Arbeitsgericht Bochum Urteil, 01. Juni 2016 - 3 Ca 2581/15
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3. Der Streitwert wird auf 848,44 € festgesetzt.
1
Tatbestand:
2Die Parteien streiten um einen Anspruch des Klägers auf Zahlung eines Krankengeldzuschusses für den Zeitraum 14.08.2014 bis 31.12.2014.
3Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 01.02.1991 beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Bestimmungen des TVöD Anwendung. Die monatliche Vergütung des Klägers bemisst sich nach der Entgeltgruppe 9, Stufe 4.
4Der Allgemeine Teil (AT) des TVöD sieht unter anderem folgende Regelungen vor:
5„§ 22 Entgelt im Krankheitsfall
6(1) Werden Beschäftigte durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an der Arbeitsleistung verhindert, ohne dass sie ein Verschulden trifft, erhalten sie bis zur Dauer von sechs Wochen das Entgelt nach § 21.
7(…)
8(2) Nach Ablauf des Zeitraums gemäß Absatz 1 erhalten die Beschäftigten für die Zeit, für die ihnen Krankengeld oder entsprechende gesetzliche Leistungen gezahlt werden, einen Krankengeldzuschuss in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen den tatsächlichen Barleistungen des Sozialleistungsträgers und dem Nettoentgelt. Nettoentgelt ist das um die gesetzlichen Abzüge verminderte Entgelt im Sinne des § 21 (mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 1); bei freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Beschäftigten ist dabei deren Gesamtkranken- und Pflegeversicherungsbeitrag abzüglich Arbeitgeberzuschuss zu berücksichtigen.
9(…)
10(4) Entgelt im Krankheitsfall wird nicht über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus gezahlt; § 8 EFZG bleibt unberührt. Krankengeldzuschuss wird zudem nicht über den Zeitpunkt hinaus gezahlt, von dem an Beschäftigte eine Rente oder eine vergleichbare Leistung auf Grund eigener Versicherung aus der gesetzlichen Rentenversicherung, aus einer zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung oder aus einer sonstigen Versorgungseinrichtung erhalten, die nicht allein aus Mitteln der Beschäftigten finanziert ist. Innerhalb eines Kalenderjahres kann das Entgelt im Krankheitsfall nach Absatz 1 und 2 insgesamt längstens bis zum Ende der in Absatz 3 Satz 1 genannten Fristen bezogen werden; bei jeder neuen Arbeitsunfähigkeit besteht jedoch mindestens der sich aus Absatz 1 ergebende Anspruch.
11(…)
12§ 24 Berechnung und Auszahlung des Entgelts
13(1) Bemessungszeitraum für das Tabellenentgelt und die sonstigen Entgeltbestandteile ist der Kalendermonat, soweit tarifvertraglich nicht ausdrücklich etwas Abweichendes geregelt ist. Die Zahlung erfolgt am letzten Tag des Monats (Zahltag) für den laufenden Kalendermonat auf ein von der/dem Beschäftigten benanntes Konto innerhalb eines Mitgliedstaats der Europäischen Union. Fällt der Zahltag auf einen Samstag, einen Wochenfeiertag oder den 31. Dezember, gilt der vorhergehende Werktag, fällt er auf einen Sonntag, gilt der zweite vorhergehende Werktag als Zahltag. Entgeltbestandteile, die nicht in Monatsbeträgen festgelegt sind, sowie der Tagesdurchschnitt nach § 21 sind am Zahltag des zweiten Kalendermonats, der auf ihre Entstehung folgt, fällig.
14(…)
15§ 37 Ausschlussfrist
16(1) Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit von der/dem Beschäftigten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden. Für denselben Sachverhalt reicht die einmalige Geltendmachung des Anspruchs auch für später fällige Leistungen aus.
17(2) Absatz 1 gilt nicht für Ansprüche aus einem Sozialplan.“
18Der Kläger war vom 03.07.2014 bis zum 28.08.2015 durchgängig arbeitsunfähig erkrankt. Ab dem 14.08.2014 bezog er ein Krankengeld in Höhe von 60,75 € kalendertäglich.
19Mit Schreiben vom 14.07.2015, bei der Beklagten am selben Tag eingegangen, begehrte der Kläger die Zahlung von Krankengeldzuschuss ab dem 14.08.2014. Als Anlage fügte er ein Schreiben der U Krankenkasse vom 25.08.2014 bei, in dem handschriftlich die Höhe des Krankengeldes eingetragen war. Wegen des konkreten Inhalts des Schreibens der U Krankenkasse wird auf Bl. 48 d. A. Bezug genommen. Mit Schreiben vom 08.10.2015 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass ihrer Ansicht nach die Ansprüche des Klägers auf Zahlung des Krankengeldzuschusses für den Zeitraum 14.08.2014 bis 31.12.2014 verfallen seien und daher erst ab Januar 2015 rückwirkend Krankengeldzuschuss gezahlt würde. Wegen des konkreten Inhalts des Schreibens wird auf Bl. 3 d. A. Bezug genommen. Für den Zeitraum ab dem Monat Januar 2015 zahlte die Beklagte Krankengeldzuschuss an den Kläger.
20Der Kläger ist der Ansicht, ihm stünde ein Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Krankengeldzuschuss für den Zeitraum 14.08.2014 bis 31.12.2014 unter Berücksichtigung eines Nettoentgelts von 2.044,11 € sowie eines kalendertäglichen Krankengelds in Höhe von 60,75 € zu. Der Anspruch sei nicht nach § 37 TVöD verfallen. Denn der Anspruch auf Krankengeldzuschuss ergebe sich erst dadurch, dass die Krankenkasse dem Arbeitgeber mitteile, in welcher Höhe für welchen Zeitraum Krankengeld gezahlt wurde. Diese Daten zum Krankengeldbezug würden dem Arbeitgeber erst auf dessen ausdrückliche Anforderung durch die Krankenkasse geschickt. Daher könne die Leistung erst fällig werden, wenn die jeweiligen Mitwirkungshandlungen des Arbeitgebers und der Krankenkasse erbracht worden seien. Der Kläger bekomme erst Monate nach Beginn des Krankengeldbezugs Mitteilung über die Höhe des Krankengeldes. Im Übrigen sei auch eine Mitwirkung des Arbeitgebers gegenüber der Krankenkasse für die Berechnung des Krankengelds nötig. Auch sei nicht klar, warum die Beklagte die Daten bei der Krankenkasse nicht angefordert habe. Im Übrigen sei es dem Arbeitnehmer erst nach Ende der Arbeitsunfähigkeit zumutbar, die erforderliche Mitwirkungshandlung von der Krankenkasse bzw. dem Arbeitgeber einzufordern. Eine Fälligkeit könne daher erst nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit eintreten.
21Zunächst hat der Kläger die Zahlung von 1.598,40 € brutto begehrt.
22Zuletzt beantragt der Kläger,
23die Beklagte zu verurteilen, an ihn 848,44 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 15.07.2015 zu zahlen.
24Die Beklagte beantragt,
25die Klage abzuweisen.
26Sie ist der Ansicht, der Anspruch des Klägers sei gemäß § 37 TVöD verfallen. Der Zuschuss sei ein sonstiger Entgeltbestandteil im Sinne des § 24 TVöD und damit am letzten Tag des Monats fällig. Eine andere Fälligkeitsregel ergebe sich auch nicht aus § 271 BGB. Mit Krankengelderhalt hätte der Kläger die Möglichkeit gehabt, den Krankengeldzuschuss geltend zu machen. Eine Mitwirkung der Krankenkasse oder der Beklagten sei hierfür nicht erforderlich. Selbst wenn die Berechnung der Höhe nach noch nicht möglich gewesen sein sollte, hätte der Zahlungsanspruch aber dem Grunde nach geltend gemacht werden können. Selbst wenn eine Mitwirkung erforderlich gewesen wäre, hätte der Kläger die Mitwirkung der Beklagten und der Krankenkasse innerhalb der Ausschlussfrist veranlassen können. Die Praxis der Krankenkassen, regelmäßig aus Eigeninitiative den Krankengeldbezug und die Höhe des Krankengelds dem Arbeitgeber mitzuteilen, würde den Kläger nicht von der Pflicht zur Geltendmachung entbinden. Im Übrigen habe der Kläger die Höhe der Klageforderung nicht schlüssig dargelegt.
27Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
28Entscheidungsgründe:
29- I.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
311.
32Die teilweise Klagerücknahme war gemäß § 54 Abs. 2 S. 1 ArbGG ohne Einwilligung der Beklagten zulässig.
332.
34Die Ansprüche des Klägers auf Zahlung eines Krankengeldzuschusses für den Zeitraum vom 14.08.2014 bis zum 31.12.2014 nach § 22 Abs. 2 TVöD sind aufgrund der Ausschlussfrist des § 37 TVöD verfallen. Der Kläger hat den Anspruch nicht rechtzeitig geltend gemacht.
35Gemäß § 37 TVöD verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit von der/dem Beschäftigten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden. Die streitgegenständliche Forderung wird als Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Beklagten von der tariflichen Ausschlussfristenregelung erfasst. Der Kläger hat mit Schreiben vom 14.07.2015 erstmals seinen Anspruch auf Zahlung von Krankengeldzuschuss für den Zeitraum 14.08.2014 bis 31.12.2014 bei der Beklagten außergerichtlich geltend gemacht.
36a)
37Die Ansprüche des Klägers auf Zahlung des Krankengeldzuschusses gemäß § 22 Abs. 2 TVöD sind bereits zum jeweiligen Monatsende - unter Berücksichtigung der Modifizierungen nach § 24 Abs. 1 S. 3 TVöD - fällig geworden.
38Gemäß § 24 Abs. 1 S. 1, 2 TVöD ist Bemessungszeitraum für das Tabellenentgelt und die sonstigen Entgeltbestandteile der Kalendermonat, soweit tarifvertraglich nicht ausdrücklich etwas Abweichendes geregelt ist. Die Zahlung erfolgt am letzten Tag des Monats für den laufenden Kalendermonat. Mit dieser Regelung ist eine Fälligkeitsbestimmung für das Tabellenentgelt und die sonstigen Entgeltbestandteile auf den letzten Tag des Monats getroffen, sofern tarifvertraglich nicht ausdrücklich etwas Abweichendes geregelt ist.
39Bei dem Krankengeldzuschuss nach § 22 Abs. 2 S. 1 TVöD handelt es sich um einen Entgeltbestandteil im Sinne des § 24 Abs. 1 S. 1 TVöD. § 22 TVöD trägt die Überschrift „Entgelt im Krankheitsfall“. Auch die Regelung des § 22 Abs. 4 S. 3 TVöD enthält den Begriff „Entgelt im Krankheitsfall nach Absatz 1 und 2“. Aus diesen Begrifflichkeiten wird deutlich, dass nach dem Wortlaut und der Systematik des TVöD auch der Krankengeldzuschuss ein „Entgelt“ darstellt. Eine ausdrückliche abweichende Regelung im Sinne des § 24 Abs. 1 S. 1 TVöD enthält § 22 TVöD nicht.
40Einer späteren Fälligkeit – insbesondere, wie durch den Kläger vertreten, mit Beendigung der Arbeitsunfähigkeit bzw. nach der Vornahme von Mitwirkungshandlungen der Krankenkasse bzw. des Arbeitgebers – steht auch der Sinn und Zweck des Krankengeldzuschusses entgegen. Durch den Krankengeldzuschuss nach § 22 Abs. 2 S. 1 TVöD soll der Differenzbetrag zwischen dem Krankengeld und dem Nettoentgelt im Sinne des § 22 Abs. 2 S. 2 TVöD ausgeglichen werden, um wirtschaftliche Nachteile des kranken Arbeitnehmers zu mindern (vgl. BAG, Urteil vom 13.02.2002 – 5 AZR 604/00, NZA 2003, 49, 50 zum MTV Einzelhandel NRW). Diesem Zweck würde es zuwiderlaufen, wenn die Ansprüche auf Zahlung des Krankengeldzuschusses erst nach Vornahme von Mitwirkungshandlungen bzw. nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit fällig werden würden. Denn in diesem Fall würden die wirtschaftlichen Nachteile zunächst eintreten und sodann erst rückwirkend, ggf. erst nach Ablauf sehr langer Zeiträume, teilweise beseitigt werden.
41b)
42Einem Verfall gemäß § 37 Abs. 1 S. 1 TVöD steht auch nicht entgegen, dass der Kläger bis zum 28.08.2015 arbeitsunfähig erkrankt war. Durch das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers wird der Lauf von Ausschlussfristen nicht generell analog § 206 BGB gehemmt. An die Annahme höherer Gewalt sind strenge Anforderungen zu stellen. Eine Arbeitsunfähigkeit kann nur dann den Lauf einer Ausschlussfrist hemmen, wenn dem Berechtigten infolge seines Zustands die Besorgung seiner Angelegenheiten schlechthin unmöglich wird (BAG, Urteil vom 09.08.2011 – 9 AZR 352/10, AP BUrlG § 7 Nr. 53, Rn. 24). Dass ihm die Besorgung seiner Angelegenheiten schlechthin unmöglich gewesen sein soll, hat der Kläger nicht behauptet.
43Im Übrigen lag auch die Geltendmachung des Klägers mit Schreiben vom 14.07.2015 noch im Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit.
44c)
45Das Berufen der Beklagten auf die Ausschlussfrist ist auch nicht rechtsmissbräuchlich. § 242 BGB kann zum Verlust eines Rechts im Hinblick auf ein missbilligtes Verhalten führen, dass mit der Rechtsposition in sachlichem Zusammenhang steht. Dies wird unter anderem dann angenommen, wenn der Schuldner die Kenntnis des Gläubigers von den anspruchsbegründenden Umständen verhindert. Der Arbeitnehmer kann deshalb auch dem Ablauf einer tariflichen Ausschlussfrist mit dem Einwand der unzulässigen Rechtsausübung begegnen, wenn der Arbeitgeber ihn von der rechtzeitigen Geltendmachung abgehalten oder es pflichtwidrig unterlassen hat, ihm Umstände mitzuteilen, die ihn zur Einhaltung der Ausschlussfrist veranlasst hätten (BAG, Urteil vom 08.12.2011 – 6 AZR 397/10, NZA 2012, 808, 810 m. w. N.). Solche Umstände hat der Kläger nicht vorgetragen.
46Soweit sich der Kläger darauf beruft, die Beklagte hätte eine Mitwirkungshandlung dahingehend vornehmen müssen, dass sie eine Auskunft bei der Krankenkasse über die Höhe des Krankengeldes einholt, führt dies nicht zum Rechtsmissbrauch. Eine derartige Pflicht des Arbeitgebers, sich, um die Zahlung eines Krankengeldzuschusses vorzunehmen, bei der Krankenkasse über die Höhe des Krankengeldes zu erkundigen, besteht nicht. Die Annahme einer solchen Pflicht des Arbeitgebers aus Fürsorgegesichtspunkten würde darauf hinauslaufen, dass eine Geltendmachung von Ansprüchen auf Krankengeldzuschuss entbehrlich wäre, da der Arbeitgeber von sich aus mit dem Ziel der Berechnung und Zahlung des Zuschusses eigeninitiativ tätig werden müsste. Eine solche Pflicht würde gerade dem Sinn und Zweck der tariflichen Ausschlussfrist entgegenlaufen.
47Zudem hat es der Beklagten nicht oblegen, den Kläger auf einen Anspruch auf Krankengeldzuschuss und die Notwendigkeit der Mitteilung der Krankengeldhöhe für die Berechnung hinzuweisen (vgl. lag Köln, Urteil vom 18.12.2015 – 4 Sa 615/15, BeckRS 2016, 66228). Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis umfasst auch nicht die Verpflichtung, den Arbeitnehmer auf einen drohenden Verfall seiner Ansprüche durch eine tarifliche Ausschlussfrist hinzuweisen (BAG, Urteil vom 22.01.1997 – 10 AZR 459/96, NZA 1997, 445, 446).
48Soweit der Kläger darauf hinweist, eine Geltendmachung sei ihm nicht möglich gewesen, da die Krankenkasse erst Monate nach Beginn des Krankengelds die Höhe mitgeteilt habe, vermag dies keinen Einwand gegen den Verfall der Ansprüche zu begründen. Das Argument des Klägers verfängt bereits insoweit nicht, als ihm mit Schreiben der U Krankenkasse vom 25.08.2014 mitgeteilt wurde, dass Krankengeld vom 14.08.2014 bis zum 18.08.2014 in Höhe von insgesamt 303,75 € gezahlt wird (Bl. 48 d. A.). Damit war dem Kläger bereits im August 2014 die Höhe des kalendertäglichen Krankengeldes bekannt. Im Übrigen hätte der Anspruch selbst bei Unkenntnis der konkreten Höhe des täglichen Krankengeldes dem Grunde nach geltend gemacht werden können.
49- II.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO i. V. m. § 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG. Der Kläger hat als unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Ferner trifft ihn eine Kostentragungspflicht, soweit er die Klage teilweise zurückgenommen hat.
51- III.
Der Streitwert wurde gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festgesetzt. Der Wert ergibt sich aus der Höhe des geltend gemachten Zahlungsanspruchs.
Urteilsbesprechung zu Arbeitsgericht Bochum Urteil, 01. Juni 2016 - 3 Ca 2581/15
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(1) Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken.
(2) Ist eine Zeit bestimmt, so ist im Zweifel anzunehmen, dass der Gläubiger die Leistung nicht vor dieser Zeit verlangen, der Schuldner aber sie vorher bewirken kann.
(1) Die mündliche Verhandlung beginnt mit einer Verhandlung vor dem Vorsitzenden zum Zwecke der gütlichen Einigung der Parteien (Güteverhandlung). Der Vorsitzende hat zu diesem Zweck das gesamte Streitverhältnis mit den Parteien unter freier Würdigung aller Umstände zu erörtern. Zur Aufklärung des Sachverhalts kann er alle Handlungen vornehmen, die sofort erfolgen können. Eidliche Vernehmungen sind jedoch ausgeschlossen. Der Vorsitzende kann die Güteverhandlung mit Zustimmung der Parteien in einem weiteren Termin, der alsbald stattzufinden hat, fortsetzen.
(2) Die Klage kann bis zum Stellen der Anträge ohne Einwilligung des Beklagten zurückgenommen werden. In der Güteverhandlung erklärte gerichtliche Geständnisse nach § 288 der Zivilprozeßordnung haben nur dann bindende Wirkung, wenn sie zu Protokoll erklärt worden sind. § 39 Satz 1 und § 282 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung sind nicht anzuwenden.
(3) Das Ergebnis der Güteverhandlung, insbesondere der Abschluß eines Vergleichs, ist in das Protokoll aufzunehmen.
(4) Erscheint eine Partei in der Güteverhandlung nicht oder ist die Güteverhandlung erfolglos, schließt sich die weitere Verhandlung unmittelbar an oder es ist, falls der weiteren Verhandlung Hinderungsgründe entgegenstehen, Termin zur streitigen Verhandlung zu bestimmen; diese hat alsbald stattzufinden.
(5) Erscheinen oder verhandeln beide Parteien in der Güteverhandlung nicht, ist das Ruhen des Verfahrens anzuordnen. Auf Antrag einer Partei ist Termin zur streitigen Verhandlung zu bestimmen. Dieser Antrag kann nur innerhalb von sechs Monaten nach der Güteverhandlung gestellt werden. Nach Ablauf der Frist ist § 269 Abs. 3 bis 5 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.
(6) Der Vorsitzende kann die Parteien für die Güteverhandlung sowie deren Fortsetzung vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen.
Die Verjährung ist gehemmt, solange der Gläubiger innerhalb der letzten sechs Monate der Verjährungsfrist durch höhere Gewalt an der Rechtsverfolgung gehindert ist.
Tenor
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Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 20. April 2010 - 12 Sa 1448/09 - wird zurückgewiesen.
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Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Tatbestand
- 1
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Die Klägerin verlangt von der Beklagten, den gesetzlichen Mindesturlaub für die Jahre 2007 und 2008 abzugelten.
- 2
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Die Klägerin war bei der Beklagten seit 1975 als Krankenschwester beschäftigt. Sie verdiente zuletzt in Teilzeit bei einer Fünf-Tage-Woche monatlich 829,86 Euro brutto. Die Parteien wenden auf ihr Arbeitsverhältnis den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder vom 12. Oktober 2006 (TV-L) an.
- 3
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Seit dem 19. Oktober 2006 ist die Klägerin durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Das Arbeitsverhältnis endete während der fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit zum 31. März 2008.
- 4
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Die Klägerin machte mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 25. Februar 2009 gegenüber der Beklagten vergeblich die Abgeltung ihres gesetzlichen sowie die Abgeltung der aus dem TV-L folgenden weiteren Urlaubsansprüche aus den Jahren 2007 und 2008 in Höhe von insgesamt 1.613,62 Euro brutto geltend.
-
In § 37 Abs. 1 TV-L heißt es:
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„Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit von den Beschäftigten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden. Für denselben Sachverhalt reicht die einmalige Geltendmachung des Anspruchs auch für später fällig werdende Leistungen aus.“
- 6
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Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, ihr Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs sei nicht nach § 37 Abs. 1 TV-L verfallen. Aus der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG in der Rechtssache Schultz-Hoff folge, dass der Anspruch auf Abgeltung des wegen Arbeitsunfähigkeit nicht genommenen bezahlten Jahresurlaubs nicht verfallen dürfe. Diese Rechtsfolge ergebe sich ferner aus der Unabdingbarkeit des gesetzlichen Mindesturlaubs nach § 13 BUrlG.
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Die Klägerin hat zunächst beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.613,62 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17. März 2009 zu zahlen.
- 8
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Urlaubsabgeltungsanspruch sei nach § 37 Abs. 1 TV-L verfallen. Nachdem aufgrund der Rechtsprechungsänderung der gesetzliche Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsanspruch bei lang andauernder Arbeitsunfähigkeit nicht mehr befristet sei, unterliege der Abgeltungsanspruch den tariflichen Ausschlussfristen.
-
Das Arbeitsgericht hat der Klage hinsichtlich der Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs für die Jahre 2007 und 2008 (insgesamt 25 Urlaubstage) in Höhe von 957,50 Euro brutto stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Ferner hat es die Anschlussberufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.
Entscheidungsgründe
- 10
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A. Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs zu Recht abgewiesen. Der Anspruch ist verfallen. Die Klägerin wahrte nicht die sechsmonatige Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TV-L.
- 11
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I. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete zum 31. März 2008. Zu diesem Zeitpunkt stand der Klägerin ein gesetzlicher Mindesturlaubsanspruch in Höhe von insgesamt 25 Tagen zu. Dieser war nach § 7 Abs. 4 BUrlG mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten.
- 12
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1. Die Klägerin konnte den ihr zustehenden gesetzlichen Mindesturlaub nach §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG aus dem Jahr 2007 in Höhe von 20 Urlaubstagen wegen ihrer seit 2006 ununterbrochenen Arbeitsunfähigkeit weder im Jahr 2007 noch im Übertragungszeitraum des Jahres 2008 nehmen. Ferner stand ihr zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch für drei volle Monate (Januar bis März 2008) ein Teilurlaubsanspruch nach § 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG in Höhe von fünf Urlaubstagen zu.
- 13
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2. Der Urlaubsabgeltungsanspruch wird auch im Fall der Arbeitsunfähigkeit mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig (vgl. BAG 11. Oktober 2010 - 9 AZN 418/10 - Rn. 20, AP ArbGG 1979 § 72a Nr. 75 = EzA ArbGG 1979 § 72a Nr. 125). Die seit dem 19. Oktober 2006 bestehende und auch über den Beendigungszeitpunkt hinaus andauernde Arbeitsunfähigkeit der Klägerin ändert hieran nichts. Denn nach der neueren Senatsrechtsprechung infolge der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache Schultz-Hoff (EuGH 20. Januar 2009 - C-350/06 und C-520/06 - Slg. 2009, I-179) ist der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch nicht nach § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG befristet, wenn der Arbeitnehmer dauernd arbeitsunfähig ist. Der Mindesturlaub ist bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses unabhängig von der Erfüllbarkeit des Freistellungsanspruchs in einem gedachten fortbestehenden Arbeitsverhältnis abzugelten. Deshalb erlischt der gesetzliche Urlaubsabgeltungsanspruch auch nicht, wenn der Arbeitnehmer bis zum Ende des Urlaubsjahres und/oder des Übertragungszeitraums erkrankt und deswegen arbeitsunfähig ist (vgl. grundlegend BAG 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 47 ff., BAGE 130, 119; 23. März 2010 - 9 AZR 128/09 - Rn. 70, AP SGB IX § 125 Nr. 3 = EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 16; zuletzt auch 4. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - Rn. 18, EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 17).
- 14
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Daher hat die über den gesetzlichen Übertragungszeitraum des § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG(31. März des jeweiligen Folgejahres) und auch über den tariflichen Übertragungszeitraum des § 26 Abs. 2 Buchst. a Satz 2 TV-L (31. Mai des jeweiligen Folgejahres) hinaus fortbestehende Arbeitsunfähigkeit der Klägerin keine Auswirkung auf die Durchsetzbarkeit und den Fortbestand des Urlaubsabgeltungsanspruchs.
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II. Der daraus folgende Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs für insgesamt 25 Urlaubstage ist nach § 37 Abs. 1 TV-L verfallen. Die Klägerin wahrte nicht die dort geregelte Ausschlussfrist von sechs Monaten. Die erstmalige schriftliche Geltendmachung mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 25. Februar 2009 erfolgte erst nach Ablauf der Ausschlussfrist am 30. September 2008 und damit verspätet.
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1. Nach § 37 Abs. 1 TV-L verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit von den Beschäftigten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden.
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a) Der Urlaubsabgeltungsanspruch stellt einen Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis im Sinne des § 37 Abs. 1 TV-L dar. Formulieren Tarifvertragsparteien - wie in der vorliegenden Verfallvorschrift - keine Einschränkungen, so fallen unter den Begriff der „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ alle gesetzlichen und vertraglichen Ansprüche, die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsstellung gegeneinander haben (vgl. BAG 22. Januar 2008 - 9 AZR 416/07 - Rn. 19, AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 191 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 190 ; 21. Februar 1995 - 9 AZR 733/93 - zu I 1 der Gründe). Diese Voraussetzung trifft gleichermaßen auf Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche zu. Sie begründen sich aus dem Arbeitsverhältnis.
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b) Der Umstand, dass die Klägerin bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses und darüber hinaus arbeitsunfähig erkrankt war, hat keine Auswirkung auf die Fälligkeit des Abgeltungsanspruchs. Insbesondere wird der Fälligkeitszeitpunkt nicht - wie in der Surogatstheorie angenommen - bis zur Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit hinausgeschoben.
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aa) Nach § 271 Abs. 1 BGB wird eine Forderung sofort fällig, wenn eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen ist. Dementsprechend wird der Urlaubsabgeltungsanspruch mit seiner Entstehung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig (vgl. BAG 11. Oktober 2010 - 9 AZN 418/10 - Rn. 20, AP ArbGG 1979 § 72a Nr. 75 = EzA ArbGG 1979 § 72a Nr. 125; 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 69, BAGE 130, 119 ). Die Arbeitsunfähigkeit des ausscheidenden Arbeitnehmers ist hierauf ohne Einfluss.
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bb) Der Urlaubsabgeltungsanspruch stellt jedenfalls bei andauernder Arbeitsunfähigkeit eine auf eine finanzielle Vergütung im Sinne von Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 (sog. Arbeitszeitrichtlinie) gerichtete reine Geldforderung dar (vgl. BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - Rn. 17 ff., EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 17; 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 44 ff., BAGE 130, 119). Deshalb ist der gesetzliche Mindesturlaub bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses unabhängig von der Erfüllbarkeit des Freistellungsanspruchs in einem gedachten fortbestehenden Arbeitsverhältnis nach § 7 Abs. 4 BUrlG abzugelten(BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - Rn. 18, aaO; 23. März 2010 - 9 AZR 128/09 - Rn. 70, AP SGB IX § 125 Nr. 3 = EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 16; 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 47 ff. mwN, aaO). Zudem bleibt diese Urlaubsabgeltungsforderung in ihrem Bestand unberührt, wenn die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers bis zum Ende des Übertragungszeitraums am 31. März des dem Urlaubsjahr folgenden Jahres bzw. darüber hinaus fortdauert (vgl. BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - Rn. 21, aaO).
- 21
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cc) Mithin ist der Urlaubsabgeltungsanspruch nicht mehr befristet. Daher hat der Ablauf des Bezugs- und des Übertragungszeitraums, wie das Landesarbeitsgericht richtig erkannt hat, keine Auswirkungen mehr. Zudem geht die geänderte Rechtsprechung davon aus, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch sofort erfüllbar ist und es gerade nicht erforderlich ist, die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit abzuwarten (vgl. zuletzt BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - Rn. 12, EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 17). Schließlich wird in der Regel eine Forderung gleichzeitig fällig und erfüllbar (vgl. Palandt/Grüneberg BGB 70. Aufl. § 271 Rn. 1). Dies muss auch für den Abgeltungsanspruch als reinen Geldanspruch bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit gelten. Ansonsten würde ein dauerhaft bis zum Lebensende arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer, der aus einem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist, niemals eine Urlaubsabgeltung erhalten. Dies wäre jedoch nach der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache Schultz-Hoff nicht mit Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG vereinbar. Danach soll auch der ausgeschiedene Arbeitnehmer bei lang andauernder Arbeitsunfähigkeit die Möglichkeit haben, in den Genuss einer finanziellen Vergütung zu kommen (vgl. EuGH 20. Januar 2009 - C-350/06 und C-520/06 - [Schultz-Hoff] Rn. 56, 62, Slg. 2009, I-179). Deshalb wird der Urlaubsabgeltungsanspruch auch im Fall der Arbeitsunfähigkeit mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses (vgl. BAG 11. Oktober 2010 - 9 AZN 418/10 - Rn. 20, AP ArbGG 1979 § 72a Nr. 75 = EzA ArbGG 1979 § 72a Nr. 125; im Ergebnis so bereits: BAG 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 69, BAGE 130, 119; MüArbR/Düwell 3. Aufl. Bd. 1 § 80 Rn. 67; Subatzus DB 2009, 510, 512; Arnold/Tillmanns/Arnold BUrlG 2. Aufl. § 7 Rn. 180) und damit im vorliegenden Fall mit Ablauf des 31. März 2008 fällig.
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2. Der Lauf der Ausschlussfrist wurde auch nicht durch die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin entsprechend § 206 BGB gehemmt.
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a) Dabei kann dahinstehen, ob die Vorschriften über die Verjährungshemmung grundsätzlich überhaupt entsprechende Anwendung auf Ausschlussfristen finden (ablehnend ErfK/Preis 11. Aufl. §§ 194 - 218 BGB Rn. 57; aA Däubler/Zwanziger TVG 2. Aufl. § 4 Rn. 1097). Denn nach ständiger Rechtsprechung wird zumindest die Regelung des § 206 BGB(§ 203 Abs. 2 BGB aF) zur Hemmung der Verjährung bei höherer Gewalt als allgemeingültiges Rechtsprinzip entsprechend angewandt (vgl. grundlegend BAG 3. März 1976 - 5 AZR 361/75 - zu 4 a der Gründe, AP ZPO § 496 Nr. 4 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 26). Nach dieser Vorschrift ist die Verjährung gehemmt, solange der Berechtigte innerhalb der letzten sechs Monate der Verjährungsfrist durch höhere Gewalt an der Rechtsverfolgung gehindert ist.
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b) Doch selbst unter Zugrundelegung dieses Maßstabs wird der Lauf der Ausschlussfrist hinsichtlich des Urlaubsabgeltungsanspruchs regelmäßig nicht durch eine Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers gehemmt. An die Annahme höherer Gewalt sind strenge Anforderungen zu stellen. Stets ist Voraussetzung, dass der Berechtigte ohne jedes Eigenverschulden an der Klage gehindert war (BAG 7. November 2002 - 2 AZR 297/01 - zu B I 4 b dd und ee der Gründe mwN, BAGE 103, 290). Deshalb kann eine Arbeitsunfähigkeit nur dann den Lauf einer Ausschlussfrist hemmen, wenn dem Berechtigten infolge seines Zustands die Besorgung seiner Angelegenheiten schlechthin unmöglich wird (vgl. so bereits zur schweren Erkrankung als möglichen Hemmungsgrund: BGH 13. November 1962 - VI ZR 228/60 - VersR 1963, 93). Das hat die Klägerin nicht behauptet.
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Schließlich kann auch einem arbeitsunfähigen Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis während der Periode der Arbeitsunfähigkeit ausläuft, normalerweise zugemutet werden, die fällige Urlaubsabgeltung als Zahlungsanspruch von seinem Arbeitgeber zu verlangen und damit die Ausschlussfrist zu wahren. Die Abgeltung eines tatsächlich nicht mehr erfüllbaren Urlaubs lässt sich grundsätzlich jederzeit ohne Schwierigkeiten durchführen (vgl. so bereits die Rechtsprechung des BAG vor Einführung des Surrogatmerkmals der Erfüllbarkeit der fiktiven Freistellung: BAG 3. Februar 1971 - 5 AZR 282/70 - zu B c cc der Gründe, BAGE 23, 184).
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3. Die hier anzuwendende tarifliche Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TV-L ist nicht nach § 13 Abs. 1 BUrlG iVm. § 134 BGB unwirksam, weil sie den Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs einschließt. Die Anwendung von tariflichen Ausschlussfristen für Urlaubsabgeltungsansprüche verstößt auch nicht gegen Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie. Sie ist insbesondere mit Art. 7 Abs. 2 der Arbeitszeitrichtlinie und den hierzu vom Gerichtshof der Europäischen Union aufgestellten Grundsätzen vereinbar (vgl. ausführlich BAG 9. August 2011 - 9 AZR 365/10 - Rn. 22 ff.).
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4. Die Klägerin kann im Hinblick auf die Versäumung der tariflichen Ausschlussfrist auch keinen Vertrauensschutz in Anspruch nehmen.
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Zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (31. März 2008) war der Vorlagebeschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf bereits bekannt und das Vorabentscheidungsverfahren beim Gerichtshof der Europäischen Union anhängig, sodass die Klägerin zumindest vorsorglich ihren Urlaubsabgeltungsanspruch gegenüber der Beklagten rechtzeitig hätte geltend machen können (vgl. hierzu BAG 9. August 2011 - 9 AZR 365/10 - Rn. 31).
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Im Übrigen weist das Landesarbeitsgericht ferner zu Recht darauf hin, gegen die Gewährung von Vertrauensschutz zugunsten der Klägerin spreche bereits, dass ihr durch die Rechtsprechungsänderung nichts genommen wird, was ihr bei Fortbestehen der bisherigen Rechtsprechung zugestanden hätte. Denn auch nach der bisherigen Rechtsprechung hätte die Klägerin keinen Anspruch auf Urlaubsabgeltung gehabt. So wäre dieser wegen der andauernden Arbeitsunfähigkeit nach Ablauf des tariflichen Übertragungszeitraums des § 26 Abs. 2 Buchst. a TV-L zum 31. Mai 2008 bzw. zum 31. Mai 2009 erloschen.
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B. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.
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Düwell
Suckow
Krasshöfer
G. Müller
W. Schmid
(1) Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Der Urlaub ist zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer dies im Anschluß an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlangt.
(2) Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, daß dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Kann der Urlaub aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muß einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen.
(3) Der Urlaub muß im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muß der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden. Auf Verlangen des Arbeitnehmers ist ein nach § 5 Abs. 1 Buchstabe a entstehender Teilurlaub jedoch auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen.
(4) Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Tenor
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1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 12. Mai 2010 - 15 Sa 1285/09 - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen teilweise aufgehoben.
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2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 13. August 2009 - 5 Ca 163/09 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert.
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Es wird festgestellt, dass das beklagte Land verpflichtet ist, dem Kläger ab Mai 2008 gemäß § 11 Abs. 1 TVÜ-Länder die Besitzstandszulage Kind zu zahlen.
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3. Die Kosten der ersten Instanz hat der Kläger zu 31 % und das beklagte Land zu 69 % zu tragen. Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu 27 % und das beklagte Land zu 73 % zu tragen. Die Kosten der Revision hat der Kläger zu 22 % und das beklagte Land zu 78 % zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten darüber, ob das beklagte Land verpflichtet ist, dem Kläger für die Monate Juni bis Oktober 2006 gemäß § 29 Abschn. B Abs. 3 BAT den kinderbezogenen Ortszuschlag und ab November 2006 gemäß § 11 Abs. 1 TVÜ-Länder als Besitzstandszulage den kinderbezogenen Entgeltbestandteil zu zahlen.
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Der Kläger ist seit dem 1. April 1994 beim beklagten Land als Justizvollzugsangestellter in der Justizvollzugsanstalt W beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fanden aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung bis Oktober 2006 die Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrags vom 23. Februar 1961 (BAT) Anwendung. Seit dem 1. November 2006 richtet sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder vom 12. Oktober 2006 (TV-L) und dem Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts vom 12. Oktober 2006 (TVÜ-Länder).
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Am 16. Juni 2006 heiratete der Kläger. Seine Ehefrau stand bis Juli 2008 in einem Arbeitsverhältnis außerhalb des öffentlichen Dienstes. Sie bezog und bezieht Kindergeld für ihr am 31. Mai 1998 geborenes Kind. Dieses lebt im gemeinsamen Haushalt des Klägers und seiner Ehefrau. Am 26. Juni 2006 zeigte der Kläger dem beklagten Land auf dem Formular „Veränderungsanzeige“ seine Eheschließung an. Das Anzeigemuster sah vor, dass zutreffende Änderungen angekreuzt werden. In leere Felder konnten schriftliche Einfügungen erfolgen. Der Kläger machte in der Rubrik „Kindergeld, Familien-, Orts-, Sozialzuschlag“ keine Angaben zur Aufnahme des Kindes seiner Ehefrau in seinen Haushalt. Das beklagte Land zahlte dem Kläger ab Juni 2006 aufgrund seiner Eheschließung den ehegattenbezogenen Ortszuschlag gemäß § 29 Abschn. B Abs. 2 Nr. 1 BAT. Kinderbezogenen Ortszuschlag nach § 29 Abschn. B Abs. 3 BAT erhielt der Kläger nicht. In § 29 BAT heißt es:
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„§ 29 Ortszuschlag
A. Grundlage des Ortszuschlages
(1) Die Höhe des Ortszuschlages richtet sich nach der Tarifklasse, der die Vergütungsgruppe des Angestellten zugeteilt ist (Absatz 2), und nach der Stufe, die den Familienverhältnissen des Angestellten entspricht (Abschnitt B).
…
B. Stufen des Ortszuschlages
…
(2) Zur Stufe 2 gehören
1. verheiratete Angestellte,
…
(3) Zur Stufe 3 und den folgenden Stufen gehören die Angestellten der Stufe 2, denen Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) oder nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) zusteht oder ohne Berücksichtigung des § 64 oder § 65 EStG oder des § 3 oder § 4 BKGG zustehen würde. Die Stufe richtet sich nach der Anzahl der berücksichtigungsfähigen Kinder.
…“
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Im TVÜ-Länder ist bezüglich kinderbezogener Entgeltbestandteile geregelt:
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„§ 11 Kinderbezogene Entgeltbestandteile
(1) Für im Oktober 2006 zu berücksichtigende Kinder werden die kinderbezogenen Entgeltbestandteile des BAT/BAT-O oder MTArb/MTArb-O in der für Oktober 2006 zustehenden Höhe als Besitzstandszulage fortgezahlt, solange für diese Kinder Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) oder nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) ununterbrochen gezahlt wird oder ohne Berücksichtigung des § 64 oder § 65 EStG oder des § 3 oder § 4 BKGG gezahlt würde. Die Besitzstandszulage entfällt ab dem Zeitpunkt, zu dem einer anderen Person, die im öffentlichen Dienst steht oder auf Grund einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder nach einer Ruhelohnordnung versorgungsberechtigt ist, für ein Kind, für welches die Besitzstandszulage gewährt wird, das Kindergeld gezahlt wird; die Änderung der Kindergeldberechtigung hat die/der Beschäftigte dem Arbeitgeber unverzüglich schriftlich anzuzeigen. …“
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Das beklagte Land zahlte dem Kläger für das in seinen Haushalt aufgenommene Kind seiner Ehefrau ab November 2006 keine Besitzstandszulage gemäß § 11 Abs. 1 TVÜ-Länder. Von August 2008 bis März 2010 war die Ehefrau des Klägers bei einem kommunalen Arbeitgeber beschäftigt. Ihr Arbeitsverhältnis richtete sich nach dem TVöD. Kinderbezogene Entgeltbestandteile erhielt sie nicht. Seit April 2010 steht die Ehefrau des Klägers wieder in einem Arbeitsverhältnis außerhalb des öffentlichen Dienstes. Der Kläger verlangte mit einem an das beim beklagten Land eingerichtete Landesamt für Bezüge und Versorgung gerichteten Schreiben vom 3. November 2008 für die Monate Juni bis Oktober 2006 die Zahlung des kinderbezogenen Ortszuschlags gemäß § 29 Abschn. B Abs. 3 BAT und ab November 2006 die Zahlung der kinderbezogenen Besitzstandszulage gemäß § 11 Abs. 1 TVÜ-Länder für das in seinen Haushalt aufgenommene Kind seiner Ehefrau. Das beklagte Land lehnte die Zahlung des kinderbezogenen Ortszuschlags bzw. der kinderbezogenen Besitzstandszulage in einem Schreiben vom 7. November 2008 mit der Begründung ab, die Ansprüche des Klägers seien verfallen, weil der Kläger sie nicht innerhalb der tariflichen Ausschlussfrist von sechs Monaten gemäß § 70 Satz 1 BAT bzw. § 37 Abs. 1 Satz 1 TV-L geltend gemacht habe.
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Der Kläger ist der Ansicht, das beklagte Land berufe sich rechtsmissbräuchlich auf die tarifliche Ausschlussfrist. Er habe sich vor dem Ausfüllen des Formblatts „Veränderungsanzeige“ am 26. Juni 2006 telefonisch bei der Personalsachbearbeiterin der Justizvollzugsanstalt W V erkundigt, wie hinsichtlich des in seinen Haushalt aufgenommenen Kindes seiner Ehefrau zu verfahren sei. In dem Formular sei nur eine Rubrik für eigene, leibliche Kinder vorgesehen gewesen. Die Personalsachbearbeiterin V habe ihm erklärt, das Kind seiner Ehefrau sei bei der Ermittlung des Ortszuschlags nicht zu berücksichtigen, weil es weder sein leibliches Kind sei noch von ihm adoptiert worden sei. Er habe daraufhin in der Veränderungsanzeige nicht angegeben, dass er das Kind seiner Ehefrau in seinen Haushalt aufgenommen habe. Erst im August 2008 habe er von der tatsächlichen Rechtslage Kenntnis erlangt. Jedenfalls sei für die Zeit ab Mai 2008 die tarifliche Ausschlussfrist gewahrt. Maßgebend sei, dass ihm ab Juni 2006 der kinderbezogene Ortszuschlag zugestanden habe. Dass das beklagte Land ihm diesen nicht gezahlt habe, sei nach Wortlaut und Zweck der tariflichen Regelung in § 11 TVÜ-Länder unerheblich. Nur diese Auslegung der Tarifvorschrift werde dem Grundsatz gerecht, dass durch die Nichtwahrung tariflicher Ausschlussfristen zwar die monatlich neu entstehenden Zahlungsansprüche verfallen, jedoch das Stammrecht als solches nicht untergeht. Ohne Bedeutung sei die vorübergehende Beschäftigung seiner Ehefrau bei einem kommunalen Arbeitgeber. Der TVöD habe ihr keinen Anspruch auf kinderbezogene Entgeltbestandteile eingeräumt, so dass die Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Länder für den Wegfall der kinderbezogenen Besitzstandszulage nicht erfüllt seien.
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Der Kläger hat beantragt
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festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, an den Kläger für die Zeit von Juni bis Oktober 2006 den kinderbezogenen Ortszuschlag nach § 29 Abschn. B Abs. 3 BAT und ab November 2006 die Besitzstandszulage Kind gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Länder zu zahlen.
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Das beklagte Land hat zu seinem Klageabweisungsantrag die Ansicht vertreten, der Anspruch des Klägers auf den kinderbezogenen Ortszuschlag für die Monate Juni bis Oktober 2006 sei gemäß § 37 Abs. 1 Satz 1 TV-L verfallen, weil der Kläger ihn erstmals mit seinem Schreiben vom 3. November 2008 und damit erst nach Ablauf der tariflichen Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit geltend gemacht habe. Die Voraussetzungen einer unzulässigen Rechtsausübung lägen nicht vor. Die Personalsachbearbeiterin der Justizvollzugsanstalt W V habe gegenüber dem Kläger nicht erklärt, kinderbezogener Ortszuschlag stehe nur für eigene Kinder zu. Im Übrigen habe der Kläger gewusst, dass für die Feststellung und Berechnung der Bezüge und des Kindergeldes nicht die Personalabteilung der Justizvollzugsanstalt W, sondern das Landesamt für Bezüge und Versorgung zuständig ist. Aufgrund des Verfalls des Anspruchs auf kinderbezogenen Ortszuschlag stehe dem Kläger auch die in § 11 Abs. 1 TVÜ-Länder geregelte kinderbezogene Besitzstandszulage nicht zu. Die Tarifbestimmung knüpfe den Anspruch auf diese Zulage daran, dass dem Beschäftigten im Oktober 2006 tatsächlich kinderbezogener Ortszuschlag gezahlt worden ist. Bei der kinderbezogenen Besitzstandszulage handele es sich nicht um ein Stammrecht, dessen Anspruchsvoraussetzungen jeden Monat neu erfüllt werden könnten.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch auf kinderbezogenen Ortszuschlag und kinderbezogene Besitzstandszulage weiter. Das beklagte Land beantragt, die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist begründet, soweit der Kläger die Feststellung begehrt, dass ihm ab Mai 2008 kinderbezogene Besitzstandszulage zusteht. Die Vorinstanzen haben die Klage insoweit zu Unrecht abgewiesen. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Die vom Kläger für den Klagezeitraum Juni 2006 bis April 2008 geltend gemachten Ansprüche sind verfallen.
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I. Die Feststellungsklage ist zulässig. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse liegt vor. Das angestrebte Feststellungsurteil ist geeignet, den Streit der Parteien über die Zahlung kinderbezogenen Ortszuschlags und kinderbezogener Besitzstandszulage endgültig beizulegen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu vermeiden. Es kann vom beklagten Land als juristischer Person des öffentlichen Rechts erwartet werden, dass es einem stattgebenden Feststellungsurteil nachkommen wird und dem Kläger kinderbezogenen Ortszuschlag und kinderbezogene Besitzstandszulage zahlt (vgl. BAG 21. Januar 2010 - 6 AZR 449/09 - Rn. 14 mwN, AP BGB § 611 Dienstordnungs-Angestellte Nr. 78 = EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Dienstordnungs-Angestellte Nr. 3).
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II. Dem Kläger steht für die Zeit ab Mai 2008 gemäß § 11 Abs. 1 TVÜ-Länder kinderbezogene Besitzstandszulage zu. Er hat diese Zulage mit seinem Schreiben vom 3. November 2008 an das Landesamt für Bezüge und Versorgung für die Zeit ab November 2006 geltend gemacht und damit für die Zeit ab Mai 2008 die tarifliche Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 Satz 1 TV-L gewahrt. Diese Bestimmung regelt, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit von dem Beschäftigten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden. Für die Zeit ab Dezember 2008 musste der Kläger seinen Anspruch auf die kinderbezogene Besitzstandszulage nicht erneut geltend machen. Gemäß § 37 Abs. 1 Satz 2 TV-L reicht für denselben Sachverhalt die einmalige Geltendmachung des Anspruchs auch für später fällige Leistungen aus.
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1. Darüber, dass der Kläger ab Juni 2006 alle Voraussetzungen für den Anspruch auf kinderbezogenen Ortszuschlag erfüllt hat, besteht kein Streit. Nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 63 Abs. 1 Nr. 2 EStG hätte dem Kläger ohne Berücksichtigung des § 64 EStG ab Juni 2006 Kindergeld für das in seinen Haushalt aufgenommene Kind seiner Ehefrau zugestanden. Zwar heiratete der Kläger erst am 16. Juni 2006 und gehörte damit an sich erst ab diesem Tag gemäß § 29 Abschn. B Abs. 2 Nr. 1 BAT als verheirateter Angestellter zur Stufe 2 des Ortszuschlags. Jedoch regelt § 29 Abschn. C Abs. 2 Satz 1 BAT, dass der Ortszuschlag einer höheren Stufe vom Ersten des Monats an gezahlt wird, in den das für die Erhöhung maßgebende Ereignis fällt. Das beklagte Land hat dem Kläger auch ab Juni 2006 den Ortszuschlag der Stufe 2 gezahlt. Aufgrund des beim Ortszuschlag zu berücksichtigenden Kindes seiner Ehefrau hatte der Kläger damit gemäß § 29 Abschn. B Abs. 3 BAT ab Juni 2006 Anspruch auf den Ortszuschlag der Stufe 3.
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2. Allerdings hat das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen, dass sowohl der Anspruch des Klägers auf kinderbezogenen Ortszuschlag für die Monate Juni bis Oktober 2006 als auch der Anspruch des Klägers auf kinderbezogene Besitzstandszulage für die Monate November 2006 bis April 2008 gemäß § 37 Abs. 1 Satz 1 TV-L aufgrund der Versäumung der tariflichen Ausschlussfrist verfallen ist.
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a) Nach den vom Kläger nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und damit bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger diese Ansprüche erstmals am 3. November 2008 schriftlich geltend gemacht. Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 TV-L erfolgt die Zahlung des Tabellenentgelts und der sonstigen Entgeltbestandteile am letzten Tag des Monats. Mit seinem Schreiben vom 3. November 2008 hat der Kläger damit die tarifliche Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit nur für die Zeit ab Mai 2008 gewahrt. Soweit der Kläger darauf hingewiesen hat, dass er im Dezember 2006 eine Lohnsteuerkarte für das Jahr 2007 vorgelegt hat, in die ein halber Freibetrag für ein Kind eingetragen war, und vorgetragen hat, dass das beklagte Land diesen Freibetrag bei der Zahlung des Entgelts berücksichtigt hat, hilft ihm dies nicht weiter. Der in die Lohnsteuerkarte des Klägers eingetragene Freibetrag stellte schon deshalb keine Geltendmachung des Anspruchs auf kinderbezogenen Ortszuschlag bzw. kinderbezogene Besitzstandszulage dar, weil Lohnsteuerkarten weder dazu bestimmt noch dafür geeignet sind, die Erfüllung von Ansprüchen zu fordern. Soweit sie Eintragungen über die Zahl der Kinder enthalten, dient dies ausschließlich dem Zweck der richtigen Berechnung der Lohn- und Kirchensteuer. Wegen dieser dem Arbeitnehmer bekannten begrenzten Zwecksetzung kann in der Einreichung der Lohnsteuerkarte keine ordnungsgemäße Geltendmachung eines Teils des Entgelts gesehen werden (BAG 21. Januar 1993 - 6 AZR 174/92 - ZTR 1993, 466). In der Begründung seiner Revision geht der Kläger selbst davon aus, dass er für den Anspruchszeitraum Juni 2006 bis April 2008 die tarifliche Ausschlussfrist versäumt hat. Er meint nur, das beklagte Land berufe sich rechtsmissbräuchlich auf die tarifliche Ausschlussfrist.
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b) Entgegen der Ansicht des Klägers ist jedoch eine Korrektur der Verfallwirkung der tariflichen Ausschlussfrist gemäß § 242 BGB unter dem Gesichtspunkt einer unzulässigen Rechtsausübung des beklagten Landes nicht geboten.
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aa) Freilich ist aus § 242 BGB der für den gesamten Rechtsverkehr geltende Grundsatz zu entnehmen, dass jedermann in Ausübung seiner Rechte und Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln hat(BAG 10. März 2005 - 6 AZR 217/04 - AP BAT § 70 Nr. 38 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 176). Der Bedeutungsgehalt des § 242 BGB beschränkt sich nicht darauf, der Rechtsausübung(nur) dort eine Schranke zu setzen, wo sie zu untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit offensichtlich unvereinbaren Ergebnissen führt. Es ist vielmehr anerkannt, dass § 242 BGB zum Verlust eines Rechts im Hinblick auf ein missbilligtes Verhalten, das mit der Rechtsposition in sachlichem Zusammenhang steht, führen kann(BAG 13. Oktober 2010 - 5 AZR 648/09 - Rn. 19, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 199). Dies wird ua. dann angenommen, wenn der Schuldner die Kenntnis des Gläubigers von den anspruchsbegründenden Umständen verhindert. Der Arbeitnehmer kann deshalb auch dem Ablauf einer tariflichen Ausschlussfrist mit dem Einwand der unzulässigen Rechtsausübung begegnen, wenn der Arbeitgeber ihn von der rechtzeitigen Geltendmachung abgehalten oder es pflichtwidrig unterlassen hat, ihm Umstände mitzuteilen, die ihn zur Einhaltung der Ausschlussfrist veranlasst hätten (vgl. BAG 5. August 1999 - 6 AZR 752/97 - ZTR 2000, 36; 22. Januar 1997 - 10 AZR 459/96 - AP BAT § 70 Nr. 27 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 125).
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bb) Daran gemessen verstößt die Berufung des beklagten Landes auf die Verfallwirkung der tariflichen Ausschlussfrist nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB).
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(1) Nach den vom Kläger nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts war nach der bekannten Organisation des beklagten Landes allein das Landesamt für Bezüge und Versorgung für die Feststellung, Berechnung und Anweisung der Bezüge und des Kindergeldes zuständig. Dafür, dass ein Beschäftigter des Landesamtes für Bezüge und Versorgung den Kläger davon abgehalten hat, seinen Anspruch auf kinderbezogenen Ortszuschlag bzw. auf kinderbezogene Besitzstandszulage innerhalb der tariflichen Ausschlussfrist geltend zu machen, fehlt jeder Anhaltspunkt. Der Kläger hat dies auch nicht behauptet. Allerdings wäre der Kläger, wenn das Landesamt für Bezüge und Versorgung die Zahlung des kinderbezogenen Ortszuschlags trotz der Aufnahme des Kindes seiner Ehefrau in seinen Haushalt abgelehnt hätte, geradezu aufgefordert gewesen, seinen Anspruch auf kinderbezogenen Ortszuschlag bzw. auf kinderbezogene Besitzstandszulage frist- und formgerecht geltend zu machen (vgl. zur unzutreffenden Auskunft bezüglich des Anspruchs auf eine Intensivpflegezulage BAG 22. Januar 1997 - 10 AZR 459/96 - AP BAT § 70 Nr. 27 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 125).
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(2) Auch wenn zugunsten des Klägers davon ausgegangen wird, dass die Personalsachbearbeiterin der Justizvollzugsanstalt W V im Juni 2006 die vom Kläger behauptete und vom beklagten Land bestrittene Auskunft zum Anspruch des Klägers auf kinderbezogenen Ortszuschlag erteilt hat, beriefe sich das beklagte Land nicht rechtsmissbräuchlich auf die tarifliche Ausschlussfrist. Maßgebend ist zunächst, dass die Personalsachbearbeiterin V für die Berechnung und Feststellung des Tabellenentgelts und der sonstigen Entgeltbestandteile der Vergütung des Klägers nicht zuständig war, mag sie auch von den in der Justizvollzugsanstalt W Beschäftigten Anzeigen bzw. Veränderungsmitteilungen bezüglich ihrer persönlichen Verhältnisse entgegengenommen und an das Landesamt für Bezüge und Versorgung weitergeleitet haben. Hinzu kommt, dass der Kläger durch die unrichtige Auskunft nicht von der rechtzeitigen Geltendmachung seiner Ansprüche abgehalten wurde. Die Geltendmachung seiner Ansprüche wurde dadurch weder unmöglich gemacht noch auch nur erschwert. Die Personalsachbearbeiterin V hat mit ihrer unrichtigen Auskunft nicht die Kenntnis des Klägers von den anspruchsbegründenden Umständen verhindert. Sie hat auch beim Kläger nicht den Eindruck erweckt, der kinderbezogene Ortszuschlag werde auch ohne entsprechende Angaben in der Änderungsanzeige bzw. ohne schriftliche Geltendmachung des Anspruchs vom beklagten Land gezahlt. Dem Kläger hätte es jederzeit freigestanden, trotz der Auskunft der Personalsachbearbeiterin V dem Landesamt für Bezüge und Versorgung in der Veränderungsanzeige unter der Rubrik „Kindergeld, Familien-, Orts-, Sozialzuschlag“ die Aufnahme des Kindes seiner Ehefrau in seinen Haushalt mitzuteilen und im Falle der Nichtzahlung des kinderbezogenen Ortszuschlags seinen Anspruch gegenüber dem beklagten Land schriftlich innerhalb der tariflichen Ausschlussfrist geltend zu machen. Wenn die Berufung eines Arbeitgebers auf die tarifliche Ausschlussfrist grundsätzlich nicht allein deswegen gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstößt, weil er dem Arbeitnehmer eine unzutreffende Auskunft über das Bestehen seines Anspruchs gegeben hat (vgl. BAG 22. Januar 1997 - 10 AZR 459/96 - AP BAT § 70 Nr. 27 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 27), ist die Berufung eines Arbeitgebers auf die tarifliche Ausschlussfrist erst recht keine unzulässige Rechtsausübung, wenn die unrichtige Auskunft nicht von ihm selbst oder der von ihm bestimmten zuständigen Person oder Einrichtung erteilt worden ist, sondern der Arbeitnehmer der unrichtigen Auskunft einer für verbindliche Auskünfte nicht zuständigen Person geglaubt und es deshalb unterlassen hat, seinen Anspruch rechtzeitig und formgerecht geltend zu machen.
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3. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts und der Ansicht des beklagten Landes steht dem Anspruch des Klägers auf kinderbezogene Besitzstandszulage gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Länder für die Zeit ab Mai 2008 nicht entgegen, dass das beklagte Land dem Kläger in der Zeit von Juni bis Oktober 2006 keinen kinderbezogenen Ortszuschlag gezahlt hat. Für den Anspruch auf die Besitzstandszulage nach § 11 TVÜ-Länder ist allein erforderlich, dass der Beschäftigte im für die Überleitung in den TV-L maßgeblichen Stichmonat Oktober 2006 Anspruch auf den kinderbezogenen Entgeltbestandteil im Ortszuschlag gemäß § 29 Abschn. B BAT/BAT-O hatte. Die tatsächliche Zahlung dieses Entgeltbestandteils im Oktober 2006 ist dagegen nicht Tatbestandsvoraussetzung.
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a) Der Senat hat in Fällen, in denen das Zahlungsverhalten des öffentlichen Arbeitgebers und die objektive Rechtslage im Einklang standen, angenommen, dass der Beschäftigte die Zahlung der Besitzstandszulage nach dem Tarifwortlaut nur verlangen kann, wenn er den kinderbezogenen Entgeltbestandteil im Ortszuschlag im maßgeblichen Stichmonat erhalten hatte (BAG 30. Oktober 2008 - 6 AZR 712/07 - Rn. 8, BAGE 128, 219; 18. Dezember 2008 - 6 AZR 287/07 - Rn. 14 ff., BAGE 129, 93; 13. August 2009 - 6 AZR 319/08 - Rn. 24, AP TVÜ § 11 Nr. 4 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 11 Abs. 1 Nr. 15; bestätigend im Rahmen der Prüfung der Berechnung des Vergleichsentgelts in Konkurrenzfällen auch 17. Dezember 2009 - 6 AZR 668/08 - Rn. 20, EzTöD 320 TVÜ-VKA § 5 Abs. 2 Ortszuschlag Nr. 18). In diesen Fällen wurde den klagenden Beschäftigten der kinderbezogene Bestandteil im Ortszuschlag im maßgeblichen Monat nicht nur nicht gezahlt, sondern ihnen stand tatsächlich auch kein Anspruch darauf zu. Anlass, sich mit der hier streitbefangenen Fragestellung auseinanderzusetzen, hatte der Senat in den dortigen Konstellationen nicht. Aus dieser Rechtsprechung lässt sich daher für die hier streitbefangene Frage nichts herleiten.
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b) Für den Anspruch auf die Zulage nach § 11 TVÜ-Länder genügt es, dass dem Beschäftigten im für die Überleitung maßgeblichen Oktober 2006 der kinderbezogene Bestandteil im Ortszuschlag zustand(Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV Stand August 2009 G § 11 TVÜ-Länder Rn. 2; Schwarzburg Anm. öAT 2011, 21; im Ausgangspunkt auch Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand Oktober 2011 TVÜ-Länder Rn. 327 und BeckOK B/B/M/S/Müller Stand 15. Juli 2011 § 11 TVÜ-Länder Rn. 4, die es für den Anspruch auf die Besitzstandszulage ausreichen lassen, wenn innerhalb der Ausschlussfrist die Möglichkeit der Berücksichtigung von Kindern im Oktober 2006 nachträglich entsteht und nachgewiesen wird). Darüber, dass dies beim Kläger der Fall war, besteht zwischen den Parteien kein Streit.
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aa) Die Tarifvertragsparteien haben mit der Verwendung des im vorliegenden Zusammenhang mehrdeutigen Begriffs der „im Oktober 2006 zu berücksichtigenden Kinder“ nur den Grundsatz bezeichnet. Es fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, dass sie damit eine Stichtagsregelung in dem Sinne treffen wollten, dass es allein auf die tatsächlich in diesem Monat gezahlten kinderbezogenen Entgeltbestandteile ankommen sollte, und zwar gerade auch dann, wenn diese vom Arbeitgeber - sei es vorsätzlich, sei es versehentlich, sei es, wie im vorliegenden Fall, in Unkenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen - zu Unrecht nicht gezahlt worden sind. Es kann nicht in der Absicht der Tarifvertragsparteien gelegen haben, den weit in die Zukunft reichenden Anspruch auf die Besitzstandszulage von einem derartigen Zufall abhängig zu machen bzw. dem Arbeitgeber die Möglichkeit zu geben, durch sein Zahlungsverhalten Einfluss auf den Anspruch auf die Besitzstandszulage zu nehmen (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 28. Oktober 2009 - 7 Sa 209/09 - Rn. 31).
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bb) Die Tarifvertragsparteien wollten mit der Regelung in § 11 TVÜ-Länder den Besitzstand der Beschäftigten mit für das Entgelt berücksichtigungsfähigen Kindern wahren. Maßgeblich dafür ist der tatsächliche, individuelle Besitzstand der übergeleiteten Beschäftigten im Monat vor der Überleitung (BAG 18. Dezember 2008 - 6 AZR 287/07 - Rn. 22, BAGE 129, 93). Teil dieses Besitzstands sind aber auch solche Ansprüche, die zwar bestehen, die der Arbeitgeber, aus welchen Gründen auch immer, jedoch nicht erfüllt (BAG 24. Februar 2011 - 6 AZR 595/09 - Rn. 22, AP TVÜ § 5 Nr. 6 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 5 Abs. 2 Ortszuschlag Nr. 22). Darin liegt der Unterschied zu den vom Senat bereits entschiedenen Fällen (BAG 30. Oktober 2008 - 6 AZR 712/07 - BAGE 128, 219; 18. Dezember 2008 - 6 AZR 287/07 - aaO). In diesen Fällen gab es nach Auffassung der Tarifvertragsparteien, im für die Überleitung maßgeblichen Monat einen solchen schützenswerten Besitzstand nicht, weil wegen des Ruhens des Arbeitsverhältnisses kein kinderbezogener Bestandteil im Ortszuschlag zu zahlen war.
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Der Wille der Tarifvertragsparteien, auch nicht erfüllte Ansprüche auf den kinderbezogenen Bestandteil im Ortszuschlag in ihrem Bestand zu sichern, kommt in dem Bezug in § 11 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Länder auf die für Oktober 2006 „zustehende“ Höhe des kinderbezogenen Entgeltbestandteils zum Ausdruck. Aus dieser Formulierung lässt sich nicht lediglich entnehmen, dass die Zulage in der tatsächlich im Oktober 2006 ausgezahlten Höhe zu berücksichtigen sei. Vielmehr haben die Tarifvertragsparteien diesen Begriff entsprechend seinem Bedeutungsgehalt „etwas, worauf jemand einen rechtmäßigen Anspruch hat“ (Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache 3. Aufl. Stichwort: „zustehen“) verwendet. Die Tarifvertragsparteien wollten bei der Überleitung vom BAT in den diesen ablösenden TV-L an die tarifgerechten Grundlagen des Ortszuschlags anknüpfen und haben ausgehend davon den Anspruch auf die Besitzstandszulage nach § 11 TVÜ-Länder geregelt(vgl. BAG 24. Februar 2011 - 6 AZR 595/09 - Rn. 22, AP TVÜ § 5 Nr. 6 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 5 Abs. 2 Ortszuschlag Nr. 22). Ihr Wille, bei der Überleitung von den tarifgerechten Grundlagen der Vergütung auszugehen, hat auch in § 5 Abs. 1 TVÜ-Länder Niederschlag gefunden. Dort haben die Tarifvertragsparteien ebenfalls auf die im für die Überleitung maßgeblichen Monat „zustehenden“ und nicht die tatsächlich gezahlten Bezüge abgestellt.
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cc) Aus vorstehenden Erwägungen ergibt sich zugleich, dass auch das Argument, eine Zulage, die tatsächlich nicht geleistet worden ist, könne nicht „fortgezahlt“ werden, nicht trägt. Auch die Verwendung dieses Begriffs belegt nur, dass die Tarifvertragsparteien ihrer Regelung den tariflichen Normalfall zugrunde gelegt haben. Öffentliche Arbeitgeber erfüllen die gesetzlichen und tariflichen Ansprüche ihrer Beschäftigten im Allgemeinen auch tatsächlich.
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dd) Die Erwägung, § 11 TVÜ-Länder solle nur eine Schlechterstellung der übergeleiteten Beschäftigten verhindern und der Kläger habe im November 2006 nicht finanziell schlechter gestanden als im Oktober 2006, weil er in beiden Monaten keinen kinderbezogenen Entgeltbestandteil erhalten habe, überzeugt nicht. Aus den genannten Gründen bezweckt § 11 TVÜ-Länder eindeutig nicht die finanzielle Entlastung von Arbeitgebern, die im für die Überleitung maßgeblichen Stichmonat - aus welchen Gründen auch immer - den bestehenden Anspruch auf den kinderbezogenen Entgeltbestandteil im Ortszuschlag nicht erfüllt haben.
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ee) Entsprechend vorstehender Auslegung hat der Senat bereits ohne ausdrückliche Problematisierung angenommen, dass die Zulage nach § 11 TVÜ-Länder auch dann zu zahlen ist, wenn der darauf bestehende Anspruch im Oktober 2006 vom Arbeitgeber nicht erfüllt worden ist(BAG 18. März 2010 - 6 AZR 156/09 - Rn. 55, BAGE 133, 354).
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4. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, dass die Versäumung der Ausschlussfrist für den im Oktober 2006 zu zahlenden kinderbezogenen Entgeltbestandteil für das Bestehen des Anspruchs nach § 11 TVÜ-Länder als solches schädlich ist.
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a) Allerdings wird in der Literatur vertreten, dass der Anspruch auf die Besitzstandszulage nach § 11 TVÜ-Länder auch dann nicht zustehe, wenn der Beschäftigte im Oktober 2006 zwar tatsächlich Anspruch auf den kinderbezogenen Entgeltbestandteil gehabt habe, diesen aber nicht innerhalb der Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TV-L geltend gemacht habe(Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand Oktober 2011 TVÜ-Länder Rn. 327; BeckOK B/B/M/S/Müller Stand 15. Juli 2011 § 11 TVÜ-Länder Rn. 4). Den Umkehrschluss, dass es dem Arbeitgeber verwehrt ist, die Zahlung der Besitzstandszulage einzustellen, wenn er länger als sechs Monate nach der Überleitung gezahlt hat, obwohl die Voraussetzungen für diesen Anspruch nicht vorlagen, ziehen diese Kommentatoren allerdings nicht.
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b) Entgegen dieser nicht näher begründeten Auffassung berührt der Verfall des Anspruchs auf Zahlung des kinderbezogenen Entgeltbestandteils im für die Überleitung in den TV-L maßgeblichen Monat Oktober 2006 den mittelbar daran geknüpften Anspruch auf die Besitzstandszulage nach § 11 TVÜ-Länder als solchen nicht. Die Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TV-L erfasst nur die einzelnen Zahlungsansprüche, die sich aus § 11 TVÜ-Länder ergeben. Deshalb steht dem Kläger die Besitzstandszulage nach § 11 TVÜ-Länder zu, soweit die Ausschlussfrist für den jeweiligen monatlichen Einzelanspruch gewahrt ist(vgl. BAG 25. Juni 2009 - 6 AZR 384/08 - Rn. 20, AP TVÜ § 5 Nr. 3 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 5 Abs. 2 Ortszuschlag Nr. 16 für die Neuberechnung des Vergleichsentgelts durch den Arbeitgeber nach einer mehr als sechsmonatigen Überzahlung).
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aa) Es trifft zwar zu, dass die Versäumung der Ausschlussfrist zum Erlöschen bzw. Untergang des Anspruchs führt (BAG 30. März 1973 - 4 AZR 259/72 - BAGE 25, 169, 173 f.). Der vom Landesarbeitsgericht daraus gezogene Schluss, das Erlöschen des Anspruchs auf Zahlung des kinderbezogenen Bestandteils im Ortszuschlag für Oktober 2006 habe auch den Untergang des Anspruchs auf die Zulage nach § 11 TVÜ-Länder bewirkt, weil dieser vom Bestand des verfallenen Anspruchs für Oktober 2006 abhänge, trägt jedoch nicht.
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bb) Der Verfall und damit Untergang des Anspruchs nach Versäumung der Ausschlussfrist führt allerdings dazu, dass mit einem verfallenen Anspruch nicht aufgerechnet werden kann, weil keine Rechtsposition mehr besteht, die zur Aufrechnung gestellt werden könnte (BAG 30. März 1973 - 4 AZR 259/72 - BAGE 25, 169). Aus demselben Grund kann das auf die erloschene Schuld Geleistete auch im Wege des Bereicherungsausgleichs kondiziert werden, weil der Rechtsgrund für die Leistung fehlt (Schaub/Treber ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 209 Rn. 10; Matthiessen Arbeitsvertragliche Ausschlussfristen S. 51, 57).
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cc) In den genannten Fällen ist jedoch stets der unmittelbare Anspruch selbst gegenstandslos geworden und kann darum keine Rechtswirkungen mehr nach sich ziehen. In der vorliegenden Konstellation geht es dagegen um eine nur mittelbare Abhängigkeit eines Anspruchs von einem verfallenen Anspruch, nämlich um die Folgen des Verfalls des kinderbezogenen Entgeltbestandteils im Stichmonat Oktober 2006 für die an den Anspruch für diesen Monat knüpfende Zulage nach § 11 TVÜ-Länder. Welche Auswirkungen die Versäumung der Ausschlussfrist auf mittelbar von dem verfallenen Anspruch abhängige Ansprüche hat, kann nur unter Berücksichtigung des konkreten Zwecks der anspruchsbegründenden Norm im Einzelfall beantwortet werden.
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dd) Die Tarifvertragsparteien wollten, wie ausgeführt, ausgehend von den tarifgerechten Grundlagen den Besitzstand der Beschäftigten, die im für die Überleitung maßgeblichen Monat als „Stichmonat“ Anspruch auf den in den abgelösten Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes vorgesehenen kinderbezogenen Entgeltbestandteil hatten, schützen. Dieser Besitzstand wurde aber durch die Versäumung der Ausschlussfrist und den dadurch eingetretenen nachträglichen Untergang des Zahlungsanspruchs für Oktober 2006 nicht berührt, sondern blieb unverändert bestehen. In Fällen dieser Art ist zwischen dem Recht, das dem laufend neu entstehenden Anspruch zugrunde liegt, einerseits und dem Recht auf die jeweils fällig werdenden Einzelleistungen andererseits zu unterscheiden. Ersteres verfällt nicht (vgl. BAG 25. Juni 2009 - 6 AZR 384/08 - Rn. 20, AP TVÜ § 5 Nr. 3 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 5 Abs. 2 Ortszuschlag Nr. 16; 1. Juni 1995 - 6 AZR 926/94 - BAGE 80, 158, 162).
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Nach dem Zweck des § 11 TVÜ-Länder hat der Kläger demnach nur für den Monat Oktober 2006 sowie die Monate November 2006 bis April 2008, für die er die Ausschlussfrist versäumt hat, keinen Zahlungsanspruch mehr. Der unmittelbare Zahlungsanspruch für diesen Zeitraum ist untergegangen bzw. „unwiderruflich zerstört“ (so die Formulierung von Matthiessen Arbeitsvertragliche Ausschlussfristen S. 54 f.). Die nur mittelbar an den Zahlungsanspruch für Oktober 2006 anknüpfende Besitzstandszulage steht dem Kläger aber zu, soweit er für die ab Mai 2008 entstandenen Ansprüche die Ausschlussfrist gewahrt hat.
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5. Der Umstand, dass die Ehefrau des Klägers in den Monaten August 2008 bis März 2010 bei einem kommunalen Arbeitgeber beschäftigt war, bewirkte nicht den Wegfall der Besitzstandszulage.
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a) Allerdings entfällt die Besitzstandszulage gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Länder ab dem Zeitpunkt, zu dem einer anderen Person, die im öffentlichen Dienst steht oder aufgrund einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder nach einer Ruhelohnordnung versorgungsberechtigt ist, für ein Kind, für welches die Besitzstandszulage gewährt wird, das Kindergeld gezahlt wird.
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aa) Diese Voraussetzungen für den Wegfall der Besitzstandszulage waren an sich erfüllt. Die Ehefrau des Klägers stand ab August 2008 im öffentlichen Dienst. Ihr wurde für ihr in den gemeinsamen Haushalt mit dem Kläger aufgenommenes Kind auch Kindergeld gezahlt. Ihrem Wortlaut nach stellt die Regelung in § 11 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Länder nur darauf ab, ob der anderen Person Kindergeld gezahlt wird, und nicht auch darauf, ob sie aus ihrer Tätigkeit im öffentlichen Dienst kinderbezogene Leistungen erhält oder erhalten kann.
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bb) Wenn sich aber das Arbeitsverhältnis der anderen Person zB nach dem TVöD oder nach dem TV-L richtet und die andere Person damit keinen Anspruch auf kinderbezogene Leistungen hat, ist ein Wegfall der Besitzstandszulage nicht gerechtfertigt (so auch Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand Oktober 2011 TVÜ-Länder Rn. 334). Ziel der Tarifvorschrift war es nämlich, Doppelzahlungen sowohl durch die Zahlung der Besitzstandszulage an den Beschäftigten als auch durch die Zahlung kinderbezogener Leistungen an die andere Person auszuschließen. Ist ein Kind in den gemeinsamen Haushalt von Eltern bzw. einem Elternteil und dessen Ehegatten aufgenommen, so bestimmen diese gemäß § 64 Abs. 2 Satz 2 EStG den Kindergeldberechtigten. Ein Wechsel des Kindergeldberechtigten sollte nach dem Willen der Tarifvertragsparteien nicht dazu führen, dass der Erwerbsgemeinschaft der Ehegatten die dem Beschäftigten bisher gezahlte Besitzstandszulage und zusätzlich seinem Ehegatten gezahlte kinderbezogene Entgeltbestandteile zukommen (Breier/Dassau/Kiefer/Thivessen TV-L Stand April 2010 § 11 TVÜ-Länder Rn. 12).
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cc) Würde allein die Kindergeldberechtigung der anderen im öffentlichen Dienst stehenden Person den Wegfall der Besitzstandszulage bewirken, wäre dies nicht gerechtfertigt. Es fehlen sachliche Gründe dafür, dass ein Beschäftigter, dessen kindergeldberechtigter Ehegatte eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst ohne Anspruch auf kinderbezogene Entgeltbestandteile aufnimmt, die ihm bisher gezahlte kinderbezogene Besitzstandszulage nicht mehr erhält, während einem Beschäftigten, dessen kindergeldberechtigter Ehegatte eine Tätigkeit bei einem Arbeitgeber der Privatwirtschaft beginnt, die kinderbezogene Besitzstandszulage weiterhin gezahlt wird. Eine Tätigkeit der anderen Person im öffentlichen Dienst führt deshalb nur dann zum Wegfall der Besitzstandszulage bei dem Beschäftigten, wenn die andere Person dort aufgrund ihres Anspruchs auf Kindergeld auch Anspruch auf kinderbezogene Leistungen hat (Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand Oktober 2011 TVÜ-Länder Rn. 334).
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b) Nach dem vom beklagten Land nicht bestrittenen Vorbringen des Klägers hat seine Ehefrau in der Zeit von August 2008 bis März 2010 keine kinderbezogenen Entgeltbestandteile erhalten. Das Arbeitsverhältnis der Ehefrau des Klägers richtete sich nach den Bestimmungen des TVöD, der keine kinderbezogenen Entgeltbestandteile vorsieht.
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III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Zur Ermittlung der Kostenquote war ein fiktiver, den gesamten Streitgegenstand abbildender Streitwert zu bilden. Dabei waren für jede Instanz bezogen auf den Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung der von der Feststellungsklage umfasste, vergangenheitsbezogene Zeitraum einerseits und der zukunftsgerichtete Teil der Klage andererseits zu berücksichtigen. Letzterer war wegen der Ungewissheit der künftigen Entwicklung in Anlehnung an § 42 Abs. 3 Satz 2 GKG mit dem 36-fachen der begehrten Vergütungsdifferenz zu bewerten(BAG 24. März 2011 - 6 AZR 851/09 -; 23. September 2010 - 6 AZR 174/09 - AP TV-L § 16 Nr. 1 = EzTöD 200 TV-L § 16 Stufenzuordnung Nr. 6).
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Fischermeier
Brühler
Spelge
Uwe Zabel
Matiaske
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 07.05.2015 – 7 Ca 3000/14 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten darum, ob dem Kläger noch Vergütungsansprüche aus einem Zeitraum zustehen, während dessen der Kläger arbeitsunfähig krank war. Der Kläger beansprucht für 26 Wochen ab dem 13.01.2011 Krankengeldzuschüsse nach Anlage 1 Abschnitt XII c AVR, und auf diese Krankengeldzuschüsse sowie auf die ebenfalls nicht gezahlte und vom Kläger mit der vorliegenden Klage geltend gemachte Weihnachtszuwendung 2011 gem. Anlage 1 Abschnitt XIV a und d AVR die Umlage- und Beitragszahlung an die KZVK gemäß Anlage 1 Abschnitt XIII in Verbindung mit § 1 a der Anlage 8 AVR und § 62 Abs. 2 c und § 62 Abs. 2 d der Satzung der KZVK. Desweiteren begehrt der Kläger nach Anlage 14 AVR einen arbeitstäglichen Urlaubsaufschlag sowie Urlaubsgeld für einen Erholungsurlaub in der Zeit vom 30.04.2012 bis zum 08.06.2012.
3Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt entsprechende Feststellungsanträge gestellt und hilfsweise im Wege der Stufenklage entsprechende Abrechnung und spätere Zahlung begehrt.
4Wegen des erstinstanzlichen streitigen und unstreitigen Vorbringens sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird zunächst gemäß § 69 Abs. 3 ArbGG auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
5Die Parteien stritten und streiten im Wesentlichen – insoweit im erstinstanzlichen Tatbestand nicht wiedergegeben – darum, ob die Ansprüche des Klägers gemäß § 23 AVR verfallen sind. Der Kläger hat erstinstanzlich unter verschiedenen Gesichtspunkten ausgeführt, warum seiner Meinung nach das Berufen der Beklagten auf die Ausschlussfristen rechtsmissbräuchlich ist. Er führt im Einzelnen auf, an welchen – psychischen – Erkrankungen er in der fraglichen Zeit gelitten hat. Dazu wird im Wesentlichen auf Blatt 32/33 der Akten Bezug genommen. Der Kläger meint, die Beklagte habe ohne gesonderte Aufforderung die Zahlung vornehmen müssen, zumal sie über die krankheitsbedingte Ausfallzeit und den einsetzenden Bezug von Krankengeld unterrichtet gewesen sei. Die Beklagte habe ihn, den Kläger, auf den drohenden Anspruchsverlust rechtzeitig hinweisen müssen, was sie nicht getan habe. Die Beklagte habe auch nicht ernsthaft erwarten dürfen, dass er, der Kläger, vom Inhalt des Regelwerks der AVR in seiner Gesamtheit Kenntnis habe. Es habe auf Seiten des Klägers zuvor keine Langzeiterkrankungen gegeben. Erst in der Erkrankung ab dem 02.10.2010 sei er erstmalig über den gesetzlichen Entgeltfortzahlungszeitraum hinaus erkrankt gewesen. Eine Kenntniserlangung sei auch nicht aufgrund von interkollegialem Erfahrungsaustausch in diesem Punkte vorhanden gewesen.
6Allerdings sei es so, dass, wenn im Einzelfall es zu einer Langzeiterkrankung komme, der betroffene Mitarbeiter von der Personalabteilung darauf hingewiesen werde, dass zur Berechnung des Krankengeldzuschusses ergänzende Angaben oder Unterlagen beizubringen seien, falls dies überhaupt erforderlich sein sollte. Dies geschehe in der Regel telefonisch, so z. B. bei den Mitarbeiterinnen M S und A Su . Auch als er, der Kläger, im ersten Quartal 2014 erneut über den Zeitraum von sechs Wochen hinweg erkrankt gewesen sei, habe die für ihn zuständige Frau Z ihn angerufen und gebeten, den Nachweis über Krankengeldbezug hereinzugeben (die Anrufe bei den genannten Mitarbeiterinnen und beim Kläger im ersten Quartal 2014 sind unstreitig). Der Kläger meint, es bestehe eine betriebliche Übung, wonach ein langzeiterkrankter Mitarbeiter nach Auslaufen der Entgeltfortzahlung vom Personalbüro der Beklagten kontaktiert und in Bezug von Krankengeldzuschuss hingewiesen werde. Das allein entspreche auch der gesteigerten Treue-, Hinweis- und Fürsorgepflicht der Beklagten gegenüber langzeiterkrankten Mitarbeitern.
7Er, der Kläger, sei im Streitfall aber nicht nach dem 12.01.2011 angerufen und auf Entsprechendes hingewiesen worden. Er sei zwar massiv psychisch erkrankt gewesen, jedoch über Festnetz und auf seinem Handy erreichbar gewesen. Anrufe der Beklagten seien insoweit nicht zu verzeichnen gewesen.
8Die Beklagte hat bestritten, dass die Erkrankung des Klägers so schwerwiegend gewesen sei, dass er nicht mehr in der Lage gewesen sei, sich in erforderlichem Maße um seine eigenen Angelegenheiten zu kümmern. Der Kläger habe dementsprechend, als es um die Änderung seiner Lohnsteuerklasse zu seinen Gunsten ging, sich ohne Probleme beim Personalbüro der Beklagten gemeldet. Eine Bescheinigung seiner Krankenkasse über die Höhe des Krankengeldes habe er aber nicht vorgelegt. Seitens der Beklagten seien wiederholt Versuche unternommen worden, mit dem Kläger in Kontakt zu treten, um die erforderlichen Angaben zu erhalten. Diese Versuche seien jedoch sämtlich erfolglos geblieben.
9Abgesehen davon habe der Kläger – was unstreitig ist – ab dem 30.04.2012 seine Arbeit wieder aufgenommen und sei viele Monate hindurch, lediglich unterbrochen von meist sehr kurzen krankheitsbedingten Fehlzeiten, voll arbeitsfähig gewesen und entsprechend auch bei der Beklagten eingesetzt worden.
10Von einer betrieblichen Übung im Zusammenhang mit dem Krankengeldzuschuss sei der Beklagten nichts bekannt.
11Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 07.05.2015 die Klage abgewiesen. Es hat die Feststellungsanträge als unzulässig angesehen und die Hilfsanträge als unbegründet. Der Kläger habe keinen Abrechnungsanspruch, folglich habe der Kläger auch keinen Anspruch auf Zahlung der sich aus den begehrten Abrechnungen ergebenden Entgelte.
12Gegen dieses am 07.05.2015 verkündete und am 19.05.2015 dem Kläger zugestellte Urteil hat dieser am 18.06.2015 Berufung eingelegt und diese am 13.07.2015 begründet. Der Kläger geht nach den angekündigten Anträgen zunächst von der Feststellungsklage zur bezifferten Leistungsklage über und stellt hilfsweise wiederum – inhaltlich geänderte – Auskunftsansprüche und unbezifferte Zahlungsansprüche im Wege der Stufenklage.
13Wegen der Ausführungen des Klägers zur Begründung der Berufung wird auf die Berufungsbegründung (Bl. 90 ff. d. A.) Bezug genommen. Wegen der Berechnung der klägerischen Ansprüche wird auf die Ausführungen in der Berufungsbegründung Blatt 97 ff. der Akten Bezug genommen.
14Der Kläger beantragt,
15unter Abänderung des am 07.05.2015 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Bonn – 7 Ca 3000/14 – wie folgt zu erkennen:
16Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger rückständige Vergütung aus den Jahren 2011 und 2012, mindestens jedoch 13.921,91 € brutto nebst Zinsen in Höhe von5 %-Punkten aus dem jeweiligen Basiszinssatz aus dem Betrag von 8.459,15 € brutto seit dem 01.08.2011, aus dem Betrag von 4.366,32 € brutto ab dem 01.12.2011 sowie aus dem Betrag von 1.096,44 € brutto ab dem 01.07.2012 zu zahlen;
17Hilfsweise wird beantragt:
18Die Beklagte wird verurteilt,
19a) dem Kläger die zur Berechnung des Krankengeldzuschusses im Zeitraum vom 13.01.2012 bis 13.07.2012 erforderlichen Auskünfte zu erteilen durch Angabe des Unterschiedsbetrages zwischen der Netto-Urlaubsvergütung und der um die gesetzlichen Beitragsanteile des Klägers zur gesetzlichen Renten-, Arbeitslosen- und sozialen Pflegeversicherung verminderten Leistungen der Sozialversicherungsträger;
20b) dem Kläger Auskunft zu erteilen über die Berechnung der Höhe des Umlagesatzes nach §§ 62 und 63 der Satzung der Zusatzversorgungskasse festgesetzten Satzes des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts in Form des Krankengeldzuschusses sowie der Jahressonderzahlung (Weihnachtszuwendung) 2011;
21c) dem Kläger Auskunft zu erteilen über die zur Berechnung der Jahressonderzahlung (Weihnachtszuwendung) 2011 erforderlichen Angaben in Form der ihm nach § 2 der Anlage zu 14 zu den AVR während des Erholungsurlaubs zustehenden Bezüge, die diesem zugestanden hätten, wenn er während des ganzen Monats September 2011 Erholungsurlaub gehabt hätte;
22d) dem Kläger Auskunft zu erteilen über die zur Berechnung des Urlaubsaufschlages und des Urlaubsgeldes in Bezug auf den im Zeitraum vom 29.04.2012 bis 08.06.2012 gewährten Resturlaub aus dem Jahr 2011 in Form der Angaben zur Ermittlung des Aufschlags nach § 2 Abs. 3 der Anlage 14 zu den AVR sowie des zum Zeitpunkt der Urlaubsnahme vergütungsgruppenbezogenen Urlaubgeldes nach § 7 der Anlage 14 zu den AVR.
23Die Beklagte wird verurteilt, die Richtigkeit der Auskünfte an Eides statt zu versichern.
24Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger die sich auf der Grundlage der erteilten Auskünfte errechenbare Vergütung nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
25Die Beklagte beantragt,
26die Berufung zurückzuweisen.
27Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Sie hält die Klageanträge nach wie vor für unzulässig und meint, auch der Zahlungsantrag sei unzulässig. Dieses folge aus § 67 Abs. 3 ArbGG, wonach Angriffsmittel, die im ersten Rechtszug entgegen § 282 Abs. 1 ZPO nicht oder nicht rechtzeitig vorgetragen worden seien, in der zweiten Instanz nicht mehr zugelassen würden. Auch die hilfsweise gestellten Anträge im Rahmen der Stufenklage – so meint die Beklagte – hätten schon in der ersten Instanz gestellt werden müssen. Jedenfalls aber seien alle Ansprüche aufgrund der Ausschlussklausel verfallen.
28Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen diesen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
29E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
30Die zulässige, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hatte in der Sache keinen Erfolg.
31A. Gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen ebenso keine Bedenken wie gegen die Zulässigkeit der Berufung.
32I. Soweit die Beklagte meint, bei der Leistungsklage handele sich um ein neues Angriffsmittel, das gemäß § 67 ArbGG nicht zuzulassen sei, so trifft dieses nicht zu. Von § 67 ArbGG nicht erfasst wird nämlich der Angriff selbst. Auch eine Klageänderung fällt nicht unter § 67 ArbGG. Sie ist nach § 525 ZPO i.V.m. § 263 ZPO zulässig, wenn entweder der Beklagte einwilligt oder aber das Gericht die Klageänderung für sachdienlich hält (vgl. statt vieler Germelmann § 67 ArbGG Rn. 6; BAG 11.04.2006 – 9 AZN 892/05).
33Sachdienlichkeit ist schon deshalb gegeben, weil der Leistungsantrag als der weitergebende Antrag besser zur Klärung des Rechtsstreits beiträgt, als ein bloßer Feststellungsantrag. Dahinstehen kann dabei, ob ein Feststellungsantrag – wie es das Arbeitsgericht entschieden hat – im vorliegenden Falle unzulässig wäre. Der Kläger hat den Feststellungsantrag nicht erneut gestellt, sondern ist zum Leistungsantrag übergegangen.
34Unabhängig davon aber stellt der Übergang von der Feststellungs- zur Leistungsklage eine Klageerweiterung nach § 264 Nr. 2 ZPO dar (vgl. z. B. BGH 12.05.1992 – VI ZR 118/91).
35II. Auch die Bezifferung mit einem Mindestbetrag ist im vorliegenden Fall zulässig. Der Kläger erstrebt – weil er die Stufenklage nur hilfsweise stellt – zwar ersichtlich nicht von vornherein nur eine stufenweise Erledigung. Jedoch kann auch eine bezifferte Teilklage mit einer unbezifferten Stufenklage verbunden werden (vgl. statt vieler Zöller/Greger § 254 ZPO Rn. 3).
36III. Der Übergang von der Feststellungs- zur Leistungsklage steht auch der Zulässigkeit der Berufung nicht entgegen. Der Übergang von der Feststellungs- zur Leistungsklage ist nicht nur eine Klageerweiterung gemäß § 264 Nr. 2 ZPO, wenn sich der neue Antrag auf dasselbe Rechtsverhältnis bezieht – was hier gegeben ist –, vielmehr wird mit dem Übergang zur Leistungsklage nach Abweisung einer auf dasselbe Rechtsverhältnis gestützten Feststellungsklage zugleich die Beseitigung der mit dieser Abweisung geschaffenen Beschwer erstrebt (BGH 08.06.1994 – VIII ZR 178/91).
37B. Die Klageanforderung ist jedoch unbegründet. Alle Ansprüche des Klägers, die mit der Klage verfolgt werden, sind aufgrund der Ausschlussfrist in § 23 Abs. 1 S. 1 AVR verfallen.
38Sowohl über die Leistungsklage als auch über die hilfsweise Stufenklage konnte daher sogleich durch Endurteil entschieden werden, weil dem Hauptanspruch die materiell-rechtliche Grundlage fehlt (vgl. Zöller/Greger § 254 ZPO Rn. 9 mit weiteren Nachweisen zur höchstrichterlichen Rechtsprechung).
39§ 23 Abs. 1 S. 1 AVR lautet wie folgt:
40„Ansprüche aus dem Dienstverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit vom Mitarbeiter oder vom Dienstgeber schriftlich geltend gemacht werden, soweit die AVR nichts anderes bestimmen.“
41I. § 23 Abs. 1 S. 1 AVR ist Inhalt des Arbeitsvertrags geworden. Dieser regelt nämlich in § 2, dass für das Dienstverhältnis die AVR in ihrer jeweiligen Fassung gelten (Bl. 8 d. A.). Gegen diese Verweisung bestehen unter dem Gesichtspunkt der AGB-Kontrolle keine Bedenken (vgl. zu den AVR des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland: BAG 09.08.2011 – 9 AZR 475/10). Auch gegen die Wirksamkeit der Ausschlussklausel als solcher bestehen insoweit keine Bedenken. Sie enthält eine Ausschlussfrist von sechs Monaten, die auch in einzelvertraglichen AGB wirksam ist (vgl. z. B. BAG 28.09.2005 – 5 AZR 52/05).
42II. Alle Ansprüche waren spätestens im Mai 2012 fällig, sodass die Ausschlussfrist grundsätzlich noch im Jahre 2012 ablief. Der Kläger hat aber frühestens im Jahre 2014 seine Ansprüche geltend gemacht (dazu noch unten).
43III. Dem Ablauf der Ausschlussfrist im Jahre 2012 steht nicht entgegen, dass der Kläger bis zum 29.04.2012 nach seinem Vortrag psychisch schwer erkrankt war. Selbst wenn ein Fall der „höheren Gewalt“ im Sinne des § 206 BGB vorläge und selbst wenn § 206 BGB auf Ausschlussfristen entsprechend anzuwenden wäre (vgl. dazu BAG 09.08.2011 – 9 AZR 352/10), gilt diese Hemmung nur „solange der Berechtigte durch höhere Gewalt an der Rechtsverfolgung gehindert war“.
44Der Kläger hatte aber unstreitig am 30.04.2012 seine Arbeit wieder aufgenommen und war über viele Monate, lediglich unterbrochen von meist sehr kurzen krankheitsbedingten Fehlzeiten ab da wieder voll arbeitsfähig und dementsprechend auch bei der Beklagten im Einsatz (so der unbestrittene Vortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 21.04.2015, Bl. 52 d. A.). Dafür, dass der Kläger seit dem 30.04.2012 im Sinne „höherer Gewalt“ aus Gründen der körperlichen und geistigen Beeinträchtigung nicht in der Lage gewesen wäre, seine Ansprüche geltend zu machen, ist vom Kläger nichts vorgetragen. Der Vortrag des Klägers im Schriftsatz vom 20. März 2015 bezieht sich nur auf die Erkrankung ab dem 02.10.2010. Diese war nach seinem eigenen Vortrag am 29.04.2012 beendet.
45IV. Das Berufen der Beklagten auf die Ausschlussfrist ist auch nicht rechtsmissbräuchlich.
461. Rechtsmissbräuchlichkeit des Berufens auf Ausschlussfristen hat das Bundesarbeitsgericht mehrfach beschäftigt (vgl. BAG 11.02.1988 – 6 AZR 614/84; 22.01.1997 – 10 AZR 459/96; 08.12.2011 – 6 AZR 397/10).
47a) Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 22.01.1997 betraf einen Fall, in dem sich der Kläger darauf berief, durch eine unzutreffende Auskunft des Arbeitgebers davon abgehalten worden zu sein, einen Anspruch auf eine Zulage rechtzeitig geltend zu machen. Dazu heißt es in dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts wie folgt:
48„Durch die unzutreffende Auskunft über den Anspruch auf eine Intensivpflegezulage hat die Beklagte den Kläger nicht an der Geltendmachung seines Anspruchs in irgendeiner Art gehindert. Von einem Arbeitnehmer muss verlangt werden, dass er sich hinsichtlich der Rechtslage über die Berechtigung eines vermeintlichen Anspruchs selbst informiert. Denn eine Unkenntnis über die rechtlichen oder tatsächlichen Voraussetzungen eines tariflichen Anspruchs bzw. dessen Verfall aufgrund einer tariflichen Ausschlussfrist sind rechtlich unbeachtlich (…).“ „Davon ausgehend hätte es dem Kläger jederzeit freigestanden, seine Ansprüche auf eine Intensivpflegezulage schriftlich geltend zu machen, wenn er den Anspruch für berechtigt angesehen hätte. Nachdem die Beklagte das Bestehen eines solchen Anspruchs verneint hatte, war der Kläger geradezu aufgefordert, die Ansprüche frist- und formgerecht geltend zu machen, wenn er seine Rechte für die Zukunft gewahrt wissen wollte. Der Kläger konnte bei der für die hinsichtlich der Erfüllung seines Anspruchs ungünstigen Rechtsauskunft der Beklagten nicht darauf vertrauen, dass deren Rechtsstandpunkt auch zutreffend ist. Wenn er gleichwohl der ungünstigen Auskunft der Beklagten glaubte und es unterließ, den Anspruch rechtzeitig und formgerecht geltend zu machen, so ist das sein Risiko und kann nicht zu Lasten der Beklagten gehen.“ (Rn. 18).“
49Das Bundesarbeitsgericht nimmt hier eine Abgrenzung der Risikosphären zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vor: Es ist Sache des Arbeitnehmers, dass er sich hinsichtlich der Rechtslage über die Berechtigung eines vermeintlichen Anspruchs selbst informiert. Eine Unkenntnis über die rechtlichen oder tatsächlichen Voraussetzungen eines tariflichen Anspruchs bzw. dessen Verfall aufgrund einer tariflichen Ausschlussfrist sind rechtlich unbeachtlich. Selbst dann, wenn der Arbeitgeber eine unzutreffende Auskunft über die Rechtslage hinsichtlich eines Anspruchs des Arbeitnehmers gibt, kann der Arbeitgeber sich nicht auf unzulässige Rechtsausübung berufen.
50b) Diese Risikoabgrenzung liegt auch schon früherer Rechtsprechung des BAG zugrunde (vgl. 11.02.1988 a.a.O. m.w.N.). In dieser Entscheidung von 1988 verweist das Bundesarbeitsgericht in einem ähnlichen Zusammenhang (Nichtvorlage eines Antragsformulars, weil die Sachbearbeiterin die Auffassung vertrat, dass überhaupt kein Anspruch bestehe) darauf hin, dass sich grundsätzlich jedermann über seine Rechte und Befugnisse Gewissheit verschaffen müsse und die Berufung auf die Ausschlussfrist deshalb nur „ausnahmsweise in besonders krassen Fällen“ rechtsmissbräuchlich sein könne. Dazu heißt es: „Eine andere Bewertung würde dem Sinne und Zweck der tariflichen Ausschlussfrist zuwiderlaufen“.
512. a) Aus der zitierten Rechtsprechung ergibt sich schon, dass es nicht relevant ist, dass der Kläger vorträgt, mangels vorangegangener Langzeiterkrankungen sei ihm nicht bekannt gewesen, dass nach den Bestimmungen der AVR die Beklagte verpflichtet sei, nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums einen Krankengeldzuschuss zu zahlen.
52b) Ebenso wenig hätte es nach dieser Rechtsprechung der Beklagten oblegen, den Kläger auf eine eventuelle Mitwirkungspflicht oder einen ansonsten drohenden Anspruchsverlust rechtzeitig hinzuweisen – wie der Kläger ebenfalls in der Klageschrift meint. Wenn der Arbeitgeber nicht einmal dann durch § 242 BGB daran gehindert ist, sich auf die Ausschlussfrist zu berufen, wenn er dem Arbeitnehmer eine falsche Auskunft gegeben hat, dann erst recht nicht, wenn er ihm keine Auskunft und keinen Hinweis gegeben hat. Davon abgesehen würde die Begründung einer Hinweispflicht des Arbeitgebers aus dem Fürsorgegesichtspunkt gerade dem Sinn und Zweck der tariflichen Ausschlussfrist und der vom Bundesarbeitsgericht vorgenommenen Risikoabgrenzung zuwiderlaufen. Könnte ein Arbeitnehmer sich gegenüber den Ausschlussfristen darauf berufen, der Arbeitgeber habe ihn auf den Anspruch hinweisen müssen, dann kämen die Ausschlussfristen so gut wie nie zum Zuge.
53c) Daran ändern auch die Schwere und Langwierigkeit der Erkrankung des Klägers nichts, auf die er sich in diesen Zusammenhang beruft. Der Kläger hat schon nicht behauptet, dass der Beklagten die Diagnose seiner Erkrankung und insbesondere der Grad seiner Erkrankung bekannt gewesen wären. Davon abgesehen aber wäre insoweit die Ausschlussfrist allenfalls in ihrem Ablauf für die Dauer der Krankheit gehemmt gewesen, wäre der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung allenfalls darauf beschränkt, dass der Beklagten verwehrt wäre, sich darauf zu berufen, dass die Ausschlussfrist bereits während der Krankheit des Klägers abgelaufen wäre. Für die Zeit danach gilt das oben zu III. Gesagte.
543. Auch eine vom Kläger so bezeichnete „betriebliche Übung“ der Beklagten, die dahin ginge, dass die Personalsachbearbeiter bei einer Erkrankung über sechs Wochen die Mitarbeiter aufforderten, zur Berechnung des Krankengeldzuschusses Unterlagen beizubringen, nach Vorbringen des Klägers „in der Regel telefonisch“, steht als Einwand der unzulässigen Rechtsausübung dem Berufen der Beklagten auf die Ausschlussfrist nicht entgegen.
55Die Beklagte hat eine entsprechende betriebliche Übung bestritten.
56a) Selbst wenn Personalsachbearbeiter in solchen Fällen regelmäßig die Mitarbeiter anriefen, wäre keine betriebliche Übung gegeben. Eine betriebliche Übung ist grundsätzlich nichts Anderes als ein konkludentes rechtsgeschäftliches Verhalten. Es kommt entscheidend darauf an, ob die Arbeitnehmer dem Verhalten des Arbeitgebers einen Verpflichtungswillen entnehmen können (vgl. z. B. BAG 19.05.2005 - 3 AZR 660/03 - AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 71; 31.07.2007 – 3 AZR 189/06). Selbst wenn Sachbearbeiter in der Vergangenheit langzeiterkrankte Mitarbeiter in der vom Kläger beschriebenen Art angerufen hatten, um entsprechende Unterlagen anzufordern, dann war dieses sowohl für die betroffenen als auch – wenn überhaupt erkennbar – für die übrigen Mitarbeiter nicht in dem Sinne auszulegen, dass die Beklagte sich rechtsgeschäftlich dazu verpflichten wollte, die Mitarbeiter in solchen Fällen immer anrufen zu lassen.
57b) Davon abgesehen hat der Kläger auch nur Einzelfälle genannt, die er zeitlich nicht einordnet (den Fall der Frau M S und der Frau A Su ). Solches zweimaliges Handeln (selbst dann, wenn man unterstellt, dass dieses vor der hier streitgegenständlichen Zeit geschah) könnte eine betriebliche Übung ohnehin nicht begründen.
58c) Schließlich hat der Kläger – was im Zusammenhang mit seinem Berufen auf unzulässige Rechtsausübung relevant ist – nicht einmal behauptet, dass ihm zum Jahre 2014 diese beiden Fälle bekannt gewesen seien. Mithin ist ohnehin nicht festzustellen, dass dadurch ein irgendwie geartetes Vertrauen des Klägers begründet worden wäre, dass durch das Berufen auf die Ausschlussfrist nicht enttäuscht werden dürfte.
59d) Selbst wenn aber ein Vertrauen des Klägers darauf, angerufen zu werden, grundsätzlich schützenswert gewesen wäre, dann wäre dieses jedenfalls seit dem Ablauf des ersten Quartals 2014 nicht mehr kausal für die Nichtgeltendmachung gewesen. Der Kläger trägt selbst vor, im ersten Quartal 2014 wiederum über einen Zeitraum von sechs Wochen hin erkrankt gewesen zu sein. Es habe ihn nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums die nunmehr zuständige Frau Z angerufen und ihn gebeten, den Nachweis über den Krankengeldbezug hereinzugeben, damit der Krankengeldzuschuss fertig gemacht werden könne. Der Kläger trägt vor, durch diesen Anruf erstmals Kenntnis davon erlangt zu haben, dass bei Langzeiterkrankung von der Beklagten ein Krankengeldzuschuss zu zahlen sei. Es ist mithin festzustellen, dass der Kläger jedenfalls ab dem Ablauf des ersten Quartals 2014 nicht mehr in seinem Vertrauen darauf zu schützen war, dass ein solcher Anspruch nicht bestehe.
60Es lässt sich aber – auch gerechnet ab dem 01.04.2014 – nicht feststellen, dass der Kläger rechtzeitig die Ansprüche noch geltend gemacht hätte. Eine Geltendmachung lässt sich erstmals mit der Klageschrift feststellen, die am 20. Dezember 2014 beim Gericht eingegangen ist und der Beklagten am 13.01.2015 zugestellt wurde.
61Eine Geltendmachung vor diesem Zeitpunkt hat der Kläger nicht dargetan. Er hat lediglich vorgetragen, die Beklagte habe mit Mail vom 6. Mai 2014 seine Ansprüche abgelehnt.
62Diese Mail (Bl. 19 d. A.) antwortet auf eine Mail des Klägers vom 3. Mai 2014. Darin heißt es:
63„Sehr geehrter Herr M ,
64bezugnehmend auf die Telefonate mit Frau Z letzte Woche, bitte ich Sie mir mit zu teilen, was die weitere Recherche von Frau F in der Angelegenheit ergeben hat.
65Besten Dank im Voraus
66L K “
67Zwar reicht zur Wahrung der Ausschlussfrist und des Schriftlichkeitsgebots des § 23 AVR die Einhaltung der Textform des § 126 b BGB. Deshalb genügt eine E-Mail, die den Namen und die Adresse des Ausstellers enthält und den Abschluss der Erklärung durch eine Grußformel und die Wiederholung des Namens eindeutig kenntlich macht, den Erfordernissen des § 126 b BGB (so zu § 70 S. 1 BAT, BAG 07.07.2010 – 4 AZR 549/08).
68Es muss sich aber im geschriebenen Text um eine „Geltendmachung“ des Anspruches handeln.
69Dazu gilt folgende Rechtsprechung: Ausschlussfristen dienen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Der Anspruchsgegner soll sich auf die aus Sicht des Anspruchsstellers noch offenen Forderungen einstellen, Beweis sichern oder bei hohen Summen vorsorglich Rücklagen bilden können. Die Geltendmachung einer Forderung im Sinne einer tariflichen Ausschlussfrist verlangt daher, dass die andere Seite zur Erfüllung des Anspruchs aufgefordert wird (vgl. BAG 20.02.2001 – 9 AZR 46/00). Als unzureichend ist dementsprechend die Aufforderung des Arbeitgebers an den Arbeitgeber beurteilt worden, die Anrechnung einer Tariflohnerhöhung auf eine freiwillige Zulage schriftlich zu begründen und „noch einmal zu überdenken“ (BAG 05.04.1995 – 5 AZR 961/93). Ebenso wenig genügte eine Erklärung des Arbeitnehmers, er behalte sich die Geltendmachung seiner Ansprüche vor oder er bitte „um Prüfung“ seiner Eingruppierung (vgl. BAG 20.02.2001 a.a.O. m.w.N.). Für die Geltendmachung genügt nur eine Erklärung einer Partei, mit der klargestellt wird, sie stelle der Gegenseite einen näher bestimmten Anspruch (BAG a.a.O.). Die Geltendmachung verlangt zwar keine Substantiierung, aber eine Spezifizierung des Anspruchs (BAG 11.12.2003 –6 AZR 539/02).
70Es bestehen schon erhebliche Bedenken, ob allein der Betreff „Krankengeldzuschuss AVR“ ausreicht, um die – schriftlich erforderliche – Spezifizierung des Anspruchs zu bewirken. Jedenfalls aber enthält der Text nicht die Aussage, an die Beklagte einen bestimmten Anspruch zu stellen. Es wird ähnlich der oben zitierten Prüfbitte lediglich um Mitteilung gebeten, was „die weitere Recherche … in der Angelegenheit ergeben hat.“ Das ist noch weniger als ein Vorbehalt der späteren Geltendmachung. Diese Mail erfüllt mithin die Anforderungen an § 23 AVR nicht.
71Gerechnet ab dem 1. April 2014, dem Datum, bis zu dem nach dem Vorausgesagten der Ablauf der Ausschlussfrist maximal gehemmt worden sein könnte, sind mithin wiederum mehr als sechs Monate verstrichen, bevor die Forderung des Klägers im Sinne des § 23 AVR mit der Klageschrift geltend gemacht wurde.
72V. Unter Berufung auf die angebliche betriebliche Übung hat der Kläger schließlich mit Schriftsatz vom 20. März 2015 Ansprüche auch auf positive Vertragsverletzung gestützt. Die Beklagte habe die ihr nach dem Dienstvertrag obliegende „Treue-, Hinweis- und Fürsorgepflicht“ gegenüber dem Kläger verletzt und sich dadurch schadensersatzpflichtig gemacht (Bl. 40 d. A.).
73Wie bereits oben dargestellt, hatte die Beklagte keine entsprechende Hinweispflicht. Eine solche ist auch nicht aus einer „betrieblichen Übung“ entstanden.
74Selbst wenn aber eine solche Hinweispflicht bestanden hätte, dann hätte ihre Nichterfüllung – wie oben dargestellt – allenfalls bis zum ersten Quartal 2014 den Kläger von der Wahrung der Ausschlussfrist abgehalten, wäre also eine entsprechende Pflichtverletzung nur bis dahin kausal für den Rechtsverlust gewesen. Der Kläger hat aber – wie ebenfalls dargestellt – nach dem 30. März 2014 bis zum Zeitpunkt der Klageerhebung weder Erfüllungsansprüche noch Schadensersatzansprüche in der Form des § 23 AVR geltend gemacht.
75C. Da mithin feststeht, dass dem Kläger weder der geltend gemachte Krankengeldzuschuss im Zeitraum vom 13.01.2012 bis zum 13.07.2012 noch Anspruch auf Zahlung des Umlagesatzes nach §§ 62 und 63 der Satzung der Zusatzversorgungskasse auf diesen Krankengeldzuschuss noch die Jahressonderzahlung für 2011 noch der Urlaubsaufschlag und das Urlaubsgeld für den Zeitraum vom 29.04.2012 bis zum 08.06.2012 zustanden, weil sämtliche Ansprüche nicht nach § 23 AVR rechtzeitig geltend gemacht wurden, war auch die hilfsweise mit der Berufung konkretisierte Stufenklage insgesamt abzuweisen (vgl. dazu statt vieler Zöller/Greger § 254 ZPO Rn. 9 mit Nachweisen zur höchstrichterlichen Rechtsprechung).
76Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
77RECHTSMITTELBELEHRUNG
78Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
79Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72a ArbGG verwiesen.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.
(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.
(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.
(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.
(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.