Arbeitsgericht Regensburg Endurteil, 24. Sept. 2015 - 8 Ca 997/15

bei uns veröffentlicht am24.09.2015

Gericht

Arbeitsgericht Regensburg

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 13.635,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten zuletzt noch über die Rechtsmäßigkeit der Änderungskündigung der Beklagten vom 21.04.2015.

Die am ... 1957 geborene und gegenüber einem Kind unterhaltspflichtige Klägerin war aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages vom 22.06.2010 (Bl. 26 f. d. A.) seit dem 01.09.2010 bei der Beklagten zunächst als Heimleiterin im Altenheim M… in S… zu einem Bruttomonatsgehalt von 4.545,- € beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden gemäß § 2 des Dienstvertrages die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen...(AVR) Anwendung.

Mit Schreiben der Beklagten vom 06.12.2013 wurde die Klägerin als Pflegedienstleiterin in das Alten- und Pflegeheim N.N. nach R… abgeordnet. In dem Klageverfahren gegen diese Abordnung vor dem Arbeitsgericht Weiden - Kammer Schwandorf - (Az. 3 Ca 2097/13) wurde mit Beschluss vom 13.06.2014 das Zustandekommen eines gerichtlichen Vergleichs zwischen den Parteien festgestellt (Bl. 28 f. d. A.), wonach sich die Klägerin mit der Abordnung einverstanden erklärt und ab dem 01.07.2014 als Pflegedienstleiterin im Alten- und Pflegeheim der Beklagten N.N. in R. zu einem Bruttomonatsgehalt von 4.545,- € weiterbeschäftigt wird, wobei Teil der Vergütung der Klägerin eine unwiderrufliche und nicht anrechenbare Besitzstandszulage in Höhe von 207,- € brutto für den Wechsel der Tätigkeit ist.

Gemäß Nachtrag zum Dienstvertrag vom 17.05.2014 (Bl. 30 d. A.) arbeitet die Klägerin seit dem 01.07.2014 mit 39 Stunden in der Woche als Pflegedienstleiterin im … Alten-und Pflegeheim N. N.

Auf das Arbeitsverhältnis findet das Kündigungsschutzgesetz Anwendung.

Am 23.03.2015 kam es im … Alten- und Pflegeheim N.N. zu folgendem Vorfall:

Gegen 10.30 Uhr wurde Feueralarm ausgelöst. Eine im 2. Obergeschoss im Aufenthaltsbereich der Bewohner auf einer Kommode befindliche LED-Kerze war in Brand geraten. Auf diesem Stockwerk befinden sich Zimmer von Heimbewohnern, die teilweise dement und/oder häufig gebrechlich sind. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Klägerin zusammen mit der Mitarbeiterin Frau D.D. und der Auszubildenden Frau E.E. im Wohnbereichsbüro im 2. Obergeschoss. Die Klägerin begab sich nach dem Feueralarm mit den beiden Mitarbeiterinnen auf den Flur. Auf dem Weg Richtung Treppenhaus sah die Klägerin im Bereich einer Sitzecke auf einer Kommode, die mit einer Steindeckplatte versehen war, die brennende LED-Kerze. In unmittelbarer Nähe der Kommode saß Herr G.G., ein schwer demenzkranker Heimbewohner. Die Klägerin nahm Herrn G.G. auf den Rücken und begab sich zusammen mit den zwei anderen Mitarbeiterinnen über das große Treppenhaus in die Halle im Erdgeschoss. Nachdem die Klägerin Herrn G.G. in die Halle verbracht hatte, lief sie über das große Treppenhaus erneut in das 2. Obergeschoss. Zwischenzeitlich waren dort bereits über das kleine Treppenhaus der Haustechniker und die Heimleiterin angekommen.

Der Notfallplan für das … Alten- und Pflegeheim N.N. in R. mit Stand 11/2014 lautete wie folgt:

„– Notfallplan komplett entfernt, in dem anoymisierten Exemplar Mit Schreiben vom 14.04.2015 (Bl. 31 d. A.) stellte der Beklagte die Klägerin mit sofortiger Wirkung von ihrer Aufgabe als Pflegedienstleiterin im Alten- und Pflegeheim N.N., in R. frei und ordnete sie zur Dienstleistung als Pflegefachkraft an das Alten- und Pflegeheim H.H. in C-Stadt ab. Die Abordnung galt zunächst befristet bis zum 30.06.2015. Mit der Klage hat sich die Klägerin zunächst auch gegen diese Abordnung vom 14.04.2015 gewandt.“

Die Mitarbeitervertretung bei dem Beklagten wurde mit Schreiben vom 26.03.2015 (Bl. 67 f. d. A.) über die beabsichtigte Änderungskündigung der Klägerin unterrichtet und um Zustimmung zur beabsichtigten Änderungskündigung gebeten.

Mit Schreiben vom 10.04.2015 (Bl. 37 d. A.) stimmte die Mitarbeitervertretung der beabsichtigten Änderungskündigung nicht zu.

Mit Schreiben vom 21.04.2015 (Bl. 35 f. d. A.), der Klägerin zugegangen am gleichen Tage, kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin wegen des Vorfalls vom 23.03.2015 fristgemäß zum 30.06.2015 und bot der Klägerin gleichzeitig die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses als Pflegefachkraft in einem anderen Heim des C. für die Diözese C-Stadt in der Stadt C-Stadt ab 01.07.2015 an.

Mit Schreiben vom 24.04.2015 an den Beklagten (Bl. 38 d. A.) nahm die Klägerin das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt, dass die Änderungen nicht sozial ungerechtfertigt sind, an.

Mit Schriftsatz vom 24.04.2015, eingegangen beim Arbeitsgericht Regensburg am 27.04.2015, erhob die Klägerin gegen die Änderungskündigung vom 21.04.2015 Kündigungsschutzklage, die dem Beklagten, ausweislich Zustellungsurkunde, am 28.04.2015 zugestellt wurde.

Der Beklagte setzte die Klägerin mit Schreiben vom 23.06.2015 (Bl. 66 d. A.) ab 01.07.2015 als Pflegefachkraft im Alten- und Pflegeheim H.H. in C-Stadt ein. Weiter wird in dem Schreiben mitgeteilt, dass die Klägerin entsprechend der Tätigkeit als Pflegefachkraft in die Entgeltgruppe 7 a Stufe 6 der Anlage 32 AVR eingruppiert ist.

Die Klägerin trägt vor:

Sie sei erst seit dem 01.07.2014 in dem Alten- und Pflegeheim der Beklagten in R. als Pflegedienstleiterin beschäftigt gewesen. Es habe kein Brandschutzkonzept existiert, sondern lediglich ein sog. Notfallplan, der in jedem Wohnbereichsbüro ausgehangen habe.

Sie habe sich am 23.03.2015 seit ca. 10.15 Uhr zusammen mit der Mitarbeiterin Frau D.D. und der Auszubildenden Frau E.E. im Wohnbereichsbüro im 2. Obergeschoss aufgehalten, als gegen 10.30 Uhr der Feueralarm losgegangen sei. Die langjährige Mitarbeiterin, Frau D.D., habe ihr dann schnell erklärt, dass sich alle Mitarbeiter im Falle eines Brandes in der Halle im Erdgeschoss einzufinden hätten, um dort weitere Anweisungen der Feuerwehr entgegenzunehmen. Da sie erst seit wenigen Monaten in dem Alten- und Pflegeheim beschäftigt gewesen sei, ein Brandschutzkonzept nicht bestanden habe, sondern lediglich der Notfallplan, habe sie entsprechend der hausinternen Regel das Büro zusammen mit den beiden Mitarbeiterinnen verlassen und sich Richtung Treppenhaus begeben. Auf dem Flur habe sie keine weiteren Personen gesehen. Zum Zeitpunkt des Feueralarms seien die nicht bettlägerigen Bewohner von der Gymnastikgruppe betreut worden. Auf dem Weg in Richtung großes Treppenhaus habe sie im Vorbeigehen auf der mit einer Steindeckplatte abgedeckten Kommode in der Sitzecke in einer Schale eine kleine Flamme von ca. 8 cm Flammenhöhe gesehen. In unmittelbarer Nähe habe der schwer an Demenz erkrankte Heimbewohner Herr G.G. gesessen. In einem Bruchteil von Sekunden habe sie sich entschlossen, Herrn G.G. auf dem Rücken über das Treppenhaus in die Halle im Erdgeschoß zu verbringen, damit er sich nicht verletzen könne und um ihren Verpflichtungen aus dem Notfallplan nachzukommen. Sie habe sich daraufhin zusammen mit den beiden Mitarbeiterinnen und Herrn G.G. in die Halle begeben. Nachdem sie Herrn G.G. in die Halle verbracht gehabt hatte, sei sie sofort wieder über das sog. große Treppenhaus in das 2. Obergeschoss zurückgekehrt, um diesen mit geeigneten Mitteln zu löschen. Als sie im 2. Stock angekommen sei, seien bereits der Haustechniker und die Heimleiterin, die über das sog. kleine Treppenhaus gekommen seien, vor Ort gewesen.

Sie sei mit den beiden Mitarbeiterinnen und mit dem Heimbewohner G.G. in die Halle gegangen, da ein Feuerlöscher oder andere zum Brandlöschen geeignete Gegenstände sich nicht in unmittelbarer Nähe befunden hätten.

Der Haustechniker und die Heimleiterin wären ohne Feuerlöscher am Brandherd eingetroffen, obwohl beim Eingang in den Flur jeweils ein Feuerlöscher hänge.

Sie sei zum seinerzeitigen Zeitpunkt von einer Brandschutzübung ausgegangen. Man könne ihr daher vorwerfen, die Situation fälschlich als Brandschutzübung eingeschätzt zu haben.

Zudem sei sie am 23.03.2015 nicht vollständig gesund gewesen. Im Zeitraum vom 18.03. bis zum 22.03.2015 sei sie wegen einer eitrigen Bronchitis arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Obwohl diese Erkrankung fortbestanden habe, sei sie am 23.03.2015 zum Dienst erschienen, da u. a. in der Karwoche zahlreiche Personen in Kurzzeitpflege aufgenommen werden sollten. In der Zeit vom 24.03. bis zum 29.03.2015 sei sie wiederum arbeitsunfähig erkrankt gewesen.

Sie habe sich entsprechend dem Notfallplan verhalten. Sie habe Ruhe bewahrt und Personen in Sicherheit gebracht. Erst weiter unten habe es im Notfallplan geheißen, evtl. Löschversuche zu unternehmen. Sie habe die Situation zunächst richtig erkannt, da sie davon ausgegangen sei, dass das Feuer keine Nahrung haben könne. Der Brandherd habe sich auf einer Steinplatte befunden, sämtliche Türen und Fenster seien geschlossen gewesen, so dass auch keine Zugluft ein Ausbreiten des Brandes hätte verursachen können. Sie habe entsprechend dem Notfallplan zuerst den Bewohner G.G. in Sicherheit gebracht und sei dann anschließend an den Brandort zurückgekehrt, um diesen eventuell zu löschen. Die Sicherheit des Heimbewohners habe für sie an wichtigster Stelle gestanden, zumal das Feuer keine Nahrung gehabt habe.

Personalgespräche mit dem Personalleiter der Beklagten, Herrn J.J., hätten am 09.04.2015 und am 13.05.2015 stattgefunden.

Sie sei zu keinem Zeitpunkt abgemahnt worden. Die ordentliche verhaltensbedingte Änderungskündigung sei daher sozial ungerechtfertigt, da als milderes Mittel eine Abmahnung in Betracht gekommen wäre.

Sie habe sich erkennbar nach dem existierenden Notfallplan verhalten und zunächst Personen in Sicherheit gebracht, bevor sie einen Löschversuch unternehmen wollte. Sie verkenne zwar nicht, dass sie die Situation insofern falsch eingeschätzt habe, als sie vielleicht zuerst den Brand hätte löschen und sich dann um die Sicherheit der Bewohner hätte kümmern sollen. Gleichwohl müsse aber berücksichtigt werden, dass sie die Entscheidungen in einem Bruchteil von Sekunden habe treffen müssen und davon ausgegangen sei, der Brand hätte keine Nahrung. Andere Personen hätten sich zu dem Zeitpunkt nicht im Flur oder in unmittelbarer Nähe des Brandherdes aufgehalten. Das Wohl des schwer an Demenz erkrankten Heimbewohners habe für sie im Vordergrund gestanden. Sie hätte auch nicht Frau D.D. anweisen können, Herrn G.G. in Sicherheit zu bringen, da diese körperlich hierzu nicht imstande gewesen wäre, da es sich um eine 60jährige übergewichtige Mitarbeiterin mit schweren Knieproblemen handele. Auch der jungen und unerfahrenen Auszubildenden, Frau G., hätte sie diese Verantwortung nicht zumuten können.

Zu berücksichtigen sei außerdem, dass sie als Pflegedienstleiterin bisher in die Entgeltgruppe KR 9 d (Anlage 32 AVR) Regelvergütung Stufe 5 eingruppiert sei und nach einer entsprechenden Rückgruppierung als Folge der Änderungskündigung eine finanzielle Einbuße in Höhe von 1.100,- € brutto monatlich hätte, da auch die Besitzstandszulage in Höhe von 207,00 € wegfiele.

Die Kündigung sei auch unwirksam, da die zuständige Mitarbeitervertretung ausweislich des Schreibens vom 10.04.2015 ihre Zustimmung zur beabsichtigten Änderungskündigung nicht erklärt habe, obwohl gem. § 33 Abs. 1 MAVO der Diözese C-Stadt die Zustimmung der Mitarbeitervertretung erforderlich gewesen sei, da es sich bei der Änderung der Arbeitsbedingungen um eine nicht nur vorübergehende Übertragung einer niedriger zu bewertenden Tätigkeit i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 4 MAVO handele, da sie Pflegedienstleiterin gewesen sei und nunmehr lediglich als Pflegefachkraft eingesetzt werden solle.

Die Klägerin beantragt zuletzt,

Es wird festgestellt, dass die Änderungen der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der Änderungskündigung vom 21.04.2015 sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen unwirksam sind.

Der Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Der Beklagte trägt vor:

Die Klägerin sei bei Auslösung des Feueralarms am 23.03.2015 die einzig anwesende Leitungskraft im 2. Obergeschoss des Alten- und Pflegeheims in R. gewesen. Zum Zeitpunkt des Brandes hätte sich in dem Stockwerk eine unbekannte Anzahl von Bewohnern -von einer Größenordnung von 10 - 15 Heimbewohnern ist auszugehen -aufgehalten. Sie habe weder etwas bezüglich des Brandes, etwa einen Löschversuch, noch hinsichtlich der Bewohner in ihren Zimmern veranlasst. Zu dritt habe man den Heimbewohner G.G. in die Halle im Erdgeschoss verbracht, ohne dass die Klägerin Anweisungen an eine der beiden anderen Mitarbeiterinnen gegeben hätte, sich um den Brandherd oder die anderen Bewohner auf dem Stockwerk zu kümmern. Vor allem sei ihr vorzuwerfen, dass sie den Brandherd und das Stockwerk völlig unbeaufsichtigt gelassen und damit eine mögliche unkontrollierte Entwicklung heraufbeschworen habe.

Es bleibt unklar, wieso die Klägerin, nach deren eigenem Vortrag die Flamme nur ca. 10 cm hoch gewesen sei, nicht sofort einen Löschversuch unternommen habe. Damit wäre auch dem Schutz des anwesenden Heimbewohners effektiv gedient gewesen. Sollte die Situation aber bedrohlicher gewesen sein, wäre es absolut unverantwortlich von der Klägerin als Leitungskraft gewesen, den Brandherd unbeaufsichtigt zu lassen.

Die Klägerin sei bei dem Brand am 23.03.2015 die einzig anwesende Leitungskraft gewesen und hätte daher arbeitsvertraglich die Pflicht gehabt, für eine geordnete Beherrschung der Situation zu sorgen. Von der Klägerin als Pflegedienstleiterin müsse verlangt werden, sich schnell ein Bild von der Situation zu verschaffen und geeignete Sofortmaßnahmen zu treffen. Der Klägerin sei mindestens vorzuwerfen, dass sie bei dem Brand die Prioritäten zumindest teilweise falsch gesetzt, den Überblick verloren und dadurch weitere Gefahren, etwa Löschversuche der Heimbewohner oder Panik bei den Bewohnern, heraufbeschworen habe. Das Unbeaufsichtigtlassen eines Feuers in einem Stockwerk, das von alten und teilweise dementen Personen bewohnt werde, stelle eine schwerwiegende Pflichtverletzung einer Pflegekraft mit Leitungsaufgaben dar. Die Klägerin habe sich mit ihrem Verhalten als ungeeignet für eine Leitungskraft gezeigt.

Eine Abmahnung sei vorliegend ungeeignet gewesen, da sich eine solche Situation in gleicher Weise nicht wiederholen werde, aber aufgrund des Verhaltens der Klägerin während des Brandes und der nachfolgenden Äußerungen davon ausgegangen werden müsse, dass sie auch in vergleichbaren Situationen ihren Aufgaben als Leitungskraft nicht gerecht werden würde. Im Unterschied zu täglich wiederkehrenden Aufgaben ist das, was von einer Leitungskraft als beanstandungsfreie Pflichterfüllung in Notsituationen im Einzelfall zu verlangen sei, situationsabhängig. Eine Abmahnung sei damit ungeeignet, in vergleichbaren Notsituationen ein erneutes Fehlverhalten der Klägerin als Leitungskraft auszuschließen.

Von einer Leitungskraft müsse gerade auch in Notsituationen verlangt werden, dass sie die Situation souverän beherrsche, insbesondere die Gefahrenlage sicher einschätze und die nötigen Anordnungen zur Sicherheit aller potentiell bedrohten Personen unter Berücksichtigung des Alters und des Gesundheitszustandes treffe. Auch müsse sich der Beklagte darauf verlassen können, dass gegenüber anwesenden unterstellten Mitarbeitern die jeweils notwendigen und richtigen Anordnungen zur Beherrschung der Situation getroffen würden. Im Interesse der Heimbewohner und anderen Mitarbeiter sei es daher geboten, die Klägerin von Leitungsaufgaben dauerhaft zu entbinden. Man habe sich für eine Änderungskündigung als milderes Mittel zu einer Beendigungskündigung entschieden, da sich das Fehlverhalten der Klägerin auf den Pflichtenkreis als Leitungskraft bezogen habe und nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eine Weiterbeschäftigung als Pflegekraft ohne Leitungsverantwortung möglich sei. Die Eingruppierung und die Vergütung der Klägerin hätten in der Änderungskündigung nicht genannt werden müssen, da sie sich aufgrund der geänderten Arbeitsbedingungen aus den geltenden AVR „tarifautomatisch“ ergäben.

Soweit die Klägerin später behauptet habe, sie habe den Vorfall für eine Brandschutzübung gehalten, sei völlig unerfindlich, wie die Klägerin darauf kommen könne, dass der Beklagte Übungen mit echten Brandherden durchführe. Dessen ungeachtet wäre aber auch im Falle einer Übung von einer Leitungskraft zu verlangen gewesen, dass sie sich bei einer Übung wie bei einem echten Brand verhält.

Mit Schreiben vom 26.03.2015 sei die Mitarbeitervertretung über die beabsichtigte Änderungskündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin unterrichtet und um Zustimmung zur beabsichtigten Änderungskündigung gebeten worden. Die Beteiligungsrechte der Mitarbeitervertretung nach § 30 MAVO seien eingehalten worden. Nach Erhebungen der Einwendungen der Mitarbeitervertretung sei eine weitere Sitzung am 10.04.2015 abgehalten worden. Danach sei der Beklagte berechtigt gewesen, die Kündigung ohne Weiteres auszusprechen (§ 30 Abs. 2 S. 3 u. 4 MAVO).

Soweit die Klägerin nunmehr erstmalig im Rahmen des Prozesses auf ihre angegriffene Gesundheit zum Zeitpunkt des Vorfalls verweist, sei dies unerheblich. Sie sei an diesem Tag im Dienst gewesen und sei daher als arbeitsfähig zu betrachten. Desweiteren sei sie offensichtlich auch in der Lage gewesen, den Heimbewohner G.G. auf den Rücken zu nehmen und zwei Stockwerke nach unten in die Halle zu tragen.

Im Übrigen wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien und die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 18.06.2015 (Bl. 44 f. d. A.) und vom 17.09.2015 (Bl. 124 f. d. A.).

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

I.

Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. b ArbGG gegeben. Die örtliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichts Regensburg ergibt sich aus § 46 Abs. 2 ArbGG, §§ 12, 17 Abs. 1 ZPO.

Die Klage ist im Übrigen zulässig. Das Feststellungsinteresse gemäß § 256 ZPO folgt aus den Regelungen der §§ 4, 7 KSchG.

II.

Die Klage ist unbegründet. Die Änderung der Arbeitsbedingungen der Klägerin in der Änderungskündigung vom 21.04.2015 ist sozial gerechtfertigt. Das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin besteht daher ab dem 01.07.2015 als Pflegekraft fort.

1. Die Klägerin hat die Änderung der Arbeitsbedingungen rechtzeitig unter Vorbehalt angenommen.

Bei der ordentlichen Änderungskündigung ist der Vorbehalt gemäß § 2 S. 2 KSchG innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung zu erklären. Mit der Vorbehaltsannahme vom 24.04.2015 ist diese Frist eingehalten.

2. Der Vorbehalt ist nicht gemäß §§ 4 S. 1 und 2, 7 2. HS KSchG erloschen.

2. Mit der am 27.04.2015 beim Arbeitsgericht Regensburg eingegangenen und dem Beklagten am 28.04.2015 zugestellten Änderungsschutzklage gem. § 46 Abs. 2 ArbGG, §§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1 ZPO ist die dreiwöchige Klagefrist eingehalten. Die Klägerin kann die Unwirksamkeit der Änderungskündigung daher unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt geltend machen.

3. Die Änderung der Arbeitsbedingungen ist sozial gerechtfertigt und damit wirksam gemäß §§ 2 S. 1, 1 Abs. 2 S. 1 KSchG.

Eine Änderungskündigung ist dann sozial gerechtfertigt, wenn der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu den bisherigen Bedingungen personenbedingte, verhaltensbedingte oder dringende betriebliche Gründe i. S. v. § 1 Abs. 2 KSchG entgegenstehen und die angebotenen geänderten Bedingungen dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen (vgl. KR-Rost/Kreft, 10. Aufl. 2013, § 2 KSchG Rdnr. 98a m. w. N.).

a) Die Klägerin kann sich auf die fehlende soziale Rechtfertigung der Kündigung berufen, da das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate besteht (§ 1 Abs. 1 KSchG) und der Beklagte regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer im Sinne des § 23 Abs. 1 KSchG zum Zeitpunkt der Kündigung beschäftigte.

b) Die Änderung der Arbeitsbedingungen der Klägerin mit der Änderungskündigung vom 21.04.2015 ist nicht aus personenbedingten Gründen sozial gerechtfertigt.

Eine personenbedingte Änderungskündigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer von seinen persönlichen Voraussetzungen her zumindest teilweise die Fähigkeit und Eignung verloren hat, die geschuldete Arbeitsleistung zu den bisherigen Arbeitsbedingungen zu erbringen und dass dieser Verlust nicht oder nicht mehr steuerbar ist (KR-Rost/Kreft, 10. Aufl. 2013, § 2 KSchG Rdnr. 100; Hessisches LAG, Urt. v. 29.10.2010, Az. 19 Sa 275/10).

Der Beklagte trägt zwar vor, dass von einer „Nichteignung“ der Klägerin als Leistungskraft auszugehen sei, stützt sich zur Begründung aber ausschließlich auf das Verhalten der Klägerin. Der Beklagte behauptet somit selber nicht, dass die Klägerin ihre Fähigkeit, in Notsituationen situationsangemessen zu handeln, aufgrund nicht steuerbarer Umstände -etwa einer Krankheit - verloren habe. Solche Umstände trägt auch die Klägerin nicht vor.

c) Die Änderung der Arbeitsbedingungen der Klägerin mit der Änderungskündigung vom 21.04.2015 ist aus verhaltensbedingten Gründen sozial gerechtfertigt.

aa) Eine verhaltensbedingte Änderungskündigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer durch sein Verhalten vertragliche Haupt- oder Nebenpflichten verletzt hat, dass aufgrund einer negativen Zukunftsprognose mit weiteren Vertragsverletzungen zu rechnen ist, dass aufgrund einer Interessenabwägung dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu den bisherigen Arbeitsbedingungen nicht mehr zugemutet werden kann sowie dass durch die Änderung der Arbeitsbedingungen die Gefahr weiterer Pflichtverletzungen beseitigt wird und im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes mildere Mittel hierzu nicht ausreichend sind. Die angebotenen Vertragsänderungen dürfen dabei nicht weiter gehen, als es zur Vermeidung künftiger Vertragsverletzungen notwendig ist.

Vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Änderungskündigung ist als Grundlage einer negativen Zukunftsprognose grundsätzlich eine einschlägige Abmahnung erforderlich, da davon auszugehen ist, dass das künftige Verhalten des Arbeitnehmers schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann (KR-Rost/Kreft, 10. Aufl. 2013, § 2 KSchG Rdnr. 100 a; Erfurter Kommentar/Oetker, 15. Aufl. 2015, § 2 KSchG Rdnr. 46; LAG Nürnberg, Urt. v. 096.08.2012, Az. 2 Sa 643/11; vgl. auch LAG Rheinland-Pfalz, U. v. 29.09.2010 Az. 8 Sa 229/10). Einer Abmahnung bedarf es nach Maßgabe des auch in § 314 Abs. 2 i. V. m. § 323 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach einer Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist (vgl. BAG, Urt. v. 20.11.2014, Az. 2 AZR 651/13).

bb) Der der streitgegenständlichen Kündigung zugrunde liegende Sachverhalt ist zwischen den Parteien im Wesentlichen unstreitig. Bei dem Brand am 23.03.2015 im Alten und Pflegeheim N.N. nahm die Klägerin nach Auslösung des Feueralarms und nach Erkennen des Brandherdes den sich in unmittelbarer Nähe des Brandherdes aufhaltenden an Demenz erkrankten Heimbewohner G.G. auf den Rücken und begab sich zusammen mit den zu diesem Zeitpunkt beiden einzigen anderen Mitarbeiterinnen im 2. Obergeschoss - Frau D.D. und Frau E.E,. - in die Eingangshalle im Erdgeschoss.

Die Klägerin hat damit die ihr obliegenden Pflichten als Pflegedienstleiterin in schwerwiegender Weise verletzt. In einem Alten- und Pflegeheim, in dem sich u. a. demente und/oder häufig gebrechliche Heimbewohner und damit besonders schutzbedürftige Personen befinden, obliegt allen Mitarbeitern, insbesondere aber den Leitungskräften, eine besondere Obhutspflicht für die ihnen anvertrauten Heimbewohner. Von einer Leitungskraft ist daher in einem Notfall, wie vorliegend am 23.03.2015, zu verlangen, nach Erkennen des Notfalls die situationsangemessenen Maßnahmen zum Schutz von Leib und Leben der Heimbewohner, aber auch der anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu treffen. Die Klägerin veranlasste als Pflegedienstleiterin und einzig anwesende Leitungskraft weder, dass der Brandherd unter Beobachtung bleibt, noch dass die aktuelle Zahl der Heimbewohner auf dem Stockwerk festgestellt und die teilweise dementen und/oder gebrechlichen Heimbewohner nicht sich selber überlassen werden.

Eine Pflichtverletzung der Klägerin ist nicht etwa - wie die Klägerin zumindest anfangs vorgetragen hat - unter Berufung auf den Notfallplan für das Alten- und Pflegeheim N.N.in R. mit Stand 11/2014 ausgeschlossen. Zum einen enthält der Notfallplan nur stichwortartig einige allgemeine Verhaltensvorschriften. Keinesfalls enthält der Notfallplan aber eine strikt der Reihenfolge nach abzuarbeitende Checkliste, wie sich, wenn es eines solchen Hinweises überhaupt bedarf, jedenfalls daraus ergibt, dass es u. a. heißt „Löschversuch evtl. unternehmen“. Im Übrigen sieht auch der Notfallplan gerade nicht vor, dass sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter Sich-selber-Überlassen der Heimbewohner in die Halle im Erdgeschoss zu begeben hätten, um Anweisungen der Feuerwehr nach deren Eintreffen entgegenzunehmen.

Für die Kammer ist es schlechterdings nicht nachvollziehbar, wieso die Klägerin den demenzkranken Heimbewohner G.G., der sich zugegebenermaßen in unmittelbarer Nähe des Brandherdes befand, auf dem Rücken zwei Stockwerke hinunter in die Halle ins Erd geschoss verbrachte, wenn nach Einschätzung der Klägerin eine Ausweitung des Brandes ausgeschlossen war, da es sich lediglich um eine ca. 8 cm große Flamme handelte, wobei sich der Brandherd auf einer Steinplatte befand und mangels Zugluft ohne Weiteres von selber erloschen wäre. Die Kammer verkennt nicht, dass insoweit eine Gefahr für Leib und Leben des Heimbewohners G.G. bestand, da aufgrund dessen Erkrankung durchaus mit einem unkontrollierten Verhalten gerechnet werden musste, etwa Herangehen an den Brandherd, unkontrollierter Löschversuch oder Spielen mit dem Feuer, bei dem sich der Heimbewohner etwa Brandverletzungen hätte zuziehen können oder ggf. sogar möglicherweise zu einer Ausweitung des Brandes hätte beitragen können. Es erschließt sich der Kammer aber auch nach Anhörung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 19.09.2015 nicht, wieso die Klägerin nicht lediglich veranlasste, dass der Heimbewohner G.G. aus dem unmittelbaren Gefahrenbereich weggebracht wird. Ein Verbringen in die Halle war gerade auch nach der eigenen Einschätzung der Klägerin nicht veranlasst, da das Feuer doch von selber erlöschen würde. Für den Fall, dass die Klägerin etwa diesbezüglich doch Zweifel gehabt hätte, bleibt es der Kammer aber wiederum völlig unverständlich, wieso die Klägerin als Leitungskraft dann nicht veranlasste, dass die anderen noch auf dem Stockwerk befindlichen Heimbewohner - zumindest soweit sie selbständig laufen konnten - ebenfalls nach unten verbracht wurden, oder aber -soweit sie hierzu nicht in der Lage waren - jedenfalls nicht sich selber überlassen wurden. Insbesondere gebrechliche Patienten sind aufgrund ihrer eingeschränkten Bewegungsfähigkeit bei Ertönen eines Feueralarms besonders beunruhigt und bedürfen der Betreuung.

Des Weiteren ist die Argumentation der Klägerin widersprüchlich. Zum einen wird im Schriftsatz vom 18.08.2015 auf S. 8 unten vorgetragen, dass sie sich entschlossen habe, den anwesenden Heimbewohner G.G. über das Treppenhaus in die Halle zu verbringen, nachdem sich ein Feuerlöscher oder ein anderer zum Löschen geeigneter Gegenstand nicht in unmittelbarer Nähe befunden habe. Zum anderen wird nur zwei Seiten weiter dem später am Brandherd eingetroffenen Haustechniker und der Heimleiterin angelastet, dass diese am Brandherd ohne Feuerlöscher eingetroffen seien, obwohl ein solcher am Eingang des Flurs hängt. Damit räumt die Klägerin selber ein, dass zum einen Feuerlöscher vorhanden waren und sich zum anderen diese auch in hinreichender Nähe zum Brandherd befanden. Es wäre daher völlig ausreichend gewesen, zum einen zu veranlassen, dass der Heimbewohner G.G. aus dem unmittelbaren Gefahrenbereich entfernt wird und zum anderen den Feuerlöscher zu holen, um das Feuer entweder zu löschen oder kontrolliert niederbrennen zu lassen.

Unklar bleibt der Kammer, was die Klägerin mit dem Hinweis, sie sei zum damaligen Zeitpunkt davon ausgegangen, dass es sich um eine Übung handle, zum Ausdruck bringen will. Soweit die Klägerin damit etwa sagen will, dass sie sich im Ernstfall anders verhalten hätte, verkennt die Klägerin damit Sinn und Zweck einer Brandschutzübung und disqualifiziert sich damit ebenfalls als Leitungskraft. Sinn und Zweck einer Brandschutzübung ist es ja gerade, dass sich alle Beteiligten so verhalten, wie sie sich auch im Ernstfall verhalten würden.

Die Klägerin hat offensichtlich ihr Fehlverhalten zumindest zuletzt eingesehen, da sie im Schriftsatz vom 18.08.2015 auf S. 14 folgendes vorträgt: „Dass die Klägerin die Situation insofern falsch einschätzte, dass sie vielleicht zuerst den Brand hätte löschen (Ergänzung des offensichtlich unvollständigen Satzes) und sich dann um die Sicherheit der Bewohner kümmern hätte sollen, wird diesseits nicht verkannt“.

cc) Nach Auffassung der Kammer war eine vorherige einschlägige Abmahnung der Klägerin entbehrlich, da es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelte, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Beklagten nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich - auch für die Klägerin erkennbar - ausgeschlossen war (vgl. BAG, Urt. v. 20.11.2014, Az. 2 AZR 651/13).

Die Klägerin hätte seinerzeit erkennen können und müssen, dass sie jedenfalls nicht den Brandherd ohne Beobachtung hätte lassen und die teilweise dementen und/oder gebrechlichen Heimbewohner nicht sich selber hätte überlassen dürfen. Auch hätte sie sich im Falle einer tatsächlich bestehenden ernstlichen Gefahr für Leib und Leben weiterer Heimbewohner nicht darauf beschränken dürfen, lediglich den Bewohner G.G. in Sicherheit zu bringen. Demgegenüber ist das Verbringen des Heimbewohners G.G. durch Tragen auf dem Rücken vom 2. Obergeschoss in die Halle im Erdgeschoss völlig unverhältnismäßig soweit die Klägerin nach eigenem Bekunden erkannt hatte, dass das Feuer von selber erlöschen würde.

Der Klägerin war als Pflegedienstleiterin bekannt, dass sich in dem Alten- und Pflegeheim der Beklagten sowohl gebrechliche Patienten als auch aufgrund einer schweren Demenzerkrankung besonders hilflose Personen aufhalten, sodass der Beklagte als Arbeitgeber der Klägerin es nicht hinnehmen kann, dass die Klägerin als Pflegedienstleiterin und damit verantwortliche Leitungskraft, in einer Notsituation völlig ungeeignete Maßnahmen zum Schutz von Leib und Leben sowohl der ihr anvertrauten hilflosen Patienten als auch der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter trifft. Dem Beklagten obliegt es zudem nach Auffassung der Kammer auch im Rahmen seiner Fürsorgepflicht der Klägerin gegenüber, diese nicht in einer Position zu belassen, in der sie jederzeit wieder in eine Notsituation geraten kann, bei der ein ungeeignetes Verhalten oder ungeeignete Anweisungen zu einer Gefahr für Leib und Leben anderer Personen führen können, mit ggf. entsprechenden rechtlichen Konsequenzen für die Klägerin, wenn Personen an Leib und Leben geschädigt werden. Aus diesen Gründen war nach Auffassung der Kammer vor Ausspruch der streitgegenständlichen Änderungskündigung eine einschlägige Abmahnung nicht erforderlich.

Entgegen der Auffassung der Beklagten wäre aber eine Abmahnung nicht von vornherein als ungeeignet ausgeschieden. Zwar ist der Beklagten zuzugestehen, dass im Unterschied zu einem sonstigen Fehlverhalten im Leistungsbereich das richtige Verhalten in einer Notsituation, wie etwa bei einem Brand, nicht ein für alle mal vorgeschrieben werden kann. Insoweit ist das zu verlangende situationsangemessene Verhalten von der Art des Notfalls und von den Einzelfallumständen abhängig. Auch können nicht sämtliche denkbaren Notfälle in einem Notfallplan festgelegt werden. Dessen ungeachtet könnte aber in einer Abmahnung der Klägerin aufgezeigt werden, inwieweit sie sich bei dem Brand am 23.03.2015 fehlerhaft verhielt und es könnte ihr aufgezeigt werden, wie sie sich in diesem Fall richtig verhalten hätte.

dd) Auch die bei einer verhaltensbedingten Kündigung durchzuführende Interessenabwägung führt nicht dazu, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen der Klägerin mit Änderungskündigung vom 21.04.2015 sozial ungerechtfertigt ist.

Die Kammer hat im Rahmen der Interessenabwägung zugunsten der Klägerin berücksichtigt, dass diese zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung annähernd fünf Jahre bei der Beklagten beschäftigt war und einem Kind zum Unterhalt verpflichtet ist. Demgegenüber ist aber nach Auffassung der Kammer entscheidend zu berücksichtigen, dass der Beklagte aufgrund der ihm obliegenden Fürsorgepflicht sowohl für die ihr anvertrauten Heimbewohner als auch die bei ihr beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dafür Sorge tragen muss, dass die eingesetzten Leitungskräfte - soweit dies möglich ist - die Gewähr bieten, in Notsituationen angemessene Maßnahmen zu ergreifen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte nicht etwa eine Beendigungskündigung ausgesprochen hat, sondern die Klägerin im Wege einer Änderungskündigung lediglich von ihren Leitungsfunktionen entbunden und der Klägerin eine Weiterbeschäftigung als Pflegefachkraft angeboten hat. Soweit sich die Arbeitsbedingungen damit verändern, folgt dies aus den entsprechenden tarifrechtlichen Regelungen. Weitergehende Änderungen der Arbeitsbedingungen erfolgten nicht.

4. Die Kündigung ist nicht wegen eines Verstoßes gegen die MAVO unwirksam.

Gemäß § 30 Abs. 1 S. 1 MAVO ist der zuständigen Mitarbeitervertretung vor jeder ordentlichen Kündigung durch den Dienstgeber schriftlich die Absicht der Kündigung mitzuteilen. Dies erfolgte mit Anhörungsschreiben des Beklagten vom 26.03.2015. Die Mitarbeitervertretung erhob mit Schreiben vom 10.04.2015 Einwendungen gemäß § 30 Abs. 2 S. 3 MAVO, die in einer Sitzung mit der zuständigen Mitarbeitervertretung am 10.04.2015 erörtert wurden. Nach Durchführung dieses Verfahrens ist der Arbeitgeber berechtigt, auch im Falle des Fortbestehens der Einwendungen der Mitarbeitervertretung, eine Kündigung auszusprechen, wie sich aus § 30 Abs. 4 MAVO ergibt.

Entgegen der Auffassung der Klägerinvertreterin war vorliegend nicht die Zustimmung der Mitarbeitervertreter gemäß §§ 33 Abs. 1, 35 Abs. 1 Ziff. 3 MAVO wegen der niedrigeren Eingruppierung einer Tätigkeit der Klägerin als Pflegekraft erforderlich. Die Wirksamkeit der Änderungskündigung, die eine Rückgruppierung nach sich zieht, kann nicht davon abhängig gemacht werden, dass eine Zustimmung der Mitarbeitervertretung zur Umgruppierung vorliegt, da sich die Rückgruppierung nur als mittelbare Folge der geänderten Arbeitsbedingungen ergibt (LAG Köln, Urt. v. 25.02.1999, Az. 10 Sa 1652/97).

III.

Die Kostenentscheidung ergeht gem. § 46 Abs. 2 ArbGG, § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO und die Streitwertfestsetzung gem. § 61 Abs. 1 ArbGG, § 42 Abs. 2 S. 1 GKG. Die Kammer hat einen Streitwert in Höhe von drei Bruttomonatsverdiensten der Klägerin festgesetzt, da der sich bei einer Änderungskündigung mit Gehaltsreduzierung ergebende Streitwert aus dem dreijährigen Unterschiedsbetrag nicht höher sein kann als der Streitwert einer Beendigungskündigung.

Urteilsbesprechung zu Arbeitsgericht Regensburg Endurteil, 24. Sept. 2015 - 8 Ca 997/15

Urteilsbesprechungen zu Arbeitsgericht Regensburg Endurteil, 24. Sept. 2015 - 8 Ca 997/15

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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

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(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverh
Arbeitsgericht Regensburg Endurteil, 24. Sept. 2015 - 8 Ca 997/15 zitiert 18 §§.

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Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht (§ 4 Satz 1, §§ 5 und 6), so gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam; ein vom Arbeitnehmer nach § 2 erklärter Vorbehalt erlischt.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 17 Allgemeiner Gerichtsstand juristischer Personen


(1) Der allgemeine Gerichtsstand der Gemeinden, der Korporationen sowie derjenigen Gesellschaften, Genossenschaften oder anderen Vereine und derjenigen Stiftungen, Anstalten und Vermögensmassen, die als solche verklagt werden können, wird durch ihren

Zivilprozessordnung - ZPO | § 12 Allgemeiner Gerichtsstand; Begriff


Das Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, ist für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist.

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(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

Das Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, ist für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist.

(1) Der allgemeine Gerichtsstand der Gemeinden, der Korporationen sowie derjenigen Gesellschaften, Genossenschaften oder anderen Vereine und derjenigen Stiftungen, Anstalten und Vermögensmassen, die als solche verklagt werden können, wird durch ihren Sitz bestimmt. Als Sitz gilt, wenn sich nichts anderes ergibt, der Ort, wo die Verwaltung geführt wird.

(2) Gewerkschaften haben den allgemeinen Gerichtsstand bei dem Gericht, in dessen Bezirk das Bergwerk liegt, Behörden, wenn sie als solche verklagt werden können, bei dem Gericht ihres Amtssitzes.

(3) Neben dem durch die Vorschriften dieses Paragraphen bestimmten Gerichtsstand ist ein durch Statut oder in anderer Weise besonders geregelter Gerichtsstand zulässig.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht (§ 4 Satz 1, §§ 5 und 6), so gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam; ein vom Arbeitnehmer nach § 2 erklärter Vorbehalt erlischt.

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2). Diesen Vorbehalt muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären.

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2). Diesen Vorbehalt muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Die Vorschriften des Ersten und Zweiten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten und des öffentlichen Rechts, vorbehaltlich der Vorschriften des § 24 für die Seeschiffahrts-, Binnenschiffahrts- und Luftverkehrsbetriebe. Die Vorschriften des Ersten Abschnitts gelten mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Betriebe und Verwaltungen, in denen in der Regel fünf oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden. In Betrieben und Verwaltungen, in denen in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden, gelten die Vorschriften des Ersten Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. Dezember 2003 begonnen hat; diese Arbeitnehmer sind bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach Satz 2 bis zur Beschäftigung von in der Regel zehn Arbeitnehmern nicht zu berücksichtigen. Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach den Sätzen 2 und 3 sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen.

(2) Die Vorschriften des Dritten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten Rechts sowie für Betriebe, die von einer öffentlichen Verwaltung geführt werden, soweit sie wirtschaftliche Zwecke verfolgen.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers und die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 25.3.2010, Az.: 6 Ca 556/09, unter Zurückweisung der Berufungen im Übrigen wie folgt teilweise abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch eine außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 30.6.2009 aufgelöst worden ist.

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 30.6.2009 aufgelöst worden ist.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger

10.075,06 €

brutto abzüglich

4.191,00 €

netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.9.2009

5.037,52 €

brutto abzüglich

1.257,30 €

netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.10.2009

5.037,52 €

brutto abzüglich

2.095,50 €

netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.11.2009

5.037,52 €

brutto abzüglich

2.095,50 €

netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.12.2009

5.037,52 €

brutto abzüglich

2.095,50 €

netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.1.2010

5.037,52 €

brutto abzüglich

2.095,50 €

netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.2.2010

5.037,52 €

brutto abzüglich

2.095,50 €

netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.3.2010

zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein Leistungsentgelt für das Jahr 2009 in Höhe von 227,11 € brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4.2.2010.

Der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte 388,80 € zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.6.2010.

Im Übrigen werden die Klage und die Widerklage abgewiesen.

Der Kläger hat 21 % und die Beklagte 79 % der erstinstanzlichen Kosten zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden zu 8 % dem Kläger und zu 92 % der Beklagten auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen und einer ordentlichen Kündigung sowie über mehrere Zahlungsansprüche des Klägers. Die Beklagte begehrt im Berufungsverfahren vom Kläger die Rückzahlung der aufgrund des erstinstanzlichen Urteils zur Abwendung der Zwangsvollstreckung ausgezahlten Geldbeträge.

2

Der Kläger war bei der Beklagten, die einen Flughafen betreibt, seit dem 01.06.1995 als Towerlotse beschäftigt. Seine Arbeitsvergütung belief sich zuletzt auf durchschnittlich 5.037,52 Euro monatlich. Die Beklagte beschäftigt in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden.

3

Am 31.03.2009 erteilte der Kläger einem Airbus 319 mit ca. 200 Passagieren die Landeerlaubnis, obwohl sich ein Baufahrzeug auf der Landebahn befand. Dieser Vorfall wurde im Mai 2009 zwischen den Parteien erörtert. Bereits am 12.03.2008 hatte der Kläger einem Flugzeug (B 737) Landeerlaubnis erteilt, obwohl die Landebahn nicht frei war, da dort gerade Bauarbeiten stattfanden. Hierzu erklärte der Kläger in einer schriftlichen Stellungnahme vom 15.03.2008 (Bl. 50 d.A.), dass er an dem betreffenden Morgen aufgrund der geringen Flugbewegung vergessen habe, dass der Overrun noch benutzt worden sei. Nach Behauptung der Beklagten erfuhr einer ihrer Mitgeschäftsführer erst am 22.06.2009 von diesem Vorkommnis.

4

Am 30.06.2009 fand zwischen dem Kläger und dem Mitgeschäftsführer der Beklagten W ein Gespräch statt, bezüglich dessen Verlaufs zwischen den Parteien insbesondere streitig ist, ob der Kläger die Annahme einer schriftlichen außerordentlichen sowie einer schriftlichen ordentlichen Kündigung verweigert hat. Noch am selben Tag wurde dem Kläger per Boten ein Schreiben zugestellt, welches den Ausspruch einer ordentlichen Kündigung zum 31.05.1995 beinhaltet.

5

Der Kläger hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, im Rahmen des Gesprächs vom 30.06.2009 sei ihm der Ausspruch einer fristlosen Kündigung nur angedroht worden. Es treffe nicht zu, dass der Mitgeschäftsführer der Beklagten versucht habe, ihm zwei Kündigungsschreiben zu übergeben. Der Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung stehe bereits die Versäumung der Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB entgegen. Im Übrigen liege kein schuldhaftes Fehlverhalten vor. Die Kündigung sei, auch in Ermangelung einer vorherigen Abmahnung, unverhältnismäßig. Insbesondere sei es der Beklagten möglich, ihn zu geänderten Bedingungen weiterzubeschäftigen. Infolge der Unwirksamkeit der Kündigung habe er Anspruch auf Zahlung einer vertragsgemäßen Arbeitsvergütung für den Zeitraum Juli 2009 bis einschließlich Februar 2010 abzüglich des für diesen Zeit bezogenen Arbeitslosengeldes. Zudem habe er gegen die Beklagte Ansprüche auf Zahlung von Leistungszulagen für die Zeit von Januar bis Mai 2009, auf Zahlung eines Leistungsentgelts für 2008 und 2009, auf Zahlung einer Ausbilderzulage für den Zeitraum November und Dezember 2008 sowie auf Zahlung einer Flugsicherungszulage für Dezember 2008. Für den Monat Juni 2009 sei die Beklagte zur Nachzahlung von Zulagen und Zuschlägen verpflichtet. Letztlich habe er Anspruch auf Erstattung von Kosten in Höhe von insgesamt 388,80 Euro, die ihm im Zusammenhang mit einer fliegerärztlichen Tauglichkeitsuntersuchung am 13.10.2009 entstanden seien.

6

Der Kläger hat beantragt,

7

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die außerordentliche Kündigung vom 30.06.2009 auf-gelöst worden ist,

8

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die ordentliche Kündigung vom 30.06.2009 aufgelöst worden ist,

9

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingung über den 30.06.2009 hinaus fortbesteht,

10

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für die Monate Juli und August 2009 eine Vergütung i.H.v. 10.075,06 € brutto abzüglich 4.191,-- € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.08.2009, weitere 5.037,52 € brutto abzüglich 1.257,30 € netto nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.09.2009, weitere 5.037,52 € brutto abzüglich 2.095,50 € netto nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 31.10.2009, weitere 5.037,52 € brutto abzüglich 2.095,50 € netto nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30.11.2009, weitere 5.037,52 € brutto abzüglich 2.095,50 € netto nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 31.12.2009 und weitere 5.037,52 € brutto abzüglich 2.095,50 € netto nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 31.01.2010 zu zahlen,

11

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 388,80 € netto zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

12

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.515,-- € brutto zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit, weitere 1.459,39 € brutto zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, sowie weitere 1.676,37 € brutto zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

13

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.037,52 € brutto abzüglich 2.095,50 € netto nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.02.2010 zu zahlen.

14

Die Beklagte hat beantragt,

15

die Klage abzuweisen.

16

Die Beklagte hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, der Kläger habe am 30.06.2009 den Zugang sowohl der schriftlichen fristlosen als auch der fristgemäßen Kündigung vereitelt, indem er sich geweigert habe, die Kündigungsschreiben entgegen zu nehmen. Bei den Vorfällen vom 31.03.2009 und vom 12.03.2008 habe es sich um schwere Störungen mit Kollisionsgefahr gehandelt, die der Kläger zu verantworten habe. Im Hinblick auf das große Gefährdungspotential für eine Vielzahl von Menschen seien die Fehler des Klägers geeignet, eine fristlose oder zumindest eine ordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Eine vorherige Abmahnung sei in einem solchen Fall entbehrlich. Vergleichbare offene Arbeitsplätze habe es zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs nicht gegeben. In Folge der Wirksamkeit der fristlosen Kündigung bestünden keine Vergütungsansprüche des Klägers mehr für die Zeit ab Juli 2009. Die Kosten für die fliegerärztliche Tauglichkeitsuntersuchung vom 13.10.2009 habe sie - die Beklagte - ebenfalls bereits deshalb nicht zu tragen, weil das Arbeitsverhältnis seinerzeit bereits beendet gewesen sei. Die sonstigen, vom Kläger geltend gemachten Zahlungsansprüche seien - soweit überhaupt entstanden - verfallen.

17

Von einer weitergehenden Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 25.03.2010 (Bl. 177 - 182 d.A.).

18

Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen F. T.. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 25.03.2010 (Bl. 159 ff d.A.) verwiesen.

19

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 25.03.2010 den Klageanträgen zu 1., 2., 4., 5. sowie 7. stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 9 - 18 dieses Urteils (= Bl. 183 - 192 d.A.) verwiesen.

20

Gegen das ihr am 28.04.2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 05.05.2010 Berufung eingelegt und diese zugleich begründet. Der Kläger hat gegen das ihm am 23.04.2010 zugestellte Urteil am Dienstag nach Pfingsten, dem 25.05.2010, Berufung eingelegt und diese innerhalb der ihm mit Beschluss vom 23.06.2010 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 07.07.2010 begründet.

21

Die Beklagte macht im Wesentlichen geltend, das Arbeitsgericht sei aufgrund einer fehlerhaften Beweiswürdigung zu dem Ergebnis gelangt, es sei nicht bewiesen, dass der Kläger dem Zugang der fristlosen Kündigung am 30.06.2009 vereitelt habe. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei die Aussage des diesbezüglich vernommenen Zeugen T. glaubhaft. Zwar treffe es zu, dass die fristlose Kündigung im Hinblick auf die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB lediglich auf den Vorfall vom 12.03.2008 gestützt werden könne. Bezüglich der ordentlichen Kündigung müsse jedoch auch das Vorkommnis vom 31.03.2009 herangezogen werden. Zu Unrecht sei das Arbeitsgericht zu dem Ergebnis gelangt, sowohl die fristlose als auch die ordentliche Kündigung seien unverhältnismäßig. Jeder Towerlotse müsse wissen, dass eine Oberflächlichkeit bei Erteilung einer Landeerlaubnis angesichts der Gefährdung von Menschen unverzeihlich sei und eine Vergesslichkeit, die der Kläger bezüglich des Vorfalls vom 12.03.2008 eingeräumt habe, nicht entschuldigt werden könne. Dies gelte auch hinsichtlich des Vorkommnisses vom 31.03.2009. Zu Unrecht habe das Arbeitsgericht hier ein Verschulden des Klägers verneint. Den Towerlotsen sei bekannt, dass im allgemeinen Sprachgebrauch selbst von Flughafenmitarbeitern die Begriffe Bahn oder Rollbahn (zumindest auch) für die Start- und Landebahn verwendet würden. Es gehöre daher auch selbstverständlich zu den Aufgaben eines Towerlotsen, sich bei Beantragung der Freigabe zur Benutzung der Bahn oder Rollbahn zu vergewissern, ob ein Zurollweg/Taxiway gemeint sei oder die Start- und Landebahn. Die Annahme des Arbeitsgerichts, der Kläger habe sich am 31.03.2009 darauf verlassen dürfen, dass die Anfrage, ob mit einem Fahrzeug auf die Rollbahn gefahren werden dürfe, sich nicht auf die Start- und Landebahn bezogen habe, sei somit unrichtig und unhaltbar. Da die Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abzuweisen sei, sei der Kläger verpflichtet, die vom Arbeitsgericht ausgeurteilten und an ihn zur Abwendung der Zwangsvollstreckung gezahlte Geldsumme von insgesamt 32.078,70 Euro zurückzuzahlen.

22

Die Beklagte beantragt,

23

das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

24

Den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte und Widerklägerin 32.078,70 Euro zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit.

25

Der Kläger beantragt,

26

die Berufung der Beklagten nebst Widerklage zurückzuweisen.

27

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe seines Schriftsatzes vom 07.07.2010, auf den Bezug genommen wird und macht zur Begründung seiner eigenen Berufung im wesentlichen geltend, die von ihm geltend gemachten Zahlungsansprüche seien - entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts - nicht teilweise verfallen. Das Arbeitsgericht habe verkannt, dass er selbst bereits mit Schreiben vom 15.06.2009 diese Ansprüche geltend gemacht habe und das betreffende Schreiben nochmals als Anlage zu einem Schreiben vom 30.06.2009 an die Beklagte versandt habe. Den Zugang dieser Schreiben habe die Beklagte bestätigt. Erheblich sei zudem, dass die betreffenden Ansprüche auch mit Schriftsatz vom 27.01.2010 geltend gemacht worden seien. Aus der korrigierten Abrechnung der Brutto-Nettobezüge für Juni 2009, datierend vom 29.07.2009, ergebe sich, dass die Beklagte keine Zulagen gezahlt habe. Somit habe er nicht vor dem 01.08.2009 Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen haben können.

28

Der Kläger beantragt,

29

unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere 2.515,00 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit, weitere 1.459,39 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, sowie weitere 1.676,37 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

30

Die Beklagte beantragt,

31

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

32

Zur Darstellung aller weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in zweiter Instanz wird auf die im Berufungsverfahren zu den Akten gereichten Schriftsätze, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

33

Die statthaften Berufungen der Beklagten und des Klägers sind sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die somit insgesamt zulässigen Rechtsmittel haben jedoch beide nur zu einem geringen Teil Erfolg.

B.

I.

34

Die Berufung der Beklagten ist lediglich insoweit begründet, als sie sich gegen die Verurteilung zur Zahlung von 388,80 Euro netto (Ziffer 4. des erstinstanzlichen Tenors) richtet. Im Übrigen erweist sich die Berufung als unbegründet.

35

1. a) Der Antrag auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die nach Behauptung der Beklagten am 30.06.2009 ausgesprochene außerordentliche Kündigung aufgelöst worden ist, ist zulässig. Dem steht nicht entgegen, dass dem Kläger nach seinem eigenen Vorbringen die betreffende Kündigungserklärung nicht zugegangen ist. Da der Kläger darüber hinaus geltend macht, eine außerordentliche Kündigung sei jedenfalls in Ermangelung eines wichtigen Grundes i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB unwirksam, ist sein Klageantrag dahingehend auszulegen, dass er die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch eine außerordentliche Kündigung vom 30.06.2009 aufgelöst worden ist. Mit diesem Inhalt ist der Antrag zulässig, da er auf die Feststellung eines zwischen den Parteien streitigen Rechtsverhältnisses gerichtet ist und der Kläger ein rechtliches Interesse i.S.v. § 256 Abs. 1 ZPO an dieser Feststellung hat.

36

b) Die Klage ist insoweit auch begründet.

37

Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist nicht durch eine seitens der Beklagten am 30.06.2009 ausgesprochene außerordentliche Kündigung aufgelöst worden. Dabei kann offen bleiben, ob die Behauptung der Beklagten zutrifft, der Kläger habe die Annahme der Kündigungserklärung verweigert mit der Folge, dass diese als zugegangen gelte. Eine solche Kündigung erweist sich nämlich jedenfalls in Ermangelung der Voraussetzungen des § 626 Abs. 1 BGB als unwirksam.

38

Ein wichtiger Grund i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB ist nach der gesetzlichen Definition gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, die es dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile unzumutbar machen, das Arbeitsverhältnis für die Dauer der ordentlichen Kündigungsfrist oder bis zur vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses fortzusetzen. Es ist daher zunächst zu prüfen, ob ein bestimmter Sachverhalt - ohne die besonderen Umstände des Einzelfalles - (überhaupt) geeignet ist, einen wichtigen Grund zu bilden. Sodann ist zu untersuchen, ob unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die konkrete Kündigung gerechtfertigt ist, d.h. ob es dem Kündigenden unzumutbar geworden ist, das Arbeitsverhältnis bis zu dem gemäß § 626 Abs. 1 BGB relevanten Zeitpunkt fortzusetzen.

39

Die Beklagte stützt die außerordentliche Kündigung auf ein ihr nach eigener Behauptung innerhalb von zwei Wochen vor Kündigungsausspruch bekannt gewordenes Fehlverhalten des Klägers im Zusammenhang mit der Erteilung einer Landeerlaubnis. Der Kläger hatte am 12.03.2008 eine Landeerlaubnis erteilt, obwohl die Landebahn nicht frei war. Darüber hinaus ist diesbezüglich der ähnlich gelagerte Vorfall vom 31.03.2009 (unterstützend) mit zu berücksichtigen, obwohl die Beklagte hiervon unstreitig bereits im Mai 2009 Kenntnis erlangt hatte. Es handelt sich in beiden Fällen zweifellos um gravierende Schlechtleistungen des Klägers. Solche sind allerdings regelmäßig lediglich geeignet, den Ausspruch einer ordentlichen Kündigung zu rechtfertigen. Allerdings kann bei besonders verantwortungsvollen Tätigkeiten, wozu auch diejenige des Klägers gehört, u.U. allein das Risiko des Eintritts eines hohen Schadens schon bei fahrlässigen Pflichtverletzungen eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung rechtfertigen.

40

Auch wenn man unter Anwendung dieser Grundsätze davon ausgeht, dass das Fehlverhalten des Klägers einen wichtigen Grund i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB darstellt, der an sich den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung rechtfertigen könnte, so erweist sich eine solche gleichwohl im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als unwirksam. Der Arbeitgeber muss nämlich grundsätzlich vor jeder Beendigungskündigung prüfen, ob eine Beschäftigung des Arbeitnehmers zu geänderten Arbeitsbedingungen auf einem freien Arbeitsplatz möglich und zumutbar ist und ggf. dem Arbeitnehmer eine solche Beschäftigung anbieten. Es gilt diesbezüglich der Vorrang der Änderungskündigung. Eine Änderungskündigung darf nur in "Extremfällen" unterbleiben, wenn der Arbeitgeber bei vernünftiger Betrachtung nicht mit einer Annahme des neuen Vertragsangebots durch den Arbeitnehmer rechnen konnte (BAG v. 21.09.2006 - 2 AZR 607/05 - AP Nr. 130 zu § 2 KSchG 1969). Dies gilt grundsätzlich auch bei einer verhaltensbedingten Kündigung, wobei dem Arbeitgeber eine anderweitige Beschäftigung regelmäßig nur dann zumutbar ist, wenn ein freier Arbeitsplatz besteht, auf dem der Arbeitnehmer die verlangte Tätigkeit anforderungsgerecht ausführen kann und objektive Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Arbeitnehmer bei einem Einsatz auf diesem anderen Arbeitsplatz das beanstandete Verhalten nicht fortsetzen wird, es sich also nicht um arbeitsplatzunabhängige Pflichtverstöße handelt (BAG v. 16.01.1997 - 2 AZR 98/96 -). Im Streitfall stand der Beklagten ein freier Arbeitsplatz zur Verfügung, den sie dem Kläger zur Vermeidung einer Beendigungskündigung - u.U. im Wege einer Änderungskündigung - hätte anbieten können. Nach dem unbestritten gebliebenen Sachvortrag des Klägers war zum Zeitpunkt der Kündigung eine offene Stelle als Mitarbeiter im Bereich Check-in/Passage auf der Homepage der Beklagten ausgeschrieben. Das Vorbringen der Beklagten, "vergleichbare" offene Arbeitsplätze habe es zum Zeitpunkt der Kündigung nicht gegeben, erweist sich von daher als unerheblich. Da der Kläger sich ausdrücklich auf diese Weiterbeschäftigungsmöglichkeit berufen hat, ist auch davon auszugehen, dass er ein diesbezügliches Änderungsangebot zumindest unter Vorbehalt angenommen hätte. Auch ansonsten sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Beklagte bei vernünftiger Betrachtung nicht mit einer Annahme (zumindest unter Vorbehalt) eines entsprechenden Vertragsangebotes rechnen konnte. Auch der Beklagten selbst war es zumutbar, den Kläger als Mitarbeiter im Bereich Check-in/Passage weiterzubeschäftigen. Wie bereits ausgeführt, stellt nämlich das fahrlässige Fehlverhalten des Klägers - auch ohne vorherige Abmahnung - gerade nur deshalb einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung dar, weil die Tätigkeit des Klägers als Towerlotse als besonders verantwortungsvoll zu qualifizieren ist. Die Schwere der Pflichtwidrigkeit steht daher in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem vom Kläger wahrzunehmenden Aufgabenbereich. Es sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich oder vorgetragen, dass bei einer Weiterbeschäftigung des Klägers als Mitarbeiter im Bereich Check-in/Passage mit ähnlichen Fehlleistungen gerechnet werden müsste. Die Beklagte war daher zur Vermeidung einer Beendigungskündigung gehalten, dem Kläger eine solche Weiterbeschäftigung (zu geänderten Bedingungen) anzubieten. Eine außerordentliche Beendigungskündigung stellt sich somit als unverhältnismäßig dar.

41

2. Die gegen die ordentliche Kündigung vom 30.06.2009 gerichtete Kündigungsschutzklage ist ebenfalls begründet.

42

Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die streitbefangene ordentliche Kündigung nicht aufgelöst worden. Die Kündigung ist sozial ungerechtfertigt und daher rechtsunwirksam (§ 1 Abs. 1 KSchG).

43

Auch wenn man mit der Beklagten davon ausgeht, dass die Pflichtverletzungen des Klägers den Ausspruch einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung - auch ohne vorherige Abmahnung - grundsätzlich rechtfertigen können, so steht der Wirksamkeit einer solchen im vorliegenden Fall der Umstand entgegen, dass es der Beklagten möglich und zumutbar war, dem Kläger zur Vermeidung einer Beendigungskündigung die Weiterbeschäftigung auf einen freien Arbeitsplatz zu geänderten Arbeitsbedingungen anzubieten. Diesbezüglich wird auf die obigen Ausführungen unter I. 1. b) verwiesen.

44

3. Die Klage auf Zahlung von Arbeitsvergütung für den Zeitraum Juli 2009 bis Februar 2010 (Klageanträge zu 4. und 7.) ist ebenfalls begründet.

45

Infolge der Unwirksamkeit der streitbefangenen Kündigungen hat der Kläger gegen die Beklagte gemäß § 615 BGB Anspruch auf Zahlung seiner vertragsgemäßen Arbeitsvergütung, die sich unstreitig auf durchschnittlich 5.037,52 Euro brutto monatlich beläuft. Hiervon ist das vom Kläger in den einzelnen Monaten bezogene und in den Zahlungsanträgen zutreffend berücksichtigte Arbeitslosengeld in Abzug zu bringen, da die Arbeitsentgeltansprüche des Klägers insoweit gemäß § 115 Abs. 1 SGB X auf den Sozialleistungsträger übergegangen sind.

46

4. Die Klage auf Zahlung von Aufwendungsersatz für die vom Kläger im Zusammenhang mit der fliegerärztlichen Untersuchung, der er sich am 13.10.2009 unterzogen hat, entstandenen Kosten in Höhe von 388,80 Euro (Klageantrag zu 5.) ist unbegründet.

47

Soweit der Kläger geltend gemacht hat, die Kosten für eine solche Untersuchung würden von der Beklagten "entsprechend den arbeitsvertraglichen Regelungen" übernommen, so erweist sich dieses Vorbringen als unsubstantiiert. Der schriftliche Arbeitsvertrag der Parteien vom 31.05.1995 (Bl. 13 f d.A.) enthält keine diesbezügliche Bestimmung. Auch ansonsten ist das Zustandekommen einer Vereinbarung, auf die der Kläger seinen Kostenerstattungsanspruch stützen könnte, weder vorgetragen noch ersichtlich.

48

Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 670 BGB. Nach dieser Bestimmung ist der Auftraggeber zum Ersatz der Aufwendungen des Beauftragten verpflichtet. § 670 BGB findet auf den Dienstvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, entsprechende Anwendung. Der Beauftragte soll durch die Geschäftsbesorgung keinen Nachteil erleiden, aus ihr aber auch keinen Vorteil ziehen. Die für die Erbringung der Arbeitsleistung notwendigen Betriebsmittel hat der Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen. Nur was zur selbstverständlichen Einsatzpflicht des Arbeitnehmers bei der Arbeit gehört, wird durch die Vergütungszahlung ausgeglichen. Wer im Interesse des Arbeitgebers und auf dessen Wunsch Aufwendungen macht, die durch keine Vergütung abgegolten werden, kann Ersatz dieser Aufwendungen verlangen (BAG v. 16.10.2007 - 9 AZR 170/07 - AP Nr. 34 zu § 670 BGB).

49

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist ein Aufwendungsersatzanspruch in analoger Anwendung des § 670 BGB vorliegend nicht anzuerkennen.

50

Es besteht ein beiderseitiges Interesse der Arbeitsvertragsparteien, dass sich der Kläger der für seine Tätigkeit notwendigen fliegerärztlichen Tauglichkeitsuntersuchung für Flugsicherungspersonal unterzieht. Dem Arbeitgeber kann jedoch nur dann das alleinige Tragen der Aufwendungen auferlegt werden, wenn sein Interesse soweit überwiegt, dass das Interesse des Anderen vernachlässigt werden kann (vgl. BAG v. 16.10.2007, a.a.O.). Es ist zwar nicht zu verkennen, dass die Beklagte ein betriebliches Interesse daran hat, dass der Kläger über die für die Erbringung seiner Tätigkeit als Fluglotse erforderlichen Bescheinigungen verfügt. Andererseits hat der Kläger selbst hieran auch ein eigenes Interesse. Ohne die fliegerärztliche Tauglichkeitsuntersuchung für Flugsicherungspersonal durfte er die vertraglich geschuldete Tätigkeit wohl weder bei der Beklagten noch bei einem anderen Arbeitgeber ausüben. Von daher lässt sich nicht feststellen, dass das Interesse der Beklagten soweit überwiegt, dass sie die Kosten zu tragen hat. Vielmehr können die Kosten für die fliegerärztliche Tauglichkeitsuntersuchung als Teil der selbstverständlichen Einsatzpflicht des Klägers angesehen werden. Denn ohne diese Tauglichkeitsuntersuchung könnte der Kläger die geschuldete Arbeitsleistung nicht anbieten. Die Aufwendungen für die Untersuchung scheinen insoweit vergleichbar mit den Aufwendungen für die Verlängerung der Fahrerlaubnis inklusive Gesundheitsuntersuchung, die für Lastkraftfahrer erforderlich ist. Diese Kosten hat grundsätzlich der Fahrer selbst zu tragen (vgl. BAG v. 16.10.2007, a.a.O.).

51

5. Die von der Beklagten im Berufungsverfahren erhobene Widerklage ist nur zu einem geringen Teil begründet.

52

Da die Klage des Klägers auf Zahlung von Aufwendungsersatz in Höhe von 388,80 Euro unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abzuweisen ist, hat die Beklagte gegen den Kläger Anspruch auf Rückzahlung dieses, von ihr zur Abwendung der Zwangsvollstreckung an den Kläger geleisteten Geldbetrages.

53

Im Übrigen ist die Widerklage unbegründet, da das erstinstanzliche Urteil, soweit den Leistungsanträgen auf Zahlung von Arbeitsvergütung für die Zeit von Juli 2009 bis Februar 2010 stattgegeben wurde, aufrechtzuerhalten ist.

II.

54

Die Berufung des Klägers ist ebenfalls nur zum Teil begründet.

55

1. Der Kläger hat gegen die Beklagte Anspruch auf Zahlung eines Leistungsentgelts in Höhe von 227,11 Euro brutto gemäß § 18 TVöD (VKA).

56

Nach § 2 des Arbeitsvertrages der Parteien finden auf das Arbeitsverhältnis die Bestimmungen des BAT und der diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der für den Bereich der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände jeweils geltenden Fassung, somit nunmehr die Bestimmungen des TVöD (VKA) Anwendung. Da im Unternehmen der Beklagten kein Betriebsrat besteht, ist diese verpflichtet, an den Kläger für das Jahr 2009 ein Leistungsentgelt in Höhe von 6 % des ihm für den Monat September 2009 zustehenden Tabellenentgelts zu zahlen (Protokollerklärungen zu Abs. 6 und zu Abs. 4 TvöD (VKA). Ausgehend vom Inhalt der erstinstanzlich zu den Akten gereichten Gehaltsabrechnungen des Klägers erhielt dieser zuletzt ein Tabellenentgelt nach Entgeltgruppe 10 in Höhe von 3.785,21 Euro. Das Leistungsentgelt beläuft sich somit auf 227,11 Euro brutto.

57

Dieser Anspruch ist nicht nach § 37 TVöD verfallen. Nach dieser Tarifnorm verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. Diese Frist hat der Kläger bezüglich des Leistungsentgelts für das Jahr 2009 gewahrt, da er den am 31.12.2009 fälligen Anspruch (spätestens) mit klageerweiterndem Schriftsatz vom 27.01.2010, der Beklagten zugestellt am 04.02.2010, gerichtlich und somit zugleich auch schriftlich geltend gemacht hat.

58

Der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung eines Leistungsentgelts für das Jahr 2008 ist hingegen nach § 37 TVöD verfallen. Auch dieser Anspruch wurde erstmals mit klageerweiterndem Schriftsatz vom 27.01.2010, und somit nach Ablauf der sechsmonatigen Ausschlussfrist, schriftlich geltend gemacht. Entgegen der Ansicht des Klägers enthält sein an die Beklagte gerichtetes Schreiben vom 15.06.2009 (Bl. 298 d.A.) keine schriftliche Geltendmachung im tariflichen Sinne. Eine solche erfordert nämlich nach allgemeiner Meinung eine Bezeichnung der Forderung nach Grund und Höhe. Demgegenüber enthält das Schreiben vom 15.06.2009 lediglich die Bitte um Erteilung einer schriftlichen Auskunft bezüglich des Anspruchs auf Zahlung eines Leistungsentgelts. Eine Aufforderung zur Auskunftserteilung stellt jedoch keine Geltendmachung im Sinne der Ausschlussfristregelungen dar.

59

2. Soweit der Kläger im Berufungsverfahren die vom Arbeitsgericht verneinten Ansprüche auf Zahlung diverser Zulagen und Zuschläge (Ausbilderzulage, Flugsicherungszulage, Rufbereitschaftszulage, Einsatzpauschale; Klageantrag zu 7.) weiterverfolgt, so erweist sich die Klage als unschlüssig und somit als unbegründet. Der Kläger hatte keinerlei Tatsachen vorgetragen, aus denen sich die Voraussetzungen für das Bestehen einer Anspruchsgrundlage bezüglich der geltend gemachten Zulagen und Zuschläge ergeben könnten. Der diesbezügliche Sachvortrag des Klägers beschränkt sich vielmehr auf die bloße Behauptung des Bestehens dieser Ansprüche.

C.

60

Nach alledem war zu entscheiden wie geschehen.

61

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

62

Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird hingewiesen.

*

(1) Erbringt bei einem gegenseitigen Vertrag der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß, so kann der Gläubiger, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat, vom Vertrag zurücktreten.

(2) Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn

1.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
2.
der Schuldner die Leistung bis zu einem im Vertrag bestimmten Termin oder innerhalb einer im Vertrag bestimmten Frist nicht bewirkt, obwohl die termin- oder fristgerechte Leistung nach einer Mitteilung des Gläubigers an den Schuldner vor Vertragsschluss oder auf Grund anderer den Vertragsabschluss begleitenden Umstände für den Gläubiger wesentlich ist, oder
3.
im Falle einer nicht vertragsgemäß erbrachten Leistung besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen.

(3) Kommt nach der Art der Pflichtverletzung eine Fristsetzung nicht in Betracht, so tritt an deren Stelle eine Abmahnung.

(4) Der Gläubiger kann bereits vor dem Eintritt der Fälligkeit der Leistung zurücktreten, wenn offensichtlich ist, dass die Voraussetzungen des Rücktritts eintreten werden.

(5) Hat der Schuldner eine Teilleistung bewirkt, so kann der Gläubiger vom ganzen Vertrag nur zurücktreten, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat. Hat der Schuldner die Leistung nicht vertragsgemäß bewirkt, so kann der Gläubiger vom Vertrag nicht zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist.

(6) Der Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn der Gläubiger für den Umstand, der ihn zum Rücktritt berechtigen würde, allein oder weit überwiegend verantwortlich ist oder wenn der vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit eintritt, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 12. Juni 2013 - 7 Sa 1878/12 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen fristlosen Kündigung.

2

Der Kläger ist bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin seit 1996 als Kfz-Mechaniker tätig. Die Beklagte beschäftigt regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer.

3

Am 27. Juli 2012 betrat der Kläger die Sozialräume der Beklagten, um sich umzuziehen. Er traf dort auf die ihm bislang unbekannte Mitarbeiterin eines externen Reinigungsunternehmens. Bei seinem Eintreffen lehnte diese - Frau M. - in der Tür zwischen Wasch- und Umkleideraum und unterhielt sich mit zwei Kollegen des Klägers, die sich im Waschraum befanden. Dorthin begab sich auch der Kläger. Nachdem die beiden Kollegen die Räumlichkeiten verlassen hatten, führten der Kläger - während er sich Hände und Gesicht wusch - und Frau M. ein Gespräch. In dessen Verlauf stellte diese sich zunächst vor das Waschbecken und anschließend neben den Kläger. Der Kläger sagte zu ihr, sie habe einen schönen Busen und berührte sie an einer Brust. Frau M. erklärte, dass sie dies nicht wünsche. Der Kläger ließ sofort von ihr ab. Er zog sich um und verließ den Sozialraum. Frau M. arbeitete weiter. Sie schilderte den Vorfall später ihrem Arbeitgeber, der seinerseits an die Beklagte herantrat.

4

Am 31. Juli 2012 bat die Beklagte den Kläger zu einem Gespräch. Er gestand den Vorfall ein und erklärte, er habe sich eine Sekunde lang vergessen. „Die Sache“ tue ihm furchtbar leid. Er schäme sich, so etwas werde sich nicht wiederholen.

5

Mit Schreiben vom 31. Juli 2012 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich mit sofortiger Wirkung.

6

In der Folge richtete der Kläger ein Entschuldigungsschreiben an Frau M. Er führte mit ihr unter Zahlung eines Schmerzensgelds einen Täter-Opfer-Ausgleich herbei. Frau M. nahm seine Entschuldigung an und versicherte, die Angelegenheit sei damit für sie erledigt. Sie habe kein Interesse mehr an einer Strafverfolgung. Das gegen den Kläger eingeleitete Ermittlungsverfahren wurde gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.

7

Der Kläger hat fristgerecht Kündigungsschutzklage erhoben. Er hat vorgetragen, er habe - subjektiv unstreitig - den Eindruck gehabt, Frau M. habe mit ihm geflirtet. Dann sei es zu einem plötzlichen „Blackout“ gekommen und er habe sich zu dem im Rückblick unverständlichen Übergriff hinreißen lassen. So unentschuldbar sein Fehlverhalten sei, so rechtfertige es doch keine außerordentliche Kündigung. Es habe sich um einen einmaligen „Ausrutscher“ gehandelt. Eine Abmahnung sei als Reaktion der Beklagten ausreichend gewesen.

8

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 31. Juli 2012 nicht aufgelöst worden ist.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger habe durch seine Bemerkung und die anschließende Berührung zwei eigenständige sexuelle Belästigungen begangen. Aufgrund der Schwere der Pflichtverletzungen sei die fristlose Kündigung gerechtfertigt. Sie - die Beklagte - sei verpflichtet, sowohl ihr eigenes als auch das weibliche Personal des externen Unternehmens vor weiteren sexuellen Belästigungen durch den Kläger zu schützen. Dessen Entschuldigungen seien lediglich unter dem Druck der ausgesprochenen Kündigung erfolgt.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist unbegründet.

12

A. Die außerordentliche Kündigung vom 31. Juli 2012 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst. Es fehlt an einem wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB.

13

I. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, dh. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist oder nicht (BAG 10. April 2014 - 2 AZR 684/13 - Rn. 39; 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - Rn. 15, BAGE 146, 203).

14

II. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht einen „an sich“ wichtigen Grund angenommen. Der Kläger hat seine arbeitsvertraglichen Pflichten in erheblicher Weise verletzt. Er hat Frau M. sexuell belästigt.

15

1. Eine sexuelle Belästigung iSv. § 3 Abs. 4 AGG stellt nach § 7 Abs. 3 AGG eine Verletzung vertraglicher Pflichten dar. Sie ist „an sich“ als wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB geeignet. Ob die sexuelle Belästigung im Einzelfall zur außerordentlichen Kündigung berechtigt, ist abhängig von den konkreten Umständen, ua. von ihrem Umfang und ihrer Intensität (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 16 mwN).

16

2. Der Kläger hat Frau M. sowohl verbal als auch körperlich sexuell belästigt.

17

a) Eine sexuelle Belästigung iSv. § 3 Abs. 4 AGG liegt vor, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch sexuell bestimmte körperliche Berührungen und Bemerkungen sexuellen Inhalts gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein etwa von Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Im Unterschied zu § 3 Abs. 3 AGG können auch einmalige sexuell bestimmte Verhaltensweisen den Tatbestand einer sexuellen Belästigung erfüllen(BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 18 mwN).

18

b) Bei der Aussage, Frau M. habe einen schönen Busen, handelte es sich nicht um ein sozialadäquates Kompliment, sondern um eine unangemessene Bemerkung sexuellen Inhalts. Die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts tragen indes - entgegen der Ansicht der Revision - nicht die Annahme, der Kläger habe zum Ausdruck bringen wollen, Frau M. stelle in anzüglicher Weise ihre Reize zur Schau oder solle dies für ihn tun (zu einem solchen Fall vgl. BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 21). In der anschließenden Berührung lag ein sexuell bestimmter Eingriff in die körperliche Intimsphäre von Frau M. Sowohl die Bemerkung als auch die folgende Berührung waren objektiv unerwünscht. Dies war für den Kläger erkennbar (vgl. BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 22). Unmaßgeblich ist, wie er selbst sein Verhalten zunächst eingeschätzt und empfunden haben mag und verstanden wissen wollte (vgl. BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 24). Mit seinen erkennbar unerwünschten Handlungen hat der Kläger iSv. § 3 Abs. 4 AGG die Würde von Frau M. verletzt und sie zum Sexualobjekt erniedrigt.

19

III. Obschon der Kläger Frau M. sexuell belästigt hat, ist es der Beklagten zuzumuten, ihn weiter zu beschäftigen. Nach den Umständen des Streitfalls hätte eine Abmahnung als Reaktion von ihrer Seite ausgereicht.

20

1. Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen.

21

a) Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen. Dabei lassen sich die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumindest bis zum Ende der Frist für eine ordentliche Kündigung zumutbar war oder nicht, nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf. Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind. Im Vergleich zu einer außerordentlichen fristlosen Kündigung kommen als mildere Mittel insbesondere eine Abmahnung oder eine ordentliche Kündigung in Betracht. Sie sind dann alternative Gestaltungsmittel, wenn schon sie geeignet sind, den mit der außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck - nicht die Sanktion pflichtwidrigen Verhaltens, sondern die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen des Arbeitsverhältnisses - zu erreichen (BAG 23. Oktober 2014 - 2 AZR 865/13 - Rn. 47; 25. Oktober 2012 - 2 AZR 495/11 - Rn. 15 mwN).

22

b) Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann. Ordentliche und außerordentliche Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung setzen deshalb regelmäßig eine Abmahnung voraus. Einer solchen bedarf es nach Maßgabe des auch in § 314 Abs. 2 iVm. § 323 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist(BAG 23. Oktober 2014 - 2 AZR 865/13 - Rn. 47; 25. Oktober 2012 - 2 AZR 495/11 - Rn. 16).

23

c) Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wird zudem durch § 12 Abs. 3 AGG konkretisiert. Danach hat der Arbeitgeber bei Verstößen gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG, zu denen auch sexuelle Belästigungen iSv. § 3 Abs. 4 AGG gehören, die geeigneten, erforderlichen und angemessenen arbeitsrechtlichen Maßnahmen - wie Abmahnung, Umsetzung, Versetzung oder Kündigung - zu ergreifen. Welche Maßnahmen er als verhältnismäßig ansehen darf, hängt von den konkreten Umständen ab. § 12 Abs. 3 AGG schränkt das Auswahlermessen allerdings insoweit ein, als der Arbeitgeber die Benachteiligung zu „unterbinden“ hat. Geeignet iSd. Verhältnismäßigkeit sind daher nur solche Maßnahmen, von denen der Arbeitgeber annehmen darf, dass sie die Benachteiligung für die Zukunft abstellen, dh. eine Wiederholung ausschließen (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 28 mwN).

24

d) Dem Berufungsgericht kommt bei der Prüfung und Interessenabwägung ein Beurteilungsspielraum zu. Seine Würdigung wird in der Revisionsinstanz lediglich daraufhin überprüft, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnormen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und ob es alle vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden Umstände widerspruchsfrei berücksichtigt hat (BAG 27. September 2012 - 2 AZR 646/11 - Rn. 42 mwN).

25

2. Das Landesarbeitsgericht hat die Abwägung fehlerfrei vorgenommen. Es hat die Kündigung als unverhältnismäßig angesehen. Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, den Kläger vorrangig abzumahnen. Diese Würdigung liegt innerhalb des tatrichterlichen Beurteilungsspielraums. Es liegen keine Umstände vor, die zu der Annahme berechtigten, selbst nach einer Abmahnung sei von einer Wiederholungsgefahr auszugehen. Die in Rede stehende Pflichtverletzung des Klägers wiegt auch nicht so schwer, dass eine Abmahnung aus diesem Grund entbehrlich gewesen wäre.

26

a) Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass eine Abmahnung nicht deshalb verzichtbar war, weil bereits ex ante erkennbar gewesen wäre, dass eine Verhaltensänderung auch nach Abmahnung in Zukunft nicht zu erwarten stand.

27

aa) Es ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger nicht unfähig sei, sein Verhalten zu ändern. Mit dem Hinweis auf einen unerklärlichen „Blackout“ wollte er ausdrücken, dass es sich bei seiner Handlungsweise um ein ihm wesensfremdes, einmaliges „Augenblicksversagen“ gehandelt habe. Es spricht nichts dafür, dass der Kläger sich noch einmal irrtümlich einbilden könnte, „angeflirtet“ zu werden, und auf eine solche Annahme erneut in vergleichbarer Weise reagieren müsste. Ersichtlich war er imstande, seine Fehleinschätzung sofort zu erkennen und entsprechend dieser Einsicht zu handeln, nämlich augenblicklich von Frau M. abzulassen.

28

bb) Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass der Kläger auch nicht unwillig sei, sein Verhalten zu ändern.

29

(1) Entgegen der Ansicht der Revision hat das Landesarbeitsgericht durchaus erkannt, dass es sich um eine mehraktige sexuelle Belästigung von sich steigernder Intensität gehandelt hat. Es ist allerdings angesichts des unstreitigen Geschehensablaufs von einer natürlichen Handlungseinheit ausgegangen und hat dem Kläger zugutegehalten, dass er sich über die Unerwünschtheit seines Verhaltens geirrt und dieses nach Erkennen seiner Fehleinschätzung sofort beendet habe. Daraus hat es den Schluss gezogen, der Kläger werde in dieser Weise künftig nicht mehr vorgehen und genauer zwischen eigenen Beobachtungen und subjektiven Schlussfolgerungen unterscheiden (vgl. dazu BAG 27. September 2012 - 2 AZR 646/11 - Rn. 43). Dies ist ohne Einschränkung vertretbar. Der Kläger hat nicht etwa notorisch Grenzen überschritten. Sein Verhalten ist nicht zu vergleichen mit dem des Klägers in der von der Beklagten herangezogenen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 9. Juni 2011 (- 2 AZR 323/10 -). Dieser war bereits einschlägig abgemahnt und hatte einer Mitarbeiterin gleichwohl über mehrere Tage in immer neuen Varianten bei unterschiedlichsten Gelegenheiten trotz von ihm erkannter ablehnender Haltung zugesetzt und damit für diese ein Arbeitsumfeld geschaffen, in dem sie jederzeit mit weiteren entwürdigenden Anzüglichkeiten rechnen musste.

30

(2) Das Landesarbeitsgericht hat sich aufgrund der gesamten Umstände des Streitfalls die Überzeugung iSv. § 286 Abs. 1 ZPO gebildet, bereits durch eine Abmahnung werde eine Wiederholung iSv. § 12 Abs. 3 AGG „ausgeschlossen“. Es hat diese Überzeugung darauf gestützt, dass es sich um den ersten Vorfall nach langjähriger, beanstandungsfreier Beschäftigung gehandelt und der Kläger in dem Gespräch am 31. Juli 2012 sein Fehlverhalten ohne Zögern eingeräumt habe, obwohl er es aufgrund der „Vier-Augen-Situation“ im Waschraum möglicherweise erfolgreich hätte abstreiten können. Aus seiner Erklärung im Personalgespräch mit der Beklagten, der Vorfall tue ihm furchtbar leid und er schäme sich dafür, hat es den Schluss gezogen, dass der Kläger über sein Verhalten ehrlich erschrocken gewesen sei. In diese Richtung wiesen auch das Entschuldigungsschreiben und die Herbeiführung eines Täter-Opfer-Ausgleichs unter Zahlung eines Schmerzensgelds.

31

(3) Die Revision setzt dieser vertretbaren Würdigung nur ihre eigene Bewertung entgegen. Rechtsfehler zeigt sie nicht auf. Ein solcher liegt nicht darin, dass das Landesarbeitsgericht entschuldigendes Verhalten berücksichtigt hat, das der Kläger erst auf Vorhalt der Beklagten und unter dem Eindruck einer - drohenden - Kündigung und eines - drohenden - Strafverfahrens gezeigt hat. Zwar wirkt sich „Nachtatverhalten“ vor Zugang der Kündigung unter diesen Umständen nur schwach entlastend aus (vgl. BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 39). Jedoch kann es zumindest dann die Annahme fehlender Wiederholungsgefahr stützen, wenn es sich um die Fortsetzung einer zuvor gezeigten Einsicht handelt (zur Berücksichtigung nachträglich eingetretener Umstände vgl. allgemein BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 53, BAGE 134, 349). Das Landesarbeitsgericht durfte aufgrund seines Verhaltens nach der Zurückweisung durch Frau M. davon ausgehen, dass der Kläger noch vor dem Gespräch mit der Beklagten sein Fehlverhalten und dessen Schwere erkannt und - auch ausweislich seiner späteren Bemühungen - seine „Lektion“ schon von sich aus so weit gelernt hatte, dass eine Abmahnung ihr Übriges zum Ausschluss einer Wiederholungsgefahr getan hätte.

32

b) Das Landesarbeitsgericht hat nicht ausdrücklich geprüft, ob es einer Abmahnung deshalb nicht bedurfte, weil es sich um eine solch schwere Pflichtverletzung handelte, dass selbst deren erstmalige Hinnahme der Beklagten nach objektiven Maßstäben unzumutbar war. In der Sache hat es diese Prüfung bei der abschließenden Interessenabwägung vorgenommen. Eine eigene Beurteilung durch das Revisionsgericht ist insoweit möglich, wenn die des Berufungsgerichts fehlerhaft oder unvollständig ist und - wie hier - alle relevanten Tatsachen feststehen (BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 495/11 - Rn. 31 mwN).

33

aa) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angeführt, dass es sich um eine einmalige Entgleisung gehandelt und der Kläger keinen Belästigungswillen gehabt habe. Er habe sich über die Unerwünschtheit seines Verhaltens geirrt (vgl. dazu BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 38).

34

bb) Entgegen der Annahme der Revision hat das Landesarbeitsgericht den Irrtum des Klägers nicht für unverschuldet erachtet oder gar Frau M. für diesen verantwortlich gemacht. Es hat weder den Gesprächsinhalt als verfänglich eingestuft, noch Frau M. die räumliche Annäherung vorgeworfen. Es ist nicht davon ausgegangen, dass sie ihrerseits die Privatsphäre des Klägers tangiert oder ein „Umschlagen“ der Situation provoziert habe. Das Landesarbeitsgericht durfte indes auch eine vermeidbare Fehleinschätzung zugunsten des Klägers berücksichtigen (vgl. BAG 27. September 2012 - 2 AZR 646/11 - Rn. 44; 14. Februar 1996 - 2 AZR 274/95 - zu II 4 der Gründe).

35

c) Da eine Abmahnung schon aus diesem Grunde nicht entbehrlich war, kommt es nicht mehr darauf an, dass das Landesarbeitsgericht auch die weitere Interessenabwägung angesichts des Irrtums über die Unerwünschtheit seines Verhaltens, der langen, beanstandungsfreien Beschäftigungszeit, des Einräumens der Pflichtverletzung trotz des Fehlens von Zeugen, der Entschuldigung und der Durchführung eines Täter-Opfer-Ausgleichs unter Zahlung eines Schmerzensgelds rechtsfehlerfrei zugunsten des Klägers vorgenommen hat. Das Beendigungsinteresse der Beklagten überwiegt nicht etwa aufgrund einer Drucksituation (vgl. dazu ErfK/Müller-Glöge 14. Aufl. § 626 BGB Rn. 185; ErfK/Oetker 14. Aufl. § 1 KSchG Rn. 142 ff.; Deinert RdA 2007, 275, 278). Es ist nicht ersichtlich, dass der Arbeitgeber von Frau M. als Auftragnehmer der Beklagten von dieser eine bestimmte Reaktion gegenüber dem Kläger gefordert hätte.

36

B. Eine Umdeutung (§ 140 BGB) in eine ordentliche Kündigung kommt nicht in Betracht. Eine solche wäre durch das Verhalten des Klägers nicht iSv. § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt. Der Beklagten war es aus den dargelegten Gründen zuzumuten, auf das mildere Mittel der Abmahnung zurückzugreifen (vgl. BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 495/11 - Rn. 38).

37

C. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Niemann    

        

        

        

    Krichel    

        

    Grimberg    

                 

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.

(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.

(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.

(1) Bei Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis, einer Dienstpflicht oder einer Tätigkeit, die anstelle einer gesetzlichen Dienstpflicht geleistet werden kann, bei Ansprüchen von Arbeitnehmern auf wiederkehrende Leistungen sowie in Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen dem Grunde oder der Höhe nach geltend gemacht oder abgewehrt werden, ist der dreifache Jahresbetrag der wiederkehrenden Leistungen maßgebend, wenn nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist. Ist im Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit die Höhe des Jahresbetrags nicht nach dem Antrag des Klägers bestimmt oder nach diesem Antrag mit vertretbarem Aufwand bestimmbar, ist der Streitwert nach § 52 Absatz 1 und 2 zu bestimmen.

(2) Für die Wertberechnung bei Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend; eine Abfindung wird nicht hinzugerechnet. Bei Rechtsstreitigkeiten über Eingruppierungen ist der Wert des dreijährigen Unterschiedsbetrags zur begehrten Vergütung maßgebend, sofern nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist.

(3) Die bei Einreichung der Klage fälligen Beträge werden dem Streitwert hinzugerechnet; dies gilt nicht in Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen. Der Einreichung der Klage steht die Einreichung eines Antrags auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe gleich, wenn die Klage alsbald nach Mitteilung der Entscheidung über den Antrag oder über eine alsbald eingelegte Beschwerde eingereicht wird.