stellmann Geschäftsraummiete 2. Aufl. Kap. 15 Rn. 70; Kandelhard in Herrlein/Kandelhard [Hrsg.] Mietrecht 4. Aufl. § 542 BGB Rn. 24; Palandt/Weidenkaff BGB 70. Aufl. § 542 Rn. 18). Das gilt auch dann, wenn den Gesellschaftern gemäß §§ 709 Abs. 1, 714 BGB die Vertretungsbefugnis gemeinschaftlich zusteht (Staudinger/Habermeier [2003] § 714 BGB Rn. 11; Prütting/Wegen/Weinreich/von Ditfurth BGB 6. Aufl. § 714 Rn. 4; Palandt /Sprau BGB 70. Aufl. § 714 Rn. 4; Staudinger/Rolfs [2010] § 542 BGB Rn. 38;Erman/Lützenkirchen BGB 13. Aufl. § 542 Rn. 15). Aus den § 125 Abs. 2 Satz 3 HGB, § 78 Abs. 2 Satz 2 AktG, § 35 Abs. 2 Satz 3 GmbHG, § 25 Abs. 1 Satz 3 GenG und §§ 26 Abs. 2, 1629 Abs. 1 Satz 2 BGB wird zu Recht der allgemeine Rechtsgrundsatz abgeleitet, dass einer Personenmehrheit eine Willenserklärung durch Abgabe gegenüber einem der Gesamtvertreter zugeht (BGH Urteil vom 17. September 2001 - II ZR 378/99 - ZIP 2001, 2227 mwN; MünchKommBGB/Schramm 5. Aufl. § 164 BGB Rn. 87; Palandt/Ellenberger BGB 70. Aufl. § 167 Rn. 14).
35
c) Auf dieser rechtlichen Grundlage ist von einem wirksamen Zugang der Kündigungserklärung auszugehen.
36
(1) Aus dem an die ihr bekannten Gesellschafter der Beklagten zu 1 gerichteten Kündigungsschreiben ergibt sich, dass die Klägerin den mit der Garagengemeinschaft abgeschlossenen Nutzungsvertrag vom 19. September 1979 kündigen wollte und sich die Kündigung nicht nur auf die Vertragsbeziehung mit einzelnen Gesellschaftern beziehen sollte. Insbesondere weist die Klägerin in den gleichlautenden Kündigungsschreiben die Gesellschafter der Beklagten zu 1 auf deren gesamtschuldnerische Haftung für die Räumungs- und Herausgabeverpflichtung als Mitglieder der Garagengemeinschaft hin. Aus der maßgeblichen Sicht der Erklärungsempfänger (§ 133 BGB) war daher diesen Schreiben klar zu entnehmen, dass die Klägerin den Nutzungsvertrag mit der Gesellschaft kündigen wollte.
37
(2) Da die Kündigungserklärung nach den Feststellungen des Berufungsgerichts , die von der Revision nicht angegriffen werden, jedenfalls auch den Gesellschaftern P. und K. (den ehemaligen Beklagten zu 5. und 6.) zugestellt worden ist und diese zu ständigen Vertretern der Garagengemeinschaft bestellt worden waren (vgl. Anlage 2 zum Vertrag über die Bildung der Garagengemeinschaft S. W. ), ist jedenfalls ein wirksamer Zugang bei einem vertretungsberechtigten Gesellschafter der Beklagten zu 1 erfolgt. Ob darüber hinaus an andere Gesellschafter der Beklagten zu 1 eine wirksame Zustellung erfolgte, kann daher ebenso dahingestellt bleiben wie die Frage, ob das Amtsgericht das Vorbringen der Beklagten zu 1, die Kündigungserklärung sei nicht allen Gesellschaftern wirksam zugegangen, zu Recht gemäß § 296 a ZPO als verspätet zurückgewiesen hat.
38
4. Schließlich hat das Berufungsgericht auch zu Recht ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten zu 1 verneint.
39
Unabhängig von der von der Revision angesprochenen Frage, wann der Entschädigungsanspruch nach § 12 SchuldRAnpG entsteht (vgl. dazu AG Strausberg VIZ 2001, 448), scheitert ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten zu 1 wegen eines möglichen Entschädigungsanspruchs für die von ihren Gesellschaftern errichteten Garagen jedenfalls an den §§ 578 Abs. 1, 570 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1 SchuldRAnpG. Nach diesen Vorschriften kann der Mieter ge- genüber dem Rückgabeanspruch des Vermieters ein Zurückbehaltungsrecht nicht geltend machen. Dieser Ausschluss erstreckt sich auch auf gesetzliche Ansprüche, die neben dem Anspruch auf Rückgabe gemäß § 546 BGB bestehen (Schmidt-Futterer/Streyl Mietrecht 10. Aufl. § 570 BGB Rn. 5 mwN). Hahne Klinkhammer Schilling Günter Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
AG Frankfurt (Oder), Entscheidung vom 09.05.2008 - 2.2 C 4/08 -
LG Frankfurt (Oder), Entscheidung vom 21.04.2009 - 6a S 65/08 -

(1) Nutzer im Sinne dieses Gesetzes sind natürliche oder juristische Personen des privaten oder öffentlichen Rechts, die aufgrund eines Überlassungs-, Miet-, Pacht- oder sonstigen Vertrages zur Nutzung eines Grundstücks berechtigt sind.

(2) Ist der Vertrag mit einer Personengemeinschaft nach den §§ 266 bis 273 des Zivilgesetzbuchs der Deutschen Demokratischen Republik geschlossen worden, sind deren Mitglieder gemeinschaftlich Nutzer. Soweit die Nutzer nichts anderes vereinbart haben, sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Gesellschaft anzuwenden.

(1) Der Mieter ist verpflichtet, die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben.

(2) Hat der Mieter den Gebrauch der Mietsache einem Dritten überlassen, so kann der Vermieter die Sache nach Beendigung des Mietverhältnisses auch von dem Dritten zurückfordern.

Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.

(1) Auf die in § 1 Abs. 1 bezeichneten Verträge sind die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs über den Miet- oder den Pachtvertrag anzuwenden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.

(2) Vereinbarungen, die die Beteiligten (Grundstückseigentümer und Nutzer) nach Ablauf des 2. Oktober 1990 getroffen haben, bleiben von den Bestimmungen dieses Gesetzes unberührt. Dies gilt unabhängig von ihrer Vereinbarkeit mit Rechtsvorschriften der Deutschen Demokratischen Republik auch für bis zu diesem Zeitpunkt getroffene Abreden, die vom Inhalt eines Vertrages vergleichbarer Art abweichen, nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung eines Beteiligten führen und von denen anzunehmen ist, daß die Beteiligten sie auch getroffen hätten, wenn sie die durch den Beitritt bedingte Änderung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse vorausgesehen hätten.

(3) In einem Überlassungsvertrag getroffene Abreden bleiben nur wirksam, soweit es in diesem Gesetz bestimmt ist.

(1) Dieses Gesetz regelt Rechtsverhältnisse an Grundstücken in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (Beitrittsgebiet), die aufgrund

1.
eines Vertrages zum Zwecke der kleingärtnerischen Nutzung, Erholung oder Freizeitgestaltung oder zur Errichtung von Garagen oder anderen persönlichen, jedoch nicht Wohnzwecken dienenden Bauwerken überlassen,
2.
eines Überlassungsvertrages im Sinne des Artikels 232 § 1a des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche zu Wohnzwecken oder zu gewerblichen Zwecken übergeben oder
3.
eines Miet-, Pacht- oder sonstigen Nutzungsvertrages von einem anderen als dem Grundstückseigentümer bis zum Ablauf des 2. Oktober 1990 mit Billigung staatlicher Stellen mit einem Wohn- oder gewerblichen Zwecken dienenden Bauwerk bebaut
worden sind.

(2) Wurde das Grundstück einem anderen als dem unmittelbar Nutzungsberechtigten (Zwischenpächter) zum Zwecke der vertraglichen Überlassung an Dritte übergeben, sind die Bestimmungen dieses Gesetzes auch auf diesen Vertrag anzuwenden.

(1) Die Bestimmungen dieses Gesetzes sind nicht auf Rechtsverhältnisse anzuwenden, deren Bereinigung im Sachenrechtsbereinigungsgesetz vorgesehen ist. Dies gilt insbesondere für

1.
Nutzungsverträge nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 3, wenn die in § 5 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchstabe d und e des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes bezeichneten Voraussetzungen des Eigenheimbaus vorliegen,
2.
Überlassungsverträge nach § 1 Abs. 1 Nr. 2, wenn der Nutzer mit Billigung staatlicher Stellen ein Eigenheim errichtet oder bauliche Investitionen nach § 12 Abs. 2 des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes in ein vorhandenes Gebäude vorgenommen hat, und
3.
Miet-, Pacht- oder sonstige Nutzungsverträge nach § 1 Abs. 1 Nr. 3, wenn der Nutzer für seinen Handwerks- oder Gewerbebetrieb auf einem ehemals volkseigenen Grundstück einen Neubau errichtet oder eine bauliche Maßnahme nach § 12 Abs. 1 des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes vorgenommen hat.

(2) Dieses Gesetz gilt ferner nicht für die in § 71 des Vertragsgesetzes der Deutschen Demokratischen Republik bezeichneten Verträge.

(3) Für Nutzungsverhältnisse innerhalb von Kleingartenanlagen bleibt die Anwendung des Bundeskleingartengesetzes vom 28. Februar 1983 (BGBl. I S. 210), zuletzt geändert durch Artikel 5 des Schuldrechtsänderungsgesetzes vom 21. September 1994 (BGBl. I S. 2538), unberührt. Ist das Grundstück nach Ablauf des 2. Oktober 1990 in eine Kleingartenanlage eingegliedert worden, sind vom Zeitpunkt der Eingliederung an die Bestimmungen des Bundeskleingartengesetzes anzuwenden.

(1) Auf die in § 1 Abs. 1 bezeichneten Verträge sind die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs über den Miet- oder den Pachtvertrag anzuwenden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.

(2) Vereinbarungen, die die Beteiligten (Grundstückseigentümer und Nutzer) nach Ablauf des 2. Oktober 1990 getroffen haben, bleiben von den Bestimmungen dieses Gesetzes unberührt. Dies gilt unabhängig von ihrer Vereinbarkeit mit Rechtsvorschriften der Deutschen Demokratischen Republik auch für bis zu diesem Zeitpunkt getroffene Abreden, die vom Inhalt eines Vertrages vergleichbarer Art abweichen, nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung eines Beteiligten führen und von denen anzunehmen ist, daß die Beteiligten sie auch getroffen hätten, wenn sie die durch den Beitritt bedingte Änderung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse vorausgesehen hätten.

(3) In einem Überlassungsvertrag getroffene Abreden bleiben nur wirksam, soweit es in diesem Gesetz bestimmt ist.

(1) Der Grundstückseigentümer kann den Vertrag bis zum Ablauf des 31. Dezember 1999 nicht kündigen.

(2) Vom 1. Januar 2000 an kann der Grundstückseigentümer den Vertrag nur kündigen, wenn er das Grundstück

1.
zur Errichtung eines Ein- oder Zweifamilienhauses als Wohnung für sich, die zu seinem Hausstand gehörenden Personen oder seine Familienangehörigen benötigt und der Ausschluß des Kündigungsrechts dem Grundstückseigentümer angesichts seines Wohnbedarfs und seiner sonstigen berechtigten Interessen auch unter Würdigung der Interessen des Nutzers nicht zugemutet werden kann oder
2.
alsbald der im Bebauungsplan festgesetzten anderen Nutzung zuführen oder alsbald für diese Nutzung vorbereiten will.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 ist die Kündigung auch vor Rechtsverbindlichkeit des Bebauungsplans zulässig, wenn die Gemeinde seine Aufstellung, Änderung oder Ergänzung beschlossen hat, nach dem Stand der Planungsarbeiten anzunehmen ist, daß die beabsichtigte andere Nutzung festgesetzt wird, und dringende Gründe des öffentlichen Interesses die Vorbereitung oder die Verwirklichung der anderen Nutzung vor Rechtsverbindlichkeit des Bebauungsplans erfordern.

(3) Vom 1. Januar 2005 an kann der Grundstückseigentümer den Vertrag auch dann kündigen, wenn er das Grundstück

1.
zur Errichtung eines Ein- oder Zweifamilienhauses als Wohnung für sich, die zu seinem Hausstand gehörenden Personen oder seine Familienangehörigen benötigt oder
2.
selbst zu kleingärtnerischen Zwecken, zur Erholung oder Freizeitgestaltung benötigt und der Ausschluß des Kündigungsrechts dem Grundstückseigentümer angesichts seines Erholungsbedarfs und seiner sonstigen berechtigten Interessen auch unter Berücksichtigung der Interessen des Nutzers nicht zugemutet werden kann.

(4) Vom 4. Oktober 2015 an kann der Grundstückseigentümer den Vertrag nach Maßgabe der allgemeinen Bestimmungen kündigen.

(5) Hatte der Nutzer am 3. Oktober 1990 das 60. Lebensjahr vollendet, ist eine Kündigung durch den Grundstückseigentümer zu Lebzeiten dieses Nutzers nicht zulässig.

(6) Für Verträge im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 über Grundstücke, die der Nutzer nicht bis zum Ablauf des 16. Juni 1994 bebaut hat, gilt der besondere Kündigungsschutz nach den Absätzen 1 und 2 nur bis zum 31. Dezember 2002, für Nutzungsverträge über Garagengrundstücke nur bis zum 31. Dezember 1999. Absatz 5 ist nicht anzuwenden. Diese Verträge kann der Grundstückseigentümer auch dann kündigen, wenn er das Grundstück einem besonderen Investitionszweck im Sinne des § 3 Abs. 1 des Investitionsvorranggesetzes zuführen will.

(7) Handelt es sich um ein Grundstück oder den Teil eines Grundstücks, das aufgrund eines Vertrages zur Errichtung von Garagen überlassen wurde, kann der Grundstückseigentümer abweichend von den Absätzen 1 bis 6 den Vertrag auch kündigen, wenn

1.
er als Wohnungsunternehmen gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 1 und § 5 Abs. 1 des Altschuldenhilfe-Gesetzes auf dem Grundstück gelegene Wohnungen an deren Mieter veräußern will und
2.
der Nutzer der Garage nicht Mieter einer auf dem Grundstück gelegenen Wohnung ist.
Der Nutzer kann der Kündigung widersprechen und die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses verlangen, wenn dessen Beendigung für ihn eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Grundstückseigentümers nicht zu rechtfertigen ist.

(1) Auf die in § 1 Abs. 1 bezeichneten Verträge sind die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs über den Miet- oder den Pachtvertrag anzuwenden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.

(2) Vereinbarungen, die die Beteiligten (Grundstückseigentümer und Nutzer) nach Ablauf des 2. Oktober 1990 getroffen haben, bleiben von den Bestimmungen dieses Gesetzes unberührt. Dies gilt unabhängig von ihrer Vereinbarkeit mit Rechtsvorschriften der Deutschen Demokratischen Republik auch für bis zu diesem Zeitpunkt getroffene Abreden, die vom Inhalt eines Vertrages vergleichbarer Art abweichen, nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung eines Beteiligten führen und von denen anzunehmen ist, daß die Beteiligten sie auch getroffen hätten, wenn sie die durch den Beitritt bedingte Änderung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse vorausgesehen hätten.

(3) In einem Überlassungsvertrag getroffene Abreden bleiben nur wirksam, soweit es in diesem Gesetz bestimmt ist.

Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.

(1) Dieses Gesetz regelt Rechtsverhältnisse an Grundstücken in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (Beitrittsgebiet), die aufgrund

1.
eines Vertrages zum Zwecke der kleingärtnerischen Nutzung, Erholung oder Freizeitgestaltung oder zur Errichtung von Garagen oder anderen persönlichen, jedoch nicht Wohnzwecken dienenden Bauwerken überlassen,
2.
eines Überlassungsvertrages im Sinne des Artikels 232 § 1a des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche zu Wohnzwecken oder zu gewerblichen Zwecken übergeben oder
3.
eines Miet-, Pacht- oder sonstigen Nutzungsvertrages von einem anderen als dem Grundstückseigentümer bis zum Ablauf des 2. Oktober 1990 mit Billigung staatlicher Stellen mit einem Wohn- oder gewerblichen Zwecken dienenden Bauwerk bebaut
worden sind.

(2) Wurde das Grundstück einem anderen als dem unmittelbar Nutzungsberechtigten (Zwischenpächter) zum Zwecke der vertraglichen Überlassung an Dritte übergeben, sind die Bestimmungen dieses Gesetzes auch auf diesen Vertrag anzuwenden.

(1) Die Bestimmungen dieses Gesetzes sind nicht auf Rechtsverhältnisse anzuwenden, deren Bereinigung im Sachenrechtsbereinigungsgesetz vorgesehen ist. Dies gilt insbesondere für

1.
Nutzungsverträge nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 3, wenn die in § 5 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchstabe d und e des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes bezeichneten Voraussetzungen des Eigenheimbaus vorliegen,
2.
Überlassungsverträge nach § 1 Abs. 1 Nr. 2, wenn der Nutzer mit Billigung staatlicher Stellen ein Eigenheim errichtet oder bauliche Investitionen nach § 12 Abs. 2 des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes in ein vorhandenes Gebäude vorgenommen hat, und
3.
Miet-, Pacht- oder sonstige Nutzungsverträge nach § 1 Abs. 1 Nr. 3, wenn der Nutzer für seinen Handwerks- oder Gewerbebetrieb auf einem ehemals volkseigenen Grundstück einen Neubau errichtet oder eine bauliche Maßnahme nach § 12 Abs. 1 des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes vorgenommen hat.

(2) Dieses Gesetz gilt ferner nicht für die in § 71 des Vertragsgesetzes der Deutschen Demokratischen Republik bezeichneten Verträge.

(3) Für Nutzungsverhältnisse innerhalb von Kleingartenanlagen bleibt die Anwendung des Bundeskleingartengesetzes vom 28. Februar 1983 (BGBl. I S. 210), zuletzt geändert durch Artikel 5 des Schuldrechtsänderungsgesetzes vom 21. September 1994 (BGBl. I S. 2538), unberührt. Ist das Grundstück nach Ablauf des 2. Oktober 1990 in eine Kleingartenanlage eingegliedert worden, sind vom Zeitpunkt der Eingliederung an die Bestimmungen des Bundeskleingartengesetzes anzuwenden.

(1) Auf die in § 1 Abs. 1 bezeichneten Verträge sind die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs über den Miet- oder den Pachtvertrag anzuwenden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.

(2) Vereinbarungen, die die Beteiligten (Grundstückseigentümer und Nutzer) nach Ablauf des 2. Oktober 1990 getroffen haben, bleiben von den Bestimmungen dieses Gesetzes unberührt. Dies gilt unabhängig von ihrer Vereinbarkeit mit Rechtsvorschriften der Deutschen Demokratischen Republik auch für bis zu diesem Zeitpunkt getroffene Abreden, die vom Inhalt eines Vertrages vergleichbarer Art abweichen, nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung eines Beteiligten führen und von denen anzunehmen ist, daß die Beteiligten sie auch getroffen hätten, wenn sie die durch den Beitritt bedingte Änderung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse vorausgesehen hätten.

(3) In einem Überlassungsvertrag getroffene Abreden bleiben nur wirksam, soweit es in diesem Gesetz bestimmt ist.

(1) Dieses Gesetz regelt Rechtsverhältnisse an Grundstücken in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (Beitrittsgebiet), die aufgrund

1.
eines Vertrages zum Zwecke der kleingärtnerischen Nutzung, Erholung oder Freizeitgestaltung oder zur Errichtung von Garagen oder anderen persönlichen, jedoch nicht Wohnzwecken dienenden Bauwerken überlassen,
2.
eines Überlassungsvertrages im Sinne des Artikels 232 § 1a des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche zu Wohnzwecken oder zu gewerblichen Zwecken übergeben oder
3.
eines Miet-, Pacht- oder sonstigen Nutzungsvertrages von einem anderen als dem Grundstückseigentümer bis zum Ablauf des 2. Oktober 1990 mit Billigung staatlicher Stellen mit einem Wohn- oder gewerblichen Zwecken dienenden Bauwerk bebaut
worden sind.

(2) Wurde das Grundstück einem anderen als dem unmittelbar Nutzungsberechtigten (Zwischenpächter) zum Zwecke der vertraglichen Überlassung an Dritte übergeben, sind die Bestimmungen dieses Gesetzes auch auf diesen Vertrag anzuwenden.

(1) Auf die in § 1 Abs. 1 bezeichneten Verträge sind die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs über den Miet- oder den Pachtvertrag anzuwenden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.

(2) Vereinbarungen, die die Beteiligten (Grundstückseigentümer und Nutzer) nach Ablauf des 2. Oktober 1990 getroffen haben, bleiben von den Bestimmungen dieses Gesetzes unberührt. Dies gilt unabhängig von ihrer Vereinbarkeit mit Rechtsvorschriften der Deutschen Demokratischen Republik auch für bis zu diesem Zeitpunkt getroffene Abreden, die vom Inhalt eines Vertrages vergleichbarer Art abweichen, nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung eines Beteiligten führen und von denen anzunehmen ist, daß die Beteiligten sie auch getroffen hätten, wenn sie die durch den Beitritt bedingte Änderung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse vorausgesehen hätten.

(3) In einem Überlassungsvertrag getroffene Abreden bleiben nur wirksam, soweit es in diesem Gesetz bestimmt ist.

(1) Nutzer im Sinne dieses Gesetzes sind natürliche oder juristische Personen des privaten oder öffentlichen Rechts, die aufgrund eines Überlassungs-, Miet-, Pacht- oder sonstigen Vertrages zur Nutzung eines Grundstücks berechtigt sind.

(2) Ist der Vertrag mit einer Personengemeinschaft nach den §§ 266 bis 273 des Zivilgesetzbuchs der Deutschen Demokratischen Republik geschlossen worden, sind deren Mitglieder gemeinschaftlich Nutzer. Soweit die Nutzer nichts anderes vereinbart haben, sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Gesellschaft anzuwenden.

(1) Die Führung der Geschäfte der Gesellschaft steht den Gesellschaftern gemeinschaftlich zu; für jedes Geschäft ist die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich.

(2) Hat nach dem Gesellschaftsvertrag die Mehrheit der Stimmen zu entscheiden, so ist die Mehrheit im Zweifel nach der Zahl der Gesellschafter zu berechnen.

(1) Zur Vertretung der Gesellschaft ist jeder Gesellschafter ermächtigt, wenn er nicht durch den Gesellschaftsvertrag von der Vertretung ausgeschlossen ist.

(2) Im Gesellschaftsvertrage kann bestimmt werden, daß alle oder mehrere Gesellschafter nur in Gemeinschaft zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigt sein sollen (Gesamtvertretung). Die zur Gesamtvertretung berechtigten Gesellschafter können einzelne von ihnen zur Vornahme bestimmter Geschäfte oder bestimmter Arten von Geschäften ermächtigen. Ist der Gesellschaft gegenüber eine Willenserklärung abzugeben, so genügt die Abgabe gegenüber einem der zur Mitwirkung bei der Vertretung befugten Gesellschafter.

(3) Im Gesellschaftsvertrage kann bestimmt werden, daß die Gesellschafter, wenn nicht mehrere zusammen handeln, nur in Gemeinschaft mit einem Prokuristen zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigt sein sollen. Die Vorschriften des Absatzes 2 Satz 2 und 3 finden in diesem Falle entsprechende Anwendung.

(4) (aufgehoben)

(1) Der Vorstand vertritt die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich. Hat eine Gesellschaft keinen Vorstand (Führungslosigkeit), wird die Gesellschaft für den Fall, dass ihr gegenüber Willenserklärungen abgegeben oder Schriftstücke zugestellt werden, durch den Aufsichtsrat vertreten.

(2) Besteht der Vorstand aus mehreren Personen, so sind, wenn die Satzung nichts anderes bestimmt, sämtliche Vorstandsmitglieder nur gemeinschaftlich zur Vertretung der Gesellschaft befugt. Ist eine Willenserklärung gegenüber der Gesellschaft abzugeben, so genügt die Abgabe gegenüber einem Vorstandsmitglied oder im Fall des Absatzes 1 Satz 2 gegenüber einem Aufsichtsratsmitglied. An die Vertreter der Gesellschaft nach Absatz 1 können unter der im Handelsregister eingetragenen Geschäftsanschrift Willenserklärungen gegenüber der Gesellschaft abgegeben und Schriftstücke für die Gesellschaft zugestellt werden. Unabhängig hiervon können die Abgabe und die Zustellung auch unter der eingetragenen Anschrift der empfangsberechtigten Person nach § 39 Abs. 1 Satz 2 erfolgen.

(3) Die Satzung kann auch bestimmen, daß einzelne Vorstandsmitglieder allein oder in Gemeinschaft mit einem Prokuristen zur Vertretung der Gesellschaft befugt sind. Dasselbe kann der Aufsichtsrat bestimmen, wenn die Satzung ihn hierzu ermächtigt hat. Absatz 2 Satz 2 gilt in diesen Fällen sinngemäß.

(4) Zur Gesamtvertretung befugte Vorstandsmitglieder können einzelne von ihnen zur Vornahme bestimmter Geschäfte oder bestimmter Arten von Geschäften ermächtigen. Dies gilt sinngemäß, wenn ein einzelnes Vorstandsmitglied in Gemeinschaft mit einem Prokuristen zur Vertretung der Gesellschaft befugt ist.

(1) Die Gesellschaft wird durch die Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Hat eine Gesellschaft keinen Geschäftsführer (Führungslosigkeit), wird die Gesellschaft für den Fall, dass ihr gegenüber Willenserklärungen abgegeben oder Schriftstücke zugestellt werden, durch die Gesellschafter vertreten.

(2) Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, sind sie alle nur gemeinschaftlich zur Vertretung der Gesellschaft befugt, es sei denn, dass der Gesellschaftsvertrag etwas anderes bestimmt. Ist der Gesellschaft gegenüber eine Willenserklärung abzugeben, genügt die Abgabe gegenüber einem Vertreter der Gesellschaft nach Absatz 1. An die Vertreter der Gesellschaft nach Absatz 1 können unter der im Handelsregister eingetragenen Geschäftsanschrift Willenserklärungen abgegeben und Schriftstücke für die Gesellschaft zugestellt werden. Unabhängig hiervon können die Abgabe und die Zustellung auch unter der eingetragenen Anschrift der empfangsberechtigten Person nach § 10 Abs. 2 Satz 2 erfolgen.

(3) Befinden sich alle Geschäftsanteile der Gesellschaft in der Hand eines Gesellschafters oder daneben in der Hand der Gesellschaft und ist er zugleich deren alleiniger Geschäftsführer, so ist auf seine Rechtsgeschäfte mit der Gesellschaft § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden. Rechtsgeschäfte zwischen ihm und der von ihm vertretenen Gesellschaft sind, auch wenn er nicht alleiniger Geschäftsführer ist, unverzüglich nach ihrer Vornahme in eine Niederschrift aufzunehmen.

(1) Die Mitglieder des Vorstands sind nur gemeinschaftlich zur Vertretung der Genossenschaft befugt. Die Satzung kann Abweichendes bestimmen. Ist eine Willenserklärung gegenüber der Genossenschaft abzugeben, so genügt die Abgabe gegenüber einem Vorstandsmitglied oder im Fall des § 24 Abs. 1 Satz 2 gegenüber einem Aufsichtsratsmitglied.

(2) Die Satzung kann auch bestimmen, dass einzelne Vorstandsmitglieder allein oder in Gemeinschaft mit einem Prokuristen zur Vertretung der Genossenschaft befugt sind. Absatz 1 Satz 3 gilt in diesen Fällen sinngemäß.

(3) Zur Gesamtvertretung befugte Vorstandsmitglieder können einzelne von ihnen zur Vornahme bestimmter Geschäfte oder bestimmter Arten von Geschäften ermächtigen. Dies gilt sinngemäß, falls ein einzelnes Vorstandsmitglied in Gemeinschaft mit einem Prokuristen zur Vertretung der Genossenschaft befugt ist.

(4) (weggefallen)

(1) Der Verein muss einen Vorstand haben. Der Vorstand vertritt den Verein gerichtlich und außergerichtlich; er hat die Stellung eines gesetzlichen Vertreters. Der Umfang der Vertretungsmacht kann durch die Satzung mit Wirkung gegen Dritte beschränkt werden.

(2) Besteht der Vorstand aus mehreren Personen, so wird der Verein durch die Mehrheit der Vorstandsmitglieder vertreten. Ist eine Willenserklärung gegenüber einem Verein abzugeben, so genügt die Abgabe gegenüber einem Mitglied des Vorstands.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

(1) Der Grundstückseigentümer hat dem Nutzer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses eine Entschädigung für ein entsprechend den Rechtsvorschriften der Deutschen Demokratischen Republik errichtetes Bauwerk nach Maßgabe der folgenden Vorschriften zu leisten. Das Recht des Nutzers, für ein rechtswidrig errichtetes Bauwerk Ersatz nach Maßgabe der Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zu verlangen, bleibt unberührt.

(2) Endet das Vertragsverhältnis durch Kündigung des Grundstückseigentümers, ist die Entschädigung nach dem Zeitwert des Bauwerks im Zeitpunkt der Rückgabe des Grundstücks zu bemessen. Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn der Nutzer durch sein Verhalten Anlaß zu einer Kündigung aus wichtigem Grund gegeben hat oder das Vertragsverhältnis zu einem Zeitpunkt endet, in dem die Frist, in der der Grundstückseigentümer nur unter den in diesem Gesetz genannten besonderen Voraussetzungen zur Kündigung berechtigt ist (Kündigungsschutzfrist), seit mindestens sieben Jahren verstrichen ist.

(3) In anderen als den in Absatz 2 genannten Fällen kann der Nutzer eine Entschädigung verlangen, soweit der Verkehrswert des Grundstücks durch das Bauwerk im Zeitpunkt der Rückgabe erhöht ist.

(4) Der Nutzer ist zur Wegnahme des Bauwerks berechtigt. Er kann das Bauwerk vom Grundstück abtrennen und sich aneignen. § 258 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist anzuwenden.

(5) Ansprüche des Nutzers auf Wertersatz wegen anderer werterhöhender Maßnahmen nach den allgemeinen Vorschriften bleiben von den Bestimmungen dieses Gesetzes unberührt.

(1) Auf Mietverhältnisse über Grundstücke sind die Vorschriften der §§ 550, 554, 562 bis 562d, 566 bis 567b sowie 570 entsprechend anzuwenden.

(2) Auf Mietverhältnisse über Räume, die keine Wohnräume sind, sind die in Absatz 1 genannten Vorschriften sowie § 552 Abs. 1, § 555a Absatz 1 bis 3, §§ 555b, 555c Absatz 1 bis 4, § 555d Absatz 1 bis 6, § 555e Absatz 1 und 2, § 555f und § 569 Abs. 2 entsprechend anzuwenden. § 556c Absatz 1 und 2 sowie die auf Grund des § 556c Absatz 3 erlassene Rechtsverordnung sind entsprechend anzuwenden, abweichende Vereinbarungen sind zulässig. Sind die Räume zum Aufenthalt von Menschen bestimmt, so gilt außerdem § 569 Abs. 1 entsprechend.

(3) Auf Verträge über die Anmietung von Räumen durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder einen anerkannten privaten Träger der Wohlfahrtspflege, die geschlossen werden, um die Räume Personen mit dringendem Wohnungsbedarf zum Wohnen zu überlassen, sind die in den Absätzen 1 und 2 genannten Vorschriften sowie die §§ 557, 557a Absatz 1 bis 3 und 5, § 557b Absatz 1 bis 3 und 5, die §§ 558 bis 559d, 561, 568 Absatz 1, § 569 Absatz 3 bis 5, die §§ 573 bis 573d, 575, 575a Absatz 1, 3 und 4, die §§ 577 und 577a entsprechend anzuwenden. Solche Verträge können zusätzlich zu den in § 575 Absatz 1 Satz 1 genannten Gründen auch dann auf bestimmte Zeit geschlossen werden, wenn der Vermieter die Räume nach Ablauf der Mietzeit für ihm obliegende oder ihm übertragene öffentliche Aufgaben nutzen will.

(1) Auf die in § 1 Abs. 1 bezeichneten Verträge sind die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs über den Miet- oder den Pachtvertrag anzuwenden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.

(2) Vereinbarungen, die die Beteiligten (Grundstückseigentümer und Nutzer) nach Ablauf des 2. Oktober 1990 getroffen haben, bleiben von den Bestimmungen dieses Gesetzes unberührt. Dies gilt unabhängig von ihrer Vereinbarkeit mit Rechtsvorschriften der Deutschen Demokratischen Republik auch für bis zu diesem Zeitpunkt getroffene Abreden, die vom Inhalt eines Vertrages vergleichbarer Art abweichen, nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung eines Beteiligten führen und von denen anzunehmen ist, daß die Beteiligten sie auch getroffen hätten, wenn sie die durch den Beitritt bedingte Änderung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse vorausgesehen hätten.

(3) In einem Überlassungsvertrag getroffene Abreden bleiben nur wirksam, soweit es in diesem Gesetz bestimmt ist.

(1) Der Mieter ist verpflichtet, die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben.

(2) Hat der Mieter den Gebrauch der Mietsache einem Dritten überlassen, so kann der Vermieter die Sache nach Beendigung des Mietverhältnisses auch von dem Dritten zurückfordern.