Steuerrecht: Neue Rechtsprechung zum Ausbildungsende im Kindergeldrecht

bei uns veröffentlicht am06.03.2018

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Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

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Zusammenfassung des Autors

Für Eltern endet der Anspruch auf Kindergeld nicht bereits mit der Bekanntgabe des Ergebnisses einer Abschlussprüfung, sondern erst mit dem späteren Ablauf der gesetzlich festgelegten Ausbildungszeit – BSP Rechtsanwälte – Anwälte für Steuerrecht Berlin

Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) klargestellt. Im Streitfall hatte der Ausbildungsvertrag zur staatlich anerkannten Heilerziehungspflegerin eine Laufzeit vom 1.9.2012 bis zum 31.8.2015. Die Tochter bestand die Abschlussprüfung im Juli 2015; in diesem Monat wurden ihr die Prüfungsnoten mitgeteilt. Die Familienkasse hob die Festsetzung des Kindergelds ab August 2015 auf. Dabei verwies sie auf die Rechtsprechung des BFH, wonach eine Ausbildung spätestens mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses endet, sodass es nicht auf das Ende der Ausbildungszeit ankommt. Dieser Ansicht widersprachen jedoch das Finanzgericht Baden-Württemberg und auch der BFH.

In den bislang entschiedenen Fällen war die Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses der späteste in Betracht kommende Zeitpunkt des Ausbildungsverhältnisses. Hiervon unterscheidet sich der Streitfall, weil hier das Ausbildungsende durch eine eigene Rechtsvorschrift geregelt ist.

Nach § 2 Abs. 2 S. 1 der Heilerziehungspflegeverordnung des Landes Baden-Württemberg dauert die Fachschulausbildung zur Heilerziehungspflegerin drei Jahre. § 21 Abs. 2 des Berufsbildungsgesetzes, wonach eine Berufsausbildung vor Ablauf der Ausbildungszeit mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses endet, war nicht anzuwenden, da die Ausbildung an einer dem Landesrecht unterstehenden berufsbildenden Schule absolviert wurde. Damit endete die Berufsausbildung nicht im Juli 2015, sondern erst mit Ablauf des Folgemonats.

Der Bundesfinanzhof hat in seinem Urteil vom 14.09.2017 (III R 19/16) folgendes entschieden:

Eine Berufsausbildung endet nicht bereits mit der Bekanntgabe des Ergebnisses der Abschlussprüfung, sondern erst mit Ablauf der Ausbildungszeit, wenn diese durch Rechtsvorschrift festgelegt ist.

Tenor:

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 19. Oktober 2016 7 K 407/16 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Gründe

Der Kläger und Revisionsbeklagte bezog Kindergeld für seine im Jahr 1994 geborene Tochter S, die sich in einer Ausbildung zur staatlich anerkannten Heilerziehungspflegerin befand. Der Ausbildungsvertrag hatte eine Laufzeit vom 1. September 2012 bis zum 31. August 2015. S bestand die staatliche Abschlussprüfung im Juli 2015; noch im Juli 2015 wurden ihr die Prüfungsnoten mitgeteilt. Für den Monat August 2015, in dem S ebenso wie in den Vormonaten ihren Dienst nach Dienstplan zu verrichten hatte, erhielt sie noch die Ausbildungsvergütung. Ab September 2015 war sie berechtigt, die Bezeichnung "Staatlich anerkannte Heilerziehungspflegerin" zu führen.

Die Beklagte und Revisionsklägerin hob die Festsetzung des Kindergeldes ab August 2015 auf und forderte das für diesen Monat gezahlte Kindergeld zurück. Dagegen wandte sich der Kläger ohne Erfolg mit Einspruch.

Das Finanzgericht gab der anschließend erhobenen Klage statt, mit welcher der Kläger die Gewährung von Kindergeld für den Monat August 2015 begehrte. Es war der Ansicht, die Ausbildung habe erst Ende August 2015 geendet, da die Fachausbildung nach der einschlägigen landesrechtlichen Vorschrift drei Jahre dauere. Im August 2015 sei S noch nicht berechtigt gewesen, die Berufsbezeichnung zu führen.

Gegen das Urteil wendet sich die Familienkasse mit der Revision. Zur Begründung trägt sie vor, die Entscheidung des FG stehe in Widerspruch zur einschlägigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs. Hiernach sei auf die Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses abzustellen.

Die Familienkasse beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Die Revision ist unbegründet und wird daher zurückgewiesen. Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Berufsausbildung der S erst im August 2015 endete.

Nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes wird für ein volljähriges Kind, das noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und für einen Beruf ausgebildet wird, Kindergeld gewährt.

In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet. Der Vorbereitung dienen alle Maßnahmen, bei denen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen erworben werden, die als Grundlagen für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind.

Nach dem BFH-Urteil vom 24. Mai 2000 VI R 143/99  endet eine Berufsausbildung spätestens mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses, wenn die Ausbildung mit einer Prüfung abschließt. Allerdings war das FG zu Recht der Auffassung, dass der Rechtssatz in dieser Allgemeinheit nicht gilt, wenn das Prüfungsergebnis noch vor dem Monat des durch eine Rechtsvorschrift festgelegten Endes einer Berufsausbildung bekannt gegeben worden ist.

In dem Fall, über den der BFH im Urteil in BFHE 191, 557 [BFH 24.05.2000 - VI R 143/99], BStBl II 2000, 473 entschieden hat, war die Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses der späteste in Betracht kommende Zeitpunkt für den Ausbildungsabschluss. Es ging um die Frage, ob bereits der Abschluss einer Prüfung, die der Aufnahme einer Vollzeittätigkeit unmittelbar vorausging, als Ende einer Universitätsausbildung anzusehen war oder erst der Zeitpunkt der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses. Für den BFH war auschlaggebend, dass ein Kind, das noch vor Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses eine Vollzeittätigkeit aufnimmt, sich nicht mehr ernsthaft auf ein Berufsziel vorbereitet. In den Senatsurteilen in BFHE 224, 546, BStBl II 2010, 298 und vom 24. September 2009 III R 70/07  - jeweils Vorbereitung auf eine Wiederholungsprüfung - sowie in den Senatsbeschlüssen vom 28. Januar 2010 III B 165/09  und vom 26. April 2011 III B 191/10 wird der Rechtssatz, wonach eine Berufsausbildung spätestens mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses endet, wiedergegeben.

Jedoch unterscheidet sich der Streitfall in entscheidungserheblicher Weise von den Sachverhalten, die den vorstehend zitierten Urteilen und Beschlüssen zugrunde lagen. Es handelt sich hier um eine Berufsausbildung, die nicht mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses endet, sondern mit dem Ablauf der durch Rechtsvorschrift festgelegten Ausbildungszeit.

Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung des Sozialministeriums des Landes Baden-Württemberg über die Ausbildung und Prüfung an den Fachschulen für Sozialwesen der Fachrichtung Heilerziehungspflege —AprOHeilErzPfl BW— vom 13. Juli 2004 dauert die Fachschulausbildung zum Heilerziehungspfleger drei Jahre; sie endet mit einer staatlichen Prüfung. Letzteres bedeutet allerdings nicht, dass eine Berufsausbildung zum Heilerziehungspfleger vorzeitig endet, wenn das Prüfungsergebnis vor dem letzten Tag der Ausbildungszeit bekanntgegeben wird. Im Streitfall wurde S im August 2015, dem letzten Monat der Ausbildungszeit, noch ausgebildet. Dementsprechend war sie erst ab September 2015 berechtigt, die Berufsbezeichnung "Staatlich anerkannte Heilerziehungspflegerin" zu führen.

Die Vorschrift des § 21 Abs. 2 des Berufsbildungsgesetzes , die regelt, dass eine Berufsausbildung vor Ablauf der Ausbildungszeit mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses endet, ist bereits deshalb nicht einschlägig, weil es sich im Streitfall um eine dem Landesrecht unterstehende berufsbildende Schule handelt; das BBiG ist damit gemäß § 3 Abs. 1 BBiG nicht anwendbar.

Bei anderen Ausbildungen ist auch nach Verwaltungsansicht auf das gesetzlich festgelegte Ausbildungsende abzustellen und nicht auf eine vorherige Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses. So endet gemäß A 15.10 Abs. 7 der Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz, Stand 2017 die Berufsausbildung bei Ausbildungen nach dem Gesetz über die Berufe in der Krankenpflege vom 16. Juli 2003, nach dem Gesetz über die Berufe in der Altenpflege vom 25. August 2003 und nach dem Gesetz über den Beruf der Hebamme und des Entbindungspflegers vom 4. Juni 1985 nach drei Jahren. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb bei der landesrechtlich geregelten Ausbildung zum Heilerziehungspfleger nicht die durch Rechtsverordnung vorgesehene Dauer, sondern die vorherige Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses entscheidend sein sollte.

Die Berufsausbildung der S an der Fachschule begann im September 2012 und endete erst im August 2015. Für diesen Monat steht dem Kläger noch Kindergeld zu.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 1, § 135 Abs. 2 FGO.

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(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 143


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(1) Das Berufsausbildungsverhältnis endet mit dem Ablauf der Ausbildungsdauer. Im Falle der Stufenausbildung endet es mit Ablauf der letzten Stufe.

(2) Bestehen Auszubildende vor Ablauf der Ausbildungsdauer die Abschlussprüfung, so endet das Berufsausbildungsverhältnis mit Bekanntgabe des Ergebnisses durch den Prüfungsausschuss.

(3) Bestehen Auszubildende die Abschlussprüfung nicht, so verlängert sich das Berufsausbildungsverhältnis auf ihr Verlangen bis zur nächstmöglichen Wiederholungsprüfung, höchstens um ein Jahr.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 19. Oktober 2016  7 K 407/16 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) bezog Kindergeld für seine im Jahr 1994 geborene Tochter S, die sich in einer Ausbildung zur staatlich anerkannten Heilerziehungspflegerin befand. Der Ausbildungsvertrag hatte eine Laufzeit vom 1. September 2012 bis zum 31. August 2015. S bestand die staatliche Abschlussprüfung im Juli 2015; noch im Juli 2015 wurden ihr die Prüfungsnoten mitgeteilt. Für den Monat August 2015, in dem S ebenso wie in den Vormonaten ihren Dienst nach Dienstplan zu verrichten hatte, erhielt sie noch die Ausbildungsvergütung. Ab September 2015 war sie berechtigt, die Bezeichnung "Staatlich anerkannte Heilerziehungspflegerin" zu führen.

2

Die Beklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) hob die Festsetzung des Kindergeldes ab August 2015 auf und forderte das für diesen Monat gezahlte Kindergeld zurück. Dagegen wandte sich der Kläger ohne Erfolg mit Einspruch.

3

Das Finanzgericht (FG) gab der anschließend erhobenen Klage statt, mit welcher der Kläger die Gewährung von Kindergeld für den Monat August 2015 begehrte. Es war der Ansicht, die Ausbildung habe erst Ende August 2015 geendet, da die Fachausbildung nach der einschlägigen landesrechtlichen Vorschrift drei Jahre dauere. Im August 2015 sei S noch nicht berechtigt gewesen, die Berufsbezeichnung zu führen.

4

Gegen das Urteil wendet sich die Familienkasse mit der Revision. Zur Begründung trägt sie vor, die Entscheidung des FG stehe in Widerspruch zur einschlägigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH). Hiernach sei auf die Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses abzustellen.

5

Die Familienkasse beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Der Kläger beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

7

Die Revision ist unbegründet und wird daher zurückgewiesen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Berufsausbildung der S erst im August 2015 endete.

8

1. Nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG) wird für ein volljähriges Kind, das noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und für einen Beruf ausgebildet wird, Kindergeld gewährt.

9

2. In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet. Der Vorbereitung dienen alle Maßnahmen, bei denen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen erworben werden, die als Grundlagen für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind (BFH-Urteil vom 9. Juni 1999 VI R 50/98, BFHE 189, 98, BStBl II 1999, 706; Senatsurteile vom 2. April 2009 III R 85/08, BFHE 224, 546, BStBl II 2010, 298; vom 16. September 2015 III R 6/15, BFHE 251, 31, BStBl II 2016, 281, und vom 22. Februar 2017 III R 20/15, BFHE 257, 274, BStBl II 2017, 913).

10

3. Nach dem BFH-Urteil vom 24. Mai 2000 VI R 143/99 (BFHE 191, 557, BStBl II 2000, 473) endet eine Berufsausbildung spätestens mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses, wenn die Ausbildung mit einer Prüfung abschließt. Allerdings war das FG zu Recht der Auffassung, dass der Rechtssatz in dieser Allgemeinheit nicht gilt, wenn das Prüfungsergebnis noch vor dem Monat des durch eine Rechtsvorschrift festgelegten Endes einer Berufsausbildung bekannt gegeben worden ist.

11

a) In dem Fall, über den der BFH im Urteil in BFHE 191, 557, BStBl II 2000, 473 entschieden hat, war die Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses der späteste in Betracht kommende Zeitpunkt für den Ausbildungsabschluss. Es ging um die Frage, ob bereits der (erfolgreiche) Abschluss einer Prüfung, die der Aufnahme einer Vollzeittätigkeit unmittelbar vorausging, als Ende einer Universitätsausbildung anzusehen war oder erst der Zeitpunkt der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses. Für den BFH war ausschlaggebend, dass ein Kind, das noch vor Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses eine Vollzeittätigkeit aufnimmt, sich nicht mehr ernsthaft auf ein Berufsziel vorbereitet (ebenso BFH-Urteil vom 16. März 2004 VIII R 65/03, BFH/NV 2004, 1522). In den Senatsurteilen in BFHE 224, 546, BStBl II 2010, 298 und vom 24. September 2009 III R 70/07 (BFH/NV 2010, 617) – jeweils Vorbereitung auf eine Wiederholungsprüfung - sowie in den Senatsbeschlüssen vom 28. Januar 2010 III B 165/09 (BFH/NV 2010, 876 - vorgezogene Abschlussprüfung einer Technischen Zeichnerin) und vom 26. April 2011 III B 191/10 (BFH/NV 2011, 1139 - universitäre Prüfung nach Exmatrikulation) wird der Rechtssatz, wonach eine Berufsausbildung spätestens mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses endet, wiedergegeben.

12

b) Jedoch unterscheidet sich der Streitfall in entscheidungserheblicher Weise von den Sachverhalten, die den vorstehend zitierten Urteilen und Beschlüssen zugrunde lagen. Es handelt sich hier um eine Berufsausbildung, die nicht mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses endet, sondern mit dem Ablauf der durch Rechtsvorschrift festgelegten Ausbildungszeit.

13

aa) Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung des Sozialministeriums des Landes Baden-Württemberg über die Ausbildung und Prüfung an den Fachschulen für Sozialwesen der Fachrichtung Heilerziehungspflege (Heilerziehungspflegeverordnung) --AprOHeilErzPfl BW-- vom 13. Juli 2004 (Gesetzblatt für Baden-Württemberg 2004, 616) dauert die Fachschulausbildung zum Heilerziehungspfleger drei Jahre; sie endet mit einer staatlichen Prüfung. Letzteres bedeutet allerdings nicht, dass eine Berufsausbildung zum Heilerziehungspfleger vorzeitig endet, wenn das Prüfungsergebnis vor dem letzten Tag der Ausbildungszeit bekanntgegeben wird. Im Streitfall wurde S im August 2015, dem letzten Monat der Ausbildungszeit, noch ausgebildet. Dementsprechend war sie erst ab September 2015 berechtigt, die Berufsbezeichnung "Staatlich anerkannte Heilerziehungspflegerin" zu führen (§ 35 Abs. 2 APrOHeilErzPfl BW).

14

bb) Die Vorschrift des § 21 Abs. 2 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG), die regelt, dass eine Berufsausbildung vor Ablauf der Ausbildungszeit mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses endet, ist bereits deshalb nicht einschlägig, weil es sich im Streitfall um eine dem Landesrecht unterstehende berufsbildende Schule handelt; das BBiG ist damit gemäß § 3 Abs. 1 BBiG nicht anwendbar.

15

cc) Bei anderen Ausbildungen ist auch nach Verwaltungsansicht auf das gesetzlich festgelegte Ausbildungsende abzustellen und nicht auf eine vorherige Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses. So endet gemäß A 15.10 Abs. 7 der Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz, Stand 2017 (BStBl I 2017, 1006) die Berufsausbildung bei Ausbildungen nach dem Gesetz über die Berufe in der Krankenpflege (KrPflG) vom 16. Juli 2003 (BGBl I 2003, 1442), nach dem Gesetz über die Berufe in der Altenpflege (AltPflG) vom 25. August 2003 (BGBl I 2003, 1690) und nach dem Gesetz über den Beruf der Hebamme und des Entbindungspflegers (HebG) vom 4. Juni 1985 (BGBl I 1985, 902) nach drei Jahren (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 KrPflG, § 4 Abs. 1 Satz 1 AltPflG und § 6 Abs. 1 Satz 1 HebG). Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb bei der landesrechtlich geregelten Ausbildung zum Heilerziehungspfleger nicht die durch Rechtsverordnung vorgesehene Dauer, sondern die vorherige Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses entscheidend sein sollte.

16

4. Die Berufsausbildung der S an der Fachschule begann im September 2012 und endete erst im August 2015. Für diesen Monat steht dem Kläger noch Kindergeld zu.

17

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 1, § 135 Abs. 2 FGO.

Tenor

1) Der Bescheid der Beklagten vom 3. November 2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. Januar 2016 wird aufgehoben und Kindergeld für den Monat August 2015 festgesetzt.

2) Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

3) Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, hat der Kläger in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn der Kläger nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet hat, §§ 151 FGO i.V.m. 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

4) Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Aufhebung der Kindergeldfestsetzung für den Monat August 2015 sowie die Rückforderung des bereits ausgezahlten Kindergeldes i.H.v. 188 EUR.
Der Kläger beantragte für seine Tochter T, geboren am xx.xx. 1994, für deren 3-jährige Ausbildung zur staatlich anerkannten Heilerziehungspflegerin die Gewährung von Kindergeld. Ausweislich der sich in den Akten befindlichen Unterlagen begann der Schul- und Praxisvertrag zum 1. September 2012 und endete am 31. August 2015; in dem Vertrag war festgehalten, dass die Ausbildung den Schulgesetzen der Länder unterstehe und das Berufsbildungsgesetz (BBiG) auf die Ausbildung keine Anwendung finde (Bl. 1-3 der Sachakte). T bestand am 20. Juli 2015 die staatliche Abschlussprüfung (Bl. 4 der Sachakte). Gemäß Bestätigungen der Schule vom 24. Juli 2015 und vom 28. August 2015 beendete sie die Ausbildung am 31. August 2015 (Bl. 5 und 14 der Sachakte). Die Beklagte bewilligte zunächst antragsgemäß die Zahlung von Kindergeld. Nachdem sie jedoch Kenntnis über die bestandene Abschlussprüfung der Klägertochter erlangte, hob sie mit Bescheid vom 3. November 2015 die Kindergeldfestsetzung ab dem 1. August 2015 auf und forderte Kindergeld i.H.v. 188 EUR zurück (Bl. 6 der Sachakte).
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger form- und fristgerecht Einspruch ein. Die Ausbildung sei gemäß der Bestätigung der Schule erst am 31. August 2015 beendet worden. T habe ferner - gemäß einer dem Einspruch beigefügten Anlage (Bl. 8 der Sachakte) - im August 2015 noch eine Ausbildungsvergütung erhalten. Auch das Ausbildungszeugnis der A vom 31. August 2015 (Bl. 11 und 12 der Sachakte) bescheinige eine Ausbildung vom 1. September 2012 bis 31. August 2015. Der Kläger legte im Einspruchsverfahren ferner eine Urkunde des Landes Baden-Württemberg vom 21. September 2015 vor, nach der T mit Wirkung vom 1. September 2015 die Erlaubnis erteilt wurde, die Berufsbezeichnung „staatlich anerkannte Heilerziehungspflegerin“ zu führen (Bl. 15 der Sachakte).
Mit Einspruchsentscheidung vom 25. Januar 2016 wies die Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Eine Berücksichtigung des Kindes ende, wenn ein Ausbildungsstand erreicht sei, der das Kind zur Berufsausbildung nach dem angestrebten Berufsziel befähige. Werde die vorgeschriebene Abschlussprüfung vor Ablauf der vertragsmäßigen Ausbildungszeit bestanden, ende das Ausbildungsverhältnis bereits mit Bestehen der Abschlussprüfung. T habe die Prüfung am 20. Juli 2015 bestanden;  der erfolgreiche Abschluss sei ihr im Juli 2015 mitgeteilt worden. Die Bescheinigung der Fachschule bestätige dagegen lediglich das ursprüngliche, vertragsmäßige Ende der Berufsausbildung. Tatsächlich sei die Ausbildungszeit jedoch mit Ablauf des 31. Juli 2015 beendet worden, weshalb die Kindergeldfestsetzung mit Wirkung ab August 2015 aufgehoben worden sei.
Gegen diese Einspruchsentscheidung hat der Kläger Klage erhoben. Sowohl der Schul- und Praxisvertrag, die Bescheinigung der Schule als auch das Ausbildungszeugnis bestätigten ausdrücklich das Ende der Ausbildung zum 31. August 2015; dem entspreche auch die vorgelegte Bescheinigung über die bezahlte Ausbildungsvergütung für den Monat August 2015. T sei verpflichtet gewesen, ihre praktische Tätigkeit gegenüber der Praxisstelle der A bis zum Vertragsablauf zu erbringen. Zum Nachweis fügte sie einen Dienstplan der Tochter für den Monat August (Bl. 62 der Finanzgerichtsakte), eine Urlaubsübersicht (Bl. 63 der Finanzgerichtsakte) sowie eine Meldebescheinigung zur Sozialversicherung (Bl. 64 der Finanzgerichtsakte) bei; auch aus diesen Unterlagen ergebe sich klar und deutlich, dass das Ausbildungsverhältnis erst mit Ablauf des 31. August 2015 geendet habe. Vor diesem Hintergrund handle es sich um eine Abweichung der gesetzlichen Regelung des § 21 Abs. 2 BBiG; vorliegend sei zwischen den Vertragsparteien ein konkretes Beendigungsdatum verbindlich und wirksam vereinbart worden. Eine Ausbildung dauere so lange an, bis der oder die Auszubildende das Berufsziel erreicht habe. Nur dann, wenn das Berufsziel mit Bestehen der Prüfung erreicht sei, sei von einer Beendigung der Ausbildung auszugehen. Zielsetzung des § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 a des Einkommensteuergesetzes (EStG) sei, die kindbedingte Minderung der steuerlichen Leistungsfähigkeit der Eltern während der Ausbildung des Kindes zu berücksichtigen. Diese Voraussetzung sei im Monat August 2015 noch gegeben.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 3. November 2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. Januar 2016 aufzuheben und Kindergeld für den Monat August 2015 festzusetzen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt zur Begründung vor, dass das Ausbildungsverhältnis bereits mit Bestehen der Abschlussprüfung, spätestens jedoch mit Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses ende, und verweist auf die Regelung des § 21 Abs. 2 BBiG. Die Tatsache, dass das Ausbildungsverhältnis über den Zeitpunkt der Abschlussprüfung andauere, führe nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht zu einem Kindergeldanspruch. Es sei auch nicht entscheidungserheblich, dass die Tochter des Klägers für August 2015 noch eine Ausbildungsvergütung erhalten habe. Diese Sichtweise ergebe sich auch aus der „Dienstanweisung Kindergeld“ (DA-KG) des Bundeszentralamtes für Steuern, A 14.10. Eine Ausnahme nach dem dort genannten Abs. 7, wonach bei Berufsausbildungen nach dem Krankenpflegegesetz, dem Altenpflegegesetz und dem Hebammengesetz die gesetzlich vorgeschriebene Ausbildungsdauer auch dann zugrundezulegen sei, wenn die Abschlussprüfung tatsächlich früher abgelegt werde, liege nicht vor. Die Ausbildung der Tochter des Klägers falle nicht unter die explizit genannten Ausnahmetatbestände.
Wegen des übrigen Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der Sachakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
10 
Die Entscheidung ergeht ohne mündliche Verhandlung, da die Beteiligten hierauf übereinstimmend verzichtet haben (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
11 
Die zulässige Klage ist begründet.
12 
Gemäß § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 a EStG wird ein Kind, das das 18. Lebensjahr, jedoch noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat, berücksichtigt, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird. Berufsausbildung ist jede ernstlich betriebene Vorbereitung auf einen künftigen Beruf. Sie beginnt mit der tatsächlichen Aufnahme der ersten berufsspezifischen Bildungsmaßnahme und endet, wenn das Kind einen Ausbildungsstand erreicht hat, der es zur Berufsausübung nach dem angestrebten Berufsziel befähigt.
13 
Nach der (auch seitens der Beklagten zitierten) Rechtsprechung des BFH (BFH-Entscheidungen vom 24. Mai 2000 VI R 143/99, BStBl II 2000, 473; und vom 28. Januar 2010 III B 165/09, BFH/NV 2010, 876) ist das Berufsziel in der Regel mit Bekanntgabe der Prüfungsergebnisse erreicht. Im ersten entschiedenen Fall nahm das sich in einem Universitätsstudium befindliche Kind nach Ablegung der letzten Prüfungsleistung, aber noch vor Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses, eine Vollzeiterwerbstätigkeit auf. Der BFH wertete dies als Ende der Berufsausbildung, da zum einen das Kind dadurch bereits in den aufgrund der Ausbildung angestrebten Beruf eingetreten sei und zum anderen die Belastung der Eltern in Form eines erhöhten Unterhaltsbedarfs während der Ausbildungszeit durch die Vollzeiterwerbstätigkeit beendet gewesen wäre. Im zweiten Fall erhielt das Kind nach bestandener Abschlussprüfung keine Ausbildungsvergütung mehr, sondern wurde nach dem normalen Tarif bezahlt; die praktische Ausbildung war demzufolge mit der Abschlussprüfung beendet. Beide Fälle sind nach Auffassung des erkennenden Senats mit dem Streitfall jedoch nicht vergleichbar.
14 
Im vorliegenden Fall wurde der Schul- und Praxisvertrag für den Zeitraum vom 1. September 2012 bis 31. August 2015 geschlossen. Die Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin erfolgte gemäß dem Vertrag aufgrund § 3 Abs. 2 des Privatschulgesetzes Baden-Württemberg in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Januar 1990, geändert durch Gesetz vom 13. November 1995 in Verbindung mit der Verordnung der Landesregierung über die Fachschulen des Fachbereichs Sozialwesen der Fachrichtungen Jugend- und Heimerziehung, Heilerziehungspflege und Heilpädagogik vom 13. Juli 2004 (APrOJuHeErz). Nach § 2 Abs. 2 dieser Verordnung dauert die Fachschulausbildung 3 Jahre und endet mit einer staatlichen Prüfung; ein mögliches früheres Ende kann der Verordnung nicht entnommen werden. Gemäß der Bescheinigung der Fachschule sowie dem Ausbildungszeugnis der A endete die Ausbildung am 31. August 2015. Ausweislich der vorgelegten Unterlagen erhielt die Tochter des Klägers ferner für den Monat August 2015 genau wie in den Monaten zuvor eine Ausbildungsvergütung in gleicher Höhe. Sie war für diesen Monat als Auszubildende versichert und ausweislich einer Bestätigung der A, X, als Auszubildende bis 31. August 2015 dort beschäftigt; sie war laut Dienstplan für Früh-, Mittel-, Spät- und Wochenenddienste eingeplant und nahm an einzelnen Tagen Urlaub.  Sie war ferner gemäß der Bescheinigung des Regierungspräsidiums des Landes Baden-Württemberg erst ab dem 1. September 2015 befugt, die Berufsbezeichnung „staatlich anerkannte Heilerziehungspflegerin“ zu führen. Das Berufsbildungsgesetz, welches in § 21 Abs. 2 ein Ende der Ausbildung bereits mit Bekanntgabe des Ergebnisses durch den Prüfungsausschuss vorsieht, fand gemäß dem geschlossenen Ausbildungsvertrag ausdrücklich keine Anwendung. Anders als in den seitens des BFH entschiedenen Fällen war die Tochter des Klägers bis Ende August 2015 verpflichtet, ihrer Ausbildungsstelle - gegen Gewährung einer entsprechenden Ausbildungsvergütung - zur Verfügung zu stehen. Im Gegensatz zu den Fällen mit Universitätsstudium und anschließender Vollzeittätigkeit stand T im Monat August 2015 dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung; sie war zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht berechtigt, ihre Berufsbezeichnung zu führen; die Erlaubnis hierzu bestand ausweislich der Bestätigung des Regierungspräsidiums erst ab 1. September 2015. Soweit die Beklagte gemäß ihrer internen Dienstanweisung Ausnahmen von der vorzeitigen Beendigung der Ausbildungszeit durch Ablegen einer Prüfung nur für die Berufsausbildungen zum Gesundheits- und (Kinder-) Krankenpfleger nach dem Krankenpflegegesetz, zum Altenpfleger nach dem Altenpflegegesetz sowie zur Hebamme und zum Entbindungspfleger nach dem Hebammengesetz zulässt, ist für das Gericht nicht nachvollziehbar, weshalb (explizit nur) für diese Bereiche die gesetzlich vorgeschriebene Ausbildungsdauer auch dann maßgebend ist, wenn die Prüfung tatsächlich früher abgelegt wird, vorliegend jedoch trotz gleich gelagerten Sachverhalts eine Kindergeldfestsetzung bis zum Ende der (bereits gemäß Landesverordnung festgelegten) 3-jährigen Ausbildung verwehrt wird. Darüber hinaus weist der erkennende Senats darauf hin, dass auch der Sinn und Zweck der Festsetzung von Kindergeld, nämlich die kindbedingte Minderung der steuerlichen Leistungsfähigkeit der Eltern während der Ausbildungszeit des Kindes zu berücksichtigen, für den Monat August 2015 noch gegeben ist, da die Tochter des Klägers in diesem Monat (noch) nicht dem allgemeinen Arbeitsmarkt, sondern (zwingend) dem Ausbildungsbetrieb gegen Gewährung (lediglich) der Ausbildungsvergütung zur Verfügung stand.
15 
Nach alledem war der Klage stattzugeben.
16 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
17 
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 1, Abs. 3 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.
18 
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 1. Alt. FGO zugelassen. Der BFH hat in seiner Entscheidung vom 28. Januar 2010 III B 165/09, BFH/NV 2010, 876 ausdrücklich offengelassen, ob die Berufsausbildung trotz einer vorgezogenen Abschlussprüfung fortdauert, wenn die praktische Ausbildung bis zum Ende der vorgesehenen Ausbildungszeit fortgesetzt wird. Die im vorliegenden Fall relevante Fragestellung ist daher bislang höchstrichterlich nicht entschieden. Ferner weicht der erkennende Senat von der Entscheidung des Finanzgerichts Köln vom 16. Februar 2006 2 K 6686/03, EFG 2008, 142 ab, welches ein Ende der Ausbildung bereits mit Aushändigung des Abschlusszeugnisses annahm. Die Revision wurde durch das Gericht damals zugelassen; das Verfahren vor dem BFH wurde jedoch durch Erledigung der Hauptsache beendet.

Gründe

 
10 
Die Entscheidung ergeht ohne mündliche Verhandlung, da die Beteiligten hierauf übereinstimmend verzichtet haben (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
11 
Die zulässige Klage ist begründet.
12 
Gemäß § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 a EStG wird ein Kind, das das 18. Lebensjahr, jedoch noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat, berücksichtigt, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird. Berufsausbildung ist jede ernstlich betriebene Vorbereitung auf einen künftigen Beruf. Sie beginnt mit der tatsächlichen Aufnahme der ersten berufsspezifischen Bildungsmaßnahme und endet, wenn das Kind einen Ausbildungsstand erreicht hat, der es zur Berufsausübung nach dem angestrebten Berufsziel befähigt.
13 
Nach der (auch seitens der Beklagten zitierten) Rechtsprechung des BFH (BFH-Entscheidungen vom 24. Mai 2000 VI R 143/99, BStBl II 2000, 473; und vom 28. Januar 2010 III B 165/09, BFH/NV 2010, 876) ist das Berufsziel in der Regel mit Bekanntgabe der Prüfungsergebnisse erreicht. Im ersten entschiedenen Fall nahm das sich in einem Universitätsstudium befindliche Kind nach Ablegung der letzten Prüfungsleistung, aber noch vor Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses, eine Vollzeiterwerbstätigkeit auf. Der BFH wertete dies als Ende der Berufsausbildung, da zum einen das Kind dadurch bereits in den aufgrund der Ausbildung angestrebten Beruf eingetreten sei und zum anderen die Belastung der Eltern in Form eines erhöhten Unterhaltsbedarfs während der Ausbildungszeit durch die Vollzeiterwerbstätigkeit beendet gewesen wäre. Im zweiten Fall erhielt das Kind nach bestandener Abschlussprüfung keine Ausbildungsvergütung mehr, sondern wurde nach dem normalen Tarif bezahlt; die praktische Ausbildung war demzufolge mit der Abschlussprüfung beendet. Beide Fälle sind nach Auffassung des erkennenden Senats mit dem Streitfall jedoch nicht vergleichbar.
14 
Im vorliegenden Fall wurde der Schul- und Praxisvertrag für den Zeitraum vom 1. September 2012 bis 31. August 2015 geschlossen. Die Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin erfolgte gemäß dem Vertrag aufgrund § 3 Abs. 2 des Privatschulgesetzes Baden-Württemberg in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Januar 1990, geändert durch Gesetz vom 13. November 1995 in Verbindung mit der Verordnung der Landesregierung über die Fachschulen des Fachbereichs Sozialwesen der Fachrichtungen Jugend- und Heimerziehung, Heilerziehungspflege und Heilpädagogik vom 13. Juli 2004 (APrOJuHeErz). Nach § 2 Abs. 2 dieser Verordnung dauert die Fachschulausbildung 3 Jahre und endet mit einer staatlichen Prüfung; ein mögliches früheres Ende kann der Verordnung nicht entnommen werden. Gemäß der Bescheinigung der Fachschule sowie dem Ausbildungszeugnis der A endete die Ausbildung am 31. August 2015. Ausweislich der vorgelegten Unterlagen erhielt die Tochter des Klägers ferner für den Monat August 2015 genau wie in den Monaten zuvor eine Ausbildungsvergütung in gleicher Höhe. Sie war für diesen Monat als Auszubildende versichert und ausweislich einer Bestätigung der A, X, als Auszubildende bis 31. August 2015 dort beschäftigt; sie war laut Dienstplan für Früh-, Mittel-, Spät- und Wochenenddienste eingeplant und nahm an einzelnen Tagen Urlaub.  Sie war ferner gemäß der Bescheinigung des Regierungspräsidiums des Landes Baden-Württemberg erst ab dem 1. September 2015 befugt, die Berufsbezeichnung „staatlich anerkannte Heilerziehungspflegerin“ zu führen. Das Berufsbildungsgesetz, welches in § 21 Abs. 2 ein Ende der Ausbildung bereits mit Bekanntgabe des Ergebnisses durch den Prüfungsausschuss vorsieht, fand gemäß dem geschlossenen Ausbildungsvertrag ausdrücklich keine Anwendung. Anders als in den seitens des BFH entschiedenen Fällen war die Tochter des Klägers bis Ende August 2015 verpflichtet, ihrer Ausbildungsstelle - gegen Gewährung einer entsprechenden Ausbildungsvergütung - zur Verfügung zu stehen. Im Gegensatz zu den Fällen mit Universitätsstudium und anschließender Vollzeittätigkeit stand T im Monat August 2015 dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung; sie war zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht berechtigt, ihre Berufsbezeichnung zu führen; die Erlaubnis hierzu bestand ausweislich der Bestätigung des Regierungspräsidiums erst ab 1. September 2015. Soweit die Beklagte gemäß ihrer internen Dienstanweisung Ausnahmen von der vorzeitigen Beendigung der Ausbildungszeit durch Ablegen einer Prüfung nur für die Berufsausbildungen zum Gesundheits- und (Kinder-) Krankenpfleger nach dem Krankenpflegegesetz, zum Altenpfleger nach dem Altenpflegegesetz sowie zur Hebamme und zum Entbindungspfleger nach dem Hebammengesetz zulässt, ist für das Gericht nicht nachvollziehbar, weshalb (explizit nur) für diese Bereiche die gesetzlich vorgeschriebene Ausbildungsdauer auch dann maßgebend ist, wenn die Prüfung tatsächlich früher abgelegt wird, vorliegend jedoch trotz gleich gelagerten Sachverhalts eine Kindergeldfestsetzung bis zum Ende der (bereits gemäß Landesverordnung festgelegten) 3-jährigen Ausbildung verwehrt wird. Darüber hinaus weist der erkennende Senats darauf hin, dass auch der Sinn und Zweck der Festsetzung von Kindergeld, nämlich die kindbedingte Minderung der steuerlichen Leistungsfähigkeit der Eltern während der Ausbildungszeit des Kindes zu berücksichtigen, für den Monat August 2015 noch gegeben ist, da die Tochter des Klägers in diesem Monat (noch) nicht dem allgemeinen Arbeitsmarkt, sondern (zwingend) dem Ausbildungsbetrieb gegen Gewährung (lediglich) der Ausbildungsvergütung zur Verfügung stand.
15 
Nach alledem war der Klage stattzugeben.
16 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
17 
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 1, Abs. 3 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.
18 
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 1. Alt. FGO zugelassen. Der BFH hat in seiner Entscheidung vom 28. Januar 2010 III B 165/09, BFH/NV 2010, 876 ausdrücklich offengelassen, ob die Berufsausbildung trotz einer vorgezogenen Abschlussprüfung fortdauert, wenn die praktische Ausbildung bis zum Ende der vorgesehenen Ausbildungszeit fortgesetzt wird. Die im vorliegenden Fall relevante Fragestellung ist daher bislang höchstrichterlich nicht entschieden. Ferner weicht der erkennende Senat von der Entscheidung des Finanzgerichts Köln vom 16. Februar 2006 2 K 6686/03, EFG 2008, 142 ab, welches ein Ende der Ausbildung bereits mit Aushändigung des Abschlusszeugnisses annahm. Die Revision wurde durch das Gericht damals zugelassen; das Verfahren vor dem BFH wurde jedoch durch Erledigung der Hauptsache beendet.

Tatbestand

1

I. Im Streitfall geht es um die Frage, ob der Kindergeldanspruch bei vorgezogener und bestandener Abschlussprüfung im Rahmen eines Ausbildungsberufs (hier Technische Zeichnerin Maschinen- und Anlagetechnik) bis zum Ende der ursprünglich vorgesehenen Ausbildungszeit erhalten bleibt, wenn das Kind mit geringerer Wochenstundenzahl weiter beschäftigt wird oder ob die Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes mit der Ablegung der Abschlussprüfung endet (so Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes 63.3.2.6 Abs. 5 Satz 1, BStBl I 2009, 1033, 1062).

2

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab und wertete die bestandene Abschlussprüfung vom 21. Juni 2007 im Streitfall als Ende der Berufsausbildung. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) begehrt die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung. Es gehe vorliegend um die Ungleichbehandlung hinsichtlich der Gewährung von Kindergeld für Kinder, die in Ausbildung stünden und ihre Ausbildung aufgrund besonderer Leistungen vorzeitig erfolgreich beendeten, mit solchen, die die reguläre Ausbildungszeit brauchten. Des Weiteren um die Ungleichbehandlung eines Kindes, das nach der Ausbildung Einkommen erziele, das unterhalb des Jahresgrenzbetrages von 7.680 € liege, mit solchen, die ausbildungsunabhängig mit ihrem Einkommen den Jahresgrenzbetrag von 7.680 € nicht überschritten, dies im Hinblick auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 16. November 2006 III R 15/06 (BFHE 216, 74, BStBl II 2008, 56). Gerügt werde insofern eine Verletzung des Art. 3 des Grundgesetzes (GG) durch das Urteil der Vorinstanz.

Entscheidungsgründe

3

II. Die Beschwerde ist unbegründet und durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) liegt, soweit der Vortrag überhaupt den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entspricht, nicht vor.

4

1. Die Rechtsfrage, ob eine Ausbildung mit der Abschlussprüfung endet, ist nicht klärungsbedürftig. Nach ständiger Rechtsprechung befindet sich ein Kind in Berufsausbildung, wenn es sein Berufsziel noch nicht erreicht hat (Senatsurteil vom 2. April 2009 III R 85/08, BFHE 224, 546, BFH/NV 2009, 1502, m.w.N.). Schließt die Berufsausbildung wie im Streitfall mit einer Prüfung ab, ist das Berufsziel (erst) mit Bestehen der Prüfung, spätestens aber mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses erreicht (BFH-Urteil vom 24. Mai 2000 VI R 143/99, BFHE 191, 557, BStBl II 2000, 473, m.w.N.).

5

Der Senat kann offen lassen, ob die Berufsausbildung trotz einer vorgezogenen Abschlussprüfung fortdauert, wenn die praktische Ausbildung bis zum Ende der vorgesehenen Ausbildungszeit fortgesetzt wird, denn ein solcher Fall liegt im Streitfall nicht vor. Vielmehr hat das FG festgestellt, dass das Kind ausweislich der in den Akten befindlichen Verdienstabrechnungen für Juni und September 2007 nach Abschluss seiner Ausbildung nicht mehr nach dem Metalltarif Hessen Azubis Gruppe AJ mit 35 Wochenarbeitstunden, sondern nach dem Metalltarif Gehalt Gruppe T2 Stufe 1 mit lediglich 20 Wochenarbeitsstunden gearbeitet hat. Danach ist die praktische Ausbildung im Streitfall ebenfalls mit der Abschlussprüfung beendet worden. An diese Feststellungen ist der BFH als Revisionsgericht gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO).

6

2. Soweit der Kläger geltend macht, dass die bestehende Regelung gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, genügt sein Vortrag schon nicht den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO.

7

Macht der Beschwerdeführer (hier der Kläger) die Verfassungswidrigkeit einer vom FG angewendeten Vorschrift geltend, muss sich die Begründung mit der einschlägigen Rechtsprechung des BFH und des Bundesverfassungsgerichts auseinander setzen (BFH-Beschluss vom 16. Januar 2009 VIII B 155/08, BFH/NV 2009, 779). Dem ist nicht dadurch genügt, dass der Kläger lediglich einen Grundrechtsverstoß (Art. 3 Abs. 1 GG) behauptet, ohne ihn im Einzelnen zu begründen.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) bezog Kindergeld für seinen Sohn, der seit Oktober 2002 Betriebswirtschaftslehre studierte. Der Sohn exmatrikulierte sich zum 31. Juli 2008, obwohl er das Examen noch nicht abgelegt hatte, und arbeitete seit dem 1. August 2008 vollzeitbeschäftigt für ein Großunternehmen. Die letzte Prüfung bestand er am 7. Oktober 2008. Die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) hob die Kindergeldfestsetzung ab Januar 2008 auf. Zur Begründung führte sie an, dass der Sohn seine Ausbildung im Oktober beendet habe und seine Einkünfte vom 1. Januar bis zum 7. Oktober 2008 den zeitanteiligen Grenzbetrag in der für das Streitjahr geltenden Höhe von 6.400 € überschritten hätten.

2

Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, die Ausbildung sei erst mit dem Bestehen der Prüfung beendet worden. Am Ende des Studiums habe die im Oktober 2008 absolvierte mündliche Prüfung gestanden; insoweit sei unerheblich, dass der Sohn die Diplomarbeit und die schriftliche Prüfung bereits im Juli abgelegt habe. Die Vollzeiterwerbstätigkeit schließe die Berücksichtigung als Kind, das für einen Beruf ausgebildet wird, nicht aus.

3

Zur Begründung seiner gegen die Nichtzulassung der Revision gerichteten Beschwerde trägt der Kläger im Wesentlichen vor, die Frage, ob ein Kind sich nach der Exmatrikulation und der Aufnahme einer Vollzeiterwerbstätigkeit noch in Berufsausbildung befinde, sei grundsätzlich bedeutsam. Grundsätzlich bedeutsam sei auch, ob die Einkünfte aus einer nach der Exmatrikulation ausgeübten Vollzeiterwerbstätigkeit im Hinblick auf den anteiligen Jahresgrenzbetrag angesetzt werden dürften. Das FG-Urteil weiche zudem vom Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 16. November 2006 III R 15/06 (BFHE 216, 74, BStBl II 2008, 56) ab, wonach ein vollzeitbeschäftigtes Kind nicht nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG) berücksichtigt werden dürfe.

Entscheidungsgründe

4

II. Die Beschwerde ist unbegründet und durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

5

1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

6

a) Die Frage, ob ein Kind im Zeitraum zwischen seiner Exmatrikulation und der letzten Prüfung oder der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses noch i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG für einen Beruf ausgebildet wird, hat keine grundsätzliche Bedeutung, sondern bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Die dafür maßgeblichen Grundsätze sind durch die Rechtsprechung des BFH geklärt:

7

aa) Schließt die Berufsausbildung mit einer Prüfung ab, so ist das Berufsziel erst mit dem Bestehen der Prüfung, spätestens mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses erreicht (BFH-Urteil vom 24. Mai 2000 VI R 143/99, BFHE 191, 557, BStBl II 2000, 473). Ein Universitätsstudium endet daher regelmäßig mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses, frühestens mit der letzten Prüfungshandlung, außer wenn es vorher abgebrochen oder nicht mehr ernsthaft weiter betrieben wird.

8

bb) Eine Vollzeiterwerbstätigkeit schließt die Berücksichtigung als Kind in der Berufsausbildung (Senatsurteil vom 21. Januar 2010 III R 68/08, BFH/NV 2010, 872, m.w.N.) oder in einer Warte- oder Übergangszeit nicht aus (Senatsurteil vom 17. Juni 2010 III R 34/09, BFHE 230, 61, BStBl II 2010, 982).

9

cc) Eine Ausbildung erfordert keine organisatorische Eingliederung in eine Ausbildungsinstitution (Senatsurteile vom 18. März 2009 III R 26/06, BFHE 225, 331, BStBl II 2010, 296, betr. Vorbereitung auf ein Abitur für Nichtschüler; vom 2. April 2009 III R 85/08, BFHE 224, 546, BStBl II 2010, 298, betr. Vorbereitung auf eine Wiederholungsprüfung nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses ohne Berufsschulbesuch). Die Exmatrikulation eines Studenten kann daher nicht zwingend als Beendigung der Ausbildung angesehen werden.

10

dd) Wenn sich ein Kind ohne regelmäßigen Besuch einer Ausbildungsstätte selbständig auf Prüfungen vorbereitet, sind an die Ernsthaftigkeit der Vorbereitung und deren Nachweis strenge Anforderungen zu stellen (Senatsurteil vom 24. September 2009 III R 70/07, BFH/NV 2010, 617). Bei bestandenen Prüfungen kann aber in der Regel unterstellt werden, dass sich das Kind ernsthaft und nachhaltig vorbereitet hat (Senatsurteil in BFHE 224, 546, BStBl II 2010, 298).

11

b) Die Frage, ob Einkünfte aus einer nach der Exmatrikulation des Kindes ausgeübten Vollzeiterwerbstätigkeit im Hinblick auf den Jahresgrenzbetrag angesetzt werden dürfen, ist ebenfalls nicht grundsätzlich bedeutsam. Sie ist nicht klärungsbedürftig, denn sie lässt sich nach dem Gesetzeswortlaut und der Rechtsprechung des Senats zweifelsfrei beantworten: Einkünfte und Bezüge des Kindes bleiben außer Ansatz, wenn sie auf Kalendermonate entfallen, in denen die Voraussetzungen einer Berücksichtigung an keinem Tag vorliegen; insoweit ermäßigt sich der Jahresgrenzbetrag (§ 32 Abs. 4 Sätze 7 und 8 EStG). Darüber hinaus bleiben Einkünfte und Bezüge außer Ansatz, soweit sie auf den Teil eines Kalendermonats entfallen, in dem das Kind noch nicht oder nicht mehr zu berücksichtigen ist (sog. Wechselmonat, § 32 Abs. 4 Satz 6 EStG). Befindet sich ein Kind nach seiner Exmatrikulation weiter in der Berufsausbildung, so sind daher auch die in diesem Zeitraum erzielten Einkünfte anzusetzen.

12

2. Die Revision ist auch nicht wegen Divergenz zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. FGO). Nach dem Senatsurteil in BFHE 216, 74, BStBl II 2008, 56 besteht ein Anspruch auf Kindergeld auch für vollzeitbeschäftigte Kinder, die die gesetzlichen Voraussetzungen eines Berücksichtigungstatbestands i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a bis c EStG erfüllen und deren Einkünfte und Bezüge den (anteiligen) Jahresgrenzbetrag nicht übersteigen. Soweit in dieser Entscheidung ausgeführt wird, ein Kind sei nach der bisherigen BFH-Rechtsprechung in den Monaten seiner Vollzeiterwerbstätigkeit nicht zu berücksichtigen, weil es in diesem Zeitraum typischerweise an einer verminderten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern fehle, die eine Entlastung durch Kindergeld rechtfertige, ist dies durch die Änderung der Rechtsprechung überholt (vgl. das Senatsurteil in BFHE 230, 61, BStBl II 2010, 982, unter II. 3.).

13

3. Durch die Rechtsprechung ist auch geklärt, dass eine Berücksichtigung als Kind entfällt, wenn die Einkünfte und Bezüge den Jahresgrenzbetrag (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG) überschreiten; dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Juli 2010  2 BvR 2122/09, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2010, 1109). Einer diesbezüglichen Rechtsfortbildung bedarf es daher nicht (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alt. FGO).

(1) Das Berufsausbildungsverhältnis endet mit dem Ablauf der Ausbildungsdauer. Im Falle der Stufenausbildung endet es mit Ablauf der letzten Stufe.

(2) Bestehen Auszubildende vor Ablauf der Ausbildungsdauer die Abschlussprüfung, so endet das Berufsausbildungsverhältnis mit Bekanntgabe des Ergebnisses durch den Prüfungsausschuss.

(3) Bestehen Auszubildende die Abschlussprüfung nicht, so verlängert sich das Berufsausbildungsverhältnis auf ihr Verlangen bis zur nächstmöglichen Wiederholungsprüfung, höchstens um ein Jahr.

(1) Dieses Gesetz gilt für die Berufsbildung, soweit sie nicht in berufsbildenden Schulen durchgeführt wird, die den Schulgesetzen der Länder unterstehen.

(2) Dieses Gesetz gilt nicht für

1.
die Berufsbildung, die in berufsqualifizierenden oder vergleichbaren Studiengängen an Hochschulen auf der Grundlage des Hochschulrahmengesetzes und der Hochschulgesetze der Länder durchgeführt wird,
2.
die Berufsbildung in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis,
3.
die Berufsbildung auf Kauffahrteischiffen, die nach dem Flaggenrechtsgesetz die Bundesflagge führen, soweit es sich nicht um Schiffe der kleinen Hochseefischerei oder der Küstenfischerei handelt.

(3) Für die Berufsbildung in Berufen der Handwerksordnung gelten die §§ 4 bis 9, 27 bis 49, 53 bis 70, 76 bis 80 sowie 101 Absatz 1 Nummer 1 bis 4 sowie Nummer 6 bis 10 nicht; insoweit gilt die Handwerksordnung.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluss über die Kosten zu entscheiden.

(2) Wird eine Sache vom Bundesfinanzhof an das Finanzgericht zurückverwiesen, so kann diesem die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen werden.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.