Arbeitsgericht Ulm Urteil, 14. März 2017 - 5 Ca 328/16

bei uns veröffentlicht am14.03.2017

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, EUR 1.091,93 brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.05.2016 an den Kläger zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger auf einer gleichwertigen Position zu seiner bisherigen Tätigkeit als Leiter Quality Management mit disziplinarischer Führungs- und Personalverantwortung auf der Hierarchieebene AT B mit EFK (Erweiterter Führungskreis) zu beschäftigen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, das Ermahnungsschreiben vom 28.04.2016 aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.

4. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

5. Der Wert des Streitgegenstands wird auf EUR 17.441,93 festgesetzt.

6. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

 
Die Parteien streiten über die Pflichten der Beklagten zur Zahlung eines restlichen Teils der variablen Vergütung, zur Beschäftigung des Klägers auf einer bestimmten Hierarchieebene und zur Entfernung einer Ermahnung aus der Personalakte.
Der 1964 geborene Kläger ist verheiratet und gegenüber einem Kind unterhaltsverpflichtet. Er ist seit dem 01.08.2009 bei der Beklagten als Leiter Quality Management beschäftigt. In seiner Funktion als Leiter Quality Management gehörte der Kläger zur firmeninternen Hierarchieebene AT B mit EFK (Erweiterter Führungskreis) und hatte die disziplinarische Führungs- und Personalverantwortung gegenüber einem Team von zuletzt vier Mitarbeitern. Das regelmäßige Bruttomonatsentgelt des Klägers betrug zuletzt EUR 8.175,00 zzgl. einer variablen Vergütung.
Die variable Vergütung setzt sich zusammen aus einer Erfolgsbeteiligung (sog. collective part) und einer Tantieme (sog. individual part). Die Höhe der Tantieme ist abhängig von der Erreichung individueller Ziele. Die Festlegung dieser Ziele erfolgt ebenso wie die Bestimmung der Zielerreichung nach den Vorgaben der Betriebsvereinbarung über das Mitarbeitergespräch für AT-Angestellte vom 18.12.2012 (Abl. 32–37; nachfolgend: "BV Mitarbeitergespräch"). Die BV Mitarbeitergespräch lautet auszugsweise wie folgt:
"3.4. Bewertung der Gesamtleistung
Nach Ablauf des Kalenderjahres wird der Zielerreichungsgrad im Mitarbeitergespräch zwischen Führungskraft und AT-Angestellten anhand der vereinbarten Ziele des vergangenen Jahres festgelegt und dokumentiert.
[…]
Die Bewertung der Zielerreichung der Einzelziele und der Gesamtleistung erfolgt im Rahmen folgender Fünf-Prozent-Bewertungsstufen:
[…]
- Ziel unterschritten
- Ziel erheblich unterschritten
        
75% - 95%
50% - 70%
10 
[…] Grundsätzliche Voraussetzung für eine Bewertung "Ziel erheblich unterschritten" ist, dass die Führungskraft den AT-Angestellten unverzüglich auf mögliche Schwächen und die daraus resultierenden Folgen aufmerksam gemacht hat.
11 
Außergewöhnliche oder kritische Arbeitsergebnisse oder Verhaltensweisen, die nicht Gegenstand einer Zielvereinbarung waren, können berücksichtigt werden und zu Abweichungen zwischen Gesamtleistung und bewertetem Zielerreichungsgrad führen. Derartige Abweichungen von größer fünf-Prozent, die in dem Verhalten und/oder der Arbeitsleistung des Mitarbeiters liegen, sind von der Führungskraft schriftlich zu begründen.
12 
[…]
13 
Die Zielerreichungsvereinbarung ist von der Führungskraft und dem AT-Angestellten unterschreiben. Eine unterschriebene Vereinbarung kann nicht nachträglich einseitig verändert werden. Dem AT-Angestellten ist unverzüglich ein unterschriebenes Exemplar auszuhändigen.
14 
Kommt zwischen der Führungskraft und dem AT-Angestellten kein Einvernehmen über den Zielerreichungsgrad zustande, wird die nächsthöhere Führungskraft vermittelnd eingeschaltet. Sollte weiterhin keine Einigung erzielt werden, so wird einvernehmlich unter Einbeziehung des Personalbereiches und des Betriebsrates ein Zielerreichungsgrad festgelegt."
15 
Entgegen den Vorgaben dieser BV Mitarbeitergespräch hat der Kläger mit seiner Führungskraft in den letzten Jahren keine schriftliche Zielerreichungsvereinbarung getroffen, eine solche auch nie unterschrieben und dementsprechend auch nie unverzüglich ein unterschriebenes Exemplar ausgehändigt bekommen.
16 
Am 18.12.2016 trafen sich der Kläger und seine Führungskraft Herr M. zu einem Jahresgespräch. Bereits ein bis zwei Wochen vorher hatte der Kläger Herrn M. zur Vorbereitung auf das Jahresgespräch eine Übersicht mit den ihm für das Jahr 2015 gesetzten Zielen und seinen diesbezüglichen Leistungen zukommen lassen. In dem Jahresgespräch besprachen der Kläger und Her M. die Zielerreichung für das Jahr 2015 und dabei eine Zielerreichung von 95 % für das Einzelziel Engagement & Inclusion und eine Gesamtzielerreichung von gerundet 105 %. Der Kläger notierte sich die besprochenen Zielerreichungsgrade handschriftlich (Abl. 19–22). In dem gleichen Gespräch legten der Kläger und Herr M. die Ziele für das Jahr 2016 fest und unterzeichneten die Zielvereinbarung (Abl. 23–30).
17 
Am 22.02.2016, also vier Tage nach dem Jahresgespräch zwischen dem Kläger und Herr M., kam der dem Kläger direkt unterstellte Mitarbeiter Herr F. auf Herrn M. zu und beschwerte sich über den Kläger u. a. wie folgt: Es vergehe kein Tag, an dem der Kläger seine Leistungen nicht schlecht mache und mit Abmahnungen oder Rückgruppierungen in EG 11 drohe, auch vor versammelter Mannschaft. Am 25.02.2016 befragte Herr M. die dem Kläger unterstellten Mitarbeiter, wobei ihm insbesondere mitgeteilt wurde:
18 
- der Kläger werde als launisch empfunden;
19 
- er halte bereits fest vereinbarte Termine teilweise nicht ein, wolle aber selbst den verstrichenen Termin sofort wahrnehmen, wenn er wieder Zeit habe, egal ob die Mitarbeiter Zeit hätten;
20 
- er habe Mitarbeiter häufig nicht ausreden lassen und sei ihnen ins Wort gefallen;
21 
- er habe Mitarbeiter vor Kollegen und abteilungsfremden Personen abqualifiziert und verbal persönlich angegriffen, was die Mitarbeiter als Bloßstellung empfunden hätten;
22 
- er drohe mit gerichtlichen oder anderweitigen Auseinandersetzungen, um seine Ziele zu erreichen;
23 
- in Besprechungsrunden rede er schlecht über Kollegen, die nicht anwesend seien und keine Stellung beziehen könnten.
24 
Der Kläger war in der Zeit vom 27.02.2016 bis zum 06.03.2016 arbeitsunfähig. Nach seiner Rückkehr teilte ihm Herr M. am 08.03.2016 mit, dass er die Bewertung der Führungsfähigkeiten des Klägers anpassen und entsprechend in das P&D-Tool eintragen werde. In der Folge wurde die Bewertung von Herrn M. in das P&D-Tool dergestalt eingetragen, dass die Bewertung des Klägers im Bereich Engagement & Inclusion auf 50 % gesetzt wurde, was zu einer Gesamtbewertung von 95 % führte. Herr M. begründete die Bewertung in dem P&D-Tool wie folgt:
25 
"Verhalten gegenüber MA der Abteilung wirkt sich sehr negativ auf das Team aus. MA Gespräche vom 25.02.2016 waren für mich erschreckend. Verschiedene Kollegen sind gegangen oder dabei sich wegzubewerben, aufgrund des Führungsverhaltens von Dr. C."
26 
Am 18.03.2016 fand zwischen dem Kläger, Herrn M., der zuständigen Personalreferentin Frau P. und dem Personalreferenten Herrn R. ein Gespräch statt. Der Kläger wurde mit den Beschwerden konfrontiert und ihm wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Der Kläger wies die Beschwerden zurück und räumte lediglich die vorgeworfene öffentliche Kritik als einmalige Angelegenheit ein. Auf Anregung des Klägers wurden alle Mitglieder des dem Kläger unterstellten Teams, soweit sie zum Zeitpunkt der Befragung noch für die Beklagte aktiv waren, in anonymer Form um Rückmeldung über das Führungsverhalten des Klägers gebeten. Die Mitarbeiter verfassten daraufhin ein gemeinsames Statement (im Einzelnen Abl. 92–99). Dieses enthält u. a. folgende Punkte:
27 
- "Die MA fragen sich bereits am Morgen, wie das persönliche Befinden von H. Dr. C. heute wohl sein wird und wie sich die MA verhalten, sollte er einen 'schlechten Tag' haben. Hieraus ist bereits der psychische Druck zu erkennen, der auf den MA lastet und auch Entscheidungen beeinflussen kann."
28 
- "Die Gesprächsatmosphäre ist oftmals angespannt und wird von den Kollegen als unangenehm empfunden. Dies äußert sich zumeist in einer lauten und 'aggressiven' Gesprächsführung. Diese Gesprächsführung kann dann auch längere Zeit in eine[m] Monolog von ausschließlich negativen Darstellungen enden."
29 
- "In letzter Zeit kommt es vor, dass H. Dr. C. in Gesprächen mit MA, den Fokus informell vermehrt auf eine gerichtliche oder anderweitige Auseinandersetzung lenkt, womit er MA verunsichert und einschüchternd. Die MA bekommen Angst, dass sie in einen ausgeweiteten Konflikt mit hineingezogen werden könnten, was jedoch von H. Dr. C. so geäußert wird."
30 
Dieses Team-Statement wurde dem Kläger in einem weiteren Gespräch am 22.03.2016 übergeben und von dem Teammitglied Herrn K. unter Beisein von Herrn M. und Frau P. erläutert. Mit Schreiben vom 29.03.2016 legte der Kläger "Einspruch" gegen die Änderung seiner Bewertung ein und bat darum, die notwendigen Schritte nach der BV Mitarbeitergespräch einzuleiten. Daraufhin fand am 22.06.2016 auf Einladung der Personalabteilung ein Gespräch zwischen dem Kläger, Herrn M. und dem Betriebsratsmitglied Herr Kr. statt. Ebenso war die Herrn M. übergeordnete Führungskraft Herr H. eingeladen. Herr H. folgte der Einladung jedoch nicht. In diesem Gespräch konnte kein Einvernehmen über die Bewertung des Klägers und die Höhe der zu zahlenden Tantieme für das Jahr 2015 erzielt werden.
31 
Mit Schreiben vom 15.04.2016 (Abl. 17) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er als Tantieme (individual part) einen Betrag von EUR 10.373,34 brutto auf Basis einer Gesamtzielerreichung von 95 % erhalte. Der Betrag werde im April 2016 ausgezahlt. Die variable Vergütung ist gemäß Nr. 3b) des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrags spätestens im Mai auszuzahlen. Bei einer Gesamtzielerreichung von 105 % hätte die Tantieme (individual part) EUR 11.465,27 brutto betragen.
32 
Mit Schreiben vom 25.04.2016 (Abl. 66) versetzte die Beklagte den Kläger zum 01.05.2016 auf eine Stelle als Project-Quality-Manager in die Abteilung QM A. nach U. Die Stelle ist in der internen Hierarchie der Beklagten bewertet als AT A-Stelle. Mit Schreiben vom 07.07.2016 (Abl. 68) nahm der Kläger gegenüber der Beklagten zu dieser Versetzung Stellung und machte insbesondere geltend, dass die neue Stelle nicht gleichwertig sei zu seiner bisherigen Tätigkeit.
33 
Mit weiterem Schreiben vom 28.04.2016 (Abl. 71) erteilte die Beklagte dem Kläger eine Ermahnung. In dieser Ermahnung werden die von den Mitgliedern des dem Kläger unterstellten Teams erhobenen Vorwürfe noch einmal zusammengefasst und darauf hingewiesen, dass aufgrund der Anonymität der Mitarbeiterbefragung die konkrete Nennung von Einzelfällen nicht möglich sei. Dennoch ergebe sich ein Gesamteindruck des klägerischen Verhaltens gegenüber seinen Mitarbeitern. Dieses Verhalten führe zu Einschüchterung, Verunsicherung, vermindertem Wohlbefinden im Hinblick auf das abteilungsinterne Klima und psychische Belastung und sei mit mehreren bei der Beklagten geltenden Vorgaben nicht vereinbar. Das Ermahnungsschreiben schließt mit folgenden Absätzen:
34 
"Nach Würdigung des, durch die Rückmeldung Ihrer Mitarbeiter, vermittelten Gesamteindrucks Ihres Führungsverhaltens, kommen wir zu dem Schluss, dass sie diese unternehmensinternen Verhaltensrichtlinien nicht genügend beachtet haben. Besonders soll hiermit die Nichtbeachtung der Punkte 'Motivieren' und 'Teamgeist fördern' des 'Leadership Models' erwähnt werden.
35 
Wir möchten dieses Schreiben dazu nutzen, Sie an Ihre Verhaltenspflichten zu erinnern.
36 
Weiter ermahnen wir Sie diesbezüglich und informieren Sie darüber, dass ein solches Verhalten gegenüber Kollegen und Mitarbeitern unsererseits nicht geduldet wird."
37 
Der Kläger nahm mit Schreiben vom 07.07.2016 (Abl. 68) auch zu der Ermahnung Stellung und bat darum, diese aus der Personalakte zu entfernen. Mit Schriftsatz vom 09.09.2016 teilte die Beklagte mit, dass sie die Ermahnung für etwaige personelle Konsequenzen gegenüber dem Kläger nicht verwenden werde.
38 
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 27.07.2016, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, erhob der Kläger Klage und forderte die Zahlung einer weiteren Tantieme in Höhe von EUR 1.091,93 brutto auf Basis einer Gesamtzielerreichung von 105 %. Mit weiterem anwaltlichen Schriftsatz vom 10.08.2016, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag per Telefax, erweiterte der Kläger seine Klage um einen Antrag auf Beschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Leiter Quality Management mit disziplinarischer Führungs- und Personalverantwortung und um einen weiteren Antrag auf Entfernung des Ermahnungsschreibens vom 28.04.2016 aus der Personalakte, auf Vernichtung dieses Ermahnungsschreibens und auf eidesstattliche Versicherung der Vernichtung.
39 
Der Kläger ist der Ansicht, er habe einen Anspruch auf Zahlung der Tantieme auf Basis einer Gesamtzielerreichung von 105 % unter Berücksichtigung einer Bewertung des Einzelziels Engagement & Inclusion mit 95 %. Zwischen ihm und Herrn M. sei die Zielerreichung für das Jahr 2015 verbindlich in dem Jahresgespräch vom 18.02.2016 vereinbart worden. Im Übrigen verstoße die Herabsetzung des Einzelziels Engagement & Inclusion auf 50 % gegen Nr. 3.4. Abs. 4 Satz 2 BV Mitarbeitergespräch, wonach es vor der Herabsetzung eines Einzelziels auf die Bewertung "Ziel erheblich unterschritten" einer vorherigen Warnung im Sinne eines "Schusses vor den Bug" bedürfe. Im Übrigen träfen die gegen ihn erhobenen Vorwürfe nicht zu. Soweit sich Herr F. am 22.02.2016 bei Herrn M. über ihn beschwert hätte, müsse berücksichtigt werden, dass es sich bei Herrn F. um einen Neuling in der Abteilung handele, der seiner Aufgabe nicht gewachsen war und mehrfach ermahnt werden musste, weil er selbst kleinste Aufgaben nicht erledigt hatte und sich die Kollegen beklagten, dass er die Hilfestellungen bei den Projektübergaben ungenügend annahm. Auch sei nicht erkennbar, ob die Vorwürfe überhaupt das entscheidende Kalenderjahr 2015 beträfen. Zudem seien die Vorwürfe zu spät erhoben worden, weil das maßgebliche Beurteilungsjahr am 31.12.2015 endete und die Vorwürfe am 22.02.2016 daher erst außerhalb der "Deadline" aufgekommen seien. Überdies seien die Vorwürfe von Herrn F. wie auch die aus dem Teamstatement vollkommen vage. Auch soweit ihm vorgeworfen werde, die Mitarbeiterin A. habe sich wegen seines Verhaltens zum 01.05.2015 aus der Abteilung wegbeworben, stimme das nicht. Die Mitarbeiterin habe andere Gründe für einen Wechsel gehabt. Außerdem habe ihn Herr M. bereits im Frühjahr 2015 deswegen angesprochen und er habe es unverzüglich richtig gestellt. Herr M. habe seine Behauptung daraufhin nicht wiederholt. Es sei weiterhin zu beachten, dass Herr M. seit 2009 mindestens alle 14 Tage vor Ort in F. gewesen sei. Herr M. habe ihn auch in wöchentlichen Abständen in seiner Leitungsrunde bei Projekt- und Programminterviews erlebt und habe so aus eigener Anschauung einen Eindruck von seiner Führungsqualität, die in seine ursprüngliche Bewertung des Einzelziels Engagement & Inclusion mit 95 % zutreffend eingeflossen sei. Schließlich seien nicht alle Mitarbeiter über sein Führungsverhalten befragt worden, insbesondere nicht die Herren G., Z. und der ehemalige stellvertretende Abteilungsleiter L. So habe Herr L. in einer E-Mail vom 17.03.2016 bestätigt, dass kein Fehlverhalten oder unzumutbares Führungsverhalten vorgelegen habe. Vielmehr würden ein gutes Arbeitsklima in der Abteilung und ein kooperativer Führungsstil bescheinigt.
40 
Der Kläger ist weiterhin der Ansicht, dass er aufgrund der Versetzung vom 25.04.2017 seit dem 01.05.2016 auf einer geringwertigeren Stelle als bisher beschäftigt werde. Er habe daher einen Anspruch auf Beschäftigung auf einer gleichwertigen Position zu seiner bisherigen Tätigkeit als Leiter Quality Management mit disziplinarischer Führungs- und Personalverantwortung auf der Hierarchieebene AT B mit EFK (Erweiterter Führungskreis). Soweit die Beklagte seinem Anspruch auf Beschäftigung auf seiner früheren Stelle als Leiter Quality Management in F. entgegensetze, die Stelle sei aufgrund einer unternehmerischen Umorganisation weggefallen, stimme das nicht. Die Tätigkeiten seien nach wie vor in der Abteilung vorhanden und würden zum großen Teil von einem Leiharbeitnehmer ausgeführt. Außerdem gehe es ihm nicht um die Beschäftigung auf seiner alten Stelle, sondern lediglich um die Beschäftigung auf einer gleichwertigen Stelle zu seiner bisherigen Tätigkeit als Leiter Quality Management auf der Hierarchieebene AT B mit EFK (Erweiterter Führungskreis). Die neue Stelle in U. sei nicht gleichwertig zu seiner bisherigen Tätigkeit und entspreche der Tätigkeit eines Sachbearbeiters.
41 
Schließlich bringt der Kläger vor, sei auch die Ermahnung vom 28.04.2016 aus seiner Personalakte zu entfernen. Wie bei einer Abmahnung sei in einer Ermahnung das Fehlverhalten so konkret zu beschreiben, dass der Ermahnte erkennen kann, warum er gegen welche Pflicht verstoßen haben soll. Dem würde die Ermahnung mit ihren nebulösen Vorwürfen nicht gerecht.
42 
In der Kammerverhandlung stellte der Kläger die Anträge Nr. 2 und 3 um und beantragt:
43 
1. Die Beklagte wird verurteilt, EUR 1.091,93 brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.05.2016 an den Kläger zu zahlen, hilfsweise ab Rechtshängigkeit.
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2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger auf einer gleichwertigen Position zu seiner bisherigen Tätigkeit als Leiter Quality Management mit disziplinarischer Führungs- und Personalverantwortung auf der Hierarchieebene AT B mit EFK (Erweiterter Führungskreis) zu beschäftigen.
45 
3. Die Beklagte wird verurteilt, das Ermahnungsschreiben vom 28.04.2016 aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.
46 
Die Beklagte beantragt,
47 
die Klage abzuweisen.
48 
Die Beklagte ist der Ansicht, sie habe den Tantiemeanspruch des Klägers vollständig auf Basis einer zutreffenden Gesamtzielerreichung von 95 % erfüllt. Die Bewertung des Einzelziels Engagement & Inclusion mit 50 % sei nicht zu beanstanden. Insbesondere habe Herr M. mit dem Kläger am 18.02.2016 die Zielerreichung nicht verbindlich festgesetzt, sondern nur vorläufig und habe sie daher anschließend noch einseitig ändern können. Eine schriftliche Vereinbarung der Zielerreichung sei nicht erforderlich, wie sich aus der Information des Konzernbetriebsrats zum P&D-Cycle 2016 ergebe. Der verbindliche Zielerreichungsgrad sei dem Kläger dann in einem Gespräch am 08.02.2016 mitgeteilt und anschließend formell ordnungsgemäß entsprechend der BV Mitarbeitergespräch in dem P&D-Tool dokumentiert und schriftlich begründet worden. Hintergrund der Änderung sei das Führungsverhalten des Klägers, das insgesamt zu beanstanden sei. Von diesem mangelhaften Führungsverhalten des Klägers habe die Beklagte erst am 22.02.2016 aufgrund der Beschwerde durch Herrn F. erfahren. Die Vorwürfe von Herrn F. hätten die anderen Mitarbeiter in Einzelbefragungen am 25.02.2016 bestätigt und auch noch einmal in einem Teamstatement, das dem Kläger am 22.03.2016 erläutert worden sei, wiederholt. Aufgrund der Beschwerden und Vorwürfe habe Herr M. die Bewertung der Führungsqualitäten des Klägers überdacht und auf einen Zielerreichungsgrad von 50 % herabgesetzt.
49 
Das beanstandete Verhalten des Klägers habe im zu beurteilenden Kalenderjahr 2015 gelegen. Es gebe auch keine Ausschlussfristen für eine Berücksichtigung in der Zielerreichung, so dass keine "Deadline" überschritten worden sei. Falsch sei auch, dass Herr F. ein Neuling und seiner Aufgabe nicht gewachsen sei. Herr F. sei Techniker mit langjähriger Berufserfahrung, davon allein sechs Jahre im Konzern der Beklagten. Falsch sei überdies, dass er selbst kleinste Aufgaben nicht erledigt hätte und falsch sei ebenso, dass sich dessen Kollegen beklagt hätten, er würde Hilfestellungen nicht genügend annehmen. Vielmehr sei richtig, dass der Kläger Herrn F. mit einer Rückgruppierung gedroht habe. Zudem habe eine frühere Mitarbeiterin in der Abteilung des Klägers, Frau A., wegen des Führungsstils des Klägers ihre Position gewechselt. Sie habe sich entschieden, ab dem 01.05.2015 in einer anderen Abteilung tätig zu werden. Herr M. habe am 25.02.2016 zum Führungsverhalten des Klägers die derzeitigen und auch die führen früheren Mitarbeiter befragt. Auf seine Frage hin habe Frau A. gesagt, dass sie sich wegen des Verhaltens des Klägers wegbeworben habe. Davor habe Herr M. keine Kenntnis über die Wechselgründe der Mitarbeiterin gehabt.
50 
Soweit der Kläger meint, die Beklagte habe nicht alle Mitarbeiter befragt, treffe das nicht zu. Es sein alle Mitarbeiter des Klägers befragt worden, die zum Zeitpunkt der Befragungen noch im Betrieb aktiv gewesen seien. Herr G. sei zu diesem Zeitpunkt bereits in Rente gewesen, die Herren Z. und L. in der passiven Altersteilzeitphase. Herr L. sei im Übrigen nicht stellvertretender Abteilungsleiter gewesen. Seine Stellungnahme sei auf Bitten des Klägers erfolgt und gebe nur dessen persönliche Meinung und Wahrnehmung wieder, was nicht zwingend einen Widerspruch zu den Wahrnehmungen der anderen Mitarbeiter bedeute.
51 
Soweit der Kläger im Übrigen vortrage, das nach der BV Mitarbeitergespräch vorgesehene Procedere sei nicht gewahrt, treffe das nicht zu. Nach Nr. 3.4 der BV Mitarbeitergespräch finde nur auf Wunsch des AT-Angestellten eine Beratung mit dem Betriebsrat, dem direkten disziplinarischen Vorgesetzten und dem Personalbereich statt. Einen solchen Wunsch habe der Kläger nicht explizit geäußert. Außerdem habe es ein weiteres Gespräch am 22.06.2016 gegeben. Zu diesem sei die übergeordnete Führungskraft eingeladen gewesen, es habe aber für diese keine Verpflichtung bestanden, an dem Gespräch teilzunehmen. Die BV Mitarbeitergespräch schreibe nur vor, dass die übergeordnete Führungskraft "vermittelnd einzuschalten" sei. Das sei geschehen. Im Übrigen gebe die BV Mitarbeitergespräch vor, dass, wenn weiterhin keine Einigung erzielt werden könne, unter Einbeziehung des Personalbereich und des Betriebsrates ein Zielerreichungsgrad einvernehmlich festgelegt werden solle. Eine solche einvernehmliche Festlegung gebe es bis heute nicht. Danach liege bis heute keine verbindliche Bewertung der Leistungen des Klägers aus dem Jahr 2015 vor, so dass der Kläger im Prinzip auch noch gar keinen Anspruch auf eine variable Vergütung geltend machen könne. Der Klageantrag wäre daher umzustellen und müsste auf Feststellung einer bestimmten Leistungsbeurteilung zu richten sein. Selbst wenn gegen eine Verfahrensvorschrift der BV Mitarbeitergespräch verstoßen worden sein sollte, werde die Bewertung hierdurch nicht nichtig. Vielmehr sei dann wiederum keine Bewertung vorhanden, auf welche der Kläger seine Forderung stützen könnte.
52 
Der Kläger habe schließlich auch nicht den Anspruch auf Verzugszinsen ab dem 01.05.2016. Wenn überhaupt könne er Verzugszinsen ab dem 01.06.2016 verlangen, da die Tantieme nach der BV Mitarbeitergespräch jeweils erst im Laufe des Mai fällig sei.
53 
Soweit der Kläger die Beschäftigung auf seiner bisherigen Stelle in F. verlange, sei das unmöglich. Die Stelle sei im Rahmen einer unternehmerischen Umstrukturierung, über die auch ein Interessenausgleich abgeschlossen worden sei, weggefallen. Insgesamt komme eine Weiterbeschäftigung des Klägers als Führungskraft aufgrund seines bisherigen Führungsverhaltens und seiner Uneinsichtigkeit nicht mehr in Betracht. Im Übrigen werde der Kläger in U. auf einer gleichwertigen Stelle beschäftigt. Die neue Stelle als Projekt-Quality-Manager sei anspruchsvoll und strategisch wichtig. Der Kläger bearbeite ein Projekt mit komplexer Aufgabenstruktur und verschiedenen Vertragspartnern über verschiedene Konzernstandorte. Der Auftragswert liege im zweistelligen Millionenbereich und der erfolgreiche Abschluss sei für weitere Anschlussaufträge in einem Zukunftsbereich von hoher Bedeutung.
54 
Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Entfernung der Ermahnung aus der Personalakte. Zum einen sei der Sachverhalt zutreffend beschrieben. Die Ermahnung sei daher berechtigt. Zum anderen seien die Grundsätze, wie sie für die Abmahnung gelten, nicht ohne weiteres auf die Ermahnung zu übertragen, da die Ermahnung als solche keine disziplinarischen Folgen habe. Insbesondere könne sie nicht der Vorbereitung einer verhaltensbedingten Kündigung dienen. Schließlich werde die Beklagte die Ermahnung auch nicht für etwaige personelle Konsequenzen über den Kläger verwenden, so dass ohnehin keinen Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber auf Rücknahme der Ermahnung bestehe.
55 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird gemäß § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG i. V. m. §§ 313 Abs. 2 Satz 2, 495 ZPO auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Protokolle der mündlichen Verhandlungen verwiesen.

Entscheidungsgründe

56 
Die Umstellung der Anträge in der Kammerverhandlung durch den Kläger ist zulässig und die Klage in der zuletzt gestellten Form insgesamt zulässig und begründet.
A.
57 
Die in der Kammerverhandlung klägerseits vorgenommene Umstellung der Anträge ist zulässig. Soweit der Kläger Antrag Nr. 2 dahingehend geändert hat, dass er nicht mehr die Beschäftigung auf der bisherigen – nach Vortrag der Beklagten auch zwischenzeitlich durch eine Umorganisation weggefallenen – Stelle in F. begehrt, sondern allgemein die Beschäftigung auf einer bestimmten Hierarchieebene, ist die hiermit verbundene Klageänderung bereits nach §§ 263, 267 ZPO i. V. m. § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG zulässig, weil sich die Beklagte ohne der Änderung zu widersprechen auf die abgeänderte Klage eingelassen hat. Die mit der Einschränkung des Antrags Nr. 3 verbundene teilweise Klagerücknahme ist nach § 269 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG zulässig.
B.
58 
Die Klage ist in der zuletzt gestellten Form insgesamt zulässig. Insbesondere bestehen keine Bedenken gegen die Zulässigkeit eines Anspruchs, der auf die Beschäftigung auf einer bestimmten Hierarchieebene gerichtet ist (ausf. LAG Baden-Württemberg 12.06.2006 – 4 Sa 68/05, juris Rn. 94 ff.; s. auch Hamacher, Antragslexikon Arbeitsrecht, 2. Aufl. 2015, S. 94 f.).
C.
59 
Die Klage ist auch insgesamt begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte die geltend gemachten Ansprüche auf (I.) Zahlung des geforderten Teils der variablen Vergütung, (II.) die Beschäftigung auf der Hierarchieebene AT B mit EFK und (III.) auf Entfernung der Ermahnung vom 28.04.2016 aus der Personalakte.
60 
I. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung eines restlichen Teils der variablen Vergütung in Höhe von EUR 1.091,93 brutto zzgl. 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.05.2016.
61 
1. Der Kläger hat unstreitig gegen die Beklagte dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung einer variablen Vergütung gemäß Nr. 3 des Arbeitsvertrag auch für das Kalenderjahr 2016. In Bezug auf diesen dem Grunde nach unstreitig bestehenden Anspruch ist zwischen den Parteien allein streitig, ob der individuelle Teil der variablen Vergütung (Tantieme) abzurechnen ist in Höhe von EUR 11.465,27 brutto auf Basis einer Zielerreichung von insgesamt 105 % unter Berücksichtigung des Einzelziels Engagement & Inclusion mit 95 % oder in Höhe der beklagtenseits ausgezahlten EUR 10.373,34 brutto auf Basis einer Zielerreichung von insgesamt 95 % unter Berücksichtigung des Einzelziels Engagement & Inclusion mit 50 %.
62 
2. Nach Ansicht der Kammer besteht der Anspruch des Klägers auf Auszahlung in Höhe von EUR 11.465,27 auf Basis einer Zielerreichung von insgesamt 105 %, da das Einzelziel Engagement & Inclusion mit 95 % zu berücksichtigen ist. Dabei kann dahinstehen, ob – wie vom Kläger behauptet – die Gesamtzielerreichung von 105 % zwischen ihm und seinem Vorgesetzten Herrn M. verbindlich vereinbart wurde im Sinne der BV Mitarbeitergespräch, denn ein Anspruch des Klägers ist hiervon nicht abhängig:
63 
a. Stimmt der Vortrag des Klägers, und er und Herr M. hatten am 18.02.2016 die Zielerreichung von 105 % verbindlich vereinbart, war diese Zielerreichung der Abrechnung zugrunde zu legen und durfte nach Nr. 3.4. Abs. 8 BV Mitarbeitergespräch von der Beklagten nicht mehr einseitig abgeändert werden. Soweit Nr. 3.4. Abs. 8 BV Mitarbeitergespräch für das Verbot der einseitigen nachträglichen Änderung eine beidseits unterschriebene Zielerreichungsvereinbarung voraussetzt, kann sich die Beklagte hierauf nicht mit Erfolg berufen, da sie diese Vorgabe unstreitig seit Jahren ignoriert und die Abrechnung stets ohne unterschriebene Zielerreichungsvereinbarung durchgeführt hat.
64 
b. Aber auch wenn der Vortrag der Beklagten zutrifft, und der Kläger und Herr M. hatten am 18.02.2016 die Zielerreichung von 105 % (unter Berücksichtigung einer Erreichung des Einzelziels "Engagement & Inclusion" mit 95 %) nur unverbindlich besprochen, besteht der Anspruch des Klägers auf Zahlung der Tantieme auf Basis dieser Zielerreichung. Denn in diesem Fall wäre (aa.) die beklagtenseits vorgenommene Festlegung der Zielerreichung auf Basis von 95 % unter Berücksichtigung einer Erreichung des Einzelziels "Engagement & Inclusion" 50 % unverbindlich und (bb.) vom Gericht im Wege der richterlichen Ersatzleistungsbestimmung auf 105 % unter Berücksichtigung des Einzelziels Engagement & Inclusion mit 95 % festzusetzen.
65 
aa. Die von der Beklagten vorgenommene Festsetzung der Zielerreichung durch den Kläger auf Basis von 95 % unter Berücksichtigung einer Erreichung des Einzelziels "Engagement & Inclusion" mit 50 % ist unverbindlich.
66 
(1) Eine Leistungsbestimmung ist unverbindlich, wenn sie nicht billigem Ermessen i. S. v. § 315 BGB entspricht. Dabei sind die Grenzen billigen Ermessen gewahrt, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der Bestimmungsberechtigte die Ermessensentscheidung zu treffen hat. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht, trägt der Bestimmungsberechtigte (BAG 03.08.2016 – 10 AZR 710/14, juris Rn. 26 m. w. N.). Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen (BAG 03.08.2016 – 10 AZR 710/14, juris Rn. 26 m. w. N.).
67 
(2) Die Beklagte hat im Rahmen der ihr zukommenden Darlegungs- und Beweislast nicht dargelegt, dass die von ihr getroffene Leistungsbestimmung billigem Ermessen entspricht. Durch die von der Beklagten getroffene Bewertung der Leistungen des Klägers im Kalenderjahr 2015 hat sie den ihr nach vorstehenden Ausführungen zustehenden Ermessensspielraum überschritten.
68 
Dabei ist die Bewertung der Gesamtzielerreichung von 95 % unter Berücksichtigung einer Erreichung des Einzelziels "Engagement & Inclusion" mit 50 % entsprechend der Notenstufe "Ziel erheblich unterschritten" bereits deswegen unverbindlich, weil nach Nr. 3.4. Abs. 4 der BV Mitarbeitergespräch grundsätzliche Voraussetzung für eine Bewertung "Ziel erheblich unterschritten" ist, dass die Führungskraft den AT-Angestellten unverzüglich auf mögliche Schwächen und die daraus resultierenden Folgen aufmerksam gemacht hat. Mit dieser Regelung soll dem AT-Angestellten offensichtlich ein "Schuss vor den Bug" gegeben werden, um ihm bei Leistungsdefiziten die Chance zu geben, seine Tantieme nicht zu gefährden. Diesen Schuss vor den Bug hat der Kläger jedoch unstreitig zu keiner Zeit erhalten, obwohl seine Führungskraft die Leistung des Klägers und seinen Umgang mit dem ihm unterstellten Team das ganze Jahr 2015 beobachten konnte. Dabei hätte ein derartiger Schuss vor den Bug auch deswegen nahe gelegen, da nicht ansatzweise ersichtlich ist, dass der Kläger – etwa aufgrund schlechter Beurteilungen oder Problemen insofern in den Vorjahren – irgendwie mit einer Herabsetzung auf die schlechteste aller Noten hätte rechnen müssen oder können. Die Beklagte kann nach Ansicht der Kammer auch nicht darauf verweisen, dass ihr das Fehlverhalten des Klägers erst im Jahr 2016 bekannt geworden ist. Das in Bezug auf die Tantieme bestehende Risiko für eine erst späte Entdeckung von Leistungsdefiziten hat nach den Grundsätzen der BV Mitarbeitergespräch insofern grundsätzlich sie zu tragen. Nach der Systematik der BV Mitarbeitergespräch ist das auch nicht unbillig, da ihr eine Leistungsbewertung mit "Ziel unterschritten" (75 % - 95 %) unbenommen bleibt.
69 
Soweit die Beklagte unter Berufung auf Nr. 3.4. Abs. 5 BV Mitarbeitergespräch meint, die klägerseits gezeigte kritische Verhaltensweise habe sie zu der vorgenommenen Herabsetzung berechtigt, folgt dem die Kammer nicht. Nr. 3.4. Abs. 5 BV Mitarbeitergespräch bezieht sich ersichtlich nur auf kritische Verhaltensweisen, die nicht Gegenstand einer Zielvereinbarung waren und berechtigt daher auch nur zur Herabsetzung des Gesamtzielerreichungsgrads in Abweichung von dem bewerteten Zielerreichungsgrad. Die Beklagte hat vorliegend jedoch nicht den Gesamtzielerreichungsgrad in Abweichung von dem bewerteten Zielerreichungsgrad herabgesetzt, sondern den vorläufig mit 95 % bewerteten Grad der Erreichung des Einzelziel Engagement & Inclusion auf 50 % herabgesetzt. Diese Vorgehensweise ist mit Nr. 3.4. Abs. 5 BV Mitarbeitergespräch nicht vereinbar. Denn wenn das – vermeintliche – kritische Verhalten des Klägers im Rahmen eines Einzelziel bewertet werden kann, muss es Gegenstand einer Zielvereinbarung gewesen sein und kann somit nicht zu einer Kürzung nach Nr. 3.4. Abs. 5 BV Mitarbeitergespräch führen. War hingegen das – vermeintliche – kritische Verhalten nicht Gegenstand einer Zielvereinbarung und kann somit grundsätzlich eine Kürzung nach Nr. 3.4. Abs. 5 BV Mitarbeitergespräch erfolgen, dann muss diese Kürzung bei dem Gesamtzielerreichungsgrad in Abweichung von dem bewerteten Zielerreichungsgrad vorgenommen werden und darf gerade nicht bei einem Einzelziel erfolgen. Vorliegend ist die beklagtenseits vorgenommene Kürzung daher in keinem Fall mit Nr. 3.4. Abs. 5 BV Mitarbeitergespräch vereinbar und auch deswegen unverbindlich.
70 
Überdies ist in der Kammerverhandlung unstreitig geblieben, dass die Zielerreichung des Einzelziels "Engagement & Inclusion" ohne die nach dem 18.02.2016 aufgekommenen Beschwerden die zwischen dem Kläger und Herrn M. besprochenen 95 % betragen hätte und eine Abstufung auf 50 % erst unter Berücksichtigung der nach dem 18.02.2016 aufgekommenen Vorwürfe vorgenommen wurde. Die Berücksichtigung dieser Vorwürfe – insbesondere die Berücksichtigung mit einer Gewichtung, die zu einer Herabsetzung des Einzelziels auf 50 % führt – entspricht jedoch nicht billigem Ermessen.
71 
Zunächst sind die Vorwürfe bereits derart pauschal und unsubstantiiert, dass sie einer Leistungsbestimmung nur schwer zugrunde gelegt werden können. Sowohl die Vorwürfe von Herrn F. als auch die Vorwürfe aus den Einzelbefragungen und dem Gruppenstatement können zeitlich und örtlich nicht genau eingeordnet werden, so dass schon nicht klar ersichtlich ist, ob überhaupt ein Fehlverhalten des Klägers im Jahr 2015 vorlag. Das ist insbesondere bei den Vorwürfen von Herrn F., der dem Kläger erst seit dem 01.12.2015 unterstellt war, fraglich. Überdies bleiben die Vorwürfe aus den Einzelbefragungen und dem Gruppenstatement anonym und können keiner bestimmten Person zugeordnet werden. Vor diesem Hintergrund ist es dem Kläger nicht möglich, zu diesen Vorwürfen Stellung zu nehmen und sich gegen diese zur Wehr zu setzen. Die Berücksichtigung dieser Vorwürfe erscheint auch aus diesem Grund unbillig im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB.
72 
Überdies sind auch die in dem Gruppenstatement enthaltenen Vorwürfe in einer Art und Weise zustande gekommen, dass sie im Rahmen billigen Ermessens zu ignorieren sind. Die Art, Vorwürfe zu sammeln, indem man eine Gruppe von Mitarbeitern sich selbst überlasst, erscheint von vorneherein nicht geeignet, sachlich verwertbare Aussagen zu erzeugen. Diese Vorgehensweise berücksichtigt in keiner Weise mögliche gruppendynamische Prozesse und lässt auch vollkommen im Unklaren, welcher der Mitarbeiter im Einzelnen welche Aussage mitträgt und welche nicht. Dabei wäre der Beklagten ein anderes Vorgehen durchaus möglich und zumutbar gewesen, wie nicht zuletzt die erfolgten Einzelbefragungen, deren Ergebnisse allerdings anonym und vage bleiben und sich in pauschalen Angaben erschöpfen, zeigen. Die Berücksichtigung der im Gruppenstatement enthaltenen Vorwürfe bei der Leistungsbestimmung entspricht daher auch nicht billigem Ermessen.
73 
Zudem ist anzumerken, dass auch die Auswahl der befragten Mitarbeiter willkürlich erscheint. Denn einerseits wurde mit Frau A. eine ehemalige Mitarbeiterin des Klägers befragt, andererseits wurden gerade wiederum andere Mitarbeiter, auf die sich der Kläger zu seinen Gunsten beruft, nicht befragt. Allein das Argument, dass diese Mitarbeiter nicht mehr bei der Beklagten aktiv sind, erscheint letztlich nicht überzeugend.
74 
Dabei ignoriert die Kammer keineswegs, dass im Rahmen der der Beklagten zustehenden Ermessensentscheidung grundsätzlich auch Wertungen der Beklagten über das in einer Abteilung bestehende Arbeitsklima bis zu einem gewissen Grad hinzunehmen sind und es nicht per se unbillig erscheint, wenn die schlechte Stimmung innerhalb einer Abteilung einem Vorgesetzten mit Wirkung für die Höhe seiner Tantieme zugerechnet wird. Denn für das Klima in seiner Abteilung wird ein Vorgesetzter zumindest zu einem gewissen Teil grundsätzlich mitverantwortlich gemacht werden können. Insofern dürfte die konkrete Benennung von Fehlverhalten nicht zwingend erforderlich sein. Denn eine gewisse schlechte Stimmung ergibt sich oftmals aus einer Vielzahl mitunter unmerklicher Handlungen, dem Inhalt und der Art von Aussagen oder auch Missverständnissen. Es könnte insofern möglicherweise sogar zu akzeptieren sein, wenn sich ein Vorgesetzter auf anonyme Stimmen beruft, wenn sich aus diesen für ihn ein überzeugendes Bild ergeben kann und Gründe für die Anonymität geltend gemacht werden können. Vorliegend geht es der Beklagten jedoch nicht nur darum, dem Kläger im Rahmen seiner Leistungsbeurteilung bis zu einem gewissen Grad eine Mitverantwortung für ein schlechtes Arbeitsklima zu geben, sondern sie wirft ihm konkretes Fehlverhalten vor und überträgt ihm die alleinige Verantwortung für eine aus ihrer Sicht bestehende Missstimmung in seinem Team derart, dass sie seine Leistungsbeurteilung insofern auf die schlechteste mögliche Note festsetzt. In diesem Fall aber hat sie Ross und Reiter zu benennen, also das bemängelte Fehlverhalten des Klägers so konkret zu schildern, dass er hierzu Stellung nehmen und sich wehren kann. Das hat die Beklagte nicht getan.
75 
Ferner sind auch alle beklagtenseits gegenüber dem Kläger erhobenen Vorwürfe über sein Fehlverhalten von diesem bestritten, ohne dass die Beklagte tauglichen Beweis angetreten hätte. Die Vorwürfe sind daher auch aus diesem Grund bei der Festlegung der Zielerreichung durch den Kläger nicht berücksichtigungsfähig.
76 
bb. Die Zielerreichung des Klägers ist vom Gericht im Wege der richterlichen Ersatzleistungsbestimmung auf 105 % unter Berücksichtigung einer Erreichung des Einzelziels "Engagement & Inclusion" mit 95 % festzusetzen.
77 
(1) Aufgrund der Unverbindlichkeit der Leistungsbestimmung der Beklagten hat gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB die Bestimmung der Höhe des Anspruchs für das Geschäftsjahr 2015 durch Urteil zu erfolgen (BAG 03.08.2016 – 10 AZR 710/14, juris Rn. 29 m. w. N.). Die richterliche Ersatzleistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB ist vom Gericht auf Grundlage des Vortrags der Parteien zu treffen (BAG 03.08.2016 – 10 AZR 710/14, juris Rn. 30 m. w. N.). Durch richterliche Ermessensentscheidung wird direkt über den geltend gemachten Anspruch entschieden und nicht nur – etwa im Sinne einer Rechtskontrolle – überprüft, ob die Festsetzung des Leistungsberechtigten zutrifft. Diese Prüfung hat bereits in der ersten Stufe nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB stattzufinden und ist Voraussetzung dafür, dass es überhaupt zu einer gerichtlichen Leistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB kommen kann. Die Ausübung des eigenen richterlichen Ermessens findet auf Grundlage des gesamten Prozessstoffs statt. Eine Darlegungs- und Beweislast im prozessualen Sinn besteht insoweit nicht, doch ist jede Partei gehalten, die für ihre Position sprechenden Umstände vorzutragen, weil das Gericht nur die ihm bekannten Umstände in seine Bestimmung einbringen kann (BAG 03.08.2016 – 10 AZR 710/14, juris Rn. 30 m. w. N.). Bringt der Bestimmungsberechtigte bestimmte Aspekte, die in seinem Konzept der Leistungsbestimmung möglicherweise zu berücksichtigen wären, nicht ein, können sie nicht berücksichtigt werden. Das geht zu seinen Lasten. Fehlender Vortrag des Bestimmungsberechtigten führt nicht zur Entstehung einer besonderen Darlegungslast für den Anspruchsteller. Dieser hat lediglich im eigenen Interesse die Obliegenheit, die für ihn günstigen Umstände vorzutragen. Deshalb kann der Anspruchsteller regelmäßig auch nicht auf die Erhebung einer Auskunftsklage verwiesen werden oder eine Klage auf Feststellung einer bestimmten Zielerreichung. Es ist vielmehr Sache des Gerichts, auf Grundlage des vorhandenen Prozessstoffs und des Vortrags beider Parteien die Leistungsbestimmung vorzunehmen und den vertraglich vorgegebenen Rahmen auszufüllen. Lediglich ausnahmsweise hat in entsprechender Anwendung des § 287 ZPO eine Festsetzung zu unterbleiben, wenn es auch nach vollständiger Ausschöpfung des Prozessstoffs an jeglichen greifbaren Anhaltspunkten für die Leistungsbestimmung fehlt (ausf. und mit zahlr. w. N. BAG 03.08.2016 – 10 AZR 710/14, juris Rn. 30).
78 
(2) Zwischen den Parteien besteht im Ergebnis Einigkeit, dass der Kläger ohne Berücksichtigung der nach dem 18.02.2016 aufgekommenen Vorwürfe im Jahr 2015 das Einzelziels Engagement & Inclusion zu 95 % und seine Gesamtziele zu 105 % erreicht hat. Nachdem die nach dem 18.02.2016 aufgekommenen Vorwürfe jedoch allesamt aus den vorstehend ausgeführten Gründen nicht berücksichtigungsfähig sind, muss es denknotwendig bei der zwischen dem Kläger und Herrn M. am 18.02.2016 abgesprochenen Zielerreichung von 95 % für das Einzelziel Engagement & Inclusion und von 105 % für die Gesamtziele verbleiben. Mit dieser Bewertung des Einzelziels Engagement & Inclusion von 95 % ist bereits – im Sinne der Beklagten – die Unterschreitung der dem Kläger gesetzten Ziele festgestellt. Sonstige Umstände, die eine hiervon abweichende, schlechtere Bewertung rechtfertigen könnten, sind nicht substantiiert vorgetragen.
79 
Die Kammer sieht sich auch nicht in der Lage, die Leistung des Klägers in Bezug auf das Einzelziel Engagement & Inclusion unter das Maß von 95 % herabzusetzen. Bei den gegenüber dem Kläger erhobenen Vorwürfen erscheint es zwar mehr als wahrscheinlich, dass er für die jedenfalls in Teilen des Teams bestehende Missstimmung zumindest mitverantwortlich ist. Allerdings ist bei einer Bewertung mit 95 % bereits festgestellt, dass der Kläger seine Ziele unterschritten hat und es ist für die Kammer nicht ersichtlich, inwiefern der Gesichtspunkt der suboptimalen Stimmung in der vom Kläger geleisteten Abteilung nicht schon Eingang in die Bewertung gefunden hat. Im Übrigen bleibt gerade unklar, ob die Vorwürfe gegen den Kläger tatsächlich von allen Mitarbeitern im Team mitgetragen werden oder nicht. Das Teamstatement ist – wie ausführlich oben erläutert – insofern nicht verwertbar und aus den Einzelbefragungen sind keine individuellen Ergebnisse vorgetragen. Überdies wurden offensichtlich nicht alle Mitarbeiter befragt, die im Kalenderjahr 2015 unter dem Kläger gearbeitet haben. Vor diesem Hintergrund muss es einstweilen bei der Bewertung der klägerischen Leistung für das Einzelziel Engagement & Inclusion 95 % verbleiben.
80 
c. Folglich hat der Kläger den Anspruch auf Zahlung einer Tantieme von insgesamt EUR 11.465,27 brutto. Abzüglich der bereits erhaltenen EUR 10.373,34 brutto verbleibt eine Restforderung in Höhe der geltend gemachten EUR 1.091,93 brutto.
81 
3. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung der geforderten Verzugszinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2016 folgt aus §§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB. Der Zahlungsanspruch war mit der Zahlung des restlichen Teils der variablen Vergütung im April 2016 fällig. Zu diesem Zeitpunkt war dem Kläger gemäß dem Schreiben der Beklagten vom 15.04.2016 – in Konkretisierung der arbeitsvertraglichen Regelung in Nr. 3b) des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrags – die Zahlung der variablen Vergütung zugesagt worden. Die Beklagte befand sich folglich gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB ab dem 01.05.2016 in Verzug, so dass das Verlangen nach 5 %-Punkten Verzugszinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2016 berechtigt ist.
82 
II. Der Kläger hat gegen die Beklagte den geltend gemachten Anspruch auf Beschäftigung auf der Hierarchieebene AT B mit EFK.
83 
1. Ein Arbeitnehmer hat nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts grundsätzlich einen Anspruch darauf, entsprechend seinem Arbeitsvertrag auch wirklich beschäftigt zu werden (vgl. nur BAG 13.06.1990 – 5 AZR 350/89, juris Rn. 16 m. w. N.). Nach § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber den Inhalt der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit die Arbeitsbedingung nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung, einen anwendbaren Tarifvertrag oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind (BAG 13.03.2007 – 9 AZR 433/06, AP BGB § 307 Nr. 26 sowie LAG Rheinland-Pfalz 20.08.2014 – 4 Sa 573/13, juris Rn. 27 jeweils mit zahlr. w. N.). Auch die Art der Arbeit kann durch das allgemeine Weisungsrecht innerhalb der vorstehenden Grenzen abgeändert werden. Zwar ist bei entsprechender Fassung des Arbeitsvertrages die Übertragung unterschiedlicher Tätigkeiten kraft Weisung zulässig. Voraussetzung ist aber, dass diese als gleichwertig anzusehen sind. Die Gleichwertigkeit bestimmt sich mangels anderer Anhaltspunkte grundsätzlich aus der auf den Betrieb abgestellten Verkehrsauffassung und dem sich daraus ergebenden Sozialbild. Bei Anwendung eines tariflichen Vergütungsgruppensystems orientiert sie sich zwar in der Regel an diesem System, sie wird aber nicht allein durch die Vergütung hergestellt. Das Arbeitsverhältnis genießt Bestandsschutz auch gegen eine inhaltliche Änderung der Tätigkeit. Der Arbeitgeber kann deshalb dem Arbeitnehmer auch dann keine niedriger zu bewertende Tätigkeit zuweisen, wenn er dennoch die höhere Vergütung zahlt, die der bisherigen Tätigkeit entspricht (BAG 30.08.1995 – 1 AZR 47/95, juris Rn. 25 m. w. N.; LAG Rh.-Pf. 11.10.2012 – 10 Sa 250/12, juris Rn. 26).
84 
2. Der Kläger war gemäß seinem Arbeitsvertrag auf seiner bis zum 31.04.2016 wahrgenommenen Position unstreitig auf der Hierarchieebene AT B mit EFK (Erweiterter Führungskreis) beschäftigt und hat somit grundsätzlich einen Anspruch auf Beschäftigung in der der Hierarchieebene AT B mit EFK. Dieser Anspruch wird durch die Beklagte derzeit nicht erfüllt. Die Beklagte beschäftigt den Kläger aktuell unstreitig auf einer Stelle der Hierarchieebene AT A. Aus der auf den Betrieb der Beklagten abgestellten Verkehrsauffassung und dem sich daraus ergebenden Sozialbild wird der Kläger mithin derzeit eine Stufe unter der Hierarchieebene beschäftigt, die seiner vertragsgemäßen Tätigkeit zugrunde liegt. Er wird damit nicht auf einer gleichwertigen Stelle beschäftigt.
85 
Es ist insofern unerheblich, dass dem Kläger nach wie vor das Gehalt für die höhere Hierarchieebene AT B mit EFK gezahlt wird, da das Arbeitsverhältnis des Klägers nach den vorstehenden Ausführungen Bestandsschutz auch gegen eine inhaltliche, die Grenzen der Gleichwertigkeit überschreitende Änderung der Tätigkeit genießt. Soweit die Beklagte vorträgt, die neue Tätigkeit sei aufgrund der anspruchsvollen, strategisch wichtigen Tätigkeit gleichwertig zu der bisherigen Tätigkeit des Klägers, ist für die Kammer nicht ersichtlich, dass sich hieraus – trotz der unstreitigen unterschiedlichen Einstufung in dem Hierarchiesystem bei der Beklagten – die Gleichwertigkeit ergeben könnte. Es ist zudem auffällig, dass die Funktionsbezeichnung des Klägers bislang die Beschreibung "Leiter" enthielt und die Beschäftigung nach der Versetzung "Projekt-Quality-Manager" heißt und der Einsatz innerhalb einer Abteilung erfolgt und nicht als deren Leiter. Die neue Tätigkeit beinhaltet also anders als bislang keine Leitungsfunktion mehr, so dass der Vortrag der Beklagten über die Gleichwertigkeit der Stellen nicht überzeugend ist.
86 
Soweit die Beklagte im Übrigen meint, eine Weiterbeschäftigung als Führungskraft komme aufgrund der gegen ihn erhobenen Vorwürfe für sie nicht mehr in Betracht und sie sei aufgrund ihrer Fürsorgepflicht gegenüber den dem Kläger unterstellten Mitarbeitern zum Handeln gezwungen gewesen, kann dies den Anspruch des Klägers auf Zuweisung einer gleichwertigen Stelle nicht zum Erlöschen bringen. Das gilt so lange, bis der arbeitsvertragliche Beschäftigungsanspruch des Klägers, sei es durch Vereinbarung oder Änderungskündigung, entsprechend angepasst wurde.
87 
Der Kläger hat somit einen Anspruch auf Zuweisung einer höherwertigen Tätigkeit der Hierarchieebene AT B mit EFK. Ob diese Beschäftigung auf Basis der bei der Beklagten vorhandenen Hierarchieebenen zwingend in einer Leitungsfunktion gegenüber einzelnen oder mehreren Mitarbeitern erfolgen muss, kann mangels näheren Vortrags zu den vorhandenen Hierarchieebenen und den jeweils zu besetzenden Stellen nicht beurteilt werden. Eine Stellungnahme hierzu ist vorliegend auch nicht veranlasst, da allein maßgebend ist, dass der Kläger aktuell nicht vertragsgerecht beschäftigt wird und sein Beschäftigungsanspruch somit derzeit nicht erfüllt wird.
88 
III. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Entfernung der Ermahnung vom 28.04.2016 aus seiner Personalakte.
89 
1. Arbeitnehmer können in entsprechender Anwendung von §§ 242, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB die Entfernung einer zu Unrecht erteiltenAbmahnung aus ihrer Personalakte verlangen. Der Anspruch besteht, wenn die Abmahnung entweder (1.) inhaltlich unbestimmt ist, (2.) unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, (3.) auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruht oder (4.) den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt, und auch dann, wenn selbst bei einer zu Recht erteilten Abmahnung (5.) kein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers mehr an deren Verbleib in der Personalakte besteht (BAG 19.07.2012 – 2 AZR 782/11, juris Rn. 13; 12.08.2010 – 2 AZR 593/09, juris Rn. 10). Die Darlegungs- und Beweislast für die Berechtigung der in einer Abmahnung erhobenen Vorwürfe trägt der Arbeitgeber (LAG Rheinland-Pfalz 21.12.2012 – 9 Sa 447/12, juris Rn. 33 mit zahlr. w. N.). Diese Grundsätze gelten nicht nur für förmliche Abmahnungen, sondern für sämtliche schriftlichen Rügen, Ermahnungen, Verwarnungen und andere Schreiben, die zu der Personalakte genommen werden und die weitere berufliche Entwicklung eines Arbeitnehmers nachteilig beeinflussen können (LAG Hamm 25.09.2009 – 19 Sa 383/09, juris Rn. 57).
90 
2. Die Ermahnung vom 28.04.2016 ist bereits mangels Bestimmtheit der in ihr enthaltenen Vorwürfe auf der Personalakte zu entfernen. Die Ermahnung erfolgt ausdrücklich wegen des ungenügenden Führungsverhaltens des Klägers. Soweit dem Kläger in der Ermahnung allerdings Fehlverhalten vorgeworfen wird, bleiben die Vorwürfe pauschal und unbestimmt. Die in der Ermahnung enthaltenen Vorwürfe enthalten weder eine zeitliche noch eine örtliche Einordnung und können zudem keiner Person zugeordnet werden. Die Vorwürfe verbleiben auf diese Weise derart pauschal und unsubstantiiert, dass dem Kläger hiermit nicht vor Augen geführt werden kann, wann er was genau und gegenüber wem falsch gemacht haben soll. Zudem sind sämtliche Vorwürfe vom Kläger bestritten, ohne dass die Beklagte im Rahmen der ihr zukommenden Darlegungs- und Beweislast für die Berechtigung der Vorwürfe einen Beweis angeboten hätte. Da die Ermahnung auch geeignet ist, die weitere berufliche Entwicklung des Klägers zu beeinträchtigen, ist sie aus der Personalakte zu entfernen.
91 
Soweit die Beklagte meint, ihre Erklärung im Schriftsatz vom 09.09.2016, man werde die Ermahnung für etwaige personelle Konsequenzen nicht verwenden, beseitige einen möglichen Anspruch auf Rücknahme einer Ermahnung, muss hierauf nicht weiter eingegangen werden. Der Anspruch des Klägers richtet sich ausschließlich auf die Entfernung der Ermahnung aus der Personalakte und nicht (mehr) auf die Abgabe einer hiervon zu unterscheidenden Rücknahmeerklärung durch die Beklagte (vgl. im Einzelnen Hamacher, Antragslexikon Arbeitsrecht, 2. Aufl. 2015, S. 32). Einem Anspruch auf Entfernung der Ermahnung aus der Personalakte steht die Erklärung jedenfalls nicht entgegen, da der hierin geschilderte Sachverhalt – wie bereits ausgeführt – geeignet ist, die weitere berufliche Entwicklung des Klägers zu beeinträchtigen. Soweit die Beklagte mit ihrer Erklärung, man werde die Ermahnung für etwaige personelle Konsequenzen nicht verwenden, zum Ausdruck bringen möchte, dass der Ermahnung keinerlei Bedeutung für das Arbeitsverhältnis zukommt, dürfte diese Erklärung vielmehr einen weiteren Entfernungsanspruch aus datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten begründen. Denn die Aufbewahrung von für das Arbeitsverhältnis unbedeutend gewordenen Unterlagen ist mit dem BDSG nicht vereinbar.
D.
92 
I. Die Kostentragungspflicht der Beklagten ergibt sich gemäß § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG i. V. m. §§ 91 Abs. 1, 495 ZPO aus ihrem vollständigen Unterliegen in der Sache. Die klägerseits nach § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG i. V. m. § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO zu tragenden Kosten für die mit der Einschränkung des Antrags Nr. 3 verbundene Klagerücknahme sind sehr gering und ohne jegliche Auswirkung auf die Gesamtkosten, so dass die Kosten gemäß § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO insgesamt der beklagten Partei aufzuerlegen sind.
93 
II. Die Festsetzung des Rechtsmittelstreitwerts folgt dem Grunde nach aus § 61 Abs. 1 ArbGG und entspricht in Bezug auf Klageantrag Nr. 1 der bezifferten Klageforderung und in Bezug auf die Klageanträge Nr. 2 und 3 jeweils einem Bruttomonatsentgelt des Klägers von EUR 8.175,00.
94 
III. Die Entscheidung darüber, die Berufung nicht gesondert zuzulassen, beruht auf § 64 Abs. 3a ArbGG. Gründe für die gesonderte Zulassung der Berufung nach § 64 Abs. 3 ArbGG liegen nicht vor.

Gründe

56 
Die Umstellung der Anträge in der Kammerverhandlung durch den Kläger ist zulässig und die Klage in der zuletzt gestellten Form insgesamt zulässig und begründet.
A.
57 
Die in der Kammerverhandlung klägerseits vorgenommene Umstellung der Anträge ist zulässig. Soweit der Kläger Antrag Nr. 2 dahingehend geändert hat, dass er nicht mehr die Beschäftigung auf der bisherigen – nach Vortrag der Beklagten auch zwischenzeitlich durch eine Umorganisation weggefallenen – Stelle in F. begehrt, sondern allgemein die Beschäftigung auf einer bestimmten Hierarchieebene, ist die hiermit verbundene Klageänderung bereits nach §§ 263, 267 ZPO i. V. m. § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG zulässig, weil sich die Beklagte ohne der Änderung zu widersprechen auf die abgeänderte Klage eingelassen hat. Die mit der Einschränkung des Antrags Nr. 3 verbundene teilweise Klagerücknahme ist nach § 269 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG zulässig.
B.
58 
Die Klage ist in der zuletzt gestellten Form insgesamt zulässig. Insbesondere bestehen keine Bedenken gegen die Zulässigkeit eines Anspruchs, der auf die Beschäftigung auf einer bestimmten Hierarchieebene gerichtet ist (ausf. LAG Baden-Württemberg 12.06.2006 – 4 Sa 68/05, juris Rn. 94 ff.; s. auch Hamacher, Antragslexikon Arbeitsrecht, 2. Aufl. 2015, S. 94 f.).
C.
59 
Die Klage ist auch insgesamt begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte die geltend gemachten Ansprüche auf (I.) Zahlung des geforderten Teils der variablen Vergütung, (II.) die Beschäftigung auf der Hierarchieebene AT B mit EFK und (III.) auf Entfernung der Ermahnung vom 28.04.2016 aus der Personalakte.
60 
I. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung eines restlichen Teils der variablen Vergütung in Höhe von EUR 1.091,93 brutto zzgl. 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.05.2016.
61 
1. Der Kläger hat unstreitig gegen die Beklagte dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung einer variablen Vergütung gemäß Nr. 3 des Arbeitsvertrag auch für das Kalenderjahr 2016. In Bezug auf diesen dem Grunde nach unstreitig bestehenden Anspruch ist zwischen den Parteien allein streitig, ob der individuelle Teil der variablen Vergütung (Tantieme) abzurechnen ist in Höhe von EUR 11.465,27 brutto auf Basis einer Zielerreichung von insgesamt 105 % unter Berücksichtigung des Einzelziels Engagement & Inclusion mit 95 % oder in Höhe der beklagtenseits ausgezahlten EUR 10.373,34 brutto auf Basis einer Zielerreichung von insgesamt 95 % unter Berücksichtigung des Einzelziels Engagement & Inclusion mit 50 %.
62 
2. Nach Ansicht der Kammer besteht der Anspruch des Klägers auf Auszahlung in Höhe von EUR 11.465,27 auf Basis einer Zielerreichung von insgesamt 105 %, da das Einzelziel Engagement & Inclusion mit 95 % zu berücksichtigen ist. Dabei kann dahinstehen, ob – wie vom Kläger behauptet – die Gesamtzielerreichung von 105 % zwischen ihm und seinem Vorgesetzten Herrn M. verbindlich vereinbart wurde im Sinne der BV Mitarbeitergespräch, denn ein Anspruch des Klägers ist hiervon nicht abhängig:
63 
a. Stimmt der Vortrag des Klägers, und er und Herr M. hatten am 18.02.2016 die Zielerreichung von 105 % verbindlich vereinbart, war diese Zielerreichung der Abrechnung zugrunde zu legen und durfte nach Nr. 3.4. Abs. 8 BV Mitarbeitergespräch von der Beklagten nicht mehr einseitig abgeändert werden. Soweit Nr. 3.4. Abs. 8 BV Mitarbeitergespräch für das Verbot der einseitigen nachträglichen Änderung eine beidseits unterschriebene Zielerreichungsvereinbarung voraussetzt, kann sich die Beklagte hierauf nicht mit Erfolg berufen, da sie diese Vorgabe unstreitig seit Jahren ignoriert und die Abrechnung stets ohne unterschriebene Zielerreichungsvereinbarung durchgeführt hat.
64 
b. Aber auch wenn der Vortrag der Beklagten zutrifft, und der Kläger und Herr M. hatten am 18.02.2016 die Zielerreichung von 105 % (unter Berücksichtigung einer Erreichung des Einzelziels "Engagement & Inclusion" mit 95 %) nur unverbindlich besprochen, besteht der Anspruch des Klägers auf Zahlung der Tantieme auf Basis dieser Zielerreichung. Denn in diesem Fall wäre (aa.) die beklagtenseits vorgenommene Festlegung der Zielerreichung auf Basis von 95 % unter Berücksichtigung einer Erreichung des Einzelziels "Engagement & Inclusion" 50 % unverbindlich und (bb.) vom Gericht im Wege der richterlichen Ersatzleistungsbestimmung auf 105 % unter Berücksichtigung des Einzelziels Engagement & Inclusion mit 95 % festzusetzen.
65 
aa. Die von der Beklagten vorgenommene Festsetzung der Zielerreichung durch den Kläger auf Basis von 95 % unter Berücksichtigung einer Erreichung des Einzelziels "Engagement & Inclusion" mit 50 % ist unverbindlich.
66 
(1) Eine Leistungsbestimmung ist unverbindlich, wenn sie nicht billigem Ermessen i. S. v. § 315 BGB entspricht. Dabei sind die Grenzen billigen Ermessen gewahrt, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der Bestimmungsberechtigte die Ermessensentscheidung zu treffen hat. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht, trägt der Bestimmungsberechtigte (BAG 03.08.2016 – 10 AZR 710/14, juris Rn. 26 m. w. N.). Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen (BAG 03.08.2016 – 10 AZR 710/14, juris Rn. 26 m. w. N.).
67 
(2) Die Beklagte hat im Rahmen der ihr zukommenden Darlegungs- und Beweislast nicht dargelegt, dass die von ihr getroffene Leistungsbestimmung billigem Ermessen entspricht. Durch die von der Beklagten getroffene Bewertung der Leistungen des Klägers im Kalenderjahr 2015 hat sie den ihr nach vorstehenden Ausführungen zustehenden Ermessensspielraum überschritten.
68 
Dabei ist die Bewertung der Gesamtzielerreichung von 95 % unter Berücksichtigung einer Erreichung des Einzelziels "Engagement & Inclusion" mit 50 % entsprechend der Notenstufe "Ziel erheblich unterschritten" bereits deswegen unverbindlich, weil nach Nr. 3.4. Abs. 4 der BV Mitarbeitergespräch grundsätzliche Voraussetzung für eine Bewertung "Ziel erheblich unterschritten" ist, dass die Führungskraft den AT-Angestellten unverzüglich auf mögliche Schwächen und die daraus resultierenden Folgen aufmerksam gemacht hat. Mit dieser Regelung soll dem AT-Angestellten offensichtlich ein "Schuss vor den Bug" gegeben werden, um ihm bei Leistungsdefiziten die Chance zu geben, seine Tantieme nicht zu gefährden. Diesen Schuss vor den Bug hat der Kläger jedoch unstreitig zu keiner Zeit erhalten, obwohl seine Führungskraft die Leistung des Klägers und seinen Umgang mit dem ihm unterstellten Team das ganze Jahr 2015 beobachten konnte. Dabei hätte ein derartiger Schuss vor den Bug auch deswegen nahe gelegen, da nicht ansatzweise ersichtlich ist, dass der Kläger – etwa aufgrund schlechter Beurteilungen oder Problemen insofern in den Vorjahren – irgendwie mit einer Herabsetzung auf die schlechteste aller Noten hätte rechnen müssen oder können. Die Beklagte kann nach Ansicht der Kammer auch nicht darauf verweisen, dass ihr das Fehlverhalten des Klägers erst im Jahr 2016 bekannt geworden ist. Das in Bezug auf die Tantieme bestehende Risiko für eine erst späte Entdeckung von Leistungsdefiziten hat nach den Grundsätzen der BV Mitarbeitergespräch insofern grundsätzlich sie zu tragen. Nach der Systematik der BV Mitarbeitergespräch ist das auch nicht unbillig, da ihr eine Leistungsbewertung mit "Ziel unterschritten" (75 % - 95 %) unbenommen bleibt.
69 
Soweit die Beklagte unter Berufung auf Nr. 3.4. Abs. 5 BV Mitarbeitergespräch meint, die klägerseits gezeigte kritische Verhaltensweise habe sie zu der vorgenommenen Herabsetzung berechtigt, folgt dem die Kammer nicht. Nr. 3.4. Abs. 5 BV Mitarbeitergespräch bezieht sich ersichtlich nur auf kritische Verhaltensweisen, die nicht Gegenstand einer Zielvereinbarung waren und berechtigt daher auch nur zur Herabsetzung des Gesamtzielerreichungsgrads in Abweichung von dem bewerteten Zielerreichungsgrad. Die Beklagte hat vorliegend jedoch nicht den Gesamtzielerreichungsgrad in Abweichung von dem bewerteten Zielerreichungsgrad herabgesetzt, sondern den vorläufig mit 95 % bewerteten Grad der Erreichung des Einzelziel Engagement & Inclusion auf 50 % herabgesetzt. Diese Vorgehensweise ist mit Nr. 3.4. Abs. 5 BV Mitarbeitergespräch nicht vereinbar. Denn wenn das – vermeintliche – kritische Verhalten des Klägers im Rahmen eines Einzelziel bewertet werden kann, muss es Gegenstand einer Zielvereinbarung gewesen sein und kann somit nicht zu einer Kürzung nach Nr. 3.4. Abs. 5 BV Mitarbeitergespräch führen. War hingegen das – vermeintliche – kritische Verhalten nicht Gegenstand einer Zielvereinbarung und kann somit grundsätzlich eine Kürzung nach Nr. 3.4. Abs. 5 BV Mitarbeitergespräch erfolgen, dann muss diese Kürzung bei dem Gesamtzielerreichungsgrad in Abweichung von dem bewerteten Zielerreichungsgrad vorgenommen werden und darf gerade nicht bei einem Einzelziel erfolgen. Vorliegend ist die beklagtenseits vorgenommene Kürzung daher in keinem Fall mit Nr. 3.4. Abs. 5 BV Mitarbeitergespräch vereinbar und auch deswegen unverbindlich.
70 
Überdies ist in der Kammerverhandlung unstreitig geblieben, dass die Zielerreichung des Einzelziels "Engagement & Inclusion" ohne die nach dem 18.02.2016 aufgekommenen Beschwerden die zwischen dem Kläger und Herrn M. besprochenen 95 % betragen hätte und eine Abstufung auf 50 % erst unter Berücksichtigung der nach dem 18.02.2016 aufgekommenen Vorwürfe vorgenommen wurde. Die Berücksichtigung dieser Vorwürfe – insbesondere die Berücksichtigung mit einer Gewichtung, die zu einer Herabsetzung des Einzelziels auf 50 % führt – entspricht jedoch nicht billigem Ermessen.
71 
Zunächst sind die Vorwürfe bereits derart pauschal und unsubstantiiert, dass sie einer Leistungsbestimmung nur schwer zugrunde gelegt werden können. Sowohl die Vorwürfe von Herrn F. als auch die Vorwürfe aus den Einzelbefragungen und dem Gruppenstatement können zeitlich und örtlich nicht genau eingeordnet werden, so dass schon nicht klar ersichtlich ist, ob überhaupt ein Fehlverhalten des Klägers im Jahr 2015 vorlag. Das ist insbesondere bei den Vorwürfen von Herrn F., der dem Kläger erst seit dem 01.12.2015 unterstellt war, fraglich. Überdies bleiben die Vorwürfe aus den Einzelbefragungen und dem Gruppenstatement anonym und können keiner bestimmten Person zugeordnet werden. Vor diesem Hintergrund ist es dem Kläger nicht möglich, zu diesen Vorwürfen Stellung zu nehmen und sich gegen diese zur Wehr zu setzen. Die Berücksichtigung dieser Vorwürfe erscheint auch aus diesem Grund unbillig im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB.
72 
Überdies sind auch die in dem Gruppenstatement enthaltenen Vorwürfe in einer Art und Weise zustande gekommen, dass sie im Rahmen billigen Ermessens zu ignorieren sind. Die Art, Vorwürfe zu sammeln, indem man eine Gruppe von Mitarbeitern sich selbst überlasst, erscheint von vorneherein nicht geeignet, sachlich verwertbare Aussagen zu erzeugen. Diese Vorgehensweise berücksichtigt in keiner Weise mögliche gruppendynamische Prozesse und lässt auch vollkommen im Unklaren, welcher der Mitarbeiter im Einzelnen welche Aussage mitträgt und welche nicht. Dabei wäre der Beklagten ein anderes Vorgehen durchaus möglich und zumutbar gewesen, wie nicht zuletzt die erfolgten Einzelbefragungen, deren Ergebnisse allerdings anonym und vage bleiben und sich in pauschalen Angaben erschöpfen, zeigen. Die Berücksichtigung der im Gruppenstatement enthaltenen Vorwürfe bei der Leistungsbestimmung entspricht daher auch nicht billigem Ermessen.
73 
Zudem ist anzumerken, dass auch die Auswahl der befragten Mitarbeiter willkürlich erscheint. Denn einerseits wurde mit Frau A. eine ehemalige Mitarbeiterin des Klägers befragt, andererseits wurden gerade wiederum andere Mitarbeiter, auf die sich der Kläger zu seinen Gunsten beruft, nicht befragt. Allein das Argument, dass diese Mitarbeiter nicht mehr bei der Beklagten aktiv sind, erscheint letztlich nicht überzeugend.
74 
Dabei ignoriert die Kammer keineswegs, dass im Rahmen der der Beklagten zustehenden Ermessensentscheidung grundsätzlich auch Wertungen der Beklagten über das in einer Abteilung bestehende Arbeitsklima bis zu einem gewissen Grad hinzunehmen sind und es nicht per se unbillig erscheint, wenn die schlechte Stimmung innerhalb einer Abteilung einem Vorgesetzten mit Wirkung für die Höhe seiner Tantieme zugerechnet wird. Denn für das Klima in seiner Abteilung wird ein Vorgesetzter zumindest zu einem gewissen Teil grundsätzlich mitverantwortlich gemacht werden können. Insofern dürfte die konkrete Benennung von Fehlverhalten nicht zwingend erforderlich sein. Denn eine gewisse schlechte Stimmung ergibt sich oftmals aus einer Vielzahl mitunter unmerklicher Handlungen, dem Inhalt und der Art von Aussagen oder auch Missverständnissen. Es könnte insofern möglicherweise sogar zu akzeptieren sein, wenn sich ein Vorgesetzter auf anonyme Stimmen beruft, wenn sich aus diesen für ihn ein überzeugendes Bild ergeben kann und Gründe für die Anonymität geltend gemacht werden können. Vorliegend geht es der Beklagten jedoch nicht nur darum, dem Kläger im Rahmen seiner Leistungsbeurteilung bis zu einem gewissen Grad eine Mitverantwortung für ein schlechtes Arbeitsklima zu geben, sondern sie wirft ihm konkretes Fehlverhalten vor und überträgt ihm die alleinige Verantwortung für eine aus ihrer Sicht bestehende Missstimmung in seinem Team derart, dass sie seine Leistungsbeurteilung insofern auf die schlechteste mögliche Note festsetzt. In diesem Fall aber hat sie Ross und Reiter zu benennen, also das bemängelte Fehlverhalten des Klägers so konkret zu schildern, dass er hierzu Stellung nehmen und sich wehren kann. Das hat die Beklagte nicht getan.
75 
Ferner sind auch alle beklagtenseits gegenüber dem Kläger erhobenen Vorwürfe über sein Fehlverhalten von diesem bestritten, ohne dass die Beklagte tauglichen Beweis angetreten hätte. Die Vorwürfe sind daher auch aus diesem Grund bei der Festlegung der Zielerreichung durch den Kläger nicht berücksichtigungsfähig.
76 
bb. Die Zielerreichung des Klägers ist vom Gericht im Wege der richterlichen Ersatzleistungsbestimmung auf 105 % unter Berücksichtigung einer Erreichung des Einzelziels "Engagement & Inclusion" mit 95 % festzusetzen.
77 
(1) Aufgrund der Unverbindlichkeit der Leistungsbestimmung der Beklagten hat gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB die Bestimmung der Höhe des Anspruchs für das Geschäftsjahr 2015 durch Urteil zu erfolgen (BAG 03.08.2016 – 10 AZR 710/14, juris Rn. 29 m. w. N.). Die richterliche Ersatzleistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB ist vom Gericht auf Grundlage des Vortrags der Parteien zu treffen (BAG 03.08.2016 – 10 AZR 710/14, juris Rn. 30 m. w. N.). Durch richterliche Ermessensentscheidung wird direkt über den geltend gemachten Anspruch entschieden und nicht nur – etwa im Sinne einer Rechtskontrolle – überprüft, ob die Festsetzung des Leistungsberechtigten zutrifft. Diese Prüfung hat bereits in der ersten Stufe nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB stattzufinden und ist Voraussetzung dafür, dass es überhaupt zu einer gerichtlichen Leistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB kommen kann. Die Ausübung des eigenen richterlichen Ermessens findet auf Grundlage des gesamten Prozessstoffs statt. Eine Darlegungs- und Beweislast im prozessualen Sinn besteht insoweit nicht, doch ist jede Partei gehalten, die für ihre Position sprechenden Umstände vorzutragen, weil das Gericht nur die ihm bekannten Umstände in seine Bestimmung einbringen kann (BAG 03.08.2016 – 10 AZR 710/14, juris Rn. 30 m. w. N.). Bringt der Bestimmungsberechtigte bestimmte Aspekte, die in seinem Konzept der Leistungsbestimmung möglicherweise zu berücksichtigen wären, nicht ein, können sie nicht berücksichtigt werden. Das geht zu seinen Lasten. Fehlender Vortrag des Bestimmungsberechtigten führt nicht zur Entstehung einer besonderen Darlegungslast für den Anspruchsteller. Dieser hat lediglich im eigenen Interesse die Obliegenheit, die für ihn günstigen Umstände vorzutragen. Deshalb kann der Anspruchsteller regelmäßig auch nicht auf die Erhebung einer Auskunftsklage verwiesen werden oder eine Klage auf Feststellung einer bestimmten Zielerreichung. Es ist vielmehr Sache des Gerichts, auf Grundlage des vorhandenen Prozessstoffs und des Vortrags beider Parteien die Leistungsbestimmung vorzunehmen und den vertraglich vorgegebenen Rahmen auszufüllen. Lediglich ausnahmsweise hat in entsprechender Anwendung des § 287 ZPO eine Festsetzung zu unterbleiben, wenn es auch nach vollständiger Ausschöpfung des Prozessstoffs an jeglichen greifbaren Anhaltspunkten für die Leistungsbestimmung fehlt (ausf. und mit zahlr. w. N. BAG 03.08.2016 – 10 AZR 710/14, juris Rn. 30).
78 
(2) Zwischen den Parteien besteht im Ergebnis Einigkeit, dass der Kläger ohne Berücksichtigung der nach dem 18.02.2016 aufgekommenen Vorwürfe im Jahr 2015 das Einzelziels Engagement & Inclusion zu 95 % und seine Gesamtziele zu 105 % erreicht hat. Nachdem die nach dem 18.02.2016 aufgekommenen Vorwürfe jedoch allesamt aus den vorstehend ausgeführten Gründen nicht berücksichtigungsfähig sind, muss es denknotwendig bei der zwischen dem Kläger und Herrn M. am 18.02.2016 abgesprochenen Zielerreichung von 95 % für das Einzelziel Engagement & Inclusion und von 105 % für die Gesamtziele verbleiben. Mit dieser Bewertung des Einzelziels Engagement & Inclusion von 95 % ist bereits – im Sinne der Beklagten – die Unterschreitung der dem Kläger gesetzten Ziele festgestellt. Sonstige Umstände, die eine hiervon abweichende, schlechtere Bewertung rechtfertigen könnten, sind nicht substantiiert vorgetragen.
79 
Die Kammer sieht sich auch nicht in der Lage, die Leistung des Klägers in Bezug auf das Einzelziel Engagement & Inclusion unter das Maß von 95 % herabzusetzen. Bei den gegenüber dem Kläger erhobenen Vorwürfen erscheint es zwar mehr als wahrscheinlich, dass er für die jedenfalls in Teilen des Teams bestehende Missstimmung zumindest mitverantwortlich ist. Allerdings ist bei einer Bewertung mit 95 % bereits festgestellt, dass der Kläger seine Ziele unterschritten hat und es ist für die Kammer nicht ersichtlich, inwiefern der Gesichtspunkt der suboptimalen Stimmung in der vom Kläger geleisteten Abteilung nicht schon Eingang in die Bewertung gefunden hat. Im Übrigen bleibt gerade unklar, ob die Vorwürfe gegen den Kläger tatsächlich von allen Mitarbeitern im Team mitgetragen werden oder nicht. Das Teamstatement ist – wie ausführlich oben erläutert – insofern nicht verwertbar und aus den Einzelbefragungen sind keine individuellen Ergebnisse vorgetragen. Überdies wurden offensichtlich nicht alle Mitarbeiter befragt, die im Kalenderjahr 2015 unter dem Kläger gearbeitet haben. Vor diesem Hintergrund muss es einstweilen bei der Bewertung der klägerischen Leistung für das Einzelziel Engagement & Inclusion 95 % verbleiben.
80 
c. Folglich hat der Kläger den Anspruch auf Zahlung einer Tantieme von insgesamt EUR 11.465,27 brutto. Abzüglich der bereits erhaltenen EUR 10.373,34 brutto verbleibt eine Restforderung in Höhe der geltend gemachten EUR 1.091,93 brutto.
81 
3. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung der geforderten Verzugszinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2016 folgt aus §§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB. Der Zahlungsanspruch war mit der Zahlung des restlichen Teils der variablen Vergütung im April 2016 fällig. Zu diesem Zeitpunkt war dem Kläger gemäß dem Schreiben der Beklagten vom 15.04.2016 – in Konkretisierung der arbeitsvertraglichen Regelung in Nr. 3b) des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrags – die Zahlung der variablen Vergütung zugesagt worden. Die Beklagte befand sich folglich gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB ab dem 01.05.2016 in Verzug, so dass das Verlangen nach 5 %-Punkten Verzugszinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2016 berechtigt ist.
82 
II. Der Kläger hat gegen die Beklagte den geltend gemachten Anspruch auf Beschäftigung auf der Hierarchieebene AT B mit EFK.
83 
1. Ein Arbeitnehmer hat nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts grundsätzlich einen Anspruch darauf, entsprechend seinem Arbeitsvertrag auch wirklich beschäftigt zu werden (vgl. nur BAG 13.06.1990 – 5 AZR 350/89, juris Rn. 16 m. w. N.). Nach § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber den Inhalt der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit die Arbeitsbedingung nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung, einen anwendbaren Tarifvertrag oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind (BAG 13.03.2007 – 9 AZR 433/06, AP BGB § 307 Nr. 26 sowie LAG Rheinland-Pfalz 20.08.2014 – 4 Sa 573/13, juris Rn. 27 jeweils mit zahlr. w. N.). Auch die Art der Arbeit kann durch das allgemeine Weisungsrecht innerhalb der vorstehenden Grenzen abgeändert werden. Zwar ist bei entsprechender Fassung des Arbeitsvertrages die Übertragung unterschiedlicher Tätigkeiten kraft Weisung zulässig. Voraussetzung ist aber, dass diese als gleichwertig anzusehen sind. Die Gleichwertigkeit bestimmt sich mangels anderer Anhaltspunkte grundsätzlich aus der auf den Betrieb abgestellten Verkehrsauffassung und dem sich daraus ergebenden Sozialbild. Bei Anwendung eines tariflichen Vergütungsgruppensystems orientiert sie sich zwar in der Regel an diesem System, sie wird aber nicht allein durch die Vergütung hergestellt. Das Arbeitsverhältnis genießt Bestandsschutz auch gegen eine inhaltliche Änderung der Tätigkeit. Der Arbeitgeber kann deshalb dem Arbeitnehmer auch dann keine niedriger zu bewertende Tätigkeit zuweisen, wenn er dennoch die höhere Vergütung zahlt, die der bisherigen Tätigkeit entspricht (BAG 30.08.1995 – 1 AZR 47/95, juris Rn. 25 m. w. N.; LAG Rh.-Pf. 11.10.2012 – 10 Sa 250/12, juris Rn. 26).
84 
2. Der Kläger war gemäß seinem Arbeitsvertrag auf seiner bis zum 31.04.2016 wahrgenommenen Position unstreitig auf der Hierarchieebene AT B mit EFK (Erweiterter Führungskreis) beschäftigt und hat somit grundsätzlich einen Anspruch auf Beschäftigung in der der Hierarchieebene AT B mit EFK. Dieser Anspruch wird durch die Beklagte derzeit nicht erfüllt. Die Beklagte beschäftigt den Kläger aktuell unstreitig auf einer Stelle der Hierarchieebene AT A. Aus der auf den Betrieb der Beklagten abgestellten Verkehrsauffassung und dem sich daraus ergebenden Sozialbild wird der Kläger mithin derzeit eine Stufe unter der Hierarchieebene beschäftigt, die seiner vertragsgemäßen Tätigkeit zugrunde liegt. Er wird damit nicht auf einer gleichwertigen Stelle beschäftigt.
85 
Es ist insofern unerheblich, dass dem Kläger nach wie vor das Gehalt für die höhere Hierarchieebene AT B mit EFK gezahlt wird, da das Arbeitsverhältnis des Klägers nach den vorstehenden Ausführungen Bestandsschutz auch gegen eine inhaltliche, die Grenzen der Gleichwertigkeit überschreitende Änderung der Tätigkeit genießt. Soweit die Beklagte vorträgt, die neue Tätigkeit sei aufgrund der anspruchsvollen, strategisch wichtigen Tätigkeit gleichwertig zu der bisherigen Tätigkeit des Klägers, ist für die Kammer nicht ersichtlich, dass sich hieraus – trotz der unstreitigen unterschiedlichen Einstufung in dem Hierarchiesystem bei der Beklagten – die Gleichwertigkeit ergeben könnte. Es ist zudem auffällig, dass die Funktionsbezeichnung des Klägers bislang die Beschreibung "Leiter" enthielt und die Beschäftigung nach der Versetzung "Projekt-Quality-Manager" heißt und der Einsatz innerhalb einer Abteilung erfolgt und nicht als deren Leiter. Die neue Tätigkeit beinhaltet also anders als bislang keine Leitungsfunktion mehr, so dass der Vortrag der Beklagten über die Gleichwertigkeit der Stellen nicht überzeugend ist.
86 
Soweit die Beklagte im Übrigen meint, eine Weiterbeschäftigung als Führungskraft komme aufgrund der gegen ihn erhobenen Vorwürfe für sie nicht mehr in Betracht und sie sei aufgrund ihrer Fürsorgepflicht gegenüber den dem Kläger unterstellten Mitarbeitern zum Handeln gezwungen gewesen, kann dies den Anspruch des Klägers auf Zuweisung einer gleichwertigen Stelle nicht zum Erlöschen bringen. Das gilt so lange, bis der arbeitsvertragliche Beschäftigungsanspruch des Klägers, sei es durch Vereinbarung oder Änderungskündigung, entsprechend angepasst wurde.
87 
Der Kläger hat somit einen Anspruch auf Zuweisung einer höherwertigen Tätigkeit der Hierarchieebene AT B mit EFK. Ob diese Beschäftigung auf Basis der bei der Beklagten vorhandenen Hierarchieebenen zwingend in einer Leitungsfunktion gegenüber einzelnen oder mehreren Mitarbeitern erfolgen muss, kann mangels näheren Vortrags zu den vorhandenen Hierarchieebenen und den jeweils zu besetzenden Stellen nicht beurteilt werden. Eine Stellungnahme hierzu ist vorliegend auch nicht veranlasst, da allein maßgebend ist, dass der Kläger aktuell nicht vertragsgerecht beschäftigt wird und sein Beschäftigungsanspruch somit derzeit nicht erfüllt wird.
88 
III. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Entfernung der Ermahnung vom 28.04.2016 aus seiner Personalakte.
89 
1. Arbeitnehmer können in entsprechender Anwendung von §§ 242, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB die Entfernung einer zu Unrecht erteiltenAbmahnung aus ihrer Personalakte verlangen. Der Anspruch besteht, wenn die Abmahnung entweder (1.) inhaltlich unbestimmt ist, (2.) unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, (3.) auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruht oder (4.) den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt, und auch dann, wenn selbst bei einer zu Recht erteilten Abmahnung (5.) kein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers mehr an deren Verbleib in der Personalakte besteht (BAG 19.07.2012 – 2 AZR 782/11, juris Rn. 13; 12.08.2010 – 2 AZR 593/09, juris Rn. 10). Die Darlegungs- und Beweislast für die Berechtigung der in einer Abmahnung erhobenen Vorwürfe trägt der Arbeitgeber (LAG Rheinland-Pfalz 21.12.2012 – 9 Sa 447/12, juris Rn. 33 mit zahlr. w. N.). Diese Grundsätze gelten nicht nur für förmliche Abmahnungen, sondern für sämtliche schriftlichen Rügen, Ermahnungen, Verwarnungen und andere Schreiben, die zu der Personalakte genommen werden und die weitere berufliche Entwicklung eines Arbeitnehmers nachteilig beeinflussen können (LAG Hamm 25.09.2009 – 19 Sa 383/09, juris Rn. 57).
90 
2. Die Ermahnung vom 28.04.2016 ist bereits mangels Bestimmtheit der in ihr enthaltenen Vorwürfe auf der Personalakte zu entfernen. Die Ermahnung erfolgt ausdrücklich wegen des ungenügenden Führungsverhaltens des Klägers. Soweit dem Kläger in der Ermahnung allerdings Fehlverhalten vorgeworfen wird, bleiben die Vorwürfe pauschal und unbestimmt. Die in der Ermahnung enthaltenen Vorwürfe enthalten weder eine zeitliche noch eine örtliche Einordnung und können zudem keiner Person zugeordnet werden. Die Vorwürfe verbleiben auf diese Weise derart pauschal und unsubstantiiert, dass dem Kläger hiermit nicht vor Augen geführt werden kann, wann er was genau und gegenüber wem falsch gemacht haben soll. Zudem sind sämtliche Vorwürfe vom Kläger bestritten, ohne dass die Beklagte im Rahmen der ihr zukommenden Darlegungs- und Beweislast für die Berechtigung der Vorwürfe einen Beweis angeboten hätte. Da die Ermahnung auch geeignet ist, die weitere berufliche Entwicklung des Klägers zu beeinträchtigen, ist sie aus der Personalakte zu entfernen.
91 
Soweit die Beklagte meint, ihre Erklärung im Schriftsatz vom 09.09.2016, man werde die Ermahnung für etwaige personelle Konsequenzen nicht verwenden, beseitige einen möglichen Anspruch auf Rücknahme einer Ermahnung, muss hierauf nicht weiter eingegangen werden. Der Anspruch des Klägers richtet sich ausschließlich auf die Entfernung der Ermahnung aus der Personalakte und nicht (mehr) auf die Abgabe einer hiervon zu unterscheidenden Rücknahmeerklärung durch die Beklagte (vgl. im Einzelnen Hamacher, Antragslexikon Arbeitsrecht, 2. Aufl. 2015, S. 32). Einem Anspruch auf Entfernung der Ermahnung aus der Personalakte steht die Erklärung jedenfalls nicht entgegen, da der hierin geschilderte Sachverhalt – wie bereits ausgeführt – geeignet ist, die weitere berufliche Entwicklung des Klägers zu beeinträchtigen. Soweit die Beklagte mit ihrer Erklärung, man werde die Ermahnung für etwaige personelle Konsequenzen nicht verwenden, zum Ausdruck bringen möchte, dass der Ermahnung keinerlei Bedeutung für das Arbeitsverhältnis zukommt, dürfte diese Erklärung vielmehr einen weiteren Entfernungsanspruch aus datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten begründen. Denn die Aufbewahrung von für das Arbeitsverhältnis unbedeutend gewordenen Unterlagen ist mit dem BDSG nicht vereinbar.
D.
92 
I. Die Kostentragungspflicht der Beklagten ergibt sich gemäß § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG i. V. m. §§ 91 Abs. 1, 495 ZPO aus ihrem vollständigen Unterliegen in der Sache. Die klägerseits nach § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG i. V. m. § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO zu tragenden Kosten für die mit der Einschränkung des Antrags Nr. 3 verbundene Klagerücknahme sind sehr gering und ohne jegliche Auswirkung auf die Gesamtkosten, so dass die Kosten gemäß § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO insgesamt der beklagten Partei aufzuerlegen sind.
93 
II. Die Festsetzung des Rechtsmittelstreitwerts folgt dem Grunde nach aus § 61 Abs. 1 ArbGG und entspricht in Bezug auf Klageantrag Nr. 1 der bezifferten Klageforderung und in Bezug auf die Klageanträge Nr. 2 und 3 jeweils einem Bruttomonatsentgelt des Klägers von EUR 8.175,00.
94 
III. Die Entscheidung darüber, die Berufung nicht gesondert zuzulassen, beruht auf § 64 Abs. 3a ArbGG. Gründe für die gesonderte Zulassung der Berufung nach § 64 Abs. 3 ArbGG liegen nicht vor.

Urteilsbesprechung zu Arbeitsgericht Ulm Urteil, 14. März 2017 - 5 Ca 328/16

Urteilsbesprechungen zu Arbeitsgericht Ulm Urteil, 14. März 2017 - 5 Ca 328/16

Referenzen - Gesetze

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger
Arbeitsgericht Ulm Urteil, 14. März 2017 - 5 Ca 328/16 zitiert 19 §§.

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 286 Verzug des Schuldners


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(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Zivilprozessordnung - ZPO | § 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung


(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit e

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 315 Bestimmung der Leistung durch eine Partei


(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist. (2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil. (3) Sol

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1004 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch


(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 269 Klagerücknahme


(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden. (2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, a

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 46 Grundsatz


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Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 267 Vermutete Einwilligung in die Klageänderung


Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er, ohne der Änderung zu widersprechen, sich in einer mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen hat.

Lastenausgleichsgesetz - LAG | § 307 Bundesoberbehörde


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Referenzen

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

(1) Das Urteil enthält:

1.
die Bezeichnung der Parteien, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Prozessbevollmächtigten;
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Richter, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben;
3.
den Tag, an dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist;
4.
die Urteilsformel;
5.
den Tatbestand;
6.
die Entscheidungsgründe.

(2) Im Tatbestand sollen die erhobenen Ansprüche und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel unter Hervorhebung der gestellten Anträge nur ihrem wesentlichen Inhalt nach knapp dargestellt werden. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden.

(3) Die Entscheidungsgründe enthalten eine kurze Zusammenfassung der Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht.

Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.

Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er, ohne der Änderung zu widersprechen, sich in einer mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen hat.

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.

(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.

(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.

(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 10. April 2014 - 19 Sa 1266/13 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Bonusansprüche für das Geschäftsjahr 2011.

2

Der Kläger war - nachdem er zuvor sein Arbeitsverhältnis bei einer anderen Bank durch Eigenkündigung zum 31. Dezember 2009 beendet hatte - vom 1. Januar 2010 bis zum 30. September 2012 bei der deutschen Niederlassung der Beklagten, einer internationalen Großbank, bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Er war außertariflicher Angestellter und zuletzt als Managing Director im Bereich GBM-Equities tätig. Das Arbeitsverhältnis endete durch betriebsbedingte Kündigung der Beklagten vom 23. Mai 2012 mit dem 30. September 2012.

3

Der Arbeitsvertrag des Klägers vom 19. August 2009 enthielt auszugsweise folgende Regelungen:

        

§ 3 Arbeitsvergütung

        

1.    

Der Arbeitnehmer erhält für seine Tätigkeit jeweils am 15. eines jeden Monats ein festes und auf sein Bankkonto zahlbares monatliches Gehalt in Höhe von derzeit

                 

€ 16.667,00 brutto

                 

(in Worten: Sechzehntausendsechshundertsiebenundsechzig Euro brutto)

                 

…       

                          
        

3.    

Soweit die Gesellschaft Gratifikationen gewährt, erkennt der Arbeitnehmer hiermit an, dass solche Zahlungen freiwillig erfolgen und auch nach wiederholter Gewährung nicht zu einer Verpflichtung der Gesellschaft zur Fortsetzung derartiger Zahlungen führen. Berücksichtigt werden in diesen Fällen nur solche Arbeitnehmer, die sich im Zeitpunkt der Zahlung in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befinden. Im Übrigen werden solche freiwilligen Leistungen zeitanteilig für diejenigen Zeiträume gekürzt, in denen der Arbeitnehmer in den letzten 12 Monaten vor Fälligkeit der Zahlung keine Ansprüche auf laufende Vergütung hat. Die Gesellschaft gewährt keine Sonderzahlungen nach den gem. § 1 Ziffer 4 geltenden tariflichen Bestimmungen.

        

4.    

Die Regelungen der Ziffer 3 gelten auch für sonstige Sondervergütungen (Bonus, etc.).

        

5.    

…     

        

§ 4 Bonus & Deferral Plan

        

1.    

Der Arbeitnehmer nimmt nach Wahl der Gesellschaft am jeweils gültigen Bonussystem und/oder am Deferral Plan der Gesellschaft für außertarifliche Angestellte über einen kalenderjährlichen Bonus bzw. Deferral Award teil.

        

2.    

Ein Bonus kann nur dann zur Auszahlung gelangen bzw. ein Deferral Award zugeteilt werden, wenn und soweit die Gesellschaft insgesamt Mittel zur Ausschüttung von Bonuszahlungen/bzw. Zuteilung von Deferral Awards an die Arbeitnehmer der Gesellschaft für das bonusrelevante Kalenderjahr zur Verfügung stellt und der Arbeitnehmer die Voraussetzungen für die Auszahlung bzw. Zuteilung erfüllt.

        

3.    

Die Zahlung des Bonus bzw. Zuteilung eines Deferral Awards erfolgt freiwillig und kann auch nach wiederholter Gewährung nicht zu einer Verpflichtung der Gesellschaft zur Fortsetzung derartiger Zahlungen bzw. Zuteilungen führen.

        

4.    

Der Bonus für ein Kalenderjahr soll im Frühjahr des darauf folgenden Kalenderjahres zur Auszahlung gelangen, ist jedoch spätestens bis Ende Juni des folgenden Kalenderjahres zur Zahlung fällig. Die Zuteilung und Auszahlung des Deferral Awards erfolgt gemäß den Regelungen des Deferral Plans in seiner jeweils gültigen Fassung.

        

5.    

Ein Bonus wird nur dann gezahlt bzw. ein Deferral Award erteilt, wenn sich der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Fälligkeit in einem ungekündigten Anstellungsverhältnis zur Gesellschaft befindet. Gleiches gilt für die Auszahlung des Deferral Awards.

        

6.    

Die vorstehenden Bestimmungen zum Bonus bzw. Deferral Award gelten, soweit sich nicht gem. § 1 Ziffer 5 aus einer Betriebsvereinbarung etwas anderes ergibt.

        

…       

        

§ 16 Sondervereinbarungen

        

Vorbehaltlich der nachstehenden Bestimmungen erhält der Arbeitnehmer für das Leistungsjahr 2009 einen garantierten Bonus in Höhe von € 200.00[0],00 brutto abzüglich Steuern und sonstiger gesetzlicher Abzüge (der ‚garantierte Bonus‘).

        

Der garantierte Bonus wird in Form einer gestundeten Leistung im Rahmen des R Deferral Plans (der ‚Deferral Plan‘) gezahlt; er unterliegt den Regelungen des Deferral Plans in der jeweils geltenden Fassung und zwar unabhängig davon, ob diese vor oder nach Beginn dieses Vertrages umgesetzt wurden. Die Gesellschaft behält sich das Recht vor, nach ihrem freien und alleinigen Ermessen jederzeit (auch während eines Geschäftsjahres) die Regelungen des Deferral Plans zu ändern bzw. diesen jederzeit aufzuheben oder zu ersetzen. Zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass eine derartige Änderung jeweils auch rückwirkend gelten kann.

        

Zur Kenntnisnahme: Im Deferral Plan wird geregelt, wann eine gestundete Leistung oder ein Teil davon möglicherweise verfällt. Insbesondere hat der Arbeitnehmer, sofern sein Arbeitsverhältnis vor dem Termin, an dem die gestundete Leistung oder ein Teil davon zahlbar oder unverfallbar wird, geendet hat oder eine Partei ihr Arbeitsverhältnis im Rahmen dieses Vertrages gekündigt hat (sofern diese Kündigung nicht unter die Sektion ‚Verlassen des Unternehmens unter außergewöhnlichen Umständen‘ der Regelungen des Deferral Plans in seiner jeweils geltenden Fassung fällt), kein Anrecht auf die gestundete Leistung bzw. einen davon verbliebenen Teil oder auf sonstige Bonuszahlungen, die ihm ansonsten (möglicherweise) gezahlt worden wären. Fällt die Kündigung unter die Sektion ‚Verlassen des Unternehmens unter außergewöhnlichen Umständen‘ des Deferral Plans in seiner jeweils geltenden Fassung, so wird die gestundete Leistung nach Maßgabe der Regelungen des Deferral Plans (in seiner jeweils geltenden Fassung) unverfallbar.

        

Die Regeln des Deferral Plans enthalten auch Bestimmungen, nach denen verfallbare Elemente gestundeter Leistungen verfallen können. Diese Bestimmungen gelten für alle garantierten Bonuszahlungen, die der Arbeitnehmer erhält bzw. erhalten hat.

        

Allerdings beschränken sich diese Verfallsbestimmungen hinsichtlich des garantierten Bonus für das Leistungsjahr 2009 allein auf Situationen, in denen die individuelle Leistung des Arbeitnehmers direkt verbunden ist mit dem Team oder dem Geschäftsbereich, in dem der Arbeitnehmer arbeitet, in der bzw. in dem ein Verlust erlitten wurde.“

4

Mit Schreiben vom 26. Februar 2010 teilte die Beklagte dem Kläger unter der Überschrift „Performance Year 2009“ mit, dass sein Gesamtgehalt 400.004,00 Euro betrage und sich aus dem Grundgehalt 2010 iHv. 200.004,00 Euro und einem „Performance Award: Unconditional Guaranteed Award 2009“ iHv. 200.000,00 Euro zusammensetze. Letzterer wurde in drei Tranchen in den Jahren 2010 bis 2012 durch Zuteilung von Bonds gewährt. Der Kläger konnte diese jeweils unmittelbar nach Erhalt veräußern. Mit Schreiben vom 24. Februar 2011 erhielt der Kläger eine vergleichbare Mitteilung für das „Performance Year 2010“, wonach der „Discretionary Performance Award“ 9.920,00 Euro betrug.

5

Mit Schreiben der „R Group“ vom 23. Februar 2012 wurde dem Kläger sein Festgehalt als „Total Compensation“ mitgeteilt, nicht hingegen eine Bonusleistung. In dem Schreiben heißt es ua.:

        

„The fall in revenues in 2011 however, means that the discretionary bonus pool element of this is significantly lower in 2011 than in 2010 and this has made the award cycle a challenging one.“

6

Einem Teil der Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnisse nicht im Laufe des Jahres 2012 beendet wurden, gewährte die Beklagte Bonusleistungen, die der Höhe nach überwiegend zwischen einem Viertel und der Hälfte des Vorjahresbonus betrugen.

7

Im Rahmen einer Stufenklage machte der Kläger zunächst bestimmte Auskunftsansprüche betreffend den Bonusanspruch 2011 geltend. Das Arbeitsgericht entschied durch Teilurteil vom 17. Oktober 2012 über das Auskunftsverlangen. Dabei wies es die Klage hinsichtlich des Hauptantrags und eines ersten Hilfsantrags als unzulässig ab; einem zweiten Hilfsantrag gab es statt. Die Entscheidung ist rechtskräftig geworden und führte zur Erteilung einer Auskunft der Beklagten unter dem 6. November 2012.

8

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe für das Geschäftsjahr 2011 ein Bonus nach billigem Ermessen zu, der mindestens ein Viertel des Vorjahresbonus iHv. 209.920,00 Euro brutto betragen müsse. 200.000,00 Euro davon seien der arbeitsvertraglich vereinbarte Garantiebonus gewesen, 9.920,00 Euro brutto der zusätzliche leistungsbezogene Bonus. Soweit es im Anstellungsvertrag heiße, der garantierte Bonus werde für das Leistungsjahr 2009 gezahlt, handele es sich um eine unrichtige Formulierung. Sein Arbeitsverhältnis bei der Beklagten habe erst am 1. Januar 2010 begonnen, ein Bonus für das Jahr 2009 habe ihm nicht zugestanden. Ihm sei seinerzeit mitgeteilt worden, dass das Jahr 2009 aus bilanztechnischen Gründen im Anstellungsvertrag angegeben worden sei. Für das Jahr 2011 hätten die Arbeitnehmer, die nicht im Jahr 2012 ausgeschieden seien, eine Bonusleistung erhalten, wobei er mangels Kenntnissen keine genaueren Angaben zur Bonushöhe machen könne. Er habe in seinem Bereich gute Leistungen erbracht und im Geschäftsjahr 2011 entsprechende Erträge erwirtschaftet, wobei nach seinem Kenntnisstand der Umsatz in seiner Abteilung um 20 % zurückgegangen sei.

9

Im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage der Beklagten hat der Kläger die Auffassung vertreten, allein der erlittene Jahresverlust iHv. 656 Mio. Euro könne den Bonusanspruch nicht ausschließen. Zwar habe die Beklagte im Vorjahr einen Gewinn iHv. 198 Mio. Euro erzielt, in den Jahren davor seien jedoch deutlich höhere Verluste erwirtschaftet worden. Das operative Ergebnis der Beklagten vor der Vornahme von Wertberichtigungen habe im Übrigen im Geschäftsjahr 2011 1,488 Mio. Euro plus betragen. Hinzu komme, dass die Beklagte in der Vergangenheit trotz erheblich höherer Verluste als im Jahr 2011 gleichwohl regelmäßig Boni an ihre Arbeitnehmer gezahlt habe.

10

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihm für das Geschäftsjahr 2011 einen Bonus, der der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der aber mindestens 52.480,00 Euro brutto beträgt, nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

11

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, aufgrund des im Geschäftsjahr 2011 erlittenen Jahresverlustes iHv. 656 Mio. Euro stehe dem Kläger kein Bonusanspruch zu. Im Jahr 2010 habe sein Bonus im Übrigen lediglich 9.920,00 Euro betragen. Der Garantiebonus iHv. 200.000,00 Euro sei als Sign-On-Bonus für den Wechsel des Klägers zu der Rechtsvorgängerin der Beklagten sowie als Kompensation für den wechselbedingten Verlust des Bonusanspruchs beim Vorarbeitgeber für das Jahr 2009 gewährt worden. Im Übrigen hätten sämtliche Mitarbeiter der Abteilung des Klägers keinen Bonus für das Jahr 2011 erhalten. Gleiches gelte - trotz sehr guter Leistungsbewertungen - für zahlreiche andere, nicht von einer Kündigung betroffene Arbeitnehmer der Beklagten. Aufgrund der rechtskräftigen Teilabweisung des Auskunftsbegehrens schulde sie keine weiter gehenden Auskünfte als die bereits erteilten.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage iHv. 78.720,00 Euro brutto nebst Zinsen stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Klage nicht abgewiesen werden. Mangels entsprechender Feststellungen durch das Landesarbeitsgericht kann der Senat in der Sache nicht abschließend entscheiden. Das angegriffene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

14

I. Der Kläger hat dem Grunde nach einen Anspruch auf einen Bonus und/oder einen Deferral Award für das Geschäftsjahr 2011 aus § 4 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags iVm. § 315 BGB. Die Festsetzung der Leistung auf null durch die Beklagte entspricht nicht billigem Ermessen und ist unverbindlich (§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB). Die Bestimmung hat deshalb gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch Urteil zu erfolgen. Dies hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft unterlassen. Mangels ausreichender Feststellungen zu den bestimmungsrelevanten Tatsachen kann der Senat nicht selbst entscheiden.

15

1. § 4 des Arbeitsvertrags gewährt dem Kläger - unabhängig von der Wirksamkeit des „Freiwilligkeitsvorbehalts“ nach § 4 Ziff. 3 - keinen unbedingten Anspruch auf Zahlung eines Bonus oder eines Deferral Awards in einer bestimmten Höhe. Der Anspruch für das jeweilige Geschäftsjahr ergibt sich vielmehr erst nach einer Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts der Beklagten nach billigem Ermessen (§ 315 BGB). Dieses umfasst sowohl die Wahl der jeweiligen Leistungsart als auch die Höhe des auszuzahlenden Betrags bzw. des zuzuteilenden Deferral Awards. Dies ergibt eine Auslegung der vertraglichen Regelungen.

16

a) Der Arbeitsvertrag vom 19. August 2009 enthält Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. §§ 305 ff. BGB. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (st. Rspr., zB BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 29 mwN, BAGE 147, 322). Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gemäß § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders. Die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB setzt allerdings voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (st. Rspr., zB BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 30, aaO).

17

b) § 4 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags legt fest, dass der Arbeitnehmer am jeweils gültigen Bonussystem und/oder am Deferral Plan der Gesellschaft für außertarifliche Angestellte „teilnimmt“. Die Formulierung spricht deutlich dafür, dass ein Rechtsanspruch auf eine solche Teilnahme und die sich hieraus ergebende Leistung besteht (vgl. auch zur Bedeutung des Begriffs „gewährt“ BAG 20. Februar 2013 - 10 AZR 177/12 - Rn. 17). Dabei soll es der Beklagten überlassen bleiben zu bestimmen, ob für das jeweilige Geschäftsjahr ein Bonus oder ein Deferral Award oder eine Kombination aus beiden Leistungsarten gewährt wird. Gleiches gilt hinsichtlich der Höhe der Leistung, die im Arbeitsvertrag nicht festgelegt ist. Vielmehr bedarf es nach § 4 Ziff. 2 einer Entscheidung über den Umfang der zur Verfügung gestellten Mittel.

18

c) Der in § 4 Ziff. 3 des Arbeitsvertrags enthaltene Freiwilligkeitsvorbehalt schließt den vertraglichen Leistungsanspruch nicht aus.

19

aa) Die Klausel ist unklar iSv. § 305c Abs. 2 BGB. Sie kann zum einen so verstanden werden, dass hierdurch generell ein Anspruch für die Zukunft ausgeschlossen werden soll. Denkbar ist aber auch, sie so zu verstehen, dass sie den Rechtsgedanken des § 315 BGB wiedergibt und damit auch eine wiederholte Leistungsgewährung nicht ohne Weiteres zur Fortsetzung „derartiger“, dh. nach Höhe und Art gleichartiger Leistungen wie in der Vergangenheit, führen soll. Ein solches Klauselverständnis stünde der Annahme eines dem Grunde nach bestehenden dauerhaften Anspruchs nicht entgegen. Da gemäß § 305c Abs. 2 BGB Zweifel bei der Auslegung zulasten des Verwenders gehen, ist die letztgenannte Auslegung maßgeblich.

20

bb) Im Übrigen würde eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die es dem Arbeitgeber erlaubte, nach Ablauf eines Geschäftsjahres die versprochene Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen zu unterlassen, einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 BGB nicht standhalten. Es würde eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers darstellen, wenn der Arbeitgeber von der Leistungsbestimmung für ein bestimmtes Geschäftsjahr absehen dürfte, obwohl der Arbeitnehmer in diesem Geschäftsjahr seine Arbeitsleistung erbracht hat und die Leistung auch Teil der Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung des Arbeitnehmers war (vgl. BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 13 f. [zum Vergütungscharakter einer Leistung]; 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 52, BAGE 147, 322 [zur Situation bei einer Zielvereinbarung]). Gleiches würde für den Freiwilligkeitsvorbehalt nach § 3 Ziff. 3 iVm. Ziff. 4 des Arbeitsvertrags gelten, sofern man diesen überhaupt auf Leistungen nach § 4 für anwendbar hielte.

21

d) Die vertragliche Regelung überlässt damit der Beklagten ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSd. § 315 BGB, was grundsätzlich zulässig ist. Die Höhe und Art einer Bonuszahlung muss nicht abschließend im Arbeitsvertrag festgelegt werden (vgl. BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 35, BAGE 147, 322; 20. März 2013 - 10 AZR 8/12 - Rn. 24, 30). In einem solchen Fall hat die Leistungsbestimmung nach der gesetzlichen Regelung mangels abweichender Anhaltspunkte nach billigem Ermessen zu erfolgen (vgl. dazu BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 746/10 - Rn. 25, BAGE 139, 283). Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagten durch § 4 Ziff. 2 des Arbeitsvertrags in Abweichung von § 315 Abs. 1 BGB das Recht zugebilligt werden sollte, nach freiem Ermessen über die Bonusgewährung zu entscheiden, ergeben sich aus dem Vertrag nicht; ein solches Recht nimmt die Beklagte auch nicht für sich in Anspruch. Im Übrigen wäre dies eine Abweichung vom gesetzlichen Leitbild des § 315 Abs. 1 BGB(vgl. dazu BAG 20. März 2013 - 10 AZR 8/12 - Rn. 31), die wegen des fehlenden Korrektivs der vollen gerichtlichen Kontrolle der Leistungsbestimmung eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 Nr. 1 BGB darstellen würde und deshalb unwirksam wäre.

22

2. Einem Anspruch des Klägers steht ebenso wenig die Stichtagsregelung nach § 4 Ziff. 5 des Arbeitsvertrags entgegen. Ein Bonus soll danach nur gezahlt bzw. ein Deferral Award nur dann zugeteilt und ausgezahlt werden, wenn sich der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Anspruchs bzw. der Auszahlung des Awards in einem ungekündigten Anstellungsverhältnis befindet. Diese Voraussetzung erfüllt der Kläger möglicherweise nicht, da sein Arbeitsverhältnis jedenfalls zum Zeitpunkt der spätesten Fälligkeit eines Bonus im Juni 2012 bereits gekündigt war. Darauf kommt es aber nicht an, da die Regelung einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 BGB nicht standhält. Der streitgegenständliche Bonus stellt unzweifelhaft jedenfalls auch eine Gegenleistung für im Geschäftsjahr laufend erbrachte Arbeit dar. Eine solche Leistung kann in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht von einem ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt außerhalb des Jahres abhängig gemacht werden, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde (zuletzt BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 15; grundlegend 13. November 2013 - 10 AZR 848/12 - BAGE 146, 284; 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - BAGE 140, 231).

23

3. Dahinstehen kann, ob § 4 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags aufgrund der Formulierung, der Arbeitnehmer nehme am „jeweils gültigen“ Bonussystem und/oder Deferral Plan teil, einen Änderungsvorbehalt beinhaltet, wie weit dieser reichen würde und ob ein ggf. umfassender Änderungsvorbehalt am Maßstab des § 308 Nr. 4 BGB gemessen wirksam wäre(vgl. zu einem umfassenden Änderungsvorbehalt zB BAG 11. Februar 2009 - 10 AZR 222/08 - Rn. 23 ff.). Die Beklagte macht nicht geltend, dass eine solche Änderung des Bonussystems bzw. des Deferral Plans dem Anspruch des Klägers entgegenstünde.

24

4. Der Kläger hat mit der Erhebung der Stufenklage die zweistufige Ausschlussfrist nach § 15 des Arbeitsvertrags gewahrt. Die Erhebung der Stufenklage begründet nicht nur die Rechtshängigkeit des Auskunftsanspruchs, sondern auch des unbezifferten Hauptanspruchs (BAG 12. Dezember 2000 - 9 AZR 1/00 - zu I 1 c bb der Gründe, BAGE 96, 352; Zöller/Greger ZPO 31. Aufl. § 254 Rn. 1) und wahrt damit eine entsprechende Ausschlussfrist (BAG 22. Januar 2008 - 9 AZR 416/07 - Rn. 35; 23. Februar 1977 - 3 AZR 764/75 - zu 4 der Gründe).

25

II. Die von der Beklagten vorgenommene Festsetzung des Bonusanspruchs des Klägers für das Geschäftsjahr 2011 auf null ist unverbindlich iSv. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB.

26

1. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der Bestimmungsberechtigte die Ermessensentscheidung zu treffen hat. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht, trägt der Bestimmungsberechtigte (st. Rspr., zuletzt zB BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 28). Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen (vgl. insgesamt dazu: BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 41 mwN, BAGE 147, 322; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

27

2. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die von ihr getroffene Leistungsbestimmung billigem Ermessen entspricht. Hiervon gehen das Arbeitsgericht ausdrücklich und das Landesarbeitsgericht unausgesprochen aus, da es sich andernfalls nicht mit der Frage der Höhe einer festzusetzenden Leistung hätte beschäftigen dürfen. Die Beklagte hat sich nicht dazu geäußert, ob sie sich für das Geschäftsjahr 2011 für ein Bonussystem und/oder einen Deferral Plan entschieden hat. Ebenso wenig hat sie dargelegt, in welchem Umfang sie Mittel zur Verfügung gestellt hat, obwohl der Inhalt des Schreibens vom 23. Februar 2012 hierauf hindeutet und unstreitig einem Teil der Arbeitnehmer entsprechende Leistungen gewährt wurden. Auch hat sie nicht vorgetragen, welche Arbeitnehmer nach welchen Kriterien an einem solchen System teilnehmen sollten. Allein der Hinweis auf einen in diesem Geschäftsjahr erzielten Verlust kann näheren Sachvortrag nicht ersetzen (vgl. dazu auch BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 62, BAGE 147, 322).

28

3. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat die teilweise Abweisung der Auskunftsklage im Teilurteil des Arbeitsgerichts nicht zur Folge, dass nunmehr der Kläger die Darlegungs- und Beweislast für die Unbilligkeit der von der Beklagten getroffenen Leistungsbestimmung nach § 315 BGB trägt. Die Auskunftsklage und die Klage auf richterliche Ersatzleistungsbestimmung haben unterschiedliche Streitgegenstände. Die im Rahmen einer Stufenklage ergangene Entscheidung über den Auskunftsanspruch erwächst im Hinblick auf den auf der letzten Stufe verfolgten Anspruch nicht in Rechtskraft und entfaltet insoweit auch keine Bindung iSv. § 318 ZPO. Damit ist es rechtlich nicht ausgeschlossen, dass die maßgeblichen Vorfragen im weiteren Verfahren über diesen Anspruch anders als im Teilurteil beurteilt werden (BGH 16. Juni 2010 - VIII ZR 62/09 - Rn. 24; Wieczorek/Schütze/Assmann ZPO 4. Aufl. § 254 Rn. 76; Stein/Jonas/Roth ZPO 22. Aufl. § 254 Rn. 31). Ungeachtet der teilweisen Abweisung der vorangegangenen Auskunftsklage hat deshalb die Beklagte als bestimmende Partei die Umstände dazulegen und zu beweisen, die ihre Leistungsbestimmung und deren Billigkeit tragen (vgl. Staudinger/Rieble (2015) BGB § 315 Rn. 388). Erbringt der Arbeitgeber, der sich eine solche einseitige Leistungsbestimmung vorbehält, keinen oder keinen hinreichenden Vortrag dazu, warum eine bestimmte Leistungsfestsetzung billigem Ermessen entsprechen soll, ist die gesetzliche Folge nach § 315 Abs. 3 BGB die Unverbindlichkeit der vom Bestimmungsberechtigten getroffenen Leistungsbestimmung.

29

III. Aufgrund der Unverbindlichkeit der Leistungsbestimmung der Beklagten hat gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB die Bestimmung der Höhe des Anspruchs für das Geschäftsjahr 2011 durch Urteil zu erfolgen(BAG 11. Dezember 2013 - 10 AZR 364/13 - Rn. 33 ff.). Eine solche Leistungsbestimmung hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft unterlassen. Die Leistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB ist wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls vorrangig den Tatsachengerichten vorbehalten(BAG 15. Mai 2013 - 10 AZR 679/12 - Rn. 35 mwN; vgl. auch BAG 18. Mai 2016 - 10 AZR 183/15 - Rn. 42 [zu § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB]). Eine Entscheidung durch das Revisionsgericht kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn alle maßgeblichen Tatsachen feststehen (vgl. zu einem solchen Fall BAG 11. Dezember 2013 - 10 AZR 364/13 - Rn. 30). Hieran fehlt es vorliegend, da das Landesarbeitsgericht keine hinreichenden Feststellungen zu den für die Bestimmung maßgeblichen Umständen getroffen hat. Das angegriffene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

30

1. Die richterliche Ersatzleistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB ist vom Gericht auf Grundlage des Vortrags der Parteien zu treffen(BGH 8. November 2011 - EnZR 32/10 - Rn. 24; 20. Juli 2010 - EnZR 23/09 - Rn. 39). Durch richterliche Ermessensentscheidung wird direkt über den geltend gemachten Anspruch entschieden und nicht nur - etwa im Sinne einer Rechtskontrolle - überprüft, ob die Festsetzung des Leistungsberechtigten zutrifft. Diese Prüfung hat bereits in der ersten Stufe nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB stattzufinden und ist Voraussetzung dafür, dass es überhaupt zu einer gerichtlichen Leistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB kommen kann. Die Ausübung des eigenen richterlichen Ermessens findet auf Grundlage des gesamten Prozessstoffs statt. Eine Darlegungs- und Beweislast im prozessualen Sinn besteht insoweit nicht, doch ist jede Partei gehalten, die für ihre Position sprechenden Umstände vorzutragen, weil das Gericht nur die ihm bekannten Umstände in seine Bestimmung einbringen kann (Staudinger/Rieble § 315 Rn. 521; BGB-RGRK/Ballhaus 12. Aufl. § 315 BGB Rn. 19; BAG 18. Mai 2016 - 10 AZR 183/15 - Rn. 44 [zu § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB]). Bringt der Bestimmungsberechtigte bestimmte Aspekte, die in seinem Konzept der Leistungsbestimmung möglicherweise zu berücksichtigen wären, nicht ein, können sie nicht berücksichtigt werden (vgl. BGH 20. Juli 2010 - EnZR 23/09 - Rn. 40 [zur fehlenden Offenlegung der Kalkulationsgrundlagen eines Netzbetreibers]). Dies geht zu seinen Lasten. Fehlender Vortrag des Bestimmungsberechtigten führt nicht zur Entstehung einer besonderen Darlegungslast für den Anspruchsteller. Dieser hat lediglich im eigenen Interesse die Obliegenheit, die für ihn günstigen Umstände vorzutragen. Deshalb kann der Anspruchsteller regelmäßig auch nicht auf die Erhebung einer Auskunftsklage verwiesen werden (dazu Staudinger/Rieble § 315 Rn. 388). Es ist vielmehr Sache des Gerichts, auf Grundlage des vorhandenen Prozessstoffs und des Vortrags beider Parteien die Leistungsbestimmung vorzunehmen und den vertraglich vorgegebenen Rahmen auszufüllen (MüKoBGB/Würdinger 7. Aufl. § 315 Rn. 51). Lediglich ausnahmsweise hat in entsprechender Anwendung des § 287 ZPO eine Festsetzung zu unterbleiben, wenn es auch nach vollständiger Ausschöpfung des Prozessstoffs an jeglichen greifbaren Anhaltspunkten für die Leistungsbestimmung fehlt(vgl. BGH 8. November 2011 - EnZR 32/10 - Rn. 25).

31

2. Diese Grundsätze hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft verkannt. Es hat unberücksichtigt gelassen, dass die Beklagte als Bestimmungsberechtigte keinen hinreichenden Vortrag zum Bonussystem bzw. Deferral Plan für das Geschäftsjahr 2011 gehalten hat. Stattdessen hat es vom Kläger Vortrag zu Tatsachen verlangt, wie beispielsweise zur Höhe eines Bonustopfes, die ein Arbeitnehmer im Regelfall nicht kennt. Faktisch hat es dem Kläger damit rechtsfehlerhaft eine Darlegungslast für Umstände auferlegt, die die Beklagte im Rahmen der gerichtlichen Ersatzleistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB im eigenen Interesse hätte vortragen können und müssen, wenn sie diese Umstände hätte berücksichtigt wissen wollen. Darüber hinaus hat das Landesarbeitsgericht den vorhandenen Prozessstoff nicht ausgeschöpft. Es ist von den Parteien zur Höhe der Bonuszahlungen in der Vergangenheit, zum Umfang von Leistungen an andere Arbeitnehmer, zum Unternehmenserfolg, zur Leistung des Klägers und zu den Umsätzen in seiner Abteilung vorgetragen worden. Darüber hinaus hätte es den zuletzt erfolgten Vortrag des Klägers zum Umfang des Bonustopfes in den Blick nehmen müssen.

32

3. Dies führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht. Der Senat macht dabei von der Möglichkeit der Zurückverweisung an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch.

33

IV. Für das weitere Verfahren ist auf Folgendes hinzuweisen:

34

1. Teil des Leistungsbestimmungsrechts der Beklagten ist die Entscheidung, ob der Kläger am jeweils gültigen Bonussystem und/oder am Deferral Plan der Gesellschaft für außertarifliche Angestellte teilnimmt (§ 4 Ziff. 1 Arbeitsvertrag). Nach dem bisherigen Sachvortrag der Beklagten dürfte die Annahme des Arbeitsgerichts nicht zu beanstanden sein, die Beklagte habe bis zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Anspruchs (§ 4 Ziff. 4 Arbeitsvertrag) die Leistungsbestimmung hinsichtlich der Art der Leistung nicht vorgenommen und damit die Bestimmung iSv. § 315 Abs. 3 Satz 2 letzter Halbs. BGB verzögert. Im Hinblick auf das zwischenzeitlich erfolgte Ausscheiden des Klägers liegt es deshalb nahe, einen möglichen Bonusanspruch als Geldleistung und nicht als Deferral Award festzusetzen. Sollte das Landesarbeitsgericht dies anders sehen, wird es nach § 139 ZPO einen entsprechenden Hinweis zu erteilen und dem Kläger Gelegenheit zu geben haben, seinen Antrag anzupassen.

35

2. Im Fall einer gerichtlichen Leistungsbestimmung können die in den Vorjahren gezahlten Boni einen wichtigen Faktor darstellen, da durch sie regelmäßig zum Ausdruck gebracht wird, welche Höhe eine solche Leistung unter welchen konkreten Umständen (Leistung des Arbeitnehmers, Unternehmenserfolg etc.) erreichen kann. Insoweit hat das Arbeitsgericht allerdings rechtsfehlerhaft angenommen, dass der Kläger im Kalenderjahr 2010 einen Bonus in Höhe von 209.920,00 Euro erhalten hat. Vielmehr erfolgte für das Geschäftsjahr 2010 nur eine Bonuszahlung in Höhe von 9.920,00 Euro (vgl. Schreiben der Beklagten vom 24. Februar 2011). Der garantierte Bonus wurde hingegen nach der eindeutigen vertraglichen Regelung, dem Inhalt des Schreibens vom 26. Februar 2010 und dem Zeitpunkt der Teilleistungen, die zur Hälfte noch im Jahre 2010 erfolgten, für 2009 gezahlt. Selbst wenn der klägerische Vortrag zuträfe, wonach ihm mitgeteilt worden sei, die Angabe des Jahres 2009 sei aus „bilanztechnischen Gründen“ erfolgt, führte dies zu keinem anderen Ergebnis. Auch und gerade die bilanztechnische Zuordnung zu einem bestimmten Kalenderjahr bringt jedenfalls zum Ausdruck, dass die Zahlung nicht für ein Folgejahr erfolgen soll. Entgegen der Auffassung des Klägers spielt auch keine Rolle, dass er im Geschäftsjahr 2009 noch nicht für die Beklagte tätig war. Die Vereinbarung eines entsprechenden Leistungsanspruchs ist im Rahmen der Vertragsfreiheit ohne Weiteres möglich. Die Parteien bringen damit jedenfalls zum Ausdruck, welche Bonushöhe der Kläger, wäre er im Jahr 2009 bereits für die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin tätig gewesen, in diesem Kalenderjahr in der gegebenen wirtschaftlichen Situation des Unternehmens hätte erzielen können. Im Übrigen war nach § 1 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags eine Tätigkeitsaufnahme vor dem 1. Januar 2010 als Möglichkeit vorgesehen. Entgegen der Auffassung der Beklagten ergeben sich aus dem Arbeitsvertrag vom 19. August 2009 aber auch keine Anhaltspunkte dafür, die Leistung an den Kläger als reine Antrittsprämie (Sign-On-Bonus) ohne Leistungsbezug zu werten. Der Wortlaut der Vereinbarung gibt für eine solche Annahme nichts her. Vielmehr wird die Leistung nach § 16 Abs. 2 des Arbeitsvertrags ausdrücklich den Regeln des Deferral Plans(§ 4 Ziff. 1 Arbeitsvertrag) unterstellt und es wird in § 16 Abs. 5 des Arbeitsvertrags hinsichtlich der Verfallmöglichkeiten eines Teils des garantierten Bonus ein deutlicher Leistungsbezug hergestellt.

36

3. Als weiteres Element für die gerichtliche Leistungsbestimmung wird der Vortrag des Klägers zu seinen Leistungen und zu den Umsatzzahlen seiner Abteilung heranzuziehen sein. Gleiches gilt für die Höhe der Leistungen an andere Arbeitnehmer. Darüber hinaus wird der Vortrag der Parteien zu den wirtschaftlichen Kennzahlen der Beklagten zu berücksichtigen sein, wobei der Umstand wird Beachtung finden müssen, dass der Kläger für das Geschäftsjahr 2009 trotz erheblicher Verluste einen Bonus in erheblicher Höhe erhalten hat. Schließlich wird das Landesarbeitsgericht ggf. dem zuletzt erfolgten Vortrag des Klägers zum Umfang des Bonustopfes für das Geschäftsjahr 2011 nachzugehen haben. Sollten aus Sicht des Landesarbeitsgerichts relevante Faktoren von den Parteien unterschiedlich vorgetragen werden, so wird es ggf. Beweis zu erheben haben, um eine richterliche Überzeugungsbildung hinsichtlich der maßgeblichen Faktoren herbeizuführen. Von weiteren Hinweisen sieht der Senat insoweit ab.

37

4. Mögliche Ansprüche des Klägers auf Grundlage des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes sind nicht mehr Verfahrensgegenstand. Das Landesarbeitsgericht hat sich mit solchen Ansprüchen auseinandergesetzt und deren Vorliegen verneint. Der Kläger hat sich im Rahmen seiner Revision hiergegen nicht gewandt, so dass hierüber im Revisionsverfahren nicht mehr zu entscheiden war.

        

    Linck    

        

    Brune    

        

    W. Reinfelder    

        

        

        

    A. Effenberger     

        

    Schürmann    

                 

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 10. April 2014 - 19 Sa 1266/13 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Bonusansprüche für das Geschäftsjahr 2011.

2

Der Kläger war - nachdem er zuvor sein Arbeitsverhältnis bei einer anderen Bank durch Eigenkündigung zum 31. Dezember 2009 beendet hatte - vom 1. Januar 2010 bis zum 30. September 2012 bei der deutschen Niederlassung der Beklagten, einer internationalen Großbank, bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Er war außertariflicher Angestellter und zuletzt als Managing Director im Bereich GBM-Equities tätig. Das Arbeitsverhältnis endete durch betriebsbedingte Kündigung der Beklagten vom 23. Mai 2012 mit dem 30. September 2012.

3

Der Arbeitsvertrag des Klägers vom 19. August 2009 enthielt auszugsweise folgende Regelungen:

        

§ 3 Arbeitsvergütung

        

1.    

Der Arbeitnehmer erhält für seine Tätigkeit jeweils am 15. eines jeden Monats ein festes und auf sein Bankkonto zahlbares monatliches Gehalt in Höhe von derzeit

                 

€ 16.667,00 brutto

                 

(in Worten: Sechzehntausendsechshundertsiebenundsechzig Euro brutto)

                 

…       

                          
        

3.    

Soweit die Gesellschaft Gratifikationen gewährt, erkennt der Arbeitnehmer hiermit an, dass solche Zahlungen freiwillig erfolgen und auch nach wiederholter Gewährung nicht zu einer Verpflichtung der Gesellschaft zur Fortsetzung derartiger Zahlungen führen. Berücksichtigt werden in diesen Fällen nur solche Arbeitnehmer, die sich im Zeitpunkt der Zahlung in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befinden. Im Übrigen werden solche freiwilligen Leistungen zeitanteilig für diejenigen Zeiträume gekürzt, in denen der Arbeitnehmer in den letzten 12 Monaten vor Fälligkeit der Zahlung keine Ansprüche auf laufende Vergütung hat. Die Gesellschaft gewährt keine Sonderzahlungen nach den gem. § 1 Ziffer 4 geltenden tariflichen Bestimmungen.

        

4.    

Die Regelungen der Ziffer 3 gelten auch für sonstige Sondervergütungen (Bonus, etc.).

        

5.    

…     

        

§ 4 Bonus & Deferral Plan

        

1.    

Der Arbeitnehmer nimmt nach Wahl der Gesellschaft am jeweils gültigen Bonussystem und/oder am Deferral Plan der Gesellschaft für außertarifliche Angestellte über einen kalenderjährlichen Bonus bzw. Deferral Award teil.

        

2.    

Ein Bonus kann nur dann zur Auszahlung gelangen bzw. ein Deferral Award zugeteilt werden, wenn und soweit die Gesellschaft insgesamt Mittel zur Ausschüttung von Bonuszahlungen/bzw. Zuteilung von Deferral Awards an die Arbeitnehmer der Gesellschaft für das bonusrelevante Kalenderjahr zur Verfügung stellt und der Arbeitnehmer die Voraussetzungen für die Auszahlung bzw. Zuteilung erfüllt.

        

3.    

Die Zahlung des Bonus bzw. Zuteilung eines Deferral Awards erfolgt freiwillig und kann auch nach wiederholter Gewährung nicht zu einer Verpflichtung der Gesellschaft zur Fortsetzung derartiger Zahlungen bzw. Zuteilungen führen.

        

4.    

Der Bonus für ein Kalenderjahr soll im Frühjahr des darauf folgenden Kalenderjahres zur Auszahlung gelangen, ist jedoch spätestens bis Ende Juni des folgenden Kalenderjahres zur Zahlung fällig. Die Zuteilung und Auszahlung des Deferral Awards erfolgt gemäß den Regelungen des Deferral Plans in seiner jeweils gültigen Fassung.

        

5.    

Ein Bonus wird nur dann gezahlt bzw. ein Deferral Award erteilt, wenn sich der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Fälligkeit in einem ungekündigten Anstellungsverhältnis zur Gesellschaft befindet. Gleiches gilt für die Auszahlung des Deferral Awards.

        

6.    

Die vorstehenden Bestimmungen zum Bonus bzw. Deferral Award gelten, soweit sich nicht gem. § 1 Ziffer 5 aus einer Betriebsvereinbarung etwas anderes ergibt.

        

…       

        

§ 16 Sondervereinbarungen

        

Vorbehaltlich der nachstehenden Bestimmungen erhält der Arbeitnehmer für das Leistungsjahr 2009 einen garantierten Bonus in Höhe von € 200.00[0],00 brutto abzüglich Steuern und sonstiger gesetzlicher Abzüge (der ‚garantierte Bonus‘).

        

Der garantierte Bonus wird in Form einer gestundeten Leistung im Rahmen des R Deferral Plans (der ‚Deferral Plan‘) gezahlt; er unterliegt den Regelungen des Deferral Plans in der jeweils geltenden Fassung und zwar unabhängig davon, ob diese vor oder nach Beginn dieses Vertrages umgesetzt wurden. Die Gesellschaft behält sich das Recht vor, nach ihrem freien und alleinigen Ermessen jederzeit (auch während eines Geschäftsjahres) die Regelungen des Deferral Plans zu ändern bzw. diesen jederzeit aufzuheben oder zu ersetzen. Zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass eine derartige Änderung jeweils auch rückwirkend gelten kann.

        

Zur Kenntnisnahme: Im Deferral Plan wird geregelt, wann eine gestundete Leistung oder ein Teil davon möglicherweise verfällt. Insbesondere hat der Arbeitnehmer, sofern sein Arbeitsverhältnis vor dem Termin, an dem die gestundete Leistung oder ein Teil davon zahlbar oder unverfallbar wird, geendet hat oder eine Partei ihr Arbeitsverhältnis im Rahmen dieses Vertrages gekündigt hat (sofern diese Kündigung nicht unter die Sektion ‚Verlassen des Unternehmens unter außergewöhnlichen Umständen‘ der Regelungen des Deferral Plans in seiner jeweils geltenden Fassung fällt), kein Anrecht auf die gestundete Leistung bzw. einen davon verbliebenen Teil oder auf sonstige Bonuszahlungen, die ihm ansonsten (möglicherweise) gezahlt worden wären. Fällt die Kündigung unter die Sektion ‚Verlassen des Unternehmens unter außergewöhnlichen Umständen‘ des Deferral Plans in seiner jeweils geltenden Fassung, so wird die gestundete Leistung nach Maßgabe der Regelungen des Deferral Plans (in seiner jeweils geltenden Fassung) unverfallbar.

        

Die Regeln des Deferral Plans enthalten auch Bestimmungen, nach denen verfallbare Elemente gestundeter Leistungen verfallen können. Diese Bestimmungen gelten für alle garantierten Bonuszahlungen, die der Arbeitnehmer erhält bzw. erhalten hat.

        

Allerdings beschränken sich diese Verfallsbestimmungen hinsichtlich des garantierten Bonus für das Leistungsjahr 2009 allein auf Situationen, in denen die individuelle Leistung des Arbeitnehmers direkt verbunden ist mit dem Team oder dem Geschäftsbereich, in dem der Arbeitnehmer arbeitet, in der bzw. in dem ein Verlust erlitten wurde.“

4

Mit Schreiben vom 26. Februar 2010 teilte die Beklagte dem Kläger unter der Überschrift „Performance Year 2009“ mit, dass sein Gesamtgehalt 400.004,00 Euro betrage und sich aus dem Grundgehalt 2010 iHv. 200.004,00 Euro und einem „Performance Award: Unconditional Guaranteed Award 2009“ iHv. 200.000,00 Euro zusammensetze. Letzterer wurde in drei Tranchen in den Jahren 2010 bis 2012 durch Zuteilung von Bonds gewährt. Der Kläger konnte diese jeweils unmittelbar nach Erhalt veräußern. Mit Schreiben vom 24. Februar 2011 erhielt der Kläger eine vergleichbare Mitteilung für das „Performance Year 2010“, wonach der „Discretionary Performance Award“ 9.920,00 Euro betrug.

5

Mit Schreiben der „R Group“ vom 23. Februar 2012 wurde dem Kläger sein Festgehalt als „Total Compensation“ mitgeteilt, nicht hingegen eine Bonusleistung. In dem Schreiben heißt es ua.:

        

„The fall in revenues in 2011 however, means that the discretionary bonus pool element of this is significantly lower in 2011 than in 2010 and this has made the award cycle a challenging one.“

6

Einem Teil der Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnisse nicht im Laufe des Jahres 2012 beendet wurden, gewährte die Beklagte Bonusleistungen, die der Höhe nach überwiegend zwischen einem Viertel und der Hälfte des Vorjahresbonus betrugen.

7

Im Rahmen einer Stufenklage machte der Kläger zunächst bestimmte Auskunftsansprüche betreffend den Bonusanspruch 2011 geltend. Das Arbeitsgericht entschied durch Teilurteil vom 17. Oktober 2012 über das Auskunftsverlangen. Dabei wies es die Klage hinsichtlich des Hauptantrags und eines ersten Hilfsantrags als unzulässig ab; einem zweiten Hilfsantrag gab es statt. Die Entscheidung ist rechtskräftig geworden und führte zur Erteilung einer Auskunft der Beklagten unter dem 6. November 2012.

8

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe für das Geschäftsjahr 2011 ein Bonus nach billigem Ermessen zu, der mindestens ein Viertel des Vorjahresbonus iHv. 209.920,00 Euro brutto betragen müsse. 200.000,00 Euro davon seien der arbeitsvertraglich vereinbarte Garantiebonus gewesen, 9.920,00 Euro brutto der zusätzliche leistungsbezogene Bonus. Soweit es im Anstellungsvertrag heiße, der garantierte Bonus werde für das Leistungsjahr 2009 gezahlt, handele es sich um eine unrichtige Formulierung. Sein Arbeitsverhältnis bei der Beklagten habe erst am 1. Januar 2010 begonnen, ein Bonus für das Jahr 2009 habe ihm nicht zugestanden. Ihm sei seinerzeit mitgeteilt worden, dass das Jahr 2009 aus bilanztechnischen Gründen im Anstellungsvertrag angegeben worden sei. Für das Jahr 2011 hätten die Arbeitnehmer, die nicht im Jahr 2012 ausgeschieden seien, eine Bonusleistung erhalten, wobei er mangels Kenntnissen keine genaueren Angaben zur Bonushöhe machen könne. Er habe in seinem Bereich gute Leistungen erbracht und im Geschäftsjahr 2011 entsprechende Erträge erwirtschaftet, wobei nach seinem Kenntnisstand der Umsatz in seiner Abteilung um 20 % zurückgegangen sei.

9

Im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage der Beklagten hat der Kläger die Auffassung vertreten, allein der erlittene Jahresverlust iHv. 656 Mio. Euro könne den Bonusanspruch nicht ausschließen. Zwar habe die Beklagte im Vorjahr einen Gewinn iHv. 198 Mio. Euro erzielt, in den Jahren davor seien jedoch deutlich höhere Verluste erwirtschaftet worden. Das operative Ergebnis der Beklagten vor der Vornahme von Wertberichtigungen habe im Übrigen im Geschäftsjahr 2011 1,488 Mio. Euro plus betragen. Hinzu komme, dass die Beklagte in der Vergangenheit trotz erheblich höherer Verluste als im Jahr 2011 gleichwohl regelmäßig Boni an ihre Arbeitnehmer gezahlt habe.

10

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihm für das Geschäftsjahr 2011 einen Bonus, der der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der aber mindestens 52.480,00 Euro brutto beträgt, nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

11

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, aufgrund des im Geschäftsjahr 2011 erlittenen Jahresverlustes iHv. 656 Mio. Euro stehe dem Kläger kein Bonusanspruch zu. Im Jahr 2010 habe sein Bonus im Übrigen lediglich 9.920,00 Euro betragen. Der Garantiebonus iHv. 200.000,00 Euro sei als Sign-On-Bonus für den Wechsel des Klägers zu der Rechtsvorgängerin der Beklagten sowie als Kompensation für den wechselbedingten Verlust des Bonusanspruchs beim Vorarbeitgeber für das Jahr 2009 gewährt worden. Im Übrigen hätten sämtliche Mitarbeiter der Abteilung des Klägers keinen Bonus für das Jahr 2011 erhalten. Gleiches gelte - trotz sehr guter Leistungsbewertungen - für zahlreiche andere, nicht von einer Kündigung betroffene Arbeitnehmer der Beklagten. Aufgrund der rechtskräftigen Teilabweisung des Auskunftsbegehrens schulde sie keine weiter gehenden Auskünfte als die bereits erteilten.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage iHv. 78.720,00 Euro brutto nebst Zinsen stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Klage nicht abgewiesen werden. Mangels entsprechender Feststellungen durch das Landesarbeitsgericht kann der Senat in der Sache nicht abschließend entscheiden. Das angegriffene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

14

I. Der Kläger hat dem Grunde nach einen Anspruch auf einen Bonus und/oder einen Deferral Award für das Geschäftsjahr 2011 aus § 4 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags iVm. § 315 BGB. Die Festsetzung der Leistung auf null durch die Beklagte entspricht nicht billigem Ermessen und ist unverbindlich (§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB). Die Bestimmung hat deshalb gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch Urteil zu erfolgen. Dies hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft unterlassen. Mangels ausreichender Feststellungen zu den bestimmungsrelevanten Tatsachen kann der Senat nicht selbst entscheiden.

15

1. § 4 des Arbeitsvertrags gewährt dem Kläger - unabhängig von der Wirksamkeit des „Freiwilligkeitsvorbehalts“ nach § 4 Ziff. 3 - keinen unbedingten Anspruch auf Zahlung eines Bonus oder eines Deferral Awards in einer bestimmten Höhe. Der Anspruch für das jeweilige Geschäftsjahr ergibt sich vielmehr erst nach einer Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts der Beklagten nach billigem Ermessen (§ 315 BGB). Dieses umfasst sowohl die Wahl der jeweiligen Leistungsart als auch die Höhe des auszuzahlenden Betrags bzw. des zuzuteilenden Deferral Awards. Dies ergibt eine Auslegung der vertraglichen Regelungen.

16

a) Der Arbeitsvertrag vom 19. August 2009 enthält Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. §§ 305 ff. BGB. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (st. Rspr., zB BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 29 mwN, BAGE 147, 322). Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gemäß § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders. Die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB setzt allerdings voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (st. Rspr., zB BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 30, aaO).

17

b) § 4 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags legt fest, dass der Arbeitnehmer am jeweils gültigen Bonussystem und/oder am Deferral Plan der Gesellschaft für außertarifliche Angestellte „teilnimmt“. Die Formulierung spricht deutlich dafür, dass ein Rechtsanspruch auf eine solche Teilnahme und die sich hieraus ergebende Leistung besteht (vgl. auch zur Bedeutung des Begriffs „gewährt“ BAG 20. Februar 2013 - 10 AZR 177/12 - Rn. 17). Dabei soll es der Beklagten überlassen bleiben zu bestimmen, ob für das jeweilige Geschäftsjahr ein Bonus oder ein Deferral Award oder eine Kombination aus beiden Leistungsarten gewährt wird. Gleiches gilt hinsichtlich der Höhe der Leistung, die im Arbeitsvertrag nicht festgelegt ist. Vielmehr bedarf es nach § 4 Ziff. 2 einer Entscheidung über den Umfang der zur Verfügung gestellten Mittel.

18

c) Der in § 4 Ziff. 3 des Arbeitsvertrags enthaltene Freiwilligkeitsvorbehalt schließt den vertraglichen Leistungsanspruch nicht aus.

19

aa) Die Klausel ist unklar iSv. § 305c Abs. 2 BGB. Sie kann zum einen so verstanden werden, dass hierdurch generell ein Anspruch für die Zukunft ausgeschlossen werden soll. Denkbar ist aber auch, sie so zu verstehen, dass sie den Rechtsgedanken des § 315 BGB wiedergibt und damit auch eine wiederholte Leistungsgewährung nicht ohne Weiteres zur Fortsetzung „derartiger“, dh. nach Höhe und Art gleichartiger Leistungen wie in der Vergangenheit, führen soll. Ein solches Klauselverständnis stünde der Annahme eines dem Grunde nach bestehenden dauerhaften Anspruchs nicht entgegen. Da gemäß § 305c Abs. 2 BGB Zweifel bei der Auslegung zulasten des Verwenders gehen, ist die letztgenannte Auslegung maßgeblich.

20

bb) Im Übrigen würde eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die es dem Arbeitgeber erlaubte, nach Ablauf eines Geschäftsjahres die versprochene Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen zu unterlassen, einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 BGB nicht standhalten. Es würde eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers darstellen, wenn der Arbeitgeber von der Leistungsbestimmung für ein bestimmtes Geschäftsjahr absehen dürfte, obwohl der Arbeitnehmer in diesem Geschäftsjahr seine Arbeitsleistung erbracht hat und die Leistung auch Teil der Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung des Arbeitnehmers war (vgl. BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 13 f. [zum Vergütungscharakter einer Leistung]; 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 52, BAGE 147, 322 [zur Situation bei einer Zielvereinbarung]). Gleiches würde für den Freiwilligkeitsvorbehalt nach § 3 Ziff. 3 iVm. Ziff. 4 des Arbeitsvertrags gelten, sofern man diesen überhaupt auf Leistungen nach § 4 für anwendbar hielte.

21

d) Die vertragliche Regelung überlässt damit der Beklagten ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSd. § 315 BGB, was grundsätzlich zulässig ist. Die Höhe und Art einer Bonuszahlung muss nicht abschließend im Arbeitsvertrag festgelegt werden (vgl. BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 35, BAGE 147, 322; 20. März 2013 - 10 AZR 8/12 - Rn. 24, 30). In einem solchen Fall hat die Leistungsbestimmung nach der gesetzlichen Regelung mangels abweichender Anhaltspunkte nach billigem Ermessen zu erfolgen (vgl. dazu BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 746/10 - Rn. 25, BAGE 139, 283). Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagten durch § 4 Ziff. 2 des Arbeitsvertrags in Abweichung von § 315 Abs. 1 BGB das Recht zugebilligt werden sollte, nach freiem Ermessen über die Bonusgewährung zu entscheiden, ergeben sich aus dem Vertrag nicht; ein solches Recht nimmt die Beklagte auch nicht für sich in Anspruch. Im Übrigen wäre dies eine Abweichung vom gesetzlichen Leitbild des § 315 Abs. 1 BGB(vgl. dazu BAG 20. März 2013 - 10 AZR 8/12 - Rn. 31), die wegen des fehlenden Korrektivs der vollen gerichtlichen Kontrolle der Leistungsbestimmung eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 Nr. 1 BGB darstellen würde und deshalb unwirksam wäre.

22

2. Einem Anspruch des Klägers steht ebenso wenig die Stichtagsregelung nach § 4 Ziff. 5 des Arbeitsvertrags entgegen. Ein Bonus soll danach nur gezahlt bzw. ein Deferral Award nur dann zugeteilt und ausgezahlt werden, wenn sich der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Anspruchs bzw. der Auszahlung des Awards in einem ungekündigten Anstellungsverhältnis befindet. Diese Voraussetzung erfüllt der Kläger möglicherweise nicht, da sein Arbeitsverhältnis jedenfalls zum Zeitpunkt der spätesten Fälligkeit eines Bonus im Juni 2012 bereits gekündigt war. Darauf kommt es aber nicht an, da die Regelung einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 BGB nicht standhält. Der streitgegenständliche Bonus stellt unzweifelhaft jedenfalls auch eine Gegenleistung für im Geschäftsjahr laufend erbrachte Arbeit dar. Eine solche Leistung kann in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht von einem ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt außerhalb des Jahres abhängig gemacht werden, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde (zuletzt BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 15; grundlegend 13. November 2013 - 10 AZR 848/12 - BAGE 146, 284; 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - BAGE 140, 231).

23

3. Dahinstehen kann, ob § 4 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags aufgrund der Formulierung, der Arbeitnehmer nehme am „jeweils gültigen“ Bonussystem und/oder Deferral Plan teil, einen Änderungsvorbehalt beinhaltet, wie weit dieser reichen würde und ob ein ggf. umfassender Änderungsvorbehalt am Maßstab des § 308 Nr. 4 BGB gemessen wirksam wäre(vgl. zu einem umfassenden Änderungsvorbehalt zB BAG 11. Februar 2009 - 10 AZR 222/08 - Rn. 23 ff.). Die Beklagte macht nicht geltend, dass eine solche Änderung des Bonussystems bzw. des Deferral Plans dem Anspruch des Klägers entgegenstünde.

24

4. Der Kläger hat mit der Erhebung der Stufenklage die zweistufige Ausschlussfrist nach § 15 des Arbeitsvertrags gewahrt. Die Erhebung der Stufenklage begründet nicht nur die Rechtshängigkeit des Auskunftsanspruchs, sondern auch des unbezifferten Hauptanspruchs (BAG 12. Dezember 2000 - 9 AZR 1/00 - zu I 1 c bb der Gründe, BAGE 96, 352; Zöller/Greger ZPO 31. Aufl. § 254 Rn. 1) und wahrt damit eine entsprechende Ausschlussfrist (BAG 22. Januar 2008 - 9 AZR 416/07 - Rn. 35; 23. Februar 1977 - 3 AZR 764/75 - zu 4 der Gründe).

25

II. Die von der Beklagten vorgenommene Festsetzung des Bonusanspruchs des Klägers für das Geschäftsjahr 2011 auf null ist unverbindlich iSv. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB.

26

1. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der Bestimmungsberechtigte die Ermessensentscheidung zu treffen hat. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht, trägt der Bestimmungsberechtigte (st. Rspr., zuletzt zB BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 28). Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen (vgl. insgesamt dazu: BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 41 mwN, BAGE 147, 322; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

27

2. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die von ihr getroffene Leistungsbestimmung billigem Ermessen entspricht. Hiervon gehen das Arbeitsgericht ausdrücklich und das Landesarbeitsgericht unausgesprochen aus, da es sich andernfalls nicht mit der Frage der Höhe einer festzusetzenden Leistung hätte beschäftigen dürfen. Die Beklagte hat sich nicht dazu geäußert, ob sie sich für das Geschäftsjahr 2011 für ein Bonussystem und/oder einen Deferral Plan entschieden hat. Ebenso wenig hat sie dargelegt, in welchem Umfang sie Mittel zur Verfügung gestellt hat, obwohl der Inhalt des Schreibens vom 23. Februar 2012 hierauf hindeutet und unstreitig einem Teil der Arbeitnehmer entsprechende Leistungen gewährt wurden. Auch hat sie nicht vorgetragen, welche Arbeitnehmer nach welchen Kriterien an einem solchen System teilnehmen sollten. Allein der Hinweis auf einen in diesem Geschäftsjahr erzielten Verlust kann näheren Sachvortrag nicht ersetzen (vgl. dazu auch BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 62, BAGE 147, 322).

28

3. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat die teilweise Abweisung der Auskunftsklage im Teilurteil des Arbeitsgerichts nicht zur Folge, dass nunmehr der Kläger die Darlegungs- und Beweislast für die Unbilligkeit der von der Beklagten getroffenen Leistungsbestimmung nach § 315 BGB trägt. Die Auskunftsklage und die Klage auf richterliche Ersatzleistungsbestimmung haben unterschiedliche Streitgegenstände. Die im Rahmen einer Stufenklage ergangene Entscheidung über den Auskunftsanspruch erwächst im Hinblick auf den auf der letzten Stufe verfolgten Anspruch nicht in Rechtskraft und entfaltet insoweit auch keine Bindung iSv. § 318 ZPO. Damit ist es rechtlich nicht ausgeschlossen, dass die maßgeblichen Vorfragen im weiteren Verfahren über diesen Anspruch anders als im Teilurteil beurteilt werden (BGH 16. Juni 2010 - VIII ZR 62/09 - Rn. 24; Wieczorek/Schütze/Assmann ZPO 4. Aufl. § 254 Rn. 76; Stein/Jonas/Roth ZPO 22. Aufl. § 254 Rn. 31). Ungeachtet der teilweisen Abweisung der vorangegangenen Auskunftsklage hat deshalb die Beklagte als bestimmende Partei die Umstände dazulegen und zu beweisen, die ihre Leistungsbestimmung und deren Billigkeit tragen (vgl. Staudinger/Rieble (2015) BGB § 315 Rn. 388). Erbringt der Arbeitgeber, der sich eine solche einseitige Leistungsbestimmung vorbehält, keinen oder keinen hinreichenden Vortrag dazu, warum eine bestimmte Leistungsfestsetzung billigem Ermessen entsprechen soll, ist die gesetzliche Folge nach § 315 Abs. 3 BGB die Unverbindlichkeit der vom Bestimmungsberechtigten getroffenen Leistungsbestimmung.

29

III. Aufgrund der Unverbindlichkeit der Leistungsbestimmung der Beklagten hat gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB die Bestimmung der Höhe des Anspruchs für das Geschäftsjahr 2011 durch Urteil zu erfolgen(BAG 11. Dezember 2013 - 10 AZR 364/13 - Rn. 33 ff.). Eine solche Leistungsbestimmung hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft unterlassen. Die Leistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB ist wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls vorrangig den Tatsachengerichten vorbehalten(BAG 15. Mai 2013 - 10 AZR 679/12 - Rn. 35 mwN; vgl. auch BAG 18. Mai 2016 - 10 AZR 183/15 - Rn. 42 [zu § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB]). Eine Entscheidung durch das Revisionsgericht kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn alle maßgeblichen Tatsachen feststehen (vgl. zu einem solchen Fall BAG 11. Dezember 2013 - 10 AZR 364/13 - Rn. 30). Hieran fehlt es vorliegend, da das Landesarbeitsgericht keine hinreichenden Feststellungen zu den für die Bestimmung maßgeblichen Umständen getroffen hat. Das angegriffene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

30

1. Die richterliche Ersatzleistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB ist vom Gericht auf Grundlage des Vortrags der Parteien zu treffen(BGH 8. November 2011 - EnZR 32/10 - Rn. 24; 20. Juli 2010 - EnZR 23/09 - Rn. 39). Durch richterliche Ermessensentscheidung wird direkt über den geltend gemachten Anspruch entschieden und nicht nur - etwa im Sinne einer Rechtskontrolle - überprüft, ob die Festsetzung des Leistungsberechtigten zutrifft. Diese Prüfung hat bereits in der ersten Stufe nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB stattzufinden und ist Voraussetzung dafür, dass es überhaupt zu einer gerichtlichen Leistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB kommen kann. Die Ausübung des eigenen richterlichen Ermessens findet auf Grundlage des gesamten Prozessstoffs statt. Eine Darlegungs- und Beweislast im prozessualen Sinn besteht insoweit nicht, doch ist jede Partei gehalten, die für ihre Position sprechenden Umstände vorzutragen, weil das Gericht nur die ihm bekannten Umstände in seine Bestimmung einbringen kann (Staudinger/Rieble § 315 Rn. 521; BGB-RGRK/Ballhaus 12. Aufl. § 315 BGB Rn. 19; BAG 18. Mai 2016 - 10 AZR 183/15 - Rn. 44 [zu § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB]). Bringt der Bestimmungsberechtigte bestimmte Aspekte, die in seinem Konzept der Leistungsbestimmung möglicherweise zu berücksichtigen wären, nicht ein, können sie nicht berücksichtigt werden (vgl. BGH 20. Juli 2010 - EnZR 23/09 - Rn. 40 [zur fehlenden Offenlegung der Kalkulationsgrundlagen eines Netzbetreibers]). Dies geht zu seinen Lasten. Fehlender Vortrag des Bestimmungsberechtigten führt nicht zur Entstehung einer besonderen Darlegungslast für den Anspruchsteller. Dieser hat lediglich im eigenen Interesse die Obliegenheit, die für ihn günstigen Umstände vorzutragen. Deshalb kann der Anspruchsteller regelmäßig auch nicht auf die Erhebung einer Auskunftsklage verwiesen werden (dazu Staudinger/Rieble § 315 Rn. 388). Es ist vielmehr Sache des Gerichts, auf Grundlage des vorhandenen Prozessstoffs und des Vortrags beider Parteien die Leistungsbestimmung vorzunehmen und den vertraglich vorgegebenen Rahmen auszufüllen (MüKoBGB/Würdinger 7. Aufl. § 315 Rn. 51). Lediglich ausnahmsweise hat in entsprechender Anwendung des § 287 ZPO eine Festsetzung zu unterbleiben, wenn es auch nach vollständiger Ausschöpfung des Prozessstoffs an jeglichen greifbaren Anhaltspunkten für die Leistungsbestimmung fehlt(vgl. BGH 8. November 2011 - EnZR 32/10 - Rn. 25).

31

2. Diese Grundsätze hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft verkannt. Es hat unberücksichtigt gelassen, dass die Beklagte als Bestimmungsberechtigte keinen hinreichenden Vortrag zum Bonussystem bzw. Deferral Plan für das Geschäftsjahr 2011 gehalten hat. Stattdessen hat es vom Kläger Vortrag zu Tatsachen verlangt, wie beispielsweise zur Höhe eines Bonustopfes, die ein Arbeitnehmer im Regelfall nicht kennt. Faktisch hat es dem Kläger damit rechtsfehlerhaft eine Darlegungslast für Umstände auferlegt, die die Beklagte im Rahmen der gerichtlichen Ersatzleistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB im eigenen Interesse hätte vortragen können und müssen, wenn sie diese Umstände hätte berücksichtigt wissen wollen. Darüber hinaus hat das Landesarbeitsgericht den vorhandenen Prozessstoff nicht ausgeschöpft. Es ist von den Parteien zur Höhe der Bonuszahlungen in der Vergangenheit, zum Umfang von Leistungen an andere Arbeitnehmer, zum Unternehmenserfolg, zur Leistung des Klägers und zu den Umsätzen in seiner Abteilung vorgetragen worden. Darüber hinaus hätte es den zuletzt erfolgten Vortrag des Klägers zum Umfang des Bonustopfes in den Blick nehmen müssen.

32

3. Dies führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht. Der Senat macht dabei von der Möglichkeit der Zurückverweisung an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch.

33

IV. Für das weitere Verfahren ist auf Folgendes hinzuweisen:

34

1. Teil des Leistungsbestimmungsrechts der Beklagten ist die Entscheidung, ob der Kläger am jeweils gültigen Bonussystem und/oder am Deferral Plan der Gesellschaft für außertarifliche Angestellte teilnimmt (§ 4 Ziff. 1 Arbeitsvertrag). Nach dem bisherigen Sachvortrag der Beklagten dürfte die Annahme des Arbeitsgerichts nicht zu beanstanden sein, die Beklagte habe bis zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Anspruchs (§ 4 Ziff. 4 Arbeitsvertrag) die Leistungsbestimmung hinsichtlich der Art der Leistung nicht vorgenommen und damit die Bestimmung iSv. § 315 Abs. 3 Satz 2 letzter Halbs. BGB verzögert. Im Hinblick auf das zwischenzeitlich erfolgte Ausscheiden des Klägers liegt es deshalb nahe, einen möglichen Bonusanspruch als Geldleistung und nicht als Deferral Award festzusetzen. Sollte das Landesarbeitsgericht dies anders sehen, wird es nach § 139 ZPO einen entsprechenden Hinweis zu erteilen und dem Kläger Gelegenheit zu geben haben, seinen Antrag anzupassen.

35

2. Im Fall einer gerichtlichen Leistungsbestimmung können die in den Vorjahren gezahlten Boni einen wichtigen Faktor darstellen, da durch sie regelmäßig zum Ausdruck gebracht wird, welche Höhe eine solche Leistung unter welchen konkreten Umständen (Leistung des Arbeitnehmers, Unternehmenserfolg etc.) erreichen kann. Insoweit hat das Arbeitsgericht allerdings rechtsfehlerhaft angenommen, dass der Kläger im Kalenderjahr 2010 einen Bonus in Höhe von 209.920,00 Euro erhalten hat. Vielmehr erfolgte für das Geschäftsjahr 2010 nur eine Bonuszahlung in Höhe von 9.920,00 Euro (vgl. Schreiben der Beklagten vom 24. Februar 2011). Der garantierte Bonus wurde hingegen nach der eindeutigen vertraglichen Regelung, dem Inhalt des Schreibens vom 26. Februar 2010 und dem Zeitpunkt der Teilleistungen, die zur Hälfte noch im Jahre 2010 erfolgten, für 2009 gezahlt. Selbst wenn der klägerische Vortrag zuträfe, wonach ihm mitgeteilt worden sei, die Angabe des Jahres 2009 sei aus „bilanztechnischen Gründen“ erfolgt, führte dies zu keinem anderen Ergebnis. Auch und gerade die bilanztechnische Zuordnung zu einem bestimmten Kalenderjahr bringt jedenfalls zum Ausdruck, dass die Zahlung nicht für ein Folgejahr erfolgen soll. Entgegen der Auffassung des Klägers spielt auch keine Rolle, dass er im Geschäftsjahr 2009 noch nicht für die Beklagte tätig war. Die Vereinbarung eines entsprechenden Leistungsanspruchs ist im Rahmen der Vertragsfreiheit ohne Weiteres möglich. Die Parteien bringen damit jedenfalls zum Ausdruck, welche Bonushöhe der Kläger, wäre er im Jahr 2009 bereits für die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin tätig gewesen, in diesem Kalenderjahr in der gegebenen wirtschaftlichen Situation des Unternehmens hätte erzielen können. Im Übrigen war nach § 1 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags eine Tätigkeitsaufnahme vor dem 1. Januar 2010 als Möglichkeit vorgesehen. Entgegen der Auffassung der Beklagten ergeben sich aus dem Arbeitsvertrag vom 19. August 2009 aber auch keine Anhaltspunkte dafür, die Leistung an den Kläger als reine Antrittsprämie (Sign-On-Bonus) ohne Leistungsbezug zu werten. Der Wortlaut der Vereinbarung gibt für eine solche Annahme nichts her. Vielmehr wird die Leistung nach § 16 Abs. 2 des Arbeitsvertrags ausdrücklich den Regeln des Deferral Plans(§ 4 Ziff. 1 Arbeitsvertrag) unterstellt und es wird in § 16 Abs. 5 des Arbeitsvertrags hinsichtlich der Verfallmöglichkeiten eines Teils des garantierten Bonus ein deutlicher Leistungsbezug hergestellt.

36

3. Als weiteres Element für die gerichtliche Leistungsbestimmung wird der Vortrag des Klägers zu seinen Leistungen und zu den Umsatzzahlen seiner Abteilung heranzuziehen sein. Gleiches gilt für die Höhe der Leistungen an andere Arbeitnehmer. Darüber hinaus wird der Vortrag der Parteien zu den wirtschaftlichen Kennzahlen der Beklagten zu berücksichtigen sein, wobei der Umstand wird Beachtung finden müssen, dass der Kläger für das Geschäftsjahr 2009 trotz erheblicher Verluste einen Bonus in erheblicher Höhe erhalten hat. Schließlich wird das Landesarbeitsgericht ggf. dem zuletzt erfolgten Vortrag des Klägers zum Umfang des Bonustopfes für das Geschäftsjahr 2011 nachzugehen haben. Sollten aus Sicht des Landesarbeitsgerichts relevante Faktoren von den Parteien unterschiedlich vorgetragen werden, so wird es ggf. Beweis zu erheben haben, um eine richterliche Überzeugungsbildung hinsichtlich der maßgeblichen Faktoren herbeizuführen. Von weiteren Hinweisen sieht der Senat insoweit ab.

37

4. Mögliche Ansprüche des Klägers auf Grundlage des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes sind nicht mehr Verfahrensgegenstand. Das Landesarbeitsgericht hat sich mit solchen Ansprüchen auseinandergesetzt und deren Vorliegen verneint. Der Kläger hat sich im Rahmen seiner Revision hiergegen nicht gewandt, so dass hierüber im Revisionsverfahren nicht mehr zu entscheiden war.

        

    Linck    

        

    Brune    

        

    W. Reinfelder    

        

        

        

    A. Effenberger     

        

    Schürmann    

                 

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 10. April 2014 - 19 Sa 1266/13 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Bonusansprüche für das Geschäftsjahr 2011.

2

Der Kläger war - nachdem er zuvor sein Arbeitsverhältnis bei einer anderen Bank durch Eigenkündigung zum 31. Dezember 2009 beendet hatte - vom 1. Januar 2010 bis zum 30. September 2012 bei der deutschen Niederlassung der Beklagten, einer internationalen Großbank, bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Er war außertariflicher Angestellter und zuletzt als Managing Director im Bereich GBM-Equities tätig. Das Arbeitsverhältnis endete durch betriebsbedingte Kündigung der Beklagten vom 23. Mai 2012 mit dem 30. September 2012.

3

Der Arbeitsvertrag des Klägers vom 19. August 2009 enthielt auszugsweise folgende Regelungen:

        

§ 3 Arbeitsvergütung

        

1.    

Der Arbeitnehmer erhält für seine Tätigkeit jeweils am 15. eines jeden Monats ein festes und auf sein Bankkonto zahlbares monatliches Gehalt in Höhe von derzeit

                 

€ 16.667,00 brutto

                 

(in Worten: Sechzehntausendsechshundertsiebenundsechzig Euro brutto)

                 

…       

                          
        

3.    

Soweit die Gesellschaft Gratifikationen gewährt, erkennt der Arbeitnehmer hiermit an, dass solche Zahlungen freiwillig erfolgen und auch nach wiederholter Gewährung nicht zu einer Verpflichtung der Gesellschaft zur Fortsetzung derartiger Zahlungen führen. Berücksichtigt werden in diesen Fällen nur solche Arbeitnehmer, die sich im Zeitpunkt der Zahlung in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befinden. Im Übrigen werden solche freiwilligen Leistungen zeitanteilig für diejenigen Zeiträume gekürzt, in denen der Arbeitnehmer in den letzten 12 Monaten vor Fälligkeit der Zahlung keine Ansprüche auf laufende Vergütung hat. Die Gesellschaft gewährt keine Sonderzahlungen nach den gem. § 1 Ziffer 4 geltenden tariflichen Bestimmungen.

        

4.    

Die Regelungen der Ziffer 3 gelten auch für sonstige Sondervergütungen (Bonus, etc.).

        

5.    

…     

        

§ 4 Bonus & Deferral Plan

        

1.    

Der Arbeitnehmer nimmt nach Wahl der Gesellschaft am jeweils gültigen Bonussystem und/oder am Deferral Plan der Gesellschaft für außertarifliche Angestellte über einen kalenderjährlichen Bonus bzw. Deferral Award teil.

        

2.    

Ein Bonus kann nur dann zur Auszahlung gelangen bzw. ein Deferral Award zugeteilt werden, wenn und soweit die Gesellschaft insgesamt Mittel zur Ausschüttung von Bonuszahlungen/bzw. Zuteilung von Deferral Awards an die Arbeitnehmer der Gesellschaft für das bonusrelevante Kalenderjahr zur Verfügung stellt und der Arbeitnehmer die Voraussetzungen für die Auszahlung bzw. Zuteilung erfüllt.

        

3.    

Die Zahlung des Bonus bzw. Zuteilung eines Deferral Awards erfolgt freiwillig und kann auch nach wiederholter Gewährung nicht zu einer Verpflichtung der Gesellschaft zur Fortsetzung derartiger Zahlungen bzw. Zuteilungen führen.

        

4.    

Der Bonus für ein Kalenderjahr soll im Frühjahr des darauf folgenden Kalenderjahres zur Auszahlung gelangen, ist jedoch spätestens bis Ende Juni des folgenden Kalenderjahres zur Zahlung fällig. Die Zuteilung und Auszahlung des Deferral Awards erfolgt gemäß den Regelungen des Deferral Plans in seiner jeweils gültigen Fassung.

        

5.    

Ein Bonus wird nur dann gezahlt bzw. ein Deferral Award erteilt, wenn sich der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Fälligkeit in einem ungekündigten Anstellungsverhältnis zur Gesellschaft befindet. Gleiches gilt für die Auszahlung des Deferral Awards.

        

6.    

Die vorstehenden Bestimmungen zum Bonus bzw. Deferral Award gelten, soweit sich nicht gem. § 1 Ziffer 5 aus einer Betriebsvereinbarung etwas anderes ergibt.

        

…       

        

§ 16 Sondervereinbarungen

        

Vorbehaltlich der nachstehenden Bestimmungen erhält der Arbeitnehmer für das Leistungsjahr 2009 einen garantierten Bonus in Höhe von € 200.00[0],00 brutto abzüglich Steuern und sonstiger gesetzlicher Abzüge (der ‚garantierte Bonus‘).

        

Der garantierte Bonus wird in Form einer gestundeten Leistung im Rahmen des R Deferral Plans (der ‚Deferral Plan‘) gezahlt; er unterliegt den Regelungen des Deferral Plans in der jeweils geltenden Fassung und zwar unabhängig davon, ob diese vor oder nach Beginn dieses Vertrages umgesetzt wurden. Die Gesellschaft behält sich das Recht vor, nach ihrem freien und alleinigen Ermessen jederzeit (auch während eines Geschäftsjahres) die Regelungen des Deferral Plans zu ändern bzw. diesen jederzeit aufzuheben oder zu ersetzen. Zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass eine derartige Änderung jeweils auch rückwirkend gelten kann.

        

Zur Kenntnisnahme: Im Deferral Plan wird geregelt, wann eine gestundete Leistung oder ein Teil davon möglicherweise verfällt. Insbesondere hat der Arbeitnehmer, sofern sein Arbeitsverhältnis vor dem Termin, an dem die gestundete Leistung oder ein Teil davon zahlbar oder unverfallbar wird, geendet hat oder eine Partei ihr Arbeitsverhältnis im Rahmen dieses Vertrages gekündigt hat (sofern diese Kündigung nicht unter die Sektion ‚Verlassen des Unternehmens unter außergewöhnlichen Umständen‘ der Regelungen des Deferral Plans in seiner jeweils geltenden Fassung fällt), kein Anrecht auf die gestundete Leistung bzw. einen davon verbliebenen Teil oder auf sonstige Bonuszahlungen, die ihm ansonsten (möglicherweise) gezahlt worden wären. Fällt die Kündigung unter die Sektion ‚Verlassen des Unternehmens unter außergewöhnlichen Umständen‘ des Deferral Plans in seiner jeweils geltenden Fassung, so wird die gestundete Leistung nach Maßgabe der Regelungen des Deferral Plans (in seiner jeweils geltenden Fassung) unverfallbar.

        

Die Regeln des Deferral Plans enthalten auch Bestimmungen, nach denen verfallbare Elemente gestundeter Leistungen verfallen können. Diese Bestimmungen gelten für alle garantierten Bonuszahlungen, die der Arbeitnehmer erhält bzw. erhalten hat.

        

Allerdings beschränken sich diese Verfallsbestimmungen hinsichtlich des garantierten Bonus für das Leistungsjahr 2009 allein auf Situationen, in denen die individuelle Leistung des Arbeitnehmers direkt verbunden ist mit dem Team oder dem Geschäftsbereich, in dem der Arbeitnehmer arbeitet, in der bzw. in dem ein Verlust erlitten wurde.“

4

Mit Schreiben vom 26. Februar 2010 teilte die Beklagte dem Kläger unter der Überschrift „Performance Year 2009“ mit, dass sein Gesamtgehalt 400.004,00 Euro betrage und sich aus dem Grundgehalt 2010 iHv. 200.004,00 Euro und einem „Performance Award: Unconditional Guaranteed Award 2009“ iHv. 200.000,00 Euro zusammensetze. Letzterer wurde in drei Tranchen in den Jahren 2010 bis 2012 durch Zuteilung von Bonds gewährt. Der Kläger konnte diese jeweils unmittelbar nach Erhalt veräußern. Mit Schreiben vom 24. Februar 2011 erhielt der Kläger eine vergleichbare Mitteilung für das „Performance Year 2010“, wonach der „Discretionary Performance Award“ 9.920,00 Euro betrug.

5

Mit Schreiben der „R Group“ vom 23. Februar 2012 wurde dem Kläger sein Festgehalt als „Total Compensation“ mitgeteilt, nicht hingegen eine Bonusleistung. In dem Schreiben heißt es ua.:

        

„The fall in revenues in 2011 however, means that the discretionary bonus pool element of this is significantly lower in 2011 than in 2010 and this has made the award cycle a challenging one.“

6

Einem Teil der Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnisse nicht im Laufe des Jahres 2012 beendet wurden, gewährte die Beklagte Bonusleistungen, die der Höhe nach überwiegend zwischen einem Viertel und der Hälfte des Vorjahresbonus betrugen.

7

Im Rahmen einer Stufenklage machte der Kläger zunächst bestimmte Auskunftsansprüche betreffend den Bonusanspruch 2011 geltend. Das Arbeitsgericht entschied durch Teilurteil vom 17. Oktober 2012 über das Auskunftsverlangen. Dabei wies es die Klage hinsichtlich des Hauptantrags und eines ersten Hilfsantrags als unzulässig ab; einem zweiten Hilfsantrag gab es statt. Die Entscheidung ist rechtskräftig geworden und führte zur Erteilung einer Auskunft der Beklagten unter dem 6. November 2012.

8

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe für das Geschäftsjahr 2011 ein Bonus nach billigem Ermessen zu, der mindestens ein Viertel des Vorjahresbonus iHv. 209.920,00 Euro brutto betragen müsse. 200.000,00 Euro davon seien der arbeitsvertraglich vereinbarte Garantiebonus gewesen, 9.920,00 Euro brutto der zusätzliche leistungsbezogene Bonus. Soweit es im Anstellungsvertrag heiße, der garantierte Bonus werde für das Leistungsjahr 2009 gezahlt, handele es sich um eine unrichtige Formulierung. Sein Arbeitsverhältnis bei der Beklagten habe erst am 1. Januar 2010 begonnen, ein Bonus für das Jahr 2009 habe ihm nicht zugestanden. Ihm sei seinerzeit mitgeteilt worden, dass das Jahr 2009 aus bilanztechnischen Gründen im Anstellungsvertrag angegeben worden sei. Für das Jahr 2011 hätten die Arbeitnehmer, die nicht im Jahr 2012 ausgeschieden seien, eine Bonusleistung erhalten, wobei er mangels Kenntnissen keine genaueren Angaben zur Bonushöhe machen könne. Er habe in seinem Bereich gute Leistungen erbracht und im Geschäftsjahr 2011 entsprechende Erträge erwirtschaftet, wobei nach seinem Kenntnisstand der Umsatz in seiner Abteilung um 20 % zurückgegangen sei.

9

Im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage der Beklagten hat der Kläger die Auffassung vertreten, allein der erlittene Jahresverlust iHv. 656 Mio. Euro könne den Bonusanspruch nicht ausschließen. Zwar habe die Beklagte im Vorjahr einen Gewinn iHv. 198 Mio. Euro erzielt, in den Jahren davor seien jedoch deutlich höhere Verluste erwirtschaftet worden. Das operative Ergebnis der Beklagten vor der Vornahme von Wertberichtigungen habe im Übrigen im Geschäftsjahr 2011 1,488 Mio. Euro plus betragen. Hinzu komme, dass die Beklagte in der Vergangenheit trotz erheblich höherer Verluste als im Jahr 2011 gleichwohl regelmäßig Boni an ihre Arbeitnehmer gezahlt habe.

10

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihm für das Geschäftsjahr 2011 einen Bonus, der der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der aber mindestens 52.480,00 Euro brutto beträgt, nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

11

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, aufgrund des im Geschäftsjahr 2011 erlittenen Jahresverlustes iHv. 656 Mio. Euro stehe dem Kläger kein Bonusanspruch zu. Im Jahr 2010 habe sein Bonus im Übrigen lediglich 9.920,00 Euro betragen. Der Garantiebonus iHv. 200.000,00 Euro sei als Sign-On-Bonus für den Wechsel des Klägers zu der Rechtsvorgängerin der Beklagten sowie als Kompensation für den wechselbedingten Verlust des Bonusanspruchs beim Vorarbeitgeber für das Jahr 2009 gewährt worden. Im Übrigen hätten sämtliche Mitarbeiter der Abteilung des Klägers keinen Bonus für das Jahr 2011 erhalten. Gleiches gelte - trotz sehr guter Leistungsbewertungen - für zahlreiche andere, nicht von einer Kündigung betroffene Arbeitnehmer der Beklagten. Aufgrund der rechtskräftigen Teilabweisung des Auskunftsbegehrens schulde sie keine weiter gehenden Auskünfte als die bereits erteilten.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage iHv. 78.720,00 Euro brutto nebst Zinsen stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Klage nicht abgewiesen werden. Mangels entsprechender Feststellungen durch das Landesarbeitsgericht kann der Senat in der Sache nicht abschließend entscheiden. Das angegriffene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

14

I. Der Kläger hat dem Grunde nach einen Anspruch auf einen Bonus und/oder einen Deferral Award für das Geschäftsjahr 2011 aus § 4 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags iVm. § 315 BGB. Die Festsetzung der Leistung auf null durch die Beklagte entspricht nicht billigem Ermessen und ist unverbindlich (§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB). Die Bestimmung hat deshalb gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch Urteil zu erfolgen. Dies hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft unterlassen. Mangels ausreichender Feststellungen zu den bestimmungsrelevanten Tatsachen kann der Senat nicht selbst entscheiden.

15

1. § 4 des Arbeitsvertrags gewährt dem Kläger - unabhängig von der Wirksamkeit des „Freiwilligkeitsvorbehalts“ nach § 4 Ziff. 3 - keinen unbedingten Anspruch auf Zahlung eines Bonus oder eines Deferral Awards in einer bestimmten Höhe. Der Anspruch für das jeweilige Geschäftsjahr ergibt sich vielmehr erst nach einer Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts der Beklagten nach billigem Ermessen (§ 315 BGB). Dieses umfasst sowohl die Wahl der jeweiligen Leistungsart als auch die Höhe des auszuzahlenden Betrags bzw. des zuzuteilenden Deferral Awards. Dies ergibt eine Auslegung der vertraglichen Regelungen.

16

a) Der Arbeitsvertrag vom 19. August 2009 enthält Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. §§ 305 ff. BGB. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (st. Rspr., zB BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 29 mwN, BAGE 147, 322). Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gemäß § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders. Die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB setzt allerdings voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (st. Rspr., zB BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 30, aaO).

17

b) § 4 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags legt fest, dass der Arbeitnehmer am jeweils gültigen Bonussystem und/oder am Deferral Plan der Gesellschaft für außertarifliche Angestellte „teilnimmt“. Die Formulierung spricht deutlich dafür, dass ein Rechtsanspruch auf eine solche Teilnahme und die sich hieraus ergebende Leistung besteht (vgl. auch zur Bedeutung des Begriffs „gewährt“ BAG 20. Februar 2013 - 10 AZR 177/12 - Rn. 17). Dabei soll es der Beklagten überlassen bleiben zu bestimmen, ob für das jeweilige Geschäftsjahr ein Bonus oder ein Deferral Award oder eine Kombination aus beiden Leistungsarten gewährt wird. Gleiches gilt hinsichtlich der Höhe der Leistung, die im Arbeitsvertrag nicht festgelegt ist. Vielmehr bedarf es nach § 4 Ziff. 2 einer Entscheidung über den Umfang der zur Verfügung gestellten Mittel.

18

c) Der in § 4 Ziff. 3 des Arbeitsvertrags enthaltene Freiwilligkeitsvorbehalt schließt den vertraglichen Leistungsanspruch nicht aus.

19

aa) Die Klausel ist unklar iSv. § 305c Abs. 2 BGB. Sie kann zum einen so verstanden werden, dass hierdurch generell ein Anspruch für die Zukunft ausgeschlossen werden soll. Denkbar ist aber auch, sie so zu verstehen, dass sie den Rechtsgedanken des § 315 BGB wiedergibt und damit auch eine wiederholte Leistungsgewährung nicht ohne Weiteres zur Fortsetzung „derartiger“, dh. nach Höhe und Art gleichartiger Leistungen wie in der Vergangenheit, führen soll. Ein solches Klauselverständnis stünde der Annahme eines dem Grunde nach bestehenden dauerhaften Anspruchs nicht entgegen. Da gemäß § 305c Abs. 2 BGB Zweifel bei der Auslegung zulasten des Verwenders gehen, ist die letztgenannte Auslegung maßgeblich.

20

bb) Im Übrigen würde eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die es dem Arbeitgeber erlaubte, nach Ablauf eines Geschäftsjahres die versprochene Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen zu unterlassen, einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 BGB nicht standhalten. Es würde eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers darstellen, wenn der Arbeitgeber von der Leistungsbestimmung für ein bestimmtes Geschäftsjahr absehen dürfte, obwohl der Arbeitnehmer in diesem Geschäftsjahr seine Arbeitsleistung erbracht hat und die Leistung auch Teil der Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung des Arbeitnehmers war (vgl. BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 13 f. [zum Vergütungscharakter einer Leistung]; 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 52, BAGE 147, 322 [zur Situation bei einer Zielvereinbarung]). Gleiches würde für den Freiwilligkeitsvorbehalt nach § 3 Ziff. 3 iVm. Ziff. 4 des Arbeitsvertrags gelten, sofern man diesen überhaupt auf Leistungen nach § 4 für anwendbar hielte.

21

d) Die vertragliche Regelung überlässt damit der Beklagten ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSd. § 315 BGB, was grundsätzlich zulässig ist. Die Höhe und Art einer Bonuszahlung muss nicht abschließend im Arbeitsvertrag festgelegt werden (vgl. BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 35, BAGE 147, 322; 20. März 2013 - 10 AZR 8/12 - Rn. 24, 30). In einem solchen Fall hat die Leistungsbestimmung nach der gesetzlichen Regelung mangels abweichender Anhaltspunkte nach billigem Ermessen zu erfolgen (vgl. dazu BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 746/10 - Rn. 25, BAGE 139, 283). Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagten durch § 4 Ziff. 2 des Arbeitsvertrags in Abweichung von § 315 Abs. 1 BGB das Recht zugebilligt werden sollte, nach freiem Ermessen über die Bonusgewährung zu entscheiden, ergeben sich aus dem Vertrag nicht; ein solches Recht nimmt die Beklagte auch nicht für sich in Anspruch. Im Übrigen wäre dies eine Abweichung vom gesetzlichen Leitbild des § 315 Abs. 1 BGB(vgl. dazu BAG 20. März 2013 - 10 AZR 8/12 - Rn. 31), die wegen des fehlenden Korrektivs der vollen gerichtlichen Kontrolle der Leistungsbestimmung eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 Nr. 1 BGB darstellen würde und deshalb unwirksam wäre.

22

2. Einem Anspruch des Klägers steht ebenso wenig die Stichtagsregelung nach § 4 Ziff. 5 des Arbeitsvertrags entgegen. Ein Bonus soll danach nur gezahlt bzw. ein Deferral Award nur dann zugeteilt und ausgezahlt werden, wenn sich der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Anspruchs bzw. der Auszahlung des Awards in einem ungekündigten Anstellungsverhältnis befindet. Diese Voraussetzung erfüllt der Kläger möglicherweise nicht, da sein Arbeitsverhältnis jedenfalls zum Zeitpunkt der spätesten Fälligkeit eines Bonus im Juni 2012 bereits gekündigt war. Darauf kommt es aber nicht an, da die Regelung einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 BGB nicht standhält. Der streitgegenständliche Bonus stellt unzweifelhaft jedenfalls auch eine Gegenleistung für im Geschäftsjahr laufend erbrachte Arbeit dar. Eine solche Leistung kann in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht von einem ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt außerhalb des Jahres abhängig gemacht werden, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde (zuletzt BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 15; grundlegend 13. November 2013 - 10 AZR 848/12 - BAGE 146, 284; 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - BAGE 140, 231).

23

3. Dahinstehen kann, ob § 4 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags aufgrund der Formulierung, der Arbeitnehmer nehme am „jeweils gültigen“ Bonussystem und/oder Deferral Plan teil, einen Änderungsvorbehalt beinhaltet, wie weit dieser reichen würde und ob ein ggf. umfassender Änderungsvorbehalt am Maßstab des § 308 Nr. 4 BGB gemessen wirksam wäre(vgl. zu einem umfassenden Änderungsvorbehalt zB BAG 11. Februar 2009 - 10 AZR 222/08 - Rn. 23 ff.). Die Beklagte macht nicht geltend, dass eine solche Änderung des Bonussystems bzw. des Deferral Plans dem Anspruch des Klägers entgegenstünde.

24

4. Der Kläger hat mit der Erhebung der Stufenklage die zweistufige Ausschlussfrist nach § 15 des Arbeitsvertrags gewahrt. Die Erhebung der Stufenklage begründet nicht nur die Rechtshängigkeit des Auskunftsanspruchs, sondern auch des unbezifferten Hauptanspruchs (BAG 12. Dezember 2000 - 9 AZR 1/00 - zu I 1 c bb der Gründe, BAGE 96, 352; Zöller/Greger ZPO 31. Aufl. § 254 Rn. 1) und wahrt damit eine entsprechende Ausschlussfrist (BAG 22. Januar 2008 - 9 AZR 416/07 - Rn. 35; 23. Februar 1977 - 3 AZR 764/75 - zu 4 der Gründe).

25

II. Die von der Beklagten vorgenommene Festsetzung des Bonusanspruchs des Klägers für das Geschäftsjahr 2011 auf null ist unverbindlich iSv. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB.

26

1. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der Bestimmungsberechtigte die Ermessensentscheidung zu treffen hat. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht, trägt der Bestimmungsberechtigte (st. Rspr., zuletzt zB BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 28). Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen (vgl. insgesamt dazu: BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 41 mwN, BAGE 147, 322; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

27

2. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die von ihr getroffene Leistungsbestimmung billigem Ermessen entspricht. Hiervon gehen das Arbeitsgericht ausdrücklich und das Landesarbeitsgericht unausgesprochen aus, da es sich andernfalls nicht mit der Frage der Höhe einer festzusetzenden Leistung hätte beschäftigen dürfen. Die Beklagte hat sich nicht dazu geäußert, ob sie sich für das Geschäftsjahr 2011 für ein Bonussystem und/oder einen Deferral Plan entschieden hat. Ebenso wenig hat sie dargelegt, in welchem Umfang sie Mittel zur Verfügung gestellt hat, obwohl der Inhalt des Schreibens vom 23. Februar 2012 hierauf hindeutet und unstreitig einem Teil der Arbeitnehmer entsprechende Leistungen gewährt wurden. Auch hat sie nicht vorgetragen, welche Arbeitnehmer nach welchen Kriterien an einem solchen System teilnehmen sollten. Allein der Hinweis auf einen in diesem Geschäftsjahr erzielten Verlust kann näheren Sachvortrag nicht ersetzen (vgl. dazu auch BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 62, BAGE 147, 322).

28

3. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat die teilweise Abweisung der Auskunftsklage im Teilurteil des Arbeitsgerichts nicht zur Folge, dass nunmehr der Kläger die Darlegungs- und Beweislast für die Unbilligkeit der von der Beklagten getroffenen Leistungsbestimmung nach § 315 BGB trägt. Die Auskunftsklage und die Klage auf richterliche Ersatzleistungsbestimmung haben unterschiedliche Streitgegenstände. Die im Rahmen einer Stufenklage ergangene Entscheidung über den Auskunftsanspruch erwächst im Hinblick auf den auf der letzten Stufe verfolgten Anspruch nicht in Rechtskraft und entfaltet insoweit auch keine Bindung iSv. § 318 ZPO. Damit ist es rechtlich nicht ausgeschlossen, dass die maßgeblichen Vorfragen im weiteren Verfahren über diesen Anspruch anders als im Teilurteil beurteilt werden (BGH 16. Juni 2010 - VIII ZR 62/09 - Rn. 24; Wieczorek/Schütze/Assmann ZPO 4. Aufl. § 254 Rn. 76; Stein/Jonas/Roth ZPO 22. Aufl. § 254 Rn. 31). Ungeachtet der teilweisen Abweisung der vorangegangenen Auskunftsklage hat deshalb die Beklagte als bestimmende Partei die Umstände dazulegen und zu beweisen, die ihre Leistungsbestimmung und deren Billigkeit tragen (vgl. Staudinger/Rieble (2015) BGB § 315 Rn. 388). Erbringt der Arbeitgeber, der sich eine solche einseitige Leistungsbestimmung vorbehält, keinen oder keinen hinreichenden Vortrag dazu, warum eine bestimmte Leistungsfestsetzung billigem Ermessen entsprechen soll, ist die gesetzliche Folge nach § 315 Abs. 3 BGB die Unverbindlichkeit der vom Bestimmungsberechtigten getroffenen Leistungsbestimmung.

29

III. Aufgrund der Unverbindlichkeit der Leistungsbestimmung der Beklagten hat gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB die Bestimmung der Höhe des Anspruchs für das Geschäftsjahr 2011 durch Urteil zu erfolgen(BAG 11. Dezember 2013 - 10 AZR 364/13 - Rn. 33 ff.). Eine solche Leistungsbestimmung hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft unterlassen. Die Leistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB ist wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls vorrangig den Tatsachengerichten vorbehalten(BAG 15. Mai 2013 - 10 AZR 679/12 - Rn. 35 mwN; vgl. auch BAG 18. Mai 2016 - 10 AZR 183/15 - Rn. 42 [zu § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB]). Eine Entscheidung durch das Revisionsgericht kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn alle maßgeblichen Tatsachen feststehen (vgl. zu einem solchen Fall BAG 11. Dezember 2013 - 10 AZR 364/13 - Rn. 30). Hieran fehlt es vorliegend, da das Landesarbeitsgericht keine hinreichenden Feststellungen zu den für die Bestimmung maßgeblichen Umständen getroffen hat. Das angegriffene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

30

1. Die richterliche Ersatzleistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB ist vom Gericht auf Grundlage des Vortrags der Parteien zu treffen(BGH 8. November 2011 - EnZR 32/10 - Rn. 24; 20. Juli 2010 - EnZR 23/09 - Rn. 39). Durch richterliche Ermessensentscheidung wird direkt über den geltend gemachten Anspruch entschieden und nicht nur - etwa im Sinne einer Rechtskontrolle - überprüft, ob die Festsetzung des Leistungsberechtigten zutrifft. Diese Prüfung hat bereits in der ersten Stufe nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB stattzufinden und ist Voraussetzung dafür, dass es überhaupt zu einer gerichtlichen Leistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB kommen kann. Die Ausübung des eigenen richterlichen Ermessens findet auf Grundlage des gesamten Prozessstoffs statt. Eine Darlegungs- und Beweislast im prozessualen Sinn besteht insoweit nicht, doch ist jede Partei gehalten, die für ihre Position sprechenden Umstände vorzutragen, weil das Gericht nur die ihm bekannten Umstände in seine Bestimmung einbringen kann (Staudinger/Rieble § 315 Rn. 521; BGB-RGRK/Ballhaus 12. Aufl. § 315 BGB Rn. 19; BAG 18. Mai 2016 - 10 AZR 183/15 - Rn. 44 [zu § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB]). Bringt der Bestimmungsberechtigte bestimmte Aspekte, die in seinem Konzept der Leistungsbestimmung möglicherweise zu berücksichtigen wären, nicht ein, können sie nicht berücksichtigt werden (vgl. BGH 20. Juli 2010 - EnZR 23/09 - Rn. 40 [zur fehlenden Offenlegung der Kalkulationsgrundlagen eines Netzbetreibers]). Dies geht zu seinen Lasten. Fehlender Vortrag des Bestimmungsberechtigten führt nicht zur Entstehung einer besonderen Darlegungslast für den Anspruchsteller. Dieser hat lediglich im eigenen Interesse die Obliegenheit, die für ihn günstigen Umstände vorzutragen. Deshalb kann der Anspruchsteller regelmäßig auch nicht auf die Erhebung einer Auskunftsklage verwiesen werden (dazu Staudinger/Rieble § 315 Rn. 388). Es ist vielmehr Sache des Gerichts, auf Grundlage des vorhandenen Prozessstoffs und des Vortrags beider Parteien die Leistungsbestimmung vorzunehmen und den vertraglich vorgegebenen Rahmen auszufüllen (MüKoBGB/Würdinger 7. Aufl. § 315 Rn. 51). Lediglich ausnahmsweise hat in entsprechender Anwendung des § 287 ZPO eine Festsetzung zu unterbleiben, wenn es auch nach vollständiger Ausschöpfung des Prozessstoffs an jeglichen greifbaren Anhaltspunkten für die Leistungsbestimmung fehlt(vgl. BGH 8. November 2011 - EnZR 32/10 - Rn. 25).

31

2. Diese Grundsätze hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft verkannt. Es hat unberücksichtigt gelassen, dass die Beklagte als Bestimmungsberechtigte keinen hinreichenden Vortrag zum Bonussystem bzw. Deferral Plan für das Geschäftsjahr 2011 gehalten hat. Stattdessen hat es vom Kläger Vortrag zu Tatsachen verlangt, wie beispielsweise zur Höhe eines Bonustopfes, die ein Arbeitnehmer im Regelfall nicht kennt. Faktisch hat es dem Kläger damit rechtsfehlerhaft eine Darlegungslast für Umstände auferlegt, die die Beklagte im Rahmen der gerichtlichen Ersatzleistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB im eigenen Interesse hätte vortragen können und müssen, wenn sie diese Umstände hätte berücksichtigt wissen wollen. Darüber hinaus hat das Landesarbeitsgericht den vorhandenen Prozessstoff nicht ausgeschöpft. Es ist von den Parteien zur Höhe der Bonuszahlungen in der Vergangenheit, zum Umfang von Leistungen an andere Arbeitnehmer, zum Unternehmenserfolg, zur Leistung des Klägers und zu den Umsätzen in seiner Abteilung vorgetragen worden. Darüber hinaus hätte es den zuletzt erfolgten Vortrag des Klägers zum Umfang des Bonustopfes in den Blick nehmen müssen.

32

3. Dies führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht. Der Senat macht dabei von der Möglichkeit der Zurückverweisung an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch.

33

IV. Für das weitere Verfahren ist auf Folgendes hinzuweisen:

34

1. Teil des Leistungsbestimmungsrechts der Beklagten ist die Entscheidung, ob der Kläger am jeweils gültigen Bonussystem und/oder am Deferral Plan der Gesellschaft für außertarifliche Angestellte teilnimmt (§ 4 Ziff. 1 Arbeitsvertrag). Nach dem bisherigen Sachvortrag der Beklagten dürfte die Annahme des Arbeitsgerichts nicht zu beanstanden sein, die Beklagte habe bis zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Anspruchs (§ 4 Ziff. 4 Arbeitsvertrag) die Leistungsbestimmung hinsichtlich der Art der Leistung nicht vorgenommen und damit die Bestimmung iSv. § 315 Abs. 3 Satz 2 letzter Halbs. BGB verzögert. Im Hinblick auf das zwischenzeitlich erfolgte Ausscheiden des Klägers liegt es deshalb nahe, einen möglichen Bonusanspruch als Geldleistung und nicht als Deferral Award festzusetzen. Sollte das Landesarbeitsgericht dies anders sehen, wird es nach § 139 ZPO einen entsprechenden Hinweis zu erteilen und dem Kläger Gelegenheit zu geben haben, seinen Antrag anzupassen.

35

2. Im Fall einer gerichtlichen Leistungsbestimmung können die in den Vorjahren gezahlten Boni einen wichtigen Faktor darstellen, da durch sie regelmäßig zum Ausdruck gebracht wird, welche Höhe eine solche Leistung unter welchen konkreten Umständen (Leistung des Arbeitnehmers, Unternehmenserfolg etc.) erreichen kann. Insoweit hat das Arbeitsgericht allerdings rechtsfehlerhaft angenommen, dass der Kläger im Kalenderjahr 2010 einen Bonus in Höhe von 209.920,00 Euro erhalten hat. Vielmehr erfolgte für das Geschäftsjahr 2010 nur eine Bonuszahlung in Höhe von 9.920,00 Euro (vgl. Schreiben der Beklagten vom 24. Februar 2011). Der garantierte Bonus wurde hingegen nach der eindeutigen vertraglichen Regelung, dem Inhalt des Schreibens vom 26. Februar 2010 und dem Zeitpunkt der Teilleistungen, die zur Hälfte noch im Jahre 2010 erfolgten, für 2009 gezahlt. Selbst wenn der klägerische Vortrag zuträfe, wonach ihm mitgeteilt worden sei, die Angabe des Jahres 2009 sei aus „bilanztechnischen Gründen“ erfolgt, führte dies zu keinem anderen Ergebnis. Auch und gerade die bilanztechnische Zuordnung zu einem bestimmten Kalenderjahr bringt jedenfalls zum Ausdruck, dass die Zahlung nicht für ein Folgejahr erfolgen soll. Entgegen der Auffassung des Klägers spielt auch keine Rolle, dass er im Geschäftsjahr 2009 noch nicht für die Beklagte tätig war. Die Vereinbarung eines entsprechenden Leistungsanspruchs ist im Rahmen der Vertragsfreiheit ohne Weiteres möglich. Die Parteien bringen damit jedenfalls zum Ausdruck, welche Bonushöhe der Kläger, wäre er im Jahr 2009 bereits für die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin tätig gewesen, in diesem Kalenderjahr in der gegebenen wirtschaftlichen Situation des Unternehmens hätte erzielen können. Im Übrigen war nach § 1 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags eine Tätigkeitsaufnahme vor dem 1. Januar 2010 als Möglichkeit vorgesehen. Entgegen der Auffassung der Beklagten ergeben sich aus dem Arbeitsvertrag vom 19. August 2009 aber auch keine Anhaltspunkte dafür, die Leistung an den Kläger als reine Antrittsprämie (Sign-On-Bonus) ohne Leistungsbezug zu werten. Der Wortlaut der Vereinbarung gibt für eine solche Annahme nichts her. Vielmehr wird die Leistung nach § 16 Abs. 2 des Arbeitsvertrags ausdrücklich den Regeln des Deferral Plans(§ 4 Ziff. 1 Arbeitsvertrag) unterstellt und es wird in § 16 Abs. 5 des Arbeitsvertrags hinsichtlich der Verfallmöglichkeiten eines Teils des garantierten Bonus ein deutlicher Leistungsbezug hergestellt.

36

3. Als weiteres Element für die gerichtliche Leistungsbestimmung wird der Vortrag des Klägers zu seinen Leistungen und zu den Umsatzzahlen seiner Abteilung heranzuziehen sein. Gleiches gilt für die Höhe der Leistungen an andere Arbeitnehmer. Darüber hinaus wird der Vortrag der Parteien zu den wirtschaftlichen Kennzahlen der Beklagten zu berücksichtigen sein, wobei der Umstand wird Beachtung finden müssen, dass der Kläger für das Geschäftsjahr 2009 trotz erheblicher Verluste einen Bonus in erheblicher Höhe erhalten hat. Schließlich wird das Landesarbeitsgericht ggf. dem zuletzt erfolgten Vortrag des Klägers zum Umfang des Bonustopfes für das Geschäftsjahr 2011 nachzugehen haben. Sollten aus Sicht des Landesarbeitsgerichts relevante Faktoren von den Parteien unterschiedlich vorgetragen werden, so wird es ggf. Beweis zu erheben haben, um eine richterliche Überzeugungsbildung hinsichtlich der maßgeblichen Faktoren herbeizuführen. Von weiteren Hinweisen sieht der Senat insoweit ab.

37

4. Mögliche Ansprüche des Klägers auf Grundlage des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes sind nicht mehr Verfahrensgegenstand. Das Landesarbeitsgericht hat sich mit solchen Ansprüchen auseinandergesetzt und deren Vorliegen verneint. Der Kläger hat sich im Rahmen seiner Revision hiergegen nicht gewandt, so dass hierüber im Revisionsverfahren nicht mehr zu entscheiden war.

        

    Linck    

        

    Brune    

        

    W. Reinfelder    

        

        

        

    A. Effenberger     

        

    Schürmann    

                 

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 10. April 2014 - 19 Sa 1266/13 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Bonusansprüche für das Geschäftsjahr 2011.

2

Der Kläger war - nachdem er zuvor sein Arbeitsverhältnis bei einer anderen Bank durch Eigenkündigung zum 31. Dezember 2009 beendet hatte - vom 1. Januar 2010 bis zum 30. September 2012 bei der deutschen Niederlassung der Beklagten, einer internationalen Großbank, bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Er war außertariflicher Angestellter und zuletzt als Managing Director im Bereich GBM-Equities tätig. Das Arbeitsverhältnis endete durch betriebsbedingte Kündigung der Beklagten vom 23. Mai 2012 mit dem 30. September 2012.

3

Der Arbeitsvertrag des Klägers vom 19. August 2009 enthielt auszugsweise folgende Regelungen:

        

§ 3 Arbeitsvergütung

        

1.    

Der Arbeitnehmer erhält für seine Tätigkeit jeweils am 15. eines jeden Monats ein festes und auf sein Bankkonto zahlbares monatliches Gehalt in Höhe von derzeit

                 

€ 16.667,00 brutto

                 

(in Worten: Sechzehntausendsechshundertsiebenundsechzig Euro brutto)

                 

…       

                          
        

3.    

Soweit die Gesellschaft Gratifikationen gewährt, erkennt der Arbeitnehmer hiermit an, dass solche Zahlungen freiwillig erfolgen und auch nach wiederholter Gewährung nicht zu einer Verpflichtung der Gesellschaft zur Fortsetzung derartiger Zahlungen führen. Berücksichtigt werden in diesen Fällen nur solche Arbeitnehmer, die sich im Zeitpunkt der Zahlung in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befinden. Im Übrigen werden solche freiwilligen Leistungen zeitanteilig für diejenigen Zeiträume gekürzt, in denen der Arbeitnehmer in den letzten 12 Monaten vor Fälligkeit der Zahlung keine Ansprüche auf laufende Vergütung hat. Die Gesellschaft gewährt keine Sonderzahlungen nach den gem. § 1 Ziffer 4 geltenden tariflichen Bestimmungen.

        

4.    

Die Regelungen der Ziffer 3 gelten auch für sonstige Sondervergütungen (Bonus, etc.).

        

5.    

…     

        

§ 4 Bonus & Deferral Plan

        

1.    

Der Arbeitnehmer nimmt nach Wahl der Gesellschaft am jeweils gültigen Bonussystem und/oder am Deferral Plan der Gesellschaft für außertarifliche Angestellte über einen kalenderjährlichen Bonus bzw. Deferral Award teil.

        

2.    

Ein Bonus kann nur dann zur Auszahlung gelangen bzw. ein Deferral Award zugeteilt werden, wenn und soweit die Gesellschaft insgesamt Mittel zur Ausschüttung von Bonuszahlungen/bzw. Zuteilung von Deferral Awards an die Arbeitnehmer der Gesellschaft für das bonusrelevante Kalenderjahr zur Verfügung stellt und der Arbeitnehmer die Voraussetzungen für die Auszahlung bzw. Zuteilung erfüllt.

        

3.    

Die Zahlung des Bonus bzw. Zuteilung eines Deferral Awards erfolgt freiwillig und kann auch nach wiederholter Gewährung nicht zu einer Verpflichtung der Gesellschaft zur Fortsetzung derartiger Zahlungen bzw. Zuteilungen führen.

        

4.    

Der Bonus für ein Kalenderjahr soll im Frühjahr des darauf folgenden Kalenderjahres zur Auszahlung gelangen, ist jedoch spätestens bis Ende Juni des folgenden Kalenderjahres zur Zahlung fällig. Die Zuteilung und Auszahlung des Deferral Awards erfolgt gemäß den Regelungen des Deferral Plans in seiner jeweils gültigen Fassung.

        

5.    

Ein Bonus wird nur dann gezahlt bzw. ein Deferral Award erteilt, wenn sich der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Fälligkeit in einem ungekündigten Anstellungsverhältnis zur Gesellschaft befindet. Gleiches gilt für die Auszahlung des Deferral Awards.

        

6.    

Die vorstehenden Bestimmungen zum Bonus bzw. Deferral Award gelten, soweit sich nicht gem. § 1 Ziffer 5 aus einer Betriebsvereinbarung etwas anderes ergibt.

        

…       

        

§ 16 Sondervereinbarungen

        

Vorbehaltlich der nachstehenden Bestimmungen erhält der Arbeitnehmer für das Leistungsjahr 2009 einen garantierten Bonus in Höhe von € 200.00[0],00 brutto abzüglich Steuern und sonstiger gesetzlicher Abzüge (der ‚garantierte Bonus‘).

        

Der garantierte Bonus wird in Form einer gestundeten Leistung im Rahmen des R Deferral Plans (der ‚Deferral Plan‘) gezahlt; er unterliegt den Regelungen des Deferral Plans in der jeweils geltenden Fassung und zwar unabhängig davon, ob diese vor oder nach Beginn dieses Vertrages umgesetzt wurden. Die Gesellschaft behält sich das Recht vor, nach ihrem freien und alleinigen Ermessen jederzeit (auch während eines Geschäftsjahres) die Regelungen des Deferral Plans zu ändern bzw. diesen jederzeit aufzuheben oder zu ersetzen. Zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass eine derartige Änderung jeweils auch rückwirkend gelten kann.

        

Zur Kenntnisnahme: Im Deferral Plan wird geregelt, wann eine gestundete Leistung oder ein Teil davon möglicherweise verfällt. Insbesondere hat der Arbeitnehmer, sofern sein Arbeitsverhältnis vor dem Termin, an dem die gestundete Leistung oder ein Teil davon zahlbar oder unverfallbar wird, geendet hat oder eine Partei ihr Arbeitsverhältnis im Rahmen dieses Vertrages gekündigt hat (sofern diese Kündigung nicht unter die Sektion ‚Verlassen des Unternehmens unter außergewöhnlichen Umständen‘ der Regelungen des Deferral Plans in seiner jeweils geltenden Fassung fällt), kein Anrecht auf die gestundete Leistung bzw. einen davon verbliebenen Teil oder auf sonstige Bonuszahlungen, die ihm ansonsten (möglicherweise) gezahlt worden wären. Fällt die Kündigung unter die Sektion ‚Verlassen des Unternehmens unter außergewöhnlichen Umständen‘ des Deferral Plans in seiner jeweils geltenden Fassung, so wird die gestundete Leistung nach Maßgabe der Regelungen des Deferral Plans (in seiner jeweils geltenden Fassung) unverfallbar.

        

Die Regeln des Deferral Plans enthalten auch Bestimmungen, nach denen verfallbare Elemente gestundeter Leistungen verfallen können. Diese Bestimmungen gelten für alle garantierten Bonuszahlungen, die der Arbeitnehmer erhält bzw. erhalten hat.

        

Allerdings beschränken sich diese Verfallsbestimmungen hinsichtlich des garantierten Bonus für das Leistungsjahr 2009 allein auf Situationen, in denen die individuelle Leistung des Arbeitnehmers direkt verbunden ist mit dem Team oder dem Geschäftsbereich, in dem der Arbeitnehmer arbeitet, in der bzw. in dem ein Verlust erlitten wurde.“

4

Mit Schreiben vom 26. Februar 2010 teilte die Beklagte dem Kläger unter der Überschrift „Performance Year 2009“ mit, dass sein Gesamtgehalt 400.004,00 Euro betrage und sich aus dem Grundgehalt 2010 iHv. 200.004,00 Euro und einem „Performance Award: Unconditional Guaranteed Award 2009“ iHv. 200.000,00 Euro zusammensetze. Letzterer wurde in drei Tranchen in den Jahren 2010 bis 2012 durch Zuteilung von Bonds gewährt. Der Kläger konnte diese jeweils unmittelbar nach Erhalt veräußern. Mit Schreiben vom 24. Februar 2011 erhielt der Kläger eine vergleichbare Mitteilung für das „Performance Year 2010“, wonach der „Discretionary Performance Award“ 9.920,00 Euro betrug.

5

Mit Schreiben der „R Group“ vom 23. Februar 2012 wurde dem Kläger sein Festgehalt als „Total Compensation“ mitgeteilt, nicht hingegen eine Bonusleistung. In dem Schreiben heißt es ua.:

        

„The fall in revenues in 2011 however, means that the discretionary bonus pool element of this is significantly lower in 2011 than in 2010 and this has made the award cycle a challenging one.“

6

Einem Teil der Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnisse nicht im Laufe des Jahres 2012 beendet wurden, gewährte die Beklagte Bonusleistungen, die der Höhe nach überwiegend zwischen einem Viertel und der Hälfte des Vorjahresbonus betrugen.

7

Im Rahmen einer Stufenklage machte der Kläger zunächst bestimmte Auskunftsansprüche betreffend den Bonusanspruch 2011 geltend. Das Arbeitsgericht entschied durch Teilurteil vom 17. Oktober 2012 über das Auskunftsverlangen. Dabei wies es die Klage hinsichtlich des Hauptantrags und eines ersten Hilfsantrags als unzulässig ab; einem zweiten Hilfsantrag gab es statt. Die Entscheidung ist rechtskräftig geworden und führte zur Erteilung einer Auskunft der Beklagten unter dem 6. November 2012.

8

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe für das Geschäftsjahr 2011 ein Bonus nach billigem Ermessen zu, der mindestens ein Viertel des Vorjahresbonus iHv. 209.920,00 Euro brutto betragen müsse. 200.000,00 Euro davon seien der arbeitsvertraglich vereinbarte Garantiebonus gewesen, 9.920,00 Euro brutto der zusätzliche leistungsbezogene Bonus. Soweit es im Anstellungsvertrag heiße, der garantierte Bonus werde für das Leistungsjahr 2009 gezahlt, handele es sich um eine unrichtige Formulierung. Sein Arbeitsverhältnis bei der Beklagten habe erst am 1. Januar 2010 begonnen, ein Bonus für das Jahr 2009 habe ihm nicht zugestanden. Ihm sei seinerzeit mitgeteilt worden, dass das Jahr 2009 aus bilanztechnischen Gründen im Anstellungsvertrag angegeben worden sei. Für das Jahr 2011 hätten die Arbeitnehmer, die nicht im Jahr 2012 ausgeschieden seien, eine Bonusleistung erhalten, wobei er mangels Kenntnissen keine genaueren Angaben zur Bonushöhe machen könne. Er habe in seinem Bereich gute Leistungen erbracht und im Geschäftsjahr 2011 entsprechende Erträge erwirtschaftet, wobei nach seinem Kenntnisstand der Umsatz in seiner Abteilung um 20 % zurückgegangen sei.

9

Im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage der Beklagten hat der Kläger die Auffassung vertreten, allein der erlittene Jahresverlust iHv. 656 Mio. Euro könne den Bonusanspruch nicht ausschließen. Zwar habe die Beklagte im Vorjahr einen Gewinn iHv. 198 Mio. Euro erzielt, in den Jahren davor seien jedoch deutlich höhere Verluste erwirtschaftet worden. Das operative Ergebnis der Beklagten vor der Vornahme von Wertberichtigungen habe im Übrigen im Geschäftsjahr 2011 1,488 Mio. Euro plus betragen. Hinzu komme, dass die Beklagte in der Vergangenheit trotz erheblich höherer Verluste als im Jahr 2011 gleichwohl regelmäßig Boni an ihre Arbeitnehmer gezahlt habe.

10

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihm für das Geschäftsjahr 2011 einen Bonus, der der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der aber mindestens 52.480,00 Euro brutto beträgt, nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

11

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, aufgrund des im Geschäftsjahr 2011 erlittenen Jahresverlustes iHv. 656 Mio. Euro stehe dem Kläger kein Bonusanspruch zu. Im Jahr 2010 habe sein Bonus im Übrigen lediglich 9.920,00 Euro betragen. Der Garantiebonus iHv. 200.000,00 Euro sei als Sign-On-Bonus für den Wechsel des Klägers zu der Rechtsvorgängerin der Beklagten sowie als Kompensation für den wechselbedingten Verlust des Bonusanspruchs beim Vorarbeitgeber für das Jahr 2009 gewährt worden. Im Übrigen hätten sämtliche Mitarbeiter der Abteilung des Klägers keinen Bonus für das Jahr 2011 erhalten. Gleiches gelte - trotz sehr guter Leistungsbewertungen - für zahlreiche andere, nicht von einer Kündigung betroffene Arbeitnehmer der Beklagten. Aufgrund der rechtskräftigen Teilabweisung des Auskunftsbegehrens schulde sie keine weiter gehenden Auskünfte als die bereits erteilten.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage iHv. 78.720,00 Euro brutto nebst Zinsen stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Klage nicht abgewiesen werden. Mangels entsprechender Feststellungen durch das Landesarbeitsgericht kann der Senat in der Sache nicht abschließend entscheiden. Das angegriffene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

14

I. Der Kläger hat dem Grunde nach einen Anspruch auf einen Bonus und/oder einen Deferral Award für das Geschäftsjahr 2011 aus § 4 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags iVm. § 315 BGB. Die Festsetzung der Leistung auf null durch die Beklagte entspricht nicht billigem Ermessen und ist unverbindlich (§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB). Die Bestimmung hat deshalb gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch Urteil zu erfolgen. Dies hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft unterlassen. Mangels ausreichender Feststellungen zu den bestimmungsrelevanten Tatsachen kann der Senat nicht selbst entscheiden.

15

1. § 4 des Arbeitsvertrags gewährt dem Kläger - unabhängig von der Wirksamkeit des „Freiwilligkeitsvorbehalts“ nach § 4 Ziff. 3 - keinen unbedingten Anspruch auf Zahlung eines Bonus oder eines Deferral Awards in einer bestimmten Höhe. Der Anspruch für das jeweilige Geschäftsjahr ergibt sich vielmehr erst nach einer Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts der Beklagten nach billigem Ermessen (§ 315 BGB). Dieses umfasst sowohl die Wahl der jeweiligen Leistungsart als auch die Höhe des auszuzahlenden Betrags bzw. des zuzuteilenden Deferral Awards. Dies ergibt eine Auslegung der vertraglichen Regelungen.

16

a) Der Arbeitsvertrag vom 19. August 2009 enthält Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. §§ 305 ff. BGB. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (st. Rspr., zB BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 29 mwN, BAGE 147, 322). Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gemäß § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders. Die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB setzt allerdings voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (st. Rspr., zB BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 30, aaO).

17

b) § 4 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags legt fest, dass der Arbeitnehmer am jeweils gültigen Bonussystem und/oder am Deferral Plan der Gesellschaft für außertarifliche Angestellte „teilnimmt“. Die Formulierung spricht deutlich dafür, dass ein Rechtsanspruch auf eine solche Teilnahme und die sich hieraus ergebende Leistung besteht (vgl. auch zur Bedeutung des Begriffs „gewährt“ BAG 20. Februar 2013 - 10 AZR 177/12 - Rn. 17). Dabei soll es der Beklagten überlassen bleiben zu bestimmen, ob für das jeweilige Geschäftsjahr ein Bonus oder ein Deferral Award oder eine Kombination aus beiden Leistungsarten gewährt wird. Gleiches gilt hinsichtlich der Höhe der Leistung, die im Arbeitsvertrag nicht festgelegt ist. Vielmehr bedarf es nach § 4 Ziff. 2 einer Entscheidung über den Umfang der zur Verfügung gestellten Mittel.

18

c) Der in § 4 Ziff. 3 des Arbeitsvertrags enthaltene Freiwilligkeitsvorbehalt schließt den vertraglichen Leistungsanspruch nicht aus.

19

aa) Die Klausel ist unklar iSv. § 305c Abs. 2 BGB. Sie kann zum einen so verstanden werden, dass hierdurch generell ein Anspruch für die Zukunft ausgeschlossen werden soll. Denkbar ist aber auch, sie so zu verstehen, dass sie den Rechtsgedanken des § 315 BGB wiedergibt und damit auch eine wiederholte Leistungsgewährung nicht ohne Weiteres zur Fortsetzung „derartiger“, dh. nach Höhe und Art gleichartiger Leistungen wie in der Vergangenheit, führen soll. Ein solches Klauselverständnis stünde der Annahme eines dem Grunde nach bestehenden dauerhaften Anspruchs nicht entgegen. Da gemäß § 305c Abs. 2 BGB Zweifel bei der Auslegung zulasten des Verwenders gehen, ist die letztgenannte Auslegung maßgeblich.

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bb) Im Übrigen würde eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die es dem Arbeitgeber erlaubte, nach Ablauf eines Geschäftsjahres die versprochene Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen zu unterlassen, einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 BGB nicht standhalten. Es würde eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers darstellen, wenn der Arbeitgeber von der Leistungsbestimmung für ein bestimmtes Geschäftsjahr absehen dürfte, obwohl der Arbeitnehmer in diesem Geschäftsjahr seine Arbeitsleistung erbracht hat und die Leistung auch Teil der Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung des Arbeitnehmers war (vgl. BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 13 f. [zum Vergütungscharakter einer Leistung]; 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 52, BAGE 147, 322 [zur Situation bei einer Zielvereinbarung]). Gleiches würde für den Freiwilligkeitsvorbehalt nach § 3 Ziff. 3 iVm. Ziff. 4 des Arbeitsvertrags gelten, sofern man diesen überhaupt auf Leistungen nach § 4 für anwendbar hielte.

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d) Die vertragliche Regelung überlässt damit der Beklagten ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSd. § 315 BGB, was grundsätzlich zulässig ist. Die Höhe und Art einer Bonuszahlung muss nicht abschließend im Arbeitsvertrag festgelegt werden (vgl. BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 35, BAGE 147, 322; 20. März 2013 - 10 AZR 8/12 - Rn. 24, 30). In einem solchen Fall hat die Leistungsbestimmung nach der gesetzlichen Regelung mangels abweichender Anhaltspunkte nach billigem Ermessen zu erfolgen (vgl. dazu BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 746/10 - Rn. 25, BAGE 139, 283). Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagten durch § 4 Ziff. 2 des Arbeitsvertrags in Abweichung von § 315 Abs. 1 BGB das Recht zugebilligt werden sollte, nach freiem Ermessen über die Bonusgewährung zu entscheiden, ergeben sich aus dem Vertrag nicht; ein solches Recht nimmt die Beklagte auch nicht für sich in Anspruch. Im Übrigen wäre dies eine Abweichung vom gesetzlichen Leitbild des § 315 Abs. 1 BGB(vgl. dazu BAG 20. März 2013 - 10 AZR 8/12 - Rn. 31), die wegen des fehlenden Korrektivs der vollen gerichtlichen Kontrolle der Leistungsbestimmung eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 Nr. 1 BGB darstellen würde und deshalb unwirksam wäre.

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2. Einem Anspruch des Klägers steht ebenso wenig die Stichtagsregelung nach § 4 Ziff. 5 des Arbeitsvertrags entgegen. Ein Bonus soll danach nur gezahlt bzw. ein Deferral Award nur dann zugeteilt und ausgezahlt werden, wenn sich der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Anspruchs bzw. der Auszahlung des Awards in einem ungekündigten Anstellungsverhältnis befindet. Diese Voraussetzung erfüllt der Kläger möglicherweise nicht, da sein Arbeitsverhältnis jedenfalls zum Zeitpunkt der spätesten Fälligkeit eines Bonus im Juni 2012 bereits gekündigt war. Darauf kommt es aber nicht an, da die Regelung einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 BGB nicht standhält. Der streitgegenständliche Bonus stellt unzweifelhaft jedenfalls auch eine Gegenleistung für im Geschäftsjahr laufend erbrachte Arbeit dar. Eine solche Leistung kann in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht von einem ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt außerhalb des Jahres abhängig gemacht werden, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde (zuletzt BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 15; grundlegend 13. November 2013 - 10 AZR 848/12 - BAGE 146, 284; 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - BAGE 140, 231).

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3. Dahinstehen kann, ob § 4 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags aufgrund der Formulierung, der Arbeitnehmer nehme am „jeweils gültigen“ Bonussystem und/oder Deferral Plan teil, einen Änderungsvorbehalt beinhaltet, wie weit dieser reichen würde und ob ein ggf. umfassender Änderungsvorbehalt am Maßstab des § 308 Nr. 4 BGB gemessen wirksam wäre(vgl. zu einem umfassenden Änderungsvorbehalt zB BAG 11. Februar 2009 - 10 AZR 222/08 - Rn. 23 ff.). Die Beklagte macht nicht geltend, dass eine solche Änderung des Bonussystems bzw. des Deferral Plans dem Anspruch des Klägers entgegenstünde.

24

4. Der Kläger hat mit der Erhebung der Stufenklage die zweistufige Ausschlussfrist nach § 15 des Arbeitsvertrags gewahrt. Die Erhebung der Stufenklage begründet nicht nur die Rechtshängigkeit des Auskunftsanspruchs, sondern auch des unbezifferten Hauptanspruchs (BAG 12. Dezember 2000 - 9 AZR 1/00 - zu I 1 c bb der Gründe, BAGE 96, 352; Zöller/Greger ZPO 31. Aufl. § 254 Rn. 1) und wahrt damit eine entsprechende Ausschlussfrist (BAG 22. Januar 2008 - 9 AZR 416/07 - Rn. 35; 23. Februar 1977 - 3 AZR 764/75 - zu 4 der Gründe).

25

II. Die von der Beklagten vorgenommene Festsetzung des Bonusanspruchs des Klägers für das Geschäftsjahr 2011 auf null ist unverbindlich iSv. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB.

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1. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der Bestimmungsberechtigte die Ermessensentscheidung zu treffen hat. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht, trägt der Bestimmungsberechtigte (st. Rspr., zuletzt zB BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 28). Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen (vgl. insgesamt dazu: BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 41 mwN, BAGE 147, 322; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

27

2. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die von ihr getroffene Leistungsbestimmung billigem Ermessen entspricht. Hiervon gehen das Arbeitsgericht ausdrücklich und das Landesarbeitsgericht unausgesprochen aus, da es sich andernfalls nicht mit der Frage der Höhe einer festzusetzenden Leistung hätte beschäftigen dürfen. Die Beklagte hat sich nicht dazu geäußert, ob sie sich für das Geschäftsjahr 2011 für ein Bonussystem und/oder einen Deferral Plan entschieden hat. Ebenso wenig hat sie dargelegt, in welchem Umfang sie Mittel zur Verfügung gestellt hat, obwohl der Inhalt des Schreibens vom 23. Februar 2012 hierauf hindeutet und unstreitig einem Teil der Arbeitnehmer entsprechende Leistungen gewährt wurden. Auch hat sie nicht vorgetragen, welche Arbeitnehmer nach welchen Kriterien an einem solchen System teilnehmen sollten. Allein der Hinweis auf einen in diesem Geschäftsjahr erzielten Verlust kann näheren Sachvortrag nicht ersetzen (vgl. dazu auch BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 62, BAGE 147, 322).

28

3. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat die teilweise Abweisung der Auskunftsklage im Teilurteil des Arbeitsgerichts nicht zur Folge, dass nunmehr der Kläger die Darlegungs- und Beweislast für die Unbilligkeit der von der Beklagten getroffenen Leistungsbestimmung nach § 315 BGB trägt. Die Auskunftsklage und die Klage auf richterliche Ersatzleistungsbestimmung haben unterschiedliche Streitgegenstände. Die im Rahmen einer Stufenklage ergangene Entscheidung über den Auskunftsanspruch erwächst im Hinblick auf den auf der letzten Stufe verfolgten Anspruch nicht in Rechtskraft und entfaltet insoweit auch keine Bindung iSv. § 318 ZPO. Damit ist es rechtlich nicht ausgeschlossen, dass die maßgeblichen Vorfragen im weiteren Verfahren über diesen Anspruch anders als im Teilurteil beurteilt werden (BGH 16. Juni 2010 - VIII ZR 62/09 - Rn. 24; Wieczorek/Schütze/Assmann ZPO 4. Aufl. § 254 Rn. 76; Stein/Jonas/Roth ZPO 22. Aufl. § 254 Rn. 31). Ungeachtet der teilweisen Abweisung der vorangegangenen Auskunftsklage hat deshalb die Beklagte als bestimmende Partei die Umstände dazulegen und zu beweisen, die ihre Leistungsbestimmung und deren Billigkeit tragen (vgl. Staudinger/Rieble (2015) BGB § 315 Rn. 388). Erbringt der Arbeitgeber, der sich eine solche einseitige Leistungsbestimmung vorbehält, keinen oder keinen hinreichenden Vortrag dazu, warum eine bestimmte Leistungsfestsetzung billigem Ermessen entsprechen soll, ist die gesetzliche Folge nach § 315 Abs. 3 BGB die Unverbindlichkeit der vom Bestimmungsberechtigten getroffenen Leistungsbestimmung.

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III. Aufgrund der Unverbindlichkeit der Leistungsbestimmung der Beklagten hat gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB die Bestimmung der Höhe des Anspruchs für das Geschäftsjahr 2011 durch Urteil zu erfolgen(BAG 11. Dezember 2013 - 10 AZR 364/13 - Rn. 33 ff.). Eine solche Leistungsbestimmung hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft unterlassen. Die Leistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB ist wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls vorrangig den Tatsachengerichten vorbehalten(BAG 15. Mai 2013 - 10 AZR 679/12 - Rn. 35 mwN; vgl. auch BAG 18. Mai 2016 - 10 AZR 183/15 - Rn. 42 [zu § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB]). Eine Entscheidung durch das Revisionsgericht kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn alle maßgeblichen Tatsachen feststehen (vgl. zu einem solchen Fall BAG 11. Dezember 2013 - 10 AZR 364/13 - Rn. 30). Hieran fehlt es vorliegend, da das Landesarbeitsgericht keine hinreichenden Feststellungen zu den für die Bestimmung maßgeblichen Umständen getroffen hat. Das angegriffene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

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1. Die richterliche Ersatzleistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB ist vom Gericht auf Grundlage des Vortrags der Parteien zu treffen(BGH 8. November 2011 - EnZR 32/10 - Rn. 24; 20. Juli 2010 - EnZR 23/09 - Rn. 39). Durch richterliche Ermessensentscheidung wird direkt über den geltend gemachten Anspruch entschieden und nicht nur - etwa im Sinne einer Rechtskontrolle - überprüft, ob die Festsetzung des Leistungsberechtigten zutrifft. Diese Prüfung hat bereits in der ersten Stufe nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB stattzufinden und ist Voraussetzung dafür, dass es überhaupt zu einer gerichtlichen Leistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB kommen kann. Die Ausübung des eigenen richterlichen Ermessens findet auf Grundlage des gesamten Prozessstoffs statt. Eine Darlegungs- und Beweislast im prozessualen Sinn besteht insoweit nicht, doch ist jede Partei gehalten, die für ihre Position sprechenden Umstände vorzutragen, weil das Gericht nur die ihm bekannten Umstände in seine Bestimmung einbringen kann (Staudinger/Rieble § 315 Rn. 521; BGB-RGRK/Ballhaus 12. Aufl. § 315 BGB Rn. 19; BAG 18. Mai 2016 - 10 AZR 183/15 - Rn. 44 [zu § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB]). Bringt der Bestimmungsberechtigte bestimmte Aspekte, die in seinem Konzept der Leistungsbestimmung möglicherweise zu berücksichtigen wären, nicht ein, können sie nicht berücksichtigt werden (vgl. BGH 20. Juli 2010 - EnZR 23/09 - Rn. 40 [zur fehlenden Offenlegung der Kalkulationsgrundlagen eines Netzbetreibers]). Dies geht zu seinen Lasten. Fehlender Vortrag des Bestimmungsberechtigten führt nicht zur Entstehung einer besonderen Darlegungslast für den Anspruchsteller. Dieser hat lediglich im eigenen Interesse die Obliegenheit, die für ihn günstigen Umstände vorzutragen. Deshalb kann der Anspruchsteller regelmäßig auch nicht auf die Erhebung einer Auskunftsklage verwiesen werden (dazu Staudinger/Rieble § 315 Rn. 388). Es ist vielmehr Sache des Gerichts, auf Grundlage des vorhandenen Prozessstoffs und des Vortrags beider Parteien die Leistungsbestimmung vorzunehmen und den vertraglich vorgegebenen Rahmen auszufüllen (MüKoBGB/Würdinger 7. Aufl. § 315 Rn. 51). Lediglich ausnahmsweise hat in entsprechender Anwendung des § 287 ZPO eine Festsetzung zu unterbleiben, wenn es auch nach vollständiger Ausschöpfung des Prozessstoffs an jeglichen greifbaren Anhaltspunkten für die Leistungsbestimmung fehlt(vgl. BGH 8. November 2011 - EnZR 32/10 - Rn. 25).

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2. Diese Grundsätze hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft verkannt. Es hat unberücksichtigt gelassen, dass die Beklagte als Bestimmungsberechtigte keinen hinreichenden Vortrag zum Bonussystem bzw. Deferral Plan für das Geschäftsjahr 2011 gehalten hat. Stattdessen hat es vom Kläger Vortrag zu Tatsachen verlangt, wie beispielsweise zur Höhe eines Bonustopfes, die ein Arbeitnehmer im Regelfall nicht kennt. Faktisch hat es dem Kläger damit rechtsfehlerhaft eine Darlegungslast für Umstände auferlegt, die die Beklagte im Rahmen der gerichtlichen Ersatzleistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB im eigenen Interesse hätte vortragen können und müssen, wenn sie diese Umstände hätte berücksichtigt wissen wollen. Darüber hinaus hat das Landesarbeitsgericht den vorhandenen Prozessstoff nicht ausgeschöpft. Es ist von den Parteien zur Höhe der Bonuszahlungen in der Vergangenheit, zum Umfang von Leistungen an andere Arbeitnehmer, zum Unternehmenserfolg, zur Leistung des Klägers und zu den Umsätzen in seiner Abteilung vorgetragen worden. Darüber hinaus hätte es den zuletzt erfolgten Vortrag des Klägers zum Umfang des Bonustopfes in den Blick nehmen müssen.

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3. Dies führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht. Der Senat macht dabei von der Möglichkeit der Zurückverweisung an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch.

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IV. Für das weitere Verfahren ist auf Folgendes hinzuweisen:

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1. Teil des Leistungsbestimmungsrechts der Beklagten ist die Entscheidung, ob der Kläger am jeweils gültigen Bonussystem und/oder am Deferral Plan der Gesellschaft für außertarifliche Angestellte teilnimmt (§ 4 Ziff. 1 Arbeitsvertrag). Nach dem bisherigen Sachvortrag der Beklagten dürfte die Annahme des Arbeitsgerichts nicht zu beanstanden sein, die Beklagte habe bis zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Anspruchs (§ 4 Ziff. 4 Arbeitsvertrag) die Leistungsbestimmung hinsichtlich der Art der Leistung nicht vorgenommen und damit die Bestimmung iSv. § 315 Abs. 3 Satz 2 letzter Halbs. BGB verzögert. Im Hinblick auf das zwischenzeitlich erfolgte Ausscheiden des Klägers liegt es deshalb nahe, einen möglichen Bonusanspruch als Geldleistung und nicht als Deferral Award festzusetzen. Sollte das Landesarbeitsgericht dies anders sehen, wird es nach § 139 ZPO einen entsprechenden Hinweis zu erteilen und dem Kläger Gelegenheit zu geben haben, seinen Antrag anzupassen.

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2. Im Fall einer gerichtlichen Leistungsbestimmung können die in den Vorjahren gezahlten Boni einen wichtigen Faktor darstellen, da durch sie regelmäßig zum Ausdruck gebracht wird, welche Höhe eine solche Leistung unter welchen konkreten Umständen (Leistung des Arbeitnehmers, Unternehmenserfolg etc.) erreichen kann. Insoweit hat das Arbeitsgericht allerdings rechtsfehlerhaft angenommen, dass der Kläger im Kalenderjahr 2010 einen Bonus in Höhe von 209.920,00 Euro erhalten hat. Vielmehr erfolgte für das Geschäftsjahr 2010 nur eine Bonuszahlung in Höhe von 9.920,00 Euro (vgl. Schreiben der Beklagten vom 24. Februar 2011). Der garantierte Bonus wurde hingegen nach der eindeutigen vertraglichen Regelung, dem Inhalt des Schreibens vom 26. Februar 2010 und dem Zeitpunkt der Teilleistungen, die zur Hälfte noch im Jahre 2010 erfolgten, für 2009 gezahlt. Selbst wenn der klägerische Vortrag zuträfe, wonach ihm mitgeteilt worden sei, die Angabe des Jahres 2009 sei aus „bilanztechnischen Gründen“ erfolgt, führte dies zu keinem anderen Ergebnis. Auch und gerade die bilanztechnische Zuordnung zu einem bestimmten Kalenderjahr bringt jedenfalls zum Ausdruck, dass die Zahlung nicht für ein Folgejahr erfolgen soll. Entgegen der Auffassung des Klägers spielt auch keine Rolle, dass er im Geschäftsjahr 2009 noch nicht für die Beklagte tätig war. Die Vereinbarung eines entsprechenden Leistungsanspruchs ist im Rahmen der Vertragsfreiheit ohne Weiteres möglich. Die Parteien bringen damit jedenfalls zum Ausdruck, welche Bonushöhe der Kläger, wäre er im Jahr 2009 bereits für die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin tätig gewesen, in diesem Kalenderjahr in der gegebenen wirtschaftlichen Situation des Unternehmens hätte erzielen können. Im Übrigen war nach § 1 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags eine Tätigkeitsaufnahme vor dem 1. Januar 2010 als Möglichkeit vorgesehen. Entgegen der Auffassung der Beklagten ergeben sich aus dem Arbeitsvertrag vom 19. August 2009 aber auch keine Anhaltspunkte dafür, die Leistung an den Kläger als reine Antrittsprämie (Sign-On-Bonus) ohne Leistungsbezug zu werten. Der Wortlaut der Vereinbarung gibt für eine solche Annahme nichts her. Vielmehr wird die Leistung nach § 16 Abs. 2 des Arbeitsvertrags ausdrücklich den Regeln des Deferral Plans(§ 4 Ziff. 1 Arbeitsvertrag) unterstellt und es wird in § 16 Abs. 5 des Arbeitsvertrags hinsichtlich der Verfallmöglichkeiten eines Teils des garantierten Bonus ein deutlicher Leistungsbezug hergestellt.

36

3. Als weiteres Element für die gerichtliche Leistungsbestimmung wird der Vortrag des Klägers zu seinen Leistungen und zu den Umsatzzahlen seiner Abteilung heranzuziehen sein. Gleiches gilt für die Höhe der Leistungen an andere Arbeitnehmer. Darüber hinaus wird der Vortrag der Parteien zu den wirtschaftlichen Kennzahlen der Beklagten zu berücksichtigen sein, wobei der Umstand wird Beachtung finden müssen, dass der Kläger für das Geschäftsjahr 2009 trotz erheblicher Verluste einen Bonus in erheblicher Höhe erhalten hat. Schließlich wird das Landesarbeitsgericht ggf. dem zuletzt erfolgten Vortrag des Klägers zum Umfang des Bonustopfes für das Geschäftsjahr 2011 nachzugehen haben. Sollten aus Sicht des Landesarbeitsgerichts relevante Faktoren von den Parteien unterschiedlich vorgetragen werden, so wird es ggf. Beweis zu erheben haben, um eine richterliche Überzeugungsbildung hinsichtlich der maßgeblichen Faktoren herbeizuführen. Von weiteren Hinweisen sieht der Senat insoweit ab.

37

4. Mögliche Ansprüche des Klägers auf Grundlage des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes sind nicht mehr Verfahrensgegenstand. Das Landesarbeitsgericht hat sich mit solchen Ansprüchen auseinandergesetzt und deren Vorliegen verneint. Der Kläger hat sich im Rahmen seiner Revision hiergegen nicht gewandt, so dass hierüber im Revisionsverfahren nicht mehr zu entscheiden war.

        

    Linck    

        

    Brune    

        

    W. Reinfelder    

        

        

        

    A. Effenberger     

        

    Schürmann    

                 

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 10. April 2014 - 19 Sa 1266/13 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Bonusansprüche für das Geschäftsjahr 2011.

2

Der Kläger war - nachdem er zuvor sein Arbeitsverhältnis bei einer anderen Bank durch Eigenkündigung zum 31. Dezember 2009 beendet hatte - vom 1. Januar 2010 bis zum 30. September 2012 bei der deutschen Niederlassung der Beklagten, einer internationalen Großbank, bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Er war außertariflicher Angestellter und zuletzt als Managing Director im Bereich GBM-Equities tätig. Das Arbeitsverhältnis endete durch betriebsbedingte Kündigung der Beklagten vom 23. Mai 2012 mit dem 30. September 2012.

3

Der Arbeitsvertrag des Klägers vom 19. August 2009 enthielt auszugsweise folgende Regelungen:

        

§ 3 Arbeitsvergütung

        

1.    

Der Arbeitnehmer erhält für seine Tätigkeit jeweils am 15. eines jeden Monats ein festes und auf sein Bankkonto zahlbares monatliches Gehalt in Höhe von derzeit

                 

€ 16.667,00 brutto

                 

(in Worten: Sechzehntausendsechshundertsiebenundsechzig Euro brutto)

                 

…       

                          
        

3.    

Soweit die Gesellschaft Gratifikationen gewährt, erkennt der Arbeitnehmer hiermit an, dass solche Zahlungen freiwillig erfolgen und auch nach wiederholter Gewährung nicht zu einer Verpflichtung der Gesellschaft zur Fortsetzung derartiger Zahlungen führen. Berücksichtigt werden in diesen Fällen nur solche Arbeitnehmer, die sich im Zeitpunkt der Zahlung in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befinden. Im Übrigen werden solche freiwilligen Leistungen zeitanteilig für diejenigen Zeiträume gekürzt, in denen der Arbeitnehmer in den letzten 12 Monaten vor Fälligkeit der Zahlung keine Ansprüche auf laufende Vergütung hat. Die Gesellschaft gewährt keine Sonderzahlungen nach den gem. § 1 Ziffer 4 geltenden tariflichen Bestimmungen.

        

4.    

Die Regelungen der Ziffer 3 gelten auch für sonstige Sondervergütungen (Bonus, etc.).

        

5.    

…     

        

§ 4 Bonus & Deferral Plan

        

1.    

Der Arbeitnehmer nimmt nach Wahl der Gesellschaft am jeweils gültigen Bonussystem und/oder am Deferral Plan der Gesellschaft für außertarifliche Angestellte über einen kalenderjährlichen Bonus bzw. Deferral Award teil.

        

2.    

Ein Bonus kann nur dann zur Auszahlung gelangen bzw. ein Deferral Award zugeteilt werden, wenn und soweit die Gesellschaft insgesamt Mittel zur Ausschüttung von Bonuszahlungen/bzw. Zuteilung von Deferral Awards an die Arbeitnehmer der Gesellschaft für das bonusrelevante Kalenderjahr zur Verfügung stellt und der Arbeitnehmer die Voraussetzungen für die Auszahlung bzw. Zuteilung erfüllt.

        

3.    

Die Zahlung des Bonus bzw. Zuteilung eines Deferral Awards erfolgt freiwillig und kann auch nach wiederholter Gewährung nicht zu einer Verpflichtung der Gesellschaft zur Fortsetzung derartiger Zahlungen bzw. Zuteilungen führen.

        

4.    

Der Bonus für ein Kalenderjahr soll im Frühjahr des darauf folgenden Kalenderjahres zur Auszahlung gelangen, ist jedoch spätestens bis Ende Juni des folgenden Kalenderjahres zur Zahlung fällig. Die Zuteilung und Auszahlung des Deferral Awards erfolgt gemäß den Regelungen des Deferral Plans in seiner jeweils gültigen Fassung.

        

5.    

Ein Bonus wird nur dann gezahlt bzw. ein Deferral Award erteilt, wenn sich der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Fälligkeit in einem ungekündigten Anstellungsverhältnis zur Gesellschaft befindet. Gleiches gilt für die Auszahlung des Deferral Awards.

        

6.    

Die vorstehenden Bestimmungen zum Bonus bzw. Deferral Award gelten, soweit sich nicht gem. § 1 Ziffer 5 aus einer Betriebsvereinbarung etwas anderes ergibt.

        

…       

        

§ 16 Sondervereinbarungen

        

Vorbehaltlich der nachstehenden Bestimmungen erhält der Arbeitnehmer für das Leistungsjahr 2009 einen garantierten Bonus in Höhe von € 200.00[0],00 brutto abzüglich Steuern und sonstiger gesetzlicher Abzüge (der ‚garantierte Bonus‘).

        

Der garantierte Bonus wird in Form einer gestundeten Leistung im Rahmen des R Deferral Plans (der ‚Deferral Plan‘) gezahlt; er unterliegt den Regelungen des Deferral Plans in der jeweils geltenden Fassung und zwar unabhängig davon, ob diese vor oder nach Beginn dieses Vertrages umgesetzt wurden. Die Gesellschaft behält sich das Recht vor, nach ihrem freien und alleinigen Ermessen jederzeit (auch während eines Geschäftsjahres) die Regelungen des Deferral Plans zu ändern bzw. diesen jederzeit aufzuheben oder zu ersetzen. Zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass eine derartige Änderung jeweils auch rückwirkend gelten kann.

        

Zur Kenntnisnahme: Im Deferral Plan wird geregelt, wann eine gestundete Leistung oder ein Teil davon möglicherweise verfällt. Insbesondere hat der Arbeitnehmer, sofern sein Arbeitsverhältnis vor dem Termin, an dem die gestundete Leistung oder ein Teil davon zahlbar oder unverfallbar wird, geendet hat oder eine Partei ihr Arbeitsverhältnis im Rahmen dieses Vertrages gekündigt hat (sofern diese Kündigung nicht unter die Sektion ‚Verlassen des Unternehmens unter außergewöhnlichen Umständen‘ der Regelungen des Deferral Plans in seiner jeweils geltenden Fassung fällt), kein Anrecht auf die gestundete Leistung bzw. einen davon verbliebenen Teil oder auf sonstige Bonuszahlungen, die ihm ansonsten (möglicherweise) gezahlt worden wären. Fällt die Kündigung unter die Sektion ‚Verlassen des Unternehmens unter außergewöhnlichen Umständen‘ des Deferral Plans in seiner jeweils geltenden Fassung, so wird die gestundete Leistung nach Maßgabe der Regelungen des Deferral Plans (in seiner jeweils geltenden Fassung) unverfallbar.

        

Die Regeln des Deferral Plans enthalten auch Bestimmungen, nach denen verfallbare Elemente gestundeter Leistungen verfallen können. Diese Bestimmungen gelten für alle garantierten Bonuszahlungen, die der Arbeitnehmer erhält bzw. erhalten hat.

        

Allerdings beschränken sich diese Verfallsbestimmungen hinsichtlich des garantierten Bonus für das Leistungsjahr 2009 allein auf Situationen, in denen die individuelle Leistung des Arbeitnehmers direkt verbunden ist mit dem Team oder dem Geschäftsbereich, in dem der Arbeitnehmer arbeitet, in der bzw. in dem ein Verlust erlitten wurde.“

4

Mit Schreiben vom 26. Februar 2010 teilte die Beklagte dem Kläger unter der Überschrift „Performance Year 2009“ mit, dass sein Gesamtgehalt 400.004,00 Euro betrage und sich aus dem Grundgehalt 2010 iHv. 200.004,00 Euro und einem „Performance Award: Unconditional Guaranteed Award 2009“ iHv. 200.000,00 Euro zusammensetze. Letzterer wurde in drei Tranchen in den Jahren 2010 bis 2012 durch Zuteilung von Bonds gewährt. Der Kläger konnte diese jeweils unmittelbar nach Erhalt veräußern. Mit Schreiben vom 24. Februar 2011 erhielt der Kläger eine vergleichbare Mitteilung für das „Performance Year 2010“, wonach der „Discretionary Performance Award“ 9.920,00 Euro betrug.

5

Mit Schreiben der „R Group“ vom 23. Februar 2012 wurde dem Kläger sein Festgehalt als „Total Compensation“ mitgeteilt, nicht hingegen eine Bonusleistung. In dem Schreiben heißt es ua.:

        

„The fall in revenues in 2011 however, means that the discretionary bonus pool element of this is significantly lower in 2011 than in 2010 and this has made the award cycle a challenging one.“

6

Einem Teil der Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnisse nicht im Laufe des Jahres 2012 beendet wurden, gewährte die Beklagte Bonusleistungen, die der Höhe nach überwiegend zwischen einem Viertel und der Hälfte des Vorjahresbonus betrugen.

7

Im Rahmen einer Stufenklage machte der Kläger zunächst bestimmte Auskunftsansprüche betreffend den Bonusanspruch 2011 geltend. Das Arbeitsgericht entschied durch Teilurteil vom 17. Oktober 2012 über das Auskunftsverlangen. Dabei wies es die Klage hinsichtlich des Hauptantrags und eines ersten Hilfsantrags als unzulässig ab; einem zweiten Hilfsantrag gab es statt. Die Entscheidung ist rechtskräftig geworden und führte zur Erteilung einer Auskunft der Beklagten unter dem 6. November 2012.

8

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe für das Geschäftsjahr 2011 ein Bonus nach billigem Ermessen zu, der mindestens ein Viertel des Vorjahresbonus iHv. 209.920,00 Euro brutto betragen müsse. 200.000,00 Euro davon seien der arbeitsvertraglich vereinbarte Garantiebonus gewesen, 9.920,00 Euro brutto der zusätzliche leistungsbezogene Bonus. Soweit es im Anstellungsvertrag heiße, der garantierte Bonus werde für das Leistungsjahr 2009 gezahlt, handele es sich um eine unrichtige Formulierung. Sein Arbeitsverhältnis bei der Beklagten habe erst am 1. Januar 2010 begonnen, ein Bonus für das Jahr 2009 habe ihm nicht zugestanden. Ihm sei seinerzeit mitgeteilt worden, dass das Jahr 2009 aus bilanztechnischen Gründen im Anstellungsvertrag angegeben worden sei. Für das Jahr 2011 hätten die Arbeitnehmer, die nicht im Jahr 2012 ausgeschieden seien, eine Bonusleistung erhalten, wobei er mangels Kenntnissen keine genaueren Angaben zur Bonushöhe machen könne. Er habe in seinem Bereich gute Leistungen erbracht und im Geschäftsjahr 2011 entsprechende Erträge erwirtschaftet, wobei nach seinem Kenntnisstand der Umsatz in seiner Abteilung um 20 % zurückgegangen sei.

9

Im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage der Beklagten hat der Kläger die Auffassung vertreten, allein der erlittene Jahresverlust iHv. 656 Mio. Euro könne den Bonusanspruch nicht ausschließen. Zwar habe die Beklagte im Vorjahr einen Gewinn iHv. 198 Mio. Euro erzielt, in den Jahren davor seien jedoch deutlich höhere Verluste erwirtschaftet worden. Das operative Ergebnis der Beklagten vor der Vornahme von Wertberichtigungen habe im Übrigen im Geschäftsjahr 2011 1,488 Mio. Euro plus betragen. Hinzu komme, dass die Beklagte in der Vergangenheit trotz erheblich höherer Verluste als im Jahr 2011 gleichwohl regelmäßig Boni an ihre Arbeitnehmer gezahlt habe.

10

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihm für das Geschäftsjahr 2011 einen Bonus, der der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der aber mindestens 52.480,00 Euro brutto beträgt, nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

11

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, aufgrund des im Geschäftsjahr 2011 erlittenen Jahresverlustes iHv. 656 Mio. Euro stehe dem Kläger kein Bonusanspruch zu. Im Jahr 2010 habe sein Bonus im Übrigen lediglich 9.920,00 Euro betragen. Der Garantiebonus iHv. 200.000,00 Euro sei als Sign-On-Bonus für den Wechsel des Klägers zu der Rechtsvorgängerin der Beklagten sowie als Kompensation für den wechselbedingten Verlust des Bonusanspruchs beim Vorarbeitgeber für das Jahr 2009 gewährt worden. Im Übrigen hätten sämtliche Mitarbeiter der Abteilung des Klägers keinen Bonus für das Jahr 2011 erhalten. Gleiches gelte - trotz sehr guter Leistungsbewertungen - für zahlreiche andere, nicht von einer Kündigung betroffene Arbeitnehmer der Beklagten. Aufgrund der rechtskräftigen Teilabweisung des Auskunftsbegehrens schulde sie keine weiter gehenden Auskünfte als die bereits erteilten.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage iHv. 78.720,00 Euro brutto nebst Zinsen stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Klage nicht abgewiesen werden. Mangels entsprechender Feststellungen durch das Landesarbeitsgericht kann der Senat in der Sache nicht abschließend entscheiden. Das angegriffene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

14

I. Der Kläger hat dem Grunde nach einen Anspruch auf einen Bonus und/oder einen Deferral Award für das Geschäftsjahr 2011 aus § 4 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags iVm. § 315 BGB. Die Festsetzung der Leistung auf null durch die Beklagte entspricht nicht billigem Ermessen und ist unverbindlich (§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB). Die Bestimmung hat deshalb gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch Urteil zu erfolgen. Dies hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft unterlassen. Mangels ausreichender Feststellungen zu den bestimmungsrelevanten Tatsachen kann der Senat nicht selbst entscheiden.

15

1. § 4 des Arbeitsvertrags gewährt dem Kläger - unabhängig von der Wirksamkeit des „Freiwilligkeitsvorbehalts“ nach § 4 Ziff. 3 - keinen unbedingten Anspruch auf Zahlung eines Bonus oder eines Deferral Awards in einer bestimmten Höhe. Der Anspruch für das jeweilige Geschäftsjahr ergibt sich vielmehr erst nach einer Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts der Beklagten nach billigem Ermessen (§ 315 BGB). Dieses umfasst sowohl die Wahl der jeweiligen Leistungsart als auch die Höhe des auszuzahlenden Betrags bzw. des zuzuteilenden Deferral Awards. Dies ergibt eine Auslegung der vertraglichen Regelungen.

16

a) Der Arbeitsvertrag vom 19. August 2009 enthält Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. §§ 305 ff. BGB. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (st. Rspr., zB BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 29 mwN, BAGE 147, 322). Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gemäß § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders. Die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB setzt allerdings voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (st. Rspr., zB BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 30, aaO).

17

b) § 4 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags legt fest, dass der Arbeitnehmer am jeweils gültigen Bonussystem und/oder am Deferral Plan der Gesellschaft für außertarifliche Angestellte „teilnimmt“. Die Formulierung spricht deutlich dafür, dass ein Rechtsanspruch auf eine solche Teilnahme und die sich hieraus ergebende Leistung besteht (vgl. auch zur Bedeutung des Begriffs „gewährt“ BAG 20. Februar 2013 - 10 AZR 177/12 - Rn. 17). Dabei soll es der Beklagten überlassen bleiben zu bestimmen, ob für das jeweilige Geschäftsjahr ein Bonus oder ein Deferral Award oder eine Kombination aus beiden Leistungsarten gewährt wird. Gleiches gilt hinsichtlich der Höhe der Leistung, die im Arbeitsvertrag nicht festgelegt ist. Vielmehr bedarf es nach § 4 Ziff. 2 einer Entscheidung über den Umfang der zur Verfügung gestellten Mittel.

18

c) Der in § 4 Ziff. 3 des Arbeitsvertrags enthaltene Freiwilligkeitsvorbehalt schließt den vertraglichen Leistungsanspruch nicht aus.

19

aa) Die Klausel ist unklar iSv. § 305c Abs. 2 BGB. Sie kann zum einen so verstanden werden, dass hierdurch generell ein Anspruch für die Zukunft ausgeschlossen werden soll. Denkbar ist aber auch, sie so zu verstehen, dass sie den Rechtsgedanken des § 315 BGB wiedergibt und damit auch eine wiederholte Leistungsgewährung nicht ohne Weiteres zur Fortsetzung „derartiger“, dh. nach Höhe und Art gleichartiger Leistungen wie in der Vergangenheit, führen soll. Ein solches Klauselverständnis stünde der Annahme eines dem Grunde nach bestehenden dauerhaften Anspruchs nicht entgegen. Da gemäß § 305c Abs. 2 BGB Zweifel bei der Auslegung zulasten des Verwenders gehen, ist die letztgenannte Auslegung maßgeblich.

20

bb) Im Übrigen würde eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die es dem Arbeitgeber erlaubte, nach Ablauf eines Geschäftsjahres die versprochene Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen zu unterlassen, einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 BGB nicht standhalten. Es würde eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers darstellen, wenn der Arbeitgeber von der Leistungsbestimmung für ein bestimmtes Geschäftsjahr absehen dürfte, obwohl der Arbeitnehmer in diesem Geschäftsjahr seine Arbeitsleistung erbracht hat und die Leistung auch Teil der Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung des Arbeitnehmers war (vgl. BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 13 f. [zum Vergütungscharakter einer Leistung]; 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 52, BAGE 147, 322 [zur Situation bei einer Zielvereinbarung]). Gleiches würde für den Freiwilligkeitsvorbehalt nach § 3 Ziff. 3 iVm. Ziff. 4 des Arbeitsvertrags gelten, sofern man diesen überhaupt auf Leistungen nach § 4 für anwendbar hielte.

21

d) Die vertragliche Regelung überlässt damit der Beklagten ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSd. § 315 BGB, was grundsätzlich zulässig ist. Die Höhe und Art einer Bonuszahlung muss nicht abschließend im Arbeitsvertrag festgelegt werden (vgl. BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 35, BAGE 147, 322; 20. März 2013 - 10 AZR 8/12 - Rn. 24, 30). In einem solchen Fall hat die Leistungsbestimmung nach der gesetzlichen Regelung mangels abweichender Anhaltspunkte nach billigem Ermessen zu erfolgen (vgl. dazu BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 746/10 - Rn. 25, BAGE 139, 283). Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagten durch § 4 Ziff. 2 des Arbeitsvertrags in Abweichung von § 315 Abs. 1 BGB das Recht zugebilligt werden sollte, nach freiem Ermessen über die Bonusgewährung zu entscheiden, ergeben sich aus dem Vertrag nicht; ein solches Recht nimmt die Beklagte auch nicht für sich in Anspruch. Im Übrigen wäre dies eine Abweichung vom gesetzlichen Leitbild des § 315 Abs. 1 BGB(vgl. dazu BAG 20. März 2013 - 10 AZR 8/12 - Rn. 31), die wegen des fehlenden Korrektivs der vollen gerichtlichen Kontrolle der Leistungsbestimmung eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 Nr. 1 BGB darstellen würde und deshalb unwirksam wäre.

22

2. Einem Anspruch des Klägers steht ebenso wenig die Stichtagsregelung nach § 4 Ziff. 5 des Arbeitsvertrags entgegen. Ein Bonus soll danach nur gezahlt bzw. ein Deferral Award nur dann zugeteilt und ausgezahlt werden, wenn sich der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Anspruchs bzw. der Auszahlung des Awards in einem ungekündigten Anstellungsverhältnis befindet. Diese Voraussetzung erfüllt der Kläger möglicherweise nicht, da sein Arbeitsverhältnis jedenfalls zum Zeitpunkt der spätesten Fälligkeit eines Bonus im Juni 2012 bereits gekündigt war. Darauf kommt es aber nicht an, da die Regelung einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 BGB nicht standhält. Der streitgegenständliche Bonus stellt unzweifelhaft jedenfalls auch eine Gegenleistung für im Geschäftsjahr laufend erbrachte Arbeit dar. Eine solche Leistung kann in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht von einem ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt außerhalb des Jahres abhängig gemacht werden, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde (zuletzt BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 15; grundlegend 13. November 2013 - 10 AZR 848/12 - BAGE 146, 284; 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - BAGE 140, 231).

23

3. Dahinstehen kann, ob § 4 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags aufgrund der Formulierung, der Arbeitnehmer nehme am „jeweils gültigen“ Bonussystem und/oder Deferral Plan teil, einen Änderungsvorbehalt beinhaltet, wie weit dieser reichen würde und ob ein ggf. umfassender Änderungsvorbehalt am Maßstab des § 308 Nr. 4 BGB gemessen wirksam wäre(vgl. zu einem umfassenden Änderungsvorbehalt zB BAG 11. Februar 2009 - 10 AZR 222/08 - Rn. 23 ff.). Die Beklagte macht nicht geltend, dass eine solche Änderung des Bonussystems bzw. des Deferral Plans dem Anspruch des Klägers entgegenstünde.

24

4. Der Kläger hat mit der Erhebung der Stufenklage die zweistufige Ausschlussfrist nach § 15 des Arbeitsvertrags gewahrt. Die Erhebung der Stufenklage begründet nicht nur die Rechtshängigkeit des Auskunftsanspruchs, sondern auch des unbezifferten Hauptanspruchs (BAG 12. Dezember 2000 - 9 AZR 1/00 - zu I 1 c bb der Gründe, BAGE 96, 352; Zöller/Greger ZPO 31. Aufl. § 254 Rn. 1) und wahrt damit eine entsprechende Ausschlussfrist (BAG 22. Januar 2008 - 9 AZR 416/07 - Rn. 35; 23. Februar 1977 - 3 AZR 764/75 - zu 4 der Gründe).

25

II. Die von der Beklagten vorgenommene Festsetzung des Bonusanspruchs des Klägers für das Geschäftsjahr 2011 auf null ist unverbindlich iSv. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB.

26

1. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der Bestimmungsberechtigte die Ermessensentscheidung zu treffen hat. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht, trägt der Bestimmungsberechtigte (st. Rspr., zuletzt zB BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 28). Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen (vgl. insgesamt dazu: BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 41 mwN, BAGE 147, 322; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

27

2. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die von ihr getroffene Leistungsbestimmung billigem Ermessen entspricht. Hiervon gehen das Arbeitsgericht ausdrücklich und das Landesarbeitsgericht unausgesprochen aus, da es sich andernfalls nicht mit der Frage der Höhe einer festzusetzenden Leistung hätte beschäftigen dürfen. Die Beklagte hat sich nicht dazu geäußert, ob sie sich für das Geschäftsjahr 2011 für ein Bonussystem und/oder einen Deferral Plan entschieden hat. Ebenso wenig hat sie dargelegt, in welchem Umfang sie Mittel zur Verfügung gestellt hat, obwohl der Inhalt des Schreibens vom 23. Februar 2012 hierauf hindeutet und unstreitig einem Teil der Arbeitnehmer entsprechende Leistungen gewährt wurden. Auch hat sie nicht vorgetragen, welche Arbeitnehmer nach welchen Kriterien an einem solchen System teilnehmen sollten. Allein der Hinweis auf einen in diesem Geschäftsjahr erzielten Verlust kann näheren Sachvortrag nicht ersetzen (vgl. dazu auch BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 62, BAGE 147, 322).

28

3. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat die teilweise Abweisung der Auskunftsklage im Teilurteil des Arbeitsgerichts nicht zur Folge, dass nunmehr der Kläger die Darlegungs- und Beweislast für die Unbilligkeit der von der Beklagten getroffenen Leistungsbestimmung nach § 315 BGB trägt. Die Auskunftsklage und die Klage auf richterliche Ersatzleistungsbestimmung haben unterschiedliche Streitgegenstände. Die im Rahmen einer Stufenklage ergangene Entscheidung über den Auskunftsanspruch erwächst im Hinblick auf den auf der letzten Stufe verfolgten Anspruch nicht in Rechtskraft und entfaltet insoweit auch keine Bindung iSv. § 318 ZPO. Damit ist es rechtlich nicht ausgeschlossen, dass die maßgeblichen Vorfragen im weiteren Verfahren über diesen Anspruch anders als im Teilurteil beurteilt werden (BGH 16. Juni 2010 - VIII ZR 62/09 - Rn. 24; Wieczorek/Schütze/Assmann ZPO 4. Aufl. § 254 Rn. 76; Stein/Jonas/Roth ZPO 22. Aufl. § 254 Rn. 31). Ungeachtet der teilweisen Abweisung der vorangegangenen Auskunftsklage hat deshalb die Beklagte als bestimmende Partei die Umstände dazulegen und zu beweisen, die ihre Leistungsbestimmung und deren Billigkeit tragen (vgl. Staudinger/Rieble (2015) BGB § 315 Rn. 388). Erbringt der Arbeitgeber, der sich eine solche einseitige Leistungsbestimmung vorbehält, keinen oder keinen hinreichenden Vortrag dazu, warum eine bestimmte Leistungsfestsetzung billigem Ermessen entsprechen soll, ist die gesetzliche Folge nach § 315 Abs. 3 BGB die Unverbindlichkeit der vom Bestimmungsberechtigten getroffenen Leistungsbestimmung.

29

III. Aufgrund der Unverbindlichkeit der Leistungsbestimmung der Beklagten hat gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB die Bestimmung der Höhe des Anspruchs für das Geschäftsjahr 2011 durch Urteil zu erfolgen(BAG 11. Dezember 2013 - 10 AZR 364/13 - Rn. 33 ff.). Eine solche Leistungsbestimmung hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft unterlassen. Die Leistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB ist wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls vorrangig den Tatsachengerichten vorbehalten(BAG 15. Mai 2013 - 10 AZR 679/12 - Rn. 35 mwN; vgl. auch BAG 18. Mai 2016 - 10 AZR 183/15 - Rn. 42 [zu § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB]). Eine Entscheidung durch das Revisionsgericht kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn alle maßgeblichen Tatsachen feststehen (vgl. zu einem solchen Fall BAG 11. Dezember 2013 - 10 AZR 364/13 - Rn. 30). Hieran fehlt es vorliegend, da das Landesarbeitsgericht keine hinreichenden Feststellungen zu den für die Bestimmung maßgeblichen Umständen getroffen hat. Das angegriffene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

30

1. Die richterliche Ersatzleistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB ist vom Gericht auf Grundlage des Vortrags der Parteien zu treffen(BGH 8. November 2011 - EnZR 32/10 - Rn. 24; 20. Juli 2010 - EnZR 23/09 - Rn. 39). Durch richterliche Ermessensentscheidung wird direkt über den geltend gemachten Anspruch entschieden und nicht nur - etwa im Sinne einer Rechtskontrolle - überprüft, ob die Festsetzung des Leistungsberechtigten zutrifft. Diese Prüfung hat bereits in der ersten Stufe nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB stattzufinden und ist Voraussetzung dafür, dass es überhaupt zu einer gerichtlichen Leistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB kommen kann. Die Ausübung des eigenen richterlichen Ermessens findet auf Grundlage des gesamten Prozessstoffs statt. Eine Darlegungs- und Beweislast im prozessualen Sinn besteht insoweit nicht, doch ist jede Partei gehalten, die für ihre Position sprechenden Umstände vorzutragen, weil das Gericht nur die ihm bekannten Umstände in seine Bestimmung einbringen kann (Staudinger/Rieble § 315 Rn. 521; BGB-RGRK/Ballhaus 12. Aufl. § 315 BGB Rn. 19; BAG 18. Mai 2016 - 10 AZR 183/15 - Rn. 44 [zu § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB]). Bringt der Bestimmungsberechtigte bestimmte Aspekte, die in seinem Konzept der Leistungsbestimmung möglicherweise zu berücksichtigen wären, nicht ein, können sie nicht berücksichtigt werden (vgl. BGH 20. Juli 2010 - EnZR 23/09 - Rn. 40 [zur fehlenden Offenlegung der Kalkulationsgrundlagen eines Netzbetreibers]). Dies geht zu seinen Lasten. Fehlender Vortrag des Bestimmungsberechtigten führt nicht zur Entstehung einer besonderen Darlegungslast für den Anspruchsteller. Dieser hat lediglich im eigenen Interesse die Obliegenheit, die für ihn günstigen Umstände vorzutragen. Deshalb kann der Anspruchsteller regelmäßig auch nicht auf die Erhebung einer Auskunftsklage verwiesen werden (dazu Staudinger/Rieble § 315 Rn. 388). Es ist vielmehr Sache des Gerichts, auf Grundlage des vorhandenen Prozessstoffs und des Vortrags beider Parteien die Leistungsbestimmung vorzunehmen und den vertraglich vorgegebenen Rahmen auszufüllen (MüKoBGB/Würdinger 7. Aufl. § 315 Rn. 51). Lediglich ausnahmsweise hat in entsprechender Anwendung des § 287 ZPO eine Festsetzung zu unterbleiben, wenn es auch nach vollständiger Ausschöpfung des Prozessstoffs an jeglichen greifbaren Anhaltspunkten für die Leistungsbestimmung fehlt(vgl. BGH 8. November 2011 - EnZR 32/10 - Rn. 25).

31

2. Diese Grundsätze hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft verkannt. Es hat unberücksichtigt gelassen, dass die Beklagte als Bestimmungsberechtigte keinen hinreichenden Vortrag zum Bonussystem bzw. Deferral Plan für das Geschäftsjahr 2011 gehalten hat. Stattdessen hat es vom Kläger Vortrag zu Tatsachen verlangt, wie beispielsweise zur Höhe eines Bonustopfes, die ein Arbeitnehmer im Regelfall nicht kennt. Faktisch hat es dem Kläger damit rechtsfehlerhaft eine Darlegungslast für Umstände auferlegt, die die Beklagte im Rahmen der gerichtlichen Ersatzleistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB im eigenen Interesse hätte vortragen können und müssen, wenn sie diese Umstände hätte berücksichtigt wissen wollen. Darüber hinaus hat das Landesarbeitsgericht den vorhandenen Prozessstoff nicht ausgeschöpft. Es ist von den Parteien zur Höhe der Bonuszahlungen in der Vergangenheit, zum Umfang von Leistungen an andere Arbeitnehmer, zum Unternehmenserfolg, zur Leistung des Klägers und zu den Umsätzen in seiner Abteilung vorgetragen worden. Darüber hinaus hätte es den zuletzt erfolgten Vortrag des Klägers zum Umfang des Bonustopfes in den Blick nehmen müssen.

32

3. Dies führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht. Der Senat macht dabei von der Möglichkeit der Zurückverweisung an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch.

33

IV. Für das weitere Verfahren ist auf Folgendes hinzuweisen:

34

1. Teil des Leistungsbestimmungsrechts der Beklagten ist die Entscheidung, ob der Kläger am jeweils gültigen Bonussystem und/oder am Deferral Plan der Gesellschaft für außertarifliche Angestellte teilnimmt (§ 4 Ziff. 1 Arbeitsvertrag). Nach dem bisherigen Sachvortrag der Beklagten dürfte die Annahme des Arbeitsgerichts nicht zu beanstanden sein, die Beklagte habe bis zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Anspruchs (§ 4 Ziff. 4 Arbeitsvertrag) die Leistungsbestimmung hinsichtlich der Art der Leistung nicht vorgenommen und damit die Bestimmung iSv. § 315 Abs. 3 Satz 2 letzter Halbs. BGB verzögert. Im Hinblick auf das zwischenzeitlich erfolgte Ausscheiden des Klägers liegt es deshalb nahe, einen möglichen Bonusanspruch als Geldleistung und nicht als Deferral Award festzusetzen. Sollte das Landesarbeitsgericht dies anders sehen, wird es nach § 139 ZPO einen entsprechenden Hinweis zu erteilen und dem Kläger Gelegenheit zu geben haben, seinen Antrag anzupassen.

35

2. Im Fall einer gerichtlichen Leistungsbestimmung können die in den Vorjahren gezahlten Boni einen wichtigen Faktor darstellen, da durch sie regelmäßig zum Ausdruck gebracht wird, welche Höhe eine solche Leistung unter welchen konkreten Umständen (Leistung des Arbeitnehmers, Unternehmenserfolg etc.) erreichen kann. Insoweit hat das Arbeitsgericht allerdings rechtsfehlerhaft angenommen, dass der Kläger im Kalenderjahr 2010 einen Bonus in Höhe von 209.920,00 Euro erhalten hat. Vielmehr erfolgte für das Geschäftsjahr 2010 nur eine Bonuszahlung in Höhe von 9.920,00 Euro (vgl. Schreiben der Beklagten vom 24. Februar 2011). Der garantierte Bonus wurde hingegen nach der eindeutigen vertraglichen Regelung, dem Inhalt des Schreibens vom 26. Februar 2010 und dem Zeitpunkt der Teilleistungen, die zur Hälfte noch im Jahre 2010 erfolgten, für 2009 gezahlt. Selbst wenn der klägerische Vortrag zuträfe, wonach ihm mitgeteilt worden sei, die Angabe des Jahres 2009 sei aus „bilanztechnischen Gründen“ erfolgt, führte dies zu keinem anderen Ergebnis. Auch und gerade die bilanztechnische Zuordnung zu einem bestimmten Kalenderjahr bringt jedenfalls zum Ausdruck, dass die Zahlung nicht für ein Folgejahr erfolgen soll. Entgegen der Auffassung des Klägers spielt auch keine Rolle, dass er im Geschäftsjahr 2009 noch nicht für die Beklagte tätig war. Die Vereinbarung eines entsprechenden Leistungsanspruchs ist im Rahmen der Vertragsfreiheit ohne Weiteres möglich. Die Parteien bringen damit jedenfalls zum Ausdruck, welche Bonushöhe der Kläger, wäre er im Jahr 2009 bereits für die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin tätig gewesen, in diesem Kalenderjahr in der gegebenen wirtschaftlichen Situation des Unternehmens hätte erzielen können. Im Übrigen war nach § 1 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags eine Tätigkeitsaufnahme vor dem 1. Januar 2010 als Möglichkeit vorgesehen. Entgegen der Auffassung der Beklagten ergeben sich aus dem Arbeitsvertrag vom 19. August 2009 aber auch keine Anhaltspunkte dafür, die Leistung an den Kläger als reine Antrittsprämie (Sign-On-Bonus) ohne Leistungsbezug zu werten. Der Wortlaut der Vereinbarung gibt für eine solche Annahme nichts her. Vielmehr wird die Leistung nach § 16 Abs. 2 des Arbeitsvertrags ausdrücklich den Regeln des Deferral Plans(§ 4 Ziff. 1 Arbeitsvertrag) unterstellt und es wird in § 16 Abs. 5 des Arbeitsvertrags hinsichtlich der Verfallmöglichkeiten eines Teils des garantierten Bonus ein deutlicher Leistungsbezug hergestellt.

36

3. Als weiteres Element für die gerichtliche Leistungsbestimmung wird der Vortrag des Klägers zu seinen Leistungen und zu den Umsatzzahlen seiner Abteilung heranzuziehen sein. Gleiches gilt für die Höhe der Leistungen an andere Arbeitnehmer. Darüber hinaus wird der Vortrag der Parteien zu den wirtschaftlichen Kennzahlen der Beklagten zu berücksichtigen sein, wobei der Umstand wird Beachtung finden müssen, dass der Kläger für das Geschäftsjahr 2009 trotz erheblicher Verluste einen Bonus in erheblicher Höhe erhalten hat. Schließlich wird das Landesarbeitsgericht ggf. dem zuletzt erfolgten Vortrag des Klägers zum Umfang des Bonustopfes für das Geschäftsjahr 2011 nachzugehen haben. Sollten aus Sicht des Landesarbeitsgerichts relevante Faktoren von den Parteien unterschiedlich vorgetragen werden, so wird es ggf. Beweis zu erheben haben, um eine richterliche Überzeugungsbildung hinsichtlich der maßgeblichen Faktoren herbeizuführen. Von weiteren Hinweisen sieht der Senat insoweit ab.

37

4. Mögliche Ansprüche des Klägers auf Grundlage des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes sind nicht mehr Verfahrensgegenstand. Das Landesarbeitsgericht hat sich mit solchen Ansprüchen auseinandergesetzt und deren Vorliegen verneint. Der Kläger hat sich im Rahmen seiner Revision hiergegen nicht gewandt, so dass hierüber im Revisionsverfahren nicht mehr zu entscheiden war.

        

    Linck    

        

    Brune    

        

    W. Reinfelder    

        

        

        

    A. Effenberger     

        

    Schürmann    

                 

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 10. April 2014 - 19 Sa 1266/13 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Bonusansprüche für das Geschäftsjahr 2011.

2

Der Kläger war - nachdem er zuvor sein Arbeitsverhältnis bei einer anderen Bank durch Eigenkündigung zum 31. Dezember 2009 beendet hatte - vom 1. Januar 2010 bis zum 30. September 2012 bei der deutschen Niederlassung der Beklagten, einer internationalen Großbank, bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Er war außertariflicher Angestellter und zuletzt als Managing Director im Bereich GBM-Equities tätig. Das Arbeitsverhältnis endete durch betriebsbedingte Kündigung der Beklagten vom 23. Mai 2012 mit dem 30. September 2012.

3

Der Arbeitsvertrag des Klägers vom 19. August 2009 enthielt auszugsweise folgende Regelungen:

        

§ 3 Arbeitsvergütung

        

1.    

Der Arbeitnehmer erhält für seine Tätigkeit jeweils am 15. eines jeden Monats ein festes und auf sein Bankkonto zahlbares monatliches Gehalt in Höhe von derzeit

                 

€ 16.667,00 brutto

                 

(in Worten: Sechzehntausendsechshundertsiebenundsechzig Euro brutto)

                 

…       

                          
        

3.    

Soweit die Gesellschaft Gratifikationen gewährt, erkennt der Arbeitnehmer hiermit an, dass solche Zahlungen freiwillig erfolgen und auch nach wiederholter Gewährung nicht zu einer Verpflichtung der Gesellschaft zur Fortsetzung derartiger Zahlungen führen. Berücksichtigt werden in diesen Fällen nur solche Arbeitnehmer, die sich im Zeitpunkt der Zahlung in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befinden. Im Übrigen werden solche freiwilligen Leistungen zeitanteilig für diejenigen Zeiträume gekürzt, in denen der Arbeitnehmer in den letzten 12 Monaten vor Fälligkeit der Zahlung keine Ansprüche auf laufende Vergütung hat. Die Gesellschaft gewährt keine Sonderzahlungen nach den gem. § 1 Ziffer 4 geltenden tariflichen Bestimmungen.

        

4.    

Die Regelungen der Ziffer 3 gelten auch für sonstige Sondervergütungen (Bonus, etc.).

        

5.    

…     

        

§ 4 Bonus & Deferral Plan

        

1.    

Der Arbeitnehmer nimmt nach Wahl der Gesellschaft am jeweils gültigen Bonussystem und/oder am Deferral Plan der Gesellschaft für außertarifliche Angestellte über einen kalenderjährlichen Bonus bzw. Deferral Award teil.

        

2.    

Ein Bonus kann nur dann zur Auszahlung gelangen bzw. ein Deferral Award zugeteilt werden, wenn und soweit die Gesellschaft insgesamt Mittel zur Ausschüttung von Bonuszahlungen/bzw. Zuteilung von Deferral Awards an die Arbeitnehmer der Gesellschaft für das bonusrelevante Kalenderjahr zur Verfügung stellt und der Arbeitnehmer die Voraussetzungen für die Auszahlung bzw. Zuteilung erfüllt.

        

3.    

Die Zahlung des Bonus bzw. Zuteilung eines Deferral Awards erfolgt freiwillig und kann auch nach wiederholter Gewährung nicht zu einer Verpflichtung der Gesellschaft zur Fortsetzung derartiger Zahlungen bzw. Zuteilungen führen.

        

4.    

Der Bonus für ein Kalenderjahr soll im Frühjahr des darauf folgenden Kalenderjahres zur Auszahlung gelangen, ist jedoch spätestens bis Ende Juni des folgenden Kalenderjahres zur Zahlung fällig. Die Zuteilung und Auszahlung des Deferral Awards erfolgt gemäß den Regelungen des Deferral Plans in seiner jeweils gültigen Fassung.

        

5.    

Ein Bonus wird nur dann gezahlt bzw. ein Deferral Award erteilt, wenn sich der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Fälligkeit in einem ungekündigten Anstellungsverhältnis zur Gesellschaft befindet. Gleiches gilt für die Auszahlung des Deferral Awards.

        

6.    

Die vorstehenden Bestimmungen zum Bonus bzw. Deferral Award gelten, soweit sich nicht gem. § 1 Ziffer 5 aus einer Betriebsvereinbarung etwas anderes ergibt.

        

…       

        

§ 16 Sondervereinbarungen

        

Vorbehaltlich der nachstehenden Bestimmungen erhält der Arbeitnehmer für das Leistungsjahr 2009 einen garantierten Bonus in Höhe von € 200.00[0],00 brutto abzüglich Steuern und sonstiger gesetzlicher Abzüge (der ‚garantierte Bonus‘).

        

Der garantierte Bonus wird in Form einer gestundeten Leistung im Rahmen des R Deferral Plans (der ‚Deferral Plan‘) gezahlt; er unterliegt den Regelungen des Deferral Plans in der jeweils geltenden Fassung und zwar unabhängig davon, ob diese vor oder nach Beginn dieses Vertrages umgesetzt wurden. Die Gesellschaft behält sich das Recht vor, nach ihrem freien und alleinigen Ermessen jederzeit (auch während eines Geschäftsjahres) die Regelungen des Deferral Plans zu ändern bzw. diesen jederzeit aufzuheben oder zu ersetzen. Zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass eine derartige Änderung jeweils auch rückwirkend gelten kann.

        

Zur Kenntnisnahme: Im Deferral Plan wird geregelt, wann eine gestundete Leistung oder ein Teil davon möglicherweise verfällt. Insbesondere hat der Arbeitnehmer, sofern sein Arbeitsverhältnis vor dem Termin, an dem die gestundete Leistung oder ein Teil davon zahlbar oder unverfallbar wird, geendet hat oder eine Partei ihr Arbeitsverhältnis im Rahmen dieses Vertrages gekündigt hat (sofern diese Kündigung nicht unter die Sektion ‚Verlassen des Unternehmens unter außergewöhnlichen Umständen‘ der Regelungen des Deferral Plans in seiner jeweils geltenden Fassung fällt), kein Anrecht auf die gestundete Leistung bzw. einen davon verbliebenen Teil oder auf sonstige Bonuszahlungen, die ihm ansonsten (möglicherweise) gezahlt worden wären. Fällt die Kündigung unter die Sektion ‚Verlassen des Unternehmens unter außergewöhnlichen Umständen‘ des Deferral Plans in seiner jeweils geltenden Fassung, so wird die gestundete Leistung nach Maßgabe der Regelungen des Deferral Plans (in seiner jeweils geltenden Fassung) unverfallbar.

        

Die Regeln des Deferral Plans enthalten auch Bestimmungen, nach denen verfallbare Elemente gestundeter Leistungen verfallen können. Diese Bestimmungen gelten für alle garantierten Bonuszahlungen, die der Arbeitnehmer erhält bzw. erhalten hat.

        

Allerdings beschränken sich diese Verfallsbestimmungen hinsichtlich des garantierten Bonus für das Leistungsjahr 2009 allein auf Situationen, in denen die individuelle Leistung des Arbeitnehmers direkt verbunden ist mit dem Team oder dem Geschäftsbereich, in dem der Arbeitnehmer arbeitet, in der bzw. in dem ein Verlust erlitten wurde.“

4

Mit Schreiben vom 26. Februar 2010 teilte die Beklagte dem Kläger unter der Überschrift „Performance Year 2009“ mit, dass sein Gesamtgehalt 400.004,00 Euro betrage und sich aus dem Grundgehalt 2010 iHv. 200.004,00 Euro und einem „Performance Award: Unconditional Guaranteed Award 2009“ iHv. 200.000,00 Euro zusammensetze. Letzterer wurde in drei Tranchen in den Jahren 2010 bis 2012 durch Zuteilung von Bonds gewährt. Der Kläger konnte diese jeweils unmittelbar nach Erhalt veräußern. Mit Schreiben vom 24. Februar 2011 erhielt der Kläger eine vergleichbare Mitteilung für das „Performance Year 2010“, wonach der „Discretionary Performance Award“ 9.920,00 Euro betrug.

5

Mit Schreiben der „R Group“ vom 23. Februar 2012 wurde dem Kläger sein Festgehalt als „Total Compensation“ mitgeteilt, nicht hingegen eine Bonusleistung. In dem Schreiben heißt es ua.:

        

„The fall in revenues in 2011 however, means that the discretionary bonus pool element of this is significantly lower in 2011 than in 2010 and this has made the award cycle a challenging one.“

6

Einem Teil der Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnisse nicht im Laufe des Jahres 2012 beendet wurden, gewährte die Beklagte Bonusleistungen, die der Höhe nach überwiegend zwischen einem Viertel und der Hälfte des Vorjahresbonus betrugen.

7

Im Rahmen einer Stufenklage machte der Kläger zunächst bestimmte Auskunftsansprüche betreffend den Bonusanspruch 2011 geltend. Das Arbeitsgericht entschied durch Teilurteil vom 17. Oktober 2012 über das Auskunftsverlangen. Dabei wies es die Klage hinsichtlich des Hauptantrags und eines ersten Hilfsantrags als unzulässig ab; einem zweiten Hilfsantrag gab es statt. Die Entscheidung ist rechtskräftig geworden und führte zur Erteilung einer Auskunft der Beklagten unter dem 6. November 2012.

8

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe für das Geschäftsjahr 2011 ein Bonus nach billigem Ermessen zu, der mindestens ein Viertel des Vorjahresbonus iHv. 209.920,00 Euro brutto betragen müsse. 200.000,00 Euro davon seien der arbeitsvertraglich vereinbarte Garantiebonus gewesen, 9.920,00 Euro brutto der zusätzliche leistungsbezogene Bonus. Soweit es im Anstellungsvertrag heiße, der garantierte Bonus werde für das Leistungsjahr 2009 gezahlt, handele es sich um eine unrichtige Formulierung. Sein Arbeitsverhältnis bei der Beklagten habe erst am 1. Januar 2010 begonnen, ein Bonus für das Jahr 2009 habe ihm nicht zugestanden. Ihm sei seinerzeit mitgeteilt worden, dass das Jahr 2009 aus bilanztechnischen Gründen im Anstellungsvertrag angegeben worden sei. Für das Jahr 2011 hätten die Arbeitnehmer, die nicht im Jahr 2012 ausgeschieden seien, eine Bonusleistung erhalten, wobei er mangels Kenntnissen keine genaueren Angaben zur Bonushöhe machen könne. Er habe in seinem Bereich gute Leistungen erbracht und im Geschäftsjahr 2011 entsprechende Erträge erwirtschaftet, wobei nach seinem Kenntnisstand der Umsatz in seiner Abteilung um 20 % zurückgegangen sei.

9

Im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage der Beklagten hat der Kläger die Auffassung vertreten, allein der erlittene Jahresverlust iHv. 656 Mio. Euro könne den Bonusanspruch nicht ausschließen. Zwar habe die Beklagte im Vorjahr einen Gewinn iHv. 198 Mio. Euro erzielt, in den Jahren davor seien jedoch deutlich höhere Verluste erwirtschaftet worden. Das operative Ergebnis der Beklagten vor der Vornahme von Wertberichtigungen habe im Übrigen im Geschäftsjahr 2011 1,488 Mio. Euro plus betragen. Hinzu komme, dass die Beklagte in der Vergangenheit trotz erheblich höherer Verluste als im Jahr 2011 gleichwohl regelmäßig Boni an ihre Arbeitnehmer gezahlt habe.

10

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihm für das Geschäftsjahr 2011 einen Bonus, der der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der aber mindestens 52.480,00 Euro brutto beträgt, nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

11

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, aufgrund des im Geschäftsjahr 2011 erlittenen Jahresverlustes iHv. 656 Mio. Euro stehe dem Kläger kein Bonusanspruch zu. Im Jahr 2010 habe sein Bonus im Übrigen lediglich 9.920,00 Euro betragen. Der Garantiebonus iHv. 200.000,00 Euro sei als Sign-On-Bonus für den Wechsel des Klägers zu der Rechtsvorgängerin der Beklagten sowie als Kompensation für den wechselbedingten Verlust des Bonusanspruchs beim Vorarbeitgeber für das Jahr 2009 gewährt worden. Im Übrigen hätten sämtliche Mitarbeiter der Abteilung des Klägers keinen Bonus für das Jahr 2011 erhalten. Gleiches gelte - trotz sehr guter Leistungsbewertungen - für zahlreiche andere, nicht von einer Kündigung betroffene Arbeitnehmer der Beklagten. Aufgrund der rechtskräftigen Teilabweisung des Auskunftsbegehrens schulde sie keine weiter gehenden Auskünfte als die bereits erteilten.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage iHv. 78.720,00 Euro brutto nebst Zinsen stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Klage nicht abgewiesen werden. Mangels entsprechender Feststellungen durch das Landesarbeitsgericht kann der Senat in der Sache nicht abschließend entscheiden. Das angegriffene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

14

I. Der Kläger hat dem Grunde nach einen Anspruch auf einen Bonus und/oder einen Deferral Award für das Geschäftsjahr 2011 aus § 4 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags iVm. § 315 BGB. Die Festsetzung der Leistung auf null durch die Beklagte entspricht nicht billigem Ermessen und ist unverbindlich (§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB). Die Bestimmung hat deshalb gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch Urteil zu erfolgen. Dies hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft unterlassen. Mangels ausreichender Feststellungen zu den bestimmungsrelevanten Tatsachen kann der Senat nicht selbst entscheiden.

15

1. § 4 des Arbeitsvertrags gewährt dem Kläger - unabhängig von der Wirksamkeit des „Freiwilligkeitsvorbehalts“ nach § 4 Ziff. 3 - keinen unbedingten Anspruch auf Zahlung eines Bonus oder eines Deferral Awards in einer bestimmten Höhe. Der Anspruch für das jeweilige Geschäftsjahr ergibt sich vielmehr erst nach einer Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts der Beklagten nach billigem Ermessen (§ 315 BGB). Dieses umfasst sowohl die Wahl der jeweiligen Leistungsart als auch die Höhe des auszuzahlenden Betrags bzw. des zuzuteilenden Deferral Awards. Dies ergibt eine Auslegung der vertraglichen Regelungen.

16

a) Der Arbeitsvertrag vom 19. August 2009 enthält Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. §§ 305 ff. BGB. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (st. Rspr., zB BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 29 mwN, BAGE 147, 322). Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gemäß § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders. Die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB setzt allerdings voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (st. Rspr., zB BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 30, aaO).

17

b) § 4 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags legt fest, dass der Arbeitnehmer am jeweils gültigen Bonussystem und/oder am Deferral Plan der Gesellschaft für außertarifliche Angestellte „teilnimmt“. Die Formulierung spricht deutlich dafür, dass ein Rechtsanspruch auf eine solche Teilnahme und die sich hieraus ergebende Leistung besteht (vgl. auch zur Bedeutung des Begriffs „gewährt“ BAG 20. Februar 2013 - 10 AZR 177/12 - Rn. 17). Dabei soll es der Beklagten überlassen bleiben zu bestimmen, ob für das jeweilige Geschäftsjahr ein Bonus oder ein Deferral Award oder eine Kombination aus beiden Leistungsarten gewährt wird. Gleiches gilt hinsichtlich der Höhe der Leistung, die im Arbeitsvertrag nicht festgelegt ist. Vielmehr bedarf es nach § 4 Ziff. 2 einer Entscheidung über den Umfang der zur Verfügung gestellten Mittel.

18

c) Der in § 4 Ziff. 3 des Arbeitsvertrags enthaltene Freiwilligkeitsvorbehalt schließt den vertraglichen Leistungsanspruch nicht aus.

19

aa) Die Klausel ist unklar iSv. § 305c Abs. 2 BGB. Sie kann zum einen so verstanden werden, dass hierdurch generell ein Anspruch für die Zukunft ausgeschlossen werden soll. Denkbar ist aber auch, sie so zu verstehen, dass sie den Rechtsgedanken des § 315 BGB wiedergibt und damit auch eine wiederholte Leistungsgewährung nicht ohne Weiteres zur Fortsetzung „derartiger“, dh. nach Höhe und Art gleichartiger Leistungen wie in der Vergangenheit, führen soll. Ein solches Klauselverständnis stünde der Annahme eines dem Grunde nach bestehenden dauerhaften Anspruchs nicht entgegen. Da gemäß § 305c Abs. 2 BGB Zweifel bei der Auslegung zulasten des Verwenders gehen, ist die letztgenannte Auslegung maßgeblich.

20

bb) Im Übrigen würde eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die es dem Arbeitgeber erlaubte, nach Ablauf eines Geschäftsjahres die versprochene Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen zu unterlassen, einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 BGB nicht standhalten. Es würde eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers darstellen, wenn der Arbeitgeber von der Leistungsbestimmung für ein bestimmtes Geschäftsjahr absehen dürfte, obwohl der Arbeitnehmer in diesem Geschäftsjahr seine Arbeitsleistung erbracht hat und die Leistung auch Teil der Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung des Arbeitnehmers war (vgl. BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 13 f. [zum Vergütungscharakter einer Leistung]; 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 52, BAGE 147, 322 [zur Situation bei einer Zielvereinbarung]). Gleiches würde für den Freiwilligkeitsvorbehalt nach § 3 Ziff. 3 iVm. Ziff. 4 des Arbeitsvertrags gelten, sofern man diesen überhaupt auf Leistungen nach § 4 für anwendbar hielte.

21

d) Die vertragliche Regelung überlässt damit der Beklagten ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSd. § 315 BGB, was grundsätzlich zulässig ist. Die Höhe und Art einer Bonuszahlung muss nicht abschließend im Arbeitsvertrag festgelegt werden (vgl. BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 35, BAGE 147, 322; 20. März 2013 - 10 AZR 8/12 - Rn. 24, 30). In einem solchen Fall hat die Leistungsbestimmung nach der gesetzlichen Regelung mangels abweichender Anhaltspunkte nach billigem Ermessen zu erfolgen (vgl. dazu BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 746/10 - Rn. 25, BAGE 139, 283). Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagten durch § 4 Ziff. 2 des Arbeitsvertrags in Abweichung von § 315 Abs. 1 BGB das Recht zugebilligt werden sollte, nach freiem Ermessen über die Bonusgewährung zu entscheiden, ergeben sich aus dem Vertrag nicht; ein solches Recht nimmt die Beklagte auch nicht für sich in Anspruch. Im Übrigen wäre dies eine Abweichung vom gesetzlichen Leitbild des § 315 Abs. 1 BGB(vgl. dazu BAG 20. März 2013 - 10 AZR 8/12 - Rn. 31), die wegen des fehlenden Korrektivs der vollen gerichtlichen Kontrolle der Leistungsbestimmung eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 Nr. 1 BGB darstellen würde und deshalb unwirksam wäre.

22

2. Einem Anspruch des Klägers steht ebenso wenig die Stichtagsregelung nach § 4 Ziff. 5 des Arbeitsvertrags entgegen. Ein Bonus soll danach nur gezahlt bzw. ein Deferral Award nur dann zugeteilt und ausgezahlt werden, wenn sich der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Anspruchs bzw. der Auszahlung des Awards in einem ungekündigten Anstellungsverhältnis befindet. Diese Voraussetzung erfüllt der Kläger möglicherweise nicht, da sein Arbeitsverhältnis jedenfalls zum Zeitpunkt der spätesten Fälligkeit eines Bonus im Juni 2012 bereits gekündigt war. Darauf kommt es aber nicht an, da die Regelung einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 BGB nicht standhält. Der streitgegenständliche Bonus stellt unzweifelhaft jedenfalls auch eine Gegenleistung für im Geschäftsjahr laufend erbrachte Arbeit dar. Eine solche Leistung kann in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht von einem ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt außerhalb des Jahres abhängig gemacht werden, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde (zuletzt BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 15; grundlegend 13. November 2013 - 10 AZR 848/12 - BAGE 146, 284; 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - BAGE 140, 231).

23

3. Dahinstehen kann, ob § 4 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags aufgrund der Formulierung, der Arbeitnehmer nehme am „jeweils gültigen“ Bonussystem und/oder Deferral Plan teil, einen Änderungsvorbehalt beinhaltet, wie weit dieser reichen würde und ob ein ggf. umfassender Änderungsvorbehalt am Maßstab des § 308 Nr. 4 BGB gemessen wirksam wäre(vgl. zu einem umfassenden Änderungsvorbehalt zB BAG 11. Februar 2009 - 10 AZR 222/08 - Rn. 23 ff.). Die Beklagte macht nicht geltend, dass eine solche Änderung des Bonussystems bzw. des Deferral Plans dem Anspruch des Klägers entgegenstünde.

24

4. Der Kläger hat mit der Erhebung der Stufenklage die zweistufige Ausschlussfrist nach § 15 des Arbeitsvertrags gewahrt. Die Erhebung der Stufenklage begründet nicht nur die Rechtshängigkeit des Auskunftsanspruchs, sondern auch des unbezifferten Hauptanspruchs (BAG 12. Dezember 2000 - 9 AZR 1/00 - zu I 1 c bb der Gründe, BAGE 96, 352; Zöller/Greger ZPO 31. Aufl. § 254 Rn. 1) und wahrt damit eine entsprechende Ausschlussfrist (BAG 22. Januar 2008 - 9 AZR 416/07 - Rn. 35; 23. Februar 1977 - 3 AZR 764/75 - zu 4 der Gründe).

25

II. Die von der Beklagten vorgenommene Festsetzung des Bonusanspruchs des Klägers für das Geschäftsjahr 2011 auf null ist unverbindlich iSv. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB.

26

1. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der Bestimmungsberechtigte die Ermessensentscheidung zu treffen hat. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht, trägt der Bestimmungsberechtigte (st. Rspr., zuletzt zB BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 28). Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen (vgl. insgesamt dazu: BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 41 mwN, BAGE 147, 322; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

27

2. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die von ihr getroffene Leistungsbestimmung billigem Ermessen entspricht. Hiervon gehen das Arbeitsgericht ausdrücklich und das Landesarbeitsgericht unausgesprochen aus, da es sich andernfalls nicht mit der Frage der Höhe einer festzusetzenden Leistung hätte beschäftigen dürfen. Die Beklagte hat sich nicht dazu geäußert, ob sie sich für das Geschäftsjahr 2011 für ein Bonussystem und/oder einen Deferral Plan entschieden hat. Ebenso wenig hat sie dargelegt, in welchem Umfang sie Mittel zur Verfügung gestellt hat, obwohl der Inhalt des Schreibens vom 23. Februar 2012 hierauf hindeutet und unstreitig einem Teil der Arbeitnehmer entsprechende Leistungen gewährt wurden. Auch hat sie nicht vorgetragen, welche Arbeitnehmer nach welchen Kriterien an einem solchen System teilnehmen sollten. Allein der Hinweis auf einen in diesem Geschäftsjahr erzielten Verlust kann näheren Sachvortrag nicht ersetzen (vgl. dazu auch BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 62, BAGE 147, 322).

28

3. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat die teilweise Abweisung der Auskunftsklage im Teilurteil des Arbeitsgerichts nicht zur Folge, dass nunmehr der Kläger die Darlegungs- und Beweislast für die Unbilligkeit der von der Beklagten getroffenen Leistungsbestimmung nach § 315 BGB trägt. Die Auskunftsklage und die Klage auf richterliche Ersatzleistungsbestimmung haben unterschiedliche Streitgegenstände. Die im Rahmen einer Stufenklage ergangene Entscheidung über den Auskunftsanspruch erwächst im Hinblick auf den auf der letzten Stufe verfolgten Anspruch nicht in Rechtskraft und entfaltet insoweit auch keine Bindung iSv. § 318 ZPO. Damit ist es rechtlich nicht ausgeschlossen, dass die maßgeblichen Vorfragen im weiteren Verfahren über diesen Anspruch anders als im Teilurteil beurteilt werden (BGH 16. Juni 2010 - VIII ZR 62/09 - Rn. 24; Wieczorek/Schütze/Assmann ZPO 4. Aufl. § 254 Rn. 76; Stein/Jonas/Roth ZPO 22. Aufl. § 254 Rn. 31). Ungeachtet der teilweisen Abweisung der vorangegangenen Auskunftsklage hat deshalb die Beklagte als bestimmende Partei die Umstände dazulegen und zu beweisen, die ihre Leistungsbestimmung und deren Billigkeit tragen (vgl. Staudinger/Rieble (2015) BGB § 315 Rn. 388). Erbringt der Arbeitgeber, der sich eine solche einseitige Leistungsbestimmung vorbehält, keinen oder keinen hinreichenden Vortrag dazu, warum eine bestimmte Leistungsfestsetzung billigem Ermessen entsprechen soll, ist die gesetzliche Folge nach § 315 Abs. 3 BGB die Unverbindlichkeit der vom Bestimmungsberechtigten getroffenen Leistungsbestimmung.

29

III. Aufgrund der Unverbindlichkeit der Leistungsbestimmung der Beklagten hat gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB die Bestimmung der Höhe des Anspruchs für das Geschäftsjahr 2011 durch Urteil zu erfolgen(BAG 11. Dezember 2013 - 10 AZR 364/13 - Rn. 33 ff.). Eine solche Leistungsbestimmung hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft unterlassen. Die Leistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB ist wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls vorrangig den Tatsachengerichten vorbehalten(BAG 15. Mai 2013 - 10 AZR 679/12 - Rn. 35 mwN; vgl. auch BAG 18. Mai 2016 - 10 AZR 183/15 - Rn. 42 [zu § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB]). Eine Entscheidung durch das Revisionsgericht kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn alle maßgeblichen Tatsachen feststehen (vgl. zu einem solchen Fall BAG 11. Dezember 2013 - 10 AZR 364/13 - Rn. 30). Hieran fehlt es vorliegend, da das Landesarbeitsgericht keine hinreichenden Feststellungen zu den für die Bestimmung maßgeblichen Umständen getroffen hat. Das angegriffene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

30

1. Die richterliche Ersatzleistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB ist vom Gericht auf Grundlage des Vortrags der Parteien zu treffen(BGH 8. November 2011 - EnZR 32/10 - Rn. 24; 20. Juli 2010 - EnZR 23/09 - Rn. 39). Durch richterliche Ermessensentscheidung wird direkt über den geltend gemachten Anspruch entschieden und nicht nur - etwa im Sinne einer Rechtskontrolle - überprüft, ob die Festsetzung des Leistungsberechtigten zutrifft. Diese Prüfung hat bereits in der ersten Stufe nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB stattzufinden und ist Voraussetzung dafür, dass es überhaupt zu einer gerichtlichen Leistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB kommen kann. Die Ausübung des eigenen richterlichen Ermessens findet auf Grundlage des gesamten Prozessstoffs statt. Eine Darlegungs- und Beweislast im prozessualen Sinn besteht insoweit nicht, doch ist jede Partei gehalten, die für ihre Position sprechenden Umstände vorzutragen, weil das Gericht nur die ihm bekannten Umstände in seine Bestimmung einbringen kann (Staudinger/Rieble § 315 Rn. 521; BGB-RGRK/Ballhaus 12. Aufl. § 315 BGB Rn. 19; BAG 18. Mai 2016 - 10 AZR 183/15 - Rn. 44 [zu § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB]). Bringt der Bestimmungsberechtigte bestimmte Aspekte, die in seinem Konzept der Leistungsbestimmung möglicherweise zu berücksichtigen wären, nicht ein, können sie nicht berücksichtigt werden (vgl. BGH 20. Juli 2010 - EnZR 23/09 - Rn. 40 [zur fehlenden Offenlegung der Kalkulationsgrundlagen eines Netzbetreibers]). Dies geht zu seinen Lasten. Fehlender Vortrag des Bestimmungsberechtigten führt nicht zur Entstehung einer besonderen Darlegungslast für den Anspruchsteller. Dieser hat lediglich im eigenen Interesse die Obliegenheit, die für ihn günstigen Umstände vorzutragen. Deshalb kann der Anspruchsteller regelmäßig auch nicht auf die Erhebung einer Auskunftsklage verwiesen werden (dazu Staudinger/Rieble § 315 Rn. 388). Es ist vielmehr Sache des Gerichts, auf Grundlage des vorhandenen Prozessstoffs und des Vortrags beider Parteien die Leistungsbestimmung vorzunehmen und den vertraglich vorgegebenen Rahmen auszufüllen (MüKoBGB/Würdinger 7. Aufl. § 315 Rn. 51). Lediglich ausnahmsweise hat in entsprechender Anwendung des § 287 ZPO eine Festsetzung zu unterbleiben, wenn es auch nach vollständiger Ausschöpfung des Prozessstoffs an jeglichen greifbaren Anhaltspunkten für die Leistungsbestimmung fehlt(vgl. BGH 8. November 2011 - EnZR 32/10 - Rn. 25).

31

2. Diese Grundsätze hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft verkannt. Es hat unberücksichtigt gelassen, dass die Beklagte als Bestimmungsberechtigte keinen hinreichenden Vortrag zum Bonussystem bzw. Deferral Plan für das Geschäftsjahr 2011 gehalten hat. Stattdessen hat es vom Kläger Vortrag zu Tatsachen verlangt, wie beispielsweise zur Höhe eines Bonustopfes, die ein Arbeitnehmer im Regelfall nicht kennt. Faktisch hat es dem Kläger damit rechtsfehlerhaft eine Darlegungslast für Umstände auferlegt, die die Beklagte im Rahmen der gerichtlichen Ersatzleistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB im eigenen Interesse hätte vortragen können und müssen, wenn sie diese Umstände hätte berücksichtigt wissen wollen. Darüber hinaus hat das Landesarbeitsgericht den vorhandenen Prozessstoff nicht ausgeschöpft. Es ist von den Parteien zur Höhe der Bonuszahlungen in der Vergangenheit, zum Umfang von Leistungen an andere Arbeitnehmer, zum Unternehmenserfolg, zur Leistung des Klägers und zu den Umsätzen in seiner Abteilung vorgetragen worden. Darüber hinaus hätte es den zuletzt erfolgten Vortrag des Klägers zum Umfang des Bonustopfes in den Blick nehmen müssen.

32

3. Dies führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht. Der Senat macht dabei von der Möglichkeit der Zurückverweisung an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch.

33

IV. Für das weitere Verfahren ist auf Folgendes hinzuweisen:

34

1. Teil des Leistungsbestimmungsrechts der Beklagten ist die Entscheidung, ob der Kläger am jeweils gültigen Bonussystem und/oder am Deferral Plan der Gesellschaft für außertarifliche Angestellte teilnimmt (§ 4 Ziff. 1 Arbeitsvertrag). Nach dem bisherigen Sachvortrag der Beklagten dürfte die Annahme des Arbeitsgerichts nicht zu beanstanden sein, die Beklagte habe bis zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Anspruchs (§ 4 Ziff. 4 Arbeitsvertrag) die Leistungsbestimmung hinsichtlich der Art der Leistung nicht vorgenommen und damit die Bestimmung iSv. § 315 Abs. 3 Satz 2 letzter Halbs. BGB verzögert. Im Hinblick auf das zwischenzeitlich erfolgte Ausscheiden des Klägers liegt es deshalb nahe, einen möglichen Bonusanspruch als Geldleistung und nicht als Deferral Award festzusetzen. Sollte das Landesarbeitsgericht dies anders sehen, wird es nach § 139 ZPO einen entsprechenden Hinweis zu erteilen und dem Kläger Gelegenheit zu geben haben, seinen Antrag anzupassen.

35

2. Im Fall einer gerichtlichen Leistungsbestimmung können die in den Vorjahren gezahlten Boni einen wichtigen Faktor darstellen, da durch sie regelmäßig zum Ausdruck gebracht wird, welche Höhe eine solche Leistung unter welchen konkreten Umständen (Leistung des Arbeitnehmers, Unternehmenserfolg etc.) erreichen kann. Insoweit hat das Arbeitsgericht allerdings rechtsfehlerhaft angenommen, dass der Kläger im Kalenderjahr 2010 einen Bonus in Höhe von 209.920,00 Euro erhalten hat. Vielmehr erfolgte für das Geschäftsjahr 2010 nur eine Bonuszahlung in Höhe von 9.920,00 Euro (vgl. Schreiben der Beklagten vom 24. Februar 2011). Der garantierte Bonus wurde hingegen nach der eindeutigen vertraglichen Regelung, dem Inhalt des Schreibens vom 26. Februar 2010 und dem Zeitpunkt der Teilleistungen, die zur Hälfte noch im Jahre 2010 erfolgten, für 2009 gezahlt. Selbst wenn der klägerische Vortrag zuträfe, wonach ihm mitgeteilt worden sei, die Angabe des Jahres 2009 sei aus „bilanztechnischen Gründen“ erfolgt, führte dies zu keinem anderen Ergebnis. Auch und gerade die bilanztechnische Zuordnung zu einem bestimmten Kalenderjahr bringt jedenfalls zum Ausdruck, dass die Zahlung nicht für ein Folgejahr erfolgen soll. Entgegen der Auffassung des Klägers spielt auch keine Rolle, dass er im Geschäftsjahr 2009 noch nicht für die Beklagte tätig war. Die Vereinbarung eines entsprechenden Leistungsanspruchs ist im Rahmen der Vertragsfreiheit ohne Weiteres möglich. Die Parteien bringen damit jedenfalls zum Ausdruck, welche Bonushöhe der Kläger, wäre er im Jahr 2009 bereits für die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin tätig gewesen, in diesem Kalenderjahr in der gegebenen wirtschaftlichen Situation des Unternehmens hätte erzielen können. Im Übrigen war nach § 1 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags eine Tätigkeitsaufnahme vor dem 1. Januar 2010 als Möglichkeit vorgesehen. Entgegen der Auffassung der Beklagten ergeben sich aus dem Arbeitsvertrag vom 19. August 2009 aber auch keine Anhaltspunkte dafür, die Leistung an den Kläger als reine Antrittsprämie (Sign-On-Bonus) ohne Leistungsbezug zu werten. Der Wortlaut der Vereinbarung gibt für eine solche Annahme nichts her. Vielmehr wird die Leistung nach § 16 Abs. 2 des Arbeitsvertrags ausdrücklich den Regeln des Deferral Plans(§ 4 Ziff. 1 Arbeitsvertrag) unterstellt und es wird in § 16 Abs. 5 des Arbeitsvertrags hinsichtlich der Verfallmöglichkeiten eines Teils des garantierten Bonus ein deutlicher Leistungsbezug hergestellt.

36

3. Als weiteres Element für die gerichtliche Leistungsbestimmung wird der Vortrag des Klägers zu seinen Leistungen und zu den Umsatzzahlen seiner Abteilung heranzuziehen sein. Gleiches gilt für die Höhe der Leistungen an andere Arbeitnehmer. Darüber hinaus wird der Vortrag der Parteien zu den wirtschaftlichen Kennzahlen der Beklagten zu berücksichtigen sein, wobei der Umstand wird Beachtung finden müssen, dass der Kläger für das Geschäftsjahr 2009 trotz erheblicher Verluste einen Bonus in erheblicher Höhe erhalten hat. Schließlich wird das Landesarbeitsgericht ggf. dem zuletzt erfolgten Vortrag des Klägers zum Umfang des Bonustopfes für das Geschäftsjahr 2011 nachzugehen haben. Sollten aus Sicht des Landesarbeitsgerichts relevante Faktoren von den Parteien unterschiedlich vorgetragen werden, so wird es ggf. Beweis zu erheben haben, um eine richterliche Überzeugungsbildung hinsichtlich der maßgeblichen Faktoren herbeizuführen. Von weiteren Hinweisen sieht der Senat insoweit ab.

37

4. Mögliche Ansprüche des Klägers auf Grundlage des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes sind nicht mehr Verfahrensgegenstand. Das Landesarbeitsgericht hat sich mit solchen Ansprüchen auseinandergesetzt und deren Vorliegen verneint. Der Kläger hat sich im Rahmen seiner Revision hiergegen nicht gewandt, so dass hierüber im Revisionsverfahren nicht mehr zu entscheiden war.

        

    Linck    

        

    Brune    

        

    W. Reinfelder    

        

        

        

    A. Effenberger     

        

    Schürmann    

                 

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Im Bereich des Bundes wird ein Bundesausgleichsamt als selbständige Bundesoberbehörde errichtet.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 08.08.2013 - 9 Ca 1680/12 - wie folgt abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Berechtigung der Beklagten, der Klägerin einzelne Aufgabenbereiche zu entziehen.

2

Die Klägerin ist seit dem 01.09.1979 auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 15.10.1979 bei der Beklagten - einer Körperschaft des öffentliches Rechts- bzw. deren Rechtsvorgänger als Verwaltungsangestellte beschäftigt. In der Zeit vom 10.04.1989 bis 31.12.1989 sowie vom 01.10.1991 bis 30.09.1998 war das Arbeitsverhältnis unterbrochen. Auf das Arbeitsverhältnis fanden zunächst die Bestimmungen des BAT und ab dem 01.11.2006 die Bestimmungen des TV-L Anwendung. Seit dem 01.01.2012 richtet sich das Arbeitsverhältnis nach den Bestimmungen des Tarifvertrages für Beschäftigte der Universitätsmedizin A. (TV UM Mainz).

3

Seit dem 01.03.2005 ist die Klägerin in der Neurochirurgischen Klinik und Poliklinik der Beklagten eingesetzt. Diesbezüglich existiert eine Stellenbeschreibung vom 09.02.2005 (Bl. 40 bis 44 d. A.), aufgrund derer die Klägerin seinerzeit der Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1 a BAT zugeordnet wurde. Mittlerweile erhält die Klägerin Vergütung nach Entgeltgruppe 9 Stufe 5 TV-L.

4

Eine Reihe der in der Stellenbeschreibung vom 09.02.2005 aufgeführten Tätigkeiten übt die Klägerin - teils schon seit längerem - nicht mehr aus. Nach seitens der Beklagten teilweise bestrittenen Behauptungen der Klägerin oblagen ihr zuletzt Tätigkeiten in den Bereichen Personalangelegenheiten (Zeitanteil: 25 %), Gutachterstelle (Zeitanteil: 25 %), Organisation des Sekretariats des geschäftsführenden Oberarztes (Zeitanteil: 20 %), Organisation der Neuroradiochirurgischen Sprechstunde (Zeitanteil: 5 %) sowie Schreiben vom OP-Berichten und Arztbriefen (Zeitanteil: 25 %). Wegen aller Einzelheiten des diesbezüglichen Sachvortrages der Klägerin wird auf die Seiten 2 bis 5 ihres Schriftsatzes vom 10.12.2012 (= Bl. 116 bis 119 d. A.) Bezug genommen.

5

Im Jahr 2011 kam es im Aufgabenbereich "Schreiben von OP-Berichten" zu einem erheblichen Rückstand, der sich der Behauptung der Beklagten auf 600 bis 700 Berichte belief. Bei Urlaubsantritt am 08.08.2011 nahm die Klägerin eine Vielzahl nicht gefertigter Diktate mit zu sich nach Hause, um dort die Berichte zu schreiben. Nachdem der Medizinische Dienst der Krankenkassen mehrere Anfragen an die Beklagte bezüglich der OP-Berichte gestellt hatte, und die Beklagte weder die Diktatbänder noch die betreffenden Berichte finden konnte, setzte sie sich diesbezüglich telefonisch mit der Klägerin in Verbindung und erfuhr, dass die Klägerin eine Tüte voller Diktatbänder und Protokollen mit nach Hause genommen hatte, um dort die Berichte zu fertigen.

6

Auf Aufforderung seitens der Beklagten brachte die Klägerin das betreffende Material noch während ihres Urlaubs zurück in die Klinik. Mit Schreiben vom 26.09.2011 teilte der Klinikleiter der Klägerin u. a. Folgendes mit:

7

"… entbinde ich Sie von der Vertretung des Aufnahmemanagements und werde diese Funktion im Rahmen der Neuregelung der Sekretariatsstruktur anderweitig übertragen. Weiterhin entlaste ich Sie von der Tätigkeit in Sachen Personalangelegenheiten und bitte Sie, das betreffende Akten- und Unterlagenmaterial an Frau Sch. auszuhändigen.

8

Die Führung der Gutachtenstelle geht über in die Hände von Frau K., auch hier bitte ich die betreffenden Unterlagen zu übergeben."

9

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen streitigen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs.2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 08.08.2013 (Bl. 182 bis 185 d. A.).

10

Die Klägerin hat beantragt,

11

festzustellen, dass der ihr gegenüber am 26.09. und 18.10.2011 ausgesprochene Entzug der Personalangelegenheiten und der Führung der Gutachterstelle unwirksam ist,
dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zu unveränderten Arbeitsbedingungen fortbesteht.

12

Die Beklagte hat beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 08.08.2013 dem Klageantrag zu 1 stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 5 bis 9 dieses Urteils = Bl. 185 bis 189 d. A. verwiesen.

15

Gegen das ihr am 09.12.2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 19.12.2013 Berufung eingelegt und diese innerhalb der ihr mit Beschluss vom 05.02.2014 am 07.03.2014 begründet.

16

Die Beklagte macht im Wesentlichen geltend, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts sei die Neuregelung des Aufgabenbereichs der Klägerin unter Entzug der Tätigkeiten im Bereich "Personalangelegenheiten" und "Führung der Gutachtenstelle" vom arbeitgeberseitigen Direktionsrecht gedeckt und wirksam. Die Klägerin habe die ihr übertragenen Tätigkeitsbereiche unzutreffend dargestellt. Die Hauptaufgabe der Klägerin habe zuletzt im Bereich Patientenversorgung gelegen, nämlich im selbständigen Vorbereiten von Unterlagen für bzw. zu Befundberichten, Arztberichten und Gutachten, im Schreiben von Befundberichten und Arztberichten sowie im Schreiben und Verteilen der OP-Berichte sowie deren Verwaltung. Im Personalbereich habe die Klägerin im Wesentlichen lediglich Urlaubsscheine, Krankmeldungen und Stundennachweise/Überstundenzettel verteilt und einsortiert. Andere Tätigkeiten habe die Klägerin in diesem Aufgabenbereich nicht ausgeübt. Der Klägerin seien daher insoweit lediglich einfache, unqualifizierte Tätigkeiten entzogen worden. Soweit sich die Klägerin gegen den Entzug von Tätigkeiten in der Gutachterstelle wende, so sei sie - die Beklagte - nicht passivlegitimiert, da über die Übertragung von Tätigkeiten in diesem Bereich ausschließlich die Ärzte selbst im Rahmen ihrer Nebentätigkeit als Gutachter zu entscheiden hätten. Die Klage sei daher insoweit bereits unzulässig. Die Klägerin sei auch keineswegs zu einer einfachen Schreibkraft degradiert worden. Das Schreiben von OP-Berichten stelle eine wichtige und durchaus anspruchsvolle Tätigkeit dar. Darüber hinaus sei der betreffende Aufgabenbereich auch deshalb nicht auf einfache Schreibtätigkeiten beschränkt, da der Klägerin insoweit auch das selbständige Vorbereiten von Patientenunterlagen zu Befundberichten, Arztbriefen und OP-Berichten obliege. Letztlich sei die Klägerin diesbezüglich auch für die Verwaltung der OP-Berichte zuständig. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Klägerin darüber hinaus auch für die Schlüsselverwaltung und für die Bibliothek verantwortlich sei. Ihrer Hauptaufgabe sei die Klägerin zuletzt nicht mehr ordnungsgemäß nachgekommen, wie sich daraus ergebe, dass bei den OP-Berichten im Jahr 2011 ein erheblicher Rückstand aufgelaufen sei. Die Klägerin habe sich mit ca. 600 bis 700 OP-Berichten im Rückstand befunden, was einem Zeitraum von ca. drei Monaten entspreche.

17

Die Beklagte beantragt,

18

das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage (insgesamt) abzuweisen.

19

Die Klägerin beantragt,

20

die Berufung zurückzuweisen.

21

Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderungsschrift vom 19.05.2014 (Bl. 314 bis 324 d. A.), auf die Bezug genommen wird.

22

Zur Darstellung aller Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die von ihnen in zweiter Instanz zu den Akten gereichten Schrift-sätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

23

Die statthafte Berufung ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das hiernach insgesamt zulässige Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.

II.

24

1. Die Feststellungsklage ist gemäß § 256 Abs. 1 ZPO insgesamt zulässig. Dies gilt auch insoweit, als die Klägerin die Feststellung der Unwirksamkeit des Entzugs der von ihr als "Führung der Gutachterstelle" bezeichneten Tätigkeit begehrt. Soweit die Beklagte diesbezüglich geltend macht, über die Übertragung von Tätigkeiten im Bereich der Erstellung von Gutachten habe nicht sie selbst, sondern ausschließlich der jeweils als Gutachter beauftragte Arzt zu entscheiden, so betrifft diese Frage - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht bereits die Zulässigkeit der Klage, sondern ausschließlich deren Begründetheit.

25

2. Die Klage ist jedoch nicht begründet.

26

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung, dass der ihr gegenüber seitens der Beklagten erklärte Entzug der Personalangelegenheiten und der Führung der Gutachterstelle unwirksam ist. Die betreffende Maßnahme ist vom arbeitgeberseitigen Direktionsrecht der Beklagten gedeckt und entspricht auch billigem Er-messen. Sie ist daher wirksam.

27

a) Das auf dem Arbeitsvertrag beruhende Weisungsrecht des Arbeitgebers ist wesentlicher Bestandteil eines jeden Arbeitsverhältnisses. Nach § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber den Inhalt der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingung nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt ist. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers im öffentlichen Dienst erstreckt sich bei einer Vertragsgestaltung, die - wie vorliegend - den vertraglichen Aufgabenbereich allein durch eine allgemeine Tätigkeitsbezeichnung (Verwaltungsangestellte) und die Nennung der Vergütungsgruppe beschreibt, auf solche Tätigkeiten des allgemein umschriebenen Aufgabenbereichs, welche die Merkmale der Vergütungsgruppe erfüllen, in die der Arbeitnehmer eingestuft ist (BAG v. 17.08.2011 - 10 AZR 322/10 - EzA § 106 GewO Nr. 8, m. w. N.). Nach dieser Maßgabe ist der Arbeitgeber grundsätzlich auch befugt, den Arbeitsbereich des Arbeitnehmers zu verkleinern (BAG v. 27.03.1980 - 2 AZR 506/78 - AP Nr. 26 zu § 611 BGB Direktionsrecht; BAG v. 23.06.1993 - 5 AZR 337/92 - AP Nr. 42 zu § 611 BGB Direktionsrecht). Er kann dem Arbeitnehmer daher jedenfalls solche Tätigkeiten entziehen, die einer niedrigeren Vergütungsgruppe als derjenigen, in welche der Arbeitnehmer eingestuft ist, unterfallen.

28

Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich, dass die streitbefangenen Maßnahmen, die für sich genommen lediglich zu einer Verkleinerung des Aufgabenbereichs der Klägerin führen, vom Direktionsrecht gedeckt sind. Dies folgt bereits daraus, dass es sich bei der der Klägerin entzogenen Tätigkeiten nicht um solche handelt, die zumindest den Merkmalen der Vergütungsgruppe entsprechen, in welche die Klägerin eingestuft ist, sondern um solche, die einer niedrigeren Vergütungsgruppe unterfallen.

29

Die Klägerin ist in die Entgeltgruppe 9 TV-L eingestuft. Dieser Entgeltgruppe unterfällt eine Tätigkeit, die zumindest gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert (Entgeltgruppe 9, Fallgruppe 3). "Selbständige Leistungen" im Sinne dieser Entgeltgruppe setzen ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative voraus. Eine selbständige Leistung im Tarifsinne ist dann anzunehmen, wenn eine Gedankenarbeit erbracht wird, die im Rahmen der für die Vergütungsgruppe vorausgesetzten Fachkenntnisse hinsichtlich des einzuschlagenden Weges, insbesondere hinsichtlich des zu findenden Ergebnisses, eine eigene Beurteilung und eigene Entschließung erfordert. Kennzeichnend für selbständige Leistungen im tariflichen Sinne ist - ohne Bindung an verwaltungsrechtliche Fachbegriffe - ein wie auch immer gearteter Ermessens-, Entscheidungs-, Gestaltungs- oder Beurteilungsspielraum bei der Erarbeitung eines Arbeitsergebnisses (BAG v. 21.03.2012 - 4 AZR 266/10 - AP Nr. 317 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

30

Diesen Anforderungen werden die der Klägerin entzogenen Tätigkeiten in den Bereichen Personalsachbearbeitung und Gutachterstelle - gerade auch unter Zugrundelegung ihres eigenen Sachvortrages - nicht gerecht.

31

Soweit die Klägerin vorgetragen hat, sie habe die Urlaubswünsche in einer Urlaubsplanliste erfasst, an die Personalabteilung weitergeleitet, jeden Urlaubsantrag listenmäßig verfolgt und dabei überprüft. ob Kollisionen vorhanden seien, so handelt es sich hierbei nicht um "selbständige Leistungen" im tariflichen Sinne. Ein wie auch immer gearteter Ermessens-, Entscheidungs-, Gestaltungs- oder Beurteilungsspielraum der Klägerin ist insoweit nicht ersichtlich. Entsprechendes gilt für die von der Klägerin bezüglich der Dienstplanerstellung vorgetragenen Tätigkeiten, die im Wesentlichen in der Pflege und Kontrolle der seitens der ärztlichen Mitarbeiter getätigten Eintragungen bestanden. Auch das Abgleichen der von den Ärzten an die Verwaltung zur Abrechnung gegebenen Überstundenzettel mit dem Dienstplan erfordert keine eigene Beurteilung oder eigene Entschließung der Klägerin. Dies ist auch hinsichtlich der von der Klägerin unter dem Punkt "Gast-Ärzte" geschilderten Tätigkeiten (Veranlassung von Visumsanträgen und Anträgen auf Arbeits- sowie Aufenthaltserlaubnis nebst Fertigung des insoweit erforderlichen Schriftverkehrs) nicht ersichtlich. Auch ansonsten ist bezüglich der in der Stellenbeschreibung unter dem Oberbegriff "Personal- und Stellenbereich" aufgeführten Tätigkeiten ein Ermessens-, Entscheidungs-, Gestaltungs- oder Beurteilungsspielraum der Klägerin bei der Erarbeitung eines Arbeitsergebnisses nicht erkennbar.

32

Die Tätigkeiten der Klägerin im Bereich der Gutachtenstelle erforderten ebenfalls keine selbständigen Leistungen im Tarifsinne. Nach dem Inhalt der Stellenbeschreibung gehören hierzu die Registration und Administration der eingehenden Gutachten, die Einbestellung der Patienten und die Registration der ausgehenden Gutachten, die Gutachten-Abrechnung sowie das Mahnwesen bei offenstehenden Liquidationen. Das Ausüben dieser Tätigkeiten erfordert erkennbar keine Gedankenarbeit, die im Rahmen der für die Entgeltgruppe 9 vorausgesetzten gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen hinsichtlich eines einzuschlagenden Weges, insbesondere hinsichtlich eines zu findenden Ergebnisses, eine eigene Beurteilung und eine eigene Entschließung erfordert. Dies gilt auch insoweit, als die in der Stellenbeschreibung genannte "Gutachten-Abrechnung" sowohl die steuerliche Abrechnung der einzelnen Mitarbeiter, des Nutzungsentgelts und die Verwaltung des Gutachtenkontos incl. Buchführung umfasste.

33

Der Klägerin wurden daher ausschließlich solche Tätigkeiten entzogen, welche nicht die Merkmale der Entgeltgruppe 9 TV-L, sondern die Merkmale einer niedrigeren Entgeltgruppe erfüllen. Die Maßnahme ist daher insoweit vom Direktionsrecht der Beklagten gedeckt.

34

b) Die Entscheidung, der Klägerin ihre vormals ausgeübten Tätigkeiten in den Bereichen Personalsachbearbeitung und Gutachtenstelle zu entziehen, entsprach auch billigem Ermessen.

35

Die Ausübung des Direktionsrechts entspricht dann billigem Ermessen, wenn alle wesentlichen Umstände des Falles abgehoben und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt sind (BAG v. 23.06.1993 - 5 AZR 337/92 - AP Nr. 42 zu § 611 BGB Direktionsrecht). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.

36

Zwar besteht auf Seiten der Klägerin das durchaus nachvollziehbare Interesse an einer möglichst abwechslungsreichen und vielseitigen Tätigkeit. Demgegenüber hat jedoch die Beklagte das überaus berechtigte Interesse daran, dass die OP-Berichte zeitnah erstellt werden und dass insbesondere diesbezüglich keine größeren Rückstände entstehen. Unstreitig kam es jedoch im Jahr 2011 zu einem erheblichen Rückstand. Die Behauptung der Beklagten, dass sich dieser Rückstand auf ca. 600 bis 700 Operationsberichte belief, hat die Klägerin gemäß § 138 Abs. 4 ZPO nicht ausreichend bestritten, da es sich insoweit um einen Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung handelt. Der aufgelaufene Rückstand führte sogar dazu, dass sich die Klägerin dazu veranlasst sah, Operationsberichte während ihres Urlaubs zu Hause zu fertigen. Die Beklagte war daher bereits von daher gehalten, diesen Zustand für die Zukunft durch eine Neuverteilung der in den Sekretariaten der Neurochirurgie anfallenden Tätigkeiten und einer damit einhergehenden Entlastung der Klägerin entgegenzuwirken. Dies gilt auch dann, wenn die Klägerin - wie von ihr behauptet - hinsichtlich des Entstehens des Rückstandes kein Verschulden trifft. Es obliegt nämlich der Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebers, welche Maßnahmen bzw. organisatorischen Entscheidungen er trifft, um einen ordnungsgemäßen Arbeitsablauf und die zeitgerechte Erledigung wichtiger Aufgaben sicherzustellen. Die Klägerin wurde auch, entgegen ihrer Ansicht, durch die betreffende Maßnahme der Beklagten nicht auf eine einfache, unqualifizierte Schreibtätigkeit beschränkt. Unabhängig davon, dass das Schreiben von OP-Berichten bereits im Hinblick auf die unverzichtbare Dokumentationsfunktion durchgeführter Operationen eine äußerst wichtige Tätigkeit darstellt und ein OP-Bericht regelmäßig schwierige medizinische Begriffe und Sachverhalte enthält, obliegt der Klägerin in diesem Zusammenhang zukünftig unstreitig auch das selbständige Vorbereiten von Patientenunterlagen zu Befundberichten, Arztbriefen und den OP-Berichten sowie deren Verwaltung.

III.

37

Nach alledem war die Klage unter teilweise Abänderung des erstinstanzlichen Urteils insgesamt abzuweisen.

38

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

39

Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird hingewiesen.

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 17. April 2012, Az.: 5 Ca 799/11, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung.

2

Der 1961 geborene Kläger ist seit 01.02.2001 bei der Beklagten als Bankangestellter zu einer Vergütung nach Tarifgruppe 8 des auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrages für Kreditgenossenschaften beschäftigt. Sein durchschnittliches Bruttomonatsgehalt beträgt ca. € 4.300,00. Die Beklagte beschäftigt ca. 95 Arbeitnehmer. Im letzten schriftlichen Arbeitsvertrag vom 27.12.2005 haben die Parteien u.a. vereinbart:

3

㤠1 Aufgabenbereich:
Der Mitarbeiter ist mit Wirkung vom 1. Februar 2001 als Bankangestellter angestellt.
Er ist verpflichtet, in anderen Bereichen, Teams und Service-Stellen der Bank tätig zu sein.“

4

Bis zum 30.11.2011 wurde der Kläger als "Leiter Standardgeschäft Basiskunden" beschäftigt. Seine Aufgaben im Einzelnen sind in der Stellenbeschreibung vom 01.08.2010 (Bl. 6/7 d.A.) aufgeführt. Er unterstand direkt dem Vorstand und war Vorgesetzter von 38 Mitarbeitern, die sowohl in der Hauptstelle als auch in den Geschäftsstellen eingesetzt werden. Er war auch personalverantwortlich für die vier in der Geschäftsstelle Z.-Stadt beschäftigten Mitarbeiter. Kundenberatungen führte er nicht durch.

5

Die Beklagte hat ihre Organisation umstrukturiert und ab 01.12.2011 die bisherigen Unterbereiche "Individualgeschäft Privatkunden" und "Standardgeschäft Privatkunden" in einen einheitlichen Bereich "Privatkundenbank" zusammengefasst. Dadurch entfielen die bisherigen Leitungspositionen für die zwei Unterbereiche, mithin auch die bisherige Funktion des Klägers. Mit Schreiben vom 24.11.2011 versetzte die Beklagte den Kläger wegen dieser Organisationsänderung mit Wirkung ab 01.12.2011 auf die Stelle "Kundenberater mit Leitungsfunktion Servicestelle Z.-Stadt" mit unveränderter Eingruppierung in Tarifgruppe 8. Hierarchisch wird der Kläger dem Bereichsleiter „Privatkundenbank“ unterstellt, seine Leitungsfunktion bezieht sich auf die vier Mitarbeiter, die in der Geschäftsstelle Z.-Stadt beschäftigt sind. Der Kläger hält diese Versetzung für unwirksam.

6

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 17.04.2012 (dort Seite 3-7 = Bl. 106-110 d. A.) Bezug genommen.

7

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

8

festzustellen, dass seine Versetzung auf die Stelle "Kundenberater mit Lei-tungsfunktion Servicestelle Z.-Stadt" ab 01.12.2011 unwirksam ist.

9

Die Beklagte hat beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 17.04.2012 stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Zuweisung der Stelle als "Kundenberater mit Leitungsfunktion Servicestelle Z.-Stadt" sei nicht vom Direktionsrecht der Beklagten umfasst. Diese Stelle sei nicht gleichwertig mit der bisherigen Stelle des Klägers als „Leiter Standardgeschäft Basiskunden". Der Kläger sei bislang disziplinarischer Vorgesetzter von 38 Mitarbeitern, dh. von nahezu der Hälfte der Beschäftigten der Beklagten, gewesen. Nunmehr soll er lediglich noch Vorgesetzter von vier Arbeitnehmern sein. Bisher sei der Kläger einer von sieben Beschäftigten gewesen, die der 2. Leitungsebene der Beklagten angehörten, in seiner neuen Funktion solle er einer von ca. 40 Mitarbeitern sein, die sich auf der 3. Leitungsebene befinden. Hierbei handele es sich nicht lediglich um eine geringfügige Verschlechterung seiner bisherigen hierarchischen und sozialen Stellung innerhalb des betrieblichen Gefüges. Allein der Umstand, dass nach dem einschlägigen Tarifvertrag auch die Tätigkeit als Leiter der Servicestelle Z.-Stadt in Tarifgruppe 8 eingruppiert sei, ändere hieran nichts. Es handele sich vorliegend nicht um ein Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst, so dass der Zuordnung zu einer Tarifgruppe lediglich indizielle Bedeutung zukomme. Das Direktionsrecht der Beklagten habe sich dahin konkretisiert, dass der Kläger seit seiner Beförderung mit Leitungsfunktionen von einem gewissen Gewicht zu betrauen sei. Aufgrund der jahrelangen Übertragung von Führungsaufgaben dürfe der Kläger darauf vertrauen, dass die Beklagte im Rahmen ihres Direktionsrechts ihm nur noch gleichwertige Tätigkeiten zuweist. Wegen weiterer Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf Seite 7 bis 12 des erstinstanzlichen Urteils vom 17.04.2012 (Bl. 110-115 d.A.) Bezug genommen.

12

Das genannte Urteil ist der Beklagten am 04.05.2012 zugestellt worden. Sie hat mit am 01.06.2012 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 06.08.2012 verlängerten Begründungsfrist am 06.08.2012 begründet.

13

Sie ist der Ansicht, die Versetzung sei wirksam, denn sie habe dem Kläger eine gleichwertige Tätigkeit zugewiesen. Das Arbeitsgericht habe ausschließlich darauf abgestellt, dass sich die Anzahl der dem Kläger unterstellten Personen reduziert habe. Ein Anspruch auf eine bestimmte Anzahl von „Untergebenen" bestehe nicht. Hieraus lasse sich auch die Hierarchieebene nicht ablesen. Das Arbeitsgericht habe nicht berücksichtigt, dass mit der Zuweisung der Leitungsfunktion der Servicestelle Z.-Stadt in erheblichem Umfang auch repräsentative Tätigkeiten verbunden seien. Es habe auch nicht berücksichtigt, dass der Kläger die Außenstelle Z.-Stadt selbständig zu leiten habe, die sich neben ihrer Zentrale als größte Niederlassung darstelle. Das Arbeitsgericht habe des Weiteren nicht berücksichtigt, dass die neue Position nach dem einschlägigen Tarifvertrag der gleichen Vergütungsgruppe TG 8 angehöre. Soweit das Arbeitsgericht von einer Konkretisierung der Arbeitsverpflichtung ausgehe, habe es verkannt, dass bei einer Beschäftigung von deutlich weniger als zehn Jahren das Zeitmoment noch nicht erfüllt sei. Zum Umstandsmoment habe der Kläger nichts vorgetragen. Die Zuweisung der Stelle in Z.-Stadt entspreche auch billigem Ermessen. Die bisherige Position des Klägers sei entfallen, die neu geschaffene Stelle des Leiters der „Privatkundenbank“ sei mit einem qualifizierteren Bewerber besetzt worden. Die neue Arbeitsstelle des Klägers in Z.-Stadt befinde sich in unmittelbarer Nähe zu seinem Wohnort, so dass sich sein Weg zur Arbeit wesentlich verringere, die Eingruppierung nach TG 8 sei identisch, der Kläger werde in erheblichem Umfang mit repräsentativen Aufgaben, mithin öffentlichkeitswirksam, beschäftigt, so dass sie ihr Ermessen wirksam ausgeübt habe. Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Inhalt des Schriftsatzes der Beklagten vom 06.08.2012 (Bl. 144-148 d.A.) Bezug genommen.

14

Die Beklagte beantragt zweitinstanzlich,

15

das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 17.04.2012, Az.: 5 Ca 799/11, abzuändern und die Klage abzuweisen.

16

Der Kläger beantragt,

17

die Berufung zurückzuweisen.

18

Er verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe seiner Berufungserwiderung vom 04.09.2012 (Bl. 153-154 d.A.), auf die Bezug genommen wird, als zutreffend.

Entscheidungsgründe

I.

19

Die nach § 64 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und in ausreichender Weise begründet worden. Sie ist somit zulässig.

II.

20

In der Sache hat die Berufung jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zutreffend festgestellt, dass die von der Beklagten mit Wirkung ab 01.12.2011 ausgesprochene Versetzung des Klägers auf die Stelle als "Kundenberater mit Leitungsfunktion Servicestelle Z.-Stadt" unwirksam ist.

21

Die Berufungskammer folgt der ausführlichen und überzeugend begründeten Entscheidung des Arbeitsgerichts und sieht gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG von einer umfassenden Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Die mit der Berufung vorgetragenen Gesichtspunkte rechtfertigen kein anderes Ergebnis.

22

Die Beklagte ist nach § 106 Satz 1 GewO nicht berechtigt, den Kläger von der bisherigen Stelle als „Leiter Standardgeschäft Basiskunden“ zur Ausübung einer Tätigkeit als „Kundenberater mit Leitungsfunktion Servicestelle Z.-Stadt“ zu versetzen. Die Zuweisung einer anderen Tätigkeit iSv. § 106 Satz 1 GewO ist nur insoweit wirksam, sofern eine Konkretisierung der vertraglich geschuldeten Tätigkeit im Rahmen des Arbeitsvertrags stattfindet. Hier ist vom Kläger seit seiner Beförderung ausschließlich die Tätigkeit als „Leiter Standardgeschäft Basiskunden“ geschuldet.

23

Zwar ist der Kläger nach der Klausel in § 1 Satz 2 des Arbeitsvertrags verpflichtet, „in anderen Bereichen, Teams und Service-Stellen der Bank tätig zu sein“. Diese nach ihrem Inhalt und der äußeren Gestaltung vermutlich von der Beklagten vorformulierte Versetzungsklausel berechtigt sie jedoch nicht, dem Kläger - ohne Ausspruch einer Änderungskündigung - kraft ihres Direktionsrechts einen Arbeitsplatz mit geringerwertiger Tätigkeit zuzuweisen (BAG 09.05.2006 - 9 AZR 424/05 - AP Nr. 21 zu § 307 BGB).

24

Die Berufungskammer stimmt der Einschätzung des Arbeitsgerichts uneingeschränkt zu, dass es sich bei der dem Kläger ab 01.12.2011 zugewiesenen neuen Stelle als „Kundenberater mit Leitungsfunktion Servicestelle Z.-Stadt“ nicht um eine der bisherigen gleichwertige handelt.

25

Das Arbeitsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass dem Kläger in seiner Position als „Leiter Standardgeschäft Basiskunden“ insgesamt 38 Bankangestellte in fachlicher und disziplinarischer Hinsicht unterstellt waren. Damit war er Vorgesetzter von nahezu der Hälfte der Bankangestellten der Beklagten. Er selbst gehörte der 2. Leitungsebene an und war einem Vorstandsmitglied unmittelbar hierarchisch unterstellt. In seiner Funktion als „Kundenberater mit Leitungsfunktion Servicestelle Z.-Stadt" soll er Vorgesetzter von lediglich noch vier Arbeitnehmern sein, die ihm bereits zuvor unterstellt waren. Das Arbeitsgericht hat fehlerfrei erkannt, dass dies eine markante hierarchische Verschlechterung für den Kläger bedeutet, die er ohne eine rechtmäßige Änderungskündigung nicht hinzunehmen braucht.

26

Im Streitfall ist es unerheblich, dass der Kläger mit seiner neuen Tätigkeit in der Tarifgruppe TG 8 eingruppiert bleibt. Auch dies hat das Arbeitsgericht richtig erkannt. Die Gleichwertigkeit einer Tätigkeit bestimmt sich mangels anderer Anhaltspunkte grundsätzlich aus der auf den Betrieb abgestellten Verkehrsauffassung und dem sich daraus ergebenden Sozialbild. Bei Anwendung eines tariflichen Vergütungsgruppensystems orientiert sie sich zwar in der Regel an diesem System, sie wird aber nicht allein durch die Vergütung hergestellt. Das Arbeitsverhältnis genießt Bestandsschutz auch gegen eine inhaltliche Änderung der Tätigkeit (BAG 30.08.1995 - 1 AZR 47/95 - AP Nr. 44 zu § 611 BGB Direktionsrecht; APS Künzl 4. Aufl. § 2 KSchG Rn. 59, mwN).

27

Vorliegend wird der Kläger gegenüber seiner bisherigen Stellung als „Leiter Standardgeschäft Basiskunden“ in der Betriebshierarchie und damit auch in seinem beruflich bedingten sozialen Ansehen erheblich herabgestuft. Dies ist der Beklagten allein im Wege der Ausübung des Direktionsrechts nicht möglich. Auf den von der Berufung angeführten Aspekt, dass sich der Arbeitsweg des Klägers verkürzt, kommt es nicht an. Dass der Kläger in der neuen Funktion auch repräsentative Aufgaben wahrnehmen soll, ist gleichfalls unerheblich.

III.

28

Nach alledem ist die Berufung der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

29

Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 23. November 2010 - 7 Sa 427/09 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte der Klägerin.

2

Der beklagte Landkreis ist Träger einer Volkshochschule, die organisatorisch dem Schulverwaltungsamt zugeordnet ist. Zu der Volkshochschule gehört ein Planetarium, für das eine Zahlstelle der Kreiskasse eingerichtet ist.

3

Die Klägerin ist bei dem Beklagten seit dem Jahre 2000 als Verwaltungsfachangestellte beschäftigt. Ihr wurde mit Wirkung zum 1. Dezember 2006 die Tätigkeit einer Haushaltssachbearbeiterin der Volkshochschule übertragen. Sie war verantwortlich für die Zahlstelle des Planetariums.

4

Die Einnahme- und Auszahlungsanordnungen für das Planetarium wurden anlässlich einer Dienstberatung Anfang März 2007 zur Entlastung der Klägerin ihrer Vertreterin - Frau H - übertragen. Mit einem Schreiben an die Dezernentin vom 25. Mai 2007 beantragte der Leiter der Volkshochschule, die Verantwortlichkeit für die Zahlstellenverwaltung dahin zu ändern, dass Frau H als Hauptverantwortliche eingesetzt werde, die Klägerin nurmehr im Vertretungsfall.

5

Mitte Juli 2007 übergab die Klägerin die Zahlstelle anlässlich ihres bevorstehenden Urlaubs an den Leiter der Volkshochschule. Anstelle des Originalkassenbuchs händigte sie ihm eine von ihr gefertigte Zweitfassung mit nur ein oder zwei Eintragungen aus, in die Quittungen eingelegt waren. Der Leiter bemerkte das Fehlen des Originalbuchs, ohne Schritte zur Aufklärung seines Verbleibs zu unternehmen. Bei einer im August 2007 durchgeführten Kontrolle durch die Leiterin der Kreiskasse wurde es nicht mehr aufgefunden. Die Klägerin gab bei einer Anhörung an, sie habe das Kassenbuch am 26. April 2007 an Frau H übergeben. Sie sei nur noch deren Vertreterin gewesen. Sie habe das Kassenbuch im Vertretungsfall nicht zurückerhalten. Sie habe deshalb ein zweites angelegt.

6

Mit Schreiben vom 16. April 2008 mahnte der Beklagte die Klägerin ab. Er beanstandete, dass das Kassenbuch in der Zeit abhanden gekommen sei, zu der sie für die Verwaltung der Zahlstelle verantwortlich gewesen sei. Sie habe dadurch gegen ihre Pflicht zur sorgfältigen Führung der Zahlstelle verstoßen. Zudem habe sie durch ihre Erklärungen den Eindruck erweckt, die Verantwortung für die nicht ordnungsgemäße Führung der Zahlstelle und das Abhandenkommen des Kassenbuchs treffe die Vertreterin.

7

Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Rücknahme der Abmahnung verlangt. Sie hat behauptet, Frau H sei am 5. März 2007 mit der Arbeitsaufgabe „Planetarium“ beauftragt worden.

8

Die Klägerin hat beantragt

        

den Beklagten zu verurteilen, die ihr mit Schreiben vom 16. April 2008 erteilte Abmahnung zurückzunehmen und aus der Personalakte zu entfernen.

9

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat behauptet, die Klägerin sei weiterhin für die Verwaltung der Zahlstelle verantwortlich gewesen. Am 5. März 2007 seien zu ihrer Entlastung lediglich die Einnahme- und Auszahlungsanordnungen auf Frau H übertragen worden. Bis zur Kassenprüfung im August 2007 sei die Planung, diese zur Kassenverantwortlichen zu bestellen, nicht umgesetzt worden. Die Angabe der Klägerin, sie habe Ende April 2007 das Originalkassenbuch übergeben und nicht mehr zurückerhalten, treffe nicht zu.

10

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit seiner Revision verfolgt der Beklagte sein Begehren weiter, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht ( § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO ). Mit der von ihm gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht der Klage nicht stattgeben (I.). Ob der Beklagte verpflichtet ist, die Abmahnung vom 16. April 2008 aus der Personalakte der Klägerin zu entfernen, steht noch nicht fest (II.).

12

I. Das Landesarbeitsgericht hat auf Basis der bisherigen Feststellungen zu Unrecht angenommen, die Klägerin habe einen Anspruch auf Rücknahme und Entfernung der Abmahnung aus ihrer Personalakte.

13

1. Arbeitnehmer können in entsprechender Anwendung von §§ 242, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB die Entfernung einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus ihrer Personalakte verlangen. Der Anspruch besteht, wenn die Abmahnung entweder inhaltlich unbestimmt ist, unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruht oder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt, und auch dann, wenn selbst bei einer zu Recht erteilten Abmahnung kein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers mehr an deren Verbleib in der Personalakte besteht (BAG 12. August 2010 - 2 AZR 593/09 - Rn. 10, AP GG Art. 4 Nr. 8; 27. November 2008 - 2 AZR 675/07 - Rn. 13 - 17 mwN, AP BGB § 611 Abmahnung Nr. 33 = EzA BGB 2002 § 314 Nr. 4).

14

2. Nicht zu beanstanden ist, dass das Landesarbeitsgericht nicht zwischen einem Anspruch auf Rücknahme der Abmahnung und einem solchen auf ihre Entfernung aus der Personalakte differenziert hat.

15

a) Das Begehren auf Rücknahme einer Abmahnung wird neben dem auf ihre Entfernung aus der Personalakte zumeist nicht eigenständig verfolgt. Eine mit dem Klageantrag verlangte „Rücknahme und Entfernung“ der Abmahnung ist dann als einheitlicher Anspruch auf Beseitigung der durch die Abmahnung erfolgten Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts zu verstehen (vgl. BAG 27. Januar 1988 - 5 AZR 604/86 - RzK I 1 Nr. 26; Hessisches LAG 22. Juni 2010 - 12 Sa 829/09 - Rn. 17; LAG Köln 15. Juni 2007 - 11 Sa 243/07 - Rn. 26 f.). Kann der Klagebegründung dagegen entnommen werden, der Kläger begehre neben einer Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte beispielsweise den Widerruf darin enthaltener Äußerungen, kann ein Antrag auf Rücknahme der Abmahnung in diesem Sinne auszulegen sein (vgl. LAG Nürnberg 14. Juni 2005 - 6 Sa 582/04 - zu 3 der Gründe, AR-Blattei ES 20 Nr. 41; Hessisches LAG 22. Juni 2010 - 12 Sa 829/09 - aaO).

16

b) Im Streitfall bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin neben der Entfernung der Abmahnung aus ihrer Personalakte einen weiteren Anspruch verfolgt. Sie hat sich nicht dagegen gewandt, dass die Vorinstanzen den Klageanspruch als ein einheitliches Begehren auf Rücknahme der Abmahnung eben durch ihre Entfernung aus der Personalakte verstanden haben.

17

3. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, der Beklagte sei zur Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte der Klägerin verpflichtet, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, das Abhandenkommen des Originalkassenbuchs falle zwar in die Zeit der Verantwortlichkeit der Klägerin, der Beklagte habe aber kein schutzwürdiges Interesse mehr daran, dass die Abmahnung in deren Personalakte verbleibe.

18

a) Personalakten sind eine Sammlung von Urkunden und Vorgängen, die die persönlichen und dienstlichen Verhältnisse eines Mitarbeiters betreffen und in einem inneren Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis stehen. Sie sollen ein möglichst vollständiges, wahrheitsgemäßes und sorgfältiges Bild über diese Verhältnisse geben ( BAG 8. Februar 1989 - 5 AZR 40/88 - RzK I 1 Nr. 47; 9. Februar 1977 - 5 AZR 2/76 - zu II 2 der Gründe, AP BGB § 611 Fürsorgepflicht Nr. 83 = EzA BGB § 611 Fürsorgepflicht Nr. 21). Ein Arbeitnehmer kann deshalb nur in Ausnahmefällen die Entfernung auch solcher Aktenvorgänge verlangen, die auf einer richtigen Sachverhaltsdarstellung beruhen ( BAG 8. Februar 1989 - 5 AZR 40/88 - zu II 2 der Gründe, aaO; 7. September 1988 - 5 AZR 625/87  - zu III der Gründe, AP BGB § 611 Abmahnung Nr. 2 = EzA BGB § 611 Abmahnung Nr. 17; 13. April 1988 - 5 AZR 537/86  - zu I der Gründe, AP BGB § 611 Fürsorgepflicht Nr. 100 = EzA BGB § 611 Fürsorgepflicht Nr. 47). Ein solcher Fall liegt vor, wenn eine Interessenabwägung im Einzelfall ergibt, dass die weitere Aufbewahrung zu unzumutbaren beruflichen Nachteilen für den Arbeitnehmer führen könnte, obwohl der beurkundete Vorgang für das Arbeitsverhältnis rechtlich bedeutungslos geworden ist (BAG 30. Mai 1996 - 6 AZR 537/95 - zu II 4 der Gründe, AP BGB § 611 Nebentätigkeit Nr. 2 = EzA BGB § 611 Abmahnung Nr. 34; 8. Februar 1989 - 5 AZR 40/88 - aaO; 7. September 1988 - 5 AZR 625/87 - aaO).

19

b) Diesen Maßstab hat das Landesarbeitsgericht verkannt.

20

aa) Es hat angenommen, eine Abmahnung könne nach längerem einwandfreien Verhalten des Arbeitnehmers ihre Wirkung verlieren, wofür die Umstände des Einzelfalls maßgeblich seien (vgl. BAG 18. November 1986 - 7 AZR 674/84 - zu II 5 der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 17 = EzA BGB § 611 Abmahnung Nr. 4). Dies trifft zwar zu. So kann es nach einer längeren Zeit einwandfreier Führung einer erneuten Abmahnung bedürfen, bevor eine verhaltensbedingte Kündigung wegen einer erneuten gleichartigen Pflichtverletzung gerechtfertigt wäre (vgl. BAG 18. November 1986 - 7 AZR 674/84 - aaO). Berücksichtigt worden ist damit aber nur die Warnfunktion einer Abmahnung. Mit einer Abmahnung übt ein Arbeitgeber dagegen seine arbeitsvertraglichen Gläubigerrechte in doppelter Hinsicht aus. Zum einen weist er den Arbeitnehmer als seinen Schuldner auf dessen vertragliche Pflichten hin und macht ihn auf die Verletzung dieser Pflichten aufmerksam (Rüge- und Dokumentationsfunktion). Zum anderen fordert er ihn für die Zukunft zu einem vertragstreuen Verhalten auf und kündigt, sofern ihm dies angebracht erscheint, individualrechtliche Konsequenzen für den Fall einer erneuten Pflichtverletzung an (Warnfunktion) (BAG 11. Dezember 2001 - 9 AZR 464/00 - zu I der Gründe, BAGE 100, 70; 30. Mai 1996 - 6 AZR 537/95 - zu II 1 der Gründe, AP BGB § 611 Nebentätigkeit Nr. 2 = EzA BGB § 611 Abmahnung Nr. 34; 26. Januar 1995 - 2 AZR 649/94 - zu B III 4 a der Gründe, BAGE 79, 176).

21

bb) Ein Anspruch auf Entfernung einer zu Recht erteilten Abmahnung setzt demnach nicht nur voraus, dass die Abmahnung ihre Warnfunktion verloren hat. Der Arbeitgeber darf auch kein berechtigtes Interesse mehr an der Dokumentation der gerügten Pflichtverletzung haben. Der Arbeitnehmer kann die Entfernung einer zu Recht erteilten Abmahnung aus seiner Personalakte nur dann verlangen, wenn sie für die Durchführung des Arbeitsverhältnisses unter keinem rechtlichen Aspekt mehr eine Rolle spielen kann. Das durch die Abmahnung gerügte Verhalten muss für das Arbeitsverhältnis in jeder Hinsicht rechtlich bedeutungslos geworden sein. Das ist nicht der Fall, solange eine zu Recht erteilte Abmahnung etwa für eine zukünftige Entscheidung über eine Versetzung oder Beförderung und die entsprechende Eignung des Arbeitnehmers, für die spätere Beurteilung von Führung und Leistung in einem Zeugnis oder für die im Zusammenhang mit einer möglichen späteren Kündigung erforderlich werdende Interessenabwägung von Bedeutung sein kann. Darüber hinaus kann es im berechtigten Interesse des Arbeitgebers liegen, die Erteilung einer Rüge im Sinne einer Klarstellung der arbeitsvertraglichen Pflichten weiterhin dokumentieren zu können. Demgegenüber verlangen die schutzwürdigen Interessen des Arbeitnehmers nicht, einen Anspruch auf Entfernung einer zu Recht erteilten Abmahnung schon dann zu bejahen, wenn diese zwar ihre Warnfunktion verloren hat, ein Dokumentationsinteresse des Arbeitgebers aber fortbesteht. Auch wenn sich eine Abmahnung noch in der Personalakte befindet, ist im Rahmen eines möglichen Kündigungsrechtsstreits stets zu prüfen, ob ihr noch eine hinreichende Warnfunktion zukam (vgl. etwa BAG 18. November 1986 - 7 AZR 674/84 - zu II 5 der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 17 = EzA BGB § 611 Abmahnung Nr. 4).

22

cc) Diese Voraussetzungen eines Entfernungsanspruchs hat das Landesarbeitsgericht nicht sämtlich geprüft.

23

(1) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Abmahnung sei wegen Zeitablaufs nicht mehr wirksam und deshalb aus der Personalakte der Klägerin zu entfernen. Mit der Verwaltung der Zahlstelle sei die Klägerin offensichtlich überfordert gewesen. Ihr seit der Abmahnung beanstandungsfreies Verhalten lasse den Schluss zu, sie werde künftig ihre Arbeitspflichten ordnungsgemäß erfüllen.

24

(2) Die Begründung des Landesarbeitsgerichts lässt nicht erkennen, an welchem Maßstab es sich orientiert und diese Einzelfallumstände gewürdigt hat. Es ist nicht ersichtlich, dass es geprüft hätte, ob die Abmahnung für das Arbeitsverhältnis in jeder Hinsicht rechtlich bedeutungslos geworden ist. Das Landesarbeitsgericht hat nicht alle rechtlichen Gesichtspunkte erwogen und ausgeschlossen, unter denen der Beklagte ein berechtigtes Interesse an dem weiteren Verbleib der Abmahnung in der Personalakte der Klägerin haben könnte. Es hat insbesondere nicht gewürdigt, ob das gerügte Fehlverhalten der Klägerin weiterhin von Bedeutung für eine Beurteilung ihrer Fähigkeiten und Leistungen als Haushaltssachbearbeiterin sein konnte. Dagegen spricht nicht schon der Umstand, dass nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts die Gefahr einer erneuten Pflichtverletzung nicht mehr bestand. Sollte mit dem Landesarbeitsgericht anzunehmen sein, die Klägerin sei mit der Verwaltung der Zahlstelle überfordert gewesen, spricht dies mit Blick auf künftige Einsatzmöglichkeiten eher für ein berechtigtes Interesse des Beklagten an einer Beibehaltung der Dokumentation.

25

II. Ob der Beklagte verpflichtet ist, die Abmahnung vom 16. April 2008 aus der Personalakte der Klägerin zu entfernen, steht danach noch nicht fest.

26

1. Eine solche Verpflichtung besteht auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht deshalb, weil die Abmahnung eine falsche Tatsachenbehauptung oder unzutreffende rechtliche Wertung insoweit enthielte, wie der Beklagte rügt, die Klägerin habe Frau H bezichtigt, für das Verschwinden des Kassenbuchs die Verantwortung zu tragen.

27

a) Der Beklagte hat sowohl im Text der Abmahnung als auch im Rechtsstreit angegeben, worauf er diesen Vorwurf stützt. Die Klägerin habe bei ihrer Anhörung angegeben, der Kollegin am 26. April 2007 das Originalkassenbuch übergeben und es von ihr nicht wieder zurückerhalten zu haben. Dies treffe nicht zu.

28

b) Entspräche die Behauptung des Beklagten, die Klägerin habe das Originalkassenbuch Ende April 2007 nicht ihrer Kollegin übergeben, der Wahrheit, enthielte seine Rüge, die Klägerin habe dadurch die Kollegin bezichtigt, für das Verschwinden des Kassenbuchs verantwortlich zu sein, weder eine falsche Tatsachenbehauptung, noch beruhte sie auf einer unzutreffenden rechtlichen Würdigung. Es ginge dann nicht nur um eine möglicherweise von der Klägerin missverstandene Beschlusslage von Anfang März 2007, wie das Arbeitsgericht gemeint hat. Die Klägerin hätte vielmehr selbst unzutreffende Angaben zu einer tatsächlichen Übergabe des Kassenbuchs mit der Folge gemacht, dass ihre Kollegin als verantwortlich für das Verschwinden des Kassenbuchs erscheinen musste.

29

2. Sonstige Gründe für einen Anspruch der Klägerin auf Entfernung der Abmahnung sind auf Basis der bisherigen Feststellungen nicht gegeben. Die Abmahnung ist weder inhaltlich zu unbestimmt noch verstößt sie gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

30

3. Umgekehrt ist ein Anspruch der Klägerin auf Entfernung der Abmahnung vom 16. April 2008 nicht deshalb generell ausgeschlossen, weil die Abmahnung für die bei einer möglichen späteren Kündigung erforderlich werdende Interessenabwägung während der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses ihre Bedeutung behielte. Maßgeblich sind vielmehr die Umstände des Einzelfalls.

31

a) Im Schrifttum wird teilweise angenommen, der Arbeitgeber habe ein dauerhaftes Interesse an dem Verbleib einer zu Recht erteilten Abmahnung in der Personalakte des Arbeitnehmers (vgl. Kleinebrink BB 2011, 2617, 2622; Ritter DB 2011, 175, 176 f.; Schrader NZA 2011, 180, 181). Die Abmahnung möge zwar nach einem gewissen Zeitablauf ihre Warnfunktion verlieren, im Rahmen der Interessenabwägung müsse sich der Arbeitgeber aber weiterhin auf sie berufen dürfen (Schrader aaO). Durch bloßen Zeitablauf könne die Abmahnung nicht bedeutungslos werden, weil für die Abwägung der beiderseitigen Interessen erheblich sein könne, ob das Arbeitsverhältnis während seines - gesamten - Bestands störungsfrei gewesen sei (Ritter DB 2011, 175, 176). Der Arbeitgeber müsse die Möglichkeit haben, Unterlagen, die einen Vertrauenszuwachs verhindern könnten, dauerhaft in der Personalakte zu belassen (Kleinebrink aaO).

32

b) Zutreffend ist, dass eine Abmahnung für eine spätere Interessenabwägung auch dann noch Bedeutung haben kann, wenn sie ihre kündigungsrechtliche Warnfunktion verloren hat. So kann in die Interessenabwägung bei einer verhaltensbedingten Kündigung ein zuvor störungsfreier Verlauf des Arbeitsverhältnisses einzubeziehen sein (vgl. BAG 7. Juli 2011 - 2 AZR 355/10 - Rn. 20, AP BGB § 626 Nr. 237 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 38; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09  - Rn. 34, BAGE 134, 349). An einem solchen kann es fehlen, wenn der Arbeitnehmer schon einmal abgemahnt wurde. Gleichwohl besteht ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an der Dokumentation einer Pflichtverletzung nicht zwangsläufig für die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses. So kann ein hinreichend lange zurückliegender, nicht schwerwiegender und durch beanstandungsfreies Verhalten faktisch überholter Pflichtenverstoß seine Bedeutung für eine später erforderlich werdende Interessenabwägung gänzlich verlieren. Eine nicht unerhebliche Pflichtverletzung im Vertrauensbereich wird demgegenüber eine erhebliche Zeit von Bedeutung sein.

33

III. Bei der neuen Verhandlung und Entscheidung wird das Landesarbeitsgericht die folgenden Erwägungen zu berücksichtigen haben.

34

1. Bislang ist nicht aufgeklärt, ob die Abmahnung vom 16. April 2008 eine unrichtige Tatsachenbehauptung oder falsche rechtliche Bewertung enthält. Die Klägerin hat zwar nicht bestritten, bei ihrer Anhörung angegeben zu haben, sie habe ihrer Kollegin schon Ende April 2007 die Zahlstelle übergeben. Eine Pflichtverletzung läge darin aber nur, wenn dies nicht der Wahrheit entspräche. Hierzu haben die Parteien widerstreitend vorgetragen.

35

2. Ebenso wenig wie für das Fortbestehen der Warnfunktion einer Abmahnung (vgl. BAG 18. November 1986 - 7 AZR 674/84 - zu II 5 der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 17 = EzA BGB § 611 Abmahnung Nr. 4)gibt es eine fest bemessene Frist für die Dauer, für welche ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an ihrem Verbleib in der Personalakte des Arbeitnehmers anzuerkennen ist. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Schwere des gerügten Fehlverhaltens. Je schwerer eine Pflichtverletzung wiegt, desto länger kann sie für die Beurteilung der Führung, der Leistungen und der Fähigkeiten des Arbeitnehmers und ggf. für seine Vertrauenswürdigkeit von Bedeutung sein. Ein auf nur geringer Nachlässigkeit beruhender Ordnungsverstoß kann seine Bedeutung für das Arbeitsverhältnis deutlich eher verlieren (vgl. dazu BAG 27. Januar 1988 - 5 AZR 604/86 - zu III der Gründe, RzK I 1 Nr. 26) als ein Fehlverhalten, welches geeignet ist, das Vertrauen in die Integrität des Arbeitnehmers erheblich zu beeinträchtigen. Auch eine schwere Pflichtverletzung im Leistungsbereich wird ein Interesse des Arbeitgebers an einem Verbleib der Abmahnung in der Personalakte angesichts der Möglichkeit, die Qualität der Arbeitsleistung und die Befähigung des Arbeitnehmers für höherwertige oder andere Tätigkeiten beurteilen zu müssen, für längere Zeit begründen können.

        

    Kreft    

        

    Rinck    

        

    Rachor    

        

        

        

    A. Claes    

        

    Sieg    

                 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 19. Juni 2009 - 7 Sa 84/08 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Abmahnung.

2

Die in der Türkei geborene, deutsche Klägerin ist staatlich anerkannte Erzieherin und seit September 2003 bei der beklagten Stadt, die über ca. 34 Kindertagesstätten verfügt, in Teilzeit beschäftigt. Sie ist muslimischen Glaubens und trägt aus religiöser Überzeugung in der Öffentlichkeit und auch während ihrer Tätigkeit als Erzieherin ein Kopftuch.

3

Seit Februar 2006 gilt in Baden-Württemberg das geänderte „Gesetz über die Betreuung und Förderung von Kindern in Kindergärten, anderen Tageseinrichtungen und der Kindertagespflege (Kindertagesbetreuungsgesetz - KiTaG)“ (im Folgenden: KiTaG BW), das seither in § 7 Absätze 6 - 7 lautet:

        

„(6)   

Fachkräfte im Sinne der Absätze 1 und 2 und andere Betreuungs- und Erziehungspersonen dürfen in Einrichtungen, auf die dieses Gesetz Anwendung findet und die in Trägerschaft des Landes, eines Landkreises, einer Gemeinde, einer Verwaltungsgemeinschaft, eines Zweck- oder Regionalverbandes stehen, keine politischen, religiösen, weltanschaulichen oder ähnliche äußeren Bekundungen abgeben, die geeignet sind, die Neutralität des Trägers gegenüber Kindern und Eltern oder dem politischen, religiösen oder weltanschaulichen Frieden in Einrichtungen, auf die dieser Absatz Anwendung findet, zu gefährden oder zu stören. Insbesondere ist ein äußeres Verhalten unzulässig, welches bei Kindern oder Eltern den Eindruck hervorrufen kann, dass eine Fachkraft oder eine andere Betreuungs- oder Erziehungsperson gegen die Menschenwürde, die Gleichberechtigung der Menschen nach Artikel 3 des Grundgesetzes, die Freiheitsgrundrechte oder die freiheitlich-demokratische Grundordnung auftritt. Die Wahrnehmung des Auftrags nach Artikel 12 Abs. 1 der Verfassung des Landes Baden-Württemberg zur Erziehung der Jugend im Geiste der christlichen Nächstenliebe und zur Brüderlichkeit aller Menschen und die entsprechende Darstellung derartiger Traditionen widerspricht nicht dem Verhaltensgebot nach Satz 1.

        

(7)     

Die Einstellung einer Fachkraft im Sinne der Absätze 1 und 2 oder einer anderen Betreuungs- und Erziehungsperson in Einrichtungen nach Absatz 6 Satz 1 setzt als persönliches Eignungsmerkmal voraus, dass sie die Gewähr für die Einhaltung des Absatzes 6 während der gesamten Dauer ihres Arbeitsverhältnisses bietet.“

4

Die Beklagte forderte die Klägerin erfolglos auf, ihrer Verpflichtung aus § 7 Abs. 6 KiTaG BW nachzukommen und ihr „islamisches Kopftuch“ während ihres Dienstes als Erzieherin abzulegen. Die Klägerin kam dieser Aufforderung nicht nach. Daraufhin mahnte die Beklagte sie mit Schreiben vom 8. August 2007 ab. In diesem heißt es ua.:

        

„Abmahnung

        

Sehr geehrte Frau ...,

        

am Montag, 09. Juli 2007 wurden Sie erneut, wie bereits in mehreren Gesprächen vorher, dazu aufgefordert innerhalb einer Woche Ihrer Verpflichtung gemäß § 7 Absatz 6 des Kindergartengesetzes nachzukommen und das islamische Kopftuch während Ihres Dienstes in der Kindertagesstätte abzulegen.

        

Bis einschließlich Dienstag, 17. Juli 2007 haben Sie jedoch nach wie vor das islamische Kopftuch im Dienst getragen und gegenüber Frau F zum Ausdruck gebracht, dass Sie dies auch weiterhin zu tun beabsichtigen.

        

Dieses Arbeitsverhalten können wir nicht weiter dulden, so dass wir gezwungen sind, Ihnen aufgrund des dargelegten Sachverhaltes eine

        

Abmahnung

        

zu erteilen verbunden mit der gleichzeitigen Aufforderung sich künftig an die gesetzlichen Vorschriften zu halten, die Ihnen das Tragen eines islamischen Kopftuches während der Dienstzeit in der Kindertagesstätte verbieten.

        

Wir weisen Sie ausdrücklich darauf hin, dass Sie bei nochmaligen Pflichtverletzungen mit weiteren arbeitsrechtlichen Konsequenzen, insbesondere einer Kündigung, zu rechnen haben.

        

...“   

5

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Entfernung der Abmahnung aus ihrer Personalakte. Sie hat die Auffassung vertreten, ein Verstoß gegen die Pflichten aus § 7 Abs. 6 KiTaG BW liege nicht vor, da das Tragen eines Kopftuches keine Bekundung im Sinne dieser Norm sei. Sie trage das Kopftuch nicht als Symbol ihres Glaubens, sondern befolge nur eine religiös motivierte Bekleidungsvorschrift, die sich auch kulturell niedergeschlagen habe. Ihr Verhalten habe zu keiner Zeit die Neutralität der Beklagten oder den Einrichtungsfrieden in Frage gestellt. Ihr sei zumindest die Möglichkeit einzuräumen, eine Gefährdung zu widerlegen. Im Übrigen sei § 7 Abs. 6 KiTaG BW verfassungs- und europarechtswidrig und verstoße gegen Art. 9 EMRK. Ihrer Grundrechtsausübung stünden weder die Grundrechte der betreuten Kinder noch die der Eltern entgegen, da keine Kindergartenpflicht bestehe. Auch habe der Landesgesetzgeber in das kommunale Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden eingegriffen.

6

Die Klägerin hat - soweit für die Revision noch von Bedeutung - beantragt,

        

die beklagte Stadt zu verurteilen, die mit Schreiben vom 8. August 2007 erteilte Abmahnung aus ihrer Personalakte zu entfernen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, dass die Klägerin ihre aus § 7 Abs. 6 KiTaG BW folgende Neutralitätspflicht verletzt habe. Das gesetzlich geregelte Kopftuchverbot sei rechtmäßig. Das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde werde in seinem Kernbereich nicht angetastet.

8

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist unbegründet. Die Klägerin kann die Entfernung der Abmahnung vom 8. August 2007 aus ihrer Personalakte nicht verlangen. Sie ist nicht zu Unrecht abgemahnt worden. Die beklagte Stadt hat zu Recht einen Verstoß der Klägerin gegen die bestehende gesetzliche Pflicht aus § 7 Abs. 6 KiTaG BW gerügt. Diese Norm verletzt kein höherrangiges Recht.

10

I. Arbeitnehmer können in entsprechender Anwendung der §§ 242, 1004 BGB die Entfernung einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus ihrer Personalakte verlangen. Der Entfernungsanspruch besteht, wenn die Abmahnung entweder inhaltlich unbestimmt ist, unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruht, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt oder kein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers am Verbleib der Abmahnung in der Personalakte mehr besteht (vgl. Senat 27. November 2008 - 2 AZR 675/07 - Rn. 13 - 17 mwN, AP BGB § 611 Abmahnung Nr. 33 = EzA BGB 2002 § 314 Nr. 4).

11

II. Keine dieser Voraussetzungen ist erfüllt.

12

1. Die Abmahnung vom 8. August 2007 ist hinreichend bestimmt. Mit der Abmahnung wird die der Klägerin vorgeworfene Vertragspflichtverletzung und das von ihr erwartete zukünftige Verhalten hinreichend präzise beschrieben. Der Klägerin wird das Tragen eines „islamischen Kopftuchs“ vorgeworfen. Sie wird weiter aufgefordert, künftig auf das Tragen eines solchen Kopftuchs zu verzichten.

13

2. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass die Klägerin mit dem Kopftuchtragen das Bekundungsverbot gemäß § 7 Abs. 6 Satz 1 KiTaG BW bewusst und dauerhaft verletzt hat.

14

a) Die Klägerin hat bewusst ihre Bekleidung gewählt. Sie will aufgrund ihrer religiösen Motive nicht ohne dieses Bekleidungsstück in der Öffentlichkeit arbeiten. Von einem ihr zurechenbaren und steuerbaren Verhalten, das grundsätzlich einer Abmahnung zugänglich ist, kann deshalb ohne Weiteres ausgegangen werden.

15

b) Nach § 7 Abs. 6 Satz 1 KiTaG BW dürfen Fachkräfte keine politischen, religiösen, weltanschaulichen oder ähnlichen äußeren Bekundungen abgeben, die geeignet sind, die Neutralität des Trägers gegenüber Kindern und Eltern oder den politischen, religiösen oder weltanschaulichen Frieden in Einrichtungen zu gefährden oder zu stören.

16

c) Die Klägerin hat dieses gesetzliche Gebot verletzt.

17

Sie ist staatlich anerkannte Erzieherin und als eine Fachkraft iSd. § 7 Abs. 1 Nr. 2 KiTaG BW in einer Kindertagesbetreuungseinrichtung(im Folgenden: KiTa) der Beklagten beschäftigt. Die bewusste Wahl einer religiös bestimmten Kleidung fällt unter das Verbot des § 7 Abs. 6 Satz 1 KiTaG BW. Das Tragen eines sog. islamischen Kopftuchs stellt eine religiöse Bekundung im Sinne dieser Vorschrift dar. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

18

aa) Eine religiöse Bekundung iSd. § 7 Abs. 6 Satz 1 KiTaG BW ist die bewusste, an die Außenwelt gerichtete Kundgabe einer religiösen Überzeugung(Senat 10. Dezember 2009 - 2 AZR 55/09 - Rn. 16, AP GG Art. 4 Nr. 7 = EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Diskriminierung Religion Nr. 2; 20. August 2009 - 2 AZR 499/08 - Rn. 14, AP GG Art. 4 Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Abmahnung Nr. 4; BVerwG 16. Dezember 2008 - 2 B 46.08 - Rn. 6, ZTR 2009, 167; 24. Juni 2004 - 2 C 45.03 - zu 2 a der Gründe, BVerwGE 121, 140). Zur Bestimmung des Erklärungswerts einer solchen Kundgabe ist auf diejenige Deutungsmöglichkeit abzustellen, die für eine nicht unerhebliche Zahl von Betrachtern naheliegt. Dabei kommt es im Streitfall für die Deutung vor allem auf die Sicht eines objektiven Betrachters in der Situation der Kinder und Eltern einer Betreuungseinrichtung an (BVerfG 24. September 2003 - 2 BvR 1436/02 - zu B II 5 a der Gründe, BVerfGE 108, 282). Ob einer bestimmten Bekleidung ein religiöser Aussagegehalt nach Art eines Symbols zukommt, hängt von der Wirkung des verwendeten Ausdrucksmittels ab, wobei alle sonstigen in Betracht kommenden Deutungsmöglichkeiten ebenfalls zu berücksichtigen sind. Der Symbolcharakter muss sich nicht aus dem Kleidungsstück als solchem ergeben. Eine religiöse Bekundung kann auch darin liegen, dass dem Kleidungsstück in der besonderen Art und Weise seines Tragens offensichtlich eine besondere Bedeutung zukommt, etwa weil es erkennbar aus dem Rahmen der in der Einrichtung üblichen Bekleidung fällt und ausnahmslos zu jeder Zeit getragen wird. Ein solch weitgehendes Verständnis entspricht dem Zweck des gesetzlichen Bekundungsverbots. Dieses will religiös-weltanschauliche Konflikte in Kindertagesbetreuungseinrichtungen schon im Ansatz verhindern und die Neutralität der Einrichtung und des Trägers auch nach außen wahren. Das verbietet eine Differenzierung zwischen Kleidungsstücken, deren religiöse oder weltanschauliche Motivation offen zutage tritt, und solchen, deren Tragen in der Einrichtung einen entsprechenden Erklärungsbedarf auslöst (zu gleichlautenden schulgesetzlichen Regelungen: Senat 10. Dezember 2009 - 2 AZR 55/09 - aaO; 20. August 2009 - 2 AZR 499/08 - Rn. 14 f., aaO; BVerwG 24. Juni 2004 - 2 C 45.03 - Rn. 21 f., aaO; 16. Dezember 2008 - 2 B 46.08 - Rn. 3 - 8, aaO).

19

bb) Das Landesarbeitsgericht hat deshalb zu Recht angenommen, im Tragen des sog. islamischen Kopftuchs liege eine religiöse Bekundung der Klägerin. Entgegen der Auffassung der Revision ist die Begründung des Landesarbeitsgerichts revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

20

(1) Die Klägerin hat zu keiner Zeit behauptet, sie trage das Kopftuch nicht als Ausdruck ihres Glaubens. Sie hat vielmehr mit der Klageschrift ausgeführt, sie trage das Kopftuch in der Öffentlichkeit aus religiöser Überzeugung. Dies muss sie sich ebenso entgegenhalten lassen wie die entsprechende, für das Revisionsgericht bindende Feststellung des Landesarbeitsgerichts, sie trage das Kopftuch aus religiöser Anschauung. Diese Feststellung hat die Klägerin nicht mit relevanten Verfahrensrügen angegriffen.

21

(2) Ihr weiterer Hinweis, das Landesarbeitsgericht hätte bei der Bewertung modische oder gesundheitliche Aspekte des Kopftuchtragens berücksichtigen müssen, ist unbeachtlich. Auch ein unbefangener Beobachter wird das sog. islamische Kopftuch regelmäßig als Ausdruck eines bekundeten Religionsbrauchs, den die Trägerin befolgen will, und nicht als modisches Accessoire auffassen (Senat 10. Dezember 2009 - 2 AZR 55/09 - Rn. 16, AP GG Art. 4 Nr. 7 = EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Diskriminierung Religion Nr. 2). Ein solches Kleidungsstück fällt aus dem Rahmen der üblicherweise in einer KiTa getragenen Bekleidung. Dies gilt umso mehr, als es von der Klägerin ausnahmslos und zu jeder Zeit getragen wird (vgl. auch VGH Baden-Württemberg 14. März 2008 - 4 S 516/07 - Schütz/Maiwald BeamtR ES/A II 1.5 Nr. 57). Ein objektiver Beobachter wird deshalb selbst unter Berücksichtigung der zunehmenden Verbreitung solcher Kopftücher im öffentlichen Leben und der Diskussion in den letzten Jahren es mit der Religion des Islam in Verbindung bringen. Ihm ist bekannt, dass muslimische Frauen aus religiösen Gründen ihr Haar mit einem Kopftuch oder einem vergleichbaren Kleidungsstück bedecken (VGH Baden-Württemberg 14. März 2008 - 4 S 516/07 - aaO; so bereits Senat 10. Oktober 2002 - 2 AZR 472/01 - zu B II 3 c aa der Gründe, BAGE 103, 111, im Fall einer kopftuchtragenden Verkäuferin in der Privatwirtschaft).

22

cc) Das Verhalten der Klägerin ist geeignet, die Neutralität der beklagten Stadt gegenüber Kindern und Eltern einer KiTa und den religiösen Einrichtungsfrieden zu gefährden.

23

(1) Das Verbot des § 7 Abs. 6 Satz 1 KiTaG BW knüpft an einen abstrakten Gefährdungstatbestand an. Es erfasst nicht erst Bekundungen, die die Neutralität des Trägers oder den religiösen Einrichtungsfrieden konkret gefährden oder gar stören. Das Verbot will schon der abstrakten Gefahr vorbeugen, konkrete Gefährdungen also gar nicht erst aufkommen lassen. Im Gesetzeswortlaut kommt dies darin zum Ausdruck, dass religiöse Bekundungen bereits dann verboten sind, wenn sie „geeignet“ sind, die genannten Schutzgüter zu gefährden (vgl. Senat 10. Dezember 2009 - 2 AZR 55/09 - AP GG Art. 4 Nr. 7 = EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Diskriminierung Religion Nr. 2; 20. August 2009 - 2 AZR 499/08 - Rn. 18, AP GG Art. 4 Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Abmahnung Nr. 4). Der Landesgesetzgeber wollte ersichtlich darauf Bedacht nehmen, dass auch Kindertagesbetreuungseinrichtungen Orte sind, an denen unterschiedliche religiöse und politische Auffassungen unausweichlich aufeinandertreffen, deren friedliches Nebeneinander der Staat aber zu garantieren hat (vgl. Senat in den Entscheidungen vom 10. Dezember 2009 - 2 AZR 55/09 - aaO und vom 20. August 2009 - 2 AZR 499/08 - aaO, zu den weitgehend inhaltsgleichen Normen des Schulgesetzes NRW). Er hat ein solches Konfliktpotential erkennbar nicht nur für den Schulbereich (vgl. § 38 Abs. 2 SchulG BW) gesehen, sondern ist davon ausgegangen, dass es durch eine größere religiöse Vielfalt in der Gesellschaft auch in KiTas zu einem vermehrten Potential von Konflikten - auch unter den Eltern verschiedener Glaubensrichtungen oder mit Atheisten - kommen kann. In dieser Lage kann der religiöse/weltanschauliche Frieden in einer Einrichtung schon durch die berechtigte Sorge der Eltern vor einer ungewollten religiösen Beeinflussung ihres Kindes gefährdet werden. Hierzu kann das religiös bedeutungsvolle Erscheinungsbild des pädagogischen Personals Anlass geben (so Senat 20. August 2009 - 2 AZR 499/08 - aaO und 10. Dezember 2009 - 2 AZR 55/09 - Rn. 18, aaO; BVerwG 24. Juni 2004 - 2 C 45.03 - Rn. 25, BVerwGE 121, 140). Die berechtigte Sorge von Eltern kann sich in KiTas sogar noch verstärken, da Kinder im Kindergartenalter regelmäßig noch stärker beeinflussbar sein werden als Schüler. Eine Erzieherin nimmt ebenso wie ein Lehrer als Bezugs- und Autoritätsperson eine starke Mittelpunktfunktion ein (so auch Wittinger VBl. BW 2006, 169, 171). Sie wird insbesondere bei einer Ganztagsbetreuung bei den zu betreuenden Kindern im Alter bis zu sechs Jahren im Vergleich zu einem Lehrer, der nur einzelne Fächer unterrichtet, sogar noch einen höheren Einfluss haben. Für das spätere Sozialverhalten der Kinder wirkt sie als zumeist erste Bezugsperson außerhalb des Elternhauses in hohem Maße prägend (BVerfG 10. März 1998 - 1 BvR 178/97 - zu B II 1 b aa der Gründe, BVerfGE 97, 332). Gerade in diesem Alter orientieren sich Kinder am Verhalten der Bezugsperson und sind oft leichter beeinflussbar als Schulkinder. Jede bekehrende Wirkung auszuschließen, die das Tragen des islamischen Kopftuchs haben könnte, dürfte deshalb kaum möglich sein (so auch EGMR 15. Februar 2001 - 42393/98 - NJW 2001, 2871). In diesem Alter dürfte es zumeist noch schwieriger sein, die Wirkung des Kopftuchs durch entsprechende Erklärungen abzuschwächen (vgl. Wittinger VBl. BW 2006, 169, 171).

24

(2) Dementsprechend kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin den Gegenbeweis für eine Nichtgefährdung des Einrichtungsfriedens leisten könnte und welche Anforderungen insoweit zu stellen wären. Das Gesetz regelt einen abstrakten Gefährdungstatbestand, nach dem es gerade nicht auf die mögliche tatsächliche Gefährdung oder Störung ankommt. Eine Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse in einzelnen Einrichtungen ist nicht vorgesehen (VGH Baden-Württemberg 14. März 2008 - 4 S 516/07 - Schütz/Maiwald BeamtR ES/A II 1.5 Nr. 57; BVerwG 24. Juni 2006 - 2 C 45.03 - zu 2 b der Gründe, BVerwGE 121, 140, jeweils zu inhaltsgleichen schulgesetzlichen Normen). Somit ist es auch ohne Belang, dass die Klägerin - wie sie mit der Revision geltend macht - bisher in einem friedlichen Verhältnis zu allen Beteiligten stand. Diese Situation könnte sich im Übrigen jederzeit durch den Wechsel von Kindern und Eltern verändern.

25

3. Die Regelung des § 7 Abs. 6 Satz 1 KiTaG BW verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Die Vorschrift ist weder verfassungswidrig noch verletzt sie Art. 9 Abs. 1 EMRK.

26

a) Das Bekundungsverbot des § 7 Abs. 6 Satz 1 KiTaG BW ist nicht verfassungswidrig. Der Landesgesetzgeber durfte die Pflichten der bei den Einrichtungsträgern iSd. § 1 KiTaG BW beschäftigten Fachkräfte konkretisieren und ihnen auch das Tragen solcher Kleidung oder Zeichen in der KiTa untersagen, die ihre Zugehörigkeit zu einer bestimmten politischen, religiösen oder weltanschaulichen Gruppe erkennen lässt.

27

aa) Der Landesgesetzgeber war zuständig und berechtigt, ein Gesetz zu erlassen, das den Ausgleich der widerstreitenden Interessen und Grundrechte von Fachkräften der KiTas, Kindern und Eltern sowie des Trägers der Einrichtung regelt (so BVerfG 24. September 2003 - 2 BvR 1436/02 - zu B II 6 der Gründe, BVerfGE 108, 282 für den Bereich der Schule; siehe auch Senat 10. Dezember 2009 - 2 AZR 55/09 - Rn. 21, AP GG Art. 4 Nr. 7 = EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Diskriminierung Religion Nr. 2; 20. August 2009 - 2 AZR 499/08 - Rn. 21, AP GG Art. 4 Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Abmahnung Nr. 4).

28

Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht die Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG(konkurrierende Gesetzgebung auf dem Gebiet der öffentlichen Fürsorge) angenommen. Der Begriff der öffentlichen Fürsorge ist weit aufzufassen. Zu ihm gehört auch die Jugendpflege, die das körperliche, geistige und sittliche Wohl aller Jugendlichen fördern will, ohne dass eine Gefährdung im Einzelfall vorzuliegen braucht. Diesem Ziel dient auch die Kindertagesbetreuung. Sie hilft den Eltern bei der Erziehung, fördert und schützt die Kinder und trägt dazu bei, positive Lebensbedingungen für Familien mit Kindern zu schaffen (BVerfG 10. März 1998 - 1 BvR 178/97 - zu B II 1 b aa der Gründe, BVerfGE 97, 332). Zwar hat der Bundesgesetzgeber in §§ 22 - 26 SGB VIII Regelungen zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege getroffen, jedoch eröffnet der Vorbehalt in § 26 SGB VIII es den Ländern, Inhalt und Umfang der Aufgaben sowie Leistungen näher selbst zu regeln. Von dieser Kompetenz hat der Landesgesetzgeber mit den Regelungen des KiTaG BW Gebrauch gemacht und in § 7 Abs. 6 Satz 1 nähere Regelungen für das pädagogische Personal getroffen.

29

bb) Die Regelung des § 7 Abs. 6 Satz 1 KiTaG BW ist inhaltlich hinreichend bestimmt. Sie bezeichnet die von ihr erfassten Schutzgüter - die Neutralität des Trägers und den Einrichtungsfrieden - deutlich. Sie knüpft allein an die abstrakte Eignung eines Verhaltens an, diese Schutzgüter zu gefährden oder zu stören. Sie erfasst, dem generellen Charakter eines Gesetzes entsprechend, jegliche Art von Bekundungen, also auch jedes äußere Verhalten. Die bewusste Wahl einer religiös oder weltanschaulich bestimmten Kleidung fällt unter diese Regelung. Die Bestimmtheit des Satzes 1 wird nicht durch die Regelung in Satz 3 in Frage gestellt. Die „Darstellung christlicher Traditionen“ bedeutet etwas anderes als die Bekundung eines individuellen Bekenntnisses. Bei der im Gesetz genannten „Darstellung“ geht es nicht um die Geltendmachung einer persönlichen, inneren Überzeugung (BVerwG 24. Juni 2004 - 2 C 45.03 - zu 4 a der Gründe, BVerwGE 121, 140 zur inhaltsgleichen Regelung des § 38 Abs. 2 Satz 1 SchulG BW).

30

cc) Die Lösung des verfassungsrechtlichen Spannungsverhältnisses durch § 7 Abs. 6 Satz 1 KiTaG BW beachtet die Grundsätze der praktischen Konkordanz der betroffenen Grundrechtspositionen hinreichend. Die Regelung liegt im Rahmen der Gestaltungsfreiheit des Landesgesetzgebers. Dieser durfte die positive Glaubensfreiheit sowie die Berufsausübungsfreiheit und das allgemeine Persönlichkeitsrecht einer Erzieherin hinter die Pflicht des öffentlichen Trägers einer kinderbetreuenden Einrichtung zur weltanschaulichen Neutralität, das Erziehungsrecht der Eltern und die negative Glaubensfreiheit der Kinder und Eltern zurücktreten lassen, um die Neutralität der Kindertagesstätten und deren Einrichtungsfrieden zu sichern.

31

(1) Zwar schützt nach der Rechtsprechung Art. 4 Abs. 1 und 2 GG nicht nur die innere Glaubensfreiheit, sondern auch die äußere Freiheit, den Glauben in der Öffentlichkeit zu manifestieren und zu bekennen. Dazu gehört auch das Recht des Einzelnen, sein gesamtes Verhalten an den Lehren des Glaubens auszurichten und seiner inneren Glaubensüberzeugung gemäß zu handeln (BVerfG 17. Dezember 1975 - 1 BvR 63/68 - zu C I 2 b der Gründe, BVerfGE 41, 29). Auf Seiten der Kinder und Eltern entspricht dem aber umgekehrt die Freiheit, kultischen Handlungen eines nicht geteilten Glaubens fernzubleiben. Zwar hat der Einzelne in einer Gesellschaft, die unterschiedlichen Glaubensüberzeugungen Raum gibt, kein Recht darauf, von fremden Glaubensbekundungen gänzlich verschont zu bleiben. Davon ist aber eine vom Staat geschaffene Lage zu unterscheiden, in der ein Einzelner dem Einfluss und den Symbolen eines bestimmten Glaubens ausgesetzt wird. Insofern entfaltet Art. 4 Abs. 1 GG seine freiheitssichernde Wirkung gerade in den Lebensbereichen, die nicht der gesellschaftlichen Selbstorganisation überlassen sind, sondern in denen der Staat Vorsorgeleistungen anbietet(BVerfG 16. Mai 1995 - 1 BvR 1087/91 - zu C II 1 der Gründe, BVerfGE 93, 1). Gemeinsam mit Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG, der den Eltern die Pflege und Erziehung ihrer Kinder als natürliches Recht garantiert, umfasst Art. 4 Abs. 1 GG auch das Recht zur Kindererziehung in religiöser und weltanschaulicher Hinsicht. Es ist Sache der Eltern, ihren Kindern diejenigen Überzeugungen in Glaubens- und Weltanschauungsfragen zu vermitteln, die sie für richtig halten. Dem entspricht das Recht, die Kinder von Glaubensüberzeugungen fernzuhalten, die den Eltern falsch oder schädlich erscheinen (BVerfG 16. Mai 1995 - 1 BvR 1087/91 - aaO).

32

(2) Die Vermeidung religiöser/weltanschaulicher Konflikte in öffentlichen Kitas stellt ein gewichtiges Gemeingut dar. Zu diesem Zweck sind gesetzliche Einschränkungen der Glaubensfreiheit rechtlich zulässig. Dabei ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn die landesgesetzliche Regelung religiöse Bekundungen von Erziehern in KiTas ohne Rücksicht auf die Umstände des Einzelfalls untersagt. Der Gesetzgeber darf Gefährdungen des KiTa-Friedens auch dadurch vorbeugen, dass er Erziehungskräften bereits das Tragen religiös bedeutsamer Kleidungsstücke oder Symbole verbietet und Konflikt vermeidende Regelungen nicht an die konkrete Gefahr einer drohenden Auseinandersetzung knüpft (Senat 10. Dezember 2009 - 2 AZR 55/09 - Rn. 28, AP GG Art. 4 Nr. 7 = EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Diskriminierung Religion Nr. 2; 20. August 2009 - 2 AZR 499/08 - Rn. 22, AP GG Art. 4 Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Abmahnung Nr. 4; BVerwG 26. Juni 2008 - 2 C 22.07 - BVerwGE 131, 242; 16. Dezember 2008 - 2 B 46.08 - ZTR 2009, 167, zum Schulbereich).

33

(3) Diese von der Rechtsprechung zu den Schulgesetzen entwickelten Grundsätze gelten auch für Erzieher einer KiTa in öffentlicher Trägerschaft.

34

Maßgebliche Unterschiede zwischen Schulen und Kindertagesstätten sind nicht erkennbar. Zwar liegt dem Schulbesuch die gesetzliche Schulpflicht zugrunde. Zum Besuch einer KiTa besteht eine solche Pflicht nicht. Es steht den Erziehungsberechtigten grundsätzlich frei, ob sie ihr Kind in eine (bestimmte) KiTa schicken wollen oder nicht (vgl. Hess. VGH 30. Juni 2003 - 10 TG 553/03 - NJW 2003, 2846). Deshalb besteht auch keine vom Staat geschaffene „Zwangssituation“, in der der Einzelne dem Einfluss eines anderen Glaubensbekenntnisses ohne Ausweichmöglichkeiten ausgesetzt ist. Gleichwohl ist das landesrechtliche Bekundungsverbot nicht unverhältnismäßig (anders ArbG Dortmund 16. Januar 2003 - 6 Ca 5736/02 - zu I 3 c der Gründe; Engelken VBI. BW 2006, 209 f.). Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII haben Eltern einen Anspruch auf Besuch einer Tageseinrichtung zur Kinderbetreuung. Verwiese man sie auf andere KiTas des kommunale oder gar eines anderen Trägers, so wäre dies - ungeachtet der Frage der Zumutbarkeit eines Wechsels - spätestens dann problematisch, wenn der kommunale Träger keine KiTas anbieten könnte, in der keine kopftuchtragenden oder andere religiöse Bekundungen abgebenden Erzieherinnen beschäftigt werden. Eine Verweisung der Eltern auf andere KiTas eines freien Trägers wäre hingegen mit dem Anspruch aus § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII schwerlich vereinbar. Hinzu kommt, dass zahlreiche faktische Zwänge einem Besuch einer anderen KiTa entgegenstehen können, wie beispielsweise die nur geringe Anzahl von KiTas im ländlichen Raum oder die Nähe einer Einrichtung zum Wohn- oder Arbeitsort der Eltern (siehe Wittinger VBl. BW 2006, 169, 170).

35

dd) § 7 Abs. 6 Satz 1 KiTaG BW greift nicht in verfassungswidriger Weise in das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden(Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) ein.

36

(1) Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleistet den Gemeinden gegenüber dem Bund und den Ländern das Recht, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Diese Gewährleistung sichert ihnen grundsätzlich einen alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft umfassenden Aufgabenbereich („Allzuständigkeit“) sowie die Befugnis zu eigenverantwortlicher Führung der Geschäfte in diesem Bereich. Der Gesetzesvorbehalt erlaubt es dem Gesetzgeber nicht, die kommunale Selbstverwaltung völlig zu beseitigen oder derart auszuhöhlen, dass den Gemeinden kein ausreichender Spielraum mehr bleibt. Als institutionelle Garantie verbürgt Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG den Gemeinden aber nicht die Selbstverwaltungsrechte in allen Einzelheiten. Gesetzliche Beschränkungen der Selbstverwaltung sind mit Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG vereinbar, wenn und soweit sie deren Kernbereich unangetastet lassen(BVerfG 7. Oktober 1980 - 2 BvR 584/76, 2 BvR 598/76, 2 BvR 599/76, 2 BvR 604/76 - zu C II 3 a der Gründe, BVerfGE 56, 298).

37

(2) Zum gemeindlichen Selbstverwaltungsrecht gehört auch die Personalhoheit. Diese umfasst vor allem die Befugnis, das Gemeindepersonal auszuwählen, anzustellen, zu befördern und zu entlassen. Allerdings sind auch hier Beschränkungen mit dem Grundgesetz vereinbar, wenn der Kernbereich unangetastet bleibt (BVerfG 26. November 1963 - 2 BvL 12/62 - zu B II 1 der Gründe, BVerfGE 17, 172).

38

(3) § 7 Abs. 6 Satz 1 KiTaG BW beschränkt zwar die Personalhoheit der Gemeinden, wenn vom Gemeindepersonal bestimmte Verhaltensweisen und von der Gemeinde als Arbeitgeber die Umsetzung dieser Pflichten verlangt werden. Darin liegt aber eine zulässige Beschränkung der nicht absolut geschützten gemeindlichen Personalhoheit. Sie unterliegt der Ausformung durch den Gesetzgeber, der dabei seinerseits durch die Selbstverwaltungsgarantie gesetzlich gebunden ist (BVerfG 26. Oktober 1994 - 2 BvR 445/91 - zu C III 2 der Gründe, BVerfGE 91, 228). Nur der Wesensgehalt der gemeindlichen Selbstverwaltung darf nicht ausgehöhlt werden (BVerfG 26. Oktober 1994 - 2 BvR 445/91 - zu C I 2 a der Gründe, aaO). Im Streitfall hat der Landesgesetzgeber die Personalentscheidungsbefugnis der Kommunen nicht übermäßig begrenzt. Er hat lediglich einen Teilaspekt der Verhaltenspflichten des Gemeindepersonals geregelt. Eine rechtswidrige „Aushöhlung“ der Personalhoheit ist darin nicht zu sehen. Auch in anderer Hinsicht sind Beschränkungen der Auswahlbefugnis der Gemeinden anerkannt, beispielsweise bei der Einstellung von Frauenbeauftragten (BVerfG 26. Oktober 1994 - 2 BvR 445/91 - zu C III 2 der Gründe, aaO; Wittinger VBl. BW 2006, 169, 173).

39

ee) § 7 Abs. 6 KiTaG BW verletzt den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht. Die Regelung behandelt die verschiedenen Religionen nicht unterschiedlich. Sie erfasst jede Art religiöser Bekundung unabhängig von deren Inhalt. Christliche Glaubensbekundungen werden nicht bevorzugt. Dies gilt auch mit Blick auf § 7 Abs. 6 Satz 3 KiTaG BW. Nach dieser Bestimmung widerspricht die Wahrnehmung des Erziehungsauftrags nach Art. 12 Abs. 1 Landesverfassung Baden-Württemberg und die entsprechende Darstellung christlicher Traditionen nicht dem Verhaltensgebot des § 7 Abs. 6 Satz 1 KiTaG BW. Gegenstand der Regelung in Satz 3 der Vorschrift ist die Darstellung, nicht die Bekundung christlicher Werte. Bestimmte Werte darzustellen heißt, sie zu erörtern und zum Gegenstand einer Diskussion zu machen. Das schließt die Möglichkeit der Rückfrage und Kritik ein. Die Darstellung christlicher Traditionen ist nicht gleichzusetzen mit der Bekundung eines individuellen Bekenntnisses. Bei ihr geht es nicht um die Kundgabe innerer Verbindlichkeiten, die der Darstellende für sich anerkannt hätte. Außerdem bezeichnet der Begriff des „Christlichen“ - ungeachtet seiner Herkunft aus dem religiösen Bereich - eine von Glaubensinhalten losgelöste, aus der Tradition der christlich-abendländischen Kultur hervorgegangene Wertewelt, die erkennbar auch dem Grundgesetz zugrunde liegt und unabhängig von ihrer religiösen Fundierung Geltung beansprucht. Der Auftrag zur Weitergabe christlicher Bildungs- und Kulturwerte verpflichtet und berechtigt die Einrichtung deshalb nicht zur Vermittlung bestimmter Glaubensinhalte, sondern betrifft Werte, denen jeder Beschäftigte des öffentlichen Dienstes unabhängig von seiner religiösen Überzeugung vorbehaltlos zustimmen kann (Senat 10. Dezember 2009 - 2 AZR 55/09 - Rn. 24, AP GG Art. 4 Nr. 7 = EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Diskriminierung Religion Nr. 2; 20. August 2009 - 2 AZR 499/08 - Rn. 23, AP GG Art. 4 Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Abmahnung Nr. 4).

40

ff) Die Regelung des § 7 Abs. 6 Satz 1 KiTaG BW behandelt die Klägerin auch nicht wegen ihres Geschlechts ungleich. Die Vorschrift verbietet religiöse Bekundungen unabhängig vom Geschlecht. Sie richtet sich nicht speziell gegen das von Frauen getragene sog. islamische Kopftuch (Senat 10. Dezember 2009 - 2 AZR 55/09 - Rn. 25, AP GG Art. 4 Nr. 7 = EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Diskriminierung Religion Nr. 2; 20. August 2009 - 2 AZR 499/08 - Rn. 24, AP GG Art. 4 Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Abmahnung Nr. 4).

41

b) § 7 Abs. 6 Satz 1 KiTaG BW verstößt nicht gegen Art. 9 EMRK.

42

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat entschieden, dass ein Verbot, während des Unterrichts an öffentlichen Schulen religiöse Symbole zu tragen, eine gemäß Art. 9 Abs. 2 EMRK notwendige Einschränkung der nach Abs. 1 der Bestimmung gewährleisteten Religionsfreiheit eines Lehrers ist. Sie sei wegen der möglichen Beeinträchtigung der Grundrechte der Schüler und Eltern gerechtfertigt, um die Neutralität des Unterrichts zu gewährleisten. Auf dieser Grundlage hat der Gerichtshof sowohl das Verbot, während des Unterrichts in einer Schweizer Grundschule ein islamisches Kopftuch zu tragen, als mit der Religionsfreiheit des Art. 9 Abs. 1 EMRK vereinbar angesehen als auch das generelle Verbot für Studentinnen gebilligt, ein solches Kopftuch an türkischen Hochschulen zu tragen(EGMR 10. November 2005 - 44774/98 - NVWZ 2006, 1389; 15. Februar 2001 - 42393/98 - NJW 2001, 2871).

43

Für die von den Gemeinden getragenen öffentlichen Kindertagesbetreuungseinrichtungen und deren Erzieher gilt nichts anderes. Der Eingriff ist gesetzlich vorgesehen und in der demokratischen Gesellschaft zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer - wie dargestellt - notwendig und verhältnismäßig.

44

4. § 7 Abs. 6 Satz 1 KiTaG BW verletzt als landesrechtliche Vorschrift auch nicht das Diskriminierungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG. Zwar kann das Bekundungsverbot zu einer unmittelbaren Benachteiligung einer Erzieherin aus Gründen der Religion iSv. § 7 Abs. 1, §§ 1, 3 Abs. 1 AGG führen, weil die Unterlassung ihrer religiösen Bekundung zu einer entscheidenden Bedingung für die Ausübung ihrer Tätigkeit wird. Eine unterschiedliche Behandlung aus religiösen Gründen zur Erfüllung einer wesentlichen beruflichen Anforderung ist aber gemäß § 8 Abs. 1 AGG zulässig, wenn der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist. Dies ist im Streitfall gegeben.

45

a) Der von der Regelung verfolgte Zweck, die Neutralität des Trägers und den religiösen Einrichtungsfrieden zu garantieren, ist rechtmäßig.

46

b) Die gesetzliche Anforderung, religiöse Bekundungen in der Einrichtung zu unterlassen, ist angemessen. Sie untersagt eine äußere Kundgabe der eigenen religiösen Überzeugung lediglich während des Aufenthalts im Bereich der Einrichtung und besteht ausschließlich um der - negativen - Religionsfreiheit anderer und dem Erziehungsrecht der Eltern willen. Der Begriff der Angemessenheit erfordert es nicht, das Tragen religiös bedeutungsvoller Kleidungsstücke nur mit Blick auf die konkreten Umstände und Verhältnisse der jeweiligen Einrichtung zu untersagen. Eine landesgesetzliche Bestimmung, die sich als verfassungsmäßiger Ausgleich widerstreitender Grundrechtspositionen erweist, ist angemessen im Sinne der bundesgesetzlichen Regelung des § 8 Abs. 1 AGG(Senat 10. Dezember 2009 - 2 AZR 55/09 - Rn. 27 - 29, AP GG Art. 4 Nr. 7 = EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Diskriminierung Religion Nr. 2; 20. August 2009 - 2 AZR 499/08 - Rn. 26 - 28, AP GG Art. 4 Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Abmahnung Nr. 4).

47

5. Die Klägerin kann sich nicht auf Vertrauensschutz berufen, weil sie bereits vor der Gesetzesänderung mit einem islamischen Kopftuch gearbeitet hat.

48

Vertrauensschutz in die bestehende Gesetzeslage kann nur dahingehend bestehen, dass neuen Gesetzen keine Rückwirkung beigelegt wird. Im Streitfall liegt aber weder eine echte noch eine unechte Rückwirkung vor. Das Gesetz kommt nicht auf Zeiten vor seinem Inkrafttreten am 18. Februar 2006 (vgl. GBl. BW vom 17. Februar 2006 S. 17, 30, 32) zur Anwendung. Dass die Klägerin Dispositionen in der Erwartung getroffen haben mag, die Rechtslage werde sich nicht ändern, führt nicht zu einer für sie günstigeren Bewertung. Die bloße Annahme, rechtlich werde alles bleiben, wie es ist, genießt keinen Schutz (Senat 10. Dezember 2009 - 2 AZR 55/09 - Rn. 33, AP GG Art. 4 Nr. 7 = EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Diskriminierung Religion Nr. 2).

49

III. Sonstige Gründe, die die Unwirksamkeit der Abmahnung zur Folge haben, sind nicht ersichtlich.

50

IV. Die Klägerin hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Eylert    

        

    Berger    

        

    Gallner    

        

        

        

    Claes    

        

    Niebler    

                 

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Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 05.09.2012, Az.: 4 Ca 636/12, teilweise abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, auch die weitere Abmahnung vom 28.02.2012 aus den Personalakten der Klägerin zu entfernen.

2. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren über die Wirksamkeit einer Umsetzungsanordnung sowie um die Berechtigung einer Abmahnung der Beklagten mit Datum vom 28.02.2012.

2

Die Klägerin ist bei der Beklagten, die ein Fitnesscenter nebst Gastronomiebereich (Bistro) betreibt, beschäftigt. Der zuletzt maßgebliche Arbeitsvertrag der Parteien vom 04.05.2000 (Bl. 10 ff. d. A.) sieht als Tätigkeit der Klägerin "Fitnessberater und Servicekraft Thekenbereich" vor. Zuständige Teamleiterin für die Klägerin ist Frau K.

3

Am 28.02.2012 erhielt die Klägerin ein mit "Umsetzung" überschriebenes Schreiben, in dem es heißt:

4

Aufgrund der Sachverhalte, die Gegenstand der beiden Ihnen ausgehändigten Abmahnungen vom heutigen Tage waren, werden Sie hiermit mit Wirkung vom 01.03.2012 bis auf weiteres im Arbeitsbereich Bistro eingesetzt.

5

Zu dieser Maßnahme sehen wir uns auch vor dem Hintergrund gezwungen, dass mehrfache Mitarbeitergespräche mit Ihnen und Ihrer Teamleiterin, Frau K., in der Vergangenheit zu keiner Änderung Ihres Verhaltens dieser gegenüber geführt haben.

6

Unter dem 28.02.2012 erteilte die Beklagte der Klägerin ferner zwei Abmahnungen. Im Berufungsverfahren noch streitig ist die Berechtigung der Abmahnung, die sich auf einen Vorfall vom 21.02.2012 bezieht und auszugsweise folgenden Wortlaut hat:

7

Auf Grund eines weiteren Vorfalles vom 21.02.2012 sind wird gehalten, Ihnen eine weitere arbeitsrechtliche Abmahnung auszusprechen.

8

Am Vormittag des 21.02.2012 erzählte ein der Geschäftsleitung namentlich bekanntes Mitglied Ihrer Vorgesetzten, Frau K., dass Sie gegenüber dem Mitglied die Aussage getätigt haben, Frau K. "würde die Beine breit machen, ohne dass man ihr dafür einen Drink zahlen müsste".

9

Durch diese Äußerung einem Ditten gegenüber haben Sie erneut gegenüber einer Arbeitskollegin einen Straftatbestand verwirklicht, …

10

Wegen der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts sowie des wechselseitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 05.09.2012, Az.: 4 Ca 636/12 (Bl. 59 ff. d. A.).

11

Soweit für das Berufungsverfahren von Interesse hat das Arbeitsgericht durch das genannte Urteil festgestellt, dass die "Umsetzung" der Beklagten vom 28.02.2012 unwirksam ist. Die auf Entfernung der Abmahnung vom 28.02.2012 wegen des Vorfalls vom 21.02.2012 aus den Personalakten gerichtete Klage der Klägerin hat das Arbeitsgericht abgewiesen.

12

Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen K. (Sitzungsniederschrift vom 05.09.2012, Bl. 55 ff. d. A.). Soweit für das Berufungsverfahren relevant hat das Arbeitsgericht zur Begründung seines Urteils -zusammengefasst- ausgeführt:

13

Die Umsetzung sei nicht gerechtfertigt, da diese vom Direktionsrecht der Beklagten nicht gedeckt sei. Der Arbeitsvertrag sehe die Beschäftigung der Klägerin als Fitnessberater und Servicekraft Thekenbereich vor. Durch diese arbeitsvertragliche Festlegung sei die Zuweisung einer Tätigkeit im Gastronomiebereich ausgeschlossen. Die Klägerin könne hingegen nicht die Entfernung der Abmahnung vom 28.02.2012 verlangen, da sie nicht habe beweisen können, dass die in dieser enthaltenen Vorwürfe unzutreffend seien, wofür sie aber als anspruchstellende Partei die Beweislast trage.

14

Das genannte Urteil ist der Klägerin am 24.09.2012 und der Beklagten am 26.09.2012 zugestellt worden. Die Klägerin hat hiergegen mit einem am 27.09.2012 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 22.10.2012, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am 24.10.2012 begründet. Die Beklagte hat ihrerseits mit einem am 24.10.2012 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 26.11.2012, beim Landesarbeitsgericht am gleichen Tag eingegangen, begründet.

15

Die Klägerin verfolgt mit ihrer Berufung ihr Begehren, die im Tatbestand auszugsweise dargestellte Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen, weiter. Die Beklagte erstrebt eine Abänderung des angefochtenen Urteils, soweit durch dieses festgestellt wurde, dass die Umsetzung vom 28.02.2012 unwirksam ist.

16

Zur Begründung ihrer Berufung und in Erwiderung auf die Berufung der Beklagten macht die Klägerin nach Maßgabe ihrer Schriftsätze vom 22.10. und 05.12.2012, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 93 ff., Bl. 128 ff. d. A.), im Wesentlichen geltend:

17

Hinsichtlich der Entfernung der Abmahnung aus den Personalakten habe das Arbeitsgericht die Beweislastgrundsätze verkannt. Die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Berechtigung der erhobenen Vorwürfe läge bei der Beklagten. Der vernommene Zeuge habe die behauptete Äußerung nicht bestätigt. Im Übrigen bestünden hinsichtlich dessen Glaubwürdigkeit erhebliche Zweifel. Zu Recht sei das Arbeitsgericht hingegen davon ausgegangen, dass eine Umsetzung in den Gastronomiebereich vom Direktionsrecht in Anbetracht der getroffenen arbeitsvertraglichen Regelungen nicht gedeckt sei.

18

Die Klägerin beantragt,

19

das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 05.09.2012, Az.: 4 Ca 636/12 teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, auch die weitere Abmahnung vom 28.02.2012 aus den Personalakten zu entfernen.

20

Die Beklagte beantragt,

21

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

22

Ferner beantragt sie,

23

das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

24

Die Klägerin beantragt,

25

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

26

In Erwiderung auf die Berufung der Klägerin und zur Begründung ihrer eigenen Berufung macht die Beklagte nach Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 26.11.2012, auf den Bezug genommen wird (Bl. 117 ff. d. A.) im Wesentlichen geltend:

27

Es könne dahin stehen, ob das Arbeitsgericht von einer zutreffenden Verteilung der Beweislast ausgegangen sei. Der erstinstanzliche Zeuge habe nämlich die Richtigkeit der in der Abmahnung enthaltenen Äußerungen bestätigt. Die von der Klägerin gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen geltend gemachten Gesichtspunkte griffen nicht durch. Der erstinstanzlich vernommene Zeuge habe auch vorgerichtlich bestätigt, dass er zu seinen gemachten Angaben stehe.

28

Die Umsetzung sei vom Direktionsrecht gedeckt. Bei dem Fitnessstudio und dem Gastronomiebereich handele es sich um einen einheitlichen Betrieb unter einheitlicher Führung. Die Klägerin habe im Gastronomiebereich auch keine grundsätzlich andere Leistung zu erbringen als die, die sie als Servicekraft im Bereich der Sportlertheke des Fitnessstudios erbringen müsse. Mit der Umsetzung seien auch keinerlei anderweitige Umstellungen im Hinblick auf Arbeitszeit, Einkommen, Tätigkeit oder Arbeitswege verbunden. Die sofortige Umsetzung sei aufgrund der Geschehnisse im Thekenbereich und der Tatsache, dass eine weitere Zusammenarbeit zwischen der Klägerin und ihrer Teamleiterin nicht mehr in Betracht gekommen sei, notwendig gewesen.

Entscheidungsgründe

I.

29

Die Berufungen sind zulässig. Das Rechtsmittel der Berufung ist jeweils an sich statthaft. Die Berufungen wurden auch form- und fristgerecht eingelegt und -auch inhaltlich ausreichend- begründet. In der Sache hat nur die Berufung der Klägerin Erfolg.

II.

30

Berufung der Klägerin:

31

Die Berufung der Klägerin ist begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, die im Tatbestand näher dargestellte Abmahnung vom 28.02.2012 aus den Personalakten der Klägerin zu entfernen.

32

1. Der diesbezüglichen Klage fehlt zunächst nicht das erforderliche Rechtschutzbedürfnis. Soweit die Beklagte darauf verweist, dass zwischen den Parteien über die von der Beklagten ausgesprochene fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung vom 05.09.2012 ein Kündigungsschutzverfahren erstinstanzlich anhängig ist, berührt dies das Rechtschutzinteresse für die vorliegende Klage selbst dann nicht, wenn es in Folge der genannten Kündigung zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses gekommen sein sollte. Auch im Falle einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht für den Arbeitnehmer eine Gefährdungslage, wenn eine unzutreffende Abmahnung in den Personalakten verbleibt. Dies gilt etwa im Hinblick auf die eventuelle Erteilung von Auskünften gegenüber Dritten, aber auch im Hinblick auf die Bewertung von Verhalten und Leistung des Arbeitnehmers in einem Zeugnis. Ein Entfernungsanspruch ist daher grundsätzlich auch noch für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses anzuerkennen (BAG 16.11.2010 -9 AZR 573/09- EzA § 241 BGB 2002 Nr. 2; KR-Kündigungsschutz-gesetz/Fischermeier, 10. Aufl., § 626 BGB Rz. 283).

33

2. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts trägt die Beweislast für die Berechtigung der in der Abmahnung erhobenen Vorwürfe nicht der Arbeitnehmer, sondern der Arbeitgeber (so auch BAG 26.01.1994 -7 AZR 640/92, Juris; BAG 27.11.1985 -5 AZR 101/84- EzA § 611 BGB Fürsorgepflicht Nr. 38; Schaub/Linck, Arbeitsrechtshandbuch, 14. Aufl., § 132 Rz. 49; Erfurter Kommentar/Müller-Klöge, 13. Aufl., § 626 BGB Rz. 35).

34

Diese Verteilung der Beweislast folgt zum einem aus der gesetzlichen Wertung in § 1 Abs. 2 S. 4 KSchG. Soweit der Entfernungsanspruch auf eine entsprechende Anwendung des § 1004 BGB gestützt wird, ist bei einer in einer Abmahnung enthaltenen Äußerung wie im vorliegenden Fall festzuhalten, dass eine Beeinträchtigung der Rechtsstellung des Arbeitnehmers offensichtlich vorliegt, so dass die Frage, ob die in der Abmahnung enthaltenen Vorwürfe berechtigt sind, nicht die erforderliche Rechtsbeeinträchtigung, sondern die Frage der Rechtswidrigkeit der Rechtsbeeinträchtigung betrifft. Im Rahmen eines Anspruchs aus § 1004 BGB trägt aber der Anspruchsgegner die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, die eine Duldungspflicht nach § 1004 Abs. 2 BGB begründen.

35

3. Unter Berücksichtigung dessen steht der Klägerin ein Anspruch auf Entfernung der streitgegenständlichen Abmahnung aus den Personalakten nach § 241 Abs. 2 BGB zu. Die Beklagte hat den ihr obliegenden Beweis für die Berechtigung des in der Abmahnung erhobenen Vorwurfs nicht erbringen können. Die erstinstanzliche Aussage des vernommenen Zeugen K. hat schon inhaltlich die in der Abmahnung behauptete Äußerung der Klägerin nicht bestätigt. Ausweislich der protokollierten Aussage hat der Zeuge zwar bestätigt, dass eine negative Äußerung der Klägerin über ihre Teamleiterin erfolgt ist. Er konnte sich an den genauen Wortlaut jedoch nicht mehr erinnern und hat die Äußerung dahin gehend geschildert, dass die Teamleiterin der Klägerin "für weniger als was an die Männer rangehen" würde. Diese vom Zeugen wiedergegebene Äußerung ist weitaus weniger gravierend, als die in der Abmahnung behauptete Äußerung der Klägerin, die Teamleiterin "würde die Beine breit machen, ohne dass man ihr dafür einen Drink zahlen müsste". Die Abmahnung ist damit geeignet, ein unzutreffendes, weitaus schwerwiegenderes Bild von einer eventuellen Pflichtverletzung der Klägerin zu zeichnen.

III.

36

Berufung der Beklagten

37

Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu Recht darauf abgestellt, dass die vorgenommene Umsetzung nicht vom Direktionsrecht der Beklagten nach § 106 GewO gedeckt ist. Nach der genannten Norm besteht das Recht des Arbeitgebers, den Inhalt der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher zu bestimmen nur insoweit, als diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag festgelegt sind. Dies aber ist vorliegend der Fall. Der zwischen den Parteien zuletzt maßgebliche Arbeitsvertrag vom 04.05.2000 beschreibt die Tätigkeit der Klägerin -soweit vorliegend von Interesse- als "Servicekraft Thekenbereich", ohne der Beklagten das Recht vorzubehalten, der Klägerin auch eine anderweitige Tätigkeit zuzuweisen. Ungeachtet der Tatsache, dass Fitnessbereich mit angegliederter Theke und der Gastronomiebereich der Beklagten Teile eines einheitlichen Betriebs unter einheitlicher Leitung sind, unterscheidet die Beklagte selbst zwischen diesen beiden, räumlich abgegrenzten Bereichen, so dass die Tätigkeitsbeschreibung im Arbeitsvertrag durch die in Bezugnahme des Thekenbereichs abschließend den Einsatzort und die von der Klägerin insoweit geschuldete Tätigkeit festlegt.

IV.

38

Auf die Berufung der Klägerin war daher das angefochtene Urteil teilweise -wie aus dem Tenor ersichtlich- abzuändern und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 ZPO. Ein Revisionszulassungsgrund i. S. d. § 72 Abs. 2 ArbGG besteht nicht.

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.

(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.

(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.

(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.

(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.

(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.

Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er, ohne der Änderung zu widersprechen, sich in einer mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen hat.

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.

(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.

(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.

(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 10. April 2014 - 19 Sa 1266/13 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Bonusansprüche für das Geschäftsjahr 2011.

2

Der Kläger war - nachdem er zuvor sein Arbeitsverhältnis bei einer anderen Bank durch Eigenkündigung zum 31. Dezember 2009 beendet hatte - vom 1. Januar 2010 bis zum 30. September 2012 bei der deutschen Niederlassung der Beklagten, einer internationalen Großbank, bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Er war außertariflicher Angestellter und zuletzt als Managing Director im Bereich GBM-Equities tätig. Das Arbeitsverhältnis endete durch betriebsbedingte Kündigung der Beklagten vom 23. Mai 2012 mit dem 30. September 2012.

3

Der Arbeitsvertrag des Klägers vom 19. August 2009 enthielt auszugsweise folgende Regelungen:

        

§ 3 Arbeitsvergütung

        

1.    

Der Arbeitnehmer erhält für seine Tätigkeit jeweils am 15. eines jeden Monats ein festes und auf sein Bankkonto zahlbares monatliches Gehalt in Höhe von derzeit

                 

€ 16.667,00 brutto

                 

(in Worten: Sechzehntausendsechshundertsiebenundsechzig Euro brutto)

                 

…       

                          
        

3.    

Soweit die Gesellschaft Gratifikationen gewährt, erkennt der Arbeitnehmer hiermit an, dass solche Zahlungen freiwillig erfolgen und auch nach wiederholter Gewährung nicht zu einer Verpflichtung der Gesellschaft zur Fortsetzung derartiger Zahlungen führen. Berücksichtigt werden in diesen Fällen nur solche Arbeitnehmer, die sich im Zeitpunkt der Zahlung in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befinden. Im Übrigen werden solche freiwilligen Leistungen zeitanteilig für diejenigen Zeiträume gekürzt, in denen der Arbeitnehmer in den letzten 12 Monaten vor Fälligkeit der Zahlung keine Ansprüche auf laufende Vergütung hat. Die Gesellschaft gewährt keine Sonderzahlungen nach den gem. § 1 Ziffer 4 geltenden tariflichen Bestimmungen.

        

4.    

Die Regelungen der Ziffer 3 gelten auch für sonstige Sondervergütungen (Bonus, etc.).

        

5.    

…     

        

§ 4 Bonus & Deferral Plan

        

1.    

Der Arbeitnehmer nimmt nach Wahl der Gesellschaft am jeweils gültigen Bonussystem und/oder am Deferral Plan der Gesellschaft für außertarifliche Angestellte über einen kalenderjährlichen Bonus bzw. Deferral Award teil.

        

2.    

Ein Bonus kann nur dann zur Auszahlung gelangen bzw. ein Deferral Award zugeteilt werden, wenn und soweit die Gesellschaft insgesamt Mittel zur Ausschüttung von Bonuszahlungen/bzw. Zuteilung von Deferral Awards an die Arbeitnehmer der Gesellschaft für das bonusrelevante Kalenderjahr zur Verfügung stellt und der Arbeitnehmer die Voraussetzungen für die Auszahlung bzw. Zuteilung erfüllt.

        

3.    

Die Zahlung des Bonus bzw. Zuteilung eines Deferral Awards erfolgt freiwillig und kann auch nach wiederholter Gewährung nicht zu einer Verpflichtung der Gesellschaft zur Fortsetzung derartiger Zahlungen bzw. Zuteilungen führen.

        

4.    

Der Bonus für ein Kalenderjahr soll im Frühjahr des darauf folgenden Kalenderjahres zur Auszahlung gelangen, ist jedoch spätestens bis Ende Juni des folgenden Kalenderjahres zur Zahlung fällig. Die Zuteilung und Auszahlung des Deferral Awards erfolgt gemäß den Regelungen des Deferral Plans in seiner jeweils gültigen Fassung.

        

5.    

Ein Bonus wird nur dann gezahlt bzw. ein Deferral Award erteilt, wenn sich der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Fälligkeit in einem ungekündigten Anstellungsverhältnis zur Gesellschaft befindet. Gleiches gilt für die Auszahlung des Deferral Awards.

        

6.    

Die vorstehenden Bestimmungen zum Bonus bzw. Deferral Award gelten, soweit sich nicht gem. § 1 Ziffer 5 aus einer Betriebsvereinbarung etwas anderes ergibt.

        

…       

        

§ 16 Sondervereinbarungen

        

Vorbehaltlich der nachstehenden Bestimmungen erhält der Arbeitnehmer für das Leistungsjahr 2009 einen garantierten Bonus in Höhe von € 200.00[0],00 brutto abzüglich Steuern und sonstiger gesetzlicher Abzüge (der ‚garantierte Bonus‘).

        

Der garantierte Bonus wird in Form einer gestundeten Leistung im Rahmen des R Deferral Plans (der ‚Deferral Plan‘) gezahlt; er unterliegt den Regelungen des Deferral Plans in der jeweils geltenden Fassung und zwar unabhängig davon, ob diese vor oder nach Beginn dieses Vertrages umgesetzt wurden. Die Gesellschaft behält sich das Recht vor, nach ihrem freien und alleinigen Ermessen jederzeit (auch während eines Geschäftsjahres) die Regelungen des Deferral Plans zu ändern bzw. diesen jederzeit aufzuheben oder zu ersetzen. Zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass eine derartige Änderung jeweils auch rückwirkend gelten kann.

        

Zur Kenntnisnahme: Im Deferral Plan wird geregelt, wann eine gestundete Leistung oder ein Teil davon möglicherweise verfällt. Insbesondere hat der Arbeitnehmer, sofern sein Arbeitsverhältnis vor dem Termin, an dem die gestundete Leistung oder ein Teil davon zahlbar oder unverfallbar wird, geendet hat oder eine Partei ihr Arbeitsverhältnis im Rahmen dieses Vertrages gekündigt hat (sofern diese Kündigung nicht unter die Sektion ‚Verlassen des Unternehmens unter außergewöhnlichen Umständen‘ der Regelungen des Deferral Plans in seiner jeweils geltenden Fassung fällt), kein Anrecht auf die gestundete Leistung bzw. einen davon verbliebenen Teil oder auf sonstige Bonuszahlungen, die ihm ansonsten (möglicherweise) gezahlt worden wären. Fällt die Kündigung unter die Sektion ‚Verlassen des Unternehmens unter außergewöhnlichen Umständen‘ des Deferral Plans in seiner jeweils geltenden Fassung, so wird die gestundete Leistung nach Maßgabe der Regelungen des Deferral Plans (in seiner jeweils geltenden Fassung) unverfallbar.

        

Die Regeln des Deferral Plans enthalten auch Bestimmungen, nach denen verfallbare Elemente gestundeter Leistungen verfallen können. Diese Bestimmungen gelten für alle garantierten Bonuszahlungen, die der Arbeitnehmer erhält bzw. erhalten hat.

        

Allerdings beschränken sich diese Verfallsbestimmungen hinsichtlich des garantierten Bonus für das Leistungsjahr 2009 allein auf Situationen, in denen die individuelle Leistung des Arbeitnehmers direkt verbunden ist mit dem Team oder dem Geschäftsbereich, in dem der Arbeitnehmer arbeitet, in der bzw. in dem ein Verlust erlitten wurde.“

4

Mit Schreiben vom 26. Februar 2010 teilte die Beklagte dem Kläger unter der Überschrift „Performance Year 2009“ mit, dass sein Gesamtgehalt 400.004,00 Euro betrage und sich aus dem Grundgehalt 2010 iHv. 200.004,00 Euro und einem „Performance Award: Unconditional Guaranteed Award 2009“ iHv. 200.000,00 Euro zusammensetze. Letzterer wurde in drei Tranchen in den Jahren 2010 bis 2012 durch Zuteilung von Bonds gewährt. Der Kläger konnte diese jeweils unmittelbar nach Erhalt veräußern. Mit Schreiben vom 24. Februar 2011 erhielt der Kläger eine vergleichbare Mitteilung für das „Performance Year 2010“, wonach der „Discretionary Performance Award“ 9.920,00 Euro betrug.

5

Mit Schreiben der „R Group“ vom 23. Februar 2012 wurde dem Kläger sein Festgehalt als „Total Compensation“ mitgeteilt, nicht hingegen eine Bonusleistung. In dem Schreiben heißt es ua.:

        

„The fall in revenues in 2011 however, means that the discretionary bonus pool element of this is significantly lower in 2011 than in 2010 and this has made the award cycle a challenging one.“

6

Einem Teil der Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnisse nicht im Laufe des Jahres 2012 beendet wurden, gewährte die Beklagte Bonusleistungen, die der Höhe nach überwiegend zwischen einem Viertel und der Hälfte des Vorjahresbonus betrugen.

7

Im Rahmen einer Stufenklage machte der Kläger zunächst bestimmte Auskunftsansprüche betreffend den Bonusanspruch 2011 geltend. Das Arbeitsgericht entschied durch Teilurteil vom 17. Oktober 2012 über das Auskunftsverlangen. Dabei wies es die Klage hinsichtlich des Hauptantrags und eines ersten Hilfsantrags als unzulässig ab; einem zweiten Hilfsantrag gab es statt. Die Entscheidung ist rechtskräftig geworden und führte zur Erteilung einer Auskunft der Beklagten unter dem 6. November 2012.

8

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe für das Geschäftsjahr 2011 ein Bonus nach billigem Ermessen zu, der mindestens ein Viertel des Vorjahresbonus iHv. 209.920,00 Euro brutto betragen müsse. 200.000,00 Euro davon seien der arbeitsvertraglich vereinbarte Garantiebonus gewesen, 9.920,00 Euro brutto der zusätzliche leistungsbezogene Bonus. Soweit es im Anstellungsvertrag heiße, der garantierte Bonus werde für das Leistungsjahr 2009 gezahlt, handele es sich um eine unrichtige Formulierung. Sein Arbeitsverhältnis bei der Beklagten habe erst am 1. Januar 2010 begonnen, ein Bonus für das Jahr 2009 habe ihm nicht zugestanden. Ihm sei seinerzeit mitgeteilt worden, dass das Jahr 2009 aus bilanztechnischen Gründen im Anstellungsvertrag angegeben worden sei. Für das Jahr 2011 hätten die Arbeitnehmer, die nicht im Jahr 2012 ausgeschieden seien, eine Bonusleistung erhalten, wobei er mangels Kenntnissen keine genaueren Angaben zur Bonushöhe machen könne. Er habe in seinem Bereich gute Leistungen erbracht und im Geschäftsjahr 2011 entsprechende Erträge erwirtschaftet, wobei nach seinem Kenntnisstand der Umsatz in seiner Abteilung um 20 % zurückgegangen sei.

9

Im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage der Beklagten hat der Kläger die Auffassung vertreten, allein der erlittene Jahresverlust iHv. 656 Mio. Euro könne den Bonusanspruch nicht ausschließen. Zwar habe die Beklagte im Vorjahr einen Gewinn iHv. 198 Mio. Euro erzielt, in den Jahren davor seien jedoch deutlich höhere Verluste erwirtschaftet worden. Das operative Ergebnis der Beklagten vor der Vornahme von Wertberichtigungen habe im Übrigen im Geschäftsjahr 2011 1,488 Mio. Euro plus betragen. Hinzu komme, dass die Beklagte in der Vergangenheit trotz erheblich höherer Verluste als im Jahr 2011 gleichwohl regelmäßig Boni an ihre Arbeitnehmer gezahlt habe.

10

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihm für das Geschäftsjahr 2011 einen Bonus, der der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der aber mindestens 52.480,00 Euro brutto beträgt, nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

11

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, aufgrund des im Geschäftsjahr 2011 erlittenen Jahresverlustes iHv. 656 Mio. Euro stehe dem Kläger kein Bonusanspruch zu. Im Jahr 2010 habe sein Bonus im Übrigen lediglich 9.920,00 Euro betragen. Der Garantiebonus iHv. 200.000,00 Euro sei als Sign-On-Bonus für den Wechsel des Klägers zu der Rechtsvorgängerin der Beklagten sowie als Kompensation für den wechselbedingten Verlust des Bonusanspruchs beim Vorarbeitgeber für das Jahr 2009 gewährt worden. Im Übrigen hätten sämtliche Mitarbeiter der Abteilung des Klägers keinen Bonus für das Jahr 2011 erhalten. Gleiches gelte - trotz sehr guter Leistungsbewertungen - für zahlreiche andere, nicht von einer Kündigung betroffene Arbeitnehmer der Beklagten. Aufgrund der rechtskräftigen Teilabweisung des Auskunftsbegehrens schulde sie keine weiter gehenden Auskünfte als die bereits erteilten.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage iHv. 78.720,00 Euro brutto nebst Zinsen stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Klage nicht abgewiesen werden. Mangels entsprechender Feststellungen durch das Landesarbeitsgericht kann der Senat in der Sache nicht abschließend entscheiden. Das angegriffene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

14

I. Der Kläger hat dem Grunde nach einen Anspruch auf einen Bonus und/oder einen Deferral Award für das Geschäftsjahr 2011 aus § 4 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags iVm. § 315 BGB. Die Festsetzung der Leistung auf null durch die Beklagte entspricht nicht billigem Ermessen und ist unverbindlich (§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB). Die Bestimmung hat deshalb gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch Urteil zu erfolgen. Dies hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft unterlassen. Mangels ausreichender Feststellungen zu den bestimmungsrelevanten Tatsachen kann der Senat nicht selbst entscheiden.

15

1. § 4 des Arbeitsvertrags gewährt dem Kläger - unabhängig von der Wirksamkeit des „Freiwilligkeitsvorbehalts“ nach § 4 Ziff. 3 - keinen unbedingten Anspruch auf Zahlung eines Bonus oder eines Deferral Awards in einer bestimmten Höhe. Der Anspruch für das jeweilige Geschäftsjahr ergibt sich vielmehr erst nach einer Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts der Beklagten nach billigem Ermessen (§ 315 BGB). Dieses umfasst sowohl die Wahl der jeweiligen Leistungsart als auch die Höhe des auszuzahlenden Betrags bzw. des zuzuteilenden Deferral Awards. Dies ergibt eine Auslegung der vertraglichen Regelungen.

16

a) Der Arbeitsvertrag vom 19. August 2009 enthält Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. §§ 305 ff. BGB. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (st. Rspr., zB BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 29 mwN, BAGE 147, 322). Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gemäß § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders. Die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB setzt allerdings voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (st. Rspr., zB BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 30, aaO).

17

b) § 4 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags legt fest, dass der Arbeitnehmer am jeweils gültigen Bonussystem und/oder am Deferral Plan der Gesellschaft für außertarifliche Angestellte „teilnimmt“. Die Formulierung spricht deutlich dafür, dass ein Rechtsanspruch auf eine solche Teilnahme und die sich hieraus ergebende Leistung besteht (vgl. auch zur Bedeutung des Begriffs „gewährt“ BAG 20. Februar 2013 - 10 AZR 177/12 - Rn. 17). Dabei soll es der Beklagten überlassen bleiben zu bestimmen, ob für das jeweilige Geschäftsjahr ein Bonus oder ein Deferral Award oder eine Kombination aus beiden Leistungsarten gewährt wird. Gleiches gilt hinsichtlich der Höhe der Leistung, die im Arbeitsvertrag nicht festgelegt ist. Vielmehr bedarf es nach § 4 Ziff. 2 einer Entscheidung über den Umfang der zur Verfügung gestellten Mittel.

18

c) Der in § 4 Ziff. 3 des Arbeitsvertrags enthaltene Freiwilligkeitsvorbehalt schließt den vertraglichen Leistungsanspruch nicht aus.

19

aa) Die Klausel ist unklar iSv. § 305c Abs. 2 BGB. Sie kann zum einen so verstanden werden, dass hierdurch generell ein Anspruch für die Zukunft ausgeschlossen werden soll. Denkbar ist aber auch, sie so zu verstehen, dass sie den Rechtsgedanken des § 315 BGB wiedergibt und damit auch eine wiederholte Leistungsgewährung nicht ohne Weiteres zur Fortsetzung „derartiger“, dh. nach Höhe und Art gleichartiger Leistungen wie in der Vergangenheit, führen soll. Ein solches Klauselverständnis stünde der Annahme eines dem Grunde nach bestehenden dauerhaften Anspruchs nicht entgegen. Da gemäß § 305c Abs. 2 BGB Zweifel bei der Auslegung zulasten des Verwenders gehen, ist die letztgenannte Auslegung maßgeblich.

20

bb) Im Übrigen würde eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die es dem Arbeitgeber erlaubte, nach Ablauf eines Geschäftsjahres die versprochene Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen zu unterlassen, einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 BGB nicht standhalten. Es würde eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers darstellen, wenn der Arbeitgeber von der Leistungsbestimmung für ein bestimmtes Geschäftsjahr absehen dürfte, obwohl der Arbeitnehmer in diesem Geschäftsjahr seine Arbeitsleistung erbracht hat und die Leistung auch Teil der Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung des Arbeitnehmers war (vgl. BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 13 f. [zum Vergütungscharakter einer Leistung]; 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 52, BAGE 147, 322 [zur Situation bei einer Zielvereinbarung]). Gleiches würde für den Freiwilligkeitsvorbehalt nach § 3 Ziff. 3 iVm. Ziff. 4 des Arbeitsvertrags gelten, sofern man diesen überhaupt auf Leistungen nach § 4 für anwendbar hielte.

21

d) Die vertragliche Regelung überlässt damit der Beklagten ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSd. § 315 BGB, was grundsätzlich zulässig ist. Die Höhe und Art einer Bonuszahlung muss nicht abschließend im Arbeitsvertrag festgelegt werden (vgl. BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 35, BAGE 147, 322; 20. März 2013 - 10 AZR 8/12 - Rn. 24, 30). In einem solchen Fall hat die Leistungsbestimmung nach der gesetzlichen Regelung mangels abweichender Anhaltspunkte nach billigem Ermessen zu erfolgen (vgl. dazu BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 746/10 - Rn. 25, BAGE 139, 283). Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagten durch § 4 Ziff. 2 des Arbeitsvertrags in Abweichung von § 315 Abs. 1 BGB das Recht zugebilligt werden sollte, nach freiem Ermessen über die Bonusgewährung zu entscheiden, ergeben sich aus dem Vertrag nicht; ein solches Recht nimmt die Beklagte auch nicht für sich in Anspruch. Im Übrigen wäre dies eine Abweichung vom gesetzlichen Leitbild des § 315 Abs. 1 BGB(vgl. dazu BAG 20. März 2013 - 10 AZR 8/12 - Rn. 31), die wegen des fehlenden Korrektivs der vollen gerichtlichen Kontrolle der Leistungsbestimmung eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 Nr. 1 BGB darstellen würde und deshalb unwirksam wäre.

22

2. Einem Anspruch des Klägers steht ebenso wenig die Stichtagsregelung nach § 4 Ziff. 5 des Arbeitsvertrags entgegen. Ein Bonus soll danach nur gezahlt bzw. ein Deferral Award nur dann zugeteilt und ausgezahlt werden, wenn sich der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Anspruchs bzw. der Auszahlung des Awards in einem ungekündigten Anstellungsverhältnis befindet. Diese Voraussetzung erfüllt der Kläger möglicherweise nicht, da sein Arbeitsverhältnis jedenfalls zum Zeitpunkt der spätesten Fälligkeit eines Bonus im Juni 2012 bereits gekündigt war. Darauf kommt es aber nicht an, da die Regelung einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 BGB nicht standhält. Der streitgegenständliche Bonus stellt unzweifelhaft jedenfalls auch eine Gegenleistung für im Geschäftsjahr laufend erbrachte Arbeit dar. Eine solche Leistung kann in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht von einem ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt außerhalb des Jahres abhängig gemacht werden, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde (zuletzt BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 15; grundlegend 13. November 2013 - 10 AZR 848/12 - BAGE 146, 284; 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - BAGE 140, 231).

23

3. Dahinstehen kann, ob § 4 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags aufgrund der Formulierung, der Arbeitnehmer nehme am „jeweils gültigen“ Bonussystem und/oder Deferral Plan teil, einen Änderungsvorbehalt beinhaltet, wie weit dieser reichen würde und ob ein ggf. umfassender Änderungsvorbehalt am Maßstab des § 308 Nr. 4 BGB gemessen wirksam wäre(vgl. zu einem umfassenden Änderungsvorbehalt zB BAG 11. Februar 2009 - 10 AZR 222/08 - Rn. 23 ff.). Die Beklagte macht nicht geltend, dass eine solche Änderung des Bonussystems bzw. des Deferral Plans dem Anspruch des Klägers entgegenstünde.

24

4. Der Kläger hat mit der Erhebung der Stufenklage die zweistufige Ausschlussfrist nach § 15 des Arbeitsvertrags gewahrt. Die Erhebung der Stufenklage begründet nicht nur die Rechtshängigkeit des Auskunftsanspruchs, sondern auch des unbezifferten Hauptanspruchs (BAG 12. Dezember 2000 - 9 AZR 1/00 - zu I 1 c bb der Gründe, BAGE 96, 352; Zöller/Greger ZPO 31. Aufl. § 254 Rn. 1) und wahrt damit eine entsprechende Ausschlussfrist (BAG 22. Januar 2008 - 9 AZR 416/07 - Rn. 35; 23. Februar 1977 - 3 AZR 764/75 - zu 4 der Gründe).

25

II. Die von der Beklagten vorgenommene Festsetzung des Bonusanspruchs des Klägers für das Geschäftsjahr 2011 auf null ist unverbindlich iSv. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB.

26

1. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der Bestimmungsberechtigte die Ermessensentscheidung zu treffen hat. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht, trägt der Bestimmungsberechtigte (st. Rspr., zuletzt zB BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 28). Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen (vgl. insgesamt dazu: BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 41 mwN, BAGE 147, 322; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

27

2. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die von ihr getroffene Leistungsbestimmung billigem Ermessen entspricht. Hiervon gehen das Arbeitsgericht ausdrücklich und das Landesarbeitsgericht unausgesprochen aus, da es sich andernfalls nicht mit der Frage der Höhe einer festzusetzenden Leistung hätte beschäftigen dürfen. Die Beklagte hat sich nicht dazu geäußert, ob sie sich für das Geschäftsjahr 2011 für ein Bonussystem und/oder einen Deferral Plan entschieden hat. Ebenso wenig hat sie dargelegt, in welchem Umfang sie Mittel zur Verfügung gestellt hat, obwohl der Inhalt des Schreibens vom 23. Februar 2012 hierauf hindeutet und unstreitig einem Teil der Arbeitnehmer entsprechende Leistungen gewährt wurden. Auch hat sie nicht vorgetragen, welche Arbeitnehmer nach welchen Kriterien an einem solchen System teilnehmen sollten. Allein der Hinweis auf einen in diesem Geschäftsjahr erzielten Verlust kann näheren Sachvortrag nicht ersetzen (vgl. dazu auch BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 62, BAGE 147, 322).

28

3. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat die teilweise Abweisung der Auskunftsklage im Teilurteil des Arbeitsgerichts nicht zur Folge, dass nunmehr der Kläger die Darlegungs- und Beweislast für die Unbilligkeit der von der Beklagten getroffenen Leistungsbestimmung nach § 315 BGB trägt. Die Auskunftsklage und die Klage auf richterliche Ersatzleistungsbestimmung haben unterschiedliche Streitgegenstände. Die im Rahmen einer Stufenklage ergangene Entscheidung über den Auskunftsanspruch erwächst im Hinblick auf den auf der letzten Stufe verfolgten Anspruch nicht in Rechtskraft und entfaltet insoweit auch keine Bindung iSv. § 318 ZPO. Damit ist es rechtlich nicht ausgeschlossen, dass die maßgeblichen Vorfragen im weiteren Verfahren über diesen Anspruch anders als im Teilurteil beurteilt werden (BGH 16. Juni 2010 - VIII ZR 62/09 - Rn. 24; Wieczorek/Schütze/Assmann ZPO 4. Aufl. § 254 Rn. 76; Stein/Jonas/Roth ZPO 22. Aufl. § 254 Rn. 31). Ungeachtet der teilweisen Abweisung der vorangegangenen Auskunftsklage hat deshalb die Beklagte als bestimmende Partei die Umstände dazulegen und zu beweisen, die ihre Leistungsbestimmung und deren Billigkeit tragen (vgl. Staudinger/Rieble (2015) BGB § 315 Rn. 388). Erbringt der Arbeitgeber, der sich eine solche einseitige Leistungsbestimmung vorbehält, keinen oder keinen hinreichenden Vortrag dazu, warum eine bestimmte Leistungsfestsetzung billigem Ermessen entsprechen soll, ist die gesetzliche Folge nach § 315 Abs. 3 BGB die Unverbindlichkeit der vom Bestimmungsberechtigten getroffenen Leistungsbestimmung.

29

III. Aufgrund der Unverbindlichkeit der Leistungsbestimmung der Beklagten hat gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB die Bestimmung der Höhe des Anspruchs für das Geschäftsjahr 2011 durch Urteil zu erfolgen(BAG 11. Dezember 2013 - 10 AZR 364/13 - Rn. 33 ff.). Eine solche Leistungsbestimmung hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft unterlassen. Die Leistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB ist wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls vorrangig den Tatsachengerichten vorbehalten(BAG 15. Mai 2013 - 10 AZR 679/12 - Rn. 35 mwN; vgl. auch BAG 18. Mai 2016 - 10 AZR 183/15 - Rn. 42 [zu § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB]). Eine Entscheidung durch das Revisionsgericht kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn alle maßgeblichen Tatsachen feststehen (vgl. zu einem solchen Fall BAG 11. Dezember 2013 - 10 AZR 364/13 - Rn. 30). Hieran fehlt es vorliegend, da das Landesarbeitsgericht keine hinreichenden Feststellungen zu den für die Bestimmung maßgeblichen Umständen getroffen hat. Das angegriffene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

30

1. Die richterliche Ersatzleistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB ist vom Gericht auf Grundlage des Vortrags der Parteien zu treffen(BGH 8. November 2011 - EnZR 32/10 - Rn. 24; 20. Juli 2010 - EnZR 23/09 - Rn. 39). Durch richterliche Ermessensentscheidung wird direkt über den geltend gemachten Anspruch entschieden und nicht nur - etwa im Sinne einer Rechtskontrolle - überprüft, ob die Festsetzung des Leistungsberechtigten zutrifft. Diese Prüfung hat bereits in der ersten Stufe nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB stattzufinden und ist Voraussetzung dafür, dass es überhaupt zu einer gerichtlichen Leistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB kommen kann. Die Ausübung des eigenen richterlichen Ermessens findet auf Grundlage des gesamten Prozessstoffs statt. Eine Darlegungs- und Beweislast im prozessualen Sinn besteht insoweit nicht, doch ist jede Partei gehalten, die für ihre Position sprechenden Umstände vorzutragen, weil das Gericht nur die ihm bekannten Umstände in seine Bestimmung einbringen kann (Staudinger/Rieble § 315 Rn. 521; BGB-RGRK/Ballhaus 12. Aufl. § 315 BGB Rn. 19; BAG 18. Mai 2016 - 10 AZR 183/15 - Rn. 44 [zu § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB]). Bringt der Bestimmungsberechtigte bestimmte Aspekte, die in seinem Konzept der Leistungsbestimmung möglicherweise zu berücksichtigen wären, nicht ein, können sie nicht berücksichtigt werden (vgl. BGH 20. Juli 2010 - EnZR 23/09 - Rn. 40 [zur fehlenden Offenlegung der Kalkulationsgrundlagen eines Netzbetreibers]). Dies geht zu seinen Lasten. Fehlender Vortrag des Bestimmungsberechtigten führt nicht zur Entstehung einer besonderen Darlegungslast für den Anspruchsteller. Dieser hat lediglich im eigenen Interesse die Obliegenheit, die für ihn günstigen Umstände vorzutragen. Deshalb kann der Anspruchsteller regelmäßig auch nicht auf die Erhebung einer Auskunftsklage verwiesen werden (dazu Staudinger/Rieble § 315 Rn. 388). Es ist vielmehr Sache des Gerichts, auf Grundlage des vorhandenen Prozessstoffs und des Vortrags beider Parteien die Leistungsbestimmung vorzunehmen und den vertraglich vorgegebenen Rahmen auszufüllen (MüKoBGB/Würdinger 7. Aufl. § 315 Rn. 51). Lediglich ausnahmsweise hat in entsprechender Anwendung des § 287 ZPO eine Festsetzung zu unterbleiben, wenn es auch nach vollständiger Ausschöpfung des Prozessstoffs an jeglichen greifbaren Anhaltspunkten für die Leistungsbestimmung fehlt(vgl. BGH 8. November 2011 - EnZR 32/10 - Rn. 25).

31

2. Diese Grundsätze hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft verkannt. Es hat unberücksichtigt gelassen, dass die Beklagte als Bestimmungsberechtigte keinen hinreichenden Vortrag zum Bonussystem bzw. Deferral Plan für das Geschäftsjahr 2011 gehalten hat. Stattdessen hat es vom Kläger Vortrag zu Tatsachen verlangt, wie beispielsweise zur Höhe eines Bonustopfes, die ein Arbeitnehmer im Regelfall nicht kennt. Faktisch hat es dem Kläger damit rechtsfehlerhaft eine Darlegungslast für Umstände auferlegt, die die Beklagte im Rahmen der gerichtlichen Ersatzleistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB im eigenen Interesse hätte vortragen können und müssen, wenn sie diese Umstände hätte berücksichtigt wissen wollen. Darüber hinaus hat das Landesarbeitsgericht den vorhandenen Prozessstoff nicht ausgeschöpft. Es ist von den Parteien zur Höhe der Bonuszahlungen in der Vergangenheit, zum Umfang von Leistungen an andere Arbeitnehmer, zum Unternehmenserfolg, zur Leistung des Klägers und zu den Umsätzen in seiner Abteilung vorgetragen worden. Darüber hinaus hätte es den zuletzt erfolgten Vortrag des Klägers zum Umfang des Bonustopfes in den Blick nehmen müssen.

32

3. Dies führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht. Der Senat macht dabei von der Möglichkeit der Zurückverweisung an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch.

33

IV. Für das weitere Verfahren ist auf Folgendes hinzuweisen:

34

1. Teil des Leistungsbestimmungsrechts der Beklagten ist die Entscheidung, ob der Kläger am jeweils gültigen Bonussystem und/oder am Deferral Plan der Gesellschaft für außertarifliche Angestellte teilnimmt (§ 4 Ziff. 1 Arbeitsvertrag). Nach dem bisherigen Sachvortrag der Beklagten dürfte die Annahme des Arbeitsgerichts nicht zu beanstanden sein, die Beklagte habe bis zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Anspruchs (§ 4 Ziff. 4 Arbeitsvertrag) die Leistungsbestimmung hinsichtlich der Art der Leistung nicht vorgenommen und damit die Bestimmung iSv. § 315 Abs. 3 Satz 2 letzter Halbs. BGB verzögert. Im Hinblick auf das zwischenzeitlich erfolgte Ausscheiden des Klägers liegt es deshalb nahe, einen möglichen Bonusanspruch als Geldleistung und nicht als Deferral Award festzusetzen. Sollte das Landesarbeitsgericht dies anders sehen, wird es nach § 139 ZPO einen entsprechenden Hinweis zu erteilen und dem Kläger Gelegenheit zu geben haben, seinen Antrag anzupassen.

35

2. Im Fall einer gerichtlichen Leistungsbestimmung können die in den Vorjahren gezahlten Boni einen wichtigen Faktor darstellen, da durch sie regelmäßig zum Ausdruck gebracht wird, welche Höhe eine solche Leistung unter welchen konkreten Umständen (Leistung des Arbeitnehmers, Unternehmenserfolg etc.) erreichen kann. Insoweit hat das Arbeitsgericht allerdings rechtsfehlerhaft angenommen, dass der Kläger im Kalenderjahr 2010 einen Bonus in Höhe von 209.920,00 Euro erhalten hat. Vielmehr erfolgte für das Geschäftsjahr 2010 nur eine Bonuszahlung in Höhe von 9.920,00 Euro (vgl. Schreiben der Beklagten vom 24. Februar 2011). Der garantierte Bonus wurde hingegen nach der eindeutigen vertraglichen Regelung, dem Inhalt des Schreibens vom 26. Februar 2010 und dem Zeitpunkt der Teilleistungen, die zur Hälfte noch im Jahre 2010 erfolgten, für 2009 gezahlt. Selbst wenn der klägerische Vortrag zuträfe, wonach ihm mitgeteilt worden sei, die Angabe des Jahres 2009 sei aus „bilanztechnischen Gründen“ erfolgt, führte dies zu keinem anderen Ergebnis. Auch und gerade die bilanztechnische Zuordnung zu einem bestimmten Kalenderjahr bringt jedenfalls zum Ausdruck, dass die Zahlung nicht für ein Folgejahr erfolgen soll. Entgegen der Auffassung des Klägers spielt auch keine Rolle, dass er im Geschäftsjahr 2009 noch nicht für die Beklagte tätig war. Die Vereinbarung eines entsprechenden Leistungsanspruchs ist im Rahmen der Vertragsfreiheit ohne Weiteres möglich. Die Parteien bringen damit jedenfalls zum Ausdruck, welche Bonushöhe der Kläger, wäre er im Jahr 2009 bereits für die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin tätig gewesen, in diesem Kalenderjahr in der gegebenen wirtschaftlichen Situation des Unternehmens hätte erzielen können. Im Übrigen war nach § 1 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags eine Tätigkeitsaufnahme vor dem 1. Januar 2010 als Möglichkeit vorgesehen. Entgegen der Auffassung der Beklagten ergeben sich aus dem Arbeitsvertrag vom 19. August 2009 aber auch keine Anhaltspunkte dafür, die Leistung an den Kläger als reine Antrittsprämie (Sign-On-Bonus) ohne Leistungsbezug zu werten. Der Wortlaut der Vereinbarung gibt für eine solche Annahme nichts her. Vielmehr wird die Leistung nach § 16 Abs. 2 des Arbeitsvertrags ausdrücklich den Regeln des Deferral Plans(§ 4 Ziff. 1 Arbeitsvertrag) unterstellt und es wird in § 16 Abs. 5 des Arbeitsvertrags hinsichtlich der Verfallmöglichkeiten eines Teils des garantierten Bonus ein deutlicher Leistungsbezug hergestellt.

36

3. Als weiteres Element für die gerichtliche Leistungsbestimmung wird der Vortrag des Klägers zu seinen Leistungen und zu den Umsatzzahlen seiner Abteilung heranzuziehen sein. Gleiches gilt für die Höhe der Leistungen an andere Arbeitnehmer. Darüber hinaus wird der Vortrag der Parteien zu den wirtschaftlichen Kennzahlen der Beklagten zu berücksichtigen sein, wobei der Umstand wird Beachtung finden müssen, dass der Kläger für das Geschäftsjahr 2009 trotz erheblicher Verluste einen Bonus in erheblicher Höhe erhalten hat. Schließlich wird das Landesarbeitsgericht ggf. dem zuletzt erfolgten Vortrag des Klägers zum Umfang des Bonustopfes für das Geschäftsjahr 2011 nachzugehen haben. Sollten aus Sicht des Landesarbeitsgerichts relevante Faktoren von den Parteien unterschiedlich vorgetragen werden, so wird es ggf. Beweis zu erheben haben, um eine richterliche Überzeugungsbildung hinsichtlich der maßgeblichen Faktoren herbeizuführen. Von weiteren Hinweisen sieht der Senat insoweit ab.

37

4. Mögliche Ansprüche des Klägers auf Grundlage des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes sind nicht mehr Verfahrensgegenstand. Das Landesarbeitsgericht hat sich mit solchen Ansprüchen auseinandergesetzt und deren Vorliegen verneint. Der Kläger hat sich im Rahmen seiner Revision hiergegen nicht gewandt, so dass hierüber im Revisionsverfahren nicht mehr zu entscheiden war.

        

    Linck    

        

    Brune    

        

    W. Reinfelder    

        

        

        

    A. Effenberger     

        

    Schürmann    

                 

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 10. April 2014 - 19 Sa 1266/13 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Bonusansprüche für das Geschäftsjahr 2011.

2

Der Kläger war - nachdem er zuvor sein Arbeitsverhältnis bei einer anderen Bank durch Eigenkündigung zum 31. Dezember 2009 beendet hatte - vom 1. Januar 2010 bis zum 30. September 2012 bei der deutschen Niederlassung der Beklagten, einer internationalen Großbank, bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Er war außertariflicher Angestellter und zuletzt als Managing Director im Bereich GBM-Equities tätig. Das Arbeitsverhältnis endete durch betriebsbedingte Kündigung der Beklagten vom 23. Mai 2012 mit dem 30. September 2012.

3

Der Arbeitsvertrag des Klägers vom 19. August 2009 enthielt auszugsweise folgende Regelungen:

        

§ 3 Arbeitsvergütung

        

1.    

Der Arbeitnehmer erhält für seine Tätigkeit jeweils am 15. eines jeden Monats ein festes und auf sein Bankkonto zahlbares monatliches Gehalt in Höhe von derzeit

                 

€ 16.667,00 brutto

                 

(in Worten: Sechzehntausendsechshundertsiebenundsechzig Euro brutto)

                 

…       

                          
        

3.    

Soweit die Gesellschaft Gratifikationen gewährt, erkennt der Arbeitnehmer hiermit an, dass solche Zahlungen freiwillig erfolgen und auch nach wiederholter Gewährung nicht zu einer Verpflichtung der Gesellschaft zur Fortsetzung derartiger Zahlungen führen. Berücksichtigt werden in diesen Fällen nur solche Arbeitnehmer, die sich im Zeitpunkt der Zahlung in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befinden. Im Übrigen werden solche freiwilligen Leistungen zeitanteilig für diejenigen Zeiträume gekürzt, in denen der Arbeitnehmer in den letzten 12 Monaten vor Fälligkeit der Zahlung keine Ansprüche auf laufende Vergütung hat. Die Gesellschaft gewährt keine Sonderzahlungen nach den gem. § 1 Ziffer 4 geltenden tariflichen Bestimmungen.

        

4.    

Die Regelungen der Ziffer 3 gelten auch für sonstige Sondervergütungen (Bonus, etc.).

        

5.    

…     

        

§ 4 Bonus & Deferral Plan

        

1.    

Der Arbeitnehmer nimmt nach Wahl der Gesellschaft am jeweils gültigen Bonussystem und/oder am Deferral Plan der Gesellschaft für außertarifliche Angestellte über einen kalenderjährlichen Bonus bzw. Deferral Award teil.

        

2.    

Ein Bonus kann nur dann zur Auszahlung gelangen bzw. ein Deferral Award zugeteilt werden, wenn und soweit die Gesellschaft insgesamt Mittel zur Ausschüttung von Bonuszahlungen/bzw. Zuteilung von Deferral Awards an die Arbeitnehmer der Gesellschaft für das bonusrelevante Kalenderjahr zur Verfügung stellt und der Arbeitnehmer die Voraussetzungen für die Auszahlung bzw. Zuteilung erfüllt.

        

3.    

Die Zahlung des Bonus bzw. Zuteilung eines Deferral Awards erfolgt freiwillig und kann auch nach wiederholter Gewährung nicht zu einer Verpflichtung der Gesellschaft zur Fortsetzung derartiger Zahlungen bzw. Zuteilungen führen.

        

4.    

Der Bonus für ein Kalenderjahr soll im Frühjahr des darauf folgenden Kalenderjahres zur Auszahlung gelangen, ist jedoch spätestens bis Ende Juni des folgenden Kalenderjahres zur Zahlung fällig. Die Zuteilung und Auszahlung des Deferral Awards erfolgt gemäß den Regelungen des Deferral Plans in seiner jeweils gültigen Fassung.

        

5.    

Ein Bonus wird nur dann gezahlt bzw. ein Deferral Award erteilt, wenn sich der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Fälligkeit in einem ungekündigten Anstellungsverhältnis zur Gesellschaft befindet. Gleiches gilt für die Auszahlung des Deferral Awards.

        

6.    

Die vorstehenden Bestimmungen zum Bonus bzw. Deferral Award gelten, soweit sich nicht gem. § 1 Ziffer 5 aus einer Betriebsvereinbarung etwas anderes ergibt.

        

…       

        

§ 16 Sondervereinbarungen

        

Vorbehaltlich der nachstehenden Bestimmungen erhält der Arbeitnehmer für das Leistungsjahr 2009 einen garantierten Bonus in Höhe von € 200.00[0],00 brutto abzüglich Steuern und sonstiger gesetzlicher Abzüge (der ‚garantierte Bonus‘).

        

Der garantierte Bonus wird in Form einer gestundeten Leistung im Rahmen des R Deferral Plans (der ‚Deferral Plan‘) gezahlt; er unterliegt den Regelungen des Deferral Plans in der jeweils geltenden Fassung und zwar unabhängig davon, ob diese vor oder nach Beginn dieses Vertrages umgesetzt wurden. Die Gesellschaft behält sich das Recht vor, nach ihrem freien und alleinigen Ermessen jederzeit (auch während eines Geschäftsjahres) die Regelungen des Deferral Plans zu ändern bzw. diesen jederzeit aufzuheben oder zu ersetzen. Zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass eine derartige Änderung jeweils auch rückwirkend gelten kann.

        

Zur Kenntnisnahme: Im Deferral Plan wird geregelt, wann eine gestundete Leistung oder ein Teil davon möglicherweise verfällt. Insbesondere hat der Arbeitnehmer, sofern sein Arbeitsverhältnis vor dem Termin, an dem die gestundete Leistung oder ein Teil davon zahlbar oder unverfallbar wird, geendet hat oder eine Partei ihr Arbeitsverhältnis im Rahmen dieses Vertrages gekündigt hat (sofern diese Kündigung nicht unter die Sektion ‚Verlassen des Unternehmens unter außergewöhnlichen Umständen‘ der Regelungen des Deferral Plans in seiner jeweils geltenden Fassung fällt), kein Anrecht auf die gestundete Leistung bzw. einen davon verbliebenen Teil oder auf sonstige Bonuszahlungen, die ihm ansonsten (möglicherweise) gezahlt worden wären. Fällt die Kündigung unter die Sektion ‚Verlassen des Unternehmens unter außergewöhnlichen Umständen‘ des Deferral Plans in seiner jeweils geltenden Fassung, so wird die gestundete Leistung nach Maßgabe der Regelungen des Deferral Plans (in seiner jeweils geltenden Fassung) unverfallbar.

        

Die Regeln des Deferral Plans enthalten auch Bestimmungen, nach denen verfallbare Elemente gestundeter Leistungen verfallen können. Diese Bestimmungen gelten für alle garantierten Bonuszahlungen, die der Arbeitnehmer erhält bzw. erhalten hat.

        

Allerdings beschränken sich diese Verfallsbestimmungen hinsichtlich des garantierten Bonus für das Leistungsjahr 2009 allein auf Situationen, in denen die individuelle Leistung des Arbeitnehmers direkt verbunden ist mit dem Team oder dem Geschäftsbereich, in dem der Arbeitnehmer arbeitet, in der bzw. in dem ein Verlust erlitten wurde.“

4

Mit Schreiben vom 26. Februar 2010 teilte die Beklagte dem Kläger unter der Überschrift „Performance Year 2009“ mit, dass sein Gesamtgehalt 400.004,00 Euro betrage und sich aus dem Grundgehalt 2010 iHv. 200.004,00 Euro und einem „Performance Award: Unconditional Guaranteed Award 2009“ iHv. 200.000,00 Euro zusammensetze. Letzterer wurde in drei Tranchen in den Jahren 2010 bis 2012 durch Zuteilung von Bonds gewährt. Der Kläger konnte diese jeweils unmittelbar nach Erhalt veräußern. Mit Schreiben vom 24. Februar 2011 erhielt der Kläger eine vergleichbare Mitteilung für das „Performance Year 2010“, wonach der „Discretionary Performance Award“ 9.920,00 Euro betrug.

5

Mit Schreiben der „R Group“ vom 23. Februar 2012 wurde dem Kläger sein Festgehalt als „Total Compensation“ mitgeteilt, nicht hingegen eine Bonusleistung. In dem Schreiben heißt es ua.:

        

„The fall in revenues in 2011 however, means that the discretionary bonus pool element of this is significantly lower in 2011 than in 2010 and this has made the award cycle a challenging one.“

6

Einem Teil der Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnisse nicht im Laufe des Jahres 2012 beendet wurden, gewährte die Beklagte Bonusleistungen, die der Höhe nach überwiegend zwischen einem Viertel und der Hälfte des Vorjahresbonus betrugen.

7

Im Rahmen einer Stufenklage machte der Kläger zunächst bestimmte Auskunftsansprüche betreffend den Bonusanspruch 2011 geltend. Das Arbeitsgericht entschied durch Teilurteil vom 17. Oktober 2012 über das Auskunftsverlangen. Dabei wies es die Klage hinsichtlich des Hauptantrags und eines ersten Hilfsantrags als unzulässig ab; einem zweiten Hilfsantrag gab es statt. Die Entscheidung ist rechtskräftig geworden und führte zur Erteilung einer Auskunft der Beklagten unter dem 6. November 2012.

8

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe für das Geschäftsjahr 2011 ein Bonus nach billigem Ermessen zu, der mindestens ein Viertel des Vorjahresbonus iHv. 209.920,00 Euro brutto betragen müsse. 200.000,00 Euro davon seien der arbeitsvertraglich vereinbarte Garantiebonus gewesen, 9.920,00 Euro brutto der zusätzliche leistungsbezogene Bonus. Soweit es im Anstellungsvertrag heiße, der garantierte Bonus werde für das Leistungsjahr 2009 gezahlt, handele es sich um eine unrichtige Formulierung. Sein Arbeitsverhältnis bei der Beklagten habe erst am 1. Januar 2010 begonnen, ein Bonus für das Jahr 2009 habe ihm nicht zugestanden. Ihm sei seinerzeit mitgeteilt worden, dass das Jahr 2009 aus bilanztechnischen Gründen im Anstellungsvertrag angegeben worden sei. Für das Jahr 2011 hätten die Arbeitnehmer, die nicht im Jahr 2012 ausgeschieden seien, eine Bonusleistung erhalten, wobei er mangels Kenntnissen keine genaueren Angaben zur Bonushöhe machen könne. Er habe in seinem Bereich gute Leistungen erbracht und im Geschäftsjahr 2011 entsprechende Erträge erwirtschaftet, wobei nach seinem Kenntnisstand der Umsatz in seiner Abteilung um 20 % zurückgegangen sei.

9

Im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage der Beklagten hat der Kläger die Auffassung vertreten, allein der erlittene Jahresverlust iHv. 656 Mio. Euro könne den Bonusanspruch nicht ausschließen. Zwar habe die Beklagte im Vorjahr einen Gewinn iHv. 198 Mio. Euro erzielt, in den Jahren davor seien jedoch deutlich höhere Verluste erwirtschaftet worden. Das operative Ergebnis der Beklagten vor der Vornahme von Wertberichtigungen habe im Übrigen im Geschäftsjahr 2011 1,488 Mio. Euro plus betragen. Hinzu komme, dass die Beklagte in der Vergangenheit trotz erheblich höherer Verluste als im Jahr 2011 gleichwohl regelmäßig Boni an ihre Arbeitnehmer gezahlt habe.

10

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihm für das Geschäftsjahr 2011 einen Bonus, der der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der aber mindestens 52.480,00 Euro brutto beträgt, nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

11

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, aufgrund des im Geschäftsjahr 2011 erlittenen Jahresverlustes iHv. 656 Mio. Euro stehe dem Kläger kein Bonusanspruch zu. Im Jahr 2010 habe sein Bonus im Übrigen lediglich 9.920,00 Euro betragen. Der Garantiebonus iHv. 200.000,00 Euro sei als Sign-On-Bonus für den Wechsel des Klägers zu der Rechtsvorgängerin der Beklagten sowie als Kompensation für den wechselbedingten Verlust des Bonusanspruchs beim Vorarbeitgeber für das Jahr 2009 gewährt worden. Im Übrigen hätten sämtliche Mitarbeiter der Abteilung des Klägers keinen Bonus für das Jahr 2011 erhalten. Gleiches gelte - trotz sehr guter Leistungsbewertungen - für zahlreiche andere, nicht von einer Kündigung betroffene Arbeitnehmer der Beklagten. Aufgrund der rechtskräftigen Teilabweisung des Auskunftsbegehrens schulde sie keine weiter gehenden Auskünfte als die bereits erteilten.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage iHv. 78.720,00 Euro brutto nebst Zinsen stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Klage nicht abgewiesen werden. Mangels entsprechender Feststellungen durch das Landesarbeitsgericht kann der Senat in der Sache nicht abschließend entscheiden. Das angegriffene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

14

I. Der Kläger hat dem Grunde nach einen Anspruch auf einen Bonus und/oder einen Deferral Award für das Geschäftsjahr 2011 aus § 4 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags iVm. § 315 BGB. Die Festsetzung der Leistung auf null durch die Beklagte entspricht nicht billigem Ermessen und ist unverbindlich (§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB). Die Bestimmung hat deshalb gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch Urteil zu erfolgen. Dies hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft unterlassen. Mangels ausreichender Feststellungen zu den bestimmungsrelevanten Tatsachen kann der Senat nicht selbst entscheiden.

15

1. § 4 des Arbeitsvertrags gewährt dem Kläger - unabhängig von der Wirksamkeit des „Freiwilligkeitsvorbehalts“ nach § 4 Ziff. 3 - keinen unbedingten Anspruch auf Zahlung eines Bonus oder eines Deferral Awards in einer bestimmten Höhe. Der Anspruch für das jeweilige Geschäftsjahr ergibt sich vielmehr erst nach einer Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts der Beklagten nach billigem Ermessen (§ 315 BGB). Dieses umfasst sowohl die Wahl der jeweiligen Leistungsart als auch die Höhe des auszuzahlenden Betrags bzw. des zuzuteilenden Deferral Awards. Dies ergibt eine Auslegung der vertraglichen Regelungen.

16

a) Der Arbeitsvertrag vom 19. August 2009 enthält Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. §§ 305 ff. BGB. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (st. Rspr., zB BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 29 mwN, BAGE 147, 322). Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gemäß § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders. Die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB setzt allerdings voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (st. Rspr., zB BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 30, aaO).

17

b) § 4 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags legt fest, dass der Arbeitnehmer am jeweils gültigen Bonussystem und/oder am Deferral Plan der Gesellschaft für außertarifliche Angestellte „teilnimmt“. Die Formulierung spricht deutlich dafür, dass ein Rechtsanspruch auf eine solche Teilnahme und die sich hieraus ergebende Leistung besteht (vgl. auch zur Bedeutung des Begriffs „gewährt“ BAG 20. Februar 2013 - 10 AZR 177/12 - Rn. 17). Dabei soll es der Beklagten überlassen bleiben zu bestimmen, ob für das jeweilige Geschäftsjahr ein Bonus oder ein Deferral Award oder eine Kombination aus beiden Leistungsarten gewährt wird. Gleiches gilt hinsichtlich der Höhe der Leistung, die im Arbeitsvertrag nicht festgelegt ist. Vielmehr bedarf es nach § 4 Ziff. 2 einer Entscheidung über den Umfang der zur Verfügung gestellten Mittel.

18

c) Der in § 4 Ziff. 3 des Arbeitsvertrags enthaltene Freiwilligkeitsvorbehalt schließt den vertraglichen Leistungsanspruch nicht aus.

19

aa) Die Klausel ist unklar iSv. § 305c Abs. 2 BGB. Sie kann zum einen so verstanden werden, dass hierdurch generell ein Anspruch für die Zukunft ausgeschlossen werden soll. Denkbar ist aber auch, sie so zu verstehen, dass sie den Rechtsgedanken des § 315 BGB wiedergibt und damit auch eine wiederholte Leistungsgewährung nicht ohne Weiteres zur Fortsetzung „derartiger“, dh. nach Höhe und Art gleichartiger Leistungen wie in der Vergangenheit, führen soll. Ein solches Klauselverständnis stünde der Annahme eines dem Grunde nach bestehenden dauerhaften Anspruchs nicht entgegen. Da gemäß § 305c Abs. 2 BGB Zweifel bei der Auslegung zulasten des Verwenders gehen, ist die letztgenannte Auslegung maßgeblich.

20

bb) Im Übrigen würde eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die es dem Arbeitgeber erlaubte, nach Ablauf eines Geschäftsjahres die versprochene Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen zu unterlassen, einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 BGB nicht standhalten. Es würde eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers darstellen, wenn der Arbeitgeber von der Leistungsbestimmung für ein bestimmtes Geschäftsjahr absehen dürfte, obwohl der Arbeitnehmer in diesem Geschäftsjahr seine Arbeitsleistung erbracht hat und die Leistung auch Teil der Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung des Arbeitnehmers war (vgl. BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 13 f. [zum Vergütungscharakter einer Leistung]; 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 52, BAGE 147, 322 [zur Situation bei einer Zielvereinbarung]). Gleiches würde für den Freiwilligkeitsvorbehalt nach § 3 Ziff. 3 iVm. Ziff. 4 des Arbeitsvertrags gelten, sofern man diesen überhaupt auf Leistungen nach § 4 für anwendbar hielte.

21

d) Die vertragliche Regelung überlässt damit der Beklagten ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSd. § 315 BGB, was grundsätzlich zulässig ist. Die Höhe und Art einer Bonuszahlung muss nicht abschließend im Arbeitsvertrag festgelegt werden (vgl. BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 35, BAGE 147, 322; 20. März 2013 - 10 AZR 8/12 - Rn. 24, 30). In einem solchen Fall hat die Leistungsbestimmung nach der gesetzlichen Regelung mangels abweichender Anhaltspunkte nach billigem Ermessen zu erfolgen (vgl. dazu BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 746/10 - Rn. 25, BAGE 139, 283). Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagten durch § 4 Ziff. 2 des Arbeitsvertrags in Abweichung von § 315 Abs. 1 BGB das Recht zugebilligt werden sollte, nach freiem Ermessen über die Bonusgewährung zu entscheiden, ergeben sich aus dem Vertrag nicht; ein solches Recht nimmt die Beklagte auch nicht für sich in Anspruch. Im Übrigen wäre dies eine Abweichung vom gesetzlichen Leitbild des § 315 Abs. 1 BGB(vgl. dazu BAG 20. März 2013 - 10 AZR 8/12 - Rn. 31), die wegen des fehlenden Korrektivs der vollen gerichtlichen Kontrolle der Leistungsbestimmung eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 Nr. 1 BGB darstellen würde und deshalb unwirksam wäre.

22

2. Einem Anspruch des Klägers steht ebenso wenig die Stichtagsregelung nach § 4 Ziff. 5 des Arbeitsvertrags entgegen. Ein Bonus soll danach nur gezahlt bzw. ein Deferral Award nur dann zugeteilt und ausgezahlt werden, wenn sich der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Anspruchs bzw. der Auszahlung des Awards in einem ungekündigten Anstellungsverhältnis befindet. Diese Voraussetzung erfüllt der Kläger möglicherweise nicht, da sein Arbeitsverhältnis jedenfalls zum Zeitpunkt der spätesten Fälligkeit eines Bonus im Juni 2012 bereits gekündigt war. Darauf kommt es aber nicht an, da die Regelung einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 BGB nicht standhält. Der streitgegenständliche Bonus stellt unzweifelhaft jedenfalls auch eine Gegenleistung für im Geschäftsjahr laufend erbrachte Arbeit dar. Eine solche Leistung kann in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht von einem ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt außerhalb des Jahres abhängig gemacht werden, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde (zuletzt BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 15; grundlegend 13. November 2013 - 10 AZR 848/12 - BAGE 146, 284; 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - BAGE 140, 231).

23

3. Dahinstehen kann, ob § 4 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags aufgrund der Formulierung, der Arbeitnehmer nehme am „jeweils gültigen“ Bonussystem und/oder Deferral Plan teil, einen Änderungsvorbehalt beinhaltet, wie weit dieser reichen würde und ob ein ggf. umfassender Änderungsvorbehalt am Maßstab des § 308 Nr. 4 BGB gemessen wirksam wäre(vgl. zu einem umfassenden Änderungsvorbehalt zB BAG 11. Februar 2009 - 10 AZR 222/08 - Rn. 23 ff.). Die Beklagte macht nicht geltend, dass eine solche Änderung des Bonussystems bzw. des Deferral Plans dem Anspruch des Klägers entgegenstünde.

24

4. Der Kläger hat mit der Erhebung der Stufenklage die zweistufige Ausschlussfrist nach § 15 des Arbeitsvertrags gewahrt. Die Erhebung der Stufenklage begründet nicht nur die Rechtshängigkeit des Auskunftsanspruchs, sondern auch des unbezifferten Hauptanspruchs (BAG 12. Dezember 2000 - 9 AZR 1/00 - zu I 1 c bb der Gründe, BAGE 96, 352; Zöller/Greger ZPO 31. Aufl. § 254 Rn. 1) und wahrt damit eine entsprechende Ausschlussfrist (BAG 22. Januar 2008 - 9 AZR 416/07 - Rn. 35; 23. Februar 1977 - 3 AZR 764/75 - zu 4 der Gründe).

25

II. Die von der Beklagten vorgenommene Festsetzung des Bonusanspruchs des Klägers für das Geschäftsjahr 2011 auf null ist unverbindlich iSv. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB.

26

1. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der Bestimmungsberechtigte die Ermessensentscheidung zu treffen hat. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht, trägt der Bestimmungsberechtigte (st. Rspr., zuletzt zB BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 28). Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen (vgl. insgesamt dazu: BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 41 mwN, BAGE 147, 322; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

27

2. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die von ihr getroffene Leistungsbestimmung billigem Ermessen entspricht. Hiervon gehen das Arbeitsgericht ausdrücklich und das Landesarbeitsgericht unausgesprochen aus, da es sich andernfalls nicht mit der Frage der Höhe einer festzusetzenden Leistung hätte beschäftigen dürfen. Die Beklagte hat sich nicht dazu geäußert, ob sie sich für das Geschäftsjahr 2011 für ein Bonussystem und/oder einen Deferral Plan entschieden hat. Ebenso wenig hat sie dargelegt, in welchem Umfang sie Mittel zur Verfügung gestellt hat, obwohl der Inhalt des Schreibens vom 23. Februar 2012 hierauf hindeutet und unstreitig einem Teil der Arbeitnehmer entsprechende Leistungen gewährt wurden. Auch hat sie nicht vorgetragen, welche Arbeitnehmer nach welchen Kriterien an einem solchen System teilnehmen sollten. Allein der Hinweis auf einen in diesem Geschäftsjahr erzielten Verlust kann näheren Sachvortrag nicht ersetzen (vgl. dazu auch BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 62, BAGE 147, 322).

28

3. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat die teilweise Abweisung der Auskunftsklage im Teilurteil des Arbeitsgerichts nicht zur Folge, dass nunmehr der Kläger die Darlegungs- und Beweislast für die Unbilligkeit der von der Beklagten getroffenen Leistungsbestimmung nach § 315 BGB trägt. Die Auskunftsklage und die Klage auf richterliche Ersatzleistungsbestimmung haben unterschiedliche Streitgegenstände. Die im Rahmen einer Stufenklage ergangene Entscheidung über den Auskunftsanspruch erwächst im Hinblick auf den auf der letzten Stufe verfolgten Anspruch nicht in Rechtskraft und entfaltet insoweit auch keine Bindung iSv. § 318 ZPO. Damit ist es rechtlich nicht ausgeschlossen, dass die maßgeblichen Vorfragen im weiteren Verfahren über diesen Anspruch anders als im Teilurteil beurteilt werden (BGH 16. Juni 2010 - VIII ZR 62/09 - Rn. 24; Wieczorek/Schütze/Assmann ZPO 4. Aufl. § 254 Rn. 76; Stein/Jonas/Roth ZPO 22. Aufl. § 254 Rn. 31). Ungeachtet der teilweisen Abweisung der vorangegangenen Auskunftsklage hat deshalb die Beklagte als bestimmende Partei die Umstände dazulegen und zu beweisen, die ihre Leistungsbestimmung und deren Billigkeit tragen (vgl. Staudinger/Rieble (2015) BGB § 315 Rn. 388). Erbringt der Arbeitgeber, der sich eine solche einseitige Leistungsbestimmung vorbehält, keinen oder keinen hinreichenden Vortrag dazu, warum eine bestimmte Leistungsfestsetzung billigem Ermessen entsprechen soll, ist die gesetzliche Folge nach § 315 Abs. 3 BGB die Unverbindlichkeit der vom Bestimmungsberechtigten getroffenen Leistungsbestimmung.

29

III. Aufgrund der Unverbindlichkeit der Leistungsbestimmung der Beklagten hat gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB die Bestimmung der Höhe des Anspruchs für das Geschäftsjahr 2011 durch Urteil zu erfolgen(BAG 11. Dezember 2013 - 10 AZR 364/13 - Rn. 33 ff.). Eine solche Leistungsbestimmung hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft unterlassen. Die Leistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB ist wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls vorrangig den Tatsachengerichten vorbehalten(BAG 15. Mai 2013 - 10 AZR 679/12 - Rn. 35 mwN; vgl. auch BAG 18. Mai 2016 - 10 AZR 183/15 - Rn. 42 [zu § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB]). Eine Entscheidung durch das Revisionsgericht kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn alle maßgeblichen Tatsachen feststehen (vgl. zu einem solchen Fall BAG 11. Dezember 2013 - 10 AZR 364/13 - Rn. 30). Hieran fehlt es vorliegend, da das Landesarbeitsgericht keine hinreichenden Feststellungen zu den für die Bestimmung maßgeblichen Umständen getroffen hat. Das angegriffene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

30

1. Die richterliche Ersatzleistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB ist vom Gericht auf Grundlage des Vortrags der Parteien zu treffen(BGH 8. November 2011 - EnZR 32/10 - Rn. 24; 20. Juli 2010 - EnZR 23/09 - Rn. 39). Durch richterliche Ermessensentscheidung wird direkt über den geltend gemachten Anspruch entschieden und nicht nur - etwa im Sinne einer Rechtskontrolle - überprüft, ob die Festsetzung des Leistungsberechtigten zutrifft. Diese Prüfung hat bereits in der ersten Stufe nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB stattzufinden und ist Voraussetzung dafür, dass es überhaupt zu einer gerichtlichen Leistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB kommen kann. Die Ausübung des eigenen richterlichen Ermessens findet auf Grundlage des gesamten Prozessstoffs statt. Eine Darlegungs- und Beweislast im prozessualen Sinn besteht insoweit nicht, doch ist jede Partei gehalten, die für ihre Position sprechenden Umstände vorzutragen, weil das Gericht nur die ihm bekannten Umstände in seine Bestimmung einbringen kann (Staudinger/Rieble § 315 Rn. 521; BGB-RGRK/Ballhaus 12. Aufl. § 315 BGB Rn. 19; BAG 18. Mai 2016 - 10 AZR 183/15 - Rn. 44 [zu § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB]). Bringt der Bestimmungsberechtigte bestimmte Aspekte, die in seinem Konzept der Leistungsbestimmung möglicherweise zu berücksichtigen wären, nicht ein, können sie nicht berücksichtigt werden (vgl. BGH 20. Juli 2010 - EnZR 23/09 - Rn. 40 [zur fehlenden Offenlegung der Kalkulationsgrundlagen eines Netzbetreibers]). Dies geht zu seinen Lasten. Fehlender Vortrag des Bestimmungsberechtigten führt nicht zur Entstehung einer besonderen Darlegungslast für den Anspruchsteller. Dieser hat lediglich im eigenen Interesse die Obliegenheit, die für ihn günstigen Umstände vorzutragen. Deshalb kann der Anspruchsteller regelmäßig auch nicht auf die Erhebung einer Auskunftsklage verwiesen werden (dazu Staudinger/Rieble § 315 Rn. 388). Es ist vielmehr Sache des Gerichts, auf Grundlage des vorhandenen Prozessstoffs und des Vortrags beider Parteien die Leistungsbestimmung vorzunehmen und den vertraglich vorgegebenen Rahmen auszufüllen (MüKoBGB/Würdinger 7. Aufl. § 315 Rn. 51). Lediglich ausnahmsweise hat in entsprechender Anwendung des § 287 ZPO eine Festsetzung zu unterbleiben, wenn es auch nach vollständiger Ausschöpfung des Prozessstoffs an jeglichen greifbaren Anhaltspunkten für die Leistungsbestimmung fehlt(vgl. BGH 8. November 2011 - EnZR 32/10 - Rn. 25).

31

2. Diese Grundsätze hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft verkannt. Es hat unberücksichtigt gelassen, dass die Beklagte als Bestimmungsberechtigte keinen hinreichenden Vortrag zum Bonussystem bzw. Deferral Plan für das Geschäftsjahr 2011 gehalten hat. Stattdessen hat es vom Kläger Vortrag zu Tatsachen verlangt, wie beispielsweise zur Höhe eines Bonustopfes, die ein Arbeitnehmer im Regelfall nicht kennt. Faktisch hat es dem Kläger damit rechtsfehlerhaft eine Darlegungslast für Umstände auferlegt, die die Beklagte im Rahmen der gerichtlichen Ersatzleistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB im eigenen Interesse hätte vortragen können und müssen, wenn sie diese Umstände hätte berücksichtigt wissen wollen. Darüber hinaus hat das Landesarbeitsgericht den vorhandenen Prozessstoff nicht ausgeschöpft. Es ist von den Parteien zur Höhe der Bonuszahlungen in der Vergangenheit, zum Umfang von Leistungen an andere Arbeitnehmer, zum Unternehmenserfolg, zur Leistung des Klägers und zu den Umsätzen in seiner Abteilung vorgetragen worden. Darüber hinaus hätte es den zuletzt erfolgten Vortrag des Klägers zum Umfang des Bonustopfes in den Blick nehmen müssen.

32

3. Dies führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht. Der Senat macht dabei von der Möglichkeit der Zurückverweisung an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch.

33

IV. Für das weitere Verfahren ist auf Folgendes hinzuweisen:

34

1. Teil des Leistungsbestimmungsrechts der Beklagten ist die Entscheidung, ob der Kläger am jeweils gültigen Bonussystem und/oder am Deferral Plan der Gesellschaft für außertarifliche Angestellte teilnimmt (§ 4 Ziff. 1 Arbeitsvertrag). Nach dem bisherigen Sachvortrag der Beklagten dürfte die Annahme des Arbeitsgerichts nicht zu beanstanden sein, die Beklagte habe bis zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Anspruchs (§ 4 Ziff. 4 Arbeitsvertrag) die Leistungsbestimmung hinsichtlich der Art der Leistung nicht vorgenommen und damit die Bestimmung iSv. § 315 Abs. 3 Satz 2 letzter Halbs. BGB verzögert. Im Hinblick auf das zwischenzeitlich erfolgte Ausscheiden des Klägers liegt es deshalb nahe, einen möglichen Bonusanspruch als Geldleistung und nicht als Deferral Award festzusetzen. Sollte das Landesarbeitsgericht dies anders sehen, wird es nach § 139 ZPO einen entsprechenden Hinweis zu erteilen und dem Kläger Gelegenheit zu geben haben, seinen Antrag anzupassen.

35

2. Im Fall einer gerichtlichen Leistungsbestimmung können die in den Vorjahren gezahlten Boni einen wichtigen Faktor darstellen, da durch sie regelmäßig zum Ausdruck gebracht wird, welche Höhe eine solche Leistung unter welchen konkreten Umständen (Leistung des Arbeitnehmers, Unternehmenserfolg etc.) erreichen kann. Insoweit hat das Arbeitsgericht allerdings rechtsfehlerhaft angenommen, dass der Kläger im Kalenderjahr 2010 einen Bonus in Höhe von 209.920,00 Euro erhalten hat. Vielmehr erfolgte für das Geschäftsjahr 2010 nur eine Bonuszahlung in Höhe von 9.920,00 Euro (vgl. Schreiben der Beklagten vom 24. Februar 2011). Der garantierte Bonus wurde hingegen nach der eindeutigen vertraglichen Regelung, dem Inhalt des Schreibens vom 26. Februar 2010 und dem Zeitpunkt der Teilleistungen, die zur Hälfte noch im Jahre 2010 erfolgten, für 2009 gezahlt. Selbst wenn der klägerische Vortrag zuträfe, wonach ihm mitgeteilt worden sei, die Angabe des Jahres 2009 sei aus „bilanztechnischen Gründen“ erfolgt, führte dies zu keinem anderen Ergebnis. Auch und gerade die bilanztechnische Zuordnung zu einem bestimmten Kalenderjahr bringt jedenfalls zum Ausdruck, dass die Zahlung nicht für ein Folgejahr erfolgen soll. Entgegen der Auffassung des Klägers spielt auch keine Rolle, dass er im Geschäftsjahr 2009 noch nicht für die Beklagte tätig war. Die Vereinbarung eines entsprechenden Leistungsanspruchs ist im Rahmen der Vertragsfreiheit ohne Weiteres möglich. Die Parteien bringen damit jedenfalls zum Ausdruck, welche Bonushöhe der Kläger, wäre er im Jahr 2009 bereits für die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin tätig gewesen, in diesem Kalenderjahr in der gegebenen wirtschaftlichen Situation des Unternehmens hätte erzielen können. Im Übrigen war nach § 1 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags eine Tätigkeitsaufnahme vor dem 1. Januar 2010 als Möglichkeit vorgesehen. Entgegen der Auffassung der Beklagten ergeben sich aus dem Arbeitsvertrag vom 19. August 2009 aber auch keine Anhaltspunkte dafür, die Leistung an den Kläger als reine Antrittsprämie (Sign-On-Bonus) ohne Leistungsbezug zu werten. Der Wortlaut der Vereinbarung gibt für eine solche Annahme nichts her. Vielmehr wird die Leistung nach § 16 Abs. 2 des Arbeitsvertrags ausdrücklich den Regeln des Deferral Plans(§ 4 Ziff. 1 Arbeitsvertrag) unterstellt und es wird in § 16 Abs. 5 des Arbeitsvertrags hinsichtlich der Verfallmöglichkeiten eines Teils des garantierten Bonus ein deutlicher Leistungsbezug hergestellt.

36

3. Als weiteres Element für die gerichtliche Leistungsbestimmung wird der Vortrag des Klägers zu seinen Leistungen und zu den Umsatzzahlen seiner Abteilung heranzuziehen sein. Gleiches gilt für die Höhe der Leistungen an andere Arbeitnehmer. Darüber hinaus wird der Vortrag der Parteien zu den wirtschaftlichen Kennzahlen der Beklagten zu berücksichtigen sein, wobei der Umstand wird Beachtung finden müssen, dass der Kläger für das Geschäftsjahr 2009 trotz erheblicher Verluste einen Bonus in erheblicher Höhe erhalten hat. Schließlich wird das Landesarbeitsgericht ggf. dem zuletzt erfolgten Vortrag des Klägers zum Umfang des Bonustopfes für das Geschäftsjahr 2011 nachzugehen haben. Sollten aus Sicht des Landesarbeitsgerichts relevante Faktoren von den Parteien unterschiedlich vorgetragen werden, so wird es ggf. Beweis zu erheben haben, um eine richterliche Überzeugungsbildung hinsichtlich der maßgeblichen Faktoren herbeizuführen. Von weiteren Hinweisen sieht der Senat insoweit ab.

37

4. Mögliche Ansprüche des Klägers auf Grundlage des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes sind nicht mehr Verfahrensgegenstand. Das Landesarbeitsgericht hat sich mit solchen Ansprüchen auseinandergesetzt und deren Vorliegen verneint. Der Kläger hat sich im Rahmen seiner Revision hiergegen nicht gewandt, so dass hierüber im Revisionsverfahren nicht mehr zu entscheiden war.

        

    Linck    

        

    Brune    

        

    W. Reinfelder    

        

        

        

    A. Effenberger     

        

    Schürmann    

                 

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 10. April 2014 - 19 Sa 1266/13 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Bonusansprüche für das Geschäftsjahr 2011.

2

Der Kläger war - nachdem er zuvor sein Arbeitsverhältnis bei einer anderen Bank durch Eigenkündigung zum 31. Dezember 2009 beendet hatte - vom 1. Januar 2010 bis zum 30. September 2012 bei der deutschen Niederlassung der Beklagten, einer internationalen Großbank, bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Er war außertariflicher Angestellter und zuletzt als Managing Director im Bereich GBM-Equities tätig. Das Arbeitsverhältnis endete durch betriebsbedingte Kündigung der Beklagten vom 23. Mai 2012 mit dem 30. September 2012.

3

Der Arbeitsvertrag des Klägers vom 19. August 2009 enthielt auszugsweise folgende Regelungen:

        

§ 3 Arbeitsvergütung

        

1.    

Der Arbeitnehmer erhält für seine Tätigkeit jeweils am 15. eines jeden Monats ein festes und auf sein Bankkonto zahlbares monatliches Gehalt in Höhe von derzeit

                 

€ 16.667,00 brutto

                 

(in Worten: Sechzehntausendsechshundertsiebenundsechzig Euro brutto)

                 

…       

                          
        

3.    

Soweit die Gesellschaft Gratifikationen gewährt, erkennt der Arbeitnehmer hiermit an, dass solche Zahlungen freiwillig erfolgen und auch nach wiederholter Gewährung nicht zu einer Verpflichtung der Gesellschaft zur Fortsetzung derartiger Zahlungen führen. Berücksichtigt werden in diesen Fällen nur solche Arbeitnehmer, die sich im Zeitpunkt der Zahlung in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befinden. Im Übrigen werden solche freiwilligen Leistungen zeitanteilig für diejenigen Zeiträume gekürzt, in denen der Arbeitnehmer in den letzten 12 Monaten vor Fälligkeit der Zahlung keine Ansprüche auf laufende Vergütung hat. Die Gesellschaft gewährt keine Sonderzahlungen nach den gem. § 1 Ziffer 4 geltenden tariflichen Bestimmungen.

        

4.    

Die Regelungen der Ziffer 3 gelten auch für sonstige Sondervergütungen (Bonus, etc.).

        

5.    

…     

        

§ 4 Bonus & Deferral Plan

        

1.    

Der Arbeitnehmer nimmt nach Wahl der Gesellschaft am jeweils gültigen Bonussystem und/oder am Deferral Plan der Gesellschaft für außertarifliche Angestellte über einen kalenderjährlichen Bonus bzw. Deferral Award teil.

        

2.    

Ein Bonus kann nur dann zur Auszahlung gelangen bzw. ein Deferral Award zugeteilt werden, wenn und soweit die Gesellschaft insgesamt Mittel zur Ausschüttung von Bonuszahlungen/bzw. Zuteilung von Deferral Awards an die Arbeitnehmer der Gesellschaft für das bonusrelevante Kalenderjahr zur Verfügung stellt und der Arbeitnehmer die Voraussetzungen für die Auszahlung bzw. Zuteilung erfüllt.

        

3.    

Die Zahlung des Bonus bzw. Zuteilung eines Deferral Awards erfolgt freiwillig und kann auch nach wiederholter Gewährung nicht zu einer Verpflichtung der Gesellschaft zur Fortsetzung derartiger Zahlungen bzw. Zuteilungen führen.

        

4.    

Der Bonus für ein Kalenderjahr soll im Frühjahr des darauf folgenden Kalenderjahres zur Auszahlung gelangen, ist jedoch spätestens bis Ende Juni des folgenden Kalenderjahres zur Zahlung fällig. Die Zuteilung und Auszahlung des Deferral Awards erfolgt gemäß den Regelungen des Deferral Plans in seiner jeweils gültigen Fassung.

        

5.    

Ein Bonus wird nur dann gezahlt bzw. ein Deferral Award erteilt, wenn sich der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Fälligkeit in einem ungekündigten Anstellungsverhältnis zur Gesellschaft befindet. Gleiches gilt für die Auszahlung des Deferral Awards.

        

6.    

Die vorstehenden Bestimmungen zum Bonus bzw. Deferral Award gelten, soweit sich nicht gem. § 1 Ziffer 5 aus einer Betriebsvereinbarung etwas anderes ergibt.

        

…       

        

§ 16 Sondervereinbarungen

        

Vorbehaltlich der nachstehenden Bestimmungen erhält der Arbeitnehmer für das Leistungsjahr 2009 einen garantierten Bonus in Höhe von € 200.00[0],00 brutto abzüglich Steuern und sonstiger gesetzlicher Abzüge (der ‚garantierte Bonus‘).

        

Der garantierte Bonus wird in Form einer gestundeten Leistung im Rahmen des R Deferral Plans (der ‚Deferral Plan‘) gezahlt; er unterliegt den Regelungen des Deferral Plans in der jeweils geltenden Fassung und zwar unabhängig davon, ob diese vor oder nach Beginn dieses Vertrages umgesetzt wurden. Die Gesellschaft behält sich das Recht vor, nach ihrem freien und alleinigen Ermessen jederzeit (auch während eines Geschäftsjahres) die Regelungen des Deferral Plans zu ändern bzw. diesen jederzeit aufzuheben oder zu ersetzen. Zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass eine derartige Änderung jeweils auch rückwirkend gelten kann.

        

Zur Kenntnisnahme: Im Deferral Plan wird geregelt, wann eine gestundete Leistung oder ein Teil davon möglicherweise verfällt. Insbesondere hat der Arbeitnehmer, sofern sein Arbeitsverhältnis vor dem Termin, an dem die gestundete Leistung oder ein Teil davon zahlbar oder unverfallbar wird, geendet hat oder eine Partei ihr Arbeitsverhältnis im Rahmen dieses Vertrages gekündigt hat (sofern diese Kündigung nicht unter die Sektion ‚Verlassen des Unternehmens unter außergewöhnlichen Umständen‘ der Regelungen des Deferral Plans in seiner jeweils geltenden Fassung fällt), kein Anrecht auf die gestundete Leistung bzw. einen davon verbliebenen Teil oder auf sonstige Bonuszahlungen, die ihm ansonsten (möglicherweise) gezahlt worden wären. Fällt die Kündigung unter die Sektion ‚Verlassen des Unternehmens unter außergewöhnlichen Umständen‘ des Deferral Plans in seiner jeweils geltenden Fassung, so wird die gestundete Leistung nach Maßgabe der Regelungen des Deferral Plans (in seiner jeweils geltenden Fassung) unverfallbar.

        

Die Regeln des Deferral Plans enthalten auch Bestimmungen, nach denen verfallbare Elemente gestundeter Leistungen verfallen können. Diese Bestimmungen gelten für alle garantierten Bonuszahlungen, die der Arbeitnehmer erhält bzw. erhalten hat.

        

Allerdings beschränken sich diese Verfallsbestimmungen hinsichtlich des garantierten Bonus für das Leistungsjahr 2009 allein auf Situationen, in denen die individuelle Leistung des Arbeitnehmers direkt verbunden ist mit dem Team oder dem Geschäftsbereich, in dem der Arbeitnehmer arbeitet, in der bzw. in dem ein Verlust erlitten wurde.“

4

Mit Schreiben vom 26. Februar 2010 teilte die Beklagte dem Kläger unter der Überschrift „Performance Year 2009“ mit, dass sein Gesamtgehalt 400.004,00 Euro betrage und sich aus dem Grundgehalt 2010 iHv. 200.004,00 Euro und einem „Performance Award: Unconditional Guaranteed Award 2009“ iHv. 200.000,00 Euro zusammensetze. Letzterer wurde in drei Tranchen in den Jahren 2010 bis 2012 durch Zuteilung von Bonds gewährt. Der Kläger konnte diese jeweils unmittelbar nach Erhalt veräußern. Mit Schreiben vom 24. Februar 2011 erhielt der Kläger eine vergleichbare Mitteilung für das „Performance Year 2010“, wonach der „Discretionary Performance Award“ 9.920,00 Euro betrug.

5

Mit Schreiben der „R Group“ vom 23. Februar 2012 wurde dem Kläger sein Festgehalt als „Total Compensation“ mitgeteilt, nicht hingegen eine Bonusleistung. In dem Schreiben heißt es ua.:

        

„The fall in revenues in 2011 however, means that the discretionary bonus pool element of this is significantly lower in 2011 than in 2010 and this has made the award cycle a challenging one.“

6

Einem Teil der Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnisse nicht im Laufe des Jahres 2012 beendet wurden, gewährte die Beklagte Bonusleistungen, die der Höhe nach überwiegend zwischen einem Viertel und der Hälfte des Vorjahresbonus betrugen.

7

Im Rahmen einer Stufenklage machte der Kläger zunächst bestimmte Auskunftsansprüche betreffend den Bonusanspruch 2011 geltend. Das Arbeitsgericht entschied durch Teilurteil vom 17. Oktober 2012 über das Auskunftsverlangen. Dabei wies es die Klage hinsichtlich des Hauptantrags und eines ersten Hilfsantrags als unzulässig ab; einem zweiten Hilfsantrag gab es statt. Die Entscheidung ist rechtskräftig geworden und führte zur Erteilung einer Auskunft der Beklagten unter dem 6. November 2012.

8

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe für das Geschäftsjahr 2011 ein Bonus nach billigem Ermessen zu, der mindestens ein Viertel des Vorjahresbonus iHv. 209.920,00 Euro brutto betragen müsse. 200.000,00 Euro davon seien der arbeitsvertraglich vereinbarte Garantiebonus gewesen, 9.920,00 Euro brutto der zusätzliche leistungsbezogene Bonus. Soweit es im Anstellungsvertrag heiße, der garantierte Bonus werde für das Leistungsjahr 2009 gezahlt, handele es sich um eine unrichtige Formulierung. Sein Arbeitsverhältnis bei der Beklagten habe erst am 1. Januar 2010 begonnen, ein Bonus für das Jahr 2009 habe ihm nicht zugestanden. Ihm sei seinerzeit mitgeteilt worden, dass das Jahr 2009 aus bilanztechnischen Gründen im Anstellungsvertrag angegeben worden sei. Für das Jahr 2011 hätten die Arbeitnehmer, die nicht im Jahr 2012 ausgeschieden seien, eine Bonusleistung erhalten, wobei er mangels Kenntnissen keine genaueren Angaben zur Bonushöhe machen könne. Er habe in seinem Bereich gute Leistungen erbracht und im Geschäftsjahr 2011 entsprechende Erträge erwirtschaftet, wobei nach seinem Kenntnisstand der Umsatz in seiner Abteilung um 20 % zurückgegangen sei.

9

Im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage der Beklagten hat der Kläger die Auffassung vertreten, allein der erlittene Jahresverlust iHv. 656 Mio. Euro könne den Bonusanspruch nicht ausschließen. Zwar habe die Beklagte im Vorjahr einen Gewinn iHv. 198 Mio. Euro erzielt, in den Jahren davor seien jedoch deutlich höhere Verluste erwirtschaftet worden. Das operative Ergebnis der Beklagten vor der Vornahme von Wertberichtigungen habe im Übrigen im Geschäftsjahr 2011 1,488 Mio. Euro plus betragen. Hinzu komme, dass die Beklagte in der Vergangenheit trotz erheblich höherer Verluste als im Jahr 2011 gleichwohl regelmäßig Boni an ihre Arbeitnehmer gezahlt habe.

10

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihm für das Geschäftsjahr 2011 einen Bonus, der der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der aber mindestens 52.480,00 Euro brutto beträgt, nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

11

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, aufgrund des im Geschäftsjahr 2011 erlittenen Jahresverlustes iHv. 656 Mio. Euro stehe dem Kläger kein Bonusanspruch zu. Im Jahr 2010 habe sein Bonus im Übrigen lediglich 9.920,00 Euro betragen. Der Garantiebonus iHv. 200.000,00 Euro sei als Sign-On-Bonus für den Wechsel des Klägers zu der Rechtsvorgängerin der Beklagten sowie als Kompensation für den wechselbedingten Verlust des Bonusanspruchs beim Vorarbeitgeber für das Jahr 2009 gewährt worden. Im Übrigen hätten sämtliche Mitarbeiter der Abteilung des Klägers keinen Bonus für das Jahr 2011 erhalten. Gleiches gelte - trotz sehr guter Leistungsbewertungen - für zahlreiche andere, nicht von einer Kündigung betroffene Arbeitnehmer der Beklagten. Aufgrund der rechtskräftigen Teilabweisung des Auskunftsbegehrens schulde sie keine weiter gehenden Auskünfte als die bereits erteilten.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage iHv. 78.720,00 Euro brutto nebst Zinsen stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Klage nicht abgewiesen werden. Mangels entsprechender Feststellungen durch das Landesarbeitsgericht kann der Senat in der Sache nicht abschließend entscheiden. Das angegriffene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

14

I. Der Kläger hat dem Grunde nach einen Anspruch auf einen Bonus und/oder einen Deferral Award für das Geschäftsjahr 2011 aus § 4 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags iVm. § 315 BGB. Die Festsetzung der Leistung auf null durch die Beklagte entspricht nicht billigem Ermessen und ist unverbindlich (§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB). Die Bestimmung hat deshalb gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch Urteil zu erfolgen. Dies hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft unterlassen. Mangels ausreichender Feststellungen zu den bestimmungsrelevanten Tatsachen kann der Senat nicht selbst entscheiden.

15

1. § 4 des Arbeitsvertrags gewährt dem Kläger - unabhängig von der Wirksamkeit des „Freiwilligkeitsvorbehalts“ nach § 4 Ziff. 3 - keinen unbedingten Anspruch auf Zahlung eines Bonus oder eines Deferral Awards in einer bestimmten Höhe. Der Anspruch für das jeweilige Geschäftsjahr ergibt sich vielmehr erst nach einer Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts der Beklagten nach billigem Ermessen (§ 315 BGB). Dieses umfasst sowohl die Wahl der jeweiligen Leistungsart als auch die Höhe des auszuzahlenden Betrags bzw. des zuzuteilenden Deferral Awards. Dies ergibt eine Auslegung der vertraglichen Regelungen.

16

a) Der Arbeitsvertrag vom 19. August 2009 enthält Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. §§ 305 ff. BGB. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (st. Rspr., zB BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 29 mwN, BAGE 147, 322). Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gemäß § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders. Die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB setzt allerdings voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (st. Rspr., zB BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 30, aaO).

17

b) § 4 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags legt fest, dass der Arbeitnehmer am jeweils gültigen Bonussystem und/oder am Deferral Plan der Gesellschaft für außertarifliche Angestellte „teilnimmt“. Die Formulierung spricht deutlich dafür, dass ein Rechtsanspruch auf eine solche Teilnahme und die sich hieraus ergebende Leistung besteht (vgl. auch zur Bedeutung des Begriffs „gewährt“ BAG 20. Februar 2013 - 10 AZR 177/12 - Rn. 17). Dabei soll es der Beklagten überlassen bleiben zu bestimmen, ob für das jeweilige Geschäftsjahr ein Bonus oder ein Deferral Award oder eine Kombination aus beiden Leistungsarten gewährt wird. Gleiches gilt hinsichtlich der Höhe der Leistung, die im Arbeitsvertrag nicht festgelegt ist. Vielmehr bedarf es nach § 4 Ziff. 2 einer Entscheidung über den Umfang der zur Verfügung gestellten Mittel.

18

c) Der in § 4 Ziff. 3 des Arbeitsvertrags enthaltene Freiwilligkeitsvorbehalt schließt den vertraglichen Leistungsanspruch nicht aus.

19

aa) Die Klausel ist unklar iSv. § 305c Abs. 2 BGB. Sie kann zum einen so verstanden werden, dass hierdurch generell ein Anspruch für die Zukunft ausgeschlossen werden soll. Denkbar ist aber auch, sie so zu verstehen, dass sie den Rechtsgedanken des § 315 BGB wiedergibt und damit auch eine wiederholte Leistungsgewährung nicht ohne Weiteres zur Fortsetzung „derartiger“, dh. nach Höhe und Art gleichartiger Leistungen wie in der Vergangenheit, führen soll. Ein solches Klauselverständnis stünde der Annahme eines dem Grunde nach bestehenden dauerhaften Anspruchs nicht entgegen. Da gemäß § 305c Abs. 2 BGB Zweifel bei der Auslegung zulasten des Verwenders gehen, ist die letztgenannte Auslegung maßgeblich.

20

bb) Im Übrigen würde eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die es dem Arbeitgeber erlaubte, nach Ablauf eines Geschäftsjahres die versprochene Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen zu unterlassen, einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 BGB nicht standhalten. Es würde eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers darstellen, wenn der Arbeitgeber von der Leistungsbestimmung für ein bestimmtes Geschäftsjahr absehen dürfte, obwohl der Arbeitnehmer in diesem Geschäftsjahr seine Arbeitsleistung erbracht hat und die Leistung auch Teil der Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung des Arbeitnehmers war (vgl. BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 13 f. [zum Vergütungscharakter einer Leistung]; 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 52, BAGE 147, 322 [zur Situation bei einer Zielvereinbarung]). Gleiches würde für den Freiwilligkeitsvorbehalt nach § 3 Ziff. 3 iVm. Ziff. 4 des Arbeitsvertrags gelten, sofern man diesen überhaupt auf Leistungen nach § 4 für anwendbar hielte.

21

d) Die vertragliche Regelung überlässt damit der Beklagten ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSd. § 315 BGB, was grundsätzlich zulässig ist. Die Höhe und Art einer Bonuszahlung muss nicht abschließend im Arbeitsvertrag festgelegt werden (vgl. BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 35, BAGE 147, 322; 20. März 2013 - 10 AZR 8/12 - Rn. 24, 30). In einem solchen Fall hat die Leistungsbestimmung nach der gesetzlichen Regelung mangels abweichender Anhaltspunkte nach billigem Ermessen zu erfolgen (vgl. dazu BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 746/10 - Rn. 25, BAGE 139, 283). Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagten durch § 4 Ziff. 2 des Arbeitsvertrags in Abweichung von § 315 Abs. 1 BGB das Recht zugebilligt werden sollte, nach freiem Ermessen über die Bonusgewährung zu entscheiden, ergeben sich aus dem Vertrag nicht; ein solches Recht nimmt die Beklagte auch nicht für sich in Anspruch. Im Übrigen wäre dies eine Abweichung vom gesetzlichen Leitbild des § 315 Abs. 1 BGB(vgl. dazu BAG 20. März 2013 - 10 AZR 8/12 - Rn. 31), die wegen des fehlenden Korrektivs der vollen gerichtlichen Kontrolle der Leistungsbestimmung eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 Nr. 1 BGB darstellen würde und deshalb unwirksam wäre.

22

2. Einem Anspruch des Klägers steht ebenso wenig die Stichtagsregelung nach § 4 Ziff. 5 des Arbeitsvertrags entgegen. Ein Bonus soll danach nur gezahlt bzw. ein Deferral Award nur dann zugeteilt und ausgezahlt werden, wenn sich der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Anspruchs bzw. der Auszahlung des Awards in einem ungekündigten Anstellungsverhältnis befindet. Diese Voraussetzung erfüllt der Kläger möglicherweise nicht, da sein Arbeitsverhältnis jedenfalls zum Zeitpunkt der spätesten Fälligkeit eines Bonus im Juni 2012 bereits gekündigt war. Darauf kommt es aber nicht an, da die Regelung einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 BGB nicht standhält. Der streitgegenständliche Bonus stellt unzweifelhaft jedenfalls auch eine Gegenleistung für im Geschäftsjahr laufend erbrachte Arbeit dar. Eine solche Leistung kann in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht von einem ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt außerhalb des Jahres abhängig gemacht werden, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde (zuletzt BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 15; grundlegend 13. November 2013 - 10 AZR 848/12 - BAGE 146, 284; 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - BAGE 140, 231).

23

3. Dahinstehen kann, ob § 4 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags aufgrund der Formulierung, der Arbeitnehmer nehme am „jeweils gültigen“ Bonussystem und/oder Deferral Plan teil, einen Änderungsvorbehalt beinhaltet, wie weit dieser reichen würde und ob ein ggf. umfassender Änderungsvorbehalt am Maßstab des § 308 Nr. 4 BGB gemessen wirksam wäre(vgl. zu einem umfassenden Änderungsvorbehalt zB BAG 11. Februar 2009 - 10 AZR 222/08 - Rn. 23 ff.). Die Beklagte macht nicht geltend, dass eine solche Änderung des Bonussystems bzw. des Deferral Plans dem Anspruch des Klägers entgegenstünde.

24

4. Der Kläger hat mit der Erhebung der Stufenklage die zweistufige Ausschlussfrist nach § 15 des Arbeitsvertrags gewahrt. Die Erhebung der Stufenklage begründet nicht nur die Rechtshängigkeit des Auskunftsanspruchs, sondern auch des unbezifferten Hauptanspruchs (BAG 12. Dezember 2000 - 9 AZR 1/00 - zu I 1 c bb der Gründe, BAGE 96, 352; Zöller/Greger ZPO 31. Aufl. § 254 Rn. 1) und wahrt damit eine entsprechende Ausschlussfrist (BAG 22. Januar 2008 - 9 AZR 416/07 - Rn. 35; 23. Februar 1977 - 3 AZR 764/75 - zu 4 der Gründe).

25

II. Die von der Beklagten vorgenommene Festsetzung des Bonusanspruchs des Klägers für das Geschäftsjahr 2011 auf null ist unverbindlich iSv. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB.

26

1. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der Bestimmungsberechtigte die Ermessensentscheidung zu treffen hat. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht, trägt der Bestimmungsberechtigte (st. Rspr., zuletzt zB BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 28). Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen (vgl. insgesamt dazu: BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 41 mwN, BAGE 147, 322; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

27

2. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die von ihr getroffene Leistungsbestimmung billigem Ermessen entspricht. Hiervon gehen das Arbeitsgericht ausdrücklich und das Landesarbeitsgericht unausgesprochen aus, da es sich andernfalls nicht mit der Frage der Höhe einer festzusetzenden Leistung hätte beschäftigen dürfen. Die Beklagte hat sich nicht dazu geäußert, ob sie sich für das Geschäftsjahr 2011 für ein Bonussystem und/oder einen Deferral Plan entschieden hat. Ebenso wenig hat sie dargelegt, in welchem Umfang sie Mittel zur Verfügung gestellt hat, obwohl der Inhalt des Schreibens vom 23. Februar 2012 hierauf hindeutet und unstreitig einem Teil der Arbeitnehmer entsprechende Leistungen gewährt wurden. Auch hat sie nicht vorgetragen, welche Arbeitnehmer nach welchen Kriterien an einem solchen System teilnehmen sollten. Allein der Hinweis auf einen in diesem Geschäftsjahr erzielten Verlust kann näheren Sachvortrag nicht ersetzen (vgl. dazu auch BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 62, BAGE 147, 322).

28

3. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat die teilweise Abweisung der Auskunftsklage im Teilurteil des Arbeitsgerichts nicht zur Folge, dass nunmehr der Kläger die Darlegungs- und Beweislast für die Unbilligkeit der von der Beklagten getroffenen Leistungsbestimmung nach § 315 BGB trägt. Die Auskunftsklage und die Klage auf richterliche Ersatzleistungsbestimmung haben unterschiedliche Streitgegenstände. Die im Rahmen einer Stufenklage ergangene Entscheidung über den Auskunftsanspruch erwächst im Hinblick auf den auf der letzten Stufe verfolgten Anspruch nicht in Rechtskraft und entfaltet insoweit auch keine Bindung iSv. § 318 ZPO. Damit ist es rechtlich nicht ausgeschlossen, dass die maßgeblichen Vorfragen im weiteren Verfahren über diesen Anspruch anders als im Teilurteil beurteilt werden (BGH 16. Juni 2010 - VIII ZR 62/09 - Rn. 24; Wieczorek/Schütze/Assmann ZPO 4. Aufl. § 254 Rn. 76; Stein/Jonas/Roth ZPO 22. Aufl. § 254 Rn. 31). Ungeachtet der teilweisen Abweisung der vorangegangenen Auskunftsklage hat deshalb die Beklagte als bestimmende Partei die Umstände dazulegen und zu beweisen, die ihre Leistungsbestimmung und deren Billigkeit tragen (vgl. Staudinger/Rieble (2015) BGB § 315 Rn. 388). Erbringt der Arbeitgeber, der sich eine solche einseitige Leistungsbestimmung vorbehält, keinen oder keinen hinreichenden Vortrag dazu, warum eine bestimmte Leistungsfestsetzung billigem Ermessen entsprechen soll, ist die gesetzliche Folge nach § 315 Abs. 3 BGB die Unverbindlichkeit der vom Bestimmungsberechtigten getroffenen Leistungsbestimmung.

29

III. Aufgrund der Unverbindlichkeit der Leistungsbestimmung der Beklagten hat gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB die Bestimmung der Höhe des Anspruchs für das Geschäftsjahr 2011 durch Urteil zu erfolgen(BAG 11. Dezember 2013 - 10 AZR 364/13 - Rn. 33 ff.). Eine solche Leistungsbestimmung hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft unterlassen. Die Leistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB ist wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls vorrangig den Tatsachengerichten vorbehalten(BAG 15. Mai 2013 - 10 AZR 679/12 - Rn. 35 mwN; vgl. auch BAG 18. Mai 2016 - 10 AZR 183/15 - Rn. 42 [zu § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB]). Eine Entscheidung durch das Revisionsgericht kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn alle maßgeblichen Tatsachen feststehen (vgl. zu einem solchen Fall BAG 11. Dezember 2013 - 10 AZR 364/13 - Rn. 30). Hieran fehlt es vorliegend, da das Landesarbeitsgericht keine hinreichenden Feststellungen zu den für die Bestimmung maßgeblichen Umständen getroffen hat. Das angegriffene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

30

1. Die richterliche Ersatzleistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB ist vom Gericht auf Grundlage des Vortrags der Parteien zu treffen(BGH 8. November 2011 - EnZR 32/10 - Rn. 24; 20. Juli 2010 - EnZR 23/09 - Rn. 39). Durch richterliche Ermessensentscheidung wird direkt über den geltend gemachten Anspruch entschieden und nicht nur - etwa im Sinne einer Rechtskontrolle - überprüft, ob die Festsetzung des Leistungsberechtigten zutrifft. Diese Prüfung hat bereits in der ersten Stufe nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB stattzufinden und ist Voraussetzung dafür, dass es überhaupt zu einer gerichtlichen Leistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB kommen kann. Die Ausübung des eigenen richterlichen Ermessens findet auf Grundlage des gesamten Prozessstoffs statt. Eine Darlegungs- und Beweislast im prozessualen Sinn besteht insoweit nicht, doch ist jede Partei gehalten, die für ihre Position sprechenden Umstände vorzutragen, weil das Gericht nur die ihm bekannten Umstände in seine Bestimmung einbringen kann (Staudinger/Rieble § 315 Rn. 521; BGB-RGRK/Ballhaus 12. Aufl. § 315 BGB Rn. 19; BAG 18. Mai 2016 - 10 AZR 183/15 - Rn. 44 [zu § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB]). Bringt der Bestimmungsberechtigte bestimmte Aspekte, die in seinem Konzept der Leistungsbestimmung möglicherweise zu berücksichtigen wären, nicht ein, können sie nicht berücksichtigt werden (vgl. BGH 20. Juli 2010 - EnZR 23/09 - Rn. 40 [zur fehlenden Offenlegung der Kalkulationsgrundlagen eines Netzbetreibers]). Dies geht zu seinen Lasten. Fehlender Vortrag des Bestimmungsberechtigten führt nicht zur Entstehung einer besonderen Darlegungslast für den Anspruchsteller. Dieser hat lediglich im eigenen Interesse die Obliegenheit, die für ihn günstigen Umstände vorzutragen. Deshalb kann der Anspruchsteller regelmäßig auch nicht auf die Erhebung einer Auskunftsklage verwiesen werden (dazu Staudinger/Rieble § 315 Rn. 388). Es ist vielmehr Sache des Gerichts, auf Grundlage des vorhandenen Prozessstoffs und des Vortrags beider Parteien die Leistungsbestimmung vorzunehmen und den vertraglich vorgegebenen Rahmen auszufüllen (MüKoBGB/Würdinger 7. Aufl. § 315 Rn. 51). Lediglich ausnahmsweise hat in entsprechender Anwendung des § 287 ZPO eine Festsetzung zu unterbleiben, wenn es auch nach vollständiger Ausschöpfung des Prozessstoffs an jeglichen greifbaren Anhaltspunkten für die Leistungsbestimmung fehlt(vgl. BGH 8. November 2011 - EnZR 32/10 - Rn. 25).

31

2. Diese Grundsätze hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft verkannt. Es hat unberücksichtigt gelassen, dass die Beklagte als Bestimmungsberechtigte keinen hinreichenden Vortrag zum Bonussystem bzw. Deferral Plan für das Geschäftsjahr 2011 gehalten hat. Stattdessen hat es vom Kläger Vortrag zu Tatsachen verlangt, wie beispielsweise zur Höhe eines Bonustopfes, die ein Arbeitnehmer im Regelfall nicht kennt. Faktisch hat es dem Kläger damit rechtsfehlerhaft eine Darlegungslast für Umstände auferlegt, die die Beklagte im Rahmen der gerichtlichen Ersatzleistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB im eigenen Interesse hätte vortragen können und müssen, wenn sie diese Umstände hätte berücksichtigt wissen wollen. Darüber hinaus hat das Landesarbeitsgericht den vorhandenen Prozessstoff nicht ausgeschöpft. Es ist von den Parteien zur Höhe der Bonuszahlungen in der Vergangenheit, zum Umfang von Leistungen an andere Arbeitnehmer, zum Unternehmenserfolg, zur Leistung des Klägers und zu den Umsätzen in seiner Abteilung vorgetragen worden. Darüber hinaus hätte es den zuletzt erfolgten Vortrag des Klägers zum Umfang des Bonustopfes in den Blick nehmen müssen.

32

3. Dies führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht. Der Senat macht dabei von der Möglichkeit der Zurückverweisung an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch.

33

IV. Für das weitere Verfahren ist auf Folgendes hinzuweisen:

34

1. Teil des Leistungsbestimmungsrechts der Beklagten ist die Entscheidung, ob der Kläger am jeweils gültigen Bonussystem und/oder am Deferral Plan der Gesellschaft für außertarifliche Angestellte teilnimmt (§ 4 Ziff. 1 Arbeitsvertrag). Nach dem bisherigen Sachvortrag der Beklagten dürfte die Annahme des Arbeitsgerichts nicht zu beanstanden sein, die Beklagte habe bis zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Anspruchs (§ 4 Ziff. 4 Arbeitsvertrag) die Leistungsbestimmung hinsichtlich der Art der Leistung nicht vorgenommen und damit die Bestimmung iSv. § 315 Abs. 3 Satz 2 letzter Halbs. BGB verzögert. Im Hinblick auf das zwischenzeitlich erfolgte Ausscheiden des Klägers liegt es deshalb nahe, einen möglichen Bonusanspruch als Geldleistung und nicht als Deferral Award festzusetzen. Sollte das Landesarbeitsgericht dies anders sehen, wird es nach § 139 ZPO einen entsprechenden Hinweis zu erteilen und dem Kläger Gelegenheit zu geben haben, seinen Antrag anzupassen.

35

2. Im Fall einer gerichtlichen Leistungsbestimmung können die in den Vorjahren gezahlten Boni einen wichtigen Faktor darstellen, da durch sie regelmäßig zum Ausdruck gebracht wird, welche Höhe eine solche Leistung unter welchen konkreten Umständen (Leistung des Arbeitnehmers, Unternehmenserfolg etc.) erreichen kann. Insoweit hat das Arbeitsgericht allerdings rechtsfehlerhaft angenommen, dass der Kläger im Kalenderjahr 2010 einen Bonus in Höhe von 209.920,00 Euro erhalten hat. Vielmehr erfolgte für das Geschäftsjahr 2010 nur eine Bonuszahlung in Höhe von 9.920,00 Euro (vgl. Schreiben der Beklagten vom 24. Februar 2011). Der garantierte Bonus wurde hingegen nach der eindeutigen vertraglichen Regelung, dem Inhalt des Schreibens vom 26. Februar 2010 und dem Zeitpunkt der Teilleistungen, die zur Hälfte noch im Jahre 2010 erfolgten, für 2009 gezahlt. Selbst wenn der klägerische Vortrag zuträfe, wonach ihm mitgeteilt worden sei, die Angabe des Jahres 2009 sei aus „bilanztechnischen Gründen“ erfolgt, führte dies zu keinem anderen Ergebnis. Auch und gerade die bilanztechnische Zuordnung zu einem bestimmten Kalenderjahr bringt jedenfalls zum Ausdruck, dass die Zahlung nicht für ein Folgejahr erfolgen soll. Entgegen der Auffassung des Klägers spielt auch keine Rolle, dass er im Geschäftsjahr 2009 noch nicht für die Beklagte tätig war. Die Vereinbarung eines entsprechenden Leistungsanspruchs ist im Rahmen der Vertragsfreiheit ohne Weiteres möglich. Die Parteien bringen damit jedenfalls zum Ausdruck, welche Bonushöhe der Kläger, wäre er im Jahr 2009 bereits für die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin tätig gewesen, in diesem Kalenderjahr in der gegebenen wirtschaftlichen Situation des Unternehmens hätte erzielen können. Im Übrigen war nach § 1 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags eine Tätigkeitsaufnahme vor dem 1. Januar 2010 als Möglichkeit vorgesehen. Entgegen der Auffassung der Beklagten ergeben sich aus dem Arbeitsvertrag vom 19. August 2009 aber auch keine Anhaltspunkte dafür, die Leistung an den Kläger als reine Antrittsprämie (Sign-On-Bonus) ohne Leistungsbezug zu werten. Der Wortlaut der Vereinbarung gibt für eine solche Annahme nichts her. Vielmehr wird die Leistung nach § 16 Abs. 2 des Arbeitsvertrags ausdrücklich den Regeln des Deferral Plans(§ 4 Ziff. 1 Arbeitsvertrag) unterstellt und es wird in § 16 Abs. 5 des Arbeitsvertrags hinsichtlich der Verfallmöglichkeiten eines Teils des garantierten Bonus ein deutlicher Leistungsbezug hergestellt.

36

3. Als weiteres Element für die gerichtliche Leistungsbestimmung wird der Vortrag des Klägers zu seinen Leistungen und zu den Umsatzzahlen seiner Abteilung heranzuziehen sein. Gleiches gilt für die Höhe der Leistungen an andere Arbeitnehmer. Darüber hinaus wird der Vortrag der Parteien zu den wirtschaftlichen Kennzahlen der Beklagten zu berücksichtigen sein, wobei der Umstand wird Beachtung finden müssen, dass der Kläger für das Geschäftsjahr 2009 trotz erheblicher Verluste einen Bonus in erheblicher Höhe erhalten hat. Schließlich wird das Landesarbeitsgericht ggf. dem zuletzt erfolgten Vortrag des Klägers zum Umfang des Bonustopfes für das Geschäftsjahr 2011 nachzugehen haben. Sollten aus Sicht des Landesarbeitsgerichts relevante Faktoren von den Parteien unterschiedlich vorgetragen werden, so wird es ggf. Beweis zu erheben haben, um eine richterliche Überzeugungsbildung hinsichtlich der maßgeblichen Faktoren herbeizuführen. Von weiteren Hinweisen sieht der Senat insoweit ab.

37

4. Mögliche Ansprüche des Klägers auf Grundlage des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes sind nicht mehr Verfahrensgegenstand. Das Landesarbeitsgericht hat sich mit solchen Ansprüchen auseinandergesetzt und deren Vorliegen verneint. Der Kläger hat sich im Rahmen seiner Revision hiergegen nicht gewandt, so dass hierüber im Revisionsverfahren nicht mehr zu entscheiden war.

        

    Linck    

        

    Brune    

        

    W. Reinfelder    

        

        

        

    A. Effenberger     

        

    Schürmann    

                 

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 10. April 2014 - 19 Sa 1266/13 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Bonusansprüche für das Geschäftsjahr 2011.

2

Der Kläger war - nachdem er zuvor sein Arbeitsverhältnis bei einer anderen Bank durch Eigenkündigung zum 31. Dezember 2009 beendet hatte - vom 1. Januar 2010 bis zum 30. September 2012 bei der deutschen Niederlassung der Beklagten, einer internationalen Großbank, bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Er war außertariflicher Angestellter und zuletzt als Managing Director im Bereich GBM-Equities tätig. Das Arbeitsverhältnis endete durch betriebsbedingte Kündigung der Beklagten vom 23. Mai 2012 mit dem 30. September 2012.

3

Der Arbeitsvertrag des Klägers vom 19. August 2009 enthielt auszugsweise folgende Regelungen:

        

§ 3 Arbeitsvergütung

        

1.    

Der Arbeitnehmer erhält für seine Tätigkeit jeweils am 15. eines jeden Monats ein festes und auf sein Bankkonto zahlbares monatliches Gehalt in Höhe von derzeit

                 

€ 16.667,00 brutto

                 

(in Worten: Sechzehntausendsechshundertsiebenundsechzig Euro brutto)

                 

…       

                          
        

3.    

Soweit die Gesellschaft Gratifikationen gewährt, erkennt der Arbeitnehmer hiermit an, dass solche Zahlungen freiwillig erfolgen und auch nach wiederholter Gewährung nicht zu einer Verpflichtung der Gesellschaft zur Fortsetzung derartiger Zahlungen führen. Berücksichtigt werden in diesen Fällen nur solche Arbeitnehmer, die sich im Zeitpunkt der Zahlung in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befinden. Im Übrigen werden solche freiwilligen Leistungen zeitanteilig für diejenigen Zeiträume gekürzt, in denen der Arbeitnehmer in den letzten 12 Monaten vor Fälligkeit der Zahlung keine Ansprüche auf laufende Vergütung hat. Die Gesellschaft gewährt keine Sonderzahlungen nach den gem. § 1 Ziffer 4 geltenden tariflichen Bestimmungen.

        

4.    

Die Regelungen der Ziffer 3 gelten auch für sonstige Sondervergütungen (Bonus, etc.).

        

5.    

…     

        

§ 4 Bonus & Deferral Plan

        

1.    

Der Arbeitnehmer nimmt nach Wahl der Gesellschaft am jeweils gültigen Bonussystem und/oder am Deferral Plan der Gesellschaft für außertarifliche Angestellte über einen kalenderjährlichen Bonus bzw. Deferral Award teil.

        

2.    

Ein Bonus kann nur dann zur Auszahlung gelangen bzw. ein Deferral Award zugeteilt werden, wenn und soweit die Gesellschaft insgesamt Mittel zur Ausschüttung von Bonuszahlungen/bzw. Zuteilung von Deferral Awards an die Arbeitnehmer der Gesellschaft für das bonusrelevante Kalenderjahr zur Verfügung stellt und der Arbeitnehmer die Voraussetzungen für die Auszahlung bzw. Zuteilung erfüllt.

        

3.    

Die Zahlung des Bonus bzw. Zuteilung eines Deferral Awards erfolgt freiwillig und kann auch nach wiederholter Gewährung nicht zu einer Verpflichtung der Gesellschaft zur Fortsetzung derartiger Zahlungen bzw. Zuteilungen führen.

        

4.    

Der Bonus für ein Kalenderjahr soll im Frühjahr des darauf folgenden Kalenderjahres zur Auszahlung gelangen, ist jedoch spätestens bis Ende Juni des folgenden Kalenderjahres zur Zahlung fällig. Die Zuteilung und Auszahlung des Deferral Awards erfolgt gemäß den Regelungen des Deferral Plans in seiner jeweils gültigen Fassung.

        

5.    

Ein Bonus wird nur dann gezahlt bzw. ein Deferral Award erteilt, wenn sich der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Fälligkeit in einem ungekündigten Anstellungsverhältnis zur Gesellschaft befindet. Gleiches gilt für die Auszahlung des Deferral Awards.

        

6.    

Die vorstehenden Bestimmungen zum Bonus bzw. Deferral Award gelten, soweit sich nicht gem. § 1 Ziffer 5 aus einer Betriebsvereinbarung etwas anderes ergibt.

        

…       

        

§ 16 Sondervereinbarungen

        

Vorbehaltlich der nachstehenden Bestimmungen erhält der Arbeitnehmer für das Leistungsjahr 2009 einen garantierten Bonus in Höhe von € 200.00[0],00 brutto abzüglich Steuern und sonstiger gesetzlicher Abzüge (der ‚garantierte Bonus‘).

        

Der garantierte Bonus wird in Form einer gestundeten Leistung im Rahmen des R Deferral Plans (der ‚Deferral Plan‘) gezahlt; er unterliegt den Regelungen des Deferral Plans in der jeweils geltenden Fassung und zwar unabhängig davon, ob diese vor oder nach Beginn dieses Vertrages umgesetzt wurden. Die Gesellschaft behält sich das Recht vor, nach ihrem freien und alleinigen Ermessen jederzeit (auch während eines Geschäftsjahres) die Regelungen des Deferral Plans zu ändern bzw. diesen jederzeit aufzuheben oder zu ersetzen. Zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass eine derartige Änderung jeweils auch rückwirkend gelten kann.

        

Zur Kenntnisnahme: Im Deferral Plan wird geregelt, wann eine gestundete Leistung oder ein Teil davon möglicherweise verfällt. Insbesondere hat der Arbeitnehmer, sofern sein Arbeitsverhältnis vor dem Termin, an dem die gestundete Leistung oder ein Teil davon zahlbar oder unverfallbar wird, geendet hat oder eine Partei ihr Arbeitsverhältnis im Rahmen dieses Vertrages gekündigt hat (sofern diese Kündigung nicht unter die Sektion ‚Verlassen des Unternehmens unter außergewöhnlichen Umständen‘ der Regelungen des Deferral Plans in seiner jeweils geltenden Fassung fällt), kein Anrecht auf die gestundete Leistung bzw. einen davon verbliebenen Teil oder auf sonstige Bonuszahlungen, die ihm ansonsten (möglicherweise) gezahlt worden wären. Fällt die Kündigung unter die Sektion ‚Verlassen des Unternehmens unter außergewöhnlichen Umständen‘ des Deferral Plans in seiner jeweils geltenden Fassung, so wird die gestundete Leistung nach Maßgabe der Regelungen des Deferral Plans (in seiner jeweils geltenden Fassung) unverfallbar.

        

Die Regeln des Deferral Plans enthalten auch Bestimmungen, nach denen verfallbare Elemente gestundeter Leistungen verfallen können. Diese Bestimmungen gelten für alle garantierten Bonuszahlungen, die der Arbeitnehmer erhält bzw. erhalten hat.

        

Allerdings beschränken sich diese Verfallsbestimmungen hinsichtlich des garantierten Bonus für das Leistungsjahr 2009 allein auf Situationen, in denen die individuelle Leistung des Arbeitnehmers direkt verbunden ist mit dem Team oder dem Geschäftsbereich, in dem der Arbeitnehmer arbeitet, in der bzw. in dem ein Verlust erlitten wurde.“

4

Mit Schreiben vom 26. Februar 2010 teilte die Beklagte dem Kläger unter der Überschrift „Performance Year 2009“ mit, dass sein Gesamtgehalt 400.004,00 Euro betrage und sich aus dem Grundgehalt 2010 iHv. 200.004,00 Euro und einem „Performance Award: Unconditional Guaranteed Award 2009“ iHv. 200.000,00 Euro zusammensetze. Letzterer wurde in drei Tranchen in den Jahren 2010 bis 2012 durch Zuteilung von Bonds gewährt. Der Kläger konnte diese jeweils unmittelbar nach Erhalt veräußern. Mit Schreiben vom 24. Februar 2011 erhielt der Kläger eine vergleichbare Mitteilung für das „Performance Year 2010“, wonach der „Discretionary Performance Award“ 9.920,00 Euro betrug.

5

Mit Schreiben der „R Group“ vom 23. Februar 2012 wurde dem Kläger sein Festgehalt als „Total Compensation“ mitgeteilt, nicht hingegen eine Bonusleistung. In dem Schreiben heißt es ua.:

        

„The fall in revenues in 2011 however, means that the discretionary bonus pool element of this is significantly lower in 2011 than in 2010 and this has made the award cycle a challenging one.“

6

Einem Teil der Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnisse nicht im Laufe des Jahres 2012 beendet wurden, gewährte die Beklagte Bonusleistungen, die der Höhe nach überwiegend zwischen einem Viertel und der Hälfte des Vorjahresbonus betrugen.

7

Im Rahmen einer Stufenklage machte der Kläger zunächst bestimmte Auskunftsansprüche betreffend den Bonusanspruch 2011 geltend. Das Arbeitsgericht entschied durch Teilurteil vom 17. Oktober 2012 über das Auskunftsverlangen. Dabei wies es die Klage hinsichtlich des Hauptantrags und eines ersten Hilfsantrags als unzulässig ab; einem zweiten Hilfsantrag gab es statt. Die Entscheidung ist rechtskräftig geworden und führte zur Erteilung einer Auskunft der Beklagten unter dem 6. November 2012.

8

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe für das Geschäftsjahr 2011 ein Bonus nach billigem Ermessen zu, der mindestens ein Viertel des Vorjahresbonus iHv. 209.920,00 Euro brutto betragen müsse. 200.000,00 Euro davon seien der arbeitsvertraglich vereinbarte Garantiebonus gewesen, 9.920,00 Euro brutto der zusätzliche leistungsbezogene Bonus. Soweit es im Anstellungsvertrag heiße, der garantierte Bonus werde für das Leistungsjahr 2009 gezahlt, handele es sich um eine unrichtige Formulierung. Sein Arbeitsverhältnis bei der Beklagten habe erst am 1. Januar 2010 begonnen, ein Bonus für das Jahr 2009 habe ihm nicht zugestanden. Ihm sei seinerzeit mitgeteilt worden, dass das Jahr 2009 aus bilanztechnischen Gründen im Anstellungsvertrag angegeben worden sei. Für das Jahr 2011 hätten die Arbeitnehmer, die nicht im Jahr 2012 ausgeschieden seien, eine Bonusleistung erhalten, wobei er mangels Kenntnissen keine genaueren Angaben zur Bonushöhe machen könne. Er habe in seinem Bereich gute Leistungen erbracht und im Geschäftsjahr 2011 entsprechende Erträge erwirtschaftet, wobei nach seinem Kenntnisstand der Umsatz in seiner Abteilung um 20 % zurückgegangen sei.

9

Im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage der Beklagten hat der Kläger die Auffassung vertreten, allein der erlittene Jahresverlust iHv. 656 Mio. Euro könne den Bonusanspruch nicht ausschließen. Zwar habe die Beklagte im Vorjahr einen Gewinn iHv. 198 Mio. Euro erzielt, in den Jahren davor seien jedoch deutlich höhere Verluste erwirtschaftet worden. Das operative Ergebnis der Beklagten vor der Vornahme von Wertberichtigungen habe im Übrigen im Geschäftsjahr 2011 1,488 Mio. Euro plus betragen. Hinzu komme, dass die Beklagte in der Vergangenheit trotz erheblich höherer Verluste als im Jahr 2011 gleichwohl regelmäßig Boni an ihre Arbeitnehmer gezahlt habe.

10

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihm für das Geschäftsjahr 2011 einen Bonus, der der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der aber mindestens 52.480,00 Euro brutto beträgt, nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

11

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, aufgrund des im Geschäftsjahr 2011 erlittenen Jahresverlustes iHv. 656 Mio. Euro stehe dem Kläger kein Bonusanspruch zu. Im Jahr 2010 habe sein Bonus im Übrigen lediglich 9.920,00 Euro betragen. Der Garantiebonus iHv. 200.000,00 Euro sei als Sign-On-Bonus für den Wechsel des Klägers zu der Rechtsvorgängerin der Beklagten sowie als Kompensation für den wechselbedingten Verlust des Bonusanspruchs beim Vorarbeitgeber für das Jahr 2009 gewährt worden. Im Übrigen hätten sämtliche Mitarbeiter der Abteilung des Klägers keinen Bonus für das Jahr 2011 erhalten. Gleiches gelte - trotz sehr guter Leistungsbewertungen - für zahlreiche andere, nicht von einer Kündigung betroffene Arbeitnehmer der Beklagten. Aufgrund der rechtskräftigen Teilabweisung des Auskunftsbegehrens schulde sie keine weiter gehenden Auskünfte als die bereits erteilten.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage iHv. 78.720,00 Euro brutto nebst Zinsen stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Klage nicht abgewiesen werden. Mangels entsprechender Feststellungen durch das Landesarbeitsgericht kann der Senat in der Sache nicht abschließend entscheiden. Das angegriffene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

14

I. Der Kläger hat dem Grunde nach einen Anspruch auf einen Bonus und/oder einen Deferral Award für das Geschäftsjahr 2011 aus § 4 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags iVm. § 315 BGB. Die Festsetzung der Leistung auf null durch die Beklagte entspricht nicht billigem Ermessen und ist unverbindlich (§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB). Die Bestimmung hat deshalb gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch Urteil zu erfolgen. Dies hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft unterlassen. Mangels ausreichender Feststellungen zu den bestimmungsrelevanten Tatsachen kann der Senat nicht selbst entscheiden.

15

1. § 4 des Arbeitsvertrags gewährt dem Kläger - unabhängig von der Wirksamkeit des „Freiwilligkeitsvorbehalts“ nach § 4 Ziff. 3 - keinen unbedingten Anspruch auf Zahlung eines Bonus oder eines Deferral Awards in einer bestimmten Höhe. Der Anspruch für das jeweilige Geschäftsjahr ergibt sich vielmehr erst nach einer Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts der Beklagten nach billigem Ermessen (§ 315 BGB). Dieses umfasst sowohl die Wahl der jeweiligen Leistungsart als auch die Höhe des auszuzahlenden Betrags bzw. des zuzuteilenden Deferral Awards. Dies ergibt eine Auslegung der vertraglichen Regelungen.

16

a) Der Arbeitsvertrag vom 19. August 2009 enthält Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. §§ 305 ff. BGB. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (st. Rspr., zB BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 29 mwN, BAGE 147, 322). Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gemäß § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders. Die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB setzt allerdings voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (st. Rspr., zB BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 30, aaO).

17

b) § 4 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags legt fest, dass der Arbeitnehmer am jeweils gültigen Bonussystem und/oder am Deferral Plan der Gesellschaft für außertarifliche Angestellte „teilnimmt“. Die Formulierung spricht deutlich dafür, dass ein Rechtsanspruch auf eine solche Teilnahme und die sich hieraus ergebende Leistung besteht (vgl. auch zur Bedeutung des Begriffs „gewährt“ BAG 20. Februar 2013 - 10 AZR 177/12 - Rn. 17). Dabei soll es der Beklagten überlassen bleiben zu bestimmen, ob für das jeweilige Geschäftsjahr ein Bonus oder ein Deferral Award oder eine Kombination aus beiden Leistungsarten gewährt wird. Gleiches gilt hinsichtlich der Höhe der Leistung, die im Arbeitsvertrag nicht festgelegt ist. Vielmehr bedarf es nach § 4 Ziff. 2 einer Entscheidung über den Umfang der zur Verfügung gestellten Mittel.

18

c) Der in § 4 Ziff. 3 des Arbeitsvertrags enthaltene Freiwilligkeitsvorbehalt schließt den vertraglichen Leistungsanspruch nicht aus.

19

aa) Die Klausel ist unklar iSv. § 305c Abs. 2 BGB. Sie kann zum einen so verstanden werden, dass hierdurch generell ein Anspruch für die Zukunft ausgeschlossen werden soll. Denkbar ist aber auch, sie so zu verstehen, dass sie den Rechtsgedanken des § 315 BGB wiedergibt und damit auch eine wiederholte Leistungsgewährung nicht ohne Weiteres zur Fortsetzung „derartiger“, dh. nach Höhe und Art gleichartiger Leistungen wie in der Vergangenheit, führen soll. Ein solches Klauselverständnis stünde der Annahme eines dem Grunde nach bestehenden dauerhaften Anspruchs nicht entgegen. Da gemäß § 305c Abs. 2 BGB Zweifel bei der Auslegung zulasten des Verwenders gehen, ist die letztgenannte Auslegung maßgeblich.

20

bb) Im Übrigen würde eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die es dem Arbeitgeber erlaubte, nach Ablauf eines Geschäftsjahres die versprochene Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen zu unterlassen, einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 BGB nicht standhalten. Es würde eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers darstellen, wenn der Arbeitgeber von der Leistungsbestimmung für ein bestimmtes Geschäftsjahr absehen dürfte, obwohl der Arbeitnehmer in diesem Geschäftsjahr seine Arbeitsleistung erbracht hat und die Leistung auch Teil der Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung des Arbeitnehmers war (vgl. BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 13 f. [zum Vergütungscharakter einer Leistung]; 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 52, BAGE 147, 322 [zur Situation bei einer Zielvereinbarung]). Gleiches würde für den Freiwilligkeitsvorbehalt nach § 3 Ziff. 3 iVm. Ziff. 4 des Arbeitsvertrags gelten, sofern man diesen überhaupt auf Leistungen nach § 4 für anwendbar hielte.

21

d) Die vertragliche Regelung überlässt damit der Beklagten ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSd. § 315 BGB, was grundsätzlich zulässig ist. Die Höhe und Art einer Bonuszahlung muss nicht abschließend im Arbeitsvertrag festgelegt werden (vgl. BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 35, BAGE 147, 322; 20. März 2013 - 10 AZR 8/12 - Rn. 24, 30). In einem solchen Fall hat die Leistungsbestimmung nach der gesetzlichen Regelung mangels abweichender Anhaltspunkte nach billigem Ermessen zu erfolgen (vgl. dazu BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 746/10 - Rn. 25, BAGE 139, 283). Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagten durch § 4 Ziff. 2 des Arbeitsvertrags in Abweichung von § 315 Abs. 1 BGB das Recht zugebilligt werden sollte, nach freiem Ermessen über die Bonusgewährung zu entscheiden, ergeben sich aus dem Vertrag nicht; ein solches Recht nimmt die Beklagte auch nicht für sich in Anspruch. Im Übrigen wäre dies eine Abweichung vom gesetzlichen Leitbild des § 315 Abs. 1 BGB(vgl. dazu BAG 20. März 2013 - 10 AZR 8/12 - Rn. 31), die wegen des fehlenden Korrektivs der vollen gerichtlichen Kontrolle der Leistungsbestimmung eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 Nr. 1 BGB darstellen würde und deshalb unwirksam wäre.

22

2. Einem Anspruch des Klägers steht ebenso wenig die Stichtagsregelung nach § 4 Ziff. 5 des Arbeitsvertrags entgegen. Ein Bonus soll danach nur gezahlt bzw. ein Deferral Award nur dann zugeteilt und ausgezahlt werden, wenn sich der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Anspruchs bzw. der Auszahlung des Awards in einem ungekündigten Anstellungsverhältnis befindet. Diese Voraussetzung erfüllt der Kläger möglicherweise nicht, da sein Arbeitsverhältnis jedenfalls zum Zeitpunkt der spätesten Fälligkeit eines Bonus im Juni 2012 bereits gekündigt war. Darauf kommt es aber nicht an, da die Regelung einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 BGB nicht standhält. Der streitgegenständliche Bonus stellt unzweifelhaft jedenfalls auch eine Gegenleistung für im Geschäftsjahr laufend erbrachte Arbeit dar. Eine solche Leistung kann in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht von einem ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt außerhalb des Jahres abhängig gemacht werden, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde (zuletzt BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 15; grundlegend 13. November 2013 - 10 AZR 848/12 - BAGE 146, 284; 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - BAGE 140, 231).

23

3. Dahinstehen kann, ob § 4 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags aufgrund der Formulierung, der Arbeitnehmer nehme am „jeweils gültigen“ Bonussystem und/oder Deferral Plan teil, einen Änderungsvorbehalt beinhaltet, wie weit dieser reichen würde und ob ein ggf. umfassender Änderungsvorbehalt am Maßstab des § 308 Nr. 4 BGB gemessen wirksam wäre(vgl. zu einem umfassenden Änderungsvorbehalt zB BAG 11. Februar 2009 - 10 AZR 222/08 - Rn. 23 ff.). Die Beklagte macht nicht geltend, dass eine solche Änderung des Bonussystems bzw. des Deferral Plans dem Anspruch des Klägers entgegenstünde.

24

4. Der Kläger hat mit der Erhebung der Stufenklage die zweistufige Ausschlussfrist nach § 15 des Arbeitsvertrags gewahrt. Die Erhebung der Stufenklage begründet nicht nur die Rechtshängigkeit des Auskunftsanspruchs, sondern auch des unbezifferten Hauptanspruchs (BAG 12. Dezember 2000 - 9 AZR 1/00 - zu I 1 c bb der Gründe, BAGE 96, 352; Zöller/Greger ZPO 31. Aufl. § 254 Rn. 1) und wahrt damit eine entsprechende Ausschlussfrist (BAG 22. Januar 2008 - 9 AZR 416/07 - Rn. 35; 23. Februar 1977 - 3 AZR 764/75 - zu 4 der Gründe).

25

II. Die von der Beklagten vorgenommene Festsetzung des Bonusanspruchs des Klägers für das Geschäftsjahr 2011 auf null ist unverbindlich iSv. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB.

26

1. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der Bestimmungsberechtigte die Ermessensentscheidung zu treffen hat. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht, trägt der Bestimmungsberechtigte (st. Rspr., zuletzt zB BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 28). Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen (vgl. insgesamt dazu: BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 41 mwN, BAGE 147, 322; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

27

2. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die von ihr getroffene Leistungsbestimmung billigem Ermessen entspricht. Hiervon gehen das Arbeitsgericht ausdrücklich und das Landesarbeitsgericht unausgesprochen aus, da es sich andernfalls nicht mit der Frage der Höhe einer festzusetzenden Leistung hätte beschäftigen dürfen. Die Beklagte hat sich nicht dazu geäußert, ob sie sich für das Geschäftsjahr 2011 für ein Bonussystem und/oder einen Deferral Plan entschieden hat. Ebenso wenig hat sie dargelegt, in welchem Umfang sie Mittel zur Verfügung gestellt hat, obwohl der Inhalt des Schreibens vom 23. Februar 2012 hierauf hindeutet und unstreitig einem Teil der Arbeitnehmer entsprechende Leistungen gewährt wurden. Auch hat sie nicht vorgetragen, welche Arbeitnehmer nach welchen Kriterien an einem solchen System teilnehmen sollten. Allein der Hinweis auf einen in diesem Geschäftsjahr erzielten Verlust kann näheren Sachvortrag nicht ersetzen (vgl. dazu auch BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 62, BAGE 147, 322).

28

3. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat die teilweise Abweisung der Auskunftsklage im Teilurteil des Arbeitsgerichts nicht zur Folge, dass nunmehr der Kläger die Darlegungs- und Beweislast für die Unbilligkeit der von der Beklagten getroffenen Leistungsbestimmung nach § 315 BGB trägt. Die Auskunftsklage und die Klage auf richterliche Ersatzleistungsbestimmung haben unterschiedliche Streitgegenstände. Die im Rahmen einer Stufenklage ergangene Entscheidung über den Auskunftsanspruch erwächst im Hinblick auf den auf der letzten Stufe verfolgten Anspruch nicht in Rechtskraft und entfaltet insoweit auch keine Bindung iSv. § 318 ZPO. Damit ist es rechtlich nicht ausgeschlossen, dass die maßgeblichen Vorfragen im weiteren Verfahren über diesen Anspruch anders als im Teilurteil beurteilt werden (BGH 16. Juni 2010 - VIII ZR 62/09 - Rn. 24; Wieczorek/Schütze/Assmann ZPO 4. Aufl. § 254 Rn. 76; Stein/Jonas/Roth ZPO 22. Aufl. § 254 Rn. 31). Ungeachtet der teilweisen Abweisung der vorangegangenen Auskunftsklage hat deshalb die Beklagte als bestimmende Partei die Umstände dazulegen und zu beweisen, die ihre Leistungsbestimmung und deren Billigkeit tragen (vgl. Staudinger/Rieble (2015) BGB § 315 Rn. 388). Erbringt der Arbeitgeber, der sich eine solche einseitige Leistungsbestimmung vorbehält, keinen oder keinen hinreichenden Vortrag dazu, warum eine bestimmte Leistungsfestsetzung billigem Ermessen entsprechen soll, ist die gesetzliche Folge nach § 315 Abs. 3 BGB die Unverbindlichkeit der vom Bestimmungsberechtigten getroffenen Leistungsbestimmung.

29

III. Aufgrund der Unverbindlichkeit der Leistungsbestimmung der Beklagten hat gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB die Bestimmung der Höhe des Anspruchs für das Geschäftsjahr 2011 durch Urteil zu erfolgen(BAG 11. Dezember 2013 - 10 AZR 364/13 - Rn. 33 ff.). Eine solche Leistungsbestimmung hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft unterlassen. Die Leistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB ist wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls vorrangig den Tatsachengerichten vorbehalten(BAG 15. Mai 2013 - 10 AZR 679/12 - Rn. 35 mwN; vgl. auch BAG 18. Mai 2016 - 10 AZR 183/15 - Rn. 42 [zu § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB]). Eine Entscheidung durch das Revisionsgericht kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn alle maßgeblichen Tatsachen feststehen (vgl. zu einem solchen Fall BAG 11. Dezember 2013 - 10 AZR 364/13 - Rn. 30). Hieran fehlt es vorliegend, da das Landesarbeitsgericht keine hinreichenden Feststellungen zu den für die Bestimmung maßgeblichen Umständen getroffen hat. Das angegriffene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

30

1. Die richterliche Ersatzleistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB ist vom Gericht auf Grundlage des Vortrags der Parteien zu treffen(BGH 8. November 2011 - EnZR 32/10 - Rn. 24; 20. Juli 2010 - EnZR 23/09 - Rn. 39). Durch richterliche Ermessensentscheidung wird direkt über den geltend gemachten Anspruch entschieden und nicht nur - etwa im Sinne einer Rechtskontrolle - überprüft, ob die Festsetzung des Leistungsberechtigten zutrifft. Diese Prüfung hat bereits in der ersten Stufe nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB stattzufinden und ist Voraussetzung dafür, dass es überhaupt zu einer gerichtlichen Leistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB kommen kann. Die Ausübung des eigenen richterlichen Ermessens findet auf Grundlage des gesamten Prozessstoffs statt. Eine Darlegungs- und Beweislast im prozessualen Sinn besteht insoweit nicht, doch ist jede Partei gehalten, die für ihre Position sprechenden Umstände vorzutragen, weil das Gericht nur die ihm bekannten Umstände in seine Bestimmung einbringen kann (Staudinger/Rieble § 315 Rn. 521; BGB-RGRK/Ballhaus 12. Aufl. § 315 BGB Rn. 19; BAG 18. Mai 2016 - 10 AZR 183/15 - Rn. 44 [zu § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB]). Bringt der Bestimmungsberechtigte bestimmte Aspekte, die in seinem Konzept der Leistungsbestimmung möglicherweise zu berücksichtigen wären, nicht ein, können sie nicht berücksichtigt werden (vgl. BGH 20. Juli 2010 - EnZR 23/09 - Rn. 40 [zur fehlenden Offenlegung der Kalkulationsgrundlagen eines Netzbetreibers]). Dies geht zu seinen Lasten. Fehlender Vortrag des Bestimmungsberechtigten führt nicht zur Entstehung einer besonderen Darlegungslast für den Anspruchsteller. Dieser hat lediglich im eigenen Interesse die Obliegenheit, die für ihn günstigen Umstände vorzutragen. Deshalb kann der Anspruchsteller regelmäßig auch nicht auf die Erhebung einer Auskunftsklage verwiesen werden (dazu Staudinger/Rieble § 315 Rn. 388). Es ist vielmehr Sache des Gerichts, auf Grundlage des vorhandenen Prozessstoffs und des Vortrags beider Parteien die Leistungsbestimmung vorzunehmen und den vertraglich vorgegebenen Rahmen auszufüllen (MüKoBGB/Würdinger 7. Aufl. § 315 Rn. 51). Lediglich ausnahmsweise hat in entsprechender Anwendung des § 287 ZPO eine Festsetzung zu unterbleiben, wenn es auch nach vollständiger Ausschöpfung des Prozessstoffs an jeglichen greifbaren Anhaltspunkten für die Leistungsbestimmung fehlt(vgl. BGH 8. November 2011 - EnZR 32/10 - Rn. 25).

31

2. Diese Grundsätze hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft verkannt. Es hat unberücksichtigt gelassen, dass die Beklagte als Bestimmungsberechtigte keinen hinreichenden Vortrag zum Bonussystem bzw. Deferral Plan für das Geschäftsjahr 2011 gehalten hat. Stattdessen hat es vom Kläger Vortrag zu Tatsachen verlangt, wie beispielsweise zur Höhe eines Bonustopfes, die ein Arbeitnehmer im Regelfall nicht kennt. Faktisch hat es dem Kläger damit rechtsfehlerhaft eine Darlegungslast für Umstände auferlegt, die die Beklagte im Rahmen der gerichtlichen Ersatzleistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB im eigenen Interesse hätte vortragen können und müssen, wenn sie diese Umstände hätte berücksichtigt wissen wollen. Darüber hinaus hat das Landesarbeitsgericht den vorhandenen Prozessstoff nicht ausgeschöpft. Es ist von den Parteien zur Höhe der Bonuszahlungen in der Vergangenheit, zum Umfang von Leistungen an andere Arbeitnehmer, zum Unternehmenserfolg, zur Leistung des Klägers und zu den Umsätzen in seiner Abteilung vorgetragen worden. Darüber hinaus hätte es den zuletzt erfolgten Vortrag des Klägers zum Umfang des Bonustopfes in den Blick nehmen müssen.

32

3. Dies führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht. Der Senat macht dabei von der Möglichkeit der Zurückverweisung an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch.

33

IV. Für das weitere Verfahren ist auf Folgendes hinzuweisen:

34

1. Teil des Leistungsbestimmungsrechts der Beklagten ist die Entscheidung, ob der Kläger am jeweils gültigen Bonussystem und/oder am Deferral Plan der Gesellschaft für außertarifliche Angestellte teilnimmt (§ 4 Ziff. 1 Arbeitsvertrag). Nach dem bisherigen Sachvortrag der Beklagten dürfte die Annahme des Arbeitsgerichts nicht zu beanstanden sein, die Beklagte habe bis zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Anspruchs (§ 4 Ziff. 4 Arbeitsvertrag) die Leistungsbestimmung hinsichtlich der Art der Leistung nicht vorgenommen und damit die Bestimmung iSv. § 315 Abs. 3 Satz 2 letzter Halbs. BGB verzögert. Im Hinblick auf das zwischenzeitlich erfolgte Ausscheiden des Klägers liegt es deshalb nahe, einen möglichen Bonusanspruch als Geldleistung und nicht als Deferral Award festzusetzen. Sollte das Landesarbeitsgericht dies anders sehen, wird es nach § 139 ZPO einen entsprechenden Hinweis zu erteilen und dem Kläger Gelegenheit zu geben haben, seinen Antrag anzupassen.

35

2. Im Fall einer gerichtlichen Leistungsbestimmung können die in den Vorjahren gezahlten Boni einen wichtigen Faktor darstellen, da durch sie regelmäßig zum Ausdruck gebracht wird, welche Höhe eine solche Leistung unter welchen konkreten Umständen (Leistung des Arbeitnehmers, Unternehmenserfolg etc.) erreichen kann. Insoweit hat das Arbeitsgericht allerdings rechtsfehlerhaft angenommen, dass der Kläger im Kalenderjahr 2010 einen Bonus in Höhe von 209.920,00 Euro erhalten hat. Vielmehr erfolgte für das Geschäftsjahr 2010 nur eine Bonuszahlung in Höhe von 9.920,00 Euro (vgl. Schreiben der Beklagten vom 24. Februar 2011). Der garantierte Bonus wurde hingegen nach der eindeutigen vertraglichen Regelung, dem Inhalt des Schreibens vom 26. Februar 2010 und dem Zeitpunkt der Teilleistungen, die zur Hälfte noch im Jahre 2010 erfolgten, für 2009 gezahlt. Selbst wenn der klägerische Vortrag zuträfe, wonach ihm mitgeteilt worden sei, die Angabe des Jahres 2009 sei aus „bilanztechnischen Gründen“ erfolgt, führte dies zu keinem anderen Ergebnis. Auch und gerade die bilanztechnische Zuordnung zu einem bestimmten Kalenderjahr bringt jedenfalls zum Ausdruck, dass die Zahlung nicht für ein Folgejahr erfolgen soll. Entgegen der Auffassung des Klägers spielt auch keine Rolle, dass er im Geschäftsjahr 2009 noch nicht für die Beklagte tätig war. Die Vereinbarung eines entsprechenden Leistungsanspruchs ist im Rahmen der Vertragsfreiheit ohne Weiteres möglich. Die Parteien bringen damit jedenfalls zum Ausdruck, welche Bonushöhe der Kläger, wäre er im Jahr 2009 bereits für die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin tätig gewesen, in diesem Kalenderjahr in der gegebenen wirtschaftlichen Situation des Unternehmens hätte erzielen können. Im Übrigen war nach § 1 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags eine Tätigkeitsaufnahme vor dem 1. Januar 2010 als Möglichkeit vorgesehen. Entgegen der Auffassung der Beklagten ergeben sich aus dem Arbeitsvertrag vom 19. August 2009 aber auch keine Anhaltspunkte dafür, die Leistung an den Kläger als reine Antrittsprämie (Sign-On-Bonus) ohne Leistungsbezug zu werten. Der Wortlaut der Vereinbarung gibt für eine solche Annahme nichts her. Vielmehr wird die Leistung nach § 16 Abs. 2 des Arbeitsvertrags ausdrücklich den Regeln des Deferral Plans(§ 4 Ziff. 1 Arbeitsvertrag) unterstellt und es wird in § 16 Abs. 5 des Arbeitsvertrags hinsichtlich der Verfallmöglichkeiten eines Teils des garantierten Bonus ein deutlicher Leistungsbezug hergestellt.

36

3. Als weiteres Element für die gerichtliche Leistungsbestimmung wird der Vortrag des Klägers zu seinen Leistungen und zu den Umsatzzahlen seiner Abteilung heranzuziehen sein. Gleiches gilt für die Höhe der Leistungen an andere Arbeitnehmer. Darüber hinaus wird der Vortrag der Parteien zu den wirtschaftlichen Kennzahlen der Beklagten zu berücksichtigen sein, wobei der Umstand wird Beachtung finden müssen, dass der Kläger für das Geschäftsjahr 2009 trotz erheblicher Verluste einen Bonus in erheblicher Höhe erhalten hat. Schließlich wird das Landesarbeitsgericht ggf. dem zuletzt erfolgten Vortrag des Klägers zum Umfang des Bonustopfes für das Geschäftsjahr 2011 nachzugehen haben. Sollten aus Sicht des Landesarbeitsgerichts relevante Faktoren von den Parteien unterschiedlich vorgetragen werden, so wird es ggf. Beweis zu erheben haben, um eine richterliche Überzeugungsbildung hinsichtlich der maßgeblichen Faktoren herbeizuführen. Von weiteren Hinweisen sieht der Senat insoweit ab.

37

4. Mögliche Ansprüche des Klägers auf Grundlage des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes sind nicht mehr Verfahrensgegenstand. Das Landesarbeitsgericht hat sich mit solchen Ansprüchen auseinandergesetzt und deren Vorliegen verneint. Der Kläger hat sich im Rahmen seiner Revision hiergegen nicht gewandt, so dass hierüber im Revisionsverfahren nicht mehr zu entscheiden war.

        

    Linck    

        

    Brune    

        

    W. Reinfelder    

        

        

        

    A. Effenberger     

        

    Schürmann    

                 

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 10. April 2014 - 19 Sa 1266/13 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Bonusansprüche für das Geschäftsjahr 2011.

2

Der Kläger war - nachdem er zuvor sein Arbeitsverhältnis bei einer anderen Bank durch Eigenkündigung zum 31. Dezember 2009 beendet hatte - vom 1. Januar 2010 bis zum 30. September 2012 bei der deutschen Niederlassung der Beklagten, einer internationalen Großbank, bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Er war außertariflicher Angestellter und zuletzt als Managing Director im Bereich GBM-Equities tätig. Das Arbeitsverhältnis endete durch betriebsbedingte Kündigung der Beklagten vom 23. Mai 2012 mit dem 30. September 2012.

3

Der Arbeitsvertrag des Klägers vom 19. August 2009 enthielt auszugsweise folgende Regelungen:

        

§ 3 Arbeitsvergütung

        

1.    

Der Arbeitnehmer erhält für seine Tätigkeit jeweils am 15. eines jeden Monats ein festes und auf sein Bankkonto zahlbares monatliches Gehalt in Höhe von derzeit

                 

€ 16.667,00 brutto

                 

(in Worten: Sechzehntausendsechshundertsiebenundsechzig Euro brutto)

                 

…       

                          
        

3.    

Soweit die Gesellschaft Gratifikationen gewährt, erkennt der Arbeitnehmer hiermit an, dass solche Zahlungen freiwillig erfolgen und auch nach wiederholter Gewährung nicht zu einer Verpflichtung der Gesellschaft zur Fortsetzung derartiger Zahlungen führen. Berücksichtigt werden in diesen Fällen nur solche Arbeitnehmer, die sich im Zeitpunkt der Zahlung in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befinden. Im Übrigen werden solche freiwilligen Leistungen zeitanteilig für diejenigen Zeiträume gekürzt, in denen der Arbeitnehmer in den letzten 12 Monaten vor Fälligkeit der Zahlung keine Ansprüche auf laufende Vergütung hat. Die Gesellschaft gewährt keine Sonderzahlungen nach den gem. § 1 Ziffer 4 geltenden tariflichen Bestimmungen.

        

4.    

Die Regelungen der Ziffer 3 gelten auch für sonstige Sondervergütungen (Bonus, etc.).

        

5.    

…     

        

§ 4 Bonus & Deferral Plan

        

1.    

Der Arbeitnehmer nimmt nach Wahl der Gesellschaft am jeweils gültigen Bonussystem und/oder am Deferral Plan der Gesellschaft für außertarifliche Angestellte über einen kalenderjährlichen Bonus bzw. Deferral Award teil.

        

2.    

Ein Bonus kann nur dann zur Auszahlung gelangen bzw. ein Deferral Award zugeteilt werden, wenn und soweit die Gesellschaft insgesamt Mittel zur Ausschüttung von Bonuszahlungen/bzw. Zuteilung von Deferral Awards an die Arbeitnehmer der Gesellschaft für das bonusrelevante Kalenderjahr zur Verfügung stellt und der Arbeitnehmer die Voraussetzungen für die Auszahlung bzw. Zuteilung erfüllt.

        

3.    

Die Zahlung des Bonus bzw. Zuteilung eines Deferral Awards erfolgt freiwillig und kann auch nach wiederholter Gewährung nicht zu einer Verpflichtung der Gesellschaft zur Fortsetzung derartiger Zahlungen bzw. Zuteilungen führen.

        

4.    

Der Bonus für ein Kalenderjahr soll im Frühjahr des darauf folgenden Kalenderjahres zur Auszahlung gelangen, ist jedoch spätestens bis Ende Juni des folgenden Kalenderjahres zur Zahlung fällig. Die Zuteilung und Auszahlung des Deferral Awards erfolgt gemäß den Regelungen des Deferral Plans in seiner jeweils gültigen Fassung.

        

5.    

Ein Bonus wird nur dann gezahlt bzw. ein Deferral Award erteilt, wenn sich der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Fälligkeit in einem ungekündigten Anstellungsverhältnis zur Gesellschaft befindet. Gleiches gilt für die Auszahlung des Deferral Awards.

        

6.    

Die vorstehenden Bestimmungen zum Bonus bzw. Deferral Award gelten, soweit sich nicht gem. § 1 Ziffer 5 aus einer Betriebsvereinbarung etwas anderes ergibt.

        

…       

        

§ 16 Sondervereinbarungen

        

Vorbehaltlich der nachstehenden Bestimmungen erhält der Arbeitnehmer für das Leistungsjahr 2009 einen garantierten Bonus in Höhe von € 200.00[0],00 brutto abzüglich Steuern und sonstiger gesetzlicher Abzüge (der ‚garantierte Bonus‘).

        

Der garantierte Bonus wird in Form einer gestundeten Leistung im Rahmen des R Deferral Plans (der ‚Deferral Plan‘) gezahlt; er unterliegt den Regelungen des Deferral Plans in der jeweils geltenden Fassung und zwar unabhängig davon, ob diese vor oder nach Beginn dieses Vertrages umgesetzt wurden. Die Gesellschaft behält sich das Recht vor, nach ihrem freien und alleinigen Ermessen jederzeit (auch während eines Geschäftsjahres) die Regelungen des Deferral Plans zu ändern bzw. diesen jederzeit aufzuheben oder zu ersetzen. Zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass eine derartige Änderung jeweils auch rückwirkend gelten kann.

        

Zur Kenntnisnahme: Im Deferral Plan wird geregelt, wann eine gestundete Leistung oder ein Teil davon möglicherweise verfällt. Insbesondere hat der Arbeitnehmer, sofern sein Arbeitsverhältnis vor dem Termin, an dem die gestundete Leistung oder ein Teil davon zahlbar oder unverfallbar wird, geendet hat oder eine Partei ihr Arbeitsverhältnis im Rahmen dieses Vertrages gekündigt hat (sofern diese Kündigung nicht unter die Sektion ‚Verlassen des Unternehmens unter außergewöhnlichen Umständen‘ der Regelungen des Deferral Plans in seiner jeweils geltenden Fassung fällt), kein Anrecht auf die gestundete Leistung bzw. einen davon verbliebenen Teil oder auf sonstige Bonuszahlungen, die ihm ansonsten (möglicherweise) gezahlt worden wären. Fällt die Kündigung unter die Sektion ‚Verlassen des Unternehmens unter außergewöhnlichen Umständen‘ des Deferral Plans in seiner jeweils geltenden Fassung, so wird die gestundete Leistung nach Maßgabe der Regelungen des Deferral Plans (in seiner jeweils geltenden Fassung) unverfallbar.

        

Die Regeln des Deferral Plans enthalten auch Bestimmungen, nach denen verfallbare Elemente gestundeter Leistungen verfallen können. Diese Bestimmungen gelten für alle garantierten Bonuszahlungen, die der Arbeitnehmer erhält bzw. erhalten hat.

        

Allerdings beschränken sich diese Verfallsbestimmungen hinsichtlich des garantierten Bonus für das Leistungsjahr 2009 allein auf Situationen, in denen die individuelle Leistung des Arbeitnehmers direkt verbunden ist mit dem Team oder dem Geschäftsbereich, in dem der Arbeitnehmer arbeitet, in der bzw. in dem ein Verlust erlitten wurde.“

4

Mit Schreiben vom 26. Februar 2010 teilte die Beklagte dem Kläger unter der Überschrift „Performance Year 2009“ mit, dass sein Gesamtgehalt 400.004,00 Euro betrage und sich aus dem Grundgehalt 2010 iHv. 200.004,00 Euro und einem „Performance Award: Unconditional Guaranteed Award 2009“ iHv. 200.000,00 Euro zusammensetze. Letzterer wurde in drei Tranchen in den Jahren 2010 bis 2012 durch Zuteilung von Bonds gewährt. Der Kläger konnte diese jeweils unmittelbar nach Erhalt veräußern. Mit Schreiben vom 24. Februar 2011 erhielt der Kläger eine vergleichbare Mitteilung für das „Performance Year 2010“, wonach der „Discretionary Performance Award“ 9.920,00 Euro betrug.

5

Mit Schreiben der „R Group“ vom 23. Februar 2012 wurde dem Kläger sein Festgehalt als „Total Compensation“ mitgeteilt, nicht hingegen eine Bonusleistung. In dem Schreiben heißt es ua.:

        

„The fall in revenues in 2011 however, means that the discretionary bonus pool element of this is significantly lower in 2011 than in 2010 and this has made the award cycle a challenging one.“

6

Einem Teil der Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnisse nicht im Laufe des Jahres 2012 beendet wurden, gewährte die Beklagte Bonusleistungen, die der Höhe nach überwiegend zwischen einem Viertel und der Hälfte des Vorjahresbonus betrugen.

7

Im Rahmen einer Stufenklage machte der Kläger zunächst bestimmte Auskunftsansprüche betreffend den Bonusanspruch 2011 geltend. Das Arbeitsgericht entschied durch Teilurteil vom 17. Oktober 2012 über das Auskunftsverlangen. Dabei wies es die Klage hinsichtlich des Hauptantrags und eines ersten Hilfsantrags als unzulässig ab; einem zweiten Hilfsantrag gab es statt. Die Entscheidung ist rechtskräftig geworden und führte zur Erteilung einer Auskunft der Beklagten unter dem 6. November 2012.

8

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe für das Geschäftsjahr 2011 ein Bonus nach billigem Ermessen zu, der mindestens ein Viertel des Vorjahresbonus iHv. 209.920,00 Euro brutto betragen müsse. 200.000,00 Euro davon seien der arbeitsvertraglich vereinbarte Garantiebonus gewesen, 9.920,00 Euro brutto der zusätzliche leistungsbezogene Bonus. Soweit es im Anstellungsvertrag heiße, der garantierte Bonus werde für das Leistungsjahr 2009 gezahlt, handele es sich um eine unrichtige Formulierung. Sein Arbeitsverhältnis bei der Beklagten habe erst am 1. Januar 2010 begonnen, ein Bonus für das Jahr 2009 habe ihm nicht zugestanden. Ihm sei seinerzeit mitgeteilt worden, dass das Jahr 2009 aus bilanztechnischen Gründen im Anstellungsvertrag angegeben worden sei. Für das Jahr 2011 hätten die Arbeitnehmer, die nicht im Jahr 2012 ausgeschieden seien, eine Bonusleistung erhalten, wobei er mangels Kenntnissen keine genaueren Angaben zur Bonushöhe machen könne. Er habe in seinem Bereich gute Leistungen erbracht und im Geschäftsjahr 2011 entsprechende Erträge erwirtschaftet, wobei nach seinem Kenntnisstand der Umsatz in seiner Abteilung um 20 % zurückgegangen sei.

9

Im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage der Beklagten hat der Kläger die Auffassung vertreten, allein der erlittene Jahresverlust iHv. 656 Mio. Euro könne den Bonusanspruch nicht ausschließen. Zwar habe die Beklagte im Vorjahr einen Gewinn iHv. 198 Mio. Euro erzielt, in den Jahren davor seien jedoch deutlich höhere Verluste erwirtschaftet worden. Das operative Ergebnis der Beklagten vor der Vornahme von Wertberichtigungen habe im Übrigen im Geschäftsjahr 2011 1,488 Mio. Euro plus betragen. Hinzu komme, dass die Beklagte in der Vergangenheit trotz erheblich höherer Verluste als im Jahr 2011 gleichwohl regelmäßig Boni an ihre Arbeitnehmer gezahlt habe.

10

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihm für das Geschäftsjahr 2011 einen Bonus, der der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der aber mindestens 52.480,00 Euro brutto beträgt, nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

11

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, aufgrund des im Geschäftsjahr 2011 erlittenen Jahresverlustes iHv. 656 Mio. Euro stehe dem Kläger kein Bonusanspruch zu. Im Jahr 2010 habe sein Bonus im Übrigen lediglich 9.920,00 Euro betragen. Der Garantiebonus iHv. 200.000,00 Euro sei als Sign-On-Bonus für den Wechsel des Klägers zu der Rechtsvorgängerin der Beklagten sowie als Kompensation für den wechselbedingten Verlust des Bonusanspruchs beim Vorarbeitgeber für das Jahr 2009 gewährt worden. Im Übrigen hätten sämtliche Mitarbeiter der Abteilung des Klägers keinen Bonus für das Jahr 2011 erhalten. Gleiches gelte - trotz sehr guter Leistungsbewertungen - für zahlreiche andere, nicht von einer Kündigung betroffene Arbeitnehmer der Beklagten. Aufgrund der rechtskräftigen Teilabweisung des Auskunftsbegehrens schulde sie keine weiter gehenden Auskünfte als die bereits erteilten.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage iHv. 78.720,00 Euro brutto nebst Zinsen stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Klage nicht abgewiesen werden. Mangels entsprechender Feststellungen durch das Landesarbeitsgericht kann der Senat in der Sache nicht abschließend entscheiden. Das angegriffene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

14

I. Der Kläger hat dem Grunde nach einen Anspruch auf einen Bonus und/oder einen Deferral Award für das Geschäftsjahr 2011 aus § 4 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags iVm. § 315 BGB. Die Festsetzung der Leistung auf null durch die Beklagte entspricht nicht billigem Ermessen und ist unverbindlich (§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB). Die Bestimmung hat deshalb gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch Urteil zu erfolgen. Dies hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft unterlassen. Mangels ausreichender Feststellungen zu den bestimmungsrelevanten Tatsachen kann der Senat nicht selbst entscheiden.

15

1. § 4 des Arbeitsvertrags gewährt dem Kläger - unabhängig von der Wirksamkeit des „Freiwilligkeitsvorbehalts“ nach § 4 Ziff. 3 - keinen unbedingten Anspruch auf Zahlung eines Bonus oder eines Deferral Awards in einer bestimmten Höhe. Der Anspruch für das jeweilige Geschäftsjahr ergibt sich vielmehr erst nach einer Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts der Beklagten nach billigem Ermessen (§ 315 BGB). Dieses umfasst sowohl die Wahl der jeweiligen Leistungsart als auch die Höhe des auszuzahlenden Betrags bzw. des zuzuteilenden Deferral Awards. Dies ergibt eine Auslegung der vertraglichen Regelungen.

16

a) Der Arbeitsvertrag vom 19. August 2009 enthält Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. §§ 305 ff. BGB. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (st. Rspr., zB BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 29 mwN, BAGE 147, 322). Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gemäß § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders. Die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB setzt allerdings voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (st. Rspr., zB BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 30, aaO).

17

b) § 4 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags legt fest, dass der Arbeitnehmer am jeweils gültigen Bonussystem und/oder am Deferral Plan der Gesellschaft für außertarifliche Angestellte „teilnimmt“. Die Formulierung spricht deutlich dafür, dass ein Rechtsanspruch auf eine solche Teilnahme und die sich hieraus ergebende Leistung besteht (vgl. auch zur Bedeutung des Begriffs „gewährt“ BAG 20. Februar 2013 - 10 AZR 177/12 - Rn. 17). Dabei soll es der Beklagten überlassen bleiben zu bestimmen, ob für das jeweilige Geschäftsjahr ein Bonus oder ein Deferral Award oder eine Kombination aus beiden Leistungsarten gewährt wird. Gleiches gilt hinsichtlich der Höhe der Leistung, die im Arbeitsvertrag nicht festgelegt ist. Vielmehr bedarf es nach § 4 Ziff. 2 einer Entscheidung über den Umfang der zur Verfügung gestellten Mittel.

18

c) Der in § 4 Ziff. 3 des Arbeitsvertrags enthaltene Freiwilligkeitsvorbehalt schließt den vertraglichen Leistungsanspruch nicht aus.

19

aa) Die Klausel ist unklar iSv. § 305c Abs. 2 BGB. Sie kann zum einen so verstanden werden, dass hierdurch generell ein Anspruch für die Zukunft ausgeschlossen werden soll. Denkbar ist aber auch, sie so zu verstehen, dass sie den Rechtsgedanken des § 315 BGB wiedergibt und damit auch eine wiederholte Leistungsgewährung nicht ohne Weiteres zur Fortsetzung „derartiger“, dh. nach Höhe und Art gleichartiger Leistungen wie in der Vergangenheit, führen soll. Ein solches Klauselverständnis stünde der Annahme eines dem Grunde nach bestehenden dauerhaften Anspruchs nicht entgegen. Da gemäß § 305c Abs. 2 BGB Zweifel bei der Auslegung zulasten des Verwenders gehen, ist die letztgenannte Auslegung maßgeblich.

20

bb) Im Übrigen würde eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die es dem Arbeitgeber erlaubte, nach Ablauf eines Geschäftsjahres die versprochene Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen zu unterlassen, einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 BGB nicht standhalten. Es würde eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers darstellen, wenn der Arbeitgeber von der Leistungsbestimmung für ein bestimmtes Geschäftsjahr absehen dürfte, obwohl der Arbeitnehmer in diesem Geschäftsjahr seine Arbeitsleistung erbracht hat und die Leistung auch Teil der Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung des Arbeitnehmers war (vgl. BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 13 f. [zum Vergütungscharakter einer Leistung]; 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 52, BAGE 147, 322 [zur Situation bei einer Zielvereinbarung]). Gleiches würde für den Freiwilligkeitsvorbehalt nach § 3 Ziff. 3 iVm. Ziff. 4 des Arbeitsvertrags gelten, sofern man diesen überhaupt auf Leistungen nach § 4 für anwendbar hielte.

21

d) Die vertragliche Regelung überlässt damit der Beklagten ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSd. § 315 BGB, was grundsätzlich zulässig ist. Die Höhe und Art einer Bonuszahlung muss nicht abschließend im Arbeitsvertrag festgelegt werden (vgl. BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 35, BAGE 147, 322; 20. März 2013 - 10 AZR 8/12 - Rn. 24, 30). In einem solchen Fall hat die Leistungsbestimmung nach der gesetzlichen Regelung mangels abweichender Anhaltspunkte nach billigem Ermessen zu erfolgen (vgl. dazu BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 746/10 - Rn. 25, BAGE 139, 283). Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagten durch § 4 Ziff. 2 des Arbeitsvertrags in Abweichung von § 315 Abs. 1 BGB das Recht zugebilligt werden sollte, nach freiem Ermessen über die Bonusgewährung zu entscheiden, ergeben sich aus dem Vertrag nicht; ein solches Recht nimmt die Beklagte auch nicht für sich in Anspruch. Im Übrigen wäre dies eine Abweichung vom gesetzlichen Leitbild des § 315 Abs. 1 BGB(vgl. dazu BAG 20. März 2013 - 10 AZR 8/12 - Rn. 31), die wegen des fehlenden Korrektivs der vollen gerichtlichen Kontrolle der Leistungsbestimmung eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 Nr. 1 BGB darstellen würde und deshalb unwirksam wäre.

22

2. Einem Anspruch des Klägers steht ebenso wenig die Stichtagsregelung nach § 4 Ziff. 5 des Arbeitsvertrags entgegen. Ein Bonus soll danach nur gezahlt bzw. ein Deferral Award nur dann zugeteilt und ausgezahlt werden, wenn sich der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Anspruchs bzw. der Auszahlung des Awards in einem ungekündigten Anstellungsverhältnis befindet. Diese Voraussetzung erfüllt der Kläger möglicherweise nicht, da sein Arbeitsverhältnis jedenfalls zum Zeitpunkt der spätesten Fälligkeit eines Bonus im Juni 2012 bereits gekündigt war. Darauf kommt es aber nicht an, da die Regelung einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 BGB nicht standhält. Der streitgegenständliche Bonus stellt unzweifelhaft jedenfalls auch eine Gegenleistung für im Geschäftsjahr laufend erbrachte Arbeit dar. Eine solche Leistung kann in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht von einem ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt außerhalb des Jahres abhängig gemacht werden, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde (zuletzt BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 15; grundlegend 13. November 2013 - 10 AZR 848/12 - BAGE 146, 284; 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - BAGE 140, 231).

23

3. Dahinstehen kann, ob § 4 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags aufgrund der Formulierung, der Arbeitnehmer nehme am „jeweils gültigen“ Bonussystem und/oder Deferral Plan teil, einen Änderungsvorbehalt beinhaltet, wie weit dieser reichen würde und ob ein ggf. umfassender Änderungsvorbehalt am Maßstab des § 308 Nr. 4 BGB gemessen wirksam wäre(vgl. zu einem umfassenden Änderungsvorbehalt zB BAG 11. Februar 2009 - 10 AZR 222/08 - Rn. 23 ff.). Die Beklagte macht nicht geltend, dass eine solche Änderung des Bonussystems bzw. des Deferral Plans dem Anspruch des Klägers entgegenstünde.

24

4. Der Kläger hat mit der Erhebung der Stufenklage die zweistufige Ausschlussfrist nach § 15 des Arbeitsvertrags gewahrt. Die Erhebung der Stufenklage begründet nicht nur die Rechtshängigkeit des Auskunftsanspruchs, sondern auch des unbezifferten Hauptanspruchs (BAG 12. Dezember 2000 - 9 AZR 1/00 - zu I 1 c bb der Gründe, BAGE 96, 352; Zöller/Greger ZPO 31. Aufl. § 254 Rn. 1) und wahrt damit eine entsprechende Ausschlussfrist (BAG 22. Januar 2008 - 9 AZR 416/07 - Rn. 35; 23. Februar 1977 - 3 AZR 764/75 - zu 4 der Gründe).

25

II. Die von der Beklagten vorgenommene Festsetzung des Bonusanspruchs des Klägers für das Geschäftsjahr 2011 auf null ist unverbindlich iSv. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB.

26

1. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der Bestimmungsberechtigte die Ermessensentscheidung zu treffen hat. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht, trägt der Bestimmungsberechtigte (st. Rspr., zuletzt zB BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 28). Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen (vgl. insgesamt dazu: BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 41 mwN, BAGE 147, 322; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

27

2. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die von ihr getroffene Leistungsbestimmung billigem Ermessen entspricht. Hiervon gehen das Arbeitsgericht ausdrücklich und das Landesarbeitsgericht unausgesprochen aus, da es sich andernfalls nicht mit der Frage der Höhe einer festzusetzenden Leistung hätte beschäftigen dürfen. Die Beklagte hat sich nicht dazu geäußert, ob sie sich für das Geschäftsjahr 2011 für ein Bonussystem und/oder einen Deferral Plan entschieden hat. Ebenso wenig hat sie dargelegt, in welchem Umfang sie Mittel zur Verfügung gestellt hat, obwohl der Inhalt des Schreibens vom 23. Februar 2012 hierauf hindeutet und unstreitig einem Teil der Arbeitnehmer entsprechende Leistungen gewährt wurden. Auch hat sie nicht vorgetragen, welche Arbeitnehmer nach welchen Kriterien an einem solchen System teilnehmen sollten. Allein der Hinweis auf einen in diesem Geschäftsjahr erzielten Verlust kann näheren Sachvortrag nicht ersetzen (vgl. dazu auch BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 62, BAGE 147, 322).

28

3. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat die teilweise Abweisung der Auskunftsklage im Teilurteil des Arbeitsgerichts nicht zur Folge, dass nunmehr der Kläger die Darlegungs- und Beweislast für die Unbilligkeit der von der Beklagten getroffenen Leistungsbestimmung nach § 315 BGB trägt. Die Auskunftsklage und die Klage auf richterliche Ersatzleistungsbestimmung haben unterschiedliche Streitgegenstände. Die im Rahmen einer Stufenklage ergangene Entscheidung über den Auskunftsanspruch erwächst im Hinblick auf den auf der letzten Stufe verfolgten Anspruch nicht in Rechtskraft und entfaltet insoweit auch keine Bindung iSv. § 318 ZPO. Damit ist es rechtlich nicht ausgeschlossen, dass die maßgeblichen Vorfragen im weiteren Verfahren über diesen Anspruch anders als im Teilurteil beurteilt werden (BGH 16. Juni 2010 - VIII ZR 62/09 - Rn. 24; Wieczorek/Schütze/Assmann ZPO 4. Aufl. § 254 Rn. 76; Stein/Jonas/Roth ZPO 22. Aufl. § 254 Rn. 31). Ungeachtet der teilweisen Abweisung der vorangegangenen Auskunftsklage hat deshalb die Beklagte als bestimmende Partei die Umstände dazulegen und zu beweisen, die ihre Leistungsbestimmung und deren Billigkeit tragen (vgl. Staudinger/Rieble (2015) BGB § 315 Rn. 388). Erbringt der Arbeitgeber, der sich eine solche einseitige Leistungsbestimmung vorbehält, keinen oder keinen hinreichenden Vortrag dazu, warum eine bestimmte Leistungsfestsetzung billigem Ermessen entsprechen soll, ist die gesetzliche Folge nach § 315 Abs. 3 BGB die Unverbindlichkeit der vom Bestimmungsberechtigten getroffenen Leistungsbestimmung.

29

III. Aufgrund der Unverbindlichkeit der Leistungsbestimmung der Beklagten hat gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB die Bestimmung der Höhe des Anspruchs für das Geschäftsjahr 2011 durch Urteil zu erfolgen(BAG 11. Dezember 2013 - 10 AZR 364/13 - Rn. 33 ff.). Eine solche Leistungsbestimmung hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft unterlassen. Die Leistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB ist wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls vorrangig den Tatsachengerichten vorbehalten(BAG 15. Mai 2013 - 10 AZR 679/12 - Rn. 35 mwN; vgl. auch BAG 18. Mai 2016 - 10 AZR 183/15 - Rn. 42 [zu § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB]). Eine Entscheidung durch das Revisionsgericht kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn alle maßgeblichen Tatsachen feststehen (vgl. zu einem solchen Fall BAG 11. Dezember 2013 - 10 AZR 364/13 - Rn. 30). Hieran fehlt es vorliegend, da das Landesarbeitsgericht keine hinreichenden Feststellungen zu den für die Bestimmung maßgeblichen Umständen getroffen hat. Das angegriffene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

30

1. Die richterliche Ersatzleistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB ist vom Gericht auf Grundlage des Vortrags der Parteien zu treffen(BGH 8. November 2011 - EnZR 32/10 - Rn. 24; 20. Juli 2010 - EnZR 23/09 - Rn. 39). Durch richterliche Ermessensentscheidung wird direkt über den geltend gemachten Anspruch entschieden und nicht nur - etwa im Sinne einer Rechtskontrolle - überprüft, ob die Festsetzung des Leistungsberechtigten zutrifft. Diese Prüfung hat bereits in der ersten Stufe nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB stattzufinden und ist Voraussetzung dafür, dass es überhaupt zu einer gerichtlichen Leistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB kommen kann. Die Ausübung des eigenen richterlichen Ermessens findet auf Grundlage des gesamten Prozessstoffs statt. Eine Darlegungs- und Beweislast im prozessualen Sinn besteht insoweit nicht, doch ist jede Partei gehalten, die für ihre Position sprechenden Umstände vorzutragen, weil das Gericht nur die ihm bekannten Umstände in seine Bestimmung einbringen kann (Staudinger/Rieble § 315 Rn. 521; BGB-RGRK/Ballhaus 12. Aufl. § 315 BGB Rn. 19; BAG 18. Mai 2016 - 10 AZR 183/15 - Rn. 44 [zu § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB]). Bringt der Bestimmungsberechtigte bestimmte Aspekte, die in seinem Konzept der Leistungsbestimmung möglicherweise zu berücksichtigen wären, nicht ein, können sie nicht berücksichtigt werden (vgl. BGH 20. Juli 2010 - EnZR 23/09 - Rn. 40 [zur fehlenden Offenlegung der Kalkulationsgrundlagen eines Netzbetreibers]). Dies geht zu seinen Lasten. Fehlender Vortrag des Bestimmungsberechtigten führt nicht zur Entstehung einer besonderen Darlegungslast für den Anspruchsteller. Dieser hat lediglich im eigenen Interesse die Obliegenheit, die für ihn günstigen Umstände vorzutragen. Deshalb kann der Anspruchsteller regelmäßig auch nicht auf die Erhebung einer Auskunftsklage verwiesen werden (dazu Staudinger/Rieble § 315 Rn. 388). Es ist vielmehr Sache des Gerichts, auf Grundlage des vorhandenen Prozessstoffs und des Vortrags beider Parteien die Leistungsbestimmung vorzunehmen und den vertraglich vorgegebenen Rahmen auszufüllen (MüKoBGB/Würdinger 7. Aufl. § 315 Rn. 51). Lediglich ausnahmsweise hat in entsprechender Anwendung des § 287 ZPO eine Festsetzung zu unterbleiben, wenn es auch nach vollständiger Ausschöpfung des Prozessstoffs an jeglichen greifbaren Anhaltspunkten für die Leistungsbestimmung fehlt(vgl. BGH 8. November 2011 - EnZR 32/10 - Rn. 25).

31

2. Diese Grundsätze hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft verkannt. Es hat unberücksichtigt gelassen, dass die Beklagte als Bestimmungsberechtigte keinen hinreichenden Vortrag zum Bonussystem bzw. Deferral Plan für das Geschäftsjahr 2011 gehalten hat. Stattdessen hat es vom Kläger Vortrag zu Tatsachen verlangt, wie beispielsweise zur Höhe eines Bonustopfes, die ein Arbeitnehmer im Regelfall nicht kennt. Faktisch hat es dem Kläger damit rechtsfehlerhaft eine Darlegungslast für Umstände auferlegt, die die Beklagte im Rahmen der gerichtlichen Ersatzleistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB im eigenen Interesse hätte vortragen können und müssen, wenn sie diese Umstände hätte berücksichtigt wissen wollen. Darüber hinaus hat das Landesarbeitsgericht den vorhandenen Prozessstoff nicht ausgeschöpft. Es ist von den Parteien zur Höhe der Bonuszahlungen in der Vergangenheit, zum Umfang von Leistungen an andere Arbeitnehmer, zum Unternehmenserfolg, zur Leistung des Klägers und zu den Umsätzen in seiner Abteilung vorgetragen worden. Darüber hinaus hätte es den zuletzt erfolgten Vortrag des Klägers zum Umfang des Bonustopfes in den Blick nehmen müssen.

32

3. Dies führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht. Der Senat macht dabei von der Möglichkeit der Zurückverweisung an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch.

33

IV. Für das weitere Verfahren ist auf Folgendes hinzuweisen:

34

1. Teil des Leistungsbestimmungsrechts der Beklagten ist die Entscheidung, ob der Kläger am jeweils gültigen Bonussystem und/oder am Deferral Plan der Gesellschaft für außertarifliche Angestellte teilnimmt (§ 4 Ziff. 1 Arbeitsvertrag). Nach dem bisherigen Sachvortrag der Beklagten dürfte die Annahme des Arbeitsgerichts nicht zu beanstanden sein, die Beklagte habe bis zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Anspruchs (§ 4 Ziff. 4 Arbeitsvertrag) die Leistungsbestimmung hinsichtlich der Art der Leistung nicht vorgenommen und damit die Bestimmung iSv. § 315 Abs. 3 Satz 2 letzter Halbs. BGB verzögert. Im Hinblick auf das zwischenzeitlich erfolgte Ausscheiden des Klägers liegt es deshalb nahe, einen möglichen Bonusanspruch als Geldleistung und nicht als Deferral Award festzusetzen. Sollte das Landesarbeitsgericht dies anders sehen, wird es nach § 139 ZPO einen entsprechenden Hinweis zu erteilen und dem Kläger Gelegenheit zu geben haben, seinen Antrag anzupassen.

35

2. Im Fall einer gerichtlichen Leistungsbestimmung können die in den Vorjahren gezahlten Boni einen wichtigen Faktor darstellen, da durch sie regelmäßig zum Ausdruck gebracht wird, welche Höhe eine solche Leistung unter welchen konkreten Umständen (Leistung des Arbeitnehmers, Unternehmenserfolg etc.) erreichen kann. Insoweit hat das Arbeitsgericht allerdings rechtsfehlerhaft angenommen, dass der Kläger im Kalenderjahr 2010 einen Bonus in Höhe von 209.920,00 Euro erhalten hat. Vielmehr erfolgte für das Geschäftsjahr 2010 nur eine Bonuszahlung in Höhe von 9.920,00 Euro (vgl. Schreiben der Beklagten vom 24. Februar 2011). Der garantierte Bonus wurde hingegen nach der eindeutigen vertraglichen Regelung, dem Inhalt des Schreibens vom 26. Februar 2010 und dem Zeitpunkt der Teilleistungen, die zur Hälfte noch im Jahre 2010 erfolgten, für 2009 gezahlt. Selbst wenn der klägerische Vortrag zuträfe, wonach ihm mitgeteilt worden sei, die Angabe des Jahres 2009 sei aus „bilanztechnischen Gründen“ erfolgt, führte dies zu keinem anderen Ergebnis. Auch und gerade die bilanztechnische Zuordnung zu einem bestimmten Kalenderjahr bringt jedenfalls zum Ausdruck, dass die Zahlung nicht für ein Folgejahr erfolgen soll. Entgegen der Auffassung des Klägers spielt auch keine Rolle, dass er im Geschäftsjahr 2009 noch nicht für die Beklagte tätig war. Die Vereinbarung eines entsprechenden Leistungsanspruchs ist im Rahmen der Vertragsfreiheit ohne Weiteres möglich. Die Parteien bringen damit jedenfalls zum Ausdruck, welche Bonushöhe der Kläger, wäre er im Jahr 2009 bereits für die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin tätig gewesen, in diesem Kalenderjahr in der gegebenen wirtschaftlichen Situation des Unternehmens hätte erzielen können. Im Übrigen war nach § 1 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags eine Tätigkeitsaufnahme vor dem 1. Januar 2010 als Möglichkeit vorgesehen. Entgegen der Auffassung der Beklagten ergeben sich aus dem Arbeitsvertrag vom 19. August 2009 aber auch keine Anhaltspunkte dafür, die Leistung an den Kläger als reine Antrittsprämie (Sign-On-Bonus) ohne Leistungsbezug zu werten. Der Wortlaut der Vereinbarung gibt für eine solche Annahme nichts her. Vielmehr wird die Leistung nach § 16 Abs. 2 des Arbeitsvertrags ausdrücklich den Regeln des Deferral Plans(§ 4 Ziff. 1 Arbeitsvertrag) unterstellt und es wird in § 16 Abs. 5 des Arbeitsvertrags hinsichtlich der Verfallmöglichkeiten eines Teils des garantierten Bonus ein deutlicher Leistungsbezug hergestellt.

36

3. Als weiteres Element für die gerichtliche Leistungsbestimmung wird der Vortrag des Klägers zu seinen Leistungen und zu den Umsatzzahlen seiner Abteilung heranzuziehen sein. Gleiches gilt für die Höhe der Leistungen an andere Arbeitnehmer. Darüber hinaus wird der Vortrag der Parteien zu den wirtschaftlichen Kennzahlen der Beklagten zu berücksichtigen sein, wobei der Umstand wird Beachtung finden müssen, dass der Kläger für das Geschäftsjahr 2009 trotz erheblicher Verluste einen Bonus in erheblicher Höhe erhalten hat. Schließlich wird das Landesarbeitsgericht ggf. dem zuletzt erfolgten Vortrag des Klägers zum Umfang des Bonustopfes für das Geschäftsjahr 2011 nachzugehen haben. Sollten aus Sicht des Landesarbeitsgerichts relevante Faktoren von den Parteien unterschiedlich vorgetragen werden, so wird es ggf. Beweis zu erheben haben, um eine richterliche Überzeugungsbildung hinsichtlich der maßgeblichen Faktoren herbeizuführen. Von weiteren Hinweisen sieht der Senat insoweit ab.

37

4. Mögliche Ansprüche des Klägers auf Grundlage des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes sind nicht mehr Verfahrensgegenstand. Das Landesarbeitsgericht hat sich mit solchen Ansprüchen auseinandergesetzt und deren Vorliegen verneint. Der Kläger hat sich im Rahmen seiner Revision hiergegen nicht gewandt, so dass hierüber im Revisionsverfahren nicht mehr zu entscheiden war.

        

    Linck    

        

    Brune    

        

    W. Reinfelder    

        

        

        

    A. Effenberger     

        

    Schürmann    

                 

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 10. April 2014 - 19 Sa 1266/13 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Bonusansprüche für das Geschäftsjahr 2011.

2

Der Kläger war - nachdem er zuvor sein Arbeitsverhältnis bei einer anderen Bank durch Eigenkündigung zum 31. Dezember 2009 beendet hatte - vom 1. Januar 2010 bis zum 30. September 2012 bei der deutschen Niederlassung der Beklagten, einer internationalen Großbank, bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Er war außertariflicher Angestellter und zuletzt als Managing Director im Bereich GBM-Equities tätig. Das Arbeitsverhältnis endete durch betriebsbedingte Kündigung der Beklagten vom 23. Mai 2012 mit dem 30. September 2012.

3

Der Arbeitsvertrag des Klägers vom 19. August 2009 enthielt auszugsweise folgende Regelungen:

        

§ 3 Arbeitsvergütung

        

1.    

Der Arbeitnehmer erhält für seine Tätigkeit jeweils am 15. eines jeden Monats ein festes und auf sein Bankkonto zahlbares monatliches Gehalt in Höhe von derzeit

                 

€ 16.667,00 brutto

                 

(in Worten: Sechzehntausendsechshundertsiebenundsechzig Euro brutto)

                 

…       

                          
        

3.    

Soweit die Gesellschaft Gratifikationen gewährt, erkennt der Arbeitnehmer hiermit an, dass solche Zahlungen freiwillig erfolgen und auch nach wiederholter Gewährung nicht zu einer Verpflichtung der Gesellschaft zur Fortsetzung derartiger Zahlungen führen. Berücksichtigt werden in diesen Fällen nur solche Arbeitnehmer, die sich im Zeitpunkt der Zahlung in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befinden. Im Übrigen werden solche freiwilligen Leistungen zeitanteilig für diejenigen Zeiträume gekürzt, in denen der Arbeitnehmer in den letzten 12 Monaten vor Fälligkeit der Zahlung keine Ansprüche auf laufende Vergütung hat. Die Gesellschaft gewährt keine Sonderzahlungen nach den gem. § 1 Ziffer 4 geltenden tariflichen Bestimmungen.

        

4.    

Die Regelungen der Ziffer 3 gelten auch für sonstige Sondervergütungen (Bonus, etc.).

        

5.    

…     

        

§ 4 Bonus & Deferral Plan

        

1.    

Der Arbeitnehmer nimmt nach Wahl der Gesellschaft am jeweils gültigen Bonussystem und/oder am Deferral Plan der Gesellschaft für außertarifliche Angestellte über einen kalenderjährlichen Bonus bzw. Deferral Award teil.

        

2.    

Ein Bonus kann nur dann zur Auszahlung gelangen bzw. ein Deferral Award zugeteilt werden, wenn und soweit die Gesellschaft insgesamt Mittel zur Ausschüttung von Bonuszahlungen/bzw. Zuteilung von Deferral Awards an die Arbeitnehmer der Gesellschaft für das bonusrelevante Kalenderjahr zur Verfügung stellt und der Arbeitnehmer die Voraussetzungen für die Auszahlung bzw. Zuteilung erfüllt.

        

3.    

Die Zahlung des Bonus bzw. Zuteilung eines Deferral Awards erfolgt freiwillig und kann auch nach wiederholter Gewährung nicht zu einer Verpflichtung der Gesellschaft zur Fortsetzung derartiger Zahlungen bzw. Zuteilungen führen.

        

4.    

Der Bonus für ein Kalenderjahr soll im Frühjahr des darauf folgenden Kalenderjahres zur Auszahlung gelangen, ist jedoch spätestens bis Ende Juni des folgenden Kalenderjahres zur Zahlung fällig. Die Zuteilung und Auszahlung des Deferral Awards erfolgt gemäß den Regelungen des Deferral Plans in seiner jeweils gültigen Fassung.

        

5.    

Ein Bonus wird nur dann gezahlt bzw. ein Deferral Award erteilt, wenn sich der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Fälligkeit in einem ungekündigten Anstellungsverhältnis zur Gesellschaft befindet. Gleiches gilt für die Auszahlung des Deferral Awards.

        

6.    

Die vorstehenden Bestimmungen zum Bonus bzw. Deferral Award gelten, soweit sich nicht gem. § 1 Ziffer 5 aus einer Betriebsvereinbarung etwas anderes ergibt.

        

…       

        

§ 16 Sondervereinbarungen

        

Vorbehaltlich der nachstehenden Bestimmungen erhält der Arbeitnehmer für das Leistungsjahr 2009 einen garantierten Bonus in Höhe von € 200.00[0],00 brutto abzüglich Steuern und sonstiger gesetzlicher Abzüge (der ‚garantierte Bonus‘).

        

Der garantierte Bonus wird in Form einer gestundeten Leistung im Rahmen des R Deferral Plans (der ‚Deferral Plan‘) gezahlt; er unterliegt den Regelungen des Deferral Plans in der jeweils geltenden Fassung und zwar unabhängig davon, ob diese vor oder nach Beginn dieses Vertrages umgesetzt wurden. Die Gesellschaft behält sich das Recht vor, nach ihrem freien und alleinigen Ermessen jederzeit (auch während eines Geschäftsjahres) die Regelungen des Deferral Plans zu ändern bzw. diesen jederzeit aufzuheben oder zu ersetzen. Zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass eine derartige Änderung jeweils auch rückwirkend gelten kann.

        

Zur Kenntnisnahme: Im Deferral Plan wird geregelt, wann eine gestundete Leistung oder ein Teil davon möglicherweise verfällt. Insbesondere hat der Arbeitnehmer, sofern sein Arbeitsverhältnis vor dem Termin, an dem die gestundete Leistung oder ein Teil davon zahlbar oder unverfallbar wird, geendet hat oder eine Partei ihr Arbeitsverhältnis im Rahmen dieses Vertrages gekündigt hat (sofern diese Kündigung nicht unter die Sektion ‚Verlassen des Unternehmens unter außergewöhnlichen Umständen‘ der Regelungen des Deferral Plans in seiner jeweils geltenden Fassung fällt), kein Anrecht auf die gestundete Leistung bzw. einen davon verbliebenen Teil oder auf sonstige Bonuszahlungen, die ihm ansonsten (möglicherweise) gezahlt worden wären. Fällt die Kündigung unter die Sektion ‚Verlassen des Unternehmens unter außergewöhnlichen Umständen‘ des Deferral Plans in seiner jeweils geltenden Fassung, so wird die gestundete Leistung nach Maßgabe der Regelungen des Deferral Plans (in seiner jeweils geltenden Fassung) unverfallbar.

        

Die Regeln des Deferral Plans enthalten auch Bestimmungen, nach denen verfallbare Elemente gestundeter Leistungen verfallen können. Diese Bestimmungen gelten für alle garantierten Bonuszahlungen, die der Arbeitnehmer erhält bzw. erhalten hat.

        

Allerdings beschränken sich diese Verfallsbestimmungen hinsichtlich des garantierten Bonus für das Leistungsjahr 2009 allein auf Situationen, in denen die individuelle Leistung des Arbeitnehmers direkt verbunden ist mit dem Team oder dem Geschäftsbereich, in dem der Arbeitnehmer arbeitet, in der bzw. in dem ein Verlust erlitten wurde.“

4

Mit Schreiben vom 26. Februar 2010 teilte die Beklagte dem Kläger unter der Überschrift „Performance Year 2009“ mit, dass sein Gesamtgehalt 400.004,00 Euro betrage und sich aus dem Grundgehalt 2010 iHv. 200.004,00 Euro und einem „Performance Award: Unconditional Guaranteed Award 2009“ iHv. 200.000,00 Euro zusammensetze. Letzterer wurde in drei Tranchen in den Jahren 2010 bis 2012 durch Zuteilung von Bonds gewährt. Der Kläger konnte diese jeweils unmittelbar nach Erhalt veräußern. Mit Schreiben vom 24. Februar 2011 erhielt der Kläger eine vergleichbare Mitteilung für das „Performance Year 2010“, wonach der „Discretionary Performance Award“ 9.920,00 Euro betrug.

5

Mit Schreiben der „R Group“ vom 23. Februar 2012 wurde dem Kläger sein Festgehalt als „Total Compensation“ mitgeteilt, nicht hingegen eine Bonusleistung. In dem Schreiben heißt es ua.:

        

„The fall in revenues in 2011 however, means that the discretionary bonus pool element of this is significantly lower in 2011 than in 2010 and this has made the award cycle a challenging one.“

6

Einem Teil der Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnisse nicht im Laufe des Jahres 2012 beendet wurden, gewährte die Beklagte Bonusleistungen, die der Höhe nach überwiegend zwischen einem Viertel und der Hälfte des Vorjahresbonus betrugen.

7

Im Rahmen einer Stufenklage machte der Kläger zunächst bestimmte Auskunftsansprüche betreffend den Bonusanspruch 2011 geltend. Das Arbeitsgericht entschied durch Teilurteil vom 17. Oktober 2012 über das Auskunftsverlangen. Dabei wies es die Klage hinsichtlich des Hauptantrags und eines ersten Hilfsantrags als unzulässig ab; einem zweiten Hilfsantrag gab es statt. Die Entscheidung ist rechtskräftig geworden und führte zur Erteilung einer Auskunft der Beklagten unter dem 6. November 2012.

8

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe für das Geschäftsjahr 2011 ein Bonus nach billigem Ermessen zu, der mindestens ein Viertel des Vorjahresbonus iHv. 209.920,00 Euro brutto betragen müsse. 200.000,00 Euro davon seien der arbeitsvertraglich vereinbarte Garantiebonus gewesen, 9.920,00 Euro brutto der zusätzliche leistungsbezogene Bonus. Soweit es im Anstellungsvertrag heiße, der garantierte Bonus werde für das Leistungsjahr 2009 gezahlt, handele es sich um eine unrichtige Formulierung. Sein Arbeitsverhältnis bei der Beklagten habe erst am 1. Januar 2010 begonnen, ein Bonus für das Jahr 2009 habe ihm nicht zugestanden. Ihm sei seinerzeit mitgeteilt worden, dass das Jahr 2009 aus bilanztechnischen Gründen im Anstellungsvertrag angegeben worden sei. Für das Jahr 2011 hätten die Arbeitnehmer, die nicht im Jahr 2012 ausgeschieden seien, eine Bonusleistung erhalten, wobei er mangels Kenntnissen keine genaueren Angaben zur Bonushöhe machen könne. Er habe in seinem Bereich gute Leistungen erbracht und im Geschäftsjahr 2011 entsprechende Erträge erwirtschaftet, wobei nach seinem Kenntnisstand der Umsatz in seiner Abteilung um 20 % zurückgegangen sei.

9

Im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage der Beklagten hat der Kläger die Auffassung vertreten, allein der erlittene Jahresverlust iHv. 656 Mio. Euro könne den Bonusanspruch nicht ausschließen. Zwar habe die Beklagte im Vorjahr einen Gewinn iHv. 198 Mio. Euro erzielt, in den Jahren davor seien jedoch deutlich höhere Verluste erwirtschaftet worden. Das operative Ergebnis der Beklagten vor der Vornahme von Wertberichtigungen habe im Übrigen im Geschäftsjahr 2011 1,488 Mio. Euro plus betragen. Hinzu komme, dass die Beklagte in der Vergangenheit trotz erheblich höherer Verluste als im Jahr 2011 gleichwohl regelmäßig Boni an ihre Arbeitnehmer gezahlt habe.

10

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihm für das Geschäftsjahr 2011 einen Bonus, der der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der aber mindestens 52.480,00 Euro brutto beträgt, nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

11

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, aufgrund des im Geschäftsjahr 2011 erlittenen Jahresverlustes iHv. 656 Mio. Euro stehe dem Kläger kein Bonusanspruch zu. Im Jahr 2010 habe sein Bonus im Übrigen lediglich 9.920,00 Euro betragen. Der Garantiebonus iHv. 200.000,00 Euro sei als Sign-On-Bonus für den Wechsel des Klägers zu der Rechtsvorgängerin der Beklagten sowie als Kompensation für den wechselbedingten Verlust des Bonusanspruchs beim Vorarbeitgeber für das Jahr 2009 gewährt worden. Im Übrigen hätten sämtliche Mitarbeiter der Abteilung des Klägers keinen Bonus für das Jahr 2011 erhalten. Gleiches gelte - trotz sehr guter Leistungsbewertungen - für zahlreiche andere, nicht von einer Kündigung betroffene Arbeitnehmer der Beklagten. Aufgrund der rechtskräftigen Teilabweisung des Auskunftsbegehrens schulde sie keine weiter gehenden Auskünfte als die bereits erteilten.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage iHv. 78.720,00 Euro brutto nebst Zinsen stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Klage nicht abgewiesen werden. Mangels entsprechender Feststellungen durch das Landesarbeitsgericht kann der Senat in der Sache nicht abschließend entscheiden. Das angegriffene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

14

I. Der Kläger hat dem Grunde nach einen Anspruch auf einen Bonus und/oder einen Deferral Award für das Geschäftsjahr 2011 aus § 4 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags iVm. § 315 BGB. Die Festsetzung der Leistung auf null durch die Beklagte entspricht nicht billigem Ermessen und ist unverbindlich (§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB). Die Bestimmung hat deshalb gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch Urteil zu erfolgen. Dies hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft unterlassen. Mangels ausreichender Feststellungen zu den bestimmungsrelevanten Tatsachen kann der Senat nicht selbst entscheiden.

15

1. § 4 des Arbeitsvertrags gewährt dem Kläger - unabhängig von der Wirksamkeit des „Freiwilligkeitsvorbehalts“ nach § 4 Ziff. 3 - keinen unbedingten Anspruch auf Zahlung eines Bonus oder eines Deferral Awards in einer bestimmten Höhe. Der Anspruch für das jeweilige Geschäftsjahr ergibt sich vielmehr erst nach einer Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts der Beklagten nach billigem Ermessen (§ 315 BGB). Dieses umfasst sowohl die Wahl der jeweiligen Leistungsart als auch die Höhe des auszuzahlenden Betrags bzw. des zuzuteilenden Deferral Awards. Dies ergibt eine Auslegung der vertraglichen Regelungen.

16

a) Der Arbeitsvertrag vom 19. August 2009 enthält Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. §§ 305 ff. BGB. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (st. Rspr., zB BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 29 mwN, BAGE 147, 322). Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gemäß § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders. Die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB setzt allerdings voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (st. Rspr., zB BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 30, aaO).

17

b) § 4 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags legt fest, dass der Arbeitnehmer am jeweils gültigen Bonussystem und/oder am Deferral Plan der Gesellschaft für außertarifliche Angestellte „teilnimmt“. Die Formulierung spricht deutlich dafür, dass ein Rechtsanspruch auf eine solche Teilnahme und die sich hieraus ergebende Leistung besteht (vgl. auch zur Bedeutung des Begriffs „gewährt“ BAG 20. Februar 2013 - 10 AZR 177/12 - Rn. 17). Dabei soll es der Beklagten überlassen bleiben zu bestimmen, ob für das jeweilige Geschäftsjahr ein Bonus oder ein Deferral Award oder eine Kombination aus beiden Leistungsarten gewährt wird. Gleiches gilt hinsichtlich der Höhe der Leistung, die im Arbeitsvertrag nicht festgelegt ist. Vielmehr bedarf es nach § 4 Ziff. 2 einer Entscheidung über den Umfang der zur Verfügung gestellten Mittel.

18

c) Der in § 4 Ziff. 3 des Arbeitsvertrags enthaltene Freiwilligkeitsvorbehalt schließt den vertraglichen Leistungsanspruch nicht aus.

19

aa) Die Klausel ist unklar iSv. § 305c Abs. 2 BGB. Sie kann zum einen so verstanden werden, dass hierdurch generell ein Anspruch für die Zukunft ausgeschlossen werden soll. Denkbar ist aber auch, sie so zu verstehen, dass sie den Rechtsgedanken des § 315 BGB wiedergibt und damit auch eine wiederholte Leistungsgewährung nicht ohne Weiteres zur Fortsetzung „derartiger“, dh. nach Höhe und Art gleichartiger Leistungen wie in der Vergangenheit, führen soll. Ein solches Klauselverständnis stünde der Annahme eines dem Grunde nach bestehenden dauerhaften Anspruchs nicht entgegen. Da gemäß § 305c Abs. 2 BGB Zweifel bei der Auslegung zulasten des Verwenders gehen, ist die letztgenannte Auslegung maßgeblich.

20

bb) Im Übrigen würde eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die es dem Arbeitgeber erlaubte, nach Ablauf eines Geschäftsjahres die versprochene Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen zu unterlassen, einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 BGB nicht standhalten. Es würde eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers darstellen, wenn der Arbeitgeber von der Leistungsbestimmung für ein bestimmtes Geschäftsjahr absehen dürfte, obwohl der Arbeitnehmer in diesem Geschäftsjahr seine Arbeitsleistung erbracht hat und die Leistung auch Teil der Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung des Arbeitnehmers war (vgl. BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 13 f. [zum Vergütungscharakter einer Leistung]; 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 52, BAGE 147, 322 [zur Situation bei einer Zielvereinbarung]). Gleiches würde für den Freiwilligkeitsvorbehalt nach § 3 Ziff. 3 iVm. Ziff. 4 des Arbeitsvertrags gelten, sofern man diesen überhaupt auf Leistungen nach § 4 für anwendbar hielte.

21

d) Die vertragliche Regelung überlässt damit der Beklagten ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSd. § 315 BGB, was grundsätzlich zulässig ist. Die Höhe und Art einer Bonuszahlung muss nicht abschließend im Arbeitsvertrag festgelegt werden (vgl. BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 35, BAGE 147, 322; 20. März 2013 - 10 AZR 8/12 - Rn. 24, 30). In einem solchen Fall hat die Leistungsbestimmung nach der gesetzlichen Regelung mangels abweichender Anhaltspunkte nach billigem Ermessen zu erfolgen (vgl. dazu BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 746/10 - Rn. 25, BAGE 139, 283). Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagten durch § 4 Ziff. 2 des Arbeitsvertrags in Abweichung von § 315 Abs. 1 BGB das Recht zugebilligt werden sollte, nach freiem Ermessen über die Bonusgewährung zu entscheiden, ergeben sich aus dem Vertrag nicht; ein solches Recht nimmt die Beklagte auch nicht für sich in Anspruch. Im Übrigen wäre dies eine Abweichung vom gesetzlichen Leitbild des § 315 Abs. 1 BGB(vgl. dazu BAG 20. März 2013 - 10 AZR 8/12 - Rn. 31), die wegen des fehlenden Korrektivs der vollen gerichtlichen Kontrolle der Leistungsbestimmung eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 Nr. 1 BGB darstellen würde und deshalb unwirksam wäre.

22

2. Einem Anspruch des Klägers steht ebenso wenig die Stichtagsregelung nach § 4 Ziff. 5 des Arbeitsvertrags entgegen. Ein Bonus soll danach nur gezahlt bzw. ein Deferral Award nur dann zugeteilt und ausgezahlt werden, wenn sich der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Anspruchs bzw. der Auszahlung des Awards in einem ungekündigten Anstellungsverhältnis befindet. Diese Voraussetzung erfüllt der Kläger möglicherweise nicht, da sein Arbeitsverhältnis jedenfalls zum Zeitpunkt der spätesten Fälligkeit eines Bonus im Juni 2012 bereits gekündigt war. Darauf kommt es aber nicht an, da die Regelung einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 BGB nicht standhält. Der streitgegenständliche Bonus stellt unzweifelhaft jedenfalls auch eine Gegenleistung für im Geschäftsjahr laufend erbrachte Arbeit dar. Eine solche Leistung kann in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht von einem ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt außerhalb des Jahres abhängig gemacht werden, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde (zuletzt BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 15; grundlegend 13. November 2013 - 10 AZR 848/12 - BAGE 146, 284; 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - BAGE 140, 231).

23

3. Dahinstehen kann, ob § 4 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags aufgrund der Formulierung, der Arbeitnehmer nehme am „jeweils gültigen“ Bonussystem und/oder Deferral Plan teil, einen Änderungsvorbehalt beinhaltet, wie weit dieser reichen würde und ob ein ggf. umfassender Änderungsvorbehalt am Maßstab des § 308 Nr. 4 BGB gemessen wirksam wäre(vgl. zu einem umfassenden Änderungsvorbehalt zB BAG 11. Februar 2009 - 10 AZR 222/08 - Rn. 23 ff.). Die Beklagte macht nicht geltend, dass eine solche Änderung des Bonussystems bzw. des Deferral Plans dem Anspruch des Klägers entgegenstünde.

24

4. Der Kläger hat mit der Erhebung der Stufenklage die zweistufige Ausschlussfrist nach § 15 des Arbeitsvertrags gewahrt. Die Erhebung der Stufenklage begründet nicht nur die Rechtshängigkeit des Auskunftsanspruchs, sondern auch des unbezifferten Hauptanspruchs (BAG 12. Dezember 2000 - 9 AZR 1/00 - zu I 1 c bb der Gründe, BAGE 96, 352; Zöller/Greger ZPO 31. Aufl. § 254 Rn. 1) und wahrt damit eine entsprechende Ausschlussfrist (BAG 22. Januar 2008 - 9 AZR 416/07 - Rn. 35; 23. Februar 1977 - 3 AZR 764/75 - zu 4 der Gründe).

25

II. Die von der Beklagten vorgenommene Festsetzung des Bonusanspruchs des Klägers für das Geschäftsjahr 2011 auf null ist unverbindlich iSv. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB.

26

1. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der Bestimmungsberechtigte die Ermessensentscheidung zu treffen hat. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht, trägt der Bestimmungsberechtigte (st. Rspr., zuletzt zB BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 28). Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen (vgl. insgesamt dazu: BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 41 mwN, BAGE 147, 322; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

27

2. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die von ihr getroffene Leistungsbestimmung billigem Ermessen entspricht. Hiervon gehen das Arbeitsgericht ausdrücklich und das Landesarbeitsgericht unausgesprochen aus, da es sich andernfalls nicht mit der Frage der Höhe einer festzusetzenden Leistung hätte beschäftigen dürfen. Die Beklagte hat sich nicht dazu geäußert, ob sie sich für das Geschäftsjahr 2011 für ein Bonussystem und/oder einen Deferral Plan entschieden hat. Ebenso wenig hat sie dargelegt, in welchem Umfang sie Mittel zur Verfügung gestellt hat, obwohl der Inhalt des Schreibens vom 23. Februar 2012 hierauf hindeutet und unstreitig einem Teil der Arbeitnehmer entsprechende Leistungen gewährt wurden. Auch hat sie nicht vorgetragen, welche Arbeitnehmer nach welchen Kriterien an einem solchen System teilnehmen sollten. Allein der Hinweis auf einen in diesem Geschäftsjahr erzielten Verlust kann näheren Sachvortrag nicht ersetzen (vgl. dazu auch BAG 19. März 2014 - 10 AZR 622/13 - Rn. 62, BAGE 147, 322).

28

3. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat die teilweise Abweisung der Auskunftsklage im Teilurteil des Arbeitsgerichts nicht zur Folge, dass nunmehr der Kläger die Darlegungs- und Beweislast für die Unbilligkeit der von der Beklagten getroffenen Leistungsbestimmung nach § 315 BGB trägt. Die Auskunftsklage und die Klage auf richterliche Ersatzleistungsbestimmung haben unterschiedliche Streitgegenstände. Die im Rahmen einer Stufenklage ergangene Entscheidung über den Auskunftsanspruch erwächst im Hinblick auf den auf der letzten Stufe verfolgten Anspruch nicht in Rechtskraft und entfaltet insoweit auch keine Bindung iSv. § 318 ZPO. Damit ist es rechtlich nicht ausgeschlossen, dass die maßgeblichen Vorfragen im weiteren Verfahren über diesen Anspruch anders als im Teilurteil beurteilt werden (BGH 16. Juni 2010 - VIII ZR 62/09 - Rn. 24; Wieczorek/Schütze/Assmann ZPO 4. Aufl. § 254 Rn. 76; Stein/Jonas/Roth ZPO 22. Aufl. § 254 Rn. 31). Ungeachtet der teilweisen Abweisung der vorangegangenen Auskunftsklage hat deshalb die Beklagte als bestimmende Partei die Umstände dazulegen und zu beweisen, die ihre Leistungsbestimmung und deren Billigkeit tragen (vgl. Staudinger/Rieble (2015) BGB § 315 Rn. 388). Erbringt der Arbeitgeber, der sich eine solche einseitige Leistungsbestimmung vorbehält, keinen oder keinen hinreichenden Vortrag dazu, warum eine bestimmte Leistungsfestsetzung billigem Ermessen entsprechen soll, ist die gesetzliche Folge nach § 315 Abs. 3 BGB die Unverbindlichkeit der vom Bestimmungsberechtigten getroffenen Leistungsbestimmung.

29

III. Aufgrund der Unverbindlichkeit der Leistungsbestimmung der Beklagten hat gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB die Bestimmung der Höhe des Anspruchs für das Geschäftsjahr 2011 durch Urteil zu erfolgen(BAG 11. Dezember 2013 - 10 AZR 364/13 - Rn. 33 ff.). Eine solche Leistungsbestimmung hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft unterlassen. Die Leistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB ist wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls vorrangig den Tatsachengerichten vorbehalten(BAG 15. Mai 2013 - 10 AZR 679/12 - Rn. 35 mwN; vgl. auch BAG 18. Mai 2016 - 10 AZR 183/15 - Rn. 42 [zu § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB]). Eine Entscheidung durch das Revisionsgericht kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn alle maßgeblichen Tatsachen feststehen (vgl. zu einem solchen Fall BAG 11. Dezember 2013 - 10 AZR 364/13 - Rn. 30). Hieran fehlt es vorliegend, da das Landesarbeitsgericht keine hinreichenden Feststellungen zu den für die Bestimmung maßgeblichen Umständen getroffen hat. Das angegriffene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

30

1. Die richterliche Ersatzleistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB ist vom Gericht auf Grundlage des Vortrags der Parteien zu treffen(BGH 8. November 2011 - EnZR 32/10 - Rn. 24; 20. Juli 2010 - EnZR 23/09 - Rn. 39). Durch richterliche Ermessensentscheidung wird direkt über den geltend gemachten Anspruch entschieden und nicht nur - etwa im Sinne einer Rechtskontrolle - überprüft, ob die Festsetzung des Leistungsberechtigten zutrifft. Diese Prüfung hat bereits in der ersten Stufe nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB stattzufinden und ist Voraussetzung dafür, dass es überhaupt zu einer gerichtlichen Leistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB kommen kann. Die Ausübung des eigenen richterlichen Ermessens findet auf Grundlage des gesamten Prozessstoffs statt. Eine Darlegungs- und Beweislast im prozessualen Sinn besteht insoweit nicht, doch ist jede Partei gehalten, die für ihre Position sprechenden Umstände vorzutragen, weil das Gericht nur die ihm bekannten Umstände in seine Bestimmung einbringen kann (Staudinger/Rieble § 315 Rn. 521; BGB-RGRK/Ballhaus 12. Aufl. § 315 BGB Rn. 19; BAG 18. Mai 2016 - 10 AZR 183/15 - Rn. 44 [zu § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB]). Bringt der Bestimmungsberechtigte bestimmte Aspekte, die in seinem Konzept der Leistungsbestimmung möglicherweise zu berücksichtigen wären, nicht ein, können sie nicht berücksichtigt werden (vgl. BGH 20. Juli 2010 - EnZR 23/09 - Rn. 40 [zur fehlenden Offenlegung der Kalkulationsgrundlagen eines Netzbetreibers]). Dies geht zu seinen Lasten. Fehlender Vortrag des Bestimmungsberechtigten führt nicht zur Entstehung einer besonderen Darlegungslast für den Anspruchsteller. Dieser hat lediglich im eigenen Interesse die Obliegenheit, die für ihn günstigen Umstände vorzutragen. Deshalb kann der Anspruchsteller regelmäßig auch nicht auf die Erhebung einer Auskunftsklage verwiesen werden (dazu Staudinger/Rieble § 315 Rn. 388). Es ist vielmehr Sache des Gerichts, auf Grundlage des vorhandenen Prozessstoffs und des Vortrags beider Parteien die Leistungsbestimmung vorzunehmen und den vertraglich vorgegebenen Rahmen auszufüllen (MüKoBGB/Würdinger 7. Aufl. § 315 Rn. 51). Lediglich ausnahmsweise hat in entsprechender Anwendung des § 287 ZPO eine Festsetzung zu unterbleiben, wenn es auch nach vollständiger Ausschöpfung des Prozessstoffs an jeglichen greifbaren Anhaltspunkten für die Leistungsbestimmung fehlt(vgl. BGH 8. November 2011 - EnZR 32/10 - Rn. 25).

31

2. Diese Grundsätze hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft verkannt. Es hat unberücksichtigt gelassen, dass die Beklagte als Bestimmungsberechtigte keinen hinreichenden Vortrag zum Bonussystem bzw. Deferral Plan für das Geschäftsjahr 2011 gehalten hat. Stattdessen hat es vom Kläger Vortrag zu Tatsachen verlangt, wie beispielsweise zur Höhe eines Bonustopfes, die ein Arbeitnehmer im Regelfall nicht kennt. Faktisch hat es dem Kläger damit rechtsfehlerhaft eine Darlegungslast für Umstände auferlegt, die die Beklagte im Rahmen der gerichtlichen Ersatzleistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB im eigenen Interesse hätte vortragen können und müssen, wenn sie diese Umstände hätte berücksichtigt wissen wollen. Darüber hinaus hat das Landesarbeitsgericht den vorhandenen Prozessstoff nicht ausgeschöpft. Es ist von den Parteien zur Höhe der Bonuszahlungen in der Vergangenheit, zum Umfang von Leistungen an andere Arbeitnehmer, zum Unternehmenserfolg, zur Leistung des Klägers und zu den Umsätzen in seiner Abteilung vorgetragen worden. Darüber hinaus hätte es den zuletzt erfolgten Vortrag des Klägers zum Umfang des Bonustopfes in den Blick nehmen müssen.

32

3. Dies führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht. Der Senat macht dabei von der Möglichkeit der Zurückverweisung an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch.

33

IV. Für das weitere Verfahren ist auf Folgendes hinzuweisen:

34

1. Teil des Leistungsbestimmungsrechts der Beklagten ist die Entscheidung, ob der Kläger am jeweils gültigen Bonussystem und/oder am Deferral Plan der Gesellschaft für außertarifliche Angestellte teilnimmt (§ 4 Ziff. 1 Arbeitsvertrag). Nach dem bisherigen Sachvortrag der Beklagten dürfte die Annahme des Arbeitsgerichts nicht zu beanstanden sein, die Beklagte habe bis zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Anspruchs (§ 4 Ziff. 4 Arbeitsvertrag) die Leistungsbestimmung hinsichtlich der Art der Leistung nicht vorgenommen und damit die Bestimmung iSv. § 315 Abs. 3 Satz 2 letzter Halbs. BGB verzögert. Im Hinblick auf das zwischenzeitlich erfolgte Ausscheiden des Klägers liegt es deshalb nahe, einen möglichen Bonusanspruch als Geldleistung und nicht als Deferral Award festzusetzen. Sollte das Landesarbeitsgericht dies anders sehen, wird es nach § 139 ZPO einen entsprechenden Hinweis zu erteilen und dem Kläger Gelegenheit zu geben haben, seinen Antrag anzupassen.

35

2. Im Fall einer gerichtlichen Leistungsbestimmung können die in den Vorjahren gezahlten Boni einen wichtigen Faktor darstellen, da durch sie regelmäßig zum Ausdruck gebracht wird, welche Höhe eine solche Leistung unter welchen konkreten Umständen (Leistung des Arbeitnehmers, Unternehmenserfolg etc.) erreichen kann. Insoweit hat das Arbeitsgericht allerdings rechtsfehlerhaft angenommen, dass der Kläger im Kalenderjahr 2010 einen Bonus in Höhe von 209.920,00 Euro erhalten hat. Vielmehr erfolgte für das Geschäftsjahr 2010 nur eine Bonuszahlung in Höhe von 9.920,00 Euro (vgl. Schreiben der Beklagten vom 24. Februar 2011). Der garantierte Bonus wurde hingegen nach der eindeutigen vertraglichen Regelung, dem Inhalt des Schreibens vom 26. Februar 2010 und dem Zeitpunkt der Teilleistungen, die zur Hälfte noch im Jahre 2010 erfolgten, für 2009 gezahlt. Selbst wenn der klägerische Vortrag zuträfe, wonach ihm mitgeteilt worden sei, die Angabe des Jahres 2009 sei aus „bilanztechnischen Gründen“ erfolgt, führte dies zu keinem anderen Ergebnis. Auch und gerade die bilanztechnische Zuordnung zu einem bestimmten Kalenderjahr bringt jedenfalls zum Ausdruck, dass die Zahlung nicht für ein Folgejahr erfolgen soll. Entgegen der Auffassung des Klägers spielt auch keine Rolle, dass er im Geschäftsjahr 2009 noch nicht für die Beklagte tätig war. Die Vereinbarung eines entsprechenden Leistungsanspruchs ist im Rahmen der Vertragsfreiheit ohne Weiteres möglich. Die Parteien bringen damit jedenfalls zum Ausdruck, welche Bonushöhe der Kläger, wäre er im Jahr 2009 bereits für die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin tätig gewesen, in diesem Kalenderjahr in der gegebenen wirtschaftlichen Situation des Unternehmens hätte erzielen können. Im Übrigen war nach § 1 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags eine Tätigkeitsaufnahme vor dem 1. Januar 2010 als Möglichkeit vorgesehen. Entgegen der Auffassung der Beklagten ergeben sich aus dem Arbeitsvertrag vom 19. August 2009 aber auch keine Anhaltspunkte dafür, die Leistung an den Kläger als reine Antrittsprämie (Sign-On-Bonus) ohne Leistungsbezug zu werten. Der Wortlaut der Vereinbarung gibt für eine solche Annahme nichts her. Vielmehr wird die Leistung nach § 16 Abs. 2 des Arbeitsvertrags ausdrücklich den Regeln des Deferral Plans(§ 4 Ziff. 1 Arbeitsvertrag) unterstellt und es wird in § 16 Abs. 5 des Arbeitsvertrags hinsichtlich der Verfallmöglichkeiten eines Teils des garantierten Bonus ein deutlicher Leistungsbezug hergestellt.

36

3. Als weiteres Element für die gerichtliche Leistungsbestimmung wird der Vortrag des Klägers zu seinen Leistungen und zu den Umsatzzahlen seiner Abteilung heranzuziehen sein. Gleiches gilt für die Höhe der Leistungen an andere Arbeitnehmer. Darüber hinaus wird der Vortrag der Parteien zu den wirtschaftlichen Kennzahlen der Beklagten zu berücksichtigen sein, wobei der Umstand wird Beachtung finden müssen, dass der Kläger für das Geschäftsjahr 2009 trotz erheblicher Verluste einen Bonus in erheblicher Höhe erhalten hat. Schließlich wird das Landesarbeitsgericht ggf. dem zuletzt erfolgten Vortrag des Klägers zum Umfang des Bonustopfes für das Geschäftsjahr 2011 nachzugehen haben. Sollten aus Sicht des Landesarbeitsgerichts relevante Faktoren von den Parteien unterschiedlich vorgetragen werden, so wird es ggf. Beweis zu erheben haben, um eine richterliche Überzeugungsbildung hinsichtlich der maßgeblichen Faktoren herbeizuführen. Von weiteren Hinweisen sieht der Senat insoweit ab.

37

4. Mögliche Ansprüche des Klägers auf Grundlage des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes sind nicht mehr Verfahrensgegenstand. Das Landesarbeitsgericht hat sich mit solchen Ansprüchen auseinandergesetzt und deren Vorliegen verneint. Der Kläger hat sich im Rahmen seiner Revision hiergegen nicht gewandt, so dass hierüber im Revisionsverfahren nicht mehr zu entscheiden war.

        

    Linck    

        

    Brune    

        

    W. Reinfelder    

        

        

        

    A. Effenberger     

        

    Schürmann    

                 

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Im Bereich des Bundes wird ein Bundesausgleichsamt als selbständige Bundesoberbehörde errichtet.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 08.08.2013 - 9 Ca 1680/12 - wie folgt abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Berechtigung der Beklagten, der Klägerin einzelne Aufgabenbereiche zu entziehen.

2

Die Klägerin ist seit dem 01.09.1979 auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 15.10.1979 bei der Beklagten - einer Körperschaft des öffentliches Rechts- bzw. deren Rechtsvorgänger als Verwaltungsangestellte beschäftigt. In der Zeit vom 10.04.1989 bis 31.12.1989 sowie vom 01.10.1991 bis 30.09.1998 war das Arbeitsverhältnis unterbrochen. Auf das Arbeitsverhältnis fanden zunächst die Bestimmungen des BAT und ab dem 01.11.2006 die Bestimmungen des TV-L Anwendung. Seit dem 01.01.2012 richtet sich das Arbeitsverhältnis nach den Bestimmungen des Tarifvertrages für Beschäftigte der Universitätsmedizin A. (TV UM Mainz).

3

Seit dem 01.03.2005 ist die Klägerin in der Neurochirurgischen Klinik und Poliklinik der Beklagten eingesetzt. Diesbezüglich existiert eine Stellenbeschreibung vom 09.02.2005 (Bl. 40 bis 44 d. A.), aufgrund derer die Klägerin seinerzeit der Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1 a BAT zugeordnet wurde. Mittlerweile erhält die Klägerin Vergütung nach Entgeltgruppe 9 Stufe 5 TV-L.

4

Eine Reihe der in der Stellenbeschreibung vom 09.02.2005 aufgeführten Tätigkeiten übt die Klägerin - teils schon seit längerem - nicht mehr aus. Nach seitens der Beklagten teilweise bestrittenen Behauptungen der Klägerin oblagen ihr zuletzt Tätigkeiten in den Bereichen Personalangelegenheiten (Zeitanteil: 25 %), Gutachterstelle (Zeitanteil: 25 %), Organisation des Sekretariats des geschäftsführenden Oberarztes (Zeitanteil: 20 %), Organisation der Neuroradiochirurgischen Sprechstunde (Zeitanteil: 5 %) sowie Schreiben vom OP-Berichten und Arztbriefen (Zeitanteil: 25 %). Wegen aller Einzelheiten des diesbezüglichen Sachvortrages der Klägerin wird auf die Seiten 2 bis 5 ihres Schriftsatzes vom 10.12.2012 (= Bl. 116 bis 119 d. A.) Bezug genommen.

5

Im Jahr 2011 kam es im Aufgabenbereich "Schreiben von OP-Berichten" zu einem erheblichen Rückstand, der sich der Behauptung der Beklagten auf 600 bis 700 Berichte belief. Bei Urlaubsantritt am 08.08.2011 nahm die Klägerin eine Vielzahl nicht gefertigter Diktate mit zu sich nach Hause, um dort die Berichte zu schreiben. Nachdem der Medizinische Dienst der Krankenkassen mehrere Anfragen an die Beklagte bezüglich der OP-Berichte gestellt hatte, und die Beklagte weder die Diktatbänder noch die betreffenden Berichte finden konnte, setzte sie sich diesbezüglich telefonisch mit der Klägerin in Verbindung und erfuhr, dass die Klägerin eine Tüte voller Diktatbänder und Protokollen mit nach Hause genommen hatte, um dort die Berichte zu fertigen.

6

Auf Aufforderung seitens der Beklagten brachte die Klägerin das betreffende Material noch während ihres Urlaubs zurück in die Klinik. Mit Schreiben vom 26.09.2011 teilte der Klinikleiter der Klägerin u. a. Folgendes mit:

7

"… entbinde ich Sie von der Vertretung des Aufnahmemanagements und werde diese Funktion im Rahmen der Neuregelung der Sekretariatsstruktur anderweitig übertragen. Weiterhin entlaste ich Sie von der Tätigkeit in Sachen Personalangelegenheiten und bitte Sie, das betreffende Akten- und Unterlagenmaterial an Frau Sch. auszuhändigen.

8

Die Führung der Gutachtenstelle geht über in die Hände von Frau K., auch hier bitte ich die betreffenden Unterlagen zu übergeben."

9

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen streitigen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs.2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 08.08.2013 (Bl. 182 bis 185 d. A.).

10

Die Klägerin hat beantragt,

11

festzustellen, dass der ihr gegenüber am 26.09. und 18.10.2011 ausgesprochene Entzug der Personalangelegenheiten und der Führung der Gutachterstelle unwirksam ist,
dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zu unveränderten Arbeitsbedingungen fortbesteht.

12

Die Beklagte hat beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 08.08.2013 dem Klageantrag zu 1 stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 5 bis 9 dieses Urteils = Bl. 185 bis 189 d. A. verwiesen.

15

Gegen das ihr am 09.12.2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 19.12.2013 Berufung eingelegt und diese innerhalb der ihr mit Beschluss vom 05.02.2014 am 07.03.2014 begründet.

16

Die Beklagte macht im Wesentlichen geltend, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts sei die Neuregelung des Aufgabenbereichs der Klägerin unter Entzug der Tätigkeiten im Bereich "Personalangelegenheiten" und "Führung der Gutachtenstelle" vom arbeitgeberseitigen Direktionsrecht gedeckt und wirksam. Die Klägerin habe die ihr übertragenen Tätigkeitsbereiche unzutreffend dargestellt. Die Hauptaufgabe der Klägerin habe zuletzt im Bereich Patientenversorgung gelegen, nämlich im selbständigen Vorbereiten von Unterlagen für bzw. zu Befundberichten, Arztberichten und Gutachten, im Schreiben von Befundberichten und Arztberichten sowie im Schreiben und Verteilen der OP-Berichte sowie deren Verwaltung. Im Personalbereich habe die Klägerin im Wesentlichen lediglich Urlaubsscheine, Krankmeldungen und Stundennachweise/Überstundenzettel verteilt und einsortiert. Andere Tätigkeiten habe die Klägerin in diesem Aufgabenbereich nicht ausgeübt. Der Klägerin seien daher insoweit lediglich einfache, unqualifizierte Tätigkeiten entzogen worden. Soweit sich die Klägerin gegen den Entzug von Tätigkeiten in der Gutachterstelle wende, so sei sie - die Beklagte - nicht passivlegitimiert, da über die Übertragung von Tätigkeiten in diesem Bereich ausschließlich die Ärzte selbst im Rahmen ihrer Nebentätigkeit als Gutachter zu entscheiden hätten. Die Klage sei daher insoweit bereits unzulässig. Die Klägerin sei auch keineswegs zu einer einfachen Schreibkraft degradiert worden. Das Schreiben von OP-Berichten stelle eine wichtige und durchaus anspruchsvolle Tätigkeit dar. Darüber hinaus sei der betreffende Aufgabenbereich auch deshalb nicht auf einfache Schreibtätigkeiten beschränkt, da der Klägerin insoweit auch das selbständige Vorbereiten von Patientenunterlagen zu Befundberichten, Arztbriefen und OP-Berichten obliege. Letztlich sei die Klägerin diesbezüglich auch für die Verwaltung der OP-Berichte zuständig. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Klägerin darüber hinaus auch für die Schlüsselverwaltung und für die Bibliothek verantwortlich sei. Ihrer Hauptaufgabe sei die Klägerin zuletzt nicht mehr ordnungsgemäß nachgekommen, wie sich daraus ergebe, dass bei den OP-Berichten im Jahr 2011 ein erheblicher Rückstand aufgelaufen sei. Die Klägerin habe sich mit ca. 600 bis 700 OP-Berichten im Rückstand befunden, was einem Zeitraum von ca. drei Monaten entspreche.

17

Die Beklagte beantragt,

18

das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage (insgesamt) abzuweisen.

19

Die Klägerin beantragt,

20

die Berufung zurückzuweisen.

21

Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderungsschrift vom 19.05.2014 (Bl. 314 bis 324 d. A.), auf die Bezug genommen wird.

22

Zur Darstellung aller Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die von ihnen in zweiter Instanz zu den Akten gereichten Schrift-sätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

23

Die statthafte Berufung ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das hiernach insgesamt zulässige Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.

II.

24

1. Die Feststellungsklage ist gemäß § 256 Abs. 1 ZPO insgesamt zulässig. Dies gilt auch insoweit, als die Klägerin die Feststellung der Unwirksamkeit des Entzugs der von ihr als "Führung der Gutachterstelle" bezeichneten Tätigkeit begehrt. Soweit die Beklagte diesbezüglich geltend macht, über die Übertragung von Tätigkeiten im Bereich der Erstellung von Gutachten habe nicht sie selbst, sondern ausschließlich der jeweils als Gutachter beauftragte Arzt zu entscheiden, so betrifft diese Frage - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht bereits die Zulässigkeit der Klage, sondern ausschließlich deren Begründetheit.

25

2. Die Klage ist jedoch nicht begründet.

26

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung, dass der ihr gegenüber seitens der Beklagten erklärte Entzug der Personalangelegenheiten und der Führung der Gutachterstelle unwirksam ist. Die betreffende Maßnahme ist vom arbeitgeberseitigen Direktionsrecht der Beklagten gedeckt und entspricht auch billigem Er-messen. Sie ist daher wirksam.

27

a) Das auf dem Arbeitsvertrag beruhende Weisungsrecht des Arbeitgebers ist wesentlicher Bestandteil eines jeden Arbeitsverhältnisses. Nach § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber den Inhalt der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingung nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt ist. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers im öffentlichen Dienst erstreckt sich bei einer Vertragsgestaltung, die - wie vorliegend - den vertraglichen Aufgabenbereich allein durch eine allgemeine Tätigkeitsbezeichnung (Verwaltungsangestellte) und die Nennung der Vergütungsgruppe beschreibt, auf solche Tätigkeiten des allgemein umschriebenen Aufgabenbereichs, welche die Merkmale der Vergütungsgruppe erfüllen, in die der Arbeitnehmer eingestuft ist (BAG v. 17.08.2011 - 10 AZR 322/10 - EzA § 106 GewO Nr. 8, m. w. N.). Nach dieser Maßgabe ist der Arbeitgeber grundsätzlich auch befugt, den Arbeitsbereich des Arbeitnehmers zu verkleinern (BAG v. 27.03.1980 - 2 AZR 506/78 - AP Nr. 26 zu § 611 BGB Direktionsrecht; BAG v. 23.06.1993 - 5 AZR 337/92 - AP Nr. 42 zu § 611 BGB Direktionsrecht). Er kann dem Arbeitnehmer daher jedenfalls solche Tätigkeiten entziehen, die einer niedrigeren Vergütungsgruppe als derjenigen, in welche der Arbeitnehmer eingestuft ist, unterfallen.

28

Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich, dass die streitbefangenen Maßnahmen, die für sich genommen lediglich zu einer Verkleinerung des Aufgabenbereichs der Klägerin führen, vom Direktionsrecht gedeckt sind. Dies folgt bereits daraus, dass es sich bei der der Klägerin entzogenen Tätigkeiten nicht um solche handelt, die zumindest den Merkmalen der Vergütungsgruppe entsprechen, in welche die Klägerin eingestuft ist, sondern um solche, die einer niedrigeren Vergütungsgruppe unterfallen.

29

Die Klägerin ist in die Entgeltgruppe 9 TV-L eingestuft. Dieser Entgeltgruppe unterfällt eine Tätigkeit, die zumindest gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert (Entgeltgruppe 9, Fallgruppe 3). "Selbständige Leistungen" im Sinne dieser Entgeltgruppe setzen ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative voraus. Eine selbständige Leistung im Tarifsinne ist dann anzunehmen, wenn eine Gedankenarbeit erbracht wird, die im Rahmen der für die Vergütungsgruppe vorausgesetzten Fachkenntnisse hinsichtlich des einzuschlagenden Weges, insbesondere hinsichtlich des zu findenden Ergebnisses, eine eigene Beurteilung und eigene Entschließung erfordert. Kennzeichnend für selbständige Leistungen im tariflichen Sinne ist - ohne Bindung an verwaltungsrechtliche Fachbegriffe - ein wie auch immer gearteter Ermessens-, Entscheidungs-, Gestaltungs- oder Beurteilungsspielraum bei der Erarbeitung eines Arbeitsergebnisses (BAG v. 21.03.2012 - 4 AZR 266/10 - AP Nr. 317 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

30

Diesen Anforderungen werden die der Klägerin entzogenen Tätigkeiten in den Bereichen Personalsachbearbeitung und Gutachterstelle - gerade auch unter Zugrundelegung ihres eigenen Sachvortrages - nicht gerecht.

31

Soweit die Klägerin vorgetragen hat, sie habe die Urlaubswünsche in einer Urlaubsplanliste erfasst, an die Personalabteilung weitergeleitet, jeden Urlaubsantrag listenmäßig verfolgt und dabei überprüft. ob Kollisionen vorhanden seien, so handelt es sich hierbei nicht um "selbständige Leistungen" im tariflichen Sinne. Ein wie auch immer gearteter Ermessens-, Entscheidungs-, Gestaltungs- oder Beurteilungsspielraum der Klägerin ist insoweit nicht ersichtlich. Entsprechendes gilt für die von der Klägerin bezüglich der Dienstplanerstellung vorgetragenen Tätigkeiten, die im Wesentlichen in der Pflege und Kontrolle der seitens der ärztlichen Mitarbeiter getätigten Eintragungen bestanden. Auch das Abgleichen der von den Ärzten an die Verwaltung zur Abrechnung gegebenen Überstundenzettel mit dem Dienstplan erfordert keine eigene Beurteilung oder eigene Entschließung der Klägerin. Dies ist auch hinsichtlich der von der Klägerin unter dem Punkt "Gast-Ärzte" geschilderten Tätigkeiten (Veranlassung von Visumsanträgen und Anträgen auf Arbeits- sowie Aufenthaltserlaubnis nebst Fertigung des insoweit erforderlichen Schriftverkehrs) nicht ersichtlich. Auch ansonsten ist bezüglich der in der Stellenbeschreibung unter dem Oberbegriff "Personal- und Stellenbereich" aufgeführten Tätigkeiten ein Ermessens-, Entscheidungs-, Gestaltungs- oder Beurteilungsspielraum der Klägerin bei der Erarbeitung eines Arbeitsergebnisses nicht erkennbar.

32

Die Tätigkeiten der Klägerin im Bereich der Gutachtenstelle erforderten ebenfalls keine selbständigen Leistungen im Tarifsinne. Nach dem Inhalt der Stellenbeschreibung gehören hierzu die Registration und Administration der eingehenden Gutachten, die Einbestellung der Patienten und die Registration der ausgehenden Gutachten, die Gutachten-Abrechnung sowie das Mahnwesen bei offenstehenden Liquidationen. Das Ausüben dieser Tätigkeiten erfordert erkennbar keine Gedankenarbeit, die im Rahmen der für die Entgeltgruppe 9 vorausgesetzten gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen hinsichtlich eines einzuschlagenden Weges, insbesondere hinsichtlich eines zu findenden Ergebnisses, eine eigene Beurteilung und eine eigene Entschließung erfordert. Dies gilt auch insoweit, als die in der Stellenbeschreibung genannte "Gutachten-Abrechnung" sowohl die steuerliche Abrechnung der einzelnen Mitarbeiter, des Nutzungsentgelts und die Verwaltung des Gutachtenkontos incl. Buchführung umfasste.

33

Der Klägerin wurden daher ausschließlich solche Tätigkeiten entzogen, welche nicht die Merkmale der Entgeltgruppe 9 TV-L, sondern die Merkmale einer niedrigeren Entgeltgruppe erfüllen. Die Maßnahme ist daher insoweit vom Direktionsrecht der Beklagten gedeckt.

34

b) Die Entscheidung, der Klägerin ihre vormals ausgeübten Tätigkeiten in den Bereichen Personalsachbearbeitung und Gutachtenstelle zu entziehen, entsprach auch billigem Ermessen.

35

Die Ausübung des Direktionsrechts entspricht dann billigem Ermessen, wenn alle wesentlichen Umstände des Falles abgehoben und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt sind (BAG v. 23.06.1993 - 5 AZR 337/92 - AP Nr. 42 zu § 611 BGB Direktionsrecht). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.

36

Zwar besteht auf Seiten der Klägerin das durchaus nachvollziehbare Interesse an einer möglichst abwechslungsreichen und vielseitigen Tätigkeit. Demgegenüber hat jedoch die Beklagte das überaus berechtigte Interesse daran, dass die OP-Berichte zeitnah erstellt werden und dass insbesondere diesbezüglich keine größeren Rückstände entstehen. Unstreitig kam es jedoch im Jahr 2011 zu einem erheblichen Rückstand. Die Behauptung der Beklagten, dass sich dieser Rückstand auf ca. 600 bis 700 Operationsberichte belief, hat die Klägerin gemäß § 138 Abs. 4 ZPO nicht ausreichend bestritten, da es sich insoweit um einen Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung handelt. Der aufgelaufene Rückstand führte sogar dazu, dass sich die Klägerin dazu veranlasst sah, Operationsberichte während ihres Urlaubs zu Hause zu fertigen. Die Beklagte war daher bereits von daher gehalten, diesen Zustand für die Zukunft durch eine Neuverteilung der in den Sekretariaten der Neurochirurgie anfallenden Tätigkeiten und einer damit einhergehenden Entlastung der Klägerin entgegenzuwirken. Dies gilt auch dann, wenn die Klägerin - wie von ihr behauptet - hinsichtlich des Entstehens des Rückstandes kein Verschulden trifft. Es obliegt nämlich der Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebers, welche Maßnahmen bzw. organisatorischen Entscheidungen er trifft, um einen ordnungsgemäßen Arbeitsablauf und die zeitgerechte Erledigung wichtiger Aufgaben sicherzustellen. Die Klägerin wurde auch, entgegen ihrer Ansicht, durch die betreffende Maßnahme der Beklagten nicht auf eine einfache, unqualifizierte Schreibtätigkeit beschränkt. Unabhängig davon, dass das Schreiben von OP-Berichten bereits im Hinblick auf die unverzichtbare Dokumentationsfunktion durchgeführter Operationen eine äußerst wichtige Tätigkeit darstellt und ein OP-Bericht regelmäßig schwierige medizinische Begriffe und Sachverhalte enthält, obliegt der Klägerin in diesem Zusammenhang zukünftig unstreitig auch das selbständige Vorbereiten von Patientenunterlagen zu Befundberichten, Arztbriefen und den OP-Berichten sowie deren Verwaltung.

III.

37

Nach alledem war die Klage unter teilweise Abänderung des erstinstanzlichen Urteils insgesamt abzuweisen.

38

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

39

Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird hingewiesen.

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 17. April 2012, Az.: 5 Ca 799/11, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung.

2

Der 1961 geborene Kläger ist seit 01.02.2001 bei der Beklagten als Bankangestellter zu einer Vergütung nach Tarifgruppe 8 des auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrages für Kreditgenossenschaften beschäftigt. Sein durchschnittliches Bruttomonatsgehalt beträgt ca. € 4.300,00. Die Beklagte beschäftigt ca. 95 Arbeitnehmer. Im letzten schriftlichen Arbeitsvertrag vom 27.12.2005 haben die Parteien u.a. vereinbart:

3

㤠1 Aufgabenbereich:
Der Mitarbeiter ist mit Wirkung vom 1. Februar 2001 als Bankangestellter angestellt.
Er ist verpflichtet, in anderen Bereichen, Teams und Service-Stellen der Bank tätig zu sein.“

4

Bis zum 30.11.2011 wurde der Kläger als "Leiter Standardgeschäft Basiskunden" beschäftigt. Seine Aufgaben im Einzelnen sind in der Stellenbeschreibung vom 01.08.2010 (Bl. 6/7 d.A.) aufgeführt. Er unterstand direkt dem Vorstand und war Vorgesetzter von 38 Mitarbeitern, die sowohl in der Hauptstelle als auch in den Geschäftsstellen eingesetzt werden. Er war auch personalverantwortlich für die vier in der Geschäftsstelle Z.-Stadt beschäftigten Mitarbeiter. Kundenberatungen führte er nicht durch.

5

Die Beklagte hat ihre Organisation umstrukturiert und ab 01.12.2011 die bisherigen Unterbereiche "Individualgeschäft Privatkunden" und "Standardgeschäft Privatkunden" in einen einheitlichen Bereich "Privatkundenbank" zusammengefasst. Dadurch entfielen die bisherigen Leitungspositionen für die zwei Unterbereiche, mithin auch die bisherige Funktion des Klägers. Mit Schreiben vom 24.11.2011 versetzte die Beklagte den Kläger wegen dieser Organisationsänderung mit Wirkung ab 01.12.2011 auf die Stelle "Kundenberater mit Leitungsfunktion Servicestelle Z.-Stadt" mit unveränderter Eingruppierung in Tarifgruppe 8. Hierarchisch wird der Kläger dem Bereichsleiter „Privatkundenbank“ unterstellt, seine Leitungsfunktion bezieht sich auf die vier Mitarbeiter, die in der Geschäftsstelle Z.-Stadt beschäftigt sind. Der Kläger hält diese Versetzung für unwirksam.

6

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 17.04.2012 (dort Seite 3-7 = Bl. 106-110 d. A.) Bezug genommen.

7

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

8

festzustellen, dass seine Versetzung auf die Stelle "Kundenberater mit Lei-tungsfunktion Servicestelle Z.-Stadt" ab 01.12.2011 unwirksam ist.

9

Die Beklagte hat beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 17.04.2012 stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Zuweisung der Stelle als "Kundenberater mit Leitungsfunktion Servicestelle Z.-Stadt" sei nicht vom Direktionsrecht der Beklagten umfasst. Diese Stelle sei nicht gleichwertig mit der bisherigen Stelle des Klägers als „Leiter Standardgeschäft Basiskunden". Der Kläger sei bislang disziplinarischer Vorgesetzter von 38 Mitarbeitern, dh. von nahezu der Hälfte der Beschäftigten der Beklagten, gewesen. Nunmehr soll er lediglich noch Vorgesetzter von vier Arbeitnehmern sein. Bisher sei der Kläger einer von sieben Beschäftigten gewesen, die der 2. Leitungsebene der Beklagten angehörten, in seiner neuen Funktion solle er einer von ca. 40 Mitarbeitern sein, die sich auf der 3. Leitungsebene befinden. Hierbei handele es sich nicht lediglich um eine geringfügige Verschlechterung seiner bisherigen hierarchischen und sozialen Stellung innerhalb des betrieblichen Gefüges. Allein der Umstand, dass nach dem einschlägigen Tarifvertrag auch die Tätigkeit als Leiter der Servicestelle Z.-Stadt in Tarifgruppe 8 eingruppiert sei, ändere hieran nichts. Es handele sich vorliegend nicht um ein Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst, so dass der Zuordnung zu einer Tarifgruppe lediglich indizielle Bedeutung zukomme. Das Direktionsrecht der Beklagten habe sich dahin konkretisiert, dass der Kläger seit seiner Beförderung mit Leitungsfunktionen von einem gewissen Gewicht zu betrauen sei. Aufgrund der jahrelangen Übertragung von Führungsaufgaben dürfe der Kläger darauf vertrauen, dass die Beklagte im Rahmen ihres Direktionsrechts ihm nur noch gleichwertige Tätigkeiten zuweist. Wegen weiterer Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf Seite 7 bis 12 des erstinstanzlichen Urteils vom 17.04.2012 (Bl. 110-115 d.A.) Bezug genommen.

12

Das genannte Urteil ist der Beklagten am 04.05.2012 zugestellt worden. Sie hat mit am 01.06.2012 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 06.08.2012 verlängerten Begründungsfrist am 06.08.2012 begründet.

13

Sie ist der Ansicht, die Versetzung sei wirksam, denn sie habe dem Kläger eine gleichwertige Tätigkeit zugewiesen. Das Arbeitsgericht habe ausschließlich darauf abgestellt, dass sich die Anzahl der dem Kläger unterstellten Personen reduziert habe. Ein Anspruch auf eine bestimmte Anzahl von „Untergebenen" bestehe nicht. Hieraus lasse sich auch die Hierarchieebene nicht ablesen. Das Arbeitsgericht habe nicht berücksichtigt, dass mit der Zuweisung der Leitungsfunktion der Servicestelle Z.-Stadt in erheblichem Umfang auch repräsentative Tätigkeiten verbunden seien. Es habe auch nicht berücksichtigt, dass der Kläger die Außenstelle Z.-Stadt selbständig zu leiten habe, die sich neben ihrer Zentrale als größte Niederlassung darstelle. Das Arbeitsgericht habe des Weiteren nicht berücksichtigt, dass die neue Position nach dem einschlägigen Tarifvertrag der gleichen Vergütungsgruppe TG 8 angehöre. Soweit das Arbeitsgericht von einer Konkretisierung der Arbeitsverpflichtung ausgehe, habe es verkannt, dass bei einer Beschäftigung von deutlich weniger als zehn Jahren das Zeitmoment noch nicht erfüllt sei. Zum Umstandsmoment habe der Kläger nichts vorgetragen. Die Zuweisung der Stelle in Z.-Stadt entspreche auch billigem Ermessen. Die bisherige Position des Klägers sei entfallen, die neu geschaffene Stelle des Leiters der „Privatkundenbank“ sei mit einem qualifizierteren Bewerber besetzt worden. Die neue Arbeitsstelle des Klägers in Z.-Stadt befinde sich in unmittelbarer Nähe zu seinem Wohnort, so dass sich sein Weg zur Arbeit wesentlich verringere, die Eingruppierung nach TG 8 sei identisch, der Kläger werde in erheblichem Umfang mit repräsentativen Aufgaben, mithin öffentlichkeitswirksam, beschäftigt, so dass sie ihr Ermessen wirksam ausgeübt habe. Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Inhalt des Schriftsatzes der Beklagten vom 06.08.2012 (Bl. 144-148 d.A.) Bezug genommen.

14

Die Beklagte beantragt zweitinstanzlich,

15

das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 17.04.2012, Az.: 5 Ca 799/11, abzuändern und die Klage abzuweisen.

16

Der Kläger beantragt,

17

die Berufung zurückzuweisen.

18

Er verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe seiner Berufungserwiderung vom 04.09.2012 (Bl. 153-154 d.A.), auf die Bezug genommen wird, als zutreffend.

Entscheidungsgründe

I.

19

Die nach § 64 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und in ausreichender Weise begründet worden. Sie ist somit zulässig.

II.

20

In der Sache hat die Berufung jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zutreffend festgestellt, dass die von der Beklagten mit Wirkung ab 01.12.2011 ausgesprochene Versetzung des Klägers auf die Stelle als "Kundenberater mit Leitungsfunktion Servicestelle Z.-Stadt" unwirksam ist.

21

Die Berufungskammer folgt der ausführlichen und überzeugend begründeten Entscheidung des Arbeitsgerichts und sieht gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG von einer umfassenden Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Die mit der Berufung vorgetragenen Gesichtspunkte rechtfertigen kein anderes Ergebnis.

22

Die Beklagte ist nach § 106 Satz 1 GewO nicht berechtigt, den Kläger von der bisherigen Stelle als „Leiter Standardgeschäft Basiskunden“ zur Ausübung einer Tätigkeit als „Kundenberater mit Leitungsfunktion Servicestelle Z.-Stadt“ zu versetzen. Die Zuweisung einer anderen Tätigkeit iSv. § 106 Satz 1 GewO ist nur insoweit wirksam, sofern eine Konkretisierung der vertraglich geschuldeten Tätigkeit im Rahmen des Arbeitsvertrags stattfindet. Hier ist vom Kläger seit seiner Beförderung ausschließlich die Tätigkeit als „Leiter Standardgeschäft Basiskunden“ geschuldet.

23

Zwar ist der Kläger nach der Klausel in § 1 Satz 2 des Arbeitsvertrags verpflichtet, „in anderen Bereichen, Teams und Service-Stellen der Bank tätig zu sein“. Diese nach ihrem Inhalt und der äußeren Gestaltung vermutlich von der Beklagten vorformulierte Versetzungsklausel berechtigt sie jedoch nicht, dem Kläger - ohne Ausspruch einer Änderungskündigung - kraft ihres Direktionsrechts einen Arbeitsplatz mit geringerwertiger Tätigkeit zuzuweisen (BAG 09.05.2006 - 9 AZR 424/05 - AP Nr. 21 zu § 307 BGB).

24

Die Berufungskammer stimmt der Einschätzung des Arbeitsgerichts uneingeschränkt zu, dass es sich bei der dem Kläger ab 01.12.2011 zugewiesenen neuen Stelle als „Kundenberater mit Leitungsfunktion Servicestelle Z.-Stadt“ nicht um eine der bisherigen gleichwertige handelt.

25

Das Arbeitsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass dem Kläger in seiner Position als „Leiter Standardgeschäft Basiskunden“ insgesamt 38 Bankangestellte in fachlicher und disziplinarischer Hinsicht unterstellt waren. Damit war er Vorgesetzter von nahezu der Hälfte der Bankangestellten der Beklagten. Er selbst gehörte der 2. Leitungsebene an und war einem Vorstandsmitglied unmittelbar hierarchisch unterstellt. In seiner Funktion als „Kundenberater mit Leitungsfunktion Servicestelle Z.-Stadt" soll er Vorgesetzter von lediglich noch vier Arbeitnehmern sein, die ihm bereits zuvor unterstellt waren. Das Arbeitsgericht hat fehlerfrei erkannt, dass dies eine markante hierarchische Verschlechterung für den Kläger bedeutet, die er ohne eine rechtmäßige Änderungskündigung nicht hinzunehmen braucht.

26

Im Streitfall ist es unerheblich, dass der Kläger mit seiner neuen Tätigkeit in der Tarifgruppe TG 8 eingruppiert bleibt. Auch dies hat das Arbeitsgericht richtig erkannt. Die Gleichwertigkeit einer Tätigkeit bestimmt sich mangels anderer Anhaltspunkte grundsätzlich aus der auf den Betrieb abgestellten Verkehrsauffassung und dem sich daraus ergebenden Sozialbild. Bei Anwendung eines tariflichen Vergütungsgruppensystems orientiert sie sich zwar in der Regel an diesem System, sie wird aber nicht allein durch die Vergütung hergestellt. Das Arbeitsverhältnis genießt Bestandsschutz auch gegen eine inhaltliche Änderung der Tätigkeit (BAG 30.08.1995 - 1 AZR 47/95 - AP Nr. 44 zu § 611 BGB Direktionsrecht; APS Künzl 4. Aufl. § 2 KSchG Rn. 59, mwN).

27

Vorliegend wird der Kläger gegenüber seiner bisherigen Stellung als „Leiter Standardgeschäft Basiskunden“ in der Betriebshierarchie und damit auch in seinem beruflich bedingten sozialen Ansehen erheblich herabgestuft. Dies ist der Beklagten allein im Wege der Ausübung des Direktionsrechts nicht möglich. Auf den von der Berufung angeführten Aspekt, dass sich der Arbeitsweg des Klägers verkürzt, kommt es nicht an. Dass der Kläger in der neuen Funktion auch repräsentative Aufgaben wahrnehmen soll, ist gleichfalls unerheblich.

III.

28

Nach alledem ist die Berufung der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

29

Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 23. November 2010 - 7 Sa 427/09 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte der Klägerin.

2

Der beklagte Landkreis ist Träger einer Volkshochschule, die organisatorisch dem Schulverwaltungsamt zugeordnet ist. Zu der Volkshochschule gehört ein Planetarium, für das eine Zahlstelle der Kreiskasse eingerichtet ist.

3

Die Klägerin ist bei dem Beklagten seit dem Jahre 2000 als Verwaltungsfachangestellte beschäftigt. Ihr wurde mit Wirkung zum 1. Dezember 2006 die Tätigkeit einer Haushaltssachbearbeiterin der Volkshochschule übertragen. Sie war verantwortlich für die Zahlstelle des Planetariums.

4

Die Einnahme- und Auszahlungsanordnungen für das Planetarium wurden anlässlich einer Dienstberatung Anfang März 2007 zur Entlastung der Klägerin ihrer Vertreterin - Frau H - übertragen. Mit einem Schreiben an die Dezernentin vom 25. Mai 2007 beantragte der Leiter der Volkshochschule, die Verantwortlichkeit für die Zahlstellenverwaltung dahin zu ändern, dass Frau H als Hauptverantwortliche eingesetzt werde, die Klägerin nurmehr im Vertretungsfall.

5

Mitte Juli 2007 übergab die Klägerin die Zahlstelle anlässlich ihres bevorstehenden Urlaubs an den Leiter der Volkshochschule. Anstelle des Originalkassenbuchs händigte sie ihm eine von ihr gefertigte Zweitfassung mit nur ein oder zwei Eintragungen aus, in die Quittungen eingelegt waren. Der Leiter bemerkte das Fehlen des Originalbuchs, ohne Schritte zur Aufklärung seines Verbleibs zu unternehmen. Bei einer im August 2007 durchgeführten Kontrolle durch die Leiterin der Kreiskasse wurde es nicht mehr aufgefunden. Die Klägerin gab bei einer Anhörung an, sie habe das Kassenbuch am 26. April 2007 an Frau H übergeben. Sie sei nur noch deren Vertreterin gewesen. Sie habe das Kassenbuch im Vertretungsfall nicht zurückerhalten. Sie habe deshalb ein zweites angelegt.

6

Mit Schreiben vom 16. April 2008 mahnte der Beklagte die Klägerin ab. Er beanstandete, dass das Kassenbuch in der Zeit abhanden gekommen sei, zu der sie für die Verwaltung der Zahlstelle verantwortlich gewesen sei. Sie habe dadurch gegen ihre Pflicht zur sorgfältigen Führung der Zahlstelle verstoßen. Zudem habe sie durch ihre Erklärungen den Eindruck erweckt, die Verantwortung für die nicht ordnungsgemäße Führung der Zahlstelle und das Abhandenkommen des Kassenbuchs treffe die Vertreterin.

7

Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Rücknahme der Abmahnung verlangt. Sie hat behauptet, Frau H sei am 5. März 2007 mit der Arbeitsaufgabe „Planetarium“ beauftragt worden.

8

Die Klägerin hat beantragt

        

den Beklagten zu verurteilen, die ihr mit Schreiben vom 16. April 2008 erteilte Abmahnung zurückzunehmen und aus der Personalakte zu entfernen.

9

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat behauptet, die Klägerin sei weiterhin für die Verwaltung der Zahlstelle verantwortlich gewesen. Am 5. März 2007 seien zu ihrer Entlastung lediglich die Einnahme- und Auszahlungsanordnungen auf Frau H übertragen worden. Bis zur Kassenprüfung im August 2007 sei die Planung, diese zur Kassenverantwortlichen zu bestellen, nicht umgesetzt worden. Die Angabe der Klägerin, sie habe Ende April 2007 das Originalkassenbuch übergeben und nicht mehr zurückerhalten, treffe nicht zu.

10

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit seiner Revision verfolgt der Beklagte sein Begehren weiter, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht ( § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO ). Mit der von ihm gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht der Klage nicht stattgeben (I.). Ob der Beklagte verpflichtet ist, die Abmahnung vom 16. April 2008 aus der Personalakte der Klägerin zu entfernen, steht noch nicht fest (II.).

12

I. Das Landesarbeitsgericht hat auf Basis der bisherigen Feststellungen zu Unrecht angenommen, die Klägerin habe einen Anspruch auf Rücknahme und Entfernung der Abmahnung aus ihrer Personalakte.

13

1. Arbeitnehmer können in entsprechender Anwendung von §§ 242, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB die Entfernung einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus ihrer Personalakte verlangen. Der Anspruch besteht, wenn die Abmahnung entweder inhaltlich unbestimmt ist, unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruht oder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt, und auch dann, wenn selbst bei einer zu Recht erteilten Abmahnung kein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers mehr an deren Verbleib in der Personalakte besteht (BAG 12. August 2010 - 2 AZR 593/09 - Rn. 10, AP GG Art. 4 Nr. 8; 27. November 2008 - 2 AZR 675/07 - Rn. 13 - 17 mwN, AP BGB § 611 Abmahnung Nr. 33 = EzA BGB 2002 § 314 Nr. 4).

14

2. Nicht zu beanstanden ist, dass das Landesarbeitsgericht nicht zwischen einem Anspruch auf Rücknahme der Abmahnung und einem solchen auf ihre Entfernung aus der Personalakte differenziert hat.

15

a) Das Begehren auf Rücknahme einer Abmahnung wird neben dem auf ihre Entfernung aus der Personalakte zumeist nicht eigenständig verfolgt. Eine mit dem Klageantrag verlangte „Rücknahme und Entfernung“ der Abmahnung ist dann als einheitlicher Anspruch auf Beseitigung der durch die Abmahnung erfolgten Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts zu verstehen (vgl. BAG 27. Januar 1988 - 5 AZR 604/86 - RzK I 1 Nr. 26; Hessisches LAG 22. Juni 2010 - 12 Sa 829/09 - Rn. 17; LAG Köln 15. Juni 2007 - 11 Sa 243/07 - Rn. 26 f.). Kann der Klagebegründung dagegen entnommen werden, der Kläger begehre neben einer Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte beispielsweise den Widerruf darin enthaltener Äußerungen, kann ein Antrag auf Rücknahme der Abmahnung in diesem Sinne auszulegen sein (vgl. LAG Nürnberg 14. Juni 2005 - 6 Sa 582/04 - zu 3 der Gründe, AR-Blattei ES 20 Nr. 41; Hessisches LAG 22. Juni 2010 - 12 Sa 829/09 - aaO).

16

b) Im Streitfall bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin neben der Entfernung der Abmahnung aus ihrer Personalakte einen weiteren Anspruch verfolgt. Sie hat sich nicht dagegen gewandt, dass die Vorinstanzen den Klageanspruch als ein einheitliches Begehren auf Rücknahme der Abmahnung eben durch ihre Entfernung aus der Personalakte verstanden haben.

17

3. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, der Beklagte sei zur Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte der Klägerin verpflichtet, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, das Abhandenkommen des Originalkassenbuchs falle zwar in die Zeit der Verantwortlichkeit der Klägerin, der Beklagte habe aber kein schutzwürdiges Interesse mehr daran, dass die Abmahnung in deren Personalakte verbleibe.

18

a) Personalakten sind eine Sammlung von Urkunden und Vorgängen, die die persönlichen und dienstlichen Verhältnisse eines Mitarbeiters betreffen und in einem inneren Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis stehen. Sie sollen ein möglichst vollständiges, wahrheitsgemäßes und sorgfältiges Bild über diese Verhältnisse geben ( BAG 8. Februar 1989 - 5 AZR 40/88 - RzK I 1 Nr. 47; 9. Februar 1977 - 5 AZR 2/76 - zu II 2 der Gründe, AP BGB § 611 Fürsorgepflicht Nr. 83 = EzA BGB § 611 Fürsorgepflicht Nr. 21). Ein Arbeitnehmer kann deshalb nur in Ausnahmefällen die Entfernung auch solcher Aktenvorgänge verlangen, die auf einer richtigen Sachverhaltsdarstellung beruhen ( BAG 8. Februar 1989 - 5 AZR 40/88 - zu II 2 der Gründe, aaO; 7. September 1988 - 5 AZR 625/87  - zu III der Gründe, AP BGB § 611 Abmahnung Nr. 2 = EzA BGB § 611 Abmahnung Nr. 17; 13. April 1988 - 5 AZR 537/86  - zu I der Gründe, AP BGB § 611 Fürsorgepflicht Nr. 100 = EzA BGB § 611 Fürsorgepflicht Nr. 47). Ein solcher Fall liegt vor, wenn eine Interessenabwägung im Einzelfall ergibt, dass die weitere Aufbewahrung zu unzumutbaren beruflichen Nachteilen für den Arbeitnehmer führen könnte, obwohl der beurkundete Vorgang für das Arbeitsverhältnis rechtlich bedeutungslos geworden ist (BAG 30. Mai 1996 - 6 AZR 537/95 - zu II 4 der Gründe, AP BGB § 611 Nebentätigkeit Nr. 2 = EzA BGB § 611 Abmahnung Nr. 34; 8. Februar 1989 - 5 AZR 40/88 - aaO; 7. September 1988 - 5 AZR 625/87 - aaO).

19

b) Diesen Maßstab hat das Landesarbeitsgericht verkannt.

20

aa) Es hat angenommen, eine Abmahnung könne nach längerem einwandfreien Verhalten des Arbeitnehmers ihre Wirkung verlieren, wofür die Umstände des Einzelfalls maßgeblich seien (vgl. BAG 18. November 1986 - 7 AZR 674/84 - zu II 5 der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 17 = EzA BGB § 611 Abmahnung Nr. 4). Dies trifft zwar zu. So kann es nach einer längeren Zeit einwandfreier Führung einer erneuten Abmahnung bedürfen, bevor eine verhaltensbedingte Kündigung wegen einer erneuten gleichartigen Pflichtverletzung gerechtfertigt wäre (vgl. BAG 18. November 1986 - 7 AZR 674/84 - aaO). Berücksichtigt worden ist damit aber nur die Warnfunktion einer Abmahnung. Mit einer Abmahnung übt ein Arbeitgeber dagegen seine arbeitsvertraglichen Gläubigerrechte in doppelter Hinsicht aus. Zum einen weist er den Arbeitnehmer als seinen Schuldner auf dessen vertragliche Pflichten hin und macht ihn auf die Verletzung dieser Pflichten aufmerksam (Rüge- und Dokumentationsfunktion). Zum anderen fordert er ihn für die Zukunft zu einem vertragstreuen Verhalten auf und kündigt, sofern ihm dies angebracht erscheint, individualrechtliche Konsequenzen für den Fall einer erneuten Pflichtverletzung an (Warnfunktion) (BAG 11. Dezember 2001 - 9 AZR 464/00 - zu I der Gründe, BAGE 100, 70; 30. Mai 1996 - 6 AZR 537/95 - zu II 1 der Gründe, AP BGB § 611 Nebentätigkeit Nr. 2 = EzA BGB § 611 Abmahnung Nr. 34; 26. Januar 1995 - 2 AZR 649/94 - zu B III 4 a der Gründe, BAGE 79, 176).

21

bb) Ein Anspruch auf Entfernung einer zu Recht erteilten Abmahnung setzt demnach nicht nur voraus, dass die Abmahnung ihre Warnfunktion verloren hat. Der Arbeitgeber darf auch kein berechtigtes Interesse mehr an der Dokumentation der gerügten Pflichtverletzung haben. Der Arbeitnehmer kann die Entfernung einer zu Recht erteilten Abmahnung aus seiner Personalakte nur dann verlangen, wenn sie für die Durchführung des Arbeitsverhältnisses unter keinem rechtlichen Aspekt mehr eine Rolle spielen kann. Das durch die Abmahnung gerügte Verhalten muss für das Arbeitsverhältnis in jeder Hinsicht rechtlich bedeutungslos geworden sein. Das ist nicht der Fall, solange eine zu Recht erteilte Abmahnung etwa für eine zukünftige Entscheidung über eine Versetzung oder Beförderung und die entsprechende Eignung des Arbeitnehmers, für die spätere Beurteilung von Führung und Leistung in einem Zeugnis oder für die im Zusammenhang mit einer möglichen späteren Kündigung erforderlich werdende Interessenabwägung von Bedeutung sein kann. Darüber hinaus kann es im berechtigten Interesse des Arbeitgebers liegen, die Erteilung einer Rüge im Sinne einer Klarstellung der arbeitsvertraglichen Pflichten weiterhin dokumentieren zu können. Demgegenüber verlangen die schutzwürdigen Interessen des Arbeitnehmers nicht, einen Anspruch auf Entfernung einer zu Recht erteilten Abmahnung schon dann zu bejahen, wenn diese zwar ihre Warnfunktion verloren hat, ein Dokumentationsinteresse des Arbeitgebers aber fortbesteht. Auch wenn sich eine Abmahnung noch in der Personalakte befindet, ist im Rahmen eines möglichen Kündigungsrechtsstreits stets zu prüfen, ob ihr noch eine hinreichende Warnfunktion zukam (vgl. etwa BAG 18. November 1986 - 7 AZR 674/84 - zu II 5 der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 17 = EzA BGB § 611 Abmahnung Nr. 4).

22

cc) Diese Voraussetzungen eines Entfernungsanspruchs hat das Landesarbeitsgericht nicht sämtlich geprüft.

23

(1) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Abmahnung sei wegen Zeitablaufs nicht mehr wirksam und deshalb aus der Personalakte der Klägerin zu entfernen. Mit der Verwaltung der Zahlstelle sei die Klägerin offensichtlich überfordert gewesen. Ihr seit der Abmahnung beanstandungsfreies Verhalten lasse den Schluss zu, sie werde künftig ihre Arbeitspflichten ordnungsgemäß erfüllen.

24

(2) Die Begründung des Landesarbeitsgerichts lässt nicht erkennen, an welchem Maßstab es sich orientiert und diese Einzelfallumstände gewürdigt hat. Es ist nicht ersichtlich, dass es geprüft hätte, ob die Abmahnung für das Arbeitsverhältnis in jeder Hinsicht rechtlich bedeutungslos geworden ist. Das Landesarbeitsgericht hat nicht alle rechtlichen Gesichtspunkte erwogen und ausgeschlossen, unter denen der Beklagte ein berechtigtes Interesse an dem weiteren Verbleib der Abmahnung in der Personalakte der Klägerin haben könnte. Es hat insbesondere nicht gewürdigt, ob das gerügte Fehlverhalten der Klägerin weiterhin von Bedeutung für eine Beurteilung ihrer Fähigkeiten und Leistungen als Haushaltssachbearbeiterin sein konnte. Dagegen spricht nicht schon der Umstand, dass nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts die Gefahr einer erneuten Pflichtverletzung nicht mehr bestand. Sollte mit dem Landesarbeitsgericht anzunehmen sein, die Klägerin sei mit der Verwaltung der Zahlstelle überfordert gewesen, spricht dies mit Blick auf künftige Einsatzmöglichkeiten eher für ein berechtigtes Interesse des Beklagten an einer Beibehaltung der Dokumentation.

25

II. Ob der Beklagte verpflichtet ist, die Abmahnung vom 16. April 2008 aus der Personalakte der Klägerin zu entfernen, steht danach noch nicht fest.

26

1. Eine solche Verpflichtung besteht auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht deshalb, weil die Abmahnung eine falsche Tatsachenbehauptung oder unzutreffende rechtliche Wertung insoweit enthielte, wie der Beklagte rügt, die Klägerin habe Frau H bezichtigt, für das Verschwinden des Kassenbuchs die Verantwortung zu tragen.

27

a) Der Beklagte hat sowohl im Text der Abmahnung als auch im Rechtsstreit angegeben, worauf er diesen Vorwurf stützt. Die Klägerin habe bei ihrer Anhörung angegeben, der Kollegin am 26. April 2007 das Originalkassenbuch übergeben und es von ihr nicht wieder zurückerhalten zu haben. Dies treffe nicht zu.

28

b) Entspräche die Behauptung des Beklagten, die Klägerin habe das Originalkassenbuch Ende April 2007 nicht ihrer Kollegin übergeben, der Wahrheit, enthielte seine Rüge, die Klägerin habe dadurch die Kollegin bezichtigt, für das Verschwinden des Kassenbuchs verantwortlich zu sein, weder eine falsche Tatsachenbehauptung, noch beruhte sie auf einer unzutreffenden rechtlichen Würdigung. Es ginge dann nicht nur um eine möglicherweise von der Klägerin missverstandene Beschlusslage von Anfang März 2007, wie das Arbeitsgericht gemeint hat. Die Klägerin hätte vielmehr selbst unzutreffende Angaben zu einer tatsächlichen Übergabe des Kassenbuchs mit der Folge gemacht, dass ihre Kollegin als verantwortlich für das Verschwinden des Kassenbuchs erscheinen musste.

29

2. Sonstige Gründe für einen Anspruch der Klägerin auf Entfernung der Abmahnung sind auf Basis der bisherigen Feststellungen nicht gegeben. Die Abmahnung ist weder inhaltlich zu unbestimmt noch verstößt sie gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

30

3. Umgekehrt ist ein Anspruch der Klägerin auf Entfernung der Abmahnung vom 16. April 2008 nicht deshalb generell ausgeschlossen, weil die Abmahnung für die bei einer möglichen späteren Kündigung erforderlich werdende Interessenabwägung während der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses ihre Bedeutung behielte. Maßgeblich sind vielmehr die Umstände des Einzelfalls.

31

a) Im Schrifttum wird teilweise angenommen, der Arbeitgeber habe ein dauerhaftes Interesse an dem Verbleib einer zu Recht erteilten Abmahnung in der Personalakte des Arbeitnehmers (vgl. Kleinebrink BB 2011, 2617, 2622; Ritter DB 2011, 175, 176 f.; Schrader NZA 2011, 180, 181). Die Abmahnung möge zwar nach einem gewissen Zeitablauf ihre Warnfunktion verlieren, im Rahmen der Interessenabwägung müsse sich der Arbeitgeber aber weiterhin auf sie berufen dürfen (Schrader aaO). Durch bloßen Zeitablauf könne die Abmahnung nicht bedeutungslos werden, weil für die Abwägung der beiderseitigen Interessen erheblich sein könne, ob das Arbeitsverhältnis während seines - gesamten - Bestands störungsfrei gewesen sei (Ritter DB 2011, 175, 176). Der Arbeitgeber müsse die Möglichkeit haben, Unterlagen, die einen Vertrauenszuwachs verhindern könnten, dauerhaft in der Personalakte zu belassen (Kleinebrink aaO).

32

b) Zutreffend ist, dass eine Abmahnung für eine spätere Interessenabwägung auch dann noch Bedeutung haben kann, wenn sie ihre kündigungsrechtliche Warnfunktion verloren hat. So kann in die Interessenabwägung bei einer verhaltensbedingten Kündigung ein zuvor störungsfreier Verlauf des Arbeitsverhältnisses einzubeziehen sein (vgl. BAG 7. Juli 2011 - 2 AZR 355/10 - Rn. 20, AP BGB § 626 Nr. 237 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 38; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09  - Rn. 34, BAGE 134, 349). An einem solchen kann es fehlen, wenn der Arbeitnehmer schon einmal abgemahnt wurde. Gleichwohl besteht ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an der Dokumentation einer Pflichtverletzung nicht zwangsläufig für die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses. So kann ein hinreichend lange zurückliegender, nicht schwerwiegender und durch beanstandungsfreies Verhalten faktisch überholter Pflichtenverstoß seine Bedeutung für eine später erforderlich werdende Interessenabwägung gänzlich verlieren. Eine nicht unerhebliche Pflichtverletzung im Vertrauensbereich wird demgegenüber eine erhebliche Zeit von Bedeutung sein.

33

III. Bei der neuen Verhandlung und Entscheidung wird das Landesarbeitsgericht die folgenden Erwägungen zu berücksichtigen haben.

34

1. Bislang ist nicht aufgeklärt, ob die Abmahnung vom 16. April 2008 eine unrichtige Tatsachenbehauptung oder falsche rechtliche Bewertung enthält. Die Klägerin hat zwar nicht bestritten, bei ihrer Anhörung angegeben zu haben, sie habe ihrer Kollegin schon Ende April 2007 die Zahlstelle übergeben. Eine Pflichtverletzung läge darin aber nur, wenn dies nicht der Wahrheit entspräche. Hierzu haben die Parteien widerstreitend vorgetragen.

35

2. Ebenso wenig wie für das Fortbestehen der Warnfunktion einer Abmahnung (vgl. BAG 18. November 1986 - 7 AZR 674/84 - zu II 5 der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 17 = EzA BGB § 611 Abmahnung Nr. 4)gibt es eine fest bemessene Frist für die Dauer, für welche ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an ihrem Verbleib in der Personalakte des Arbeitnehmers anzuerkennen ist. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Schwere des gerügten Fehlverhaltens. Je schwerer eine Pflichtverletzung wiegt, desto länger kann sie für die Beurteilung der Führung, der Leistungen und der Fähigkeiten des Arbeitnehmers und ggf. für seine Vertrauenswürdigkeit von Bedeutung sein. Ein auf nur geringer Nachlässigkeit beruhender Ordnungsverstoß kann seine Bedeutung für das Arbeitsverhältnis deutlich eher verlieren (vgl. dazu BAG 27. Januar 1988 - 5 AZR 604/86 - zu III der Gründe, RzK I 1 Nr. 26) als ein Fehlverhalten, welches geeignet ist, das Vertrauen in die Integrität des Arbeitnehmers erheblich zu beeinträchtigen. Auch eine schwere Pflichtverletzung im Leistungsbereich wird ein Interesse des Arbeitgebers an einem Verbleib der Abmahnung in der Personalakte angesichts der Möglichkeit, die Qualität der Arbeitsleistung und die Befähigung des Arbeitnehmers für höherwertige oder andere Tätigkeiten beurteilen zu müssen, für längere Zeit begründen können.

        

    Kreft    

        

    Rinck    

        

    Rachor    

        

        

        

    A. Claes    

        

    Sieg    

                 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 19. Juni 2009 - 7 Sa 84/08 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Abmahnung.

2

Die in der Türkei geborene, deutsche Klägerin ist staatlich anerkannte Erzieherin und seit September 2003 bei der beklagten Stadt, die über ca. 34 Kindertagesstätten verfügt, in Teilzeit beschäftigt. Sie ist muslimischen Glaubens und trägt aus religiöser Überzeugung in der Öffentlichkeit und auch während ihrer Tätigkeit als Erzieherin ein Kopftuch.

3

Seit Februar 2006 gilt in Baden-Württemberg das geänderte „Gesetz über die Betreuung und Förderung von Kindern in Kindergärten, anderen Tageseinrichtungen und der Kindertagespflege (Kindertagesbetreuungsgesetz - KiTaG)“ (im Folgenden: KiTaG BW), das seither in § 7 Absätze 6 - 7 lautet:

        

„(6)   

Fachkräfte im Sinne der Absätze 1 und 2 und andere Betreuungs- und Erziehungspersonen dürfen in Einrichtungen, auf die dieses Gesetz Anwendung findet und die in Trägerschaft des Landes, eines Landkreises, einer Gemeinde, einer Verwaltungsgemeinschaft, eines Zweck- oder Regionalverbandes stehen, keine politischen, religiösen, weltanschaulichen oder ähnliche äußeren Bekundungen abgeben, die geeignet sind, die Neutralität des Trägers gegenüber Kindern und Eltern oder dem politischen, religiösen oder weltanschaulichen Frieden in Einrichtungen, auf die dieser Absatz Anwendung findet, zu gefährden oder zu stören. Insbesondere ist ein äußeres Verhalten unzulässig, welches bei Kindern oder Eltern den Eindruck hervorrufen kann, dass eine Fachkraft oder eine andere Betreuungs- oder Erziehungsperson gegen die Menschenwürde, die Gleichberechtigung der Menschen nach Artikel 3 des Grundgesetzes, die Freiheitsgrundrechte oder die freiheitlich-demokratische Grundordnung auftritt. Die Wahrnehmung des Auftrags nach Artikel 12 Abs. 1 der Verfassung des Landes Baden-Württemberg zur Erziehung der Jugend im Geiste der christlichen Nächstenliebe und zur Brüderlichkeit aller Menschen und die entsprechende Darstellung derartiger Traditionen widerspricht nicht dem Verhaltensgebot nach Satz 1.

        

(7)     

Die Einstellung einer Fachkraft im Sinne der Absätze 1 und 2 oder einer anderen Betreuungs- und Erziehungsperson in Einrichtungen nach Absatz 6 Satz 1 setzt als persönliches Eignungsmerkmal voraus, dass sie die Gewähr für die Einhaltung des Absatzes 6 während der gesamten Dauer ihres Arbeitsverhältnisses bietet.“

4

Die Beklagte forderte die Klägerin erfolglos auf, ihrer Verpflichtung aus § 7 Abs. 6 KiTaG BW nachzukommen und ihr „islamisches Kopftuch“ während ihres Dienstes als Erzieherin abzulegen. Die Klägerin kam dieser Aufforderung nicht nach. Daraufhin mahnte die Beklagte sie mit Schreiben vom 8. August 2007 ab. In diesem heißt es ua.:

        

„Abmahnung

        

Sehr geehrte Frau ...,

        

am Montag, 09. Juli 2007 wurden Sie erneut, wie bereits in mehreren Gesprächen vorher, dazu aufgefordert innerhalb einer Woche Ihrer Verpflichtung gemäß § 7 Absatz 6 des Kindergartengesetzes nachzukommen und das islamische Kopftuch während Ihres Dienstes in der Kindertagesstätte abzulegen.

        

Bis einschließlich Dienstag, 17. Juli 2007 haben Sie jedoch nach wie vor das islamische Kopftuch im Dienst getragen und gegenüber Frau F zum Ausdruck gebracht, dass Sie dies auch weiterhin zu tun beabsichtigen.

        

Dieses Arbeitsverhalten können wir nicht weiter dulden, so dass wir gezwungen sind, Ihnen aufgrund des dargelegten Sachverhaltes eine

        

Abmahnung

        

zu erteilen verbunden mit der gleichzeitigen Aufforderung sich künftig an die gesetzlichen Vorschriften zu halten, die Ihnen das Tragen eines islamischen Kopftuches während der Dienstzeit in der Kindertagesstätte verbieten.

        

Wir weisen Sie ausdrücklich darauf hin, dass Sie bei nochmaligen Pflichtverletzungen mit weiteren arbeitsrechtlichen Konsequenzen, insbesondere einer Kündigung, zu rechnen haben.

        

...“   

5

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Entfernung der Abmahnung aus ihrer Personalakte. Sie hat die Auffassung vertreten, ein Verstoß gegen die Pflichten aus § 7 Abs. 6 KiTaG BW liege nicht vor, da das Tragen eines Kopftuches keine Bekundung im Sinne dieser Norm sei. Sie trage das Kopftuch nicht als Symbol ihres Glaubens, sondern befolge nur eine religiös motivierte Bekleidungsvorschrift, die sich auch kulturell niedergeschlagen habe. Ihr Verhalten habe zu keiner Zeit die Neutralität der Beklagten oder den Einrichtungsfrieden in Frage gestellt. Ihr sei zumindest die Möglichkeit einzuräumen, eine Gefährdung zu widerlegen. Im Übrigen sei § 7 Abs. 6 KiTaG BW verfassungs- und europarechtswidrig und verstoße gegen Art. 9 EMRK. Ihrer Grundrechtsausübung stünden weder die Grundrechte der betreuten Kinder noch die der Eltern entgegen, da keine Kindergartenpflicht bestehe. Auch habe der Landesgesetzgeber in das kommunale Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden eingegriffen.

6

Die Klägerin hat - soweit für die Revision noch von Bedeutung - beantragt,

        

die beklagte Stadt zu verurteilen, die mit Schreiben vom 8. August 2007 erteilte Abmahnung aus ihrer Personalakte zu entfernen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, dass die Klägerin ihre aus § 7 Abs. 6 KiTaG BW folgende Neutralitätspflicht verletzt habe. Das gesetzlich geregelte Kopftuchverbot sei rechtmäßig. Das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde werde in seinem Kernbereich nicht angetastet.

8

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist unbegründet. Die Klägerin kann die Entfernung der Abmahnung vom 8. August 2007 aus ihrer Personalakte nicht verlangen. Sie ist nicht zu Unrecht abgemahnt worden. Die beklagte Stadt hat zu Recht einen Verstoß der Klägerin gegen die bestehende gesetzliche Pflicht aus § 7 Abs. 6 KiTaG BW gerügt. Diese Norm verletzt kein höherrangiges Recht.

10

I. Arbeitnehmer können in entsprechender Anwendung der §§ 242, 1004 BGB die Entfernung einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus ihrer Personalakte verlangen. Der Entfernungsanspruch besteht, wenn die Abmahnung entweder inhaltlich unbestimmt ist, unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruht, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt oder kein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers am Verbleib der Abmahnung in der Personalakte mehr besteht (vgl. Senat 27. November 2008 - 2 AZR 675/07 - Rn. 13 - 17 mwN, AP BGB § 611 Abmahnung Nr. 33 = EzA BGB 2002 § 314 Nr. 4).

11

II. Keine dieser Voraussetzungen ist erfüllt.

12

1. Die Abmahnung vom 8. August 2007 ist hinreichend bestimmt. Mit der Abmahnung wird die der Klägerin vorgeworfene Vertragspflichtverletzung und das von ihr erwartete zukünftige Verhalten hinreichend präzise beschrieben. Der Klägerin wird das Tragen eines „islamischen Kopftuchs“ vorgeworfen. Sie wird weiter aufgefordert, künftig auf das Tragen eines solchen Kopftuchs zu verzichten.

13

2. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass die Klägerin mit dem Kopftuchtragen das Bekundungsverbot gemäß § 7 Abs. 6 Satz 1 KiTaG BW bewusst und dauerhaft verletzt hat.

14

a) Die Klägerin hat bewusst ihre Bekleidung gewählt. Sie will aufgrund ihrer religiösen Motive nicht ohne dieses Bekleidungsstück in der Öffentlichkeit arbeiten. Von einem ihr zurechenbaren und steuerbaren Verhalten, das grundsätzlich einer Abmahnung zugänglich ist, kann deshalb ohne Weiteres ausgegangen werden.

15

b) Nach § 7 Abs. 6 Satz 1 KiTaG BW dürfen Fachkräfte keine politischen, religiösen, weltanschaulichen oder ähnlichen äußeren Bekundungen abgeben, die geeignet sind, die Neutralität des Trägers gegenüber Kindern und Eltern oder den politischen, religiösen oder weltanschaulichen Frieden in Einrichtungen zu gefährden oder zu stören.

16

c) Die Klägerin hat dieses gesetzliche Gebot verletzt.

17

Sie ist staatlich anerkannte Erzieherin und als eine Fachkraft iSd. § 7 Abs. 1 Nr. 2 KiTaG BW in einer Kindertagesbetreuungseinrichtung(im Folgenden: KiTa) der Beklagten beschäftigt. Die bewusste Wahl einer religiös bestimmten Kleidung fällt unter das Verbot des § 7 Abs. 6 Satz 1 KiTaG BW. Das Tragen eines sog. islamischen Kopftuchs stellt eine religiöse Bekundung im Sinne dieser Vorschrift dar. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

18

aa) Eine religiöse Bekundung iSd. § 7 Abs. 6 Satz 1 KiTaG BW ist die bewusste, an die Außenwelt gerichtete Kundgabe einer religiösen Überzeugung(Senat 10. Dezember 2009 - 2 AZR 55/09 - Rn. 16, AP GG Art. 4 Nr. 7 = EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Diskriminierung Religion Nr. 2; 20. August 2009 - 2 AZR 499/08 - Rn. 14, AP GG Art. 4 Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Abmahnung Nr. 4; BVerwG 16. Dezember 2008 - 2 B 46.08 - Rn. 6, ZTR 2009, 167; 24. Juni 2004 - 2 C 45.03 - zu 2 a der Gründe, BVerwGE 121, 140). Zur Bestimmung des Erklärungswerts einer solchen Kundgabe ist auf diejenige Deutungsmöglichkeit abzustellen, die für eine nicht unerhebliche Zahl von Betrachtern naheliegt. Dabei kommt es im Streitfall für die Deutung vor allem auf die Sicht eines objektiven Betrachters in der Situation der Kinder und Eltern einer Betreuungseinrichtung an (BVerfG 24. September 2003 - 2 BvR 1436/02 - zu B II 5 a der Gründe, BVerfGE 108, 282). Ob einer bestimmten Bekleidung ein religiöser Aussagegehalt nach Art eines Symbols zukommt, hängt von der Wirkung des verwendeten Ausdrucksmittels ab, wobei alle sonstigen in Betracht kommenden Deutungsmöglichkeiten ebenfalls zu berücksichtigen sind. Der Symbolcharakter muss sich nicht aus dem Kleidungsstück als solchem ergeben. Eine religiöse Bekundung kann auch darin liegen, dass dem Kleidungsstück in der besonderen Art und Weise seines Tragens offensichtlich eine besondere Bedeutung zukommt, etwa weil es erkennbar aus dem Rahmen der in der Einrichtung üblichen Bekleidung fällt und ausnahmslos zu jeder Zeit getragen wird. Ein solch weitgehendes Verständnis entspricht dem Zweck des gesetzlichen Bekundungsverbots. Dieses will religiös-weltanschauliche Konflikte in Kindertagesbetreuungseinrichtungen schon im Ansatz verhindern und die Neutralität der Einrichtung und des Trägers auch nach außen wahren. Das verbietet eine Differenzierung zwischen Kleidungsstücken, deren religiöse oder weltanschauliche Motivation offen zutage tritt, und solchen, deren Tragen in der Einrichtung einen entsprechenden Erklärungsbedarf auslöst (zu gleichlautenden schulgesetzlichen Regelungen: Senat 10. Dezember 2009 - 2 AZR 55/09 - aaO; 20. August 2009 - 2 AZR 499/08 - Rn. 14 f., aaO; BVerwG 24. Juni 2004 - 2 C 45.03 - Rn. 21 f., aaO; 16. Dezember 2008 - 2 B 46.08 - Rn. 3 - 8, aaO).

19

bb) Das Landesarbeitsgericht hat deshalb zu Recht angenommen, im Tragen des sog. islamischen Kopftuchs liege eine religiöse Bekundung der Klägerin. Entgegen der Auffassung der Revision ist die Begründung des Landesarbeitsgerichts revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

20

(1) Die Klägerin hat zu keiner Zeit behauptet, sie trage das Kopftuch nicht als Ausdruck ihres Glaubens. Sie hat vielmehr mit der Klageschrift ausgeführt, sie trage das Kopftuch in der Öffentlichkeit aus religiöser Überzeugung. Dies muss sie sich ebenso entgegenhalten lassen wie die entsprechende, für das Revisionsgericht bindende Feststellung des Landesarbeitsgerichts, sie trage das Kopftuch aus religiöser Anschauung. Diese Feststellung hat die Klägerin nicht mit relevanten Verfahrensrügen angegriffen.

21

(2) Ihr weiterer Hinweis, das Landesarbeitsgericht hätte bei der Bewertung modische oder gesundheitliche Aspekte des Kopftuchtragens berücksichtigen müssen, ist unbeachtlich. Auch ein unbefangener Beobachter wird das sog. islamische Kopftuch regelmäßig als Ausdruck eines bekundeten Religionsbrauchs, den die Trägerin befolgen will, und nicht als modisches Accessoire auffassen (Senat 10. Dezember 2009 - 2 AZR 55/09 - Rn. 16, AP GG Art. 4 Nr. 7 = EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Diskriminierung Religion Nr. 2). Ein solches Kleidungsstück fällt aus dem Rahmen der üblicherweise in einer KiTa getragenen Bekleidung. Dies gilt umso mehr, als es von der Klägerin ausnahmslos und zu jeder Zeit getragen wird (vgl. auch VGH Baden-Württemberg 14. März 2008 - 4 S 516/07 - Schütz/Maiwald BeamtR ES/A II 1.5 Nr. 57). Ein objektiver Beobachter wird deshalb selbst unter Berücksichtigung der zunehmenden Verbreitung solcher Kopftücher im öffentlichen Leben und der Diskussion in den letzten Jahren es mit der Religion des Islam in Verbindung bringen. Ihm ist bekannt, dass muslimische Frauen aus religiösen Gründen ihr Haar mit einem Kopftuch oder einem vergleichbaren Kleidungsstück bedecken (VGH Baden-Württemberg 14. März 2008 - 4 S 516/07 - aaO; so bereits Senat 10. Oktober 2002 - 2 AZR 472/01 - zu B II 3 c aa der Gründe, BAGE 103, 111, im Fall einer kopftuchtragenden Verkäuferin in der Privatwirtschaft).

22

cc) Das Verhalten der Klägerin ist geeignet, die Neutralität der beklagten Stadt gegenüber Kindern und Eltern einer KiTa und den religiösen Einrichtungsfrieden zu gefährden.

23

(1) Das Verbot des § 7 Abs. 6 Satz 1 KiTaG BW knüpft an einen abstrakten Gefährdungstatbestand an. Es erfasst nicht erst Bekundungen, die die Neutralität des Trägers oder den religiösen Einrichtungsfrieden konkret gefährden oder gar stören. Das Verbot will schon der abstrakten Gefahr vorbeugen, konkrete Gefährdungen also gar nicht erst aufkommen lassen. Im Gesetzeswortlaut kommt dies darin zum Ausdruck, dass religiöse Bekundungen bereits dann verboten sind, wenn sie „geeignet“ sind, die genannten Schutzgüter zu gefährden (vgl. Senat 10. Dezember 2009 - 2 AZR 55/09 - AP GG Art. 4 Nr. 7 = EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Diskriminierung Religion Nr. 2; 20. August 2009 - 2 AZR 499/08 - Rn. 18, AP GG Art. 4 Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Abmahnung Nr. 4). Der Landesgesetzgeber wollte ersichtlich darauf Bedacht nehmen, dass auch Kindertagesbetreuungseinrichtungen Orte sind, an denen unterschiedliche religiöse und politische Auffassungen unausweichlich aufeinandertreffen, deren friedliches Nebeneinander der Staat aber zu garantieren hat (vgl. Senat in den Entscheidungen vom 10. Dezember 2009 - 2 AZR 55/09 - aaO und vom 20. August 2009 - 2 AZR 499/08 - aaO, zu den weitgehend inhaltsgleichen Normen des Schulgesetzes NRW). Er hat ein solches Konfliktpotential erkennbar nicht nur für den Schulbereich (vgl. § 38 Abs. 2 SchulG BW) gesehen, sondern ist davon ausgegangen, dass es durch eine größere religiöse Vielfalt in der Gesellschaft auch in KiTas zu einem vermehrten Potential von Konflikten - auch unter den Eltern verschiedener Glaubensrichtungen oder mit Atheisten - kommen kann. In dieser Lage kann der religiöse/weltanschauliche Frieden in einer Einrichtung schon durch die berechtigte Sorge der Eltern vor einer ungewollten religiösen Beeinflussung ihres Kindes gefährdet werden. Hierzu kann das religiös bedeutungsvolle Erscheinungsbild des pädagogischen Personals Anlass geben (so Senat 20. August 2009 - 2 AZR 499/08 - aaO und 10. Dezember 2009 - 2 AZR 55/09 - Rn. 18, aaO; BVerwG 24. Juni 2004 - 2 C 45.03 - Rn. 25, BVerwGE 121, 140). Die berechtigte Sorge von Eltern kann sich in KiTas sogar noch verstärken, da Kinder im Kindergartenalter regelmäßig noch stärker beeinflussbar sein werden als Schüler. Eine Erzieherin nimmt ebenso wie ein Lehrer als Bezugs- und Autoritätsperson eine starke Mittelpunktfunktion ein (so auch Wittinger VBl. BW 2006, 169, 171). Sie wird insbesondere bei einer Ganztagsbetreuung bei den zu betreuenden Kindern im Alter bis zu sechs Jahren im Vergleich zu einem Lehrer, der nur einzelne Fächer unterrichtet, sogar noch einen höheren Einfluss haben. Für das spätere Sozialverhalten der Kinder wirkt sie als zumeist erste Bezugsperson außerhalb des Elternhauses in hohem Maße prägend (BVerfG 10. März 1998 - 1 BvR 178/97 - zu B II 1 b aa der Gründe, BVerfGE 97, 332). Gerade in diesem Alter orientieren sich Kinder am Verhalten der Bezugsperson und sind oft leichter beeinflussbar als Schulkinder. Jede bekehrende Wirkung auszuschließen, die das Tragen des islamischen Kopftuchs haben könnte, dürfte deshalb kaum möglich sein (so auch EGMR 15. Februar 2001 - 42393/98 - NJW 2001, 2871). In diesem Alter dürfte es zumeist noch schwieriger sein, die Wirkung des Kopftuchs durch entsprechende Erklärungen abzuschwächen (vgl. Wittinger VBl. BW 2006, 169, 171).

24

(2) Dementsprechend kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin den Gegenbeweis für eine Nichtgefährdung des Einrichtungsfriedens leisten könnte und welche Anforderungen insoweit zu stellen wären. Das Gesetz regelt einen abstrakten Gefährdungstatbestand, nach dem es gerade nicht auf die mögliche tatsächliche Gefährdung oder Störung ankommt. Eine Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse in einzelnen Einrichtungen ist nicht vorgesehen (VGH Baden-Württemberg 14. März 2008 - 4 S 516/07 - Schütz/Maiwald BeamtR ES/A II 1.5 Nr. 57; BVerwG 24. Juni 2006 - 2 C 45.03 - zu 2 b der Gründe, BVerwGE 121, 140, jeweils zu inhaltsgleichen schulgesetzlichen Normen). Somit ist es auch ohne Belang, dass die Klägerin - wie sie mit der Revision geltend macht - bisher in einem friedlichen Verhältnis zu allen Beteiligten stand. Diese Situation könnte sich im Übrigen jederzeit durch den Wechsel von Kindern und Eltern verändern.

25

3. Die Regelung des § 7 Abs. 6 Satz 1 KiTaG BW verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Die Vorschrift ist weder verfassungswidrig noch verletzt sie Art. 9 Abs. 1 EMRK.

26

a) Das Bekundungsverbot des § 7 Abs. 6 Satz 1 KiTaG BW ist nicht verfassungswidrig. Der Landesgesetzgeber durfte die Pflichten der bei den Einrichtungsträgern iSd. § 1 KiTaG BW beschäftigten Fachkräfte konkretisieren und ihnen auch das Tragen solcher Kleidung oder Zeichen in der KiTa untersagen, die ihre Zugehörigkeit zu einer bestimmten politischen, religiösen oder weltanschaulichen Gruppe erkennen lässt.

27

aa) Der Landesgesetzgeber war zuständig und berechtigt, ein Gesetz zu erlassen, das den Ausgleich der widerstreitenden Interessen und Grundrechte von Fachkräften der KiTas, Kindern und Eltern sowie des Trägers der Einrichtung regelt (so BVerfG 24. September 2003 - 2 BvR 1436/02 - zu B II 6 der Gründe, BVerfGE 108, 282 für den Bereich der Schule; siehe auch Senat 10. Dezember 2009 - 2 AZR 55/09 - Rn. 21, AP GG Art. 4 Nr. 7 = EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Diskriminierung Religion Nr. 2; 20. August 2009 - 2 AZR 499/08 - Rn. 21, AP GG Art. 4 Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Abmahnung Nr. 4).

28

Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht die Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG(konkurrierende Gesetzgebung auf dem Gebiet der öffentlichen Fürsorge) angenommen. Der Begriff der öffentlichen Fürsorge ist weit aufzufassen. Zu ihm gehört auch die Jugendpflege, die das körperliche, geistige und sittliche Wohl aller Jugendlichen fördern will, ohne dass eine Gefährdung im Einzelfall vorzuliegen braucht. Diesem Ziel dient auch die Kindertagesbetreuung. Sie hilft den Eltern bei der Erziehung, fördert und schützt die Kinder und trägt dazu bei, positive Lebensbedingungen für Familien mit Kindern zu schaffen (BVerfG 10. März 1998 - 1 BvR 178/97 - zu B II 1 b aa der Gründe, BVerfGE 97, 332). Zwar hat der Bundesgesetzgeber in §§ 22 - 26 SGB VIII Regelungen zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege getroffen, jedoch eröffnet der Vorbehalt in § 26 SGB VIII es den Ländern, Inhalt und Umfang der Aufgaben sowie Leistungen näher selbst zu regeln. Von dieser Kompetenz hat der Landesgesetzgeber mit den Regelungen des KiTaG BW Gebrauch gemacht und in § 7 Abs. 6 Satz 1 nähere Regelungen für das pädagogische Personal getroffen.

29

bb) Die Regelung des § 7 Abs. 6 Satz 1 KiTaG BW ist inhaltlich hinreichend bestimmt. Sie bezeichnet die von ihr erfassten Schutzgüter - die Neutralität des Trägers und den Einrichtungsfrieden - deutlich. Sie knüpft allein an die abstrakte Eignung eines Verhaltens an, diese Schutzgüter zu gefährden oder zu stören. Sie erfasst, dem generellen Charakter eines Gesetzes entsprechend, jegliche Art von Bekundungen, also auch jedes äußere Verhalten. Die bewusste Wahl einer religiös oder weltanschaulich bestimmten Kleidung fällt unter diese Regelung. Die Bestimmtheit des Satzes 1 wird nicht durch die Regelung in Satz 3 in Frage gestellt. Die „Darstellung christlicher Traditionen“ bedeutet etwas anderes als die Bekundung eines individuellen Bekenntnisses. Bei der im Gesetz genannten „Darstellung“ geht es nicht um die Geltendmachung einer persönlichen, inneren Überzeugung (BVerwG 24. Juni 2004 - 2 C 45.03 - zu 4 a der Gründe, BVerwGE 121, 140 zur inhaltsgleichen Regelung des § 38 Abs. 2 Satz 1 SchulG BW).

30

cc) Die Lösung des verfassungsrechtlichen Spannungsverhältnisses durch § 7 Abs. 6 Satz 1 KiTaG BW beachtet die Grundsätze der praktischen Konkordanz der betroffenen Grundrechtspositionen hinreichend. Die Regelung liegt im Rahmen der Gestaltungsfreiheit des Landesgesetzgebers. Dieser durfte die positive Glaubensfreiheit sowie die Berufsausübungsfreiheit und das allgemeine Persönlichkeitsrecht einer Erzieherin hinter die Pflicht des öffentlichen Trägers einer kinderbetreuenden Einrichtung zur weltanschaulichen Neutralität, das Erziehungsrecht der Eltern und die negative Glaubensfreiheit der Kinder und Eltern zurücktreten lassen, um die Neutralität der Kindertagesstätten und deren Einrichtungsfrieden zu sichern.

31

(1) Zwar schützt nach der Rechtsprechung Art. 4 Abs. 1 und 2 GG nicht nur die innere Glaubensfreiheit, sondern auch die äußere Freiheit, den Glauben in der Öffentlichkeit zu manifestieren und zu bekennen. Dazu gehört auch das Recht des Einzelnen, sein gesamtes Verhalten an den Lehren des Glaubens auszurichten und seiner inneren Glaubensüberzeugung gemäß zu handeln (BVerfG 17. Dezember 1975 - 1 BvR 63/68 - zu C I 2 b der Gründe, BVerfGE 41, 29). Auf Seiten der Kinder und Eltern entspricht dem aber umgekehrt die Freiheit, kultischen Handlungen eines nicht geteilten Glaubens fernzubleiben. Zwar hat der Einzelne in einer Gesellschaft, die unterschiedlichen Glaubensüberzeugungen Raum gibt, kein Recht darauf, von fremden Glaubensbekundungen gänzlich verschont zu bleiben. Davon ist aber eine vom Staat geschaffene Lage zu unterscheiden, in der ein Einzelner dem Einfluss und den Symbolen eines bestimmten Glaubens ausgesetzt wird. Insofern entfaltet Art. 4 Abs. 1 GG seine freiheitssichernde Wirkung gerade in den Lebensbereichen, die nicht der gesellschaftlichen Selbstorganisation überlassen sind, sondern in denen der Staat Vorsorgeleistungen anbietet(BVerfG 16. Mai 1995 - 1 BvR 1087/91 - zu C II 1 der Gründe, BVerfGE 93, 1). Gemeinsam mit Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG, der den Eltern die Pflege und Erziehung ihrer Kinder als natürliches Recht garantiert, umfasst Art. 4 Abs. 1 GG auch das Recht zur Kindererziehung in religiöser und weltanschaulicher Hinsicht. Es ist Sache der Eltern, ihren Kindern diejenigen Überzeugungen in Glaubens- und Weltanschauungsfragen zu vermitteln, die sie für richtig halten. Dem entspricht das Recht, die Kinder von Glaubensüberzeugungen fernzuhalten, die den Eltern falsch oder schädlich erscheinen (BVerfG 16. Mai 1995 - 1 BvR 1087/91 - aaO).

32

(2) Die Vermeidung religiöser/weltanschaulicher Konflikte in öffentlichen Kitas stellt ein gewichtiges Gemeingut dar. Zu diesem Zweck sind gesetzliche Einschränkungen der Glaubensfreiheit rechtlich zulässig. Dabei ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn die landesgesetzliche Regelung religiöse Bekundungen von Erziehern in KiTas ohne Rücksicht auf die Umstände des Einzelfalls untersagt. Der Gesetzgeber darf Gefährdungen des KiTa-Friedens auch dadurch vorbeugen, dass er Erziehungskräften bereits das Tragen religiös bedeutsamer Kleidungsstücke oder Symbole verbietet und Konflikt vermeidende Regelungen nicht an die konkrete Gefahr einer drohenden Auseinandersetzung knüpft (Senat 10. Dezember 2009 - 2 AZR 55/09 - Rn. 28, AP GG Art. 4 Nr. 7 = EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Diskriminierung Religion Nr. 2; 20. August 2009 - 2 AZR 499/08 - Rn. 22, AP GG Art. 4 Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Abmahnung Nr. 4; BVerwG 26. Juni 2008 - 2 C 22.07 - BVerwGE 131, 242; 16. Dezember 2008 - 2 B 46.08 - ZTR 2009, 167, zum Schulbereich).

33

(3) Diese von der Rechtsprechung zu den Schulgesetzen entwickelten Grundsätze gelten auch für Erzieher einer KiTa in öffentlicher Trägerschaft.

34

Maßgebliche Unterschiede zwischen Schulen und Kindertagesstätten sind nicht erkennbar. Zwar liegt dem Schulbesuch die gesetzliche Schulpflicht zugrunde. Zum Besuch einer KiTa besteht eine solche Pflicht nicht. Es steht den Erziehungsberechtigten grundsätzlich frei, ob sie ihr Kind in eine (bestimmte) KiTa schicken wollen oder nicht (vgl. Hess. VGH 30. Juni 2003 - 10 TG 553/03 - NJW 2003, 2846). Deshalb besteht auch keine vom Staat geschaffene „Zwangssituation“, in der der Einzelne dem Einfluss eines anderen Glaubensbekenntnisses ohne Ausweichmöglichkeiten ausgesetzt ist. Gleichwohl ist das landesrechtliche Bekundungsverbot nicht unverhältnismäßig (anders ArbG Dortmund 16. Januar 2003 - 6 Ca 5736/02 - zu I 3 c der Gründe; Engelken VBI. BW 2006, 209 f.). Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII haben Eltern einen Anspruch auf Besuch einer Tageseinrichtung zur Kinderbetreuung. Verwiese man sie auf andere KiTas des kommunale oder gar eines anderen Trägers, so wäre dies - ungeachtet der Frage der Zumutbarkeit eines Wechsels - spätestens dann problematisch, wenn der kommunale Träger keine KiTas anbieten könnte, in der keine kopftuchtragenden oder andere religiöse Bekundungen abgebenden Erzieherinnen beschäftigt werden. Eine Verweisung der Eltern auf andere KiTas eines freien Trägers wäre hingegen mit dem Anspruch aus § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII schwerlich vereinbar. Hinzu kommt, dass zahlreiche faktische Zwänge einem Besuch einer anderen KiTa entgegenstehen können, wie beispielsweise die nur geringe Anzahl von KiTas im ländlichen Raum oder die Nähe einer Einrichtung zum Wohn- oder Arbeitsort der Eltern (siehe Wittinger VBl. BW 2006, 169, 170).

35

dd) § 7 Abs. 6 Satz 1 KiTaG BW greift nicht in verfassungswidriger Weise in das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden(Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) ein.

36

(1) Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleistet den Gemeinden gegenüber dem Bund und den Ländern das Recht, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Diese Gewährleistung sichert ihnen grundsätzlich einen alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft umfassenden Aufgabenbereich („Allzuständigkeit“) sowie die Befugnis zu eigenverantwortlicher Führung der Geschäfte in diesem Bereich. Der Gesetzesvorbehalt erlaubt es dem Gesetzgeber nicht, die kommunale Selbstverwaltung völlig zu beseitigen oder derart auszuhöhlen, dass den Gemeinden kein ausreichender Spielraum mehr bleibt. Als institutionelle Garantie verbürgt Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG den Gemeinden aber nicht die Selbstverwaltungsrechte in allen Einzelheiten. Gesetzliche Beschränkungen der Selbstverwaltung sind mit Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG vereinbar, wenn und soweit sie deren Kernbereich unangetastet lassen(BVerfG 7. Oktober 1980 - 2 BvR 584/76, 2 BvR 598/76, 2 BvR 599/76, 2 BvR 604/76 - zu C II 3 a der Gründe, BVerfGE 56, 298).

37

(2) Zum gemeindlichen Selbstverwaltungsrecht gehört auch die Personalhoheit. Diese umfasst vor allem die Befugnis, das Gemeindepersonal auszuwählen, anzustellen, zu befördern und zu entlassen. Allerdings sind auch hier Beschränkungen mit dem Grundgesetz vereinbar, wenn der Kernbereich unangetastet bleibt (BVerfG 26. November 1963 - 2 BvL 12/62 - zu B II 1 der Gründe, BVerfGE 17, 172).

38

(3) § 7 Abs. 6 Satz 1 KiTaG BW beschränkt zwar die Personalhoheit der Gemeinden, wenn vom Gemeindepersonal bestimmte Verhaltensweisen und von der Gemeinde als Arbeitgeber die Umsetzung dieser Pflichten verlangt werden. Darin liegt aber eine zulässige Beschränkung der nicht absolut geschützten gemeindlichen Personalhoheit. Sie unterliegt der Ausformung durch den Gesetzgeber, der dabei seinerseits durch die Selbstverwaltungsgarantie gesetzlich gebunden ist (BVerfG 26. Oktober 1994 - 2 BvR 445/91 - zu C III 2 der Gründe, BVerfGE 91, 228). Nur der Wesensgehalt der gemeindlichen Selbstverwaltung darf nicht ausgehöhlt werden (BVerfG 26. Oktober 1994 - 2 BvR 445/91 - zu C I 2 a der Gründe, aaO). Im Streitfall hat der Landesgesetzgeber die Personalentscheidungsbefugnis der Kommunen nicht übermäßig begrenzt. Er hat lediglich einen Teilaspekt der Verhaltenspflichten des Gemeindepersonals geregelt. Eine rechtswidrige „Aushöhlung“ der Personalhoheit ist darin nicht zu sehen. Auch in anderer Hinsicht sind Beschränkungen der Auswahlbefugnis der Gemeinden anerkannt, beispielsweise bei der Einstellung von Frauenbeauftragten (BVerfG 26. Oktober 1994 - 2 BvR 445/91 - zu C III 2 der Gründe, aaO; Wittinger VBl. BW 2006, 169, 173).

39

ee) § 7 Abs. 6 KiTaG BW verletzt den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht. Die Regelung behandelt die verschiedenen Religionen nicht unterschiedlich. Sie erfasst jede Art religiöser Bekundung unabhängig von deren Inhalt. Christliche Glaubensbekundungen werden nicht bevorzugt. Dies gilt auch mit Blick auf § 7 Abs. 6 Satz 3 KiTaG BW. Nach dieser Bestimmung widerspricht die Wahrnehmung des Erziehungsauftrags nach Art. 12 Abs. 1 Landesverfassung Baden-Württemberg und die entsprechende Darstellung christlicher Traditionen nicht dem Verhaltensgebot des § 7 Abs. 6 Satz 1 KiTaG BW. Gegenstand der Regelung in Satz 3 der Vorschrift ist die Darstellung, nicht die Bekundung christlicher Werte. Bestimmte Werte darzustellen heißt, sie zu erörtern und zum Gegenstand einer Diskussion zu machen. Das schließt die Möglichkeit der Rückfrage und Kritik ein. Die Darstellung christlicher Traditionen ist nicht gleichzusetzen mit der Bekundung eines individuellen Bekenntnisses. Bei ihr geht es nicht um die Kundgabe innerer Verbindlichkeiten, die der Darstellende für sich anerkannt hätte. Außerdem bezeichnet der Begriff des „Christlichen“ - ungeachtet seiner Herkunft aus dem religiösen Bereich - eine von Glaubensinhalten losgelöste, aus der Tradition der christlich-abendländischen Kultur hervorgegangene Wertewelt, die erkennbar auch dem Grundgesetz zugrunde liegt und unabhängig von ihrer religiösen Fundierung Geltung beansprucht. Der Auftrag zur Weitergabe christlicher Bildungs- und Kulturwerte verpflichtet und berechtigt die Einrichtung deshalb nicht zur Vermittlung bestimmter Glaubensinhalte, sondern betrifft Werte, denen jeder Beschäftigte des öffentlichen Dienstes unabhängig von seiner religiösen Überzeugung vorbehaltlos zustimmen kann (Senat 10. Dezember 2009 - 2 AZR 55/09 - Rn. 24, AP GG Art. 4 Nr. 7 = EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Diskriminierung Religion Nr. 2; 20. August 2009 - 2 AZR 499/08 - Rn. 23, AP GG Art. 4 Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Abmahnung Nr. 4).

40

ff) Die Regelung des § 7 Abs. 6 Satz 1 KiTaG BW behandelt die Klägerin auch nicht wegen ihres Geschlechts ungleich. Die Vorschrift verbietet religiöse Bekundungen unabhängig vom Geschlecht. Sie richtet sich nicht speziell gegen das von Frauen getragene sog. islamische Kopftuch (Senat 10. Dezember 2009 - 2 AZR 55/09 - Rn. 25, AP GG Art. 4 Nr. 7 = EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Diskriminierung Religion Nr. 2; 20. August 2009 - 2 AZR 499/08 - Rn. 24, AP GG Art. 4 Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Abmahnung Nr. 4).

41

b) § 7 Abs. 6 Satz 1 KiTaG BW verstößt nicht gegen Art. 9 EMRK.

42

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat entschieden, dass ein Verbot, während des Unterrichts an öffentlichen Schulen religiöse Symbole zu tragen, eine gemäß Art. 9 Abs. 2 EMRK notwendige Einschränkung der nach Abs. 1 der Bestimmung gewährleisteten Religionsfreiheit eines Lehrers ist. Sie sei wegen der möglichen Beeinträchtigung der Grundrechte der Schüler und Eltern gerechtfertigt, um die Neutralität des Unterrichts zu gewährleisten. Auf dieser Grundlage hat der Gerichtshof sowohl das Verbot, während des Unterrichts in einer Schweizer Grundschule ein islamisches Kopftuch zu tragen, als mit der Religionsfreiheit des Art. 9 Abs. 1 EMRK vereinbar angesehen als auch das generelle Verbot für Studentinnen gebilligt, ein solches Kopftuch an türkischen Hochschulen zu tragen(EGMR 10. November 2005 - 44774/98 - NVWZ 2006, 1389; 15. Februar 2001 - 42393/98 - NJW 2001, 2871).

43

Für die von den Gemeinden getragenen öffentlichen Kindertagesbetreuungseinrichtungen und deren Erzieher gilt nichts anderes. Der Eingriff ist gesetzlich vorgesehen und in der demokratischen Gesellschaft zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer - wie dargestellt - notwendig und verhältnismäßig.

44

4. § 7 Abs. 6 Satz 1 KiTaG BW verletzt als landesrechtliche Vorschrift auch nicht das Diskriminierungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG. Zwar kann das Bekundungsverbot zu einer unmittelbaren Benachteiligung einer Erzieherin aus Gründen der Religion iSv. § 7 Abs. 1, §§ 1, 3 Abs. 1 AGG führen, weil die Unterlassung ihrer religiösen Bekundung zu einer entscheidenden Bedingung für die Ausübung ihrer Tätigkeit wird. Eine unterschiedliche Behandlung aus religiösen Gründen zur Erfüllung einer wesentlichen beruflichen Anforderung ist aber gemäß § 8 Abs. 1 AGG zulässig, wenn der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist. Dies ist im Streitfall gegeben.

45

a) Der von der Regelung verfolgte Zweck, die Neutralität des Trägers und den religiösen Einrichtungsfrieden zu garantieren, ist rechtmäßig.

46

b) Die gesetzliche Anforderung, religiöse Bekundungen in der Einrichtung zu unterlassen, ist angemessen. Sie untersagt eine äußere Kundgabe der eigenen religiösen Überzeugung lediglich während des Aufenthalts im Bereich der Einrichtung und besteht ausschließlich um der - negativen - Religionsfreiheit anderer und dem Erziehungsrecht der Eltern willen. Der Begriff der Angemessenheit erfordert es nicht, das Tragen religiös bedeutungsvoller Kleidungsstücke nur mit Blick auf die konkreten Umstände und Verhältnisse der jeweiligen Einrichtung zu untersagen. Eine landesgesetzliche Bestimmung, die sich als verfassungsmäßiger Ausgleich widerstreitender Grundrechtspositionen erweist, ist angemessen im Sinne der bundesgesetzlichen Regelung des § 8 Abs. 1 AGG(Senat 10. Dezember 2009 - 2 AZR 55/09 - Rn. 27 - 29, AP GG Art. 4 Nr. 7 = EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Diskriminierung Religion Nr. 2; 20. August 2009 - 2 AZR 499/08 - Rn. 26 - 28, AP GG Art. 4 Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611 Abmahnung Nr. 4).

47

5. Die Klägerin kann sich nicht auf Vertrauensschutz berufen, weil sie bereits vor der Gesetzesänderung mit einem islamischen Kopftuch gearbeitet hat.

48

Vertrauensschutz in die bestehende Gesetzeslage kann nur dahingehend bestehen, dass neuen Gesetzen keine Rückwirkung beigelegt wird. Im Streitfall liegt aber weder eine echte noch eine unechte Rückwirkung vor. Das Gesetz kommt nicht auf Zeiten vor seinem Inkrafttreten am 18. Februar 2006 (vgl. GBl. BW vom 17. Februar 2006 S. 17, 30, 32) zur Anwendung. Dass die Klägerin Dispositionen in der Erwartung getroffen haben mag, die Rechtslage werde sich nicht ändern, führt nicht zu einer für sie günstigeren Bewertung. Die bloße Annahme, rechtlich werde alles bleiben, wie es ist, genießt keinen Schutz (Senat 10. Dezember 2009 - 2 AZR 55/09 - Rn. 33, AP GG Art. 4 Nr. 7 = EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Diskriminierung Religion Nr. 2).

49

III. Sonstige Gründe, die die Unwirksamkeit der Abmahnung zur Folge haben, sind nicht ersichtlich.

50

IV. Die Klägerin hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Eylert    

        

    Berger    

        

    Gallner    

        

        

        

    Claes    

        

    Niebler    

                 

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Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 05.09.2012, Az.: 4 Ca 636/12, teilweise abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, auch die weitere Abmahnung vom 28.02.2012 aus den Personalakten der Klägerin zu entfernen.

2. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren über die Wirksamkeit einer Umsetzungsanordnung sowie um die Berechtigung einer Abmahnung der Beklagten mit Datum vom 28.02.2012.

2

Die Klägerin ist bei der Beklagten, die ein Fitnesscenter nebst Gastronomiebereich (Bistro) betreibt, beschäftigt. Der zuletzt maßgebliche Arbeitsvertrag der Parteien vom 04.05.2000 (Bl. 10 ff. d. A.) sieht als Tätigkeit der Klägerin "Fitnessberater und Servicekraft Thekenbereich" vor. Zuständige Teamleiterin für die Klägerin ist Frau K.

3

Am 28.02.2012 erhielt die Klägerin ein mit "Umsetzung" überschriebenes Schreiben, in dem es heißt:

4

Aufgrund der Sachverhalte, die Gegenstand der beiden Ihnen ausgehändigten Abmahnungen vom heutigen Tage waren, werden Sie hiermit mit Wirkung vom 01.03.2012 bis auf weiteres im Arbeitsbereich Bistro eingesetzt.

5

Zu dieser Maßnahme sehen wir uns auch vor dem Hintergrund gezwungen, dass mehrfache Mitarbeitergespräche mit Ihnen und Ihrer Teamleiterin, Frau K., in der Vergangenheit zu keiner Änderung Ihres Verhaltens dieser gegenüber geführt haben.

6

Unter dem 28.02.2012 erteilte die Beklagte der Klägerin ferner zwei Abmahnungen. Im Berufungsverfahren noch streitig ist die Berechtigung der Abmahnung, die sich auf einen Vorfall vom 21.02.2012 bezieht und auszugsweise folgenden Wortlaut hat:

7

Auf Grund eines weiteren Vorfalles vom 21.02.2012 sind wird gehalten, Ihnen eine weitere arbeitsrechtliche Abmahnung auszusprechen.

8

Am Vormittag des 21.02.2012 erzählte ein der Geschäftsleitung namentlich bekanntes Mitglied Ihrer Vorgesetzten, Frau K., dass Sie gegenüber dem Mitglied die Aussage getätigt haben, Frau K. "würde die Beine breit machen, ohne dass man ihr dafür einen Drink zahlen müsste".

9

Durch diese Äußerung einem Ditten gegenüber haben Sie erneut gegenüber einer Arbeitskollegin einen Straftatbestand verwirklicht, …

10

Wegen der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts sowie des wechselseitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 05.09.2012, Az.: 4 Ca 636/12 (Bl. 59 ff. d. A.).

11

Soweit für das Berufungsverfahren von Interesse hat das Arbeitsgericht durch das genannte Urteil festgestellt, dass die "Umsetzung" der Beklagten vom 28.02.2012 unwirksam ist. Die auf Entfernung der Abmahnung vom 28.02.2012 wegen des Vorfalls vom 21.02.2012 aus den Personalakten gerichtete Klage der Klägerin hat das Arbeitsgericht abgewiesen.

12

Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen K. (Sitzungsniederschrift vom 05.09.2012, Bl. 55 ff. d. A.). Soweit für das Berufungsverfahren relevant hat das Arbeitsgericht zur Begründung seines Urteils -zusammengefasst- ausgeführt:

13

Die Umsetzung sei nicht gerechtfertigt, da diese vom Direktionsrecht der Beklagten nicht gedeckt sei. Der Arbeitsvertrag sehe die Beschäftigung der Klägerin als Fitnessberater und Servicekraft Thekenbereich vor. Durch diese arbeitsvertragliche Festlegung sei die Zuweisung einer Tätigkeit im Gastronomiebereich ausgeschlossen. Die Klägerin könne hingegen nicht die Entfernung der Abmahnung vom 28.02.2012 verlangen, da sie nicht habe beweisen können, dass die in dieser enthaltenen Vorwürfe unzutreffend seien, wofür sie aber als anspruchstellende Partei die Beweislast trage.

14

Das genannte Urteil ist der Klägerin am 24.09.2012 und der Beklagten am 26.09.2012 zugestellt worden. Die Klägerin hat hiergegen mit einem am 27.09.2012 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 22.10.2012, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am 24.10.2012 begründet. Die Beklagte hat ihrerseits mit einem am 24.10.2012 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 26.11.2012, beim Landesarbeitsgericht am gleichen Tag eingegangen, begründet.

15

Die Klägerin verfolgt mit ihrer Berufung ihr Begehren, die im Tatbestand auszugsweise dargestellte Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen, weiter. Die Beklagte erstrebt eine Abänderung des angefochtenen Urteils, soweit durch dieses festgestellt wurde, dass die Umsetzung vom 28.02.2012 unwirksam ist.

16

Zur Begründung ihrer Berufung und in Erwiderung auf die Berufung der Beklagten macht die Klägerin nach Maßgabe ihrer Schriftsätze vom 22.10. und 05.12.2012, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 93 ff., Bl. 128 ff. d. A.), im Wesentlichen geltend:

17

Hinsichtlich der Entfernung der Abmahnung aus den Personalakten habe das Arbeitsgericht die Beweislastgrundsätze verkannt. Die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Berechtigung der erhobenen Vorwürfe läge bei der Beklagten. Der vernommene Zeuge habe die behauptete Äußerung nicht bestätigt. Im Übrigen bestünden hinsichtlich dessen Glaubwürdigkeit erhebliche Zweifel. Zu Recht sei das Arbeitsgericht hingegen davon ausgegangen, dass eine Umsetzung in den Gastronomiebereich vom Direktionsrecht in Anbetracht der getroffenen arbeitsvertraglichen Regelungen nicht gedeckt sei.

18

Die Klägerin beantragt,

19

das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 05.09.2012, Az.: 4 Ca 636/12 teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, auch die weitere Abmahnung vom 28.02.2012 aus den Personalakten zu entfernen.

20

Die Beklagte beantragt,

21

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

22

Ferner beantragt sie,

23

das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

24

Die Klägerin beantragt,

25

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

26

In Erwiderung auf die Berufung der Klägerin und zur Begründung ihrer eigenen Berufung macht die Beklagte nach Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 26.11.2012, auf den Bezug genommen wird (Bl. 117 ff. d. A.) im Wesentlichen geltend:

27

Es könne dahin stehen, ob das Arbeitsgericht von einer zutreffenden Verteilung der Beweislast ausgegangen sei. Der erstinstanzliche Zeuge habe nämlich die Richtigkeit der in der Abmahnung enthaltenen Äußerungen bestätigt. Die von der Klägerin gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen geltend gemachten Gesichtspunkte griffen nicht durch. Der erstinstanzlich vernommene Zeuge habe auch vorgerichtlich bestätigt, dass er zu seinen gemachten Angaben stehe.

28

Die Umsetzung sei vom Direktionsrecht gedeckt. Bei dem Fitnessstudio und dem Gastronomiebereich handele es sich um einen einheitlichen Betrieb unter einheitlicher Führung. Die Klägerin habe im Gastronomiebereich auch keine grundsätzlich andere Leistung zu erbringen als die, die sie als Servicekraft im Bereich der Sportlertheke des Fitnessstudios erbringen müsse. Mit der Umsetzung seien auch keinerlei anderweitige Umstellungen im Hinblick auf Arbeitszeit, Einkommen, Tätigkeit oder Arbeitswege verbunden. Die sofortige Umsetzung sei aufgrund der Geschehnisse im Thekenbereich und der Tatsache, dass eine weitere Zusammenarbeit zwischen der Klägerin und ihrer Teamleiterin nicht mehr in Betracht gekommen sei, notwendig gewesen.

Entscheidungsgründe

I.

29

Die Berufungen sind zulässig. Das Rechtsmittel der Berufung ist jeweils an sich statthaft. Die Berufungen wurden auch form- und fristgerecht eingelegt und -auch inhaltlich ausreichend- begründet. In der Sache hat nur die Berufung der Klägerin Erfolg.

II.

30

Berufung der Klägerin:

31

Die Berufung der Klägerin ist begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, die im Tatbestand näher dargestellte Abmahnung vom 28.02.2012 aus den Personalakten der Klägerin zu entfernen.

32

1. Der diesbezüglichen Klage fehlt zunächst nicht das erforderliche Rechtschutzbedürfnis. Soweit die Beklagte darauf verweist, dass zwischen den Parteien über die von der Beklagten ausgesprochene fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung vom 05.09.2012 ein Kündigungsschutzverfahren erstinstanzlich anhängig ist, berührt dies das Rechtschutzinteresse für die vorliegende Klage selbst dann nicht, wenn es in Folge der genannten Kündigung zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses gekommen sein sollte. Auch im Falle einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht für den Arbeitnehmer eine Gefährdungslage, wenn eine unzutreffende Abmahnung in den Personalakten verbleibt. Dies gilt etwa im Hinblick auf die eventuelle Erteilung von Auskünften gegenüber Dritten, aber auch im Hinblick auf die Bewertung von Verhalten und Leistung des Arbeitnehmers in einem Zeugnis. Ein Entfernungsanspruch ist daher grundsätzlich auch noch für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses anzuerkennen (BAG 16.11.2010 -9 AZR 573/09- EzA § 241 BGB 2002 Nr. 2; KR-Kündigungsschutz-gesetz/Fischermeier, 10. Aufl., § 626 BGB Rz. 283).

33

2. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts trägt die Beweislast für die Berechtigung der in der Abmahnung erhobenen Vorwürfe nicht der Arbeitnehmer, sondern der Arbeitgeber (so auch BAG 26.01.1994 -7 AZR 640/92, Juris; BAG 27.11.1985 -5 AZR 101/84- EzA § 611 BGB Fürsorgepflicht Nr. 38; Schaub/Linck, Arbeitsrechtshandbuch, 14. Aufl., § 132 Rz. 49; Erfurter Kommentar/Müller-Klöge, 13. Aufl., § 626 BGB Rz. 35).

34

Diese Verteilung der Beweislast folgt zum einem aus der gesetzlichen Wertung in § 1 Abs. 2 S. 4 KSchG. Soweit der Entfernungsanspruch auf eine entsprechende Anwendung des § 1004 BGB gestützt wird, ist bei einer in einer Abmahnung enthaltenen Äußerung wie im vorliegenden Fall festzuhalten, dass eine Beeinträchtigung der Rechtsstellung des Arbeitnehmers offensichtlich vorliegt, so dass die Frage, ob die in der Abmahnung enthaltenen Vorwürfe berechtigt sind, nicht die erforderliche Rechtsbeeinträchtigung, sondern die Frage der Rechtswidrigkeit der Rechtsbeeinträchtigung betrifft. Im Rahmen eines Anspruchs aus § 1004 BGB trägt aber der Anspruchsgegner die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, die eine Duldungspflicht nach § 1004 Abs. 2 BGB begründen.

35

3. Unter Berücksichtigung dessen steht der Klägerin ein Anspruch auf Entfernung der streitgegenständlichen Abmahnung aus den Personalakten nach § 241 Abs. 2 BGB zu. Die Beklagte hat den ihr obliegenden Beweis für die Berechtigung des in der Abmahnung erhobenen Vorwurfs nicht erbringen können. Die erstinstanzliche Aussage des vernommenen Zeugen K. hat schon inhaltlich die in der Abmahnung behauptete Äußerung der Klägerin nicht bestätigt. Ausweislich der protokollierten Aussage hat der Zeuge zwar bestätigt, dass eine negative Äußerung der Klägerin über ihre Teamleiterin erfolgt ist. Er konnte sich an den genauen Wortlaut jedoch nicht mehr erinnern und hat die Äußerung dahin gehend geschildert, dass die Teamleiterin der Klägerin "für weniger als was an die Männer rangehen" würde. Diese vom Zeugen wiedergegebene Äußerung ist weitaus weniger gravierend, als die in der Abmahnung behauptete Äußerung der Klägerin, die Teamleiterin "würde die Beine breit machen, ohne dass man ihr dafür einen Drink zahlen müsste". Die Abmahnung ist damit geeignet, ein unzutreffendes, weitaus schwerwiegenderes Bild von einer eventuellen Pflichtverletzung der Klägerin zu zeichnen.

III.

36

Berufung der Beklagten

37

Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu Recht darauf abgestellt, dass die vorgenommene Umsetzung nicht vom Direktionsrecht der Beklagten nach § 106 GewO gedeckt ist. Nach der genannten Norm besteht das Recht des Arbeitgebers, den Inhalt der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher zu bestimmen nur insoweit, als diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag festgelegt sind. Dies aber ist vorliegend der Fall. Der zwischen den Parteien zuletzt maßgebliche Arbeitsvertrag vom 04.05.2000 beschreibt die Tätigkeit der Klägerin -soweit vorliegend von Interesse- als "Servicekraft Thekenbereich", ohne der Beklagten das Recht vorzubehalten, der Klägerin auch eine anderweitige Tätigkeit zuzuweisen. Ungeachtet der Tatsache, dass Fitnessbereich mit angegliederter Theke und der Gastronomiebereich der Beklagten Teile eines einheitlichen Betriebs unter einheitlicher Leitung sind, unterscheidet die Beklagte selbst zwischen diesen beiden, räumlich abgegrenzten Bereichen, so dass die Tätigkeitsbeschreibung im Arbeitsvertrag durch die in Bezugnahme des Thekenbereichs abschließend den Einsatzort und die von der Klägerin insoweit geschuldete Tätigkeit festlegt.

IV.

38

Auf die Berufung der Klägerin war daher das angefochtene Urteil teilweise -wie aus dem Tenor ersichtlich- abzuändern und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 ZPO. Ein Revisionszulassungsgrund i. S. d. § 72 Abs. 2 ArbGG besteht nicht.

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.

(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.

(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.

(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.

(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.

(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.