Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 05. Okt. 2015 - L 12 KA 83/15 B ER

bei uns veröffentlicht am05.10.2015

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I.

Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts München vom 24.6.2015, Az. S 21 KA 620/15 ER, aufgehoben, soweit das Sozialgericht dem Antrag der Antragstellerin stattgegeben hat,

und der Antrag der Antragstellerin auch insoweit abgewiesen.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.

III.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Umsetzung des Schiedsspruchs vom 19.12.2014 zur Festlegung des Inhalts des Vertrages zur hausarztzentrierten Versorgung gemäß § 73b SGB V zwischen der antragstellenden AOK Bayern und dem Bayerischen Hausärzteverband e.V. (im Folgenden: HzV-Vertrag). Die Antragstellerin (Ast.) ist eine gesetzliche Krankenkasse, der Antragsgegner (Ag.) ist ein Zusammenschluss von hausärztlich tätigen Ärzten in Bayern. Die Ast. begehrt die vorläufige Außerkraftsetzung des Schiedsspruchs, hilfsweise unter anderem die Feststellung, dass sie nicht zur Umsetzung des festgesetzten Vertrages verpflichtet sei, solange keine Einigung insbesondere über die Ausgestaltung bestimmter Anhänge erzielt worden sei.

Dem streitgegenständlichen Schiedsspruch voraus gingen Verträge zwischen den Beteiligten zur Durchführung hausärztlicher Versorgung nach § 73b SGB V vom 12.2.2009, von der Ast. gekündigt zum 31.12.2010, und vom 13.2.2012 (aufgrund Schiedsspruch; nachfolgend HzV-Vertrag 2012, Berufung der Ast. gegen das klageabweisende Urteil des SG München vom 16.7.2014, derzeit anhängig beim BayLSG unter L 12 KA 149/14), gekündigt von der Ast. zum 30.6.2014. Nachdem sich die Ast. und der Ag. nicht über den Abschluss eines Vertrages zur HzV einigen konnten, beantragte der Ag. die Einleitung eines Schiedsverfahrens. Für die Festlegung des Vertragsinhaltes eines neuen HzV-Vertrages zwischen den Beteiligten wurde am 19.12.2013 durch Bescheid des Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (nachfolgend: StMGP) als Schiedsperson Dr. K. bestimmt, der am 5.5.2014 einen „Teil-Schiedsspruch“ erließ, mit dem die Fortgeltung des zum 30.6.2014 gekündigten HzV-Vertrages 2012 bis zum Wirksamwerden eines neuen HzV-Vertrages angeordnet wurde. Die Ast. hat gegen diesen Teil-Schiedsspruch Klage zum Sozialgericht München erhoben, welche unter dem Aktenzeichen S 49 KA 1239/14 anhängig ist.

Mit Schiedsspruch vom 19.12.2014 setzte die Schiedsperson aufgrund mündlicher Verhandlungen den Inhalt des Vertrages zur hausarztzentrierten Versorgung gemäß § 73b SGB V fest. Der HzV-Vertrag trat zum 3.3.2015 nach Nichtbeanstandung durch das StMGP in Kraft und sollte zum 1.4.2015 finanzwirksam werden (§ 20 Abs. 3 HzV-Vertrag). Die Ast. hat gegen den Schiedsspruch Klage zum Sozialgericht München erhoben (Az. S 39 KA 228/15).

Zur Begründung des Schiedsspruchs führte die Schiedsperson u. a. aus, dass der Vertrag zur Erreichung des legislativen Ziels eines Primärarztsystems als Vollversorgungsvertrag ausgestaltet sei, in dem die gesamte hausärztliche Versorgung einschließlich aller Behandlungsabläufe, der Dokumentation, Koordination und Lotsenfunktion in der Hand des gewählten Hausarztes zusammengeführt werde und dieser zugleich besondere Qualitätsanforderungen erfülle (Ziffer 3.b. des Schiedsspruchs). Festgelegt wurde weiter, dass für die gesamte Vergütung aller im Ziffernkranz des EBM - Arztgruppen-EBM - Hausarzt - mit dem Stand 4. Quartal 2014 aufgeführten Leistungen, die zu dem Angebot der besonderen hausärztlichen Versorgung gehören, eine versichertenbezogene finanzielle Obergrenze gelte und die Abrechnung und Vergütung für diese Leistungen ausschließlich den Regelungen des HzV-Vertrages unterfallen, also insoweit keine Abrechnungen gegenüber der KV Bayern stattfinden (Ziffer 9. des Schiedsspruchs). Die dem HzV-Vertrag zugrunde gelegte Vergütungssystematik sei geprägt durch eine Kombination von Vergütungspauschalen für die regelmäßigen hausärztlichen Leistungen sowie die zwar selten zu erbringenden, aber auch nur wenig aufwändigen Leistungen, einschließlich der damit verbundenen Dokumentations-, Betreuungs- und Koordinationsleistungen, und von genau umschriebenen, mithin nicht beliebig ausweitbaren Einzelleistungsvergütungen für tendenziell aufwändige Leistungen, die relativ selten erbracht werden und bei denen spezielle Kenntnisse und Erfahrungen erforderlich sind (Ziffer 17. des Schiedsspruchs). Die kontaktabhängige einheitliche Grundpauschale P2 decke die Leistungen ab, die im Rahmen der besonderen hausärztlichen Versorgung regelhaft anfallen, ohne dass erhöhter Betreuungsaufwand erforderlich wäre oder die Leistung unter besonderen Umständen erbracht werde. [...] Soweit die festgelegte Vergütung höher ausfalle als die Versichertenpauschale im Rahmen der Regelversorgung, sei dies dadurch gerechtfertigt, dass die im Rahmen der hausarztzentrierten Versorgung zu erbringenden Leistungen besonderen Anforderungen genügen müssten hinsichtlich Art und Qualität der Aufgabenwahrnehmung durch die HzV-Hausärzte als Koordinatoren und Lotsen, ferner auch durch ihre gesteigerte Verantwortung, ihre erhöhten Fortbildungsverpflichtungen, ihre besondere Praxisausstattung und die erweiterten Serviceleistungen. Zudem seien mit dieser Grundpauschale zahlreiche Einzelleistungen, auch solche des Altvertrages, abgegolten (Ziffer 17.b. des Schiedsspruchs).

Der geschiedste Vertrag sieht unter anderem Folgendes vor:

㤠2 Gegenstand des Vertrages

(1) Gegenstand dieses HzV-Vertrages, der in der Form eines Vollversorgungsvertrages vereinbart wird, ist die der gesetzlichen Vorgabe in § 73b Abs. 1 SGB V folgende Implementierung einer besonderen hausärztlichen Versorgung für die Versicherten der AOK Bayern auf der Grundlage von § 73b SGB V. [...]

(2) Der Versorgungsauftrag des HzV-Hausarztes umfasst die regelhafte hausärztliche Versorgung nach § 73 SGB V und die besonderen hausärztlichen Leistungen gemäß Anlage 3.

[...]

(5) Strukturierte Behandlungsprogramme nach § 137f und § 137g SGB V sind, soweit sie die hausärztliche Versorgung betreffen, gemäß § 73b Abs. 5 SGB V Gegenstand dieses Vertrages.

§ 5 Teilnahmevoraussetzungen für Hausärzte

(1) Zur Sicherung der besonderen Qualität der hausarztzentrierten Versorgung ist der hieran teilnehmende Hausarzt gegenüber dem BHÄV und der AOK Bayern, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, bereits bei Abgabe seiner Teilnahmeerklärung und während der gesamten Dauer seiner Teilnahme nach Maßgabe dieses Vertrages verpflichtet, die folgenden Teilnahmevoraussetzungen zu erfüllen: [...]

d) Teilnahme an allen hausärztlich relevanten strukturierten Behandlungsprogrammen der AOK Bayern gemäß § 137f, § 137g SGB V i. V. m. § 73b Abs. 5 Satz SGB V; Kinder- und Jugendärzte müssen nur an dem DMP Asthma teilnehmen. Einzelheiten sind in Anlage 2 geregelt; [...]

§ 12 HzV-Vergütung

(1) Der Hausarzt hat gegenüber der AOK Bayern einen Anspruch auf Auszahlung der vertraglich vereinbarten Vergütung für die nach § 13 Abs. 1 HzV-Vertrag sowie der Anlage 3 vertragsgemäß erbrachten und ordnungsgemäß abgerechneten hausärztlichen Leistungen für die bei ihm eingeschriebenen HzV-Versicherten. [...]

§ 13 Abrechnung der HzV-Vergütung

(2) Leistungen, die gemäß Anlage 3 vergütet werden, dürfen HzV-Hausärzte nicht zusätzlich oder stattdessen gegenüber der KV Bayern abrechnen. Eine solche Doppelabrechnung liegt auch vor, [...]. Wenn eine Doppelabrechnung einen Schaden der AOK Bayern verursacht, hat der betreffende Hausarzt ihn nach Maßgabe der §§ 249 ff. BGB zu ersetzen. Die Einzelheiten des Erstattungsverfahrens regeln die Vertragspartner in einem gesondert bis 30. Juni 2015 zu vereinbarenden „Fachkonzept Korrekturforderungsmanagement“, das als Anhang 7 zu Anlage 3 Vertragsbestandteil ist. Im Falle fehlender Einigung wird der Beirat nach Ablauf der Frist damit befasst.

§ 15 Vergütungsobergrenze

(1) Zum Zwecke der Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebotes (§§ 12 Abs. 1, 70 Abs. 1 Satz 2 SGB V) und zur Schaffung der für beide Seiten erforderlichen finanziellen Planungssicherheit bei Abschluss und Durchführung des HzV-Vertrages vereinbaren die Vertragspartner, dass für die gesamte Vergütung aller im Arztgruppen-EBM-Ziffernkranz - Hausarzt - aufgeführten Leistungen einschließlich der in diesem Vertrag vereinbarten spezifischen Leistungen, die zu dem Angebot der besonderen hausärztlichen Versorgung gehören, eine versichertenbezogene Vergütungsobergrenze gilt und die Abrechnung und Vergütung für diese Leistungen ausschließlich den Regelungen dieses HzV-Vertrages unterfallen, also auch keine Abrechnung gegenüber der KV Bayern stattfindet.

(2) [...]

§ 17 Beirat

(1) Die Vertragspartner bilden einen Beirat als Lenkungs- und internes Streitbeilegungsgremium.

[...]

(3) Die Aufgaben des Beirats als internes Streitbeilegungsgremium bestehen darin, bei allen zwischen den Vertragspartnern streitigen Fragen insbesondere zur Auslegung, Änderung und Fortentwicklung des HzV-Vertrages und seiner Vergütungsregelungen sowie bei Kündigungen von Hausärzten aus wichtigem Grund nach einer einvernehmlichen Lösung zu suchen und erforderlichenfalls hierüber Entscheidungen zu treffen.

(4) Der Beirat besteht aus fünf stimmberechtigten Mitgliedern, nämlich einem unparteiischen Vorsitzenden und jeweils zwei von der AOK Bayern und vom BHÄV benannten Mitgliedern. [...]

(8) Die konstituierende Sitzung des Beirats findet spätestens bis Ende April 2015 statt. [...]

§ 19 Schiedsverfahren

Die Vertragspartner verpflichten sich, bei allen Streitigkeiten, die sich aus oder im Zusammenhang mit diesen HzV-Vertrag oder über seine Gültigkeit sowie im Falle der Kündigung des HzV-Vertrages zwischen ihnen ergeben, vor Klageerhebung das in der Anlage 7 näher geregelte Schiedsverfahren durchzuführen.

§ 23 Schlussbestimmungen

(1) Die nachfolgend aufgeführten Anlagen sind Bestandteil des HzV-Vertrages. Die Vertragspartner stimmen darin überein, dass die unter Geltung des alten HzV-Vertrages angewendeten und praxiserprobten Regelungen in den Anlagen zum HzV-Vertrag alt, die vorwiegend technische oder verfahrensmäßige Prozesse betreffen, und die in dem Anlagenverzeichnis entsprechend gekennzeichnet sind, aus Kontinuitätsgründen einstweilen weiter angewendet werden, soweit sie nicht den Vorgaben des Schiedsspruches vom 10. Oktober 2014 oder denen dieses Vertrages widersprechen. In diesen Fällen sind sie in entsprechend modifizierter Form vorläufig weiter zu verwenden. Im Übrigen sind diese Anlagen bis zum 30. Juni 2015 von den Vertragspartnern den geänderten Inhalten und der Terminologie des Schiedsspruches vom 10. Oktober 2014 und diesem Vertrag anzupassen oder ganz neu zu gestalten. Gelingt dies nicht einvernehmlich, ist der Beirat ab 1. Juli 2015 damit zu befassen.

[...]

(4) Sollten einzelne Bestimmungen dieses HzV-Vertrages ganz oder teilweise unwirksam oder undurchführbar sein oder werden, so wird hierdurch die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt. Die Vertragspartner werden in diesem Fall die unwirksame oder undurchführbare Bestimmung durch eine Regelung ersetzen, die dem Sinn und Zweck der unwirksamen Regelung in rechtswirksamer Weise und wirtschaftlich am nächsten kommt. Gleiches gilt für Vertragslücken. In diesem Fall findet das in § 18 HzV-Vertrag vorgesehene Verfahren zur Vertragsänderung Anwendung.

Anlage 2 Hausärztliche Qualifikationsanforderungen und Qualitätssicherungsmaßnahmen

§ 5 Teilnahme an strukturierten Behandlungsprogrammen

(2) Hausärztlich relevante Desease Management-Programme im Sinne dieses HzV-Vertrages sind:

- DMP Diabetes mellitus Typ 2

- DMP KHK

- DMP Asthma bronchiale

- COPD

Kinder- und Jugendärzte sind nur zur aktiven Teilnahme am DMP Asthma bronchiale verpflichtet.

Anlage 3 Vergütung und Abrechnung - HzV-Vergütungspositionen:

Leistung/Bezeichnung: Kontaktabhängige Grundpauschale P2

Vorläufige Abr.-Pos. im AIS: 0002

Leistungsinhalt:

* Hausärztliche Versorgung des Patienten gemäß Anhang 1 zu dieser Anlage 3 ohne Berücksichtigung der im Abschnitt „Einzelleistungen“ aufgeführten Leistungen sowie der Leistungen im Rahmen der organisierten Notfallversorgung

* Abwicklung und Koordination der besonderen hausärztlichen Versorgung gemäß HzV-Vertrag

* Ambulant-stationäres Schnittstellenmanagement einschließlich allgemeiner hausärztlicher prästationärer sowie prä- und postoperativer Betreuung

* Poststationäres Überleitungsmanagement in Form besonderer hausärztlicher Betreuung nach Krankenhausaufenthalt in Austausch mit dem Klinikarzt

Abrechnungsregeln:

* Max. 1x pro Quartal

* Max. 4x pro Versichertenteilnahmejahr abrechenbar

* Mind. 1 persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt im Abrechnungsquartal

Wird nur dem Betreuerarzt vergütet

Betrag: [...]

Modul „Onkologie“

Leistung/Bezeichnung: Kontaktabhängige Grundpauschale für die hausärztliche Betreuung onkologisch erkrankter Patienten

Vorläufige Abr.-Pos. im AIS: 002

Leistungsinhalt:

* Kontinuierliche hausärztliche Betreuung von Patienten mit folgenden Merkmalen:

* Gesicherte Erkrankung an einer Diagnose verschlüsselt nach dem Kapitel II „Neubildungen“ ab dem Zeitpunkt der Diagnosesicherung für die ersten vier nachfolgenden Quartale

* Während einer laufenden Chemotherapie

* Während einer laufenden Radiatio oder

* Bei Auftreten eines Rezidivs der ursprünglichen Erkrankung oder

* Bei Auftreten einer Metastasierung

Abrechnungsregeln:

* Max. 1x pro Quartal

* Nicht abrechenbar neben 0002 (GP) sowie 0003 (P3)

* [...]

Betrag: [...]

§ 2 Abrechnungsberechtigung

Die Vertragspartner vereinbaren für die von den HzV-Hausärzten zu erbringenden und in der Vergütungstabelle aufgeführten Leistungen, die in Anhang 1 zu dieser Anlage 3 bezeichnet sind, folgende HzV-Vergütung mit den Maßgaben [...]

§ 4 Allgemeine Vergütungsbestimmungen

(1) Der Leistungsumfang von Pauschalen, Zuschlägen und Einzelleistungen bestimmt sich grundsätzlich anhand des „EBM-Ziffernkranzes“ gemäß Anhang 1 zu dieser Anlage 3. Innerhalb der Laufzeit dieser Vereinbarung nach § 3 werden Leistungsergänzungen oder -kürzungen gemäß § 135 SGB V im Rahmen dieser Anlage 3 als Einzelleistung, Zuschlag oder Pauschale berücksichtigt bzw. entfallen sie im EBM-Ziffernkranz nach Anhang 1 zu dieser Anlage 3. [...]

(3) Der Hausarzt rechnet für die HzV-Versicherten, die ihn als Hausarzt gewählt haben, Pauschalen, Zuschläge und Einzelleistungen gemäß dieser Anlage 3 ab. Damit sind alle hausärztlichen Leistungen, die gemäß Anhang 1 zu dieser Anlage 3 Gegenstand dieses HzV-Vertrages sind, abgedeckt.

Anhänge

Die folgenden Anhänge sind Bestandteil dieser Anlage 3:

Anhang 1 zu Anlage 3: Leistungsbeschreibung gemäß EBM-Ziffernkranz“

Der Anhang 1 zur Anlage 3 ist nicht ausdrücklich Bestandteil des Schiedsspruchs vom 19.12.2014. Gemäß der Aufstellung in § 23 Abs. 7 HzV-Vertrag ist der Anhang 1 zu Anlage 3 mit der Ergänzung „anzupassen“ versehen.

Das StMGP teilte den Beteiligten mit Schreiben vom 2.3.2015 mit, dass der HzV-Vertrag nicht beanstandet werde. Nach einer Gesamtwürdigung der Festsetzungen sowie der Gründe des Schiedsspruchs sei jedenfalls kein eindeutiger Rechtsverstoß erkennbar.

In der Folgezeit gab es mehrere, vom StMGP moderierte Versuche, eine Einigung der Beteiligten auf die noch zu vereinbarenden oder anzupassenden Anlagen zum Vertrag zu erreichen. Die Beteiligten trugen hierzu umfangreich vor. Eine Einigung konnte bislang nicht erreicht werden.

Die Ast. beantragte mit dem am 26.5.2015 beim Sozialgericht München eingegangenen Schriftsatz den Erlass einer Einstweiligen Anordnung gemäß § 86b Abs. 2 SGG. Sie ist der Auffassung, dass der durch Schiedsspruch vom 19.12.2014 festgesetzte HzV-Vertrag ohne eine Einigung der Vertragspartner über die fehlenden Vertragsinhalte nicht umsetzungsfähig und zudem in zentralen Festsetzungen rechtswidrig sei. Die Ausgestaltung der noch fehlenden Anlagen zum HzV dürfe auch nicht an einen gesetzlich nicht vorgesehenen Beirat delegiert werden.

Nachdem Schiedssprüche zur Festsetzung von Verträgen zur hausarztzentrierten Versorgung nach der Rechtsprechung des BSG keine Verwaltungsakte seien und als zulässige Klageart allein die Feststellungsklage in Betracht komme, könne effektiver Rechtsschutz nur durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG erreicht werden. Das Interesse der Ast. an der begehrten vorläufigen Feststellung ergebe sich daraus, dass die Ast. an einen durch Schiedsspruch festgesetzten rechtmäßigen und wirksamen HzV-Vertrag gebunden und zu dessen Umsetzung verpflichtet wäre. Seien Regelungen des HzV-Vertrages unvollständig oder rechtswidrig, müssten diese durch zwischen den Vertragsparteien zu vereinbarende oder im Rahmen eines erneuten Schiedsverfahrens festzusetzende Regelungen ersetzt werden.

Der streitgegenständliche Schiedsspruch unterscheide sich von den bislang gerichtlich überprüften Schiedssprüchen dadurch, der er unvollständig sei und zentrale Vertragsinhalte, wie insbesondere die Konkretisierung der von den teilnehmenden Hausärzten zu erbringenden Leistungen - die vertraglichen Hauptleistungen - nicht regele. Diese fehlenden Vertragsinhalte sollten durch die Parteien oder ab Juli 2015 durch den im HzV-Vertrag vorgesehenen Beirat bestimmt werden. Die Schiedsperson sei damit ihrer gesetzlichen Aufgabe, einen (vollständigen) HzV-Vertrag anstelle der Parteien festzusetzen, nicht nachgekommen. Der von der Rechtsprechung angenommene weite Gestaltungsspielraum der Schiedsperson bei der Festsetzung des Vertrages beziehe sich nur auf Vertragsinhalte, nicht aber darauf, von dem eingeräumten Gestaltungsspielraum keinen Gebrauch zu machen, insbesondere nicht darauf, wesentliche Vertragsbestandteile („essentialia negotii“) nicht selbst festzulegen.

Der durch Schiedsspruch festgesetzte HzV-Vertrag sei wegen Unvollständigkeit nicht verbindlich. Nach Auffassung der Ast. gehen auch der Ag. und das StMGP von der Unvollständigkeit des HzV-Vertrages aus (als AST 10 und AST 14 vorgelegte Schreiben vom 2.3.2015 und 20.3.2015). Dem Schiedsspruch fehle die Festsetzung zentraler Vertragsanlagen. So sei zwar eine kontaktunabhängige Vergütungsobergrenze festgesetzt, nicht aber geregelt worden, welche konkreten Gegenleistungen die teilnehmenden Hausärzte erbringen sollen, der Anhang 1 zur Anlage 3 fehle. Auch habe es die Schiedsperson entgegen den zwingenden Vorgaben des § 73b Abs. 5 S. 1 SGB V unterlassen, Wirtschaftlichkeitskriterien und konkrete Maßnahmen bei Nichteinhaltung der vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien festzusetzen. Diese der Schiedsperson zugewiesene Aufgabe werde in den §§ 5, 6 Abs. 2 bis 4 der Anlage 1 zum HzV-Vertrag zunächst einer „Arbeitsgruppe Versorgungssteuerung und Controlling“ und anschließend mit nur vagen Vorgaben durch die Schiedsperson auf den Beirat nach § 17 HzV-Vertrag delegiert.

Ein Vertrag, der nicht regeln würde, welche Hauptleistungen für eine festgesetzte Vergütung geschuldet seien, sei schon rein faktisch nicht umsetzbar und rechtlich nicht bindend. Entgegen der Auffassung des Ag. könnten die fehlenden Vertragsanlagen auch nicht vorübergehend - bis zur Einigung der Vertragsparteien oder bis zur Entscheidung des Beirats - durch die entsprechenden Anlagen zum gekündigten HzV-Vertrages 2012 ersetzt werden. Zum einen sei die Delegation auf den Beirat unzulässig. Zum anderen sei eine Anwendung der Anlagen zum HzV-Vertrag 2012 im Schiedsspruch und in § 23 Abs. 1 HzV-Vertrag nur dann vorgesehen, soweit sie nicht den Vorgaben des Schiedsspruchs oder des HzV-Vertrages widersprächen. Im Falle eines Widerspruchs sollten sie in entsprechend modifizierter Form weiter verwendet werden, ohne dass im Schiedsspruch oder im HzV-Vertrag geregelt wäre, wann ein relevanter Widerspruch vorliege oder wie eine übereinstimmende Modifikation der Anlagen zu vereinbaren sei. Die Vergütungssystematiken des gekündigten HzV-Vertrages 2012 und des geschiedsten HzV-Vertrages würden sich auch grundlegend unterscheiden.

Nach Auffassung der Ast. sei die Delegation der Vertragsgestaltung auf einen gesetzlich nicht vorgesehenen Beirat unzulässig (wird ausgeführt im Schriftsatz vom 26.5.2015, S. 35 ff.). Die Ast. hält auch weitere Festsetzungen im Schiedsspruch für offenbar rechtswidrig und unbillig, so etwa die von der Schiedsperson gewählte automatische Fortsetzung der Teilnahme am HzV-Vertrag für Versicherte der Ast., verbunden mit einem Widerspruchsrecht der Versicherten nach ausführlicher Belehrung gemäß § 22 Abs. 1 HzV-Vertrag. Diese Widerspruchslösung sei mit den gesetzlichen Vorgaben nicht vereinbar (S. 38 ff des Schriftsatzes vom 26.5.2015). In der Festsetzung einer kontaktunabhängigen Strukturpauschale sieht die Ast. eine Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebots (S. 41 f. des Schriftsatzes vom 26.5.2015). Auch die in § 21 Abs. 2 HzV-Vertrag vorgesehene Fortgeltungsanordnung im Falle einer ordentlichen Kündigung des HzV-Vertrags bis zum Finanzwirksamwerden eines neuen HzV-Vertrages bewertet die Ast. als unbillig, da bei einer Nichteinigung über einen neuen HzV-Vertrag es allein in der Hand des Ag. liegen würde, ein Schiedsverfahren einzuleiten. Würde dies vom Ag. unterlassen, führe es zu einer unbefristeten Geltung des HzV-Vertrages ohne Möglichkeit der Beendigung.

Der Anordnungsgrund ergebe sich daraus, dass gegenwärtig faktisch Leistungen der hausarztzentrierten Versorgung für die Versicherten der Ast. erbracht würden, ohne dass klar sei, welche Leistungen im Einzelnen erbracht und wie diese vergütet werden sollen. Völlig offen sei, welche Leistungen der teilnehmenden Hausärzte für eingeschriebene Versicherte nach dem HzV-Vertrag geschuldet seien und damit nicht im Rahmen der Regelversorgung gegenüber der KVB abgerechnet werden dürften. Die Anfang Juli 2015 bevorstehende Schlussabrechnung des 2. Quartals sei ohne Klarheit über den Umfang der hausarztzentrierten Versorgung nicht möglich. Eine Einigung über diese zentralen Vertragsinhalte sei gescheitert und könne auch durch den Beirat jedenfalls für das 2. Quartal 2015 nicht ersetzt werden, weil dieser seine Tätigkeit erst zum 1.7.2015 aufnehmen soll.

Eine Vereinbarung mit der KVB über die Bereinigung der Gesamtvergütung für das Jahr 2015 sei bislang nicht erfolgt. Zur Vermeidung einer Doppelfinanzierung und zur Risikominimierung sei nur vereinbart, Bereinigungsdaten vorsorglich und unter dem Vorbehalt einer späteren Anpassung auf der Grundlage des bisherigen HzV-Vertrages 2012 zu liefern. Die Ast. habe die KVB darüber informiert, dass sie den Schiedsspruch für unwirksam und nicht umsetzbar halte. Die begehrte Eilentscheidung führe auch zu keiner Vorwegnahme der Hauptsache. Aufgrund des unvollständigen Schiedsspruchs sei völlig unklar, wie und mit welchen Inhalten der Schiedsspruch umzusetzen sei. Ohne den Erlass der begehrten Eilanordnung würde vielmehr eine umgekehrte Vorwegnahme der Hauptsache erfolgen, weil sich die Festsetzungen zur Versicherteneinschreibung, Vergütung und Entscheidungen des Beirates nicht mehr nachträglich korrigieren lassen würden.

Der Ag. hält den Antrag bereits für unzulässig und im Übrigen auch für unbegründet. Der Antrag sei nicht statthaft, da das Ziel des Antrages in der Hauptsache nur durch eine Anfechtungsklage zu erreichen wäre, das BSG aber festgestellt habe, dass es sich bei dem Schiedsspruch um keinen Verwaltungsakt handele und die Anfechtungsklage damit nicht statthaft wäre. Es fehle der Ast. auch am Rechtsschutzbedürfnis, da die Antragstellung missbräuchlich sei, die Ast. selbst die Einigung auf die fehlenden Vertragsinhalte erheblich verzögert habe und überdies der HzV-Vertrag faktisch vollzogen werde, wie die von der Ast. geleisteten Abschlagszahlungen zeigen würden. Die Missbräuchlichkeit des Antrages ergebe sich vor allem daraus, dass der Schiedsspruch die Einigung der Vertragsparteien auf einen HzV-Vertrag ersetze, die Ast. aber gerade eine Außerkraftsetzung dieses Vertrages bis zu einer Einigung begehre. Sie verlange damit vom Gericht einen Zustand herbeizuführen, der sie dauerhaft von dem verpflichtenden Angebot einer besonderen hausärztlichen Versorgung nach § 73b SGB V entbinde. Im Übrigen versuche die Ast. auch, im Wege des Eilrechtsschutzes eine von ihr angebotene Übergangslösung durchzusetzen. Die Anträge seien auf eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet und es seien weder Anordnungsanspruch noch Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.

Die Ast. verkenne, dass der durch Schiedsspruch festgesetzte HzV-Vertrag die fehlende Einigung der Verfahrensbeteiligten bereits ersetzt habe und nach § 23 Abs. 1 HzV-Vertrag die Anlagen des HzV-Vertrages 2012 vorübergehend weiter gelten, bis die Vertragspartner diese ggf. angepasst oder neu gestaltet haben. Entgegen der Auffassung der Ast. gebe es daher keine fehlenden Vertragsinhalte. Selbst wenn tatsächlich einzelne Regelungen des HzV-Vertrages einer Anpassung oder Gestaltung durch die Vertragsparteien bedürften, obliege es den Parteien eines Vertrages nach § 73b SGB V, diesen zu gestalten. Gerichte könnten diese Aufgabe nicht übernehmen. Es könne im Rahmen eines Verfahrens zum einstweiligen Rechtsschutz nicht Aufgabe des Gerichts sein, angeblich fehlende Regelungen zu ergänzen. Da die Ast. gesetzlich zum Abschluss eines HzV-Vertrages mit dem Ag. verpflichtet sei, sei sie als Vertragspartnerin auch gleichermaßen zur Umsetzung und entsprechender Auslegung etwaiger unvollständiger Vertragsregelungen verpflichtet. Insbesondere sei die Anlage 3 nicht unvollständig festgesetzt. Es sei in dieser Anlage eindeutig geregelt, welche Leistungen der teilnehmenden Hausärzte im Rahmen des HzV-Vertrages in welcher Höhe zu vergüten seien. Die Anordnung der Fortgeltung von Anhang 1 des gekündigten HzV-Vertrages in modifizierter Form durch die Schiedsperson sei weder zu beanstanden noch impraktikabel. Der Inhalt des Anhangs 1 zu Anlage 3 ergebe sich zwangsläufig aus der Anlage 3. Soweit in der Anlage 3 zum HzV-Vertrag 2015 Vergütungspositionen im Vergleich zur Anlage 3 des HzV-Vertrages 2012 geändert wurden, sei der Anhang 1 zu modifizieren. EBM-Ziffern, die von neuen Vergütungspositionen erfasst werden, seien im Anhang 1 entsprechend zuzuordnen. Als Beispiel führte der Ag. die Abrechnungsposition „Hausärztlich-Geriatrische Betreuung“, EBM-GOP 03362, an. Diese sei neu als Einzelleistungsvergütung in die Anlage 3 aufgenommen worden, so dass der Anhang 1 zum HzV-Vertrag 2012 dahingehend zu modifizieren ist, dass diese Abrechnungsposition in den Anhang 1 aufgenommen und dort als abrechnungsfähige Einzelleistung gekennzeichnet wird. So würden die Vertragspartner seit Jahren vorgehen, wenn sich Leistungsergänzungen oder -kürzungen gemäß § 135 SGB V ergeben würden. Selbst wenn im Einzelfall Auslegungsbedarf hinsichtlich einzelner Positionen bestehen würde, seien diese mit Blick auf den Gesamtumfang der zu regelnden Details verschwindend gering. Auch hinsichtlich des geschiedsten HzV-Vertrages 2012 hätten solche Auslegungsfragen bestanden, die in einem Schiedsverfahren geklärt wurden. Soweit die Ast. auch hinsichtlich des HzV-Vertrages solche Auslegungsfragen als nicht geklärt ansehe, habe sie das in § 19 HzV-Vertrag vorgesehene Schiedsverfahren einzuleiten oder den Beirat damit zu befassen. Aus Sicht des Ag. sei der festgesetzte HzV-Vertrag entgegen der Auffassung der Ast. auch kein „All-in“-Vertrag, mit dem alle von den teilnehmenden Hausärzten erbrachten Leistungen innerhalb der hausarztzentrierten Versorgung vergütet würden und eine Abrechnung gegenüber der KVB nur noch für Leistungen im Rahmen des organisierten Notdienstes zulässig wäre. Schon die Vergütungshöhe des HzV-Vertrages, die der Vergütungshöhe anderer HzV-Verträge entspreche, zeige, dass nur die typischen hausärztlichen Leistungen mit dem Vertrag abgedeckt sein sollen, nicht aber die nicht typisch hausärztlichen Leistungen, zu deren Erbringung ein Hausarzt auch berechtigt sei. Die Begründung des Schiedsspruchs enthalte keine Anhaltspunkte, dass durch die Schiedsperson die Festsetzung eines „all-in“-Vertrages beabsichtigt gewesen sein könnte.

Die Ag. macht darüber hinaus geltend, dass eine Bereinigung der Gesamtvergütung auch für das 2. Quartal 2015 durch die Ast. mit der KV Bayerns erfolgt sei. Die Schiedsperson als Vertragshelfer könne auch Vorgaben dazu machen, wie sich die Parteien einigen sollen. Eine solche Vorgabe finde sich in § 17 HzV-Vertrag, wonach ein Beirat gebildet werde und dieser streitige Fragen entscheiden solle. Auf dieses vertragliche Instrument sei zurückzugreifen, nicht aber auf die Gerichte. Angesichts der Nichtbeanstandung des HzV-Vertrages durch das StMGP und der Rechtsprechung des BSG sei nicht ersichtlich, warum es der Ast. nicht zumutbar sein solle, den wirksam in Kraft getretenen HzV-Vertrag umzusetzen und die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. In Anbetracht der bereits von der Ast. geleisteten Abschlagszahlungen sei auch keine Eilbedürftigkeit zu erkennen. Das gesamte Verhalten der Ast. zeige vielmehr, dass keine besondere Eilbedürftigkeit gegeben sei. Läge tatsächlich Eilbedürftigkeit vor, hätte die Ast. sich nicht fast drei Monate nach der mit Schreiben des StMGP vom 2.3.2015 mitgeteilten Nichtbeanstandung des Schiedsspruchs Zeit lassen dürfen, ehe ein gerichtliches Eilverfahren angestrengt wurde.

Das StMGP erließ am 28.5.2015 einen aufsichtsrechtlichen Verpflichtungsbescheid gemäß § 89 Abs. 1 S. 2 SGB IV gegenüber der Ast. und sprach ihr gegenüber die Verpflichtung aus, „den von [der Schiedsperson] geschiedsten Vertrag zur Durchführung der hausarztzentrierten Versorgung vom 19.12.2014 zwischen dem Bayerischen Hausärzteverband e.V. und der AOK rückwirkend ab dem 1.4.2015 in Vollzug zu setzen“. Die sofortige Vollziehung des Verpflichtungsbescheides wurde angeordnet. Die Ast. hat am 29.5.2015 gegen diesen Verpflichtungsbescheid Klage zum Bayerischen Landessozialgericht erhoben (L 5 KR 244/15 KL) und darüber hinaus beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen (L 5 KR 243/15 KL ER). Eine Entscheidung in diesen Verfahren ist noch nicht ergangen.

Mit Beschluss vom 24.6.2015 hat das SG dem Antrag der Ast. teilweise stattgegeben und im Wege der Einstweiligen Anordnung festgestellt, dass zwischen der Ast. und dem Ag. mangels Festsetzung der wesentlichen Vertragsinhalte, insbesondere des Anhangs 1 zu Anlage 3 zum Vertrag zur Durchführung einer hausarztzentrierten Versorgung vom 19.12.2014, ab 1.4.2015 ein gültiger Vertrag zur Durchführung einer hausarztzentrierten Versorgung gemäß § 73b SGB V nicht bestehe, zu dessen Umsetzung die Ast. verpflichtet wäre. Die mit Teil-Schiedsspruch vom 5.5.2014 angeordnete weitere Anwendung der Regelungen des durch Schiedsspruch vom 9.3.2012 festgesetzten und zum 30.6.2014 gekündigten Vertrages zur Hausarztzentrierten Versorgung bliebe davon unberührt. Im Übrigen hat das SG die Anträge der Ast. abgewiesen. Der Hauptantrag, den Schiedsspruch vom 19.12.2014 vorläufig außer Kraft zu setzen, sei nicht statthaft, da sich bei dem Schiedsspruch nicht um einen Verwaltungsakt handle. Die gestellten Hilfsanträge der Ast. erachte das Gericht dagegen als statthaft. Die Anträge zielten auf den Erlass von Regelungsanordnungen nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Form von Feststellungen ab und nicht auf eine Vertragsgestaltung durch das Gericht. Die Ast. habe den Antrag auch nicht rechtsmissbräuchlich gestellt, da ihr Antrag im einstweiligen Rechtsschutz allein auf die Feststellung des Fehlens einer vertraglichen Einigung abziele, welche zur Folge hätte, dass sie zur Erfüllung des HzV-Vertrages nicht verpflichtet wäre und der Ag. auch von der Ast. keine Vertragserfüllung verlangen könnte. Unerheblich sei auch, ob das Verhalten der Ast. oder das Verhalten des Ag. oder das Verhalten beider Beteiligter ursächlich dafür gewesen sei, dass die fehlenden Anlagen zum HzV-Vertrag bisher nicht hätten vereinbart werden können. Nach dem Vortrag beider Verfahrensbeteiligter stehe fest, dass eine Einigung über die unstreitig fehlenden Vertragsanlagen bisher nicht habe erzielt werden können. Die Ast. sei zwar zur Vereinbarung eines Vertrages zu hausarztzentrierter Versorgung verpflichtet, dies bedeute aber nicht, dass sie ihre eigene Verhandlungsposition aufgeben und sich den vom Ag. geäußerten Vorschlägen anschließen müsse. Für diesen Fall sehe § 73b Abs. 4 Satz 2 SGB V vielmehr die Einleitung eines Schiedsverfahrens vor. Das Rechtsschutzinteresse fehle auch nicht wegen der für die Monate April und Mai 2015 geleisteten Abschlagszahlungen der Ast., da diese lediglich auf die faktische Versorgung der Versicherten in diesen Monaten geleistet worden sei. Auch der am 28.5.2015 ergangene Verpflichtungsbescheid des StMGP stehe dem hiesigen Antragsverfahren nicht entgegen. Das Aufsichtsrecht ergehe im allgemeinen öffentlichen Interesse und sei nicht dazu bestimmt, dem Individualinteresse Einzelner zu dienen. Weder das in § 19 HzV-Vertrag vorgesehene Schiedsverfahren noch die Zuweisung der Vereinbarung noch fehlender oder anzupassender Vertragsanlagen an den Beirat gemäß §§ 23 Abs. 1, 18 Abs. 1 HzV-Vertrag stehe der Zulässigkeit der Hilfsanträge entgegen, denn die Ast. begehre mit ihren Anträgen nicht die Gestaltung der fehlenden Vertragsanlagen, sondern lediglich die Feststellung, dass ohne eine Vereinbarung der fehlenden Anlagen kein (umsetzungsfähiger) Vertrag vorliege.

Die Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG setze das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes voraus. Ein Anordnungsanspruch hinsichtlich des zu 1. a) gestellten Hilfsantrages bestehe. Der HzV-Vertrag sei nach summarischer Prüfung unwirksam, da zu der festgesetzten Vergütung keine eindeutig bestimmte oder bestimmbare Gegenleistung festgesetzt sei. Mangels Festsetzung des Anhangs 1 zu Anlage 3 HzV-Vertrag seien die von der Pauschale P2 und von der kontaktabhängigen Grundpauschale für die hausärztliche Betreuung onkologisch erkrankter Patienten (nachfolgend: Onkologie-Pauschale) umfassten hausärztlichen Leistungen weder bestimmt noch bestimmbar. Die Einigung auf die wesentlichen Vertragsinhalte - essentialia negotii - bzw. deren Ersetzung durch die Schiedsperson nach § 73b Abs. 4a SGB V als Vertragshelfer analog § 317 BGB, sei Voraussetzung für das Zu-Stande-Kommen eines Vertrages. Solange sich die Partei nicht über alle Punkte eines Vertrages geeinigt hätten, über die nach der Erklärung auch nur einer Partei eine Vereinbarung getroffen werden solle, sei im Zweifel ein Vertrag nicht geschlossen (§ 154 Abs. 1 Satz 1 BGB), sofern sich die Parteien trotz der offenen Punkte nicht erkennbar vertraglich binden wollten. Diese allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätze seien auf Verträge zur hausarztzentrierten Versorgung als öffentlich-rechtliche Verträge gemäß § 61 SGB X anzuwenden. Wesentlicher Bestandteil der Verträge nach § 73b SGB V sei die Regelung der Vergütung. Die Vergütung von Leistungen sei eine der Hauptpflichten eines Vertrages über die Erbringung von Leistungen und stehe zu den von den teilnehmenden Hausärzten zu erbringenden Leistungen im Synallagma, die ihrerseits ebenfalls Hauptpflichten des Vertrages darstellten. Dies betreffe vorliegend zum einen die Frage des Umfangs der von der Pauschale P2 und von der Onkologie-Pauschale abgedeckten Leistungen, zum anderen aber auch die Frage, welche Leistungen durch die in § 15 Abs. 1 HzV-Vertrag geregelte Vergütungsobergrenze betroffen seien. Die Leistungsinhalte beider Pauschalen erfordere gemäß § 4 Abs. 1 der Anlage 3 zum HzV-Vertrag den Rückgriff auf den nicht geregelten Anhang 1 zur Anlage 3. Die Pauschale enthielte auch keinen Hinweis, welche GOP des EBM mit diesen Vergütungstatbeständen abgedeckt sein sollten. Auch dem Schiedsspruch sei zu entnehmen, dass eine Einigung auf den Inhalt des Anhangs 1 zu Anlage 3 erforderlich sei. Dies ergebe sich vor allem aus der Regelung des § 23 Abs. 1 HzV-Vertrag sowie den vielfachen Verweisungen im HzV-Vertrag auf diesen Anhang 1. Ein Vertragsbindungswille der Ast. und des Ag. durch übereinstimmende Durchführung des HzV-Vertrags im beiderseitigen Einvernehmen sei nicht erkennbar. Zwar würden die am HzV-Vertrag 2012 teilnehmenden Hausärzte auch weiterhin Leistungen für Versicherte der Ast. erbringen, die Ast. habe aber deutlich zu erkennen gegeben, dass sie den HzV-Vertrag nicht durchführen wolle. Abschlagszahlungen seien ausdrücklich auf die vorübergehende Fortsetzung des HzV-Vertrags 2012 geleistet worden. Die durch die fehlende Regelung des Inhalts des Anhangs 1 zu Anlage 3 HzV-Vertrag bestehende Regelungslücke lasse sich nach summarischer Prüfung auch weder durch eine Modifizierung bzw. Anpassung des Anhangs 1 zu Anlage 3 des HzV-Vertrag 2012 noch durch eine Auslegung des HzV-Vertrages schließen. Zwischen den Parteien umstritten und nach den Bestimmungen des HzV-Vertrages erscheine bereits unklar, ob der Vertrag als Vollversorgungsvertrag nach herkömmlichem Muster - wie der Ag. meine - oder als so genannter „All-in“ Vertrag festgesetzt worden sei. Für beide Ansichten ließen sich im Vertrag Anhaltspunkte finden (wird ausgeführt). Bereits diese offene Auslegung spreche gegen eine Bestimmung oder zumindest Bestimmbarkeit der essentialia negotii, im Engeren der für die Vergütung geschuldeten Gegenleistung. Auch die nach § 23 Abs. 1 HzV-Vertrag vorgesehene Anpassung bzw. Modifizierung des Anhangs 1 zu Anlage 3 des HzV-Vertrages sei nicht geeignet, die bestehende Regelungslücke zu schließen. Dabei sei schon fraglich, ob Anhang 1 zu Anlage 3 HzV-Vertrag tatsächlich lediglich als regelungstechnischer oder verfahrensmäßiger Prozess anzusehen sei. Selbst wenn, scheine die vom Vertrag geforderte, von den Beteiligten gemeinsam und übereinstimmend vorzunehmende Modifizierung des Anhangs 1 zu Anlage 3 HzV-Vertrag von vornherein faktisch unmöglich gewesen zu sein, da bereits im Schiedsverfahren von den Beteiligten konträre Positionen hinsichtlich des Umfangs der hausarztzentrierten Versorgung vertreten worden seien. Dieser grundsätzliche Gegensatz scheine durch den Schiedsspruch nicht aufgelöst zu sein, so dass er eine Einigung der ohnehin zerstrittenen Vertragsparteien auch weiterhin behindere. Ausreichend sei auch keine Anpassung oder Modifizierung des besagten Anhangs zum HzV-Vertrag 2012, sondern vielmehr nur eine klare Festlegung des Versorgungsumfangs im Anhang 1 zu Anlage 3, unabhängig davon, ob diese Festlegung durch eine Anpassung des alten Anhangs 1 oder durch einen Neuvereinbarung zu Stande komme. Von klaren Vorgaben hinsichtlich der Modifizierung oder Anpassung könne aber nicht ausgegangen werden. Grundsätzlich sei auch der Abschluss eines wirksamen Vertrages ohne die Einigung auf den wesentlichen Vertragsinhalte möglich, wenn die Bestimmung von Leistungen und/oder Gegenleistung ausdrücklich oder stillschweigend einer Partei oder einem Dritten nach den Vorschriften der §§ 315 ff. BGB überlassen werde, allerdings müssten dennoch ausreichende Anhaltspunkte für die Ausübung des Bestimmungsrechts in den bestehenden vertraglichen Regelungen enthalten sein, da andernfalls eine Überprüfung, ob sich die vorgenommene Leistungsbestimmung im Rahmen des billigen Ermessens halte bzw. grob unbillig sei, nicht möglich wäre. Mit § 23 Abs. 1 HzV-Vertrag werde der Beirat ab 1.7.2015 berufen, noch fehlende Anlagen und Anhänge zum HzV-Vertrag festzusetzen, sollten sich die Beteiligten nicht bis zum 30.6.2015 einigen. Die damit verbundene Übertragung des Leistungsbestimmungsrechts auf den Beirat führe aus mehreren Gründen nicht zu einer wirksam Festsetzung der wesentlichen Vertragsinhalte und vermöge die Unwirksamkeit des HzV-Vertrages mangels Festlegung der für die festgesetzte Vergütung geschuldeten Gegenleistung nicht zu beseitigen. Zum einen habe sich der Beirat bisher nicht konstituiert, Regelungen für den Fall, dass eine Vertragspartei ihre Mitglieder im Beirat nicht benenne, sehe der HzV-Vertrag nicht vor. Es sei daher nicht ersichtlich, wann der Beirat als entscheidungsfähiges Gremium überhaupt gebildet sein würde unabhängig von der grundsätzlichen Frage der Möglichkeit der Übertragung von Entscheidungen auf diesen Beirat. Einer rückwirkenden Bestimmung des Umfangs der von den teilnehmenden Hausärzten im Rahmen des HzV-Vertrages zu erbringenden und nicht gegenüber der KVB abrechenbaren Leistungen stehe zudem bereits entgegen, dass gemäß § 23 Abs. 4 HzV-Vertrag bei Vertragslücken das nach § 18 HzV-Vertrag vorgesehene Verfahren zur Vertragsänderung Anwendung finden solle und § 18 HzV-Vertrag eine Änderung des Vertrages nur mit angemessener Vorlauffrist vorsehe. Der Rückübertragung des Bestimmungsrechts der Schiedsperson auf die Vertragsparteien oder einem Dritten stehe auch § 73 b Absatz 4a Satz 1, Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 SGB V entgegen, nach dem im Fall der Nichteinigung die Vergütung und die für die Vergütung zu erbringenden Leistungen von der Schiedsperson festzusetzende Vertragsinhalte seien. Denn die Krankenkasse solle sich gerade nicht durch die Verhinderung einer vertraglichen Einigung von der Verpflichtung befreien können, einen Vertrag zur hausarztzentrierte Versorgung abzuschließen. Genau dieses Ergebnis werde aber eintreten, wenn die Schiedsperson die Bestimmung der essentialia negotii den Vertragsparteien rückübertrage. Zudem sei eine Rangfolge der im HzV-Vertrag vorgesehenen Streitbeilegungsverfahren (Beirat gemäß § 18 Abs. 3 und Schiedsverfahren nach § 19 HzV-Vertrag) nicht geregelt. Zusammenfassend sei festzustellen, dass nach summarischer Prüfung aufgrund der fehlenden Festsetzung wesentlicher Vertragsinhalte und der bisher nicht erreichten Einigung der Beteiligten über die fehlenden wesentlichen Vertragsinhalte ein ab 1.4.2015 wirksamer HzV-Vertrag nicht vorliege. Der Schiedsspruch vom 19.12.2014 stelle sich nach dem von den Beteiligten unterbreiteten Sachverhalt vielmehr als Teil-Schiedsspruch dar, mit dem (nur) große Teile eines neuen HzV-Vertrags festgesetzt würden.

Ein Anordnungsgrund hinsichtlich des Hilfsantrages 1.a) auf Feststellung der fehlenden Verpflichtung der Ast. zur Umsetzung des HzV-Vertrages bestehe. Hierbei stellte des SG im Wesentlichen darauf ab, dass nicht bestimmbar sei, welche Leistungen der teilnehmenden Hausärzte durch die in Anlage 3 festgesetzten Vergütungen abgegolten seien, insbesondere auch, ob die Ast. verpflichtet sei, die von den teilnehmenden Hausärzten erbrachten Leistungen aus Disease-Management-Programmen (DMP) entsprechend § 5 der Anlage 2 HzV-Vertrag außerhalb der hausarztzentrierte Versorgung über eine Abrechnung mit der KVB zu vergüten oder ob diese Leistungen bereits Gegenstand der in Anlage 3 festgesetzten Vergütung seien und damit auch der Vergütungsobergrenze in § 15 Abs. 1 HzV-Vertrag unterfallen würden. Die hierdurch resultierende Gefahr einer möglichen Doppelabrechnung begründe eine Eilbedürftigkeit. Ob ein Anordnungsanspruch hinsichtlich der zu 1. b) gestellten Hilfsanträge bestehe, könne dahingestellt bleiben, da es jedenfalls an einem Anordnungsgrund bezüglich der Feststellung der Rechtswidrigkeit einzelner Bestimmungen des HzV-Vertrag fehle. Dem Erlass der Eilanordnung stehe auch nicht entgegen, dass damit der Entscheidung im Hauptsacheverfahren (Az. S 39 KA 228/15) zumindest teilweise vorgegriffen werde.

Hiergegen hat der Ag. am 26.6.2012 Beschwerde eingelegt, die am 31.7.2015 begründet wurde. Der HzV-Vertrag sei als Vollversorgervertrag ausgestaltet, wobei der Umfang der Leistungen in Anlage 3 definiert werde (58 Vergütungspositionen). Der Anhang 1 zu Anlage 3 sei auch festgesetzt worden, da in § 23 HzV-Vertrag die Weitergeltung des HzV-Ziffernkranzes 2012 (einschließlich Modifikationen) bestimmt sei. Auf den „fehlenden Vertragsbindungswillen“ der Ast. komme es entgegen der Auffassung des SG wegen der gesetzlichen Verpflichtung zum Abschluss von Verträgen zur hausarztzentrierten Versorgung in § 73b SGB V nicht an. Antrag und Hilfsanträge seien unzulässig, der Hilfsantrag zu a) bereits mangels Statthaftigkeit, da die Nichtverpflichtung zur Umsetzung einer Außerkraftsetzung gleich käme. Denn dies entspreche dem Hauptantrag, der mangels Verwaltungsaktqualität unzulässig sei. Es fehle auch ein Rechtsschutzbedürfnis der Ast. mangels schutzwürdigem Interesse wegen der gesetzlichen Verpflichtung der Ast. zum Abschluss von HzV-Verträgen. Insbesondere sei der streitgegenständliche Vertrag auch umsetzbar. Die Ast. sei vielmehr verpflichtet, statt bei Gericht einstweiligen Rechtsschutz zu suchen, den vertraglich eingesetzten Beirat (§ 17 HzV-Vertrag) einschalten. Auch leiste die Ast die Abschlagszahlungen nicht rein faktisch, sondern auf den HzV-Vertrag 2015. Auch der Verpflichtungsbescheid des StMGP stehe dem Eilantrag entgegen. Statthaft sei allenfalls die Feststellung der Rechtswidrigkeit einzelner Regelungen. Es bestehe auch kein Anordnungsanspruch, zumal bereits der festgesetzte Vertrag nicht nichtig sei. Der Vertrag sei vollständig festgesetzt, das SG hätte maximal die Rechtswidrigkeit einzelner Regelungen feststellen können mit der Verpflichtung, diese Verstöße (die ausdrücklich bestritten würden) zu beseitigen. Der Schiedsspruch enthalte einen klar definierten Versorgungsumfang. Er sei als Vollversorgervertrag mit einem HzV-Ziffernkranz und nicht als (ansonsten nirgendwo existierender) „All-in“-Vertrag konzipiert. Darüber hinaus könne der Arzt weitergehende Leistungen, die nicht dem hausärztlichen Bereich zuzurechnen seien, über den EBM abrechnen, ansonsten hätte es eines HzV-Ziffernkranzes nicht bedurft. Wegen des in § 13 Abs. 2 HzV-Vertrag normierten Verbotes der Doppelabrechnung, das der Regelung im HzV-Vertrag 2012 entspreche, seien auch die Bedenken der Ast. bezüglich einer doppelten Inanspruchnahme nicht nachzuvollziehen. Die DMP-Leistungen seien - wie bisher - nicht über den HzV-Vertrag abzurechnen, die entsprechenden Hinweise im Schiedsspruch und dem HzV-Vertrag seien nur deklaratorisch. Hierfür spreche insbesondere die ansonsten zu niedrige Vergütung und das Fehlen von Regelungen über andere Abrechnungsmodalitäten. Der HzV-Vertrag sei auch vollständig festgesetzt und umsetzbar, insbesondere sei Anhang 1 der Anlage 3 vollständig, da eine Fortgeltung des EBM-Ziffernkranz 2012 angeordnet sei. Der Anhang 1 (Ziffernkranz) folge immer den Vorgaben in der Honoraranlage 3. Es gebe einen modifizierten Ziffernkranz 2015, wobei nur ein geringer Modifizierungsbedarf gegenüber 2012 bestünde, in dem auch im Interesse der Ast. sechs neue EBM- Ziffern enthalten seien. Im Übrigen seien nur redaktionelle Klarstellungen im HzV-Ziffernkranz 2015 vorzunehmen. Dies ergebe sich daraus, dass die Schiedsperson Einzelleistungen, die in der Honoraranlage 3 HzV-Vertrag 2012 vorgesehen waren, in der Honoraranlage 3 zum HzV-Vertrag 2015 gestrichen habe. Dies habe zur Folge, dass die EBM-Ziffern, die diesen Einzelleistungen zugeordnet gewesen seien, nun in die Pauschale fielen und nicht mehr als Einzelleistungen gesondert abrechenbar seien. Durch die Anordnung der Fortgeltung des HzV-Ziffernkranzes 2012 blieben sie aber Bestandteil der HzV. Auch der Leistungsumfang der Pauschalen, insbesondere der Grundpauschale P2 sowie der Onkologie-Pauschale, sei über die modifizierte Fortgeltung eindeutig. Der vorwiegend redaktionelle Klarstellungs- und Modifizierungsbedarf könne nicht zu einer Nichtigkeit und auch nicht zu einer (rückwirkenden) Unwirksamkeit des HzV-Vertrages 2015 führen. Es fehlten daher keine wesentlichen Regelungen im HzV-Vertrag 2015, schon gar nicht die essentialia negotii. Sowohl die Leistungen als auch die Vergütung der Leistungen seien im HzV-Vertrag 2015 geregelt, jedenfalls auf Grundlage der getroffenen Regelungen bestimmbar. Insbesondere erfordere die Modifizierung des HzV- Ziffernkranzes 2012 keine grundlegende Einigung der Vertragspartner, sondern ergebe sich zwangsläufig aus der festgesetzten Honoraranlage 3 zum HzV-Vertrag 2015. Der fehlende Vertragsbindungswille der Ast. sei wegen deren gesetzlicher Verpflichtung nach § 73b SGB V zum Vertragsschluss unbeachtlich. Hilfsweise trug der Ag. vor, die Ast. habe Einigungsinstrumente auszunutzen, die vertraglich festgesetzt worden seien, d. h. sie müsse ihrerseits Beiratsmitglieder benennen (§ 17 HzV). Insbesondere läge keine unzulässige Rückübertragung des Bestimmungsrechtes der Schiedsperson auf Dritte vor, da die Schiedsperson die essentialia negotii festgesetzt habe. Im Übrigen sei dies zulässig, da die Schiedsperson alle Vereinbarungen treffen könne, die die Vertragsparteien auch hätten treffen können. Sinnvoll sei dies insbesondere deshalb, da der HzV-Vertrag sich ständig weiter entwickle und deshalb ein Beirat bei der Umsetzung neutral unterstützen könne. Die Ast. weigere sich aber, Beiratsmitglieder zu benennen, obwohl sie hierzu vertraglich verpflichtet wäre. Es bestünde auch kein Anordnungsgrund. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts dürften keine verminderten Anforderungen an den Anordnungsgrund gestellt werden. Es bestünde schon keine Gefahr der Doppelinanspruchnahme, da der HzV-Vertrag als Vollversorgervertrag konzipiert sei und EBM-Ziffern entsprechend dem Ziffernkranz nicht gegenüber der KVB abgerechnet werden dürften. Eine vorläufige Bereinigung sei bereits anhand des HzV 2015 und nicht des HzV 2012 erfolgt, außerdem könne eine Bereinigung auch noch Quartale später erfolgen. Der von der Ast. geltend gemachte unzumutbare Finanzierungsbedarf sei nicht entsprechend dargelegt, zudem hätten die durchschnittlichen Ausgaben HzV 2012 ebenfalls bei 84 € pro Versicherten gelegen hätten. Das SG habe durch seinen Beschluss eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache vorgenommen und in unzulässiger Weise den Inhalt des HzV-Vertrages aktiv gestaltet. Dies sei ein Verstoß gegen die gesetzliche Wertung des § 73b SGB V durch die faktisch hergestellte aufschiebende Wirkung der Klage (Verweis auf GKV-OrgWG vom 1.1.2009). Eine gegebenenfalls festgestellte Rechtswidrigkeit einzelner Regelungen führe nicht automatisch zu fehlender Umsetzbarkeit und zu einer Ersetzungsbefugnis des SG, das die ihm obliegende Kontrollbefugnisse überschritten habe. Auch liege kein irreversibler Schaden bei der Ast. vor. Abschlagszahlungen seien Pauschalzahlungen, die im Nachhinein umgewidmet und anderen Leistungen zugeordnet werden könnten. Dagegen führe umgekehrt die fehlende (nachträgliche) Umsetzung zu irreversiblen Schäden bei dem Ag., Ärzten und Patienten, da die Leistungen bereits aufgrund des HzV 2015 erbracht worden seien. Die fehlende Möglichkeit der Neueinschreibung sei nur der Dauer des Schiedsverfahrens geschuldet gewesen, jetzt aber bestünde die gesetzliche Verpflichtung der AOK zum Angebot eines HzV-Vertrages. Das SG habe auch die Verhältnismäßigkeit falsch bewertet. Der Hilfsantrag zu b) sei zwar zulässig, jedoch nicht begründet, da die beanstandeten Regelungen des HzV-Vertrages 2015 nicht offensichtlich rechtswidrig seien.

In ihrem Schriftsatz vom 24.8.2015 wiederholt und vertieft die Ast. ihre bereits vorgebrachten Argumente. Der HzV-Vertrag sei mangels EBM-Ziffernkranz unvollständig, da dieser eine Hauptleistungspflicht darstelle und damit die Gegenleistung der Hausärzte weder bestimmt noch bestimmbar sei. Entgegen der Auffassung des Ag. gäbe es keinen HzV- Ziffernkranz 2015, der Ag. modifiziere vielmehr einseitig den HzV-Ziffernkranz 2012. Die Vorgaben des Schiedsspruchs seien nicht eindeutig. Die nachträglichen Auslegungshinweise der Schiedsperson seien unbeachtlich, da deren Tätigkeit mit dem Schiedsspruch beendet sei. Die Schiedsperson habe keine Anlage nachgereicht und auch für die Umsetzung keine konkreten Vorgaben gemacht. Der Ag. habe vielmehr einseitig den HzV nach seinen Vorstellungen umgesetzt und den Hausärzten suggeriert, die Vertragsinhalte seien konsentiert. Deshalb habe der Ag. auch seinerseits von der Einleitung eines Eilrechtsschutzverfahrens abgesehen, weil er in diesem Fall den konkreten Inhalt des Vertrages hätte darlegen müssen. Dies käme jedoch einer unzulässigen Ersetzung gleich. Auch das StMGP habe seinerseits nicht konkret mitgeteilt, was umgesetzt werden müsse. Ohnehin sei die enge Zusammenarbeit des Ag. mit der Aufsichtsbehörde StMGP als bedenklich einzustufen. Der Eilrechtsschutz sei zulässig. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (Urteil vom 25.3.2015, B 6 KA 9/14 R) könne effektiver Rechtsschutz nur im Eilverfahren erlangt werden (§ 86b Abs. 2 SGG). Der Feststellungsantrag sei statthaft. Nichtige Verträge müssten nicht umgesetzt werden, gleiches gelte für Verträge, die wegen fehlender Vereinbarungen über die essentialia negotii nicht wirksam zu Stande gekommen sein. Diese Verträge würden keine Rechtswirkung entfalten. Die Entscheidung des SG entfalte auch keine faktische aufschiebende Wirkung der Klage, denn dies würde die Wirksamkeit des HzV-Vertrages voraussetzen, die gerade nicht bestehe. Das SG habe vielmehr entsprechend dem Hilfsantrag a) die Frage zutreffend verneint. Das Rechtsschutzinteresse der Ast. läge in der Klärung der vertraglichen Grundlagen der hausarztzentrierten Versorgung. Der Eilrechtsschutz sei auch nicht deshalb rechtsmissbräuchlich, weil der Beirat nicht angerufen worden sei, da nach Auffassung der Ast. ein solcher Beirat mit Entscheidungsbefugnissen rechtswidrig sei. Die Ast. sei deshalb auch berechtigt, eine Beteiligung an diesem rechtswidrigen Gremium zu verweigern. Auch die Zahlung von Abschlagszahlungen sei nur in pauschalierter Höhe je eingeschriebenem Versicherten erfolgt. Es sei klarzustellen, dass keine Zahlung auf den HzV-Vertrag 2015 erfolge, vielmehr stehe nach dem Beschluss des SG nunmehr fest, dass der HzV-Vertrag 2012 fortgelte. Der Verpflichtungsbescheid des StMGP betreffe ausschließlich das Verhältnis Ast. und Rechtsaufsicht. Eine Gefahr unterschiedlicher Entscheidungen bestehe nicht, weil das StMGP seine Kompetenz als Aufsichtsbehörde mit dem Erlass des Verpflichtungsbescheides überschritten habe. Dies sei ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung. Das SG habe auch den Anordnungsanspruch zu Recht bejaht, insbesondere nicht die Argumente der Ast. unreflektiert übernommen, sondern umfassend abgewogen. Die konkreten Leistungsinhalte bestimmten sich nach dem EBM-Ziffernkranz, der gerade nicht festgesetzt worden sei, da nach dem Schiedsspruch der HzV-Ziffernkranz 2012 „anzupassen“ gewesen sei. Die Schiedsperson könne als Vertragshelfer nach § 317 BGB die fehlende Einigung zwar ersetzen, aber nur, soweit sie auch tatsächlich eindeutige Festlegungen der vertraglichen Hauptleistung vornehme. Unzulässig sei aber auch nach der Entscheidung des BSG die Umsetzung einseitig nach den Vorstellungen des Ag. Durch die Nichtfestsetzung des EBM-Ziffernkranzes in Anlage 3 Anhang 1 fehlten wesentliche Vertragsinhalte. Hierzu habe das BSG auch nicht entschieden, das Fehlen von Vertragsanlagen sei nicht zu beanstanden, maßgeblich sei vielmehr die Umsetzbarkeit des HzV-Vertrages, was hier bestritten werde. Zum einen bestehe ein unklarer Leistungsumfang. Insbesondere sei nicht klar, ob der Vertrag als Vollversorgervertrag oder als „add-on“-Vertrag konzipiert sei. Notwendige Modifikationen des Anhangs 1 der Anlage 3 HzV seien nicht vorgenommen worden. Insbesondere würde der HzV-Ziffernkranz 2012 nicht unverändert weitergelten. Die DMP-Leistungen würden entgegen der Auffassung des Ag. vom HzV-Vertrag 2015 erfasst gemäß § 73b Abs. 5 SGB V. Dies entspreche auch dem Anliegen des Gesetzgebers. Zudem bestünde weiterer Modifizierungsbedarf der Anlage, der aber bisher nicht einvernehmlich erfolgen könnte. Es bestehe auch keine Verpflichtung der Ast., auf „vertraglich vorgesehene Einigungsinstrumente“ zurückzugreifen, da eine solch weitergehende Verlagerung von Entscheidungsbefugnissen auf den Beirat unzulässig sei. Der Hilfsantrag zu b) werde auch im Beschwerdeverfahren aufrechterhalten für den Fall, dass der Senat von der Wirksamkeit des Vertrages ausgehe. Zum Anordnungsgrund führte die Ast. aus, dass eine Zurückweisung des Eilrechtsschutzes einer Vorwegnahme der Hauptsache gleichkäme. Insbesondere bestünde die Gefahr der Doppelinanspruchnahme, ohne dass dessen Folgen im HzV geregelt wären. Es gehe auch nicht darum, dass der HzV der Ast. „zu teuer“ sei, es ginge schlicht darum, dass es der Ast. nicht zuzumuten sei, Leistungen auf vertraglicher Grundlage zu vergüten, wenn unklar sei inwieweit diese Leistungen zugleich im Rahmen der Regelversorgung zur Abrechnung gebracht werden könnten. Ohne den Eilrechtsschutz würden irreversible und nicht definierbare Tatsachen unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit geschaffen. Bei unvollständigen wesentlichen Vertragsinhalten sei eine Rückabwicklung im Nachhinein nicht mehr möglich. Eine Vorwegnahme der Hauptsache sei nicht zu befürchten.

Hierzu haben sich die Prozessbevollmächtigten des Ag. mit Schriftsatz vom 31.8.2015 geäußert. Das Bundessozialgericht besage nicht, dass unzulässige Anträge im Eilverfahren zulässig würden; auch rechtswidrige Verträge müssten umgesetzt werden, soweit diese nicht nichtig seien. Der HzV-Vertrag 2015 sei jedoch weder nichtig noch unwirksam und müsse daher trotz Eilrechtsschutz umgesetzt werden. Der Ag. habe seinerseits keinen Eilantrag stellen können, weil dieser auf eine durch das Gericht unzulässige Gestaltung/Ersetzung hätte gerichtet sein müssen. Zulässig wäre aus Sicht des Ag. nur ein Antrag auf Feststellung gewesen, dass umzusetzen sei, dies ergebe sich aber schon aus dem HzV 2015 selbst und dessen Nichtbeanstandung sowie der aufsichtlichen Anordnung des StMGP. Die Ast. bezahle faktisch, der HzV 2015 sei fast vollständig festgesetzt. Aus der Anordnung der Fortgeltung des HzV-Ziffernkranzes 2012 könne deshalb nicht die Nichtigkeit des HzV-Vertrages 2015 hergeleitet werden. Ein „herkömmlicher“ Vollversorgervertrag sei ein Vertrag, bei dem bestimmte, nicht aber alle EBM-Ziffern über den HzV abgerechnet würden, der Rest über die Kassenärztliche Vereinigung. Der HzV-Vertrag 2015 entspreche in seiner Struktur dem HzV-Vertrag 2012, so dass auch der EBM-Ziffernkranz 2012 ohne weiteres als EBM-Ziffernkranz 2015 weitergelten könne. Die essentialia negotii seien jedenfalls bestimmbar. Die in § 23 Abs. 1 HzV 2015 geregelten Modifikationen bezögen sich nur auf in den bisherigen Anlagen enthaltene Regelungen, die dem HzV 2015 widersprechen würden („insoweit“). Es handele sich dabei um eine klassische Auffangregelung, die so auszulegen sei, dass grundsätzlich die Anlage 2012 gelte, nur soweit der HzV 2015 dem widerspreche, sei eine Modifizierung erforderlich. Dies ergebe sich auch aus der Wortwahl in § 23 Abs. 7 HzV, nach dem Anhang 1 zu Anlage 3 „anzupassen“ sei. Wäre der Anhang nicht festgesetzt, müsste nicht „angepasst“, sondern „vereinbart“ werden. Einer Einigung über diese vertraglich angeordnete, automatische Modifikation sei nicht erforderlich. Zeitlich nachgelagert sei das Anpassungsverfahren geregelt worden, das eine endgültige Anpassung oder Neuregelung der Anlagen einvernehmlich bzw. unter Einschaltung des Beirates vorsehe.

Im Schriftsatz vom 31.8.2015 hat die Ast. darauf hingewiesen, dass aus der Tenorierung des SG eindeutig hervorgehe, dass die Ast. nicht zur Umsetzung des HzV-Vertrages 2015 verpflichtet sei. Bezüglich der Abschlagszahlungen stellte die Ast. klar, dass diese pauschaliert geleistet würden und keine Rückschlüsse auf die im Streit stehenden Gegenleistungen der Hausärzte zuließen. Eine Schlussabrechnung des Quartals 2/15 habe wegen der bestehenden Differenzen über die vertraglichen Grundlagen bisher nicht erfolgen können. Der Beirat sei im Übrigen kein nur „vertragsbegleitendes Gremium“, dem Schiedsamt nach § 89 SGB V nachgebildet. Damit habe die Schiedsperson in unzulässiger Weise die ihr gesetzlich zugewiesenen Aufgaben auf den Beirat delegiert. Auch dies habe das SG zutreffend erkannt.

Der Ag. hat mit Schriftsatz vom 8.9.2015 abschließend Stellung genommen und sieht sich durch die E-Mail-Korrespondenz zwischen dem StMGP und der Schiedsperson in ihrer Auffassung bestätigt. Im Übrigen werden die bisher vorgebrachten Argumente bezogen auf die Festlegung der essentialia negotii, die Abschlagszahlungen und den Beirat nochmals zusammengefasst.

Die Ast. nimmt mit Schriftsatz vom 9.9.2015 Stellung zu der beigezogenen E-Mail-Korrespondenz und hält diese im Hinblick auf eine Auslegung des Vertragsinhaltes für unbeachtlich. Die Tätigkeit der Schiedsperson ende mit dem Schiedsspruch, spätere „Erklärungs- und Auslegungshinweise“ seien daher nicht zulässig, zumal diese offenbar nur für das StMGP bestimmt gewesen seien. Ein Schiedsspruch müsse aus sich heraus verständlich sein. Auch inhaltlich seien die Erläuterungen nicht geeignet, Regelungslücken zu schließen, insbesondere da die Erläuterungen ihrerseits auslegungsbedürftig seien.

Der Antragsgegner und Beschwerdeführer beantragt,

die Entscheidung des SG München vom 24.6.2015 (Az. S 21 KA 620/15 ER) aufzuheben und die Anträge der Beschwerdegegnerin abzuweisen.

Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin beantragt,

die Beschwerde des Beschwerdeführers zurückzuweisen.

Das BayLSG hat aus den Verfahren L 5 KR 244/15 KL und L 5 KR 243/15 KL ER die E Mail-Korrespondenz zwischen dem StMGP und Dr. K. vom 7.1.2015, 9.1.2015 und 21.4.2015 beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird hierauf sowie auf die Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.

II.

Die Beschwerde des Beschwerdeführers ist gem. §§ 172 ff. Sozialgerichtsgesetz - SGG - statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist auch begründet, denn das SG hat zu Unrecht festgestellt, dass zwischen der Ast. und dem Ag. mangels Festsetzung der wesentlichen Vertragsinhalte, insbesondere des Anhangs 1 zu Anlage 3 zum Vertrag zur Durchführung einer hausarztzentrierten Versorgung vom 19.12.2014, ab 1.4.2015 ein gültiger Vertrag zur Durchführung einer hausarztzentrierte Versorgung gemäß § 73b SGB V nicht besteht, zu dessen Umsetzung die Ast. verpflichtet wäre.

1. Zutreffend hat das SG zunächst den von der Ast. gestellten Hauptantrag, den Schiedsspruch vom 19.12.2014 vorläufig außer Kraft zu setzen, für nicht statthaft erachtet. Denn bei der Schiedsperson, die im Konfliktfall den Inhalt des Vertrages zur HzV feststellt, handelt es sich nicht um eine Behörde, so dass die Festlegung des Vertragsinhaltes durch die Schiedsperson nach § 73b SGB V nicht in Form eines Verwaltungsaktes ergeht und daher auch nicht mit der Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG angefochten werden kann (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 25.3.2015, B 6 KA 9/14 R, Juris Rn. 23 ff.). Bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens um die Rechtmäßigkeit des von der Schiedsperson festgesetzten Vertrages kann die Pflicht zur Umsetzung des Vertrages daher nur durch eine einstweilige Anordnung des Gerichts nach § 86b Abs. 2 SGG beseitigt werden, nicht aber durch eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage.

2. Ebenfalls zutreffend sind die Ausführungen des SG zur Statthaftigkeit hinsichtlich der unter Ziffern a) und b) hilfsweise gestellten Feststellungsanträge. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des SG verwiesen, denen sich der Senat anschließt. Auch die im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Argumente führen zu keinem anderen Ergebnis.

Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwehr wesentlicher Nachteile nötig erscheint (sog. Regelungsanordnung). Vorliegend handelte sich um eine Regelungsanordnung, weil die Ast. etwas begehrt, was sie derzeit nicht hat, nämlich die vorläufige Feststellung, dass sie nicht zur Umsetzung des Schiedsspruchs verpflichtet ist. Zulässige Klageart in der Hauptsache ist die Feststellungsklage nach § 55 SGG, eine vorläufige Feststellung ist daher nur im Rahmen einer Anordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG möglich. Denn die von der Schiedsperson getroffene Bestimmung zum Vertragsinhalt muss - vorbehaltlich deren Nichtigkeit - während des Klageverfahrens um deren Rechtmäßigkeit beachtet werden (BSG, Urteil vom 25.3.2015, B 6 KA 9/14 R, Juris, Rn. 35), d. h. die Ast. ist während des Klageverfahrens grundsätzlich zur Umsetzung des von ihr als mindestens rechtswidrig erachteten Schiedsspruchs verpflichtet. Entgegen der Auffassung des Ag. ist der Antrag auf Feststellung zulässig, auch wenn mit ihm im Ergebnis nahezu das gleiche Ziel entsprechend einer Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage erreicht werden soll. Ein feststellender Ausspruch des Gerichts scheitert nicht notwendigerweise am Vorwegnahmeverbot der Hauptsache (Meßling in Hennig, Kommentar zum SGG, Stand Dezember 2014, § 86b Rn. 125). Denn effektiver Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG gegen die Verpflichtung zur Umsetzung des Schiedsspruchs kann nur im Rahmen einer Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 SGG erreicht werden, die auf die Feststellung einer fehlenden Verpflichtung zur einstweiligen Umsetzung gerichtet ist. Mit den von der Ast. gestellten Anträgen wird nicht die Suspendierung von Pflichten der Ast. aus dem HzV-Vertrag begehrt, sondern hinsichtlich des Hilfsantrages a) die Feststellung der vorgelagerten Frage, ob überhaupt ein HzV-Vertrag besteht, der Pflichten der Ast. begründet und hinsichtlich des Hilfsantrages b) die Feststellung, ob bestimmte Regelungen des durch Schiedsspruch vom 19.12.2014 festgesetzten Vertrages rechtswidrig sind. Die Anträge zielen damit auf eine bloße Feststellung ab und nicht auf eine (unzulässige) Vertragsgestaltung durch das Gericht. Das SG hat auch das Rechtsschutzinteresse der Ast. mit zutreffender Begründung bejaht.

Entgegen der Auffassung des Ag. ist der begehrte Eilrechtsschutz der Ast. auch nicht deshalb rechtsmissbräuchlich, weil die Ast. den im Schiedsspruch vorgesehenen Beirat nicht angerufen hat. Zum einen hat sich dieser vertraglich vorgesehene Beirat noch nicht konstituiert, wenn auch unter anderem deshalb, weil die Ast. die durch sie zu bestimmenden Mitglieder noch nicht benannt hat. Es würde aber insbesondere dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes nach § 19 Abs. 4 GG widersprechen, bei der Prüfung der Rechtsmissbräuchlichkeit des Eilrechtsschutzes die Ast. auf ein Streitbeilegungsgremium zu verweisen, dessen Einrichtung sie für rechtswidrig hält.

3. Eine Regelungsanordnung im Sinne des § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG setzt sowohl einen Anordnungsgrund (Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) als auch einen Anordnungsanspruch (materielles Recht, für das einstweiliger Rechtsschutz geltend gemacht wird) voraus, wobei zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch eine Wechselwirkung besteht. An das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist die in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit unbegründet, so ist wegen fehlenden Anordnungsanspruchs der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Der Anordnungsanspruch bezieht sich auf den materiellen Anspruch, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird und der mit dem Hauptsacheverfahren durchgesetzt werden soll. Bei der Regelungsanordnung ist ein Anordnungsanspruch gegeben, wenn dem Antragsteller aus dem streitigen Rechtsverhältnis aufgrund der glaubhaft gemachten Tatsachen ein Rechtsanspruch zusteht, der im Hauptsacheverfahren durchgesetzt werden kann. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Begründetheit der Feststellungsklage im Hauptsacheverfahren und damit auch der Prüfung des Anordnungsanspruchs ist der Zeitpunkt der Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson am 19.12.2014. Dies folgt aus dem Umstand, dass die Ast. die Unwirksamkeit des Schiedsspruchs für den Zeitpunkt seines Ergehens geltend macht, indem sie die Festsetzung der essentialia negotii durch die Schiedsperson verneint.

Die gerichtliche Kontrolle der Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson richtet sich nach den in der Rechtsprechung zur Überprüfung von Schiedsamtsentscheidungen nach § 89 SGB V entwickelten Maßstäben. Danach unterliegt auch die Entscheidung der Schiedsperson nach § 73b Abs. 4a SGB V nur in eingeschränktem Umfang der gerichtlichen Kontrolle (vgl. die st. Rspr. des BSG zu § 89 SGB V: BSGE 100, 144 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 41, RdNr. 13; BSG SozR 4-2500 § 83 Nr. 3 RdNr. 18; BSGE 91, 153 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 3, RdNr. 11 m. w. N.). Die Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle berücksichtigt, dass Schiedspersonen - ebenso wie Schiedsämter - deren Sprüche Vereinbarungen der zum Vertragsabschluss berufenen Vertragspartner ersetzen, eine weite Gestaltungsfreiheit haben. Dies trägt dem Wesen der Schiedssprüche Rechnung, die auf Interessenausgleich angelegt sind und Kompromisscharakter haben. Der Schiedsspruch ist daher nur daraufhin zu überprüfen, ob die grundlegenden verfahrensrechtlichen Anforderungen beachtet und in inhaltlicher Hinsicht die zwingenden rechtlichen Vorgaben eingehalten wurden. Mithin ist in formeller Hinsicht zu klären, ob die Schiedsperson den von ihr zugrunde gelegten Sachverhalt in einem fairen Verfahren unter Wahrung des rechtlichen Gehörs festgestellt hat und der Schiedsspruch die Gründe für das Entscheidungsergebnis wenigstens andeutungsweise erkennen lässt: Die inhaltliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob der zugrunde gelegte Sachverhalt zutrifft und ob die Schiedsperson den ihr zustehenden Gestaltungsspielraum eingehalten, d. h. die maßgeblichen Rechtsmaßstäbe beachtet hat. Die Bindung an einen solchen Vertrag müssen die Vertragsparteien nur hinnehmen, soweit die darin getroffenen Bestimmungen materiell rechtmäßig sind (BSG, Urteil vom 25.3.2015, B 6 KA 9/14 R, Juris, Rdnr. 58). Die Überprüfung der Entscheidung der Schiedsperson anhand der genannten Maßstäbe ergibt nach der im einstweiligen Rechtsschutz gebotenen summarischen Prüfung, dass die Festsetzung des Vertragsinhalts sich noch im Rahmen des ihr zustehenden Gestaltungsspielraumes bewegt.

a) Insbesondere hat die Schiedsperson die essentialia negotii des Schiedsvertrages in gerade noch ausreichendem Maße festgesetzt. Entgegen der Auffassung des SG besteht hinsichtlich des Hilfsantrages zu a) kein Anordnungsanspruch, denn der HzV-Vertrag ist nach Auffassung des Senats derzeit umsetzbar, da nach der im einstweiligen Rechtsschutz gebotenen summarischen Prüfung der festgesetzten Vergütung in Form der Pauschale P2 und der kontaktabhängigen Grundpauschale für die hausärztliche Betreuung onkologisch erkrankter Patienten (Onkologie-Pauschale) eine eindeutig bestimmte bzw. bestimmbare Gegenleistung gegenübersteht und von der Schiedsperson weitestgehend festgesetzt wurde.

aa) Die Schiedsperson hat den HzV-Vertrag 2015 als Vollversorgervertrag festgesetzt. Dies ergibt sich ausdrücklich aus § 2 Abs. 1 des HzV-Vertrages, wonach Gegenstand dieses HzV-Vertrages, der in Form eines Vollversorgungsvertrages vereinbart wird, die der gesetzlichen Vorgabe in § 73b Abs. 1 SGB V folgende Implementierung einer besonderen hausärztlichen Versorgung für die Versicherten der AOK Bayern auf der Grundlage des § 73b SGB V ist. In den Gründen für den Schiedsspruch führt die Schiedsperson unter Ziffer II.3.a. aus, dass sie diese Vertragskonstruktion entgegen der Auffassung der AOK, die den Abschluss eines Add-on-Vertrages für sachgerecht gehalten habe, unter Berücksichtigung der vom Gesetzgeber mit dem Instrument der besonderen hausärztlichen Versorgung versorgten Ziele für vorzugswürdig halte. Denn gerade mit einem Vollversorgungsvertrag lasse sich das legislative Ziel eines obligatorischen Primärarztsystems wirksam erreichen, in dem die gesamte hausärztliche Versorgung einschließlich aller Behandlungsabläufe, der Dokumentation, Koordination und Lotsenfunktion in einer Hand, nämlich der des gewählten Hausarztes, zusammengeführt werde und er zugleich besondere Qualitätsanforderungen erfülle. Hieraus lässt sich entgegen der Auffassung des SG zudem entnehmen, dass es sich um einen Vollversorgungsvertrag „nach herkömmlichem Muster“„ und nicht um einen von der Ast. als „all-in“ bezeichneten Vertrag handelt. Ein so genannter „all-in-Vertrag“ würde sämtliche von den teilnehmenden Hausärzten erbrachten Leistungen für eingeschriebene Versicherte der Ast. abdecken, so dass für diese Patienten eine Abrechnung von Leistungen gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung ausgeschlossen wäre, während der von der Schiedsperson festgesetzte HzV-Vertrag 2015 nur die regelhafte hausärztliche Versorgung sowie die - in den Anlagen zum Vertrag näher bezeichneten - besonderen hausärztlichen Leistungen umfasst. Zum Umfang des Vollversorgungsvertrages hat die Schiedsperson im Schiedsspruch festgelegt, dass für die gesamte Vergütung aller im Ziffernkranz des Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) - Arztgruppen-EBM-Hausarzt - mit dem Stand 4.Quartal 2014 aufgeführten Leistungen einschließlich der vertraglich vereinbarten spezifischen Leistungen, die zum Angebot der besonderen hausärztlichen Versorgung gehören, eine versichertenbezogene finanzielle Obergrenze gelte und die Abrechnung und Vergütung für diese Leistungen ausschließlich den Regelungen des HzV-Vertrages unterfallen, also insoweit keine Abrechnung gegenüber der KV stattfinde (so ausdrücklich Begründung des Schiedsspruchs auf Seite 25). Der von der Schiedsperson festgesetzte Vollversorgungsvertrag orientiert sich an vergleichbaren HzV-Verträgen, die im Freistaat Bayern gelten und im Schiedsspruch auf Seite 18 ausdrücklich aufgeführt werden. Die Schiedsperson hält ausdrücklich (Seite 20 des Schiedsspruchs) auch deshalb den Vollversorgungsvertrag zur Erreichung der mit § 73b SGB V verfolgten gesetzgeberischen Ziele für besonders geeignet, weil die abgeschlossenen oder durch Schiedsspruch zustande gekommenen HzV-Verträge sowohl mit der Ast. wie mit anderen Krankenkassen ganz überwiegend in dieser Weise ausgestaltet seien; in Sonderheit gelte dies für das Land Bayern als vorrangiges Referenzsystem. Dass ein Hausarztvertrag jedenfalls auch in der Form eines Vollversorgungsvertrages vereinbart werden kann, der die bisherige Regelversorgung nach § 73 SGB V umfasst und diese nicht lediglich ergänzt, unterliegt keinem Zweifel (BSG, Urteil vom 25.3.2015, B 6 KA 9/15 R). In der Praxis aller Hausarztverträge stellen Vollversorgungsverträge auch die Regel und nicht die Ausnahme dar. Jedenfalls hat die Schiedsperson mit der Festsetzung eines Vollversorgungsvertrages ihren möglichen Entscheidungsspielraum nicht überschritten und ihre Entscheidung auch ausreichend begründet. Hätte - wie die Ast. meint - die Schiedsperson einen „all-in-Vertrag“ festsetzen wollen, wäre zu erwarten gewesen, dass die Schiedsperson diese Entscheidung ausführlich und explizit begründet hätte. Denn sofern sich die Schiedsperson im Rahmen ihres billigen Ermessens für eine von den in Bezug genommenen Hausarztverträgen abweichende Form des Vertrages entschieden hätte, wären die Anforderungen an die hierfür gebotene Begründung höher als bei einer Entscheidung für einen „herkömmlichen“ Vollversorgungsvertrag.

bb) Soweit das SG eine wesentliche Unvollständigkeit des Vertrages annimmt, weil die Schiedsperson die essentialia negotii des Vollversorgungsvertrages in Form des Inhalts des Anhangs 1 zu Anlage 3 des HzV-Vertrages nicht ausdrücklich festgesetzt habe, teilt der Senat diese Auffassung nicht.

Die Vertragspartner des HzV-Vertrages haben das Nähere über den Inhalt und die Durchführung der hausarztzentrierten Versorgung, insbesondere die Ausgestaltung der Anforderungen nach Abs. 2, und die Vergütung zu regeln (§ 73b Abs. 5 Satz 1 Hs. 1 SGB V). Der HzV-Vertrag hat daher alle wesentlichen Vertragsbestandteile, die für dessen Vollzug zwingend erforderlich sind und die als Mindestanforderungen in § 73b SGB V geregelt sind, zu enthalten. Nur dann ist der Schiedsspruch als vollständig anzusehen. Zulässig ist grundsätzlich aber auch die Festsetzung eines unvollständigen „Vertragstorso“. Es ist zudem nicht zu beanstanden, wenn die Vertragsparteien in der Phase der Umsetzung des Vertrages eigenständig weitere Konkretisierungen und Ergänzungen vornehmen. Ausschlaggebend für die Rechtmäßigkeit des Vertrages zur HzV ist allein, ob dieser in der vorliegenden Form umgesetzt werden kann (BSG, Urteil vom 25.3.2015, B 6 KA 9/14 R, Juris Rn. 84). Hiervon geht der Senat nach summarischer Prüfung aus.

§ 12 des HzV-Vertrages 2015 regelt in Abs. 1 den Anspruch des Hausarztes gegenüber der Ast. auf Auszahlung der vertraglich vereinbarten Vergütung für die „nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 HzV-Vertrag sowie der Anlage 3 vertragsmäßig erbrachten und ordnungsgemäß abgerechneten hausärztlichen Leistungen für die bei ihm eingeschriebenen HzV-Versicherten“. Nach § 13 des HzV-Vertrages dürfen Leistungen, die gemäß Anlage 3 vergütet werden, HzV-Hausärzte nicht zusätzlich oder stattdessen gegenüber der KV Bayern abrechnen. In der Anlage 3 sind die unter dem HzV-Vertrag zu vergütenden ärztlichen Leistungen mit Leistungslegende, Abrechnungsausschüssen usw. genau beschrieben und die Vergütungshöhe in Euro-Beträgen ausgewiesen. Alle Leistungen haben eine eigene Abrechnungsziffer, die von dem teilnehmenden Hausarzt bei der Abrechnung zu dokumentieren ist. Anlage 3 sieht u. a. unter der vorläufigen Abrechnungsposition 0002 die Kontaktabhängige Grundpauschale P2 (Vergütungshöhe 53,50 €) vor und beschreibt deren Leistungsinhalt u. a. wie folgt: „Hausärztliche Versorgung des Patienten gemäß Anhang 1 zu dieser Anlage 3 ohne Berücksichtigung der im Abschnitt „Einzelleistungen“ aufgeführten Leistungen sowie der Leistungen im Rahmen der organisierten Notfallversorgung“. § 23 des HzV-Vertrages führt in Abs. 1 Satz 1 aus, dass die „nachfolgend aufgeführten Anlagen“ Bestandteil des HzV-Vertrages seien. § 23 Abs. 1 Sätze 2 ff. lauten wie folgt: „Die Vertragspartner stimmen darin überein, dass die unter Geltung des alten HzV-Vertrages angewendeten und praxiserprobten Regelungen in den Anlagen zum HzV-Vertrag alt, die vorwiegend technische oder verfahrensmäßige Prozesse betreffen, und die in dem Anlagenverzeichnis entsprechend gekennzeichnet sind, aus Kontinuitätsgründen einstweilen weiter angewendet werden, soweit sie nicht den Vorgaben des Schiedsspruchs vom 10. Oktober 2014 oder denen dieses Vertrages widersprechen. In diesen Fällen sind sie vorübergehend in entsprechend modifizierter Form vorläufig weiter zu verwenden. Im Übrigen sind diese Anlagen bis zum 30. Juni 2015 von den Vertragspartnern den geänderten Inhalten und der Terminologie des Schiedsspruchs vom 10. Oktober 2014 und diesem Vertrag anzupassen oder ganz neu zu gestalten. Gelingt dies nicht, ist der Beirat ab 1. Juli 2015 damit zu befassen.“

Aus dem Zusammenspiel dieser Vorschriften ist im Rahmen einer ergänzenden Vertragsauslegung zu erkennen, dass der Anhang 1 zur Anlage 3 über die Fortgeltung der im Anlagenverzeichnis entsprechend gekennzeichneten Anlagen und damit auch der HzV-Ziffernkranzes 2012 durch die Schiedsperson festgesetzt wurde. Voraussetzung für eine ergänzende Vertragsauslegung ist eine Regelungslücke in einem regelungsbedürftigen Punkt der vertraglichen Regelung (st. Rspr. BSG, vgl. BGHZ 40, 91, 103; BGHZ 77, 301, 304;). Hierfür genügt nicht jeder offengebliebene Punkt eines Vertrages. Eine durch ergänzende Vertragsauslegung zu füllende Lücke ist vielmehr nur dann zu bejahen, wenn die von den Parteien vereinbarte Regelung eine Bestimmung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihr zugrunde liegenden Regelungsplan der Parteien zu verwirklichen (BGH Urteil vom 13.2.2004 - V ZR 225/03, NJW 2004, 1873; Staudinger/Roth, BGB, Aufl. 2010 § 157 BGB RdNr. 15 m. w. N.). Ohne die gebotene Vervollständigung darf eine angemessene interessengerechte Lösung nicht zu erzielen sein (BGH Urteil vom 13.5.1993 - IX ZR 166/92, NJW 1993, 2935; BGHZ 90, 69, 74 f; BGH Urteil vom 12.7.1989 - VIII ZR 297/88, NJW 1990, 115, 116). Die Regelungslücke ist hier darin zu sehen, dass die Anlage 1 zu Anhang 3 nicht ausdrücklich von der Schiedsperson festgesetzt wurde, sondern nach § 23 Abs. 7 HzV-Vertrag 2015 die „Leistungsbeschreibung gemäß EBM-Ziffernkranz“ anzupassen ist. Damit hat die Schiedsperson angeordnet bzw. anordnen wollen, dass der Anhang 1 zu Anlage 3 Hz-Vertrag 2012 im HzV-Vertrag 2015 in entsprechend modifizierter Form vorläufig weiter verwendet werden soll. Die EBM-Ziffern, die von der neuen HzV-Vergütungsposition erfasst werden, werden dem angepassten HzV-Ziffernkranz zugeordnet und im Rahmen der hausärztlichen Versorgung abgerechnet und vergütet. Die Regelungslücke ist also aus dem Wortlaut des § 23 Abs. 1 HzV-Vertrag 2015 zu schließen, indem Vergütungspositionen, die in der neuen Vergütungsanlage 3 HzV-Vertrag 2015 abweichend von der Vergütungsanlage des HzV-Vertrages 2012 geregelt wurden, im Ziffernkranz (Anhang 1) entsprechend anzupassen sind. Die Anpassung erfolgt dann anhand der von der Schiedsperson festgesetzten Vergütungsanlage 3. Damit sind Leistung und Gegenleistung des HzV-Vertrages 2015 bestimmt, jedenfalls bestimmbar, zumal der HzV-Vertrag 2012 ebenfalls als Vollversorgervertrag der Struktur des HzV-Vertrages 2015 entspricht. Durch den dynamischen Verweis in Anhang 1 zu Anlage 3 unterliegt diese Anlage auch während der Laufzeit des Vertrages ständigen Anpassungen aufgrund von Änderungen im EBM, so dass auch eine Fortgeltung unter Anpassung zu Beginn des Vertrages zumindest als rechtlich vertretbar erscheint. Durch die Anordnung der Fortgeltung des HzV-Ziffernkranzes 2012 als HzV-Ziffernkranz 2015, gegebenenfalls in anzupassender Form, sind demnach die Leistungen bestimmt, die der teilnehmende Hausarzt nicht gegenüber der KVB abrechnen kann. Die Modifizierung des HzV-Ziffernkranzes 2012 ergibt sich deshalb für die vorübergehende Fortgeltung aus den in Anlage 3 zum HzV-Vertrag 2015 festgesetzten Leistungs- und Vergütungsvorgaben. Einer modifizierten Fortgeltung des HzV-Ziffernkranz 2012 steht nicht entgegen, dass die Honoraranlage Ziffer 3 des HzV-Vertrages 2015 von der Honoraranlage 3 des HzV-Vertrages 2012, deren Anhang 1 fortgelten soll, abweicht. Dies ergibt sich auch aus der Wortwahl des § 23 Abs. 7 KZV-Vertrag, wonach die „Leistungsbeschreibung gemäß EBM-Ziffernkranz „anzupassen“, nicht aber neu zu vereinbaren ist. Denn nach der Systematik des EBM- Ziffernkranzes in Verbindung mit der Honoraranlage ist zumindest bestimmbar, welche EBM- Ziffern von welcher Leistungsposition der Anlage 3 HzV-Vertrag 2015 erfasst sind. Der im Schiedsspruch genannte Modifizierungsbedarf ergibt sich allein daraus, dass die Schiedsperson Einzelleistungen, die in der Honoraranlage 3 HzV-Vertrag 2012 vorgesehen waren, in der Honoraranlage 3 zum HzV-Vertrag 2015 gestrichen hat. Dies hat zur Folge, dass die EBM-Ziffern, die diesen Einzelleistungen zugeordnet waren, nun in die Pauschalen (z. B. Kontaktabhängige Grundpauschale P2) fallen und nicht mehr als Einzelleistungen gesondert abrechenbar sind. Dies zeigt sich auch darin, dass die Grundpauschale P2 deutlich erhöht wurde. Durch die Anordnung der Fortgeltung des EBM-Ziffernkranzes 2012 bleiben sie aber Bestandteil des HzV-Vertrages. Die aus den Verfahren L 5 KR 243/15 KL ER sowie L 5 KR 244 KL beigezogene Emailkorrespondenz zwischen der Schiedsperson und der Aufsichtsbehörde bestätigt diese Auslegung.

cc) Dem steht auch nicht entgegen, dass bisher die vom Vertrag geforderte, von den Beteiligten gemeinsam und übereinstimmend vorzunehmende Modifizierung des Anhangs 1 zu Anlage 3 HzV-Vertrag 2012 nicht einvernehmlich erfolgt ist. Nach dem Vortrag im Eilverfahren hatten die Beteiligten bereits im Schiedsverfahren konträre Positionen hinsichtlich des Umfangs der hausarztzentrierten Versorgung vertreten. Dieser grundsätzliche Gegensatz ist jedoch durch die modifizierte, d. h. anzupassende Weitergeltung der Anlage 1 Anhang 3 durch den Schiedsspruch gelöst worden. Dem steht auch nicht entgegen, dass hinsichtlich des konkreten Modifizierungsbedarfs der Anlage derzeit noch keine Einigung in allen Punkten zwischen den Beteiligten erzielt worden ist. Denn soweit Differenzen über die konkrete Modifizierung bzw. den Modifizierungsbedarf des Anhangs 1 der Anlage 3 bestehen, hat die Schiedsperson bestimmt, das diese zunächst durch die Vertragsparteien selbst und, soweit bis 30.6.2015 keine Einigung erzielt werden kann, über die Einschaltung des Beirates beizulegen sind. Die Schiedsperson durfte diese Entscheidung an den Beirat delegieren. Nach § 17 Abs. 3 des HzV-Vertrages 2015 besteht die die Aufgaben des Beirats als internes Streitbeilegungsgremium darin, bei allen zwischen den Vertragspartnern streitigen Fragen insbesondere zu Auslegung, Änderung und Fortentwicklung des HzV-Vertrages und seiner Vergütungsregelungen sowie bei Kündigungen von Hausärzten aus wichtigem Grund nach einer einvernehmlichen Lösung zu suchen und erforderlichenfalls hierüber Entscheidungen zu treffen. Zur Begründung für dieses interne Streitbeilegungsverfahren hat die Schiedsperson in ihrer Begründung zum Schiedsspruch ausgeführt (Seite 51 f.), dass neben einem externen Streitbeilegungsverfahren die Praxis der letzten Jahre und insbesondere auch das Verhalten der Vertragsparteien im Rahmen dieses Schiedsverfahrens gezeigt habe, dass die Schaffung eines weiteren internen und wirksamen Konfliktlösungsmechanismus in Form der Einrichtung eines Beirats mit entsprechenden Aufgaben und Kompetenzen notwendig sei. In Fortentwicklung zu dem im bisherigen HzV-Vertrag verankerten Beirat hat die Schiedsperson jedoch die Besetzung wegen der sonst regelmäßig zu erwartenden Pattsituation verändert und in § 17 HzV-Vertrag eine Besetzung des Beirates mit je zwei Vertretern der Vertragsparteien und einem unparteiischen Vorsitzenden vorgesehen. Damit hat die Schiedsperson in ausreichendem Umfang die wesentlichen Gesichtspunkte, die aus ihrer Sicht für die Einrichtung eines Beirates mit Entscheidungskompetenz sprechen, gegeneinander abgewogen und in die Begründung für ihren Schiedsspruch einbezogen. Die Anforderungen an die Begründung dürfen auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Schiedsperson keinen eigenen Verwaltungsapparat unterhält, nicht überspannt werden (BSGE 107,123 = SozR 4-2500 § 132a Nr. 5 Rn. 38). Zu berücksichtigen ist hierbei auch der Umstand, dass die Schiedsperson einen äußerst komplexen Vertrag festsetzen soll und insoweit auf die Kooperation der Vertragspartner angewiesen ist. Hierbei kann nicht ausgeschlossen werden, dass selbst bei engagierter Kooperation der Vertragspartner hinsichtlich einzelner Punkte nach Festsetzung des Vertrages Auslegungsbedarf besteht oder sich im Nachhinein herausstellt, dass einzelne Punkte nicht in ausreichendem Maße konkret festgesetzt wurden. Soweit auch vor dem Hintergrund einer zeitnahen Entscheidung die Schiedsperson in derartigen Fällen die Entscheidung auf einen paritätisch besetzten Beirat mit unparteiischem Vorsitzenden delegiert, ist nicht ersichtlich, dass diese vertragliche Delegation gegen zwingende rechtliche Vorgaben verstößt. § 73b SGB V jedenfalls schließt entgegen der Auffassung der Ast. eine derart ausgestaltete Delegation nicht aus. Die Schiedsperson hat sich demnach mit diesen Festsetzungen innerhalb des ihr offenstehenden Gestaltungsspielraumes bewegt. Die Gestaltungsfreiheit der Schiedsperson ist nicht geringer als diejenige der Vertragspartner bei einer im Wege freier Verhandlung erzielten Vereinbarung (BSG, Urteil vom 25.3.2015, B 6 KA 9/14 R, Juris Rn. 73). Dass ein derartig gestalteter Beirat bislang bundesweit in anderen Hausarztverträgen nicht implementiert wurde, spielt für dessen Rechtmäßigkeit keine Rolle.

Mangels Vorliegen eines Anordnungsanspruchs war der Hilfsantrag zu a) daher zurückzuweisen.

b) Die Ast. dringt jedoch auch mit ihrem zu b) gestellten Hilfsantrag nicht durch, denn auch insoweit bestehen nach summarischer Prüfung keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken gegen die Festsetzungen der Schiedsperson. Unabhängig davon, dass schon erhebliche Bedenken gegen das Vorliegen eines Anordnungsgrundes bezüglich des unter b) formulierten Feststellungsantrages besteht, ist schon ein Anordnungsanspruch nicht offensichtlich erkennbar.

aa. Hinsichtlich des Feststellungsantrages zu b) aa), die offensichtliche Rechtswidrigkeit der Einrichtung des in § 17 HzV-Vertrag vorgesehenen Beirates festzustellen, wird auf die Ausführungen zu II. 3. a) cc) verwiesen.

bb. Der Senat hat auch keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Widerspruchslösung in § 22 Abs. 1 HzV-Vertrages 2015. § 22 Abs. 1 HzV-Vertrag bestimmt im Rahmen einer Übergangsregelung, dass Versicherte bzw. HzV-Hausärzte ohne ein gesondertes Aufnahmeverfahren an der HzV-Versorgung nach Maßgabe des vorliegenden Vertrages teilnehmen, soweit sie nicht - nach Information und Belehrung - von dem ihnen eingeräumten zweiwöchigen Widerspruchsrecht Gebrauch machen. Die Schiedsperson hat sich damit - anders als die Schiedsperson beim HzV-Vertrag 2012 - für eine so genannte Widerspruchslösung entschieden. Im HzV-Vertrag 2012 war durch Schiedsspruch als Lösung eine Neueinschreibung der Versicherten festgelegt. Begründung hierfür war im damaligen Schiedsspruch die hohe Zahl der teilnehmenden Versicherten an dem vorhergehenden HzV-Vertrag von knapp 2,6 Mio. Diese Besonderheit sei beim HzV-Vertrag 2012 mit zuletzt rund 550.000 Versicherten, jetzt - nach Ausübung des durch Schiedsspruch vom 5.5.2014 eröffneten Widerspruchsrechts hinsichtlich der weiteren Teilnahme an der HzV - von rund 450.000 Versicherten, nicht ersichtlich. Die Ast. vertritt hierzu die Auffassung, mit der von ihr zum 31.6.2014 wirksam ausgesprochenen Kündigung des Altvertrages ende dieser und damit auch die Teilnahme der in ihn eingeschriebenen Versicherten und Hausärzte. Für die Teilnahme an einem neuen Vertrag seien eine Neueinschreibung der Versicherten sowie eine neue Teilnahmeerklärung der Hausärzte zwingend erforderlich. Die Widerspruchslösung sei rechtswidrig. Die Schiedsperson sei insbesondere nicht befugt, Regelungen im Verhältnis des Versicherten und der Krankenkasse zu treffen. So würden Versicherte ohne ihre ausdrückliche Zustimmung in einen neuen HzV-Vertrag überführt, was einen Verstoß gegen das Freiwilligkeitsprinzip darstelle. Diese Argumentation verfängt nach Auffassung des Senats vor dem Hintergrund des weiten Gestaltungsspielraums der Schiedsperson nicht. Die Schiedsperson hat ihre Entscheidung für die gewählte Widerspruchslösung in ausreichendem Maße in den Gründen niedergelegt und sich hierbei mit dem Vorbringen der Parteien auseinandergesetzt. Nach § 73b Abs. 3 SGB V ist die Teilnahme an der hausarztzentrierten Versorgung freiwillig. Sie setzt voraus, dass der Versicherte gegenüber der Krankenkasse schriftlich erklärt, nur einen von ihm ausgewählten Hausarzt aus dem Kreis der an der hausarztzentrierte Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer und ambulante fachärztliche Leistungen nur auf Überweisung in Anspruch zu nehmen („Einschreibungsmodell“). Dem widerspricht die Widerspruchslösung nicht, soweit sie für Patienten und Arzt eine umfassende Information über Widerrufsmöglichkeiten beinhaltet. § 22 Abs. 1 HzV-Vertrag 2015 sieht dementsprechend eine umfassende Information über die Inhalte des HzV-Vertrages einschließlich der Belehrung über das den Versicherten aus besonderem Grund eingeräumte zweiwöchige Widerrufsrecht bis 27.3.2015 in schriftlicher Form gegen ihre weitere Teilnahme vor. Damit ist ein Verstoß gegen das in § 73b Abs. 3 SGB V verankerte Freiwilligkeitsprinzip bzw. die Patientensouveränität nicht erkennbar.

cc. Auch die unter der Abrechnungsposition 0001 geführte kontaktunabhängige „Strukturpauschale P1 für Technikausstattung und Qualitätsmanagementsystem sowie Beschäftigung einer zertifizierten Versorgungsassistentin VERAH“ erscheint noch vom weiten Gestaltungsspielraum der Schiedsperson gedeckt ist.

Nach der Begründung zum Schiedsspruch (Seite 38) ist in der Anlage 3 eine kontaktunabhängige Strukturpauschale vorgesehen, mit der einerseits den im Vergleich zur Regelversorgung deutlich erhöhten Anforderungen sowohl an die Qualifikation, wie auch an die Fortbildung der HzV-Hausärzte gemäß § 5 Abs. 2 HzV-Vertrag, andererseits der Investitions- und Vorhaltekosten für Technikleistungen und dem erweiterten Dienstleistungsangebot gemäß den Festlegungen in § 5. 1, 3 HzV-Vertrag und der Beschäftigung einer speziell für die Anforderungen besonderer hausärztlicher Versorgung ausgebildeten Versorgungsassistentin (VERAH) angemessen Rechnung getragen werden solle. Die Pauschale sei wegen ihrer spezifischen Funktion und Struktur kontaktunabhängig ausgestaltet worden und stelle insoweit im Vertragskontext eine Ausnahme dar. Sie sei dadurch gerechtfertigt, dass die im HzV-Vertrag an Hausärzte gestellten Anforderungen an Qualifikation, Fortbildung und Teilnahme an Qualitätszirkeln sowie an Anschaffung und Vorhaltung technischer Ausstattung unabhängig vom Vorliegen des Kontaktes zu einem Patienten erfüllt sein müssten, es sich also um typischerweise um allgemeine Struktur- und Vorhalteaufwendungen in persönlicher und apparativer Hinsicht handele, deren Anfall sich somit berechtigterweise an der Zahl der in das besondere Hausarztprogramm eingeschriebenen Versicherten orientiere. Gleiches gelte für den strukturell erhöhten Aufwand für die Beschäftigung einer Versorgungsassistentin. Der Ast. ist zuzugeben, dass eine kontaktunabhängige Pauschale in Bezug auf die Beachtung des allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebotes nicht unproblematisch erscheint. Allerdings hat die Schiedsperson die Aufnahme der kontaktunabhängigen Strukturpauschale ausführlich begründet und in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit bestimmt, dass die Auswirkungen dieser Pauschale von den Parteien zu beobachten sind und ihre Höhe nach einer Evaluation nach Ablauf eines Jahres erforderlichenfalls nach oben oder unten zu modifizieren sei. Zudem unterliegt die kontaktunabhängige Strukturpauschale der versichertenbezogenen Vergütungsobergrenze, die das Risiko der Kasse begrenzt.

Der Senat kommt daher nach derzeitiger Sach- und Rechtslage zu dem Ergebnis, dass die Erfolgsaussichten der Klage nach summarischer Prüfung überwiegend negativ zu beurteilen sind, nicht aber im Sinne einer Offensichtlichkeit.

Von daher sind die gegenläufigen Interessen gegeneinander abzuwägen, an den Anordnungsgrund sind aber offensichtlicher Rechtswidrigkeit keine verminderten Anforderungen zu stellen. Der Ast. ist vielmehr zuzumuten, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Hierbei ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass die Ast. nach § 73b Abs. 1 und 4 SGB V verpflichtet ist, flächendeckend hausarztzentrierte Versorgung anzubieten. Die Gefahr einer Doppelinanspruchnahme der Ast. ist nach Auffassung des Senats gering, da der HzV-Vertrag als Vollversorgungsvertrag ausgestaltet ist, der die Abrechnung der durch die (modifizierte) Fortgeltung des HzV-Ziffernkranzes 2012 erbrachten Leistungen gegenüber der KV Bayern ausschließt. Soweit hinsichtlich einzelner Positionen mangels Einigung zwischen den Vertragsparteien über den konkreten Umfang des HzV-Ziffernkranzes gegebenenfalls später eine Rückabwicklung geleisteter Zahlungen stattfinden muss, ist dies von der Ast. hinzunehmen. Ein unzumutbarer Finanzierungsbedarf, wie die Ast. meint, ist nicht ersichtlich. Zudem kann die Ast auch nicht einwenden, dass eine Bereinigung der Gesamtvergütung auf der Grundlage des hier streitigen HzV-Vertrages nicht möglich ist, weil eine vorläufige Bereinigung anhand der im HzV vorgesehenen Pauschalen bereits erfolgt ist und eine endgültige Bereinigung ohnehin erst Quartale später erfolgt. Der wirtschaftliche Aufwand, der mit der späteren Korrektur einzelner EBM-Ziffern erforderlich ist, erscheint jedenfalls bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens zumutbar und kann die Eilbedürftigkeit einer Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 SGG nicht begründen.

Die Kostenentscheidung entspricht dem Ausgang des Verfahrens (§ 197a SGG analog i. V. m. einer entsprechenden Anwendung des § 154 Abs. 1 VwGO).

Die Streitwertentscheidung hat ihre Grundlage in § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 4, § 52 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Nr. 2 GKG und entspricht der Festsetzung des SG, die von keinem Beteiligten in Zweifel gezogen wurde.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar, § 177 SGG.

Urteilsbesprechung zu Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 05. Okt. 2015 - L 12 KA 83/15 B ER

Urteilsbesprechungen zu Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 05. Okt. 2015 - L 12 KA 83/15 B ER

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 05. Okt. 2015 - L 12 KA 83/15 B ER zitiert 27 §§.

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(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

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Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialger

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(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten

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(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag 1. in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,2. in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungskla

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 12 Wirtschaftlichkeitsgebot


(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungs

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 135 Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden


(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs.

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Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 73 Kassenärztliche Versorgung, Verordnungsermächtigung


(1) Die vertragsärztliche Versorgung gliedert sich in die hausärztliche und die fachärztliche Versorgung. Die hausärztliche Versorgung beinhaltet insbesondere1.die allgemeine und fortgesetzte ärztliche Betreuung eines Patienten in Diagnostik und Ther

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 154 Offener Einigungsmangel; fehlende Beurkundung


(1) Solange nicht die Parteien sich über alle Punkte eines Vertrags geeinigt haben, über die nach der Erklärung auch nur einer Partei eine Vereinbarung getroffen werden soll, ist im Zweifel der Vertrag nicht geschlossen. Die Verständigung über einzel

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 73b Hausarztzentrierte Versorgung


(1) Die Krankenkassen haben ihren Versicherten eine besondere hausärztliche Versorgung (hausarztzentrierte Versorgung) anzubieten. (2) Dabei ist sicherzustellen, dass die hausarztzentrierte Versorgung insbesondere folgenden Anforderungen genügt,

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 89 Schiedsamt, Verordnungsermächtigungen


(1) Die Kassenärztlichen Vereinigungen, die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Ersatzkassen bilden je ein gemeinsames Schiedsamt für die vertragsärztliche Versorgung und ein gemeinsames Schiedsamt für die vertragszahnärztliche Versorgung (Lan

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Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 137f Strukturierte Behandlungsprogramme bei chronischen Krankheiten


(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 legt in Richtlinien nach Maßgabe von Satz 2 geeignete chronische Krankheiten fest, für die strukturierte Behandlungsprogramme entwickelt werden sollen, die den Behandlungsablauf und die Qualität der medizi

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 61 Ergänzende Anwendung von Vorschriften


Soweit sich aus den §§ 53 bis 60 nichts Abweichendes ergibt, gelten die übrigen Vorschriften dieses Gesetzbuches. Ergänzend gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend.

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 137g Zulassung strukturierter Behandlungsprogramme


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(1) Wird durch das Handeln oder Unterlassen eines Versicherungsträgers das Recht verletzt, soll die Aufsichtsbehörde zunächst beratend darauf hinwirken, dass der Versicherungsträger die Rechtsverletzung behebt. Kommt der Versicherungsträger dem inner

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Tenor Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 18. Dezember 2013 und des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. April 2012 geändert. Es wird festges

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(1) Die Krankenkassen haben ihren Versicherten eine besondere hausärztliche Versorgung (hausarztzentrierte Versorgung) anzubieten.

(2) Dabei ist sicherzustellen, dass die hausarztzentrierte Versorgung insbesondere folgenden Anforderungen genügt, die über die vom Gemeinsamen Bundesausschuss sowie in den Bundesmantelverträgen geregelten Anforderungen an die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen:

1.
Teilnahme der Hausärzte an strukturierten Qualitätszirkeln zur Arzneimitteltherapie unter Leitung entsprechend geschulter Moderatoren,
2.
Behandlung nach für die hausärztliche Versorgung entwickelten, evidenzbasierten, praxiserprobten Leitlinien,
3.
Erfüllung der Fortbildungspflicht nach § 95d durch Teilnahme an Fortbildungen, die sich auf hausarzttypische Behandlungsprobleme konzentrieren, wie patientenzentrierte Gesprächsführung, psychosomatische Grundversorgung, Palliativmedizin, allgemeine Schmerztherapie, Geriatrie,
4.
Einführung eines einrichtungsinternen, auf die besonderen Bedingungen einer Hausarztpraxis zugeschnittenen, indikatorengestützten und wissenschaftlich anerkannten Qualitätsmanagements.

(3) Die Teilnahme an der hausarztzentrierten Versorgung ist freiwillig. Die Teilnehmer verpflichten sich schriftlich oder elektronisch gegenüber ihrer Krankenkasse, nur einen von ihnen aus dem Kreis der Hausärzte nach Absatz 4 gewählten Hausarzt in Anspruch zu nehmen sowie ambulante fachärztliche Behandlung mit Ausnahme der Leistungen der Augenärzte und Frauenärzte nur auf dessen Überweisung; die direkte Inanspruchnahme eines Kinder- und Jugendarztes bleibt unberührt. Die Versicherten können die Teilnahmeerklärung innerhalb von zwei Wochen nach deren Abgabe schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift bei der Krankenkasse ohne Angabe von Gründen widerrufen. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung an die Krankenkasse. Die Widerrufsfrist beginnt, wenn die Krankenkasse dem Versicherten eine Belehrung über sein Widerrufsrecht schriftlich oder elektronisch mitgeteilt hat, frühestens jedoch mit der Abgabe der Teilnahmeerklärung. Wird das Widerrufsrecht nicht ausgeübt, ist der Versicherte an seine Teilnahmeerklärung und an die Wahl seines Hausarztes mindestens ein Jahr gebunden; er darf den gewählten Hausarzt nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes wechseln. Das Nähere zur Durchführung der Teilnahme der Versicherten, insbesondere zur Bindung an den gewählten Hausarzt, zu weiteren Ausnahmen von dem Überweisungsgebot und zu den Folgen bei Pflichtverstößen der Versicherten, regeln die Krankenkassen in den Teilnahmeerklärungen. Die Satzung der Krankenkasse hat Regelungen zur Abgabe der Teilnahmeerklärung zu enthalten; die Regelungen sind auf der Grundlage der Richtlinie nach § 217f Absatz 4a zu treffen.

(4) Zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 haben Krankenkassen allein oder in Kooperation mit anderen Krankenkassen spätestens bis zum 30. Juni 2009 Verträge mit Gemeinschaften zu schließen, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der Kassenärztlichen Vereinigung vertreten. Können sich die Vertragsparteien nicht einigen, kann die Gemeinschaft die Einleitung eines Schiedsverfahrens nach Absatz 4a beantragen. Ist ein Vertrag nach Satz 1 zustande gekommen oder soll ein Vertrag zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen geschlossen werden, können Verträge auch abgeschlossen werden mit

1.
vertragsärztlichen Leistungserbringern, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen,
2.
Gemeinschaften dieser Leistungserbringer,
3.
Trägern von Einrichtungen, die eine hausarztzentrierte Versorgung durch vertragsärztliche Leistungserbringer, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen, anbieten,
4.
Kassenärztlichen Vereinigungen, soweit Gemeinschaften nach Nummer 2 sie hierzu ermächtigt haben.
Finden die Krankenkassen in dem Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung keinen Vertragspartner, der die Voraussetzungen nach Satz 1 erfüllt, haben sie zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 Verträge mit einem oder mehreren der in Satz 3 genannten Vertragspartner zu schließen. In den Fällen der Sätze 3 und 4 besteht kein Anspruch auf Vertragsabschluss; die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots ist unter Bekanntgabe objektiver Auswahlkriterien auszuschreiben. Soweit die hausärztliche Versorgung der Versicherten durch Verträge nach diesem Absatz durchgeführt wird, ist der Sicherstellungsauftrag nach § 75 Abs. 1 eingeschränkt. Satz 6 gilt nicht für die Organisation der vertragsärztlichen Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten.

(4a) Beantragt eine Gemeinschaft gemäß Absatz 4 Satz 2 die Einleitung eines Schiedsverfahrens, haben sich die Parteien auf eine unabhängige Schiedsperson zu verständigen, die den Inhalt des Vertrages nach Absatz 4 Satz 1 festlegt. Einigen sich die Parteien nicht auf eine Schiedsperson, so wird diese von der für die Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde bestimmt. Die Kosten des Schiedsverfahrens tragen die Vertragspartner zu gleichen Teilen. Klagen gegen die Bestimmung der Schiedsperson haben keine aufschiebende Wirkung. Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts richten sich gegen eine der beiden Vertragsparteien, nicht gegen die Schiedsperson.

(5) In den Verträgen nach Absatz 4 sind das Nähere über den Inhalt und die Durchführung der hausarztzentrierten Versorgung, insbesondere die Ausgestaltung der Anforderungen nach Absatz 2, sowie die Vergütung zu regeln; in Verträgen, die nach dem 31. März 2014 zustande kommen, sind zudem Wirtschaftlichkeitskriterien und Maßnahmen bei Nichteinhaltung der vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien sowie Regelungen zur Qualitätssicherung zu vereinbaren. Eine Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigung bei der Ausgestaltung und Umsetzung der Anforderungen nach Absatz 2 ist möglich. Die Verträge können auch Abweichendes von den im Dritten Kapitel benannten Leistungen beinhalten, soweit sie die in § 11 Absatz 6 genannten Leistungen, Leistungen nach den §§ 20i, 25, 26, 37a und 37b sowie ärztliche Leistungen einschließlich neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden betreffen, soweit der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 im Rahmen der Beschlüsse nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 keine ablehnende Entscheidung getroffen hat. Die Einzelverträge können Abweichendes von den Vorschriften dieses Kapitels sowie den nach diesen Vorschriften getroffenen Regelungen regeln. § 106d Absatz 3 gilt hinsichtlich der arzt- und versichertenbezogenen Prüfung der Abrechnungen auf Rechtmäßigkeit entsprechend. Zugelassene strukturierte Behandlungsprogramme nach §§ 137f und 137g sind, soweit sie die hausärztliche Versorgung betreffen, Bestandteil der Verträge nach Absatz 4. Vereinbarungen über zusätzliche Vergütungen für Diagnosen können nicht Gegenstand der Verträge sein.

(5a) Kündigt die Krankenkasse einen Vertrag nach Absatz 4 und kommt bis zum Ablauf dieses Vertrages kein neuer Vertrag zustande, gelten die Bestimmungen des bisherigen Vertrages vorläufig bis zum Zustandekommen eines neuen Vertrages weiter. Dies gilt nicht bei einer außerordentlichen Kündigung nach § 71 Absatz 6 Satz 3.

(6) Die Krankenkassen haben ihre Versicherten in geeigneter Weise umfassend über Inhalt und Ziele der hausarztzentrierten Versorgung sowie über die jeweils wohnortnah teilnehmenden Hausärzte zu informieren.

(7) Die Vertragspartner der Gesamtverträge haben den Behandlungsbedarf nach § 87a Absatz 3 Satz 2 zu bereinigen. Die Bereinigung erfolgt rechtzeitig zu dem Kalendervierteljahr, für welches die Gesamtvergütung bereinigt werden soll, entsprechend der Zahl und der Morbiditätsstruktur der für dieses Kalendervierteljahr eingeschriebenen Versicherten sowie dem vertraglich vereinbarten Inhalt der hausarztzentrierten Versorgung nach Maßgabe der Vorgaben des Bewertungsausschusses nach § 87a Absatz 5 Satz 7. Dabei können die Bereinigungsbeträge unter Beachtung der Maßgaben nach Satz 2 auch pauschaliert ermittelt werden. Kommt eine rechtzeitige Einigung über die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nicht zustande, können auch die Vertragspartner der Verträge über eine hausarztzentrierte Versorgung das Schiedsamt nach § 89 anrufen. Die für die Bereinigungsverfahren erforderlichen arzt- und versichertenbezogenen Daten übermitteln die Krankenkassen den zuständigen Gesamtvertragspartnern bis spätestens drei Wochen vor dem Kalendervierteljahr, für welches die Gesamtvergütung für die in diesem Kalendervierteljahr eingeschriebenen Versicherten bereinigt werden soll. Die Krankenkasse kann, falls eine rechtzeitige Bereinigung nicht festgesetzt worden ist, den Behandlungsbedarf unter Beachtung der Maßgaben nach Satz 2 vorläufig bereinigen. Sie kann auch die Anerkennung und Umsetzung des geltenden Bereinigungsverfahrens für die Bereinigung der Gesamtvergütung für an der hausarztzentrierten Versorgung teilnehmende Versicherte mit Wohnort im Bezirk anderer Kassenärztlichen Vereinigungen von diesen Kassenärztlichen Vereinigungen verlangen. Für die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nach Satz 7 sowie für den Fall der Rückführung von Bereinigungsbeträgen bei Beendigung der Teilnahme eines Versicherten sind die Verfahren gemäß § 87a Absatz 5 Satz 9 anzuwenden. Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben die zur Bereinigung erforderlichen Vorgaben im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben umzusetzen.

(8) Die Vertragsparteien nach Absatz 4 können vereinbaren, dass Aufwendungen für Leistungen, die über die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen und insoweit nicht unter die Bereinigungspflicht nach Absatz 7 fallen, aus Einsparungen und Effizienzsteigerungen, die aus den Maßnahmen von Verträgen nach Absatz 4 erzielt werden, finanziert werden.

(9) Die Einhaltung der nach Absatz 5 Satz 1 vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien muss spätestens vier Jahre nach dem Wirksamwerden der zugrunde liegenden Verträge nachweisbar sein; § 88 Absatz 2 des Vierten Buches gilt entsprechend.

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 16.07.2017 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen den Schiedsspruch vom 13.02.2012 zur Festlegung des Vertragsinhaltes eines Vertrages zur hausarztzentrierten Versorgung gemäß § 73b Abs. 4 Satz 1 SGB V.

Die Klägerin ist eine gesetzliche Krankenkasse, der Beklagte ein Zusammenschluss von hausärztlich tätigen Ärzten in Bayern.

Die Beteiligten haben am 12.02.2009 einen Vertrag zur Durchführung einer hausarztzentrierten Versorgung gemäß § 73b SGB V geschlossen, geändert durch Änderungsvereinbarung vom 03.09.2009, der zum 01.04.2009 zu laufen begann („HzV-Altvertrag“).

Am 26.09.2009 hat die Klägerin mit der B...-Service GmbH, einer Gesellschaft des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), einen „Vertrag zur Durchführung einer pädiatriezentrierten Versorgung“ gemäß § 73b SGB V abgeschlossen („PzV-Vertrag“), der am 06.12.2011 mit Wirkung zum 01.01.2012 geändert wurde.

Nachdem der frühere Vorstand des Beklagten Ende 2010 alle Hausärzte Bayerns zum Systemausstieg aufgerufen hatte, kündigte die Klägerin den HzV-Altvertrag mit Wirkung zum 31.12.2010. Einstweilige Rechtsschutzanträge des Beklagten zur Fortführung des HzV-Altvertrages blieben erfolglos.

Anschließende Gespräche in Form von mindestens 15 „Verhandlungs-“ bzw. „Gesprächsrunden“ der Beteiligten zwischen Januar und Juli 2011 zur Fortsetzung bzw. zum Neuabschluss eines Vertrages zur Durchführung einer hausarztzentrierten Versorgung brachten keine Ergebnisse. Der Beklagte erklärte mit Schreiben vom 05.08.2011 die Verhandlungen für gescheitert und beantragte die Einleitung eines Schiedsverfahrens nach § 73b Abs. 4a Satz 1 SGB V. Die Beteiligten konnten keine Einigung über eine Schiedsperson erreichen. Das BayStMUG bestimmte daraufhin mit Bescheid vom 22.09.2011 Herrn Dr. E. als Schiedsperson in den Vertragsverhandlungen zwischen den Beteiligten.

Im Rahmen des Schiedsverfahrens nahmen die Beteiligten ausführlich Stellung.

Mit Schiedsvertrag vom 13.02.2012 setzte die Schiedsperson aufgrund der mündlichen Verhandlungen vom 11.01.2012, 24.01.2012 und 31.01.2012 den Vertragsinhalt des Vertrages zur hausarztzentrierten Versorgung gemäß § 73b Abs. 4 Satz 1 SGB V fest („HzV-Vertrag“). Der HzV-Vertrag trat am 15.02.2012 in Kraft und wurde zum 01.07.2012 finanzwirksam. Der Inhalt eines Vertrages zur HzV sei nach billigem Ermessen festzu-setzen gewesen. Der HzV-Vertrag sei in Anwendung des § 73b SGB V in der bis zum 21.09.2010 geltenden Fassung festzusetzen gewesen, da es sich um einen Anschlussvertrag, mithin nicht um einen „Neuvertrag“ handle. Die außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grunde des HzV-Altvertrages durch die Klägerin zum 31.12.2010 stehe der Wertung als Anschlussvertrag nicht entgegen. Der Begriff der Anschlussvereinbarung in § 73b Abs. 5a Satz 5 SGB V sei nicht in dem Sinne zu verstehen, dass ein neuer HzV-Vertrag an den früheren HzV-Vertrag in zeitlicher Hinsicht anknüpfen müsse. Der Begriff der Anschlussvereinbarung sei im Sinne einer Folgevereinbarung zu verstehen. Dies entspreche auch der gesetzlichen Intention, den vor dem 21.09.2010 geschlossenen Verträgen und den Verträgen, die nach einer Kündigung des Vertrages diesen gefolgt seien, einen Bestandsschutz bis zum 30.06.2014 einzuräumen, um danach die Wirksamkeit dieser Verträge evaluieren zu lassen. Die Schiedsperson habe den HzV-Vertrag gemäß § 73 Abs. 4 Satz 1 SGB V, § 96 Abs. 1 Satz 3 SGB V i. V. m. der entsprechenden Anwendung von § 317 Abs. 1 Satz 1 BGB in Wahrnehmung des ihr zustehenden „billigen Ermessens“ festgesetzt. Die Schiedsperson hat den HzV-Vertrag in Ausübung des billigen Ermessens als sogenannten Vollversorgungs- oder Bereinigungsvertrag und nicht als sogenannten Add-on-Vertrag festgelegt. Der Vollversorgungsvertrag eröffne den Krankenkassen und den Hausarztgemeinschaften die Möglichkeit, strukturelle Verbesserungen in der Leistungserbringung für die Versicherten vorzunehmen. Die Add-on-Verträge böten demgegenüber regelmäßig nur punktuelle Ansätze bei Leistungsverbesserungen, könnten damit solche strukturellen Verbesserungen nicht gewährleisten. Die Schiedsperson hat auch berücksichtigt, dass auch für andere KÄV-Bezirke zuständige Schiedspersonen den Vertragsinhalt von HzV-Verträgen als Vollversorgungsverträge festgelegt hätten und dass im KÄV-Bezirk Bayern sowohl eine große Ersatzkasse als auch zahlreiche Betriebskrankenkassen auf freiwilliger Basis im Wege von Anschlussvereinbarungen Vollversorgungsverträge mit dem Beklagten abgeschlossen hätten und nicht zuletzt der HzV-Altvertrag zwischen den Beteiligten als Vollversorgungsvertrag ausgestattet gewesen sei. Der festgelegte Vertragsinhalt entspreche den gesetzlichen Anforderungen an eine HzV und führe zu einer Verbesserung der hausärztlichen Versorgung der Versicherten im Verhältnis zur hausärztlichen Regelversorgung. Das von der Klägerin an die HzV-Hausärzte zu leistende Honorar werde auf ein Höchstvolumen von 70 Millionen Euro pro Jahr begrenzt. Mit dieser Honorarbegrenzung sei einem zentralen Anliegen der Klägerin Rechnung getragen worden.

Die Klägerin hat den HzV-Vertrag mit Schreiben vom 24.06.2013 zum 30.06.2014 ordentlich - wirksam - gekündigt. Für die Festlegung des Vertragsinhaltes eines neuen HzV-Vertrages zwischen den Beteiligten, der an die Stelle des HzV-Vertrages, der mit Schiedsspruch vom 13.02.2012 festgesetzt worden sei, treten solle, ist die Schiedsperson Dr. H. K. bestimmt worden. Dieser hat am 05.05.2014 einen Schiedsspruch erlassen, in dem unter anderem festgesetzt worden sei, dass bis zu dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens eines neuen HzV-Vertrages die Regelungen des zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung zwischen den Beteiligten geltenden HzV-Vertrages und seiner Anlagen ihrem Inhalt nach - unbeschadet des Wirksamwerdens der von der Klägerin ausgesprochenen Kündigung - weiterhin Anwendung finden würden.

Die Klägerin hat gegen den Schiedsspruch vom 13.02.2012 mit Schreiben vom 04.07.2012 Klage zum Sozialgericht München erhoben. Der Schiedsspruch vom 13.02.2012 verstoße in zentralen Festsetzungen gegen materiell-rechtliche Vorgaben des SGB V und die gesetzgeberische Grundkonzeption einer hausarztzentrierten Versorgung. Nach dem Willen des Gesetzgebers stelle der Schiedsspruch einer Schiedsperson nach § 73b Abs. 4a SGB V keinen Verwaltungsakt (mehr) dar. Der Gestaltungsspielraum der Schiedsperson bei gesetzlich normierten Verfahren wie dem vorliegenden sei enger als bei vertraglich vereinbarten Schiedsverfahren. Entsprechend sei auch der gerichtliche Prüfungsmaßstab breiter. Der gerichtliche Prüfungsmaßstab sei nicht auf grobe oder offenbare Unbilligkeit eingegrenzt und umfasse die Prüfung, ob 1. der Vertrag gegen zwingende materiell-rechtliche Vorgaben des SGB V verstoße und 2. Festsetzungen enthalte, die der gesetzgeberischen Konzeption einer hausarztzentrierten Versorgung zuwiderlaufen würden und die auch in Anbetracht der Erfahrungen der Parteien mit dem alten Hausarztvertrag unbillig seien. Der Schiedsspruch ordne den festgesetzten Vertrag zu Unrecht als „Anschlussvereinbarung“ im Sinne des § 73b Abs. 5a Satz 5 SGB V ein. Weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus der Gesetzesbegründung ergebe sich, dass bestandsgeschützte „Anschlussvereinbarungen“ auch solche Verträge sein könnten, die nach einer rechtmäßigen, außerordentlichen Kündigung eines vor dem 22.09.2010 abgeschlossenen Vertrages als Neuverträge abgeschlossen oder durch Schiedsspruch festgesetzt würden. Der durch Schiedsspruch festgesetzte Vertrag verstoße gegen die Vorgaben des § 73b Abs. 5a Satz 1 bis 4 und Abs. 8 SGB V, die für Verträge zur hausarztzentrierten Versorgung, die nach dem 22.09.2010 zustande gekommen seien, gelten würden. Auch aus § 53 Abs. 9 SGB V ergebe sich, dass die Aufwendungen der gesetzlichen Krankenkassen für die hausarztzentrierte Versorgung grundsätzlich über Einsparungen und Effizienzsteigerungen finanziert werden müssten. Auch verstoße der festgesetzte Vertrag gegen zwingende Vorgaben des Sozialdatenschutzes. Bei der Einbeziehung der HÄVG Rechenzentrum AG in die Abrechnung der vertraglichen Leistungen seien die Vorgaben des § 295a SGB V missachtet worden. Der Einsatz des sogenannten „HÄVG-Prüfmoduls“/ HPM im Rahmen der in Anlage 1 vorgesehenen Vertragssoftware sei datenschutzrechtlich unzulässig. Auch bestünden Zweifel an der Vertragsabschlusskompetenz des Beklagten, wofür dieser die Beweislast trage. Zudem sei die Festsetzung eines Vollversorgungsvertrages durch die Schiedsperson unbillig. Der festgesetzte Vertrag sei darüber hinaus in weiteren zentralen Festsetzungen unbillig. So sei es unter anderem unzulässig, dass der Vertrag ein unmittelbares Abrechnungsverhältnis zwischen der Klägerin und den einzelnen teilnehmenden Hausärzten begründe, Teilnahmemöglichkeiten für alle an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Hausärzte eröffne und der vertragliche Geltungsbereich auf alle Versicherten der Klägerin, mithin auch die Kinder und Jugendlichen, erstreckt werde.

Der Beklagte hat mit Schriftsätzen vom 31.01.2013 und 06.09.2013 vorgetragen, dass die Festlegung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson kein Verwaltungsakt sei. Daraus folge, dass die gerichtliche Kontrolle des Schiedsspruchs einem eingeschränkten Kontrollmaßstab entsprechend § 319 Abs. 1 BGB unterliege. Im Zuge der Rechts- und Inhaltskontrolle dürfe ausschließlich geprüft werden, ob die Ermittlung des Sachverhalts in einem fairen Verfahren unter Wahrung des rechtlichen Gehörs erfolgt sei, ob zwingendes Gesetzesrecht beachtet und ob der bestehende Beurteilungsspielraum eingehalten worden sei. Hilfsweise sei von einem eingeschränkten Prüfungsmaßstab analog § 89 SGB V auszugehen, der gerade keine Billigkeitsüberprüfung umfasse. Eine Anschlussvereinbarung setze weder einen unmittelbaren zeitlichen Anschluss voraus noch sehe diese einen subjektiven Vertrauensschutz vor, der bei außerordentlichen Kündigungen gegebenenfalls ausgeschlossen wäre. Der von der Klägerin mit einem Verstoß gegen § 73b Abs. 5a Satz 1 bis 4 und Abs. 8 SGB V begründete vermeintliche Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot und den Grundsatz der Beitragssatzstabilität liege nicht vor. Da es keine Aufwendungen gebe, die durch die Ausgestaltung des Wahltarifs verursacht würden, könne auch nicht gegen § 53 Abs. 9 SGB V verstoßen werden. Der HzV-Vertrag sei, was sich auch aus Stellungnahmen des Bayer. Landesamtes für Datenschutzaufsicht ergebe, in jeder Hinsicht datenschutzrechtskonform. Weder die Benennung der HÄVG AG noch die Benennung der HÄVG Rechenzentrum AG im HzV-Vertrag würden rechtswidrige oder offenbar unbillige Regelungen darstellen. Die Schiedsperson habe auch in Ausübung ihres billigen Ermessens mit guter und nachvollziehbarer Begründung einen Vollversorgungsvertrag festgesetzt. Es sei auch nicht ersichtlich, woraus sich ergeben solle, dass der vertraglich vorgesehene direkte Vergütungsanspruch der teilnehmenden Hausärzte gegen die Klägerin unzulässig sei. Ebenso wenig sei dem Gesetzeswortlaut oder dem Sinn und Zweck der Regelung zu entnehmen, dass an einem HzV-Vertrag nur Fachärzte für Allgemeinmedizin teilnehmen dürften. Schließlich sehe § 73b SGB V, wie die Schiedsperson zutreffend ausgeführt habe, den Ausschluss bestimmter Versichertengruppen nicht vor.

Das Sozialgericht München hat mit Urteil vom 16.07.2014 die Klage abgewiesen. Die auf die Aufhebung des Schiedsspruchs vom 13.02.2012 gerichtete Klage sei unzulässig. Die hilfsweise erhobene Feststellungsklage sei zulässig, jedoch unbegründet. Mangels Vorliegens eines Verwaltungsaktes komme eine Anfechtungsklage nicht in Betracht, diese sei vielmehr nicht statthaft. Der auf die Aufhebung des Schiedsspruchs gerichtete Hauptantrag könnte zwar möglicherweise auch als Leistungsklage sui generis erhoben worden sein. Für diese Klageart bestehe jedoch vorliegend kein Raum, da nach der Rechtsauffassung der Kammer bei der gerichtlichen Überprüfung der Rechtmäßigkeit von Schiedssprüchen gemäß § 73b Abs. 4a SGB V grundsätzlich die Leistungsklage in Form der Ersetzungsklage gemäß § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V i. V. m. §§ 317 Abs. 1, 319 Abs. 1 Satz 2 BGB einschlägig sei. Sei jedoch, wie hier, zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung der durch Schiedsspruch festgesetzte Vertrag nicht mehr in Kraft, habe sich das klägerische Begehren auf Aufhebung und Ersetzung erledigt. Daran ändere auch der Schiedsspruch vom 05.05.2014 nichts, mit dem festgesetzt worden sei, dass bis zu dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens eines neuen HzV-Vertrages die Regelungen des streitgegenständlichen HzV-Vertrages und seiner Anlagen ihrem Inhalt nach weiterhin Anwendung fänden. Die Wirkungen dieses Schiedsspruchs müssten gegebenenfalls in einem eigenständigen (vorläufigen) Rechtsschutzverfahren geklärt werden.

Die im Rahmen des § 99 Abs. 3 Nrn. 2, 3 SGG hilfsweise erhobene Feststellungsklage sei zulässig, aber unbegründet. Der Schiedsspruch vom 13.02.2012 sei nicht unbillig, insbesondere nicht rechtswidrig. Hinsichtlich der Frage des gerichtlichen Prüfungsmaßstabes wende die Kammer vorliegend die vom BSG zur gerichtlichen Überprüfung von Schiedssprüchen gemäß § 132a Abs. 2 SGB V aufgestellten Grundsätze entsprechend an. Das BSG habe entschieden, dass die bei Schiedssprüchen nach § 132a Abs. 2 SGB V maßgebliche „Unbilligkeit“ sowohl darin bestehen könne, dass der Schiedsspruch auf schwerwiegenden verfahrensrechtlichen Mängeln beruhe als auch darin, dass das gefundene Ergebnis materiell unrichtig sei oder gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoße. Die Prüfung der Frage der Billigkeit oder Unbilligkeit eines Schiedsspruchs gliedere sich in eine Rechtskontrolle und eine Inhaltskontrolle. Die bei zivilrechtlichen Leistungsbestimmungen nach § 317 BGB zusätzlich erforderlich Evidenzkontrolle entfalle jedoch, weil es hier nur auf die „Unbilligkeit“ des Schiedsspruchs ankomme, nicht aber darauf, ob die Unbilligkeit „offenbar“ sei. Die Beweislast für die Unbilligkeit oder Unrichtigkeit liege bei dem Beteiligten, der sie behaupte. Der Schiedsspruch vom 13.02.2012 sei nicht wegen Verstoßes gegen § 73b Abs. 5a Satz 1 bis 4 und Abs. 8 SGB V (i. d. F. vom 22.12.2011, im Folgenden „a. F.“) unbillig. § 1 Abs. 2 HzV-Vertrag, wonach es sich bei dem vorliegenden, durch Schiedsspruch festgesetzten HzV-Vertrag um eine Anschlussvereinbarung im Sinne des § 73b Abs. 5a Satz 5 SGB V a. F. handle, auf die § 73b SGB V in der bis zum 21.09.2010 geltenden Fassung anzuwenden sei, sei nicht zu beanstanden. Die Kammer folge der von der Schiedsperson vertretenen Auffassung, wonach der Begriff der Anschlussvereinbarung nicht in dem Sinne zu verstehen sei, dass ein neuer HzV-Vertrag an den früheren HzV-Vertrag in zeitlicher Hinsicht anknüpfen müsse. Denn andernfalls könnten die Vertragspartner durch ein Hinauszögern der neuen Vertragsverhandlungen das Zustandekommen einer Anschlussvereinbarung verhindern. Der Begriff der Anschlussvereinbarung sei somit im Sinne einer Folgevereinbarung zu verstehen. Aus der Begründung zum Entwurf des GKV-FinG (BT-Drucks. 17/3040, S. 23) sei zu entnehmen, dass § 73b SGB V in seiner bisherigen Fassung bei grundsätzlich allen Anschlussverhandlungen über den Vertragsinhalt angewendet werden solle. Da es sich vorliegend um eine Anschlussvereinbarung im Sinne des § 73b Abs. 5a Satz 5 SGB V a. F. handle, liege ein Verstoß gegen § 73b Abs. 5a Satz 1 bis 4 und Abs. 8 SGB V a. F. nicht vor.

Der Schiedsspruch verstoße auch weder gegen das Gebot der Selbsttragung eines Wahltarifs, § 53 Abs. 9 SGB V (i. d. F. vom 22.12.2010; im Folgenden: a. F.) noch gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot, §§ 12 Abs. 1, 70 SGB V. Unstreitig habe die Klägerin vorliegend nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, gemäß § 53 Abs. 3 Satz 2 SGB V a. F. im Rahmen des streitgegenständlichen HzV-Vertrages für die Versicherten eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigung vorzusehen. Aus diesem Grund würden für den Wahltarif „hausarztzentrierte Versorgung“ auch keine Aufwendungen im Sinne des § 53 Abs. 9 Satz 1 SGB V a. F. existieren. Die aus dem streitgegenständlichen HzV-Vertrag resultierenden Honorarleistungen der Klägerin würden keine Aufwendungen für den Wahltarif im Sinne des § 53 Abs. 9 SGB V a. F. darstellen (vgl. § 73b Abs. 8 SGB V). Auch ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot (§§ 12 Abs. 1, 70 SGB V) sei nicht gegeben. Nach der Rechtsprechung des BSG könne Maßstab zur Beurteilung der „Unbilligkeit“ nur das wirtschaftliche Gesamtergebnis des Schiedsspruchs sein. Daher müsse regelmäßig nicht jede einzelne Bestimmung zur Vergütung der diversen Leistungen isoliert betrachtet werden, sondern es bedürfe der Gesamtschau aller Leistungsbestimmungen unter Einschluss des festgelegten Beginns der Vergütungsanhebung sowie der festgelegten Laufzeit. Unter Zugrundelegung dieses Prüfungsmaßstabs seien keine Anhaltspunkte erkennbar und auch von Klägerseite nicht substantiiert vorgetragen worden, dass die Schiedsperson die Grenzen ihres Beurteilungsspielraums bezüglich der Wirtschaftlichkeit des HzV-Vertrages überschritten hätte. In der Begründung des Schiedsspruchs seien die prognostizierten finanziellen Auswirkungen des HzV-Vertrages näher dargestellt. Diesen Ausführungen sei zu entnehmen, dass das von der Klägerin an die HzV-Hausärzte zu leistende Honorar auf ein Höchstvolumen von 70 Millionen Euro pro Jahr begrenzt werde (vgl. auch § 10 Abs. 1 und Anhang 6 zu Anlage 3 HzV-Vertrag) und damit einem zentralen Anliegen der Klägerin Rechnung getragen worden sei. Durch diese Honorarbegrenzung seien die finanziellen Belastungen der Klägerin im Vergleich zum HzV-Altvertrag erheblich reduziert. Hinzu komme, dass die Schiedsperson zugunsten der Klägerin davon abgesehen habe, in der Vergütungsanlage des HzV-Vertrages erneut kontaktunabhängige Pauschalen zu regeln und sie sich für eine Neueinschreibung der Versicherten in den HzV-Vertrag statt einer Übernahme der bisher in den HzV-Altvertrag eingeschriebenen Versicherten entschieden habe (vgl. § 6 HzV-Vertrag und Begründung Schiedsspruch, S. 28). Die von Klägerseite beanstandete Vergütung für Leistungen im Bereich der Arzneimitteltherapieoptimierung („AMTHO“) (Anlage 3 des HzV-Vertrages, S. 12/25) könne nach der Rechtsprechung des BSG als Einzelvergütungsregelung grundsätzlich keinen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot begründen. Die Frage der Kosten, die der Klägerin durch die nicht vertragskonforme Inanspruchnahme mehrerer Hausärzte durch Versicherte (NVI) zusätzlich entstehen, sei - unabhängig davon, dass die Klägerin keine konkreten, auf den streitgegenständlichen HzV-Vertrag bezogenen Zahlen genannt habe - nicht im Rahmen der Frage der Vereinbarkeit des Schiedsspruchs mit dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit im engeren Sinne zu klären. Denn bei diesen Kosten handle es sich um solche, die durch Fehlverhalten der Versicherten entstehen. Indem in § 9a Abs. 3 bis 5 HzV-Vertrag die Vertragspartner verpflichtet werden, geeignete Maßnahmen zur Reduzierung dieser Mehrfachinanspruchnahmen zu ergreifen bzw. zu unterstützen, und § 12 Abs. 1 HzV-Vertrag für den Hausarzt ein Verbot der „Doppelabrechnung“ statuiere, habe die Schiedsperson im Rahmen des ihr eingeräumten billigen Ermessens vom Gericht nicht zu beanstandende, sachgemäße Regelungen getroffen. Der Schiedsspruch sei auch nicht wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Wahrung der Beitragssatzstabilität (§ 71 SGB V) unbillig. Die Klägerin habe nicht vorgetragen, dass der streitgegenständliche HzV-Vertrag zu Beitragserhöhungen geführt oder die Gefahr von Beitragserhöhungen hervorgerufen habe.

Der Schiedsspruch sei auch nicht wegen Verstößen gegen das Datenschutzrecht unbillig. Der Beklagte habe im gerichtlichen Verfahren ausführliche Stellungnahmen des Bayer. Landesamtes für Datenschutzaufsicht vorgelegt. In seiner Stellungnahme vom 30.11.2012 komme das Landesamt zu dem Ergebnis, dass die Erhebung der Einschreibedaten durch den Hausarzt und die Übermittlung dieser Daten an das Rechenzentrum des Beklagten sowie die dortige Verarbeitung auf der Grundlage des § 295a Abs. 1 SGB V i. V. m. der Einwilligung des Versicherten zulässig sei. Aufgrund der Stellungnahme des Bayer. Landesamtes für Datenschutzaufsicht vom 17.08.2012 würden auch keine Bedenken gegen den Einsatz des sogenannten „HÄVG-Prüfmoduls“ (HPM) bestehen. Die Klägerin beanstande darüber hinaus zu Unrecht die gegen ihren Willen erfolgte Einbeziehung „systemfremder Dritter“ in den von der Schiedsperson festgesetzten Vertrag. Gemäß § 1 Abs. 3 HzV-Vertrag seien Vertragspartner des HzV-Vertrages lediglich die Krankenkasse und der Hausärzteverband. Die HÄVG Rechenzentrum AG sei hingegen nach dem Vertragswerk das vom Beklagten nach § 295a Abs. 2 SGB V als andere Stelle zu Abrechnungszwecken beauftragte und in Anlage 3 unter § 5 Abs. 1 benannte Rechenzentrum (§ 1 Abs. 11 HzV-Vertrag). Die HÄVG sei gemäß § 1 Abs. 12 HzV-Vertrag der Erfüllungsgehilfe des Beklagten zur Erfüllung bestimmter vertraglicher Verpflichtungen aus dem HzV-Vertrag mit Ausnahme der Abrechnung. Der Schiedsspruch vom 13.02.2012 sei auch nicht wegen der Festsetzung eines sogenannten Vollversorgungsvertrages unbillig. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 4 HzV-Vertrag umfasse der Versorgungsauftrag nach dem HzV-Vertrag die regelhafte hausärztliche Versorgung nach § 73 Abs. 1 SGB V und die besondere hausärztliche Versorgung nach § 73b SGB V, hausärztliche Leistungen zur Prävention und Krankheitsfrüherkennung sowie allgemeine ärztliche Leistungen, die von Hausärzten zur Diagnostik und Therapie angewandt würden. Die Schiedsperson habe sich in Ausübung ihres billigen Ermessens für einen Vollversorgungsvertrag anstatt eines ebenfalls rechtlich zulässigen Add-on-Vertrages entschieden. Unter Berücksichtigung des weiten Gestaltungsspielraums der Schiedsperson, die sich mit den Gründen für und gegen eine Vollversorgung bzw. einen Add-on-Vertrag auseinandergesetzt habe, sei die Entscheidung für einen Vertrag mit Vollversorgung nicht zu beanstanden. Auch im Übrigen würde keine Unbilligkeit des festgesetzten Vertrages vorliegen. Der Vertrag sei nicht wegen der Begründung eines unmittelbaren Abrechnungsverhältnisses zwischen der Klägerin und den einzelnen teilnehmenden Hausärzten, wie dies die §§ 10, 13 HzV-Vertrag vorsehen, unbillig. Der Vorschrift des § 73b SGB V a. F. könne nicht entnommen werden, dass die Vergütungsbeziehungen wie im Kollektivvertragssystem erfolgen müssten. Auch der Umstand, dass alle an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Hausärzte an dem festgesetzten HzV-Vertrag teilnehmen können (vgl. § 1 Abs. 5 HzV-Vertrag), begründe keine Unbilligkeit. Aus der Vorschrift des § 73b Abs. 4 Satz 1 SGB V a. F. könne nicht geschlossen werden, dass hierzu nur Allgemeinärzte berechtigt sein sollen. Nur hinsichtlich der Eignung der Gemeinschaft als Vertragspartner im Sinne des § 73b Abs. 4 SGB V werde auf das Quorum der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte abgestellt.

Der streitgegenständliche HzV-Vertrag erstrecke den vertraglichen Geltungsbereich auch in zulässiger Weise auf alle Versicherten der Klägerin (§ 1 Abs. 9, § 2 Abs. 1 Satz 1 HzV-Vertrag). Die von der Klägerin beanstandete Pflicht zum „doppelten Vertragsangebot“ für Versicherte unter 18 Jahren, die sowohl an dem streitgegenständlichen HzV-Vertrag wie auch an dem von der Klägerin mit der B...-Service GmbH abgeschlossenen PzV-Vertrag teilnehmen könnten, begegne keinen Bedenken. Die Schiedsperson habe zur Begründung der Einschreibung von Versicherten unter 18 Jahren angeführt, dass die gesetzliche Regelung in § 73b SGB V den Ausschluss bestimmter Versichertengruppen nicht vorsehe. Ungeachtet dessen könne auch die Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen in den HzV-Vertrag sinnvoll sein, wenn eine spezialärztliche Betreuung durch Kinderärzte nicht geboten sei. Weder der Wortlaut des § 73b Abs. 4 Satz 3 SGB V a. F. noch die zitierte Begründung zum Entwurf des GKV-OrgWG würden es grundsätzlich ausschließen, zugunsten der Versorgung von Kindern und Jugendlichen eine hausarztzentrierte Versorgung mittels eines speziellen Vertrages mit Kinder- und Jugendärzten (bzw. deren Gemeinschaften) und zusätzlich mittels HzV-Vertrages mit einer Gemeinschaft wie den Beklagten anzubieten. Hiervon scheine auch die Klägerin auszugehen (vgl. §§ 4 Abs. 5 Satz 3, 6 Abs. 6 PzV-Vertrag). Entgegen der Auffassung der Klägerin könne § 73b Abs. 4 Satz 3 SGB V a. F. nicht entnommen werden, dass bei Vorliegen eines speziellen Vertrages mit Kinder- und Jugendärzten (bzw. deren Gemeinschaften) den Krankenkassen einseitig im Sinne eines Wahlrechts die Möglichkeit eröffnet werde, im Rahmen von Vertragsverhandlungen wegen Abschluss eines HzV-Vertrages mit einer Gemeinschaft gemäß § 73b Abs. 4 Satz 1 SGB V a. F. zu bestimmen, ob die Versichertengruppe der Kinder und Jugendlichen auch von diesem HzV-Vertrag umfasst werden solle oder nicht. Insofern gehe der Einwand der Klägerin, die Schiedsperson habe unbefugt in das ihr zustehende Wahlrecht eingegriffen, ins Leere. Die Frage der Einbeziehung der Kinder und Jugendlichen betreffe nicht das Satzungsrecht der Klägerin (vgl. § 73b Abs. 3 Sätze 7, 8 SGB V a. F.), sondern vielmehr den Vertragsinhalt (vgl. auch BayLSG, Beschluss vom 01.12.2010, L 5 KR 261/10 KL ER, Rn. 17), auf den sich die Beteiligten zu einigen haben bzw. der durch die Schiedsperson nach billigem Ermessen festgesetzt werde.

Eine Unbilligkeit aufgrund der Festsetzung der Schiedsklausel in § 19 HzV-Vertrag, wonach die Vertragspartner verpflichtet seien, bei allen Streitigkeiten, die sich aus oder im Zusammenhang mit dem HzV-Vertrag oder seiner Gültigkeit zwischen ihnen ergeben, vor Klageerhebung das in der Anlage 7 näher geregelte Schiedsverfahren durchzuführen, sei - auch unter Berücksichtigung des Art. 19 Abs. 4 GG - nicht zu erkennen. Auch in dem Verzicht auf Aufnahme einer sogenannten Loyalitätsklausel in den HzV-Vertrag liege keine Unbilligkeit. Auch der Umstand, dass der streitgegenständliche HzV-Vertrag der Klägerin kein eigenes Recht einräume, „Hausärzte, die sich gegenüber der Klägerin illoyal verhalten und die Klägerin sogar öffentlich diffamieren“, von der Teilnahme am Vertrag auszuschließen, verstoße nicht gegen die Billigkeit. Im Rahmen des weiten Ermessens habe die Schiedsperson in § 5 Abs. 3 HzV-Vertrag geregelt, dass der Beklagte berechtigt und gegenüber der Klägerin verpflichtet sei, den HzV-Vertrag gegenüber dem Hausarzt mit sofortiger Wirkung zu kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliege.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin vom 22.09.2014, die mit Schriftsatz vom 29.12.2014 näher begründet wurde. Der durch Schiedsspruch vom 13.02.2012 festgesetzte Vertrag sei in zentralen Regelungen rechtswidrig bzw. unbillig. Die Klage sei als Feststellungsklage gemäß § 55 SGG zulässig. Die Klägerin habe ein erhebliches rechtliches Interesse an einer gerichtlichen Überprüfung des streitgegenständlichen Vertrages, sowohl im Hinblick auf zukünftige Vertragsgestaltungen als auch im Hinblick auf eine mögliche Rückabwicklung des streitgegenständlichen Vertrages.

Gerichtlicher Prüfungsmaßstab

Die Klageabweisung durch das Sozialgericht beruhe im Wesentlichen darauf, dass das Sozialgericht zu Unrecht von einer nur sehr eingeschränkten gerichtlichen Überprüfbarkeit des Schiedsspruchs vom 13.02.2012 ausgehe. Das Sozialgericht wende letztlich den Prüfungsmaßstab einer „offenbaren Unbilligkeit“ an, wie er nach §§ 317, 319 BGB für die Überprüfung zivilrechtlicher Leistungsbestimmungen gelte, ohne diesen Prüfungsmaßstab entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in einer den Erfordernissen des öffentlichen Rechts entsprechenden Weise zu modifizieren. Die „Beweislast“ für die Unbilligkeit oder Unrichtigkeit sehe das Sozialgericht zudem bei der Klägerin. In Anwendung dieses unzutreffenden Prüfungsmaßstabes habe das Sozialgericht nahezu alle rechtlichen Angriffe der Klägerin gegen den streitgegenständlichen Vertrag mit der Begründung zurückgewiesen, die Schiedsperson habe „im Rahmen des ihr eingeräumten billigen Ermessens vom Gericht nicht zu beanstandende, sachgemäße Regelungen getroffen“. Der angegriffene Schiedsspruch unterliege, da er im Rahmen eines gesetzlich normierten Verfahrens ergangen sei, einer umfassenderen gerichtlichen Kontrolle. Die Prüfungsbefugnis des Gerichts umfasse daher nicht nur die Überprüfung der Einhaltung zwingenden Gesetzesrechts, sondern auch die Prüfung, ob der Schiedsspruch der gesetzgeberischen Konzeption einer hausarztzentrierten Versorgung entspreche und auch insoweit „billig“ sei.

Rechtswidrigkeit des festgesetzten Vertrages

Der streitgegenständliche Vertrag sei rechtswidrig, indem er die Vorgaben des § 73b Abs. 5a Satz 1 bis 4 SGB V i. d. F. des GKV-FinG, des § 53 Abs. 9 SGB V und des Wirtschaftlichkeitsgebots missachte und in unzulässiger Weise die HÄVG und die HÄVG Rechenzentrum AG als faktische Vertragspartner in den Vertrag einbeziehe. Die Schiedsperson und ihr folgend das Sozialgericht hätten den Vertrag zu Unrecht als „Anschlussvereinbarung“ eingeordnet mit der Folge, dass der Vertrag rechtswidrig auf der Grundlage von § 73b SGB V in der bis zum 21.09.2010 geltenden Fassung statt auf der Grundlage von § 73b SGB V i. d. F. des GKV-Finanzierungsgesetzes festgesetzt worden sei. Die Frage, auf Grundlage welchen Rechts der Vertrag festzusetzen gewesen sei, sei im Übrigen rechtsdogmatisch keine Frage, deren Beantwortung einer etwaigen „Gestaltungsfreiheit“ der Schiedsperson und einer nur eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterfalle. Der streitgegenständliche Vertrag missachte die hier anzuwendenden Vorgaben des § 73b Abs. 5a Satz 1 bis 4, Abs. 8 SGB V i. d. F. des GKV-FinG. Absatz 1 des Anhangs 6 zur Anlage 3 (Vergütungsbegrenzungsklausel) werde den gesetzlichen Vorgaben nicht gerecht. Der Schiedsspruch sehe vielmehr Mehraufwendungen gegenüber der hausärztlichen Regelversorgung in Höhe von jährlich 70 Millionen Euro vor, ohne dass diese Mehraufwendungen durch Einsparungen und Effizienzsteigerungen zu finanzieren gewesen wären. Der streitgegenständliche Vertrag sei zu Unrecht als „Anschlussvereinbarung“ i. S. d. § 73b Abs. 5a Satz 5 SGB V i. d. F. des GKV-FinG festgesetzt worden. Durch diese Regelung habe 1. sichergestellt werden sollen, dass laufende Verträge zeitlich begrenzt fortgeführt werden könnten und nicht mit Inkrafttreten des GKV-FinG wegen Verstoßes gegen § 73b Abs. 5a Satz 1 bis 4 SGB V rechtswidrig würden; 2. sollte verhindert werden, dass die Krankenkassen laufende Hausarztverträge aufgrund der neuen Gesetzeslage in Ausübung eines Sonderkündigungsrechts kündigen. Die Klägerin habe dagegen den „alten“ Hausarztvertrag, dem der streitgegenständliche Vertrag nach Ansicht der Schiedsperson und des Sozialgerichts als „Anschlussvereinbarung“ folgen solle, bereits mit Wirkung zum 31.12.2010 außerordentlich gekündigt. Der erkennende Senat (Beschluss vom 22.02.2011, L 12 KA 2/11 B ER) habe die von der Beklagten begehrte Fortführung des gekündigten Vertrages bis zum Abschluss eines neuen Vertrages ferner abgelehnt, weil die wirksame Kündigung sonst folgenlos geblieben wäre. Vor diesem Hintergrund könne sich der Beklagte auch nicht auf einen „Bestandsschutz“ nach § 73b Abs. 5a Satz 5 SGB V i. d. F. des GKV-FinG berufen. Der Begriff der „Anschlussvereinbarung“ sei nach dem Sinn und Zweck der Regelung vielmehr so auszulegen, dass lediglich solche Verträge umfasst seien, die in zeitlicher Hinsicht Verträgen folgten, die vor dem 22.09.2010 zustande gekommen wären und durch Ablauf der Vertragslaufzeit oder durch ordentliche Kündigung beendet worden seien. Bestandsschutz sei Vertrauensschutz und nicht „objektiver Systemschutz“, wie das Sozialgericht unzutreffend meine. Hätte der Gesetzgeber § 73b SGB V in der vor Inkrafttreten des GKV-FinG geltenden Fassung generell über einen Übergangszeitraum bis zum 30.06.2014 festschreiben wollen, hätte er dies unproblematisch so regeln können. Stattdessen habe der Gesetzgeber aber einen differenzierten Weg gewählt, um einerseits zu verhindern, dass bestehende Verträge im Hinblick auf die Neuregelungen des GKV-FinG in Ausübung eines „Sonderkündigungsrechts“ beendet würden, um andererseits aber gleichzeitig sicherzustellen, dass Neuverträge, die „nach dem 22.09.2010 zustande gekommen seien“, auch tatsächlich den neuen gesetzlichen Anforderungen genügen.

Missachtung des Gebotes der Selbsttragung eines Wahltarifs Dass die Aufwendungen der gesetzlichen Krankenkassen für die hausarztzentrierte Versorgung grundsätzlich über Einsparungen und Effizienzsteigerungen finanziert werden müssten, ergebe sich ebenfalls aus dem Gebot der Selbsttragung eines Wahltarifs (§ 53 Abs. 9 SGB V). Das Sozialgericht sei dagegen der unzutreffenden Auffassung, dass das ärztliche Honorar keine „Aufwendung“ i. S. d. § 53 Abs. 9 SGB V darstelle. Eine solche einschränkende Auslegung sei weder dem Wortlaut des § 53 Abs. 9 SGB V noch der vom Sozialgericht zitierten Rechtsprechung des BSG zu entnehmen. Wahltarife wie die hausarztzentrierte Versorgung müssten sich durch die erzielten Einnahmen selbst finanzieren und dürften nicht aus den allgemeinen Beiträgen der Versichertengemeinschaft quersubventioniert werden.

Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot

Der streitgegenständliche Vertrag und insbesondere die Ausgestaltung der Vergütungsstruktur würden zudem gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot (§§ 12 Abs. 1, 70 SGB V) verstoßen. Der festgesetzte Vertrag sehe in Anhang 6 zu Anlage 3 eine „Vergütungsbegrenzungsklausel“ vor, die ein jährliches Budget von 70 Millionen Euro allein als zusätzliche Vergütung gegenüber der Regelversorgung beinhalte. Dieses Budget gelte allerdings völlig unabhängig von der Zahl der eingeschriebenen Versicherten. Der Begründung des Schiedsspruchs lasse sich entnehmen, dass das Budget in der Erwartung kalkuliert worden sei, dass sich etwa 1,5 Millionen Versicherte und ca. 7.000 Hausärzte in den Vertrag einschreiben würden. In diesem Fall wäre der Fallwert im Vergleich zur Regelversorgung um 11,67 Euro erhöht gewesen, was nach den Ausführungen der Schiedsperson „zu einer nicht unbeträchtlichen Verbesserung der Honorarsituation der teilnehmenden Hausärzte“ führen sollte. Tatsächlich hätten an dem streitgegenständlichen Vertrag aber zuletzt nur etwa 600.000 Versicherte teilgenommen, das zusätzliche HzV-Quartalsbudget von 17,5 Millionen Euro sei dennoch nahezu ausgeschöpft worden. Mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot sei diese fehlende Rückkoppelung des Zusatzbudgets an die Zahl der eingeschriebenen Versicherten und deren tatsächliche Behandlung nicht vereinbar. Auch die in Anlage 3 zum festgesetzten Vertrag vereinbarten Pauschalen „Zuschläge für den erhöhten Betreuungsaufwand definierter Krankheitsbilder“ in Höhe von 10,00 Euro, 27,50 Euro und 55,00 Euro seien in ihrer konkreten Ausgestaltung mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot unvereinbar. Diese Pauschalen würden zwar nicht kontaktunabhängig gewährt, seien aber bereits dann zu zahlen, wenn nur ein einziger Arzt-Patienten-Kontakt im Quartal stattgefunden habe. Der Nachweis eines tatsächlich erhöhten Betreuungsaufwandes sei nach dem festgesetzten Vertrag gerade nicht erforderlich. Das Sozialgericht meine weiterhin, dass zusätzliche Kosten, die der Klägerin durch nicht vertragskonforme Inanspruchnahmen (NVI) entstehen würden, keine Unvereinbarkeit mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot begründen könnten, da diese Kosten allein durch ein Fehlverhalten der Versicherten (der Klägerin) entstünden. NVI seien gerade ein Beleg für das Scheitern der Zielsetzung einer Lotsenfunktion des Hausarztes. Vor diesem Hintergrund sei die in § 9 Abs. 3 bis 5 des festgesetzten Vertrages vorgesehene „Lösung“ zur Reduzierung von „Mehrfachinanspruchnahmen“ nicht sachgerecht und unbillig. Dort seien nur sehr allgemeine Absichtserklärungen ohne jede vergütungsrechtliche Konsequenz vorgesehen.

Unzulässige Einbeziehung systemfremder Dritter in den festgesetzten Vertrag Der festgesetzte Vertrag sei des Weiteren deshalb rechtswidrig, jedenfalls unbillig, weil er die HÄVG und die HÄVG AG als faktische Vertragspartner in den Vertrag einbeziehe. Eine Pflicht zum Abschluss eines Vertrages mit systemfremden Dritten sei gesetzlich nicht vorgesehen und widerspreche auch der gesetzlichen Grundkonzeption einer regionalen hausarztzentrierten Versorgung. Das Sozialgericht habe den erstinstanzlich ausführlich begründeten Einwand der Klägerin gegen die Rechtmäßigkeit des festgesetzten Vertrages zu Unrecht allein mit formalen Überlegungen zurückgewiesen. Die faktische Vertragspartnerstellung der HÄVG zeige sich besonders deutlich daran, dass der festgesetzte Vertrag in Anlage 1 die von der HÄVG entwickelten Softwarelösungen als zwingenden Bestandteil der Vertragssoftware festschreibe. Da die Erfassung und Abrechnung der vertraglichen Leistungen zwingend unter Nutzung des „HÄVG-Prüfmoduls“ erfolgen müsse, sei eine Durchführung des Vertrags ohne die HÄVG nicht möglich, was gegen die Vorgaben des § 73b SGB V verstoße und insofern auch eine unzulässige Substitution i. S. v. § 664 Abs. 1 BGB (analog) darstelle.

Unbilligkeit des festgesetzten Vertrages

Entgegen den Ausführungen des Sozialgerichts sei der streitgegenständliche Vertrag auch in zentralen Festlegungen unbillig. Die Vertragsgestaltung obliege insofern nicht vollständig der Gestaltungsfreiheit der Schiedsperson, sondern könne und müsse gerichtlich überprüft und korrigiert werden, um einen effektiven Rechtsschutz zu ermöglichen.

Der durch Schiedsspruch vom 13.02.2012 festgesetzte Vertrag begründe zu Unrecht unmittelbare Leistungs- und Abrechnungsbeziehungen zwischen der Klägerin und den einzelnen, an dem Vertrag teilnehmenden Hausärzten. Dies widerspreche der Konzeption des § 73b SGB V, wonach der Beklagten die Durchführung der hausarztzentrierten Versorgung durch die teilnehmenden Hausärzte schulde und auch vermitteln müsse. Entgegen diesem gesetzgeberischen Konzept sehe der streitgegenständliche Vertrag zusammengefasst vor, dass die Auszahlung der HzV-Vergütung an die einzelnen Hausärzte zwar durch den Beklagten erfolge (nach Abzug der Verwaltungskosten), Erstattungsansprüche aufgrund fehlerhafter Abrechnungen von der Klägerin aber direkt gegenüber den Hausärzten geltend gemacht werden sollen. Dies sei unbillig. Nach den Regelungen des festgesetzten Vertrages müsse die Klägerin unter einem erheblichen administrativen Zusatzaufwand Zahlungsaufforderungen an alle betroffenen Hausärzte versenden, ehe sie ihren Erstattungsanspruch mit dem HzV-Vergütungsanspruch der jeweiligen Hausärzte im nachfolgenden Abrechnungsquartal verrechnen könne (§ 12 Abs. 3 des festgesetzten Vertrages).

Der streitgegenständliche Vertrag sei entgegen dem Anliegen der Klägerin als sogenannter Vollversorgungsvertrag festgesetzt worden. Die Schiedsperson habe außer Acht gelassen, dass gerade aufgrund der Erfahrungen der Klägerin mit dem gekündigten alten HzV-Vertrag vorliegend allein die Festsetzung eines Add-on-Vertrages der Billigkeit entsprochen hätte. Mit dem Vorteil eines Add-on-Vertrages habe sich der Schiedsspruch nicht auseinandergesetzt. Der streitgegenständliche Vertrag sei als „Vollversorgungsvertrag“ auch deshalb unbillig, weil er eine Abrechnung von Leistungen für eingeschriebene HzV-Versicherte im Kollektivvertragssystem nicht wirksam ausschließe. Es handle sich somit gerade nicht um einen „echten“ Vollversorgungsvertrag. Im Rahmen eines echten Vollversorgungsvertrages werde die kollektivvertragliche Versorgung durch eine selektivvertragliche Versorgung vollumfänglich ersetzt. Eine Abrechnung von Leistungen für eingeschriebene Versicherte gegenüber der KV sei damit ausgeschlossen. Dies sehe der Beklagte im Widerspruch zu den Erwägungen der Schiedsperson anders. Danach sollen die teilnehmenden Hausärzte für die bei ihnen eingeschriebenen Versicherten auch bei einem „Vollversorgungsvertrag“ weiterhin all jene Leistungen gegenüber der KV Bayerns abrechnen können, die nicht explizit im Leitungsverzeichnis des festgesetzten Vertrages (Anlage 3) erfasst seien. Die dadurch entstehenden Kosten solle die Klägerin tragen zusätzlich zur HzV-Vergütung. Nach den bisherigen Auswertungen der Klägerin habe dies zu einer weiteren Erhöhung der Fallwerte um zwischen 15,00 und 19,00 Euro geführt. Die Frage nach der Struktur eines „echten“ Vollversorgungsvertrages sei auch einer der zentralen Streitpunkte zwischen den Parteien im aktuellen Schiedsverfahren unter dem Vorsitz von Dr. H. K. gewesen. Der Beklagte habe in diesem aktuellen Verfahren die Auffassung vertreten, dass nur „hausarzttypische“ Leistungen von einem Vollversorgungsvertrag umfasst seien und (vermeintlich) „hausarztuntypische“ Leistungen, die von den teilnehmenden Hausärzten für eingeschriebene HzV-Versicherte erbracht werden, weiterhin im Rahmen der Regelversorgung über die KV Bayerns abgerechnet werden sollen. Eine solche willkürliche Differenzierung in hausarzttypische und hausarztuntypische Leistungen verbiete sich aber und widerspreche auch der Struktur des EBM. Der streitgegenständliche Vertrag sei vor diesem Hintergrund als „Vollversorgungsvertrag“ insofern unbillig, als er keine Regelung enthalte, die eine Abrechnung von Leistungen für eingeschriebene HzV-Versicherte gegenüber der KV Bayerns ausschließe.

Der festgesetzte Vertrag sei auch insofern unbillig und mit der Satzung der Klägerin unvereinbar, als er in § 1 Abs. 9 den Geltungsbereich auf alle Versicherten der Klägerin erstrecke. § 73b Abs. 1 SGB V verpflichte die Krankenkassen, allen ihren Versicherten eine besondere hausarztzentrierte Versorgung anzubieten. Dabei lasse der Gesetzgeber den Krankenkassen ausdrücklich die Wahl, die hausarztzentrierte Versorgung von Kindern und Jugendlichen entweder über Verträge mit „Gemeinschaften, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte vertreten“ gemäß § 73b Abs. 4 Satz 1 SGB V anzubieten oder über gesonderte Verträge mit Kinderärzten. Die Klägerin sei in Ausübung ihres Wahlrechts aus § 73b Abs. 4 Satz 3 SGB V befugt gewesen, die hausarztzentrierte Versorgung von Kindern und Jugendlichen durch einen separaten Vertrag mit dem Kinder- und Jugendärzteverband als „Gemeinschaft“ der Kinderärzte i. S. v. § 73b Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 SGB V sicherzustellen. Der streitgegenständliche Vertrag räume durch die Erstreckung des Geltungsbereichs auf alle Versicherten dem Vertrag mit dem Beklagten einen Vorrang vor speziellen Hausarztverträgen zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen ein, der gesetzlich nicht vorgesehen sei.

Der festgesetzte Vertrag sehe keine Möglichkeit vor, dass die Klägerin Hausärzte, die sich ihr gegenüber illoyal verhalten oder wiederholt Falsch- oder Doppelabrechnungen von Leistungen vornehmen, von der Teilnahme am Vertrag auszuschließen. Dass die Kündigungsmöglichkeit durch den Beklagten gerade keine sachgerechte Lösung darstelle, zeige die Tatsache, dass der Beklagte sogar die Kündigung von Hausärzten ablehne, gegen die wegen diffamierender Äußerungen über die Klägerin ein rechtskräftiger Strafbefehl ergangen sei.

Die Klägerin stellt den Antrag,

  • 1.das Urteil des Sozialgerichts München vom 16.07.2014 abzuändern und

  • 2.festzustellen, dass der durch Schiedsspruch vom 13.02.2012 festgesetzte Vertrag zur Durchführung einer hausarztzentrierten Versorgung gemäß § 73b Abs. 4 Satz 1 SGB V rechtswidrig und unbillig ist, insbesondere insoweit, als

a) der festgesetzte Vertrag gegen § 73b Abs. 5a Satz 1 bis 4 und Abs. 8 SGB V i. d. F. des GKV-FinG verstößt;

b) der festgesetzte Vertrag mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot unvereinbar ist;

c) systemfremde Dritte, insbesondere die HÄVG und die HÄVG Rechenzentrum AG, als - faktische - Vertragspartner am festgesetzten Vertrag gegen den Willen der Klägerin beteiligt werden;

d) der festgesetzte Vertrag unmittelbare Vergütungsansprüche der teilnehmenden Ärzte gegenüber der Klägerin begründet;

e) der als „Vollversorgungsvertrag“ festgesetzte Vertrag eine Abrechnung von Leistungen für eingeschriebene HzV-Versicherte im Kollektivvertragssystem nicht wirksam ausschließt;

f) der Geltungsbereich des festgesetzten Vertrages sich auf alle Versicherten der Klägerin erstreckt ohne eine Mehrfachteilnahme an verschiedenen Vertragsangeboten der Klägerin zur hausarztzentrierten Versorgung auszuschließen.

Der Beklagte stellt den Antrag,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 30.09.2015 vorgetragen, dass die Entscheidung des SG München bereits deswegen richtig bezüglich des Hauptantrags ist, weil die auf Aufhebung des streitgegenständlichen Schiedsspruchs gerichtete Klage unzulässig war. Für die vollständige Aufhebung des Urteils bestehe somit gar kein Raum.

Die auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Regelungen im HzV-Vertrag abzielenden Anträge seien unbegründet.

Entgegen der Auffassung der Klägerin habe das SG München bei seiner Entscheidung die Regelungen im HzV-Vertrag nicht nur auf ihre etwaige offenbare, sondern auch auf schlichte Unbilligkeit überprüft. Aufgrund des Ermessens der Schiedsperson könne die maßgebliche „Unbilligkeit“ lediglich darin bestehen, dass der Schiedsspruch auf schwerwiegenden verfahrensrechtlichen Mängeln beruht, das gefundene Ergebnis materiell unrichtig ist oder gegen Treu und Glauben verstößt. Der streitgegenständliche Vertrag sei nach alledem nur im Hinblick auf die Einhaltung zwingenden Gesetzesrechts zu überprüfen. Soweit Lücken des HzV-Vertrages bestehen, seien die von den Vertragsparteien - gegebenenfalls unter Beiziehung einer Schiedsperson - auszufüllen.

Bei dem HzV-Vertrag handle es sich um eine Anschlussvereinbarung gemäß § 73b Abs. 5a Satz 5 SGB V in der ab dem 22.09.2010 geltenden Fassung. Zwischen den Parteien habe seit dem 12.02.2009 ein HzV-Vertrag bestanden, den die Klägerin mit Wirkung zum 31.12.2010 gekündigt habe. Die Schiedsperson sei berechtigt gewesen, den HzV-Vertrag als Anschlussvereinbarung festzusetzen. Entgegen der Auffassung der Klägerin setze eine Anschlussvereinbarung nicht zwingend voraus, dass diese zeitlich unmittelbar an die vorhergehende Vereinbarung anschließen müsse. Der Gesetzgeber habe klargestellt (BT-Drucks. 17/3040, S. 23), dass der Begriff Anschlussvereinbarung im Sinne einer „Folgevereinbarung“ im Sinne einer inhaltlichen und nicht zeitlichen Anschlussvereinbarung zu verstehen sei.

Auch bei einer außerordentlichen Kündigung bestehe Bestandsschutz. Denn Sinn und Zweck der Bestandsschutzregelung nach § 73b Abs. 5a Satz 5 SGB V a. F. sei ausweislich der Gesetzesbegründung die Sicherstellung einer gewissen zeitlichen Dauer der laufenden HzV-Verträge bzw. deren Anschlussvereinbarungen gewesen, um eine fundierte Evaluation der Verträge durchführen zu können. Aus diesem Grunde sei die zunächst bis zum 31.12.2012 begrenzte Bestandsschutzregelung nochmals bis zum 30.06.2014 verlängert worden (vgl. BT-Drucks. 17/3696, S. 46). Vor diesem Hintergrund sei die Annahme der Klägerin falsch, dass es sich bei dem Bestandsschutz gemäß § 73b Abs. 5a Satz 5 SGB V a. F. um Vertrauensschutz handle. Vielmehr sei dieser angesichts des eindeutigen Willens des Gesetzgebers als „objektiver Systemschutz zugunsten der vom Gesetzgeber gewünschten Evaluation“ zu verstehen.

Auch der Versuch der Klägerin, selbst bei Annahme einer Anschlussvereinbarung eine Rechtswidrigkeit des HzV-Vertrages aus einem Verstoß gegen § 53 Abs. 9 SGB V herzuleiten, gehe ins Leere. Die Regelung in § 53 Abs. 9 SGB V sei ohnehin für die Bewertung der Rechtmäßigkeit des HzV-Vertrages unerheblich und lege lediglich Vorgaben für die Kalkulation der Wahltarife fest, wobei die Kalkulation allein der Klägerin obliege und nicht Gegenstand des HzV-Vertrages sei. Die Vorschrift beziehe sich ausschließlich auf die Rechtmäßigkeit des Wahltarifs in der Satzung der Krankenkasse. Ein Verstoß gegen § 53 Abs. 9 SGB V könne deshalb nicht die Rechtmäßigkeit des HzV-Vertrages berühren, sondern allenfalls die des seitens einer Krankenkasse angebotenen Wahltarifs. Vorliegend habe die Klägerin unstreitig von der Möglichkeit gemäß § 53 Abs. 9 SGB V, Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, keinen Gebrauch gemacht. Die Regelung des § 53 Abs. 9 SGB V komme insofern gar nicht erst zum Tragen.

Der HzV-Vertrag und die darin festgesetzte Vergütungsstruktur würden auch nicht gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen. Da die Regelungen des § 73b Abs. 5a Satz 1 bis 4 und Abs. 8 SGB V a. F. auf den HzV-Vertrag als Anschlussvereinbarung keine Anwendung finden, seien die Allgemeinen Grundsätze der Wirtschaftlichkeitsprüfung zu beachten, gegen die kein Verstoß ersichtlich sei. Die Begründung der Klägerin, warum der festgesetzte HzV-Vertrag unwirtschaftlich sein solle, erschöpfe sich in der immer noch unsubstantiierten Behauptung, aus dem HzV-Vertrag würden angeblich Mehrbelastungen resultieren, die nicht gerechtfertigt seien. Daneben würden die Zuschläge für den erhöhten Betreuungsaufwand definierter Krankheitsbilder einen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot darstellen. Zudem werde bemängelt, dass die Zuschläge bereits bei nur einem Arzt-Patienten-Kontakt im Quartal anfallen. Schließlich würden auch die nicht vertragskonformen Inanspruchnahmen zur Herleitung eines Verstoßes gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot herangezogen. Inwiefern aus diesen unsubstantiierten Behauptungen ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot resultieren könne, sei nicht nachvollziehbar und werde von der Klägerin auch nicht dargelegt. Es werde verkannt, dass es bei der Beurteilung nicht vordergründig auf die finanziellen Auswirkungen des HzV-Vertrages auf den Haushalt der Klägerin ankomme, sondern auf das Ergebnis der Abwägung zwischen den Kosten und dem Nutzen der hausarztzentrierten Versorgung auf Grundlage des HzV-Vertrages. Die Klägerin habe sich im Übrigen selbst ausdrücklich geweigert, erwiesene Einsparmöglichkeiten, die z. B. in dem mit der AOK Baden-Württemberg bestehenden HzV-Vertrag effektiv umgesetzt worden seien, anzuwenden, obwohl sie selbst Einsparpotenzial bei der Arzneimittelversorgung der Versicherten in einem mehrstelligen Millionenbetrag für möglich halte, ohne die Qualität der Versorgung zu verringern.

Die Klägerin habe im Laufe des Schiedsverfahrens selbst vorgetragen, dass eine Summe von 55 Millionen für einen Add-on-Vertrag allein im Jahr 2012 zur Verfügung stünde. Eine Überforderung der Klägerin sei angesichts der für das Jahr 2012 auf 35 Millionen und für das Jahr 2013 auf 70 Millionen festgelegten Vergütungsobergrenze nicht zu befürchten und sei auch nicht eingetreten und auch nicht dargelegt worden.

Auch die „Einbeziehung“ Dritter in den HzV-Vertrag sei nicht rechtswidrig. Mit dem Begriff „Einbeziehung“ und „faktische Vertragspartner“ versuche die Klägerin zu suggerieren, dass die HÄVG Vertragspartner im Rahmen des HzV-Vertrages geworden sei. Die Rolle der HÄVG als Erfüllungsgehilfe bzw. des Rechenzentrums als andere Stelle sei in § 1 Abs. 1 und 12 HzV eindeutig geregelt.

Es bestehe auch keine Unbilligkeit aufgrund sonstiger Regelungen.

Es sei nicht ersichtlich, woraus sich ergeben solle, dass der vertraglich vorgesehene direkte Vergütungsanspruch der teilnehmenden Hausärzte unzulässig sein solle. Dies ergebe sich auch nicht aus § 73b SGB V. Die Durchführung der hausarztzentrierten Versorgung sei zwischen den Vertragspartnern zu vereinbaren. Diese Befugnis gehe im Rahmen eines Schiedsverfahrens auf die Schiedsperson über.

Die Schiedsperson habe in Ausübung ihres billigen Ermessens mit guter und nachvollziehbarer Begründung in rechtmäßiger Weise einen Vollversorgungsvertrag festgesetzt.

Die Teilnahmemöglichkeit aller Versicherten der Klägerin, unabhängig von deren Alter, stelle ebenfalls keine unbillige Regelung im Rahmen des HzV-Vertrages dar. § 73b SGB V sehe keinen Ausschluss bestimmter Versichertengruppen vor. Der von der Klägerin zitierten Vorschrift in § 73b Abs. 3 Satz 4 SGB V sei lediglich zu entnehmen, dass ein Vertrag zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit den in Absatz 4 Satz 3 genannten Vertragspartnern - unabhängig von einer Einigung im Sinne des Absatzes 4 Satz 1 - geschlossen werden könne. Das Angebot der hausarztzentrierten Versorgung von Kindern und Jugendlichen könne insofern sowohl mittels des im Streit stehenden HzV-Vertrages als auch mittels eines speziellen Vertrages mit Kinderärzten erfolgen. Dieses entbinde die Klägerin jedenfalls nicht von der vertraglichen Pflicht, allen ihren Versicherten die hausarztzentrierte Versorgung gemäß § 73b Abs. 4 Satz 1 SGB V anzubieten. Wie die Klägerin selbst ausführe, könne sie zur Vermeidung einer Mehrfachteilnahme der Versicherten in einem freiwilligen Vertrag zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen entsprechende Regelungen vorsehen. In diesem Fall könnten die Versicherten wählen, an welchem Vertrag sie teilnehmen möchten. Weder aus dem Gesetz noch aus der Gesetzesbegründung ergebe sich, dass dieses Wahlrecht auf die Klägerin übertragen worden wäre.

Ebenfalls nicht unbillig seien die Regelungen zur Kündigung von Leistungserbringern. Es seien sowohl automatische Beendigungsgründe in dem Vertrag enthalten als auch die Pflicht des Beklagten gegenüber der Klägerin zur Kündigung von Leistungserbringern bei Vorliegen eines wichtigen Grundes.

Die Nichtaufnahme einer Loyalitätsklausel sei keineswegs unbillig. Die Vertragsparteien seien bereits aus allgemeinen Vorschriften zu gegenseitigem vertragstreuem Verhalten verpflichtet.

Dem Senat liegen die Akte des Sozialgerichts München S 28 KA 696/12, die Berufungsakte L 12 KA 149/14 sowie vier Leitz-Ordner der Kanzlei A. zur Entscheidung vor, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden und auf deren weiteren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.

Gründe

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet.

Das Sozialgericht München hat mit dem angefochtenen Urteil vom 16.07.2014 die Klage der Klägerin gegen den Schiedsspruch vom 13.02.2012 zu Recht abgewiesen.

Der Schiedsspruch vom 13.02.2012 entspricht in vollem Umfang der Sach- und Rechtslage.

Der Senat weist die Berufung gemäß § 153 Abs. 2 SGG aus den zutreffenden Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung zurück.

Die Einwände der Klägerin im Berufungsverfahren führen zu keinem für die Klägerin günstigeren Ergebnis.

Die Klägerin hat die Klage zu Recht als Feststellungsklage i. S. v. § 55 Abs. 1 SGG erhoben. Das für eine Feststellungsklage notwendige Rechtsschutzbedürfnis ist im Hinblick auf die nach wie vor bestehenden Meinungsunterschiede zwischen den Beteiligten insbesondere hinsichtlich des ebenfalls geschiedsten Folgevertrages vom 10.12.2014 ohne Weiteres gegeben.

Die Klage richtet sich auch zu Recht gegen die Beklagte und nicht gegen die Schiedsperson. Dies ergibt sich daraus, dass die Schiedsperson keine Behörde ist und deren Entscheidung nicht in der Form eines Verwaltungsakts ergeht (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 25.03.2015 Juris Rn. 55, BSGE 118, 164 bis 200, Rn. 55).

Für die Begründetheit der Feststellungsklage ist zwar in der Regel auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen. Vorliegend ist jedoch vom Zeitpunkt der Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson am 13.02.2012 auszugehen, weil die Klägerin die Rechtswidrigkeit des Schiedsspruchs für den Zeitpunkt seines Ergehens geltend macht.

Gerichtlicher Prüfungsmaßstab

Der gerichtliche Prüfungsmaßstab erstreckt sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht über die Einhaltung zwingenden Gesetzesrechts hinaus auch auf die Frage, ob der Vertrag in seinen zentralen Festlegungen der gesetzlichen Grundkonzeption einer hausarztzentrierten Versorgung entspricht und geeignet ist, die Ziele der hausarztzentrierten Versorgung zu verwirklichen. Die Entscheidung der Schiedsperson nach § 73b Abs. 4a SGB V unterliegt demgegenüber nur in eingeschränktem Umfang der gerichtlichen Kontrolle. Der Schiedsspruch ist nur daraufhin zu überprüfen, ob die grundlegenden verfahrensrechtlichen Anforderungen beachtet und in inhaltlicher Ansicht die zwingenden rechtlichen Vorgaben eingehalten wurden. Es ist in formeller Hinsicht zu klären, ob das Schiedsamt den von ihm zugrunde gelegten Sachverhalt in einem fairen Verfahren unter Wahrung des rechtlichen Gehörs festgestellt hat und der Schiedsspruch die Gründe für das Entscheidungsergebnis wenigstens andeutungsweise erkennen lässt. Die inhaltliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob der zugrunde gelegte Sachverhalt zutrifft und ob die Schiedsperson den ihr zustehenden Gestaltungsspielraum eingehalten hat, d. h. die maßgeblichen Rechtsmaßstäbe beachtet hat. Die gerichtliche Kontrolle der Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson richtet sich nach alledem nach dem in der Rechtsprechung zur Überprüfung von Schiedsamtsentscheidungen nach § 89 SGB V entwickelten Maßstäben (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 25.03.2015, B 6 KA 9/14, Juris Rn. 58 sowie Beschluss des Senats vom 05.10.2015, L 12 KA 83/15 B ER, Rn. 106). Diesen Maßstab hat auch die Schiedsperson in der Entscheidung vom 13.02.2012 - wenn auch in Anlehnung an § 132a Abs. 2 SGB V - zugrunde gelegt (vgl. S. 17/18 der Entscheidungsbegründung).

Kein Verstoß gegen § 73b Abs. 5a Sätze 1 bis 4 und Abs. 8 SGB V i. d. F. des GKV-FinG Der HzV-Vertrag war entgegen der Auffassung der Klägerin nicht auf der Grundlage des § 73b SGB V i. d. F. des Gesetzes zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Finanzierungsgesetz - GKV-FinG - vom 22.12.2010, BGBl. I S. 2309) festzusetzen (dort wurde mit Wirkung vom 22.09.2010 - Art. 15 Nr. 4 GKV-FinG ein neuer Absatz 5a aufgenommen, wobei durch die Neuregelungen das Wirtschaftlichkeitsgebot in der HzV dadurch gestärkt werden sollte, dass für die ab dem 22.09.2010 geschlossenen bzw. durch Schiedsspruch festgesetzten HzV-Verträge ausdrücklich die Geltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität festgeschrieben wurde und die Höhe der Vergütung in der HzV begrenzt wurde bzw. ihre Steigerung unter bestimmten Voraussetzungen durch Einsparungen und Effizienzsteigerungen, die aus den HzV-Verträgen erzielt wurden, zu finanzieren waren), sondern auf der Grundlage des § 73b SGB V in der bis zum 21.09.2010 geltenden Fassung des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG) vom 15.12.2008. In der Begründung zum Schiedsspruch ist zu Recht darauf hingewiesen worden, dass der Begriff der Anschlussvereinbarung in § 73b Abs. 5a Satz 5 SGB V a. F. nicht in dem Sinne zu verstehen ist, dass ein neuer HzV-Vertrag an den früheren HzV-Vertrag in zeitlicher Hinsicht anknüpfen müsse. Andernfalls könnten die Vertragspartner durch ein Hinauszögern der Vertragsverhandlungen den zeitlichen Zusammenhang mit dem früheren HzV-Vertrag aufheben mit der Folge, dass keine Anschlussvereinbarung zustande käme. Der Begriff der Anschlussvereinbarung ist daher im Sinne einer Folgevereinbarung zu verstehen und ist entgegen der Ansicht der Klägerin gerade nicht einschränkend dahingehend auszulegen, dass nur solche Verträge umfasst sein sollen, die in zeitlicher Hinsicht Verträgen folgen, die vor dem 22.09.2010 zustande gekommen waren und durch Ablauf der Vertragslaufzeit oder durch ordentliche Kündigung beendet wurden. Insbesondere aus der Gesetzesbegründung (vgl. Begründung Gesetzentwurf zum GKV-FinG BT-Drucks. 17/3040, S. 23, S. 36 zu Nr. 5a wie auch Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit, BT-Drucks. 17/3696, S. 46) ergibt sich, dass durch den gesetzgeberisch gewollten Bestandsschutz die im Koalitionsvertrag vorgesehene Evaluation der HzV-Verträge gewährleistet werden soll, „ohne dass das Ergebnis dieser Bewertung durch zwischenzeitliche Änderungen der für die hausarztzentrierte Versorgung maßgeblichen Regelungen erschwert“ wird. Gerade im Hinblick auf dieses wesentliche gesetzgeberische Ziel ist es ausgeschlossen, bei der Frage des Vorliegens und der Statthaftigkeit einer Anschlussvereinbarung zwischen ordentlich und außerordentlich gekündigten Altverträgen zu differenzieren. Die Regelung des § 73b Abs. 5a Satz 5 SGB V dient also nicht dem individualrechtlichen Vertrauensschutz einer oder beider Vertragsparteien, sondern sie soll sicherstellen, dass die hausarztzentrierte Versorgung als alternatives Versorgungsmodell evaluiert werden kann, was nach Ansicht des Gesetzgebers nur bei einigermaßen stabilen gesetzlichen Rahmenbedingungen gewährleistet ist. Bestandsschutz meint also objektiven Systemschutz, nicht subjektiven Vertrauensschutz (vgl. Kingreen als Schiedsperson i. S. v. § 73b in dem Parallelschiedsspruch zwischen der Beklagten und den Ersatzkassen vom 17.02.2012, S. 9).

Missachtung des Gebots der Selbsttragung eines Wahltarifs Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt auch kein Verstoß des Schiedsspruchs gegen das Gebot der Selbsttragung eines Wahltarifs (§ 53 Abs. 9 SGB V) vor, der vorsieht, dass die Aufwendungen der gesetzlichen Krankenkassen für die hausarztzentrierte Versorgung grundsätzlich über Einsparungen und Effizienzsteigerungen finanziert werden müssen. Es bestehen zwar insofern Bedenken gegen die Auffassung des SG B-Stadt in der zugrunde liegenden Entscheidung (Urteil vom 16.07.2014, S 28 KA 696/12 - juris Rn. 47 f.), nach der ein Vertrag zur HzV bereits deshalb nicht gegen § 53 Abs. 9 SGB V verstoßen könne, weil die möglicherweise durch diesen Vertrag verursachten Mehrkosten keine „Aufwendungen für den Wahltarif“ i. S. d. § 53 Abs. 9 Satz 1 SGB V seien und dass diese deshalb auch nicht durch Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen gegenfinanziert werden müssten. Der Begriff der „Aufwendungen für den Wahltarif“ dürfte umfassender zu verstehen sein (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 25.03.2015, Rn. 78). Dies kann vorliegend aber offen bleiben. Denn die eindeutige Entscheidung des Gesetzgebers gegen die Geltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität in der HzV für den vorliegenden geschiedsten Vertrag kann nicht über das Verbot der Quersubventionierung von Wahltarifen aus § 53 Abs. 9 SGB V unterlaufen werden (vgl. auch LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 03.11.2011 - L 3 KA 104/10 B ER, juris Rn. 48). Maßgebend ist die für das Leistungserbringungsverhältnis vorrangige Regelung des § 73b SGB V. Deshalb ist § 53 Abs. 9 SGB V insoweit einschränkend auszulegen, als nicht allein darin ein Verstoß gegen das Verbot der Quersubventionierung aus § 53 Abs. 9 SGB V gesehen werden kann, wenn die Vertragspartner des HzV von der Gestaltungsfreiheit Gebrauch machen, die der Gesetzgeber ihnen mit der bereichsspezifischen Ausnahme vom Gebot der Beitragssatzstabilität einräumen wollte. Im Übrigen betrifft die Regelung zu den Wahltarifen das Verhältnis der Krankenkassen zu den Versicherten und nicht das Leistungserbringungsrecht. Ein Verstoß gegen die Vorgaben des § 53 Abs. 9 SGB V könnte deshalb nur die Rechtmäßigkeit der Satzung der Krankenkasse berühren und nicht die Rechtmäßigkeit des Vertrages zur HzV.

Entgegen der Auffassung der Klägerin verletzt der geschiedste HzV-Vertrag auch nicht das Wirtschaftlichkeitsgebot. Für die Rechtmäßigkeit der Festsetzung durch die Schiedsperson unter dem Gesichtspunkt des Wirtschaftlichkeitsgebotes (§§ 12 Abs. 1, 70 SGB V) ist ausschlaggebend, dass die für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wesentlichen Gesichtspunkte erkannt und gegeneinander abgewogen worden sind und Eingang in die Begründung gefunden haben.

Diesen Anforderungen wird der Schiedsspruch und seine Begründung gerecht. Aus der Begründung ist zu ersehen, dass die Schiedsperson zunächst eine einvernehmliche Regelung zwischen den Beteiligten erreichen wollte, ein solches Einverständnis aber nicht mal ansatzweise erzielt werden konnte. Die Schiedsperson ist daher in nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass das finanzielle Risiko der Antragsgegnerin aus dem HzV-Vertrag durch eine Regelung begrenzt werden müsse. Da nach zutreffender Auffassung der Schiedsperson eine Beschränkung des Zugangs der Versicherten zur HzV auf einen bestimmten Prozentsatz der Versicherten rechtlich nicht zulässig war, hat die Schiedsperson das von der Klägerin an die Beklagte zu leistende Honorar auf ein Höchstvolumen von 70 Millionen Euro pro Jahr begrenzt. Diese Grenze von 70 Millionen wurde unter umfangreicher Abwägung schon bekannter Daten und der Prognose über die weitere Entwicklung ausgewogen festgelegt. Dabei ging die Schiedsperson im Vergleich zu der sehr hohen Einschreibungszahl von knapp 2,6 Millionen Versicherten (bei entsprechend hohen Leistungsausgaben der Beklagten im Jahr 2010 für HzV-Leistungen in Höhe von ca. 400 Millionen Euro) im HzV-Altvertrag von nur mehr 1,5 Millionen eingeschriebenen Versicherten (bei einer noch deutlicher reduzierten Vergütungsobergrenze von 70 Millionen Euro) für den neuen HzV-Vertrag aus.

Dass die Prognoseentscheidung zur Einschreibungszahl mit zuletzt 600.000 Versicherten nochmals deutlich geringer im Vergleich zur Einschreibungszahl des HzV-Altvertrages ausfiel, macht die Prognoseentscheidung in dem streitgegenständlichen Schiedsspruch nicht rechtswidrig, weil nicht erkennbar ist, dass die Prognose auf unrichtigen Tatsachen oder unrichtigen bzw. unsachlichen Erwägungen beruht. Insbesondere konnte die Schiedsperson noch nicht die Abschaffung der Praxisgebühr zum 01.01.2013 aufgrund des Beschlusses des Bundestages vom 09.11.2012 in die Überlegungen miteinbeziehen. Die Befreiung von der Praxisgebühr bei Einschreibung in den HzV-Altvertrag war wohl ein wichtiger Grund für die hohe Einschreibungszahl in den HzV-Altvertrag. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die Klägerin der Beklagten mit Schriftsatz vom 30.03.2015 im Rahmen einer Übergangsregelung für eine Fortgeltungsvereinbarung ab 01.04.2015 Honorarleistungen angeboten hat, die den Betrag von 70 Millionen Euro noch um 10% erhöhen und von der Klägerin insbesondere hervorgehoben wird, dass bei allen Vereinbarungen künftiger HzV-Verträge zur Vermeidung untragbarer Finanzrisiken eine feste Vergütungsbegrenzungsklausel zu vereinbaren ist.

Ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot kann nach alledem nicht erkannt werden.

Keine unzulässige Einbeziehung systemfremder Dritter in den festgesetzten Vertrag Die Klägerin geht zu Unrecht davon aus, dass die HÄVG und die HÄVG Rechenzentrum AG als „faktische Vertragspartner“ rechtswidrig in den Vertrag einbezogen worden sind.

Entscheidend ist allein, dass gemäß § 1 Abs. 3 HzV-Vertrag Vertragspartner des HzV-Vertrages lediglich die Krankenkasse und der Hausärzteverband sind. Demgegenüber ist die Rechtsstellung des HÄVG Rechenzentrum AG gemäß § 1 Abs. 11 HzV-Vertrag als das vom Hausärzteverband nach § 259a Abs. 2 SGB V als andere Stelle zu Abrechnungszwecken beauftragte und in Anlage 3 unter § 5 Abs. 1 benannte Rechenzentrum beschrieben. Die HÄVG schließlich ist gemäß § 1 Abs. 12 HzV-Vertrag der Erfüllungsgehilfe des Hausärzteverbandes zur Erfüllung bestimmter vertraglicher Verpflichtungen aus diesem HzV-Vertrag mit Ausnahme der Abrechnung. In § 2 Abs. 3 Satz 2 HzV-Vertrag ist hierzu passend geregelt, dass der Beklagte zur Gewährleistung einer vertragsgemäßen Abrechnung der hausärztlichen Leistungen gemäß § 295a Abs. 2 SGB V i. V. m. § 80 SGB X berechtigt ist, eine andere Stelle zu beauftragen, in § 2 Abs. 3 Satz 3 HzV-Vertrag ist schließlich geregelt, dass der Hausärzteverband als andere Stelle i. S. v. § 295a Abs. 2 SGB V i. V. m. § 80 SGB X das in Anlage 3 benannte Rechenzentrum beauftragt. Gemäß § 2 Abs. 4 Satz 1 HzV-Vertrag ist der Beklagte weiter berechtigt, sich im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften bei der Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtungen Dritter als Erfüllungsgehilfen zu bedienen (§ 278 BGB). Soweit die HÄVG im Rahmen des HzV-Vertrages erwähnt wird, erfolgt dies ausschließlich in Wahrnehmung ihrer Funktion als Erfüllungsgehilfe des Beklagten (§ 2 Abs. 4 Satz 2 HzV-Vertrag). Der Senat hat die Einbeziehung der HÄVG als Erfüllungsgehilfin des Beklagten bereits in einem den HzV-Altvertrag betreffenden Verfahren ausdrücklich nicht beanstandet (vgl. BayLSG, Beschluss vom 22.02.2011, Az.: L 12 KA 2/11 B ER, Rn. 70). Das SG hat zu Recht darauf hingewiesen, dass es nicht darauf ankomme, ob der Beklagte ohne Einbeziehung der HÄVG faktisch nicht in der Lage wäre, seine vertraglichen Pflichten vollständig erfüllen; entscheidend ist lediglich, dass der Beklagte rechtlich hinsichtlich der ihm obliegenden Pflichten einsteht. Dies ist vorliegend ohne Zweifel der Fall.

Unmittelbare Vertragsbeziehungen zwischen der Klägerin und den beteiligten Hausärzten Weiter ist es nicht zu beanstanden, dass der durch Schiedsspruch vom 13.02.2012 festgesetzte Vertrag unmittelbare Leistungs- und Abrechnungsbeziehungen zwischen der Klägerin und den einzelnen, an dem Vertrag teilnehmenden Hausärzten begründet. Dies widerspricht insbesondere nicht der Konzeption des § 73b SGB V. Der von Klägerseite diesbezüglich genannte § 73b Abs. 4 SGB V sieht hierzu vor, dass zur flächendeckenden Sicherstellung der hausarztzentrierten Versorgung die Krankenkassen spätestens bis zum 30.06.2009 Verträge mit Gemeinschaften zu schließen haben. In § 73b Abs. 5 ist hierzu weiter geregelt, dass in den Verträgen nach Absatz 4 das Nähere über den Inhalt und die Durchführung der hausarztzentrierten Versorgung, insbesondere die Ausgestaltung der Anforderungen nach Absatz 2, sowie die Vergütung zu regeln ist. Die Durchführung der hausarztzentrierten Versorgung ist also im Rahmen der vertraglichen Beziehungen zwischen Krankenkasse und „der Gemeinschaft“ zu regeln. Diese Befugnis geht im Rahmen eines Schiedsverfahrens wie vorliegend auf die Schiedsperson über.

Rechtmäßigkeit der Festsetzung eines Vollversorgungsvertrages Es ist weiter auch nicht zu beanstanden, dass sich die Schiedsperson entgegen dem Anliegen der Klägerin für die Ausgestaltung des HzV-Vertrages als Vollversorgungsvertrag und nicht lediglich als Add-on-Vertrag entschieden hat. Die Schiedsperson hat im Rahmen des ihm zukommenden Ermessens die für und gegen die jeweiligen Vertragstypen maßgeblichen Gründe gesehen und gegeneinander abgewogen. So spricht nach Auffassung der Schiedsperson für einen Vollversorgungsvertrag, dass dieser den Krankenkassen und den Hausarztgemeinschaften die Möglichkeit eröffnet, strukturelle Verbesserungen in der Leistungserbringung für die Versicherten vorzusehen, während durch Add-on-Verträge regelmäßig nur punktuelle Ansätze bei Leistungsverbesserungen, nicht aber solche strukturellen Verbesserungen gewährleistet würden. Zudem wurde berücksichtigt, dass auch für andere KÄV-Bezirke von den Schiedspersonen der Vertragsinhalt von HzV-Verträgen als Vollversorgungsverträge festgelegt wurden und auch im KÄV-Bezirk Bayerns sowohl eine große Ersatzkasse als auch zahlreiche Betriebskrankenkassen auf freiwilliger Basis im Wege von Anschlussvereinbarungen Vollversorgungsverträge mit dem Antragsteller abgeschlossen hätten und zudem auch der HzV-Altvertrag zwischen den Verfahrensbeteiligten als Vollversorgungsvertrag ausgestaltet gewesen sei. Dies spreche dagegen, dass es bei der Durchführung eines Vollversorgungsvertrages zu unüberwindlichen Schwierigkeiten käme. Ergänzend hierzu ist auszuführen, dass sich gerade mit einem Vollversorgungsvertrag das legislative Ziel eines obligatorischen Primärarztsystems wirksam erreichen lässt, indem die gesamte hausärztliche Versorgung einschließlich aller Behandlungsabläufe, der Dokumentation, Koordination und Lotsenfunktion in einer Hand, nämlich der des gewählten Hausarztes zusammengeführt wird und er zugleich besondere Qualitätsanforderungen erfüllt (vgl. hierzu Beschluss des Senats vom 05.10.2015, L 12 KA 83/15 B ER, Rn. 108). Die Schiedsperson hat mit der Festsetzung eines Vollversorgungsvertrages ihren möglichen Entscheidungsspielraum jedenfalls nicht überschritten.

Zulässigkeit einer uneingeschränkten Teilnahmemöglichkeit für alle Versicherten der Klägerin Der festgesetzte Vertrag ist entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht insofern unbillig und mit der Satzungshoheit der Klägerin unvereinbar, als er in § 1 Abs. 9 den Geltungsbereich auf alle Versicherten der Klägerin erstreckt. Zu Unrecht entnimmt die Klägerin aus § 73b Abs. 4 Satz 3 SGB V a. F. ein Wahlrecht der Krankenkassen dahingehend, die hausarztzentrierte Versorgung von Kindern und Jugendlichen entweder über Verträge mit „Gemeinschaften, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte vertreten“ gemäß § 73b Abs. 4 Satz 1 SGB V anzubieten oder über gesonderte Verträge mit Kinderärzten. Den gesetzlichen Bestimmungen kann lediglich entnommen werden, dass das Angebot der hausarztzentrierten Versorgung von Kindern und Jugendlichen auf zwei Wegen, nämlich mittels des im Streit stehenden HzV-Vertrages oder mittels eines speziellen Vertrages mit Kinderärzten, erfolgen kann. Dies entbindet die Klägerin aber nicht ihrer Pflicht, allen ihren Versicherten die hausarztzentrierte Versorgung gemäß § 73b Abs. 4 Satz 1 SGB V anzubieten. Die Schiedsperson hat diesbezüglich zu Recht darauf hingewiesen (S. 30 der Entscheidungsbegründung), dass die gesetzliche Regelung in § 73b SGB V den Ausschluss bestimmter Versichertengruppen gerade nicht vorsieht (vgl. hierzu bereits BayLSG, Urteil vom 01.12.2010, L 5 KR 261/10 KL ER, Rn. 19).

Eine Mehrfachinanspruchnahme durch die Versicherten kann die Klägerin ohne Weiteres dadurch verhindern, dass sie in dem freiwilligen Vertrag zur Versorgung entsprechende Ausschlussbestimmungen vorsieht. Insgesamt steht das Wahlrecht, an welchem Vertrag sie teilnehmen wollen, allein den Versicherten zu. Weder aus dem Gesetz noch aus der Gesetzesbegründung ist ersichtlich, dass dieses Wahlrecht der Versicherten auf die Klägerin übertragen worden wäre.

Kündigung der Teilnahme unzumutbarer Leistungserbringer und Fehlen einer Loyalitätsklausel Entgegen der Ansicht der Klägerin ist schließlich der geschiedste HzV-Vertrag nicht deshalb unbillig, weil er keine Möglichkeit für die Klägerin vorsieht, Hausärzte, die sich ihr gegenüber illoyal verhalten oder wiederholt Falsch- oder Doppelabrechnungen von Leistungen vornehmen, von der Teilnahme am Vertrag auszuschließen. Es ist nicht zu beanstanden, dass sich die Schiedsperson stattdessen für eine Kündigungsmöglichkeit allein des Beklagten entschieden hat. Gemäß § 5 Abs. 3 HzV-Vertrag ist der Hausärzteverband berechtigt und gegenüber der Krankenkasse verpflichtet, diesen HzV-Vertrag gegenüber dem Hausarzt mit sofortiger Wirkung zu kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Wichtige Gründe sind dabei insbesondere die Fälle von Doppelabrechnungen oder fehlerhaften Abrechnungen i. S. d. § 12 Abs. 1 HzV-Vertrag, der Verstoß gegen andere wesentliche Vertragspflichten oder der Verstoß gegen die ärztliche Berufsordnung in § 5 Abs. 3 HzV-Vertrag. Daneben treten die automatischen Beendigungsgründe gemäß § 5 Abs. 2 HzV-Vertrag.

Die Kostenentscheidung beruht auf den § 197a Abs. 1 Satz 1 3. Halbsatz SGG i. V. m. § 154 Satz 2 VwGO.

Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zuzulassen.

(1) Die Krankenkassen haben ihren Versicherten eine besondere hausärztliche Versorgung (hausarztzentrierte Versorgung) anzubieten.

(2) Dabei ist sicherzustellen, dass die hausarztzentrierte Versorgung insbesondere folgenden Anforderungen genügt, die über die vom Gemeinsamen Bundesausschuss sowie in den Bundesmantelverträgen geregelten Anforderungen an die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen:

1.
Teilnahme der Hausärzte an strukturierten Qualitätszirkeln zur Arzneimitteltherapie unter Leitung entsprechend geschulter Moderatoren,
2.
Behandlung nach für die hausärztliche Versorgung entwickelten, evidenzbasierten, praxiserprobten Leitlinien,
3.
Erfüllung der Fortbildungspflicht nach § 95d durch Teilnahme an Fortbildungen, die sich auf hausarzttypische Behandlungsprobleme konzentrieren, wie patientenzentrierte Gesprächsführung, psychosomatische Grundversorgung, Palliativmedizin, allgemeine Schmerztherapie, Geriatrie,
4.
Einführung eines einrichtungsinternen, auf die besonderen Bedingungen einer Hausarztpraxis zugeschnittenen, indikatorengestützten und wissenschaftlich anerkannten Qualitätsmanagements.

(3) Die Teilnahme an der hausarztzentrierten Versorgung ist freiwillig. Die Teilnehmer verpflichten sich schriftlich oder elektronisch gegenüber ihrer Krankenkasse, nur einen von ihnen aus dem Kreis der Hausärzte nach Absatz 4 gewählten Hausarzt in Anspruch zu nehmen sowie ambulante fachärztliche Behandlung mit Ausnahme der Leistungen der Augenärzte und Frauenärzte nur auf dessen Überweisung; die direkte Inanspruchnahme eines Kinder- und Jugendarztes bleibt unberührt. Die Versicherten können die Teilnahmeerklärung innerhalb von zwei Wochen nach deren Abgabe schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift bei der Krankenkasse ohne Angabe von Gründen widerrufen. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung an die Krankenkasse. Die Widerrufsfrist beginnt, wenn die Krankenkasse dem Versicherten eine Belehrung über sein Widerrufsrecht schriftlich oder elektronisch mitgeteilt hat, frühestens jedoch mit der Abgabe der Teilnahmeerklärung. Wird das Widerrufsrecht nicht ausgeübt, ist der Versicherte an seine Teilnahmeerklärung und an die Wahl seines Hausarztes mindestens ein Jahr gebunden; er darf den gewählten Hausarzt nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes wechseln. Das Nähere zur Durchführung der Teilnahme der Versicherten, insbesondere zur Bindung an den gewählten Hausarzt, zu weiteren Ausnahmen von dem Überweisungsgebot und zu den Folgen bei Pflichtverstößen der Versicherten, regeln die Krankenkassen in den Teilnahmeerklärungen. Die Satzung der Krankenkasse hat Regelungen zur Abgabe der Teilnahmeerklärung zu enthalten; die Regelungen sind auf der Grundlage der Richtlinie nach § 217f Absatz 4a zu treffen.

(4) Zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 haben Krankenkassen allein oder in Kooperation mit anderen Krankenkassen spätestens bis zum 30. Juni 2009 Verträge mit Gemeinschaften zu schließen, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der Kassenärztlichen Vereinigung vertreten. Können sich die Vertragsparteien nicht einigen, kann die Gemeinschaft die Einleitung eines Schiedsverfahrens nach Absatz 4a beantragen. Ist ein Vertrag nach Satz 1 zustande gekommen oder soll ein Vertrag zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen geschlossen werden, können Verträge auch abgeschlossen werden mit

1.
vertragsärztlichen Leistungserbringern, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen,
2.
Gemeinschaften dieser Leistungserbringer,
3.
Trägern von Einrichtungen, die eine hausarztzentrierte Versorgung durch vertragsärztliche Leistungserbringer, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen, anbieten,
4.
Kassenärztlichen Vereinigungen, soweit Gemeinschaften nach Nummer 2 sie hierzu ermächtigt haben.
Finden die Krankenkassen in dem Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung keinen Vertragspartner, der die Voraussetzungen nach Satz 1 erfüllt, haben sie zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 Verträge mit einem oder mehreren der in Satz 3 genannten Vertragspartner zu schließen. In den Fällen der Sätze 3 und 4 besteht kein Anspruch auf Vertragsabschluss; die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots ist unter Bekanntgabe objektiver Auswahlkriterien auszuschreiben. Soweit die hausärztliche Versorgung der Versicherten durch Verträge nach diesem Absatz durchgeführt wird, ist der Sicherstellungsauftrag nach § 75 Abs. 1 eingeschränkt. Satz 6 gilt nicht für die Organisation der vertragsärztlichen Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten.

(4a) Beantragt eine Gemeinschaft gemäß Absatz 4 Satz 2 die Einleitung eines Schiedsverfahrens, haben sich die Parteien auf eine unabhängige Schiedsperson zu verständigen, die den Inhalt des Vertrages nach Absatz 4 Satz 1 festlegt. Einigen sich die Parteien nicht auf eine Schiedsperson, so wird diese von der für die Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde bestimmt. Die Kosten des Schiedsverfahrens tragen die Vertragspartner zu gleichen Teilen. Klagen gegen die Bestimmung der Schiedsperson haben keine aufschiebende Wirkung. Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts richten sich gegen eine der beiden Vertragsparteien, nicht gegen die Schiedsperson.

(5) In den Verträgen nach Absatz 4 sind das Nähere über den Inhalt und die Durchführung der hausarztzentrierten Versorgung, insbesondere die Ausgestaltung der Anforderungen nach Absatz 2, sowie die Vergütung zu regeln; in Verträgen, die nach dem 31. März 2014 zustande kommen, sind zudem Wirtschaftlichkeitskriterien und Maßnahmen bei Nichteinhaltung der vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien sowie Regelungen zur Qualitätssicherung zu vereinbaren. Eine Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigung bei der Ausgestaltung und Umsetzung der Anforderungen nach Absatz 2 ist möglich. Die Verträge können auch Abweichendes von den im Dritten Kapitel benannten Leistungen beinhalten, soweit sie die in § 11 Absatz 6 genannten Leistungen, Leistungen nach den §§ 20i, 25, 26, 37a und 37b sowie ärztliche Leistungen einschließlich neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden betreffen, soweit der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 im Rahmen der Beschlüsse nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 keine ablehnende Entscheidung getroffen hat. Die Einzelverträge können Abweichendes von den Vorschriften dieses Kapitels sowie den nach diesen Vorschriften getroffenen Regelungen regeln. § 106d Absatz 3 gilt hinsichtlich der arzt- und versichertenbezogenen Prüfung der Abrechnungen auf Rechtmäßigkeit entsprechend. Zugelassene strukturierte Behandlungsprogramme nach §§ 137f und 137g sind, soweit sie die hausärztliche Versorgung betreffen, Bestandteil der Verträge nach Absatz 4. Vereinbarungen über zusätzliche Vergütungen für Diagnosen können nicht Gegenstand der Verträge sein.

(5a) Kündigt die Krankenkasse einen Vertrag nach Absatz 4 und kommt bis zum Ablauf dieses Vertrages kein neuer Vertrag zustande, gelten die Bestimmungen des bisherigen Vertrages vorläufig bis zum Zustandekommen eines neuen Vertrages weiter. Dies gilt nicht bei einer außerordentlichen Kündigung nach § 71 Absatz 6 Satz 3.

(6) Die Krankenkassen haben ihre Versicherten in geeigneter Weise umfassend über Inhalt und Ziele der hausarztzentrierten Versorgung sowie über die jeweils wohnortnah teilnehmenden Hausärzte zu informieren.

(7) Die Vertragspartner der Gesamtverträge haben den Behandlungsbedarf nach § 87a Absatz 3 Satz 2 zu bereinigen. Die Bereinigung erfolgt rechtzeitig zu dem Kalendervierteljahr, für welches die Gesamtvergütung bereinigt werden soll, entsprechend der Zahl und der Morbiditätsstruktur der für dieses Kalendervierteljahr eingeschriebenen Versicherten sowie dem vertraglich vereinbarten Inhalt der hausarztzentrierten Versorgung nach Maßgabe der Vorgaben des Bewertungsausschusses nach § 87a Absatz 5 Satz 7. Dabei können die Bereinigungsbeträge unter Beachtung der Maßgaben nach Satz 2 auch pauschaliert ermittelt werden. Kommt eine rechtzeitige Einigung über die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nicht zustande, können auch die Vertragspartner der Verträge über eine hausarztzentrierte Versorgung das Schiedsamt nach § 89 anrufen. Die für die Bereinigungsverfahren erforderlichen arzt- und versichertenbezogenen Daten übermitteln die Krankenkassen den zuständigen Gesamtvertragspartnern bis spätestens drei Wochen vor dem Kalendervierteljahr, für welches die Gesamtvergütung für die in diesem Kalendervierteljahr eingeschriebenen Versicherten bereinigt werden soll. Die Krankenkasse kann, falls eine rechtzeitige Bereinigung nicht festgesetzt worden ist, den Behandlungsbedarf unter Beachtung der Maßgaben nach Satz 2 vorläufig bereinigen. Sie kann auch die Anerkennung und Umsetzung des geltenden Bereinigungsverfahrens für die Bereinigung der Gesamtvergütung für an der hausarztzentrierten Versorgung teilnehmende Versicherte mit Wohnort im Bezirk anderer Kassenärztlichen Vereinigungen von diesen Kassenärztlichen Vereinigungen verlangen. Für die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nach Satz 7 sowie für den Fall der Rückführung von Bereinigungsbeträgen bei Beendigung der Teilnahme eines Versicherten sind die Verfahren gemäß § 87a Absatz 5 Satz 9 anzuwenden. Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben die zur Bereinigung erforderlichen Vorgaben im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben umzusetzen.

(8) Die Vertragsparteien nach Absatz 4 können vereinbaren, dass Aufwendungen für Leistungen, die über die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen und insoweit nicht unter die Bereinigungspflicht nach Absatz 7 fallen, aus Einsparungen und Effizienzsteigerungen, die aus den Maßnahmen von Verträgen nach Absatz 4 erzielt werden, finanziert werden.

(9) Die Einhaltung der nach Absatz 5 Satz 1 vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien muss spätestens vier Jahre nach dem Wirksamwerden der zugrunde liegenden Verträge nachweisbar sein; § 88 Absatz 2 des Vierten Buches gilt entsprechend.

(1) Die vertragsärztliche Versorgung gliedert sich in die hausärztliche und die fachärztliche Versorgung. Die hausärztliche Versorgung beinhaltet insbesondere

1.
die allgemeine und fortgesetzte ärztliche Betreuung eines Patienten in Diagnostik und Therapie bei Kenntnis seines häuslichen und familiären Umfeldes; Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen,
2.
die Koordination diagnostischer, therapeutischer und pflegerischer Maßnahmen einschließlich der Vermittlung eines aus medizinischen Gründen dringend erforderlichen Behandlungstermins bei einem an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer,
3.
die Dokumentation, insbesondere Zusammenführung, Bewertung und Aufbewahrung der wesentlichen Behandlungsdaten, Befunde und Berichte aus der ambulanten und stationären Versorgung,
4.
die Einleitung oder Durchführung präventiver und rehabilitativer Maßnahmen sowie die Integration nichtärztlicher Hilfen und flankierender Dienste in die Behandlungsmaßnahmen.

(1a) An der hausärztlichen Versorgung nehmen

1.
Allgemeinärzte,
2.
Kinder- und Jugendärzte,
3.
Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung, die die Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung gewählt haben,
4.
Ärzte, die nach § 95a Abs. 4 und 5 Satz 1 in das Arztregister eingetragen sind und
5.
Ärzte, die am 31. Dezember 2000 an der hausärztlichen Versorgung teilgenommen haben,
teil (Hausärzte).
Die übrigen Fachärzte nehmen an der fachärztlichen Versorgung teil. Der Zulassungsausschuss kann für Kinder- und Jugendärzte und Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung eine von Satz 1 abweichende befristete Regelung treffen, wenn eine bedarfsgerechte Versorgung nicht gewährleistet ist. Hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen für die Arztgruppe der Hausärzte, der Kinder- und Jugendärzte oder der Fachinternisten eine Feststellung nach § 100 Absatz 1 Satz 1 getroffen, fasst der Zulassungsausschuss innerhalb von sechs Monaten den Beschluss, ob eine Regelung nach Satz 3 getroffen wird. Kinder- und Jugendärzte mit Schwerpunktbezeichnung können auch an der fachärztlichen Versorgung teilnehmen. Der Zulassungsausschuss kann Allgemeinärzten und Ärzten ohne Gebietsbezeichnung, die im Wesentlichen spezielle Leistungen erbringen, auf deren Antrag die Genehmigung zur ausschließlichen Teilnahme an der fachärztlichen Versorgung erteilen.

(1b) Die einen Versicherten behandelnden Leistungserbringer sind verpflichtet, den Versicherten nach dem von ihm gewählten Hausarzt zu fragen; sie sind verpflichtet, die den Versicherten betreffenden Behandlungsdaten und Befunde mit dessen Zustimmung zum Zwecke der bei dem Hausarzt durchzuführenden Dokumentation und der weiteren Behandlung zu übermitteln. Der Hausarzt ist mit Zustimmung des Versicherten verpflichtet, die für die Behandlung erforderlichen Daten und Befunde an die den Versicherten behandelnden Leistungserbringer zu übermitteln. Bei einem Hausarztwechsel ist der bisherige Hausarzt mit Zustimmung des Versicherten verpflichtet, dem neuen Hausarzt die bei ihm über den Versicherten gespeicherten Unterlagen vollständig zu übermitteln.

(1c) (weggefallen)

(2) Die vertragsärztliche Versorgung umfaßt die

1.
ärztliche Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung und kieferorthopädische Behandlung nach Maßgabe des § 28 Abs. 2,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen, soweit sie § 56 Abs. 2 entspricht,
3.
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
4.
ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
5.
Verordnung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation,
6.
Anordnung der Hilfeleistung anderer Personen,
7.
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankentransporten sowie Krankenhausbehandlung oder Behandlung in Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen,
7a.
Verordnung von digitalen Gesundheitsanwendungen,
8.
Verordnung häuslicher Krankenpflege und außerklinischer Intensivpflege,
9.
Ausstellung von Bescheinigungen und Erstellung von Berichten, die die Krankenkassen oder der Medizinische Dienst (§ 275) zur Durchführung ihrer gesetzlichen Aufgaben oder die die Versicherten für den Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts benötigen; die Bescheinigung über eine Arbeitsunfähigkeit ist auch auszustellen, wenn die Arbeitsunfähigkeitsdaten nach § 295 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 übermittelt werden,
10.
medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1,
11.
ärztlichen Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b,
12.
Verordnung von Soziotherapie,
13.
Zweitmeinung nach § 27b,
14.
Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach § 37b.
Satz 1 Nummer 2 bis 4, 6, 10, 11 und 14 gilt nicht für Psychotherapeuten; Satz 1 Nummer 9 gilt nicht für Psychotherapeuten, soweit sich diese Regelung auf die Feststellung und die Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit bezieht. Satz 1 Nummer 5 gilt für Psychotherapeuten in Bezug auf die Verordnung von Leistungen zur psychotherapeutischen Rehabilitation. Satz 1 Nummer 7 gilt für Psychotherapeuten in Bezug auf die Verordnung von Ergotherapie, Krankentransporten sowie Krankenhausbehandlung. Satz 1 Nummer 8 gilt für Psychotherapeuten in Bezug auf die Verordnung von Leistungen der psychiatrischen häuslichen Krankenpflege. Das Nähere zu den Verordnungen durch Psychotherapeuten bestimmt der Gemeinsame Bundesausschuss in seinen Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6, 8 und 12.

(3) In den Gesamtverträgen ist zu vereinbaren, inwieweit Maßnahmen zur Vorsorge und Rehabilitation, soweit sie nicht zur kassenärztlichen Versorgung nach Absatz 2 gehören, Gegenstand der kassenärztlichen Versorgung sind.

(4) Krankenhausbehandlung darf nur verordnet werden, wenn eine ambulante Versorgung der Versicherten zur Erzielung des Heil- oder Linderungserfolgs nicht ausreicht. Die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung ist bei der Verordnung zu begründen. In der Verordnung von Krankenhausbehandlung sind in den geeigneten Fällen auch die beiden nächsterreichbaren, für die vorgesehene Krankenhausbehandlung geeigneten Krankenhäuser anzugeben. Das Verzeichnis nach § 39 Abs. 3 ist zu berücksichtigen.

(5) Der an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt und die ermächtigte Einrichtung sollen bei der Verordnung von Arzneimitteln die Preisvergleichsliste nach § 92 Abs. 2 beachten. Sie können auf dem Verordnungsblatt oder in dem elektronischen Verordnungsdatensatz ausschließen, dass die Apotheken ein preisgünstigeres wirkstoffgleiches Arzneimittel anstelle des verordneten Mittels abgeben. Verordnet der Arzt ein Arzneimittel, dessen Preis den Festbetrag nach § 35 überschreitet, hat der Arzt den Versicherten über die sich aus seiner Verordnung ergebende Pflicht zur Übernahme der Mehrkosten hinzuweisen.

(6) Zur kassenärztlichen Versorgung gehören Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten nicht, wenn sie im Rahmen der Krankenhausbehandlung oder der stationären Entbindung durchgeführt werden, es sei denn, die ärztlichen Leistungen werden von einem Belegarzt erbracht.

(7) Es ist Vertragsärzten nicht gestattet, für die Zuweisung von Versicherten oder für die Vergabe und Dokumentation von Diagnosen ein Entgelt oder sonstige wirtschaftliche Vorteile sich versprechen oder sich gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren. § 128 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(8) Zur Sicherung der wirtschaftlichen Verordnungsweise haben die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen sowie die Krankenkassen und ihre Verbände die Vertragsärzte auch vergleichend über preisgünstige verordnungsfähige Leistungen und Bezugsquellen, einschließlich der jeweiligen Preise und Entgelte zu informieren sowie nach dem allgemeinen anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse Hinweise zu Indikation und therapeutischen Nutzen zu geben. Die Informationen und Hinweise für die Verordnung von Arznei-, Verband- und Heilmitteln erfolgen insbesondere auf der Grundlage der Hinweise nach § 92 Abs. 2 Satz 3, der Rahmenvorgaben nach § 84 Abs. 7 Satz 1 und der getroffenen Arzneimittelvereinbarungen nach § 84 Abs. 1. In den Informationen und Hinweisen sind Handelsbezeichnung, Indikationen und Preise sowie weitere für die Verordnung von Arzneimitteln bedeutsame Angaben insbesondere auf Grund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 in einer Weise anzugeben, die unmittelbar einen Vergleich ermöglichen; dafür können Arzneimittel ausgewählt werden, die einen maßgeblichen Anteil an der Versorgung der Versicherten im Indikationsgebiet haben. Die Kosten der Arzneimittel je Tagesdosis sind nach den Angaben der anatomisch-therapeutisch-chemischen Klassifikation anzugeben. Es gilt die vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte im Auftrage des Bundesministeriums für Gesundheit herausgegebene Klassifikation in der jeweils gültigen Fassung. Die Übersicht ist für einen Stichtag zu erstellen und in geeigneten Zeitabständen, im Regelfall jährlich, zu aktualisieren.

(9) Vertragsärzte dürfen für die Verordnung von Arzneimitteln, von Verbandmitteln, von digitalen Gesundheitsanwendungen und von Produkten, die gemäß den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden können, nur solche elektronischen Programme nutzen, die mindestens folgende Inhalte mit dem jeweils aktuellen Stand enthalten:

1.
die Informationen nach Absatz 8 Satz 2 und 3,
2.
die Informationen über das Vorliegen von Rabattverträgen nach § 130a Absatz 8,
3.
die Informationen nach § 131 Absatz 4 Satz 2,
4.
die zur Erstellung und Aktualisierung des Medikationsplans nach § 31a und des elektronischen Medikationsplans nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 notwendigen Funktionen und Informationen,
5.
die Informationen nach § 35a Absatz 3a Satz 1 und
6.
ab dem 1. Oktober 2023 das Schulungsmaterial nach § 34 Absatz 1f Satz 2 des Arzneimittelgesetzes und die Informationen nach § 34 Absatz 1h Satz 3 des Arzneimittelgesetzes, auch in Verbindung mit § 39 Absatz 2e des Arzneimittelgesetzes oder § 39d Absatz 6 des Arzneimittelgesetzes
und die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für die vertragsärztliche Versorgung zugelassen sind. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates das Nähere insbesondere zu den Mindestanforderungen der Informationen nach Satz 1 Nummer 5 zu regeln. Es kann in der Rechtsverordnung auch das Nähere zu den weiteren Anforderungen nach Satz 1 regeln. Es kann dabei Vorgaben zur Abbildung der für die vertragsärztliche Versorgung geltenden Regelungen zur Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Verordnung von Arzneimitteln im Vergleich zu anderen Therapiemöglichkeiten machen. Es kann auch Vorgaben zu semantischen und technischen Voraussetzungen zur Interoperabilität machen. Weitere Einzelheiten sind in den Verträgen nach § 82 Absatz 1 zu vereinbaren. Die Vereinbarungen in den Verträgen nach § 82 Absatz 1 sind innerhalb von drei Monaten nach dem erstmaligen Inkrafttreten der Rechtsverordnung nach den Sätzen 2 bis 4 sowie nach dem jeweiligen Inkrafttreten einer Änderung der Rechtsverordnung anzupassen. Sie sind davon unabhängig in regelmäßigen Abständen zu überprüfen und bei Bedarf anzupassen. Auf die Verordnung von digitalen Gesundheitsanwendungen nach § 33a findet Satz 1 vor dem 1. Januar 2023 keine Anwendung.

(10) Für die Verordnung von Heilmitteln dürfen Vertragsärzte ab dem 1. Januar 2017 nur solche elektronischen Programme nutzen, die die Informationen der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in Verbindung mit § 92 Absatz 6 und über besondere Verordnungsbedarfe nach § 106b Absatz 2 Satz 4 sowie die sich aus den Verträgen nach § 125a ergebenden Besonderheiten enthalten und die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für die vertragsärztliche Versorgung zugelassen sind. Das Nähere ist in den Verträgen nach § 82 Absatz 1 zu vereinbaren.

(11) Stellt ein Vertragsarzt bei einem Versicherten eine Diagnose nach § 125a und die Indikation für ein Heilmittel, sind Auswahl und Dauer der Therapie sowie die Frequenz der Behandlungseinheiten vom Heilmittelerbringer festzulegen. In medizinisch begründeten Fällen kann der Vertragsarzt auch bei Vorliegen einer Diagnose nach § 125a selbst über die Auswahl und Dauer der Therapie sowie die Frequenz der Behandlungseinheiten entscheiden; in diesem Fall sind auf die Verordnung die Regelungen der Verträge nach § 125 Absatz 1 anzuwenden. Die Vertragsärzte sollen zum Beginn des auf den rechtskräftigen Abschluss des Vertrages nach § 125a folgenden Quartals, frühestens jedoch nach sechs Wochen, nach den Regelungen dieses Absatzes verordnen.

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 legt in Richtlinien nach Maßgabe von Satz 2 geeignete chronische Krankheiten fest, für die strukturierte Behandlungsprogramme entwickelt werden sollen, die den Behandlungsablauf und die Qualität der medizinischen Versorgung chronisch Kranker verbessern. Bei der Auswahl der chronischen Krankheiten sind insbesondere die folgenden Kriterien zu berücksichtigen:

1.
Zahl der von der Krankheit betroffenen Versicherten,
2.
Möglichkeiten zur Verbesserung der Qualität der Versorgung,
3.
Verfügbarkeit von evidenzbasierten Leitlinien,
4.
sektorenübergreifender Behandlungsbedarf,
5.
Beeinflussbarkeit des Krankheitsverlaufs durch Eigeninitiative des Versicherten und
6.
hoher finanzieller Aufwand der Behandlung.
Bis zum 31. Juli 2023 erlässt der Gemeinsame Bundesausschuss insbesondere für die Behandlung von Adipositas Richtlinien nach Absatz 2.

(2) Der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 erlässt Richtlinien zu den Anforderungen an die Ausgestaltung von Behandlungsprogrammen nach Absatz 1. Zu regeln sind insbesondere Anforderungen an die

1.
Behandlung nach dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft unter Berücksichtigung von evidenzbasierten Leitlinien oder nach der jeweils besten, verfügbaren Evidenz sowie unter Berücksichtigung des jeweiligen Versorgungssektors,
2.
durchzuführenden Qualitätssicherungsmaßnahmen unter Berücksichtigung der Ergebnisse nach § 137a Absatz 3,
3.
Voraussetzungen für die Einschreibung des Versicherten in ein Programm,
4.
Schulungen der Leistungserbringer und der Versicherten,
5.
Dokumentation einschließlich der für die Durchführung der Programme erforderlichen personenbezogenen Daten und deren Aufbewahrungsfristen,
6.
Bewertung der Auswirkungen der Versorgung in den Programmen (Evaluation).
Soweit diese Anforderungen Inhalte der ärztlichen Therapie betreffen, schränken sie den zur Erfüllung des ärztlichen Behandlungsauftrags im Einzelfall erforderlichen ärztlichen Behandlungsspielraum nicht ein. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen hat den Medizinischen Dienst Bund zu beteiligen. Den für die Wahrnehmung der Interessen der ambulanten und stationären Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen und der Selbsthilfe sowie den für die sonstigen Leistungserbringer auf Bundesebene maßgeblichen Spitzenorganisationen, soweit ihre Belange berührt sind, sowie dem Bundesamt für Soziale Sicherung und den jeweils einschlägigen wissenschaftlichen Fachgesellschaften ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidungen mit einzubeziehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 hat seine Richtlinien regelmäßig zu überprüfen.

(3) Für die Versicherten ist die Teilnahme an Programmen nach Absatz 1 freiwillig. Voraussetzung für die Einschreibung ist die nach umfassender Information durch die Krankenkasse erteilte schriftliche oder elektronische Einwilligung zur Teilnahme an dem Programm, zur Verarbeitung der in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach Absatz 2 festgelegten Daten durch die Krankenkasse, die Sachverständigen nach Absatz 4 und die beteiligten Leistungserbringer sowie zur Übermittlung dieser Daten an die Krankenkasse. Die Einwilligung kann widerrufen werden.

(4) Die Krankenkassen oder ihre Verbände haben nach den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach Absatz 2 eine externe Evaluation der für dieselbe Krankheit nach Absatz 1 zugelassenen Programme nach Absatz 1 durch einen vom Bundesamt für Soziale Sicherung im Benehmen mit der Krankenkasse oder dem Verband auf deren Kosten bestellten unabhängigen Sachverständigen auf der Grundlage allgemein anerkannter wissenschaftlicher Standards zu veranlassen, die zu veröffentlichen ist. Die Krankenkassen oder ihre Verbände erstellen für die Programme zudem für jedes volle Kalenderjahr Qualitätsberichte nach den Vorgaben der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach Absatz 2, die dem Bundesamt für Soziale Sicherung jeweils bis zum 1. Oktober des Folgejahres vorzulegen sind.

(5) Die Verbände der Krankenkassen und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen unterstützen ihre Mitglieder bei dem Aufbau und der Durchführung von Programmen nach Absatz 1; hierzu gehört auch, dass die in Satz 2 genannten Aufträge auch von diesen Verbänden erteilt werden können, soweit hierdurch bundes- oder landeseinheitliche Vorgaben umgesetzt werden sollen. Die Krankenkassen können ihre Aufgaben zur Durchführung von mit zugelassenen Leistungserbringern vertraglich vereinbarten Programmen nach Absatz 1 auf Dritte übertragen. § 80 des Zehnten Buches bleibt unberührt.

(6) (weggefallen)

(7) Die Krankenkassen oder ihre Landesverbände können mit zugelassenen Krankenhäusern, die an der Durchführung eines strukturierten Behandlungsprogramms nach Absatz 1 teilnehmen, Verträge über ambulante ärztliche Behandlung schließen, soweit die Anforderungen an die ambulante Leistungserbringung in den Verträgen zu den strukturierten Behandlungsprogrammen dies erfordern. Für die sächlichen und personellen Anforderungen an die ambulante Leistungserbringung des Krankenhauses gelten als Mindestvoraussetzungen die Anforderungen nach § 135 entsprechend.

(8) Der Gemeinsame Bundesausschuss prüft bei der Erstfassung einer Richtlinie zu den Anforderungen nach Absatz 2 sowie bei jeder regelmäßigen Überprüfung seiner Richtlinien nach Absatz 2 Satz 6 die Aufnahme geeigneter digitaler medizinischer Anwendungen. Den für die Wahrnehmung der Interessen der Anbieter digitaler medizinischer Anwendungen auf Bundesebene maßgeblichen Spitzenorganisationen ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidungen einzubeziehen. Die Krankenkassen oder ihre Landesverbände können den Einsatz digitaler medizinischer Anwendungen in den Programmen auch dann vorsehen, wenn sie bisher nicht vom Gemeinsamen Bundesausschuss in die Richtlinien zu den Anforderungen nach Absatz 2 aufgenommen wurden.

(1) Das Bundesamt für Soziale Sicherung hat auf Antrag einer oder mehrerer Krankenkassen oder eines Verbandes der Krankenkassen die Zulassung von Programmen nach § 137f Abs. 1 zu erteilen, wenn die Programme und die zu ihrer Durchführung geschlossenen Verträge die in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 137f und in der Rechtsverordnung nach § 266 Absatz 8 Satz 1 genannten Anforderungen erfüllen. Dabei kann es wissenschaftliche Sachverständige hinzuziehen. Die Zulassung kann mit Auflagen und Bedingungen versehen werden. Die Zulassung ist innerhalb von drei Monaten zu erteilen. Die Frist nach Satz 4 gilt als gewahrt, wenn die Zulassung aus Gründen, die von der Krankenkasse zu vertreten sind, nicht innerhalb dieser Frist erteilt werden kann. Die Zulassung wird mit dem Tage wirksam, an dem die in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 137f und in der Rechtsverordnung nach § 266 Absatz 8 Satz 1 genannten Anforderungen erfüllt und die Verträge nach Satz 1 geschlossen sind, frühestens mit dem Tag der Antragstellung, nicht jedoch vor dem Inkrafttreten dieser Richtlinien und Verordnungsregelungen. Für die Bescheiderteilung sind Kosten deckende Gebühren zu erheben. Die Kosten werden nach dem tatsächlich entstandenen Personal- und Sachaufwand berechnet. Zusätzlich zu den Personalkosten entstehende Verwaltungsausgaben sind den Kosten in ihrer tatsächlichen Höhe hinzuzurechnen. Soweit dem Bundesamt für Soziale Sicherung im Zusammenhang mit der Zulassung von Programmen nach § 137f Abs. 1 notwendige Vorhaltekosten entstehen, die durch die Gebühren nach Satz 7 nicht gedeckt sind, sind diese aus dem Gesundheitsfonds zu finanzieren. Das Nähere über die Berechnung der Kosten nach den Sätzen 8 und 9 und über die Berücksichtigung der Kosten nach Satz 10 im Risikostrukturausgleich regelt das Bundesministerium für Gesundheit ohne Zustimmung des Bundesrates in der Rechtsverordnung nach § 266 Absatz 8 Satz 1. In der Rechtsverordnung nach § 266 Absatz 8 Satz 1 kann vorgesehen werden, dass die tatsächlich entstandenen Kosten nach den Sätzen 8 und 9 auf der Grundlage pauschalierter Kostensätze zu berechnen sind. Klagen gegen die Gebührenbescheide des Bundesamtes für Soziale Sicherung haben keine aufschiebende Wirkung.

(2) Die Programme und die zu ihrer Durchführung geschlossenen Verträge sind unverzüglich, spätestens innerhalb eines Jahres an Änderungen der in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 137f und der in der Rechtsverordnung nach § 266 Absatz 8 Satz 1 genannten Anforderungen anzupassen. Satz 1 gilt entsprechend für Programme, deren Zulassung bei Inkrafttreten von Änderungen der in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 137f und der in der Rechtsverordnung nach § 266 Absatz 8 Satz 1 genannten Anforderungen bereits beantragt ist. Die Krankenkasse hat dem Bundesamt für Soziale Sicherung die angepassten Verträge unverzüglich vorzulegen und es über die Anpassung der Programme unverzüglich zu unterrichten. Abweichend von § 140a Absatz 1 Satz 4 müssen Verträge, die nach § 73a, § 73c oder § 140a in der jeweils am 22. Juli 2015 geltenden Fassung zur Durchführung der Programme geschlossen wurden, nicht bis zum 31. Dezember 2024 durch Verträge nach § 140a ersetzt oder beendet werden; wird ein solcher Vertrag durch einen Vertrag nach § 140a ersetzt, folgt daraus allein keine Pflicht zur Vorlage oder Unterrichtung nach Satz 3.

(3) Die Zulassung eines Programms ist mit Wirkung zum Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, wenn das Programm und die zu seiner Durchführung geschlossenen Verträge die rechtlichen Anforderungen nicht mehr erfüllen. Die Zulassung ist mit Wirkung zum Beginn des Bewertungszeitraums aufzuheben, für den die Evaluation nach § 137f Absatz 4 Satz 1 nicht gemäß den Anforderungen nach den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 137f durchgeführt wurde. Sie ist mit Wirkung zum Beginn des Kalenderjahres aufzuheben, für das ein Qualitätsbericht nach § 137f Absatz 4 Satz 2 nicht fristgerecht vorgelegt worden ist.

(1) Die Krankenkassen haben ihren Versicherten eine besondere hausärztliche Versorgung (hausarztzentrierte Versorgung) anzubieten.

(2) Dabei ist sicherzustellen, dass die hausarztzentrierte Versorgung insbesondere folgenden Anforderungen genügt, die über die vom Gemeinsamen Bundesausschuss sowie in den Bundesmantelverträgen geregelten Anforderungen an die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen:

1.
Teilnahme der Hausärzte an strukturierten Qualitätszirkeln zur Arzneimitteltherapie unter Leitung entsprechend geschulter Moderatoren,
2.
Behandlung nach für die hausärztliche Versorgung entwickelten, evidenzbasierten, praxiserprobten Leitlinien,
3.
Erfüllung der Fortbildungspflicht nach § 95d durch Teilnahme an Fortbildungen, die sich auf hausarzttypische Behandlungsprobleme konzentrieren, wie patientenzentrierte Gesprächsführung, psychosomatische Grundversorgung, Palliativmedizin, allgemeine Schmerztherapie, Geriatrie,
4.
Einführung eines einrichtungsinternen, auf die besonderen Bedingungen einer Hausarztpraxis zugeschnittenen, indikatorengestützten und wissenschaftlich anerkannten Qualitätsmanagements.

(3) Die Teilnahme an der hausarztzentrierten Versorgung ist freiwillig. Die Teilnehmer verpflichten sich schriftlich oder elektronisch gegenüber ihrer Krankenkasse, nur einen von ihnen aus dem Kreis der Hausärzte nach Absatz 4 gewählten Hausarzt in Anspruch zu nehmen sowie ambulante fachärztliche Behandlung mit Ausnahme der Leistungen der Augenärzte und Frauenärzte nur auf dessen Überweisung; die direkte Inanspruchnahme eines Kinder- und Jugendarztes bleibt unberührt. Die Versicherten können die Teilnahmeerklärung innerhalb von zwei Wochen nach deren Abgabe schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift bei der Krankenkasse ohne Angabe von Gründen widerrufen. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung an die Krankenkasse. Die Widerrufsfrist beginnt, wenn die Krankenkasse dem Versicherten eine Belehrung über sein Widerrufsrecht schriftlich oder elektronisch mitgeteilt hat, frühestens jedoch mit der Abgabe der Teilnahmeerklärung. Wird das Widerrufsrecht nicht ausgeübt, ist der Versicherte an seine Teilnahmeerklärung und an die Wahl seines Hausarztes mindestens ein Jahr gebunden; er darf den gewählten Hausarzt nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes wechseln. Das Nähere zur Durchführung der Teilnahme der Versicherten, insbesondere zur Bindung an den gewählten Hausarzt, zu weiteren Ausnahmen von dem Überweisungsgebot und zu den Folgen bei Pflichtverstößen der Versicherten, regeln die Krankenkassen in den Teilnahmeerklärungen. Die Satzung der Krankenkasse hat Regelungen zur Abgabe der Teilnahmeerklärung zu enthalten; die Regelungen sind auf der Grundlage der Richtlinie nach § 217f Absatz 4a zu treffen.

(4) Zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 haben Krankenkassen allein oder in Kooperation mit anderen Krankenkassen spätestens bis zum 30. Juni 2009 Verträge mit Gemeinschaften zu schließen, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der Kassenärztlichen Vereinigung vertreten. Können sich die Vertragsparteien nicht einigen, kann die Gemeinschaft die Einleitung eines Schiedsverfahrens nach Absatz 4a beantragen. Ist ein Vertrag nach Satz 1 zustande gekommen oder soll ein Vertrag zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen geschlossen werden, können Verträge auch abgeschlossen werden mit

1.
vertragsärztlichen Leistungserbringern, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen,
2.
Gemeinschaften dieser Leistungserbringer,
3.
Trägern von Einrichtungen, die eine hausarztzentrierte Versorgung durch vertragsärztliche Leistungserbringer, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen, anbieten,
4.
Kassenärztlichen Vereinigungen, soweit Gemeinschaften nach Nummer 2 sie hierzu ermächtigt haben.
Finden die Krankenkassen in dem Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung keinen Vertragspartner, der die Voraussetzungen nach Satz 1 erfüllt, haben sie zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 Verträge mit einem oder mehreren der in Satz 3 genannten Vertragspartner zu schließen. In den Fällen der Sätze 3 und 4 besteht kein Anspruch auf Vertragsabschluss; die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots ist unter Bekanntgabe objektiver Auswahlkriterien auszuschreiben. Soweit die hausärztliche Versorgung der Versicherten durch Verträge nach diesem Absatz durchgeführt wird, ist der Sicherstellungsauftrag nach § 75 Abs. 1 eingeschränkt. Satz 6 gilt nicht für die Organisation der vertragsärztlichen Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten.

(4a) Beantragt eine Gemeinschaft gemäß Absatz 4 Satz 2 die Einleitung eines Schiedsverfahrens, haben sich die Parteien auf eine unabhängige Schiedsperson zu verständigen, die den Inhalt des Vertrages nach Absatz 4 Satz 1 festlegt. Einigen sich die Parteien nicht auf eine Schiedsperson, so wird diese von der für die Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde bestimmt. Die Kosten des Schiedsverfahrens tragen die Vertragspartner zu gleichen Teilen. Klagen gegen die Bestimmung der Schiedsperson haben keine aufschiebende Wirkung. Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts richten sich gegen eine der beiden Vertragsparteien, nicht gegen die Schiedsperson.

(5) In den Verträgen nach Absatz 4 sind das Nähere über den Inhalt und die Durchführung der hausarztzentrierten Versorgung, insbesondere die Ausgestaltung der Anforderungen nach Absatz 2, sowie die Vergütung zu regeln; in Verträgen, die nach dem 31. März 2014 zustande kommen, sind zudem Wirtschaftlichkeitskriterien und Maßnahmen bei Nichteinhaltung der vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien sowie Regelungen zur Qualitätssicherung zu vereinbaren. Eine Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigung bei der Ausgestaltung und Umsetzung der Anforderungen nach Absatz 2 ist möglich. Die Verträge können auch Abweichendes von den im Dritten Kapitel benannten Leistungen beinhalten, soweit sie die in § 11 Absatz 6 genannten Leistungen, Leistungen nach den §§ 20i, 25, 26, 37a und 37b sowie ärztliche Leistungen einschließlich neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden betreffen, soweit der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 im Rahmen der Beschlüsse nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 keine ablehnende Entscheidung getroffen hat. Die Einzelverträge können Abweichendes von den Vorschriften dieses Kapitels sowie den nach diesen Vorschriften getroffenen Regelungen regeln. § 106d Absatz 3 gilt hinsichtlich der arzt- und versichertenbezogenen Prüfung der Abrechnungen auf Rechtmäßigkeit entsprechend. Zugelassene strukturierte Behandlungsprogramme nach §§ 137f und 137g sind, soweit sie die hausärztliche Versorgung betreffen, Bestandteil der Verträge nach Absatz 4. Vereinbarungen über zusätzliche Vergütungen für Diagnosen können nicht Gegenstand der Verträge sein.

(5a) Kündigt die Krankenkasse einen Vertrag nach Absatz 4 und kommt bis zum Ablauf dieses Vertrages kein neuer Vertrag zustande, gelten die Bestimmungen des bisherigen Vertrages vorläufig bis zum Zustandekommen eines neuen Vertrages weiter. Dies gilt nicht bei einer außerordentlichen Kündigung nach § 71 Absatz 6 Satz 3.

(6) Die Krankenkassen haben ihre Versicherten in geeigneter Weise umfassend über Inhalt und Ziele der hausarztzentrierten Versorgung sowie über die jeweils wohnortnah teilnehmenden Hausärzte zu informieren.

(7) Die Vertragspartner der Gesamtverträge haben den Behandlungsbedarf nach § 87a Absatz 3 Satz 2 zu bereinigen. Die Bereinigung erfolgt rechtzeitig zu dem Kalendervierteljahr, für welches die Gesamtvergütung bereinigt werden soll, entsprechend der Zahl und der Morbiditätsstruktur der für dieses Kalendervierteljahr eingeschriebenen Versicherten sowie dem vertraglich vereinbarten Inhalt der hausarztzentrierten Versorgung nach Maßgabe der Vorgaben des Bewertungsausschusses nach § 87a Absatz 5 Satz 7. Dabei können die Bereinigungsbeträge unter Beachtung der Maßgaben nach Satz 2 auch pauschaliert ermittelt werden. Kommt eine rechtzeitige Einigung über die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nicht zustande, können auch die Vertragspartner der Verträge über eine hausarztzentrierte Versorgung das Schiedsamt nach § 89 anrufen. Die für die Bereinigungsverfahren erforderlichen arzt- und versichertenbezogenen Daten übermitteln die Krankenkassen den zuständigen Gesamtvertragspartnern bis spätestens drei Wochen vor dem Kalendervierteljahr, für welches die Gesamtvergütung für die in diesem Kalendervierteljahr eingeschriebenen Versicherten bereinigt werden soll. Die Krankenkasse kann, falls eine rechtzeitige Bereinigung nicht festgesetzt worden ist, den Behandlungsbedarf unter Beachtung der Maßgaben nach Satz 2 vorläufig bereinigen. Sie kann auch die Anerkennung und Umsetzung des geltenden Bereinigungsverfahrens für die Bereinigung der Gesamtvergütung für an der hausarztzentrierten Versorgung teilnehmende Versicherte mit Wohnort im Bezirk anderer Kassenärztlichen Vereinigungen von diesen Kassenärztlichen Vereinigungen verlangen. Für die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nach Satz 7 sowie für den Fall der Rückführung von Bereinigungsbeträgen bei Beendigung der Teilnahme eines Versicherten sind die Verfahren gemäß § 87a Absatz 5 Satz 9 anzuwenden. Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben die zur Bereinigung erforderlichen Vorgaben im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben umzusetzen.

(8) Die Vertragsparteien nach Absatz 4 können vereinbaren, dass Aufwendungen für Leistungen, die über die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen und insoweit nicht unter die Bereinigungspflicht nach Absatz 7 fallen, aus Einsparungen und Effizienzsteigerungen, die aus den Maßnahmen von Verträgen nach Absatz 4 erzielt werden, finanziert werden.

(9) Die Einhaltung der nach Absatz 5 Satz 1 vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien muss spätestens vier Jahre nach dem Wirksamwerden der zugrunde liegenden Verträge nachweisbar sein; § 88 Absatz 2 des Vierten Buches gilt entsprechend.

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 legt in Richtlinien nach Maßgabe von Satz 2 geeignete chronische Krankheiten fest, für die strukturierte Behandlungsprogramme entwickelt werden sollen, die den Behandlungsablauf und die Qualität der medizinischen Versorgung chronisch Kranker verbessern. Bei der Auswahl der chronischen Krankheiten sind insbesondere die folgenden Kriterien zu berücksichtigen:

1.
Zahl der von der Krankheit betroffenen Versicherten,
2.
Möglichkeiten zur Verbesserung der Qualität der Versorgung,
3.
Verfügbarkeit von evidenzbasierten Leitlinien,
4.
sektorenübergreifender Behandlungsbedarf,
5.
Beeinflussbarkeit des Krankheitsverlaufs durch Eigeninitiative des Versicherten und
6.
hoher finanzieller Aufwand der Behandlung.
Bis zum 31. Juli 2023 erlässt der Gemeinsame Bundesausschuss insbesondere für die Behandlung von Adipositas Richtlinien nach Absatz 2.

(2) Der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 erlässt Richtlinien zu den Anforderungen an die Ausgestaltung von Behandlungsprogrammen nach Absatz 1. Zu regeln sind insbesondere Anforderungen an die

1.
Behandlung nach dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft unter Berücksichtigung von evidenzbasierten Leitlinien oder nach der jeweils besten, verfügbaren Evidenz sowie unter Berücksichtigung des jeweiligen Versorgungssektors,
2.
durchzuführenden Qualitätssicherungsmaßnahmen unter Berücksichtigung der Ergebnisse nach § 137a Absatz 3,
3.
Voraussetzungen für die Einschreibung des Versicherten in ein Programm,
4.
Schulungen der Leistungserbringer und der Versicherten,
5.
Dokumentation einschließlich der für die Durchführung der Programme erforderlichen personenbezogenen Daten und deren Aufbewahrungsfristen,
6.
Bewertung der Auswirkungen der Versorgung in den Programmen (Evaluation).
Soweit diese Anforderungen Inhalte der ärztlichen Therapie betreffen, schränken sie den zur Erfüllung des ärztlichen Behandlungsauftrags im Einzelfall erforderlichen ärztlichen Behandlungsspielraum nicht ein. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen hat den Medizinischen Dienst Bund zu beteiligen. Den für die Wahrnehmung der Interessen der ambulanten und stationären Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen und der Selbsthilfe sowie den für die sonstigen Leistungserbringer auf Bundesebene maßgeblichen Spitzenorganisationen, soweit ihre Belange berührt sind, sowie dem Bundesamt für Soziale Sicherung und den jeweils einschlägigen wissenschaftlichen Fachgesellschaften ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidungen mit einzubeziehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 hat seine Richtlinien regelmäßig zu überprüfen.

(3) Für die Versicherten ist die Teilnahme an Programmen nach Absatz 1 freiwillig. Voraussetzung für die Einschreibung ist die nach umfassender Information durch die Krankenkasse erteilte schriftliche oder elektronische Einwilligung zur Teilnahme an dem Programm, zur Verarbeitung der in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach Absatz 2 festgelegten Daten durch die Krankenkasse, die Sachverständigen nach Absatz 4 und die beteiligten Leistungserbringer sowie zur Übermittlung dieser Daten an die Krankenkasse. Die Einwilligung kann widerrufen werden.

(4) Die Krankenkassen oder ihre Verbände haben nach den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach Absatz 2 eine externe Evaluation der für dieselbe Krankheit nach Absatz 1 zugelassenen Programme nach Absatz 1 durch einen vom Bundesamt für Soziale Sicherung im Benehmen mit der Krankenkasse oder dem Verband auf deren Kosten bestellten unabhängigen Sachverständigen auf der Grundlage allgemein anerkannter wissenschaftlicher Standards zu veranlassen, die zu veröffentlichen ist. Die Krankenkassen oder ihre Verbände erstellen für die Programme zudem für jedes volle Kalenderjahr Qualitätsberichte nach den Vorgaben der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach Absatz 2, die dem Bundesamt für Soziale Sicherung jeweils bis zum 1. Oktober des Folgejahres vorzulegen sind.

(5) Die Verbände der Krankenkassen und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen unterstützen ihre Mitglieder bei dem Aufbau und der Durchführung von Programmen nach Absatz 1; hierzu gehört auch, dass die in Satz 2 genannten Aufträge auch von diesen Verbänden erteilt werden können, soweit hierdurch bundes- oder landeseinheitliche Vorgaben umgesetzt werden sollen. Die Krankenkassen können ihre Aufgaben zur Durchführung von mit zugelassenen Leistungserbringern vertraglich vereinbarten Programmen nach Absatz 1 auf Dritte übertragen. § 80 des Zehnten Buches bleibt unberührt.

(6) (weggefallen)

(7) Die Krankenkassen oder ihre Landesverbände können mit zugelassenen Krankenhäusern, die an der Durchführung eines strukturierten Behandlungsprogramms nach Absatz 1 teilnehmen, Verträge über ambulante ärztliche Behandlung schließen, soweit die Anforderungen an die ambulante Leistungserbringung in den Verträgen zu den strukturierten Behandlungsprogrammen dies erfordern. Für die sächlichen und personellen Anforderungen an die ambulante Leistungserbringung des Krankenhauses gelten als Mindestvoraussetzungen die Anforderungen nach § 135 entsprechend.

(8) Der Gemeinsame Bundesausschuss prüft bei der Erstfassung einer Richtlinie zu den Anforderungen nach Absatz 2 sowie bei jeder regelmäßigen Überprüfung seiner Richtlinien nach Absatz 2 Satz 6 die Aufnahme geeigneter digitaler medizinischer Anwendungen. Den für die Wahrnehmung der Interessen der Anbieter digitaler medizinischer Anwendungen auf Bundesebene maßgeblichen Spitzenorganisationen ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidungen einzubeziehen. Die Krankenkassen oder ihre Landesverbände können den Einsatz digitaler medizinischer Anwendungen in den Programmen auch dann vorsehen, wenn sie bisher nicht vom Gemeinsamen Bundesausschuss in die Richtlinien zu den Anforderungen nach Absatz 2 aufgenommen wurden.

(1) Das Bundesamt für Soziale Sicherung hat auf Antrag einer oder mehrerer Krankenkassen oder eines Verbandes der Krankenkassen die Zulassung von Programmen nach § 137f Abs. 1 zu erteilen, wenn die Programme und die zu ihrer Durchführung geschlossenen Verträge die in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 137f und in der Rechtsverordnung nach § 266 Absatz 8 Satz 1 genannten Anforderungen erfüllen. Dabei kann es wissenschaftliche Sachverständige hinzuziehen. Die Zulassung kann mit Auflagen und Bedingungen versehen werden. Die Zulassung ist innerhalb von drei Monaten zu erteilen. Die Frist nach Satz 4 gilt als gewahrt, wenn die Zulassung aus Gründen, die von der Krankenkasse zu vertreten sind, nicht innerhalb dieser Frist erteilt werden kann. Die Zulassung wird mit dem Tage wirksam, an dem die in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 137f und in der Rechtsverordnung nach § 266 Absatz 8 Satz 1 genannten Anforderungen erfüllt und die Verträge nach Satz 1 geschlossen sind, frühestens mit dem Tag der Antragstellung, nicht jedoch vor dem Inkrafttreten dieser Richtlinien und Verordnungsregelungen. Für die Bescheiderteilung sind Kosten deckende Gebühren zu erheben. Die Kosten werden nach dem tatsächlich entstandenen Personal- und Sachaufwand berechnet. Zusätzlich zu den Personalkosten entstehende Verwaltungsausgaben sind den Kosten in ihrer tatsächlichen Höhe hinzuzurechnen. Soweit dem Bundesamt für Soziale Sicherung im Zusammenhang mit der Zulassung von Programmen nach § 137f Abs. 1 notwendige Vorhaltekosten entstehen, die durch die Gebühren nach Satz 7 nicht gedeckt sind, sind diese aus dem Gesundheitsfonds zu finanzieren. Das Nähere über die Berechnung der Kosten nach den Sätzen 8 und 9 und über die Berücksichtigung der Kosten nach Satz 10 im Risikostrukturausgleich regelt das Bundesministerium für Gesundheit ohne Zustimmung des Bundesrates in der Rechtsverordnung nach § 266 Absatz 8 Satz 1. In der Rechtsverordnung nach § 266 Absatz 8 Satz 1 kann vorgesehen werden, dass die tatsächlich entstandenen Kosten nach den Sätzen 8 und 9 auf der Grundlage pauschalierter Kostensätze zu berechnen sind. Klagen gegen die Gebührenbescheide des Bundesamtes für Soziale Sicherung haben keine aufschiebende Wirkung.

(2) Die Programme und die zu ihrer Durchführung geschlossenen Verträge sind unverzüglich, spätestens innerhalb eines Jahres an Änderungen der in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 137f und der in der Rechtsverordnung nach § 266 Absatz 8 Satz 1 genannten Anforderungen anzupassen. Satz 1 gilt entsprechend für Programme, deren Zulassung bei Inkrafttreten von Änderungen der in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 137f und der in der Rechtsverordnung nach § 266 Absatz 8 Satz 1 genannten Anforderungen bereits beantragt ist. Die Krankenkasse hat dem Bundesamt für Soziale Sicherung die angepassten Verträge unverzüglich vorzulegen und es über die Anpassung der Programme unverzüglich zu unterrichten. Abweichend von § 140a Absatz 1 Satz 4 müssen Verträge, die nach § 73a, § 73c oder § 140a in der jeweils am 22. Juli 2015 geltenden Fassung zur Durchführung der Programme geschlossen wurden, nicht bis zum 31. Dezember 2024 durch Verträge nach § 140a ersetzt oder beendet werden; wird ein solcher Vertrag durch einen Vertrag nach § 140a ersetzt, folgt daraus allein keine Pflicht zur Vorlage oder Unterrichtung nach Satz 3.

(3) Die Zulassung eines Programms ist mit Wirkung zum Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, wenn das Programm und die zu seiner Durchführung geschlossenen Verträge die rechtlichen Anforderungen nicht mehr erfüllen. Die Zulassung ist mit Wirkung zum Beginn des Bewertungszeitraums aufzuheben, für den die Evaluation nach § 137f Absatz 4 Satz 1 nicht gemäß den Anforderungen nach den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 137f durchgeführt wurde. Sie ist mit Wirkung zum Beginn des Kalenderjahres aufzuheben, für das ein Qualitätsbericht nach § 137f Absatz 4 Satz 2 nicht fristgerecht vorgelegt worden ist.

(1) Die Krankenkassen haben ihren Versicherten eine besondere hausärztliche Versorgung (hausarztzentrierte Versorgung) anzubieten.

(2) Dabei ist sicherzustellen, dass die hausarztzentrierte Versorgung insbesondere folgenden Anforderungen genügt, die über die vom Gemeinsamen Bundesausschuss sowie in den Bundesmantelverträgen geregelten Anforderungen an die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen:

1.
Teilnahme der Hausärzte an strukturierten Qualitätszirkeln zur Arzneimitteltherapie unter Leitung entsprechend geschulter Moderatoren,
2.
Behandlung nach für die hausärztliche Versorgung entwickelten, evidenzbasierten, praxiserprobten Leitlinien,
3.
Erfüllung der Fortbildungspflicht nach § 95d durch Teilnahme an Fortbildungen, die sich auf hausarzttypische Behandlungsprobleme konzentrieren, wie patientenzentrierte Gesprächsführung, psychosomatische Grundversorgung, Palliativmedizin, allgemeine Schmerztherapie, Geriatrie,
4.
Einführung eines einrichtungsinternen, auf die besonderen Bedingungen einer Hausarztpraxis zugeschnittenen, indikatorengestützten und wissenschaftlich anerkannten Qualitätsmanagements.

(3) Die Teilnahme an der hausarztzentrierten Versorgung ist freiwillig. Die Teilnehmer verpflichten sich schriftlich oder elektronisch gegenüber ihrer Krankenkasse, nur einen von ihnen aus dem Kreis der Hausärzte nach Absatz 4 gewählten Hausarzt in Anspruch zu nehmen sowie ambulante fachärztliche Behandlung mit Ausnahme der Leistungen der Augenärzte und Frauenärzte nur auf dessen Überweisung; die direkte Inanspruchnahme eines Kinder- und Jugendarztes bleibt unberührt. Die Versicherten können die Teilnahmeerklärung innerhalb von zwei Wochen nach deren Abgabe schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift bei der Krankenkasse ohne Angabe von Gründen widerrufen. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung an die Krankenkasse. Die Widerrufsfrist beginnt, wenn die Krankenkasse dem Versicherten eine Belehrung über sein Widerrufsrecht schriftlich oder elektronisch mitgeteilt hat, frühestens jedoch mit der Abgabe der Teilnahmeerklärung. Wird das Widerrufsrecht nicht ausgeübt, ist der Versicherte an seine Teilnahmeerklärung und an die Wahl seines Hausarztes mindestens ein Jahr gebunden; er darf den gewählten Hausarzt nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes wechseln. Das Nähere zur Durchführung der Teilnahme der Versicherten, insbesondere zur Bindung an den gewählten Hausarzt, zu weiteren Ausnahmen von dem Überweisungsgebot und zu den Folgen bei Pflichtverstößen der Versicherten, regeln die Krankenkassen in den Teilnahmeerklärungen. Die Satzung der Krankenkasse hat Regelungen zur Abgabe der Teilnahmeerklärung zu enthalten; die Regelungen sind auf der Grundlage der Richtlinie nach § 217f Absatz 4a zu treffen.

(4) Zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 haben Krankenkassen allein oder in Kooperation mit anderen Krankenkassen spätestens bis zum 30. Juni 2009 Verträge mit Gemeinschaften zu schließen, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der Kassenärztlichen Vereinigung vertreten. Können sich die Vertragsparteien nicht einigen, kann die Gemeinschaft die Einleitung eines Schiedsverfahrens nach Absatz 4a beantragen. Ist ein Vertrag nach Satz 1 zustande gekommen oder soll ein Vertrag zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen geschlossen werden, können Verträge auch abgeschlossen werden mit

1.
vertragsärztlichen Leistungserbringern, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen,
2.
Gemeinschaften dieser Leistungserbringer,
3.
Trägern von Einrichtungen, die eine hausarztzentrierte Versorgung durch vertragsärztliche Leistungserbringer, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen, anbieten,
4.
Kassenärztlichen Vereinigungen, soweit Gemeinschaften nach Nummer 2 sie hierzu ermächtigt haben.
Finden die Krankenkassen in dem Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung keinen Vertragspartner, der die Voraussetzungen nach Satz 1 erfüllt, haben sie zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 Verträge mit einem oder mehreren der in Satz 3 genannten Vertragspartner zu schließen. In den Fällen der Sätze 3 und 4 besteht kein Anspruch auf Vertragsabschluss; die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots ist unter Bekanntgabe objektiver Auswahlkriterien auszuschreiben. Soweit die hausärztliche Versorgung der Versicherten durch Verträge nach diesem Absatz durchgeführt wird, ist der Sicherstellungsauftrag nach § 75 Abs. 1 eingeschränkt. Satz 6 gilt nicht für die Organisation der vertragsärztlichen Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten.

(4a) Beantragt eine Gemeinschaft gemäß Absatz 4 Satz 2 die Einleitung eines Schiedsverfahrens, haben sich die Parteien auf eine unabhängige Schiedsperson zu verständigen, die den Inhalt des Vertrages nach Absatz 4 Satz 1 festlegt. Einigen sich die Parteien nicht auf eine Schiedsperson, so wird diese von der für die Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde bestimmt. Die Kosten des Schiedsverfahrens tragen die Vertragspartner zu gleichen Teilen. Klagen gegen die Bestimmung der Schiedsperson haben keine aufschiebende Wirkung. Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts richten sich gegen eine der beiden Vertragsparteien, nicht gegen die Schiedsperson.

(5) In den Verträgen nach Absatz 4 sind das Nähere über den Inhalt und die Durchführung der hausarztzentrierten Versorgung, insbesondere die Ausgestaltung der Anforderungen nach Absatz 2, sowie die Vergütung zu regeln; in Verträgen, die nach dem 31. März 2014 zustande kommen, sind zudem Wirtschaftlichkeitskriterien und Maßnahmen bei Nichteinhaltung der vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien sowie Regelungen zur Qualitätssicherung zu vereinbaren. Eine Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigung bei der Ausgestaltung und Umsetzung der Anforderungen nach Absatz 2 ist möglich. Die Verträge können auch Abweichendes von den im Dritten Kapitel benannten Leistungen beinhalten, soweit sie die in § 11 Absatz 6 genannten Leistungen, Leistungen nach den §§ 20i, 25, 26, 37a und 37b sowie ärztliche Leistungen einschließlich neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden betreffen, soweit der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 im Rahmen der Beschlüsse nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 keine ablehnende Entscheidung getroffen hat. Die Einzelverträge können Abweichendes von den Vorschriften dieses Kapitels sowie den nach diesen Vorschriften getroffenen Regelungen regeln. § 106d Absatz 3 gilt hinsichtlich der arzt- und versichertenbezogenen Prüfung der Abrechnungen auf Rechtmäßigkeit entsprechend. Zugelassene strukturierte Behandlungsprogramme nach §§ 137f und 137g sind, soweit sie die hausärztliche Versorgung betreffen, Bestandteil der Verträge nach Absatz 4. Vereinbarungen über zusätzliche Vergütungen für Diagnosen können nicht Gegenstand der Verträge sein.

(5a) Kündigt die Krankenkasse einen Vertrag nach Absatz 4 und kommt bis zum Ablauf dieses Vertrages kein neuer Vertrag zustande, gelten die Bestimmungen des bisherigen Vertrages vorläufig bis zum Zustandekommen eines neuen Vertrages weiter. Dies gilt nicht bei einer außerordentlichen Kündigung nach § 71 Absatz 6 Satz 3.

(6) Die Krankenkassen haben ihre Versicherten in geeigneter Weise umfassend über Inhalt und Ziele der hausarztzentrierten Versorgung sowie über die jeweils wohnortnah teilnehmenden Hausärzte zu informieren.

(7) Die Vertragspartner der Gesamtverträge haben den Behandlungsbedarf nach § 87a Absatz 3 Satz 2 zu bereinigen. Die Bereinigung erfolgt rechtzeitig zu dem Kalendervierteljahr, für welches die Gesamtvergütung bereinigt werden soll, entsprechend der Zahl und der Morbiditätsstruktur der für dieses Kalendervierteljahr eingeschriebenen Versicherten sowie dem vertraglich vereinbarten Inhalt der hausarztzentrierten Versorgung nach Maßgabe der Vorgaben des Bewertungsausschusses nach § 87a Absatz 5 Satz 7. Dabei können die Bereinigungsbeträge unter Beachtung der Maßgaben nach Satz 2 auch pauschaliert ermittelt werden. Kommt eine rechtzeitige Einigung über die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nicht zustande, können auch die Vertragspartner der Verträge über eine hausarztzentrierte Versorgung das Schiedsamt nach § 89 anrufen. Die für die Bereinigungsverfahren erforderlichen arzt- und versichertenbezogenen Daten übermitteln die Krankenkassen den zuständigen Gesamtvertragspartnern bis spätestens drei Wochen vor dem Kalendervierteljahr, für welches die Gesamtvergütung für die in diesem Kalendervierteljahr eingeschriebenen Versicherten bereinigt werden soll. Die Krankenkasse kann, falls eine rechtzeitige Bereinigung nicht festgesetzt worden ist, den Behandlungsbedarf unter Beachtung der Maßgaben nach Satz 2 vorläufig bereinigen. Sie kann auch die Anerkennung und Umsetzung des geltenden Bereinigungsverfahrens für die Bereinigung der Gesamtvergütung für an der hausarztzentrierten Versorgung teilnehmende Versicherte mit Wohnort im Bezirk anderer Kassenärztlichen Vereinigungen von diesen Kassenärztlichen Vereinigungen verlangen. Für die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nach Satz 7 sowie für den Fall der Rückführung von Bereinigungsbeträgen bei Beendigung der Teilnahme eines Versicherten sind die Verfahren gemäß § 87a Absatz 5 Satz 9 anzuwenden. Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben die zur Bereinigung erforderlichen Vorgaben im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben umzusetzen.

(8) Die Vertragsparteien nach Absatz 4 können vereinbaren, dass Aufwendungen für Leistungen, die über die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen und insoweit nicht unter die Bereinigungspflicht nach Absatz 7 fallen, aus Einsparungen und Effizienzsteigerungen, die aus den Maßnahmen von Verträgen nach Absatz 4 erzielt werden, finanziert werden.

(9) Die Einhaltung der nach Absatz 5 Satz 1 vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien muss spätestens vier Jahre nach dem Wirksamwerden der zugrunde liegenden Verträge nachweisbar sein; § 88 Absatz 2 des Vierten Buches gilt entsprechend.

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.

(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs. 2 Satz 1, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Empfehlungen abgegeben hat über

1.
die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung,
2.
die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern, und
3.
die erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung.
Der Gemeinsame Bundesausschuss überprüft die zu Lasten der Krankenkassen erbrachten vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Leistungen daraufhin, ob sie den Kriterien nach Satz 1 Nr. 1 entsprechen. Falls die Überprüfung ergibt, daß diese Kriterien nicht erfüllt werden, dürfen die Leistungen nicht mehr als vertragsärztliche oder vertragszahnärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden. Die Beschlussfassung über die Annahme eines Antrags nach Satz 1 muss spätestens drei Monate nach Antragseingang erfolgen. Das sich anschließende Methodenbewertungsverfahren ist innerhalb von zwei Jahren abzuschließen. Bestehen nach dem Beratungsverlauf im Gemeinsamen Bundesausschuss ein halbes Jahr vor Fristablauf konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine fristgerechte Beschlussfassung nicht zustande kommt, haben die unparteiischen Mitglieder gemeinsam einen eigenen Beschlussvorschlag für eine fristgerechte Entscheidung vorzulegen; die Geschäftsführung ist mit der Vorbereitung des Beschlussvorschlags zu beauftragen. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Regelungen zu den notwendigen Anforderungen nach Satz 1 Nummer 2 und 3 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode die Kriterien nach Satz 1 Nummer 1 erfüllt. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Vorgaben für einen Beschluss einer Richtlinie nach § 137e Absatz 1 und 2 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, ihr Nutzen aber noch nicht hinreichend belegt ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat innerhalb der in Satz 5 genannten Frist über den Vorschlag der unparteiischen Mitglieder zu entscheiden.

(1a) Für ein Methodenbewertungsverfahren, für das der Antrag nach Absatz 1 Satz 1 vor dem 31. Dezember 2018 angenommen wurde, gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass das Methodenbewertungsverfahren abweichend von Absatz 1 Satz 5 erst bis zum 31. Dezember 2020 abzuschließen ist.

(2) Für ärztliche und zahnärztliche Leistungen, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse und Erfahrungen (Fachkundenachweis), einer besonderen Praxisausstattung oder anderer Anforderungen an die Versorgungsqualität bedürfen, können die Partner der Bundesmantelverträge einheitlich entsprechende Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen vereinbaren. Soweit für die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen, welche als Qualifikation vorausgesetzt werden müssen, in landesrechtlichen Regelungen zur ärztlichen Berufsausübung, insbesondere solchen des Facharztrechts, bundesweit inhaltsgleich und hinsichtlich der Qualitätsvoraussetzungen nach Satz 1 gleichwertige Qualifikationen eingeführt sind, sind diese notwendige und ausreichende Voraussetzung. Wird die Erbringung ärztlicher Leistungen erstmalig von einer Qualifikation abhängig gemacht, so können die Vertragspartner für Ärzte, welche entsprechende Qualifikationen nicht während einer Weiterbildung erworben haben, übergangsweise Qualifikationen einführen, welche dem Kenntnis- und Erfahrungsstand der facharztrechtlichen Regelungen entsprechen müssen. Abweichend von Satz 2 können die Vertragspartner nach Satz 1 zur Sicherung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung Regelungen treffen, nach denen die Erbringung bestimmter medizinisch-technischer Leistungen den Fachärzten vorbehalten ist, für die diese Leistungen zum Kern ihres Fachgebietes gehören. Die nach der Rechtsverordnung nach § 140g anerkannten Organisationen sind vor dem Abschluss von Vereinbarungen nach Satz 1 in die Beratungen der Vertragspartner einzubeziehen; die Organisationen benennen hierzu sachkundige Personen. § 140f Absatz 5 gilt entsprechend. Das Nähere zum Verfahren vereinbaren die Vertragspartner nach Satz 1. Für die Vereinbarungen nach diesem Absatz gilt § 87 Absatz 6 Satz 10 entsprechend.

(3) bis (6) (weggefallen)

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(1) Die Krankenkassen haben ihren Versicherten eine besondere hausärztliche Versorgung (hausarztzentrierte Versorgung) anzubieten.

(2) Dabei ist sicherzustellen, dass die hausarztzentrierte Versorgung insbesondere folgenden Anforderungen genügt, die über die vom Gemeinsamen Bundesausschuss sowie in den Bundesmantelverträgen geregelten Anforderungen an die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen:

1.
Teilnahme der Hausärzte an strukturierten Qualitätszirkeln zur Arzneimitteltherapie unter Leitung entsprechend geschulter Moderatoren,
2.
Behandlung nach für die hausärztliche Versorgung entwickelten, evidenzbasierten, praxiserprobten Leitlinien,
3.
Erfüllung der Fortbildungspflicht nach § 95d durch Teilnahme an Fortbildungen, die sich auf hausarzttypische Behandlungsprobleme konzentrieren, wie patientenzentrierte Gesprächsführung, psychosomatische Grundversorgung, Palliativmedizin, allgemeine Schmerztherapie, Geriatrie,
4.
Einführung eines einrichtungsinternen, auf die besonderen Bedingungen einer Hausarztpraxis zugeschnittenen, indikatorengestützten und wissenschaftlich anerkannten Qualitätsmanagements.

(3) Die Teilnahme an der hausarztzentrierten Versorgung ist freiwillig. Die Teilnehmer verpflichten sich schriftlich oder elektronisch gegenüber ihrer Krankenkasse, nur einen von ihnen aus dem Kreis der Hausärzte nach Absatz 4 gewählten Hausarzt in Anspruch zu nehmen sowie ambulante fachärztliche Behandlung mit Ausnahme der Leistungen der Augenärzte und Frauenärzte nur auf dessen Überweisung; die direkte Inanspruchnahme eines Kinder- und Jugendarztes bleibt unberührt. Die Versicherten können die Teilnahmeerklärung innerhalb von zwei Wochen nach deren Abgabe schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift bei der Krankenkasse ohne Angabe von Gründen widerrufen. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung an die Krankenkasse. Die Widerrufsfrist beginnt, wenn die Krankenkasse dem Versicherten eine Belehrung über sein Widerrufsrecht schriftlich oder elektronisch mitgeteilt hat, frühestens jedoch mit der Abgabe der Teilnahmeerklärung. Wird das Widerrufsrecht nicht ausgeübt, ist der Versicherte an seine Teilnahmeerklärung und an die Wahl seines Hausarztes mindestens ein Jahr gebunden; er darf den gewählten Hausarzt nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes wechseln. Das Nähere zur Durchführung der Teilnahme der Versicherten, insbesondere zur Bindung an den gewählten Hausarzt, zu weiteren Ausnahmen von dem Überweisungsgebot und zu den Folgen bei Pflichtverstößen der Versicherten, regeln die Krankenkassen in den Teilnahmeerklärungen. Die Satzung der Krankenkasse hat Regelungen zur Abgabe der Teilnahmeerklärung zu enthalten; die Regelungen sind auf der Grundlage der Richtlinie nach § 217f Absatz 4a zu treffen.

(4) Zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 haben Krankenkassen allein oder in Kooperation mit anderen Krankenkassen spätestens bis zum 30. Juni 2009 Verträge mit Gemeinschaften zu schließen, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der Kassenärztlichen Vereinigung vertreten. Können sich die Vertragsparteien nicht einigen, kann die Gemeinschaft die Einleitung eines Schiedsverfahrens nach Absatz 4a beantragen. Ist ein Vertrag nach Satz 1 zustande gekommen oder soll ein Vertrag zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen geschlossen werden, können Verträge auch abgeschlossen werden mit

1.
vertragsärztlichen Leistungserbringern, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen,
2.
Gemeinschaften dieser Leistungserbringer,
3.
Trägern von Einrichtungen, die eine hausarztzentrierte Versorgung durch vertragsärztliche Leistungserbringer, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen, anbieten,
4.
Kassenärztlichen Vereinigungen, soweit Gemeinschaften nach Nummer 2 sie hierzu ermächtigt haben.
Finden die Krankenkassen in dem Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung keinen Vertragspartner, der die Voraussetzungen nach Satz 1 erfüllt, haben sie zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 Verträge mit einem oder mehreren der in Satz 3 genannten Vertragspartner zu schließen. In den Fällen der Sätze 3 und 4 besteht kein Anspruch auf Vertragsabschluss; die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots ist unter Bekanntgabe objektiver Auswahlkriterien auszuschreiben. Soweit die hausärztliche Versorgung der Versicherten durch Verträge nach diesem Absatz durchgeführt wird, ist der Sicherstellungsauftrag nach § 75 Abs. 1 eingeschränkt. Satz 6 gilt nicht für die Organisation der vertragsärztlichen Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten.

(4a) Beantragt eine Gemeinschaft gemäß Absatz 4 Satz 2 die Einleitung eines Schiedsverfahrens, haben sich die Parteien auf eine unabhängige Schiedsperson zu verständigen, die den Inhalt des Vertrages nach Absatz 4 Satz 1 festlegt. Einigen sich die Parteien nicht auf eine Schiedsperson, so wird diese von der für die Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde bestimmt. Die Kosten des Schiedsverfahrens tragen die Vertragspartner zu gleichen Teilen. Klagen gegen die Bestimmung der Schiedsperson haben keine aufschiebende Wirkung. Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts richten sich gegen eine der beiden Vertragsparteien, nicht gegen die Schiedsperson.

(5) In den Verträgen nach Absatz 4 sind das Nähere über den Inhalt und die Durchführung der hausarztzentrierten Versorgung, insbesondere die Ausgestaltung der Anforderungen nach Absatz 2, sowie die Vergütung zu regeln; in Verträgen, die nach dem 31. März 2014 zustande kommen, sind zudem Wirtschaftlichkeitskriterien und Maßnahmen bei Nichteinhaltung der vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien sowie Regelungen zur Qualitätssicherung zu vereinbaren. Eine Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigung bei der Ausgestaltung und Umsetzung der Anforderungen nach Absatz 2 ist möglich. Die Verträge können auch Abweichendes von den im Dritten Kapitel benannten Leistungen beinhalten, soweit sie die in § 11 Absatz 6 genannten Leistungen, Leistungen nach den §§ 20i, 25, 26, 37a und 37b sowie ärztliche Leistungen einschließlich neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden betreffen, soweit der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 im Rahmen der Beschlüsse nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 keine ablehnende Entscheidung getroffen hat. Die Einzelverträge können Abweichendes von den Vorschriften dieses Kapitels sowie den nach diesen Vorschriften getroffenen Regelungen regeln. § 106d Absatz 3 gilt hinsichtlich der arzt- und versichertenbezogenen Prüfung der Abrechnungen auf Rechtmäßigkeit entsprechend. Zugelassene strukturierte Behandlungsprogramme nach §§ 137f und 137g sind, soweit sie die hausärztliche Versorgung betreffen, Bestandteil der Verträge nach Absatz 4. Vereinbarungen über zusätzliche Vergütungen für Diagnosen können nicht Gegenstand der Verträge sein.

(5a) Kündigt die Krankenkasse einen Vertrag nach Absatz 4 und kommt bis zum Ablauf dieses Vertrages kein neuer Vertrag zustande, gelten die Bestimmungen des bisherigen Vertrages vorläufig bis zum Zustandekommen eines neuen Vertrages weiter. Dies gilt nicht bei einer außerordentlichen Kündigung nach § 71 Absatz 6 Satz 3.

(6) Die Krankenkassen haben ihre Versicherten in geeigneter Weise umfassend über Inhalt und Ziele der hausarztzentrierten Versorgung sowie über die jeweils wohnortnah teilnehmenden Hausärzte zu informieren.

(7) Die Vertragspartner der Gesamtverträge haben den Behandlungsbedarf nach § 87a Absatz 3 Satz 2 zu bereinigen. Die Bereinigung erfolgt rechtzeitig zu dem Kalendervierteljahr, für welches die Gesamtvergütung bereinigt werden soll, entsprechend der Zahl und der Morbiditätsstruktur der für dieses Kalendervierteljahr eingeschriebenen Versicherten sowie dem vertraglich vereinbarten Inhalt der hausarztzentrierten Versorgung nach Maßgabe der Vorgaben des Bewertungsausschusses nach § 87a Absatz 5 Satz 7. Dabei können die Bereinigungsbeträge unter Beachtung der Maßgaben nach Satz 2 auch pauschaliert ermittelt werden. Kommt eine rechtzeitige Einigung über die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nicht zustande, können auch die Vertragspartner der Verträge über eine hausarztzentrierte Versorgung das Schiedsamt nach § 89 anrufen. Die für die Bereinigungsverfahren erforderlichen arzt- und versichertenbezogenen Daten übermitteln die Krankenkassen den zuständigen Gesamtvertragspartnern bis spätestens drei Wochen vor dem Kalendervierteljahr, für welches die Gesamtvergütung für die in diesem Kalendervierteljahr eingeschriebenen Versicherten bereinigt werden soll. Die Krankenkasse kann, falls eine rechtzeitige Bereinigung nicht festgesetzt worden ist, den Behandlungsbedarf unter Beachtung der Maßgaben nach Satz 2 vorläufig bereinigen. Sie kann auch die Anerkennung und Umsetzung des geltenden Bereinigungsverfahrens für die Bereinigung der Gesamtvergütung für an der hausarztzentrierten Versorgung teilnehmende Versicherte mit Wohnort im Bezirk anderer Kassenärztlichen Vereinigungen von diesen Kassenärztlichen Vereinigungen verlangen. Für die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nach Satz 7 sowie für den Fall der Rückführung von Bereinigungsbeträgen bei Beendigung der Teilnahme eines Versicherten sind die Verfahren gemäß § 87a Absatz 5 Satz 9 anzuwenden. Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben die zur Bereinigung erforderlichen Vorgaben im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben umzusetzen.

(8) Die Vertragsparteien nach Absatz 4 können vereinbaren, dass Aufwendungen für Leistungen, die über die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen und insoweit nicht unter die Bereinigungspflicht nach Absatz 7 fallen, aus Einsparungen und Effizienzsteigerungen, die aus den Maßnahmen von Verträgen nach Absatz 4 erzielt werden, finanziert werden.

(9) Die Einhaltung der nach Absatz 5 Satz 1 vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien muss spätestens vier Jahre nach dem Wirksamwerden der zugrunde liegenden Verträge nachweisbar sein; § 88 Absatz 2 des Vierten Buches gilt entsprechend.

(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs. 2 Satz 1, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Empfehlungen abgegeben hat über

1.
die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung,
2.
die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern, und
3.
die erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung.
Der Gemeinsame Bundesausschuss überprüft die zu Lasten der Krankenkassen erbrachten vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Leistungen daraufhin, ob sie den Kriterien nach Satz 1 Nr. 1 entsprechen. Falls die Überprüfung ergibt, daß diese Kriterien nicht erfüllt werden, dürfen die Leistungen nicht mehr als vertragsärztliche oder vertragszahnärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden. Die Beschlussfassung über die Annahme eines Antrags nach Satz 1 muss spätestens drei Monate nach Antragseingang erfolgen. Das sich anschließende Methodenbewertungsverfahren ist innerhalb von zwei Jahren abzuschließen. Bestehen nach dem Beratungsverlauf im Gemeinsamen Bundesausschuss ein halbes Jahr vor Fristablauf konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine fristgerechte Beschlussfassung nicht zustande kommt, haben die unparteiischen Mitglieder gemeinsam einen eigenen Beschlussvorschlag für eine fristgerechte Entscheidung vorzulegen; die Geschäftsführung ist mit der Vorbereitung des Beschlussvorschlags zu beauftragen. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Regelungen zu den notwendigen Anforderungen nach Satz 1 Nummer 2 und 3 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode die Kriterien nach Satz 1 Nummer 1 erfüllt. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Vorgaben für einen Beschluss einer Richtlinie nach § 137e Absatz 1 und 2 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, ihr Nutzen aber noch nicht hinreichend belegt ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat innerhalb der in Satz 5 genannten Frist über den Vorschlag der unparteiischen Mitglieder zu entscheiden.

(1a) Für ein Methodenbewertungsverfahren, für das der Antrag nach Absatz 1 Satz 1 vor dem 31. Dezember 2018 angenommen wurde, gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass das Methodenbewertungsverfahren abweichend von Absatz 1 Satz 5 erst bis zum 31. Dezember 2020 abzuschließen ist.

(2) Für ärztliche und zahnärztliche Leistungen, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse und Erfahrungen (Fachkundenachweis), einer besonderen Praxisausstattung oder anderer Anforderungen an die Versorgungsqualität bedürfen, können die Partner der Bundesmantelverträge einheitlich entsprechende Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen vereinbaren. Soweit für die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen, welche als Qualifikation vorausgesetzt werden müssen, in landesrechtlichen Regelungen zur ärztlichen Berufsausübung, insbesondere solchen des Facharztrechts, bundesweit inhaltsgleich und hinsichtlich der Qualitätsvoraussetzungen nach Satz 1 gleichwertige Qualifikationen eingeführt sind, sind diese notwendige und ausreichende Voraussetzung. Wird die Erbringung ärztlicher Leistungen erstmalig von einer Qualifikation abhängig gemacht, so können die Vertragspartner für Ärzte, welche entsprechende Qualifikationen nicht während einer Weiterbildung erworben haben, übergangsweise Qualifikationen einführen, welche dem Kenntnis- und Erfahrungsstand der facharztrechtlichen Regelungen entsprechen müssen. Abweichend von Satz 2 können die Vertragspartner nach Satz 1 zur Sicherung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung Regelungen treffen, nach denen die Erbringung bestimmter medizinisch-technischer Leistungen den Fachärzten vorbehalten ist, für die diese Leistungen zum Kern ihres Fachgebietes gehören. Die nach der Rechtsverordnung nach § 140g anerkannten Organisationen sind vor dem Abschluss von Vereinbarungen nach Satz 1 in die Beratungen der Vertragspartner einzubeziehen; die Organisationen benennen hierzu sachkundige Personen. § 140f Absatz 5 gilt entsprechend. Das Nähere zum Verfahren vereinbaren die Vertragspartner nach Satz 1. Für die Vereinbarungen nach diesem Absatz gilt § 87 Absatz 6 Satz 10 entsprechend.

(3) bis (6) (weggefallen)

(1) Wird durch das Handeln oder Unterlassen eines Versicherungsträgers das Recht verletzt, soll die Aufsichtsbehörde zunächst beratend darauf hinwirken, dass der Versicherungsträger die Rechtsverletzung behebt. Kommt der Versicherungsträger dem innerhalb angemessener Frist nicht nach, kann die Aufsichtsbehörde den Versicherungsträger verpflichten, die Rechtsverletzung zu beheben. Die Verpflichtung kann mit den Mitteln des Verwaltungsvollstreckungsrechts durchgesetzt werden, wenn ihre sofortige Vollziehung angeordnet worden oder sie unanfechtbar geworden ist. Die Aufsicht kann die Zwangsmittel für jeden Fall der Nichtbefolgung androhen. § 13 Absatz 6 Satz 2 des Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzes ist nicht anwendbar.

(2) Absatz 1 gilt für die Aufsicht nach § 87 Absatz 2 entsprechend.

(3) Die Aufsichtsbehörde kann verlangen, dass die Selbstverwaltungsorgane zu Sitzungen einberufen werden. Wird ihrem Verlangen nicht entsprochen, kann sie die Sitzungen selbst anberaumen und die Verhandlungen leiten.

(1) Die Krankenkassen haben ihren Versicherten eine besondere hausärztliche Versorgung (hausarztzentrierte Versorgung) anzubieten.

(2) Dabei ist sicherzustellen, dass die hausarztzentrierte Versorgung insbesondere folgenden Anforderungen genügt, die über die vom Gemeinsamen Bundesausschuss sowie in den Bundesmantelverträgen geregelten Anforderungen an die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen:

1.
Teilnahme der Hausärzte an strukturierten Qualitätszirkeln zur Arzneimitteltherapie unter Leitung entsprechend geschulter Moderatoren,
2.
Behandlung nach für die hausärztliche Versorgung entwickelten, evidenzbasierten, praxiserprobten Leitlinien,
3.
Erfüllung der Fortbildungspflicht nach § 95d durch Teilnahme an Fortbildungen, die sich auf hausarzttypische Behandlungsprobleme konzentrieren, wie patientenzentrierte Gesprächsführung, psychosomatische Grundversorgung, Palliativmedizin, allgemeine Schmerztherapie, Geriatrie,
4.
Einführung eines einrichtungsinternen, auf die besonderen Bedingungen einer Hausarztpraxis zugeschnittenen, indikatorengestützten und wissenschaftlich anerkannten Qualitätsmanagements.

(3) Die Teilnahme an der hausarztzentrierten Versorgung ist freiwillig. Die Teilnehmer verpflichten sich schriftlich oder elektronisch gegenüber ihrer Krankenkasse, nur einen von ihnen aus dem Kreis der Hausärzte nach Absatz 4 gewählten Hausarzt in Anspruch zu nehmen sowie ambulante fachärztliche Behandlung mit Ausnahme der Leistungen der Augenärzte und Frauenärzte nur auf dessen Überweisung; die direkte Inanspruchnahme eines Kinder- und Jugendarztes bleibt unberührt. Die Versicherten können die Teilnahmeerklärung innerhalb von zwei Wochen nach deren Abgabe schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift bei der Krankenkasse ohne Angabe von Gründen widerrufen. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung an die Krankenkasse. Die Widerrufsfrist beginnt, wenn die Krankenkasse dem Versicherten eine Belehrung über sein Widerrufsrecht schriftlich oder elektronisch mitgeteilt hat, frühestens jedoch mit der Abgabe der Teilnahmeerklärung. Wird das Widerrufsrecht nicht ausgeübt, ist der Versicherte an seine Teilnahmeerklärung und an die Wahl seines Hausarztes mindestens ein Jahr gebunden; er darf den gewählten Hausarzt nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes wechseln. Das Nähere zur Durchführung der Teilnahme der Versicherten, insbesondere zur Bindung an den gewählten Hausarzt, zu weiteren Ausnahmen von dem Überweisungsgebot und zu den Folgen bei Pflichtverstößen der Versicherten, regeln die Krankenkassen in den Teilnahmeerklärungen. Die Satzung der Krankenkasse hat Regelungen zur Abgabe der Teilnahmeerklärung zu enthalten; die Regelungen sind auf der Grundlage der Richtlinie nach § 217f Absatz 4a zu treffen.

(4) Zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 haben Krankenkassen allein oder in Kooperation mit anderen Krankenkassen spätestens bis zum 30. Juni 2009 Verträge mit Gemeinschaften zu schließen, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der Kassenärztlichen Vereinigung vertreten. Können sich die Vertragsparteien nicht einigen, kann die Gemeinschaft die Einleitung eines Schiedsverfahrens nach Absatz 4a beantragen. Ist ein Vertrag nach Satz 1 zustande gekommen oder soll ein Vertrag zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen geschlossen werden, können Verträge auch abgeschlossen werden mit

1.
vertragsärztlichen Leistungserbringern, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen,
2.
Gemeinschaften dieser Leistungserbringer,
3.
Trägern von Einrichtungen, die eine hausarztzentrierte Versorgung durch vertragsärztliche Leistungserbringer, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen, anbieten,
4.
Kassenärztlichen Vereinigungen, soweit Gemeinschaften nach Nummer 2 sie hierzu ermächtigt haben.
Finden die Krankenkassen in dem Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung keinen Vertragspartner, der die Voraussetzungen nach Satz 1 erfüllt, haben sie zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 Verträge mit einem oder mehreren der in Satz 3 genannten Vertragspartner zu schließen. In den Fällen der Sätze 3 und 4 besteht kein Anspruch auf Vertragsabschluss; die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots ist unter Bekanntgabe objektiver Auswahlkriterien auszuschreiben. Soweit die hausärztliche Versorgung der Versicherten durch Verträge nach diesem Absatz durchgeführt wird, ist der Sicherstellungsauftrag nach § 75 Abs. 1 eingeschränkt. Satz 6 gilt nicht für die Organisation der vertragsärztlichen Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten.

(4a) Beantragt eine Gemeinschaft gemäß Absatz 4 Satz 2 die Einleitung eines Schiedsverfahrens, haben sich die Parteien auf eine unabhängige Schiedsperson zu verständigen, die den Inhalt des Vertrages nach Absatz 4 Satz 1 festlegt. Einigen sich die Parteien nicht auf eine Schiedsperson, so wird diese von der für die Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde bestimmt. Die Kosten des Schiedsverfahrens tragen die Vertragspartner zu gleichen Teilen. Klagen gegen die Bestimmung der Schiedsperson haben keine aufschiebende Wirkung. Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts richten sich gegen eine der beiden Vertragsparteien, nicht gegen die Schiedsperson.

(5) In den Verträgen nach Absatz 4 sind das Nähere über den Inhalt und die Durchführung der hausarztzentrierten Versorgung, insbesondere die Ausgestaltung der Anforderungen nach Absatz 2, sowie die Vergütung zu regeln; in Verträgen, die nach dem 31. März 2014 zustande kommen, sind zudem Wirtschaftlichkeitskriterien und Maßnahmen bei Nichteinhaltung der vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien sowie Regelungen zur Qualitätssicherung zu vereinbaren. Eine Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigung bei der Ausgestaltung und Umsetzung der Anforderungen nach Absatz 2 ist möglich. Die Verträge können auch Abweichendes von den im Dritten Kapitel benannten Leistungen beinhalten, soweit sie die in § 11 Absatz 6 genannten Leistungen, Leistungen nach den §§ 20i, 25, 26, 37a und 37b sowie ärztliche Leistungen einschließlich neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden betreffen, soweit der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 im Rahmen der Beschlüsse nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 keine ablehnende Entscheidung getroffen hat. Die Einzelverträge können Abweichendes von den Vorschriften dieses Kapitels sowie den nach diesen Vorschriften getroffenen Regelungen regeln. § 106d Absatz 3 gilt hinsichtlich der arzt- und versichertenbezogenen Prüfung der Abrechnungen auf Rechtmäßigkeit entsprechend. Zugelassene strukturierte Behandlungsprogramme nach §§ 137f und 137g sind, soweit sie die hausärztliche Versorgung betreffen, Bestandteil der Verträge nach Absatz 4. Vereinbarungen über zusätzliche Vergütungen für Diagnosen können nicht Gegenstand der Verträge sein.

(5a) Kündigt die Krankenkasse einen Vertrag nach Absatz 4 und kommt bis zum Ablauf dieses Vertrages kein neuer Vertrag zustande, gelten die Bestimmungen des bisherigen Vertrages vorläufig bis zum Zustandekommen eines neuen Vertrages weiter. Dies gilt nicht bei einer außerordentlichen Kündigung nach § 71 Absatz 6 Satz 3.

(6) Die Krankenkassen haben ihre Versicherten in geeigneter Weise umfassend über Inhalt und Ziele der hausarztzentrierten Versorgung sowie über die jeweils wohnortnah teilnehmenden Hausärzte zu informieren.

(7) Die Vertragspartner der Gesamtverträge haben den Behandlungsbedarf nach § 87a Absatz 3 Satz 2 zu bereinigen. Die Bereinigung erfolgt rechtzeitig zu dem Kalendervierteljahr, für welches die Gesamtvergütung bereinigt werden soll, entsprechend der Zahl und der Morbiditätsstruktur der für dieses Kalendervierteljahr eingeschriebenen Versicherten sowie dem vertraglich vereinbarten Inhalt der hausarztzentrierten Versorgung nach Maßgabe der Vorgaben des Bewertungsausschusses nach § 87a Absatz 5 Satz 7. Dabei können die Bereinigungsbeträge unter Beachtung der Maßgaben nach Satz 2 auch pauschaliert ermittelt werden. Kommt eine rechtzeitige Einigung über die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nicht zustande, können auch die Vertragspartner der Verträge über eine hausarztzentrierte Versorgung das Schiedsamt nach § 89 anrufen. Die für die Bereinigungsverfahren erforderlichen arzt- und versichertenbezogenen Daten übermitteln die Krankenkassen den zuständigen Gesamtvertragspartnern bis spätestens drei Wochen vor dem Kalendervierteljahr, für welches die Gesamtvergütung für die in diesem Kalendervierteljahr eingeschriebenen Versicherten bereinigt werden soll. Die Krankenkasse kann, falls eine rechtzeitige Bereinigung nicht festgesetzt worden ist, den Behandlungsbedarf unter Beachtung der Maßgaben nach Satz 2 vorläufig bereinigen. Sie kann auch die Anerkennung und Umsetzung des geltenden Bereinigungsverfahrens für die Bereinigung der Gesamtvergütung für an der hausarztzentrierten Versorgung teilnehmende Versicherte mit Wohnort im Bezirk anderer Kassenärztlichen Vereinigungen von diesen Kassenärztlichen Vereinigungen verlangen. Für die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nach Satz 7 sowie für den Fall der Rückführung von Bereinigungsbeträgen bei Beendigung der Teilnahme eines Versicherten sind die Verfahren gemäß § 87a Absatz 5 Satz 9 anzuwenden. Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben die zur Bereinigung erforderlichen Vorgaben im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben umzusetzen.

(8) Die Vertragsparteien nach Absatz 4 können vereinbaren, dass Aufwendungen für Leistungen, die über die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen und insoweit nicht unter die Bereinigungspflicht nach Absatz 7 fallen, aus Einsparungen und Effizienzsteigerungen, die aus den Maßnahmen von Verträgen nach Absatz 4 erzielt werden, finanziert werden.

(9) Die Einhaltung der nach Absatz 5 Satz 1 vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien muss spätestens vier Jahre nach dem Wirksamwerden der zugrunde liegenden Verträge nachweisbar sein; § 88 Absatz 2 des Vierten Buches gilt entsprechend.

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(1) Die Krankenkassen haben ihren Versicherten eine besondere hausärztliche Versorgung (hausarztzentrierte Versorgung) anzubieten.

(2) Dabei ist sicherzustellen, dass die hausarztzentrierte Versorgung insbesondere folgenden Anforderungen genügt, die über die vom Gemeinsamen Bundesausschuss sowie in den Bundesmantelverträgen geregelten Anforderungen an die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen:

1.
Teilnahme der Hausärzte an strukturierten Qualitätszirkeln zur Arzneimitteltherapie unter Leitung entsprechend geschulter Moderatoren,
2.
Behandlung nach für die hausärztliche Versorgung entwickelten, evidenzbasierten, praxiserprobten Leitlinien,
3.
Erfüllung der Fortbildungspflicht nach § 95d durch Teilnahme an Fortbildungen, die sich auf hausarzttypische Behandlungsprobleme konzentrieren, wie patientenzentrierte Gesprächsführung, psychosomatische Grundversorgung, Palliativmedizin, allgemeine Schmerztherapie, Geriatrie,
4.
Einführung eines einrichtungsinternen, auf die besonderen Bedingungen einer Hausarztpraxis zugeschnittenen, indikatorengestützten und wissenschaftlich anerkannten Qualitätsmanagements.

(3) Die Teilnahme an der hausarztzentrierten Versorgung ist freiwillig. Die Teilnehmer verpflichten sich schriftlich oder elektronisch gegenüber ihrer Krankenkasse, nur einen von ihnen aus dem Kreis der Hausärzte nach Absatz 4 gewählten Hausarzt in Anspruch zu nehmen sowie ambulante fachärztliche Behandlung mit Ausnahme der Leistungen der Augenärzte und Frauenärzte nur auf dessen Überweisung; die direkte Inanspruchnahme eines Kinder- und Jugendarztes bleibt unberührt. Die Versicherten können die Teilnahmeerklärung innerhalb von zwei Wochen nach deren Abgabe schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift bei der Krankenkasse ohne Angabe von Gründen widerrufen. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung an die Krankenkasse. Die Widerrufsfrist beginnt, wenn die Krankenkasse dem Versicherten eine Belehrung über sein Widerrufsrecht schriftlich oder elektronisch mitgeteilt hat, frühestens jedoch mit der Abgabe der Teilnahmeerklärung. Wird das Widerrufsrecht nicht ausgeübt, ist der Versicherte an seine Teilnahmeerklärung und an die Wahl seines Hausarztes mindestens ein Jahr gebunden; er darf den gewählten Hausarzt nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes wechseln. Das Nähere zur Durchführung der Teilnahme der Versicherten, insbesondere zur Bindung an den gewählten Hausarzt, zu weiteren Ausnahmen von dem Überweisungsgebot und zu den Folgen bei Pflichtverstößen der Versicherten, regeln die Krankenkassen in den Teilnahmeerklärungen. Die Satzung der Krankenkasse hat Regelungen zur Abgabe der Teilnahmeerklärung zu enthalten; die Regelungen sind auf der Grundlage der Richtlinie nach § 217f Absatz 4a zu treffen.

(4) Zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 haben Krankenkassen allein oder in Kooperation mit anderen Krankenkassen spätestens bis zum 30. Juni 2009 Verträge mit Gemeinschaften zu schließen, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der Kassenärztlichen Vereinigung vertreten. Können sich die Vertragsparteien nicht einigen, kann die Gemeinschaft die Einleitung eines Schiedsverfahrens nach Absatz 4a beantragen. Ist ein Vertrag nach Satz 1 zustande gekommen oder soll ein Vertrag zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen geschlossen werden, können Verträge auch abgeschlossen werden mit

1.
vertragsärztlichen Leistungserbringern, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen,
2.
Gemeinschaften dieser Leistungserbringer,
3.
Trägern von Einrichtungen, die eine hausarztzentrierte Versorgung durch vertragsärztliche Leistungserbringer, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen, anbieten,
4.
Kassenärztlichen Vereinigungen, soweit Gemeinschaften nach Nummer 2 sie hierzu ermächtigt haben.
Finden die Krankenkassen in dem Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung keinen Vertragspartner, der die Voraussetzungen nach Satz 1 erfüllt, haben sie zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 Verträge mit einem oder mehreren der in Satz 3 genannten Vertragspartner zu schließen. In den Fällen der Sätze 3 und 4 besteht kein Anspruch auf Vertragsabschluss; die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots ist unter Bekanntgabe objektiver Auswahlkriterien auszuschreiben. Soweit die hausärztliche Versorgung der Versicherten durch Verträge nach diesem Absatz durchgeführt wird, ist der Sicherstellungsauftrag nach § 75 Abs. 1 eingeschränkt. Satz 6 gilt nicht für die Organisation der vertragsärztlichen Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten.

(4a) Beantragt eine Gemeinschaft gemäß Absatz 4 Satz 2 die Einleitung eines Schiedsverfahrens, haben sich die Parteien auf eine unabhängige Schiedsperson zu verständigen, die den Inhalt des Vertrages nach Absatz 4 Satz 1 festlegt. Einigen sich die Parteien nicht auf eine Schiedsperson, so wird diese von der für die Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde bestimmt. Die Kosten des Schiedsverfahrens tragen die Vertragspartner zu gleichen Teilen. Klagen gegen die Bestimmung der Schiedsperson haben keine aufschiebende Wirkung. Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts richten sich gegen eine der beiden Vertragsparteien, nicht gegen die Schiedsperson.

(5) In den Verträgen nach Absatz 4 sind das Nähere über den Inhalt und die Durchführung der hausarztzentrierten Versorgung, insbesondere die Ausgestaltung der Anforderungen nach Absatz 2, sowie die Vergütung zu regeln; in Verträgen, die nach dem 31. März 2014 zustande kommen, sind zudem Wirtschaftlichkeitskriterien und Maßnahmen bei Nichteinhaltung der vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien sowie Regelungen zur Qualitätssicherung zu vereinbaren. Eine Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigung bei der Ausgestaltung und Umsetzung der Anforderungen nach Absatz 2 ist möglich. Die Verträge können auch Abweichendes von den im Dritten Kapitel benannten Leistungen beinhalten, soweit sie die in § 11 Absatz 6 genannten Leistungen, Leistungen nach den §§ 20i, 25, 26, 37a und 37b sowie ärztliche Leistungen einschließlich neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden betreffen, soweit der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 im Rahmen der Beschlüsse nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 keine ablehnende Entscheidung getroffen hat. Die Einzelverträge können Abweichendes von den Vorschriften dieses Kapitels sowie den nach diesen Vorschriften getroffenen Regelungen regeln. § 106d Absatz 3 gilt hinsichtlich der arzt- und versichertenbezogenen Prüfung der Abrechnungen auf Rechtmäßigkeit entsprechend. Zugelassene strukturierte Behandlungsprogramme nach §§ 137f und 137g sind, soweit sie die hausärztliche Versorgung betreffen, Bestandteil der Verträge nach Absatz 4. Vereinbarungen über zusätzliche Vergütungen für Diagnosen können nicht Gegenstand der Verträge sein.

(5a) Kündigt die Krankenkasse einen Vertrag nach Absatz 4 und kommt bis zum Ablauf dieses Vertrages kein neuer Vertrag zustande, gelten die Bestimmungen des bisherigen Vertrages vorläufig bis zum Zustandekommen eines neuen Vertrages weiter. Dies gilt nicht bei einer außerordentlichen Kündigung nach § 71 Absatz 6 Satz 3.

(6) Die Krankenkassen haben ihre Versicherten in geeigneter Weise umfassend über Inhalt und Ziele der hausarztzentrierten Versorgung sowie über die jeweils wohnortnah teilnehmenden Hausärzte zu informieren.

(7) Die Vertragspartner der Gesamtverträge haben den Behandlungsbedarf nach § 87a Absatz 3 Satz 2 zu bereinigen. Die Bereinigung erfolgt rechtzeitig zu dem Kalendervierteljahr, für welches die Gesamtvergütung bereinigt werden soll, entsprechend der Zahl und der Morbiditätsstruktur der für dieses Kalendervierteljahr eingeschriebenen Versicherten sowie dem vertraglich vereinbarten Inhalt der hausarztzentrierten Versorgung nach Maßgabe der Vorgaben des Bewertungsausschusses nach § 87a Absatz 5 Satz 7. Dabei können die Bereinigungsbeträge unter Beachtung der Maßgaben nach Satz 2 auch pauschaliert ermittelt werden. Kommt eine rechtzeitige Einigung über die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nicht zustande, können auch die Vertragspartner der Verträge über eine hausarztzentrierte Versorgung das Schiedsamt nach § 89 anrufen. Die für die Bereinigungsverfahren erforderlichen arzt- und versichertenbezogenen Daten übermitteln die Krankenkassen den zuständigen Gesamtvertragspartnern bis spätestens drei Wochen vor dem Kalendervierteljahr, für welches die Gesamtvergütung für die in diesem Kalendervierteljahr eingeschriebenen Versicherten bereinigt werden soll. Die Krankenkasse kann, falls eine rechtzeitige Bereinigung nicht festgesetzt worden ist, den Behandlungsbedarf unter Beachtung der Maßgaben nach Satz 2 vorläufig bereinigen. Sie kann auch die Anerkennung und Umsetzung des geltenden Bereinigungsverfahrens für die Bereinigung der Gesamtvergütung für an der hausarztzentrierten Versorgung teilnehmende Versicherte mit Wohnort im Bezirk anderer Kassenärztlichen Vereinigungen von diesen Kassenärztlichen Vereinigungen verlangen. Für die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nach Satz 7 sowie für den Fall der Rückführung von Bereinigungsbeträgen bei Beendigung der Teilnahme eines Versicherten sind die Verfahren gemäß § 87a Absatz 5 Satz 9 anzuwenden. Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben die zur Bereinigung erforderlichen Vorgaben im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben umzusetzen.

(8) Die Vertragsparteien nach Absatz 4 können vereinbaren, dass Aufwendungen für Leistungen, die über die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen und insoweit nicht unter die Bereinigungspflicht nach Absatz 7 fallen, aus Einsparungen und Effizienzsteigerungen, die aus den Maßnahmen von Verträgen nach Absatz 4 erzielt werden, finanziert werden.

(9) Die Einhaltung der nach Absatz 5 Satz 1 vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien muss spätestens vier Jahre nach dem Wirksamwerden der zugrunde liegenden Verträge nachweisbar sein; § 88 Absatz 2 des Vierten Buches gilt entsprechend.

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(1) Die Krankenkassen haben ihren Versicherten eine besondere hausärztliche Versorgung (hausarztzentrierte Versorgung) anzubieten.

(2) Dabei ist sicherzustellen, dass die hausarztzentrierte Versorgung insbesondere folgenden Anforderungen genügt, die über die vom Gemeinsamen Bundesausschuss sowie in den Bundesmantelverträgen geregelten Anforderungen an die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen:

1.
Teilnahme der Hausärzte an strukturierten Qualitätszirkeln zur Arzneimitteltherapie unter Leitung entsprechend geschulter Moderatoren,
2.
Behandlung nach für die hausärztliche Versorgung entwickelten, evidenzbasierten, praxiserprobten Leitlinien,
3.
Erfüllung der Fortbildungspflicht nach § 95d durch Teilnahme an Fortbildungen, die sich auf hausarzttypische Behandlungsprobleme konzentrieren, wie patientenzentrierte Gesprächsführung, psychosomatische Grundversorgung, Palliativmedizin, allgemeine Schmerztherapie, Geriatrie,
4.
Einführung eines einrichtungsinternen, auf die besonderen Bedingungen einer Hausarztpraxis zugeschnittenen, indikatorengestützten und wissenschaftlich anerkannten Qualitätsmanagements.

(3) Die Teilnahme an der hausarztzentrierten Versorgung ist freiwillig. Die Teilnehmer verpflichten sich schriftlich oder elektronisch gegenüber ihrer Krankenkasse, nur einen von ihnen aus dem Kreis der Hausärzte nach Absatz 4 gewählten Hausarzt in Anspruch zu nehmen sowie ambulante fachärztliche Behandlung mit Ausnahme der Leistungen der Augenärzte und Frauenärzte nur auf dessen Überweisung; die direkte Inanspruchnahme eines Kinder- und Jugendarztes bleibt unberührt. Die Versicherten können die Teilnahmeerklärung innerhalb von zwei Wochen nach deren Abgabe schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift bei der Krankenkasse ohne Angabe von Gründen widerrufen. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung an die Krankenkasse. Die Widerrufsfrist beginnt, wenn die Krankenkasse dem Versicherten eine Belehrung über sein Widerrufsrecht schriftlich oder elektronisch mitgeteilt hat, frühestens jedoch mit der Abgabe der Teilnahmeerklärung. Wird das Widerrufsrecht nicht ausgeübt, ist der Versicherte an seine Teilnahmeerklärung und an die Wahl seines Hausarztes mindestens ein Jahr gebunden; er darf den gewählten Hausarzt nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes wechseln. Das Nähere zur Durchführung der Teilnahme der Versicherten, insbesondere zur Bindung an den gewählten Hausarzt, zu weiteren Ausnahmen von dem Überweisungsgebot und zu den Folgen bei Pflichtverstößen der Versicherten, regeln die Krankenkassen in den Teilnahmeerklärungen. Die Satzung der Krankenkasse hat Regelungen zur Abgabe der Teilnahmeerklärung zu enthalten; die Regelungen sind auf der Grundlage der Richtlinie nach § 217f Absatz 4a zu treffen.

(4) Zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 haben Krankenkassen allein oder in Kooperation mit anderen Krankenkassen spätestens bis zum 30. Juni 2009 Verträge mit Gemeinschaften zu schließen, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der Kassenärztlichen Vereinigung vertreten. Können sich die Vertragsparteien nicht einigen, kann die Gemeinschaft die Einleitung eines Schiedsverfahrens nach Absatz 4a beantragen. Ist ein Vertrag nach Satz 1 zustande gekommen oder soll ein Vertrag zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen geschlossen werden, können Verträge auch abgeschlossen werden mit

1.
vertragsärztlichen Leistungserbringern, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen,
2.
Gemeinschaften dieser Leistungserbringer,
3.
Trägern von Einrichtungen, die eine hausarztzentrierte Versorgung durch vertragsärztliche Leistungserbringer, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen, anbieten,
4.
Kassenärztlichen Vereinigungen, soweit Gemeinschaften nach Nummer 2 sie hierzu ermächtigt haben.
Finden die Krankenkassen in dem Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung keinen Vertragspartner, der die Voraussetzungen nach Satz 1 erfüllt, haben sie zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 Verträge mit einem oder mehreren der in Satz 3 genannten Vertragspartner zu schließen. In den Fällen der Sätze 3 und 4 besteht kein Anspruch auf Vertragsabschluss; die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots ist unter Bekanntgabe objektiver Auswahlkriterien auszuschreiben. Soweit die hausärztliche Versorgung der Versicherten durch Verträge nach diesem Absatz durchgeführt wird, ist der Sicherstellungsauftrag nach § 75 Abs. 1 eingeschränkt. Satz 6 gilt nicht für die Organisation der vertragsärztlichen Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten.

(4a) Beantragt eine Gemeinschaft gemäß Absatz 4 Satz 2 die Einleitung eines Schiedsverfahrens, haben sich die Parteien auf eine unabhängige Schiedsperson zu verständigen, die den Inhalt des Vertrages nach Absatz 4 Satz 1 festlegt. Einigen sich die Parteien nicht auf eine Schiedsperson, so wird diese von der für die Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde bestimmt. Die Kosten des Schiedsverfahrens tragen die Vertragspartner zu gleichen Teilen. Klagen gegen die Bestimmung der Schiedsperson haben keine aufschiebende Wirkung. Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts richten sich gegen eine der beiden Vertragsparteien, nicht gegen die Schiedsperson.

(5) In den Verträgen nach Absatz 4 sind das Nähere über den Inhalt und die Durchführung der hausarztzentrierten Versorgung, insbesondere die Ausgestaltung der Anforderungen nach Absatz 2, sowie die Vergütung zu regeln; in Verträgen, die nach dem 31. März 2014 zustande kommen, sind zudem Wirtschaftlichkeitskriterien und Maßnahmen bei Nichteinhaltung der vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien sowie Regelungen zur Qualitätssicherung zu vereinbaren. Eine Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigung bei der Ausgestaltung und Umsetzung der Anforderungen nach Absatz 2 ist möglich. Die Verträge können auch Abweichendes von den im Dritten Kapitel benannten Leistungen beinhalten, soweit sie die in § 11 Absatz 6 genannten Leistungen, Leistungen nach den §§ 20i, 25, 26, 37a und 37b sowie ärztliche Leistungen einschließlich neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden betreffen, soweit der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 im Rahmen der Beschlüsse nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 keine ablehnende Entscheidung getroffen hat. Die Einzelverträge können Abweichendes von den Vorschriften dieses Kapitels sowie den nach diesen Vorschriften getroffenen Regelungen regeln. § 106d Absatz 3 gilt hinsichtlich der arzt- und versichertenbezogenen Prüfung der Abrechnungen auf Rechtmäßigkeit entsprechend. Zugelassene strukturierte Behandlungsprogramme nach §§ 137f und 137g sind, soweit sie die hausärztliche Versorgung betreffen, Bestandteil der Verträge nach Absatz 4. Vereinbarungen über zusätzliche Vergütungen für Diagnosen können nicht Gegenstand der Verträge sein.

(5a) Kündigt die Krankenkasse einen Vertrag nach Absatz 4 und kommt bis zum Ablauf dieses Vertrages kein neuer Vertrag zustande, gelten die Bestimmungen des bisherigen Vertrages vorläufig bis zum Zustandekommen eines neuen Vertrages weiter. Dies gilt nicht bei einer außerordentlichen Kündigung nach § 71 Absatz 6 Satz 3.

(6) Die Krankenkassen haben ihre Versicherten in geeigneter Weise umfassend über Inhalt und Ziele der hausarztzentrierten Versorgung sowie über die jeweils wohnortnah teilnehmenden Hausärzte zu informieren.

(7) Die Vertragspartner der Gesamtverträge haben den Behandlungsbedarf nach § 87a Absatz 3 Satz 2 zu bereinigen. Die Bereinigung erfolgt rechtzeitig zu dem Kalendervierteljahr, für welches die Gesamtvergütung bereinigt werden soll, entsprechend der Zahl und der Morbiditätsstruktur der für dieses Kalendervierteljahr eingeschriebenen Versicherten sowie dem vertraglich vereinbarten Inhalt der hausarztzentrierten Versorgung nach Maßgabe der Vorgaben des Bewertungsausschusses nach § 87a Absatz 5 Satz 7. Dabei können die Bereinigungsbeträge unter Beachtung der Maßgaben nach Satz 2 auch pauschaliert ermittelt werden. Kommt eine rechtzeitige Einigung über die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nicht zustande, können auch die Vertragspartner der Verträge über eine hausarztzentrierte Versorgung das Schiedsamt nach § 89 anrufen. Die für die Bereinigungsverfahren erforderlichen arzt- und versichertenbezogenen Daten übermitteln die Krankenkassen den zuständigen Gesamtvertragspartnern bis spätestens drei Wochen vor dem Kalendervierteljahr, für welches die Gesamtvergütung für die in diesem Kalendervierteljahr eingeschriebenen Versicherten bereinigt werden soll. Die Krankenkasse kann, falls eine rechtzeitige Bereinigung nicht festgesetzt worden ist, den Behandlungsbedarf unter Beachtung der Maßgaben nach Satz 2 vorläufig bereinigen. Sie kann auch die Anerkennung und Umsetzung des geltenden Bereinigungsverfahrens für die Bereinigung der Gesamtvergütung für an der hausarztzentrierten Versorgung teilnehmende Versicherte mit Wohnort im Bezirk anderer Kassenärztlichen Vereinigungen von diesen Kassenärztlichen Vereinigungen verlangen. Für die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nach Satz 7 sowie für den Fall der Rückführung von Bereinigungsbeträgen bei Beendigung der Teilnahme eines Versicherten sind die Verfahren gemäß § 87a Absatz 5 Satz 9 anzuwenden. Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben die zur Bereinigung erforderlichen Vorgaben im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben umzusetzen.

(8) Die Vertragsparteien nach Absatz 4 können vereinbaren, dass Aufwendungen für Leistungen, die über die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen und insoweit nicht unter die Bereinigungspflicht nach Absatz 7 fallen, aus Einsparungen und Effizienzsteigerungen, die aus den Maßnahmen von Verträgen nach Absatz 4 erzielt werden, finanziert werden.

(9) Die Einhaltung der nach Absatz 5 Satz 1 vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien muss spätestens vier Jahre nach dem Wirksamwerden der zugrunde liegenden Verträge nachweisbar sein; § 88 Absatz 2 des Vierten Buches gilt entsprechend.

(1) Ist die Bestimmung der Leistung einem Dritten überlassen, so ist im Zweifel anzunehmen, dass sie nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Soll die Bestimmung durch mehrere Dritte erfolgen, so ist im Zweifel Übereinstimmung aller erforderlich; soll eine Summe bestimmt werden, so ist, wenn verschiedene Summen bestimmt werden, im Zweifel die Durchschnittssumme maßgebend.

(1) Solange nicht die Parteien sich über alle Punkte eines Vertrags geeinigt haben, über die nach der Erklärung auch nur einer Partei eine Vereinbarung getroffen werden soll, ist im Zweifel der Vertrag nicht geschlossen. Die Verständigung über einzelne Punkte ist auch dann nicht bindend, wenn eine Aufzeichnung stattgefunden hat.

(2) Ist eine Beurkundung des beabsichtigten Vertrags verabredet worden, so ist im Zweifel der Vertrag nicht geschlossen, bis die Beurkundung erfolgt ist.

Soweit sich aus den §§ 53 bis 60 nichts Abweichendes ergibt, gelten die übrigen Vorschriften dieses Gesetzbuches. Ergänzend gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend.

(1) Die Krankenkassen haben ihren Versicherten eine besondere hausärztliche Versorgung (hausarztzentrierte Versorgung) anzubieten.

(2) Dabei ist sicherzustellen, dass die hausarztzentrierte Versorgung insbesondere folgenden Anforderungen genügt, die über die vom Gemeinsamen Bundesausschuss sowie in den Bundesmantelverträgen geregelten Anforderungen an die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen:

1.
Teilnahme der Hausärzte an strukturierten Qualitätszirkeln zur Arzneimitteltherapie unter Leitung entsprechend geschulter Moderatoren,
2.
Behandlung nach für die hausärztliche Versorgung entwickelten, evidenzbasierten, praxiserprobten Leitlinien,
3.
Erfüllung der Fortbildungspflicht nach § 95d durch Teilnahme an Fortbildungen, die sich auf hausarzttypische Behandlungsprobleme konzentrieren, wie patientenzentrierte Gesprächsführung, psychosomatische Grundversorgung, Palliativmedizin, allgemeine Schmerztherapie, Geriatrie,
4.
Einführung eines einrichtungsinternen, auf die besonderen Bedingungen einer Hausarztpraxis zugeschnittenen, indikatorengestützten und wissenschaftlich anerkannten Qualitätsmanagements.

(3) Die Teilnahme an der hausarztzentrierten Versorgung ist freiwillig. Die Teilnehmer verpflichten sich schriftlich oder elektronisch gegenüber ihrer Krankenkasse, nur einen von ihnen aus dem Kreis der Hausärzte nach Absatz 4 gewählten Hausarzt in Anspruch zu nehmen sowie ambulante fachärztliche Behandlung mit Ausnahme der Leistungen der Augenärzte und Frauenärzte nur auf dessen Überweisung; die direkte Inanspruchnahme eines Kinder- und Jugendarztes bleibt unberührt. Die Versicherten können die Teilnahmeerklärung innerhalb von zwei Wochen nach deren Abgabe schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift bei der Krankenkasse ohne Angabe von Gründen widerrufen. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung an die Krankenkasse. Die Widerrufsfrist beginnt, wenn die Krankenkasse dem Versicherten eine Belehrung über sein Widerrufsrecht schriftlich oder elektronisch mitgeteilt hat, frühestens jedoch mit der Abgabe der Teilnahmeerklärung. Wird das Widerrufsrecht nicht ausgeübt, ist der Versicherte an seine Teilnahmeerklärung und an die Wahl seines Hausarztes mindestens ein Jahr gebunden; er darf den gewählten Hausarzt nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes wechseln. Das Nähere zur Durchführung der Teilnahme der Versicherten, insbesondere zur Bindung an den gewählten Hausarzt, zu weiteren Ausnahmen von dem Überweisungsgebot und zu den Folgen bei Pflichtverstößen der Versicherten, regeln die Krankenkassen in den Teilnahmeerklärungen. Die Satzung der Krankenkasse hat Regelungen zur Abgabe der Teilnahmeerklärung zu enthalten; die Regelungen sind auf der Grundlage der Richtlinie nach § 217f Absatz 4a zu treffen.

(4) Zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 haben Krankenkassen allein oder in Kooperation mit anderen Krankenkassen spätestens bis zum 30. Juni 2009 Verträge mit Gemeinschaften zu schließen, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der Kassenärztlichen Vereinigung vertreten. Können sich die Vertragsparteien nicht einigen, kann die Gemeinschaft die Einleitung eines Schiedsverfahrens nach Absatz 4a beantragen. Ist ein Vertrag nach Satz 1 zustande gekommen oder soll ein Vertrag zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen geschlossen werden, können Verträge auch abgeschlossen werden mit

1.
vertragsärztlichen Leistungserbringern, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen,
2.
Gemeinschaften dieser Leistungserbringer,
3.
Trägern von Einrichtungen, die eine hausarztzentrierte Versorgung durch vertragsärztliche Leistungserbringer, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen, anbieten,
4.
Kassenärztlichen Vereinigungen, soweit Gemeinschaften nach Nummer 2 sie hierzu ermächtigt haben.
Finden die Krankenkassen in dem Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung keinen Vertragspartner, der die Voraussetzungen nach Satz 1 erfüllt, haben sie zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 Verträge mit einem oder mehreren der in Satz 3 genannten Vertragspartner zu schließen. In den Fällen der Sätze 3 und 4 besteht kein Anspruch auf Vertragsabschluss; die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots ist unter Bekanntgabe objektiver Auswahlkriterien auszuschreiben. Soweit die hausärztliche Versorgung der Versicherten durch Verträge nach diesem Absatz durchgeführt wird, ist der Sicherstellungsauftrag nach § 75 Abs. 1 eingeschränkt. Satz 6 gilt nicht für die Organisation der vertragsärztlichen Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten.

(4a) Beantragt eine Gemeinschaft gemäß Absatz 4 Satz 2 die Einleitung eines Schiedsverfahrens, haben sich die Parteien auf eine unabhängige Schiedsperson zu verständigen, die den Inhalt des Vertrages nach Absatz 4 Satz 1 festlegt. Einigen sich die Parteien nicht auf eine Schiedsperson, so wird diese von der für die Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde bestimmt. Die Kosten des Schiedsverfahrens tragen die Vertragspartner zu gleichen Teilen. Klagen gegen die Bestimmung der Schiedsperson haben keine aufschiebende Wirkung. Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts richten sich gegen eine der beiden Vertragsparteien, nicht gegen die Schiedsperson.

(5) In den Verträgen nach Absatz 4 sind das Nähere über den Inhalt und die Durchführung der hausarztzentrierten Versorgung, insbesondere die Ausgestaltung der Anforderungen nach Absatz 2, sowie die Vergütung zu regeln; in Verträgen, die nach dem 31. März 2014 zustande kommen, sind zudem Wirtschaftlichkeitskriterien und Maßnahmen bei Nichteinhaltung der vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien sowie Regelungen zur Qualitätssicherung zu vereinbaren. Eine Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigung bei der Ausgestaltung und Umsetzung der Anforderungen nach Absatz 2 ist möglich. Die Verträge können auch Abweichendes von den im Dritten Kapitel benannten Leistungen beinhalten, soweit sie die in § 11 Absatz 6 genannten Leistungen, Leistungen nach den §§ 20i, 25, 26, 37a und 37b sowie ärztliche Leistungen einschließlich neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden betreffen, soweit der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 im Rahmen der Beschlüsse nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 keine ablehnende Entscheidung getroffen hat. Die Einzelverträge können Abweichendes von den Vorschriften dieses Kapitels sowie den nach diesen Vorschriften getroffenen Regelungen regeln. § 106d Absatz 3 gilt hinsichtlich der arzt- und versichertenbezogenen Prüfung der Abrechnungen auf Rechtmäßigkeit entsprechend. Zugelassene strukturierte Behandlungsprogramme nach §§ 137f und 137g sind, soweit sie die hausärztliche Versorgung betreffen, Bestandteil der Verträge nach Absatz 4. Vereinbarungen über zusätzliche Vergütungen für Diagnosen können nicht Gegenstand der Verträge sein.

(5a) Kündigt die Krankenkasse einen Vertrag nach Absatz 4 und kommt bis zum Ablauf dieses Vertrages kein neuer Vertrag zustande, gelten die Bestimmungen des bisherigen Vertrages vorläufig bis zum Zustandekommen eines neuen Vertrages weiter. Dies gilt nicht bei einer außerordentlichen Kündigung nach § 71 Absatz 6 Satz 3.

(6) Die Krankenkassen haben ihre Versicherten in geeigneter Weise umfassend über Inhalt und Ziele der hausarztzentrierten Versorgung sowie über die jeweils wohnortnah teilnehmenden Hausärzte zu informieren.

(7) Die Vertragspartner der Gesamtverträge haben den Behandlungsbedarf nach § 87a Absatz 3 Satz 2 zu bereinigen. Die Bereinigung erfolgt rechtzeitig zu dem Kalendervierteljahr, für welches die Gesamtvergütung bereinigt werden soll, entsprechend der Zahl und der Morbiditätsstruktur der für dieses Kalendervierteljahr eingeschriebenen Versicherten sowie dem vertraglich vereinbarten Inhalt der hausarztzentrierten Versorgung nach Maßgabe der Vorgaben des Bewertungsausschusses nach § 87a Absatz 5 Satz 7. Dabei können die Bereinigungsbeträge unter Beachtung der Maßgaben nach Satz 2 auch pauschaliert ermittelt werden. Kommt eine rechtzeitige Einigung über die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nicht zustande, können auch die Vertragspartner der Verträge über eine hausarztzentrierte Versorgung das Schiedsamt nach § 89 anrufen. Die für die Bereinigungsverfahren erforderlichen arzt- und versichertenbezogenen Daten übermitteln die Krankenkassen den zuständigen Gesamtvertragspartnern bis spätestens drei Wochen vor dem Kalendervierteljahr, für welches die Gesamtvergütung für die in diesem Kalendervierteljahr eingeschriebenen Versicherten bereinigt werden soll. Die Krankenkasse kann, falls eine rechtzeitige Bereinigung nicht festgesetzt worden ist, den Behandlungsbedarf unter Beachtung der Maßgaben nach Satz 2 vorläufig bereinigen. Sie kann auch die Anerkennung und Umsetzung des geltenden Bereinigungsverfahrens für die Bereinigung der Gesamtvergütung für an der hausarztzentrierten Versorgung teilnehmende Versicherte mit Wohnort im Bezirk anderer Kassenärztlichen Vereinigungen von diesen Kassenärztlichen Vereinigungen verlangen. Für die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nach Satz 7 sowie für den Fall der Rückführung von Bereinigungsbeträgen bei Beendigung der Teilnahme eines Versicherten sind die Verfahren gemäß § 87a Absatz 5 Satz 9 anzuwenden. Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben die zur Bereinigung erforderlichen Vorgaben im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben umzusetzen.

(8) Die Vertragsparteien nach Absatz 4 können vereinbaren, dass Aufwendungen für Leistungen, die über die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen und insoweit nicht unter die Bereinigungspflicht nach Absatz 7 fallen, aus Einsparungen und Effizienzsteigerungen, die aus den Maßnahmen von Verträgen nach Absatz 4 erzielt werden, finanziert werden.

(9) Die Einhaltung der nach Absatz 5 Satz 1 vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien muss spätestens vier Jahre nach dem Wirksamwerden der zugrunde liegenden Verträge nachweisbar sein; § 88 Absatz 2 des Vierten Buches gilt entsprechend.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 18. Dezember 2013 und des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. April 2012 geändert. Es wird festgestellt, dass der durch die Schiedsperson zwischen den Beteiligten festgesetzte Vertrag zur hausarztzentrierten Versorgung mit bundesrechtlichen Bestimmungen zum Datenschutz nicht vereinbar ist. Insoweit sind die Beteiligten verpflichtet, den Vertrag zu ändern.

Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt 9/10 und die Beklagten tragen 1/10 der Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen.

Tatbestand

1

Die klagende Krankenkasse wendet sich gegen einen Schiedsspruch, mit dem der Inhalt eines Vertrages zur hausarztzentrierten Versorgung (HzV) nach § 73b SGB V zwischen ihr und den beiden beklagten Hausarztverbänden festgelegt worden ist.

2

Nachdem sich Klägerin und Beklagte nicht über den Abschluss eines Vertrages zur HzV einigen konnten, beantragten die Beklagten die Einleitung des Schiedsverfahrens. Die Schiedsperson wurde durch das Bundesversicherungsamt (BVA) bestimmt, nachdem auch dazu keine Einigung erzielt werden konnte. Gegen den Bescheid des BVA zur Bestimmung der Schiedsperson wandte sich die Klägerin mit der Klage und beantragte zugleich die Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Diesen Antrag wies das SG zurück. Die dagegen eingelegten Beschwerden nahm die Klägerin zurück, nachdem der Schiedsspruch ergangen war.

3

Mit einem weiteren Eilverfahren wandte sich die Klägerin erfolglos gegen die Festsetzung eines Verhandlungstermins durch die Schiedsperson. An der anberaumten mündlichen Verhandlung nahm die Klägerin nicht teil. Zu dem von den Beklagten vorgelegten Vertragsangebot nahm die Klägerin mit insgesamt 68 Einzelanträgen Stellung.

4

Mit Schiedsspruch vom 9.9.2010 setzte die Schiedsperson den Inhalt des Vertrages zur HzV mit Wirkung zum 15.9.2010 fest und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Die Beklagten erfüllten die Voraussetzung, nach der sie mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) Baden-Württemberg vertreten müssten. Die gesetzliche Regelung könne nicht in dem Sinne verstanden werden, dass eine rechtsgeschäftliche Vertretung im Sinne des § 164 Abs 1 BGB erforderlich sei. Vielmehr sei mit der Formulierung des "Vertretens" gemeint, dass die Gemeinschaften eine gewisse soziale Mächtigkeit haben müssten, damit eine flächendeckende Versorgung mit Hausarztverträgen wahrscheinlich sichergestellt werden könne. Da mehr als die Hälfte der Allgemeinärzte Mitglied der beiden beklagten Verbände seien, seien die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt. Selbst wenn nicht auf dieses Verständnis des "Vertretens" abgestellt würde, seien die Voraussetzungen erfüllt, weil mehr als die Hälfte der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte die Beklagten zu 1. und 2. mit dem Abschluss von Verträgen zur HzV beauftragt hätten. Die Schiedsperson sei keine Behörde und sie erlasse auch keinen Verwaltungsakt, sondern werde als Vertragshelfer tätig. Als solche habe sie in Wahrnehmung ihres Bestimmungsrechts den Inhalt des Vertrages zur HzV nach billigem Ermessen festzusetzen. In Ausübung ihres billigen Ermessens habe sie entschieden, den Vertrag zur HzV als sog Vollversorgungs- oder Bereinigungsvertrag und nicht als sog Add-on-Vertrag festzusetzen. Allein die Vereinbarung von Vollversorgungsverträgen entspreche der Intention des Gesetzes, mehr Wettbewerb zwischen den Krankenkassen durch Erweiterung ihrer Handlungsspielräume zum Abschluss von Verträgen mit Leistungserbringern oder Gruppen von ihnen zu ermöglichen.

5

Der festgelegte Vertragsinhalt entspreche den gesetzlichen Anforderungen an eine HzV und führe zu einer Verbesserung der hausärztlichen Versorgung für die Versicherten. Er entspreche hinsichtlich des Leistungsinhalts in vollem Umfang den Forderungen, die die Krankenkassen in früher geführten Schiedsverfahren für den Bezirk der KÄV Bayern aufgestellt hätten und gehe auch hinsichtlich der qualitativen Anforderungen über die gesetzlichen Anforderungen hinaus. Hinsichtlich der Vergütung der in der HzV zu erbringenden Leistungen orientiere sich der Vertrag in Ausübung billigen Ermessens an dem Vertrag, den die BKK-Vertragsarbeitsgemeinschaft für den Bezirk der KÄV Baden-Württemberg abgeschlossen habe. Vergleichbare Vergütungsregelungen fänden sich auch in zahlreichen weiteren Verträgen zur HzV, die Krankenkassen mit Gemeinschaften von Hausärzten geschlossen hätten. Bei der Festsetzung der Höhe der Vergütung seien die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Beitragssatzstabilität zu beachten. Dem werde die Vergütungsstruktur sowie die daran anknüpfende Vergütungshöhe gerecht. Die wirtschaftlichen Risiken der Krankenkassen würden durch verschiedene - in der Begründung des Schiedsspruchs im Einzelnen bezeichnete - Maßnahmen beschränkt. Den durch die Vergütung der HzV-Leistungen bedingten Mehrausgaben stünden Einsparungen gegenüber, die jedoch schwer genauer zu prognostizieren seien. Allerdings zeigten Erfahrungswerte aus bereits laufenden HzV-Verträgen, dass (in der Begründung des Schiedsspruchs näher bezeichnete) Einsparungen erzielt würden, mit denen sich die Mehrausgaben finanzieren ließen. Einer Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson stehe auch nicht entgegen, dass die Auftragsvergabe nicht nach den Vorschriften des Vergaberechts ausgeschrieben worden sei und dass die Anwendung des Sozialdatenschutzes auf die HzV-Verträge umstritten sei. Die Anwendung der Regelungen über den Datenschutz sei zwar streitig. Im Gegensatz zum unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein hätten die Landesdatenschutzbeauftragten für Bayern und Baden-Württemberg aber bisher keinen Anlass zu einer datenschutzrechtlichen Beanstandung bezogen auf die bestehenden HzV-Verträge gesehen. Im Hinblick auf diese Rechtslage werde von der Festsetzung einer datenschutzrechtlichen Regelung abgesehen. Die Schaffung einer datenschutzkonformen Regelung über die Weitergabe von Patientendaten an private Abrechnungsstellen bleibe auf der Rechtsgrundlage des § 295 Abs 1b SGB V bilateralen Behandlungen der Beteiligten überlassen. Eine Festsetzung der HzV-Vergütung auf dem Niveau der Regelversorgung scheide aus, weil im Rahmen der HzV ein bestimmtes Ausstattungsniveau der teilnehmenden hausärztlichen Praxen vorgegeben werde. Der an der HzV teilnehmende Hausarzt sei außerdem zur Erlangung bestimmter Weiterbildungsmaßnahmen und Abrechnungsqualifikationen verpflichtet, die in der Regelversorgung nicht gefordert seien. Hinzu trete die verpflichtende Teilnahme des teilnehmenden Hausarztes an den Disease-Management-Programmen sowie die Wahrnehmung der Betreuung von pflegebedürftigen Patienten. Zudem bestehe die Verpflichtung zur Teilnahme an Fortbildungen, zu hausarztspezifischen Themen, was über die generelle Fortbildungspflicht gemäß § 95d SGB V hinausgehe. Schließlich sei das Dienstleistungsangebot der hausärztlichen Praxen in der HzV erweitert. Diese erweiterten Qualifikationen, apparativen Ausstattungen und verbesserten Dienstleistungsangebote führten zu einer Verbesserung der hausärztlichen Versorgung, die ein höheres Vergütungsniveau im Vergleich zur hausärztlichen Regelversorgung rechtfertige. Durch das gegen die Bestimmung der Schiedsperson anhängige Klageverfahren werde das Wirksamwerden des Vertrages zur HzV nicht gehindert, weil die Klage gemäß § 73b Abs 4a SGB V keine aufschiebende Wirkung habe.

6

Gegen den Schiedsspruch vom 9.9.2010 hat sich die Klägerin mit der am 9.9.2011 erhobenen Klage gewandt und beantragt festzustellen, dass der Schiedsspruch unwirksam sei. Hilfsweise hat sie beantragt, die Regelung zum Inkrafttreten um den Zusatz zu ergänzen, dass der Vertrag nicht in Kraft trete, bevor nicht sämtliche Anlagen zum Vertrag durch die Parteien vereinbart oder durch weiteren Schiedsspruch festgesetzt worden seien. Mit der gegen die Abweisung der Klage (Urteil des SG vom 25.4.2012) erhobenen Berufung hat die Klägerin ua geltend gemacht, dass es sich bei der Entscheidung der Schiedsperson nicht um einen Verwaltungsakt handele. Sie gehe aber davon aus, dass eine isolierte Anfechtungsklage zulässig sein müsse. Sofern der Schiedsspruch ein Verwaltungsakt sein sollte, komme eine Leistungsklage in Form der Ersetzungsklage kaum in Betracht, da der Klägerin kein Recht zustehe, den Verwaltungsakt nach ihren Vorstellungen vollständig durch das Gericht ersetzen zu lassen. Demgegenüber haben die Beklagten die Auffassung vertreten, dass der Schiedsspruch als Verwaltungsakt anzusehen und als solcher rechtmäßig sei.

7

Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich bei dem Schiedsspruch vom 9.9.2010 um einen Verwaltungsakt handele. Für Beschlüsse einer Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V gelte nichts anderes als für Entscheidungen der Schiedsämter gemäß § 89 SGB V und der Schiedsstellen nach § 114 SGB V. § 73b Abs 4a Satz 2 SGB V regele ein förmliches Schiedsverfahren. Zudem habe das BSG für den hier einschlägigen Bereich des Vertragsarztrechts seit jeher die Verwaltungsaktqualität des Schiedsspruchs bejaht. Auch die Änderung des § 73b Abs 4a SGB V zum 1.1.2012 durch das Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VStG) vom 22.12.2011 (BGBl I 2983) spreche nicht gegen die Annahme der Verwaltungsaktqualität des Schiedsspruchs. Bei der Schiedsperson handele es sich um eine Behörde im Sinne des § 1 Abs 2 SGB X. Dem stehe auch nicht der Umstand entgegen, dass keine Regelung zur staatlichen Aufsicht über die Schiedsperson existiere. Wenn verfassungsrechtlich zu fordernde Regelungen zur Aufsicht fehlten, könne dies allenfalls die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung zur Folge haben. Schiedspersonen nähmen Aufgaben öffentlicher Verwaltung wahr, wenn sie die Vertragsverhältnisse zwischen einer Krankenkasse und den Verbänden der Hausärzte festlegten. Bei dem Schiedsspruch der Schiedsperson handele es sich um eine für Ärzte, Patienten und Krankenkassen außerordentlich weitreichende Entscheidung. Für die gerichtliche Prüfung derart komplexer Regelungen mit weitreichenden Auswirkungen eigneten sich die über § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V entsprechend geltenden Vorschriften der §§ 317 ff BGB über den Vertragshelfer nicht. § 317 BGB regele den Fall, dass die Bestimmung der Leistung einem Dritten überlassen bleibe. § 317 BGB überlasse der Schiedsperson nicht die Bestimmung des Vertragsinhalts, sondern die Bestimmung der Leistung. Vorliegend würden von der Schiedsperson aber sämtliche gegenseitigen Rechte und Pflichten der Vertragsparteien festgelegt. Die Festlegung eines Vertrages über die HzV durch die Schiedsperson gehe somit weit über das hinaus, was Vertragshelfer nach § 317 BGB üblicherweise festlegen könnten. Zudem erweise sich der in § 319 BGB genannte Maßstab des "billigen Ermessens" als wenig geeignet für die Prüfung des von der Schiedsperson festgelegten Vertragsinhalts. Schließlich verhindere die Rechtskonstruktion des Vertragshelfers nicht eine Verzögerung der Umsetzung des geschiedsten Vertrages durch in destruktiver Absicht eingelegte Rechtsmittel. Dies zeige der vorliegende Fall. Für die Erhebung der Gestaltungsklagen gelte keine Ausschlussfrist. Damit bleibe für die Vertragsparteien lange unklar, ob der festgelegte Vertrag rechtsverbindlich werde. Auch der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung helfe nicht weiter, weil der Vertrag in der Praxis regelmäßig erst dann als umsetzbar angesehen werde, wenn dessen rechtliche Verbindlichkeit auch feststehe. Auch dies zeige der vorliegende Fall.

8

Die isolierte Anfechtungsklage sei zulässig, jedoch nicht begründet. Der Schiedsperson stehe bei der Festlegung des Vertragsinhalts ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Der Schiedsspruch sei nur in eingeschränktem Umfang gerichtlicher Kontrolle zugänglich. Verstöße gegen wesentliche verfahrensrechtliche Grundsätze lägen nicht vor. Die Schiedsperson habe die Festlegung des Vertragsinhalts ausführlich begründet. Soweit die Klägerin das Fehlen einer Ausgabenobergrenze rüge, übersehe sie § 10 Abs 9 des Vertrages, der eine Begrenzung der HzV-Vergütung auf einen durchschnittlichen maximalen Fallwert von 76 Euro vorsehe. Unbegründet sei auch der Einwand der Klägerin, dass der Vertrag an mehreren Stellen gegen ihre Satzungsregelungen verstoße. Der Vertrag begründe keine Rechte und Pflichten der Versicherten. Den von den Vertragsparteien oder nach Maßgabe des § 73b Abs 4a SGB V von der Schiedsperson an deren Stelle getroffenen Festlegungen komme Vorrang vor dem Satzungsrecht der einzelnen Krankenkasse zu. Die Krankenkasse müsse den sie bindenden Vertrag bei jeglicher Verwaltungstätigkeit einhalten. Wenn die Satzung der Krankenkasse mit den Festlegungen des Vertrages nicht in Einklang stehe, müsse sie daher die Satzung entsprechend ändern und an den Vertrag anpassen. Für den gestellten Hilfsantrag mit dem Ziel, das Inkrafttreten des Vertrages auf den Zeitpunkt zu verschieben, zu dem sämtliche Anlagen vereinbart oder durch Schiedsspruch festgesetzt worden seien, fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Nach § 16 Abs 4 des Vertrages sei dieser zum Halbjahres- oder Jahresende, erstmals zum 31.12.2013 mit einer Frist von sechs Monaten kündbar. Damit werde der Klägerin eine einfachere rechtliche Möglichkeit eröffnet, die Rechtswirkungen des Vertrages zu beseitigen. Zudem müsse sich die Klägerin widersprüchliches Verhalten entgegenhalten lassen. Mit dem Hinausschieben des Inkrafttretens würde der gesetzlich begründete Kontrahierungszwang vereitelt. Aus dem gesamten Verhalten der Klägerin sei zu erkennen, dass sie sich weigere, ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Eröffnung des Angebots einer HzV nachzukommen. Ernsthafte Bemühungen, die fehlenden Vertragsanlagen auszuhandeln, seien nicht ersichtlich. Darüber hinaus sei der Hilfsantrag auch in der Sache nicht begründet. Ausreichend sei, dass der Schiedsspruch in sich schlüssig sei und dass die geregelten Vertragsteile von den Vertragsparteien umgesetzt werden könnten. Daran bestehe kein Zweifel, weil Verträge mit vergleichbaren Inhalten von anderen Krankenkassen durchgeführt würden.

9

Zur Begründung ihrer Revision trägt die Klägerin im Wesentlichen vor: Die erhobene Anfechtungsklage sei statthaft, da es sich bei dem Schiedsspruch der Schiedsperson nach § 73b SGB V um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X handele. Sämtliche LSG hätten § 73b Abs 4, Abs 4a SGB V in der Weise ausgelegt. Ihre zuvor vertretene gegenteilige Rechtsauffassung halte sie nicht mehr aufrecht. Änderungen des § 73b SGB V, die zum 1.1.2012 in Kraft getreten seien, seien für das vorliegende Verfahren von vornherein nicht relevant, da für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt des Erlasses des Schiedsspruchs am 9.9.2010 maßgeblich sei. Mit der Festsetzung des Vertrages über die besondere hausärztliche Versorgung nach § 73b SGB V treffe die Schiedsperson eine hoheitliche Entscheidung auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts, die unmittelbare Rechtswirkung im Außenverhältnis habe, indem sie verbindlich den Vertrag zwischen den Parteien des Schiedsverfahrens festsetze. Der Schiedsspruch zur HzV unterscheide sich insofern nicht von dem Schiedsspruch nach § 77 SGB XII, für den sowohl das BVerwG als auch das BSG die Verwaltungsaktqualität ausdrücklich bejaht hätten.

10

Entgegen der Auffassung des LSG sei das Rechtsschutzinteresse nicht im Hinblick auf die zum 31.12.2013 erstmals bestehende Kündigungsmöglichkeit entfallen. Die ordentliche Kündigung des Vertrages zur HzV führe nicht automatisch zu dessen Beendigung, sondern der Vertrag gelte - wenn ein neuer Vertrag zur HzV nicht zustande komme - solange fort, bis in einem Schiedsverfahren ein neuer Vertrag zur HzV festgesetzt worden sei. Die Umsetzung des streitgegenständlichen Vertrages werde zu Recht verweigert. Die Klage habe selbst dann aufschiebende Wirkung, wenn es sich bei dem Schiedsspruch nicht um einen Verwaltungsakt, sondern um eine Vertragsfestlegung durch einen Dritten entsprechend §§ 315, 317 BGB handeln würde. Bereits die Erhebung der Einrede der offenbaren Unbilligkeit der Vertragsfestsetzung führe ggf entsprechend § 319 Abs 1 BGB zur Unverbindlichkeit der durch den Schiedsspruch getroffenen Vertragsbestimmungen.

11

Der Schiedsspruch sei mit zwingend zu beachtenden bundesrechtlichen Vorgaben zum Datenschutz unvereinbar. Für die nach dem Vertrag zur HzV vorgesehene Einbindung der Beklagten und der Hausärztlichen Vertragsgemeinschaft eG (HÄVG) sowie von Unterauftragsunternehmern in die Verarbeitung sensibler Patientendaten fehle die nach der Rechtsprechung des BSG zwingend erforderliche gesetzliche Grundlage. Auch das Inkrafttreten des § 295a SGB V zum 4.8.2011 ändere nichts an der datenschutzrechtlichen Unzulässigkeit des Vertrages zur HzV. Maßgebend sei die zum Zeitpunkt des Erlasses des Schiedsspruchs am 9.9.2010 geltende Rechtslage. Selbst wenn die zum 4.8.2011 eingetretenen Änderungen berücksichtigt würden, bliebe es bei der Unvereinbarkeit mit datenschutzrechtlichen Vorgaben. Die in dem Vertrag vorgesehene zwangsweise Verknüpfung der Teilnahme an der HzV mit einer Pflicht zur Weitergabe von Patientendaten an einen bestimmten Dienstleister sei mit den datenschutzrechtlich an die "verantwortliche Stelle" zu stellenden Anforderungen unvereinbar. Weiterhin unzulässig sei der vorgesehene Einsatz einer Vertragssoftware mit einem sog "gekapselten Kern", zu dessen Einsatz die teilnehmenden Hausärzte verpflichtet würden. Damit werde die Möglichkeit geschaffen, Patientendaten aus dem System des Hausarztes an die Beklagten bzw die HÄVG zu übermitteln, ohne dass dies für den Hausarzt im Einzelnen nachvollziehbar bzw kontrollierbar sei. Außerdem erlaube der neue § 295a Abs 2 SGB V lediglicheinen Dienstleister in die Verarbeitung von Patientendaten einzubinden. Die Begründung von Unterauftragsverhältnissen werde ausdrücklich ausgeschlossen. Im Widerspruch dazu sehe § 6 Abs 1 der Anlage 3 des streitgegenständlichen Vertrages zur HzV die Einbindung der HÄVG Rechenzentrum AG als Subunternehmer der HÄVG vor. Rechtswidrig sei ferner die in § 6 Abs 10 der Anlage 3 zum Vertrag geregelte Befugnis der HÄVG, nach eigenem Gutdünken Patientendaten für "Musterverfahren" zur Klärung grundsätzlicher Fragen der Auslegung des Vertrages zur HzV zu verwenden. Unzulässig sei auch die vorgesehene Einbindung der HÄVG in die Einschreibung von Versicherten. Nach § 295a Abs 1 Satz 3 SGB V dürften die auf Leistungserbringerseite von den teilnehmenden Hausärzten übermittelten Patientendaten ausschließlich für Abrechnungszwecke verwendet werden.

12

Zudem werde durch Mehrkosten, die der Vertrag unstreitig auslöse und deren Finanzierung durch Einsparungen und Effizienzsteigerungen nicht gesichert sei, das in § 53 Abs 9 SGB V normierte Gebot der Selbsttragung des Wahltarifs verletzt. Der Wahltarif sei zwingend mit der HzV nach § 73b SGB V verbunden. Nach § 53 Abs 3 SGB V dürften für einen Wahltarif für die besonderen Versorgungsformen keine Zusatzbeiträge erhoben werden. Gleichzeitig verbiete § 53 Abs 9 SGB V eine Quersubventionierung der Wahltarife aus dem allgemeinen Beitragsaufkommen. Dass durch den Vertrag zur HzV Mehrkosten gegenüber der hausärztlichen Regelversorgung entstünden, sei unstreitig. Dem stünden keine gesicherten Refinanzierungsmaßnahmen gegenüber. Darüber hinaus werde der Grundsatz der Beitragssatzstabilität des § 71 Abs 1 SGB V verletzt, der alle Vergütungsvereinbarungen nach dem SGB V erfasse, weil nicht refinanzierte Mehrausgaben nicht verlässlich ausgeschlossen seien. Die Erhebung von Zwangsbeiträgen der Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung für die Subventionierung der HzV verletze Art 2 Abs 1 GG. Zudem würde durch die damit verbundene Aufgabe des Solidaritätsprinzips die Unternehmenseigenschaft der Krankenkassen im Sinne des Art 101 ff des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union begründet.

13

Der Schiedsspruch verletze Bundesrecht auch deshalb, weil die Vertragsfestsetzung unvollständig sei. Obwohl der Hilfsmittelbereich als Bereich möglicher Einsparungen in der Begründung des Schiedsspruchs ausdrücklich angesprochen werde und die Anlage 2a zum Hilfsmittelmanagement in § 23 des Vertrages zur HzV genannt werde, habe die Schiedsperson diese Anlage nicht festgelegt. Aus § 23 des Vertrages zur HzV ergebe sich vielmehr, dass diese "in gemeinsamer Absprache noch zu erstellen" sei. Dies sei mit § 73b Abs 5 Satz 1 SGB V unvereinbar. Gleiches gelte für die fehlenden Anhänge 2 bis 4 der festgesetzten Anlage 3 des Vertrages. Diese sollten ausweislich § 9 der Anlage 3 des Vertrages die Diagnosen zur Abrechnung des Zuschlags für chronisch Kranke, des Zuschlags zur Förderung einer wirtschaftlichen Arzneimittelverordnung ("Rationaler Pharmakotherapie-Zuschlag") sowie eines Zuschlags (sog VERAH-Zuschlag) für Leistungen von besonders qualifizierten medizinischen Fachangestellten ("Versorgungsassistenten") enthalten.

14

Ferner habe die Schiedsperson ihren Gestaltungsspielraum überschritten, indem sie Regelungen zur Durchführung der Teilnahme der Versicherten zum Gegenstand des Vertrages zur HzV gemacht habe. Die Einschreibebestimmungen des Vertrages zur HzV seien nicht von der Vertragsregelungsbefugnis der Schiedsperson umfasst. Vielmehr habe die Regelung der Teilnahme von Versicherten an der HzV in der Satzung der Krankenkasse zu erfolgen. Die Teilnahme der Versicherten werde in dem Vertrag zur HzV in Widerspruch zu Satzungsbestimmungen der Klägerin geregelt. Dies sei rechtswidrig. Darüber hinaus verletze der Schiedsspruch Bundesrecht, weil dem Beklagten zu 2. (MEDI Baden-Württemberg e.V.) die erforderliche Antragsbefugnis zur Einleitung eines Schiedsverfahrens fehle. Schiedsverfahren könnten nur von Gemeinschaften beantragt werden, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der KÄV vertreten. Diese Voraussetzung erfülle der Beklagte zu 2. nicht.

15

Die Schiedsperson habe ihren Beurteilungsspielraum überschritten, indem sie sich bei der Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend an anderen HzV-Verträgen orientiert habe. Die anderen HzV-Verträgen zugrunde liegenden Verhältnisse seien nicht auf die Klägerin übertragbar. Die Schiedsperson hätte sich mit der konkreten Situation der Klägerin und deren Versicherten auseinandersetzen müssen. Das sei nicht geschehen. Ferner sei die Schiedsperson zu Unrecht davon ausgegangen, dass allein ein Vollversorgungsvertrag, nicht dagegen ein sog Add-on-Vertrag der Intention des Gesetzgebers entsprechen würde. Damit habe die Schiedsperson den rechtlichen Rahmen verkannt, der ihrem Gestaltungsspielraum zugrunde liegt. Somit leide der Schiedsspruch an einem nicht heilbaren Fehler.

16

Selbst wenn der Schiedsspruch nicht als Verwaltungsakt anzusehen wäre, sei der auf Aufhebung dieses Schiedsspruchs gerichtete Antrag zulässig. Die Festsetzung des Vertragsinhalts durch das Gericht in entsprechender Anwendung des § 319 BGB sei unter Beachtung des Grundsatzes der Gewaltenteilung ausgeschlossen. Denn der Abschluss des öffentlich-rechtlichen Vertrages über die HzV nach § 73b SGB V sei Aufgabe der Krankenkassen als Selbstverwaltungskörperschaften und Teil der mittelbaren Staatsverwaltung. In die Gestaltungs- und Entscheidungsspielräume könne die Rechtsprechung als Kontrollinstanz der Verwaltung nicht in der Form eingreifen, dass sie ihre eigenen Erwägungen an die Stelle derjenigen der Verwaltung setze.

17

Die Klägerin beantragt,

        

1.    

die Urteile des LSG Baden-Württemberg vom 18.12.2013 und des SG Stuttgart vom 25.4.2012 zu ändern und den Schiedsspruch vom 9.9.2010 aufzuheben,

        

2.    

hilfsweise, das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 18.12.2013 aufzuheben und den Rechtsstreit an das LSG Baden-Württemberg zur Ersetzung der Regelungen des Schiedsspruchs nach billigem Ermessen durch Urteil gemäß § 319 Abs 1 Satz 2, 1. Halbsatz BGB iVm § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V unter Beachtung der Rechtsauffassung des Bundessozialgerichts zurückzuverweisen,

        

3.    

weiter hilfsweise unter Änderung der Urteile des LSG Baden-Württemberg vom 18.12.2013 und des SG Stuttgart vom 25.4.2012 festzustellen, dass der durch die Schiedsperson zwischen den Beteiligten festgesetzte HzV-Vertrag mit Bundesrecht nicht vereinbar ist.

18

Die Beklagten beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

19

Sie führen zur Begründung aus: Das angefochtene Urteil des LSG sei im Ergebnis nicht zu beanstanden. Allerdings sei der Schiedsspruch kein Verwaltungsakt. Mit dem GKV-VStG habe der Gesetzgeber eindeutig geregelt, dass es sich bei dem Schiedsspruch der Schiedsperson nicht um einen Verwaltungsakt handele, sondern dass die Schiedsperson als Vertragshelfer analog § 317 BGB tätig werde. Die in der Rechtsprechung angestellten Erwägungen zur fehlenden Behördeneigenschaft von Schiedspersonen nach § 132a Abs 2 SGB V seien auf die Schiedspersonen gemäß § 73b Abs 4a SGB V übertragbar. Auch der Umstand, dass die Schiedsperson die in einem Schiedsverfahren festgelegten Verträge der für die Krankenkassen zuständigen Aufsichtsbehörde vorzulegen habe, stehe dem nicht entgegen, da die Vorlage auch bei frei verhandelten Verträgen durch die Krankenkasse zu erfolgen habe. Der Schiedsspruch sei rechtlich nicht zu beanstanden. Mit den Anträgen der Klägerin habe sich die Schiedsperson erkennbar auseinandergesetzt und diese gewürdigt. Die Schiedsperson habe den Inhalt des Vertrages zur HzV nach billigem Ermessen festgesetzt und zugleich berücksichtigt, dass zahlreiche weitere Krankenkassen im Bundesgebiet ähnliche Verträge mit vergleichbarem Inhalt und vergleichbarer Vergütungsstruktur mit den jeweiligen Hausarztgemeinschaften vereinbart hätten. Es seien keine wesentlichen Vertragsbestandteile ungeregelt geblieben. Soweit den Vertragspartnern überlassen worden sei, im späteren Verlauf Umsetzungsaufgaben und Steuerungsmodule, zB für den Bereich der Arzneimittelverordnung selbst zu verhandeln, sei dies sachgerecht, weil die Vertragspartner damit auf die sich ständig ändernden Arzneimittelrabattverträge reagieren könnten. Auch würden Vorschriften zum Datenschutz nicht verletzt. Maßgebend für die Beurteilung sei die aktuelle Rechtslage und nicht die Rechtslage, die bei Erlass des Schiedsspruchs gegolten habe. Die im Schiedsspruch vorgesehene Verwendung eines "gekapselten Kerns" sei auch nach Auffassung des Bayerischen Landesamtes für Datenschutzaufsicht nicht zu beanstanden. Soweit sich die Klägerin gegen die im Vertrag enthaltene Befugnis zur Führung von Musterverfahren unter Verwendung personenbezogener Daten wende, sei darauf hinzuweisen, dass die HÄVG keine Musterverfahren führe. Die Klägerin sei im Übrigen nicht legitimiert, im vorliegenden Verfahren Datenschutzrechte der Patienten geltend zu machen. Bezogen auf die geltend gemachten Widersprüche zwischen dem Vertrag zur HzV und den Satzungsregelungen der Klägerin habe das LSG zutreffend die Auffassung vertreten, dass die Regelungen des Vertrages zur HzV der Satzung vorgingen. Mit dem vorliegenden Klageverfahren unterlaufe die Klägerin den gesetzlichen Kontrahierungszwang. Die Klägerin sei verpflichtet, ihren Versicherten eine HzV anzubieten und mit qualifizierten Gemeinschaften einen Vertrag zur HzV zu schließen. Gleichwohl habe die Klägerin bis heute die Umsetzung des weiterhin geltenden Vertrages verweigert und auch keinen Antrag auf Verpflichtung zur Neufestsetzung des Vertrages zur HzV mit den von ihr begehrten Modifizierungen gestellt.

Entscheidungsgründe

20

Die Revision der Klägerin hat nur insoweit Erfolg, als die Unvereinbarkeit von Regelungen des Vertrages zur HzV mit datenschutzrechtlichen Bestimmungen festzustellen war. Im Übrigen hat das LSG die Berufung der Klägerin gegen das klagabweisende Urteil des SG im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.

21

1. Das SG war zur Entscheidung im ersten Rechtszug nach § 8 SGG sachlich zuständig, da einer der in § 29 Abs 2 SGG geregelten Sonderfälle der sachlichen Zuständigkeit der Landessozialgerichte für eine Entscheidung im ersten Rechtszug nicht vorliegt. Insbesondere liegt keine Klage gegen Entscheidungen der Landesschiedsämter oder gegen Beanstandungen von Entscheidungen der Landesschiedsämter nach dem SGB V, gegen Entscheidungen der Schiedsstellen nach § 120 Abs 4 SGB V, der Schiedsstelle nach § 76 SGB XI oder der Schiedsstellen nach § 80 SGB XII vor. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Entscheidung einer Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V. Die Aufzählung in § 29 Abs 2 SGG ist abschließend, sodass die Vorschrift nicht entsprechend anwendbar ist (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 29 RdNr 4; Schreiber in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl 2014, § 29 RdNr 8; Ulrich, NZS 2011, 448, 451 ff; zur Bestimmung einer Schiedsperson nach § 132a Abs 2 Satz 7 SGB V vgl BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 7 RdNr 13 f, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen).

22

2. Die mit dem Antrag zu 1. erhobene Anfechtungsklage ist nicht statthaft und damit unzulässig.

23

a) Nach § 54 Abs 1 Satz 1 SGG muss sich die Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt richten. Die Festlegung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson nach § 73b SGB V ist jedoch nicht in der Form eines Verwaltungsakts ergangen und die Schiedsperson hat auch nicht für sich in Anspruch genommen, durch Verwaltungsakt entscheiden zu können(zur Zulässigkeit von Klagen auch gegen einen sog "formellen Verwaltungsakt" vgl BSGE 97, 63 = SozR 4-2500 § 255 Nr 1, RdNr 16). Für die Zulässigkeit der Anfechtungsklage genügt nicht, dass die Klägerin das Vorliegen eines Verwaltungsakts geltend macht (stRspr vgl BSGE 39, 86, 87 = SozR 2200 § 628 Nr 1 S 2, mwN; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 54 RdNr 8a).

24

b) Für die Beurteilung der Frage, ob die Entscheidung der Schiedsperson, gegen die sich die Klägerin wendet, in der Form eines Verwaltungsakts ergangen ist, ist in Übereinstimmung mit der Auffassung der Klägerin grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Festlegung des Vertragsinhalts durch die Entscheidung der Schiedsperson am 9.9.2010 maßgebend. Nur wenn die Schiedsperson zu diesem Zeitpunkt Behörde im Sinne des § 1 Abs 2 SGB X gewesen ist, konnte sie einen Verwaltungsakt erlassen. Später eingetretene Änderungen hätten keinen Einfluss mehr auf die rechtliche Qualifizierung des zuvor ergangenen Schiedsspruchs. Es kommt demnach darauf an, ob die Schiedsperson nach der zum Zeitpunkt der Festsetzung des Vertragsinhalts geltenden Rechtslage Behörde war und ob ihre Entscheidung unter Zugrundelegung dieser Rechtslage als Verwaltungsakt anzusehen war. Dies ist indes nicht der Fall und daran hat sich im Übrigen in der Folge auch nichts geändert.

25

c) Schiedspersonen, die Verträge zur HzV festsetzen, wenn eine Einigung zwischen einer Krankenkasse und der in § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V bezeichneten Gemeinschaft von Allgemeinärzten nicht zustande kommt, werden - ebenso wie Schiedspersonen im Bereich der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege nach § 132a SGB V - als Vertragshelfer entsprechend § 317 BGB und nicht als Behörde tätig. Der Schiedsspruch ergeht deshalb auch nicht in der Form eines Verwaltungsakts, sondern ersetzt die Einigung der Parteien. Dies folgt neben dem Wortlaut in erster Linie aus der Entstehungsgeschichte der Regelung und dem darin zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers.

26

aa) Verwaltungsakte können nach § 31 Satz 1 SGB X nur von einer Behörde erlassen werden. Nach § 1 Abs 2 SGB X ist Behörde im Sinne des Sozialgesetzbuches jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt. Danach gilt ein weiter, sog funktionaler Behördenbegriff, der neben den Verwaltungsbehörden im organisatorischen Sinne auch alle sonstigen Einrichtungen, Organe und Stellen einschließt, die aufgrund von Vorschriften des öffentlichen Rechts mit der Befugnis zum Erlass von Verwaltungsakten, zum Abschluss öffentlich-rechtlicher Verträge im eigenen Namen oder zu sonstigen, nach öffentlichem Recht zu beurteilenden Handeln ausgestattet sind (vgl BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 14; BSGE 60, 239 = SozR 1300 § 45 Nr 26; BSGE 63, 224 = SozR 1300 § 48 Nr 47; BSGE 77, 295 = SozR 3-1300 § 45 Nr 27).

27

Dass die Schiedsämter und Schiedsstellen im Bereich des SGB V unter diesen weiten funktionalen Behördenbegriff fallen, ist in der Rechtsprechung seit langem geklärt (vgl BSGE 20, 73, 75 = SozR Nr 1 zu § 368h RVO; BSGE 87, 199, 200 f = SozR 3-3300 § 85 Nr 1 S 3 f; BSG SozR 4-3300 § 89 Nr 1 RdNr 11; BSGE 105, 126 = SozR 4-3300 § 89 Nr 2, RdNr 20, 41). Eine solche grundsätzliche Klärung fehlt bisher für die Schiedsperson, die der Gesetzgeber mit der Änderung des § 132a SGB V (Versorgung mit häuslicher Krankenpflege) durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190) erstmals im SGB V anstelle von Schiedsämtern und Schiedsstellen für die außergerichtliche Schlichtung vorgesehen hat. In den folgenden Jahren ist die außergerichtliche Streitschlichtung durch Schiedspersonen auf weitere Bereiche ausgedehnt worden: Mit dem Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) vom 26.3.2007 (BGBl I 378) wurde die Schlichtung im Bereich der stationären und ambulanten Hospizleistungen nach § 39a Abs 1 Satz 7 bis 9 SGB V einer Schiedsperson übertragen. Mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG) vom 15.12.2008 (BGBl I 2426) wurde die Schlichtung durch eine Schiedsperson bei Streitigkeiten um die Finanzierung der Landesverbände der Krankenkassen (§ 211 Abs 4 Satz 4 SGB V) und mWv 1.1.2009 auch für die hausarztzentrierte Versorgung (§ 73b Abs 4a SGB V) sowie die Hilfsmittelversorgung (§ 127 Abs 1a Satz 2 bis 4 SGB V)vorgesehen. Inzwischen ist die Schlichtung durch Schiedspersonen Gegenstand auch der Heilmittelversorgung (§ 125 Abs 2 Satz 4 bis 6 SGB V), des klinischen Krebsregisters (§ 65c Abs 6 Satz 8 bis 12 SGB V) und der Versorgung mit Schutzimpfungen (§ 132e Abs 1 Satz 3 bis 5 SGB V).

28

Ob auch die Entscheidungen von Schiedspersonen als Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X anzusehen sind, war von Anfang an umstritten(vgl zB Schnapp, NZS 2010, 241, 245 mwN; Plantholz, RsDE 64 <2007>, 1, 17 ff). In der instanzgerichtlichen Rechtsprechung wurde die Schiedsperson nach § 132a Abs 2 SGB V in der Regel als Vertragshelfer qualifiziert, deren Entscheidung nicht in der Form eines Verwaltungsakts ergeht, während Entscheidungen der Schiedsperson in der HzV wohl überwiegend als Verwaltungsakt angesehen wurden(LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 2.8.2011 - L 5 KA 1601/11 ER-B - Juris RdNr 84 ff; LSG Hamburg Beschluss vom 18.8.2011 - L 1 KA 24/11 B ER; in dieser Richtung, aber letztlich offenlassend: LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 3.11.2011 - L 3 KA 104/10 B ER - GesR 2012, 35, 37 f = Juris RdNr 25, 45 f; ausdrücklich offengelassen: LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 3.11.2010 - L 21 SF 208/10 Verg - Juris RdNr 32 und Beschluss vom 28.12.2010 - L 11 KA 58/10 B ER - Juris RdNr 61; anders dagegen : Bayerisches LSG Beschluss vom 17.1.2011 - L 12 KA 123/10 B ER - Breith 2011, 281, 285). Für die Schiedsperson nach § 132a Abs 2 SGB V wurde diese Frage durch Urteil des 3. Senats vom 25.11.2010 (BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5; vgl auch BSG SozR 4-5560 § 17c Nr 2 RdNr 39, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen; BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 7 RdNr 19, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen) geklärt. Danach ist jedenfalls diese Schiedsperson keine Behörde. Dementsprechend ergeht deren Entscheidung auch nicht als Verwaltungsakt. Vielmehr wird die Schiedsperson als öffentlich-rechtlicher Schlichter und Vertragshelfer entsprechend § 317 BGB tätig.

29

Ausschlaggebend für die Einordnung der Schiedsperson nach § 132a Abs 2 SGB V als Vertragshelfer und nicht als Behörde war nach der genannten Entscheidung des 3. Senats vom 25.11.2010, dass diese zwar den Inhalt öffentlich-rechtlicher Verträge festlege, wobei es sich um eine öffentlich-rechtliche Tätigkeit handele. Die Schiedsperson erhalte ihre Entscheidungsmacht jedoch unmittelbar von den Vertragsparteien des § 132a SGB V selbst, die auch den das Schiedsverfahren regelnden Vertrag zur Konfliktlösung abschließen. Daraus hat der 3. Senat den Schluss gezogen, dass es sich - ungeachtet des Umstands, dass die Vertragsparteien zur Verabredung des Schiedsverfahrens gesetzlich verpflichtet sind - um ein vertraglich vereinbartes Schiedsverfahren handele. Die Schiedsperson sei auch kein Beliehener, weil es an einem öffentlich-rechtlichen Akt der Beleihung fehle. Ferner existiere keine Anbindung an einen übergeordneten Verwaltungsträger und anders als Schiedsstellen und Schiedsämter unterliege die Schiedsperson auch keiner Rechtsaufsicht. Das Verfahren der Schlichtung durch die Schiedsperson sei nicht gesetzlich geregelt. Die Funktion als Schiedsperson sei an die Person des Berufenen gebunden, sodass keine vom Wechsel der Person unabhängige Institution einer Schiedsstelle existiere.

30

bb) Die Regelungen zur Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V entsprachen bereits vor der Änderung durch das GKV-VStG zum 1.1.2012 weitgehend derjenigen zu der - nicht als Behörde zu qualifizierenden - Schiedsperson nach § 132a Abs 2 SGB V. Grundsätzlich obliegt es auch hier den Vertragsparteien, sich auf die Schiedsperson zu einigen. Nur für den Fall, dass die Vertragsparteien sich auch darüber nicht einigen können, sieht § 73b Abs 4a Satz 2 SGB V die Bestimmung der Schiedsperson durch die für die Krankenkasse zuständige Aufsichtsbehörde vor. Ebenso wie nach § 132a Abs 2 SGB V gibt es nach § 73b SGB V weder eine Rechtsaufsicht über die Schiedsperson noch eine Regelung zum Schiedsverfahren. Ferner existiert keine vom Wechsel der Person unabhängige Institution und keine Anbindung an einen übergeordneten Verwaltungsträger.

31

Zwar können hoheitliche Aufgaben durch Beleihung auch einer natürlichen Person übertragen werden. Dies erfordert jedoch eine Übertragung durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes durch Rechtsverordnung, Verwaltungsakt oder öffentlich-rechtlichen Vertrag (vgl BVerwG NVwZ 2006, 829; BVerfG NJW 1987, 2501, 2502; BVerwGE 98, 280, 298; Roos in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 1 RdNr 11; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl 2014, § 1 RdNr 60; Wiegand, Die Beleihung mit Normsetzungskompetenz, 2008, 155 f). § 73b Abs 4a SGB V regelt eine Beleihung der Schiedsperson jedenfalls nicht ausdrücklich. Gegen die Annahme, dass in der dort geregelten Bestimmung der Schiedsperson gleichwohl eine Beleihung liegt, spricht, dass das Gesetz keinerlei Festlegungen oder Vorgaben zu deren Auswahl trifft, sondern diese vorrangig den Vertragsparteien überlässt (vgl Kingreen/Temizel, ZMGR 2009, 134, 137; Bogan, Der Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen, 2012, S 250). Angesichts des Umstands, dass der Wortlaut die Frage nach einer Beleihung jedenfalls nicht eindeutig beantwortet, kann die Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V nur dann als Beliehene angesehen werden, wenn systematische Gründe, die Entstehungsgeschichte oder Sinn und Zweck der Reglung dafür sprechen würden, dass der Gesetzgeber der Schiedsperson die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben übertragen wollte. Dies ist aus den nachfolgend genannten Gründen jedoch nicht der Fall. Vielmehr hat der Gesetzgeber mit der Änderung des § 73b Abs 4a SGB V durch das GKV-VStG gerade klargestellt, dass der Schiedsperson nach § 73b SGB V - in Übereinstimmung mit der Schiedsperson nach § 132a SGB V - keine hoheitlichen Aufgaben übertragen werden sollen.

32

cc) Im Gegensatz zur Schiedsperson in der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege nach § 132a Abs 2 SGB V hat der 3. Senats des BSG die Schiedsperson in der HzV nach § 73b Abs 4a SGB V in seiner Entscheidung vom 25.11.2010 (B 3 KR 1/10 R - BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 26) nicht eindeutig dem Modell "Vertragshelfer" zugeordnet, sondern diese Frage ausdrücklich offengelassen. Dabei hat der 3. Senat dem Umstand Bedeutung beigemessen, dass § 73b SGB V keine § 132a Abs 2 Satz 6 SGB V entsprechende Regelung enthält, nach der die Vertragsparteien in Verträgen zu regeln haben, dass im Falle von Nichteinigung eine von den Parteien zu bestimmende unabhängige Schiedsperson den Vertragsinhalt festlegt. Daraus hat der 3. Senat gefolgert, dass die Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V im Rahmen eines gesetzlich normierten und nicht eines - wie bei § 132a Abs 2 Satz 6 SGB V - vertraglich vereinbarten Schiedsverfahrens tätig werde. In der praktischen Umsetzung wirkt sich dieser Unterschied allerdings kaum aus, weil die Vertragspartner nach § 132a Abs 2 Satz 6 SGB V nicht frei darüber entscheiden können, ob sie die Festlegung des Vertragsinhalts einer Schiedsperson übertragen, sondern verpflichtet sind, eine entsprechende Vereinbarung zu treffen. Falls zwischen den Vertragspartnern eine Einigung auf eine Schiedsperson nicht erzielt werden kann, wird sowohl die Schiedsperson nach § 132a Abs 2 SGB V als auch die Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V von der für die vertragsschließende Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde bestimmt. Dabei kann die Bestimmung einer Schiedsperson durch die zuständige Aufsichtsbehörde auch nach § 132a Abs 2 Satz 7 SGB V nicht davon abhängig sein, dass zuvor eine Vereinbarung nach § 132a Abs 2 Satz 6 SGB V zustande gekommen ist, nach der der Vertragsinhalt von einer Schiedsperson festgelegt wird(vgl dazu Plantholz, RsDE 64 <2007>, 1, 8). Damit bestehen insoweit keine rechtlich bedeutsamen Unterschiede zwischen dem Schiedsverfahren in der HzV und dem Schiedsverfahren in der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege (so auch Klückmann in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2015, § 73b RdNr 15e).

33

dd) Ein Indiz, das gegen die Qualifizierung der Schiedsperson in der HzV als Vertragshelfer und für eine Einordnung des Schiedsspruchs als Verwaltungsakt sprechen könnte, hat der 3. Senat in seiner Entscheidung vom 25.11.2010 (B 3 KR 1/10 R - BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 26; vgl auch BSG SozR 4-5560 § 17c Nr 2 RdNr 40, auch zur Veröffentlichung für BSGE vorgesehen) ferner in dem Umstand gesehen, dass § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V aF die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Festlegung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson ausschloss. Diese Regelung konnte den Eindruck erwecken, dass der Gesetzgeber die Entscheidungen der Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V als Verwaltungsakte angesehen haben könnte, weil sie gesetzessystematisch nur einen Sinn ergibt, wenn es sich bei der angegriffenen Entscheidung der Schiedsperson um einen Verwaltungsakt handelt. Schließlich bezieht sich die aufschiebende Wirkung nach § 86a Abs 1 SGG auf den Widerspruch und auf die Anfechtungsklage, die sich grundsätzlich gegen einen Verwaltungsakt richten müssen.

34

Dagegen konnte auch nicht - wie in der Begründung des Schiedsspruchs - mit Erfolg eingewandt werden, die Klage gegen die Festsetzung des Vertragsinhalts durch einen Vertragshelfer bewirke in entsprechender Anwendung zivilrechtlicher Bestimmungen, dass der Vertrag während der Dauer des Rechtsstreits nicht umsetzbar sei und die Formulierung in § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V aF, nach der die Klage keine aufschiebende Wirkung habe, könne aus diesem Grund nicht als Indiz für die rechtliche Einordnung der Entscheidung der Schiedsperson als Verwaltungsakt herangezogen werden.

35

(1) Die Auffassung, nach der die von der Schiedsperson getroffene Bestimmung zum Vertragsinhalt während eines Klageverfahrens um deren Rechtmäßigkeit nicht beachtet werden müsse, trifft nicht zu. Für zivilrechtliche Verträge wird die Frage, unter welchen verfahrensrechtlichen Voraussetzungen die offenbare Unbilligkeit der Bestimmung einer Leistung durch einen Dritten nach § 319 Abs 1 Satz 1 BGB die Unbeachtlichkeit der Entscheidung des Dritten zur Folge hat, nicht einheitlich beantwortet. Vereinzelt wird die Auffassung vertreten, dass die offenbar unbillige Leistungsbestimmung bereits unabhängig von der Erhebung einer Einrede oder einer Klagerhebung unwirksam sei (Rieble in Staudinger, BGB, Leistungsstörungsrecht 2, Neubearbeitung 2009, § 319 RdNr 17 f; zu § 315 Abs 3 BGB vgl LG Mainz Urteil vom 5.3.2007 - 5 O 94/06 - Juris). Dagegen wird eingewandt, dass die offenbare Unbilligkeit nicht die Nichtigkeit bedeute (vgl OLG Frankfurt am Main Urteil vom 3.12.1998 - 3 U 257/97 - NJW-RR 1999, 379 = Juris RdNr 25) und dass auch die unbillige Bestimmung des Dritten binde, bis sie durch Gerichtsurteil ersetzt werde (Würdinger in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl 2012, § 319 RdNr 23). Dies soll aber nach wohl hM nicht für den Fall gelten, dass die offenbare Unbilligkeit von einem Vertragspartner binnen angemessener Frist geltend gemacht wird (vgl OLG Frankfurt am Main, aaO, mwN; Wolf in Soergel, BGB, Bd 2, 12. Aufl 1990, § 319 RdNr 16; zur ähnlichen Regelung in § 315 Abs 3 BGB vgl Grüneberg in Palandt, BGB, 74. Aufl 2015, § 315 RdNr 16; zur Fälligkeit einer Forderung bei einer Schiedsgutachtenvereinbarung im Falle des Übergangs der Leistungsbestimmung nach § 319 Abs 1 Satz 2 BGB auf das Gericht erst mit Rechtskraft des Urteils vgl BGH Urteil vom 4.7.2013 - III ZR 52/12 - NJW-RR 2014, 492 RdNr 32 ff, mwN). Dagegen geht das BAG im Zusammenhang mit der Ausübung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber in entsprechender Anwendung des § 315 Abs 3 BGB davon aus, dass der Arbeitnehmer an die Konkretisierung des Inhalts der Arbeitsleistung vorläufig gebunden sei, bis durch ein rechtskräftiges Urteil die Unverbindlichkeit der Leistungsbestimmung feststehe(BAG Urteil vom 22. 2.2012 - 5 AZR 249/11 - BAGE 141, 34 = AP Nr 127 zu § 615 BGB = NJW 2012, 2605, RdNr 24, mwN).

36

Auf die Festsetzung des Vertrages zur HzV durch eine Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V sind die genannten, zu zivilrechtlichen Verträgen entwickelten, ohnehin nicht einheitlichen Positionen - entgegen der in der Begründung der Entscheidung der Schiedsperson vertretenen Auffassung(vgl auch Buchner/Spiegel, NZS 2013, 1, 8 Fn 61) - nicht ohne Weiteres übertragbar. Für Verträge, die Beziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern zum Gegenstand haben, gelten die Vorschriften des BGB und damit auch die Regelungen zur Bestimmung der Leistungen durch einen Dritten (§§ 317 ff BGB) gemäß § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V nur entsprechend, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 SGB V und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach diesem Kapitel vereinbar sind. Daher kann bei der entsprechenden Anwendung der §§ 317 ff BGB nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Krankenkassen gemäß § 73b Abs 1 SGB V verpflichtet sind, ihren Versicherten eine besondere hausarztzentrierte Versorgung anzubieten. Die entsprechende Geltung der Vorschriften des BGB ändert zudem nichts daran, dass es sich bei dem Vertrag nach § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V zwischen Krankenkassen und den die Hausärzte vertretenden Gemeinschaften um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag im Sinne des § 53 Abs 1 SGB X handelt, weil durch ihn ein Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts begründet, geändert oder aufgehoben wird. Insofern gilt für Verträge in der HzV nach § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V nichts anderes als für Verträge zur Versorgung mit häuslicher Krankenpflege nach § 132a SGB V(vgl BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 6 RdNr 18 f; BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 23)oder auch für die Bundesmantelverträge und Gesamtverträge, die (auch) als öffentlich-rechtliche Verträge zu qualifizieren sind (vgl BSGE 70, 240, 243 = SozR 3-5533 Allg Nr 1 S 4; BSG SozR 4-2500 § 83 Nr 5 RdNr 14). Für das gerichtliche Verfahren bleiben die Vorschriften des SGG maßgebend. Nach § 86a Abs 1 SGG kommt zwar Klagen gegen belastende Verwaltungsakte aufschiebende Wirkung zu. Dies gilt jedoch nicht in gleicher Weise für Klagen, mit denen die Rechtswidrigkeit eines öffentlich-rechtlichen Vertrages geltend gemacht wird. Öffentlich-rechtliche Verträge sind wirksam, auch soweit sie rechtswidrig aber nicht nichtig sind (vgl Engelmann in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 58 RdNr 2). Zur Nichtigkeit führt nur ein besonders schwerwiegender Mangel (zu gesamtvertraglichen Vereinbarungen vgl zB BSG SozR 4-2500 § 83 Nr 5 RdNr 14 f). Der Umstand, dass die Partner des Vertrages zur HzV die Möglichkeit haben, gerichtlich mit der Feststellungsklage die Rechtswidrigkeit von Regelungen des Vertrages geltend zu machen, der durch Festsetzung der Schiedsperson zustande gekommen ist (vgl dazu nachfolgend 4.), ändert daran nichts. Im Ergebnis hat dies zur Folge, dass der durch die Festsetzung der Schiedsperson zustande gekommene Vertrag, der nicht in der Form eines Verwaltungsakts ergeht, vorbehaltlich seiner Nichtigkeit umzusetzen ist, solange dessen Rechtswidrigkeit nicht rechtskräftig festgestellt worden ist (vgl bereits Nr 11 der Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines GKV-VStG, BT-Drucks 17/7274 S 29; zu einer vom Bundesrat gewünschten Klarstellung mit dem Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung in Abhängigkeit vom Ausgang des vorliegenden Verfahrens vgl die Gegenäußerung der Bundesregierung zu der Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drucks 18/4095, Anlage 4 Nr 22; aA: Buchner/Spiegel, NZS 2013, 1, 8 f). Bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens um die Rechtmäßigkeit des von der Schiedsperson festgesetzten Vertrages kann die Pflicht zur Umsetzung des Vertrages nur durch eine einstweilige Anordnung des Gerichts nach § 86b Abs 2 SGG beseitigt werden.

37

(2) Auch wenn angenommen würde, dass die in § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V aF getroffene Regelung zur fehlenden aufschiebenden Wirkung der Klage allein im Sinne einer Klarstellung sicherstellen sollte, dass Schiedssprüche während eines Klageverfahrens zunächst umgesetzt werden, erklärt dies nicht ohne Weiteres die gewählte Formulierung, weil die Verwendung des Begriffs der aufschiebenden Wirkung den Bezug zu § 86a Abs 1 SGG und zu der dort geregelten aufschiebenden Wirkung von Klagen gegen Verwaltungsakte herstellt.

38

Danach stimmte die gesetzliche Regelung zur Schiedsperson in der Versorgung mit Haushaltshilfe nach § 132a Abs 2 SGB V zwar weitgehend mit der Regelung zur Schiedsperson in der HzV nach § 73b Abs 4a SGB V überein. Mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Festsetzung des Vertragsinhalts enthielt § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V aF jedoch eine Regelung, die in § 132a SGB V keine Entsprechung findet und die als Indiz für die Charakterisierung des Schiedsspruchs in der HzV als Verwaltungsakt herangezogen werden konnte.

39

ee) Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber auf die Entscheidung des 3. Senats vom 25.11.2010 mit der Änderung des § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V reagiert und mit dem GKV-VStG die aufschiebende Wirkung auf Klagen gegen die Bestimmung der Schiedsperson beschränkt. Eine Regelung, nach der Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts keine aufschiebende Wirkung haben, gibt es seitdem nicht mehr. Ferner wurde mit dem GKV-VStG § 73b Abs 4a Satz 5 SGB V angefügt. Danach richten sich Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts gegen eine der beiden Vertragsparteien, nicht gegen die Schiedsperson.

40

Die Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drucks 17/6906 S 56, zu Art 1 Nr 13) bestätigt, dass auf diesem Weg bestehende Unklarheiten bezogen auf die rechtliche Einordnung des Schiedsverfahrens in der HzV nach § 73b Abs 4a SGB V ausgeräumt werden sollten und dass - ebenso wie für den Bereich der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege nach § 132a Abs 2 SGB V - eine eindeutige Einordnung der Schiedsperson als Vertragshelfer erfolgen sollte. Die Einschränkung der Regelung zur aufschiebenden Wirkung in § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V wird damit begründet, dass durch die bisherige Formulierung der Eindruck habe entstehen können, es handele sich bei dem Schiedsspruch um einen Verwaltungsakt. Mit der Streichung werde "klargestellt, dass dies nicht der Fall ist, sondern dass die Schiedsperson analog § 317 BGB als Vertragshelfer tätig wird". Inhaltlich knüpft die Gesetzesbegründung damit an die Entscheidung des 3. Senats vom 25.11.2010 (B 3 KR 1/10 R - BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5) zur Schiedsperson in der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege an. Dies wird in der Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates (BT-Drucks 17/7274 S 29) verdeutlicht, in der unter ausdrücklichem Hinweis auf die genannte Entscheidung des 3. Senats des BSG ausgeführt wird, dass mit der Änderung des § 73b Abs 4a SGB V eine Klarstellung in Richtung auf die Einordnung auch der Schiedsperson in der HzV als Vertragshelfer herbeigeführt werden soll. Davon ist im Übrigen auch der 3. Senat in einer Entscheidung vom 8.10.2014 (B 3 KR 7/14 R - SozR 4-5560 § 17c Nr 2 RdNr 39, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen) ausgegangen.

41

Dem kann die Klägerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die Gesetzesbegründung zur Änderung des § 73b Abs 4a SGB V mit dem GKV-VStG auch auf die "insoweit vergleichbare(n) Regelung des § 77 Absatz 1 Satz 5 SGB XII"(BT-Drucks 17/6906 S 56, zu Art 1 Nr 13) Bezug nehme. Zutreffend ist allerdings, dass Entscheidungen der Schiedsstellen zur Vergütung von Einrichtungen und Diensten im Bereich der Sozialhilfe nach ständiger Rechtsprechung in der Form eines Verwaltungsakts ergehen. Dies hat das BVerwG bereits zu der § 80 SGB XII im Wesentlichen entsprechenden Vorgängerregelung des § 94 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) entschieden(vgl BVerwGE 108, 47). Daran hat das BVerwG (BVerwGE 116, 78 = Juris RdNr 14; anders zunächst der 3. Senat des BSG: BSGE 87, 199, 201 f = SozR 3-3300 § 85 Nr 1 S 4)auch nach der Einführung des § 93b Abs 1 Satz 4 BSHG festgehalten, der bestimmte, dass die Klage gegen die andere Vertragspartei und nicht gegen die Schiedsstelle zu richten ist. Der Qualifizierung dieses Schiedsspruchs als Verwaltungsakt hat sich der für Angelegenheiten der Sozialhilfe zuständige 8. Senat des BSG bezogen auf die seit dem 1.1.2005 geltende entsprechende Rechtslage mit einer entsprechenden Regelung in § 77 Abs 1 Satz 5 SGB XII angeschlossen(BSG SozR 4-3500 § 77 Nr 1, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen; zur Zulässigkeit der Anfechtungsklage in diesem Verfahren "sui generis" vgl auch BSG SozR 4-3500 § 76 Nr 1 RdNr 12, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen).

42

Entgegen der Auffassung der Klägerin kann aus all dem jedoch nicht geschlossen werden, dass mit dem Hinweis auf § 77 Abs 1 Satz 5 SGB XII die im ersten Teil der Gesetzesbegründung eindeutig zum Ausdruck kommende Orientierung am "Vertragshelfermodell" wieder in Frage gestellt würde. Die Formulierung in der Gesetzesbegründung, nach der sich die Regelung "am Wortlaut der insoweit vergleichbaren Regelung des § 77 Absatz 1 Satz 5 SGB XII" orientiert, bezieht sich erkennbar allein auf die Anfügung des neuen § 73b Abs 4a Satz 5 SGB V ("Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts richten sich gegen eine der beiden Vertragsparteien, nicht gegen die Schiedsperson."). Dies wird zum einen durch die Verwendung des Wortes "insoweit" und zum anderen daran deutlich, dass nicht der gesamte § 77 Abs 1 SGB XII in Bezug genommen wird, sondern allein dessen Satz 5, der mit dem eingefügten § 73b Abs 4a Satz 5 SGB V fast wörtlich übereinstimmt. Die Streichung der Regelung zur aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Festlegung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson wird also nicht mit Hinweis auf § 77 Abs 1 SGB XII begründet, sondern mit dem Ziel klarzustellen, dass die Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V als Vertragshelfer und nicht als Behörde tätig wird. Allein bezogen auf die Ergänzung des § 73b Abs 4a SGB V um einen neuen Satz 5 verweist die Gesetzesbegründung auf die fast wortgleiche Regelung in § 77 Abs 1 Satz 5 SGB XII.

43

Nach der oben dargestellten Rechtsprechung des BVerwG war die Regelung, nach der sich Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts gegen die Vertragsparteien und nicht gegen die Schiedsperson richten, im Übrigen auch nicht Anknüpfungspunkt für die Einordnung des Schiedsspruchs im Sozialhilferecht als Verwaltungsakt. Das BVerwG (vgl BVerwGE 116, 78, 82 f) hat die Entscheidung der Schiedsstelle keineswegs wegen der Regelung, nach der die Klage gegen die andere Vertragspartei zu richten ist, als Verwaltungsakt qualifiziert, sondern vielmehr trotz der Einführung dieser Regelung und entgegen einer in Teilen der Literatur vertretenen Auffassung (Münder in LPK-BSHG, 5. Aufl 1998, § 94 RdNr 2; Gottlieb, NDV 2001, 257, 261; Wabnitz, ZfJ 2001, 33, 37; vgl auch BSGE 87, 199, 201 f = SozR 3-3300 § 85 Nr 1 S 4) an seiner bereits zuvor bestehenden Rechtsprechung zur Einordnung des Schiedsspruchs nach § 77 Abs 1 SGB XII als Verwaltungsakt festgehalten.

44

Im Übrigen - also mit Ausnahme des neuen § 73b Abs 4a Satz 5 SGB V - unterscheidet sich die Regelung zum Schiedsverfahren nach § 77 Abs 1 Satz 3, § 80 SGB XII grundlegend von der zur Festlegung des Vertragsinhalts durch eine Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V. Die Qualifizierung der Schiedsstelle nach § 77 Abs 1 Satz 3, § 80 SGB XII als Behörde und deren Schiedsspruch als Verwaltungsakt stehen deshalb nicht im Widerspruch zur Einordnung der Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V als Vertragshelfer. Abgesehen davon, dass nach § 77 Abs 1 Satz 3 SGB XII nicht eine natürliche Person, sondern eine Schiedsstelle entscheidet, die gemäß § 80 Abs 2 Satz 1 SGB XII mit Vertretern der Vertragsparteien und einem unparteiischen Vorsitzenden besetzt ist, spricht für den Charakter dieser Schiedsstelle als Behörde auch die Formulierung in § 77 Abs 1 Satz 6 SGB XII, nach der es einer Nachprüfung der Entscheidung in einem Vorverfahren nicht bedarf. Genau diese Formulierung (die sich vor dem 1.1.2005 in § 93b Abs 1 Satz 5 BSHG und vor der Einführung des § 93b BSHG zum 1.1.1999 in § 93 Abs 3 Satz 4 Halbsatz 1 BSHG fand) hat das BVerwG (BVerwGE 116, 78, 81 f) zur Begründung seiner Auffassung herangezogen, dass der Gesetzgeber diese Schiedsstellenentscheidung - trotz der Regelung, nach der eine Klage gegen die andere Vertragspartei und nicht gegen die Schiedsstelle zu richten ist - als Verwaltungsakt ausgestalten wollte. Eine § 77 Abs 1 Satz 6 SGB XII entsprechende Formulierung findet sich in § 73b Abs 4a SGB V aber nicht.

45

ff) Danach ist mit der Änderung des § 73b Abs 4a SGB V durch das GKV-VStG geklärt, dass es sich bei der Schiedsperson, die im Konfliktfall den Inhalt des Vertrages zur HzV feststellt, nicht um eine Behörde handelt und dass deren Entscheidung nicht in der Form eines Verwaltungsakts ergeht(ebenso: Klückmann in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2015, § 73b RdNr 15d, 15f; Huster in Becker/Kingreen, SGB V, 4. Aufl 2014, § 73b RdNr 17; Bogan, Der Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen, 2012, S 251; Bäune in Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2013, § 73b RdNr 22; Nebendahl in Spickhoff, Medizinrecht, 2. Aufl 2014, § 73b SGB V RdNr 23; Engelmann in Prütting, Fachanwaltskommentar Medizinrecht, 3. Aufl 2014, § 73b SGB V RdNr 64; Adolf in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, Stand April 2012, § 73b RdNr 69; SG München Urteil vom 16.7.2014 - S 28 KA 696/12 - Juris RdNr 27; aA Buchner/Spiegel, NZS 2013, 1; LSG Rheinland-Pfalz Beschluss vom 3.6.2014 - L 7 KA 12/14 B ER - Juris).

46

gg) Die Zuordnung der Schiedsperson für die HzV zum Modell "Vertragshelfer" anstelle des Modells "Schiedsamt" bezieht sich nicht allein auf die Zeit seit dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung zum 1.1.2012. Wie oben dargelegt, entsprach § 73b Abs 4a SGB V bereits vor der Änderung durch das GKV-VStG zum 1.1.2012 weitgehend der für die häusliche Krankenpflege geltenden Regelung zur Schiedsperson nach § 132a Abs 2 SGB V, für die jedenfalls seit der Entscheidung des BSG vom 25.11.2010 (B 3 KR 1/10 R - BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5) die Einordnung als Vertragshelfer geklärt ist. Die rechtliche Einordnung des Schiedsspruchs der Schiedsperson in der HzV war gleichwohl bis zum Inkrafttreten des GKV-VStG zum 1.1.2012 nicht geklärt, sondern in der og Entscheidung des BSG vom 25.11.2010 ausdrücklich offengelassen worden. Unter diesen Umständen war der Gesetzgeber nicht gehindert, eine Klarstellung herbeizuführen. Dass mit der Änderung des § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V sowie der Anfügung eines neuen Satzes 5 die in der og Entscheidung des 3. Senats des BSG vom 25.11.2010 offengelassene Frage geklärt werden sollte und dass die Regelung somit nur der Klarstellung des bereits zuvor Gewollten dienen sollte, kommt sowohl in der Begründung des Regierungsentwurfs eines GKV-VStG (BT-Drucks 17/6906 S 56, zu Nr 13) als auch in der Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates (BT-Drucks 17/7274 S 29) eindeutig zum Ausdruck.

47

3. Die Klägerin kann auch nicht - entsprechend dem Antrag zu 2. - die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG Baden-Württemberg zur Ersetzung der Regelungen des Schiedsspruchs nach billigem Ermessen durch Urteil gemäß § 319 Abs 1 Satz 2 Halbsatz 1 BGB iVm § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V erreichen.

48

Soweit der 3. Senat des BSG in seiner Entscheidung vom 25.11.2010 (B 3 KR 1/10 R - BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5) zur Schiedsperson in der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege nach § 132a Abs 2 SGB V von der Statthaftigkeit einer sog Ersetzungsklage ausgegangen ist, mit der dem Gericht aufgegeben werden soll, den Inhalt des Vertrages bei Unbilligkeit der Festlegungen der Schiedsperson zu bestimmen, folgt der Senat dem für die HzV nach § 73b SGB V nicht. §§ 317 ff BGB treffen Regelungen für Konstellationen, in denen sich die Parteien zuvor aus freiem Willen auf eine Schiedsperson geeinigt haben, der die Aufgabe übertragen wird, den Vertrag rechtsgestaltend zu ergänzen. Die Schiedsperson hat also lediglich vertragsausfüllende und vertragsergänzende Funktion (vgl Schnapp, NZS 2010, 241, 245, mwN). Auf die Verträge zur HzV, deren Inhalt vollständig gegen den Willen der Krankenkasse von einer durch die zuständige Aufsichtsbehörde bestimmten Schiedsperson festgelegt werden kann (vgl § 73b Abs 4 Satz 2, Abs 4a Satz 1 und 2 SGB V), sind diese Bestimmungen im Rahmen der nur entsprechenden Anwendung nach § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V nicht uneingeschränkt übertragbar. Davon ist im Grundsatz auch schon der 3. Senat in seiner Entscheidung vom 25.11.2010 (B 3 KR 1/10 R - BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 33) bezogen auf das Schiedsverfahren nach § 132a Abs 2 SGB V ausgegangen, indem er abweichend von § 319 Abs 1 Satz 1 BGB nicht darauf abgestellt hat, ob die durch die Schiedsperson getroffene Bestimmung "offenbar unbillig" ist, sondern die einfache "Unbilligkeit" als Voraussetzung für die Ersetzung des Schiedsspruchs durch die Entscheidung des Gerichts genügen lässt.

49

Der Überlegung, das Gericht könne im Falle der Unbilligkeit den Inhalt der Entscheidung der Schiedsperson ersetzen, liegt die Vorstellung zugrunde, vom Gericht werde ein punktuelles Eingreifen oder die Entscheidung bezogen auf einzelne zwischen den Vertragsparteien umstrittene Punkte verlangt. So liegen die Dinge etwa im Bereich des § 65c Abs 6 Satz 8 SGB V bei der Höhe der Meldevergütungen zum klinischen Krebsregister. Dabei geht es um die Vergütungshöhe für bestimmte Leistungen, die in angemessener Höhe festzusetzen sind. Bei der Festlegung des Inhalts der Verträge zwischen Krankenkassen und den Erbringern von Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach § 132a Abs 2 Satz 1 SGB V stehen zumindest nach den bisherigen gerichtlichen Erfahrungen die "Preise" für die Leistungen im Mittelpunkt des Konflikts der Vertragspartner, obwohl der Schlichtungsauftrag der Schiedsperson nach § 132a Abs 2 Satz 1 und 6 SGB V weitergehen kann. Ob für solche eher punktuellen Festlegungen die Ersetzungsklage mit der Konsequenz der abschließenden Entscheidung durch ein Gericht sachgerecht ist, lässt der Senat offen; er muss deshalb auch nicht beim 3. Senat anfragen, ob dieser an seiner Rechtsprechung dazu festhält. Jedenfalls ist diese Konzeption auf die Verträge nach § 73b SGB V nicht übertragbar.

50

Gerichte können nicht umfassende Vertragswerke festsetzen, Regelungen über den Datenaustausch formulieren und die Beziehungen der Partner der Verträge untereinander vollständig regeln (zu § 132a Abs 2 SGB V vgl die Bedenken von Plantholz, RsDE 64<2007>, 1, 20 f, 23). Die dazu erforderliche Kenntnis nicht zuletzt der technischen Abläufe und deren Gestaltbarkeit ist bei den Gerichten ohne die Kooperation der Vertragspartner, auf die die Schiedsperson setzen kann, nicht vorhanden; insoweit müssten regelmäßig Sachverständige hinzugezogen und möglicherweise sogar mit der Formulierung beauftragt werden. Die Gerichte könnten nur punktuell - etwa bei der Höhe der Vergütung der teilnehmenden Ärzte - nach dem Maßstab der Angemessenheit entscheiden. Soweit ersichtlich, gibt es bisher auch keine sozialgerichtliche Entscheidung, in der ein durch eine Schiedsperson festgesetzter komplexer Vertrag wegen Unbilligkeit aufgehoben und durch einen gerichtlich festgesetzten Vertragsinhalt ersetzt worden wäre.

51

Aus den genannten Gründen muss sich die gerichtliche Kontrolle von Entscheidungen der Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V an dem Muster der Kontrolle von Schiedsamtsentscheidungen nach § 89 SGB V orientieren: Das Gericht prüft, ob die von einem der Beteiligten gerügten Festsetzungen mit höherrangigem Recht unvereinbar sind, bezeichnet ggf solche Rechtsverstöße und stellt weiter die Verpflichtung der Vertragspartner fest, diese Verstöße zu beseitigen. Wenn das im Wege freier Verhandlungen nicht gelingt, muss erneut eine Schiedsperson tätig werden, die - wie die Partner auch - an die Rechtsauffassung gebunden ist, die dem Feststellungsurteil zugrunde liegt.

52

Der naheliegende Einwand gegen diese Rechtsschutzkonzeption, dass eine abschließende Festlegung des Vertragsinhalts nicht zeitnah gewährleistet wird, greift im Ergebnis nicht durch. Es erscheint bereits fraglich, ob die Festsetzung des komplexen Inhalts eines Vertrages zur HzV durch ein für derartige Aufgaben nicht ausgestattetes Gericht oder eine Festlegung des Vertragsinhalts unter Einbeziehung von Sachverständigen, die das Gericht zu bestellen hätte, zu einer Beschleunigung des Verfahrens beitragen könnten. Auch kann dahingestellt bleiben, ob dem Einwand der Klägerin zu folgen ist, dass die Gestaltung des vollständigen Vertragsinhalts durch das Gericht - die im Verwaltungsprozessrecht sonst keine Entsprechung finden dürfte - in Widerspruch zum Grundsatz der Gewaltenteilung nach Art 20 Abs 2 Satz 2 GG geriete, weil die Gerichte allein dazu berufen sind, Verwaltungshandeln zu kontrollieren (vgl auch Buchner/Spiegel, NZS 2013, 1, 7 f unter Hinweis auf BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 13 sowie BSGE 90, 42, 44 = SozR 3-8570 § 4 Nr 4). Ausschlaggebend ist, dass der Gesetzgeber den Weg der gerichtlichen Kontrolle von Schiedsamtsentscheidungen - und nicht deren Ersetzung durch die Gerichte - auch sonst im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung - und zwar gemäß § 89 Abs 1a SGB V auch für gesetzlich vorgeschriebene Verträge - gewählt hat. Selbst wenn ein gesetzlich vorgeschriebener Vertrag über die vertragsärztliche Versorgung nicht zustande kommt und keine der Parteien bei dem Schiedsamt einen Antrag auf Herbeiführung der Einigung stellt, sieht § 89 Abs 1a Satz 1 SGB V keine Ersetzung durch die Aufsichtsbehörde, sondern lediglich ein Recht der Aufsichtsbehörde zur Anrufung des Schiedsamts vor. Solange das Schiedsamt überhaupt fristgerecht tätig wird, beschränkt sich auch die Kontrolle der Entscheidung durch die Aufsichtsbehörden gemäß § 89 Abs 5 Satz 5 SGB V auf Rechtsverstöße. Eine Festsetzung des Vertragsinhalts durch die für das Schiedsamt zuständige Aufsichtsbehörde sieht der mit dem GMG vom 14.11.2003 (BGBl I 2190, 2210) eingeführte § 89 Abs 1 Satz 5 SGB V nur ausnahmsweise für den Fall vor, dass das Schiedsamt auch nach Fristsetzung durch die Aufsichtsbehörde untätig bleibt. Die daraus erkennbar werdende Konzeption des Gesetzgebers, zumindest im Bereich des SGB V Schiedssprüche im Regelfall nicht durch Entscheidungen der Aufsichtsbehörden und erst Recht nicht durch gerichtliche Entscheidungen zu ersetzen, sondern die Kontrolle auf die Prüfung der Rechtmäßigkeit zu beschränken, ist auf die gerichtliche Kontrolle von Entscheidungen der Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V zu übertragen.

53

4. Richtige Klageart ist danach die Feststellungsklage (§ 55 Abs 1 SGG), die die Klägerin hilfsweise erhoben hat. Diese ist auch zulässig, in der Sache aber nur zum geringen Teil begründet.

54

a) Der Zulässigkeit des in der mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellten Feststellungsantrags steht nicht entgegen, dass die Klägerin einen solchen im Revisionsverfahren bis zum Ablauf der Frist zur Revisionsbegründung nicht formuliert hatte. Zwar darf das BSG über den Antrag grundsätzlich nicht hinausgehen und eine Klagänderung ist gemäß § 168 Satz 1 SGG im Revisionsverfahren unzulässig. Zulässig ist jedoch eine Erweiterung des Klagantrags im Sinne des § 99 Abs 3 SGG, soweit damit keine neuen Revisionsgründe geltend gemacht werden(vgl BSGE 31, 112, 113 = SozR Nr 55 zu § 164 SGG) und auch der Übergang von der Anfechtungsklage zur Feststellungsklage (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 99 RdNr 4 mwN). Ausschlaggebend ist, dass der historische Lebenssachverhalt, aus dem der Anspruch abgeleitet wird, unverändert geblieben ist (vgl BSG SozR 4-4300 § 57 Nr 5). Das ist hier der Fall. Eine solche Erweiterung des Revisionsantrags ist auch noch nach Ablauf der Frist zur Revisionsbegründung bis zum Schluss der mündlichen Revisionsverhandlung möglich (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 164 RdNr 10 mwN).

55

Die Klägerin hat die Klage zutreffend gegen die Beklagten als Parteien des Vertrages zur HzV gerichtet. Seit der Änderung durch das GKV-VStG regelt § 73b Abs 4a Satz 5 SGB V ausdrücklich, dass Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts gegen eine der beiden Vertragsparteien und nicht gegen die Schiedsperson zu richten sind. Dies galt aufgrund des Umstands, dass die Schiedsperson keine Behörde ist und dass deren Entscheidung nicht in der Form eines Verwaltungsakts ergeht (vgl oben 2.), auch bereits für die Zeit vor Inkrafttreten der gesetzlichen Klarstellung mWv 1.1.2012 und damit auch bereits zum Zeitpunkt der Klagerhebung am 9.9.2011 (zur Ersetzungsklage gegen die Entscheidung Schiedsperson nach § 132a SGB V vgl BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 30). Die Tätigkeit der Schiedsperson ist mit dem Erlass des Schiedsspruchs beendet (zur Schiedsperson nach § 132a SGB V vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 7 RdNr 19, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen). Aus diesem Grund ist die Schiedsperson zu dem Verfahren um die Rechtmäßigkeit der Festsetzung des Vertragsinhalts auch nicht notwendig beizuladen (zur Schiedsperson nach § 132a SGB V vgl BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 31).

56

b) Für die Begründetheit der Feststellungklage wird in der Regel auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abgestellt (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 55 RdNr 21 mwN). Vorliegend ist jedoch - in Übereinstimmung mit der Auffassung der Klägerin - vom Zeitpunkt der Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson am 9.9.2010 auszugehen. Dies folgt aus dem Umstand, dass die Klägerin die Rechtswidrigkeit des Schiedsspruchs für den Zeitpunkt seines Ergehens geltend macht. Grundsätzlich hat sie an einer Klärung der Frage, ob der Vertrag zum Zeitpunkt seiner Festsetzung rechtmäßig war, auch ein berechtigtes Interesse. Später eintretenden Änderungen haben die Vertragsparteien gemäß § 22 Abs 2 Satz 2 des Vertrages nach den Grundsätzen von Treu und Glauben Rechnung zu tragen. Soweit diese vertragliche Regelung nicht eingreift, folgt die Möglichkeit zur Anpassung des Vertrages aus § 59 Abs 1 Satz 1 SGB X, wobei die vertragliche Regelung Vorrang hat(vgl BSG SozR 4-2500 § 83 Nr 1 RdNr 25). Nach § 59 Abs 1 Satz 1 SGB X kann eine Vertragspartei eine Anpassung des Vertragsinhalts an geänderte Verhältnisse verlangen, wenn sich die Verhältnisse, die für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend gewesen sind, seit Abschluss des Vertrages so wesentlich geändert haben, dass der Vertragspartei das Festhalten an der ursprünglichen vertraglichen Regelung nicht zuzumuten ist. Wenn eine Anpassung nicht möglich oder einer Vertragspartei nicht zuzumuten ist, kann diese den Vertrag kündigen. Auch diese Vorschrift setzt voraus, dass Änderungen seit Abschluss des Vertrages eingetreten sind. Insofern ist für die Klägerin weiterhin von Interesse, ob der Schiedsspruch zum Zeitpunkt der Vertragsfestsetzung rechtmäßig war. Dagegen ist weder eine Anpassung noch die Kündigung des durch Schiedsspruch festgesetzten Vertrages Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits, sodass es auf später eingetretene Änderungen grundsätzlich nicht ankommen kann. Die etwa infolge der Abschaffung der Praxisgebühr (Streichung des § 28 Abs 4 SGB V mit Art 1 Nr 2 des Gesetzes zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs in stationären Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen vom 20.12.2012, BGBl I 2789) erforderlichen Anpassungen des Vertrages (vgl dazu ua § 2 Abs 4, § 13 des Vertrages) sind ersichtlich nicht aufgrund unterschiedlicher Auffassungen der Vertragspartner, sondern wegen der im Vordergrund stehenden grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten und der deshalb bisher nicht erfolgten Umsetzung des Vertrages unterblieben. Eine auf den Anpassungsbedarf bezogene gerichtliche Feststellung hat die Klägerin nicht geltend gemacht.

57

Allerdings sind im vorliegenden Verfahren Änderungen der Rechtslage zu berücksichtigen, die Einfluss auf das Fortbestehen des Feststellungsinteresses der Klägerin haben. Für die Beurteilung des Feststellungsinteresses ist die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Revisionsinstanz maßgebend (zur Fortsetzungsfeststellungsklage vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 131 RdNr 10, 10i; vgl auch BSG SozR 4-2700 § 215 Nr 2 RdNr 11). Da der streitgegenständliche Vertrag zur HzV bisher nicht umgesetzt wurde, kann ein berechtigtes Feststellungsinteresse der Klägerin nur bestehen, soweit es darauf für die noch bevorstehende Umsetzung des Vertrages ankommt. Bedeutung gewinnt diese Frage hier bezogen auf Vereinbarkeit des Vertrages mit Bestimmungen zum Datenschutz (vgl dazu im Einzelnen nachfolgend d ii, RdNr 90).

58

c) Die gerichtliche Kontrolle der Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson richtet sich aus den og Gründen nach den in der Rechtsprechung zur Überprüfung von Schiedsamtsentscheidungen nach § 89 SGB V entwickelten Maßstäben. Danach unterliegt auch die Entscheidung der Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V nur in eingeschränktem Umfang der gerichtlichen Kontrolle(vgl die stRspr zu § 89 SGB V: BSGE 100, 144 = SozR 4-2500 § 85 Nr 41, RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 83 Nr 3 RdNr 18; BSGE 91, 153 = SozR 4-2500 § 85 Nr 3, RdNr 11 mwN). Die Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle berücksichtigt, dass Schiedspersonen - ebenso wie Schiedsämter - deren Sprüche Vereinbarungen der zum Vertragsabschluss berufenen Vertragspartner ersetzen, eine weite Gestaltungsfreiheit haben. Dies trägt dem Wesen der Schiedssprüche Rechnung, die auf Interessenausgleich angelegt sind und Kompromisscharakter haben (vgl BSGE 87, 199, 202 = SozR 3-3300 § 85 Nr 1 S 5). Der Schiedsspruch ist daher nur daraufhin zu überprüfen, ob die grundlegenden verfahrensrechtlichen Anforderungen beachtet und in inhaltlicher Hinsicht die zwingenden rechtlichen Vorgaben eingehalten wurden. Mithin ist in formeller Hinsicht zu klären, ob das Schiedsamt den von ihm zugrunde gelegten Sachverhalt in einem fairen Verfahren unter Wahrung des rechtlichen Gehörs festgestellt hat und der Schiedsspruch die Gründe für das Entscheidungsergebnis wenigstens andeutungsweise erkennen lässt (stRspr zu § 89 SGB V vgl etwa: BSGE 87, 199, 202 = SozR 3-3300 § 85 Nr 1 S 5; BSGE 100, 144 = SozR 4-2500 § 85 Nr 41, RdNr 13). Die inhaltliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob der zugrunde gelegte Sachverhalt zutrifft und ob die Schiedsperson den ihr zustehenden Gestaltungsspielraum eingehalten, dh die maßgeblichen Rechtsmaßstäbe beachtet hat (zum Schiedsamt vgl BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 20 S 131; BSGE 86, 126, 135 = SozR 3-2500 § 85 Nr 37 S 295; BSGE 91, 153 = SozR 4-2500 § 85 Nr 3, RdNr 11). Die Prüfung beschränkt sich dabei entgegen der Auffassung der Beklagten nicht auf die Beachtung von Vorschriften, die unmittelbar Rechte der Vertragsparteien zu schützen bestimmt sind (aA zur Frage der Einhaltung datenschutzrechtlicher Bestimmungen auch: LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 2.8.2011 - L 5 KA 1601/11 ER-B - Juris RdNr 188). Deren Betroffenheit in eigenen Rechten folgt bereits aus dem Umstand, dass sie Partner des durch die Schiedsperson festgesetzten Vertrages sind. Die Bindung an einen solchen Vertrag müssen sie nur hinnehmen, soweit die darin getroffenen Bestimmungen materiell rechtmäßig sind. Insofern hat der Umstand, dass der Schiedsspruch der Schiedsperson nach § 73b SGB V nicht in der Form eines Verwaltungsakts ergeht, keinen Einfluss auf den gerichtlichen Prüfungsumfang.

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d) Die Überprüfung der Entscheidung der Schiedsperson anhand der genannten Maßstäbe ergibt, dass die Festsetzung des Vertragsinhalts allein bezogen auf die Vereinbarkeit mit bundesrechtlichen Bestimmungen zum Datenschutz zu beanstanden ist. Im Übrigen entspricht der Schiedsspruch den rechtlichen Anforderungen.

60

aa) Einwände bezogen auf die Einhaltung verfahrensrechtlicher Anforderungen werden von den Beteiligten nicht geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich. Insbesondere durfte die Schiedsperson den Vertragsinhalt am 9.9.2010 festsetzen, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch ein Klageverfahren zur Frage der Rechtmäßigkeit der Bestimmung der Schiedsperson anhängig war. Da Klagen gegen die Bestimmung der Schiedsperson gemäß § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V keine aufschiebende Wirkung haben, war die Schiedsperson trotz des anhängigen Klageverfahrens berechtigt (und verpflichtet), tätig zu werden(zur Bestellung einer Schiedsperson nach § 132a SGB V vgl BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 7 RdNr 27, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen).

61

bb) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist nicht zu beanstanden, dass die Schiedsperson nicht allein den Beklagten zu 1. (Hausärzteverband, Landesverband Baden-Württemberg), sondern auch den Beklagten zu 2. (Medi Baden-Württemberg eV) als Vertragspartner der Klägerin in den Vertrag aufgenommen hat.

62

(1) Gemäß § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V sind die Krankenkassen verpflichtet, allein oder in Kooperation mit anderen Krankenkassen spätestens bis zum 30.6.2009 Verträge mit Gemeinschaften zu schließen, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der KÄV vertreten. Nur die so definierten Gemeinschaften von Allgemeinärzten sind gemäß § 73b Abs 4 Satz 2, Abs 4a Satz 1 SGB V berechtigt, die Einleitung eines Schiedsverfahrens zu verlangen. Diese Anforderungen müssen jedenfalls zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bzw der Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson erfüllt sein (so auch bereits Sächsisches LSG Urteil vom 11.4.2012 - L 1 KA 51/11 KL - Juris RdNr 27; LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 17.1.2011 - L 7 KA 66/10 B ER - Juris RdNr 5). Die genannten Voraussetzungen werden von den beiden Beklagten erfüllt.

63

(2) Mit dem Begriff der Allgemeinärzte sind nicht alle nach § 73 Abs 1a SGB V an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte angesprochen. Vielmehr wird der Begriff übereinstimmend mit § 73 Abs 1a Nr 1 SGB V verwendet, sodass darunter nur die an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte fallen, die nach Landesrecht zur Führung der Bezeichnung "Arzt für Allgemeinmedizin" berechtigt sind. Vorbehaltlich landesrechtlicher Übergangsregelungen wird also eine fünfjährige Weiterbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin vorausgesetzt (Bäune in Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2013, § 73b RdNr 14; Engelmann in Prütting, Fachanwaltskommentar Medizinrecht, 3. Aufl 2014, § 73b SGB V RdNr 29a; Alemann/Scheffczyk, NZS 2012, 45, 46; Orlowski, ZMGR 2009, 124, 127; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 11.10.2010 - L 11 KA 61/10 B ER - GesR 2011, 32 = Juris RdNr 35 ff; Sächsisches LSG Urteil vom 11.4.2012 - L 1 KA 51/11 KL - Juris RdNr 31 ff; vgl auch BT-Drucks 16/10609 S 54). Diesen Begriff der "Allgemeinärzte" hat die Schiedsperson ihrer Prüfung, ob die og 50 %-Quote erreicht wird, zutreffend zugrunde gelegt. Dies wird auch von der Klägerin nicht in Zweifel gezogen.

64

(3) Gemeinschaften, die die Einleitung eines Schiedsverfahrens beantragen können, müssen nach § 73b Abs 4 Satz 1 und 2, Abs 4a Satz 2 SGB V mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der KÄV "vertreten". Dass die Beklagten zu 1. und zu 2. gemeinsam diese Quote erfüllen, wird zu Recht auch von der Klägerin nicht in Frage gestellt. Der in § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V verwendete Begriff "vertreten" wird jedenfalls nicht als eine Vertretung im Sinne einer rechtsgeschäftlichen Handlung im fremden Namen(§ 164 BGB) verstanden werden können. Vielmehr schließen die in § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V bezeichneten Gemeinschaften die Verträge mit den Krankenkassen im eigenen Namen ab. Ausschlaggebend ist daher die Zahl der Mitglieder der Gemeinschaft (so auch die ganz hM vgl zB Klückmann in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2015, § 73b RdNr 13a; Huster, NZS 2010, 69, 70; Orlowski, ZMGR 2009, 124, 128; ders in Orlowski/Rau/Schermer/ Wasem/Zipperer, SGB V, Stand Dezember 2014, § 73b RdNr 37; Engelmann in Prütting, Fachanwaltskommentar Medizinrecht, 3. Aufl 2014, § 73b SGB V RdNr 31b; Sächsisches LSG Urteil vom 11.4.2012 - L 1 KA 51/11 KL - Juris RdNr 35; aA Kingreen/Temizel, ZMGR 2009, 134, 135). Wie in der Begründung des Schiedsspruchs im Einzelnen dargelegt wird, waren 3492 der insgesamt 5089 in Baden-Württemberg an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte für Allgemeinmedizin und damit deutlich mehr als die Hälfte Mitglied einer der beiden Beklagten. Allein bei dem Beklagten zu 1. (Hausärzteverband Baden-Württemberg) waren 2742 der in Baden-Württemberg zugelassenen Fachärzte für Allgemeinmedizin Mitglied. Weil mindestens 2566 Allgemeinärzte - und damit ebenfalls mehr als die Hälfte - die beiden Verbände auch mit dem Abschluss von Verträgen zur HzV beauftragt hatten, wäre die og Voraussetzung hier im Übrigen auch erfüllt, wenn eine Mandatierung erforderlich wäre.

65

Die Klägerin ist allerdings der Auffassung, dass jedenfalls der Beklagte zu 2. die gesetzlich geregelte Quote nicht erfüllen würde und dass dieser deshalb nicht als Vertragspartner der Klägerin in den Vertrag zur HzV hätte aufgenommen werden dürfen. Die Erfüllung der Quote sei bezogen auf jeden einzelnen Verband zu prüfen, sodass die gemeinsame Erfüllung durch mehrere Verbände nicht genüge. Dies trifft indes nicht zu. Zwar waren nur 1267 Allgemeinärzte und damit weniger als die Hälfte der in Baden-Württemberg zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Allgemeinärzte Mitglied des Beklagten zu 2. Darauf kommt es indes nicht an. Vielmehr genügt, dass beide Beklagten als Vertragspartner der Klägerin gemeinsam mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte vertreten und zum gemeinsamen Vertragsschluss zu identischen Konditionen bereit waren und sind.

66

Der Begriff der "Gemeinschaften" wird gesetzlich nicht definiert. Der entsprechende Begriff in § 741 BGB wird nach dem Sinn der Regelung offensichtlich nicht in Bezug genommen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass keine Beschränkung auf eine bestimmte Rechtsform beabsichtigt war und dass weder eine innere noch eine äußere Organisationsstruktur vorgegeben wird (ebenso Alemann/Scheffczyk, NZS 2012, 45, 46; Huster, NZS 2010, 69, 70; Bäune in Eichenhofer/Wenner, SGB V, § 73b RdNr 13; Orlowski, ZMGR 2009, 124, 126; Nebendahl in Spickhoff, Medizinrecht, 2. Aufl 2014, § 73b SGB V RdNr 16; vgl auch Bayerisches LSG Beschluss vom 27.6.2009 - L 12 KA 33/09 B ER - GesR 2009, 477, 480). Ausschlaggebend ist allein die soziale Mächtigkeit der Gemeinschaft und die daraus folgende Möglichkeit, eine flächendeckende Versorgung zu organisieren (Orlowski, ZMGR 2009, 124, 127 f; ders in Orlowski/Rau/Schermer/Wasem/Zipperer, SGB V, Stand Dezember 2014, § 73b RdNr 37; Huster, NZS 2010, 69, 70; Klückmann in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2015, § 73b RdNr 13a; aA Kingreen/Temizel, ZMGR 2009, 134, 135). Diese Auffassung wird insbesondere durch die in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 16/10609 S 53 f) zum Ausdruck kommende Zielsetzung der Regelung gestützt. Danach sollte mit der zum 1.1.2009 eingeführten Neuregelung durch das GKV-OrgWG vom 15.12.2008 (BGBl I 2426) das mit dem GKV-WSG eingeführte eigenständige Verhandlungsmandat der Gemeinschaft von Hausärzten gestärkt werden. Gemeinschaften, die die 50 %-Quote erfüllen, gewährleisteten, dass eine flächendeckende Sicherstellung mit Verträgen zur hausarztzentrierten Versorgung durch den Vertragsschluss erreicht werden könne. Unter Berücksichtigung dieser Zielsetzung ist davon auszugehen, dass sich Kooperationen nicht nur - wie ausdrücklich gesetzlich geregelt (§ 73b Abs 4 Satz 1 SGB V)- auf Seiten der Krankenkassen, sondern auch auf Seiten der Hausärzte an dem Vertrag zur HzV beteiligen können. Dem gesetzgeberischen Ziel, eine flächendeckende Sicherstellung mit Verträgen zur HzV zu erreichen, wird schon Rechnung getragen, wenn nicht jeder einzelne Verband, sondern nur die Kooperation von Hausarztverbänden die genannte Quote erfüllt (so auch das dem Schriftsatz der Klägerin vom 12.2.2015 als Anlage RK 29 übersandte "Ergebnisse der Besprechung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe vom 22.1.2009 zu Fragestellungen/Problemen im Zusammenhang mit § 73b SGB V in der Fassung vom 1.1.2009", S 3 unter III. 2.; ausdrücklich bezogen auf die beiden Beklagten des vorliegenden Verfahrens: Orlowski, ZMGR 2009, 124, 126; ders in Orlowski/Rau/Schermer/Wasem/Zipperer, SGB V, Stand Dezember 2014, § 73b RdNr 32).

67

cc) Der durch die Schiedsperson festgesetzte Vertrag zur HzV verletzt nicht den Grundsatz der Beitragssatzstabilität aus § 71 Abs 1 Satz 1 SGB V. Entgegen der Auffassung der Klägerin findet dieser Grundsatz auf den vorliegenden, vor dem 22.9.2010 zustande gekommenen Vertrag keine Anwendung.

68

(1) In der hier maßgebenden Fassung des § 73b SGB V vor der Änderung durch das Gesetz zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-FinG) vom 22.12.2010 (BGBl I 2309) war die Geltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität für die HzV nicht geregelt. Die Einfügung des § 73 Abs 5a SGB V mit dem GKV-FinG, in dessen Satz 1 bestimmt wird, dass bei der zwischen den Krankenkassen und den die Allgemeinärzte vertretenden Gemeinschaften der Grundsatz der Beitragssatzstabilität nach § 71 SGB V zu beachten ist, gilt ausdrücklich nur für nach dem 22.9.2010 zustande gekommene Verträge. Der hier zu beurteilende Vertrag ist bereits mit der Festsetzung durch die Schiedsperson vom 9.9.2010 und damit bis zum 22.9.2010 zustande gekommen.

69

Die Beschränkung der Geltungsdauer der Bestandsschutzregelung nach § 73b Abs 5a Satz 5 SGB V idF des GKV-FinG auf die Zeit bis zum 30.6.2014 greift nicht ein, weil diese Frist nur für Anschlussvereinbarungen und nicht für den hier zu beurteilenden, bis zum 22.9.2010 geschlossenen Vertrag selbst gilt. Im Übrigen ist § 73b Abs 5a SGB V mit dem dort geregelten Grundsatz der Beitragssatzstabilität durch das Vierzehnte Gesetz zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch(14. SGB V-Änderungsgesetz - 14. SGB V-ÄndG) vom 27.3.2014 (BGBl I 261) mWv 1.4.2014 aufgehoben worden, sodass diese Regelung auch im Falle einer Kündigung des Vertrages zur HzV keine Wirkung mehr entfalten könnte.

70

§ 73b SGB V in der hier maßgebenden Fassung unterscheidet sich damit zB von der die Gesamtvergütung betreffenden Bestimmung des § 85 Abs 3 Satz 2 SGB V idF vor der Änderung durch das GKV-VStG zum 1.1.2013, der die Beachtung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität (§ 71 SGB V) für die Vereinbarung der Veränderungen der Gesamtvergütungen anordnete. Allein der Umstand, dass es in § 73b SGB V an einer entsprechenden ausdrücklichen Regelung für die HzV fehlt, schließt die Geltung dieses Grundsatzes allerdings noch nicht aus. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass der Grundsatz der Beitragssatzstabilität allgemein für die im Vierten Kapitel des SGB V geregelten Vergütungsvereinbarungen gilt, ohne dass es einer auf die jeweilige Vergütungsvereinbarung bezogenen speziellen Regelung bedarf. Dies hat der Senat insbesondere aus dem Standort des § 71 SGB V im Abschnitt "Allgemeine Grundsätze" des Vierten Kapitels abgeleitet(BSG SozR 4-2500 § 88 Nr 1 RdNr 17). Bei dem Grundsatz der Beitragssatzstabilität handelt es sich um eine verbindliche gesetzliche Vorgabe, die auch bei Schiedssprüchen zu beachten ist und die eine verbindliche Grenze für Vergütungsvereinbarungen darstellt (vgl BSGE 86, 126, 135 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 37 S 296 f; BSG SozR 4-2500 § 88 Nr 1 RdNr 15 f mwN).

71

Dies gilt jedoch nur, soweit keine Ausnahme eingreift. Solche Ausnahmen und Einschränkungen sind für unterschiedliche Vergütungsvereinbarungen im Vierten Kapitel des SGB V enthalten. So gilt nach § 87a Abs 3 Satz 2 letzter Halbsatz SGB V in der Fassung des GKV-WSG der vereinbarte Behandlungsbedarf als "notwendige medizinische Versorgung" im Sinne des § 71 Abs 1 Satz 1 SGB V mit der Folge, dass die Beschränkungen aus dem Grundsatz der Beitragssatzstabilität für Gesamtvergütungen in der vertragsärztlichen Versorgung seit 2009 insoweit nicht eingreifen(vgl BSG SozR 4-2500 § 87a Nr 2 RdNr 41). Für die integrierte Versorgung bestimmt § 140b Abs 4 Satz 2 SGB V, dass der Grundsatz der Beitragssatzstabilität nicht für Verträge gilt, die bis zum 31.12.2008 geschlossen worden sind. Für die zahnärztliche Versorgung ist der Grundsatz der Beitragssatzstabilität mit der Änderung des § 85 Abs 3 Satz 2 SGB V zwar nicht aufgehoben, aber eingeschränkt worden, indem nicht mehr die Beachtung, sondern nur noch dessen Berücksichtigung vorgeschrieben wird(vgl dazu Axer, GesR 2013, 135, 138 f). Eine ähnliche Einschränkung enthält § 134a Abs 1 Satz 2 SGB V für die Versorgung mit Hebammenhilfe.

72

Für die HzV folgt eine Ausnahme vom Grundsatz der Beitragssatzstabilität aus § 73b Abs 5 Satz 4 SGB V. Danach können Einzelverträge Abweichungen von den Vorschriften "dieses Kapitels" - also des Vierten Kapitels des SGB V - sowie den nach diesen Vorschriften getroffenen Regelungen regeln. Das Vierte Kapitel umfasst die §§ 69 bis 140h SGB V und damit auch § 71 Abs 1 Satz 1 SGB V(so auch Alemann/Scheffczyk, NZS 2012, 45, 48; ähnlich Bogan, Der Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen, 2012, S 257 f; LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 3.11.2011 - L 3 KA 104/10 B ER - GesR 2012, 35, 38).

73

Eine Geltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität kann entgegen der Auffassung von Ebsen aus dem von der Klägerin vorgelegten Gutachten (Rechtliche Anforderungen an das Handeln der Schiedsperson für die Festlegung des Inhalts des Vertrages über die hausarztzentrierte Versorgung nach § 73b Abs 4a SGB V, Rechtsgutachten im Auftrag des AOK-Bundesverbandes aus Juli 2009, unveröffentlicht, RdNr 55) auch nicht aus dem Umstand hergeleitet werden, dass § 140b Abs 4 Satz 2 SGB V die Nichtgeltung für die Verträge zu integrierten Versorgungsformen ausdrücklich anordnet, während § 73b Abs 5 Satz 4 SGB V für die HzV nur allgemein Ausnahmen von den Vorschriften des Vierten Kapitels zulässt. Zwar trifft es zu, dass sich der Gesetzgeber nach der Gesetzesbegründung zur Einführung des § 73b Abs 5 Satz 4 SGB V mit dem GKV-WSG ua an § 140b Abs 4 Satz 1 SGB V anlehnen wollte(BT-Drucks 16/3100, S 112), der Abweichungen von den Vorschriften ua des Vierten Kapitels betrifft. § 140b Abs 4 Satz 2 SGB V, der die Nichtgeltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität für die integrierte Versorgung ausdrücklich regelt, bleibt in der Gesetzesbegründung zu § 73b Abs 5 Satz 4 SGB V hingegen unerwähnt. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass § 73b Abs 5 Satz 4 SGB V Abweichungen von den Vorschriften des Vierten Kapitels nur mit Ausnahme des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität zulassen würde. Im Wortlaut der Regelung findet eine solche einschränkende Auslegung keine Grundlage. Der im Gutachten von Ebsen gezogene Vergleich zwischen den für die HzV und den für die integrierte Versorgung geltenden Regelungen berücksichtigt zudem nicht hinreichend, dass § 140b Abs 4 Satz 1 SGB V Abweichungen von den Vorschriften ua des Vierten Kapitels des SGB V nicht umfassend, sondern nur insoweit zulässt, als "die abweichende Regelung dem Sinn und der Eigenart der integrierten Versorgung entspricht, die Qualität, die Wirksamkeit und die Wirtschaftlichkeit der integrierten Versorgung verbessert oder aus sonstigen Gründen zu ihrer Durchführung erforderlich ist". Da § 73b Abs 5 Satz 4 SGB V Abweichungen von den Vorschriften des Vierten Kapitels umfassend zulässt, bedurfte es keiner § 140b Abs 4 Satz 2 SGB V entsprechenden speziellen Regelung zur Nichtgeltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität. Im Übrigen vertritt auch Ebsen nicht die Auffassung, dass die Krankenkassen bei Verträgen zur HzV den Grundsatz der Beitragssatzstabilität umfassend zu beachten hätten. Vielmehr will er den "unternehmerisch" im Wettbewerb stehenden Krankenkassen für freiwillige Vereinbarungen einen größeren Spielraum zubilligen und lediglich den Gestaltungsspielraum der Schiedsperson beschränken (vgl RdNr 31 ff, 61 des Gutachtens). Indes ist die Gestaltungsfreiheit der Schiedsperson nicht geringer als diejenige der Vertragspartner bei einer im Wege freier Verhandlung erzielten Vereinbarung. Insofern gilt für Schiedssprüche von Schiedspersonen nichts anderes als für solche der Schiedsämter (vgl zum Gestaltungsspielraum von Schiedsämtern BSG SozR 4-2500 § 87a Nr 2 RdNr 36; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 73 RdNr 15; BSGE 86, 126, 134 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 37 S 295 mwN).

74

Etwas anderes folgt auch nicht aus § 73b Abs 8 SGB V in der hier maßgebenden Fassung des GKV-WSG, die im Übrigen mit der seit dem 1.4.2014 (wieder) geltenden Fassung des 14. SGB V-ÄndG übereinstimmt. Nach dieser Vorschrift können die Parteien des Vertrages zur HzV vereinbaren, dass Aufwendungen für Leistungen, die über die hausärztliche Versorgung nach § 73 SGB V hinausgehen und insoweit nicht unter die Bereinigungspflicht nach § 73b Abs 7 SGB V fallen, aus Einsparungen und Effizienzsteigerungen finanziert werden, die aus den Maßnahmen von Verträgen nach § 73b Abs 4 SGB V erzielt werden. Aus der Formulierung "können vereinbaren" folgt, dass es sich nicht um eine für die Vertragspartner verbindliche Vorgabe handelt. Damit übereinstimmend hat der Gesundheitsausschuss, auf dessen Empfehlung die Regelung mit dem GKV-WSG eingeführt worden ist, zur Begründung angegeben, dass es sich um eine Klarstellung handele. In den Verträgen zu HzV könne vereinbart werden, zusätzliche Vergütungen durch Einsparungen zB bei den veranlassten und verordneten Leistungen zu generieren (BT-Drucks 16/4247 S 36).

75

Dass der Grundsatz der Beitragssatzstabilität für die bis zum 22.9.2010 zustande gekommenen Verträge zur HzV keine Geltung beansprucht, findet seine Bestätigung in der Änderung des § 73b SGB V mit dem GKV-FinG. Der mit diesem Gesetz neu eigeführte § 73b Abs 5a SGB V sah in Satz 1 eine Geltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität ausdrücklich nur für die nach dem 22.9.2010 zustande gekommenen Verträge vor. Ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 17/3040 S 23) entsprach es auch dem Willen des Gesetzgebers, die bis zum 22.9.2010 zustande gekommenen Verträge zur HzV von der Geltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität auszunehmen. Danach sollte es für diese Verträge bei der "im bisherigen Recht angelegten Vertragsfreiheit der Vertragsparteien auch im Hinblick auf die Vergütungshöhe" bleiben.

76

Auch die Motive, die den Gesetzgeber nach der Gesetzesbegründung zum 14. SGB V-ÄndG (BT-Drucks 18/606 S 11) zur Aufhebung des § 73b Abs 5a SGB V und zur "Rückführung" des Abs 8 auf die vor dem GKV-FinG geltende Fassung mWv 1.4.2014 veranlasst haben, sprechen dafür, dass es sich bei den Änderungen durch das GKV-FinG - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht nur um eine Klarstellung bezogen auf den ohnehin geltenden Grundsatz der Beitragssatzstabilität gehandelt hat, sondern dass dieser Grundsatz im Bereich der HzV allein aufgrund des - mit dem 14. SGB V-ÄndG wieder aufgehobenen - § 73b Abs 5a SGB V und damit auch nur für die nach dem 22.9.2010 zustande gekommenen Verträge zur HzV galt. Nach der Begründung der Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses, auf die die Änderung zurückgeht, sollten die mit dem GKV-FinG eingeführten Vergütungsbeschränkungen wieder aufgehoben werden, "da sie sich als Hemmnis für den Abschluss von Verträgen über eine hausarztzentrierte Versorgung erwiesen haben". Die Vertragspartner sollten - auch für Vereinbarungen über solche Leistungen, die über die hausärztliche Versorgung nach § 73 SGB V hinausgehen - die Möglichkeit erhalten, Vergütungsvereinbarungen zu treffen, ohne hierbei starren Begrenzungen zu unterliegen. Entscheidend sei, dass der Vertrag "insgesamt dem allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebot" entspreche. Die Gestaltungsspielräume der Vertragspartner sollten bezogen auf die Vergütung erweitert und die Möglichkeiten zur Entwicklung innovativer Versorgungskonzepte verbessert werden.

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(2) Entgegen der Auffassung der Klägerin kann die Geltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität für die Vergütung in der HzV auch nicht aus den für die für Wahltarife geltenden Bestimmungen des § 53 Abs 3, Abs 9 SGB V hergeleitet werden. Allerdings weist die Klägerin zutreffend darauf hin, dass die Krankenkassen nach § 53 Abs 3 SGB V verpflichtet sind, in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen - ua nach § 73b SGB V - teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Daran anknüpfend schreibt § 53 Abs 9 Satz 1 SGB V vor, dass die Aufwendungen für jeden Wahltarif jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden müssen. Danach sei - so die Klägerin - der Abschluss eines Hausarztvertrages ausgeschlossen, der Mehrkosten vorsehe, ohne dass deren Gegenfinanzierung gesichert sei. Der vorliegende Vertrag zur HzV enthalte Regelungen zu Mehrausgaben, deren Gegenfinanzierung spekulativ bleibe.

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Indes betrifft die Regelung zu den Wahltarifen das Verhältnis der Krankenkassen zu den Versicherten und nicht das Leistungserbringungsrecht. Ein Verstoß gegen die Vorgaben des § 53 Abs 9 SGB V könnte deshalb nur die Rechtsmäßigkeit der Satzung der Krankenkasse berühren und nicht die Rechtmäßigkeit des Vertrages zur HzV(so auch Alemann/Scheffczyk, NZS 2012, 45, 48; vgl Mehdorn, ZMGR 2012, 3, 12; ebenso bezogen auf einen Vertrag nach § 73c SGB V: SG Berlin Urteil vom 13.10.2010 - S 83 KA 443/08 - MedR 2011, 124, 128). Dies räumt auch Ebsen in dem von der Klägerin vorgelegten Gutachten (aaO, RdNr 74) im Grundsatz ein, macht jedoch geltend, dass es den Kassen auch bei Verträgen mit Leistungserbringern selbstverständlich verboten sei, Vereinbarungen zu treffen, die zu einem Verstoß gegen ihre Pflichten im Versicherungsverhältnis führten. Dem kann zwar im Grundsatz zugestimmt werden. Der Senat hat Bedenken gegen die Auffassung des SG München aus der Entscheidung vom 16.7.2014 (S 28 KA 696/12 - Juris RdNr 47 f), nach der ein Vertrag zur HzV bereits deshalb nicht gegen § 53 Abs 9 SGB V verstoßen könne, weil die möglicherweise durch diesen Vertrag verursachten Mehrkosten keine "Aufwendungen für den Wahltarif" im Sinne des § 53 Abs 9 Satz 1 SGB V seien und dass diese deshalb auch nicht durch Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen gegenfinanziert werden müssten. Der Begriff der "Aufwendungen für den Wahltarif" dürfte im Grundsatz umfassender zu verstehen sein als das SG München annimmt (zu Mindereinnahmen als "Aufwendungen für den Wahltarif" vgl BSGE 109, 230 = SozR 4-2500 § 53 Nr 2, RdNr 21). Für das vorliegende Verfahren kommt es darauf indes nicht an. Jedenfalls kann die eindeutige Entscheidung des Gesetzgebers gegen die Geltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität in der HzV nicht über das Verbot der Quersubventionierung von Wahltarifen aus § 53 Abs 9 SGB V unterlaufen werden(in dieser Richtung auch LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 3.11.2011 - L 3 KA 104/10 B ER - GesR 2012, 35 = Juris RdNr 48). Maßgebend ist die - für das Leistungserbringungsverhältnis vorrangige - Regelung des § 73b SGB V. Daher ist § 53 Abs 9 SGB V insoweit einschränkend auszulegen. Soweit die Vertragspartner des HzV von der Gestaltungsfreiheit Gebrauch machen, die der Gesetzgeber ihnen mit der bereichsspezifischen Ausnahme vom Gebot der Beitragssatzstabilität einräumen wollte, kann allein darin kein Verstoß gegen das Verbot der Quersubventionierung aus § 53 Abs 9 SGB V liegen.

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(3) Die für die HzV geltende Ausnahme vom Grundsatz der Beitragssatzstabilität und die daraus folgende Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 53 Abs 9 SGB V begegnet entgegen der Auffassung der Klägerin auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Zutreffend weist die Klägerin darauf hin, dass sich die Sozialversicherungsbeiträge durch eine strenge grundrechtlich und kompetenzrechtlich begründete Zweckbindung auszeichnen und dass die unter Eingriff in das Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit aus Art 2 Abs 1 GG zustande gekommene Zwangsmitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung die Auferlegung nur solcher Geldleistungen zu rechtfertigen vermag, die ihren Grund und ihre Grenze in den zwingenden Aufgaben der Sozialversicherung finden (vgl BVerfGE 113, 167, 203 = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 55). Die Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung ist in einem Sozialstaat überragend wichtiges Gemeinschaftsgut (BVerfGE 114, 196, 248 = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 RdNr 139). Daraus folgt jedoch nicht, dass der in § 71 Abs 1 Satz 1 SGB V definierte Grundsatz der Beitragssatzstabilität von der Verfassung vorgegeben wäre(zur Einschränkung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität in der vertragszahnärztlichen Versorgung vgl Axer, GesR 2013, 135, 140). Vielmehr hat der Gesetzgeber im Spannungsverhältnis zwischen dem Schutz der Freiheit des Einzelnen und den Anforderungen einer sozialstaatlichen Ordnung nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG einen weiten Gestaltungsspielraum (BVerfGE 114, 196, 248 = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 RdNr 139; BVerfGE 113, 167, 215 = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 86; BVerfGE 103, 172, 185 = SozR 3-5520 § 25 Nr 4 S 27; BVerfGE 44, 70, 89 = SozR 5420 § 94 Nr 2 S 2). Sozialpolitische Entscheidungen des Gesetzgebers sind von der Rechtsprechung zu akzeptieren, solange seine Entscheidungen weder offensichtlich fehlsam noch mit der Wertordnung des Grundgesetzes unvereinbar sind (BVerfGE 113, 167, 215 = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 86; BVerfGE 89, 365, 376 = SozR 3-2200 § 385 Nr 4 S 4).

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Das Ziel der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung hat der Gesetzgeber mit der Einführung der HzV nicht in Frage gestellt. Im Gegenteil ist die Verpflichtung der Krankenkassen, ihren Versicherten eine flächendeckende hausarztzentrierte Versorgung zur Verfügung zu stellen, mit dem Ziel eingeführt worden, die Versorgungsqualität zu verbessern und Wirtschaftlichkeitsreserven ua durch Verbesserungen im Bereich Pharmakotherapie, durch den Einsatz von wissenschaftlich begründeten und praxiserprobten hausärztliche Leitlinien und durch eine zielgerichtetere Fortbildung zu erschließen (vgl BT-Drucks 16/3100 S 111 f). Auf die Geltung von Vorschriften des Vierten Kapitels einschließlich des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität hat der Gesetzgeber dabei im Interesse eines weiten Gestaltungsspielraums der Vertragspartner und in der Erwartung verzichtet, dass dieser unter der Beteiligung der Krankenkassen als Vertragspartner im Sinne der og Zielsetzung ausgefüllt wird. Anhaltspunkte dafür, dass diese Erwägungen offensichtlich unzutreffend oder aus anderen Gründen mit der Wertordnung der Verfassung unvereinbar wären, sind weder von der Klägerin vorgetragen noch sonst ersichtlich. Bei der Einführung neuer Strukturen im Bereich der Leistungserbringung wie dem flächendeckenden Angebot einer HzV können die finanziellen Auswirkungen regelmäßig nicht mit Sicherheit prognostiziert werden. Allein daraus folgt jedoch noch keine Überschreitung des Handlungsspielraums des Gesetzgebers.

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Auch eine Ungleichbehandlung der Versicherten und damit ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art 3 Abs 1 GG ist mit der Einführung der HzV entgegen der Auffassung der Klägerin nicht verbunden, soweit alle Krankenkassen ihrer gesetzlichen Pflicht aus § 73b Abs 1 SGB V nachkommen, ihren Versicherten eine HzV anzubieten, weil dann alle Versicherten die Möglichkeit haben, diese Leistung in Anspruch zu nehmen. Mit der vorliegenden Entscheidung stellt der Senat klar, dass die Klägerin dieser bereits seit Inkrafttreten der Änderungen durch das GKV-WSG zum 1.4.2007 gesetzlich geregelten Verpflichtung nachzukommen hat.

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dd) Zu beachten bleibt das allgemeine Wirtschaftlichkeitsgebot, das seine Grundlage nicht allein in § 70 Abs 1 SGB V und damit einer Vorschrift aus dem nach § 73b Abs 5 Satz 4 SGB V nicht zwingend anwendbaren Vierten Kapitel, sondern auch in § 2 Abs 4, § 12 SGB V hat. Danach müssen die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Für die Geltung des allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebots spricht im Übrigen die Begründung der der Streichung des § 73b Abs 5a SGB V mit dem 14. SGB V-ÄndG zugrunde liegenden Empfehlung des Gesundheitsausschusses (BT-Drucks 18/606 S 11). Danach bleibt entscheidend, "dass der Vertrag insgesamt dem allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebot entspricht". Dagegen gilt die mit der Änderung des § 73b Abs 5 Satz 1 SGB V durch das 14. SGB V-ÄndG eingeführte Verpflichtung, Wirtschaftlichkeitskriterien und Maßnahmen bei Nichteinhaltung der vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien sowie Regelungen zur Qualitätssicherung zu vereinbaren, nicht für den vorliegenden, am 9.9.2010 festgesetzten Vertrag zur HzV, sondern nur für Verträge, die nach dem 31.3.2014 zustande gekommen sind.

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Der von der Schiedsperson festgesetzte Vertrag entspricht dem allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebot. Dabei ist zu berücksichtigen, dass gerade in der Phase der Einführung der flächendeckenden HzV keine hohen Anforderungen an die Prognose der wirtschaftlichen Auswirkungen gestellt werden können. Für die Rechtmäßigkeit der Festsetzung durch die Schiedsperson ist ausschlaggebend, dass die für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wesentlichen Gesichtspunkte erkannt, gegeneinander abgewogen worden sind und Eingang in die Begründung gefunden haben. Die Anforderungen an die Begründung dürfen auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Schiedsperson keinen eigenen Verwaltungsapparat unterhält, nicht überspannt werden (BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 38). Den so definierten Anforderungen wird die ausführliche Begründung der Entscheidung der Schiedsperson ohne Weiteres gerecht. Dabei wird - wie die Klägerin zutreffend geltend macht - in der Begründung des Schiedsspruchs nicht in Zweifel gezogen, dass zB mit der vorgesehenen kontaktunabhängigen Pauschale (65 Euro pro Versichertenteilnahmejahr) oder der Chronikerpauschale (30 Euro maximal einmal pro Quartal und maximal 4-mal pro Versichertenteilnahmejahr) Vergütungstatbestände in die HzV aufgenommen worden sind, die im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen keine Entsprechung finden und dass insgesamt mit einer Erhöhung des Fallwertes zu rechnen ist. Prognostiziert wird eine Erhöhung um 12,38 Euro im Vergleich zur Regelversorgung. Ferner wird ausgeführt, dass die dadurch verursachten Kosten und auch die erzielten Einsparungen nicht genau zu prognostizieren seien. Allerdings gebe es mit der Vergütungsobergrenze nach § 10 Abs 9 des Vertrages (76 Euro) Regelungen, die geeignet seien, das Risiko der Krankenkassen zu begrenzen. Einsparungen könnten ua aufgrund der Verpflichtung der Versicherten erwartet werden, Fachärzte nur auf Überweisung in Anspruch zu nehmen. Dies führe zur Vermeidung von Doppeluntersuchungen. Zudem müsse davon ausgegangen werden, dass jeder Facharztbesuch auch Folgekosten bei den veranlassten Leistungen nach sich ziehe, sodass eine - medizinisch vertretbare - verminderte Inanspruchnahme von Überweisungen zu Fachärzten auch geringere Folgekosten bedinge. Ein gewisses Einsparpotenzial ergebe sich des Weiteren durch die Verpflichtung der Hausärzte, bei der Arzneimittelversorgung die von den Vertragspartnern der HzV zur Verfügung gestellte Software zu verwenden, die gerade bei Original-Präparaten ermöglichen solle, dass der Hausarzt wirtschaftliche Verordnungen vornehmen könne. Insgesamt werden finanzielle Risiken und Einsparpotenziale in der Begründung des Schiedsspruchs ausführlich dargestellt und gegeneinander abgewogen. Auf dieser Grundlage und unter Berücksichtigung erster Erfahrungen mit ähnlichen Verträgen (Vertrag der BKK-Vertragsarbeitsgemeinschaft für Baden-Württemberg, AOK Bayern-Vertrag) kommt die Schiedsperson nachvollziehbar zu der Einschätzung, dass in Umsetzung des Vertrages eine wirtschaftliche Leistungserbringung durch die teilnehmenden Hausärzte erwartet werden kann.

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ee) Dagegen kann die Klägerin auch nicht mit Erfolg einwenden, dass die Schiedsperson lediglich einen unvollständigen "Vertragstorso" festgesetzt habe. Zwar trifft es zu, dass die Schiedsperson die vorgesehenen Anlagen zum Vertrag nicht vollständig festgesetzt, sondern teilweise der weiteren Vereinbarung durch die Vertragsparteien überlassen hat (etwa zum Hilfsmittelmanagement und zu verschiedenen Vergütungszuschlägen, die ua eine wirtschaftliche Verordnungsweise fördern sollen). Gerade in der Anfangsphase nach Einführung der flächendeckenden HzV ist jedoch nicht zu beanstanden, wenn die Vertragsparteien in der Phase der Umsetzung des Vertrages weitere Konkretisierungen und Ergänzungen vornehmen. Ausschlaggebend für die Rechtmäßigkeit des Vertrages zur HzV ist allein, ob dieser in der vorliegenden Form umgesetzt werden kann. Daran hat der Senat keine Zweifel.

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ff) Auch der Einwand der Klägerin, die Schiedsperson habe in Verkennung des rechtlichen Rahmens angenommen, dass die HzV nur als Vollversorgungsvertrag und nicht als sog Add-on-Vertrag vereinbart werden dürfe, sie habe dadurch ihren Gestaltungsspielraum verkannt und dies allein führe zur Rechtswidrigkeit des Schiedsspruchs, greift nicht durch. Dass die HzV jedenfalls auch in der Form eines sog Vollversorgungs- oder Bereinigungsvertrages vereinbart werden kann, der die bisherige Regelversorgung nach § 73 SGB V umfasst und diese nicht lediglich ergänzt, unterliegt keinem Zweifel. Auf die umstrittene Frage, ob eine HzV in Form eines sog Add-on-Vertrages den gesetzlichen Vorgaben entsprechen würde (gegen die Rechtmäßigkeit von Add-on-Verträgen auf der Grundlage des § 73b SGB V: Hess in Kasseler Komm, Stand Dezember 2014, § 73b SGB V RdNr 3; Alemann/Scheffczyk, NZS 2012, 45, 47; Klückmann in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2015, § 73b RdNr 27 f; mit dieser Tendenz auch Engelmann in Prütting, Fachanwaltskommentar Medizinrecht, 3. Aufl 2014, § 73b SGB V RdNr 8 ff; ähnlich: Sproll in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Stand Februar 2015, § 73b SGB V RdNr 8: "Beide Versorgungsformen schließen sich gegenseitig aus" sowie Orlowski, ZMGR 2009, 124, 125: HzV als "eigenständig zu regelnde einzelvertragliche Versorgung"; anders jedoch Huster, SGb 2010, 253 ff; ders in Becker/Kingreen, SGB V, 4. Aufl 2014, § 73b RdNr 21; Bäune in Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2013, § 73b RdNr 6; SG Marburg Urteil vom 3.8.2011 - S 12 KA 237/10 - Juris RdNr 29 ff), kommt es für die Entscheidung nicht an. Jedenfalls hat die Schiedsperson mit der Festsetzung eines Vollversorgungsvertrages ihren möglichen Entscheidungsspielraum nicht überschritten. In der Begründung des Schiedsspruchs wird die Auffassung vertreten, dass allein die Vereinbarung eines Vollversorgungsvertrages der Intention des Gesetzgebers entsprechen würde. Die Frage, ob deshalb ein Add-on-Vertrag rechtswidrig wäre, wird aber letztlich offengelassen. Die Schiedsperson weist zur weiteren Begründung ua darauf hin, dass sie sich in Ausübung ihres billigen Ermessens für einen Vollversorgungsvertrag entschieden habe, weil dieser den Krankenkassen und den Hausarztgemeinschaften die Möglichkeit eröffne, strukturelle Verbesserungen in der Leistungserbringung für die Versicherten vorzunehmen, während Add-on-Verträge nur punktuelle Ansätze böten. Damit hat die Schiedsperson die Entscheidung für einen Vollversorgungsvertrag den Anforderungen entsprechend begründet.

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gg) Der Vertrag ist auch nicht rechtswidrig, soweit er in § 6 sowie in den Anlagen 4 und 6 Regelungen zur Teilnahme der Versicherten an der HzV enthält, die in einzelnen Punkten (Verbleib des Originals der Teilnahmeerklärung bei der Krankenkasse oder in der Arztpraxis, Frist zwischen der Abgabe der Teilnahmeerklärung und dem Beginn der Teilnahme des Versicherten, Kündigungsfrist für die Teilnahme, Frist für den Wechsel des Hausarztes, ua) vom Inhalt der Satzung der Klägerin abweichen. Zwar trifft der Einwand der Klägerin zu, dass die Krankenkassen gemäß § 73b Abs 3 Satz 4 SGB V idF des GKV-WSG (heute: Satz 7) bisher(zu der im Entwurf eines GKV-VSG vorgesehenen Änderung vgl BT-Drucks 18/4095 S 16 f zu Art 1 Nr 27 Buchst a) verpflichtet sind, das Nähere zur Durchführung der Teilnahme der Versicherten, insbesondere zur Bindung an den gewählten Hausarzt, zu weiteren Ausnahmen von dem Überweisungsgebot und zu den Folgen bei Pflichtverstößen der Versicherten, in ihren Satzungen zu regeln. Auf der anderen Seite setzt jedoch auch das Angebot einer HzV, das durch Verträge nach § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V flächendeckend gewährleistet werden soll, Regelungen zur Teilnahme der Versicherten voraus, sodass diese idR auch Gegenstand des Vertrages zur HzV sein werden. Bei der Entscheidung, ob die vertraglichen Regelungen zur Teilnahme der Versicherten an der Satzung der Krankenkasse auszurichten sind oder ob umgekehrt die Krankenkasse ihre Satzung dem Inhalt der Verträge anzupassen hat, ist zu berücksichtigen, dass die Verträge zur HzV über die Festlegung durch eine Schiedsperson ggf auch gegen den Willen der Krankenkassen zustande kommen sollen. Dies steht einer Auslegung dahin entgegen, dass die Krankenkassen der anderen Partei des Vertrages zur HzV die Regelungen zur Teilnahme der Versicherten durch ihre Satzung einseitig vorgeben könnten. Ferner ist von Bedeutung, dass durch die Änderung des § 79 Abs 1 SGB V mWv 1.1.2005 bezogen auf die Vertretungskompetenz - die die Vertretung beim Abschluss von Selektivverträgen einschließt - ein originärer Aufgabenbereich des Vorstands der Krankenkassen geschaffen werden sollte, der nicht vollständig der Gestaltungsmacht der Vertreterversammlung unterworfen ist (BSGE 114, 274 = SozR 4-2500 § 81 Nr 7, RdNr 33, 37 ff). Auch dies spricht dagegen, dass Inhalte des Vertrages zur HzV durch die von der Vertreterversammlung verabschiedete Satzung der Krankenkasse einseitig vorgegeben werden könnten. Daher sind Regelungen des Vertrages zur HzV zur Teilnahme der Versicherten nicht bereits rechtswidrig, wenn sie vom Inhalt der Satzung der Krankenkasse abweichen. Vielmehr ist - wie das LSG bereits zutreffend ausgeführt hat - die Krankenkasse verpflichtet, ihre Satzung dem Inhalt des Vertrages anzupassen (ebenso: Alemann/Scheffczyk, NZS 2012, 45, 50).

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Die im Vertrag zur HzV getroffenen Bestimmungen zur Teilnahme der Versicherten müssen danach zwar nicht mit dem Inhalt der Satzung der Krankenkasse übereinstimmen, aber die übrigen gesetzlichen und untergesetzlichen Bestimmungen zur Teilnahme der Versicherten beachten. Bezogen auf den hier in erster Linie maßgebenden Zeitpunkt der Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson ist der durch die Schiedsperson festgesetzte Vertrag zur HzV auch insoweit nicht zu beanstanden. Allerdings werden bei der bevorstehenden Durchführung des Vertrages die in der Zwischenzeit eingetretenen gesetzlichen Änderungen zu berücksichtigen sein. Eine entsprechende Verpflichtung zur Anpassung ist in den Schlussbestimmungen des Vertrages (§ 22 Abs 2) geregelt und folgt im Übrigen aus § 59 Abs 1 Satz 1 SGB X. Neben der Berücksichtigung der mit dem Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten vom 20.2.2013 (BGBl I 277) eingeführten Bestimmungen zum Widerrufsrecht der Versicherten (§ 73b Abs 3 Satz 3 bis 6 SGB V) gehört dazu auch die Beachtung der am 26.8.2013 in Kraft getretenen Vorgaben zur Abgabe der Teilnahmeerklärung aus der Richtlinie des GKV-Spitzenverbandes nach § 217f Abs 4a SGB V.

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hh) Der Rechtmäßigkeit der Festlegung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson steht nicht entgegen, dass zuvor keine Auftragsvergabe nach den Vorschriften des Vergaberechts durchgeführt worden ist. Zwar fanden gemäß § 69 Abs 2 Satz 1 SGB V in der hier maßgebenden seit dem 18.12.2008 geltenden Fassung des GKV-OrgWG die die Vergabe öffentlicher Aufträge betreffenden Vorschriften der §§ 97 bis 115 und 128 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) auf die in § 69 Abs 1 Satz 1 SGB V genannten Rechtsbeziehungen der Krankenkassen ausdrücklich Anwendung, soweit die dort genannten Voraussetzungen erfüllt waren. Dies galt nach § 69 Abs 2 Satz 2 SGB V jedoch nicht für Verträge von Krankenkassen oder deren Verbänden mit Leistungserbringern, zu deren Abschluss die Krankenkassen oder deren Verbände gesetzlich verpflichtet sind und bei deren Nichtzustandekommen eine Schiedsamtsregelung gilt. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Festsetzung des Vertragsinhalts durch eine Schiedsperson als "Schiedsamtsregelung" in diesem Sinne zu verstehen ist und ob Satz 2 damit der Anwendbarkeit der §§ 97 ff GWB entgegensteht. Unabhängig von dieser ohnehin nur klarstellenden (vgl BT-Drucks 16/10609 S 52) Beschränkung der Anwendbarkeit wettbewerbsrechtlicher Bestimmungen, die sich im Übrigen seit der Änderung durch das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung (Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz - AMNOG) vom 22.12.2010 (BGBl I 2262) nicht mehr auf die Vorschriften des Vierten Teils des GWB (§§ 97 ff GWB) bezieht (vgl jetzt § 69 Abs 2 Satz 4 SGB V), kann ein öffentlicher Auftraggeber dem Kartellvergaberecht nur unterworfen sein, wenn dieser eine Auswahl zwischen verschiedenen Vertragspartnern hat (Kaltenborn, GesR 2011, 1, 2; Engelmann in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, Stand Oktober 2013, § 69 RdNr 141; vgl zur Rechtslage vor der Änderung durch das AMNOG: Sormani-Bastian, ZESAR 2010, 13). Daran hat sich im Übrigen auch durch die neuen europäischen Vergaberichtlinien nichts geändert. Nach Erwägungsgrund 13 der Richtlinie 2014/23/EU vom 26.2.2014 über die Konzessionsvergabe (ABl L 94, 1) sollen Regelungen, nach denen ohne gezielte Auswahl alle Wirtschaftsteilnehmer, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen, berechtigt sind, eine bestimmte Aufgabe wahrzunehmen, nicht als Konzessionen gelten. Das betrifft auch Regelungen aufgrund einer Vereinbarung zwischen Behörde und Wirtschaftsunternehmen. Nichts anderes gilt, soweit der Vertrag zur HzV europarechtlich nicht als Dienstleistungskonzession, sondern als entgeltlicher Beschaffungsvertrag angesehen wird: Nach Art 1 Abs 2 der Richtlinie 2014/24/EU vom 26.2.2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (ABl L 94, 65) setzt die Auftragsvergabe im Sinne der Richtlinie voraus, dass Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen von öffentlichen Auftraggebern "ausgewählt werden".

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Der sich aus § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V ergebende Kontrahierungszwang, der gemäß § 73b Abs 4 Satz 2 iVm Abs 4a SGB V von entsprechend qualifizierten Gemeinschaften durch die Beantragung des Schiedsverfahrens und die Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson durchgesetzt werden kann, hat zur Folge, dass der vertragschließenden Krankenkasse kein Auswahlermessen zukommt, sondern dass der Vertragspartner bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen bereits feststeht. Eine Auswahl zwischen verschiedenen Bietern ist also bezogen auf die Verträge nach § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V ausgeschlossen. Dies steht der Annahme eines öffentlichen Auftrages im Sinne des § 99 GWB entgegen(so auch Engelmann in Prütting, Fachanwaltskommentar Medizinrecht, 3. Aufl 2014, § 73b SGB V RdNr 32a; Kingreen/Temizel, ZMGR 2009, 134, 137 f; Adolf in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, Stand April 2012, § 73b SGB V, RdNr 62; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 3.11.2010 - L 21 SF 208/10 Verg - Juris RdNr 34; ähnlich Orlowski, ZMGR 2009, 124, 130; BKartA Beschluss vom 2.7.2010 - VK 1 - 52/10 - Juris; bezogen auf die HzV nach § 73b SGB V allerdings nur im Ergebnis ebenso die Begründung zum GKV-OrgWG: BT-Drucks 16/10609 S 52).

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ii) Der Vertrag zur HzV ist mit bundesrechtlichen Bestimmungen zum Datenschutz nicht vollständig kompatibel. Maßgebend ist dabei grundsätzlich die Rechtslage zum Zeitpunkt der Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson (vgl 4 b, RdNr 56). Zu diesem Zeitpunkt war der Vertrag mit datenschutzrechtlichen Bestimmungen bereits deshalb nicht zu vereinbaren, weil es an der erforderlichen Befugnisnorm für die dort geregelte Weitergabe von Abrechnungsdaten an private Stellen in Gestalt der HÄVG und der HÄVG Rechenzentrum AG gefehlt hat (nachfolgend 1). Indes ist für die Beurteilung des Feststellungsinteresses die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Revisionsinstanz maßgebend (vgl 4 b, RdNr 57). Die Klägerin hat weder ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 55 Abs 1 SGG an der isolierten Feststellung einer Rechtswidrigkeit des - bisher nicht durchgeführten - Vertrages zur HzV unter Zugrundelegung einer nicht mehr geltenden Rechtslage nachvollziehbar geltend gemacht noch einen Anspruch gegenüber den Beklagten auf Änderung des Vertrages entsprechend der nicht mehr geltenden Rechtslage. Ein fortbestehendes Feststellungsinteresse kann deshalb nur anerkannt werden, soweit es darauf auch noch für die bevorstehende Durchführung des Vertrages ankommt. Daher ist ergänzend die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats und damit nach Einführung des § 295a SGB V durch Art 3 Nr 9 des Gesetzes zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze vom 28.7.2011 (BGBl I 1622, 1627) mWv 4.8.2011 zu berücksichtigen (nachfolgend 2). Die von der Klägerin erhobenen datenschutzrechtlichen Einwände greifen daher zum überwiegenden Teil nicht durch (nachfolgend 3, 5, 6). Soweit der Vertrag zur HzV jedoch auch mit den geänderten bundesrechtlichen Vorgaben nicht vollständig zu vereinbaren ist, sind die Vertragspartner verpflichtet, diesen zu ändern (nachfolgend 4 und 7).

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(1) Der von der Schiedsperson festgesetzte Vertrag zur HzV sieht vor, dass die Abrechnung der Vergütung des Hausarztes gemäß den Vorgaben der Anlage 3 durch die HÄVG als Abrechnungsdienstleister erfolgt (§ 11 Abs 1). Die HÄVG ist berechtigt, sich zum Zwecke der Abrechnung eines Rechenzentrums im Sinne der Anlage 3 zu bedienen (§ 11 Abs 2 Satz 2). Nach Anlage 3 § 6 Satz 2 wird von der HÄVG hierzu "derzeit" die HÄVG Rechenzentrum AG eingesetzt. Damit übereinstimmend werden die Versicherten mit dem Merkblatt (Anhang zu Anlage 6 des Vertrages) unter der Überschrift "Wichtige Informationen zum Schutz Ihrer Daten - Ihre Einwilligung" darüber informiert, dass die Abrechnung der ärztlichen Vergütung ua "über die Dienstleistungsgesellschaft des Hausärzteverbandes und MEDI, die Hausärztliche Vertragsgemeinschaft eG (HÄVG) und ihr Rechenzentrum erfolgt". Nach § 11 Abs 4 zahlt die Krankenkasse die Vergütung mit schuldbefreiender Wirkung an die HÄVG.

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Für die damit vorgesehene Weitergabe von Patientendaten zu Abrechnungszwecken fehlte zum Zeitpunkt der Festsetzung des Vertragsinhalts die erforderliche Rechtsgrundlage. Wie der Senat in seiner Entscheidung vom 10.12.2008 (B 6 KA 37/07 R - BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr 2)im Einzelnen dargelegt hat, setzt die Übermittlung von Patientendaten durch Leistungserbringer an private Dienstleistungsunternehmen im Geltungsbereich des SGB V eine bereichsspezifische Befugnisnorm voraus. Als solche kam allein § 295 Abs 1b Satz 5 bis 8 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17.7.2009 (BGBl I 1990) in Betracht. Diese Regelung, mit der der Gesetzgeber auf das og Urteil des Senats vom 10.12.2008 reagiert hat, war bis zum 30.6.2010 - und damit auf einen Zeitpunkt vor der Festsetzung des Vertragsinhalts - befristet. Über § 320 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Änderung krankenversicherungsrechtlicher und anderer Vorschriften vom 24.7.2010 (BGBl I 983) waren diese Sätze jedoch bis zum 1.7.2011 und damit auch noch zum Zeitpunkt der Festsetzung des Vertragsinhalts am 9.9.2010 weiter anzuwenden. Danach durfte für die ärztlichen Leistungen, die im Rahmen von Verträgen ua zur HzV nach § 73b SGB V erbracht und mit den Krankenkassen abgerechnet wurden, eine andere Stelle mit der Verarbeitung und Nutzung der für die Abrechnung dieser Leistungen erforderlichen personenbezogenen Daten beauftragt werden. § 80 SGB X war anzuwenden. Auftraggeber und Auftragnehmer unterlagen der Aufsicht der nach § 38 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) zuständigen Aufsichtsbehörde.

93

§ 295 Abs 1b Satz 5 bis 8 SGB V aF erlaubte danach allein die Beauftragung einer anderen Stelle im Sinne einer Auftragsdatenverarbeitung(vgl OVG Schleswig-Holstein Beschluss vom 12.1.2011 - 4 MB 56/10 - CR 2011, 359). Der ausdrücklich in Bezug genommene § 80 SGB X regelt die Voraussetzungen der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung von Sozialdaten im Auftrag. Dass mit der Einfügung des § 295 Abs 1b Satz 5 bis 8 SGB V die Übermittlung von Daten an private Stellen nur unter den für die Auftragsdatenverarbeitung geltenden Voraussetzungen zugelassen werden sollte, wird auch durch die Begründung der Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses, auf die die Regelung zurückgeht, bestätigt: Danach sollten die Voraussetzungen, unter denen dem Sozialgeheimnis unterliegende Stellen andere Stellen mit der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung von Sozialdaten beauftragen können, und die Rechtsfolgen einer solchen Beauftragung auch für die besonderen Versorgungsformen gelten(vgl BT-Drucks 16/13428 S 96 unter Bezugnahme auf die Begründung zur entsprechenden Regelung für Krankenhäuser nach § 120 Abs 6, S 92).

94

Bei der in dem Vertrag vorgesehenen Übermittlung von Abrechnungsdaten durch den Arzt an die HÄVG handelt es sich nicht um eine nach § 295 Abs 1b SGB V aF zulässige Auftragsdatenverarbeitung. Die Auftragsdatenverarbeitung ist datenschutzrechtlich privilegiert. Sie stellt keine Übermittlung im Sinne des § 67 Abs 6 Satz 2 Nr 3 SGB X dar(vgl Bieresborn in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 80 RdNr 3; I. Palsherm in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, Stand Juli 2013, § 80 RdNr 15). Eine Auftragsdatenverarbeitung im Sinne des § 80 SGB X liegt vor, wenn der Auftragnehmer die Datenverarbeitung in vollständiger Abhängigkeit von Vorgaben des Auftraggebers durchführt(vgl Bieresborn in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 80 RdNr 3; zur entsprechenden Regelung in § 11 BDSG vgl Wedde in Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, BDSG, 4. Aufl 2014, § 11 RdNr 5). Die Auftragsdatenverarbeitung ist abzugrenzen von der Funktionsübertragung. Diese liegt dann vor, wenn dem Service-Unternehmen eine eigene rechtliche Zuständigkeit für die Aufgabe, deren Erfüllung die Datenverarbeitung oder die Nutzung dient, zugewiesen ist (Gola/Klug, BDSG, 12. Aufl 2015, § 11 RdNr 9). Wesentliches Merkmal für die Abgrenzung der Auftragsdatenverarbeitung von der Funktionsübertragung (Aufgabenübertragung) ist die Entscheidungsbefugnis über die Daten. Liegt diese bei der beauftragten Stelle und kommt dieser nicht nur eine Hilfs- und Unterstützungsfunktion zu, kann nicht mehr von einer Auftragsdatenverarbeitung im Sinne des § 80 SGB X ausgegangen werden(Rombach in Hauck/Noftz, SGB X, Stand November 2014, § 80 RdNr 20; Wedde in Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, BDSG, 4. Aufl 2014, § 11 RdNr 12, 14).

95

Das im Vertrag geregelte Verhältnis des an der HzV teilnehmenden Hausarztes zur HÄVG entspricht nicht dem Bild einer Auftragsdatenverarbeitung. Die HÄVG führt die Abrechnung keineswegs in vollständiger Abhängigkeit von dem teilnehmenden Hausarzt für diesen durch. Dagegen spricht bereits der Umstand, dass der Hausarzt an dem Vertrag zur HzV, der die Einzelheiten vorgibt, nicht unmittelbar beteiligt ist und damit keinen unmittelbaren Einfluss auf dessen Ausgestaltung hat. Der einzelne Hausarzt hat auch keinen Einfluss darauf, wer für ihn die Daten verarbeiten soll. Bereits eine solche fehlende Auswahlmöglichkeit spricht gegen das Vorliegen einer Auftragsdatenverarbeitung (Bieresborn in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 80 RdNr 3b; Wedde in Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, BDSG, 4. Aufl 2014, § 11 RdNr 5a). Zudem wird ihm vorgegeben, welche Datenverarbeitungsprogramme (Software) er für die Abrechnung zu verwenden hat. Damit ist insgesamt davon auszugehen, dass die HÄVG die Abrechnungsdaten in eigener Verantwortung oder im Auftrag der Beklagten verarbeitet bzw durch die HÄVG Rechenzentrum AG verarbeiten lässt, aber jedenfalls nicht im Auftrag des Hausarztes tätig wird. Der Vertrag regelt bezogen auf die Weitergabe der Daten durch den Hausarzt keine nach § 295 Abs 1b Satz 5 bis 8 SGB V zulässige Auftragsdatenverarbeitung.

96

(2) Mit der Einfügung des § 295a SGB V zum 4.8.2011 ist die erforderliche gesetzliche Grundlage für die Übermittlung von Abrechnungsdaten durch die an der HzV teilnehmenden Hausärzte geschaffen worden. Anders als unter Geltung des § 295 Abs 1b Satz 5 bis 8 SGB V beschränkt sich die Befugnis nach § 295a Abs 1 Satz 1 SGB V nicht auf die Beauftragung einer anderen Stelle mit der Verarbeitung, Nutzung und Abrechnung personenbezogener Daten. Vielmehr sind die an den entsprechenden Versorgungsformen teilnehmenden Leistungserbringer für die Abrechnung der im Rahmen von Verträgen nach § 73b, § 73c oder § 140a SGB V erbrachten Leistungen gemäß § 295a Abs 1 Satz 1 SGB V befugt, die nach den Vorschriften des Zehnten Kapitels des SGB V erforderlichen Angaben an den Vertragspartner auf Leistungserbringerseite als verantwortliche Stelle zu übermitteln, indem diese Angaben entweder an ihn oder an eine nach § 295 Abs 2 SGB V beauftragte andere Stelle weitergegeben werden; für den Vertragspartner auf Leistungserbringerseite gilt § 35 SGB I entsprechend. Voraussetzung ist, dass der Versicherte vor Abgabe der Teilnahmeerklärung an der Versorgungsform umfassend über die vorgesehene Datenübermittlung informiert worden ist und mit der Einwilligung in die Teilnahme zugleich in die damit verbundene Datenübermittlung schriftlich eingewilligt hat. Der Vertragspartner auf Leistungserbringerseite oder die beauftragte andere Stelle dürfen die übermittelten Daten nur zu Abrechnungszwecken verarbeiten und nutzen; sie übermitteln die Daten im Wege elektronischer Datenübertragung oder maschinell verwertbar auf Datenträgern an den jeweiligen Vertragspartner auf Krankenkassenseite.

97

§ 295a Abs 1 Satz 1 SGB V definiert den "Vertragspartner auf Leistungserbringerseite" (also den Hausarztverband und nicht den einzelnen Arzt) als die im datenschutzrechtlichen Sinne "verantwortliche Stelle". Insofern trifft § 295a Abs 1 Satz 1 SGB V eine spezielle Regelung, die den allgemeinen Bestimmungen der §§ 67a ff SGB X vorgeht. Das bedeutet, dass die datenschutzrechtliche Verantwortung mit dem Eingang der Daten bei dem Hausarztverband ("Vertragspartner auf Leistungserbringerseite") oder bei der von ihm beauftragten Stelle auf den Hausarztverband übergeht (vgl BT-Drucks 17/6141 S 39).

98

(3) Die Einwände der Klägerin gegen die Rechtmäßigkeit des Vertrages zur HzV, die ihre Grundlage in der Annahme haben, dass der Arzt auch nach dem Eingang der Daten bei den Beklagten oder der von ihnen beauftragten Stelle "verantwortliche Stelle" im Sinne des § 67 Abs 9 SGB X bleibe und dass der Arzt die Daten nur unter den für die Auftragsdatenverarbeitung nach § 80 SGB X geltenden Voraussetzungen weitergeben dürfe, greifen damit bezogen auf die seit Inkrafttreten des § 295a SGB V geltenden Rechtslage nicht mehr durch. § 295a Abs 1 Satz 1 SGB V regelt die Befugnis des Hausarztes zur Weitergabe der für die Abrechnung erforderlichen Daten an den Hausarztverband oder die von diesem mit der Datenverarbeitung beauftragte Stelle unabhängig von den Voraussetzungen einer Auftragsdatenverarbeitung. Auftraggeber einer Datenverarbeitung durch die HÄVG oder ein Rechenzentrum können allein die "Vertragspartner auf Leistungserbringerseite" (vgl BT-Drucks 17/6141 S 40, zu § 295a Abs 2) und damit die Beklagten sein.

99

(4) Zutreffend ist dagegen der Einwand der Klägerin, dass die Regelungen des Vertrages zur HzV, die eine Beauftragung der HÄVG Rechenzentrum AG durch die HÄVG vorsehen (vgl zB Anlage 3 § 6 Abs 1) mit den gesetzlichen Vorgaben nicht zu vereinbaren sind. Nach § 295a Abs 2 Satz 1 SGB V darf der Vertragspartner auf Leistungserbringerseite eine andere Stelle mit der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der personenbezogenen Daten beauftragen, die für die Abrechnung der im Rahmen von Verträgen ua zur HzV erbrachten Leistungen erforderlich sind. Gemäß § 295a Abs 2 Satz 2 SGB V ist § 80 SGB X ua mit der weiteren Maßgabe anzuwenden, dass Unterauftragsverhältnisse ausgeschlossen sind. Demnach dürfen die Beklagten als "Vertragspartner auf Leistungserbringerseite" im Sinne der genannten Regelung zwar die HÄVG oder auch unmittelbar die HÄVG Rechenzentrum AG mit der Verarbeitung der Abrechnungsdaten beauftragen. Die im Vertrag vorgesehene Erteilung eines Unterauftrags an die HÄVG Rechenzentrum AG durch die von den Beklagten beauftragte HÄVG ist dagegen nicht zulässig (zu einer entsprechenden Regelung vgl auch bereits LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 3.11.2011 - L 3 KA 104/10 B ER - GesR 2012, 35, 38).

100

(5) Nach den von der Klägerin nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und damit für den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die im Vertrag zur HzV zur Verwendung durch den teilnehmenden Arzt vorgeschriebene Software mit datenschutzrechtlichen Bestimmungen unvereinbar wäre. Soweit die Klägerin erstmals im Revisionsverfahren - nach Ablauf der Frist zur Revisionsbegründung - geltend macht, dass die im Vertrag vorgeschriebene Software einen sog "gekapselten Kern" besitze, der die Möglichkeit biete, Patientendaten aus dem System des Hausarztes an die Beklagten bzw die HÄVG zu übermitteln, ohne dass dies für den Hausarzt im Einzelnen nachvollziehbar sei, so steht diese Behauptung im Übrigen im Widerspruch zu der von den Beklagten vorgelegten Technischen Stellungnahme des Bayerischen Landesamtes für Datenschutzaufsicht vom 17.8.2012 (Az: LDA.3-1085.6-12/10), die sich nach den von der Klägerin nicht in Zweifel gezogenen Angaben der Beklagten auf die auch im vorliegenden Vertrag zur HzV vorgeschriebene Software beziehen soll. Die Stellungnahme kommt für den Senat nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass die Kontrollmöglichkeiten über die Verarbeitung der personenbezogenen Daten ausreichend transparent seien. Die Datenverarbeitungsvorgänge in der Arztpraxis würden vom Arzt gesteuert.

101

(6) Auch die in Ziff 2.1 der Anlage 4 zum Vertrag vorgesehene Übermittlung von Einschreibedaten ist entgegen der Auffassung der Klägerin datenschutzrechtlich nicht zu beanstanden. Bei den Einschreibedaten handelt es sich um die in der Teilnahmeerklärung enthaltenen Stammdaten des Versicherten (Name, Anschrift, Geburtsdatum, Versichertennummer), die Daten zu dem gewählten Hausarzt und den Teilnahmebeginn (vgl die der Teilnahmeerklärung beigefügten Informationen zu Datenschutz, Datenübermittlung und -zusammenführung). Diese Angaben sind für die Durchführung der Abrechnung im Sinne des § 295a Abs 1 Satz 1 SGB V erforderlich und die Verarbeitung und Nutzung dieser Daten erfolgt in Übereinstimmung mit § 295a Abs 1 Satz 3 SGB V zu Abrechnungszwecken(im Ergebnis ebenso die Bewertung eines insoweit entsprechenden Vertrages durch das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht, Schreiben vom 30.11.2012, Az: LDA.3-1085.6-12/10).

102

(7) Im Widerspruch zu den geltenden gesetzlichen Vorgaben steht dagegen § 6 Abs 10 der Anlage 3 zum HzV, der die HÄVG zur Führung von Musterverfahren ermächtigt, weil es sich dabei nicht um eine gemäß § 295a Abs 1 Satz 3 SGB V allein zulässige Verarbeitung oder Nutzung zu Abrechnungszwecken handelt. Zwar regelt der Vertrag nicht ausdrücklich die Verwendung personenbezogener Daten in Musterprozessen. Die vorgesehene Führung solcher Prozesse durch die HÄVG setzt die Verwendung personenbezogener Daten der an der HzV teilnehmenden Versicherten jedoch voraus (ebenso zu einer insoweit vergleichbaren Regelung: LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 3.11.2011 - L 3 KA 104/10 B ER - GesR 2012, 35, 38). Gemäß § 295a Abs 1 Satz 3 SGB V dürfen die Beklagten als "Vertragspartner auf Leistungserbringerseite" die übermittelten Daten nur zu Abrechnungszwecken verwenden. Dass die Verwendung von Daten zur Führung von Musterprozessen über die Verwendung zu Abrechnungszwecken hinausginge, haben die Beklagten im Revisionsverfahren auch nicht in Zweifel gezogen, sondern geltend gemacht, dass die HÄVG tatsächlich keine "Musterverfahren" unter Nutzung personenbezogener Daten führe. Auf die Rechtswidrigkeit der getroffenen Regelung hat dies indes keinen Einfluss.

103

e) Im Ergebnis ist der von der Schiedsperson festgesetzte Vertrag allein insoweit zu beanstanden, als er eine datenschutzrechtlich unzulässige Unterbeauftragung der HÄVG Rechenzentrum AG durch die HÄVG sowie das Recht der HÄVG zur Führung von "Musterverfahren" vorsieht. Dem werden die Beteiligten durch entsprechende Änderungen des Vertrages Rechnung zu tragen haben. Davon unberührt bleibt die Verpflichtung der Beteiligten, den seit der Festsetzung des Vertragsinhalts eingetretenen gesetzlichen Änderungen durch Vertragsanpassungen Rechnung zu tragen.

104

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Bei der Kostenverteilung (§ 155 Abs 1 VwGO) hat der Senat berücksichtigt, dass die Klage bezogen auf die beantragte Aufhebung des Vertrages zur HzV ohne Erfolg und bezogen auf die hilfsweise geltend gemachte Feststellung der Rechtswidrigkeit vertraglicher Bestimmungen ganz überwiegend erfolglos war.

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(1) Ist die Bestimmung der Leistung einem Dritten überlassen, so ist im Zweifel anzunehmen, dass sie nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Soll die Bestimmung durch mehrere Dritte erfolgen, so ist im Zweifel Übereinstimmung aller erforderlich; soll eine Summe bestimmt werden, so ist, wenn verschiedene Summen bestimmt werden, im Zweifel die Durchschnittssumme maßgebend.

(1) Die Krankenkassen haben ihren Versicherten eine besondere hausärztliche Versorgung (hausarztzentrierte Versorgung) anzubieten.

(2) Dabei ist sicherzustellen, dass die hausarztzentrierte Versorgung insbesondere folgenden Anforderungen genügt, die über die vom Gemeinsamen Bundesausschuss sowie in den Bundesmantelverträgen geregelten Anforderungen an die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen:

1.
Teilnahme der Hausärzte an strukturierten Qualitätszirkeln zur Arzneimitteltherapie unter Leitung entsprechend geschulter Moderatoren,
2.
Behandlung nach für die hausärztliche Versorgung entwickelten, evidenzbasierten, praxiserprobten Leitlinien,
3.
Erfüllung der Fortbildungspflicht nach § 95d durch Teilnahme an Fortbildungen, die sich auf hausarzttypische Behandlungsprobleme konzentrieren, wie patientenzentrierte Gesprächsführung, psychosomatische Grundversorgung, Palliativmedizin, allgemeine Schmerztherapie, Geriatrie,
4.
Einführung eines einrichtungsinternen, auf die besonderen Bedingungen einer Hausarztpraxis zugeschnittenen, indikatorengestützten und wissenschaftlich anerkannten Qualitätsmanagements.

(3) Die Teilnahme an der hausarztzentrierten Versorgung ist freiwillig. Die Teilnehmer verpflichten sich schriftlich oder elektronisch gegenüber ihrer Krankenkasse, nur einen von ihnen aus dem Kreis der Hausärzte nach Absatz 4 gewählten Hausarzt in Anspruch zu nehmen sowie ambulante fachärztliche Behandlung mit Ausnahme der Leistungen der Augenärzte und Frauenärzte nur auf dessen Überweisung; die direkte Inanspruchnahme eines Kinder- und Jugendarztes bleibt unberührt. Die Versicherten können die Teilnahmeerklärung innerhalb von zwei Wochen nach deren Abgabe schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift bei der Krankenkasse ohne Angabe von Gründen widerrufen. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung an die Krankenkasse. Die Widerrufsfrist beginnt, wenn die Krankenkasse dem Versicherten eine Belehrung über sein Widerrufsrecht schriftlich oder elektronisch mitgeteilt hat, frühestens jedoch mit der Abgabe der Teilnahmeerklärung. Wird das Widerrufsrecht nicht ausgeübt, ist der Versicherte an seine Teilnahmeerklärung und an die Wahl seines Hausarztes mindestens ein Jahr gebunden; er darf den gewählten Hausarzt nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes wechseln. Das Nähere zur Durchführung der Teilnahme der Versicherten, insbesondere zur Bindung an den gewählten Hausarzt, zu weiteren Ausnahmen von dem Überweisungsgebot und zu den Folgen bei Pflichtverstößen der Versicherten, regeln die Krankenkassen in den Teilnahmeerklärungen. Die Satzung der Krankenkasse hat Regelungen zur Abgabe der Teilnahmeerklärung zu enthalten; die Regelungen sind auf der Grundlage der Richtlinie nach § 217f Absatz 4a zu treffen.

(4) Zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 haben Krankenkassen allein oder in Kooperation mit anderen Krankenkassen spätestens bis zum 30. Juni 2009 Verträge mit Gemeinschaften zu schließen, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der Kassenärztlichen Vereinigung vertreten. Können sich die Vertragsparteien nicht einigen, kann die Gemeinschaft die Einleitung eines Schiedsverfahrens nach Absatz 4a beantragen. Ist ein Vertrag nach Satz 1 zustande gekommen oder soll ein Vertrag zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen geschlossen werden, können Verträge auch abgeschlossen werden mit

1.
vertragsärztlichen Leistungserbringern, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen,
2.
Gemeinschaften dieser Leistungserbringer,
3.
Trägern von Einrichtungen, die eine hausarztzentrierte Versorgung durch vertragsärztliche Leistungserbringer, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen, anbieten,
4.
Kassenärztlichen Vereinigungen, soweit Gemeinschaften nach Nummer 2 sie hierzu ermächtigt haben.
Finden die Krankenkassen in dem Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung keinen Vertragspartner, der die Voraussetzungen nach Satz 1 erfüllt, haben sie zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 Verträge mit einem oder mehreren der in Satz 3 genannten Vertragspartner zu schließen. In den Fällen der Sätze 3 und 4 besteht kein Anspruch auf Vertragsabschluss; die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots ist unter Bekanntgabe objektiver Auswahlkriterien auszuschreiben. Soweit die hausärztliche Versorgung der Versicherten durch Verträge nach diesem Absatz durchgeführt wird, ist der Sicherstellungsauftrag nach § 75 Abs. 1 eingeschränkt. Satz 6 gilt nicht für die Organisation der vertragsärztlichen Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten.

(4a) Beantragt eine Gemeinschaft gemäß Absatz 4 Satz 2 die Einleitung eines Schiedsverfahrens, haben sich die Parteien auf eine unabhängige Schiedsperson zu verständigen, die den Inhalt des Vertrages nach Absatz 4 Satz 1 festlegt. Einigen sich die Parteien nicht auf eine Schiedsperson, so wird diese von der für die Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde bestimmt. Die Kosten des Schiedsverfahrens tragen die Vertragspartner zu gleichen Teilen. Klagen gegen die Bestimmung der Schiedsperson haben keine aufschiebende Wirkung. Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts richten sich gegen eine der beiden Vertragsparteien, nicht gegen die Schiedsperson.

(5) In den Verträgen nach Absatz 4 sind das Nähere über den Inhalt und die Durchführung der hausarztzentrierten Versorgung, insbesondere die Ausgestaltung der Anforderungen nach Absatz 2, sowie die Vergütung zu regeln; in Verträgen, die nach dem 31. März 2014 zustande kommen, sind zudem Wirtschaftlichkeitskriterien und Maßnahmen bei Nichteinhaltung der vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien sowie Regelungen zur Qualitätssicherung zu vereinbaren. Eine Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigung bei der Ausgestaltung und Umsetzung der Anforderungen nach Absatz 2 ist möglich. Die Verträge können auch Abweichendes von den im Dritten Kapitel benannten Leistungen beinhalten, soweit sie die in § 11 Absatz 6 genannten Leistungen, Leistungen nach den §§ 20i, 25, 26, 37a und 37b sowie ärztliche Leistungen einschließlich neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden betreffen, soweit der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 im Rahmen der Beschlüsse nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 keine ablehnende Entscheidung getroffen hat. Die Einzelverträge können Abweichendes von den Vorschriften dieses Kapitels sowie den nach diesen Vorschriften getroffenen Regelungen regeln. § 106d Absatz 3 gilt hinsichtlich der arzt- und versichertenbezogenen Prüfung der Abrechnungen auf Rechtmäßigkeit entsprechend. Zugelassene strukturierte Behandlungsprogramme nach §§ 137f und 137g sind, soweit sie die hausärztliche Versorgung betreffen, Bestandteil der Verträge nach Absatz 4. Vereinbarungen über zusätzliche Vergütungen für Diagnosen können nicht Gegenstand der Verträge sein.

(5a) Kündigt die Krankenkasse einen Vertrag nach Absatz 4 und kommt bis zum Ablauf dieses Vertrages kein neuer Vertrag zustande, gelten die Bestimmungen des bisherigen Vertrages vorläufig bis zum Zustandekommen eines neuen Vertrages weiter. Dies gilt nicht bei einer außerordentlichen Kündigung nach § 71 Absatz 6 Satz 3.

(6) Die Krankenkassen haben ihre Versicherten in geeigneter Weise umfassend über Inhalt und Ziele der hausarztzentrierten Versorgung sowie über die jeweils wohnortnah teilnehmenden Hausärzte zu informieren.

(7) Die Vertragspartner der Gesamtverträge haben den Behandlungsbedarf nach § 87a Absatz 3 Satz 2 zu bereinigen. Die Bereinigung erfolgt rechtzeitig zu dem Kalendervierteljahr, für welches die Gesamtvergütung bereinigt werden soll, entsprechend der Zahl und der Morbiditätsstruktur der für dieses Kalendervierteljahr eingeschriebenen Versicherten sowie dem vertraglich vereinbarten Inhalt der hausarztzentrierten Versorgung nach Maßgabe der Vorgaben des Bewertungsausschusses nach § 87a Absatz 5 Satz 7. Dabei können die Bereinigungsbeträge unter Beachtung der Maßgaben nach Satz 2 auch pauschaliert ermittelt werden. Kommt eine rechtzeitige Einigung über die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nicht zustande, können auch die Vertragspartner der Verträge über eine hausarztzentrierte Versorgung das Schiedsamt nach § 89 anrufen. Die für die Bereinigungsverfahren erforderlichen arzt- und versichertenbezogenen Daten übermitteln die Krankenkassen den zuständigen Gesamtvertragspartnern bis spätestens drei Wochen vor dem Kalendervierteljahr, für welches die Gesamtvergütung für die in diesem Kalendervierteljahr eingeschriebenen Versicherten bereinigt werden soll. Die Krankenkasse kann, falls eine rechtzeitige Bereinigung nicht festgesetzt worden ist, den Behandlungsbedarf unter Beachtung der Maßgaben nach Satz 2 vorläufig bereinigen. Sie kann auch die Anerkennung und Umsetzung des geltenden Bereinigungsverfahrens für die Bereinigung der Gesamtvergütung für an der hausarztzentrierten Versorgung teilnehmende Versicherte mit Wohnort im Bezirk anderer Kassenärztlichen Vereinigungen von diesen Kassenärztlichen Vereinigungen verlangen. Für die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nach Satz 7 sowie für den Fall der Rückführung von Bereinigungsbeträgen bei Beendigung der Teilnahme eines Versicherten sind die Verfahren gemäß § 87a Absatz 5 Satz 9 anzuwenden. Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben die zur Bereinigung erforderlichen Vorgaben im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben umzusetzen.

(8) Die Vertragsparteien nach Absatz 4 können vereinbaren, dass Aufwendungen für Leistungen, die über die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen und insoweit nicht unter die Bereinigungspflicht nach Absatz 7 fallen, aus Einsparungen und Effizienzsteigerungen, die aus den Maßnahmen von Verträgen nach Absatz 4 erzielt werden, finanziert werden.

(9) Die Einhaltung der nach Absatz 5 Satz 1 vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien muss spätestens vier Jahre nach dem Wirksamwerden der zugrunde liegenden Verträge nachweisbar sein; § 88 Absatz 2 des Vierten Buches gilt entsprechend.

(1) Die Kassenärztlichen Vereinigungen, die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Ersatzkassen bilden je ein gemeinsames Schiedsamt für die vertragsärztliche Versorgung und ein gemeinsames Schiedsamt für die vertragszahnärztliche Versorgung (Landesschiedsämter).

(2) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bilden ein gemeinsames Schiedsamt für die vertragsärztliche Versorgung und ein gemeinsames Schiedsamt für die vertragszahnärztliche Versorgung (Bundesschiedsämter).

(3) Kommt ein Vertrag über die vertragsärztliche oder die vertragszahnärztliche Versorgung ganz oder teilweise nicht zustande, setzt das zuständige Schiedsamt mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder innerhalb von drei Monaten den Vertragsinhalt fest. Wird ein für die Einleitung des Verfahrens erforderlicher Antrag nicht gestellt, können auch die für das jeweilige Schiedsamt oder die für die Vertragsparteien zuständigen Aufsichtsbehörden, nachdem sie den Organisationen, die das Schiedsamt bilden, eine Frist zur Antragstellung gesetzt haben und die Frist abgelaufen ist oder nach Ablauf einer für das Zustandekommen des Vertrages gesetzlich vorgeschriebenen Frist, das Schiedsamt mit Wirkung für die Vertragsparteien anrufen. Das Schiedsamtsverfahren beginnt mit dem bei dem Schiedsamt gestellten Antrag.

(4) Kündigt eine Vertragspartei einen Vertrag, hat sie die Kündigung dem zuständigen Schiedsamt schriftlich oder elektronisch mitzuteilen. Kommt bis zum Ablauf des Vertrages kein neuer Vertrag zustande, setzt das zuständige Schiedsamt mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder innerhalb von drei Monaten den Inhalt des neuen Vertrages fest. In diesem Fall gelten die Bestimmungen des bisherigen Vertrages bis zur Festsetzung des Inhalts des neuen Vertrages durch das Schiedsamt weiter. Das Schiedsamtsverfahren beginnt mit dem auf den Ablauf der Kündigungsfrist folgenden Tag.

(5) Die Landesschiedsämter und die Bundesschiedsämter bestehen aus je vier Vertretern der Ärzte oder Zahnärzte und vier Vertretern der Krankenkassen sowie einem unparteiischen Vorsitzenden und zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern. Bei der Festsetzung des Inhalts eines Vertrages, der nicht alle Kassenarten betrifft, wirken als Vertreter der Krankenkassen nur Vertreter der betroffenen Kassenarten im Schiedsamt mit. Die in Absatz 1 genannten Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen können von Satz 2 abweichende Regelungen vereinbaren. Für jedes Mitglied gibt es zwei Stellvertreter. Die Amtsdauer der Mitglieder beträgt vier Jahre. Die Vertreter und Stellvertreter werden jeweils durch die Organisationen, die das jeweilige Schiedsamt bilden, bestellt. Kommt eine Bestellung durch die Organisationen nicht zustande, bestellt die für das jeweilige Schiedsamt zuständige Aufsichtsbehörde die Vertreter und Stellvertreter, nachdem sie den Organisationen eine Frist zur Bestellung gesetzt hat und diese Frist abgelaufen ist.

(6) Über den unparteiischen Vorsitzenden und die zwei weiteren unparteiischen Mitglieder sowie deren Stellvertreter sollen sich die Vertragsparteien einigen. § 213 Absatz 2 in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung gilt für die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen entsprechend. Kommt eine Einigung nicht zustande, erfolgt eine Bestellung des unparteiischen Vorsitzenden, der weiteren unparteiischen Mitglieder und deren Stellvertreter durch die für das jeweilige Schiedsamt zuständige Aufsichtsbehörde, nachdem sie den Vertragsparteien eine Frist zur Einigung gesetzt hat und diese Frist abgelaufen ist. Die unparteiischen Mitglieder und deren Stellvertreter gelten als bestellt, sobald sie sich den beteiligten Vertragsparteien gegenüber zur Amtsübernahme bereit erklärt haben.

(7) Die Mitglieder des Schiedsamtes führen ihr Amt als Ehrenamt. Sie sind an Weisungen nicht gebunden. Die unparteiischen Mitglieder und ihre Stellvertreter können aus wichtigem Grund von der für das jeweilige Schiedsamt zuständigen Aufsichtsbehörde abberufen werden. Die Vertreter der Ärzte oder Zahnärzte und die Vertreter der Krankenkassen sowie ihre Stellvertreter können von den Organisationen, die sie bestellt haben, abberufen werden. Eine Amtsniederlegung ist gegenüber den Organisationen zu erklären, die das jeweilige Schiedsamt gebildet haben. Die Mitglieder sind verpflichtet, an den Sitzungen des Schiedsamtes teilzunehmen oder bei Verhinderung ihre Stellvertreter zu benachrichtigen. Eine Stimmenthaltung ist unzulässig. Jedes Mitglied hat eine Stimme.

(8) Das Schiedsamt ist beschlussfähig, wenn alle Mitglieder oder deren Stellvertreter anwesend sind. Ist das Schiedsamt in einer Sitzung nicht beschlussfähig, ist innerhalb von 14 Kalendertagen nach dieser Sitzung eine erneute Sitzung einzuberufen. In dieser erneuten Sitzung ist die Beschlussfähigkeit gegeben, wenn die unparteiischen Mitglieder oder deren Stellvertreter und mehr als die Hälfte der weiteren Mitglieder des Schiedsamtes oder deren Stellvertreter anwesend sind. Ist auch in der erneuten Sitzung keine Beschlussfähigkeit nach Satz 3 gegeben, setzen die unparteiischen Mitglieder des Schiedsamtes den Vertragsinhalt fest. Auf diese Folgen ist in der Einladung zur erneuten Sitzung ausdrücklich hinzuweisen.

(9) Setzt das Schiedsamt innerhalb der Frist nach Absatz 3 Satz 1 oder Absatz 4 Satz 2 keinen Vertragsinhalt fest, setzt die für das jeweilige Schiedsamt zuständige Aufsichtsbehörde eine Frist zur Festsetzung des Vertragsinhalts. Nach Ablauf dieser Frist setzen die unparteiischen Mitglieder des Schiedsamtes den Vertragsinhalt fest. Die unparteiischen Mitglieder können auf Kosten der Vertragsparteien Datenerhebungen, Auswertungen oder Sachverständigengutachten in Auftrag geben. Klagen gegen Entscheidungen des Schiedsamtes sowie Klagen gegen Entscheidungen der Aufsichtsbehörden nach diesem Paragraphen haben keine aufschiebende Wirkung. Ein Vorverfahren findet in den Fällen des Satzes 4 nicht statt.

(10) Die Aufsicht über die Landesschiedsämter führen die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Verwaltungsbehörden der Länder. Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung eine andere Behörde als Aufsichtsbehörde bestimmen; die Landesregierungen können diese Ermächtigung auf die obersten Landesbehörden weiterübertragen. Die Aufsicht über die Bundesschiedsämter führt das Bundesministerium für Gesundheit. Die Aufsicht erstreckt sich auf die Beachtung von Gesetz und sonstigem Recht. Die Aufsicht umfasst auch das Recht zur Teilnahme an den Sitzungen der Schiedsämter; das Recht zur Teilnahme an den Sitzungen der Schiedsämter gilt auch für das Bundesversicherungsamt, sofern ihm die Entscheidungen der Schiedsämter gemäß Satz 6 vorzulegen sind. Die Entscheidungen der Schiedsämter über die Vergütung der Leistungen nach § 57 Absatz 1 und 2, den §§ 83, 85 und 87a sind der jeweiligen zuständigen Aufsichtsbehörde vorzulegen. Die Aufsichtsbehörden können die Entscheidungen bei einem Rechtsverstoß innerhalb von zwei Monaten nach Vorlage beanstanden. Für Klagen der Vertragspartner gegen die Beanstandung gilt Absatz 9 Satz 4 und 5 entsprechend.

(11) Das Bundesministerium für Gesundheit bestimmt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere über die Bestellung, die Amtsdauer, die Amtsführung, die Erstattung der baren Auslagen und die Entschädigung für Zeitaufwand der Mitglieder der Schiedsämter, die Geschäftsführung, das Verfahren, die Erhebung und die Höhe der Gebühren sowie über die Verteilung der Kosten.

(12) Der Verband Deutscher Zahntechniker-Innungen und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bilden ein weiteres Schiedsamt auf Bundesebene. Das Schiedsamt besteht aus Vertretern des Verbandes Deutscher Zahntechniker-Innungen und des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in gleicher Zahl sowie einem unparteiischen Vorsitzenden und zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern. Im Übrigen gelten die Absätze 3, 4, 5 Satz 4 bis 7, die Absätze 6, 7, 8, 9 und 10 Satz 3, 4 und 5 sowie die aufgrund des Absatzes 11 erlassene Schiedsamtsverordnung entsprechend.

(13) Die Innungsverbände der Zahntechniker, die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen bilden ein weiteres Schiedsamt auf Landesebene. Das Schiedsamt besteht aus Vertretern der Innungsverbände der Zahntechniker und der Krankenkassen in gleicher Zahl sowie einem unparteiischen Vorsitzenden und zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern. Im Übrigen gelten die Absätze 3, 4, 5 Satz 4 bis 7, die Absätze 6, 7, 8, 9 und 10 Satz 1, 2, 4 und 5 sowie die aufgrund des Absatzes 11 erlassene Verordnung entsprechend.

(1) Die Krankenkassen haben ihren Versicherten eine besondere hausärztliche Versorgung (hausarztzentrierte Versorgung) anzubieten.

(2) Dabei ist sicherzustellen, dass die hausarztzentrierte Versorgung insbesondere folgenden Anforderungen genügt, die über die vom Gemeinsamen Bundesausschuss sowie in den Bundesmantelverträgen geregelten Anforderungen an die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen:

1.
Teilnahme der Hausärzte an strukturierten Qualitätszirkeln zur Arzneimitteltherapie unter Leitung entsprechend geschulter Moderatoren,
2.
Behandlung nach für die hausärztliche Versorgung entwickelten, evidenzbasierten, praxiserprobten Leitlinien,
3.
Erfüllung der Fortbildungspflicht nach § 95d durch Teilnahme an Fortbildungen, die sich auf hausarzttypische Behandlungsprobleme konzentrieren, wie patientenzentrierte Gesprächsführung, psychosomatische Grundversorgung, Palliativmedizin, allgemeine Schmerztherapie, Geriatrie,
4.
Einführung eines einrichtungsinternen, auf die besonderen Bedingungen einer Hausarztpraxis zugeschnittenen, indikatorengestützten und wissenschaftlich anerkannten Qualitätsmanagements.

(3) Die Teilnahme an der hausarztzentrierten Versorgung ist freiwillig. Die Teilnehmer verpflichten sich schriftlich oder elektronisch gegenüber ihrer Krankenkasse, nur einen von ihnen aus dem Kreis der Hausärzte nach Absatz 4 gewählten Hausarzt in Anspruch zu nehmen sowie ambulante fachärztliche Behandlung mit Ausnahme der Leistungen der Augenärzte und Frauenärzte nur auf dessen Überweisung; die direkte Inanspruchnahme eines Kinder- und Jugendarztes bleibt unberührt. Die Versicherten können die Teilnahmeerklärung innerhalb von zwei Wochen nach deren Abgabe schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift bei der Krankenkasse ohne Angabe von Gründen widerrufen. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung an die Krankenkasse. Die Widerrufsfrist beginnt, wenn die Krankenkasse dem Versicherten eine Belehrung über sein Widerrufsrecht schriftlich oder elektronisch mitgeteilt hat, frühestens jedoch mit der Abgabe der Teilnahmeerklärung. Wird das Widerrufsrecht nicht ausgeübt, ist der Versicherte an seine Teilnahmeerklärung und an die Wahl seines Hausarztes mindestens ein Jahr gebunden; er darf den gewählten Hausarzt nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes wechseln. Das Nähere zur Durchführung der Teilnahme der Versicherten, insbesondere zur Bindung an den gewählten Hausarzt, zu weiteren Ausnahmen von dem Überweisungsgebot und zu den Folgen bei Pflichtverstößen der Versicherten, regeln die Krankenkassen in den Teilnahmeerklärungen. Die Satzung der Krankenkasse hat Regelungen zur Abgabe der Teilnahmeerklärung zu enthalten; die Regelungen sind auf der Grundlage der Richtlinie nach § 217f Absatz 4a zu treffen.

(4) Zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 haben Krankenkassen allein oder in Kooperation mit anderen Krankenkassen spätestens bis zum 30. Juni 2009 Verträge mit Gemeinschaften zu schließen, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der Kassenärztlichen Vereinigung vertreten. Können sich die Vertragsparteien nicht einigen, kann die Gemeinschaft die Einleitung eines Schiedsverfahrens nach Absatz 4a beantragen. Ist ein Vertrag nach Satz 1 zustande gekommen oder soll ein Vertrag zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen geschlossen werden, können Verträge auch abgeschlossen werden mit

1.
vertragsärztlichen Leistungserbringern, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen,
2.
Gemeinschaften dieser Leistungserbringer,
3.
Trägern von Einrichtungen, die eine hausarztzentrierte Versorgung durch vertragsärztliche Leistungserbringer, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen, anbieten,
4.
Kassenärztlichen Vereinigungen, soweit Gemeinschaften nach Nummer 2 sie hierzu ermächtigt haben.
Finden die Krankenkassen in dem Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung keinen Vertragspartner, der die Voraussetzungen nach Satz 1 erfüllt, haben sie zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 Verträge mit einem oder mehreren der in Satz 3 genannten Vertragspartner zu schließen. In den Fällen der Sätze 3 und 4 besteht kein Anspruch auf Vertragsabschluss; die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots ist unter Bekanntgabe objektiver Auswahlkriterien auszuschreiben. Soweit die hausärztliche Versorgung der Versicherten durch Verträge nach diesem Absatz durchgeführt wird, ist der Sicherstellungsauftrag nach § 75 Abs. 1 eingeschränkt. Satz 6 gilt nicht für die Organisation der vertragsärztlichen Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten.

(4a) Beantragt eine Gemeinschaft gemäß Absatz 4 Satz 2 die Einleitung eines Schiedsverfahrens, haben sich die Parteien auf eine unabhängige Schiedsperson zu verständigen, die den Inhalt des Vertrages nach Absatz 4 Satz 1 festlegt. Einigen sich die Parteien nicht auf eine Schiedsperson, so wird diese von der für die Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde bestimmt. Die Kosten des Schiedsverfahrens tragen die Vertragspartner zu gleichen Teilen. Klagen gegen die Bestimmung der Schiedsperson haben keine aufschiebende Wirkung. Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts richten sich gegen eine der beiden Vertragsparteien, nicht gegen die Schiedsperson.

(5) In den Verträgen nach Absatz 4 sind das Nähere über den Inhalt und die Durchführung der hausarztzentrierten Versorgung, insbesondere die Ausgestaltung der Anforderungen nach Absatz 2, sowie die Vergütung zu regeln; in Verträgen, die nach dem 31. März 2014 zustande kommen, sind zudem Wirtschaftlichkeitskriterien und Maßnahmen bei Nichteinhaltung der vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien sowie Regelungen zur Qualitätssicherung zu vereinbaren. Eine Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigung bei der Ausgestaltung und Umsetzung der Anforderungen nach Absatz 2 ist möglich. Die Verträge können auch Abweichendes von den im Dritten Kapitel benannten Leistungen beinhalten, soweit sie die in § 11 Absatz 6 genannten Leistungen, Leistungen nach den §§ 20i, 25, 26, 37a und 37b sowie ärztliche Leistungen einschließlich neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden betreffen, soweit der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 im Rahmen der Beschlüsse nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 keine ablehnende Entscheidung getroffen hat. Die Einzelverträge können Abweichendes von den Vorschriften dieses Kapitels sowie den nach diesen Vorschriften getroffenen Regelungen regeln. § 106d Absatz 3 gilt hinsichtlich der arzt- und versichertenbezogenen Prüfung der Abrechnungen auf Rechtmäßigkeit entsprechend. Zugelassene strukturierte Behandlungsprogramme nach §§ 137f und 137g sind, soweit sie die hausärztliche Versorgung betreffen, Bestandteil der Verträge nach Absatz 4. Vereinbarungen über zusätzliche Vergütungen für Diagnosen können nicht Gegenstand der Verträge sein.

(5a) Kündigt die Krankenkasse einen Vertrag nach Absatz 4 und kommt bis zum Ablauf dieses Vertrages kein neuer Vertrag zustande, gelten die Bestimmungen des bisherigen Vertrages vorläufig bis zum Zustandekommen eines neuen Vertrages weiter. Dies gilt nicht bei einer außerordentlichen Kündigung nach § 71 Absatz 6 Satz 3.

(6) Die Krankenkassen haben ihre Versicherten in geeigneter Weise umfassend über Inhalt und Ziele der hausarztzentrierten Versorgung sowie über die jeweils wohnortnah teilnehmenden Hausärzte zu informieren.

(7) Die Vertragspartner der Gesamtverträge haben den Behandlungsbedarf nach § 87a Absatz 3 Satz 2 zu bereinigen. Die Bereinigung erfolgt rechtzeitig zu dem Kalendervierteljahr, für welches die Gesamtvergütung bereinigt werden soll, entsprechend der Zahl und der Morbiditätsstruktur der für dieses Kalendervierteljahr eingeschriebenen Versicherten sowie dem vertraglich vereinbarten Inhalt der hausarztzentrierten Versorgung nach Maßgabe der Vorgaben des Bewertungsausschusses nach § 87a Absatz 5 Satz 7. Dabei können die Bereinigungsbeträge unter Beachtung der Maßgaben nach Satz 2 auch pauschaliert ermittelt werden. Kommt eine rechtzeitige Einigung über die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nicht zustande, können auch die Vertragspartner der Verträge über eine hausarztzentrierte Versorgung das Schiedsamt nach § 89 anrufen. Die für die Bereinigungsverfahren erforderlichen arzt- und versichertenbezogenen Daten übermitteln die Krankenkassen den zuständigen Gesamtvertragspartnern bis spätestens drei Wochen vor dem Kalendervierteljahr, für welches die Gesamtvergütung für die in diesem Kalendervierteljahr eingeschriebenen Versicherten bereinigt werden soll. Die Krankenkasse kann, falls eine rechtzeitige Bereinigung nicht festgesetzt worden ist, den Behandlungsbedarf unter Beachtung der Maßgaben nach Satz 2 vorläufig bereinigen. Sie kann auch die Anerkennung und Umsetzung des geltenden Bereinigungsverfahrens für die Bereinigung der Gesamtvergütung für an der hausarztzentrierten Versorgung teilnehmende Versicherte mit Wohnort im Bezirk anderer Kassenärztlichen Vereinigungen von diesen Kassenärztlichen Vereinigungen verlangen. Für die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nach Satz 7 sowie für den Fall der Rückführung von Bereinigungsbeträgen bei Beendigung der Teilnahme eines Versicherten sind die Verfahren gemäß § 87a Absatz 5 Satz 9 anzuwenden. Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben die zur Bereinigung erforderlichen Vorgaben im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben umzusetzen.

(8) Die Vertragsparteien nach Absatz 4 können vereinbaren, dass Aufwendungen für Leistungen, die über die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen und insoweit nicht unter die Bereinigungspflicht nach Absatz 7 fallen, aus Einsparungen und Effizienzsteigerungen, die aus den Maßnahmen von Verträgen nach Absatz 4 erzielt werden, finanziert werden.

(9) Die Einhaltung der nach Absatz 5 Satz 1 vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien muss spätestens vier Jahre nach dem Wirksamwerden der zugrunde liegenden Verträge nachweisbar sein; § 88 Absatz 2 des Vierten Buches gilt entsprechend.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 18. Dezember 2013 und des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. April 2012 geändert. Es wird festgestellt, dass der durch die Schiedsperson zwischen den Beteiligten festgesetzte Vertrag zur hausarztzentrierten Versorgung mit bundesrechtlichen Bestimmungen zum Datenschutz nicht vereinbar ist. Insoweit sind die Beteiligten verpflichtet, den Vertrag zu ändern.

Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt 9/10 und die Beklagten tragen 1/10 der Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen.

Tatbestand

1

Die klagende Krankenkasse wendet sich gegen einen Schiedsspruch, mit dem der Inhalt eines Vertrages zur hausarztzentrierten Versorgung (HzV) nach § 73b SGB V zwischen ihr und den beiden beklagten Hausarztverbänden festgelegt worden ist.

2

Nachdem sich Klägerin und Beklagte nicht über den Abschluss eines Vertrages zur HzV einigen konnten, beantragten die Beklagten die Einleitung des Schiedsverfahrens. Die Schiedsperson wurde durch das Bundesversicherungsamt (BVA) bestimmt, nachdem auch dazu keine Einigung erzielt werden konnte. Gegen den Bescheid des BVA zur Bestimmung der Schiedsperson wandte sich die Klägerin mit der Klage und beantragte zugleich die Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Diesen Antrag wies das SG zurück. Die dagegen eingelegten Beschwerden nahm die Klägerin zurück, nachdem der Schiedsspruch ergangen war.

3

Mit einem weiteren Eilverfahren wandte sich die Klägerin erfolglos gegen die Festsetzung eines Verhandlungstermins durch die Schiedsperson. An der anberaumten mündlichen Verhandlung nahm die Klägerin nicht teil. Zu dem von den Beklagten vorgelegten Vertragsangebot nahm die Klägerin mit insgesamt 68 Einzelanträgen Stellung.

4

Mit Schiedsspruch vom 9.9.2010 setzte die Schiedsperson den Inhalt des Vertrages zur HzV mit Wirkung zum 15.9.2010 fest und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Die Beklagten erfüllten die Voraussetzung, nach der sie mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) Baden-Württemberg vertreten müssten. Die gesetzliche Regelung könne nicht in dem Sinne verstanden werden, dass eine rechtsgeschäftliche Vertretung im Sinne des § 164 Abs 1 BGB erforderlich sei. Vielmehr sei mit der Formulierung des "Vertretens" gemeint, dass die Gemeinschaften eine gewisse soziale Mächtigkeit haben müssten, damit eine flächendeckende Versorgung mit Hausarztverträgen wahrscheinlich sichergestellt werden könne. Da mehr als die Hälfte der Allgemeinärzte Mitglied der beiden beklagten Verbände seien, seien die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt. Selbst wenn nicht auf dieses Verständnis des "Vertretens" abgestellt würde, seien die Voraussetzungen erfüllt, weil mehr als die Hälfte der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte die Beklagten zu 1. und 2. mit dem Abschluss von Verträgen zur HzV beauftragt hätten. Die Schiedsperson sei keine Behörde und sie erlasse auch keinen Verwaltungsakt, sondern werde als Vertragshelfer tätig. Als solche habe sie in Wahrnehmung ihres Bestimmungsrechts den Inhalt des Vertrages zur HzV nach billigem Ermessen festzusetzen. In Ausübung ihres billigen Ermessens habe sie entschieden, den Vertrag zur HzV als sog Vollversorgungs- oder Bereinigungsvertrag und nicht als sog Add-on-Vertrag festzusetzen. Allein die Vereinbarung von Vollversorgungsverträgen entspreche der Intention des Gesetzes, mehr Wettbewerb zwischen den Krankenkassen durch Erweiterung ihrer Handlungsspielräume zum Abschluss von Verträgen mit Leistungserbringern oder Gruppen von ihnen zu ermöglichen.

5

Der festgelegte Vertragsinhalt entspreche den gesetzlichen Anforderungen an eine HzV und führe zu einer Verbesserung der hausärztlichen Versorgung für die Versicherten. Er entspreche hinsichtlich des Leistungsinhalts in vollem Umfang den Forderungen, die die Krankenkassen in früher geführten Schiedsverfahren für den Bezirk der KÄV Bayern aufgestellt hätten und gehe auch hinsichtlich der qualitativen Anforderungen über die gesetzlichen Anforderungen hinaus. Hinsichtlich der Vergütung der in der HzV zu erbringenden Leistungen orientiere sich der Vertrag in Ausübung billigen Ermessens an dem Vertrag, den die BKK-Vertragsarbeitsgemeinschaft für den Bezirk der KÄV Baden-Württemberg abgeschlossen habe. Vergleichbare Vergütungsregelungen fänden sich auch in zahlreichen weiteren Verträgen zur HzV, die Krankenkassen mit Gemeinschaften von Hausärzten geschlossen hätten. Bei der Festsetzung der Höhe der Vergütung seien die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Beitragssatzstabilität zu beachten. Dem werde die Vergütungsstruktur sowie die daran anknüpfende Vergütungshöhe gerecht. Die wirtschaftlichen Risiken der Krankenkassen würden durch verschiedene - in der Begründung des Schiedsspruchs im Einzelnen bezeichnete - Maßnahmen beschränkt. Den durch die Vergütung der HzV-Leistungen bedingten Mehrausgaben stünden Einsparungen gegenüber, die jedoch schwer genauer zu prognostizieren seien. Allerdings zeigten Erfahrungswerte aus bereits laufenden HzV-Verträgen, dass (in der Begründung des Schiedsspruchs näher bezeichnete) Einsparungen erzielt würden, mit denen sich die Mehrausgaben finanzieren ließen. Einer Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson stehe auch nicht entgegen, dass die Auftragsvergabe nicht nach den Vorschriften des Vergaberechts ausgeschrieben worden sei und dass die Anwendung des Sozialdatenschutzes auf die HzV-Verträge umstritten sei. Die Anwendung der Regelungen über den Datenschutz sei zwar streitig. Im Gegensatz zum unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein hätten die Landesdatenschutzbeauftragten für Bayern und Baden-Württemberg aber bisher keinen Anlass zu einer datenschutzrechtlichen Beanstandung bezogen auf die bestehenden HzV-Verträge gesehen. Im Hinblick auf diese Rechtslage werde von der Festsetzung einer datenschutzrechtlichen Regelung abgesehen. Die Schaffung einer datenschutzkonformen Regelung über die Weitergabe von Patientendaten an private Abrechnungsstellen bleibe auf der Rechtsgrundlage des § 295 Abs 1b SGB V bilateralen Behandlungen der Beteiligten überlassen. Eine Festsetzung der HzV-Vergütung auf dem Niveau der Regelversorgung scheide aus, weil im Rahmen der HzV ein bestimmtes Ausstattungsniveau der teilnehmenden hausärztlichen Praxen vorgegeben werde. Der an der HzV teilnehmende Hausarzt sei außerdem zur Erlangung bestimmter Weiterbildungsmaßnahmen und Abrechnungsqualifikationen verpflichtet, die in der Regelversorgung nicht gefordert seien. Hinzu trete die verpflichtende Teilnahme des teilnehmenden Hausarztes an den Disease-Management-Programmen sowie die Wahrnehmung der Betreuung von pflegebedürftigen Patienten. Zudem bestehe die Verpflichtung zur Teilnahme an Fortbildungen, zu hausarztspezifischen Themen, was über die generelle Fortbildungspflicht gemäß § 95d SGB V hinausgehe. Schließlich sei das Dienstleistungsangebot der hausärztlichen Praxen in der HzV erweitert. Diese erweiterten Qualifikationen, apparativen Ausstattungen und verbesserten Dienstleistungsangebote führten zu einer Verbesserung der hausärztlichen Versorgung, die ein höheres Vergütungsniveau im Vergleich zur hausärztlichen Regelversorgung rechtfertige. Durch das gegen die Bestimmung der Schiedsperson anhängige Klageverfahren werde das Wirksamwerden des Vertrages zur HzV nicht gehindert, weil die Klage gemäß § 73b Abs 4a SGB V keine aufschiebende Wirkung habe.

6

Gegen den Schiedsspruch vom 9.9.2010 hat sich die Klägerin mit der am 9.9.2011 erhobenen Klage gewandt und beantragt festzustellen, dass der Schiedsspruch unwirksam sei. Hilfsweise hat sie beantragt, die Regelung zum Inkrafttreten um den Zusatz zu ergänzen, dass der Vertrag nicht in Kraft trete, bevor nicht sämtliche Anlagen zum Vertrag durch die Parteien vereinbart oder durch weiteren Schiedsspruch festgesetzt worden seien. Mit der gegen die Abweisung der Klage (Urteil des SG vom 25.4.2012) erhobenen Berufung hat die Klägerin ua geltend gemacht, dass es sich bei der Entscheidung der Schiedsperson nicht um einen Verwaltungsakt handele. Sie gehe aber davon aus, dass eine isolierte Anfechtungsklage zulässig sein müsse. Sofern der Schiedsspruch ein Verwaltungsakt sein sollte, komme eine Leistungsklage in Form der Ersetzungsklage kaum in Betracht, da der Klägerin kein Recht zustehe, den Verwaltungsakt nach ihren Vorstellungen vollständig durch das Gericht ersetzen zu lassen. Demgegenüber haben die Beklagten die Auffassung vertreten, dass der Schiedsspruch als Verwaltungsakt anzusehen und als solcher rechtmäßig sei.

7

Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich bei dem Schiedsspruch vom 9.9.2010 um einen Verwaltungsakt handele. Für Beschlüsse einer Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V gelte nichts anderes als für Entscheidungen der Schiedsämter gemäß § 89 SGB V und der Schiedsstellen nach § 114 SGB V. § 73b Abs 4a Satz 2 SGB V regele ein förmliches Schiedsverfahren. Zudem habe das BSG für den hier einschlägigen Bereich des Vertragsarztrechts seit jeher die Verwaltungsaktqualität des Schiedsspruchs bejaht. Auch die Änderung des § 73b Abs 4a SGB V zum 1.1.2012 durch das Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VStG) vom 22.12.2011 (BGBl I 2983) spreche nicht gegen die Annahme der Verwaltungsaktqualität des Schiedsspruchs. Bei der Schiedsperson handele es sich um eine Behörde im Sinne des § 1 Abs 2 SGB X. Dem stehe auch nicht der Umstand entgegen, dass keine Regelung zur staatlichen Aufsicht über die Schiedsperson existiere. Wenn verfassungsrechtlich zu fordernde Regelungen zur Aufsicht fehlten, könne dies allenfalls die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung zur Folge haben. Schiedspersonen nähmen Aufgaben öffentlicher Verwaltung wahr, wenn sie die Vertragsverhältnisse zwischen einer Krankenkasse und den Verbänden der Hausärzte festlegten. Bei dem Schiedsspruch der Schiedsperson handele es sich um eine für Ärzte, Patienten und Krankenkassen außerordentlich weitreichende Entscheidung. Für die gerichtliche Prüfung derart komplexer Regelungen mit weitreichenden Auswirkungen eigneten sich die über § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V entsprechend geltenden Vorschriften der §§ 317 ff BGB über den Vertragshelfer nicht. § 317 BGB regele den Fall, dass die Bestimmung der Leistung einem Dritten überlassen bleibe. § 317 BGB überlasse der Schiedsperson nicht die Bestimmung des Vertragsinhalts, sondern die Bestimmung der Leistung. Vorliegend würden von der Schiedsperson aber sämtliche gegenseitigen Rechte und Pflichten der Vertragsparteien festgelegt. Die Festlegung eines Vertrages über die HzV durch die Schiedsperson gehe somit weit über das hinaus, was Vertragshelfer nach § 317 BGB üblicherweise festlegen könnten. Zudem erweise sich der in § 319 BGB genannte Maßstab des "billigen Ermessens" als wenig geeignet für die Prüfung des von der Schiedsperson festgelegten Vertragsinhalts. Schließlich verhindere die Rechtskonstruktion des Vertragshelfers nicht eine Verzögerung der Umsetzung des geschiedsten Vertrages durch in destruktiver Absicht eingelegte Rechtsmittel. Dies zeige der vorliegende Fall. Für die Erhebung der Gestaltungsklagen gelte keine Ausschlussfrist. Damit bleibe für die Vertragsparteien lange unklar, ob der festgelegte Vertrag rechtsverbindlich werde. Auch der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung helfe nicht weiter, weil der Vertrag in der Praxis regelmäßig erst dann als umsetzbar angesehen werde, wenn dessen rechtliche Verbindlichkeit auch feststehe. Auch dies zeige der vorliegende Fall.

8

Die isolierte Anfechtungsklage sei zulässig, jedoch nicht begründet. Der Schiedsperson stehe bei der Festlegung des Vertragsinhalts ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Der Schiedsspruch sei nur in eingeschränktem Umfang gerichtlicher Kontrolle zugänglich. Verstöße gegen wesentliche verfahrensrechtliche Grundsätze lägen nicht vor. Die Schiedsperson habe die Festlegung des Vertragsinhalts ausführlich begründet. Soweit die Klägerin das Fehlen einer Ausgabenobergrenze rüge, übersehe sie § 10 Abs 9 des Vertrages, der eine Begrenzung der HzV-Vergütung auf einen durchschnittlichen maximalen Fallwert von 76 Euro vorsehe. Unbegründet sei auch der Einwand der Klägerin, dass der Vertrag an mehreren Stellen gegen ihre Satzungsregelungen verstoße. Der Vertrag begründe keine Rechte und Pflichten der Versicherten. Den von den Vertragsparteien oder nach Maßgabe des § 73b Abs 4a SGB V von der Schiedsperson an deren Stelle getroffenen Festlegungen komme Vorrang vor dem Satzungsrecht der einzelnen Krankenkasse zu. Die Krankenkasse müsse den sie bindenden Vertrag bei jeglicher Verwaltungstätigkeit einhalten. Wenn die Satzung der Krankenkasse mit den Festlegungen des Vertrages nicht in Einklang stehe, müsse sie daher die Satzung entsprechend ändern und an den Vertrag anpassen. Für den gestellten Hilfsantrag mit dem Ziel, das Inkrafttreten des Vertrages auf den Zeitpunkt zu verschieben, zu dem sämtliche Anlagen vereinbart oder durch Schiedsspruch festgesetzt worden seien, fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Nach § 16 Abs 4 des Vertrages sei dieser zum Halbjahres- oder Jahresende, erstmals zum 31.12.2013 mit einer Frist von sechs Monaten kündbar. Damit werde der Klägerin eine einfachere rechtliche Möglichkeit eröffnet, die Rechtswirkungen des Vertrages zu beseitigen. Zudem müsse sich die Klägerin widersprüchliches Verhalten entgegenhalten lassen. Mit dem Hinausschieben des Inkrafttretens würde der gesetzlich begründete Kontrahierungszwang vereitelt. Aus dem gesamten Verhalten der Klägerin sei zu erkennen, dass sie sich weigere, ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Eröffnung des Angebots einer HzV nachzukommen. Ernsthafte Bemühungen, die fehlenden Vertragsanlagen auszuhandeln, seien nicht ersichtlich. Darüber hinaus sei der Hilfsantrag auch in der Sache nicht begründet. Ausreichend sei, dass der Schiedsspruch in sich schlüssig sei und dass die geregelten Vertragsteile von den Vertragsparteien umgesetzt werden könnten. Daran bestehe kein Zweifel, weil Verträge mit vergleichbaren Inhalten von anderen Krankenkassen durchgeführt würden.

9

Zur Begründung ihrer Revision trägt die Klägerin im Wesentlichen vor: Die erhobene Anfechtungsklage sei statthaft, da es sich bei dem Schiedsspruch der Schiedsperson nach § 73b SGB V um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X handele. Sämtliche LSG hätten § 73b Abs 4, Abs 4a SGB V in der Weise ausgelegt. Ihre zuvor vertretene gegenteilige Rechtsauffassung halte sie nicht mehr aufrecht. Änderungen des § 73b SGB V, die zum 1.1.2012 in Kraft getreten seien, seien für das vorliegende Verfahren von vornherein nicht relevant, da für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt des Erlasses des Schiedsspruchs am 9.9.2010 maßgeblich sei. Mit der Festsetzung des Vertrages über die besondere hausärztliche Versorgung nach § 73b SGB V treffe die Schiedsperson eine hoheitliche Entscheidung auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts, die unmittelbare Rechtswirkung im Außenverhältnis habe, indem sie verbindlich den Vertrag zwischen den Parteien des Schiedsverfahrens festsetze. Der Schiedsspruch zur HzV unterscheide sich insofern nicht von dem Schiedsspruch nach § 77 SGB XII, für den sowohl das BVerwG als auch das BSG die Verwaltungsaktqualität ausdrücklich bejaht hätten.

10

Entgegen der Auffassung des LSG sei das Rechtsschutzinteresse nicht im Hinblick auf die zum 31.12.2013 erstmals bestehende Kündigungsmöglichkeit entfallen. Die ordentliche Kündigung des Vertrages zur HzV führe nicht automatisch zu dessen Beendigung, sondern der Vertrag gelte - wenn ein neuer Vertrag zur HzV nicht zustande komme - solange fort, bis in einem Schiedsverfahren ein neuer Vertrag zur HzV festgesetzt worden sei. Die Umsetzung des streitgegenständlichen Vertrages werde zu Recht verweigert. Die Klage habe selbst dann aufschiebende Wirkung, wenn es sich bei dem Schiedsspruch nicht um einen Verwaltungsakt, sondern um eine Vertragsfestlegung durch einen Dritten entsprechend §§ 315, 317 BGB handeln würde. Bereits die Erhebung der Einrede der offenbaren Unbilligkeit der Vertragsfestsetzung führe ggf entsprechend § 319 Abs 1 BGB zur Unverbindlichkeit der durch den Schiedsspruch getroffenen Vertragsbestimmungen.

11

Der Schiedsspruch sei mit zwingend zu beachtenden bundesrechtlichen Vorgaben zum Datenschutz unvereinbar. Für die nach dem Vertrag zur HzV vorgesehene Einbindung der Beklagten und der Hausärztlichen Vertragsgemeinschaft eG (HÄVG) sowie von Unterauftragsunternehmern in die Verarbeitung sensibler Patientendaten fehle die nach der Rechtsprechung des BSG zwingend erforderliche gesetzliche Grundlage. Auch das Inkrafttreten des § 295a SGB V zum 4.8.2011 ändere nichts an der datenschutzrechtlichen Unzulässigkeit des Vertrages zur HzV. Maßgebend sei die zum Zeitpunkt des Erlasses des Schiedsspruchs am 9.9.2010 geltende Rechtslage. Selbst wenn die zum 4.8.2011 eingetretenen Änderungen berücksichtigt würden, bliebe es bei der Unvereinbarkeit mit datenschutzrechtlichen Vorgaben. Die in dem Vertrag vorgesehene zwangsweise Verknüpfung der Teilnahme an der HzV mit einer Pflicht zur Weitergabe von Patientendaten an einen bestimmten Dienstleister sei mit den datenschutzrechtlich an die "verantwortliche Stelle" zu stellenden Anforderungen unvereinbar. Weiterhin unzulässig sei der vorgesehene Einsatz einer Vertragssoftware mit einem sog "gekapselten Kern", zu dessen Einsatz die teilnehmenden Hausärzte verpflichtet würden. Damit werde die Möglichkeit geschaffen, Patientendaten aus dem System des Hausarztes an die Beklagten bzw die HÄVG zu übermitteln, ohne dass dies für den Hausarzt im Einzelnen nachvollziehbar bzw kontrollierbar sei. Außerdem erlaube der neue § 295a Abs 2 SGB V lediglicheinen Dienstleister in die Verarbeitung von Patientendaten einzubinden. Die Begründung von Unterauftragsverhältnissen werde ausdrücklich ausgeschlossen. Im Widerspruch dazu sehe § 6 Abs 1 der Anlage 3 des streitgegenständlichen Vertrages zur HzV die Einbindung der HÄVG Rechenzentrum AG als Subunternehmer der HÄVG vor. Rechtswidrig sei ferner die in § 6 Abs 10 der Anlage 3 zum Vertrag geregelte Befugnis der HÄVG, nach eigenem Gutdünken Patientendaten für "Musterverfahren" zur Klärung grundsätzlicher Fragen der Auslegung des Vertrages zur HzV zu verwenden. Unzulässig sei auch die vorgesehene Einbindung der HÄVG in die Einschreibung von Versicherten. Nach § 295a Abs 1 Satz 3 SGB V dürften die auf Leistungserbringerseite von den teilnehmenden Hausärzten übermittelten Patientendaten ausschließlich für Abrechnungszwecke verwendet werden.

12

Zudem werde durch Mehrkosten, die der Vertrag unstreitig auslöse und deren Finanzierung durch Einsparungen und Effizienzsteigerungen nicht gesichert sei, das in § 53 Abs 9 SGB V normierte Gebot der Selbsttragung des Wahltarifs verletzt. Der Wahltarif sei zwingend mit der HzV nach § 73b SGB V verbunden. Nach § 53 Abs 3 SGB V dürften für einen Wahltarif für die besonderen Versorgungsformen keine Zusatzbeiträge erhoben werden. Gleichzeitig verbiete § 53 Abs 9 SGB V eine Quersubventionierung der Wahltarife aus dem allgemeinen Beitragsaufkommen. Dass durch den Vertrag zur HzV Mehrkosten gegenüber der hausärztlichen Regelversorgung entstünden, sei unstreitig. Dem stünden keine gesicherten Refinanzierungsmaßnahmen gegenüber. Darüber hinaus werde der Grundsatz der Beitragssatzstabilität des § 71 Abs 1 SGB V verletzt, der alle Vergütungsvereinbarungen nach dem SGB V erfasse, weil nicht refinanzierte Mehrausgaben nicht verlässlich ausgeschlossen seien. Die Erhebung von Zwangsbeiträgen der Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung für die Subventionierung der HzV verletze Art 2 Abs 1 GG. Zudem würde durch die damit verbundene Aufgabe des Solidaritätsprinzips die Unternehmenseigenschaft der Krankenkassen im Sinne des Art 101 ff des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union begründet.

13

Der Schiedsspruch verletze Bundesrecht auch deshalb, weil die Vertragsfestsetzung unvollständig sei. Obwohl der Hilfsmittelbereich als Bereich möglicher Einsparungen in der Begründung des Schiedsspruchs ausdrücklich angesprochen werde und die Anlage 2a zum Hilfsmittelmanagement in § 23 des Vertrages zur HzV genannt werde, habe die Schiedsperson diese Anlage nicht festgelegt. Aus § 23 des Vertrages zur HzV ergebe sich vielmehr, dass diese "in gemeinsamer Absprache noch zu erstellen" sei. Dies sei mit § 73b Abs 5 Satz 1 SGB V unvereinbar. Gleiches gelte für die fehlenden Anhänge 2 bis 4 der festgesetzten Anlage 3 des Vertrages. Diese sollten ausweislich § 9 der Anlage 3 des Vertrages die Diagnosen zur Abrechnung des Zuschlags für chronisch Kranke, des Zuschlags zur Förderung einer wirtschaftlichen Arzneimittelverordnung ("Rationaler Pharmakotherapie-Zuschlag") sowie eines Zuschlags (sog VERAH-Zuschlag) für Leistungen von besonders qualifizierten medizinischen Fachangestellten ("Versorgungsassistenten") enthalten.

14

Ferner habe die Schiedsperson ihren Gestaltungsspielraum überschritten, indem sie Regelungen zur Durchführung der Teilnahme der Versicherten zum Gegenstand des Vertrages zur HzV gemacht habe. Die Einschreibebestimmungen des Vertrages zur HzV seien nicht von der Vertragsregelungsbefugnis der Schiedsperson umfasst. Vielmehr habe die Regelung der Teilnahme von Versicherten an der HzV in der Satzung der Krankenkasse zu erfolgen. Die Teilnahme der Versicherten werde in dem Vertrag zur HzV in Widerspruch zu Satzungsbestimmungen der Klägerin geregelt. Dies sei rechtswidrig. Darüber hinaus verletze der Schiedsspruch Bundesrecht, weil dem Beklagten zu 2. (MEDI Baden-Württemberg e.V.) die erforderliche Antragsbefugnis zur Einleitung eines Schiedsverfahrens fehle. Schiedsverfahren könnten nur von Gemeinschaften beantragt werden, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der KÄV vertreten. Diese Voraussetzung erfülle der Beklagte zu 2. nicht.

15

Die Schiedsperson habe ihren Beurteilungsspielraum überschritten, indem sie sich bei der Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend an anderen HzV-Verträgen orientiert habe. Die anderen HzV-Verträgen zugrunde liegenden Verhältnisse seien nicht auf die Klägerin übertragbar. Die Schiedsperson hätte sich mit der konkreten Situation der Klägerin und deren Versicherten auseinandersetzen müssen. Das sei nicht geschehen. Ferner sei die Schiedsperson zu Unrecht davon ausgegangen, dass allein ein Vollversorgungsvertrag, nicht dagegen ein sog Add-on-Vertrag der Intention des Gesetzgebers entsprechen würde. Damit habe die Schiedsperson den rechtlichen Rahmen verkannt, der ihrem Gestaltungsspielraum zugrunde liegt. Somit leide der Schiedsspruch an einem nicht heilbaren Fehler.

16

Selbst wenn der Schiedsspruch nicht als Verwaltungsakt anzusehen wäre, sei der auf Aufhebung dieses Schiedsspruchs gerichtete Antrag zulässig. Die Festsetzung des Vertragsinhalts durch das Gericht in entsprechender Anwendung des § 319 BGB sei unter Beachtung des Grundsatzes der Gewaltenteilung ausgeschlossen. Denn der Abschluss des öffentlich-rechtlichen Vertrages über die HzV nach § 73b SGB V sei Aufgabe der Krankenkassen als Selbstverwaltungskörperschaften und Teil der mittelbaren Staatsverwaltung. In die Gestaltungs- und Entscheidungsspielräume könne die Rechtsprechung als Kontrollinstanz der Verwaltung nicht in der Form eingreifen, dass sie ihre eigenen Erwägungen an die Stelle derjenigen der Verwaltung setze.

17

Die Klägerin beantragt,

        

1.    

die Urteile des LSG Baden-Württemberg vom 18.12.2013 und des SG Stuttgart vom 25.4.2012 zu ändern und den Schiedsspruch vom 9.9.2010 aufzuheben,

        

2.    

hilfsweise, das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 18.12.2013 aufzuheben und den Rechtsstreit an das LSG Baden-Württemberg zur Ersetzung der Regelungen des Schiedsspruchs nach billigem Ermessen durch Urteil gemäß § 319 Abs 1 Satz 2, 1. Halbsatz BGB iVm § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V unter Beachtung der Rechtsauffassung des Bundessozialgerichts zurückzuverweisen,

        

3.    

weiter hilfsweise unter Änderung der Urteile des LSG Baden-Württemberg vom 18.12.2013 und des SG Stuttgart vom 25.4.2012 festzustellen, dass der durch die Schiedsperson zwischen den Beteiligten festgesetzte HzV-Vertrag mit Bundesrecht nicht vereinbar ist.

18

Die Beklagten beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

19

Sie führen zur Begründung aus: Das angefochtene Urteil des LSG sei im Ergebnis nicht zu beanstanden. Allerdings sei der Schiedsspruch kein Verwaltungsakt. Mit dem GKV-VStG habe der Gesetzgeber eindeutig geregelt, dass es sich bei dem Schiedsspruch der Schiedsperson nicht um einen Verwaltungsakt handele, sondern dass die Schiedsperson als Vertragshelfer analog § 317 BGB tätig werde. Die in der Rechtsprechung angestellten Erwägungen zur fehlenden Behördeneigenschaft von Schiedspersonen nach § 132a Abs 2 SGB V seien auf die Schiedspersonen gemäß § 73b Abs 4a SGB V übertragbar. Auch der Umstand, dass die Schiedsperson die in einem Schiedsverfahren festgelegten Verträge der für die Krankenkassen zuständigen Aufsichtsbehörde vorzulegen habe, stehe dem nicht entgegen, da die Vorlage auch bei frei verhandelten Verträgen durch die Krankenkasse zu erfolgen habe. Der Schiedsspruch sei rechtlich nicht zu beanstanden. Mit den Anträgen der Klägerin habe sich die Schiedsperson erkennbar auseinandergesetzt und diese gewürdigt. Die Schiedsperson habe den Inhalt des Vertrages zur HzV nach billigem Ermessen festgesetzt und zugleich berücksichtigt, dass zahlreiche weitere Krankenkassen im Bundesgebiet ähnliche Verträge mit vergleichbarem Inhalt und vergleichbarer Vergütungsstruktur mit den jeweiligen Hausarztgemeinschaften vereinbart hätten. Es seien keine wesentlichen Vertragsbestandteile ungeregelt geblieben. Soweit den Vertragspartnern überlassen worden sei, im späteren Verlauf Umsetzungsaufgaben und Steuerungsmodule, zB für den Bereich der Arzneimittelverordnung selbst zu verhandeln, sei dies sachgerecht, weil die Vertragspartner damit auf die sich ständig ändernden Arzneimittelrabattverträge reagieren könnten. Auch würden Vorschriften zum Datenschutz nicht verletzt. Maßgebend für die Beurteilung sei die aktuelle Rechtslage und nicht die Rechtslage, die bei Erlass des Schiedsspruchs gegolten habe. Die im Schiedsspruch vorgesehene Verwendung eines "gekapselten Kerns" sei auch nach Auffassung des Bayerischen Landesamtes für Datenschutzaufsicht nicht zu beanstanden. Soweit sich die Klägerin gegen die im Vertrag enthaltene Befugnis zur Führung von Musterverfahren unter Verwendung personenbezogener Daten wende, sei darauf hinzuweisen, dass die HÄVG keine Musterverfahren führe. Die Klägerin sei im Übrigen nicht legitimiert, im vorliegenden Verfahren Datenschutzrechte der Patienten geltend zu machen. Bezogen auf die geltend gemachten Widersprüche zwischen dem Vertrag zur HzV und den Satzungsregelungen der Klägerin habe das LSG zutreffend die Auffassung vertreten, dass die Regelungen des Vertrages zur HzV der Satzung vorgingen. Mit dem vorliegenden Klageverfahren unterlaufe die Klägerin den gesetzlichen Kontrahierungszwang. Die Klägerin sei verpflichtet, ihren Versicherten eine HzV anzubieten und mit qualifizierten Gemeinschaften einen Vertrag zur HzV zu schließen. Gleichwohl habe die Klägerin bis heute die Umsetzung des weiterhin geltenden Vertrages verweigert und auch keinen Antrag auf Verpflichtung zur Neufestsetzung des Vertrages zur HzV mit den von ihr begehrten Modifizierungen gestellt.

Entscheidungsgründe

20

Die Revision der Klägerin hat nur insoweit Erfolg, als die Unvereinbarkeit von Regelungen des Vertrages zur HzV mit datenschutzrechtlichen Bestimmungen festzustellen war. Im Übrigen hat das LSG die Berufung der Klägerin gegen das klagabweisende Urteil des SG im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.

21

1. Das SG war zur Entscheidung im ersten Rechtszug nach § 8 SGG sachlich zuständig, da einer der in § 29 Abs 2 SGG geregelten Sonderfälle der sachlichen Zuständigkeit der Landessozialgerichte für eine Entscheidung im ersten Rechtszug nicht vorliegt. Insbesondere liegt keine Klage gegen Entscheidungen der Landesschiedsämter oder gegen Beanstandungen von Entscheidungen der Landesschiedsämter nach dem SGB V, gegen Entscheidungen der Schiedsstellen nach § 120 Abs 4 SGB V, der Schiedsstelle nach § 76 SGB XI oder der Schiedsstellen nach § 80 SGB XII vor. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Entscheidung einer Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V. Die Aufzählung in § 29 Abs 2 SGG ist abschließend, sodass die Vorschrift nicht entsprechend anwendbar ist (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 29 RdNr 4; Schreiber in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl 2014, § 29 RdNr 8; Ulrich, NZS 2011, 448, 451 ff; zur Bestimmung einer Schiedsperson nach § 132a Abs 2 Satz 7 SGB V vgl BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 7 RdNr 13 f, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen).

22

2. Die mit dem Antrag zu 1. erhobene Anfechtungsklage ist nicht statthaft und damit unzulässig.

23

a) Nach § 54 Abs 1 Satz 1 SGG muss sich die Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt richten. Die Festlegung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson nach § 73b SGB V ist jedoch nicht in der Form eines Verwaltungsakts ergangen und die Schiedsperson hat auch nicht für sich in Anspruch genommen, durch Verwaltungsakt entscheiden zu können(zur Zulässigkeit von Klagen auch gegen einen sog "formellen Verwaltungsakt" vgl BSGE 97, 63 = SozR 4-2500 § 255 Nr 1, RdNr 16). Für die Zulässigkeit der Anfechtungsklage genügt nicht, dass die Klägerin das Vorliegen eines Verwaltungsakts geltend macht (stRspr vgl BSGE 39, 86, 87 = SozR 2200 § 628 Nr 1 S 2, mwN; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 54 RdNr 8a).

24

b) Für die Beurteilung der Frage, ob die Entscheidung der Schiedsperson, gegen die sich die Klägerin wendet, in der Form eines Verwaltungsakts ergangen ist, ist in Übereinstimmung mit der Auffassung der Klägerin grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Festlegung des Vertragsinhalts durch die Entscheidung der Schiedsperson am 9.9.2010 maßgebend. Nur wenn die Schiedsperson zu diesem Zeitpunkt Behörde im Sinne des § 1 Abs 2 SGB X gewesen ist, konnte sie einen Verwaltungsakt erlassen. Später eingetretene Änderungen hätten keinen Einfluss mehr auf die rechtliche Qualifizierung des zuvor ergangenen Schiedsspruchs. Es kommt demnach darauf an, ob die Schiedsperson nach der zum Zeitpunkt der Festsetzung des Vertragsinhalts geltenden Rechtslage Behörde war und ob ihre Entscheidung unter Zugrundelegung dieser Rechtslage als Verwaltungsakt anzusehen war. Dies ist indes nicht der Fall und daran hat sich im Übrigen in der Folge auch nichts geändert.

25

c) Schiedspersonen, die Verträge zur HzV festsetzen, wenn eine Einigung zwischen einer Krankenkasse und der in § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V bezeichneten Gemeinschaft von Allgemeinärzten nicht zustande kommt, werden - ebenso wie Schiedspersonen im Bereich der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege nach § 132a SGB V - als Vertragshelfer entsprechend § 317 BGB und nicht als Behörde tätig. Der Schiedsspruch ergeht deshalb auch nicht in der Form eines Verwaltungsakts, sondern ersetzt die Einigung der Parteien. Dies folgt neben dem Wortlaut in erster Linie aus der Entstehungsgeschichte der Regelung und dem darin zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers.

26

aa) Verwaltungsakte können nach § 31 Satz 1 SGB X nur von einer Behörde erlassen werden. Nach § 1 Abs 2 SGB X ist Behörde im Sinne des Sozialgesetzbuches jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt. Danach gilt ein weiter, sog funktionaler Behördenbegriff, der neben den Verwaltungsbehörden im organisatorischen Sinne auch alle sonstigen Einrichtungen, Organe und Stellen einschließt, die aufgrund von Vorschriften des öffentlichen Rechts mit der Befugnis zum Erlass von Verwaltungsakten, zum Abschluss öffentlich-rechtlicher Verträge im eigenen Namen oder zu sonstigen, nach öffentlichem Recht zu beurteilenden Handeln ausgestattet sind (vgl BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 14; BSGE 60, 239 = SozR 1300 § 45 Nr 26; BSGE 63, 224 = SozR 1300 § 48 Nr 47; BSGE 77, 295 = SozR 3-1300 § 45 Nr 27).

27

Dass die Schiedsämter und Schiedsstellen im Bereich des SGB V unter diesen weiten funktionalen Behördenbegriff fallen, ist in der Rechtsprechung seit langem geklärt (vgl BSGE 20, 73, 75 = SozR Nr 1 zu § 368h RVO; BSGE 87, 199, 200 f = SozR 3-3300 § 85 Nr 1 S 3 f; BSG SozR 4-3300 § 89 Nr 1 RdNr 11; BSGE 105, 126 = SozR 4-3300 § 89 Nr 2, RdNr 20, 41). Eine solche grundsätzliche Klärung fehlt bisher für die Schiedsperson, die der Gesetzgeber mit der Änderung des § 132a SGB V (Versorgung mit häuslicher Krankenpflege) durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190) erstmals im SGB V anstelle von Schiedsämtern und Schiedsstellen für die außergerichtliche Schlichtung vorgesehen hat. In den folgenden Jahren ist die außergerichtliche Streitschlichtung durch Schiedspersonen auf weitere Bereiche ausgedehnt worden: Mit dem Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) vom 26.3.2007 (BGBl I 378) wurde die Schlichtung im Bereich der stationären und ambulanten Hospizleistungen nach § 39a Abs 1 Satz 7 bis 9 SGB V einer Schiedsperson übertragen. Mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG) vom 15.12.2008 (BGBl I 2426) wurde die Schlichtung durch eine Schiedsperson bei Streitigkeiten um die Finanzierung der Landesverbände der Krankenkassen (§ 211 Abs 4 Satz 4 SGB V) und mWv 1.1.2009 auch für die hausarztzentrierte Versorgung (§ 73b Abs 4a SGB V) sowie die Hilfsmittelversorgung (§ 127 Abs 1a Satz 2 bis 4 SGB V)vorgesehen. Inzwischen ist die Schlichtung durch Schiedspersonen Gegenstand auch der Heilmittelversorgung (§ 125 Abs 2 Satz 4 bis 6 SGB V), des klinischen Krebsregisters (§ 65c Abs 6 Satz 8 bis 12 SGB V) und der Versorgung mit Schutzimpfungen (§ 132e Abs 1 Satz 3 bis 5 SGB V).

28

Ob auch die Entscheidungen von Schiedspersonen als Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X anzusehen sind, war von Anfang an umstritten(vgl zB Schnapp, NZS 2010, 241, 245 mwN; Plantholz, RsDE 64 <2007>, 1, 17 ff). In der instanzgerichtlichen Rechtsprechung wurde die Schiedsperson nach § 132a Abs 2 SGB V in der Regel als Vertragshelfer qualifiziert, deren Entscheidung nicht in der Form eines Verwaltungsakts ergeht, während Entscheidungen der Schiedsperson in der HzV wohl überwiegend als Verwaltungsakt angesehen wurden(LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 2.8.2011 - L 5 KA 1601/11 ER-B - Juris RdNr 84 ff; LSG Hamburg Beschluss vom 18.8.2011 - L 1 KA 24/11 B ER; in dieser Richtung, aber letztlich offenlassend: LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 3.11.2011 - L 3 KA 104/10 B ER - GesR 2012, 35, 37 f = Juris RdNr 25, 45 f; ausdrücklich offengelassen: LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 3.11.2010 - L 21 SF 208/10 Verg - Juris RdNr 32 und Beschluss vom 28.12.2010 - L 11 KA 58/10 B ER - Juris RdNr 61; anders dagegen : Bayerisches LSG Beschluss vom 17.1.2011 - L 12 KA 123/10 B ER - Breith 2011, 281, 285). Für die Schiedsperson nach § 132a Abs 2 SGB V wurde diese Frage durch Urteil des 3. Senats vom 25.11.2010 (BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5; vgl auch BSG SozR 4-5560 § 17c Nr 2 RdNr 39, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen; BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 7 RdNr 19, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen) geklärt. Danach ist jedenfalls diese Schiedsperson keine Behörde. Dementsprechend ergeht deren Entscheidung auch nicht als Verwaltungsakt. Vielmehr wird die Schiedsperson als öffentlich-rechtlicher Schlichter und Vertragshelfer entsprechend § 317 BGB tätig.

29

Ausschlaggebend für die Einordnung der Schiedsperson nach § 132a Abs 2 SGB V als Vertragshelfer und nicht als Behörde war nach der genannten Entscheidung des 3. Senats vom 25.11.2010, dass diese zwar den Inhalt öffentlich-rechtlicher Verträge festlege, wobei es sich um eine öffentlich-rechtliche Tätigkeit handele. Die Schiedsperson erhalte ihre Entscheidungsmacht jedoch unmittelbar von den Vertragsparteien des § 132a SGB V selbst, die auch den das Schiedsverfahren regelnden Vertrag zur Konfliktlösung abschließen. Daraus hat der 3. Senat den Schluss gezogen, dass es sich - ungeachtet des Umstands, dass die Vertragsparteien zur Verabredung des Schiedsverfahrens gesetzlich verpflichtet sind - um ein vertraglich vereinbartes Schiedsverfahren handele. Die Schiedsperson sei auch kein Beliehener, weil es an einem öffentlich-rechtlichen Akt der Beleihung fehle. Ferner existiere keine Anbindung an einen übergeordneten Verwaltungsträger und anders als Schiedsstellen und Schiedsämter unterliege die Schiedsperson auch keiner Rechtsaufsicht. Das Verfahren der Schlichtung durch die Schiedsperson sei nicht gesetzlich geregelt. Die Funktion als Schiedsperson sei an die Person des Berufenen gebunden, sodass keine vom Wechsel der Person unabhängige Institution einer Schiedsstelle existiere.

30

bb) Die Regelungen zur Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V entsprachen bereits vor der Änderung durch das GKV-VStG zum 1.1.2012 weitgehend derjenigen zu der - nicht als Behörde zu qualifizierenden - Schiedsperson nach § 132a Abs 2 SGB V. Grundsätzlich obliegt es auch hier den Vertragsparteien, sich auf die Schiedsperson zu einigen. Nur für den Fall, dass die Vertragsparteien sich auch darüber nicht einigen können, sieht § 73b Abs 4a Satz 2 SGB V die Bestimmung der Schiedsperson durch die für die Krankenkasse zuständige Aufsichtsbehörde vor. Ebenso wie nach § 132a Abs 2 SGB V gibt es nach § 73b SGB V weder eine Rechtsaufsicht über die Schiedsperson noch eine Regelung zum Schiedsverfahren. Ferner existiert keine vom Wechsel der Person unabhängige Institution und keine Anbindung an einen übergeordneten Verwaltungsträger.

31

Zwar können hoheitliche Aufgaben durch Beleihung auch einer natürlichen Person übertragen werden. Dies erfordert jedoch eine Übertragung durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes durch Rechtsverordnung, Verwaltungsakt oder öffentlich-rechtlichen Vertrag (vgl BVerwG NVwZ 2006, 829; BVerfG NJW 1987, 2501, 2502; BVerwGE 98, 280, 298; Roos in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 1 RdNr 11; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl 2014, § 1 RdNr 60; Wiegand, Die Beleihung mit Normsetzungskompetenz, 2008, 155 f). § 73b Abs 4a SGB V regelt eine Beleihung der Schiedsperson jedenfalls nicht ausdrücklich. Gegen die Annahme, dass in der dort geregelten Bestimmung der Schiedsperson gleichwohl eine Beleihung liegt, spricht, dass das Gesetz keinerlei Festlegungen oder Vorgaben zu deren Auswahl trifft, sondern diese vorrangig den Vertragsparteien überlässt (vgl Kingreen/Temizel, ZMGR 2009, 134, 137; Bogan, Der Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen, 2012, S 250). Angesichts des Umstands, dass der Wortlaut die Frage nach einer Beleihung jedenfalls nicht eindeutig beantwortet, kann die Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V nur dann als Beliehene angesehen werden, wenn systematische Gründe, die Entstehungsgeschichte oder Sinn und Zweck der Reglung dafür sprechen würden, dass der Gesetzgeber der Schiedsperson die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben übertragen wollte. Dies ist aus den nachfolgend genannten Gründen jedoch nicht der Fall. Vielmehr hat der Gesetzgeber mit der Änderung des § 73b Abs 4a SGB V durch das GKV-VStG gerade klargestellt, dass der Schiedsperson nach § 73b SGB V - in Übereinstimmung mit der Schiedsperson nach § 132a SGB V - keine hoheitlichen Aufgaben übertragen werden sollen.

32

cc) Im Gegensatz zur Schiedsperson in der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege nach § 132a Abs 2 SGB V hat der 3. Senats des BSG die Schiedsperson in der HzV nach § 73b Abs 4a SGB V in seiner Entscheidung vom 25.11.2010 (B 3 KR 1/10 R - BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 26) nicht eindeutig dem Modell "Vertragshelfer" zugeordnet, sondern diese Frage ausdrücklich offengelassen. Dabei hat der 3. Senat dem Umstand Bedeutung beigemessen, dass § 73b SGB V keine § 132a Abs 2 Satz 6 SGB V entsprechende Regelung enthält, nach der die Vertragsparteien in Verträgen zu regeln haben, dass im Falle von Nichteinigung eine von den Parteien zu bestimmende unabhängige Schiedsperson den Vertragsinhalt festlegt. Daraus hat der 3. Senat gefolgert, dass die Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V im Rahmen eines gesetzlich normierten und nicht eines - wie bei § 132a Abs 2 Satz 6 SGB V - vertraglich vereinbarten Schiedsverfahrens tätig werde. In der praktischen Umsetzung wirkt sich dieser Unterschied allerdings kaum aus, weil die Vertragspartner nach § 132a Abs 2 Satz 6 SGB V nicht frei darüber entscheiden können, ob sie die Festlegung des Vertragsinhalts einer Schiedsperson übertragen, sondern verpflichtet sind, eine entsprechende Vereinbarung zu treffen. Falls zwischen den Vertragspartnern eine Einigung auf eine Schiedsperson nicht erzielt werden kann, wird sowohl die Schiedsperson nach § 132a Abs 2 SGB V als auch die Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V von der für die vertragsschließende Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde bestimmt. Dabei kann die Bestimmung einer Schiedsperson durch die zuständige Aufsichtsbehörde auch nach § 132a Abs 2 Satz 7 SGB V nicht davon abhängig sein, dass zuvor eine Vereinbarung nach § 132a Abs 2 Satz 6 SGB V zustande gekommen ist, nach der der Vertragsinhalt von einer Schiedsperson festgelegt wird(vgl dazu Plantholz, RsDE 64 <2007>, 1, 8). Damit bestehen insoweit keine rechtlich bedeutsamen Unterschiede zwischen dem Schiedsverfahren in der HzV und dem Schiedsverfahren in der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege (so auch Klückmann in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2015, § 73b RdNr 15e).

33

dd) Ein Indiz, das gegen die Qualifizierung der Schiedsperson in der HzV als Vertragshelfer und für eine Einordnung des Schiedsspruchs als Verwaltungsakt sprechen könnte, hat der 3. Senat in seiner Entscheidung vom 25.11.2010 (B 3 KR 1/10 R - BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 26; vgl auch BSG SozR 4-5560 § 17c Nr 2 RdNr 40, auch zur Veröffentlichung für BSGE vorgesehen) ferner in dem Umstand gesehen, dass § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V aF die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Festlegung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson ausschloss. Diese Regelung konnte den Eindruck erwecken, dass der Gesetzgeber die Entscheidungen der Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V als Verwaltungsakte angesehen haben könnte, weil sie gesetzessystematisch nur einen Sinn ergibt, wenn es sich bei der angegriffenen Entscheidung der Schiedsperson um einen Verwaltungsakt handelt. Schließlich bezieht sich die aufschiebende Wirkung nach § 86a Abs 1 SGG auf den Widerspruch und auf die Anfechtungsklage, die sich grundsätzlich gegen einen Verwaltungsakt richten müssen.

34

Dagegen konnte auch nicht - wie in der Begründung des Schiedsspruchs - mit Erfolg eingewandt werden, die Klage gegen die Festsetzung des Vertragsinhalts durch einen Vertragshelfer bewirke in entsprechender Anwendung zivilrechtlicher Bestimmungen, dass der Vertrag während der Dauer des Rechtsstreits nicht umsetzbar sei und die Formulierung in § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V aF, nach der die Klage keine aufschiebende Wirkung habe, könne aus diesem Grund nicht als Indiz für die rechtliche Einordnung der Entscheidung der Schiedsperson als Verwaltungsakt herangezogen werden.

35

(1) Die Auffassung, nach der die von der Schiedsperson getroffene Bestimmung zum Vertragsinhalt während eines Klageverfahrens um deren Rechtmäßigkeit nicht beachtet werden müsse, trifft nicht zu. Für zivilrechtliche Verträge wird die Frage, unter welchen verfahrensrechtlichen Voraussetzungen die offenbare Unbilligkeit der Bestimmung einer Leistung durch einen Dritten nach § 319 Abs 1 Satz 1 BGB die Unbeachtlichkeit der Entscheidung des Dritten zur Folge hat, nicht einheitlich beantwortet. Vereinzelt wird die Auffassung vertreten, dass die offenbar unbillige Leistungsbestimmung bereits unabhängig von der Erhebung einer Einrede oder einer Klagerhebung unwirksam sei (Rieble in Staudinger, BGB, Leistungsstörungsrecht 2, Neubearbeitung 2009, § 319 RdNr 17 f; zu § 315 Abs 3 BGB vgl LG Mainz Urteil vom 5.3.2007 - 5 O 94/06 - Juris). Dagegen wird eingewandt, dass die offenbare Unbilligkeit nicht die Nichtigkeit bedeute (vgl OLG Frankfurt am Main Urteil vom 3.12.1998 - 3 U 257/97 - NJW-RR 1999, 379 = Juris RdNr 25) und dass auch die unbillige Bestimmung des Dritten binde, bis sie durch Gerichtsurteil ersetzt werde (Würdinger in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl 2012, § 319 RdNr 23). Dies soll aber nach wohl hM nicht für den Fall gelten, dass die offenbare Unbilligkeit von einem Vertragspartner binnen angemessener Frist geltend gemacht wird (vgl OLG Frankfurt am Main, aaO, mwN; Wolf in Soergel, BGB, Bd 2, 12. Aufl 1990, § 319 RdNr 16; zur ähnlichen Regelung in § 315 Abs 3 BGB vgl Grüneberg in Palandt, BGB, 74. Aufl 2015, § 315 RdNr 16; zur Fälligkeit einer Forderung bei einer Schiedsgutachtenvereinbarung im Falle des Übergangs der Leistungsbestimmung nach § 319 Abs 1 Satz 2 BGB auf das Gericht erst mit Rechtskraft des Urteils vgl BGH Urteil vom 4.7.2013 - III ZR 52/12 - NJW-RR 2014, 492 RdNr 32 ff, mwN). Dagegen geht das BAG im Zusammenhang mit der Ausübung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber in entsprechender Anwendung des § 315 Abs 3 BGB davon aus, dass der Arbeitnehmer an die Konkretisierung des Inhalts der Arbeitsleistung vorläufig gebunden sei, bis durch ein rechtskräftiges Urteil die Unverbindlichkeit der Leistungsbestimmung feststehe(BAG Urteil vom 22. 2.2012 - 5 AZR 249/11 - BAGE 141, 34 = AP Nr 127 zu § 615 BGB = NJW 2012, 2605, RdNr 24, mwN).

36

Auf die Festsetzung des Vertrages zur HzV durch eine Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V sind die genannten, zu zivilrechtlichen Verträgen entwickelten, ohnehin nicht einheitlichen Positionen - entgegen der in der Begründung der Entscheidung der Schiedsperson vertretenen Auffassung(vgl auch Buchner/Spiegel, NZS 2013, 1, 8 Fn 61) - nicht ohne Weiteres übertragbar. Für Verträge, die Beziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern zum Gegenstand haben, gelten die Vorschriften des BGB und damit auch die Regelungen zur Bestimmung der Leistungen durch einen Dritten (§§ 317 ff BGB) gemäß § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V nur entsprechend, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 SGB V und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach diesem Kapitel vereinbar sind. Daher kann bei der entsprechenden Anwendung der §§ 317 ff BGB nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Krankenkassen gemäß § 73b Abs 1 SGB V verpflichtet sind, ihren Versicherten eine besondere hausarztzentrierte Versorgung anzubieten. Die entsprechende Geltung der Vorschriften des BGB ändert zudem nichts daran, dass es sich bei dem Vertrag nach § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V zwischen Krankenkassen und den die Hausärzte vertretenden Gemeinschaften um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag im Sinne des § 53 Abs 1 SGB X handelt, weil durch ihn ein Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts begründet, geändert oder aufgehoben wird. Insofern gilt für Verträge in der HzV nach § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V nichts anderes als für Verträge zur Versorgung mit häuslicher Krankenpflege nach § 132a SGB V(vgl BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 6 RdNr 18 f; BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 23)oder auch für die Bundesmantelverträge und Gesamtverträge, die (auch) als öffentlich-rechtliche Verträge zu qualifizieren sind (vgl BSGE 70, 240, 243 = SozR 3-5533 Allg Nr 1 S 4; BSG SozR 4-2500 § 83 Nr 5 RdNr 14). Für das gerichtliche Verfahren bleiben die Vorschriften des SGG maßgebend. Nach § 86a Abs 1 SGG kommt zwar Klagen gegen belastende Verwaltungsakte aufschiebende Wirkung zu. Dies gilt jedoch nicht in gleicher Weise für Klagen, mit denen die Rechtswidrigkeit eines öffentlich-rechtlichen Vertrages geltend gemacht wird. Öffentlich-rechtliche Verträge sind wirksam, auch soweit sie rechtswidrig aber nicht nichtig sind (vgl Engelmann in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 58 RdNr 2). Zur Nichtigkeit führt nur ein besonders schwerwiegender Mangel (zu gesamtvertraglichen Vereinbarungen vgl zB BSG SozR 4-2500 § 83 Nr 5 RdNr 14 f). Der Umstand, dass die Partner des Vertrages zur HzV die Möglichkeit haben, gerichtlich mit der Feststellungsklage die Rechtswidrigkeit von Regelungen des Vertrages geltend zu machen, der durch Festsetzung der Schiedsperson zustande gekommen ist (vgl dazu nachfolgend 4.), ändert daran nichts. Im Ergebnis hat dies zur Folge, dass der durch die Festsetzung der Schiedsperson zustande gekommene Vertrag, der nicht in der Form eines Verwaltungsakts ergeht, vorbehaltlich seiner Nichtigkeit umzusetzen ist, solange dessen Rechtswidrigkeit nicht rechtskräftig festgestellt worden ist (vgl bereits Nr 11 der Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines GKV-VStG, BT-Drucks 17/7274 S 29; zu einer vom Bundesrat gewünschten Klarstellung mit dem Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung in Abhängigkeit vom Ausgang des vorliegenden Verfahrens vgl die Gegenäußerung der Bundesregierung zu der Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drucks 18/4095, Anlage 4 Nr 22; aA: Buchner/Spiegel, NZS 2013, 1, 8 f). Bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens um die Rechtmäßigkeit des von der Schiedsperson festgesetzten Vertrages kann die Pflicht zur Umsetzung des Vertrages nur durch eine einstweilige Anordnung des Gerichts nach § 86b Abs 2 SGG beseitigt werden.

37

(2) Auch wenn angenommen würde, dass die in § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V aF getroffene Regelung zur fehlenden aufschiebenden Wirkung der Klage allein im Sinne einer Klarstellung sicherstellen sollte, dass Schiedssprüche während eines Klageverfahrens zunächst umgesetzt werden, erklärt dies nicht ohne Weiteres die gewählte Formulierung, weil die Verwendung des Begriffs der aufschiebenden Wirkung den Bezug zu § 86a Abs 1 SGG und zu der dort geregelten aufschiebenden Wirkung von Klagen gegen Verwaltungsakte herstellt.

38

Danach stimmte die gesetzliche Regelung zur Schiedsperson in der Versorgung mit Haushaltshilfe nach § 132a Abs 2 SGB V zwar weitgehend mit der Regelung zur Schiedsperson in der HzV nach § 73b Abs 4a SGB V überein. Mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Festsetzung des Vertragsinhalts enthielt § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V aF jedoch eine Regelung, die in § 132a SGB V keine Entsprechung findet und die als Indiz für die Charakterisierung des Schiedsspruchs in der HzV als Verwaltungsakt herangezogen werden konnte.

39

ee) Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber auf die Entscheidung des 3. Senats vom 25.11.2010 mit der Änderung des § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V reagiert und mit dem GKV-VStG die aufschiebende Wirkung auf Klagen gegen die Bestimmung der Schiedsperson beschränkt. Eine Regelung, nach der Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts keine aufschiebende Wirkung haben, gibt es seitdem nicht mehr. Ferner wurde mit dem GKV-VStG § 73b Abs 4a Satz 5 SGB V angefügt. Danach richten sich Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts gegen eine der beiden Vertragsparteien, nicht gegen die Schiedsperson.

40

Die Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drucks 17/6906 S 56, zu Art 1 Nr 13) bestätigt, dass auf diesem Weg bestehende Unklarheiten bezogen auf die rechtliche Einordnung des Schiedsverfahrens in der HzV nach § 73b Abs 4a SGB V ausgeräumt werden sollten und dass - ebenso wie für den Bereich der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege nach § 132a Abs 2 SGB V - eine eindeutige Einordnung der Schiedsperson als Vertragshelfer erfolgen sollte. Die Einschränkung der Regelung zur aufschiebenden Wirkung in § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V wird damit begründet, dass durch die bisherige Formulierung der Eindruck habe entstehen können, es handele sich bei dem Schiedsspruch um einen Verwaltungsakt. Mit der Streichung werde "klargestellt, dass dies nicht der Fall ist, sondern dass die Schiedsperson analog § 317 BGB als Vertragshelfer tätig wird". Inhaltlich knüpft die Gesetzesbegründung damit an die Entscheidung des 3. Senats vom 25.11.2010 (B 3 KR 1/10 R - BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5) zur Schiedsperson in der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege an. Dies wird in der Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates (BT-Drucks 17/7274 S 29) verdeutlicht, in der unter ausdrücklichem Hinweis auf die genannte Entscheidung des 3. Senats des BSG ausgeführt wird, dass mit der Änderung des § 73b Abs 4a SGB V eine Klarstellung in Richtung auf die Einordnung auch der Schiedsperson in der HzV als Vertragshelfer herbeigeführt werden soll. Davon ist im Übrigen auch der 3. Senat in einer Entscheidung vom 8.10.2014 (B 3 KR 7/14 R - SozR 4-5560 § 17c Nr 2 RdNr 39, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen) ausgegangen.

41

Dem kann die Klägerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die Gesetzesbegründung zur Änderung des § 73b Abs 4a SGB V mit dem GKV-VStG auch auf die "insoweit vergleichbare(n) Regelung des § 77 Absatz 1 Satz 5 SGB XII"(BT-Drucks 17/6906 S 56, zu Art 1 Nr 13) Bezug nehme. Zutreffend ist allerdings, dass Entscheidungen der Schiedsstellen zur Vergütung von Einrichtungen und Diensten im Bereich der Sozialhilfe nach ständiger Rechtsprechung in der Form eines Verwaltungsakts ergehen. Dies hat das BVerwG bereits zu der § 80 SGB XII im Wesentlichen entsprechenden Vorgängerregelung des § 94 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) entschieden(vgl BVerwGE 108, 47). Daran hat das BVerwG (BVerwGE 116, 78 = Juris RdNr 14; anders zunächst der 3. Senat des BSG: BSGE 87, 199, 201 f = SozR 3-3300 § 85 Nr 1 S 4)auch nach der Einführung des § 93b Abs 1 Satz 4 BSHG festgehalten, der bestimmte, dass die Klage gegen die andere Vertragspartei und nicht gegen die Schiedsstelle zu richten ist. Der Qualifizierung dieses Schiedsspruchs als Verwaltungsakt hat sich der für Angelegenheiten der Sozialhilfe zuständige 8. Senat des BSG bezogen auf die seit dem 1.1.2005 geltende entsprechende Rechtslage mit einer entsprechenden Regelung in § 77 Abs 1 Satz 5 SGB XII angeschlossen(BSG SozR 4-3500 § 77 Nr 1, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen; zur Zulässigkeit der Anfechtungsklage in diesem Verfahren "sui generis" vgl auch BSG SozR 4-3500 § 76 Nr 1 RdNr 12, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen).

42

Entgegen der Auffassung der Klägerin kann aus all dem jedoch nicht geschlossen werden, dass mit dem Hinweis auf § 77 Abs 1 Satz 5 SGB XII die im ersten Teil der Gesetzesbegründung eindeutig zum Ausdruck kommende Orientierung am "Vertragshelfermodell" wieder in Frage gestellt würde. Die Formulierung in der Gesetzesbegründung, nach der sich die Regelung "am Wortlaut der insoweit vergleichbaren Regelung des § 77 Absatz 1 Satz 5 SGB XII" orientiert, bezieht sich erkennbar allein auf die Anfügung des neuen § 73b Abs 4a Satz 5 SGB V ("Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts richten sich gegen eine der beiden Vertragsparteien, nicht gegen die Schiedsperson."). Dies wird zum einen durch die Verwendung des Wortes "insoweit" und zum anderen daran deutlich, dass nicht der gesamte § 77 Abs 1 SGB XII in Bezug genommen wird, sondern allein dessen Satz 5, der mit dem eingefügten § 73b Abs 4a Satz 5 SGB V fast wörtlich übereinstimmt. Die Streichung der Regelung zur aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Festlegung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson wird also nicht mit Hinweis auf § 77 Abs 1 SGB XII begründet, sondern mit dem Ziel klarzustellen, dass die Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V als Vertragshelfer und nicht als Behörde tätig wird. Allein bezogen auf die Ergänzung des § 73b Abs 4a SGB V um einen neuen Satz 5 verweist die Gesetzesbegründung auf die fast wortgleiche Regelung in § 77 Abs 1 Satz 5 SGB XII.

43

Nach der oben dargestellten Rechtsprechung des BVerwG war die Regelung, nach der sich Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts gegen die Vertragsparteien und nicht gegen die Schiedsperson richten, im Übrigen auch nicht Anknüpfungspunkt für die Einordnung des Schiedsspruchs im Sozialhilferecht als Verwaltungsakt. Das BVerwG (vgl BVerwGE 116, 78, 82 f) hat die Entscheidung der Schiedsstelle keineswegs wegen der Regelung, nach der die Klage gegen die andere Vertragspartei zu richten ist, als Verwaltungsakt qualifiziert, sondern vielmehr trotz der Einführung dieser Regelung und entgegen einer in Teilen der Literatur vertretenen Auffassung (Münder in LPK-BSHG, 5. Aufl 1998, § 94 RdNr 2; Gottlieb, NDV 2001, 257, 261; Wabnitz, ZfJ 2001, 33, 37; vgl auch BSGE 87, 199, 201 f = SozR 3-3300 § 85 Nr 1 S 4) an seiner bereits zuvor bestehenden Rechtsprechung zur Einordnung des Schiedsspruchs nach § 77 Abs 1 SGB XII als Verwaltungsakt festgehalten.

44

Im Übrigen - also mit Ausnahme des neuen § 73b Abs 4a Satz 5 SGB V - unterscheidet sich die Regelung zum Schiedsverfahren nach § 77 Abs 1 Satz 3, § 80 SGB XII grundlegend von der zur Festlegung des Vertragsinhalts durch eine Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V. Die Qualifizierung der Schiedsstelle nach § 77 Abs 1 Satz 3, § 80 SGB XII als Behörde und deren Schiedsspruch als Verwaltungsakt stehen deshalb nicht im Widerspruch zur Einordnung der Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V als Vertragshelfer. Abgesehen davon, dass nach § 77 Abs 1 Satz 3 SGB XII nicht eine natürliche Person, sondern eine Schiedsstelle entscheidet, die gemäß § 80 Abs 2 Satz 1 SGB XII mit Vertretern der Vertragsparteien und einem unparteiischen Vorsitzenden besetzt ist, spricht für den Charakter dieser Schiedsstelle als Behörde auch die Formulierung in § 77 Abs 1 Satz 6 SGB XII, nach der es einer Nachprüfung der Entscheidung in einem Vorverfahren nicht bedarf. Genau diese Formulierung (die sich vor dem 1.1.2005 in § 93b Abs 1 Satz 5 BSHG und vor der Einführung des § 93b BSHG zum 1.1.1999 in § 93 Abs 3 Satz 4 Halbsatz 1 BSHG fand) hat das BVerwG (BVerwGE 116, 78, 81 f) zur Begründung seiner Auffassung herangezogen, dass der Gesetzgeber diese Schiedsstellenentscheidung - trotz der Regelung, nach der eine Klage gegen die andere Vertragspartei und nicht gegen die Schiedsstelle zu richten ist - als Verwaltungsakt ausgestalten wollte. Eine § 77 Abs 1 Satz 6 SGB XII entsprechende Formulierung findet sich in § 73b Abs 4a SGB V aber nicht.

45

ff) Danach ist mit der Änderung des § 73b Abs 4a SGB V durch das GKV-VStG geklärt, dass es sich bei der Schiedsperson, die im Konfliktfall den Inhalt des Vertrages zur HzV feststellt, nicht um eine Behörde handelt und dass deren Entscheidung nicht in der Form eines Verwaltungsakts ergeht(ebenso: Klückmann in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2015, § 73b RdNr 15d, 15f; Huster in Becker/Kingreen, SGB V, 4. Aufl 2014, § 73b RdNr 17; Bogan, Der Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen, 2012, S 251; Bäune in Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2013, § 73b RdNr 22; Nebendahl in Spickhoff, Medizinrecht, 2. Aufl 2014, § 73b SGB V RdNr 23; Engelmann in Prütting, Fachanwaltskommentar Medizinrecht, 3. Aufl 2014, § 73b SGB V RdNr 64; Adolf in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, Stand April 2012, § 73b RdNr 69; SG München Urteil vom 16.7.2014 - S 28 KA 696/12 - Juris RdNr 27; aA Buchner/Spiegel, NZS 2013, 1; LSG Rheinland-Pfalz Beschluss vom 3.6.2014 - L 7 KA 12/14 B ER - Juris).

46

gg) Die Zuordnung der Schiedsperson für die HzV zum Modell "Vertragshelfer" anstelle des Modells "Schiedsamt" bezieht sich nicht allein auf die Zeit seit dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung zum 1.1.2012. Wie oben dargelegt, entsprach § 73b Abs 4a SGB V bereits vor der Änderung durch das GKV-VStG zum 1.1.2012 weitgehend der für die häusliche Krankenpflege geltenden Regelung zur Schiedsperson nach § 132a Abs 2 SGB V, für die jedenfalls seit der Entscheidung des BSG vom 25.11.2010 (B 3 KR 1/10 R - BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5) die Einordnung als Vertragshelfer geklärt ist. Die rechtliche Einordnung des Schiedsspruchs der Schiedsperson in der HzV war gleichwohl bis zum Inkrafttreten des GKV-VStG zum 1.1.2012 nicht geklärt, sondern in der og Entscheidung des BSG vom 25.11.2010 ausdrücklich offengelassen worden. Unter diesen Umständen war der Gesetzgeber nicht gehindert, eine Klarstellung herbeizuführen. Dass mit der Änderung des § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V sowie der Anfügung eines neuen Satzes 5 die in der og Entscheidung des 3. Senats des BSG vom 25.11.2010 offengelassene Frage geklärt werden sollte und dass die Regelung somit nur der Klarstellung des bereits zuvor Gewollten dienen sollte, kommt sowohl in der Begründung des Regierungsentwurfs eines GKV-VStG (BT-Drucks 17/6906 S 56, zu Nr 13) als auch in der Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates (BT-Drucks 17/7274 S 29) eindeutig zum Ausdruck.

47

3. Die Klägerin kann auch nicht - entsprechend dem Antrag zu 2. - die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG Baden-Württemberg zur Ersetzung der Regelungen des Schiedsspruchs nach billigem Ermessen durch Urteil gemäß § 319 Abs 1 Satz 2 Halbsatz 1 BGB iVm § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V erreichen.

48

Soweit der 3. Senat des BSG in seiner Entscheidung vom 25.11.2010 (B 3 KR 1/10 R - BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5) zur Schiedsperson in der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege nach § 132a Abs 2 SGB V von der Statthaftigkeit einer sog Ersetzungsklage ausgegangen ist, mit der dem Gericht aufgegeben werden soll, den Inhalt des Vertrages bei Unbilligkeit der Festlegungen der Schiedsperson zu bestimmen, folgt der Senat dem für die HzV nach § 73b SGB V nicht. §§ 317 ff BGB treffen Regelungen für Konstellationen, in denen sich die Parteien zuvor aus freiem Willen auf eine Schiedsperson geeinigt haben, der die Aufgabe übertragen wird, den Vertrag rechtsgestaltend zu ergänzen. Die Schiedsperson hat also lediglich vertragsausfüllende und vertragsergänzende Funktion (vgl Schnapp, NZS 2010, 241, 245, mwN). Auf die Verträge zur HzV, deren Inhalt vollständig gegen den Willen der Krankenkasse von einer durch die zuständige Aufsichtsbehörde bestimmten Schiedsperson festgelegt werden kann (vgl § 73b Abs 4 Satz 2, Abs 4a Satz 1 und 2 SGB V), sind diese Bestimmungen im Rahmen der nur entsprechenden Anwendung nach § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V nicht uneingeschränkt übertragbar. Davon ist im Grundsatz auch schon der 3. Senat in seiner Entscheidung vom 25.11.2010 (B 3 KR 1/10 R - BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 33) bezogen auf das Schiedsverfahren nach § 132a Abs 2 SGB V ausgegangen, indem er abweichend von § 319 Abs 1 Satz 1 BGB nicht darauf abgestellt hat, ob die durch die Schiedsperson getroffene Bestimmung "offenbar unbillig" ist, sondern die einfache "Unbilligkeit" als Voraussetzung für die Ersetzung des Schiedsspruchs durch die Entscheidung des Gerichts genügen lässt.

49

Der Überlegung, das Gericht könne im Falle der Unbilligkeit den Inhalt der Entscheidung der Schiedsperson ersetzen, liegt die Vorstellung zugrunde, vom Gericht werde ein punktuelles Eingreifen oder die Entscheidung bezogen auf einzelne zwischen den Vertragsparteien umstrittene Punkte verlangt. So liegen die Dinge etwa im Bereich des § 65c Abs 6 Satz 8 SGB V bei der Höhe der Meldevergütungen zum klinischen Krebsregister. Dabei geht es um die Vergütungshöhe für bestimmte Leistungen, die in angemessener Höhe festzusetzen sind. Bei der Festlegung des Inhalts der Verträge zwischen Krankenkassen und den Erbringern von Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach § 132a Abs 2 Satz 1 SGB V stehen zumindest nach den bisherigen gerichtlichen Erfahrungen die "Preise" für die Leistungen im Mittelpunkt des Konflikts der Vertragspartner, obwohl der Schlichtungsauftrag der Schiedsperson nach § 132a Abs 2 Satz 1 und 6 SGB V weitergehen kann. Ob für solche eher punktuellen Festlegungen die Ersetzungsklage mit der Konsequenz der abschließenden Entscheidung durch ein Gericht sachgerecht ist, lässt der Senat offen; er muss deshalb auch nicht beim 3. Senat anfragen, ob dieser an seiner Rechtsprechung dazu festhält. Jedenfalls ist diese Konzeption auf die Verträge nach § 73b SGB V nicht übertragbar.

50

Gerichte können nicht umfassende Vertragswerke festsetzen, Regelungen über den Datenaustausch formulieren und die Beziehungen der Partner der Verträge untereinander vollständig regeln (zu § 132a Abs 2 SGB V vgl die Bedenken von Plantholz, RsDE 64<2007>, 1, 20 f, 23). Die dazu erforderliche Kenntnis nicht zuletzt der technischen Abläufe und deren Gestaltbarkeit ist bei den Gerichten ohne die Kooperation der Vertragspartner, auf die die Schiedsperson setzen kann, nicht vorhanden; insoweit müssten regelmäßig Sachverständige hinzugezogen und möglicherweise sogar mit der Formulierung beauftragt werden. Die Gerichte könnten nur punktuell - etwa bei der Höhe der Vergütung der teilnehmenden Ärzte - nach dem Maßstab der Angemessenheit entscheiden. Soweit ersichtlich, gibt es bisher auch keine sozialgerichtliche Entscheidung, in der ein durch eine Schiedsperson festgesetzter komplexer Vertrag wegen Unbilligkeit aufgehoben und durch einen gerichtlich festgesetzten Vertragsinhalt ersetzt worden wäre.

51

Aus den genannten Gründen muss sich die gerichtliche Kontrolle von Entscheidungen der Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V an dem Muster der Kontrolle von Schiedsamtsentscheidungen nach § 89 SGB V orientieren: Das Gericht prüft, ob die von einem der Beteiligten gerügten Festsetzungen mit höherrangigem Recht unvereinbar sind, bezeichnet ggf solche Rechtsverstöße und stellt weiter die Verpflichtung der Vertragspartner fest, diese Verstöße zu beseitigen. Wenn das im Wege freier Verhandlungen nicht gelingt, muss erneut eine Schiedsperson tätig werden, die - wie die Partner auch - an die Rechtsauffassung gebunden ist, die dem Feststellungsurteil zugrunde liegt.

52

Der naheliegende Einwand gegen diese Rechtsschutzkonzeption, dass eine abschließende Festlegung des Vertragsinhalts nicht zeitnah gewährleistet wird, greift im Ergebnis nicht durch. Es erscheint bereits fraglich, ob die Festsetzung des komplexen Inhalts eines Vertrages zur HzV durch ein für derartige Aufgaben nicht ausgestattetes Gericht oder eine Festlegung des Vertragsinhalts unter Einbeziehung von Sachverständigen, die das Gericht zu bestellen hätte, zu einer Beschleunigung des Verfahrens beitragen könnten. Auch kann dahingestellt bleiben, ob dem Einwand der Klägerin zu folgen ist, dass die Gestaltung des vollständigen Vertragsinhalts durch das Gericht - die im Verwaltungsprozessrecht sonst keine Entsprechung finden dürfte - in Widerspruch zum Grundsatz der Gewaltenteilung nach Art 20 Abs 2 Satz 2 GG geriete, weil die Gerichte allein dazu berufen sind, Verwaltungshandeln zu kontrollieren (vgl auch Buchner/Spiegel, NZS 2013, 1, 7 f unter Hinweis auf BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 13 sowie BSGE 90, 42, 44 = SozR 3-8570 § 4 Nr 4). Ausschlaggebend ist, dass der Gesetzgeber den Weg der gerichtlichen Kontrolle von Schiedsamtsentscheidungen - und nicht deren Ersetzung durch die Gerichte - auch sonst im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung - und zwar gemäß § 89 Abs 1a SGB V auch für gesetzlich vorgeschriebene Verträge - gewählt hat. Selbst wenn ein gesetzlich vorgeschriebener Vertrag über die vertragsärztliche Versorgung nicht zustande kommt und keine der Parteien bei dem Schiedsamt einen Antrag auf Herbeiführung der Einigung stellt, sieht § 89 Abs 1a Satz 1 SGB V keine Ersetzung durch die Aufsichtsbehörde, sondern lediglich ein Recht der Aufsichtsbehörde zur Anrufung des Schiedsamts vor. Solange das Schiedsamt überhaupt fristgerecht tätig wird, beschränkt sich auch die Kontrolle der Entscheidung durch die Aufsichtsbehörden gemäß § 89 Abs 5 Satz 5 SGB V auf Rechtsverstöße. Eine Festsetzung des Vertragsinhalts durch die für das Schiedsamt zuständige Aufsichtsbehörde sieht der mit dem GMG vom 14.11.2003 (BGBl I 2190, 2210) eingeführte § 89 Abs 1 Satz 5 SGB V nur ausnahmsweise für den Fall vor, dass das Schiedsamt auch nach Fristsetzung durch die Aufsichtsbehörde untätig bleibt. Die daraus erkennbar werdende Konzeption des Gesetzgebers, zumindest im Bereich des SGB V Schiedssprüche im Regelfall nicht durch Entscheidungen der Aufsichtsbehörden und erst Recht nicht durch gerichtliche Entscheidungen zu ersetzen, sondern die Kontrolle auf die Prüfung der Rechtmäßigkeit zu beschränken, ist auf die gerichtliche Kontrolle von Entscheidungen der Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V zu übertragen.

53

4. Richtige Klageart ist danach die Feststellungsklage (§ 55 Abs 1 SGG), die die Klägerin hilfsweise erhoben hat. Diese ist auch zulässig, in der Sache aber nur zum geringen Teil begründet.

54

a) Der Zulässigkeit des in der mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellten Feststellungsantrags steht nicht entgegen, dass die Klägerin einen solchen im Revisionsverfahren bis zum Ablauf der Frist zur Revisionsbegründung nicht formuliert hatte. Zwar darf das BSG über den Antrag grundsätzlich nicht hinausgehen und eine Klagänderung ist gemäß § 168 Satz 1 SGG im Revisionsverfahren unzulässig. Zulässig ist jedoch eine Erweiterung des Klagantrags im Sinne des § 99 Abs 3 SGG, soweit damit keine neuen Revisionsgründe geltend gemacht werden(vgl BSGE 31, 112, 113 = SozR Nr 55 zu § 164 SGG) und auch der Übergang von der Anfechtungsklage zur Feststellungsklage (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 99 RdNr 4 mwN). Ausschlaggebend ist, dass der historische Lebenssachverhalt, aus dem der Anspruch abgeleitet wird, unverändert geblieben ist (vgl BSG SozR 4-4300 § 57 Nr 5). Das ist hier der Fall. Eine solche Erweiterung des Revisionsantrags ist auch noch nach Ablauf der Frist zur Revisionsbegründung bis zum Schluss der mündlichen Revisionsverhandlung möglich (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 164 RdNr 10 mwN).

55

Die Klägerin hat die Klage zutreffend gegen die Beklagten als Parteien des Vertrages zur HzV gerichtet. Seit der Änderung durch das GKV-VStG regelt § 73b Abs 4a Satz 5 SGB V ausdrücklich, dass Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts gegen eine der beiden Vertragsparteien und nicht gegen die Schiedsperson zu richten sind. Dies galt aufgrund des Umstands, dass die Schiedsperson keine Behörde ist und dass deren Entscheidung nicht in der Form eines Verwaltungsakts ergeht (vgl oben 2.), auch bereits für die Zeit vor Inkrafttreten der gesetzlichen Klarstellung mWv 1.1.2012 und damit auch bereits zum Zeitpunkt der Klagerhebung am 9.9.2011 (zur Ersetzungsklage gegen die Entscheidung Schiedsperson nach § 132a SGB V vgl BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 30). Die Tätigkeit der Schiedsperson ist mit dem Erlass des Schiedsspruchs beendet (zur Schiedsperson nach § 132a SGB V vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 7 RdNr 19, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen). Aus diesem Grund ist die Schiedsperson zu dem Verfahren um die Rechtmäßigkeit der Festsetzung des Vertragsinhalts auch nicht notwendig beizuladen (zur Schiedsperson nach § 132a SGB V vgl BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 31).

56

b) Für die Begründetheit der Feststellungklage wird in der Regel auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abgestellt (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 55 RdNr 21 mwN). Vorliegend ist jedoch - in Übereinstimmung mit der Auffassung der Klägerin - vom Zeitpunkt der Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson am 9.9.2010 auszugehen. Dies folgt aus dem Umstand, dass die Klägerin die Rechtswidrigkeit des Schiedsspruchs für den Zeitpunkt seines Ergehens geltend macht. Grundsätzlich hat sie an einer Klärung der Frage, ob der Vertrag zum Zeitpunkt seiner Festsetzung rechtmäßig war, auch ein berechtigtes Interesse. Später eintretenden Änderungen haben die Vertragsparteien gemäß § 22 Abs 2 Satz 2 des Vertrages nach den Grundsätzen von Treu und Glauben Rechnung zu tragen. Soweit diese vertragliche Regelung nicht eingreift, folgt die Möglichkeit zur Anpassung des Vertrages aus § 59 Abs 1 Satz 1 SGB X, wobei die vertragliche Regelung Vorrang hat(vgl BSG SozR 4-2500 § 83 Nr 1 RdNr 25). Nach § 59 Abs 1 Satz 1 SGB X kann eine Vertragspartei eine Anpassung des Vertragsinhalts an geänderte Verhältnisse verlangen, wenn sich die Verhältnisse, die für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend gewesen sind, seit Abschluss des Vertrages so wesentlich geändert haben, dass der Vertragspartei das Festhalten an der ursprünglichen vertraglichen Regelung nicht zuzumuten ist. Wenn eine Anpassung nicht möglich oder einer Vertragspartei nicht zuzumuten ist, kann diese den Vertrag kündigen. Auch diese Vorschrift setzt voraus, dass Änderungen seit Abschluss des Vertrages eingetreten sind. Insofern ist für die Klägerin weiterhin von Interesse, ob der Schiedsspruch zum Zeitpunkt der Vertragsfestsetzung rechtmäßig war. Dagegen ist weder eine Anpassung noch die Kündigung des durch Schiedsspruch festgesetzten Vertrages Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits, sodass es auf später eingetretene Änderungen grundsätzlich nicht ankommen kann. Die etwa infolge der Abschaffung der Praxisgebühr (Streichung des § 28 Abs 4 SGB V mit Art 1 Nr 2 des Gesetzes zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs in stationären Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen vom 20.12.2012, BGBl I 2789) erforderlichen Anpassungen des Vertrages (vgl dazu ua § 2 Abs 4, § 13 des Vertrages) sind ersichtlich nicht aufgrund unterschiedlicher Auffassungen der Vertragspartner, sondern wegen der im Vordergrund stehenden grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten und der deshalb bisher nicht erfolgten Umsetzung des Vertrages unterblieben. Eine auf den Anpassungsbedarf bezogene gerichtliche Feststellung hat die Klägerin nicht geltend gemacht.

57

Allerdings sind im vorliegenden Verfahren Änderungen der Rechtslage zu berücksichtigen, die Einfluss auf das Fortbestehen des Feststellungsinteresses der Klägerin haben. Für die Beurteilung des Feststellungsinteresses ist die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Revisionsinstanz maßgebend (zur Fortsetzungsfeststellungsklage vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 131 RdNr 10, 10i; vgl auch BSG SozR 4-2700 § 215 Nr 2 RdNr 11). Da der streitgegenständliche Vertrag zur HzV bisher nicht umgesetzt wurde, kann ein berechtigtes Feststellungsinteresse der Klägerin nur bestehen, soweit es darauf für die noch bevorstehende Umsetzung des Vertrages ankommt. Bedeutung gewinnt diese Frage hier bezogen auf Vereinbarkeit des Vertrages mit Bestimmungen zum Datenschutz (vgl dazu im Einzelnen nachfolgend d ii, RdNr 90).

58

c) Die gerichtliche Kontrolle der Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson richtet sich aus den og Gründen nach den in der Rechtsprechung zur Überprüfung von Schiedsamtsentscheidungen nach § 89 SGB V entwickelten Maßstäben. Danach unterliegt auch die Entscheidung der Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V nur in eingeschränktem Umfang der gerichtlichen Kontrolle(vgl die stRspr zu § 89 SGB V: BSGE 100, 144 = SozR 4-2500 § 85 Nr 41, RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 83 Nr 3 RdNr 18; BSGE 91, 153 = SozR 4-2500 § 85 Nr 3, RdNr 11 mwN). Die Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle berücksichtigt, dass Schiedspersonen - ebenso wie Schiedsämter - deren Sprüche Vereinbarungen der zum Vertragsabschluss berufenen Vertragspartner ersetzen, eine weite Gestaltungsfreiheit haben. Dies trägt dem Wesen der Schiedssprüche Rechnung, die auf Interessenausgleich angelegt sind und Kompromisscharakter haben (vgl BSGE 87, 199, 202 = SozR 3-3300 § 85 Nr 1 S 5). Der Schiedsspruch ist daher nur daraufhin zu überprüfen, ob die grundlegenden verfahrensrechtlichen Anforderungen beachtet und in inhaltlicher Hinsicht die zwingenden rechtlichen Vorgaben eingehalten wurden. Mithin ist in formeller Hinsicht zu klären, ob das Schiedsamt den von ihm zugrunde gelegten Sachverhalt in einem fairen Verfahren unter Wahrung des rechtlichen Gehörs festgestellt hat und der Schiedsspruch die Gründe für das Entscheidungsergebnis wenigstens andeutungsweise erkennen lässt (stRspr zu § 89 SGB V vgl etwa: BSGE 87, 199, 202 = SozR 3-3300 § 85 Nr 1 S 5; BSGE 100, 144 = SozR 4-2500 § 85 Nr 41, RdNr 13). Die inhaltliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob der zugrunde gelegte Sachverhalt zutrifft und ob die Schiedsperson den ihr zustehenden Gestaltungsspielraum eingehalten, dh die maßgeblichen Rechtsmaßstäbe beachtet hat (zum Schiedsamt vgl BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 20 S 131; BSGE 86, 126, 135 = SozR 3-2500 § 85 Nr 37 S 295; BSGE 91, 153 = SozR 4-2500 § 85 Nr 3, RdNr 11). Die Prüfung beschränkt sich dabei entgegen der Auffassung der Beklagten nicht auf die Beachtung von Vorschriften, die unmittelbar Rechte der Vertragsparteien zu schützen bestimmt sind (aA zur Frage der Einhaltung datenschutzrechtlicher Bestimmungen auch: LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 2.8.2011 - L 5 KA 1601/11 ER-B - Juris RdNr 188). Deren Betroffenheit in eigenen Rechten folgt bereits aus dem Umstand, dass sie Partner des durch die Schiedsperson festgesetzten Vertrages sind. Die Bindung an einen solchen Vertrag müssen sie nur hinnehmen, soweit die darin getroffenen Bestimmungen materiell rechtmäßig sind. Insofern hat der Umstand, dass der Schiedsspruch der Schiedsperson nach § 73b SGB V nicht in der Form eines Verwaltungsakts ergeht, keinen Einfluss auf den gerichtlichen Prüfungsumfang.

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d) Die Überprüfung der Entscheidung der Schiedsperson anhand der genannten Maßstäbe ergibt, dass die Festsetzung des Vertragsinhalts allein bezogen auf die Vereinbarkeit mit bundesrechtlichen Bestimmungen zum Datenschutz zu beanstanden ist. Im Übrigen entspricht der Schiedsspruch den rechtlichen Anforderungen.

60

aa) Einwände bezogen auf die Einhaltung verfahrensrechtlicher Anforderungen werden von den Beteiligten nicht geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich. Insbesondere durfte die Schiedsperson den Vertragsinhalt am 9.9.2010 festsetzen, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch ein Klageverfahren zur Frage der Rechtmäßigkeit der Bestimmung der Schiedsperson anhängig war. Da Klagen gegen die Bestimmung der Schiedsperson gemäß § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V keine aufschiebende Wirkung haben, war die Schiedsperson trotz des anhängigen Klageverfahrens berechtigt (und verpflichtet), tätig zu werden(zur Bestellung einer Schiedsperson nach § 132a SGB V vgl BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 7 RdNr 27, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen).

61

bb) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist nicht zu beanstanden, dass die Schiedsperson nicht allein den Beklagten zu 1. (Hausärzteverband, Landesverband Baden-Württemberg), sondern auch den Beklagten zu 2. (Medi Baden-Württemberg eV) als Vertragspartner der Klägerin in den Vertrag aufgenommen hat.

62

(1) Gemäß § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V sind die Krankenkassen verpflichtet, allein oder in Kooperation mit anderen Krankenkassen spätestens bis zum 30.6.2009 Verträge mit Gemeinschaften zu schließen, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der KÄV vertreten. Nur die so definierten Gemeinschaften von Allgemeinärzten sind gemäß § 73b Abs 4 Satz 2, Abs 4a Satz 1 SGB V berechtigt, die Einleitung eines Schiedsverfahrens zu verlangen. Diese Anforderungen müssen jedenfalls zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bzw der Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson erfüllt sein (so auch bereits Sächsisches LSG Urteil vom 11.4.2012 - L 1 KA 51/11 KL - Juris RdNr 27; LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 17.1.2011 - L 7 KA 66/10 B ER - Juris RdNr 5). Die genannten Voraussetzungen werden von den beiden Beklagten erfüllt.

63

(2) Mit dem Begriff der Allgemeinärzte sind nicht alle nach § 73 Abs 1a SGB V an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte angesprochen. Vielmehr wird der Begriff übereinstimmend mit § 73 Abs 1a Nr 1 SGB V verwendet, sodass darunter nur die an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte fallen, die nach Landesrecht zur Führung der Bezeichnung "Arzt für Allgemeinmedizin" berechtigt sind. Vorbehaltlich landesrechtlicher Übergangsregelungen wird also eine fünfjährige Weiterbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin vorausgesetzt (Bäune in Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2013, § 73b RdNr 14; Engelmann in Prütting, Fachanwaltskommentar Medizinrecht, 3. Aufl 2014, § 73b SGB V RdNr 29a; Alemann/Scheffczyk, NZS 2012, 45, 46; Orlowski, ZMGR 2009, 124, 127; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 11.10.2010 - L 11 KA 61/10 B ER - GesR 2011, 32 = Juris RdNr 35 ff; Sächsisches LSG Urteil vom 11.4.2012 - L 1 KA 51/11 KL - Juris RdNr 31 ff; vgl auch BT-Drucks 16/10609 S 54). Diesen Begriff der "Allgemeinärzte" hat die Schiedsperson ihrer Prüfung, ob die og 50 %-Quote erreicht wird, zutreffend zugrunde gelegt. Dies wird auch von der Klägerin nicht in Zweifel gezogen.

64

(3) Gemeinschaften, die die Einleitung eines Schiedsverfahrens beantragen können, müssen nach § 73b Abs 4 Satz 1 und 2, Abs 4a Satz 2 SGB V mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der KÄV "vertreten". Dass die Beklagten zu 1. und zu 2. gemeinsam diese Quote erfüllen, wird zu Recht auch von der Klägerin nicht in Frage gestellt. Der in § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V verwendete Begriff "vertreten" wird jedenfalls nicht als eine Vertretung im Sinne einer rechtsgeschäftlichen Handlung im fremden Namen(§ 164 BGB) verstanden werden können. Vielmehr schließen die in § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V bezeichneten Gemeinschaften die Verträge mit den Krankenkassen im eigenen Namen ab. Ausschlaggebend ist daher die Zahl der Mitglieder der Gemeinschaft (so auch die ganz hM vgl zB Klückmann in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2015, § 73b RdNr 13a; Huster, NZS 2010, 69, 70; Orlowski, ZMGR 2009, 124, 128; ders in Orlowski/Rau/Schermer/ Wasem/Zipperer, SGB V, Stand Dezember 2014, § 73b RdNr 37; Engelmann in Prütting, Fachanwaltskommentar Medizinrecht, 3. Aufl 2014, § 73b SGB V RdNr 31b; Sächsisches LSG Urteil vom 11.4.2012 - L 1 KA 51/11 KL - Juris RdNr 35; aA Kingreen/Temizel, ZMGR 2009, 134, 135). Wie in der Begründung des Schiedsspruchs im Einzelnen dargelegt wird, waren 3492 der insgesamt 5089 in Baden-Württemberg an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte für Allgemeinmedizin und damit deutlich mehr als die Hälfte Mitglied einer der beiden Beklagten. Allein bei dem Beklagten zu 1. (Hausärzteverband Baden-Württemberg) waren 2742 der in Baden-Württemberg zugelassenen Fachärzte für Allgemeinmedizin Mitglied. Weil mindestens 2566 Allgemeinärzte - und damit ebenfalls mehr als die Hälfte - die beiden Verbände auch mit dem Abschluss von Verträgen zur HzV beauftragt hatten, wäre die og Voraussetzung hier im Übrigen auch erfüllt, wenn eine Mandatierung erforderlich wäre.

65

Die Klägerin ist allerdings der Auffassung, dass jedenfalls der Beklagte zu 2. die gesetzlich geregelte Quote nicht erfüllen würde und dass dieser deshalb nicht als Vertragspartner der Klägerin in den Vertrag zur HzV hätte aufgenommen werden dürfen. Die Erfüllung der Quote sei bezogen auf jeden einzelnen Verband zu prüfen, sodass die gemeinsame Erfüllung durch mehrere Verbände nicht genüge. Dies trifft indes nicht zu. Zwar waren nur 1267 Allgemeinärzte und damit weniger als die Hälfte der in Baden-Württemberg zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Allgemeinärzte Mitglied des Beklagten zu 2. Darauf kommt es indes nicht an. Vielmehr genügt, dass beide Beklagten als Vertragspartner der Klägerin gemeinsam mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte vertreten und zum gemeinsamen Vertragsschluss zu identischen Konditionen bereit waren und sind.

66

Der Begriff der "Gemeinschaften" wird gesetzlich nicht definiert. Der entsprechende Begriff in § 741 BGB wird nach dem Sinn der Regelung offensichtlich nicht in Bezug genommen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass keine Beschränkung auf eine bestimmte Rechtsform beabsichtigt war und dass weder eine innere noch eine äußere Organisationsstruktur vorgegeben wird (ebenso Alemann/Scheffczyk, NZS 2012, 45, 46; Huster, NZS 2010, 69, 70; Bäune in Eichenhofer/Wenner, SGB V, § 73b RdNr 13; Orlowski, ZMGR 2009, 124, 126; Nebendahl in Spickhoff, Medizinrecht, 2. Aufl 2014, § 73b SGB V RdNr 16; vgl auch Bayerisches LSG Beschluss vom 27.6.2009 - L 12 KA 33/09 B ER - GesR 2009, 477, 480). Ausschlaggebend ist allein die soziale Mächtigkeit der Gemeinschaft und die daraus folgende Möglichkeit, eine flächendeckende Versorgung zu organisieren (Orlowski, ZMGR 2009, 124, 127 f; ders in Orlowski/Rau/Schermer/Wasem/Zipperer, SGB V, Stand Dezember 2014, § 73b RdNr 37; Huster, NZS 2010, 69, 70; Klückmann in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2015, § 73b RdNr 13a; aA Kingreen/Temizel, ZMGR 2009, 134, 135). Diese Auffassung wird insbesondere durch die in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 16/10609 S 53 f) zum Ausdruck kommende Zielsetzung der Regelung gestützt. Danach sollte mit der zum 1.1.2009 eingeführten Neuregelung durch das GKV-OrgWG vom 15.12.2008 (BGBl I 2426) das mit dem GKV-WSG eingeführte eigenständige Verhandlungsmandat der Gemeinschaft von Hausärzten gestärkt werden. Gemeinschaften, die die 50 %-Quote erfüllen, gewährleisteten, dass eine flächendeckende Sicherstellung mit Verträgen zur hausarztzentrierten Versorgung durch den Vertragsschluss erreicht werden könne. Unter Berücksichtigung dieser Zielsetzung ist davon auszugehen, dass sich Kooperationen nicht nur - wie ausdrücklich gesetzlich geregelt (§ 73b Abs 4 Satz 1 SGB V)- auf Seiten der Krankenkassen, sondern auch auf Seiten der Hausärzte an dem Vertrag zur HzV beteiligen können. Dem gesetzgeberischen Ziel, eine flächendeckende Sicherstellung mit Verträgen zur HzV zu erreichen, wird schon Rechnung getragen, wenn nicht jeder einzelne Verband, sondern nur die Kooperation von Hausarztverbänden die genannte Quote erfüllt (so auch das dem Schriftsatz der Klägerin vom 12.2.2015 als Anlage RK 29 übersandte "Ergebnisse der Besprechung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe vom 22.1.2009 zu Fragestellungen/Problemen im Zusammenhang mit § 73b SGB V in der Fassung vom 1.1.2009", S 3 unter III. 2.; ausdrücklich bezogen auf die beiden Beklagten des vorliegenden Verfahrens: Orlowski, ZMGR 2009, 124, 126; ders in Orlowski/Rau/Schermer/Wasem/Zipperer, SGB V, Stand Dezember 2014, § 73b RdNr 32).

67

cc) Der durch die Schiedsperson festgesetzte Vertrag zur HzV verletzt nicht den Grundsatz der Beitragssatzstabilität aus § 71 Abs 1 Satz 1 SGB V. Entgegen der Auffassung der Klägerin findet dieser Grundsatz auf den vorliegenden, vor dem 22.9.2010 zustande gekommenen Vertrag keine Anwendung.

68

(1) In der hier maßgebenden Fassung des § 73b SGB V vor der Änderung durch das Gesetz zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-FinG) vom 22.12.2010 (BGBl I 2309) war die Geltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität für die HzV nicht geregelt. Die Einfügung des § 73 Abs 5a SGB V mit dem GKV-FinG, in dessen Satz 1 bestimmt wird, dass bei der zwischen den Krankenkassen und den die Allgemeinärzte vertretenden Gemeinschaften der Grundsatz der Beitragssatzstabilität nach § 71 SGB V zu beachten ist, gilt ausdrücklich nur für nach dem 22.9.2010 zustande gekommene Verträge. Der hier zu beurteilende Vertrag ist bereits mit der Festsetzung durch die Schiedsperson vom 9.9.2010 und damit bis zum 22.9.2010 zustande gekommen.

69

Die Beschränkung der Geltungsdauer der Bestandsschutzregelung nach § 73b Abs 5a Satz 5 SGB V idF des GKV-FinG auf die Zeit bis zum 30.6.2014 greift nicht ein, weil diese Frist nur für Anschlussvereinbarungen und nicht für den hier zu beurteilenden, bis zum 22.9.2010 geschlossenen Vertrag selbst gilt. Im Übrigen ist § 73b Abs 5a SGB V mit dem dort geregelten Grundsatz der Beitragssatzstabilität durch das Vierzehnte Gesetz zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch(14. SGB V-Änderungsgesetz - 14. SGB V-ÄndG) vom 27.3.2014 (BGBl I 261) mWv 1.4.2014 aufgehoben worden, sodass diese Regelung auch im Falle einer Kündigung des Vertrages zur HzV keine Wirkung mehr entfalten könnte.

70

§ 73b SGB V in der hier maßgebenden Fassung unterscheidet sich damit zB von der die Gesamtvergütung betreffenden Bestimmung des § 85 Abs 3 Satz 2 SGB V idF vor der Änderung durch das GKV-VStG zum 1.1.2013, der die Beachtung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität (§ 71 SGB V) für die Vereinbarung der Veränderungen der Gesamtvergütungen anordnete. Allein der Umstand, dass es in § 73b SGB V an einer entsprechenden ausdrücklichen Regelung für die HzV fehlt, schließt die Geltung dieses Grundsatzes allerdings noch nicht aus. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass der Grundsatz der Beitragssatzstabilität allgemein für die im Vierten Kapitel des SGB V geregelten Vergütungsvereinbarungen gilt, ohne dass es einer auf die jeweilige Vergütungsvereinbarung bezogenen speziellen Regelung bedarf. Dies hat der Senat insbesondere aus dem Standort des § 71 SGB V im Abschnitt "Allgemeine Grundsätze" des Vierten Kapitels abgeleitet(BSG SozR 4-2500 § 88 Nr 1 RdNr 17). Bei dem Grundsatz der Beitragssatzstabilität handelt es sich um eine verbindliche gesetzliche Vorgabe, die auch bei Schiedssprüchen zu beachten ist und die eine verbindliche Grenze für Vergütungsvereinbarungen darstellt (vgl BSGE 86, 126, 135 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 37 S 296 f; BSG SozR 4-2500 § 88 Nr 1 RdNr 15 f mwN).

71

Dies gilt jedoch nur, soweit keine Ausnahme eingreift. Solche Ausnahmen und Einschränkungen sind für unterschiedliche Vergütungsvereinbarungen im Vierten Kapitel des SGB V enthalten. So gilt nach § 87a Abs 3 Satz 2 letzter Halbsatz SGB V in der Fassung des GKV-WSG der vereinbarte Behandlungsbedarf als "notwendige medizinische Versorgung" im Sinne des § 71 Abs 1 Satz 1 SGB V mit der Folge, dass die Beschränkungen aus dem Grundsatz der Beitragssatzstabilität für Gesamtvergütungen in der vertragsärztlichen Versorgung seit 2009 insoweit nicht eingreifen(vgl BSG SozR 4-2500 § 87a Nr 2 RdNr 41). Für die integrierte Versorgung bestimmt § 140b Abs 4 Satz 2 SGB V, dass der Grundsatz der Beitragssatzstabilität nicht für Verträge gilt, die bis zum 31.12.2008 geschlossen worden sind. Für die zahnärztliche Versorgung ist der Grundsatz der Beitragssatzstabilität mit der Änderung des § 85 Abs 3 Satz 2 SGB V zwar nicht aufgehoben, aber eingeschränkt worden, indem nicht mehr die Beachtung, sondern nur noch dessen Berücksichtigung vorgeschrieben wird(vgl dazu Axer, GesR 2013, 135, 138 f). Eine ähnliche Einschränkung enthält § 134a Abs 1 Satz 2 SGB V für die Versorgung mit Hebammenhilfe.

72

Für die HzV folgt eine Ausnahme vom Grundsatz der Beitragssatzstabilität aus § 73b Abs 5 Satz 4 SGB V. Danach können Einzelverträge Abweichungen von den Vorschriften "dieses Kapitels" - also des Vierten Kapitels des SGB V - sowie den nach diesen Vorschriften getroffenen Regelungen regeln. Das Vierte Kapitel umfasst die §§ 69 bis 140h SGB V und damit auch § 71 Abs 1 Satz 1 SGB V(so auch Alemann/Scheffczyk, NZS 2012, 45, 48; ähnlich Bogan, Der Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen, 2012, S 257 f; LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 3.11.2011 - L 3 KA 104/10 B ER - GesR 2012, 35, 38).

73

Eine Geltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität kann entgegen der Auffassung von Ebsen aus dem von der Klägerin vorgelegten Gutachten (Rechtliche Anforderungen an das Handeln der Schiedsperson für die Festlegung des Inhalts des Vertrages über die hausarztzentrierte Versorgung nach § 73b Abs 4a SGB V, Rechtsgutachten im Auftrag des AOK-Bundesverbandes aus Juli 2009, unveröffentlicht, RdNr 55) auch nicht aus dem Umstand hergeleitet werden, dass § 140b Abs 4 Satz 2 SGB V die Nichtgeltung für die Verträge zu integrierten Versorgungsformen ausdrücklich anordnet, während § 73b Abs 5 Satz 4 SGB V für die HzV nur allgemein Ausnahmen von den Vorschriften des Vierten Kapitels zulässt. Zwar trifft es zu, dass sich der Gesetzgeber nach der Gesetzesbegründung zur Einführung des § 73b Abs 5 Satz 4 SGB V mit dem GKV-WSG ua an § 140b Abs 4 Satz 1 SGB V anlehnen wollte(BT-Drucks 16/3100, S 112), der Abweichungen von den Vorschriften ua des Vierten Kapitels betrifft. § 140b Abs 4 Satz 2 SGB V, der die Nichtgeltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität für die integrierte Versorgung ausdrücklich regelt, bleibt in der Gesetzesbegründung zu § 73b Abs 5 Satz 4 SGB V hingegen unerwähnt. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass § 73b Abs 5 Satz 4 SGB V Abweichungen von den Vorschriften des Vierten Kapitels nur mit Ausnahme des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität zulassen würde. Im Wortlaut der Regelung findet eine solche einschränkende Auslegung keine Grundlage. Der im Gutachten von Ebsen gezogene Vergleich zwischen den für die HzV und den für die integrierte Versorgung geltenden Regelungen berücksichtigt zudem nicht hinreichend, dass § 140b Abs 4 Satz 1 SGB V Abweichungen von den Vorschriften ua des Vierten Kapitels des SGB V nicht umfassend, sondern nur insoweit zulässt, als "die abweichende Regelung dem Sinn und der Eigenart der integrierten Versorgung entspricht, die Qualität, die Wirksamkeit und die Wirtschaftlichkeit der integrierten Versorgung verbessert oder aus sonstigen Gründen zu ihrer Durchführung erforderlich ist". Da § 73b Abs 5 Satz 4 SGB V Abweichungen von den Vorschriften des Vierten Kapitels umfassend zulässt, bedurfte es keiner § 140b Abs 4 Satz 2 SGB V entsprechenden speziellen Regelung zur Nichtgeltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität. Im Übrigen vertritt auch Ebsen nicht die Auffassung, dass die Krankenkassen bei Verträgen zur HzV den Grundsatz der Beitragssatzstabilität umfassend zu beachten hätten. Vielmehr will er den "unternehmerisch" im Wettbewerb stehenden Krankenkassen für freiwillige Vereinbarungen einen größeren Spielraum zubilligen und lediglich den Gestaltungsspielraum der Schiedsperson beschränken (vgl RdNr 31 ff, 61 des Gutachtens). Indes ist die Gestaltungsfreiheit der Schiedsperson nicht geringer als diejenige der Vertragspartner bei einer im Wege freier Verhandlung erzielten Vereinbarung. Insofern gilt für Schiedssprüche von Schiedspersonen nichts anderes als für solche der Schiedsämter (vgl zum Gestaltungsspielraum von Schiedsämtern BSG SozR 4-2500 § 87a Nr 2 RdNr 36; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 73 RdNr 15; BSGE 86, 126, 134 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 37 S 295 mwN).

74

Etwas anderes folgt auch nicht aus § 73b Abs 8 SGB V in der hier maßgebenden Fassung des GKV-WSG, die im Übrigen mit der seit dem 1.4.2014 (wieder) geltenden Fassung des 14. SGB V-ÄndG übereinstimmt. Nach dieser Vorschrift können die Parteien des Vertrages zur HzV vereinbaren, dass Aufwendungen für Leistungen, die über die hausärztliche Versorgung nach § 73 SGB V hinausgehen und insoweit nicht unter die Bereinigungspflicht nach § 73b Abs 7 SGB V fallen, aus Einsparungen und Effizienzsteigerungen finanziert werden, die aus den Maßnahmen von Verträgen nach § 73b Abs 4 SGB V erzielt werden. Aus der Formulierung "können vereinbaren" folgt, dass es sich nicht um eine für die Vertragspartner verbindliche Vorgabe handelt. Damit übereinstimmend hat der Gesundheitsausschuss, auf dessen Empfehlung die Regelung mit dem GKV-WSG eingeführt worden ist, zur Begründung angegeben, dass es sich um eine Klarstellung handele. In den Verträgen zu HzV könne vereinbart werden, zusätzliche Vergütungen durch Einsparungen zB bei den veranlassten und verordneten Leistungen zu generieren (BT-Drucks 16/4247 S 36).

75

Dass der Grundsatz der Beitragssatzstabilität für die bis zum 22.9.2010 zustande gekommenen Verträge zur HzV keine Geltung beansprucht, findet seine Bestätigung in der Änderung des § 73b SGB V mit dem GKV-FinG. Der mit diesem Gesetz neu eigeführte § 73b Abs 5a SGB V sah in Satz 1 eine Geltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität ausdrücklich nur für die nach dem 22.9.2010 zustande gekommenen Verträge vor. Ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 17/3040 S 23) entsprach es auch dem Willen des Gesetzgebers, die bis zum 22.9.2010 zustande gekommenen Verträge zur HzV von der Geltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität auszunehmen. Danach sollte es für diese Verträge bei der "im bisherigen Recht angelegten Vertragsfreiheit der Vertragsparteien auch im Hinblick auf die Vergütungshöhe" bleiben.

76

Auch die Motive, die den Gesetzgeber nach der Gesetzesbegründung zum 14. SGB V-ÄndG (BT-Drucks 18/606 S 11) zur Aufhebung des § 73b Abs 5a SGB V und zur "Rückführung" des Abs 8 auf die vor dem GKV-FinG geltende Fassung mWv 1.4.2014 veranlasst haben, sprechen dafür, dass es sich bei den Änderungen durch das GKV-FinG - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht nur um eine Klarstellung bezogen auf den ohnehin geltenden Grundsatz der Beitragssatzstabilität gehandelt hat, sondern dass dieser Grundsatz im Bereich der HzV allein aufgrund des - mit dem 14. SGB V-ÄndG wieder aufgehobenen - § 73b Abs 5a SGB V und damit auch nur für die nach dem 22.9.2010 zustande gekommenen Verträge zur HzV galt. Nach der Begründung der Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses, auf die die Änderung zurückgeht, sollten die mit dem GKV-FinG eingeführten Vergütungsbeschränkungen wieder aufgehoben werden, "da sie sich als Hemmnis für den Abschluss von Verträgen über eine hausarztzentrierte Versorgung erwiesen haben". Die Vertragspartner sollten - auch für Vereinbarungen über solche Leistungen, die über die hausärztliche Versorgung nach § 73 SGB V hinausgehen - die Möglichkeit erhalten, Vergütungsvereinbarungen zu treffen, ohne hierbei starren Begrenzungen zu unterliegen. Entscheidend sei, dass der Vertrag "insgesamt dem allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebot" entspreche. Die Gestaltungsspielräume der Vertragspartner sollten bezogen auf die Vergütung erweitert und die Möglichkeiten zur Entwicklung innovativer Versorgungskonzepte verbessert werden.

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(2) Entgegen der Auffassung der Klägerin kann die Geltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität für die Vergütung in der HzV auch nicht aus den für die für Wahltarife geltenden Bestimmungen des § 53 Abs 3, Abs 9 SGB V hergeleitet werden. Allerdings weist die Klägerin zutreffend darauf hin, dass die Krankenkassen nach § 53 Abs 3 SGB V verpflichtet sind, in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen - ua nach § 73b SGB V - teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Daran anknüpfend schreibt § 53 Abs 9 Satz 1 SGB V vor, dass die Aufwendungen für jeden Wahltarif jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden müssen. Danach sei - so die Klägerin - der Abschluss eines Hausarztvertrages ausgeschlossen, der Mehrkosten vorsehe, ohne dass deren Gegenfinanzierung gesichert sei. Der vorliegende Vertrag zur HzV enthalte Regelungen zu Mehrausgaben, deren Gegenfinanzierung spekulativ bleibe.

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Indes betrifft die Regelung zu den Wahltarifen das Verhältnis der Krankenkassen zu den Versicherten und nicht das Leistungserbringungsrecht. Ein Verstoß gegen die Vorgaben des § 53 Abs 9 SGB V könnte deshalb nur die Rechtsmäßigkeit der Satzung der Krankenkasse berühren und nicht die Rechtmäßigkeit des Vertrages zur HzV(so auch Alemann/Scheffczyk, NZS 2012, 45, 48; vgl Mehdorn, ZMGR 2012, 3, 12; ebenso bezogen auf einen Vertrag nach § 73c SGB V: SG Berlin Urteil vom 13.10.2010 - S 83 KA 443/08 - MedR 2011, 124, 128). Dies räumt auch Ebsen in dem von der Klägerin vorgelegten Gutachten (aaO, RdNr 74) im Grundsatz ein, macht jedoch geltend, dass es den Kassen auch bei Verträgen mit Leistungserbringern selbstverständlich verboten sei, Vereinbarungen zu treffen, die zu einem Verstoß gegen ihre Pflichten im Versicherungsverhältnis führten. Dem kann zwar im Grundsatz zugestimmt werden. Der Senat hat Bedenken gegen die Auffassung des SG München aus der Entscheidung vom 16.7.2014 (S 28 KA 696/12 - Juris RdNr 47 f), nach der ein Vertrag zur HzV bereits deshalb nicht gegen § 53 Abs 9 SGB V verstoßen könne, weil die möglicherweise durch diesen Vertrag verursachten Mehrkosten keine "Aufwendungen für den Wahltarif" im Sinne des § 53 Abs 9 Satz 1 SGB V seien und dass diese deshalb auch nicht durch Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen gegenfinanziert werden müssten. Der Begriff der "Aufwendungen für den Wahltarif" dürfte im Grundsatz umfassender zu verstehen sein als das SG München annimmt (zu Mindereinnahmen als "Aufwendungen für den Wahltarif" vgl BSGE 109, 230 = SozR 4-2500 § 53 Nr 2, RdNr 21). Für das vorliegende Verfahren kommt es darauf indes nicht an. Jedenfalls kann die eindeutige Entscheidung des Gesetzgebers gegen die Geltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität in der HzV nicht über das Verbot der Quersubventionierung von Wahltarifen aus § 53 Abs 9 SGB V unterlaufen werden(in dieser Richtung auch LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 3.11.2011 - L 3 KA 104/10 B ER - GesR 2012, 35 = Juris RdNr 48). Maßgebend ist die - für das Leistungserbringungsverhältnis vorrangige - Regelung des § 73b SGB V. Daher ist § 53 Abs 9 SGB V insoweit einschränkend auszulegen. Soweit die Vertragspartner des HzV von der Gestaltungsfreiheit Gebrauch machen, die der Gesetzgeber ihnen mit der bereichsspezifischen Ausnahme vom Gebot der Beitragssatzstabilität einräumen wollte, kann allein darin kein Verstoß gegen das Verbot der Quersubventionierung aus § 53 Abs 9 SGB V liegen.

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(3) Die für die HzV geltende Ausnahme vom Grundsatz der Beitragssatzstabilität und die daraus folgende Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 53 Abs 9 SGB V begegnet entgegen der Auffassung der Klägerin auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Zutreffend weist die Klägerin darauf hin, dass sich die Sozialversicherungsbeiträge durch eine strenge grundrechtlich und kompetenzrechtlich begründete Zweckbindung auszeichnen und dass die unter Eingriff in das Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit aus Art 2 Abs 1 GG zustande gekommene Zwangsmitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung die Auferlegung nur solcher Geldleistungen zu rechtfertigen vermag, die ihren Grund und ihre Grenze in den zwingenden Aufgaben der Sozialversicherung finden (vgl BVerfGE 113, 167, 203 = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 55). Die Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung ist in einem Sozialstaat überragend wichtiges Gemeinschaftsgut (BVerfGE 114, 196, 248 = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 RdNr 139). Daraus folgt jedoch nicht, dass der in § 71 Abs 1 Satz 1 SGB V definierte Grundsatz der Beitragssatzstabilität von der Verfassung vorgegeben wäre(zur Einschränkung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität in der vertragszahnärztlichen Versorgung vgl Axer, GesR 2013, 135, 140). Vielmehr hat der Gesetzgeber im Spannungsverhältnis zwischen dem Schutz der Freiheit des Einzelnen und den Anforderungen einer sozialstaatlichen Ordnung nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG einen weiten Gestaltungsspielraum (BVerfGE 114, 196, 248 = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 RdNr 139; BVerfGE 113, 167, 215 = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 86; BVerfGE 103, 172, 185 = SozR 3-5520 § 25 Nr 4 S 27; BVerfGE 44, 70, 89 = SozR 5420 § 94 Nr 2 S 2). Sozialpolitische Entscheidungen des Gesetzgebers sind von der Rechtsprechung zu akzeptieren, solange seine Entscheidungen weder offensichtlich fehlsam noch mit der Wertordnung des Grundgesetzes unvereinbar sind (BVerfGE 113, 167, 215 = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 86; BVerfGE 89, 365, 376 = SozR 3-2200 § 385 Nr 4 S 4).

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Das Ziel der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung hat der Gesetzgeber mit der Einführung der HzV nicht in Frage gestellt. Im Gegenteil ist die Verpflichtung der Krankenkassen, ihren Versicherten eine flächendeckende hausarztzentrierte Versorgung zur Verfügung zu stellen, mit dem Ziel eingeführt worden, die Versorgungsqualität zu verbessern und Wirtschaftlichkeitsreserven ua durch Verbesserungen im Bereich Pharmakotherapie, durch den Einsatz von wissenschaftlich begründeten und praxiserprobten hausärztliche Leitlinien und durch eine zielgerichtetere Fortbildung zu erschließen (vgl BT-Drucks 16/3100 S 111 f). Auf die Geltung von Vorschriften des Vierten Kapitels einschließlich des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität hat der Gesetzgeber dabei im Interesse eines weiten Gestaltungsspielraums der Vertragspartner und in der Erwartung verzichtet, dass dieser unter der Beteiligung der Krankenkassen als Vertragspartner im Sinne der og Zielsetzung ausgefüllt wird. Anhaltspunkte dafür, dass diese Erwägungen offensichtlich unzutreffend oder aus anderen Gründen mit der Wertordnung der Verfassung unvereinbar wären, sind weder von der Klägerin vorgetragen noch sonst ersichtlich. Bei der Einführung neuer Strukturen im Bereich der Leistungserbringung wie dem flächendeckenden Angebot einer HzV können die finanziellen Auswirkungen regelmäßig nicht mit Sicherheit prognostiziert werden. Allein daraus folgt jedoch noch keine Überschreitung des Handlungsspielraums des Gesetzgebers.

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Auch eine Ungleichbehandlung der Versicherten und damit ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art 3 Abs 1 GG ist mit der Einführung der HzV entgegen der Auffassung der Klägerin nicht verbunden, soweit alle Krankenkassen ihrer gesetzlichen Pflicht aus § 73b Abs 1 SGB V nachkommen, ihren Versicherten eine HzV anzubieten, weil dann alle Versicherten die Möglichkeit haben, diese Leistung in Anspruch zu nehmen. Mit der vorliegenden Entscheidung stellt der Senat klar, dass die Klägerin dieser bereits seit Inkrafttreten der Änderungen durch das GKV-WSG zum 1.4.2007 gesetzlich geregelten Verpflichtung nachzukommen hat.

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dd) Zu beachten bleibt das allgemeine Wirtschaftlichkeitsgebot, das seine Grundlage nicht allein in § 70 Abs 1 SGB V und damit einer Vorschrift aus dem nach § 73b Abs 5 Satz 4 SGB V nicht zwingend anwendbaren Vierten Kapitel, sondern auch in § 2 Abs 4, § 12 SGB V hat. Danach müssen die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Für die Geltung des allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebots spricht im Übrigen die Begründung der der Streichung des § 73b Abs 5a SGB V mit dem 14. SGB V-ÄndG zugrunde liegenden Empfehlung des Gesundheitsausschusses (BT-Drucks 18/606 S 11). Danach bleibt entscheidend, "dass der Vertrag insgesamt dem allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebot entspricht". Dagegen gilt die mit der Änderung des § 73b Abs 5 Satz 1 SGB V durch das 14. SGB V-ÄndG eingeführte Verpflichtung, Wirtschaftlichkeitskriterien und Maßnahmen bei Nichteinhaltung der vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien sowie Regelungen zur Qualitätssicherung zu vereinbaren, nicht für den vorliegenden, am 9.9.2010 festgesetzten Vertrag zur HzV, sondern nur für Verträge, die nach dem 31.3.2014 zustande gekommen sind.

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Der von der Schiedsperson festgesetzte Vertrag entspricht dem allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebot. Dabei ist zu berücksichtigen, dass gerade in der Phase der Einführung der flächendeckenden HzV keine hohen Anforderungen an die Prognose der wirtschaftlichen Auswirkungen gestellt werden können. Für die Rechtmäßigkeit der Festsetzung durch die Schiedsperson ist ausschlaggebend, dass die für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wesentlichen Gesichtspunkte erkannt, gegeneinander abgewogen worden sind und Eingang in die Begründung gefunden haben. Die Anforderungen an die Begründung dürfen auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Schiedsperson keinen eigenen Verwaltungsapparat unterhält, nicht überspannt werden (BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 38). Den so definierten Anforderungen wird die ausführliche Begründung der Entscheidung der Schiedsperson ohne Weiteres gerecht. Dabei wird - wie die Klägerin zutreffend geltend macht - in der Begründung des Schiedsspruchs nicht in Zweifel gezogen, dass zB mit der vorgesehenen kontaktunabhängigen Pauschale (65 Euro pro Versichertenteilnahmejahr) oder der Chronikerpauschale (30 Euro maximal einmal pro Quartal und maximal 4-mal pro Versichertenteilnahmejahr) Vergütungstatbestände in die HzV aufgenommen worden sind, die im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen keine Entsprechung finden und dass insgesamt mit einer Erhöhung des Fallwertes zu rechnen ist. Prognostiziert wird eine Erhöhung um 12,38 Euro im Vergleich zur Regelversorgung. Ferner wird ausgeführt, dass die dadurch verursachten Kosten und auch die erzielten Einsparungen nicht genau zu prognostizieren seien. Allerdings gebe es mit der Vergütungsobergrenze nach § 10 Abs 9 des Vertrages (76 Euro) Regelungen, die geeignet seien, das Risiko der Krankenkassen zu begrenzen. Einsparungen könnten ua aufgrund der Verpflichtung der Versicherten erwartet werden, Fachärzte nur auf Überweisung in Anspruch zu nehmen. Dies führe zur Vermeidung von Doppeluntersuchungen. Zudem müsse davon ausgegangen werden, dass jeder Facharztbesuch auch Folgekosten bei den veranlassten Leistungen nach sich ziehe, sodass eine - medizinisch vertretbare - verminderte Inanspruchnahme von Überweisungen zu Fachärzten auch geringere Folgekosten bedinge. Ein gewisses Einsparpotenzial ergebe sich des Weiteren durch die Verpflichtung der Hausärzte, bei der Arzneimittelversorgung die von den Vertragspartnern der HzV zur Verfügung gestellte Software zu verwenden, die gerade bei Original-Präparaten ermöglichen solle, dass der Hausarzt wirtschaftliche Verordnungen vornehmen könne. Insgesamt werden finanzielle Risiken und Einsparpotenziale in der Begründung des Schiedsspruchs ausführlich dargestellt und gegeneinander abgewogen. Auf dieser Grundlage und unter Berücksichtigung erster Erfahrungen mit ähnlichen Verträgen (Vertrag der BKK-Vertragsarbeitsgemeinschaft für Baden-Württemberg, AOK Bayern-Vertrag) kommt die Schiedsperson nachvollziehbar zu der Einschätzung, dass in Umsetzung des Vertrages eine wirtschaftliche Leistungserbringung durch die teilnehmenden Hausärzte erwartet werden kann.

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ee) Dagegen kann die Klägerin auch nicht mit Erfolg einwenden, dass die Schiedsperson lediglich einen unvollständigen "Vertragstorso" festgesetzt habe. Zwar trifft es zu, dass die Schiedsperson die vorgesehenen Anlagen zum Vertrag nicht vollständig festgesetzt, sondern teilweise der weiteren Vereinbarung durch die Vertragsparteien überlassen hat (etwa zum Hilfsmittelmanagement und zu verschiedenen Vergütungszuschlägen, die ua eine wirtschaftliche Verordnungsweise fördern sollen). Gerade in der Anfangsphase nach Einführung der flächendeckenden HzV ist jedoch nicht zu beanstanden, wenn die Vertragsparteien in der Phase der Umsetzung des Vertrages weitere Konkretisierungen und Ergänzungen vornehmen. Ausschlaggebend für die Rechtmäßigkeit des Vertrages zur HzV ist allein, ob dieser in der vorliegenden Form umgesetzt werden kann. Daran hat der Senat keine Zweifel.

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ff) Auch der Einwand der Klägerin, die Schiedsperson habe in Verkennung des rechtlichen Rahmens angenommen, dass die HzV nur als Vollversorgungsvertrag und nicht als sog Add-on-Vertrag vereinbart werden dürfe, sie habe dadurch ihren Gestaltungsspielraum verkannt und dies allein führe zur Rechtswidrigkeit des Schiedsspruchs, greift nicht durch. Dass die HzV jedenfalls auch in der Form eines sog Vollversorgungs- oder Bereinigungsvertrages vereinbart werden kann, der die bisherige Regelversorgung nach § 73 SGB V umfasst und diese nicht lediglich ergänzt, unterliegt keinem Zweifel. Auf die umstrittene Frage, ob eine HzV in Form eines sog Add-on-Vertrages den gesetzlichen Vorgaben entsprechen würde (gegen die Rechtmäßigkeit von Add-on-Verträgen auf der Grundlage des § 73b SGB V: Hess in Kasseler Komm, Stand Dezember 2014, § 73b SGB V RdNr 3; Alemann/Scheffczyk, NZS 2012, 45, 47; Klückmann in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2015, § 73b RdNr 27 f; mit dieser Tendenz auch Engelmann in Prütting, Fachanwaltskommentar Medizinrecht, 3. Aufl 2014, § 73b SGB V RdNr 8 ff; ähnlich: Sproll in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Stand Februar 2015, § 73b SGB V RdNr 8: "Beide Versorgungsformen schließen sich gegenseitig aus" sowie Orlowski, ZMGR 2009, 124, 125: HzV als "eigenständig zu regelnde einzelvertragliche Versorgung"; anders jedoch Huster, SGb 2010, 253 ff; ders in Becker/Kingreen, SGB V, 4. Aufl 2014, § 73b RdNr 21; Bäune in Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2013, § 73b RdNr 6; SG Marburg Urteil vom 3.8.2011 - S 12 KA 237/10 - Juris RdNr 29 ff), kommt es für die Entscheidung nicht an. Jedenfalls hat die Schiedsperson mit der Festsetzung eines Vollversorgungsvertrages ihren möglichen Entscheidungsspielraum nicht überschritten. In der Begründung des Schiedsspruchs wird die Auffassung vertreten, dass allein die Vereinbarung eines Vollversorgungsvertrages der Intention des Gesetzgebers entsprechen würde. Die Frage, ob deshalb ein Add-on-Vertrag rechtswidrig wäre, wird aber letztlich offengelassen. Die Schiedsperson weist zur weiteren Begründung ua darauf hin, dass sie sich in Ausübung ihres billigen Ermessens für einen Vollversorgungsvertrag entschieden habe, weil dieser den Krankenkassen und den Hausarztgemeinschaften die Möglichkeit eröffne, strukturelle Verbesserungen in der Leistungserbringung für die Versicherten vorzunehmen, während Add-on-Verträge nur punktuelle Ansätze böten. Damit hat die Schiedsperson die Entscheidung für einen Vollversorgungsvertrag den Anforderungen entsprechend begründet.

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gg) Der Vertrag ist auch nicht rechtswidrig, soweit er in § 6 sowie in den Anlagen 4 und 6 Regelungen zur Teilnahme der Versicherten an der HzV enthält, die in einzelnen Punkten (Verbleib des Originals der Teilnahmeerklärung bei der Krankenkasse oder in der Arztpraxis, Frist zwischen der Abgabe der Teilnahmeerklärung und dem Beginn der Teilnahme des Versicherten, Kündigungsfrist für die Teilnahme, Frist für den Wechsel des Hausarztes, ua) vom Inhalt der Satzung der Klägerin abweichen. Zwar trifft der Einwand der Klägerin zu, dass die Krankenkassen gemäß § 73b Abs 3 Satz 4 SGB V idF des GKV-WSG (heute: Satz 7) bisher(zu der im Entwurf eines GKV-VSG vorgesehenen Änderung vgl BT-Drucks 18/4095 S 16 f zu Art 1 Nr 27 Buchst a) verpflichtet sind, das Nähere zur Durchführung der Teilnahme der Versicherten, insbesondere zur Bindung an den gewählten Hausarzt, zu weiteren Ausnahmen von dem Überweisungsgebot und zu den Folgen bei Pflichtverstößen der Versicherten, in ihren Satzungen zu regeln. Auf der anderen Seite setzt jedoch auch das Angebot einer HzV, das durch Verträge nach § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V flächendeckend gewährleistet werden soll, Regelungen zur Teilnahme der Versicherten voraus, sodass diese idR auch Gegenstand des Vertrages zur HzV sein werden. Bei der Entscheidung, ob die vertraglichen Regelungen zur Teilnahme der Versicherten an der Satzung der Krankenkasse auszurichten sind oder ob umgekehrt die Krankenkasse ihre Satzung dem Inhalt der Verträge anzupassen hat, ist zu berücksichtigen, dass die Verträge zur HzV über die Festlegung durch eine Schiedsperson ggf auch gegen den Willen der Krankenkassen zustande kommen sollen. Dies steht einer Auslegung dahin entgegen, dass die Krankenkassen der anderen Partei des Vertrages zur HzV die Regelungen zur Teilnahme der Versicherten durch ihre Satzung einseitig vorgeben könnten. Ferner ist von Bedeutung, dass durch die Änderung des § 79 Abs 1 SGB V mWv 1.1.2005 bezogen auf die Vertretungskompetenz - die die Vertretung beim Abschluss von Selektivverträgen einschließt - ein originärer Aufgabenbereich des Vorstands der Krankenkassen geschaffen werden sollte, der nicht vollständig der Gestaltungsmacht der Vertreterversammlung unterworfen ist (BSGE 114, 274 = SozR 4-2500 § 81 Nr 7, RdNr 33, 37 ff). Auch dies spricht dagegen, dass Inhalte des Vertrages zur HzV durch die von der Vertreterversammlung verabschiedete Satzung der Krankenkasse einseitig vorgegeben werden könnten. Daher sind Regelungen des Vertrages zur HzV zur Teilnahme der Versicherten nicht bereits rechtswidrig, wenn sie vom Inhalt der Satzung der Krankenkasse abweichen. Vielmehr ist - wie das LSG bereits zutreffend ausgeführt hat - die Krankenkasse verpflichtet, ihre Satzung dem Inhalt des Vertrages anzupassen (ebenso: Alemann/Scheffczyk, NZS 2012, 45, 50).

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Die im Vertrag zur HzV getroffenen Bestimmungen zur Teilnahme der Versicherten müssen danach zwar nicht mit dem Inhalt der Satzung der Krankenkasse übereinstimmen, aber die übrigen gesetzlichen und untergesetzlichen Bestimmungen zur Teilnahme der Versicherten beachten. Bezogen auf den hier in erster Linie maßgebenden Zeitpunkt der Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson ist der durch die Schiedsperson festgesetzte Vertrag zur HzV auch insoweit nicht zu beanstanden. Allerdings werden bei der bevorstehenden Durchführung des Vertrages die in der Zwischenzeit eingetretenen gesetzlichen Änderungen zu berücksichtigen sein. Eine entsprechende Verpflichtung zur Anpassung ist in den Schlussbestimmungen des Vertrages (§ 22 Abs 2) geregelt und folgt im Übrigen aus § 59 Abs 1 Satz 1 SGB X. Neben der Berücksichtigung der mit dem Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten vom 20.2.2013 (BGBl I 277) eingeführten Bestimmungen zum Widerrufsrecht der Versicherten (§ 73b Abs 3 Satz 3 bis 6 SGB V) gehört dazu auch die Beachtung der am 26.8.2013 in Kraft getretenen Vorgaben zur Abgabe der Teilnahmeerklärung aus der Richtlinie des GKV-Spitzenverbandes nach § 217f Abs 4a SGB V.

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hh) Der Rechtmäßigkeit der Festlegung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson steht nicht entgegen, dass zuvor keine Auftragsvergabe nach den Vorschriften des Vergaberechts durchgeführt worden ist. Zwar fanden gemäß § 69 Abs 2 Satz 1 SGB V in der hier maßgebenden seit dem 18.12.2008 geltenden Fassung des GKV-OrgWG die die Vergabe öffentlicher Aufträge betreffenden Vorschriften der §§ 97 bis 115 und 128 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) auf die in § 69 Abs 1 Satz 1 SGB V genannten Rechtsbeziehungen der Krankenkassen ausdrücklich Anwendung, soweit die dort genannten Voraussetzungen erfüllt waren. Dies galt nach § 69 Abs 2 Satz 2 SGB V jedoch nicht für Verträge von Krankenkassen oder deren Verbänden mit Leistungserbringern, zu deren Abschluss die Krankenkassen oder deren Verbände gesetzlich verpflichtet sind und bei deren Nichtzustandekommen eine Schiedsamtsregelung gilt. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Festsetzung des Vertragsinhalts durch eine Schiedsperson als "Schiedsamtsregelung" in diesem Sinne zu verstehen ist und ob Satz 2 damit der Anwendbarkeit der §§ 97 ff GWB entgegensteht. Unabhängig von dieser ohnehin nur klarstellenden (vgl BT-Drucks 16/10609 S 52) Beschränkung der Anwendbarkeit wettbewerbsrechtlicher Bestimmungen, die sich im Übrigen seit der Änderung durch das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung (Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz - AMNOG) vom 22.12.2010 (BGBl I 2262) nicht mehr auf die Vorschriften des Vierten Teils des GWB (§§ 97 ff GWB) bezieht (vgl jetzt § 69 Abs 2 Satz 4 SGB V), kann ein öffentlicher Auftraggeber dem Kartellvergaberecht nur unterworfen sein, wenn dieser eine Auswahl zwischen verschiedenen Vertragspartnern hat (Kaltenborn, GesR 2011, 1, 2; Engelmann in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, Stand Oktober 2013, § 69 RdNr 141; vgl zur Rechtslage vor der Änderung durch das AMNOG: Sormani-Bastian, ZESAR 2010, 13). Daran hat sich im Übrigen auch durch die neuen europäischen Vergaberichtlinien nichts geändert. Nach Erwägungsgrund 13 der Richtlinie 2014/23/EU vom 26.2.2014 über die Konzessionsvergabe (ABl L 94, 1) sollen Regelungen, nach denen ohne gezielte Auswahl alle Wirtschaftsteilnehmer, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen, berechtigt sind, eine bestimmte Aufgabe wahrzunehmen, nicht als Konzessionen gelten. Das betrifft auch Regelungen aufgrund einer Vereinbarung zwischen Behörde und Wirtschaftsunternehmen. Nichts anderes gilt, soweit der Vertrag zur HzV europarechtlich nicht als Dienstleistungskonzession, sondern als entgeltlicher Beschaffungsvertrag angesehen wird: Nach Art 1 Abs 2 der Richtlinie 2014/24/EU vom 26.2.2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (ABl L 94, 65) setzt die Auftragsvergabe im Sinne der Richtlinie voraus, dass Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen von öffentlichen Auftraggebern "ausgewählt werden".

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Der sich aus § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V ergebende Kontrahierungszwang, der gemäß § 73b Abs 4 Satz 2 iVm Abs 4a SGB V von entsprechend qualifizierten Gemeinschaften durch die Beantragung des Schiedsverfahrens und die Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson durchgesetzt werden kann, hat zur Folge, dass der vertragschließenden Krankenkasse kein Auswahlermessen zukommt, sondern dass der Vertragspartner bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen bereits feststeht. Eine Auswahl zwischen verschiedenen Bietern ist also bezogen auf die Verträge nach § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V ausgeschlossen. Dies steht der Annahme eines öffentlichen Auftrages im Sinne des § 99 GWB entgegen(so auch Engelmann in Prütting, Fachanwaltskommentar Medizinrecht, 3. Aufl 2014, § 73b SGB V RdNr 32a; Kingreen/Temizel, ZMGR 2009, 134, 137 f; Adolf in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, Stand April 2012, § 73b SGB V, RdNr 62; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 3.11.2010 - L 21 SF 208/10 Verg - Juris RdNr 34; ähnlich Orlowski, ZMGR 2009, 124, 130; BKartA Beschluss vom 2.7.2010 - VK 1 - 52/10 - Juris; bezogen auf die HzV nach § 73b SGB V allerdings nur im Ergebnis ebenso die Begründung zum GKV-OrgWG: BT-Drucks 16/10609 S 52).

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ii) Der Vertrag zur HzV ist mit bundesrechtlichen Bestimmungen zum Datenschutz nicht vollständig kompatibel. Maßgebend ist dabei grundsätzlich die Rechtslage zum Zeitpunkt der Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson (vgl 4 b, RdNr 56). Zu diesem Zeitpunkt war der Vertrag mit datenschutzrechtlichen Bestimmungen bereits deshalb nicht zu vereinbaren, weil es an der erforderlichen Befugnisnorm für die dort geregelte Weitergabe von Abrechnungsdaten an private Stellen in Gestalt der HÄVG und der HÄVG Rechenzentrum AG gefehlt hat (nachfolgend 1). Indes ist für die Beurteilung des Feststellungsinteresses die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Revisionsinstanz maßgebend (vgl 4 b, RdNr 57). Die Klägerin hat weder ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 55 Abs 1 SGG an der isolierten Feststellung einer Rechtswidrigkeit des - bisher nicht durchgeführten - Vertrages zur HzV unter Zugrundelegung einer nicht mehr geltenden Rechtslage nachvollziehbar geltend gemacht noch einen Anspruch gegenüber den Beklagten auf Änderung des Vertrages entsprechend der nicht mehr geltenden Rechtslage. Ein fortbestehendes Feststellungsinteresse kann deshalb nur anerkannt werden, soweit es darauf auch noch für die bevorstehende Durchführung des Vertrages ankommt. Daher ist ergänzend die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats und damit nach Einführung des § 295a SGB V durch Art 3 Nr 9 des Gesetzes zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze vom 28.7.2011 (BGBl I 1622, 1627) mWv 4.8.2011 zu berücksichtigen (nachfolgend 2). Die von der Klägerin erhobenen datenschutzrechtlichen Einwände greifen daher zum überwiegenden Teil nicht durch (nachfolgend 3, 5, 6). Soweit der Vertrag zur HzV jedoch auch mit den geänderten bundesrechtlichen Vorgaben nicht vollständig zu vereinbaren ist, sind die Vertragspartner verpflichtet, diesen zu ändern (nachfolgend 4 und 7).

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(1) Der von der Schiedsperson festgesetzte Vertrag zur HzV sieht vor, dass die Abrechnung der Vergütung des Hausarztes gemäß den Vorgaben der Anlage 3 durch die HÄVG als Abrechnungsdienstleister erfolgt (§ 11 Abs 1). Die HÄVG ist berechtigt, sich zum Zwecke der Abrechnung eines Rechenzentrums im Sinne der Anlage 3 zu bedienen (§ 11 Abs 2 Satz 2). Nach Anlage 3 § 6 Satz 2 wird von der HÄVG hierzu "derzeit" die HÄVG Rechenzentrum AG eingesetzt. Damit übereinstimmend werden die Versicherten mit dem Merkblatt (Anhang zu Anlage 6 des Vertrages) unter der Überschrift "Wichtige Informationen zum Schutz Ihrer Daten - Ihre Einwilligung" darüber informiert, dass die Abrechnung der ärztlichen Vergütung ua "über die Dienstleistungsgesellschaft des Hausärzteverbandes und MEDI, die Hausärztliche Vertragsgemeinschaft eG (HÄVG) und ihr Rechenzentrum erfolgt". Nach § 11 Abs 4 zahlt die Krankenkasse die Vergütung mit schuldbefreiender Wirkung an die HÄVG.

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Für die damit vorgesehene Weitergabe von Patientendaten zu Abrechnungszwecken fehlte zum Zeitpunkt der Festsetzung des Vertragsinhalts die erforderliche Rechtsgrundlage. Wie der Senat in seiner Entscheidung vom 10.12.2008 (B 6 KA 37/07 R - BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr 2)im Einzelnen dargelegt hat, setzt die Übermittlung von Patientendaten durch Leistungserbringer an private Dienstleistungsunternehmen im Geltungsbereich des SGB V eine bereichsspezifische Befugnisnorm voraus. Als solche kam allein § 295 Abs 1b Satz 5 bis 8 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17.7.2009 (BGBl I 1990) in Betracht. Diese Regelung, mit der der Gesetzgeber auf das og Urteil des Senats vom 10.12.2008 reagiert hat, war bis zum 30.6.2010 - und damit auf einen Zeitpunkt vor der Festsetzung des Vertragsinhalts - befristet. Über § 320 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Änderung krankenversicherungsrechtlicher und anderer Vorschriften vom 24.7.2010 (BGBl I 983) waren diese Sätze jedoch bis zum 1.7.2011 und damit auch noch zum Zeitpunkt der Festsetzung des Vertragsinhalts am 9.9.2010 weiter anzuwenden. Danach durfte für die ärztlichen Leistungen, die im Rahmen von Verträgen ua zur HzV nach § 73b SGB V erbracht und mit den Krankenkassen abgerechnet wurden, eine andere Stelle mit der Verarbeitung und Nutzung der für die Abrechnung dieser Leistungen erforderlichen personenbezogenen Daten beauftragt werden. § 80 SGB X war anzuwenden. Auftraggeber und Auftragnehmer unterlagen der Aufsicht der nach § 38 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) zuständigen Aufsichtsbehörde.

93

§ 295 Abs 1b Satz 5 bis 8 SGB V aF erlaubte danach allein die Beauftragung einer anderen Stelle im Sinne einer Auftragsdatenverarbeitung(vgl OVG Schleswig-Holstein Beschluss vom 12.1.2011 - 4 MB 56/10 - CR 2011, 359). Der ausdrücklich in Bezug genommene § 80 SGB X regelt die Voraussetzungen der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung von Sozialdaten im Auftrag. Dass mit der Einfügung des § 295 Abs 1b Satz 5 bis 8 SGB V die Übermittlung von Daten an private Stellen nur unter den für die Auftragsdatenverarbeitung geltenden Voraussetzungen zugelassen werden sollte, wird auch durch die Begründung der Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses, auf die die Regelung zurückgeht, bestätigt: Danach sollten die Voraussetzungen, unter denen dem Sozialgeheimnis unterliegende Stellen andere Stellen mit der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung von Sozialdaten beauftragen können, und die Rechtsfolgen einer solchen Beauftragung auch für die besonderen Versorgungsformen gelten(vgl BT-Drucks 16/13428 S 96 unter Bezugnahme auf die Begründung zur entsprechenden Regelung für Krankenhäuser nach § 120 Abs 6, S 92).

94

Bei der in dem Vertrag vorgesehenen Übermittlung von Abrechnungsdaten durch den Arzt an die HÄVG handelt es sich nicht um eine nach § 295 Abs 1b SGB V aF zulässige Auftragsdatenverarbeitung. Die Auftragsdatenverarbeitung ist datenschutzrechtlich privilegiert. Sie stellt keine Übermittlung im Sinne des § 67 Abs 6 Satz 2 Nr 3 SGB X dar(vgl Bieresborn in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 80 RdNr 3; I. Palsherm in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, Stand Juli 2013, § 80 RdNr 15). Eine Auftragsdatenverarbeitung im Sinne des § 80 SGB X liegt vor, wenn der Auftragnehmer die Datenverarbeitung in vollständiger Abhängigkeit von Vorgaben des Auftraggebers durchführt(vgl Bieresborn in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 80 RdNr 3; zur entsprechenden Regelung in § 11 BDSG vgl Wedde in Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, BDSG, 4. Aufl 2014, § 11 RdNr 5). Die Auftragsdatenverarbeitung ist abzugrenzen von der Funktionsübertragung. Diese liegt dann vor, wenn dem Service-Unternehmen eine eigene rechtliche Zuständigkeit für die Aufgabe, deren Erfüllung die Datenverarbeitung oder die Nutzung dient, zugewiesen ist (Gola/Klug, BDSG, 12. Aufl 2015, § 11 RdNr 9). Wesentliches Merkmal für die Abgrenzung der Auftragsdatenverarbeitung von der Funktionsübertragung (Aufgabenübertragung) ist die Entscheidungsbefugnis über die Daten. Liegt diese bei der beauftragten Stelle und kommt dieser nicht nur eine Hilfs- und Unterstützungsfunktion zu, kann nicht mehr von einer Auftragsdatenverarbeitung im Sinne des § 80 SGB X ausgegangen werden(Rombach in Hauck/Noftz, SGB X, Stand November 2014, § 80 RdNr 20; Wedde in Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, BDSG, 4. Aufl 2014, § 11 RdNr 12, 14).

95

Das im Vertrag geregelte Verhältnis des an der HzV teilnehmenden Hausarztes zur HÄVG entspricht nicht dem Bild einer Auftragsdatenverarbeitung. Die HÄVG führt die Abrechnung keineswegs in vollständiger Abhängigkeit von dem teilnehmenden Hausarzt für diesen durch. Dagegen spricht bereits der Umstand, dass der Hausarzt an dem Vertrag zur HzV, der die Einzelheiten vorgibt, nicht unmittelbar beteiligt ist und damit keinen unmittelbaren Einfluss auf dessen Ausgestaltung hat. Der einzelne Hausarzt hat auch keinen Einfluss darauf, wer für ihn die Daten verarbeiten soll. Bereits eine solche fehlende Auswahlmöglichkeit spricht gegen das Vorliegen einer Auftragsdatenverarbeitung (Bieresborn in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 80 RdNr 3b; Wedde in Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, BDSG, 4. Aufl 2014, § 11 RdNr 5a). Zudem wird ihm vorgegeben, welche Datenverarbeitungsprogramme (Software) er für die Abrechnung zu verwenden hat. Damit ist insgesamt davon auszugehen, dass die HÄVG die Abrechnungsdaten in eigener Verantwortung oder im Auftrag der Beklagten verarbeitet bzw durch die HÄVG Rechenzentrum AG verarbeiten lässt, aber jedenfalls nicht im Auftrag des Hausarztes tätig wird. Der Vertrag regelt bezogen auf die Weitergabe der Daten durch den Hausarzt keine nach § 295 Abs 1b Satz 5 bis 8 SGB V zulässige Auftragsdatenverarbeitung.

96

(2) Mit der Einfügung des § 295a SGB V zum 4.8.2011 ist die erforderliche gesetzliche Grundlage für die Übermittlung von Abrechnungsdaten durch die an der HzV teilnehmenden Hausärzte geschaffen worden. Anders als unter Geltung des § 295 Abs 1b Satz 5 bis 8 SGB V beschränkt sich die Befugnis nach § 295a Abs 1 Satz 1 SGB V nicht auf die Beauftragung einer anderen Stelle mit der Verarbeitung, Nutzung und Abrechnung personenbezogener Daten. Vielmehr sind die an den entsprechenden Versorgungsformen teilnehmenden Leistungserbringer für die Abrechnung der im Rahmen von Verträgen nach § 73b, § 73c oder § 140a SGB V erbrachten Leistungen gemäß § 295a Abs 1 Satz 1 SGB V befugt, die nach den Vorschriften des Zehnten Kapitels des SGB V erforderlichen Angaben an den Vertragspartner auf Leistungserbringerseite als verantwortliche Stelle zu übermitteln, indem diese Angaben entweder an ihn oder an eine nach § 295 Abs 2 SGB V beauftragte andere Stelle weitergegeben werden; für den Vertragspartner auf Leistungserbringerseite gilt § 35 SGB I entsprechend. Voraussetzung ist, dass der Versicherte vor Abgabe der Teilnahmeerklärung an der Versorgungsform umfassend über die vorgesehene Datenübermittlung informiert worden ist und mit der Einwilligung in die Teilnahme zugleich in die damit verbundene Datenübermittlung schriftlich eingewilligt hat. Der Vertragspartner auf Leistungserbringerseite oder die beauftragte andere Stelle dürfen die übermittelten Daten nur zu Abrechnungszwecken verarbeiten und nutzen; sie übermitteln die Daten im Wege elektronischer Datenübertragung oder maschinell verwertbar auf Datenträgern an den jeweiligen Vertragspartner auf Krankenkassenseite.

97

§ 295a Abs 1 Satz 1 SGB V definiert den "Vertragspartner auf Leistungserbringerseite" (also den Hausarztverband und nicht den einzelnen Arzt) als die im datenschutzrechtlichen Sinne "verantwortliche Stelle". Insofern trifft § 295a Abs 1 Satz 1 SGB V eine spezielle Regelung, die den allgemeinen Bestimmungen der §§ 67a ff SGB X vorgeht. Das bedeutet, dass die datenschutzrechtliche Verantwortung mit dem Eingang der Daten bei dem Hausarztverband ("Vertragspartner auf Leistungserbringerseite") oder bei der von ihm beauftragten Stelle auf den Hausarztverband übergeht (vgl BT-Drucks 17/6141 S 39).

98

(3) Die Einwände der Klägerin gegen die Rechtmäßigkeit des Vertrages zur HzV, die ihre Grundlage in der Annahme haben, dass der Arzt auch nach dem Eingang der Daten bei den Beklagten oder der von ihnen beauftragten Stelle "verantwortliche Stelle" im Sinne des § 67 Abs 9 SGB X bleibe und dass der Arzt die Daten nur unter den für die Auftragsdatenverarbeitung nach § 80 SGB X geltenden Voraussetzungen weitergeben dürfe, greifen damit bezogen auf die seit Inkrafttreten des § 295a SGB V geltenden Rechtslage nicht mehr durch. § 295a Abs 1 Satz 1 SGB V regelt die Befugnis des Hausarztes zur Weitergabe der für die Abrechnung erforderlichen Daten an den Hausarztverband oder die von diesem mit der Datenverarbeitung beauftragte Stelle unabhängig von den Voraussetzungen einer Auftragsdatenverarbeitung. Auftraggeber einer Datenverarbeitung durch die HÄVG oder ein Rechenzentrum können allein die "Vertragspartner auf Leistungserbringerseite" (vgl BT-Drucks 17/6141 S 40, zu § 295a Abs 2) und damit die Beklagten sein.

99

(4) Zutreffend ist dagegen der Einwand der Klägerin, dass die Regelungen des Vertrages zur HzV, die eine Beauftragung der HÄVG Rechenzentrum AG durch die HÄVG vorsehen (vgl zB Anlage 3 § 6 Abs 1) mit den gesetzlichen Vorgaben nicht zu vereinbaren sind. Nach § 295a Abs 2 Satz 1 SGB V darf der Vertragspartner auf Leistungserbringerseite eine andere Stelle mit der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der personenbezogenen Daten beauftragen, die für die Abrechnung der im Rahmen von Verträgen ua zur HzV erbrachten Leistungen erforderlich sind. Gemäß § 295a Abs 2 Satz 2 SGB V ist § 80 SGB X ua mit der weiteren Maßgabe anzuwenden, dass Unterauftragsverhältnisse ausgeschlossen sind. Demnach dürfen die Beklagten als "Vertragspartner auf Leistungserbringerseite" im Sinne der genannten Regelung zwar die HÄVG oder auch unmittelbar die HÄVG Rechenzentrum AG mit der Verarbeitung der Abrechnungsdaten beauftragen. Die im Vertrag vorgesehene Erteilung eines Unterauftrags an die HÄVG Rechenzentrum AG durch die von den Beklagten beauftragte HÄVG ist dagegen nicht zulässig (zu einer entsprechenden Regelung vgl auch bereits LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 3.11.2011 - L 3 KA 104/10 B ER - GesR 2012, 35, 38).

100

(5) Nach den von der Klägerin nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und damit für den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die im Vertrag zur HzV zur Verwendung durch den teilnehmenden Arzt vorgeschriebene Software mit datenschutzrechtlichen Bestimmungen unvereinbar wäre. Soweit die Klägerin erstmals im Revisionsverfahren - nach Ablauf der Frist zur Revisionsbegründung - geltend macht, dass die im Vertrag vorgeschriebene Software einen sog "gekapselten Kern" besitze, der die Möglichkeit biete, Patientendaten aus dem System des Hausarztes an die Beklagten bzw die HÄVG zu übermitteln, ohne dass dies für den Hausarzt im Einzelnen nachvollziehbar sei, so steht diese Behauptung im Übrigen im Widerspruch zu der von den Beklagten vorgelegten Technischen Stellungnahme des Bayerischen Landesamtes für Datenschutzaufsicht vom 17.8.2012 (Az: LDA.3-1085.6-12/10), die sich nach den von der Klägerin nicht in Zweifel gezogenen Angaben der Beklagten auf die auch im vorliegenden Vertrag zur HzV vorgeschriebene Software beziehen soll. Die Stellungnahme kommt für den Senat nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass die Kontrollmöglichkeiten über die Verarbeitung der personenbezogenen Daten ausreichend transparent seien. Die Datenverarbeitungsvorgänge in der Arztpraxis würden vom Arzt gesteuert.

101

(6) Auch die in Ziff 2.1 der Anlage 4 zum Vertrag vorgesehene Übermittlung von Einschreibedaten ist entgegen der Auffassung der Klägerin datenschutzrechtlich nicht zu beanstanden. Bei den Einschreibedaten handelt es sich um die in der Teilnahmeerklärung enthaltenen Stammdaten des Versicherten (Name, Anschrift, Geburtsdatum, Versichertennummer), die Daten zu dem gewählten Hausarzt und den Teilnahmebeginn (vgl die der Teilnahmeerklärung beigefügten Informationen zu Datenschutz, Datenübermittlung und -zusammenführung). Diese Angaben sind für die Durchführung der Abrechnung im Sinne des § 295a Abs 1 Satz 1 SGB V erforderlich und die Verarbeitung und Nutzung dieser Daten erfolgt in Übereinstimmung mit § 295a Abs 1 Satz 3 SGB V zu Abrechnungszwecken(im Ergebnis ebenso die Bewertung eines insoweit entsprechenden Vertrages durch das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht, Schreiben vom 30.11.2012, Az: LDA.3-1085.6-12/10).

102

(7) Im Widerspruch zu den geltenden gesetzlichen Vorgaben steht dagegen § 6 Abs 10 der Anlage 3 zum HzV, der die HÄVG zur Führung von Musterverfahren ermächtigt, weil es sich dabei nicht um eine gemäß § 295a Abs 1 Satz 3 SGB V allein zulässige Verarbeitung oder Nutzung zu Abrechnungszwecken handelt. Zwar regelt der Vertrag nicht ausdrücklich die Verwendung personenbezogener Daten in Musterprozessen. Die vorgesehene Führung solcher Prozesse durch die HÄVG setzt die Verwendung personenbezogener Daten der an der HzV teilnehmenden Versicherten jedoch voraus (ebenso zu einer insoweit vergleichbaren Regelung: LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 3.11.2011 - L 3 KA 104/10 B ER - GesR 2012, 35, 38). Gemäß § 295a Abs 1 Satz 3 SGB V dürfen die Beklagten als "Vertragspartner auf Leistungserbringerseite" die übermittelten Daten nur zu Abrechnungszwecken verwenden. Dass die Verwendung von Daten zur Führung von Musterprozessen über die Verwendung zu Abrechnungszwecken hinausginge, haben die Beklagten im Revisionsverfahren auch nicht in Zweifel gezogen, sondern geltend gemacht, dass die HÄVG tatsächlich keine "Musterverfahren" unter Nutzung personenbezogener Daten führe. Auf die Rechtswidrigkeit der getroffenen Regelung hat dies indes keinen Einfluss.

103

e) Im Ergebnis ist der von der Schiedsperson festgesetzte Vertrag allein insoweit zu beanstanden, als er eine datenschutzrechtlich unzulässige Unterbeauftragung der HÄVG Rechenzentrum AG durch die HÄVG sowie das Recht der HÄVG zur Führung von "Musterverfahren" vorsieht. Dem werden die Beteiligten durch entsprechende Änderungen des Vertrages Rechnung zu tragen haben. Davon unberührt bleibt die Verpflichtung der Beteiligten, den seit der Festsetzung des Vertragsinhalts eingetretenen gesetzlichen Änderungen durch Vertragsanpassungen Rechnung zu tragen.

104

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Bei der Kostenverteilung (§ 155 Abs 1 VwGO) hat der Senat berücksichtigt, dass die Klage bezogen auf die beantragte Aufhebung des Vertrages zur HzV ohne Erfolg und bezogen auf die hilfsweise geltend gemachte Feststellung der Rechtswidrigkeit vertraglicher Bestimmungen ganz überwiegend erfolglos war.

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(1) Mit der Klage kann begehrt werden

1.
die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses,
2.
die Feststellung, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist,
3.
die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes ist,
4.
die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts,
wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.

(2) Unter Absatz 1 Nr. 1 fällt auch die Feststellung, in welchem Umfang Beiträge zu berechnen oder anzurechnen sind.

(3) Mit Klagen, die sich gegen Verwaltungsakte der Deutschen Rentenversicherung Bund nach § 7a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch richten, kann die Feststellung begehrt werden, ob eine Erwerbstätigkeit als Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ausgeübt wird.

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 18. Dezember 2013 und des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. April 2012 geändert. Es wird festgestellt, dass der durch die Schiedsperson zwischen den Beteiligten festgesetzte Vertrag zur hausarztzentrierten Versorgung mit bundesrechtlichen Bestimmungen zum Datenschutz nicht vereinbar ist. Insoweit sind die Beteiligten verpflichtet, den Vertrag zu ändern.

Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt 9/10 und die Beklagten tragen 1/10 der Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen.

Tatbestand

1

Die klagende Krankenkasse wendet sich gegen einen Schiedsspruch, mit dem der Inhalt eines Vertrages zur hausarztzentrierten Versorgung (HzV) nach § 73b SGB V zwischen ihr und den beiden beklagten Hausarztverbänden festgelegt worden ist.

2

Nachdem sich Klägerin und Beklagte nicht über den Abschluss eines Vertrages zur HzV einigen konnten, beantragten die Beklagten die Einleitung des Schiedsverfahrens. Die Schiedsperson wurde durch das Bundesversicherungsamt (BVA) bestimmt, nachdem auch dazu keine Einigung erzielt werden konnte. Gegen den Bescheid des BVA zur Bestimmung der Schiedsperson wandte sich die Klägerin mit der Klage und beantragte zugleich die Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Diesen Antrag wies das SG zurück. Die dagegen eingelegten Beschwerden nahm die Klägerin zurück, nachdem der Schiedsspruch ergangen war.

3

Mit einem weiteren Eilverfahren wandte sich die Klägerin erfolglos gegen die Festsetzung eines Verhandlungstermins durch die Schiedsperson. An der anberaumten mündlichen Verhandlung nahm die Klägerin nicht teil. Zu dem von den Beklagten vorgelegten Vertragsangebot nahm die Klägerin mit insgesamt 68 Einzelanträgen Stellung.

4

Mit Schiedsspruch vom 9.9.2010 setzte die Schiedsperson den Inhalt des Vertrages zur HzV mit Wirkung zum 15.9.2010 fest und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Die Beklagten erfüllten die Voraussetzung, nach der sie mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) Baden-Württemberg vertreten müssten. Die gesetzliche Regelung könne nicht in dem Sinne verstanden werden, dass eine rechtsgeschäftliche Vertretung im Sinne des § 164 Abs 1 BGB erforderlich sei. Vielmehr sei mit der Formulierung des "Vertretens" gemeint, dass die Gemeinschaften eine gewisse soziale Mächtigkeit haben müssten, damit eine flächendeckende Versorgung mit Hausarztverträgen wahrscheinlich sichergestellt werden könne. Da mehr als die Hälfte der Allgemeinärzte Mitglied der beiden beklagten Verbände seien, seien die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt. Selbst wenn nicht auf dieses Verständnis des "Vertretens" abgestellt würde, seien die Voraussetzungen erfüllt, weil mehr als die Hälfte der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte die Beklagten zu 1. und 2. mit dem Abschluss von Verträgen zur HzV beauftragt hätten. Die Schiedsperson sei keine Behörde und sie erlasse auch keinen Verwaltungsakt, sondern werde als Vertragshelfer tätig. Als solche habe sie in Wahrnehmung ihres Bestimmungsrechts den Inhalt des Vertrages zur HzV nach billigem Ermessen festzusetzen. In Ausübung ihres billigen Ermessens habe sie entschieden, den Vertrag zur HzV als sog Vollversorgungs- oder Bereinigungsvertrag und nicht als sog Add-on-Vertrag festzusetzen. Allein die Vereinbarung von Vollversorgungsverträgen entspreche der Intention des Gesetzes, mehr Wettbewerb zwischen den Krankenkassen durch Erweiterung ihrer Handlungsspielräume zum Abschluss von Verträgen mit Leistungserbringern oder Gruppen von ihnen zu ermöglichen.

5

Der festgelegte Vertragsinhalt entspreche den gesetzlichen Anforderungen an eine HzV und führe zu einer Verbesserung der hausärztlichen Versorgung für die Versicherten. Er entspreche hinsichtlich des Leistungsinhalts in vollem Umfang den Forderungen, die die Krankenkassen in früher geführten Schiedsverfahren für den Bezirk der KÄV Bayern aufgestellt hätten und gehe auch hinsichtlich der qualitativen Anforderungen über die gesetzlichen Anforderungen hinaus. Hinsichtlich der Vergütung der in der HzV zu erbringenden Leistungen orientiere sich der Vertrag in Ausübung billigen Ermessens an dem Vertrag, den die BKK-Vertragsarbeitsgemeinschaft für den Bezirk der KÄV Baden-Württemberg abgeschlossen habe. Vergleichbare Vergütungsregelungen fänden sich auch in zahlreichen weiteren Verträgen zur HzV, die Krankenkassen mit Gemeinschaften von Hausärzten geschlossen hätten. Bei der Festsetzung der Höhe der Vergütung seien die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Beitragssatzstabilität zu beachten. Dem werde die Vergütungsstruktur sowie die daran anknüpfende Vergütungshöhe gerecht. Die wirtschaftlichen Risiken der Krankenkassen würden durch verschiedene - in der Begründung des Schiedsspruchs im Einzelnen bezeichnete - Maßnahmen beschränkt. Den durch die Vergütung der HzV-Leistungen bedingten Mehrausgaben stünden Einsparungen gegenüber, die jedoch schwer genauer zu prognostizieren seien. Allerdings zeigten Erfahrungswerte aus bereits laufenden HzV-Verträgen, dass (in der Begründung des Schiedsspruchs näher bezeichnete) Einsparungen erzielt würden, mit denen sich die Mehrausgaben finanzieren ließen. Einer Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson stehe auch nicht entgegen, dass die Auftragsvergabe nicht nach den Vorschriften des Vergaberechts ausgeschrieben worden sei und dass die Anwendung des Sozialdatenschutzes auf die HzV-Verträge umstritten sei. Die Anwendung der Regelungen über den Datenschutz sei zwar streitig. Im Gegensatz zum unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein hätten die Landesdatenschutzbeauftragten für Bayern und Baden-Württemberg aber bisher keinen Anlass zu einer datenschutzrechtlichen Beanstandung bezogen auf die bestehenden HzV-Verträge gesehen. Im Hinblick auf diese Rechtslage werde von der Festsetzung einer datenschutzrechtlichen Regelung abgesehen. Die Schaffung einer datenschutzkonformen Regelung über die Weitergabe von Patientendaten an private Abrechnungsstellen bleibe auf der Rechtsgrundlage des § 295 Abs 1b SGB V bilateralen Behandlungen der Beteiligten überlassen. Eine Festsetzung der HzV-Vergütung auf dem Niveau der Regelversorgung scheide aus, weil im Rahmen der HzV ein bestimmtes Ausstattungsniveau der teilnehmenden hausärztlichen Praxen vorgegeben werde. Der an der HzV teilnehmende Hausarzt sei außerdem zur Erlangung bestimmter Weiterbildungsmaßnahmen und Abrechnungsqualifikationen verpflichtet, die in der Regelversorgung nicht gefordert seien. Hinzu trete die verpflichtende Teilnahme des teilnehmenden Hausarztes an den Disease-Management-Programmen sowie die Wahrnehmung der Betreuung von pflegebedürftigen Patienten. Zudem bestehe die Verpflichtung zur Teilnahme an Fortbildungen, zu hausarztspezifischen Themen, was über die generelle Fortbildungspflicht gemäß § 95d SGB V hinausgehe. Schließlich sei das Dienstleistungsangebot der hausärztlichen Praxen in der HzV erweitert. Diese erweiterten Qualifikationen, apparativen Ausstattungen und verbesserten Dienstleistungsangebote führten zu einer Verbesserung der hausärztlichen Versorgung, die ein höheres Vergütungsniveau im Vergleich zur hausärztlichen Regelversorgung rechtfertige. Durch das gegen die Bestimmung der Schiedsperson anhängige Klageverfahren werde das Wirksamwerden des Vertrages zur HzV nicht gehindert, weil die Klage gemäß § 73b Abs 4a SGB V keine aufschiebende Wirkung habe.

6

Gegen den Schiedsspruch vom 9.9.2010 hat sich die Klägerin mit der am 9.9.2011 erhobenen Klage gewandt und beantragt festzustellen, dass der Schiedsspruch unwirksam sei. Hilfsweise hat sie beantragt, die Regelung zum Inkrafttreten um den Zusatz zu ergänzen, dass der Vertrag nicht in Kraft trete, bevor nicht sämtliche Anlagen zum Vertrag durch die Parteien vereinbart oder durch weiteren Schiedsspruch festgesetzt worden seien. Mit der gegen die Abweisung der Klage (Urteil des SG vom 25.4.2012) erhobenen Berufung hat die Klägerin ua geltend gemacht, dass es sich bei der Entscheidung der Schiedsperson nicht um einen Verwaltungsakt handele. Sie gehe aber davon aus, dass eine isolierte Anfechtungsklage zulässig sein müsse. Sofern der Schiedsspruch ein Verwaltungsakt sein sollte, komme eine Leistungsklage in Form der Ersetzungsklage kaum in Betracht, da der Klägerin kein Recht zustehe, den Verwaltungsakt nach ihren Vorstellungen vollständig durch das Gericht ersetzen zu lassen. Demgegenüber haben die Beklagten die Auffassung vertreten, dass der Schiedsspruch als Verwaltungsakt anzusehen und als solcher rechtmäßig sei.

7

Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich bei dem Schiedsspruch vom 9.9.2010 um einen Verwaltungsakt handele. Für Beschlüsse einer Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V gelte nichts anderes als für Entscheidungen der Schiedsämter gemäß § 89 SGB V und der Schiedsstellen nach § 114 SGB V. § 73b Abs 4a Satz 2 SGB V regele ein förmliches Schiedsverfahren. Zudem habe das BSG für den hier einschlägigen Bereich des Vertragsarztrechts seit jeher die Verwaltungsaktqualität des Schiedsspruchs bejaht. Auch die Änderung des § 73b Abs 4a SGB V zum 1.1.2012 durch das Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VStG) vom 22.12.2011 (BGBl I 2983) spreche nicht gegen die Annahme der Verwaltungsaktqualität des Schiedsspruchs. Bei der Schiedsperson handele es sich um eine Behörde im Sinne des § 1 Abs 2 SGB X. Dem stehe auch nicht der Umstand entgegen, dass keine Regelung zur staatlichen Aufsicht über die Schiedsperson existiere. Wenn verfassungsrechtlich zu fordernde Regelungen zur Aufsicht fehlten, könne dies allenfalls die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung zur Folge haben. Schiedspersonen nähmen Aufgaben öffentlicher Verwaltung wahr, wenn sie die Vertragsverhältnisse zwischen einer Krankenkasse und den Verbänden der Hausärzte festlegten. Bei dem Schiedsspruch der Schiedsperson handele es sich um eine für Ärzte, Patienten und Krankenkassen außerordentlich weitreichende Entscheidung. Für die gerichtliche Prüfung derart komplexer Regelungen mit weitreichenden Auswirkungen eigneten sich die über § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V entsprechend geltenden Vorschriften der §§ 317 ff BGB über den Vertragshelfer nicht. § 317 BGB regele den Fall, dass die Bestimmung der Leistung einem Dritten überlassen bleibe. § 317 BGB überlasse der Schiedsperson nicht die Bestimmung des Vertragsinhalts, sondern die Bestimmung der Leistung. Vorliegend würden von der Schiedsperson aber sämtliche gegenseitigen Rechte und Pflichten der Vertragsparteien festgelegt. Die Festlegung eines Vertrages über die HzV durch die Schiedsperson gehe somit weit über das hinaus, was Vertragshelfer nach § 317 BGB üblicherweise festlegen könnten. Zudem erweise sich der in § 319 BGB genannte Maßstab des "billigen Ermessens" als wenig geeignet für die Prüfung des von der Schiedsperson festgelegten Vertragsinhalts. Schließlich verhindere die Rechtskonstruktion des Vertragshelfers nicht eine Verzögerung der Umsetzung des geschiedsten Vertrages durch in destruktiver Absicht eingelegte Rechtsmittel. Dies zeige der vorliegende Fall. Für die Erhebung der Gestaltungsklagen gelte keine Ausschlussfrist. Damit bleibe für die Vertragsparteien lange unklar, ob der festgelegte Vertrag rechtsverbindlich werde. Auch der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung helfe nicht weiter, weil der Vertrag in der Praxis regelmäßig erst dann als umsetzbar angesehen werde, wenn dessen rechtliche Verbindlichkeit auch feststehe. Auch dies zeige der vorliegende Fall.

8

Die isolierte Anfechtungsklage sei zulässig, jedoch nicht begründet. Der Schiedsperson stehe bei der Festlegung des Vertragsinhalts ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Der Schiedsspruch sei nur in eingeschränktem Umfang gerichtlicher Kontrolle zugänglich. Verstöße gegen wesentliche verfahrensrechtliche Grundsätze lägen nicht vor. Die Schiedsperson habe die Festlegung des Vertragsinhalts ausführlich begründet. Soweit die Klägerin das Fehlen einer Ausgabenobergrenze rüge, übersehe sie § 10 Abs 9 des Vertrages, der eine Begrenzung der HzV-Vergütung auf einen durchschnittlichen maximalen Fallwert von 76 Euro vorsehe. Unbegründet sei auch der Einwand der Klägerin, dass der Vertrag an mehreren Stellen gegen ihre Satzungsregelungen verstoße. Der Vertrag begründe keine Rechte und Pflichten der Versicherten. Den von den Vertragsparteien oder nach Maßgabe des § 73b Abs 4a SGB V von der Schiedsperson an deren Stelle getroffenen Festlegungen komme Vorrang vor dem Satzungsrecht der einzelnen Krankenkasse zu. Die Krankenkasse müsse den sie bindenden Vertrag bei jeglicher Verwaltungstätigkeit einhalten. Wenn die Satzung der Krankenkasse mit den Festlegungen des Vertrages nicht in Einklang stehe, müsse sie daher die Satzung entsprechend ändern und an den Vertrag anpassen. Für den gestellten Hilfsantrag mit dem Ziel, das Inkrafttreten des Vertrages auf den Zeitpunkt zu verschieben, zu dem sämtliche Anlagen vereinbart oder durch Schiedsspruch festgesetzt worden seien, fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Nach § 16 Abs 4 des Vertrages sei dieser zum Halbjahres- oder Jahresende, erstmals zum 31.12.2013 mit einer Frist von sechs Monaten kündbar. Damit werde der Klägerin eine einfachere rechtliche Möglichkeit eröffnet, die Rechtswirkungen des Vertrages zu beseitigen. Zudem müsse sich die Klägerin widersprüchliches Verhalten entgegenhalten lassen. Mit dem Hinausschieben des Inkrafttretens würde der gesetzlich begründete Kontrahierungszwang vereitelt. Aus dem gesamten Verhalten der Klägerin sei zu erkennen, dass sie sich weigere, ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Eröffnung des Angebots einer HzV nachzukommen. Ernsthafte Bemühungen, die fehlenden Vertragsanlagen auszuhandeln, seien nicht ersichtlich. Darüber hinaus sei der Hilfsantrag auch in der Sache nicht begründet. Ausreichend sei, dass der Schiedsspruch in sich schlüssig sei und dass die geregelten Vertragsteile von den Vertragsparteien umgesetzt werden könnten. Daran bestehe kein Zweifel, weil Verträge mit vergleichbaren Inhalten von anderen Krankenkassen durchgeführt würden.

9

Zur Begründung ihrer Revision trägt die Klägerin im Wesentlichen vor: Die erhobene Anfechtungsklage sei statthaft, da es sich bei dem Schiedsspruch der Schiedsperson nach § 73b SGB V um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X handele. Sämtliche LSG hätten § 73b Abs 4, Abs 4a SGB V in der Weise ausgelegt. Ihre zuvor vertretene gegenteilige Rechtsauffassung halte sie nicht mehr aufrecht. Änderungen des § 73b SGB V, die zum 1.1.2012 in Kraft getreten seien, seien für das vorliegende Verfahren von vornherein nicht relevant, da für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt des Erlasses des Schiedsspruchs am 9.9.2010 maßgeblich sei. Mit der Festsetzung des Vertrages über die besondere hausärztliche Versorgung nach § 73b SGB V treffe die Schiedsperson eine hoheitliche Entscheidung auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts, die unmittelbare Rechtswirkung im Außenverhältnis habe, indem sie verbindlich den Vertrag zwischen den Parteien des Schiedsverfahrens festsetze. Der Schiedsspruch zur HzV unterscheide sich insofern nicht von dem Schiedsspruch nach § 77 SGB XII, für den sowohl das BVerwG als auch das BSG die Verwaltungsaktqualität ausdrücklich bejaht hätten.

10

Entgegen der Auffassung des LSG sei das Rechtsschutzinteresse nicht im Hinblick auf die zum 31.12.2013 erstmals bestehende Kündigungsmöglichkeit entfallen. Die ordentliche Kündigung des Vertrages zur HzV führe nicht automatisch zu dessen Beendigung, sondern der Vertrag gelte - wenn ein neuer Vertrag zur HzV nicht zustande komme - solange fort, bis in einem Schiedsverfahren ein neuer Vertrag zur HzV festgesetzt worden sei. Die Umsetzung des streitgegenständlichen Vertrages werde zu Recht verweigert. Die Klage habe selbst dann aufschiebende Wirkung, wenn es sich bei dem Schiedsspruch nicht um einen Verwaltungsakt, sondern um eine Vertragsfestlegung durch einen Dritten entsprechend §§ 315, 317 BGB handeln würde. Bereits die Erhebung der Einrede der offenbaren Unbilligkeit der Vertragsfestsetzung führe ggf entsprechend § 319 Abs 1 BGB zur Unverbindlichkeit der durch den Schiedsspruch getroffenen Vertragsbestimmungen.

11

Der Schiedsspruch sei mit zwingend zu beachtenden bundesrechtlichen Vorgaben zum Datenschutz unvereinbar. Für die nach dem Vertrag zur HzV vorgesehene Einbindung der Beklagten und der Hausärztlichen Vertragsgemeinschaft eG (HÄVG) sowie von Unterauftragsunternehmern in die Verarbeitung sensibler Patientendaten fehle die nach der Rechtsprechung des BSG zwingend erforderliche gesetzliche Grundlage. Auch das Inkrafttreten des § 295a SGB V zum 4.8.2011 ändere nichts an der datenschutzrechtlichen Unzulässigkeit des Vertrages zur HzV. Maßgebend sei die zum Zeitpunkt des Erlasses des Schiedsspruchs am 9.9.2010 geltende Rechtslage. Selbst wenn die zum 4.8.2011 eingetretenen Änderungen berücksichtigt würden, bliebe es bei der Unvereinbarkeit mit datenschutzrechtlichen Vorgaben. Die in dem Vertrag vorgesehene zwangsweise Verknüpfung der Teilnahme an der HzV mit einer Pflicht zur Weitergabe von Patientendaten an einen bestimmten Dienstleister sei mit den datenschutzrechtlich an die "verantwortliche Stelle" zu stellenden Anforderungen unvereinbar. Weiterhin unzulässig sei der vorgesehene Einsatz einer Vertragssoftware mit einem sog "gekapselten Kern", zu dessen Einsatz die teilnehmenden Hausärzte verpflichtet würden. Damit werde die Möglichkeit geschaffen, Patientendaten aus dem System des Hausarztes an die Beklagten bzw die HÄVG zu übermitteln, ohne dass dies für den Hausarzt im Einzelnen nachvollziehbar bzw kontrollierbar sei. Außerdem erlaube der neue § 295a Abs 2 SGB V lediglicheinen Dienstleister in die Verarbeitung von Patientendaten einzubinden. Die Begründung von Unterauftragsverhältnissen werde ausdrücklich ausgeschlossen. Im Widerspruch dazu sehe § 6 Abs 1 der Anlage 3 des streitgegenständlichen Vertrages zur HzV die Einbindung der HÄVG Rechenzentrum AG als Subunternehmer der HÄVG vor. Rechtswidrig sei ferner die in § 6 Abs 10 der Anlage 3 zum Vertrag geregelte Befugnis der HÄVG, nach eigenem Gutdünken Patientendaten für "Musterverfahren" zur Klärung grundsätzlicher Fragen der Auslegung des Vertrages zur HzV zu verwenden. Unzulässig sei auch die vorgesehene Einbindung der HÄVG in die Einschreibung von Versicherten. Nach § 295a Abs 1 Satz 3 SGB V dürften die auf Leistungserbringerseite von den teilnehmenden Hausärzten übermittelten Patientendaten ausschließlich für Abrechnungszwecke verwendet werden.

12

Zudem werde durch Mehrkosten, die der Vertrag unstreitig auslöse und deren Finanzierung durch Einsparungen und Effizienzsteigerungen nicht gesichert sei, das in § 53 Abs 9 SGB V normierte Gebot der Selbsttragung des Wahltarifs verletzt. Der Wahltarif sei zwingend mit der HzV nach § 73b SGB V verbunden. Nach § 53 Abs 3 SGB V dürften für einen Wahltarif für die besonderen Versorgungsformen keine Zusatzbeiträge erhoben werden. Gleichzeitig verbiete § 53 Abs 9 SGB V eine Quersubventionierung der Wahltarife aus dem allgemeinen Beitragsaufkommen. Dass durch den Vertrag zur HzV Mehrkosten gegenüber der hausärztlichen Regelversorgung entstünden, sei unstreitig. Dem stünden keine gesicherten Refinanzierungsmaßnahmen gegenüber. Darüber hinaus werde der Grundsatz der Beitragssatzstabilität des § 71 Abs 1 SGB V verletzt, der alle Vergütungsvereinbarungen nach dem SGB V erfasse, weil nicht refinanzierte Mehrausgaben nicht verlässlich ausgeschlossen seien. Die Erhebung von Zwangsbeiträgen der Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung für die Subventionierung der HzV verletze Art 2 Abs 1 GG. Zudem würde durch die damit verbundene Aufgabe des Solidaritätsprinzips die Unternehmenseigenschaft der Krankenkassen im Sinne des Art 101 ff des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union begründet.

13

Der Schiedsspruch verletze Bundesrecht auch deshalb, weil die Vertragsfestsetzung unvollständig sei. Obwohl der Hilfsmittelbereich als Bereich möglicher Einsparungen in der Begründung des Schiedsspruchs ausdrücklich angesprochen werde und die Anlage 2a zum Hilfsmittelmanagement in § 23 des Vertrages zur HzV genannt werde, habe die Schiedsperson diese Anlage nicht festgelegt. Aus § 23 des Vertrages zur HzV ergebe sich vielmehr, dass diese "in gemeinsamer Absprache noch zu erstellen" sei. Dies sei mit § 73b Abs 5 Satz 1 SGB V unvereinbar. Gleiches gelte für die fehlenden Anhänge 2 bis 4 der festgesetzten Anlage 3 des Vertrages. Diese sollten ausweislich § 9 der Anlage 3 des Vertrages die Diagnosen zur Abrechnung des Zuschlags für chronisch Kranke, des Zuschlags zur Förderung einer wirtschaftlichen Arzneimittelverordnung ("Rationaler Pharmakotherapie-Zuschlag") sowie eines Zuschlags (sog VERAH-Zuschlag) für Leistungen von besonders qualifizierten medizinischen Fachangestellten ("Versorgungsassistenten") enthalten.

14

Ferner habe die Schiedsperson ihren Gestaltungsspielraum überschritten, indem sie Regelungen zur Durchführung der Teilnahme der Versicherten zum Gegenstand des Vertrages zur HzV gemacht habe. Die Einschreibebestimmungen des Vertrages zur HzV seien nicht von der Vertragsregelungsbefugnis der Schiedsperson umfasst. Vielmehr habe die Regelung der Teilnahme von Versicherten an der HzV in der Satzung der Krankenkasse zu erfolgen. Die Teilnahme der Versicherten werde in dem Vertrag zur HzV in Widerspruch zu Satzungsbestimmungen der Klägerin geregelt. Dies sei rechtswidrig. Darüber hinaus verletze der Schiedsspruch Bundesrecht, weil dem Beklagten zu 2. (MEDI Baden-Württemberg e.V.) die erforderliche Antragsbefugnis zur Einleitung eines Schiedsverfahrens fehle. Schiedsverfahren könnten nur von Gemeinschaften beantragt werden, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der KÄV vertreten. Diese Voraussetzung erfülle der Beklagte zu 2. nicht.

15

Die Schiedsperson habe ihren Beurteilungsspielraum überschritten, indem sie sich bei der Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend an anderen HzV-Verträgen orientiert habe. Die anderen HzV-Verträgen zugrunde liegenden Verhältnisse seien nicht auf die Klägerin übertragbar. Die Schiedsperson hätte sich mit der konkreten Situation der Klägerin und deren Versicherten auseinandersetzen müssen. Das sei nicht geschehen. Ferner sei die Schiedsperson zu Unrecht davon ausgegangen, dass allein ein Vollversorgungsvertrag, nicht dagegen ein sog Add-on-Vertrag der Intention des Gesetzgebers entsprechen würde. Damit habe die Schiedsperson den rechtlichen Rahmen verkannt, der ihrem Gestaltungsspielraum zugrunde liegt. Somit leide der Schiedsspruch an einem nicht heilbaren Fehler.

16

Selbst wenn der Schiedsspruch nicht als Verwaltungsakt anzusehen wäre, sei der auf Aufhebung dieses Schiedsspruchs gerichtete Antrag zulässig. Die Festsetzung des Vertragsinhalts durch das Gericht in entsprechender Anwendung des § 319 BGB sei unter Beachtung des Grundsatzes der Gewaltenteilung ausgeschlossen. Denn der Abschluss des öffentlich-rechtlichen Vertrages über die HzV nach § 73b SGB V sei Aufgabe der Krankenkassen als Selbstverwaltungskörperschaften und Teil der mittelbaren Staatsverwaltung. In die Gestaltungs- und Entscheidungsspielräume könne die Rechtsprechung als Kontrollinstanz der Verwaltung nicht in der Form eingreifen, dass sie ihre eigenen Erwägungen an die Stelle derjenigen der Verwaltung setze.

17

Die Klägerin beantragt,

        

1.    

die Urteile des LSG Baden-Württemberg vom 18.12.2013 und des SG Stuttgart vom 25.4.2012 zu ändern und den Schiedsspruch vom 9.9.2010 aufzuheben,

        

2.    

hilfsweise, das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 18.12.2013 aufzuheben und den Rechtsstreit an das LSG Baden-Württemberg zur Ersetzung der Regelungen des Schiedsspruchs nach billigem Ermessen durch Urteil gemäß § 319 Abs 1 Satz 2, 1. Halbsatz BGB iVm § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V unter Beachtung der Rechtsauffassung des Bundessozialgerichts zurückzuverweisen,

        

3.    

weiter hilfsweise unter Änderung der Urteile des LSG Baden-Württemberg vom 18.12.2013 und des SG Stuttgart vom 25.4.2012 festzustellen, dass der durch die Schiedsperson zwischen den Beteiligten festgesetzte HzV-Vertrag mit Bundesrecht nicht vereinbar ist.

18

Die Beklagten beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

19

Sie führen zur Begründung aus: Das angefochtene Urteil des LSG sei im Ergebnis nicht zu beanstanden. Allerdings sei der Schiedsspruch kein Verwaltungsakt. Mit dem GKV-VStG habe der Gesetzgeber eindeutig geregelt, dass es sich bei dem Schiedsspruch der Schiedsperson nicht um einen Verwaltungsakt handele, sondern dass die Schiedsperson als Vertragshelfer analog § 317 BGB tätig werde. Die in der Rechtsprechung angestellten Erwägungen zur fehlenden Behördeneigenschaft von Schiedspersonen nach § 132a Abs 2 SGB V seien auf die Schiedspersonen gemäß § 73b Abs 4a SGB V übertragbar. Auch der Umstand, dass die Schiedsperson die in einem Schiedsverfahren festgelegten Verträge der für die Krankenkassen zuständigen Aufsichtsbehörde vorzulegen habe, stehe dem nicht entgegen, da die Vorlage auch bei frei verhandelten Verträgen durch die Krankenkasse zu erfolgen habe. Der Schiedsspruch sei rechtlich nicht zu beanstanden. Mit den Anträgen der Klägerin habe sich die Schiedsperson erkennbar auseinandergesetzt und diese gewürdigt. Die Schiedsperson habe den Inhalt des Vertrages zur HzV nach billigem Ermessen festgesetzt und zugleich berücksichtigt, dass zahlreiche weitere Krankenkassen im Bundesgebiet ähnliche Verträge mit vergleichbarem Inhalt und vergleichbarer Vergütungsstruktur mit den jeweiligen Hausarztgemeinschaften vereinbart hätten. Es seien keine wesentlichen Vertragsbestandteile ungeregelt geblieben. Soweit den Vertragspartnern überlassen worden sei, im späteren Verlauf Umsetzungsaufgaben und Steuerungsmodule, zB für den Bereich der Arzneimittelverordnung selbst zu verhandeln, sei dies sachgerecht, weil die Vertragspartner damit auf die sich ständig ändernden Arzneimittelrabattverträge reagieren könnten. Auch würden Vorschriften zum Datenschutz nicht verletzt. Maßgebend für die Beurteilung sei die aktuelle Rechtslage und nicht die Rechtslage, die bei Erlass des Schiedsspruchs gegolten habe. Die im Schiedsspruch vorgesehene Verwendung eines "gekapselten Kerns" sei auch nach Auffassung des Bayerischen Landesamtes für Datenschutzaufsicht nicht zu beanstanden. Soweit sich die Klägerin gegen die im Vertrag enthaltene Befugnis zur Führung von Musterverfahren unter Verwendung personenbezogener Daten wende, sei darauf hinzuweisen, dass die HÄVG keine Musterverfahren führe. Die Klägerin sei im Übrigen nicht legitimiert, im vorliegenden Verfahren Datenschutzrechte der Patienten geltend zu machen. Bezogen auf die geltend gemachten Widersprüche zwischen dem Vertrag zur HzV und den Satzungsregelungen der Klägerin habe das LSG zutreffend die Auffassung vertreten, dass die Regelungen des Vertrages zur HzV der Satzung vorgingen. Mit dem vorliegenden Klageverfahren unterlaufe die Klägerin den gesetzlichen Kontrahierungszwang. Die Klägerin sei verpflichtet, ihren Versicherten eine HzV anzubieten und mit qualifizierten Gemeinschaften einen Vertrag zur HzV zu schließen. Gleichwohl habe die Klägerin bis heute die Umsetzung des weiterhin geltenden Vertrages verweigert und auch keinen Antrag auf Verpflichtung zur Neufestsetzung des Vertrages zur HzV mit den von ihr begehrten Modifizierungen gestellt.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Klägerin hat nur insoweit Erfolg, als die Unvereinbarkeit von Regelungen des Vertrages zur HzV mit datenschutzrechtlichen Bestimmungen festzustellen war. Im Übrigen hat das LSG die Berufung der Klägerin gegen das klagabweisende Urteil des SG im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.

21

1. Das SG war zur Entscheidung im ersten Rechtszug nach § 8 SGG sachlich zuständig, da einer der in § 29 Abs 2 SGG geregelten Sonderfälle der sachlichen Zuständigkeit der Landessozialgerichte für eine Entscheidung im ersten Rechtszug nicht vorliegt. Insbesondere liegt keine Klage gegen Entscheidungen der Landesschiedsämter oder gegen Beanstandungen von Entscheidungen der Landesschiedsämter nach dem SGB V, gegen Entscheidungen der Schiedsstellen nach § 120 Abs 4 SGB V, der Schiedsstelle nach § 76 SGB XI oder der Schiedsstellen nach § 80 SGB XII vor. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Entscheidung einer Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V. Die Aufzählung in § 29 Abs 2 SGG ist abschließend, sodass die Vorschrift nicht entsprechend anwendbar ist (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 29 RdNr 4; Schreiber in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl 2014, § 29 RdNr 8; Ulrich, NZS 2011, 448, 451 ff; zur Bestimmung einer Schiedsperson nach § 132a Abs 2 Satz 7 SGB V vgl BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 7 RdNr 13 f, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen).

22

2. Die mit dem Antrag zu 1. erhobene Anfechtungsklage ist nicht statthaft und damit unzulässig.

23

a) Nach § 54 Abs 1 Satz 1 SGG muss sich die Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt richten. Die Festlegung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson nach § 73b SGB V ist jedoch nicht in der Form eines Verwaltungsakts ergangen und die Schiedsperson hat auch nicht für sich in Anspruch genommen, durch Verwaltungsakt entscheiden zu können(zur Zulässigkeit von Klagen auch gegen einen sog "formellen Verwaltungsakt" vgl BSGE 97, 63 = SozR 4-2500 § 255 Nr 1, RdNr 16). Für die Zulässigkeit der Anfechtungsklage genügt nicht, dass die Klägerin das Vorliegen eines Verwaltungsakts geltend macht (stRspr vgl BSGE 39, 86, 87 = SozR 2200 § 628 Nr 1 S 2, mwN; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 54 RdNr 8a).

24

b) Für die Beurteilung der Frage, ob die Entscheidung der Schiedsperson, gegen die sich die Klägerin wendet, in der Form eines Verwaltungsakts ergangen ist, ist in Übereinstimmung mit der Auffassung der Klägerin grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Festlegung des Vertragsinhalts durch die Entscheidung der Schiedsperson am 9.9.2010 maßgebend. Nur wenn die Schiedsperson zu diesem Zeitpunkt Behörde im Sinne des § 1 Abs 2 SGB X gewesen ist, konnte sie einen Verwaltungsakt erlassen. Später eingetretene Änderungen hätten keinen Einfluss mehr auf die rechtliche Qualifizierung des zuvor ergangenen Schiedsspruchs. Es kommt demnach darauf an, ob die Schiedsperson nach der zum Zeitpunkt der Festsetzung des Vertragsinhalts geltenden Rechtslage Behörde war und ob ihre Entscheidung unter Zugrundelegung dieser Rechtslage als Verwaltungsakt anzusehen war. Dies ist indes nicht der Fall und daran hat sich im Übrigen in der Folge auch nichts geändert.

25

c) Schiedspersonen, die Verträge zur HzV festsetzen, wenn eine Einigung zwischen einer Krankenkasse und der in § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V bezeichneten Gemeinschaft von Allgemeinärzten nicht zustande kommt, werden - ebenso wie Schiedspersonen im Bereich der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege nach § 132a SGB V - als Vertragshelfer entsprechend § 317 BGB und nicht als Behörde tätig. Der Schiedsspruch ergeht deshalb auch nicht in der Form eines Verwaltungsakts, sondern ersetzt die Einigung der Parteien. Dies folgt neben dem Wortlaut in erster Linie aus der Entstehungsgeschichte der Regelung und dem darin zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers.

26

aa) Verwaltungsakte können nach § 31 Satz 1 SGB X nur von einer Behörde erlassen werden. Nach § 1 Abs 2 SGB X ist Behörde im Sinne des Sozialgesetzbuches jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt. Danach gilt ein weiter, sog funktionaler Behördenbegriff, der neben den Verwaltungsbehörden im organisatorischen Sinne auch alle sonstigen Einrichtungen, Organe und Stellen einschließt, die aufgrund von Vorschriften des öffentlichen Rechts mit der Befugnis zum Erlass von Verwaltungsakten, zum Abschluss öffentlich-rechtlicher Verträge im eigenen Namen oder zu sonstigen, nach öffentlichem Recht zu beurteilenden Handeln ausgestattet sind (vgl BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 14; BSGE 60, 239 = SozR 1300 § 45 Nr 26; BSGE 63, 224 = SozR 1300 § 48 Nr 47; BSGE 77, 295 = SozR 3-1300 § 45 Nr 27).

27

Dass die Schiedsämter und Schiedsstellen im Bereich des SGB V unter diesen weiten funktionalen Behördenbegriff fallen, ist in der Rechtsprechung seit langem geklärt (vgl BSGE 20, 73, 75 = SozR Nr 1 zu § 368h RVO; BSGE 87, 199, 200 f = SozR 3-3300 § 85 Nr 1 S 3 f; BSG SozR 4-3300 § 89 Nr 1 RdNr 11; BSGE 105, 126 = SozR 4-3300 § 89 Nr 2, RdNr 20, 41). Eine solche grundsätzliche Klärung fehlt bisher für die Schiedsperson, die der Gesetzgeber mit der Änderung des § 132a SGB V (Versorgung mit häuslicher Krankenpflege) durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190) erstmals im SGB V anstelle von Schiedsämtern und Schiedsstellen für die außergerichtliche Schlichtung vorgesehen hat. In den folgenden Jahren ist die außergerichtliche Streitschlichtung durch Schiedspersonen auf weitere Bereiche ausgedehnt worden: Mit dem Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) vom 26.3.2007 (BGBl I 378) wurde die Schlichtung im Bereich der stationären und ambulanten Hospizleistungen nach § 39a Abs 1 Satz 7 bis 9 SGB V einer Schiedsperson übertragen. Mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG) vom 15.12.2008 (BGBl I 2426) wurde die Schlichtung durch eine Schiedsperson bei Streitigkeiten um die Finanzierung der Landesverbände der Krankenkassen (§ 211 Abs 4 Satz 4 SGB V) und mWv 1.1.2009 auch für die hausarztzentrierte Versorgung (§ 73b Abs 4a SGB V) sowie die Hilfsmittelversorgung (§ 127 Abs 1a Satz 2 bis 4 SGB V)vorgesehen. Inzwischen ist die Schlichtung durch Schiedspersonen Gegenstand auch der Heilmittelversorgung (§ 125 Abs 2 Satz 4 bis 6 SGB V), des klinischen Krebsregisters (§ 65c Abs 6 Satz 8 bis 12 SGB V) und der Versorgung mit Schutzimpfungen (§ 132e Abs 1 Satz 3 bis 5 SGB V).

28

Ob auch die Entscheidungen von Schiedspersonen als Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X anzusehen sind, war von Anfang an umstritten(vgl zB Schnapp, NZS 2010, 241, 245 mwN; Plantholz, RsDE 64 <2007>, 1, 17 ff). In der instanzgerichtlichen Rechtsprechung wurde die Schiedsperson nach § 132a Abs 2 SGB V in der Regel als Vertragshelfer qualifiziert, deren Entscheidung nicht in der Form eines Verwaltungsakts ergeht, während Entscheidungen der Schiedsperson in der HzV wohl überwiegend als Verwaltungsakt angesehen wurden(LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 2.8.2011 - L 5 KA 1601/11 ER-B - Juris RdNr 84 ff; LSG Hamburg Beschluss vom 18.8.2011 - L 1 KA 24/11 B ER; in dieser Richtung, aber letztlich offenlassend: LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 3.11.2011 - L 3 KA 104/10 B ER - GesR 2012, 35, 37 f = Juris RdNr 25, 45 f; ausdrücklich offengelassen: LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 3.11.2010 - L 21 SF 208/10 Verg - Juris RdNr 32 und Beschluss vom 28.12.2010 - L 11 KA 58/10 B ER - Juris RdNr 61; anders dagegen : Bayerisches LSG Beschluss vom 17.1.2011 - L 12 KA 123/10 B ER - Breith 2011, 281, 285). Für die Schiedsperson nach § 132a Abs 2 SGB V wurde diese Frage durch Urteil des 3. Senats vom 25.11.2010 (BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5; vgl auch BSG SozR 4-5560 § 17c Nr 2 RdNr 39, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen; BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 7 RdNr 19, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen) geklärt. Danach ist jedenfalls diese Schiedsperson keine Behörde. Dementsprechend ergeht deren Entscheidung auch nicht als Verwaltungsakt. Vielmehr wird die Schiedsperson als öffentlich-rechtlicher Schlichter und Vertragshelfer entsprechend § 317 BGB tätig.

29

Ausschlaggebend für die Einordnung der Schiedsperson nach § 132a Abs 2 SGB V als Vertragshelfer und nicht als Behörde war nach der genannten Entscheidung des 3. Senats vom 25.11.2010, dass diese zwar den Inhalt öffentlich-rechtlicher Verträge festlege, wobei es sich um eine öffentlich-rechtliche Tätigkeit handele. Die Schiedsperson erhalte ihre Entscheidungsmacht jedoch unmittelbar von den Vertragsparteien des § 132a SGB V selbst, die auch den das Schiedsverfahren regelnden Vertrag zur Konfliktlösung abschließen. Daraus hat der 3. Senat den Schluss gezogen, dass es sich - ungeachtet des Umstands, dass die Vertragsparteien zur Verabredung des Schiedsverfahrens gesetzlich verpflichtet sind - um ein vertraglich vereinbartes Schiedsverfahren handele. Die Schiedsperson sei auch kein Beliehener, weil es an einem öffentlich-rechtlichen Akt der Beleihung fehle. Ferner existiere keine Anbindung an einen übergeordneten Verwaltungsträger und anders als Schiedsstellen und Schiedsämter unterliege die Schiedsperson auch keiner Rechtsaufsicht. Das Verfahren der Schlichtung durch die Schiedsperson sei nicht gesetzlich geregelt. Die Funktion als Schiedsperson sei an die Person des Berufenen gebunden, sodass keine vom Wechsel der Person unabhängige Institution einer Schiedsstelle existiere.

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bb) Die Regelungen zur Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V entsprachen bereits vor der Änderung durch das GKV-VStG zum 1.1.2012 weitgehend derjenigen zu der - nicht als Behörde zu qualifizierenden - Schiedsperson nach § 132a Abs 2 SGB V. Grundsätzlich obliegt es auch hier den Vertragsparteien, sich auf die Schiedsperson zu einigen. Nur für den Fall, dass die Vertragsparteien sich auch darüber nicht einigen können, sieht § 73b Abs 4a Satz 2 SGB V die Bestimmung der Schiedsperson durch die für die Krankenkasse zuständige Aufsichtsbehörde vor. Ebenso wie nach § 132a Abs 2 SGB V gibt es nach § 73b SGB V weder eine Rechtsaufsicht über die Schiedsperson noch eine Regelung zum Schiedsverfahren. Ferner existiert keine vom Wechsel der Person unabhängige Institution und keine Anbindung an einen übergeordneten Verwaltungsträger.

31

Zwar können hoheitliche Aufgaben durch Beleihung auch einer natürlichen Person übertragen werden. Dies erfordert jedoch eine Übertragung durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes durch Rechtsverordnung, Verwaltungsakt oder öffentlich-rechtlichen Vertrag (vgl BVerwG NVwZ 2006, 829; BVerfG NJW 1987, 2501, 2502; BVerwGE 98, 280, 298; Roos in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 1 RdNr 11; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl 2014, § 1 RdNr 60; Wiegand, Die Beleihung mit Normsetzungskompetenz, 2008, 155 f). § 73b Abs 4a SGB V regelt eine Beleihung der Schiedsperson jedenfalls nicht ausdrücklich. Gegen die Annahme, dass in der dort geregelten Bestimmung der Schiedsperson gleichwohl eine Beleihung liegt, spricht, dass das Gesetz keinerlei Festlegungen oder Vorgaben zu deren Auswahl trifft, sondern diese vorrangig den Vertragsparteien überlässt (vgl Kingreen/Temizel, ZMGR 2009, 134, 137; Bogan, Der Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen, 2012, S 250). Angesichts des Umstands, dass der Wortlaut die Frage nach einer Beleihung jedenfalls nicht eindeutig beantwortet, kann die Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V nur dann als Beliehene angesehen werden, wenn systematische Gründe, die Entstehungsgeschichte oder Sinn und Zweck der Reglung dafür sprechen würden, dass der Gesetzgeber der Schiedsperson die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben übertragen wollte. Dies ist aus den nachfolgend genannten Gründen jedoch nicht der Fall. Vielmehr hat der Gesetzgeber mit der Änderung des § 73b Abs 4a SGB V durch das GKV-VStG gerade klargestellt, dass der Schiedsperson nach § 73b SGB V - in Übereinstimmung mit der Schiedsperson nach § 132a SGB V - keine hoheitlichen Aufgaben übertragen werden sollen.

32

cc) Im Gegensatz zur Schiedsperson in der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege nach § 132a Abs 2 SGB V hat der 3. Senats des BSG die Schiedsperson in der HzV nach § 73b Abs 4a SGB V in seiner Entscheidung vom 25.11.2010 (B 3 KR 1/10 R - BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 26) nicht eindeutig dem Modell "Vertragshelfer" zugeordnet, sondern diese Frage ausdrücklich offengelassen. Dabei hat der 3. Senat dem Umstand Bedeutung beigemessen, dass § 73b SGB V keine § 132a Abs 2 Satz 6 SGB V entsprechende Regelung enthält, nach der die Vertragsparteien in Verträgen zu regeln haben, dass im Falle von Nichteinigung eine von den Parteien zu bestimmende unabhängige Schiedsperson den Vertragsinhalt festlegt. Daraus hat der 3. Senat gefolgert, dass die Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V im Rahmen eines gesetzlich normierten und nicht eines - wie bei § 132a Abs 2 Satz 6 SGB V - vertraglich vereinbarten Schiedsverfahrens tätig werde. In der praktischen Umsetzung wirkt sich dieser Unterschied allerdings kaum aus, weil die Vertragspartner nach § 132a Abs 2 Satz 6 SGB V nicht frei darüber entscheiden können, ob sie die Festlegung des Vertragsinhalts einer Schiedsperson übertragen, sondern verpflichtet sind, eine entsprechende Vereinbarung zu treffen. Falls zwischen den Vertragspartnern eine Einigung auf eine Schiedsperson nicht erzielt werden kann, wird sowohl die Schiedsperson nach § 132a Abs 2 SGB V als auch die Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V von der für die vertragsschließende Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde bestimmt. Dabei kann die Bestimmung einer Schiedsperson durch die zuständige Aufsichtsbehörde auch nach § 132a Abs 2 Satz 7 SGB V nicht davon abhängig sein, dass zuvor eine Vereinbarung nach § 132a Abs 2 Satz 6 SGB V zustande gekommen ist, nach der der Vertragsinhalt von einer Schiedsperson festgelegt wird(vgl dazu Plantholz, RsDE 64 <2007>, 1, 8). Damit bestehen insoweit keine rechtlich bedeutsamen Unterschiede zwischen dem Schiedsverfahren in der HzV und dem Schiedsverfahren in der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege (so auch Klückmann in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2015, § 73b RdNr 15e).

33

dd) Ein Indiz, das gegen die Qualifizierung der Schiedsperson in der HzV als Vertragshelfer und für eine Einordnung des Schiedsspruchs als Verwaltungsakt sprechen könnte, hat der 3. Senat in seiner Entscheidung vom 25.11.2010 (B 3 KR 1/10 R - BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 26; vgl auch BSG SozR 4-5560 § 17c Nr 2 RdNr 40, auch zur Veröffentlichung für BSGE vorgesehen) ferner in dem Umstand gesehen, dass § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V aF die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Festlegung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson ausschloss. Diese Regelung konnte den Eindruck erwecken, dass der Gesetzgeber die Entscheidungen der Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V als Verwaltungsakte angesehen haben könnte, weil sie gesetzessystematisch nur einen Sinn ergibt, wenn es sich bei der angegriffenen Entscheidung der Schiedsperson um einen Verwaltungsakt handelt. Schließlich bezieht sich die aufschiebende Wirkung nach § 86a Abs 1 SGG auf den Widerspruch und auf die Anfechtungsklage, die sich grundsätzlich gegen einen Verwaltungsakt richten müssen.

34

Dagegen konnte auch nicht - wie in der Begründung des Schiedsspruchs - mit Erfolg eingewandt werden, die Klage gegen die Festsetzung des Vertragsinhalts durch einen Vertragshelfer bewirke in entsprechender Anwendung zivilrechtlicher Bestimmungen, dass der Vertrag während der Dauer des Rechtsstreits nicht umsetzbar sei und die Formulierung in § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V aF, nach der die Klage keine aufschiebende Wirkung habe, könne aus diesem Grund nicht als Indiz für die rechtliche Einordnung der Entscheidung der Schiedsperson als Verwaltungsakt herangezogen werden.

35

(1) Die Auffassung, nach der die von der Schiedsperson getroffene Bestimmung zum Vertragsinhalt während eines Klageverfahrens um deren Rechtmäßigkeit nicht beachtet werden müsse, trifft nicht zu. Für zivilrechtliche Verträge wird die Frage, unter welchen verfahrensrechtlichen Voraussetzungen die offenbare Unbilligkeit der Bestimmung einer Leistung durch einen Dritten nach § 319 Abs 1 Satz 1 BGB die Unbeachtlichkeit der Entscheidung des Dritten zur Folge hat, nicht einheitlich beantwortet. Vereinzelt wird die Auffassung vertreten, dass die offenbar unbillige Leistungsbestimmung bereits unabhängig von der Erhebung einer Einrede oder einer Klagerhebung unwirksam sei (Rieble in Staudinger, BGB, Leistungsstörungsrecht 2, Neubearbeitung 2009, § 319 RdNr 17 f; zu § 315 Abs 3 BGB vgl LG Mainz Urteil vom 5.3.2007 - 5 O 94/06 - Juris). Dagegen wird eingewandt, dass die offenbare Unbilligkeit nicht die Nichtigkeit bedeute (vgl OLG Frankfurt am Main Urteil vom 3.12.1998 - 3 U 257/97 - NJW-RR 1999, 379 = Juris RdNr 25) und dass auch die unbillige Bestimmung des Dritten binde, bis sie durch Gerichtsurteil ersetzt werde (Würdinger in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl 2012, § 319 RdNr 23). Dies soll aber nach wohl hM nicht für den Fall gelten, dass die offenbare Unbilligkeit von einem Vertragspartner binnen angemessener Frist geltend gemacht wird (vgl OLG Frankfurt am Main, aaO, mwN; Wolf in Soergel, BGB, Bd 2, 12. Aufl 1990, § 319 RdNr 16; zur ähnlichen Regelung in § 315 Abs 3 BGB vgl Grüneberg in Palandt, BGB, 74. Aufl 2015, § 315 RdNr 16; zur Fälligkeit einer Forderung bei einer Schiedsgutachtenvereinbarung im Falle des Übergangs der Leistungsbestimmung nach § 319 Abs 1 Satz 2 BGB auf das Gericht erst mit Rechtskraft des Urteils vgl BGH Urteil vom 4.7.2013 - III ZR 52/12 - NJW-RR 2014, 492 RdNr 32 ff, mwN). Dagegen geht das BAG im Zusammenhang mit der Ausübung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber in entsprechender Anwendung des § 315 Abs 3 BGB davon aus, dass der Arbeitnehmer an die Konkretisierung des Inhalts der Arbeitsleistung vorläufig gebunden sei, bis durch ein rechtskräftiges Urteil die Unverbindlichkeit der Leistungsbestimmung feststehe(BAG Urteil vom 22. 2.2012 - 5 AZR 249/11 - BAGE 141, 34 = AP Nr 127 zu § 615 BGB = NJW 2012, 2605, RdNr 24, mwN).

36

Auf die Festsetzung des Vertrages zur HzV durch eine Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V sind die genannten, zu zivilrechtlichen Verträgen entwickelten, ohnehin nicht einheitlichen Positionen - entgegen der in der Begründung der Entscheidung der Schiedsperson vertretenen Auffassung(vgl auch Buchner/Spiegel, NZS 2013, 1, 8 Fn 61) - nicht ohne Weiteres übertragbar. Für Verträge, die Beziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern zum Gegenstand haben, gelten die Vorschriften des BGB und damit auch die Regelungen zur Bestimmung der Leistungen durch einen Dritten (§§ 317 ff BGB) gemäß § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V nur entsprechend, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 SGB V und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach diesem Kapitel vereinbar sind. Daher kann bei der entsprechenden Anwendung der §§ 317 ff BGB nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Krankenkassen gemäß § 73b Abs 1 SGB V verpflichtet sind, ihren Versicherten eine besondere hausarztzentrierte Versorgung anzubieten. Die entsprechende Geltung der Vorschriften des BGB ändert zudem nichts daran, dass es sich bei dem Vertrag nach § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V zwischen Krankenkassen und den die Hausärzte vertretenden Gemeinschaften um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag im Sinne des § 53 Abs 1 SGB X handelt, weil durch ihn ein Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts begründet, geändert oder aufgehoben wird. Insofern gilt für Verträge in der HzV nach § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V nichts anderes als für Verträge zur Versorgung mit häuslicher Krankenpflege nach § 132a SGB V(vgl BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 6 RdNr 18 f; BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 23)oder auch für die Bundesmantelverträge und Gesamtverträge, die (auch) als öffentlich-rechtliche Verträge zu qualifizieren sind (vgl BSGE 70, 240, 243 = SozR 3-5533 Allg Nr 1 S 4; BSG SozR 4-2500 § 83 Nr 5 RdNr 14). Für das gerichtliche Verfahren bleiben die Vorschriften des SGG maßgebend. Nach § 86a Abs 1 SGG kommt zwar Klagen gegen belastende Verwaltungsakte aufschiebende Wirkung zu. Dies gilt jedoch nicht in gleicher Weise für Klagen, mit denen die Rechtswidrigkeit eines öffentlich-rechtlichen Vertrages geltend gemacht wird. Öffentlich-rechtliche Verträge sind wirksam, auch soweit sie rechtswidrig aber nicht nichtig sind (vgl Engelmann in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 58 RdNr 2). Zur Nichtigkeit führt nur ein besonders schwerwiegender Mangel (zu gesamtvertraglichen Vereinbarungen vgl zB BSG SozR 4-2500 § 83 Nr 5 RdNr 14 f). Der Umstand, dass die Partner des Vertrages zur HzV die Möglichkeit haben, gerichtlich mit der Feststellungsklage die Rechtswidrigkeit von Regelungen des Vertrages geltend zu machen, der durch Festsetzung der Schiedsperson zustande gekommen ist (vgl dazu nachfolgend 4.), ändert daran nichts. Im Ergebnis hat dies zur Folge, dass der durch die Festsetzung der Schiedsperson zustande gekommene Vertrag, der nicht in der Form eines Verwaltungsakts ergeht, vorbehaltlich seiner Nichtigkeit umzusetzen ist, solange dessen Rechtswidrigkeit nicht rechtskräftig festgestellt worden ist (vgl bereits Nr 11 der Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines GKV-VStG, BT-Drucks 17/7274 S 29; zu einer vom Bundesrat gewünschten Klarstellung mit dem Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung in Abhängigkeit vom Ausgang des vorliegenden Verfahrens vgl die Gegenäußerung der Bundesregierung zu der Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drucks 18/4095, Anlage 4 Nr 22; aA: Buchner/Spiegel, NZS 2013, 1, 8 f). Bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens um die Rechtmäßigkeit des von der Schiedsperson festgesetzten Vertrages kann die Pflicht zur Umsetzung des Vertrages nur durch eine einstweilige Anordnung des Gerichts nach § 86b Abs 2 SGG beseitigt werden.

37

(2) Auch wenn angenommen würde, dass die in § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V aF getroffene Regelung zur fehlenden aufschiebenden Wirkung der Klage allein im Sinne einer Klarstellung sicherstellen sollte, dass Schiedssprüche während eines Klageverfahrens zunächst umgesetzt werden, erklärt dies nicht ohne Weiteres die gewählte Formulierung, weil die Verwendung des Begriffs der aufschiebenden Wirkung den Bezug zu § 86a Abs 1 SGG und zu der dort geregelten aufschiebenden Wirkung von Klagen gegen Verwaltungsakte herstellt.

38

Danach stimmte die gesetzliche Regelung zur Schiedsperson in der Versorgung mit Haushaltshilfe nach § 132a Abs 2 SGB V zwar weitgehend mit der Regelung zur Schiedsperson in der HzV nach § 73b Abs 4a SGB V überein. Mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Festsetzung des Vertragsinhalts enthielt § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V aF jedoch eine Regelung, die in § 132a SGB V keine Entsprechung findet und die als Indiz für die Charakterisierung des Schiedsspruchs in der HzV als Verwaltungsakt herangezogen werden konnte.

39

ee) Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber auf die Entscheidung des 3. Senats vom 25.11.2010 mit der Änderung des § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V reagiert und mit dem GKV-VStG die aufschiebende Wirkung auf Klagen gegen die Bestimmung der Schiedsperson beschränkt. Eine Regelung, nach der Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts keine aufschiebende Wirkung haben, gibt es seitdem nicht mehr. Ferner wurde mit dem GKV-VStG § 73b Abs 4a Satz 5 SGB V angefügt. Danach richten sich Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts gegen eine der beiden Vertragsparteien, nicht gegen die Schiedsperson.

40

Die Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drucks 17/6906 S 56, zu Art 1 Nr 13) bestätigt, dass auf diesem Weg bestehende Unklarheiten bezogen auf die rechtliche Einordnung des Schiedsverfahrens in der HzV nach § 73b Abs 4a SGB V ausgeräumt werden sollten und dass - ebenso wie für den Bereich der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege nach § 132a Abs 2 SGB V - eine eindeutige Einordnung der Schiedsperson als Vertragshelfer erfolgen sollte. Die Einschränkung der Regelung zur aufschiebenden Wirkung in § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V wird damit begründet, dass durch die bisherige Formulierung der Eindruck habe entstehen können, es handele sich bei dem Schiedsspruch um einen Verwaltungsakt. Mit der Streichung werde "klargestellt, dass dies nicht der Fall ist, sondern dass die Schiedsperson analog § 317 BGB als Vertragshelfer tätig wird". Inhaltlich knüpft die Gesetzesbegründung damit an die Entscheidung des 3. Senats vom 25.11.2010 (B 3 KR 1/10 R - BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5) zur Schiedsperson in der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege an. Dies wird in der Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates (BT-Drucks 17/7274 S 29) verdeutlicht, in der unter ausdrücklichem Hinweis auf die genannte Entscheidung des 3. Senats des BSG ausgeführt wird, dass mit der Änderung des § 73b Abs 4a SGB V eine Klarstellung in Richtung auf die Einordnung auch der Schiedsperson in der HzV als Vertragshelfer herbeigeführt werden soll. Davon ist im Übrigen auch der 3. Senat in einer Entscheidung vom 8.10.2014 (B 3 KR 7/14 R - SozR 4-5560 § 17c Nr 2 RdNr 39, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen) ausgegangen.

41

Dem kann die Klägerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die Gesetzesbegründung zur Änderung des § 73b Abs 4a SGB V mit dem GKV-VStG auch auf die "insoweit vergleichbare(n) Regelung des § 77 Absatz 1 Satz 5 SGB XII"(BT-Drucks 17/6906 S 56, zu Art 1 Nr 13) Bezug nehme. Zutreffend ist allerdings, dass Entscheidungen der Schiedsstellen zur Vergütung von Einrichtungen und Diensten im Bereich der Sozialhilfe nach ständiger Rechtsprechung in der Form eines Verwaltungsakts ergehen. Dies hat das BVerwG bereits zu der § 80 SGB XII im Wesentlichen entsprechenden Vorgängerregelung des § 94 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) entschieden(vgl BVerwGE 108, 47). Daran hat das BVerwG (BVerwGE 116, 78 = Juris RdNr 14; anders zunächst der 3. Senat des BSG: BSGE 87, 199, 201 f = SozR 3-3300 § 85 Nr 1 S 4)auch nach der Einführung des § 93b Abs 1 Satz 4 BSHG festgehalten, der bestimmte, dass die Klage gegen die andere Vertragspartei und nicht gegen die Schiedsstelle zu richten ist. Der Qualifizierung dieses Schiedsspruchs als Verwaltungsakt hat sich der für Angelegenheiten der Sozialhilfe zuständige 8. Senat des BSG bezogen auf die seit dem 1.1.2005 geltende entsprechende Rechtslage mit einer entsprechenden Regelung in § 77 Abs 1 Satz 5 SGB XII angeschlossen(BSG SozR 4-3500 § 77 Nr 1, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen; zur Zulässigkeit der Anfechtungsklage in diesem Verfahren "sui generis" vgl auch BSG SozR 4-3500 § 76 Nr 1 RdNr 12, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen).

42

Entgegen der Auffassung der Klägerin kann aus all dem jedoch nicht geschlossen werden, dass mit dem Hinweis auf § 77 Abs 1 Satz 5 SGB XII die im ersten Teil der Gesetzesbegründung eindeutig zum Ausdruck kommende Orientierung am "Vertragshelfermodell" wieder in Frage gestellt würde. Die Formulierung in der Gesetzesbegründung, nach der sich die Regelung "am Wortlaut der insoweit vergleichbaren Regelung des § 77 Absatz 1 Satz 5 SGB XII" orientiert, bezieht sich erkennbar allein auf die Anfügung des neuen § 73b Abs 4a Satz 5 SGB V ("Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts richten sich gegen eine der beiden Vertragsparteien, nicht gegen die Schiedsperson."). Dies wird zum einen durch die Verwendung des Wortes "insoweit" und zum anderen daran deutlich, dass nicht der gesamte § 77 Abs 1 SGB XII in Bezug genommen wird, sondern allein dessen Satz 5, der mit dem eingefügten § 73b Abs 4a Satz 5 SGB V fast wörtlich übereinstimmt. Die Streichung der Regelung zur aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Festlegung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson wird also nicht mit Hinweis auf § 77 Abs 1 SGB XII begründet, sondern mit dem Ziel klarzustellen, dass die Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V als Vertragshelfer und nicht als Behörde tätig wird. Allein bezogen auf die Ergänzung des § 73b Abs 4a SGB V um einen neuen Satz 5 verweist die Gesetzesbegründung auf die fast wortgleiche Regelung in § 77 Abs 1 Satz 5 SGB XII.

43

Nach der oben dargestellten Rechtsprechung des BVerwG war die Regelung, nach der sich Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts gegen die Vertragsparteien und nicht gegen die Schiedsperson richten, im Übrigen auch nicht Anknüpfungspunkt für die Einordnung des Schiedsspruchs im Sozialhilferecht als Verwaltungsakt. Das BVerwG (vgl BVerwGE 116, 78, 82 f) hat die Entscheidung der Schiedsstelle keineswegs wegen der Regelung, nach der die Klage gegen die andere Vertragspartei zu richten ist, als Verwaltungsakt qualifiziert, sondern vielmehr trotz der Einführung dieser Regelung und entgegen einer in Teilen der Literatur vertretenen Auffassung (Münder in LPK-BSHG, 5. Aufl 1998, § 94 RdNr 2; Gottlieb, NDV 2001, 257, 261; Wabnitz, ZfJ 2001, 33, 37; vgl auch BSGE 87, 199, 201 f = SozR 3-3300 § 85 Nr 1 S 4) an seiner bereits zuvor bestehenden Rechtsprechung zur Einordnung des Schiedsspruchs nach § 77 Abs 1 SGB XII als Verwaltungsakt festgehalten.

44

Im Übrigen - also mit Ausnahme des neuen § 73b Abs 4a Satz 5 SGB V - unterscheidet sich die Regelung zum Schiedsverfahren nach § 77 Abs 1 Satz 3, § 80 SGB XII grundlegend von der zur Festlegung des Vertragsinhalts durch eine Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V. Die Qualifizierung der Schiedsstelle nach § 77 Abs 1 Satz 3, § 80 SGB XII als Behörde und deren Schiedsspruch als Verwaltungsakt stehen deshalb nicht im Widerspruch zur Einordnung der Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V als Vertragshelfer. Abgesehen davon, dass nach § 77 Abs 1 Satz 3 SGB XII nicht eine natürliche Person, sondern eine Schiedsstelle entscheidet, die gemäß § 80 Abs 2 Satz 1 SGB XII mit Vertretern der Vertragsparteien und einem unparteiischen Vorsitzenden besetzt ist, spricht für den Charakter dieser Schiedsstelle als Behörde auch die Formulierung in § 77 Abs 1 Satz 6 SGB XII, nach der es einer Nachprüfung der Entscheidung in einem Vorverfahren nicht bedarf. Genau diese Formulierung (die sich vor dem 1.1.2005 in § 93b Abs 1 Satz 5 BSHG und vor der Einführung des § 93b BSHG zum 1.1.1999 in § 93 Abs 3 Satz 4 Halbsatz 1 BSHG fand) hat das BVerwG (BVerwGE 116, 78, 81 f) zur Begründung seiner Auffassung herangezogen, dass der Gesetzgeber diese Schiedsstellenentscheidung - trotz der Regelung, nach der eine Klage gegen die andere Vertragspartei und nicht gegen die Schiedsstelle zu richten ist - als Verwaltungsakt ausgestalten wollte. Eine § 77 Abs 1 Satz 6 SGB XII entsprechende Formulierung findet sich in § 73b Abs 4a SGB V aber nicht.

45

ff) Danach ist mit der Änderung des § 73b Abs 4a SGB V durch das GKV-VStG geklärt, dass es sich bei der Schiedsperson, die im Konfliktfall den Inhalt des Vertrages zur HzV feststellt, nicht um eine Behörde handelt und dass deren Entscheidung nicht in der Form eines Verwaltungsakts ergeht(ebenso: Klückmann in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2015, § 73b RdNr 15d, 15f; Huster in Becker/Kingreen, SGB V, 4. Aufl 2014, § 73b RdNr 17; Bogan, Der Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen, 2012, S 251; Bäune in Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2013, § 73b RdNr 22; Nebendahl in Spickhoff, Medizinrecht, 2. Aufl 2014, § 73b SGB V RdNr 23; Engelmann in Prütting, Fachanwaltskommentar Medizinrecht, 3. Aufl 2014, § 73b SGB V RdNr 64; Adolf in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, Stand April 2012, § 73b RdNr 69; SG München Urteil vom 16.7.2014 - S 28 KA 696/12 - Juris RdNr 27; aA Buchner/Spiegel, NZS 2013, 1; LSG Rheinland-Pfalz Beschluss vom 3.6.2014 - L 7 KA 12/14 B ER - Juris).

46

gg) Die Zuordnung der Schiedsperson für die HzV zum Modell "Vertragshelfer" anstelle des Modells "Schiedsamt" bezieht sich nicht allein auf die Zeit seit dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung zum 1.1.2012. Wie oben dargelegt, entsprach § 73b Abs 4a SGB V bereits vor der Änderung durch das GKV-VStG zum 1.1.2012 weitgehend der für die häusliche Krankenpflege geltenden Regelung zur Schiedsperson nach § 132a Abs 2 SGB V, für die jedenfalls seit der Entscheidung des BSG vom 25.11.2010 (B 3 KR 1/10 R - BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5) die Einordnung als Vertragshelfer geklärt ist. Die rechtliche Einordnung des Schiedsspruchs der Schiedsperson in der HzV war gleichwohl bis zum Inkrafttreten des GKV-VStG zum 1.1.2012 nicht geklärt, sondern in der og Entscheidung des BSG vom 25.11.2010 ausdrücklich offengelassen worden. Unter diesen Umständen war der Gesetzgeber nicht gehindert, eine Klarstellung herbeizuführen. Dass mit der Änderung des § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V sowie der Anfügung eines neuen Satzes 5 die in der og Entscheidung des 3. Senats des BSG vom 25.11.2010 offengelassene Frage geklärt werden sollte und dass die Regelung somit nur der Klarstellung des bereits zuvor Gewollten dienen sollte, kommt sowohl in der Begründung des Regierungsentwurfs eines GKV-VStG (BT-Drucks 17/6906 S 56, zu Nr 13) als auch in der Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates (BT-Drucks 17/7274 S 29) eindeutig zum Ausdruck.

47

3. Die Klägerin kann auch nicht - entsprechend dem Antrag zu 2. - die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG Baden-Württemberg zur Ersetzung der Regelungen des Schiedsspruchs nach billigem Ermessen durch Urteil gemäß § 319 Abs 1 Satz 2 Halbsatz 1 BGB iVm § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V erreichen.

48

Soweit der 3. Senat des BSG in seiner Entscheidung vom 25.11.2010 (B 3 KR 1/10 R - BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5) zur Schiedsperson in der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege nach § 132a Abs 2 SGB V von der Statthaftigkeit einer sog Ersetzungsklage ausgegangen ist, mit der dem Gericht aufgegeben werden soll, den Inhalt des Vertrages bei Unbilligkeit der Festlegungen der Schiedsperson zu bestimmen, folgt der Senat dem für die HzV nach § 73b SGB V nicht. §§ 317 ff BGB treffen Regelungen für Konstellationen, in denen sich die Parteien zuvor aus freiem Willen auf eine Schiedsperson geeinigt haben, der die Aufgabe übertragen wird, den Vertrag rechtsgestaltend zu ergänzen. Die Schiedsperson hat also lediglich vertragsausfüllende und vertragsergänzende Funktion (vgl Schnapp, NZS 2010, 241, 245, mwN). Auf die Verträge zur HzV, deren Inhalt vollständig gegen den Willen der Krankenkasse von einer durch die zuständige Aufsichtsbehörde bestimmten Schiedsperson festgelegt werden kann (vgl § 73b Abs 4 Satz 2, Abs 4a Satz 1 und 2 SGB V), sind diese Bestimmungen im Rahmen der nur entsprechenden Anwendung nach § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V nicht uneingeschränkt übertragbar. Davon ist im Grundsatz auch schon der 3. Senat in seiner Entscheidung vom 25.11.2010 (B 3 KR 1/10 R - BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 33) bezogen auf das Schiedsverfahren nach § 132a Abs 2 SGB V ausgegangen, indem er abweichend von § 319 Abs 1 Satz 1 BGB nicht darauf abgestellt hat, ob die durch die Schiedsperson getroffene Bestimmung "offenbar unbillig" ist, sondern die einfache "Unbilligkeit" als Voraussetzung für die Ersetzung des Schiedsspruchs durch die Entscheidung des Gerichts genügen lässt.

49

Der Überlegung, das Gericht könne im Falle der Unbilligkeit den Inhalt der Entscheidung der Schiedsperson ersetzen, liegt die Vorstellung zugrunde, vom Gericht werde ein punktuelles Eingreifen oder die Entscheidung bezogen auf einzelne zwischen den Vertragsparteien umstrittene Punkte verlangt. So liegen die Dinge etwa im Bereich des § 65c Abs 6 Satz 8 SGB V bei der Höhe der Meldevergütungen zum klinischen Krebsregister. Dabei geht es um die Vergütungshöhe für bestimmte Leistungen, die in angemessener Höhe festzusetzen sind. Bei der Festlegung des Inhalts der Verträge zwischen Krankenkassen und den Erbringern von Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach § 132a Abs 2 Satz 1 SGB V stehen zumindest nach den bisherigen gerichtlichen Erfahrungen die "Preise" für die Leistungen im Mittelpunkt des Konflikts der Vertragspartner, obwohl der Schlichtungsauftrag der Schiedsperson nach § 132a Abs 2 Satz 1 und 6 SGB V weitergehen kann. Ob für solche eher punktuellen Festlegungen die Ersetzungsklage mit der Konsequenz der abschließenden Entscheidung durch ein Gericht sachgerecht ist, lässt der Senat offen; er muss deshalb auch nicht beim 3. Senat anfragen, ob dieser an seiner Rechtsprechung dazu festhält. Jedenfalls ist diese Konzeption auf die Verträge nach § 73b SGB V nicht übertragbar.

50

Gerichte können nicht umfassende Vertragswerke festsetzen, Regelungen über den Datenaustausch formulieren und die Beziehungen der Partner der Verträge untereinander vollständig regeln (zu § 132a Abs 2 SGB V vgl die Bedenken von Plantholz, RsDE 64<2007>, 1, 20 f, 23). Die dazu erforderliche Kenntnis nicht zuletzt der technischen Abläufe und deren Gestaltbarkeit ist bei den Gerichten ohne die Kooperation der Vertragspartner, auf die die Schiedsperson setzen kann, nicht vorhanden; insoweit müssten regelmäßig Sachverständige hinzugezogen und möglicherweise sogar mit der Formulierung beauftragt werden. Die Gerichte könnten nur punktuell - etwa bei der Höhe der Vergütung der teilnehmenden Ärzte - nach dem Maßstab der Angemessenheit entscheiden. Soweit ersichtlich, gibt es bisher auch keine sozialgerichtliche Entscheidung, in der ein durch eine Schiedsperson festgesetzter komplexer Vertrag wegen Unbilligkeit aufgehoben und durch einen gerichtlich festgesetzten Vertragsinhalt ersetzt worden wäre.

51

Aus den genannten Gründen muss sich die gerichtliche Kontrolle von Entscheidungen der Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V an dem Muster der Kontrolle von Schiedsamtsentscheidungen nach § 89 SGB V orientieren: Das Gericht prüft, ob die von einem der Beteiligten gerügten Festsetzungen mit höherrangigem Recht unvereinbar sind, bezeichnet ggf solche Rechtsverstöße und stellt weiter die Verpflichtung der Vertragspartner fest, diese Verstöße zu beseitigen. Wenn das im Wege freier Verhandlungen nicht gelingt, muss erneut eine Schiedsperson tätig werden, die - wie die Partner auch - an die Rechtsauffassung gebunden ist, die dem Feststellungsurteil zugrunde liegt.

52

Der naheliegende Einwand gegen diese Rechtsschutzkonzeption, dass eine abschließende Festlegung des Vertragsinhalts nicht zeitnah gewährleistet wird, greift im Ergebnis nicht durch. Es erscheint bereits fraglich, ob die Festsetzung des komplexen Inhalts eines Vertrages zur HzV durch ein für derartige Aufgaben nicht ausgestattetes Gericht oder eine Festlegung des Vertragsinhalts unter Einbeziehung von Sachverständigen, die das Gericht zu bestellen hätte, zu einer Beschleunigung des Verfahrens beitragen könnten. Auch kann dahingestellt bleiben, ob dem Einwand der Klägerin zu folgen ist, dass die Gestaltung des vollständigen Vertragsinhalts durch das Gericht - die im Verwaltungsprozessrecht sonst keine Entsprechung finden dürfte - in Widerspruch zum Grundsatz der Gewaltenteilung nach Art 20 Abs 2 Satz 2 GG geriete, weil die Gerichte allein dazu berufen sind, Verwaltungshandeln zu kontrollieren (vgl auch Buchner/Spiegel, NZS 2013, 1, 7 f unter Hinweis auf BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 13 sowie BSGE 90, 42, 44 = SozR 3-8570 § 4 Nr 4). Ausschlaggebend ist, dass der Gesetzgeber den Weg der gerichtlichen Kontrolle von Schiedsamtsentscheidungen - und nicht deren Ersetzung durch die Gerichte - auch sonst im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung - und zwar gemäß § 89 Abs 1a SGB V auch für gesetzlich vorgeschriebene Verträge - gewählt hat. Selbst wenn ein gesetzlich vorgeschriebener Vertrag über die vertragsärztliche Versorgung nicht zustande kommt und keine der Parteien bei dem Schiedsamt einen Antrag auf Herbeiführung der Einigung stellt, sieht § 89 Abs 1a Satz 1 SGB V keine Ersetzung durch die Aufsichtsbehörde, sondern lediglich ein Recht der Aufsichtsbehörde zur Anrufung des Schiedsamts vor. Solange das Schiedsamt überhaupt fristgerecht tätig wird, beschränkt sich auch die Kontrolle der Entscheidung durch die Aufsichtsbehörden gemäß § 89 Abs 5 Satz 5 SGB V auf Rechtsverstöße. Eine Festsetzung des Vertragsinhalts durch die für das Schiedsamt zuständige Aufsichtsbehörde sieht der mit dem GMG vom 14.11.2003 (BGBl I 2190, 2210) eingeführte § 89 Abs 1 Satz 5 SGB V nur ausnahmsweise für den Fall vor, dass das Schiedsamt auch nach Fristsetzung durch die Aufsichtsbehörde untätig bleibt. Die daraus erkennbar werdende Konzeption des Gesetzgebers, zumindest im Bereich des SGB V Schiedssprüche im Regelfall nicht durch Entscheidungen der Aufsichtsbehörden und erst Recht nicht durch gerichtliche Entscheidungen zu ersetzen, sondern die Kontrolle auf die Prüfung der Rechtmäßigkeit zu beschränken, ist auf die gerichtliche Kontrolle von Entscheidungen der Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V zu übertragen.

53

4. Richtige Klageart ist danach die Feststellungsklage (§ 55 Abs 1 SGG), die die Klägerin hilfsweise erhoben hat. Diese ist auch zulässig, in der Sache aber nur zum geringen Teil begründet.

54

a) Der Zulässigkeit des in der mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellten Feststellungsantrags steht nicht entgegen, dass die Klägerin einen solchen im Revisionsverfahren bis zum Ablauf der Frist zur Revisionsbegründung nicht formuliert hatte. Zwar darf das BSG über den Antrag grundsätzlich nicht hinausgehen und eine Klagänderung ist gemäß § 168 Satz 1 SGG im Revisionsverfahren unzulässig. Zulässig ist jedoch eine Erweiterung des Klagantrags im Sinne des § 99 Abs 3 SGG, soweit damit keine neuen Revisionsgründe geltend gemacht werden(vgl BSGE 31, 112, 113 = SozR Nr 55 zu § 164 SGG) und auch der Übergang von der Anfechtungsklage zur Feststellungsklage (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 99 RdNr 4 mwN). Ausschlaggebend ist, dass der historische Lebenssachverhalt, aus dem der Anspruch abgeleitet wird, unverändert geblieben ist (vgl BSG SozR 4-4300 § 57 Nr 5). Das ist hier der Fall. Eine solche Erweiterung des Revisionsantrags ist auch noch nach Ablauf der Frist zur Revisionsbegründung bis zum Schluss der mündlichen Revisionsverhandlung möglich (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 164 RdNr 10 mwN).

55

Die Klägerin hat die Klage zutreffend gegen die Beklagten als Parteien des Vertrages zur HzV gerichtet. Seit der Änderung durch das GKV-VStG regelt § 73b Abs 4a Satz 5 SGB V ausdrücklich, dass Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts gegen eine der beiden Vertragsparteien und nicht gegen die Schiedsperson zu richten sind. Dies galt aufgrund des Umstands, dass die Schiedsperson keine Behörde ist und dass deren Entscheidung nicht in der Form eines Verwaltungsakts ergeht (vgl oben 2.), auch bereits für die Zeit vor Inkrafttreten der gesetzlichen Klarstellung mWv 1.1.2012 und damit auch bereits zum Zeitpunkt der Klagerhebung am 9.9.2011 (zur Ersetzungsklage gegen die Entscheidung Schiedsperson nach § 132a SGB V vgl BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 30). Die Tätigkeit der Schiedsperson ist mit dem Erlass des Schiedsspruchs beendet (zur Schiedsperson nach § 132a SGB V vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 7 RdNr 19, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen). Aus diesem Grund ist die Schiedsperson zu dem Verfahren um die Rechtmäßigkeit der Festsetzung des Vertragsinhalts auch nicht notwendig beizuladen (zur Schiedsperson nach § 132a SGB V vgl BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 31).

56

b) Für die Begründetheit der Feststellungklage wird in der Regel auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abgestellt (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 55 RdNr 21 mwN). Vorliegend ist jedoch - in Übereinstimmung mit der Auffassung der Klägerin - vom Zeitpunkt der Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson am 9.9.2010 auszugehen. Dies folgt aus dem Umstand, dass die Klägerin die Rechtswidrigkeit des Schiedsspruchs für den Zeitpunkt seines Ergehens geltend macht. Grundsätzlich hat sie an einer Klärung der Frage, ob der Vertrag zum Zeitpunkt seiner Festsetzung rechtmäßig war, auch ein berechtigtes Interesse. Später eintretenden Änderungen haben die Vertragsparteien gemäß § 22 Abs 2 Satz 2 des Vertrages nach den Grundsätzen von Treu und Glauben Rechnung zu tragen. Soweit diese vertragliche Regelung nicht eingreift, folgt die Möglichkeit zur Anpassung des Vertrages aus § 59 Abs 1 Satz 1 SGB X, wobei die vertragliche Regelung Vorrang hat(vgl BSG SozR 4-2500 § 83 Nr 1 RdNr 25). Nach § 59 Abs 1 Satz 1 SGB X kann eine Vertragspartei eine Anpassung des Vertragsinhalts an geänderte Verhältnisse verlangen, wenn sich die Verhältnisse, die für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend gewesen sind, seit Abschluss des Vertrages so wesentlich geändert haben, dass der Vertragspartei das Festhalten an der ursprünglichen vertraglichen Regelung nicht zuzumuten ist. Wenn eine Anpassung nicht möglich oder einer Vertragspartei nicht zuzumuten ist, kann diese den Vertrag kündigen. Auch diese Vorschrift setzt voraus, dass Änderungen seit Abschluss des Vertrages eingetreten sind. Insofern ist für die Klägerin weiterhin von Interesse, ob der Schiedsspruch zum Zeitpunkt der Vertragsfestsetzung rechtmäßig war. Dagegen ist weder eine Anpassung noch die Kündigung des durch Schiedsspruch festgesetzten Vertrages Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits, sodass es auf später eingetretene Änderungen grundsätzlich nicht ankommen kann. Die etwa infolge der Abschaffung der Praxisgebühr (Streichung des § 28 Abs 4 SGB V mit Art 1 Nr 2 des Gesetzes zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs in stationären Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen vom 20.12.2012, BGBl I 2789) erforderlichen Anpassungen des Vertrages (vgl dazu ua § 2 Abs 4, § 13 des Vertrages) sind ersichtlich nicht aufgrund unterschiedlicher Auffassungen der Vertragspartner, sondern wegen der im Vordergrund stehenden grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten und der deshalb bisher nicht erfolgten Umsetzung des Vertrages unterblieben. Eine auf den Anpassungsbedarf bezogene gerichtliche Feststellung hat die Klägerin nicht geltend gemacht.

57

Allerdings sind im vorliegenden Verfahren Änderungen der Rechtslage zu berücksichtigen, die Einfluss auf das Fortbestehen des Feststellungsinteresses der Klägerin haben. Für die Beurteilung des Feststellungsinteresses ist die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Revisionsinstanz maßgebend (zur Fortsetzungsfeststellungsklage vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 131 RdNr 10, 10i; vgl auch BSG SozR 4-2700 § 215 Nr 2 RdNr 11). Da der streitgegenständliche Vertrag zur HzV bisher nicht umgesetzt wurde, kann ein berechtigtes Feststellungsinteresse der Klägerin nur bestehen, soweit es darauf für die noch bevorstehende Umsetzung des Vertrages ankommt. Bedeutung gewinnt diese Frage hier bezogen auf Vereinbarkeit des Vertrages mit Bestimmungen zum Datenschutz (vgl dazu im Einzelnen nachfolgend d ii, RdNr 90).

58

c) Die gerichtliche Kontrolle der Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson richtet sich aus den og Gründen nach den in der Rechtsprechung zur Überprüfung von Schiedsamtsentscheidungen nach § 89 SGB V entwickelten Maßstäben. Danach unterliegt auch die Entscheidung der Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V nur in eingeschränktem Umfang der gerichtlichen Kontrolle(vgl die stRspr zu § 89 SGB V: BSGE 100, 144 = SozR 4-2500 § 85 Nr 41, RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 83 Nr 3 RdNr 18; BSGE 91, 153 = SozR 4-2500 § 85 Nr 3, RdNr 11 mwN). Die Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle berücksichtigt, dass Schiedspersonen - ebenso wie Schiedsämter - deren Sprüche Vereinbarungen der zum Vertragsabschluss berufenen Vertragspartner ersetzen, eine weite Gestaltungsfreiheit haben. Dies trägt dem Wesen der Schiedssprüche Rechnung, die auf Interessenausgleich angelegt sind und Kompromisscharakter haben (vgl BSGE 87, 199, 202 = SozR 3-3300 § 85 Nr 1 S 5). Der Schiedsspruch ist daher nur daraufhin zu überprüfen, ob die grundlegenden verfahrensrechtlichen Anforderungen beachtet und in inhaltlicher Hinsicht die zwingenden rechtlichen Vorgaben eingehalten wurden. Mithin ist in formeller Hinsicht zu klären, ob das Schiedsamt den von ihm zugrunde gelegten Sachverhalt in einem fairen Verfahren unter Wahrung des rechtlichen Gehörs festgestellt hat und der Schiedsspruch die Gründe für das Entscheidungsergebnis wenigstens andeutungsweise erkennen lässt (stRspr zu § 89 SGB V vgl etwa: BSGE 87, 199, 202 = SozR 3-3300 § 85 Nr 1 S 5; BSGE 100, 144 = SozR 4-2500 § 85 Nr 41, RdNr 13). Die inhaltliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob der zugrunde gelegte Sachverhalt zutrifft und ob die Schiedsperson den ihr zustehenden Gestaltungsspielraum eingehalten, dh die maßgeblichen Rechtsmaßstäbe beachtet hat (zum Schiedsamt vgl BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 20 S 131; BSGE 86, 126, 135 = SozR 3-2500 § 85 Nr 37 S 295; BSGE 91, 153 = SozR 4-2500 § 85 Nr 3, RdNr 11). Die Prüfung beschränkt sich dabei entgegen der Auffassung der Beklagten nicht auf die Beachtung von Vorschriften, die unmittelbar Rechte der Vertragsparteien zu schützen bestimmt sind (aA zur Frage der Einhaltung datenschutzrechtlicher Bestimmungen auch: LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 2.8.2011 - L 5 KA 1601/11 ER-B - Juris RdNr 188). Deren Betroffenheit in eigenen Rechten folgt bereits aus dem Umstand, dass sie Partner des durch die Schiedsperson festgesetzten Vertrages sind. Die Bindung an einen solchen Vertrag müssen sie nur hinnehmen, soweit die darin getroffenen Bestimmungen materiell rechtmäßig sind. Insofern hat der Umstand, dass der Schiedsspruch der Schiedsperson nach § 73b SGB V nicht in der Form eines Verwaltungsakts ergeht, keinen Einfluss auf den gerichtlichen Prüfungsumfang.

59

d) Die Überprüfung der Entscheidung der Schiedsperson anhand der genannten Maßstäbe ergibt, dass die Festsetzung des Vertragsinhalts allein bezogen auf die Vereinbarkeit mit bundesrechtlichen Bestimmungen zum Datenschutz zu beanstanden ist. Im Übrigen entspricht der Schiedsspruch den rechtlichen Anforderungen.

60

aa) Einwände bezogen auf die Einhaltung verfahrensrechtlicher Anforderungen werden von den Beteiligten nicht geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich. Insbesondere durfte die Schiedsperson den Vertragsinhalt am 9.9.2010 festsetzen, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch ein Klageverfahren zur Frage der Rechtmäßigkeit der Bestimmung der Schiedsperson anhängig war. Da Klagen gegen die Bestimmung der Schiedsperson gemäß § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V keine aufschiebende Wirkung haben, war die Schiedsperson trotz des anhängigen Klageverfahrens berechtigt (und verpflichtet), tätig zu werden(zur Bestellung einer Schiedsperson nach § 132a SGB V vgl BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 7 RdNr 27, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen).

61

bb) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist nicht zu beanstanden, dass die Schiedsperson nicht allein den Beklagten zu 1. (Hausärzteverband, Landesverband Baden-Württemberg), sondern auch den Beklagten zu 2. (Medi Baden-Württemberg eV) als Vertragspartner der Klägerin in den Vertrag aufgenommen hat.

62

(1) Gemäß § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V sind die Krankenkassen verpflichtet, allein oder in Kooperation mit anderen Krankenkassen spätestens bis zum 30.6.2009 Verträge mit Gemeinschaften zu schließen, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der KÄV vertreten. Nur die so definierten Gemeinschaften von Allgemeinärzten sind gemäß § 73b Abs 4 Satz 2, Abs 4a Satz 1 SGB V berechtigt, die Einleitung eines Schiedsverfahrens zu verlangen. Diese Anforderungen müssen jedenfalls zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bzw der Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson erfüllt sein (so auch bereits Sächsisches LSG Urteil vom 11.4.2012 - L 1 KA 51/11 KL - Juris RdNr 27; LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 17.1.2011 - L 7 KA 66/10 B ER - Juris RdNr 5). Die genannten Voraussetzungen werden von den beiden Beklagten erfüllt.

63

(2) Mit dem Begriff der Allgemeinärzte sind nicht alle nach § 73 Abs 1a SGB V an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte angesprochen. Vielmehr wird der Begriff übereinstimmend mit § 73 Abs 1a Nr 1 SGB V verwendet, sodass darunter nur die an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte fallen, die nach Landesrecht zur Führung der Bezeichnung "Arzt für Allgemeinmedizin" berechtigt sind. Vorbehaltlich landesrechtlicher Übergangsregelungen wird also eine fünfjährige Weiterbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin vorausgesetzt (Bäune in Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2013, § 73b RdNr 14; Engelmann in Prütting, Fachanwaltskommentar Medizinrecht, 3. Aufl 2014, § 73b SGB V RdNr 29a; Alemann/Scheffczyk, NZS 2012, 45, 46; Orlowski, ZMGR 2009, 124, 127; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 11.10.2010 - L 11 KA 61/10 B ER - GesR 2011, 32 = Juris RdNr 35 ff; Sächsisches LSG Urteil vom 11.4.2012 - L 1 KA 51/11 KL - Juris RdNr 31 ff; vgl auch BT-Drucks 16/10609 S 54). Diesen Begriff der "Allgemeinärzte" hat die Schiedsperson ihrer Prüfung, ob die og 50 %-Quote erreicht wird, zutreffend zugrunde gelegt. Dies wird auch von der Klägerin nicht in Zweifel gezogen.

64

(3) Gemeinschaften, die die Einleitung eines Schiedsverfahrens beantragen können, müssen nach § 73b Abs 4 Satz 1 und 2, Abs 4a Satz 2 SGB V mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der KÄV "vertreten". Dass die Beklagten zu 1. und zu 2. gemeinsam diese Quote erfüllen, wird zu Recht auch von der Klägerin nicht in Frage gestellt. Der in § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V verwendete Begriff "vertreten" wird jedenfalls nicht als eine Vertretung im Sinne einer rechtsgeschäftlichen Handlung im fremden Namen(§ 164 BGB) verstanden werden können. Vielmehr schließen die in § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V bezeichneten Gemeinschaften die Verträge mit den Krankenkassen im eigenen Namen ab. Ausschlaggebend ist daher die Zahl der Mitglieder der Gemeinschaft (so auch die ganz hM vgl zB Klückmann in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2015, § 73b RdNr 13a; Huster, NZS 2010, 69, 70; Orlowski, ZMGR 2009, 124, 128; ders in Orlowski/Rau/Schermer/ Wasem/Zipperer, SGB V, Stand Dezember 2014, § 73b RdNr 37; Engelmann in Prütting, Fachanwaltskommentar Medizinrecht, 3. Aufl 2014, § 73b SGB V RdNr 31b; Sächsisches LSG Urteil vom 11.4.2012 - L 1 KA 51/11 KL - Juris RdNr 35; aA Kingreen/Temizel, ZMGR 2009, 134, 135). Wie in der Begründung des Schiedsspruchs im Einzelnen dargelegt wird, waren 3492 der insgesamt 5089 in Baden-Württemberg an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte für Allgemeinmedizin und damit deutlich mehr als die Hälfte Mitglied einer der beiden Beklagten. Allein bei dem Beklagten zu 1. (Hausärzteverband Baden-Württemberg) waren 2742 der in Baden-Württemberg zugelassenen Fachärzte für Allgemeinmedizin Mitglied. Weil mindestens 2566 Allgemeinärzte - und damit ebenfalls mehr als die Hälfte - die beiden Verbände auch mit dem Abschluss von Verträgen zur HzV beauftragt hatten, wäre die og Voraussetzung hier im Übrigen auch erfüllt, wenn eine Mandatierung erforderlich wäre.

65

Die Klägerin ist allerdings der Auffassung, dass jedenfalls der Beklagte zu 2. die gesetzlich geregelte Quote nicht erfüllen würde und dass dieser deshalb nicht als Vertragspartner der Klägerin in den Vertrag zur HzV hätte aufgenommen werden dürfen. Die Erfüllung der Quote sei bezogen auf jeden einzelnen Verband zu prüfen, sodass die gemeinsame Erfüllung durch mehrere Verbände nicht genüge. Dies trifft indes nicht zu. Zwar waren nur 1267 Allgemeinärzte und damit weniger als die Hälfte der in Baden-Württemberg zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Allgemeinärzte Mitglied des Beklagten zu 2. Darauf kommt es indes nicht an. Vielmehr genügt, dass beide Beklagten als Vertragspartner der Klägerin gemeinsam mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte vertreten und zum gemeinsamen Vertragsschluss zu identischen Konditionen bereit waren und sind.

66

Der Begriff der "Gemeinschaften" wird gesetzlich nicht definiert. Der entsprechende Begriff in § 741 BGB wird nach dem Sinn der Regelung offensichtlich nicht in Bezug genommen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass keine Beschränkung auf eine bestimmte Rechtsform beabsichtigt war und dass weder eine innere noch eine äußere Organisationsstruktur vorgegeben wird (ebenso Alemann/Scheffczyk, NZS 2012, 45, 46; Huster, NZS 2010, 69, 70; Bäune in Eichenhofer/Wenner, SGB V, § 73b RdNr 13; Orlowski, ZMGR 2009, 124, 126; Nebendahl in Spickhoff, Medizinrecht, 2. Aufl 2014, § 73b SGB V RdNr 16; vgl auch Bayerisches LSG Beschluss vom 27.6.2009 - L 12 KA 33/09 B ER - GesR 2009, 477, 480). Ausschlaggebend ist allein die soziale Mächtigkeit der Gemeinschaft und die daraus folgende Möglichkeit, eine flächendeckende Versorgung zu organisieren (Orlowski, ZMGR 2009, 124, 127 f; ders in Orlowski/Rau/Schermer/Wasem/Zipperer, SGB V, Stand Dezember 2014, § 73b RdNr 37; Huster, NZS 2010, 69, 70; Klückmann in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2015, § 73b RdNr 13a; aA Kingreen/Temizel, ZMGR 2009, 134, 135). Diese Auffassung wird insbesondere durch die in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 16/10609 S 53 f) zum Ausdruck kommende Zielsetzung der Regelung gestützt. Danach sollte mit der zum 1.1.2009 eingeführten Neuregelung durch das GKV-OrgWG vom 15.12.2008 (BGBl I 2426) das mit dem GKV-WSG eingeführte eigenständige Verhandlungsmandat der Gemeinschaft von Hausärzten gestärkt werden. Gemeinschaften, die die 50 %-Quote erfüllen, gewährleisteten, dass eine flächendeckende Sicherstellung mit Verträgen zur hausarztzentrierten Versorgung durch den Vertragsschluss erreicht werden könne. Unter Berücksichtigung dieser Zielsetzung ist davon auszugehen, dass sich Kooperationen nicht nur - wie ausdrücklich gesetzlich geregelt (§ 73b Abs 4 Satz 1 SGB V)- auf Seiten der Krankenkassen, sondern auch auf Seiten der Hausärzte an dem Vertrag zur HzV beteiligen können. Dem gesetzgeberischen Ziel, eine flächendeckende Sicherstellung mit Verträgen zur HzV zu erreichen, wird schon Rechnung getragen, wenn nicht jeder einzelne Verband, sondern nur die Kooperation von Hausarztverbänden die genannte Quote erfüllt (so auch das dem Schriftsatz der Klägerin vom 12.2.2015 als Anlage RK 29 übersandte "Ergebnisse der Besprechung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe vom 22.1.2009 zu Fragestellungen/Problemen im Zusammenhang mit § 73b SGB V in der Fassung vom 1.1.2009", S 3 unter III. 2.; ausdrücklich bezogen auf die beiden Beklagten des vorliegenden Verfahrens: Orlowski, ZMGR 2009, 124, 126; ders in Orlowski/Rau/Schermer/Wasem/Zipperer, SGB V, Stand Dezember 2014, § 73b RdNr 32).

67

cc) Der durch die Schiedsperson festgesetzte Vertrag zur HzV verletzt nicht den Grundsatz der Beitragssatzstabilität aus § 71 Abs 1 Satz 1 SGB V. Entgegen der Auffassung der Klägerin findet dieser Grundsatz auf den vorliegenden, vor dem 22.9.2010 zustande gekommenen Vertrag keine Anwendung.

68

(1) In der hier maßgebenden Fassung des § 73b SGB V vor der Änderung durch das Gesetz zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-FinG) vom 22.12.2010 (BGBl I 2309) war die Geltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität für die HzV nicht geregelt. Die Einfügung des § 73 Abs 5a SGB V mit dem GKV-FinG, in dessen Satz 1 bestimmt wird, dass bei der zwischen den Krankenkassen und den die Allgemeinärzte vertretenden Gemeinschaften der Grundsatz der Beitragssatzstabilität nach § 71 SGB V zu beachten ist, gilt ausdrücklich nur für nach dem 22.9.2010 zustande gekommene Verträge. Der hier zu beurteilende Vertrag ist bereits mit der Festsetzung durch die Schiedsperson vom 9.9.2010 und damit bis zum 22.9.2010 zustande gekommen.

69

Die Beschränkung der Geltungsdauer der Bestandsschutzregelung nach § 73b Abs 5a Satz 5 SGB V idF des GKV-FinG auf die Zeit bis zum 30.6.2014 greift nicht ein, weil diese Frist nur für Anschlussvereinbarungen und nicht für den hier zu beurteilenden, bis zum 22.9.2010 geschlossenen Vertrag selbst gilt. Im Übrigen ist § 73b Abs 5a SGB V mit dem dort geregelten Grundsatz der Beitragssatzstabilität durch das Vierzehnte Gesetz zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch(14. SGB V-Änderungsgesetz - 14. SGB V-ÄndG) vom 27.3.2014 (BGBl I 261) mWv 1.4.2014 aufgehoben worden, sodass diese Regelung auch im Falle einer Kündigung des Vertrages zur HzV keine Wirkung mehr entfalten könnte.

70

§ 73b SGB V in der hier maßgebenden Fassung unterscheidet sich damit zB von der die Gesamtvergütung betreffenden Bestimmung des § 85 Abs 3 Satz 2 SGB V idF vor der Änderung durch das GKV-VStG zum 1.1.2013, der die Beachtung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität (§ 71 SGB V) für die Vereinbarung der Veränderungen der Gesamtvergütungen anordnete. Allein der Umstand, dass es in § 73b SGB V an einer entsprechenden ausdrücklichen Regelung für die HzV fehlt, schließt die Geltung dieses Grundsatzes allerdings noch nicht aus. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass der Grundsatz der Beitragssatzstabilität allgemein für die im Vierten Kapitel des SGB V geregelten Vergütungsvereinbarungen gilt, ohne dass es einer auf die jeweilige Vergütungsvereinbarung bezogenen speziellen Regelung bedarf. Dies hat der Senat insbesondere aus dem Standort des § 71 SGB V im Abschnitt "Allgemeine Grundsätze" des Vierten Kapitels abgeleitet(BSG SozR 4-2500 § 88 Nr 1 RdNr 17). Bei dem Grundsatz der Beitragssatzstabilität handelt es sich um eine verbindliche gesetzliche Vorgabe, die auch bei Schiedssprüchen zu beachten ist und die eine verbindliche Grenze für Vergütungsvereinbarungen darstellt (vgl BSGE 86, 126, 135 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 37 S 296 f; BSG SozR 4-2500 § 88 Nr 1 RdNr 15 f mwN).

71

Dies gilt jedoch nur, soweit keine Ausnahme eingreift. Solche Ausnahmen und Einschränkungen sind für unterschiedliche Vergütungsvereinbarungen im Vierten Kapitel des SGB V enthalten. So gilt nach § 87a Abs 3 Satz 2 letzter Halbsatz SGB V in der Fassung des GKV-WSG der vereinbarte Behandlungsbedarf als "notwendige medizinische Versorgung" im Sinne des § 71 Abs 1 Satz 1 SGB V mit der Folge, dass die Beschränkungen aus dem Grundsatz der Beitragssatzstabilität für Gesamtvergütungen in der vertragsärztlichen Versorgung seit 2009 insoweit nicht eingreifen(vgl BSG SozR 4-2500 § 87a Nr 2 RdNr 41). Für die integrierte Versorgung bestimmt § 140b Abs 4 Satz 2 SGB V, dass der Grundsatz der Beitragssatzstabilität nicht für Verträge gilt, die bis zum 31.12.2008 geschlossen worden sind. Für die zahnärztliche Versorgung ist der Grundsatz der Beitragssatzstabilität mit der Änderung des § 85 Abs 3 Satz 2 SGB V zwar nicht aufgehoben, aber eingeschränkt worden, indem nicht mehr die Beachtung, sondern nur noch dessen Berücksichtigung vorgeschrieben wird(vgl dazu Axer, GesR 2013, 135, 138 f). Eine ähnliche Einschränkung enthält § 134a Abs 1 Satz 2 SGB V für die Versorgung mit Hebammenhilfe.

72

Für die HzV folgt eine Ausnahme vom Grundsatz der Beitragssatzstabilität aus § 73b Abs 5 Satz 4 SGB V. Danach können Einzelverträge Abweichungen von den Vorschriften "dieses Kapitels" - also des Vierten Kapitels des SGB V - sowie den nach diesen Vorschriften getroffenen Regelungen regeln. Das Vierte Kapitel umfasst die §§ 69 bis 140h SGB V und damit auch § 71 Abs 1 Satz 1 SGB V(so auch Alemann/Scheffczyk, NZS 2012, 45, 48; ähnlich Bogan, Der Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen, 2012, S 257 f; LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 3.11.2011 - L 3 KA 104/10 B ER - GesR 2012, 35, 38).

73

Eine Geltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität kann entgegen der Auffassung von Ebsen aus dem von der Klägerin vorgelegten Gutachten (Rechtliche Anforderungen an das Handeln der Schiedsperson für die Festlegung des Inhalts des Vertrages über die hausarztzentrierte Versorgung nach § 73b Abs 4a SGB V, Rechtsgutachten im Auftrag des AOK-Bundesverbandes aus Juli 2009, unveröffentlicht, RdNr 55) auch nicht aus dem Umstand hergeleitet werden, dass § 140b Abs 4 Satz 2 SGB V die Nichtgeltung für die Verträge zu integrierten Versorgungsformen ausdrücklich anordnet, während § 73b Abs 5 Satz 4 SGB V für die HzV nur allgemein Ausnahmen von den Vorschriften des Vierten Kapitels zulässt. Zwar trifft es zu, dass sich der Gesetzgeber nach der Gesetzesbegründung zur Einführung des § 73b Abs 5 Satz 4 SGB V mit dem GKV-WSG ua an § 140b Abs 4 Satz 1 SGB V anlehnen wollte(BT-Drucks 16/3100, S 112), der Abweichungen von den Vorschriften ua des Vierten Kapitels betrifft. § 140b Abs 4 Satz 2 SGB V, der die Nichtgeltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität für die integrierte Versorgung ausdrücklich regelt, bleibt in der Gesetzesbegründung zu § 73b Abs 5 Satz 4 SGB V hingegen unerwähnt. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass § 73b Abs 5 Satz 4 SGB V Abweichungen von den Vorschriften des Vierten Kapitels nur mit Ausnahme des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität zulassen würde. Im Wortlaut der Regelung findet eine solche einschränkende Auslegung keine Grundlage. Der im Gutachten von Ebsen gezogene Vergleich zwischen den für die HzV und den für die integrierte Versorgung geltenden Regelungen berücksichtigt zudem nicht hinreichend, dass § 140b Abs 4 Satz 1 SGB V Abweichungen von den Vorschriften ua des Vierten Kapitels des SGB V nicht umfassend, sondern nur insoweit zulässt, als "die abweichende Regelung dem Sinn und der Eigenart der integrierten Versorgung entspricht, die Qualität, die Wirksamkeit und die Wirtschaftlichkeit der integrierten Versorgung verbessert oder aus sonstigen Gründen zu ihrer Durchführung erforderlich ist". Da § 73b Abs 5 Satz 4 SGB V Abweichungen von den Vorschriften des Vierten Kapitels umfassend zulässt, bedurfte es keiner § 140b Abs 4 Satz 2 SGB V entsprechenden speziellen Regelung zur Nichtgeltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität. Im Übrigen vertritt auch Ebsen nicht die Auffassung, dass die Krankenkassen bei Verträgen zur HzV den Grundsatz der Beitragssatzstabilität umfassend zu beachten hätten. Vielmehr will er den "unternehmerisch" im Wettbewerb stehenden Krankenkassen für freiwillige Vereinbarungen einen größeren Spielraum zubilligen und lediglich den Gestaltungsspielraum der Schiedsperson beschränken (vgl RdNr 31 ff, 61 des Gutachtens). Indes ist die Gestaltungsfreiheit der Schiedsperson nicht geringer als diejenige der Vertragspartner bei einer im Wege freier Verhandlung erzielten Vereinbarung. Insofern gilt für Schiedssprüche von Schiedspersonen nichts anderes als für solche der Schiedsämter (vgl zum Gestaltungsspielraum von Schiedsämtern BSG SozR 4-2500 § 87a Nr 2 RdNr 36; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 73 RdNr 15; BSGE 86, 126, 134 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 37 S 295 mwN).

74

Etwas anderes folgt auch nicht aus § 73b Abs 8 SGB V in der hier maßgebenden Fassung des GKV-WSG, die im Übrigen mit der seit dem 1.4.2014 (wieder) geltenden Fassung des 14. SGB V-ÄndG übereinstimmt. Nach dieser Vorschrift können die Parteien des Vertrages zur HzV vereinbaren, dass Aufwendungen für Leistungen, die über die hausärztliche Versorgung nach § 73 SGB V hinausgehen und insoweit nicht unter die Bereinigungspflicht nach § 73b Abs 7 SGB V fallen, aus Einsparungen und Effizienzsteigerungen finanziert werden, die aus den Maßnahmen von Verträgen nach § 73b Abs 4 SGB V erzielt werden. Aus der Formulierung "können vereinbaren" folgt, dass es sich nicht um eine für die Vertragspartner verbindliche Vorgabe handelt. Damit übereinstimmend hat der Gesundheitsausschuss, auf dessen Empfehlung die Regelung mit dem GKV-WSG eingeführt worden ist, zur Begründung angegeben, dass es sich um eine Klarstellung handele. In den Verträgen zu HzV könne vereinbart werden, zusätzliche Vergütungen durch Einsparungen zB bei den veranlassten und verordneten Leistungen zu generieren (BT-Drucks 16/4247 S 36).

75

Dass der Grundsatz der Beitragssatzstabilität für die bis zum 22.9.2010 zustande gekommenen Verträge zur HzV keine Geltung beansprucht, findet seine Bestätigung in der Änderung des § 73b SGB V mit dem GKV-FinG. Der mit diesem Gesetz neu eigeführte § 73b Abs 5a SGB V sah in Satz 1 eine Geltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität ausdrücklich nur für die nach dem 22.9.2010 zustande gekommenen Verträge vor. Ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 17/3040 S 23) entsprach es auch dem Willen des Gesetzgebers, die bis zum 22.9.2010 zustande gekommenen Verträge zur HzV von der Geltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität auszunehmen. Danach sollte es für diese Verträge bei der "im bisherigen Recht angelegten Vertragsfreiheit der Vertragsparteien auch im Hinblick auf die Vergütungshöhe" bleiben.

76

Auch die Motive, die den Gesetzgeber nach der Gesetzesbegründung zum 14. SGB V-ÄndG (BT-Drucks 18/606 S 11) zur Aufhebung des § 73b Abs 5a SGB V und zur "Rückführung" des Abs 8 auf die vor dem GKV-FinG geltende Fassung mWv 1.4.2014 veranlasst haben, sprechen dafür, dass es sich bei den Änderungen durch das GKV-FinG - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht nur um eine Klarstellung bezogen auf den ohnehin geltenden Grundsatz der Beitragssatzstabilität gehandelt hat, sondern dass dieser Grundsatz im Bereich der HzV allein aufgrund des - mit dem 14. SGB V-ÄndG wieder aufgehobenen - § 73b Abs 5a SGB V und damit auch nur für die nach dem 22.9.2010 zustande gekommenen Verträge zur HzV galt. Nach der Begründung der Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses, auf die die Änderung zurückgeht, sollten die mit dem GKV-FinG eingeführten Vergütungsbeschränkungen wieder aufgehoben werden, "da sie sich als Hemmnis für den Abschluss von Verträgen über eine hausarztzentrierte Versorgung erwiesen haben". Die Vertragspartner sollten - auch für Vereinbarungen über solche Leistungen, die über die hausärztliche Versorgung nach § 73 SGB V hinausgehen - die Möglichkeit erhalten, Vergütungsvereinbarungen zu treffen, ohne hierbei starren Begrenzungen zu unterliegen. Entscheidend sei, dass der Vertrag "insgesamt dem allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebot" entspreche. Die Gestaltungsspielräume der Vertragspartner sollten bezogen auf die Vergütung erweitert und die Möglichkeiten zur Entwicklung innovativer Versorgungskonzepte verbessert werden.

77

(2) Entgegen der Auffassung der Klägerin kann die Geltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität für die Vergütung in der HzV auch nicht aus den für die für Wahltarife geltenden Bestimmungen des § 53 Abs 3, Abs 9 SGB V hergeleitet werden. Allerdings weist die Klägerin zutreffend darauf hin, dass die Krankenkassen nach § 53 Abs 3 SGB V verpflichtet sind, in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen - ua nach § 73b SGB V - teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Daran anknüpfend schreibt § 53 Abs 9 Satz 1 SGB V vor, dass die Aufwendungen für jeden Wahltarif jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden müssen. Danach sei - so die Klägerin - der Abschluss eines Hausarztvertrages ausgeschlossen, der Mehrkosten vorsehe, ohne dass deren Gegenfinanzierung gesichert sei. Der vorliegende Vertrag zur HzV enthalte Regelungen zu Mehrausgaben, deren Gegenfinanzierung spekulativ bleibe.

78

Indes betrifft die Regelung zu den Wahltarifen das Verhältnis der Krankenkassen zu den Versicherten und nicht das Leistungserbringungsrecht. Ein Verstoß gegen die Vorgaben des § 53 Abs 9 SGB V könnte deshalb nur die Rechtsmäßigkeit der Satzung der Krankenkasse berühren und nicht die Rechtmäßigkeit des Vertrages zur HzV(so auch Alemann/Scheffczyk, NZS 2012, 45, 48; vgl Mehdorn, ZMGR 2012, 3, 12; ebenso bezogen auf einen Vertrag nach § 73c SGB V: SG Berlin Urteil vom 13.10.2010 - S 83 KA 443/08 - MedR 2011, 124, 128). Dies räumt auch Ebsen in dem von der Klägerin vorgelegten Gutachten (aaO, RdNr 74) im Grundsatz ein, macht jedoch geltend, dass es den Kassen auch bei Verträgen mit Leistungserbringern selbstverständlich verboten sei, Vereinbarungen zu treffen, die zu einem Verstoß gegen ihre Pflichten im Versicherungsverhältnis führten. Dem kann zwar im Grundsatz zugestimmt werden. Der Senat hat Bedenken gegen die Auffassung des SG München aus der Entscheidung vom 16.7.2014 (S 28 KA 696/12 - Juris RdNr 47 f), nach der ein Vertrag zur HzV bereits deshalb nicht gegen § 53 Abs 9 SGB V verstoßen könne, weil die möglicherweise durch diesen Vertrag verursachten Mehrkosten keine "Aufwendungen für den Wahltarif" im Sinne des § 53 Abs 9 Satz 1 SGB V seien und dass diese deshalb auch nicht durch Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen gegenfinanziert werden müssten. Der Begriff der "Aufwendungen für den Wahltarif" dürfte im Grundsatz umfassender zu verstehen sein als das SG München annimmt (zu Mindereinnahmen als "Aufwendungen für den Wahltarif" vgl BSGE 109, 230 = SozR 4-2500 § 53 Nr 2, RdNr 21). Für das vorliegende Verfahren kommt es darauf indes nicht an. Jedenfalls kann die eindeutige Entscheidung des Gesetzgebers gegen die Geltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität in der HzV nicht über das Verbot der Quersubventionierung von Wahltarifen aus § 53 Abs 9 SGB V unterlaufen werden(in dieser Richtung auch LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 3.11.2011 - L 3 KA 104/10 B ER - GesR 2012, 35 = Juris RdNr 48). Maßgebend ist die - für das Leistungserbringungsverhältnis vorrangige - Regelung des § 73b SGB V. Daher ist § 53 Abs 9 SGB V insoweit einschränkend auszulegen. Soweit die Vertragspartner des HzV von der Gestaltungsfreiheit Gebrauch machen, die der Gesetzgeber ihnen mit der bereichsspezifischen Ausnahme vom Gebot der Beitragssatzstabilität einräumen wollte, kann allein darin kein Verstoß gegen das Verbot der Quersubventionierung aus § 53 Abs 9 SGB V liegen.

79

(3) Die für die HzV geltende Ausnahme vom Grundsatz der Beitragssatzstabilität und die daraus folgende Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 53 Abs 9 SGB V begegnet entgegen der Auffassung der Klägerin auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Zutreffend weist die Klägerin darauf hin, dass sich die Sozialversicherungsbeiträge durch eine strenge grundrechtlich und kompetenzrechtlich begründete Zweckbindung auszeichnen und dass die unter Eingriff in das Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit aus Art 2 Abs 1 GG zustande gekommene Zwangsmitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung die Auferlegung nur solcher Geldleistungen zu rechtfertigen vermag, die ihren Grund und ihre Grenze in den zwingenden Aufgaben der Sozialversicherung finden (vgl BVerfGE 113, 167, 203 = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 55). Die Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung ist in einem Sozialstaat überragend wichtiges Gemeinschaftsgut (BVerfGE 114, 196, 248 = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 RdNr 139). Daraus folgt jedoch nicht, dass der in § 71 Abs 1 Satz 1 SGB V definierte Grundsatz der Beitragssatzstabilität von der Verfassung vorgegeben wäre(zur Einschränkung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität in der vertragszahnärztlichen Versorgung vgl Axer, GesR 2013, 135, 140). Vielmehr hat der Gesetzgeber im Spannungsverhältnis zwischen dem Schutz der Freiheit des Einzelnen und den Anforderungen einer sozialstaatlichen Ordnung nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG einen weiten Gestaltungsspielraum (BVerfGE 114, 196, 248 = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 RdNr 139; BVerfGE 113, 167, 215 = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 86; BVerfGE 103, 172, 185 = SozR 3-5520 § 25 Nr 4 S 27; BVerfGE 44, 70, 89 = SozR 5420 § 94 Nr 2 S 2). Sozialpolitische Entscheidungen des Gesetzgebers sind von der Rechtsprechung zu akzeptieren, solange seine Entscheidungen weder offensichtlich fehlsam noch mit der Wertordnung des Grundgesetzes unvereinbar sind (BVerfGE 113, 167, 215 = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 86; BVerfGE 89, 365, 376 = SozR 3-2200 § 385 Nr 4 S 4).

80

Das Ziel der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung hat der Gesetzgeber mit der Einführung der HzV nicht in Frage gestellt. Im Gegenteil ist die Verpflichtung der Krankenkassen, ihren Versicherten eine flächendeckende hausarztzentrierte Versorgung zur Verfügung zu stellen, mit dem Ziel eingeführt worden, die Versorgungsqualität zu verbessern und Wirtschaftlichkeitsreserven ua durch Verbesserungen im Bereich Pharmakotherapie, durch den Einsatz von wissenschaftlich begründeten und praxiserprobten hausärztliche Leitlinien und durch eine zielgerichtetere Fortbildung zu erschließen (vgl BT-Drucks 16/3100 S 111 f). Auf die Geltung von Vorschriften des Vierten Kapitels einschließlich des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität hat der Gesetzgeber dabei im Interesse eines weiten Gestaltungsspielraums der Vertragspartner und in der Erwartung verzichtet, dass dieser unter der Beteiligung der Krankenkassen als Vertragspartner im Sinne der og Zielsetzung ausgefüllt wird. Anhaltspunkte dafür, dass diese Erwägungen offensichtlich unzutreffend oder aus anderen Gründen mit der Wertordnung der Verfassung unvereinbar wären, sind weder von der Klägerin vorgetragen noch sonst ersichtlich. Bei der Einführung neuer Strukturen im Bereich der Leistungserbringung wie dem flächendeckenden Angebot einer HzV können die finanziellen Auswirkungen regelmäßig nicht mit Sicherheit prognostiziert werden. Allein daraus folgt jedoch noch keine Überschreitung des Handlungsspielraums des Gesetzgebers.

81

Auch eine Ungleichbehandlung der Versicherten und damit ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art 3 Abs 1 GG ist mit der Einführung der HzV entgegen der Auffassung der Klägerin nicht verbunden, soweit alle Krankenkassen ihrer gesetzlichen Pflicht aus § 73b Abs 1 SGB V nachkommen, ihren Versicherten eine HzV anzubieten, weil dann alle Versicherten die Möglichkeit haben, diese Leistung in Anspruch zu nehmen. Mit der vorliegenden Entscheidung stellt der Senat klar, dass die Klägerin dieser bereits seit Inkrafttreten der Änderungen durch das GKV-WSG zum 1.4.2007 gesetzlich geregelten Verpflichtung nachzukommen hat.

82

dd) Zu beachten bleibt das allgemeine Wirtschaftlichkeitsgebot, das seine Grundlage nicht allein in § 70 Abs 1 SGB V und damit einer Vorschrift aus dem nach § 73b Abs 5 Satz 4 SGB V nicht zwingend anwendbaren Vierten Kapitel, sondern auch in § 2 Abs 4, § 12 SGB V hat. Danach müssen die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Für die Geltung des allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebots spricht im Übrigen die Begründung der der Streichung des § 73b Abs 5a SGB V mit dem 14. SGB V-ÄndG zugrunde liegenden Empfehlung des Gesundheitsausschusses (BT-Drucks 18/606 S 11). Danach bleibt entscheidend, "dass der Vertrag insgesamt dem allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebot entspricht". Dagegen gilt die mit der Änderung des § 73b Abs 5 Satz 1 SGB V durch das 14. SGB V-ÄndG eingeführte Verpflichtung, Wirtschaftlichkeitskriterien und Maßnahmen bei Nichteinhaltung der vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien sowie Regelungen zur Qualitätssicherung zu vereinbaren, nicht für den vorliegenden, am 9.9.2010 festgesetzten Vertrag zur HzV, sondern nur für Verträge, die nach dem 31.3.2014 zustande gekommen sind.

83

Der von der Schiedsperson festgesetzte Vertrag entspricht dem allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebot. Dabei ist zu berücksichtigen, dass gerade in der Phase der Einführung der flächendeckenden HzV keine hohen Anforderungen an die Prognose der wirtschaftlichen Auswirkungen gestellt werden können. Für die Rechtmäßigkeit der Festsetzung durch die Schiedsperson ist ausschlaggebend, dass die für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wesentlichen Gesichtspunkte erkannt, gegeneinander abgewogen worden sind und Eingang in die Begründung gefunden haben. Die Anforderungen an die Begründung dürfen auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Schiedsperson keinen eigenen Verwaltungsapparat unterhält, nicht überspannt werden (BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 38). Den so definierten Anforderungen wird die ausführliche Begründung der Entscheidung der Schiedsperson ohne Weiteres gerecht. Dabei wird - wie die Klägerin zutreffend geltend macht - in der Begründung des Schiedsspruchs nicht in Zweifel gezogen, dass zB mit der vorgesehenen kontaktunabhängigen Pauschale (65 Euro pro Versichertenteilnahmejahr) oder der Chronikerpauschale (30 Euro maximal einmal pro Quartal und maximal 4-mal pro Versichertenteilnahmejahr) Vergütungstatbestände in die HzV aufgenommen worden sind, die im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen keine Entsprechung finden und dass insgesamt mit einer Erhöhung des Fallwertes zu rechnen ist. Prognostiziert wird eine Erhöhung um 12,38 Euro im Vergleich zur Regelversorgung. Ferner wird ausgeführt, dass die dadurch verursachten Kosten und auch die erzielten Einsparungen nicht genau zu prognostizieren seien. Allerdings gebe es mit der Vergütungsobergrenze nach § 10 Abs 9 des Vertrages (76 Euro) Regelungen, die geeignet seien, das Risiko der Krankenkassen zu begrenzen. Einsparungen könnten ua aufgrund der Verpflichtung der Versicherten erwartet werden, Fachärzte nur auf Überweisung in Anspruch zu nehmen. Dies führe zur Vermeidung von Doppeluntersuchungen. Zudem müsse davon ausgegangen werden, dass jeder Facharztbesuch auch Folgekosten bei den veranlassten Leistungen nach sich ziehe, sodass eine - medizinisch vertretbare - verminderte Inanspruchnahme von Überweisungen zu Fachärzten auch geringere Folgekosten bedinge. Ein gewisses Einsparpotenzial ergebe sich des Weiteren durch die Verpflichtung der Hausärzte, bei der Arzneimittelversorgung die von den Vertragspartnern der HzV zur Verfügung gestellte Software zu verwenden, die gerade bei Original-Präparaten ermöglichen solle, dass der Hausarzt wirtschaftliche Verordnungen vornehmen könne. Insgesamt werden finanzielle Risiken und Einsparpotenziale in der Begründung des Schiedsspruchs ausführlich dargestellt und gegeneinander abgewogen. Auf dieser Grundlage und unter Berücksichtigung erster Erfahrungen mit ähnlichen Verträgen (Vertrag der BKK-Vertragsarbeitsgemeinschaft für Baden-Württemberg, AOK Bayern-Vertrag) kommt die Schiedsperson nachvollziehbar zu der Einschätzung, dass in Umsetzung des Vertrages eine wirtschaftliche Leistungserbringung durch die teilnehmenden Hausärzte erwartet werden kann.

84

ee) Dagegen kann die Klägerin auch nicht mit Erfolg einwenden, dass die Schiedsperson lediglich einen unvollständigen "Vertragstorso" festgesetzt habe. Zwar trifft es zu, dass die Schiedsperson die vorgesehenen Anlagen zum Vertrag nicht vollständig festgesetzt, sondern teilweise der weiteren Vereinbarung durch die Vertragsparteien überlassen hat (etwa zum Hilfsmittelmanagement und zu verschiedenen Vergütungszuschlägen, die ua eine wirtschaftliche Verordnungsweise fördern sollen). Gerade in der Anfangsphase nach Einführung der flächendeckenden HzV ist jedoch nicht zu beanstanden, wenn die Vertragsparteien in der Phase der Umsetzung des Vertrages weitere Konkretisierungen und Ergänzungen vornehmen. Ausschlaggebend für die Rechtmäßigkeit des Vertrages zur HzV ist allein, ob dieser in der vorliegenden Form umgesetzt werden kann. Daran hat der Senat keine Zweifel.

85

ff) Auch der Einwand der Klägerin, die Schiedsperson habe in Verkennung des rechtlichen Rahmens angenommen, dass die HzV nur als Vollversorgungsvertrag und nicht als sog Add-on-Vertrag vereinbart werden dürfe, sie habe dadurch ihren Gestaltungsspielraum verkannt und dies allein führe zur Rechtswidrigkeit des Schiedsspruchs, greift nicht durch. Dass die HzV jedenfalls auch in der Form eines sog Vollversorgungs- oder Bereinigungsvertrages vereinbart werden kann, der die bisherige Regelversorgung nach § 73 SGB V umfasst und diese nicht lediglich ergänzt, unterliegt keinem Zweifel. Auf die umstrittene Frage, ob eine HzV in Form eines sog Add-on-Vertrages den gesetzlichen Vorgaben entsprechen würde (gegen die Rechtmäßigkeit von Add-on-Verträgen auf der Grundlage des § 73b SGB V: Hess in Kasseler Komm, Stand Dezember 2014, § 73b SGB V RdNr 3; Alemann/Scheffczyk, NZS 2012, 45, 47; Klückmann in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2015, § 73b RdNr 27 f; mit dieser Tendenz auch Engelmann in Prütting, Fachanwaltskommentar Medizinrecht, 3. Aufl 2014, § 73b SGB V RdNr 8 ff; ähnlich: Sproll in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Stand Februar 2015, § 73b SGB V RdNr 8: "Beide Versorgungsformen schließen sich gegenseitig aus" sowie Orlowski, ZMGR 2009, 124, 125: HzV als "eigenständig zu regelnde einzelvertragliche Versorgung"; anders jedoch Huster, SGb 2010, 253 ff; ders in Becker/Kingreen, SGB V, 4. Aufl 2014, § 73b RdNr 21; Bäune in Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2013, § 73b RdNr 6; SG Marburg Urteil vom 3.8.2011 - S 12 KA 237/10 - Juris RdNr 29 ff), kommt es für die Entscheidung nicht an. Jedenfalls hat die Schiedsperson mit der Festsetzung eines Vollversorgungsvertrages ihren möglichen Entscheidungsspielraum nicht überschritten. In der Begründung des Schiedsspruchs wird die Auffassung vertreten, dass allein die Vereinbarung eines Vollversorgungsvertrages der Intention des Gesetzgebers entsprechen würde. Die Frage, ob deshalb ein Add-on-Vertrag rechtswidrig wäre, wird aber letztlich offengelassen. Die Schiedsperson weist zur weiteren Begründung ua darauf hin, dass sie sich in Ausübung ihres billigen Ermessens für einen Vollversorgungsvertrag entschieden habe, weil dieser den Krankenkassen und den Hausarztgemeinschaften die Möglichkeit eröffne, strukturelle Verbesserungen in der Leistungserbringung für die Versicherten vorzunehmen, während Add-on-Verträge nur punktuelle Ansätze böten. Damit hat die Schiedsperson die Entscheidung für einen Vollversorgungsvertrag den Anforderungen entsprechend begründet.

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gg) Der Vertrag ist auch nicht rechtswidrig, soweit er in § 6 sowie in den Anlagen 4 und 6 Regelungen zur Teilnahme der Versicherten an der HzV enthält, die in einzelnen Punkten (Verbleib des Originals der Teilnahmeerklärung bei der Krankenkasse oder in der Arztpraxis, Frist zwischen der Abgabe der Teilnahmeerklärung und dem Beginn der Teilnahme des Versicherten, Kündigungsfrist für die Teilnahme, Frist für den Wechsel des Hausarztes, ua) vom Inhalt der Satzung der Klägerin abweichen. Zwar trifft der Einwand der Klägerin zu, dass die Krankenkassen gemäß § 73b Abs 3 Satz 4 SGB V idF des GKV-WSG (heute: Satz 7) bisher(zu der im Entwurf eines GKV-VSG vorgesehenen Änderung vgl BT-Drucks 18/4095 S 16 f zu Art 1 Nr 27 Buchst a) verpflichtet sind, das Nähere zur Durchführung der Teilnahme der Versicherten, insbesondere zur Bindung an den gewählten Hausarzt, zu weiteren Ausnahmen von dem Überweisungsgebot und zu den Folgen bei Pflichtverstößen der Versicherten, in ihren Satzungen zu regeln. Auf der anderen Seite setzt jedoch auch das Angebot einer HzV, das durch Verträge nach § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V flächendeckend gewährleistet werden soll, Regelungen zur Teilnahme der Versicherten voraus, sodass diese idR auch Gegenstand des Vertrages zur HzV sein werden. Bei der Entscheidung, ob die vertraglichen Regelungen zur Teilnahme der Versicherten an der Satzung der Krankenkasse auszurichten sind oder ob umgekehrt die Krankenkasse ihre Satzung dem Inhalt der Verträge anzupassen hat, ist zu berücksichtigen, dass die Verträge zur HzV über die Festlegung durch eine Schiedsperson ggf auch gegen den Willen der Krankenkassen zustande kommen sollen. Dies steht einer Auslegung dahin entgegen, dass die Krankenkassen der anderen Partei des Vertrages zur HzV die Regelungen zur Teilnahme der Versicherten durch ihre Satzung einseitig vorgeben könnten. Ferner ist von Bedeutung, dass durch die Änderung des § 79 Abs 1 SGB V mWv 1.1.2005 bezogen auf die Vertretungskompetenz - die die Vertretung beim Abschluss von Selektivverträgen einschließt - ein originärer Aufgabenbereich des Vorstands der Krankenkassen geschaffen werden sollte, der nicht vollständig der Gestaltungsmacht der Vertreterversammlung unterworfen ist (BSGE 114, 274 = SozR 4-2500 § 81 Nr 7, RdNr 33, 37 ff). Auch dies spricht dagegen, dass Inhalte des Vertrages zur HzV durch die von der Vertreterversammlung verabschiedete Satzung der Krankenkasse einseitig vorgegeben werden könnten. Daher sind Regelungen des Vertrages zur HzV zur Teilnahme der Versicherten nicht bereits rechtswidrig, wenn sie vom Inhalt der Satzung der Krankenkasse abweichen. Vielmehr ist - wie das LSG bereits zutreffend ausgeführt hat - die Krankenkasse verpflichtet, ihre Satzung dem Inhalt des Vertrages anzupassen (ebenso: Alemann/Scheffczyk, NZS 2012, 45, 50).

87

Die im Vertrag zur HzV getroffenen Bestimmungen zur Teilnahme der Versicherten müssen danach zwar nicht mit dem Inhalt der Satzung der Krankenkasse übereinstimmen, aber die übrigen gesetzlichen und untergesetzlichen Bestimmungen zur Teilnahme der Versicherten beachten. Bezogen auf den hier in erster Linie maßgebenden Zeitpunkt der Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson ist der durch die Schiedsperson festgesetzte Vertrag zur HzV auch insoweit nicht zu beanstanden. Allerdings werden bei der bevorstehenden Durchführung des Vertrages die in der Zwischenzeit eingetretenen gesetzlichen Änderungen zu berücksichtigen sein. Eine entsprechende Verpflichtung zur Anpassung ist in den Schlussbestimmungen des Vertrages (§ 22 Abs 2) geregelt und folgt im Übrigen aus § 59 Abs 1 Satz 1 SGB X. Neben der Berücksichtigung der mit dem Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten vom 20.2.2013 (BGBl I 277) eingeführten Bestimmungen zum Widerrufsrecht der Versicherten (§ 73b Abs 3 Satz 3 bis 6 SGB V) gehört dazu auch die Beachtung der am 26.8.2013 in Kraft getretenen Vorgaben zur Abgabe der Teilnahmeerklärung aus der Richtlinie des GKV-Spitzenverbandes nach § 217f Abs 4a SGB V.

88

hh) Der Rechtmäßigkeit der Festlegung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson steht nicht entgegen, dass zuvor keine Auftragsvergabe nach den Vorschriften des Vergaberechts durchgeführt worden ist. Zwar fanden gemäß § 69 Abs 2 Satz 1 SGB V in der hier maßgebenden seit dem 18.12.2008 geltenden Fassung des GKV-OrgWG die die Vergabe öffentlicher Aufträge betreffenden Vorschriften der §§ 97 bis 115 und 128 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) auf die in § 69 Abs 1 Satz 1 SGB V genannten Rechtsbeziehungen der Krankenkassen ausdrücklich Anwendung, soweit die dort genannten Voraussetzungen erfüllt waren. Dies galt nach § 69 Abs 2 Satz 2 SGB V jedoch nicht für Verträge von Krankenkassen oder deren Verbänden mit Leistungserbringern, zu deren Abschluss die Krankenkassen oder deren Verbände gesetzlich verpflichtet sind und bei deren Nichtzustandekommen eine Schiedsamtsregelung gilt. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Festsetzung des Vertragsinhalts durch eine Schiedsperson als "Schiedsamtsregelung" in diesem Sinne zu verstehen ist und ob Satz 2 damit der Anwendbarkeit der §§ 97 ff GWB entgegensteht. Unabhängig von dieser ohnehin nur klarstellenden (vgl BT-Drucks 16/10609 S 52) Beschränkung der Anwendbarkeit wettbewerbsrechtlicher Bestimmungen, die sich im Übrigen seit der Änderung durch das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung (Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz - AMNOG) vom 22.12.2010 (BGBl I 2262) nicht mehr auf die Vorschriften des Vierten Teils des GWB (§§ 97 ff GWB) bezieht (vgl jetzt § 69 Abs 2 Satz 4 SGB V), kann ein öffentlicher Auftraggeber dem Kartellvergaberecht nur unterworfen sein, wenn dieser eine Auswahl zwischen verschiedenen Vertragspartnern hat (Kaltenborn, GesR 2011, 1, 2; Engelmann in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, Stand Oktober 2013, § 69 RdNr 141; vgl zur Rechtslage vor der Änderung durch das AMNOG: Sormani-Bastian, ZESAR 2010, 13). Daran hat sich im Übrigen auch durch die neuen europäischen Vergaberichtlinien nichts geändert. Nach Erwägungsgrund 13 der Richtlinie 2014/23/EU vom 26.2.2014 über die Konzessionsvergabe (ABl L 94, 1) sollen Regelungen, nach denen ohne gezielte Auswahl alle Wirtschaftsteilnehmer, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen, berechtigt sind, eine bestimmte Aufgabe wahrzunehmen, nicht als Konzessionen gelten. Das betrifft auch Regelungen aufgrund einer Vereinbarung zwischen Behörde und Wirtschaftsunternehmen. Nichts anderes gilt, soweit der Vertrag zur HzV europarechtlich nicht als Dienstleistungskonzession, sondern als entgeltlicher Beschaffungsvertrag angesehen wird: Nach Art 1 Abs 2 der Richtlinie 2014/24/EU vom 26.2.2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (ABl L 94, 65) setzt die Auftragsvergabe im Sinne der Richtlinie voraus, dass Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen von öffentlichen Auftraggebern "ausgewählt werden".

89

Der sich aus § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V ergebende Kontrahierungszwang, der gemäß § 73b Abs 4 Satz 2 iVm Abs 4a SGB V von entsprechend qualifizierten Gemeinschaften durch die Beantragung des Schiedsverfahrens und die Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson durchgesetzt werden kann, hat zur Folge, dass der vertragschließenden Krankenkasse kein Auswahlermessen zukommt, sondern dass der Vertragspartner bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen bereits feststeht. Eine Auswahl zwischen verschiedenen Bietern ist also bezogen auf die Verträge nach § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V ausgeschlossen. Dies steht der Annahme eines öffentlichen Auftrages im Sinne des § 99 GWB entgegen(so auch Engelmann in Prütting, Fachanwaltskommentar Medizinrecht, 3. Aufl 2014, § 73b SGB V RdNr 32a; Kingreen/Temizel, ZMGR 2009, 134, 137 f; Adolf in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, Stand April 2012, § 73b SGB V, RdNr 62; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 3.11.2010 - L 21 SF 208/10 Verg - Juris RdNr 34; ähnlich Orlowski, ZMGR 2009, 124, 130; BKartA Beschluss vom 2.7.2010 - VK 1 - 52/10 - Juris; bezogen auf die HzV nach § 73b SGB V allerdings nur im Ergebnis ebenso die Begründung zum GKV-OrgWG: BT-Drucks 16/10609 S 52).

90

ii) Der Vertrag zur HzV ist mit bundesrechtlichen Bestimmungen zum Datenschutz nicht vollständig kompatibel. Maßgebend ist dabei grundsätzlich die Rechtslage zum Zeitpunkt der Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson (vgl 4 b, RdNr 56). Zu diesem Zeitpunkt war der Vertrag mit datenschutzrechtlichen Bestimmungen bereits deshalb nicht zu vereinbaren, weil es an der erforderlichen Befugnisnorm für die dort geregelte Weitergabe von Abrechnungsdaten an private Stellen in Gestalt der HÄVG und der HÄVG Rechenzentrum AG gefehlt hat (nachfolgend 1). Indes ist für die Beurteilung des Feststellungsinteresses die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Revisionsinstanz maßgebend (vgl 4 b, RdNr 57). Die Klägerin hat weder ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 55 Abs 1 SGG an der isolierten Feststellung einer Rechtswidrigkeit des - bisher nicht durchgeführten - Vertrages zur HzV unter Zugrundelegung einer nicht mehr geltenden Rechtslage nachvollziehbar geltend gemacht noch einen Anspruch gegenüber den Beklagten auf Änderung des Vertrages entsprechend der nicht mehr geltenden Rechtslage. Ein fortbestehendes Feststellungsinteresse kann deshalb nur anerkannt werden, soweit es darauf auch noch für die bevorstehende Durchführung des Vertrages ankommt. Daher ist ergänzend die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats und damit nach Einführung des § 295a SGB V durch Art 3 Nr 9 des Gesetzes zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze vom 28.7.2011 (BGBl I 1622, 1627) mWv 4.8.2011 zu berücksichtigen (nachfolgend 2). Die von der Klägerin erhobenen datenschutzrechtlichen Einwände greifen daher zum überwiegenden Teil nicht durch (nachfolgend 3, 5, 6). Soweit der Vertrag zur HzV jedoch auch mit den geänderten bundesrechtlichen Vorgaben nicht vollständig zu vereinbaren ist, sind die Vertragspartner verpflichtet, diesen zu ändern (nachfolgend 4 und 7).

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(1) Der von der Schiedsperson festgesetzte Vertrag zur HzV sieht vor, dass die Abrechnung der Vergütung des Hausarztes gemäß den Vorgaben der Anlage 3 durch die HÄVG als Abrechnungsdienstleister erfolgt (§ 11 Abs 1). Die HÄVG ist berechtigt, sich zum Zwecke der Abrechnung eines Rechenzentrums im Sinne der Anlage 3 zu bedienen (§ 11 Abs 2 Satz 2). Nach Anlage 3 § 6 Satz 2 wird von der HÄVG hierzu "derzeit" die HÄVG Rechenzentrum AG eingesetzt. Damit übereinstimmend werden die Versicherten mit dem Merkblatt (Anhang zu Anlage 6 des Vertrages) unter der Überschrift "Wichtige Informationen zum Schutz Ihrer Daten - Ihre Einwilligung" darüber informiert, dass die Abrechnung der ärztlichen Vergütung ua "über die Dienstleistungsgesellschaft des Hausärzteverbandes und MEDI, die Hausärztliche Vertragsgemeinschaft eG (HÄVG) und ihr Rechenzentrum erfolgt". Nach § 11 Abs 4 zahlt die Krankenkasse die Vergütung mit schuldbefreiender Wirkung an die HÄVG.

92

Für die damit vorgesehene Weitergabe von Patientendaten zu Abrechnungszwecken fehlte zum Zeitpunkt der Festsetzung des Vertragsinhalts die erforderliche Rechtsgrundlage. Wie der Senat in seiner Entscheidung vom 10.12.2008 (B 6 KA 37/07 R - BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr 2)im Einzelnen dargelegt hat, setzt die Übermittlung von Patientendaten durch Leistungserbringer an private Dienstleistungsunternehmen im Geltungsbereich des SGB V eine bereichsspezifische Befugnisnorm voraus. Als solche kam allein § 295 Abs 1b Satz 5 bis 8 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17.7.2009 (BGBl I 1990) in Betracht. Diese Regelung, mit der der Gesetzgeber auf das og Urteil des Senats vom 10.12.2008 reagiert hat, war bis zum 30.6.2010 - und damit auf einen Zeitpunkt vor der Festsetzung des Vertragsinhalts - befristet. Über § 320 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Änderung krankenversicherungsrechtlicher und anderer Vorschriften vom 24.7.2010 (BGBl I 983) waren diese Sätze jedoch bis zum 1.7.2011 und damit auch noch zum Zeitpunkt der Festsetzung des Vertragsinhalts am 9.9.2010 weiter anzuwenden. Danach durfte für die ärztlichen Leistungen, die im Rahmen von Verträgen ua zur HzV nach § 73b SGB V erbracht und mit den Krankenkassen abgerechnet wurden, eine andere Stelle mit der Verarbeitung und Nutzung der für die Abrechnung dieser Leistungen erforderlichen personenbezogenen Daten beauftragt werden. § 80 SGB X war anzuwenden. Auftraggeber und Auftragnehmer unterlagen der Aufsicht der nach § 38 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) zuständigen Aufsichtsbehörde.

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§ 295 Abs 1b Satz 5 bis 8 SGB V aF erlaubte danach allein die Beauftragung einer anderen Stelle im Sinne einer Auftragsdatenverarbeitung(vgl OVG Schleswig-Holstein Beschluss vom 12.1.2011 - 4 MB 56/10 - CR 2011, 359). Der ausdrücklich in Bezug genommene § 80 SGB X regelt die Voraussetzungen der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung von Sozialdaten im Auftrag. Dass mit der Einfügung des § 295 Abs 1b Satz 5 bis 8 SGB V die Übermittlung von Daten an private Stellen nur unter den für die Auftragsdatenverarbeitung geltenden Voraussetzungen zugelassen werden sollte, wird auch durch die Begründung der Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses, auf die die Regelung zurückgeht, bestätigt: Danach sollten die Voraussetzungen, unter denen dem Sozialgeheimnis unterliegende Stellen andere Stellen mit der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung von Sozialdaten beauftragen können, und die Rechtsfolgen einer solchen Beauftragung auch für die besonderen Versorgungsformen gelten(vgl BT-Drucks 16/13428 S 96 unter Bezugnahme auf die Begründung zur entsprechenden Regelung für Krankenhäuser nach § 120 Abs 6, S 92).

94

Bei der in dem Vertrag vorgesehenen Übermittlung von Abrechnungsdaten durch den Arzt an die HÄVG handelt es sich nicht um eine nach § 295 Abs 1b SGB V aF zulässige Auftragsdatenverarbeitung. Die Auftragsdatenverarbeitung ist datenschutzrechtlich privilegiert. Sie stellt keine Übermittlung im Sinne des § 67 Abs 6 Satz 2 Nr 3 SGB X dar(vgl Bieresborn in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 80 RdNr 3; I. Palsherm in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, Stand Juli 2013, § 80 RdNr 15). Eine Auftragsdatenverarbeitung im Sinne des § 80 SGB X liegt vor, wenn der Auftragnehmer die Datenverarbeitung in vollständiger Abhängigkeit von Vorgaben des Auftraggebers durchführt(vgl Bieresborn in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 80 RdNr 3; zur entsprechenden Regelung in § 11 BDSG vgl Wedde in Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, BDSG, 4. Aufl 2014, § 11 RdNr 5). Die Auftragsdatenverarbeitung ist abzugrenzen von der Funktionsübertragung. Diese liegt dann vor, wenn dem Service-Unternehmen eine eigene rechtliche Zuständigkeit für die Aufgabe, deren Erfüllung die Datenverarbeitung oder die Nutzung dient, zugewiesen ist (Gola/Klug, BDSG, 12. Aufl 2015, § 11 RdNr 9). Wesentliches Merkmal für die Abgrenzung der Auftragsdatenverarbeitung von der Funktionsübertragung (Aufgabenübertragung) ist die Entscheidungsbefugnis über die Daten. Liegt diese bei der beauftragten Stelle und kommt dieser nicht nur eine Hilfs- und Unterstützungsfunktion zu, kann nicht mehr von einer Auftragsdatenverarbeitung im Sinne des § 80 SGB X ausgegangen werden(Rombach in Hauck/Noftz, SGB X, Stand November 2014, § 80 RdNr 20; Wedde in Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, BDSG, 4. Aufl 2014, § 11 RdNr 12, 14).

95

Das im Vertrag geregelte Verhältnis des an der HzV teilnehmenden Hausarztes zur HÄVG entspricht nicht dem Bild einer Auftragsdatenverarbeitung. Die HÄVG führt die Abrechnung keineswegs in vollständiger Abhängigkeit von dem teilnehmenden Hausarzt für diesen durch. Dagegen spricht bereits der Umstand, dass der Hausarzt an dem Vertrag zur HzV, der die Einzelheiten vorgibt, nicht unmittelbar beteiligt ist und damit keinen unmittelbaren Einfluss auf dessen Ausgestaltung hat. Der einzelne Hausarzt hat auch keinen Einfluss darauf, wer für ihn die Daten verarbeiten soll. Bereits eine solche fehlende Auswahlmöglichkeit spricht gegen das Vorliegen einer Auftragsdatenverarbeitung (Bieresborn in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 80 RdNr 3b; Wedde in Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, BDSG, 4. Aufl 2014, § 11 RdNr 5a). Zudem wird ihm vorgegeben, welche Datenverarbeitungsprogramme (Software) er für die Abrechnung zu verwenden hat. Damit ist insgesamt davon auszugehen, dass die HÄVG die Abrechnungsdaten in eigener Verantwortung oder im Auftrag der Beklagten verarbeitet bzw durch die HÄVG Rechenzentrum AG verarbeiten lässt, aber jedenfalls nicht im Auftrag des Hausarztes tätig wird. Der Vertrag regelt bezogen auf die Weitergabe der Daten durch den Hausarzt keine nach § 295 Abs 1b Satz 5 bis 8 SGB V zulässige Auftragsdatenverarbeitung.

96

(2) Mit der Einfügung des § 295a SGB V zum 4.8.2011 ist die erforderliche gesetzliche Grundlage für die Übermittlung von Abrechnungsdaten durch die an der HzV teilnehmenden Hausärzte geschaffen worden. Anders als unter Geltung des § 295 Abs 1b Satz 5 bis 8 SGB V beschränkt sich die Befugnis nach § 295a Abs 1 Satz 1 SGB V nicht auf die Beauftragung einer anderen Stelle mit der Verarbeitung, Nutzung und Abrechnung personenbezogener Daten. Vielmehr sind die an den entsprechenden Versorgungsformen teilnehmenden Leistungserbringer für die Abrechnung der im Rahmen von Verträgen nach § 73b, § 73c oder § 140a SGB V erbrachten Leistungen gemäß § 295a Abs 1 Satz 1 SGB V befugt, die nach den Vorschriften des Zehnten Kapitels des SGB V erforderlichen Angaben an den Vertragspartner auf Leistungserbringerseite als verantwortliche Stelle zu übermitteln, indem diese Angaben entweder an ihn oder an eine nach § 295 Abs 2 SGB V beauftragte andere Stelle weitergegeben werden; für den Vertragspartner auf Leistungserbringerseite gilt § 35 SGB I entsprechend. Voraussetzung ist, dass der Versicherte vor Abgabe der Teilnahmeerklärung an der Versorgungsform umfassend über die vorgesehene Datenübermittlung informiert worden ist und mit der Einwilligung in die Teilnahme zugleich in die damit verbundene Datenübermittlung schriftlich eingewilligt hat. Der Vertragspartner auf Leistungserbringerseite oder die beauftragte andere Stelle dürfen die übermittelten Daten nur zu Abrechnungszwecken verarbeiten und nutzen; sie übermitteln die Daten im Wege elektronischer Datenübertragung oder maschinell verwertbar auf Datenträgern an den jeweiligen Vertragspartner auf Krankenkassenseite.

97

§ 295a Abs 1 Satz 1 SGB V definiert den "Vertragspartner auf Leistungserbringerseite" (also den Hausarztverband und nicht den einzelnen Arzt) als die im datenschutzrechtlichen Sinne "verantwortliche Stelle". Insofern trifft § 295a Abs 1 Satz 1 SGB V eine spezielle Regelung, die den allgemeinen Bestimmungen der §§ 67a ff SGB X vorgeht. Das bedeutet, dass die datenschutzrechtliche Verantwortung mit dem Eingang der Daten bei dem Hausarztverband ("Vertragspartner auf Leistungserbringerseite") oder bei der von ihm beauftragten Stelle auf den Hausarztverband übergeht (vgl BT-Drucks 17/6141 S 39).

98

(3) Die Einwände der Klägerin gegen die Rechtmäßigkeit des Vertrages zur HzV, die ihre Grundlage in der Annahme haben, dass der Arzt auch nach dem Eingang der Daten bei den Beklagten oder der von ihnen beauftragten Stelle "verantwortliche Stelle" im Sinne des § 67 Abs 9 SGB X bleibe und dass der Arzt die Daten nur unter den für die Auftragsdatenverarbeitung nach § 80 SGB X geltenden Voraussetzungen weitergeben dürfe, greifen damit bezogen auf die seit Inkrafttreten des § 295a SGB V geltenden Rechtslage nicht mehr durch. § 295a Abs 1 Satz 1 SGB V regelt die Befugnis des Hausarztes zur Weitergabe der für die Abrechnung erforderlichen Daten an den Hausarztverband oder die von diesem mit der Datenverarbeitung beauftragte Stelle unabhängig von den Voraussetzungen einer Auftragsdatenverarbeitung. Auftraggeber einer Datenverarbeitung durch die HÄVG oder ein Rechenzentrum können allein die "Vertragspartner auf Leistungserbringerseite" (vgl BT-Drucks 17/6141 S 40, zu § 295a Abs 2) und damit die Beklagten sein.

99

(4) Zutreffend ist dagegen der Einwand der Klägerin, dass die Regelungen des Vertrages zur HzV, die eine Beauftragung der HÄVG Rechenzentrum AG durch die HÄVG vorsehen (vgl zB Anlage 3 § 6 Abs 1) mit den gesetzlichen Vorgaben nicht zu vereinbaren sind. Nach § 295a Abs 2 Satz 1 SGB V darf der Vertragspartner auf Leistungserbringerseite eine andere Stelle mit der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der personenbezogenen Daten beauftragen, die für die Abrechnung der im Rahmen von Verträgen ua zur HzV erbrachten Leistungen erforderlich sind. Gemäß § 295a Abs 2 Satz 2 SGB V ist § 80 SGB X ua mit der weiteren Maßgabe anzuwenden, dass Unterauftragsverhältnisse ausgeschlossen sind. Demnach dürfen die Beklagten als "Vertragspartner auf Leistungserbringerseite" im Sinne der genannten Regelung zwar die HÄVG oder auch unmittelbar die HÄVG Rechenzentrum AG mit der Verarbeitung der Abrechnungsdaten beauftragen. Die im Vertrag vorgesehene Erteilung eines Unterauftrags an die HÄVG Rechenzentrum AG durch die von den Beklagten beauftragte HÄVG ist dagegen nicht zulässig (zu einer entsprechenden Regelung vgl auch bereits LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 3.11.2011 - L 3 KA 104/10 B ER - GesR 2012, 35, 38).

100

(5) Nach den von der Klägerin nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und damit für den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die im Vertrag zur HzV zur Verwendung durch den teilnehmenden Arzt vorgeschriebene Software mit datenschutzrechtlichen Bestimmungen unvereinbar wäre. Soweit die Klägerin erstmals im Revisionsverfahren - nach Ablauf der Frist zur Revisionsbegründung - geltend macht, dass die im Vertrag vorgeschriebene Software einen sog "gekapselten Kern" besitze, der die Möglichkeit biete, Patientendaten aus dem System des Hausarztes an die Beklagten bzw die HÄVG zu übermitteln, ohne dass dies für den Hausarzt im Einzelnen nachvollziehbar sei, so steht diese Behauptung im Übrigen im Widerspruch zu der von den Beklagten vorgelegten Technischen Stellungnahme des Bayerischen Landesamtes für Datenschutzaufsicht vom 17.8.2012 (Az: LDA.3-1085.6-12/10), die sich nach den von der Klägerin nicht in Zweifel gezogenen Angaben der Beklagten auf die auch im vorliegenden Vertrag zur HzV vorgeschriebene Software beziehen soll. Die Stellungnahme kommt für den Senat nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass die Kontrollmöglichkeiten über die Verarbeitung der personenbezogenen Daten ausreichend transparent seien. Die Datenverarbeitungsvorgänge in der Arztpraxis würden vom Arzt gesteuert.

101

(6) Auch die in Ziff 2.1 der Anlage 4 zum Vertrag vorgesehene Übermittlung von Einschreibedaten ist entgegen der Auffassung der Klägerin datenschutzrechtlich nicht zu beanstanden. Bei den Einschreibedaten handelt es sich um die in der Teilnahmeerklärung enthaltenen Stammdaten des Versicherten (Name, Anschrift, Geburtsdatum, Versichertennummer), die Daten zu dem gewählten Hausarzt und den Teilnahmebeginn (vgl die der Teilnahmeerklärung beigefügten Informationen zu Datenschutz, Datenübermittlung und -zusammenführung). Diese Angaben sind für die Durchführung der Abrechnung im Sinne des § 295a Abs 1 Satz 1 SGB V erforderlich und die Verarbeitung und Nutzung dieser Daten erfolgt in Übereinstimmung mit § 295a Abs 1 Satz 3 SGB V zu Abrechnungszwecken(im Ergebnis ebenso die Bewertung eines insoweit entsprechenden Vertrages durch das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht, Schreiben vom 30.11.2012, Az: LDA.3-1085.6-12/10).

102

(7) Im Widerspruch zu den geltenden gesetzlichen Vorgaben steht dagegen § 6 Abs 10 der Anlage 3 zum HzV, der die HÄVG zur Führung von Musterverfahren ermächtigt, weil es sich dabei nicht um eine gemäß § 295a Abs 1 Satz 3 SGB V allein zulässige Verarbeitung oder Nutzung zu Abrechnungszwecken handelt. Zwar regelt der Vertrag nicht ausdrücklich die Verwendung personenbezogener Daten in Musterprozessen. Die vorgesehene Führung solcher Prozesse durch die HÄVG setzt die Verwendung personenbezogener Daten der an der HzV teilnehmenden Versicherten jedoch voraus (ebenso zu einer insoweit vergleichbaren Regelung: LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 3.11.2011 - L 3 KA 104/10 B ER - GesR 2012, 35, 38). Gemäß § 295a Abs 1 Satz 3 SGB V dürfen die Beklagten als "Vertragspartner auf Leistungserbringerseite" die übermittelten Daten nur zu Abrechnungszwecken verwenden. Dass die Verwendung von Daten zur Führung von Musterprozessen über die Verwendung zu Abrechnungszwecken hinausginge, haben die Beklagten im Revisionsverfahren auch nicht in Zweifel gezogen, sondern geltend gemacht, dass die HÄVG tatsächlich keine "Musterverfahren" unter Nutzung personenbezogener Daten führe. Auf die Rechtswidrigkeit der getroffenen Regelung hat dies indes keinen Einfluss.

103

e) Im Ergebnis ist der von der Schiedsperson festgesetzte Vertrag allein insoweit zu beanstanden, als er eine datenschutzrechtlich unzulässige Unterbeauftragung der HÄVG Rechenzentrum AG durch die HÄVG sowie das Recht der HÄVG zur Führung von "Musterverfahren" vorsieht. Dem werden die Beteiligten durch entsprechende Änderungen des Vertrages Rechnung zu tragen haben. Davon unberührt bleibt die Verpflichtung der Beteiligten, den seit der Festsetzung des Vertragsinhalts eingetretenen gesetzlichen Änderungen durch Vertragsanpassungen Rechnung zu tragen.

104

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Bei der Kostenverteilung (§ 155 Abs 1 VwGO) hat der Senat berücksichtigt, dass die Klage bezogen auf die beantragte Aufhebung des Vertrages zur HzV ohne Erfolg und bezogen auf die hilfsweise geltend gemachte Feststellung der Rechtswidrigkeit vertraglicher Bestimmungen ganz überwiegend erfolglos war.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(1) Die Kassenärztlichen Vereinigungen, die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Ersatzkassen bilden je ein gemeinsames Schiedsamt für die vertragsärztliche Versorgung und ein gemeinsames Schiedsamt für die vertragszahnärztliche Versorgung (Landesschiedsämter).

(2) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bilden ein gemeinsames Schiedsamt für die vertragsärztliche Versorgung und ein gemeinsames Schiedsamt für die vertragszahnärztliche Versorgung (Bundesschiedsämter).

(3) Kommt ein Vertrag über die vertragsärztliche oder die vertragszahnärztliche Versorgung ganz oder teilweise nicht zustande, setzt das zuständige Schiedsamt mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder innerhalb von drei Monaten den Vertragsinhalt fest. Wird ein für die Einleitung des Verfahrens erforderlicher Antrag nicht gestellt, können auch die für das jeweilige Schiedsamt oder die für die Vertragsparteien zuständigen Aufsichtsbehörden, nachdem sie den Organisationen, die das Schiedsamt bilden, eine Frist zur Antragstellung gesetzt haben und die Frist abgelaufen ist oder nach Ablauf einer für das Zustandekommen des Vertrages gesetzlich vorgeschriebenen Frist, das Schiedsamt mit Wirkung für die Vertragsparteien anrufen. Das Schiedsamtsverfahren beginnt mit dem bei dem Schiedsamt gestellten Antrag.

(4) Kündigt eine Vertragspartei einen Vertrag, hat sie die Kündigung dem zuständigen Schiedsamt schriftlich oder elektronisch mitzuteilen. Kommt bis zum Ablauf des Vertrages kein neuer Vertrag zustande, setzt das zuständige Schiedsamt mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder innerhalb von drei Monaten den Inhalt des neuen Vertrages fest. In diesem Fall gelten die Bestimmungen des bisherigen Vertrages bis zur Festsetzung des Inhalts des neuen Vertrages durch das Schiedsamt weiter. Das Schiedsamtsverfahren beginnt mit dem auf den Ablauf der Kündigungsfrist folgenden Tag.

(5) Die Landesschiedsämter und die Bundesschiedsämter bestehen aus je vier Vertretern der Ärzte oder Zahnärzte und vier Vertretern der Krankenkassen sowie einem unparteiischen Vorsitzenden und zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern. Bei der Festsetzung des Inhalts eines Vertrages, der nicht alle Kassenarten betrifft, wirken als Vertreter der Krankenkassen nur Vertreter der betroffenen Kassenarten im Schiedsamt mit. Die in Absatz 1 genannten Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen können von Satz 2 abweichende Regelungen vereinbaren. Für jedes Mitglied gibt es zwei Stellvertreter. Die Amtsdauer der Mitglieder beträgt vier Jahre. Die Vertreter und Stellvertreter werden jeweils durch die Organisationen, die das jeweilige Schiedsamt bilden, bestellt. Kommt eine Bestellung durch die Organisationen nicht zustande, bestellt die für das jeweilige Schiedsamt zuständige Aufsichtsbehörde die Vertreter und Stellvertreter, nachdem sie den Organisationen eine Frist zur Bestellung gesetzt hat und diese Frist abgelaufen ist.

(6) Über den unparteiischen Vorsitzenden und die zwei weiteren unparteiischen Mitglieder sowie deren Stellvertreter sollen sich die Vertragsparteien einigen. § 213 Absatz 2 in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung gilt für die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen entsprechend. Kommt eine Einigung nicht zustande, erfolgt eine Bestellung des unparteiischen Vorsitzenden, der weiteren unparteiischen Mitglieder und deren Stellvertreter durch die für das jeweilige Schiedsamt zuständige Aufsichtsbehörde, nachdem sie den Vertragsparteien eine Frist zur Einigung gesetzt hat und diese Frist abgelaufen ist. Die unparteiischen Mitglieder und deren Stellvertreter gelten als bestellt, sobald sie sich den beteiligten Vertragsparteien gegenüber zur Amtsübernahme bereit erklärt haben.

(7) Die Mitglieder des Schiedsamtes führen ihr Amt als Ehrenamt. Sie sind an Weisungen nicht gebunden. Die unparteiischen Mitglieder und ihre Stellvertreter können aus wichtigem Grund von der für das jeweilige Schiedsamt zuständigen Aufsichtsbehörde abberufen werden. Die Vertreter der Ärzte oder Zahnärzte und die Vertreter der Krankenkassen sowie ihre Stellvertreter können von den Organisationen, die sie bestellt haben, abberufen werden. Eine Amtsniederlegung ist gegenüber den Organisationen zu erklären, die das jeweilige Schiedsamt gebildet haben. Die Mitglieder sind verpflichtet, an den Sitzungen des Schiedsamtes teilzunehmen oder bei Verhinderung ihre Stellvertreter zu benachrichtigen. Eine Stimmenthaltung ist unzulässig. Jedes Mitglied hat eine Stimme.

(8) Das Schiedsamt ist beschlussfähig, wenn alle Mitglieder oder deren Stellvertreter anwesend sind. Ist das Schiedsamt in einer Sitzung nicht beschlussfähig, ist innerhalb von 14 Kalendertagen nach dieser Sitzung eine erneute Sitzung einzuberufen. In dieser erneuten Sitzung ist die Beschlussfähigkeit gegeben, wenn die unparteiischen Mitglieder oder deren Stellvertreter und mehr als die Hälfte der weiteren Mitglieder des Schiedsamtes oder deren Stellvertreter anwesend sind. Ist auch in der erneuten Sitzung keine Beschlussfähigkeit nach Satz 3 gegeben, setzen die unparteiischen Mitglieder des Schiedsamtes den Vertragsinhalt fest. Auf diese Folgen ist in der Einladung zur erneuten Sitzung ausdrücklich hinzuweisen.

(9) Setzt das Schiedsamt innerhalb der Frist nach Absatz 3 Satz 1 oder Absatz 4 Satz 2 keinen Vertragsinhalt fest, setzt die für das jeweilige Schiedsamt zuständige Aufsichtsbehörde eine Frist zur Festsetzung des Vertragsinhalts. Nach Ablauf dieser Frist setzen die unparteiischen Mitglieder des Schiedsamtes den Vertragsinhalt fest. Die unparteiischen Mitglieder können auf Kosten der Vertragsparteien Datenerhebungen, Auswertungen oder Sachverständigengutachten in Auftrag geben. Klagen gegen Entscheidungen des Schiedsamtes sowie Klagen gegen Entscheidungen der Aufsichtsbehörden nach diesem Paragraphen haben keine aufschiebende Wirkung. Ein Vorverfahren findet in den Fällen des Satzes 4 nicht statt.

(10) Die Aufsicht über die Landesschiedsämter führen die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Verwaltungsbehörden der Länder. Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung eine andere Behörde als Aufsichtsbehörde bestimmen; die Landesregierungen können diese Ermächtigung auf die obersten Landesbehörden weiterübertragen. Die Aufsicht über die Bundesschiedsämter führt das Bundesministerium für Gesundheit. Die Aufsicht erstreckt sich auf die Beachtung von Gesetz und sonstigem Recht. Die Aufsicht umfasst auch das Recht zur Teilnahme an den Sitzungen der Schiedsämter; das Recht zur Teilnahme an den Sitzungen der Schiedsämter gilt auch für das Bundesversicherungsamt, sofern ihm die Entscheidungen der Schiedsämter gemäß Satz 6 vorzulegen sind. Die Entscheidungen der Schiedsämter über die Vergütung der Leistungen nach § 57 Absatz 1 und 2, den §§ 83, 85 und 87a sind der jeweiligen zuständigen Aufsichtsbehörde vorzulegen. Die Aufsichtsbehörden können die Entscheidungen bei einem Rechtsverstoß innerhalb von zwei Monaten nach Vorlage beanstanden. Für Klagen der Vertragspartner gegen die Beanstandung gilt Absatz 9 Satz 4 und 5 entsprechend.

(11) Das Bundesministerium für Gesundheit bestimmt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere über die Bestellung, die Amtsdauer, die Amtsführung, die Erstattung der baren Auslagen und die Entschädigung für Zeitaufwand der Mitglieder der Schiedsämter, die Geschäftsführung, das Verfahren, die Erhebung und die Höhe der Gebühren sowie über die Verteilung der Kosten.

(12) Der Verband Deutscher Zahntechniker-Innungen und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bilden ein weiteres Schiedsamt auf Bundesebene. Das Schiedsamt besteht aus Vertretern des Verbandes Deutscher Zahntechniker-Innungen und des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in gleicher Zahl sowie einem unparteiischen Vorsitzenden und zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern. Im Übrigen gelten die Absätze 3, 4, 5 Satz 4 bis 7, die Absätze 6, 7, 8, 9 und 10 Satz 3, 4 und 5 sowie die aufgrund des Absatzes 11 erlassene Schiedsamtsverordnung entsprechend.

(13) Die Innungsverbände der Zahntechniker, die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen bilden ein weiteres Schiedsamt auf Landesebene. Das Schiedsamt besteht aus Vertretern der Innungsverbände der Zahntechniker und der Krankenkassen in gleicher Zahl sowie einem unparteiischen Vorsitzenden und zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern. Im Übrigen gelten die Absätze 3, 4, 5 Satz 4 bis 7, die Absätze 6, 7, 8, 9 und 10 Satz 1, 2, 4 und 5 sowie die aufgrund des Absatzes 11 erlassene Verordnung entsprechend.

(1) Die Krankenkassen haben ihren Versicherten eine besondere hausärztliche Versorgung (hausarztzentrierte Versorgung) anzubieten.

(2) Dabei ist sicherzustellen, dass die hausarztzentrierte Versorgung insbesondere folgenden Anforderungen genügt, die über die vom Gemeinsamen Bundesausschuss sowie in den Bundesmantelverträgen geregelten Anforderungen an die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen:

1.
Teilnahme der Hausärzte an strukturierten Qualitätszirkeln zur Arzneimitteltherapie unter Leitung entsprechend geschulter Moderatoren,
2.
Behandlung nach für die hausärztliche Versorgung entwickelten, evidenzbasierten, praxiserprobten Leitlinien,
3.
Erfüllung der Fortbildungspflicht nach § 95d durch Teilnahme an Fortbildungen, die sich auf hausarzttypische Behandlungsprobleme konzentrieren, wie patientenzentrierte Gesprächsführung, psychosomatische Grundversorgung, Palliativmedizin, allgemeine Schmerztherapie, Geriatrie,
4.
Einführung eines einrichtungsinternen, auf die besonderen Bedingungen einer Hausarztpraxis zugeschnittenen, indikatorengestützten und wissenschaftlich anerkannten Qualitätsmanagements.

(3) Die Teilnahme an der hausarztzentrierten Versorgung ist freiwillig. Die Teilnehmer verpflichten sich schriftlich oder elektronisch gegenüber ihrer Krankenkasse, nur einen von ihnen aus dem Kreis der Hausärzte nach Absatz 4 gewählten Hausarzt in Anspruch zu nehmen sowie ambulante fachärztliche Behandlung mit Ausnahme der Leistungen der Augenärzte und Frauenärzte nur auf dessen Überweisung; die direkte Inanspruchnahme eines Kinder- und Jugendarztes bleibt unberührt. Die Versicherten können die Teilnahmeerklärung innerhalb von zwei Wochen nach deren Abgabe schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift bei der Krankenkasse ohne Angabe von Gründen widerrufen. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung an die Krankenkasse. Die Widerrufsfrist beginnt, wenn die Krankenkasse dem Versicherten eine Belehrung über sein Widerrufsrecht schriftlich oder elektronisch mitgeteilt hat, frühestens jedoch mit der Abgabe der Teilnahmeerklärung. Wird das Widerrufsrecht nicht ausgeübt, ist der Versicherte an seine Teilnahmeerklärung und an die Wahl seines Hausarztes mindestens ein Jahr gebunden; er darf den gewählten Hausarzt nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes wechseln. Das Nähere zur Durchführung der Teilnahme der Versicherten, insbesondere zur Bindung an den gewählten Hausarzt, zu weiteren Ausnahmen von dem Überweisungsgebot und zu den Folgen bei Pflichtverstößen der Versicherten, regeln die Krankenkassen in den Teilnahmeerklärungen. Die Satzung der Krankenkasse hat Regelungen zur Abgabe der Teilnahmeerklärung zu enthalten; die Regelungen sind auf der Grundlage der Richtlinie nach § 217f Absatz 4a zu treffen.

(4) Zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 haben Krankenkassen allein oder in Kooperation mit anderen Krankenkassen spätestens bis zum 30. Juni 2009 Verträge mit Gemeinschaften zu schließen, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der Kassenärztlichen Vereinigung vertreten. Können sich die Vertragsparteien nicht einigen, kann die Gemeinschaft die Einleitung eines Schiedsverfahrens nach Absatz 4a beantragen. Ist ein Vertrag nach Satz 1 zustande gekommen oder soll ein Vertrag zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen geschlossen werden, können Verträge auch abgeschlossen werden mit

1.
vertragsärztlichen Leistungserbringern, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen,
2.
Gemeinschaften dieser Leistungserbringer,
3.
Trägern von Einrichtungen, die eine hausarztzentrierte Versorgung durch vertragsärztliche Leistungserbringer, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen, anbieten,
4.
Kassenärztlichen Vereinigungen, soweit Gemeinschaften nach Nummer 2 sie hierzu ermächtigt haben.
Finden die Krankenkassen in dem Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung keinen Vertragspartner, der die Voraussetzungen nach Satz 1 erfüllt, haben sie zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 Verträge mit einem oder mehreren der in Satz 3 genannten Vertragspartner zu schließen. In den Fällen der Sätze 3 und 4 besteht kein Anspruch auf Vertragsabschluss; die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots ist unter Bekanntgabe objektiver Auswahlkriterien auszuschreiben. Soweit die hausärztliche Versorgung der Versicherten durch Verträge nach diesem Absatz durchgeführt wird, ist der Sicherstellungsauftrag nach § 75 Abs. 1 eingeschränkt. Satz 6 gilt nicht für die Organisation der vertragsärztlichen Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten.

(4a) Beantragt eine Gemeinschaft gemäß Absatz 4 Satz 2 die Einleitung eines Schiedsverfahrens, haben sich die Parteien auf eine unabhängige Schiedsperson zu verständigen, die den Inhalt des Vertrages nach Absatz 4 Satz 1 festlegt. Einigen sich die Parteien nicht auf eine Schiedsperson, so wird diese von der für die Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde bestimmt. Die Kosten des Schiedsverfahrens tragen die Vertragspartner zu gleichen Teilen. Klagen gegen die Bestimmung der Schiedsperson haben keine aufschiebende Wirkung. Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts richten sich gegen eine der beiden Vertragsparteien, nicht gegen die Schiedsperson.

(5) In den Verträgen nach Absatz 4 sind das Nähere über den Inhalt und die Durchführung der hausarztzentrierten Versorgung, insbesondere die Ausgestaltung der Anforderungen nach Absatz 2, sowie die Vergütung zu regeln; in Verträgen, die nach dem 31. März 2014 zustande kommen, sind zudem Wirtschaftlichkeitskriterien und Maßnahmen bei Nichteinhaltung der vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien sowie Regelungen zur Qualitätssicherung zu vereinbaren. Eine Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigung bei der Ausgestaltung und Umsetzung der Anforderungen nach Absatz 2 ist möglich. Die Verträge können auch Abweichendes von den im Dritten Kapitel benannten Leistungen beinhalten, soweit sie die in § 11 Absatz 6 genannten Leistungen, Leistungen nach den §§ 20i, 25, 26, 37a und 37b sowie ärztliche Leistungen einschließlich neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden betreffen, soweit der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 im Rahmen der Beschlüsse nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 keine ablehnende Entscheidung getroffen hat. Die Einzelverträge können Abweichendes von den Vorschriften dieses Kapitels sowie den nach diesen Vorschriften getroffenen Regelungen regeln. § 106d Absatz 3 gilt hinsichtlich der arzt- und versichertenbezogenen Prüfung der Abrechnungen auf Rechtmäßigkeit entsprechend. Zugelassene strukturierte Behandlungsprogramme nach §§ 137f und 137g sind, soweit sie die hausärztliche Versorgung betreffen, Bestandteil der Verträge nach Absatz 4. Vereinbarungen über zusätzliche Vergütungen für Diagnosen können nicht Gegenstand der Verträge sein.

(5a) Kündigt die Krankenkasse einen Vertrag nach Absatz 4 und kommt bis zum Ablauf dieses Vertrages kein neuer Vertrag zustande, gelten die Bestimmungen des bisherigen Vertrages vorläufig bis zum Zustandekommen eines neuen Vertrages weiter. Dies gilt nicht bei einer außerordentlichen Kündigung nach § 71 Absatz 6 Satz 3.

(6) Die Krankenkassen haben ihre Versicherten in geeigneter Weise umfassend über Inhalt und Ziele der hausarztzentrierten Versorgung sowie über die jeweils wohnortnah teilnehmenden Hausärzte zu informieren.

(7) Die Vertragspartner der Gesamtverträge haben den Behandlungsbedarf nach § 87a Absatz 3 Satz 2 zu bereinigen. Die Bereinigung erfolgt rechtzeitig zu dem Kalendervierteljahr, für welches die Gesamtvergütung bereinigt werden soll, entsprechend der Zahl und der Morbiditätsstruktur der für dieses Kalendervierteljahr eingeschriebenen Versicherten sowie dem vertraglich vereinbarten Inhalt der hausarztzentrierten Versorgung nach Maßgabe der Vorgaben des Bewertungsausschusses nach § 87a Absatz 5 Satz 7. Dabei können die Bereinigungsbeträge unter Beachtung der Maßgaben nach Satz 2 auch pauschaliert ermittelt werden. Kommt eine rechtzeitige Einigung über die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nicht zustande, können auch die Vertragspartner der Verträge über eine hausarztzentrierte Versorgung das Schiedsamt nach § 89 anrufen. Die für die Bereinigungsverfahren erforderlichen arzt- und versichertenbezogenen Daten übermitteln die Krankenkassen den zuständigen Gesamtvertragspartnern bis spätestens drei Wochen vor dem Kalendervierteljahr, für welches die Gesamtvergütung für die in diesem Kalendervierteljahr eingeschriebenen Versicherten bereinigt werden soll. Die Krankenkasse kann, falls eine rechtzeitige Bereinigung nicht festgesetzt worden ist, den Behandlungsbedarf unter Beachtung der Maßgaben nach Satz 2 vorläufig bereinigen. Sie kann auch die Anerkennung und Umsetzung des geltenden Bereinigungsverfahrens für die Bereinigung der Gesamtvergütung für an der hausarztzentrierten Versorgung teilnehmende Versicherte mit Wohnort im Bezirk anderer Kassenärztlichen Vereinigungen von diesen Kassenärztlichen Vereinigungen verlangen. Für die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nach Satz 7 sowie für den Fall der Rückführung von Bereinigungsbeträgen bei Beendigung der Teilnahme eines Versicherten sind die Verfahren gemäß § 87a Absatz 5 Satz 9 anzuwenden. Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben die zur Bereinigung erforderlichen Vorgaben im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben umzusetzen.

(8) Die Vertragsparteien nach Absatz 4 können vereinbaren, dass Aufwendungen für Leistungen, die über die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen und insoweit nicht unter die Bereinigungspflicht nach Absatz 7 fallen, aus Einsparungen und Effizienzsteigerungen, die aus den Maßnahmen von Verträgen nach Absatz 4 erzielt werden, finanziert werden.

(9) Die Einhaltung der nach Absatz 5 Satz 1 vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien muss spätestens vier Jahre nach dem Wirksamwerden der zugrunde liegenden Verträge nachweisbar sein; § 88 Absatz 2 des Vierten Buches gilt entsprechend.

(1) Die Kassenärztlichen Vereinigungen, die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Ersatzkassen bilden je ein gemeinsames Schiedsamt für die vertragsärztliche Versorgung und ein gemeinsames Schiedsamt für die vertragszahnärztliche Versorgung (Landesschiedsämter).

(2) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bilden ein gemeinsames Schiedsamt für die vertragsärztliche Versorgung und ein gemeinsames Schiedsamt für die vertragszahnärztliche Versorgung (Bundesschiedsämter).

(3) Kommt ein Vertrag über die vertragsärztliche oder die vertragszahnärztliche Versorgung ganz oder teilweise nicht zustande, setzt das zuständige Schiedsamt mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder innerhalb von drei Monaten den Vertragsinhalt fest. Wird ein für die Einleitung des Verfahrens erforderlicher Antrag nicht gestellt, können auch die für das jeweilige Schiedsamt oder die für die Vertragsparteien zuständigen Aufsichtsbehörden, nachdem sie den Organisationen, die das Schiedsamt bilden, eine Frist zur Antragstellung gesetzt haben und die Frist abgelaufen ist oder nach Ablauf einer für das Zustandekommen des Vertrages gesetzlich vorgeschriebenen Frist, das Schiedsamt mit Wirkung für die Vertragsparteien anrufen. Das Schiedsamtsverfahren beginnt mit dem bei dem Schiedsamt gestellten Antrag.

(4) Kündigt eine Vertragspartei einen Vertrag, hat sie die Kündigung dem zuständigen Schiedsamt schriftlich oder elektronisch mitzuteilen. Kommt bis zum Ablauf des Vertrages kein neuer Vertrag zustande, setzt das zuständige Schiedsamt mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder innerhalb von drei Monaten den Inhalt des neuen Vertrages fest. In diesem Fall gelten die Bestimmungen des bisherigen Vertrages bis zur Festsetzung des Inhalts des neuen Vertrages durch das Schiedsamt weiter. Das Schiedsamtsverfahren beginnt mit dem auf den Ablauf der Kündigungsfrist folgenden Tag.

(5) Die Landesschiedsämter und die Bundesschiedsämter bestehen aus je vier Vertretern der Ärzte oder Zahnärzte und vier Vertretern der Krankenkassen sowie einem unparteiischen Vorsitzenden und zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern. Bei der Festsetzung des Inhalts eines Vertrages, der nicht alle Kassenarten betrifft, wirken als Vertreter der Krankenkassen nur Vertreter der betroffenen Kassenarten im Schiedsamt mit. Die in Absatz 1 genannten Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen können von Satz 2 abweichende Regelungen vereinbaren. Für jedes Mitglied gibt es zwei Stellvertreter. Die Amtsdauer der Mitglieder beträgt vier Jahre. Die Vertreter und Stellvertreter werden jeweils durch die Organisationen, die das jeweilige Schiedsamt bilden, bestellt. Kommt eine Bestellung durch die Organisationen nicht zustande, bestellt die für das jeweilige Schiedsamt zuständige Aufsichtsbehörde die Vertreter und Stellvertreter, nachdem sie den Organisationen eine Frist zur Bestellung gesetzt hat und diese Frist abgelaufen ist.

(6) Über den unparteiischen Vorsitzenden und die zwei weiteren unparteiischen Mitglieder sowie deren Stellvertreter sollen sich die Vertragsparteien einigen. § 213 Absatz 2 in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung gilt für die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen entsprechend. Kommt eine Einigung nicht zustande, erfolgt eine Bestellung des unparteiischen Vorsitzenden, der weiteren unparteiischen Mitglieder und deren Stellvertreter durch die für das jeweilige Schiedsamt zuständige Aufsichtsbehörde, nachdem sie den Vertragsparteien eine Frist zur Einigung gesetzt hat und diese Frist abgelaufen ist. Die unparteiischen Mitglieder und deren Stellvertreter gelten als bestellt, sobald sie sich den beteiligten Vertragsparteien gegenüber zur Amtsübernahme bereit erklärt haben.

(7) Die Mitglieder des Schiedsamtes führen ihr Amt als Ehrenamt. Sie sind an Weisungen nicht gebunden. Die unparteiischen Mitglieder und ihre Stellvertreter können aus wichtigem Grund von der für das jeweilige Schiedsamt zuständigen Aufsichtsbehörde abberufen werden. Die Vertreter der Ärzte oder Zahnärzte und die Vertreter der Krankenkassen sowie ihre Stellvertreter können von den Organisationen, die sie bestellt haben, abberufen werden. Eine Amtsniederlegung ist gegenüber den Organisationen zu erklären, die das jeweilige Schiedsamt gebildet haben. Die Mitglieder sind verpflichtet, an den Sitzungen des Schiedsamtes teilzunehmen oder bei Verhinderung ihre Stellvertreter zu benachrichtigen. Eine Stimmenthaltung ist unzulässig. Jedes Mitglied hat eine Stimme.

(8) Das Schiedsamt ist beschlussfähig, wenn alle Mitglieder oder deren Stellvertreter anwesend sind. Ist das Schiedsamt in einer Sitzung nicht beschlussfähig, ist innerhalb von 14 Kalendertagen nach dieser Sitzung eine erneute Sitzung einzuberufen. In dieser erneuten Sitzung ist die Beschlussfähigkeit gegeben, wenn die unparteiischen Mitglieder oder deren Stellvertreter und mehr als die Hälfte der weiteren Mitglieder des Schiedsamtes oder deren Stellvertreter anwesend sind. Ist auch in der erneuten Sitzung keine Beschlussfähigkeit nach Satz 3 gegeben, setzen die unparteiischen Mitglieder des Schiedsamtes den Vertragsinhalt fest. Auf diese Folgen ist in der Einladung zur erneuten Sitzung ausdrücklich hinzuweisen.

(9) Setzt das Schiedsamt innerhalb der Frist nach Absatz 3 Satz 1 oder Absatz 4 Satz 2 keinen Vertragsinhalt fest, setzt die für das jeweilige Schiedsamt zuständige Aufsichtsbehörde eine Frist zur Festsetzung des Vertragsinhalts. Nach Ablauf dieser Frist setzen die unparteiischen Mitglieder des Schiedsamtes den Vertragsinhalt fest. Die unparteiischen Mitglieder können auf Kosten der Vertragsparteien Datenerhebungen, Auswertungen oder Sachverständigengutachten in Auftrag geben. Klagen gegen Entscheidungen des Schiedsamtes sowie Klagen gegen Entscheidungen der Aufsichtsbehörden nach diesem Paragraphen haben keine aufschiebende Wirkung. Ein Vorverfahren findet in den Fällen des Satzes 4 nicht statt.

(10) Die Aufsicht über die Landesschiedsämter führen die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Verwaltungsbehörden der Länder. Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung eine andere Behörde als Aufsichtsbehörde bestimmen; die Landesregierungen können diese Ermächtigung auf die obersten Landesbehörden weiterübertragen. Die Aufsicht über die Bundesschiedsämter führt das Bundesministerium für Gesundheit. Die Aufsicht erstreckt sich auf die Beachtung von Gesetz und sonstigem Recht. Die Aufsicht umfasst auch das Recht zur Teilnahme an den Sitzungen der Schiedsämter; das Recht zur Teilnahme an den Sitzungen der Schiedsämter gilt auch für das Bundesversicherungsamt, sofern ihm die Entscheidungen der Schiedsämter gemäß Satz 6 vorzulegen sind. Die Entscheidungen der Schiedsämter über die Vergütung der Leistungen nach § 57 Absatz 1 und 2, den §§ 83, 85 und 87a sind der jeweiligen zuständigen Aufsichtsbehörde vorzulegen. Die Aufsichtsbehörden können die Entscheidungen bei einem Rechtsverstoß innerhalb von zwei Monaten nach Vorlage beanstanden. Für Klagen der Vertragspartner gegen die Beanstandung gilt Absatz 9 Satz 4 und 5 entsprechend.

(11) Das Bundesministerium für Gesundheit bestimmt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere über die Bestellung, die Amtsdauer, die Amtsführung, die Erstattung der baren Auslagen und die Entschädigung für Zeitaufwand der Mitglieder der Schiedsämter, die Geschäftsführung, das Verfahren, die Erhebung und die Höhe der Gebühren sowie über die Verteilung der Kosten.

(12) Der Verband Deutscher Zahntechniker-Innungen und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bilden ein weiteres Schiedsamt auf Bundesebene. Das Schiedsamt besteht aus Vertretern des Verbandes Deutscher Zahntechniker-Innungen und des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in gleicher Zahl sowie einem unparteiischen Vorsitzenden und zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern. Im Übrigen gelten die Absätze 3, 4, 5 Satz 4 bis 7, die Absätze 6, 7, 8, 9 und 10 Satz 3, 4 und 5 sowie die aufgrund des Absatzes 11 erlassene Schiedsamtsverordnung entsprechend.

(13) Die Innungsverbände der Zahntechniker, die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen bilden ein weiteres Schiedsamt auf Landesebene. Das Schiedsamt besteht aus Vertretern der Innungsverbände der Zahntechniker und der Krankenkassen in gleicher Zahl sowie einem unparteiischen Vorsitzenden und zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern. Im Übrigen gelten die Absätze 3, 4, 5 Satz 4 bis 7, die Absätze 6, 7, 8, 9 und 10 Satz 1, 2, 4 und 5 sowie die aufgrund des Absatzes 11 erlassene Verordnung entsprechend.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 18. Dezember 2013 und des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. April 2012 geändert. Es wird festgestellt, dass der durch die Schiedsperson zwischen den Beteiligten festgesetzte Vertrag zur hausarztzentrierten Versorgung mit bundesrechtlichen Bestimmungen zum Datenschutz nicht vereinbar ist. Insoweit sind die Beteiligten verpflichtet, den Vertrag zu ändern.

Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt 9/10 und die Beklagten tragen 1/10 der Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen.

Tatbestand

1

Die klagende Krankenkasse wendet sich gegen einen Schiedsspruch, mit dem der Inhalt eines Vertrages zur hausarztzentrierten Versorgung (HzV) nach § 73b SGB V zwischen ihr und den beiden beklagten Hausarztverbänden festgelegt worden ist.

2

Nachdem sich Klägerin und Beklagte nicht über den Abschluss eines Vertrages zur HzV einigen konnten, beantragten die Beklagten die Einleitung des Schiedsverfahrens. Die Schiedsperson wurde durch das Bundesversicherungsamt (BVA) bestimmt, nachdem auch dazu keine Einigung erzielt werden konnte. Gegen den Bescheid des BVA zur Bestimmung der Schiedsperson wandte sich die Klägerin mit der Klage und beantragte zugleich die Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Diesen Antrag wies das SG zurück. Die dagegen eingelegten Beschwerden nahm die Klägerin zurück, nachdem der Schiedsspruch ergangen war.

3

Mit einem weiteren Eilverfahren wandte sich die Klägerin erfolglos gegen die Festsetzung eines Verhandlungstermins durch die Schiedsperson. An der anberaumten mündlichen Verhandlung nahm die Klägerin nicht teil. Zu dem von den Beklagten vorgelegten Vertragsangebot nahm die Klägerin mit insgesamt 68 Einzelanträgen Stellung.

4

Mit Schiedsspruch vom 9.9.2010 setzte die Schiedsperson den Inhalt des Vertrages zur HzV mit Wirkung zum 15.9.2010 fest und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Die Beklagten erfüllten die Voraussetzung, nach der sie mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) Baden-Württemberg vertreten müssten. Die gesetzliche Regelung könne nicht in dem Sinne verstanden werden, dass eine rechtsgeschäftliche Vertretung im Sinne des § 164 Abs 1 BGB erforderlich sei. Vielmehr sei mit der Formulierung des "Vertretens" gemeint, dass die Gemeinschaften eine gewisse soziale Mächtigkeit haben müssten, damit eine flächendeckende Versorgung mit Hausarztverträgen wahrscheinlich sichergestellt werden könne. Da mehr als die Hälfte der Allgemeinärzte Mitglied der beiden beklagten Verbände seien, seien die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt. Selbst wenn nicht auf dieses Verständnis des "Vertretens" abgestellt würde, seien die Voraussetzungen erfüllt, weil mehr als die Hälfte der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte die Beklagten zu 1. und 2. mit dem Abschluss von Verträgen zur HzV beauftragt hätten. Die Schiedsperson sei keine Behörde und sie erlasse auch keinen Verwaltungsakt, sondern werde als Vertragshelfer tätig. Als solche habe sie in Wahrnehmung ihres Bestimmungsrechts den Inhalt des Vertrages zur HzV nach billigem Ermessen festzusetzen. In Ausübung ihres billigen Ermessens habe sie entschieden, den Vertrag zur HzV als sog Vollversorgungs- oder Bereinigungsvertrag und nicht als sog Add-on-Vertrag festzusetzen. Allein die Vereinbarung von Vollversorgungsverträgen entspreche der Intention des Gesetzes, mehr Wettbewerb zwischen den Krankenkassen durch Erweiterung ihrer Handlungsspielräume zum Abschluss von Verträgen mit Leistungserbringern oder Gruppen von ihnen zu ermöglichen.

5

Der festgelegte Vertragsinhalt entspreche den gesetzlichen Anforderungen an eine HzV und führe zu einer Verbesserung der hausärztlichen Versorgung für die Versicherten. Er entspreche hinsichtlich des Leistungsinhalts in vollem Umfang den Forderungen, die die Krankenkassen in früher geführten Schiedsverfahren für den Bezirk der KÄV Bayern aufgestellt hätten und gehe auch hinsichtlich der qualitativen Anforderungen über die gesetzlichen Anforderungen hinaus. Hinsichtlich der Vergütung der in der HzV zu erbringenden Leistungen orientiere sich der Vertrag in Ausübung billigen Ermessens an dem Vertrag, den die BKK-Vertragsarbeitsgemeinschaft für den Bezirk der KÄV Baden-Württemberg abgeschlossen habe. Vergleichbare Vergütungsregelungen fänden sich auch in zahlreichen weiteren Verträgen zur HzV, die Krankenkassen mit Gemeinschaften von Hausärzten geschlossen hätten. Bei der Festsetzung der Höhe der Vergütung seien die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Beitragssatzstabilität zu beachten. Dem werde die Vergütungsstruktur sowie die daran anknüpfende Vergütungshöhe gerecht. Die wirtschaftlichen Risiken der Krankenkassen würden durch verschiedene - in der Begründung des Schiedsspruchs im Einzelnen bezeichnete - Maßnahmen beschränkt. Den durch die Vergütung der HzV-Leistungen bedingten Mehrausgaben stünden Einsparungen gegenüber, die jedoch schwer genauer zu prognostizieren seien. Allerdings zeigten Erfahrungswerte aus bereits laufenden HzV-Verträgen, dass (in der Begründung des Schiedsspruchs näher bezeichnete) Einsparungen erzielt würden, mit denen sich die Mehrausgaben finanzieren ließen. Einer Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson stehe auch nicht entgegen, dass die Auftragsvergabe nicht nach den Vorschriften des Vergaberechts ausgeschrieben worden sei und dass die Anwendung des Sozialdatenschutzes auf die HzV-Verträge umstritten sei. Die Anwendung der Regelungen über den Datenschutz sei zwar streitig. Im Gegensatz zum unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein hätten die Landesdatenschutzbeauftragten für Bayern und Baden-Württemberg aber bisher keinen Anlass zu einer datenschutzrechtlichen Beanstandung bezogen auf die bestehenden HzV-Verträge gesehen. Im Hinblick auf diese Rechtslage werde von der Festsetzung einer datenschutzrechtlichen Regelung abgesehen. Die Schaffung einer datenschutzkonformen Regelung über die Weitergabe von Patientendaten an private Abrechnungsstellen bleibe auf der Rechtsgrundlage des § 295 Abs 1b SGB V bilateralen Behandlungen der Beteiligten überlassen. Eine Festsetzung der HzV-Vergütung auf dem Niveau der Regelversorgung scheide aus, weil im Rahmen der HzV ein bestimmtes Ausstattungsniveau der teilnehmenden hausärztlichen Praxen vorgegeben werde. Der an der HzV teilnehmende Hausarzt sei außerdem zur Erlangung bestimmter Weiterbildungsmaßnahmen und Abrechnungsqualifikationen verpflichtet, die in der Regelversorgung nicht gefordert seien. Hinzu trete die verpflichtende Teilnahme des teilnehmenden Hausarztes an den Disease-Management-Programmen sowie die Wahrnehmung der Betreuung von pflegebedürftigen Patienten. Zudem bestehe die Verpflichtung zur Teilnahme an Fortbildungen, zu hausarztspezifischen Themen, was über die generelle Fortbildungspflicht gemäß § 95d SGB V hinausgehe. Schließlich sei das Dienstleistungsangebot der hausärztlichen Praxen in der HzV erweitert. Diese erweiterten Qualifikationen, apparativen Ausstattungen und verbesserten Dienstleistungsangebote führten zu einer Verbesserung der hausärztlichen Versorgung, die ein höheres Vergütungsniveau im Vergleich zur hausärztlichen Regelversorgung rechtfertige. Durch das gegen die Bestimmung der Schiedsperson anhängige Klageverfahren werde das Wirksamwerden des Vertrages zur HzV nicht gehindert, weil die Klage gemäß § 73b Abs 4a SGB V keine aufschiebende Wirkung habe.

6

Gegen den Schiedsspruch vom 9.9.2010 hat sich die Klägerin mit der am 9.9.2011 erhobenen Klage gewandt und beantragt festzustellen, dass der Schiedsspruch unwirksam sei. Hilfsweise hat sie beantragt, die Regelung zum Inkrafttreten um den Zusatz zu ergänzen, dass der Vertrag nicht in Kraft trete, bevor nicht sämtliche Anlagen zum Vertrag durch die Parteien vereinbart oder durch weiteren Schiedsspruch festgesetzt worden seien. Mit der gegen die Abweisung der Klage (Urteil des SG vom 25.4.2012) erhobenen Berufung hat die Klägerin ua geltend gemacht, dass es sich bei der Entscheidung der Schiedsperson nicht um einen Verwaltungsakt handele. Sie gehe aber davon aus, dass eine isolierte Anfechtungsklage zulässig sein müsse. Sofern der Schiedsspruch ein Verwaltungsakt sein sollte, komme eine Leistungsklage in Form der Ersetzungsklage kaum in Betracht, da der Klägerin kein Recht zustehe, den Verwaltungsakt nach ihren Vorstellungen vollständig durch das Gericht ersetzen zu lassen. Demgegenüber haben die Beklagten die Auffassung vertreten, dass der Schiedsspruch als Verwaltungsakt anzusehen und als solcher rechtmäßig sei.

7

Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich bei dem Schiedsspruch vom 9.9.2010 um einen Verwaltungsakt handele. Für Beschlüsse einer Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V gelte nichts anderes als für Entscheidungen der Schiedsämter gemäß § 89 SGB V und der Schiedsstellen nach § 114 SGB V. § 73b Abs 4a Satz 2 SGB V regele ein förmliches Schiedsverfahren. Zudem habe das BSG für den hier einschlägigen Bereich des Vertragsarztrechts seit jeher die Verwaltungsaktqualität des Schiedsspruchs bejaht. Auch die Änderung des § 73b Abs 4a SGB V zum 1.1.2012 durch das Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VStG) vom 22.12.2011 (BGBl I 2983) spreche nicht gegen die Annahme der Verwaltungsaktqualität des Schiedsspruchs. Bei der Schiedsperson handele es sich um eine Behörde im Sinne des § 1 Abs 2 SGB X. Dem stehe auch nicht der Umstand entgegen, dass keine Regelung zur staatlichen Aufsicht über die Schiedsperson existiere. Wenn verfassungsrechtlich zu fordernde Regelungen zur Aufsicht fehlten, könne dies allenfalls die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung zur Folge haben. Schiedspersonen nähmen Aufgaben öffentlicher Verwaltung wahr, wenn sie die Vertragsverhältnisse zwischen einer Krankenkasse und den Verbänden der Hausärzte festlegten. Bei dem Schiedsspruch der Schiedsperson handele es sich um eine für Ärzte, Patienten und Krankenkassen außerordentlich weitreichende Entscheidung. Für die gerichtliche Prüfung derart komplexer Regelungen mit weitreichenden Auswirkungen eigneten sich die über § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V entsprechend geltenden Vorschriften der §§ 317 ff BGB über den Vertragshelfer nicht. § 317 BGB regele den Fall, dass die Bestimmung der Leistung einem Dritten überlassen bleibe. § 317 BGB überlasse der Schiedsperson nicht die Bestimmung des Vertragsinhalts, sondern die Bestimmung der Leistung. Vorliegend würden von der Schiedsperson aber sämtliche gegenseitigen Rechte und Pflichten der Vertragsparteien festgelegt. Die Festlegung eines Vertrages über die HzV durch die Schiedsperson gehe somit weit über das hinaus, was Vertragshelfer nach § 317 BGB üblicherweise festlegen könnten. Zudem erweise sich der in § 319 BGB genannte Maßstab des "billigen Ermessens" als wenig geeignet für die Prüfung des von der Schiedsperson festgelegten Vertragsinhalts. Schließlich verhindere die Rechtskonstruktion des Vertragshelfers nicht eine Verzögerung der Umsetzung des geschiedsten Vertrages durch in destruktiver Absicht eingelegte Rechtsmittel. Dies zeige der vorliegende Fall. Für die Erhebung der Gestaltungsklagen gelte keine Ausschlussfrist. Damit bleibe für die Vertragsparteien lange unklar, ob der festgelegte Vertrag rechtsverbindlich werde. Auch der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung helfe nicht weiter, weil der Vertrag in der Praxis regelmäßig erst dann als umsetzbar angesehen werde, wenn dessen rechtliche Verbindlichkeit auch feststehe. Auch dies zeige der vorliegende Fall.

8

Die isolierte Anfechtungsklage sei zulässig, jedoch nicht begründet. Der Schiedsperson stehe bei der Festlegung des Vertragsinhalts ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Der Schiedsspruch sei nur in eingeschränktem Umfang gerichtlicher Kontrolle zugänglich. Verstöße gegen wesentliche verfahrensrechtliche Grundsätze lägen nicht vor. Die Schiedsperson habe die Festlegung des Vertragsinhalts ausführlich begründet. Soweit die Klägerin das Fehlen einer Ausgabenobergrenze rüge, übersehe sie § 10 Abs 9 des Vertrages, der eine Begrenzung der HzV-Vergütung auf einen durchschnittlichen maximalen Fallwert von 76 Euro vorsehe. Unbegründet sei auch der Einwand der Klägerin, dass der Vertrag an mehreren Stellen gegen ihre Satzungsregelungen verstoße. Der Vertrag begründe keine Rechte und Pflichten der Versicherten. Den von den Vertragsparteien oder nach Maßgabe des § 73b Abs 4a SGB V von der Schiedsperson an deren Stelle getroffenen Festlegungen komme Vorrang vor dem Satzungsrecht der einzelnen Krankenkasse zu. Die Krankenkasse müsse den sie bindenden Vertrag bei jeglicher Verwaltungstätigkeit einhalten. Wenn die Satzung der Krankenkasse mit den Festlegungen des Vertrages nicht in Einklang stehe, müsse sie daher die Satzung entsprechend ändern und an den Vertrag anpassen. Für den gestellten Hilfsantrag mit dem Ziel, das Inkrafttreten des Vertrages auf den Zeitpunkt zu verschieben, zu dem sämtliche Anlagen vereinbart oder durch Schiedsspruch festgesetzt worden seien, fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Nach § 16 Abs 4 des Vertrages sei dieser zum Halbjahres- oder Jahresende, erstmals zum 31.12.2013 mit einer Frist von sechs Monaten kündbar. Damit werde der Klägerin eine einfachere rechtliche Möglichkeit eröffnet, die Rechtswirkungen des Vertrages zu beseitigen. Zudem müsse sich die Klägerin widersprüchliches Verhalten entgegenhalten lassen. Mit dem Hinausschieben des Inkrafttretens würde der gesetzlich begründete Kontrahierungszwang vereitelt. Aus dem gesamten Verhalten der Klägerin sei zu erkennen, dass sie sich weigere, ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Eröffnung des Angebots einer HzV nachzukommen. Ernsthafte Bemühungen, die fehlenden Vertragsanlagen auszuhandeln, seien nicht ersichtlich. Darüber hinaus sei der Hilfsantrag auch in der Sache nicht begründet. Ausreichend sei, dass der Schiedsspruch in sich schlüssig sei und dass die geregelten Vertragsteile von den Vertragsparteien umgesetzt werden könnten. Daran bestehe kein Zweifel, weil Verträge mit vergleichbaren Inhalten von anderen Krankenkassen durchgeführt würden.

9

Zur Begründung ihrer Revision trägt die Klägerin im Wesentlichen vor: Die erhobene Anfechtungsklage sei statthaft, da es sich bei dem Schiedsspruch der Schiedsperson nach § 73b SGB V um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X handele. Sämtliche LSG hätten § 73b Abs 4, Abs 4a SGB V in der Weise ausgelegt. Ihre zuvor vertretene gegenteilige Rechtsauffassung halte sie nicht mehr aufrecht. Änderungen des § 73b SGB V, die zum 1.1.2012 in Kraft getreten seien, seien für das vorliegende Verfahren von vornherein nicht relevant, da für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt des Erlasses des Schiedsspruchs am 9.9.2010 maßgeblich sei. Mit der Festsetzung des Vertrages über die besondere hausärztliche Versorgung nach § 73b SGB V treffe die Schiedsperson eine hoheitliche Entscheidung auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts, die unmittelbare Rechtswirkung im Außenverhältnis habe, indem sie verbindlich den Vertrag zwischen den Parteien des Schiedsverfahrens festsetze. Der Schiedsspruch zur HzV unterscheide sich insofern nicht von dem Schiedsspruch nach § 77 SGB XII, für den sowohl das BVerwG als auch das BSG die Verwaltungsaktqualität ausdrücklich bejaht hätten.

10

Entgegen der Auffassung des LSG sei das Rechtsschutzinteresse nicht im Hinblick auf die zum 31.12.2013 erstmals bestehende Kündigungsmöglichkeit entfallen. Die ordentliche Kündigung des Vertrages zur HzV führe nicht automatisch zu dessen Beendigung, sondern der Vertrag gelte - wenn ein neuer Vertrag zur HzV nicht zustande komme - solange fort, bis in einem Schiedsverfahren ein neuer Vertrag zur HzV festgesetzt worden sei. Die Umsetzung des streitgegenständlichen Vertrages werde zu Recht verweigert. Die Klage habe selbst dann aufschiebende Wirkung, wenn es sich bei dem Schiedsspruch nicht um einen Verwaltungsakt, sondern um eine Vertragsfestlegung durch einen Dritten entsprechend §§ 315, 317 BGB handeln würde. Bereits die Erhebung der Einrede der offenbaren Unbilligkeit der Vertragsfestsetzung führe ggf entsprechend § 319 Abs 1 BGB zur Unverbindlichkeit der durch den Schiedsspruch getroffenen Vertragsbestimmungen.

11

Der Schiedsspruch sei mit zwingend zu beachtenden bundesrechtlichen Vorgaben zum Datenschutz unvereinbar. Für die nach dem Vertrag zur HzV vorgesehene Einbindung der Beklagten und der Hausärztlichen Vertragsgemeinschaft eG (HÄVG) sowie von Unterauftragsunternehmern in die Verarbeitung sensibler Patientendaten fehle die nach der Rechtsprechung des BSG zwingend erforderliche gesetzliche Grundlage. Auch das Inkrafttreten des § 295a SGB V zum 4.8.2011 ändere nichts an der datenschutzrechtlichen Unzulässigkeit des Vertrages zur HzV. Maßgebend sei die zum Zeitpunkt des Erlasses des Schiedsspruchs am 9.9.2010 geltende Rechtslage. Selbst wenn die zum 4.8.2011 eingetretenen Änderungen berücksichtigt würden, bliebe es bei der Unvereinbarkeit mit datenschutzrechtlichen Vorgaben. Die in dem Vertrag vorgesehene zwangsweise Verknüpfung der Teilnahme an der HzV mit einer Pflicht zur Weitergabe von Patientendaten an einen bestimmten Dienstleister sei mit den datenschutzrechtlich an die "verantwortliche Stelle" zu stellenden Anforderungen unvereinbar. Weiterhin unzulässig sei der vorgesehene Einsatz einer Vertragssoftware mit einem sog "gekapselten Kern", zu dessen Einsatz die teilnehmenden Hausärzte verpflichtet würden. Damit werde die Möglichkeit geschaffen, Patientendaten aus dem System des Hausarztes an die Beklagten bzw die HÄVG zu übermitteln, ohne dass dies für den Hausarzt im Einzelnen nachvollziehbar bzw kontrollierbar sei. Außerdem erlaube der neue § 295a Abs 2 SGB V lediglicheinen Dienstleister in die Verarbeitung von Patientendaten einzubinden. Die Begründung von Unterauftragsverhältnissen werde ausdrücklich ausgeschlossen. Im Widerspruch dazu sehe § 6 Abs 1 der Anlage 3 des streitgegenständlichen Vertrages zur HzV die Einbindung der HÄVG Rechenzentrum AG als Subunternehmer der HÄVG vor. Rechtswidrig sei ferner die in § 6 Abs 10 der Anlage 3 zum Vertrag geregelte Befugnis der HÄVG, nach eigenem Gutdünken Patientendaten für "Musterverfahren" zur Klärung grundsätzlicher Fragen der Auslegung des Vertrages zur HzV zu verwenden. Unzulässig sei auch die vorgesehene Einbindung der HÄVG in die Einschreibung von Versicherten. Nach § 295a Abs 1 Satz 3 SGB V dürften die auf Leistungserbringerseite von den teilnehmenden Hausärzten übermittelten Patientendaten ausschließlich für Abrechnungszwecke verwendet werden.

12

Zudem werde durch Mehrkosten, die der Vertrag unstreitig auslöse und deren Finanzierung durch Einsparungen und Effizienzsteigerungen nicht gesichert sei, das in § 53 Abs 9 SGB V normierte Gebot der Selbsttragung des Wahltarifs verletzt. Der Wahltarif sei zwingend mit der HzV nach § 73b SGB V verbunden. Nach § 53 Abs 3 SGB V dürften für einen Wahltarif für die besonderen Versorgungsformen keine Zusatzbeiträge erhoben werden. Gleichzeitig verbiete § 53 Abs 9 SGB V eine Quersubventionierung der Wahltarife aus dem allgemeinen Beitragsaufkommen. Dass durch den Vertrag zur HzV Mehrkosten gegenüber der hausärztlichen Regelversorgung entstünden, sei unstreitig. Dem stünden keine gesicherten Refinanzierungsmaßnahmen gegenüber. Darüber hinaus werde der Grundsatz der Beitragssatzstabilität des § 71 Abs 1 SGB V verletzt, der alle Vergütungsvereinbarungen nach dem SGB V erfasse, weil nicht refinanzierte Mehrausgaben nicht verlässlich ausgeschlossen seien. Die Erhebung von Zwangsbeiträgen der Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung für die Subventionierung der HzV verletze Art 2 Abs 1 GG. Zudem würde durch die damit verbundene Aufgabe des Solidaritätsprinzips die Unternehmenseigenschaft der Krankenkassen im Sinne des Art 101 ff des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union begründet.

13

Der Schiedsspruch verletze Bundesrecht auch deshalb, weil die Vertragsfestsetzung unvollständig sei. Obwohl der Hilfsmittelbereich als Bereich möglicher Einsparungen in der Begründung des Schiedsspruchs ausdrücklich angesprochen werde und die Anlage 2a zum Hilfsmittelmanagement in § 23 des Vertrages zur HzV genannt werde, habe die Schiedsperson diese Anlage nicht festgelegt. Aus § 23 des Vertrages zur HzV ergebe sich vielmehr, dass diese "in gemeinsamer Absprache noch zu erstellen" sei. Dies sei mit § 73b Abs 5 Satz 1 SGB V unvereinbar. Gleiches gelte für die fehlenden Anhänge 2 bis 4 der festgesetzten Anlage 3 des Vertrages. Diese sollten ausweislich § 9 der Anlage 3 des Vertrages die Diagnosen zur Abrechnung des Zuschlags für chronisch Kranke, des Zuschlags zur Förderung einer wirtschaftlichen Arzneimittelverordnung ("Rationaler Pharmakotherapie-Zuschlag") sowie eines Zuschlags (sog VERAH-Zuschlag) für Leistungen von besonders qualifizierten medizinischen Fachangestellten ("Versorgungsassistenten") enthalten.

14

Ferner habe die Schiedsperson ihren Gestaltungsspielraum überschritten, indem sie Regelungen zur Durchführung der Teilnahme der Versicherten zum Gegenstand des Vertrages zur HzV gemacht habe. Die Einschreibebestimmungen des Vertrages zur HzV seien nicht von der Vertragsregelungsbefugnis der Schiedsperson umfasst. Vielmehr habe die Regelung der Teilnahme von Versicherten an der HzV in der Satzung der Krankenkasse zu erfolgen. Die Teilnahme der Versicherten werde in dem Vertrag zur HzV in Widerspruch zu Satzungsbestimmungen der Klägerin geregelt. Dies sei rechtswidrig. Darüber hinaus verletze der Schiedsspruch Bundesrecht, weil dem Beklagten zu 2. (MEDI Baden-Württemberg e.V.) die erforderliche Antragsbefugnis zur Einleitung eines Schiedsverfahrens fehle. Schiedsverfahren könnten nur von Gemeinschaften beantragt werden, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der KÄV vertreten. Diese Voraussetzung erfülle der Beklagte zu 2. nicht.

15

Die Schiedsperson habe ihren Beurteilungsspielraum überschritten, indem sie sich bei der Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend an anderen HzV-Verträgen orientiert habe. Die anderen HzV-Verträgen zugrunde liegenden Verhältnisse seien nicht auf die Klägerin übertragbar. Die Schiedsperson hätte sich mit der konkreten Situation der Klägerin und deren Versicherten auseinandersetzen müssen. Das sei nicht geschehen. Ferner sei die Schiedsperson zu Unrecht davon ausgegangen, dass allein ein Vollversorgungsvertrag, nicht dagegen ein sog Add-on-Vertrag der Intention des Gesetzgebers entsprechen würde. Damit habe die Schiedsperson den rechtlichen Rahmen verkannt, der ihrem Gestaltungsspielraum zugrunde liegt. Somit leide der Schiedsspruch an einem nicht heilbaren Fehler.

16

Selbst wenn der Schiedsspruch nicht als Verwaltungsakt anzusehen wäre, sei der auf Aufhebung dieses Schiedsspruchs gerichtete Antrag zulässig. Die Festsetzung des Vertragsinhalts durch das Gericht in entsprechender Anwendung des § 319 BGB sei unter Beachtung des Grundsatzes der Gewaltenteilung ausgeschlossen. Denn der Abschluss des öffentlich-rechtlichen Vertrages über die HzV nach § 73b SGB V sei Aufgabe der Krankenkassen als Selbstverwaltungskörperschaften und Teil der mittelbaren Staatsverwaltung. In die Gestaltungs- und Entscheidungsspielräume könne die Rechtsprechung als Kontrollinstanz der Verwaltung nicht in der Form eingreifen, dass sie ihre eigenen Erwägungen an die Stelle derjenigen der Verwaltung setze.

17

Die Klägerin beantragt,

        

1.    

die Urteile des LSG Baden-Württemberg vom 18.12.2013 und des SG Stuttgart vom 25.4.2012 zu ändern und den Schiedsspruch vom 9.9.2010 aufzuheben,

        

2.    

hilfsweise, das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 18.12.2013 aufzuheben und den Rechtsstreit an das LSG Baden-Württemberg zur Ersetzung der Regelungen des Schiedsspruchs nach billigem Ermessen durch Urteil gemäß § 319 Abs 1 Satz 2, 1. Halbsatz BGB iVm § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V unter Beachtung der Rechtsauffassung des Bundessozialgerichts zurückzuverweisen,

        

3.    

weiter hilfsweise unter Änderung der Urteile des LSG Baden-Württemberg vom 18.12.2013 und des SG Stuttgart vom 25.4.2012 festzustellen, dass der durch die Schiedsperson zwischen den Beteiligten festgesetzte HzV-Vertrag mit Bundesrecht nicht vereinbar ist.

18

Die Beklagten beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

19

Sie führen zur Begründung aus: Das angefochtene Urteil des LSG sei im Ergebnis nicht zu beanstanden. Allerdings sei der Schiedsspruch kein Verwaltungsakt. Mit dem GKV-VStG habe der Gesetzgeber eindeutig geregelt, dass es sich bei dem Schiedsspruch der Schiedsperson nicht um einen Verwaltungsakt handele, sondern dass die Schiedsperson als Vertragshelfer analog § 317 BGB tätig werde. Die in der Rechtsprechung angestellten Erwägungen zur fehlenden Behördeneigenschaft von Schiedspersonen nach § 132a Abs 2 SGB V seien auf die Schiedspersonen gemäß § 73b Abs 4a SGB V übertragbar. Auch der Umstand, dass die Schiedsperson die in einem Schiedsverfahren festgelegten Verträge der für die Krankenkassen zuständigen Aufsichtsbehörde vorzulegen habe, stehe dem nicht entgegen, da die Vorlage auch bei frei verhandelten Verträgen durch die Krankenkasse zu erfolgen habe. Der Schiedsspruch sei rechtlich nicht zu beanstanden. Mit den Anträgen der Klägerin habe sich die Schiedsperson erkennbar auseinandergesetzt und diese gewürdigt. Die Schiedsperson habe den Inhalt des Vertrages zur HzV nach billigem Ermessen festgesetzt und zugleich berücksichtigt, dass zahlreiche weitere Krankenkassen im Bundesgebiet ähnliche Verträge mit vergleichbarem Inhalt und vergleichbarer Vergütungsstruktur mit den jeweiligen Hausarztgemeinschaften vereinbart hätten. Es seien keine wesentlichen Vertragsbestandteile ungeregelt geblieben. Soweit den Vertragspartnern überlassen worden sei, im späteren Verlauf Umsetzungsaufgaben und Steuerungsmodule, zB für den Bereich der Arzneimittelverordnung selbst zu verhandeln, sei dies sachgerecht, weil die Vertragspartner damit auf die sich ständig ändernden Arzneimittelrabattverträge reagieren könnten. Auch würden Vorschriften zum Datenschutz nicht verletzt. Maßgebend für die Beurteilung sei die aktuelle Rechtslage und nicht die Rechtslage, die bei Erlass des Schiedsspruchs gegolten habe. Die im Schiedsspruch vorgesehene Verwendung eines "gekapselten Kerns" sei auch nach Auffassung des Bayerischen Landesamtes für Datenschutzaufsicht nicht zu beanstanden. Soweit sich die Klägerin gegen die im Vertrag enthaltene Befugnis zur Führung von Musterverfahren unter Verwendung personenbezogener Daten wende, sei darauf hinzuweisen, dass die HÄVG keine Musterverfahren führe. Die Klägerin sei im Übrigen nicht legitimiert, im vorliegenden Verfahren Datenschutzrechte der Patienten geltend zu machen. Bezogen auf die geltend gemachten Widersprüche zwischen dem Vertrag zur HzV und den Satzungsregelungen der Klägerin habe das LSG zutreffend die Auffassung vertreten, dass die Regelungen des Vertrages zur HzV der Satzung vorgingen. Mit dem vorliegenden Klageverfahren unterlaufe die Klägerin den gesetzlichen Kontrahierungszwang. Die Klägerin sei verpflichtet, ihren Versicherten eine HzV anzubieten und mit qualifizierten Gemeinschaften einen Vertrag zur HzV zu schließen. Gleichwohl habe die Klägerin bis heute die Umsetzung des weiterhin geltenden Vertrages verweigert und auch keinen Antrag auf Verpflichtung zur Neufestsetzung des Vertrages zur HzV mit den von ihr begehrten Modifizierungen gestellt.

Entscheidungsgründe

20

Die Revision der Klägerin hat nur insoweit Erfolg, als die Unvereinbarkeit von Regelungen des Vertrages zur HzV mit datenschutzrechtlichen Bestimmungen festzustellen war. Im Übrigen hat das LSG die Berufung der Klägerin gegen das klagabweisende Urteil des SG im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.

21

1. Das SG war zur Entscheidung im ersten Rechtszug nach § 8 SGG sachlich zuständig, da einer der in § 29 Abs 2 SGG geregelten Sonderfälle der sachlichen Zuständigkeit der Landessozialgerichte für eine Entscheidung im ersten Rechtszug nicht vorliegt. Insbesondere liegt keine Klage gegen Entscheidungen der Landesschiedsämter oder gegen Beanstandungen von Entscheidungen der Landesschiedsämter nach dem SGB V, gegen Entscheidungen der Schiedsstellen nach § 120 Abs 4 SGB V, der Schiedsstelle nach § 76 SGB XI oder der Schiedsstellen nach § 80 SGB XII vor. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Entscheidung einer Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V. Die Aufzählung in § 29 Abs 2 SGG ist abschließend, sodass die Vorschrift nicht entsprechend anwendbar ist (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 29 RdNr 4; Schreiber in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl 2014, § 29 RdNr 8; Ulrich, NZS 2011, 448, 451 ff; zur Bestimmung einer Schiedsperson nach § 132a Abs 2 Satz 7 SGB V vgl BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 7 RdNr 13 f, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen).

22

2. Die mit dem Antrag zu 1. erhobene Anfechtungsklage ist nicht statthaft und damit unzulässig.

23

a) Nach § 54 Abs 1 Satz 1 SGG muss sich die Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt richten. Die Festlegung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson nach § 73b SGB V ist jedoch nicht in der Form eines Verwaltungsakts ergangen und die Schiedsperson hat auch nicht für sich in Anspruch genommen, durch Verwaltungsakt entscheiden zu können(zur Zulässigkeit von Klagen auch gegen einen sog "formellen Verwaltungsakt" vgl BSGE 97, 63 = SozR 4-2500 § 255 Nr 1, RdNr 16). Für die Zulässigkeit der Anfechtungsklage genügt nicht, dass die Klägerin das Vorliegen eines Verwaltungsakts geltend macht (stRspr vgl BSGE 39, 86, 87 = SozR 2200 § 628 Nr 1 S 2, mwN; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 54 RdNr 8a).

24

b) Für die Beurteilung der Frage, ob die Entscheidung der Schiedsperson, gegen die sich die Klägerin wendet, in der Form eines Verwaltungsakts ergangen ist, ist in Übereinstimmung mit der Auffassung der Klägerin grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Festlegung des Vertragsinhalts durch die Entscheidung der Schiedsperson am 9.9.2010 maßgebend. Nur wenn die Schiedsperson zu diesem Zeitpunkt Behörde im Sinne des § 1 Abs 2 SGB X gewesen ist, konnte sie einen Verwaltungsakt erlassen. Später eingetretene Änderungen hätten keinen Einfluss mehr auf die rechtliche Qualifizierung des zuvor ergangenen Schiedsspruchs. Es kommt demnach darauf an, ob die Schiedsperson nach der zum Zeitpunkt der Festsetzung des Vertragsinhalts geltenden Rechtslage Behörde war und ob ihre Entscheidung unter Zugrundelegung dieser Rechtslage als Verwaltungsakt anzusehen war. Dies ist indes nicht der Fall und daran hat sich im Übrigen in der Folge auch nichts geändert.

25

c) Schiedspersonen, die Verträge zur HzV festsetzen, wenn eine Einigung zwischen einer Krankenkasse und der in § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V bezeichneten Gemeinschaft von Allgemeinärzten nicht zustande kommt, werden - ebenso wie Schiedspersonen im Bereich der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege nach § 132a SGB V - als Vertragshelfer entsprechend § 317 BGB und nicht als Behörde tätig. Der Schiedsspruch ergeht deshalb auch nicht in der Form eines Verwaltungsakts, sondern ersetzt die Einigung der Parteien. Dies folgt neben dem Wortlaut in erster Linie aus der Entstehungsgeschichte der Regelung und dem darin zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers.

26

aa) Verwaltungsakte können nach § 31 Satz 1 SGB X nur von einer Behörde erlassen werden. Nach § 1 Abs 2 SGB X ist Behörde im Sinne des Sozialgesetzbuches jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt. Danach gilt ein weiter, sog funktionaler Behördenbegriff, der neben den Verwaltungsbehörden im organisatorischen Sinne auch alle sonstigen Einrichtungen, Organe und Stellen einschließt, die aufgrund von Vorschriften des öffentlichen Rechts mit der Befugnis zum Erlass von Verwaltungsakten, zum Abschluss öffentlich-rechtlicher Verträge im eigenen Namen oder zu sonstigen, nach öffentlichem Recht zu beurteilenden Handeln ausgestattet sind (vgl BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 14; BSGE 60, 239 = SozR 1300 § 45 Nr 26; BSGE 63, 224 = SozR 1300 § 48 Nr 47; BSGE 77, 295 = SozR 3-1300 § 45 Nr 27).

27

Dass die Schiedsämter und Schiedsstellen im Bereich des SGB V unter diesen weiten funktionalen Behördenbegriff fallen, ist in der Rechtsprechung seit langem geklärt (vgl BSGE 20, 73, 75 = SozR Nr 1 zu § 368h RVO; BSGE 87, 199, 200 f = SozR 3-3300 § 85 Nr 1 S 3 f; BSG SozR 4-3300 § 89 Nr 1 RdNr 11; BSGE 105, 126 = SozR 4-3300 § 89 Nr 2, RdNr 20, 41). Eine solche grundsätzliche Klärung fehlt bisher für die Schiedsperson, die der Gesetzgeber mit der Änderung des § 132a SGB V (Versorgung mit häuslicher Krankenpflege) durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190) erstmals im SGB V anstelle von Schiedsämtern und Schiedsstellen für die außergerichtliche Schlichtung vorgesehen hat. In den folgenden Jahren ist die außergerichtliche Streitschlichtung durch Schiedspersonen auf weitere Bereiche ausgedehnt worden: Mit dem Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) vom 26.3.2007 (BGBl I 378) wurde die Schlichtung im Bereich der stationären und ambulanten Hospizleistungen nach § 39a Abs 1 Satz 7 bis 9 SGB V einer Schiedsperson übertragen. Mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG) vom 15.12.2008 (BGBl I 2426) wurde die Schlichtung durch eine Schiedsperson bei Streitigkeiten um die Finanzierung der Landesverbände der Krankenkassen (§ 211 Abs 4 Satz 4 SGB V) und mWv 1.1.2009 auch für die hausarztzentrierte Versorgung (§ 73b Abs 4a SGB V) sowie die Hilfsmittelversorgung (§ 127 Abs 1a Satz 2 bis 4 SGB V)vorgesehen. Inzwischen ist die Schlichtung durch Schiedspersonen Gegenstand auch der Heilmittelversorgung (§ 125 Abs 2 Satz 4 bis 6 SGB V), des klinischen Krebsregisters (§ 65c Abs 6 Satz 8 bis 12 SGB V) und der Versorgung mit Schutzimpfungen (§ 132e Abs 1 Satz 3 bis 5 SGB V).

28

Ob auch die Entscheidungen von Schiedspersonen als Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X anzusehen sind, war von Anfang an umstritten(vgl zB Schnapp, NZS 2010, 241, 245 mwN; Plantholz, RsDE 64 <2007>, 1, 17 ff). In der instanzgerichtlichen Rechtsprechung wurde die Schiedsperson nach § 132a Abs 2 SGB V in der Regel als Vertragshelfer qualifiziert, deren Entscheidung nicht in der Form eines Verwaltungsakts ergeht, während Entscheidungen der Schiedsperson in der HzV wohl überwiegend als Verwaltungsakt angesehen wurden(LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 2.8.2011 - L 5 KA 1601/11 ER-B - Juris RdNr 84 ff; LSG Hamburg Beschluss vom 18.8.2011 - L 1 KA 24/11 B ER; in dieser Richtung, aber letztlich offenlassend: LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 3.11.2011 - L 3 KA 104/10 B ER - GesR 2012, 35, 37 f = Juris RdNr 25, 45 f; ausdrücklich offengelassen: LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 3.11.2010 - L 21 SF 208/10 Verg - Juris RdNr 32 und Beschluss vom 28.12.2010 - L 11 KA 58/10 B ER - Juris RdNr 61; anders dagegen : Bayerisches LSG Beschluss vom 17.1.2011 - L 12 KA 123/10 B ER - Breith 2011, 281, 285). Für die Schiedsperson nach § 132a Abs 2 SGB V wurde diese Frage durch Urteil des 3. Senats vom 25.11.2010 (BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5; vgl auch BSG SozR 4-5560 § 17c Nr 2 RdNr 39, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen; BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 7 RdNr 19, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen) geklärt. Danach ist jedenfalls diese Schiedsperson keine Behörde. Dementsprechend ergeht deren Entscheidung auch nicht als Verwaltungsakt. Vielmehr wird die Schiedsperson als öffentlich-rechtlicher Schlichter und Vertragshelfer entsprechend § 317 BGB tätig.

29

Ausschlaggebend für die Einordnung der Schiedsperson nach § 132a Abs 2 SGB V als Vertragshelfer und nicht als Behörde war nach der genannten Entscheidung des 3. Senats vom 25.11.2010, dass diese zwar den Inhalt öffentlich-rechtlicher Verträge festlege, wobei es sich um eine öffentlich-rechtliche Tätigkeit handele. Die Schiedsperson erhalte ihre Entscheidungsmacht jedoch unmittelbar von den Vertragsparteien des § 132a SGB V selbst, die auch den das Schiedsverfahren regelnden Vertrag zur Konfliktlösung abschließen. Daraus hat der 3. Senat den Schluss gezogen, dass es sich - ungeachtet des Umstands, dass die Vertragsparteien zur Verabredung des Schiedsverfahrens gesetzlich verpflichtet sind - um ein vertraglich vereinbartes Schiedsverfahren handele. Die Schiedsperson sei auch kein Beliehener, weil es an einem öffentlich-rechtlichen Akt der Beleihung fehle. Ferner existiere keine Anbindung an einen übergeordneten Verwaltungsträger und anders als Schiedsstellen und Schiedsämter unterliege die Schiedsperson auch keiner Rechtsaufsicht. Das Verfahren der Schlichtung durch die Schiedsperson sei nicht gesetzlich geregelt. Die Funktion als Schiedsperson sei an die Person des Berufenen gebunden, sodass keine vom Wechsel der Person unabhängige Institution einer Schiedsstelle existiere.

30

bb) Die Regelungen zur Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V entsprachen bereits vor der Änderung durch das GKV-VStG zum 1.1.2012 weitgehend derjenigen zu der - nicht als Behörde zu qualifizierenden - Schiedsperson nach § 132a Abs 2 SGB V. Grundsätzlich obliegt es auch hier den Vertragsparteien, sich auf die Schiedsperson zu einigen. Nur für den Fall, dass die Vertragsparteien sich auch darüber nicht einigen können, sieht § 73b Abs 4a Satz 2 SGB V die Bestimmung der Schiedsperson durch die für die Krankenkasse zuständige Aufsichtsbehörde vor. Ebenso wie nach § 132a Abs 2 SGB V gibt es nach § 73b SGB V weder eine Rechtsaufsicht über die Schiedsperson noch eine Regelung zum Schiedsverfahren. Ferner existiert keine vom Wechsel der Person unabhängige Institution und keine Anbindung an einen übergeordneten Verwaltungsträger.

31

Zwar können hoheitliche Aufgaben durch Beleihung auch einer natürlichen Person übertragen werden. Dies erfordert jedoch eine Übertragung durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes durch Rechtsverordnung, Verwaltungsakt oder öffentlich-rechtlichen Vertrag (vgl BVerwG NVwZ 2006, 829; BVerfG NJW 1987, 2501, 2502; BVerwGE 98, 280, 298; Roos in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 1 RdNr 11; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl 2014, § 1 RdNr 60; Wiegand, Die Beleihung mit Normsetzungskompetenz, 2008, 155 f). § 73b Abs 4a SGB V regelt eine Beleihung der Schiedsperson jedenfalls nicht ausdrücklich. Gegen die Annahme, dass in der dort geregelten Bestimmung der Schiedsperson gleichwohl eine Beleihung liegt, spricht, dass das Gesetz keinerlei Festlegungen oder Vorgaben zu deren Auswahl trifft, sondern diese vorrangig den Vertragsparteien überlässt (vgl Kingreen/Temizel, ZMGR 2009, 134, 137; Bogan, Der Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen, 2012, S 250). Angesichts des Umstands, dass der Wortlaut die Frage nach einer Beleihung jedenfalls nicht eindeutig beantwortet, kann die Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V nur dann als Beliehene angesehen werden, wenn systematische Gründe, die Entstehungsgeschichte oder Sinn und Zweck der Reglung dafür sprechen würden, dass der Gesetzgeber der Schiedsperson die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben übertragen wollte. Dies ist aus den nachfolgend genannten Gründen jedoch nicht der Fall. Vielmehr hat der Gesetzgeber mit der Änderung des § 73b Abs 4a SGB V durch das GKV-VStG gerade klargestellt, dass der Schiedsperson nach § 73b SGB V - in Übereinstimmung mit der Schiedsperson nach § 132a SGB V - keine hoheitlichen Aufgaben übertragen werden sollen.

32

cc) Im Gegensatz zur Schiedsperson in der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege nach § 132a Abs 2 SGB V hat der 3. Senats des BSG die Schiedsperson in der HzV nach § 73b Abs 4a SGB V in seiner Entscheidung vom 25.11.2010 (B 3 KR 1/10 R - BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 26) nicht eindeutig dem Modell "Vertragshelfer" zugeordnet, sondern diese Frage ausdrücklich offengelassen. Dabei hat der 3. Senat dem Umstand Bedeutung beigemessen, dass § 73b SGB V keine § 132a Abs 2 Satz 6 SGB V entsprechende Regelung enthält, nach der die Vertragsparteien in Verträgen zu regeln haben, dass im Falle von Nichteinigung eine von den Parteien zu bestimmende unabhängige Schiedsperson den Vertragsinhalt festlegt. Daraus hat der 3. Senat gefolgert, dass die Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V im Rahmen eines gesetzlich normierten und nicht eines - wie bei § 132a Abs 2 Satz 6 SGB V - vertraglich vereinbarten Schiedsverfahrens tätig werde. In der praktischen Umsetzung wirkt sich dieser Unterschied allerdings kaum aus, weil die Vertragspartner nach § 132a Abs 2 Satz 6 SGB V nicht frei darüber entscheiden können, ob sie die Festlegung des Vertragsinhalts einer Schiedsperson übertragen, sondern verpflichtet sind, eine entsprechende Vereinbarung zu treffen. Falls zwischen den Vertragspartnern eine Einigung auf eine Schiedsperson nicht erzielt werden kann, wird sowohl die Schiedsperson nach § 132a Abs 2 SGB V als auch die Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V von der für die vertragsschließende Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde bestimmt. Dabei kann die Bestimmung einer Schiedsperson durch die zuständige Aufsichtsbehörde auch nach § 132a Abs 2 Satz 7 SGB V nicht davon abhängig sein, dass zuvor eine Vereinbarung nach § 132a Abs 2 Satz 6 SGB V zustande gekommen ist, nach der der Vertragsinhalt von einer Schiedsperson festgelegt wird(vgl dazu Plantholz, RsDE 64 <2007>, 1, 8). Damit bestehen insoweit keine rechtlich bedeutsamen Unterschiede zwischen dem Schiedsverfahren in der HzV und dem Schiedsverfahren in der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege (so auch Klückmann in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2015, § 73b RdNr 15e).

33

dd) Ein Indiz, das gegen die Qualifizierung der Schiedsperson in der HzV als Vertragshelfer und für eine Einordnung des Schiedsspruchs als Verwaltungsakt sprechen könnte, hat der 3. Senat in seiner Entscheidung vom 25.11.2010 (B 3 KR 1/10 R - BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 26; vgl auch BSG SozR 4-5560 § 17c Nr 2 RdNr 40, auch zur Veröffentlichung für BSGE vorgesehen) ferner in dem Umstand gesehen, dass § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V aF die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Festlegung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson ausschloss. Diese Regelung konnte den Eindruck erwecken, dass der Gesetzgeber die Entscheidungen der Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V als Verwaltungsakte angesehen haben könnte, weil sie gesetzessystematisch nur einen Sinn ergibt, wenn es sich bei der angegriffenen Entscheidung der Schiedsperson um einen Verwaltungsakt handelt. Schließlich bezieht sich die aufschiebende Wirkung nach § 86a Abs 1 SGG auf den Widerspruch und auf die Anfechtungsklage, die sich grundsätzlich gegen einen Verwaltungsakt richten müssen.

34

Dagegen konnte auch nicht - wie in der Begründung des Schiedsspruchs - mit Erfolg eingewandt werden, die Klage gegen die Festsetzung des Vertragsinhalts durch einen Vertragshelfer bewirke in entsprechender Anwendung zivilrechtlicher Bestimmungen, dass der Vertrag während der Dauer des Rechtsstreits nicht umsetzbar sei und die Formulierung in § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V aF, nach der die Klage keine aufschiebende Wirkung habe, könne aus diesem Grund nicht als Indiz für die rechtliche Einordnung der Entscheidung der Schiedsperson als Verwaltungsakt herangezogen werden.

35

(1) Die Auffassung, nach der die von der Schiedsperson getroffene Bestimmung zum Vertragsinhalt während eines Klageverfahrens um deren Rechtmäßigkeit nicht beachtet werden müsse, trifft nicht zu. Für zivilrechtliche Verträge wird die Frage, unter welchen verfahrensrechtlichen Voraussetzungen die offenbare Unbilligkeit der Bestimmung einer Leistung durch einen Dritten nach § 319 Abs 1 Satz 1 BGB die Unbeachtlichkeit der Entscheidung des Dritten zur Folge hat, nicht einheitlich beantwortet. Vereinzelt wird die Auffassung vertreten, dass die offenbar unbillige Leistungsbestimmung bereits unabhängig von der Erhebung einer Einrede oder einer Klagerhebung unwirksam sei (Rieble in Staudinger, BGB, Leistungsstörungsrecht 2, Neubearbeitung 2009, § 319 RdNr 17 f; zu § 315 Abs 3 BGB vgl LG Mainz Urteil vom 5.3.2007 - 5 O 94/06 - Juris). Dagegen wird eingewandt, dass die offenbare Unbilligkeit nicht die Nichtigkeit bedeute (vgl OLG Frankfurt am Main Urteil vom 3.12.1998 - 3 U 257/97 - NJW-RR 1999, 379 = Juris RdNr 25) und dass auch die unbillige Bestimmung des Dritten binde, bis sie durch Gerichtsurteil ersetzt werde (Würdinger in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl 2012, § 319 RdNr 23). Dies soll aber nach wohl hM nicht für den Fall gelten, dass die offenbare Unbilligkeit von einem Vertragspartner binnen angemessener Frist geltend gemacht wird (vgl OLG Frankfurt am Main, aaO, mwN; Wolf in Soergel, BGB, Bd 2, 12. Aufl 1990, § 319 RdNr 16; zur ähnlichen Regelung in § 315 Abs 3 BGB vgl Grüneberg in Palandt, BGB, 74. Aufl 2015, § 315 RdNr 16; zur Fälligkeit einer Forderung bei einer Schiedsgutachtenvereinbarung im Falle des Übergangs der Leistungsbestimmung nach § 319 Abs 1 Satz 2 BGB auf das Gericht erst mit Rechtskraft des Urteils vgl BGH Urteil vom 4.7.2013 - III ZR 52/12 - NJW-RR 2014, 492 RdNr 32 ff, mwN). Dagegen geht das BAG im Zusammenhang mit der Ausübung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber in entsprechender Anwendung des § 315 Abs 3 BGB davon aus, dass der Arbeitnehmer an die Konkretisierung des Inhalts der Arbeitsleistung vorläufig gebunden sei, bis durch ein rechtskräftiges Urteil die Unverbindlichkeit der Leistungsbestimmung feststehe(BAG Urteil vom 22. 2.2012 - 5 AZR 249/11 - BAGE 141, 34 = AP Nr 127 zu § 615 BGB = NJW 2012, 2605, RdNr 24, mwN).

36

Auf die Festsetzung des Vertrages zur HzV durch eine Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V sind die genannten, zu zivilrechtlichen Verträgen entwickelten, ohnehin nicht einheitlichen Positionen - entgegen der in der Begründung der Entscheidung der Schiedsperson vertretenen Auffassung(vgl auch Buchner/Spiegel, NZS 2013, 1, 8 Fn 61) - nicht ohne Weiteres übertragbar. Für Verträge, die Beziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern zum Gegenstand haben, gelten die Vorschriften des BGB und damit auch die Regelungen zur Bestimmung der Leistungen durch einen Dritten (§§ 317 ff BGB) gemäß § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V nur entsprechend, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 SGB V und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach diesem Kapitel vereinbar sind. Daher kann bei der entsprechenden Anwendung der §§ 317 ff BGB nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Krankenkassen gemäß § 73b Abs 1 SGB V verpflichtet sind, ihren Versicherten eine besondere hausarztzentrierte Versorgung anzubieten. Die entsprechende Geltung der Vorschriften des BGB ändert zudem nichts daran, dass es sich bei dem Vertrag nach § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V zwischen Krankenkassen und den die Hausärzte vertretenden Gemeinschaften um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag im Sinne des § 53 Abs 1 SGB X handelt, weil durch ihn ein Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts begründet, geändert oder aufgehoben wird. Insofern gilt für Verträge in der HzV nach § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V nichts anderes als für Verträge zur Versorgung mit häuslicher Krankenpflege nach § 132a SGB V(vgl BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 6 RdNr 18 f; BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 23)oder auch für die Bundesmantelverträge und Gesamtverträge, die (auch) als öffentlich-rechtliche Verträge zu qualifizieren sind (vgl BSGE 70, 240, 243 = SozR 3-5533 Allg Nr 1 S 4; BSG SozR 4-2500 § 83 Nr 5 RdNr 14). Für das gerichtliche Verfahren bleiben die Vorschriften des SGG maßgebend. Nach § 86a Abs 1 SGG kommt zwar Klagen gegen belastende Verwaltungsakte aufschiebende Wirkung zu. Dies gilt jedoch nicht in gleicher Weise für Klagen, mit denen die Rechtswidrigkeit eines öffentlich-rechtlichen Vertrages geltend gemacht wird. Öffentlich-rechtliche Verträge sind wirksam, auch soweit sie rechtswidrig aber nicht nichtig sind (vgl Engelmann in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 58 RdNr 2). Zur Nichtigkeit führt nur ein besonders schwerwiegender Mangel (zu gesamtvertraglichen Vereinbarungen vgl zB BSG SozR 4-2500 § 83 Nr 5 RdNr 14 f). Der Umstand, dass die Partner des Vertrages zur HzV die Möglichkeit haben, gerichtlich mit der Feststellungsklage die Rechtswidrigkeit von Regelungen des Vertrages geltend zu machen, der durch Festsetzung der Schiedsperson zustande gekommen ist (vgl dazu nachfolgend 4.), ändert daran nichts. Im Ergebnis hat dies zur Folge, dass der durch die Festsetzung der Schiedsperson zustande gekommene Vertrag, der nicht in der Form eines Verwaltungsakts ergeht, vorbehaltlich seiner Nichtigkeit umzusetzen ist, solange dessen Rechtswidrigkeit nicht rechtskräftig festgestellt worden ist (vgl bereits Nr 11 der Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines GKV-VStG, BT-Drucks 17/7274 S 29; zu einer vom Bundesrat gewünschten Klarstellung mit dem Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung in Abhängigkeit vom Ausgang des vorliegenden Verfahrens vgl die Gegenäußerung der Bundesregierung zu der Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drucks 18/4095, Anlage 4 Nr 22; aA: Buchner/Spiegel, NZS 2013, 1, 8 f). Bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens um die Rechtmäßigkeit des von der Schiedsperson festgesetzten Vertrages kann die Pflicht zur Umsetzung des Vertrages nur durch eine einstweilige Anordnung des Gerichts nach § 86b Abs 2 SGG beseitigt werden.

37

(2) Auch wenn angenommen würde, dass die in § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V aF getroffene Regelung zur fehlenden aufschiebenden Wirkung der Klage allein im Sinne einer Klarstellung sicherstellen sollte, dass Schiedssprüche während eines Klageverfahrens zunächst umgesetzt werden, erklärt dies nicht ohne Weiteres die gewählte Formulierung, weil die Verwendung des Begriffs der aufschiebenden Wirkung den Bezug zu § 86a Abs 1 SGG und zu der dort geregelten aufschiebenden Wirkung von Klagen gegen Verwaltungsakte herstellt.

38

Danach stimmte die gesetzliche Regelung zur Schiedsperson in der Versorgung mit Haushaltshilfe nach § 132a Abs 2 SGB V zwar weitgehend mit der Regelung zur Schiedsperson in der HzV nach § 73b Abs 4a SGB V überein. Mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Festsetzung des Vertragsinhalts enthielt § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V aF jedoch eine Regelung, die in § 132a SGB V keine Entsprechung findet und die als Indiz für die Charakterisierung des Schiedsspruchs in der HzV als Verwaltungsakt herangezogen werden konnte.

39

ee) Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber auf die Entscheidung des 3. Senats vom 25.11.2010 mit der Änderung des § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V reagiert und mit dem GKV-VStG die aufschiebende Wirkung auf Klagen gegen die Bestimmung der Schiedsperson beschränkt. Eine Regelung, nach der Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts keine aufschiebende Wirkung haben, gibt es seitdem nicht mehr. Ferner wurde mit dem GKV-VStG § 73b Abs 4a Satz 5 SGB V angefügt. Danach richten sich Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts gegen eine der beiden Vertragsparteien, nicht gegen die Schiedsperson.

40

Die Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drucks 17/6906 S 56, zu Art 1 Nr 13) bestätigt, dass auf diesem Weg bestehende Unklarheiten bezogen auf die rechtliche Einordnung des Schiedsverfahrens in der HzV nach § 73b Abs 4a SGB V ausgeräumt werden sollten und dass - ebenso wie für den Bereich der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege nach § 132a Abs 2 SGB V - eine eindeutige Einordnung der Schiedsperson als Vertragshelfer erfolgen sollte. Die Einschränkung der Regelung zur aufschiebenden Wirkung in § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V wird damit begründet, dass durch die bisherige Formulierung der Eindruck habe entstehen können, es handele sich bei dem Schiedsspruch um einen Verwaltungsakt. Mit der Streichung werde "klargestellt, dass dies nicht der Fall ist, sondern dass die Schiedsperson analog § 317 BGB als Vertragshelfer tätig wird". Inhaltlich knüpft die Gesetzesbegründung damit an die Entscheidung des 3. Senats vom 25.11.2010 (B 3 KR 1/10 R - BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5) zur Schiedsperson in der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege an. Dies wird in der Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates (BT-Drucks 17/7274 S 29) verdeutlicht, in der unter ausdrücklichem Hinweis auf die genannte Entscheidung des 3. Senats des BSG ausgeführt wird, dass mit der Änderung des § 73b Abs 4a SGB V eine Klarstellung in Richtung auf die Einordnung auch der Schiedsperson in der HzV als Vertragshelfer herbeigeführt werden soll. Davon ist im Übrigen auch der 3. Senat in einer Entscheidung vom 8.10.2014 (B 3 KR 7/14 R - SozR 4-5560 § 17c Nr 2 RdNr 39, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen) ausgegangen.

41

Dem kann die Klägerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die Gesetzesbegründung zur Änderung des § 73b Abs 4a SGB V mit dem GKV-VStG auch auf die "insoweit vergleichbare(n) Regelung des § 77 Absatz 1 Satz 5 SGB XII"(BT-Drucks 17/6906 S 56, zu Art 1 Nr 13) Bezug nehme. Zutreffend ist allerdings, dass Entscheidungen der Schiedsstellen zur Vergütung von Einrichtungen und Diensten im Bereich der Sozialhilfe nach ständiger Rechtsprechung in der Form eines Verwaltungsakts ergehen. Dies hat das BVerwG bereits zu der § 80 SGB XII im Wesentlichen entsprechenden Vorgängerregelung des § 94 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) entschieden(vgl BVerwGE 108, 47). Daran hat das BVerwG (BVerwGE 116, 78 = Juris RdNr 14; anders zunächst der 3. Senat des BSG: BSGE 87, 199, 201 f = SozR 3-3300 § 85 Nr 1 S 4)auch nach der Einführung des § 93b Abs 1 Satz 4 BSHG festgehalten, der bestimmte, dass die Klage gegen die andere Vertragspartei und nicht gegen die Schiedsstelle zu richten ist. Der Qualifizierung dieses Schiedsspruchs als Verwaltungsakt hat sich der für Angelegenheiten der Sozialhilfe zuständige 8. Senat des BSG bezogen auf die seit dem 1.1.2005 geltende entsprechende Rechtslage mit einer entsprechenden Regelung in § 77 Abs 1 Satz 5 SGB XII angeschlossen(BSG SozR 4-3500 § 77 Nr 1, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen; zur Zulässigkeit der Anfechtungsklage in diesem Verfahren "sui generis" vgl auch BSG SozR 4-3500 § 76 Nr 1 RdNr 12, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen).

42

Entgegen der Auffassung der Klägerin kann aus all dem jedoch nicht geschlossen werden, dass mit dem Hinweis auf § 77 Abs 1 Satz 5 SGB XII die im ersten Teil der Gesetzesbegründung eindeutig zum Ausdruck kommende Orientierung am "Vertragshelfermodell" wieder in Frage gestellt würde. Die Formulierung in der Gesetzesbegründung, nach der sich die Regelung "am Wortlaut der insoweit vergleichbaren Regelung des § 77 Absatz 1 Satz 5 SGB XII" orientiert, bezieht sich erkennbar allein auf die Anfügung des neuen § 73b Abs 4a Satz 5 SGB V ("Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts richten sich gegen eine der beiden Vertragsparteien, nicht gegen die Schiedsperson."). Dies wird zum einen durch die Verwendung des Wortes "insoweit" und zum anderen daran deutlich, dass nicht der gesamte § 77 Abs 1 SGB XII in Bezug genommen wird, sondern allein dessen Satz 5, der mit dem eingefügten § 73b Abs 4a Satz 5 SGB V fast wörtlich übereinstimmt. Die Streichung der Regelung zur aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Festlegung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson wird also nicht mit Hinweis auf § 77 Abs 1 SGB XII begründet, sondern mit dem Ziel klarzustellen, dass die Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V als Vertragshelfer und nicht als Behörde tätig wird. Allein bezogen auf die Ergänzung des § 73b Abs 4a SGB V um einen neuen Satz 5 verweist die Gesetzesbegründung auf die fast wortgleiche Regelung in § 77 Abs 1 Satz 5 SGB XII.

43

Nach der oben dargestellten Rechtsprechung des BVerwG war die Regelung, nach der sich Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts gegen die Vertragsparteien und nicht gegen die Schiedsperson richten, im Übrigen auch nicht Anknüpfungspunkt für die Einordnung des Schiedsspruchs im Sozialhilferecht als Verwaltungsakt. Das BVerwG (vgl BVerwGE 116, 78, 82 f) hat die Entscheidung der Schiedsstelle keineswegs wegen der Regelung, nach der die Klage gegen die andere Vertragspartei zu richten ist, als Verwaltungsakt qualifiziert, sondern vielmehr trotz der Einführung dieser Regelung und entgegen einer in Teilen der Literatur vertretenen Auffassung (Münder in LPK-BSHG, 5. Aufl 1998, § 94 RdNr 2; Gottlieb, NDV 2001, 257, 261; Wabnitz, ZfJ 2001, 33, 37; vgl auch BSGE 87, 199, 201 f = SozR 3-3300 § 85 Nr 1 S 4) an seiner bereits zuvor bestehenden Rechtsprechung zur Einordnung des Schiedsspruchs nach § 77 Abs 1 SGB XII als Verwaltungsakt festgehalten.

44

Im Übrigen - also mit Ausnahme des neuen § 73b Abs 4a Satz 5 SGB V - unterscheidet sich die Regelung zum Schiedsverfahren nach § 77 Abs 1 Satz 3, § 80 SGB XII grundlegend von der zur Festlegung des Vertragsinhalts durch eine Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V. Die Qualifizierung der Schiedsstelle nach § 77 Abs 1 Satz 3, § 80 SGB XII als Behörde und deren Schiedsspruch als Verwaltungsakt stehen deshalb nicht im Widerspruch zur Einordnung der Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V als Vertragshelfer. Abgesehen davon, dass nach § 77 Abs 1 Satz 3 SGB XII nicht eine natürliche Person, sondern eine Schiedsstelle entscheidet, die gemäß § 80 Abs 2 Satz 1 SGB XII mit Vertretern der Vertragsparteien und einem unparteiischen Vorsitzenden besetzt ist, spricht für den Charakter dieser Schiedsstelle als Behörde auch die Formulierung in § 77 Abs 1 Satz 6 SGB XII, nach der es einer Nachprüfung der Entscheidung in einem Vorverfahren nicht bedarf. Genau diese Formulierung (die sich vor dem 1.1.2005 in § 93b Abs 1 Satz 5 BSHG und vor der Einführung des § 93b BSHG zum 1.1.1999 in § 93 Abs 3 Satz 4 Halbsatz 1 BSHG fand) hat das BVerwG (BVerwGE 116, 78, 81 f) zur Begründung seiner Auffassung herangezogen, dass der Gesetzgeber diese Schiedsstellenentscheidung - trotz der Regelung, nach der eine Klage gegen die andere Vertragspartei und nicht gegen die Schiedsstelle zu richten ist - als Verwaltungsakt ausgestalten wollte. Eine § 77 Abs 1 Satz 6 SGB XII entsprechende Formulierung findet sich in § 73b Abs 4a SGB V aber nicht.

45

ff) Danach ist mit der Änderung des § 73b Abs 4a SGB V durch das GKV-VStG geklärt, dass es sich bei der Schiedsperson, die im Konfliktfall den Inhalt des Vertrages zur HzV feststellt, nicht um eine Behörde handelt und dass deren Entscheidung nicht in der Form eines Verwaltungsakts ergeht(ebenso: Klückmann in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2015, § 73b RdNr 15d, 15f; Huster in Becker/Kingreen, SGB V, 4. Aufl 2014, § 73b RdNr 17; Bogan, Der Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen, 2012, S 251; Bäune in Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2013, § 73b RdNr 22; Nebendahl in Spickhoff, Medizinrecht, 2. Aufl 2014, § 73b SGB V RdNr 23; Engelmann in Prütting, Fachanwaltskommentar Medizinrecht, 3. Aufl 2014, § 73b SGB V RdNr 64; Adolf in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, Stand April 2012, § 73b RdNr 69; SG München Urteil vom 16.7.2014 - S 28 KA 696/12 - Juris RdNr 27; aA Buchner/Spiegel, NZS 2013, 1; LSG Rheinland-Pfalz Beschluss vom 3.6.2014 - L 7 KA 12/14 B ER - Juris).

46

gg) Die Zuordnung der Schiedsperson für die HzV zum Modell "Vertragshelfer" anstelle des Modells "Schiedsamt" bezieht sich nicht allein auf die Zeit seit dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung zum 1.1.2012. Wie oben dargelegt, entsprach § 73b Abs 4a SGB V bereits vor der Änderung durch das GKV-VStG zum 1.1.2012 weitgehend der für die häusliche Krankenpflege geltenden Regelung zur Schiedsperson nach § 132a Abs 2 SGB V, für die jedenfalls seit der Entscheidung des BSG vom 25.11.2010 (B 3 KR 1/10 R - BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5) die Einordnung als Vertragshelfer geklärt ist. Die rechtliche Einordnung des Schiedsspruchs der Schiedsperson in der HzV war gleichwohl bis zum Inkrafttreten des GKV-VStG zum 1.1.2012 nicht geklärt, sondern in der og Entscheidung des BSG vom 25.11.2010 ausdrücklich offengelassen worden. Unter diesen Umständen war der Gesetzgeber nicht gehindert, eine Klarstellung herbeizuführen. Dass mit der Änderung des § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V sowie der Anfügung eines neuen Satzes 5 die in der og Entscheidung des 3. Senats des BSG vom 25.11.2010 offengelassene Frage geklärt werden sollte und dass die Regelung somit nur der Klarstellung des bereits zuvor Gewollten dienen sollte, kommt sowohl in der Begründung des Regierungsentwurfs eines GKV-VStG (BT-Drucks 17/6906 S 56, zu Nr 13) als auch in der Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates (BT-Drucks 17/7274 S 29) eindeutig zum Ausdruck.

47

3. Die Klägerin kann auch nicht - entsprechend dem Antrag zu 2. - die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG Baden-Württemberg zur Ersetzung der Regelungen des Schiedsspruchs nach billigem Ermessen durch Urteil gemäß § 319 Abs 1 Satz 2 Halbsatz 1 BGB iVm § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V erreichen.

48

Soweit der 3. Senat des BSG in seiner Entscheidung vom 25.11.2010 (B 3 KR 1/10 R - BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5) zur Schiedsperson in der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege nach § 132a Abs 2 SGB V von der Statthaftigkeit einer sog Ersetzungsklage ausgegangen ist, mit der dem Gericht aufgegeben werden soll, den Inhalt des Vertrages bei Unbilligkeit der Festlegungen der Schiedsperson zu bestimmen, folgt der Senat dem für die HzV nach § 73b SGB V nicht. §§ 317 ff BGB treffen Regelungen für Konstellationen, in denen sich die Parteien zuvor aus freiem Willen auf eine Schiedsperson geeinigt haben, der die Aufgabe übertragen wird, den Vertrag rechtsgestaltend zu ergänzen. Die Schiedsperson hat also lediglich vertragsausfüllende und vertragsergänzende Funktion (vgl Schnapp, NZS 2010, 241, 245, mwN). Auf die Verträge zur HzV, deren Inhalt vollständig gegen den Willen der Krankenkasse von einer durch die zuständige Aufsichtsbehörde bestimmten Schiedsperson festgelegt werden kann (vgl § 73b Abs 4 Satz 2, Abs 4a Satz 1 und 2 SGB V), sind diese Bestimmungen im Rahmen der nur entsprechenden Anwendung nach § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V nicht uneingeschränkt übertragbar. Davon ist im Grundsatz auch schon der 3. Senat in seiner Entscheidung vom 25.11.2010 (B 3 KR 1/10 R - BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 33) bezogen auf das Schiedsverfahren nach § 132a Abs 2 SGB V ausgegangen, indem er abweichend von § 319 Abs 1 Satz 1 BGB nicht darauf abgestellt hat, ob die durch die Schiedsperson getroffene Bestimmung "offenbar unbillig" ist, sondern die einfache "Unbilligkeit" als Voraussetzung für die Ersetzung des Schiedsspruchs durch die Entscheidung des Gerichts genügen lässt.

49

Der Überlegung, das Gericht könne im Falle der Unbilligkeit den Inhalt der Entscheidung der Schiedsperson ersetzen, liegt die Vorstellung zugrunde, vom Gericht werde ein punktuelles Eingreifen oder die Entscheidung bezogen auf einzelne zwischen den Vertragsparteien umstrittene Punkte verlangt. So liegen die Dinge etwa im Bereich des § 65c Abs 6 Satz 8 SGB V bei der Höhe der Meldevergütungen zum klinischen Krebsregister. Dabei geht es um die Vergütungshöhe für bestimmte Leistungen, die in angemessener Höhe festzusetzen sind. Bei der Festlegung des Inhalts der Verträge zwischen Krankenkassen und den Erbringern von Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach § 132a Abs 2 Satz 1 SGB V stehen zumindest nach den bisherigen gerichtlichen Erfahrungen die "Preise" für die Leistungen im Mittelpunkt des Konflikts der Vertragspartner, obwohl der Schlichtungsauftrag der Schiedsperson nach § 132a Abs 2 Satz 1 und 6 SGB V weitergehen kann. Ob für solche eher punktuellen Festlegungen die Ersetzungsklage mit der Konsequenz der abschließenden Entscheidung durch ein Gericht sachgerecht ist, lässt der Senat offen; er muss deshalb auch nicht beim 3. Senat anfragen, ob dieser an seiner Rechtsprechung dazu festhält. Jedenfalls ist diese Konzeption auf die Verträge nach § 73b SGB V nicht übertragbar.

50

Gerichte können nicht umfassende Vertragswerke festsetzen, Regelungen über den Datenaustausch formulieren und die Beziehungen der Partner der Verträge untereinander vollständig regeln (zu § 132a Abs 2 SGB V vgl die Bedenken von Plantholz, RsDE 64<2007>, 1, 20 f, 23). Die dazu erforderliche Kenntnis nicht zuletzt der technischen Abläufe und deren Gestaltbarkeit ist bei den Gerichten ohne die Kooperation der Vertragspartner, auf die die Schiedsperson setzen kann, nicht vorhanden; insoweit müssten regelmäßig Sachverständige hinzugezogen und möglicherweise sogar mit der Formulierung beauftragt werden. Die Gerichte könnten nur punktuell - etwa bei der Höhe der Vergütung der teilnehmenden Ärzte - nach dem Maßstab der Angemessenheit entscheiden. Soweit ersichtlich, gibt es bisher auch keine sozialgerichtliche Entscheidung, in der ein durch eine Schiedsperson festgesetzter komplexer Vertrag wegen Unbilligkeit aufgehoben und durch einen gerichtlich festgesetzten Vertragsinhalt ersetzt worden wäre.

51

Aus den genannten Gründen muss sich die gerichtliche Kontrolle von Entscheidungen der Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V an dem Muster der Kontrolle von Schiedsamtsentscheidungen nach § 89 SGB V orientieren: Das Gericht prüft, ob die von einem der Beteiligten gerügten Festsetzungen mit höherrangigem Recht unvereinbar sind, bezeichnet ggf solche Rechtsverstöße und stellt weiter die Verpflichtung der Vertragspartner fest, diese Verstöße zu beseitigen. Wenn das im Wege freier Verhandlungen nicht gelingt, muss erneut eine Schiedsperson tätig werden, die - wie die Partner auch - an die Rechtsauffassung gebunden ist, die dem Feststellungsurteil zugrunde liegt.

52

Der naheliegende Einwand gegen diese Rechtsschutzkonzeption, dass eine abschließende Festlegung des Vertragsinhalts nicht zeitnah gewährleistet wird, greift im Ergebnis nicht durch. Es erscheint bereits fraglich, ob die Festsetzung des komplexen Inhalts eines Vertrages zur HzV durch ein für derartige Aufgaben nicht ausgestattetes Gericht oder eine Festlegung des Vertragsinhalts unter Einbeziehung von Sachverständigen, die das Gericht zu bestellen hätte, zu einer Beschleunigung des Verfahrens beitragen könnten. Auch kann dahingestellt bleiben, ob dem Einwand der Klägerin zu folgen ist, dass die Gestaltung des vollständigen Vertragsinhalts durch das Gericht - die im Verwaltungsprozessrecht sonst keine Entsprechung finden dürfte - in Widerspruch zum Grundsatz der Gewaltenteilung nach Art 20 Abs 2 Satz 2 GG geriete, weil die Gerichte allein dazu berufen sind, Verwaltungshandeln zu kontrollieren (vgl auch Buchner/Spiegel, NZS 2013, 1, 7 f unter Hinweis auf BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 13 sowie BSGE 90, 42, 44 = SozR 3-8570 § 4 Nr 4). Ausschlaggebend ist, dass der Gesetzgeber den Weg der gerichtlichen Kontrolle von Schiedsamtsentscheidungen - und nicht deren Ersetzung durch die Gerichte - auch sonst im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung - und zwar gemäß § 89 Abs 1a SGB V auch für gesetzlich vorgeschriebene Verträge - gewählt hat. Selbst wenn ein gesetzlich vorgeschriebener Vertrag über die vertragsärztliche Versorgung nicht zustande kommt und keine der Parteien bei dem Schiedsamt einen Antrag auf Herbeiführung der Einigung stellt, sieht § 89 Abs 1a Satz 1 SGB V keine Ersetzung durch die Aufsichtsbehörde, sondern lediglich ein Recht der Aufsichtsbehörde zur Anrufung des Schiedsamts vor. Solange das Schiedsamt überhaupt fristgerecht tätig wird, beschränkt sich auch die Kontrolle der Entscheidung durch die Aufsichtsbehörden gemäß § 89 Abs 5 Satz 5 SGB V auf Rechtsverstöße. Eine Festsetzung des Vertragsinhalts durch die für das Schiedsamt zuständige Aufsichtsbehörde sieht der mit dem GMG vom 14.11.2003 (BGBl I 2190, 2210) eingeführte § 89 Abs 1 Satz 5 SGB V nur ausnahmsweise für den Fall vor, dass das Schiedsamt auch nach Fristsetzung durch die Aufsichtsbehörde untätig bleibt. Die daraus erkennbar werdende Konzeption des Gesetzgebers, zumindest im Bereich des SGB V Schiedssprüche im Regelfall nicht durch Entscheidungen der Aufsichtsbehörden und erst Recht nicht durch gerichtliche Entscheidungen zu ersetzen, sondern die Kontrolle auf die Prüfung der Rechtmäßigkeit zu beschränken, ist auf die gerichtliche Kontrolle von Entscheidungen der Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V zu übertragen.

53

4. Richtige Klageart ist danach die Feststellungsklage (§ 55 Abs 1 SGG), die die Klägerin hilfsweise erhoben hat. Diese ist auch zulässig, in der Sache aber nur zum geringen Teil begründet.

54

a) Der Zulässigkeit des in der mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellten Feststellungsantrags steht nicht entgegen, dass die Klägerin einen solchen im Revisionsverfahren bis zum Ablauf der Frist zur Revisionsbegründung nicht formuliert hatte. Zwar darf das BSG über den Antrag grundsätzlich nicht hinausgehen und eine Klagänderung ist gemäß § 168 Satz 1 SGG im Revisionsverfahren unzulässig. Zulässig ist jedoch eine Erweiterung des Klagantrags im Sinne des § 99 Abs 3 SGG, soweit damit keine neuen Revisionsgründe geltend gemacht werden(vgl BSGE 31, 112, 113 = SozR Nr 55 zu § 164 SGG) und auch der Übergang von der Anfechtungsklage zur Feststellungsklage (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 99 RdNr 4 mwN). Ausschlaggebend ist, dass der historische Lebenssachverhalt, aus dem der Anspruch abgeleitet wird, unverändert geblieben ist (vgl BSG SozR 4-4300 § 57 Nr 5). Das ist hier der Fall. Eine solche Erweiterung des Revisionsantrags ist auch noch nach Ablauf der Frist zur Revisionsbegründung bis zum Schluss der mündlichen Revisionsverhandlung möglich (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 164 RdNr 10 mwN).

55

Die Klägerin hat die Klage zutreffend gegen die Beklagten als Parteien des Vertrages zur HzV gerichtet. Seit der Änderung durch das GKV-VStG regelt § 73b Abs 4a Satz 5 SGB V ausdrücklich, dass Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts gegen eine der beiden Vertragsparteien und nicht gegen die Schiedsperson zu richten sind. Dies galt aufgrund des Umstands, dass die Schiedsperson keine Behörde ist und dass deren Entscheidung nicht in der Form eines Verwaltungsakts ergeht (vgl oben 2.), auch bereits für die Zeit vor Inkrafttreten der gesetzlichen Klarstellung mWv 1.1.2012 und damit auch bereits zum Zeitpunkt der Klagerhebung am 9.9.2011 (zur Ersetzungsklage gegen die Entscheidung Schiedsperson nach § 132a SGB V vgl BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 30). Die Tätigkeit der Schiedsperson ist mit dem Erlass des Schiedsspruchs beendet (zur Schiedsperson nach § 132a SGB V vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 7 RdNr 19, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen). Aus diesem Grund ist die Schiedsperson zu dem Verfahren um die Rechtmäßigkeit der Festsetzung des Vertragsinhalts auch nicht notwendig beizuladen (zur Schiedsperson nach § 132a SGB V vgl BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 31).

56

b) Für die Begründetheit der Feststellungklage wird in der Regel auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abgestellt (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 55 RdNr 21 mwN). Vorliegend ist jedoch - in Übereinstimmung mit der Auffassung der Klägerin - vom Zeitpunkt der Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson am 9.9.2010 auszugehen. Dies folgt aus dem Umstand, dass die Klägerin die Rechtswidrigkeit des Schiedsspruchs für den Zeitpunkt seines Ergehens geltend macht. Grundsätzlich hat sie an einer Klärung der Frage, ob der Vertrag zum Zeitpunkt seiner Festsetzung rechtmäßig war, auch ein berechtigtes Interesse. Später eintretenden Änderungen haben die Vertragsparteien gemäß § 22 Abs 2 Satz 2 des Vertrages nach den Grundsätzen von Treu und Glauben Rechnung zu tragen. Soweit diese vertragliche Regelung nicht eingreift, folgt die Möglichkeit zur Anpassung des Vertrages aus § 59 Abs 1 Satz 1 SGB X, wobei die vertragliche Regelung Vorrang hat(vgl BSG SozR 4-2500 § 83 Nr 1 RdNr 25). Nach § 59 Abs 1 Satz 1 SGB X kann eine Vertragspartei eine Anpassung des Vertragsinhalts an geänderte Verhältnisse verlangen, wenn sich die Verhältnisse, die für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend gewesen sind, seit Abschluss des Vertrages so wesentlich geändert haben, dass der Vertragspartei das Festhalten an der ursprünglichen vertraglichen Regelung nicht zuzumuten ist. Wenn eine Anpassung nicht möglich oder einer Vertragspartei nicht zuzumuten ist, kann diese den Vertrag kündigen. Auch diese Vorschrift setzt voraus, dass Änderungen seit Abschluss des Vertrages eingetreten sind. Insofern ist für die Klägerin weiterhin von Interesse, ob der Schiedsspruch zum Zeitpunkt der Vertragsfestsetzung rechtmäßig war. Dagegen ist weder eine Anpassung noch die Kündigung des durch Schiedsspruch festgesetzten Vertrages Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits, sodass es auf später eingetretene Änderungen grundsätzlich nicht ankommen kann. Die etwa infolge der Abschaffung der Praxisgebühr (Streichung des § 28 Abs 4 SGB V mit Art 1 Nr 2 des Gesetzes zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs in stationären Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen vom 20.12.2012, BGBl I 2789) erforderlichen Anpassungen des Vertrages (vgl dazu ua § 2 Abs 4, § 13 des Vertrages) sind ersichtlich nicht aufgrund unterschiedlicher Auffassungen der Vertragspartner, sondern wegen der im Vordergrund stehenden grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten und der deshalb bisher nicht erfolgten Umsetzung des Vertrages unterblieben. Eine auf den Anpassungsbedarf bezogene gerichtliche Feststellung hat die Klägerin nicht geltend gemacht.

57

Allerdings sind im vorliegenden Verfahren Änderungen der Rechtslage zu berücksichtigen, die Einfluss auf das Fortbestehen des Feststellungsinteresses der Klägerin haben. Für die Beurteilung des Feststellungsinteresses ist die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Revisionsinstanz maßgebend (zur Fortsetzungsfeststellungsklage vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 131 RdNr 10, 10i; vgl auch BSG SozR 4-2700 § 215 Nr 2 RdNr 11). Da der streitgegenständliche Vertrag zur HzV bisher nicht umgesetzt wurde, kann ein berechtigtes Feststellungsinteresse der Klägerin nur bestehen, soweit es darauf für die noch bevorstehende Umsetzung des Vertrages ankommt. Bedeutung gewinnt diese Frage hier bezogen auf Vereinbarkeit des Vertrages mit Bestimmungen zum Datenschutz (vgl dazu im Einzelnen nachfolgend d ii, RdNr 90).

58

c) Die gerichtliche Kontrolle der Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson richtet sich aus den og Gründen nach den in der Rechtsprechung zur Überprüfung von Schiedsamtsentscheidungen nach § 89 SGB V entwickelten Maßstäben. Danach unterliegt auch die Entscheidung der Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V nur in eingeschränktem Umfang der gerichtlichen Kontrolle(vgl die stRspr zu § 89 SGB V: BSGE 100, 144 = SozR 4-2500 § 85 Nr 41, RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 83 Nr 3 RdNr 18; BSGE 91, 153 = SozR 4-2500 § 85 Nr 3, RdNr 11 mwN). Die Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle berücksichtigt, dass Schiedspersonen - ebenso wie Schiedsämter - deren Sprüche Vereinbarungen der zum Vertragsabschluss berufenen Vertragspartner ersetzen, eine weite Gestaltungsfreiheit haben. Dies trägt dem Wesen der Schiedssprüche Rechnung, die auf Interessenausgleich angelegt sind und Kompromisscharakter haben (vgl BSGE 87, 199, 202 = SozR 3-3300 § 85 Nr 1 S 5). Der Schiedsspruch ist daher nur daraufhin zu überprüfen, ob die grundlegenden verfahrensrechtlichen Anforderungen beachtet und in inhaltlicher Hinsicht die zwingenden rechtlichen Vorgaben eingehalten wurden. Mithin ist in formeller Hinsicht zu klären, ob das Schiedsamt den von ihm zugrunde gelegten Sachverhalt in einem fairen Verfahren unter Wahrung des rechtlichen Gehörs festgestellt hat und der Schiedsspruch die Gründe für das Entscheidungsergebnis wenigstens andeutungsweise erkennen lässt (stRspr zu § 89 SGB V vgl etwa: BSGE 87, 199, 202 = SozR 3-3300 § 85 Nr 1 S 5; BSGE 100, 144 = SozR 4-2500 § 85 Nr 41, RdNr 13). Die inhaltliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob der zugrunde gelegte Sachverhalt zutrifft und ob die Schiedsperson den ihr zustehenden Gestaltungsspielraum eingehalten, dh die maßgeblichen Rechtsmaßstäbe beachtet hat (zum Schiedsamt vgl BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 20 S 131; BSGE 86, 126, 135 = SozR 3-2500 § 85 Nr 37 S 295; BSGE 91, 153 = SozR 4-2500 § 85 Nr 3, RdNr 11). Die Prüfung beschränkt sich dabei entgegen der Auffassung der Beklagten nicht auf die Beachtung von Vorschriften, die unmittelbar Rechte der Vertragsparteien zu schützen bestimmt sind (aA zur Frage der Einhaltung datenschutzrechtlicher Bestimmungen auch: LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 2.8.2011 - L 5 KA 1601/11 ER-B - Juris RdNr 188). Deren Betroffenheit in eigenen Rechten folgt bereits aus dem Umstand, dass sie Partner des durch die Schiedsperson festgesetzten Vertrages sind. Die Bindung an einen solchen Vertrag müssen sie nur hinnehmen, soweit die darin getroffenen Bestimmungen materiell rechtmäßig sind. Insofern hat der Umstand, dass der Schiedsspruch der Schiedsperson nach § 73b SGB V nicht in der Form eines Verwaltungsakts ergeht, keinen Einfluss auf den gerichtlichen Prüfungsumfang.

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d) Die Überprüfung der Entscheidung der Schiedsperson anhand der genannten Maßstäbe ergibt, dass die Festsetzung des Vertragsinhalts allein bezogen auf die Vereinbarkeit mit bundesrechtlichen Bestimmungen zum Datenschutz zu beanstanden ist. Im Übrigen entspricht der Schiedsspruch den rechtlichen Anforderungen.

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aa) Einwände bezogen auf die Einhaltung verfahrensrechtlicher Anforderungen werden von den Beteiligten nicht geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich. Insbesondere durfte die Schiedsperson den Vertragsinhalt am 9.9.2010 festsetzen, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch ein Klageverfahren zur Frage der Rechtmäßigkeit der Bestimmung der Schiedsperson anhängig war. Da Klagen gegen die Bestimmung der Schiedsperson gemäß § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V keine aufschiebende Wirkung haben, war die Schiedsperson trotz des anhängigen Klageverfahrens berechtigt (und verpflichtet), tätig zu werden(zur Bestellung einer Schiedsperson nach § 132a SGB V vgl BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 7 RdNr 27, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen).

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bb) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist nicht zu beanstanden, dass die Schiedsperson nicht allein den Beklagten zu 1. (Hausärzteverband, Landesverband Baden-Württemberg), sondern auch den Beklagten zu 2. (Medi Baden-Württemberg eV) als Vertragspartner der Klägerin in den Vertrag aufgenommen hat.

62

(1) Gemäß § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V sind die Krankenkassen verpflichtet, allein oder in Kooperation mit anderen Krankenkassen spätestens bis zum 30.6.2009 Verträge mit Gemeinschaften zu schließen, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der KÄV vertreten. Nur die so definierten Gemeinschaften von Allgemeinärzten sind gemäß § 73b Abs 4 Satz 2, Abs 4a Satz 1 SGB V berechtigt, die Einleitung eines Schiedsverfahrens zu verlangen. Diese Anforderungen müssen jedenfalls zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bzw der Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson erfüllt sein (so auch bereits Sächsisches LSG Urteil vom 11.4.2012 - L 1 KA 51/11 KL - Juris RdNr 27; LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 17.1.2011 - L 7 KA 66/10 B ER - Juris RdNr 5). Die genannten Voraussetzungen werden von den beiden Beklagten erfüllt.

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(2) Mit dem Begriff der Allgemeinärzte sind nicht alle nach § 73 Abs 1a SGB V an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte angesprochen. Vielmehr wird der Begriff übereinstimmend mit § 73 Abs 1a Nr 1 SGB V verwendet, sodass darunter nur die an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte fallen, die nach Landesrecht zur Führung der Bezeichnung "Arzt für Allgemeinmedizin" berechtigt sind. Vorbehaltlich landesrechtlicher Übergangsregelungen wird also eine fünfjährige Weiterbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin vorausgesetzt (Bäune in Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2013, § 73b RdNr 14; Engelmann in Prütting, Fachanwaltskommentar Medizinrecht, 3. Aufl 2014, § 73b SGB V RdNr 29a; Alemann/Scheffczyk, NZS 2012, 45, 46; Orlowski, ZMGR 2009, 124, 127; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 11.10.2010 - L 11 KA 61/10 B ER - GesR 2011, 32 = Juris RdNr 35 ff; Sächsisches LSG Urteil vom 11.4.2012 - L 1 KA 51/11 KL - Juris RdNr 31 ff; vgl auch BT-Drucks 16/10609 S 54). Diesen Begriff der "Allgemeinärzte" hat die Schiedsperson ihrer Prüfung, ob die og 50 %-Quote erreicht wird, zutreffend zugrunde gelegt. Dies wird auch von der Klägerin nicht in Zweifel gezogen.

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(3) Gemeinschaften, die die Einleitung eines Schiedsverfahrens beantragen können, müssen nach § 73b Abs 4 Satz 1 und 2, Abs 4a Satz 2 SGB V mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der KÄV "vertreten". Dass die Beklagten zu 1. und zu 2. gemeinsam diese Quote erfüllen, wird zu Recht auch von der Klägerin nicht in Frage gestellt. Der in § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V verwendete Begriff "vertreten" wird jedenfalls nicht als eine Vertretung im Sinne einer rechtsgeschäftlichen Handlung im fremden Namen(§ 164 BGB) verstanden werden können. Vielmehr schließen die in § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V bezeichneten Gemeinschaften die Verträge mit den Krankenkassen im eigenen Namen ab. Ausschlaggebend ist daher die Zahl der Mitglieder der Gemeinschaft (so auch die ganz hM vgl zB Klückmann in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2015, § 73b RdNr 13a; Huster, NZS 2010, 69, 70; Orlowski, ZMGR 2009, 124, 128; ders in Orlowski/Rau/Schermer/ Wasem/Zipperer, SGB V, Stand Dezember 2014, § 73b RdNr 37; Engelmann in Prütting, Fachanwaltskommentar Medizinrecht, 3. Aufl 2014, § 73b SGB V RdNr 31b; Sächsisches LSG Urteil vom 11.4.2012 - L 1 KA 51/11 KL - Juris RdNr 35; aA Kingreen/Temizel, ZMGR 2009, 134, 135). Wie in der Begründung des Schiedsspruchs im Einzelnen dargelegt wird, waren 3492 der insgesamt 5089 in Baden-Württemberg an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte für Allgemeinmedizin und damit deutlich mehr als die Hälfte Mitglied einer der beiden Beklagten. Allein bei dem Beklagten zu 1. (Hausärzteverband Baden-Württemberg) waren 2742 der in Baden-Württemberg zugelassenen Fachärzte für Allgemeinmedizin Mitglied. Weil mindestens 2566 Allgemeinärzte - und damit ebenfalls mehr als die Hälfte - die beiden Verbände auch mit dem Abschluss von Verträgen zur HzV beauftragt hatten, wäre die og Voraussetzung hier im Übrigen auch erfüllt, wenn eine Mandatierung erforderlich wäre.

65

Die Klägerin ist allerdings der Auffassung, dass jedenfalls der Beklagte zu 2. die gesetzlich geregelte Quote nicht erfüllen würde und dass dieser deshalb nicht als Vertragspartner der Klägerin in den Vertrag zur HzV hätte aufgenommen werden dürfen. Die Erfüllung der Quote sei bezogen auf jeden einzelnen Verband zu prüfen, sodass die gemeinsame Erfüllung durch mehrere Verbände nicht genüge. Dies trifft indes nicht zu. Zwar waren nur 1267 Allgemeinärzte und damit weniger als die Hälfte der in Baden-Württemberg zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Allgemeinärzte Mitglied des Beklagten zu 2. Darauf kommt es indes nicht an. Vielmehr genügt, dass beide Beklagten als Vertragspartner der Klägerin gemeinsam mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte vertreten und zum gemeinsamen Vertragsschluss zu identischen Konditionen bereit waren und sind.

66

Der Begriff der "Gemeinschaften" wird gesetzlich nicht definiert. Der entsprechende Begriff in § 741 BGB wird nach dem Sinn der Regelung offensichtlich nicht in Bezug genommen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass keine Beschränkung auf eine bestimmte Rechtsform beabsichtigt war und dass weder eine innere noch eine äußere Organisationsstruktur vorgegeben wird (ebenso Alemann/Scheffczyk, NZS 2012, 45, 46; Huster, NZS 2010, 69, 70; Bäune in Eichenhofer/Wenner, SGB V, § 73b RdNr 13; Orlowski, ZMGR 2009, 124, 126; Nebendahl in Spickhoff, Medizinrecht, 2. Aufl 2014, § 73b SGB V RdNr 16; vgl auch Bayerisches LSG Beschluss vom 27.6.2009 - L 12 KA 33/09 B ER - GesR 2009, 477, 480). Ausschlaggebend ist allein die soziale Mächtigkeit der Gemeinschaft und die daraus folgende Möglichkeit, eine flächendeckende Versorgung zu organisieren (Orlowski, ZMGR 2009, 124, 127 f; ders in Orlowski/Rau/Schermer/Wasem/Zipperer, SGB V, Stand Dezember 2014, § 73b RdNr 37; Huster, NZS 2010, 69, 70; Klückmann in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2015, § 73b RdNr 13a; aA Kingreen/Temizel, ZMGR 2009, 134, 135). Diese Auffassung wird insbesondere durch die in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 16/10609 S 53 f) zum Ausdruck kommende Zielsetzung der Regelung gestützt. Danach sollte mit der zum 1.1.2009 eingeführten Neuregelung durch das GKV-OrgWG vom 15.12.2008 (BGBl I 2426) das mit dem GKV-WSG eingeführte eigenständige Verhandlungsmandat der Gemeinschaft von Hausärzten gestärkt werden. Gemeinschaften, die die 50 %-Quote erfüllen, gewährleisteten, dass eine flächendeckende Sicherstellung mit Verträgen zur hausarztzentrierten Versorgung durch den Vertragsschluss erreicht werden könne. Unter Berücksichtigung dieser Zielsetzung ist davon auszugehen, dass sich Kooperationen nicht nur - wie ausdrücklich gesetzlich geregelt (§ 73b Abs 4 Satz 1 SGB V)- auf Seiten der Krankenkassen, sondern auch auf Seiten der Hausärzte an dem Vertrag zur HzV beteiligen können. Dem gesetzgeberischen Ziel, eine flächendeckende Sicherstellung mit Verträgen zur HzV zu erreichen, wird schon Rechnung getragen, wenn nicht jeder einzelne Verband, sondern nur die Kooperation von Hausarztverbänden die genannte Quote erfüllt (so auch das dem Schriftsatz der Klägerin vom 12.2.2015 als Anlage RK 29 übersandte "Ergebnisse der Besprechung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe vom 22.1.2009 zu Fragestellungen/Problemen im Zusammenhang mit § 73b SGB V in der Fassung vom 1.1.2009", S 3 unter III. 2.; ausdrücklich bezogen auf die beiden Beklagten des vorliegenden Verfahrens: Orlowski, ZMGR 2009, 124, 126; ders in Orlowski/Rau/Schermer/Wasem/Zipperer, SGB V, Stand Dezember 2014, § 73b RdNr 32).

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cc) Der durch die Schiedsperson festgesetzte Vertrag zur HzV verletzt nicht den Grundsatz der Beitragssatzstabilität aus § 71 Abs 1 Satz 1 SGB V. Entgegen der Auffassung der Klägerin findet dieser Grundsatz auf den vorliegenden, vor dem 22.9.2010 zustande gekommenen Vertrag keine Anwendung.

68

(1) In der hier maßgebenden Fassung des § 73b SGB V vor der Änderung durch das Gesetz zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-FinG) vom 22.12.2010 (BGBl I 2309) war die Geltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität für die HzV nicht geregelt. Die Einfügung des § 73 Abs 5a SGB V mit dem GKV-FinG, in dessen Satz 1 bestimmt wird, dass bei der zwischen den Krankenkassen und den die Allgemeinärzte vertretenden Gemeinschaften der Grundsatz der Beitragssatzstabilität nach § 71 SGB V zu beachten ist, gilt ausdrücklich nur für nach dem 22.9.2010 zustande gekommene Verträge. Der hier zu beurteilende Vertrag ist bereits mit der Festsetzung durch die Schiedsperson vom 9.9.2010 und damit bis zum 22.9.2010 zustande gekommen.

69

Die Beschränkung der Geltungsdauer der Bestandsschutzregelung nach § 73b Abs 5a Satz 5 SGB V idF des GKV-FinG auf die Zeit bis zum 30.6.2014 greift nicht ein, weil diese Frist nur für Anschlussvereinbarungen und nicht für den hier zu beurteilenden, bis zum 22.9.2010 geschlossenen Vertrag selbst gilt. Im Übrigen ist § 73b Abs 5a SGB V mit dem dort geregelten Grundsatz der Beitragssatzstabilität durch das Vierzehnte Gesetz zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch(14. SGB V-Änderungsgesetz - 14. SGB V-ÄndG) vom 27.3.2014 (BGBl I 261) mWv 1.4.2014 aufgehoben worden, sodass diese Regelung auch im Falle einer Kündigung des Vertrages zur HzV keine Wirkung mehr entfalten könnte.

70

§ 73b SGB V in der hier maßgebenden Fassung unterscheidet sich damit zB von der die Gesamtvergütung betreffenden Bestimmung des § 85 Abs 3 Satz 2 SGB V idF vor der Änderung durch das GKV-VStG zum 1.1.2013, der die Beachtung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität (§ 71 SGB V) für die Vereinbarung der Veränderungen der Gesamtvergütungen anordnete. Allein der Umstand, dass es in § 73b SGB V an einer entsprechenden ausdrücklichen Regelung für die HzV fehlt, schließt die Geltung dieses Grundsatzes allerdings noch nicht aus. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass der Grundsatz der Beitragssatzstabilität allgemein für die im Vierten Kapitel des SGB V geregelten Vergütungsvereinbarungen gilt, ohne dass es einer auf die jeweilige Vergütungsvereinbarung bezogenen speziellen Regelung bedarf. Dies hat der Senat insbesondere aus dem Standort des § 71 SGB V im Abschnitt "Allgemeine Grundsätze" des Vierten Kapitels abgeleitet(BSG SozR 4-2500 § 88 Nr 1 RdNr 17). Bei dem Grundsatz der Beitragssatzstabilität handelt es sich um eine verbindliche gesetzliche Vorgabe, die auch bei Schiedssprüchen zu beachten ist und die eine verbindliche Grenze für Vergütungsvereinbarungen darstellt (vgl BSGE 86, 126, 135 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 37 S 296 f; BSG SozR 4-2500 § 88 Nr 1 RdNr 15 f mwN).

71

Dies gilt jedoch nur, soweit keine Ausnahme eingreift. Solche Ausnahmen und Einschränkungen sind für unterschiedliche Vergütungsvereinbarungen im Vierten Kapitel des SGB V enthalten. So gilt nach § 87a Abs 3 Satz 2 letzter Halbsatz SGB V in der Fassung des GKV-WSG der vereinbarte Behandlungsbedarf als "notwendige medizinische Versorgung" im Sinne des § 71 Abs 1 Satz 1 SGB V mit der Folge, dass die Beschränkungen aus dem Grundsatz der Beitragssatzstabilität für Gesamtvergütungen in der vertragsärztlichen Versorgung seit 2009 insoweit nicht eingreifen(vgl BSG SozR 4-2500 § 87a Nr 2 RdNr 41). Für die integrierte Versorgung bestimmt § 140b Abs 4 Satz 2 SGB V, dass der Grundsatz der Beitragssatzstabilität nicht für Verträge gilt, die bis zum 31.12.2008 geschlossen worden sind. Für die zahnärztliche Versorgung ist der Grundsatz der Beitragssatzstabilität mit der Änderung des § 85 Abs 3 Satz 2 SGB V zwar nicht aufgehoben, aber eingeschränkt worden, indem nicht mehr die Beachtung, sondern nur noch dessen Berücksichtigung vorgeschrieben wird(vgl dazu Axer, GesR 2013, 135, 138 f). Eine ähnliche Einschränkung enthält § 134a Abs 1 Satz 2 SGB V für die Versorgung mit Hebammenhilfe.

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Für die HzV folgt eine Ausnahme vom Grundsatz der Beitragssatzstabilität aus § 73b Abs 5 Satz 4 SGB V. Danach können Einzelverträge Abweichungen von den Vorschriften "dieses Kapitels" - also des Vierten Kapitels des SGB V - sowie den nach diesen Vorschriften getroffenen Regelungen regeln. Das Vierte Kapitel umfasst die §§ 69 bis 140h SGB V und damit auch § 71 Abs 1 Satz 1 SGB V(so auch Alemann/Scheffczyk, NZS 2012, 45, 48; ähnlich Bogan, Der Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen, 2012, S 257 f; LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 3.11.2011 - L 3 KA 104/10 B ER - GesR 2012, 35, 38).

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Eine Geltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität kann entgegen der Auffassung von Ebsen aus dem von der Klägerin vorgelegten Gutachten (Rechtliche Anforderungen an das Handeln der Schiedsperson für die Festlegung des Inhalts des Vertrages über die hausarztzentrierte Versorgung nach § 73b Abs 4a SGB V, Rechtsgutachten im Auftrag des AOK-Bundesverbandes aus Juli 2009, unveröffentlicht, RdNr 55) auch nicht aus dem Umstand hergeleitet werden, dass § 140b Abs 4 Satz 2 SGB V die Nichtgeltung für die Verträge zu integrierten Versorgungsformen ausdrücklich anordnet, während § 73b Abs 5 Satz 4 SGB V für die HzV nur allgemein Ausnahmen von den Vorschriften des Vierten Kapitels zulässt. Zwar trifft es zu, dass sich der Gesetzgeber nach der Gesetzesbegründung zur Einführung des § 73b Abs 5 Satz 4 SGB V mit dem GKV-WSG ua an § 140b Abs 4 Satz 1 SGB V anlehnen wollte(BT-Drucks 16/3100, S 112), der Abweichungen von den Vorschriften ua des Vierten Kapitels betrifft. § 140b Abs 4 Satz 2 SGB V, der die Nichtgeltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität für die integrierte Versorgung ausdrücklich regelt, bleibt in der Gesetzesbegründung zu § 73b Abs 5 Satz 4 SGB V hingegen unerwähnt. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass § 73b Abs 5 Satz 4 SGB V Abweichungen von den Vorschriften des Vierten Kapitels nur mit Ausnahme des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität zulassen würde. Im Wortlaut der Regelung findet eine solche einschränkende Auslegung keine Grundlage. Der im Gutachten von Ebsen gezogene Vergleich zwischen den für die HzV und den für die integrierte Versorgung geltenden Regelungen berücksichtigt zudem nicht hinreichend, dass § 140b Abs 4 Satz 1 SGB V Abweichungen von den Vorschriften ua des Vierten Kapitels des SGB V nicht umfassend, sondern nur insoweit zulässt, als "die abweichende Regelung dem Sinn und der Eigenart der integrierten Versorgung entspricht, die Qualität, die Wirksamkeit und die Wirtschaftlichkeit der integrierten Versorgung verbessert oder aus sonstigen Gründen zu ihrer Durchführung erforderlich ist". Da § 73b Abs 5 Satz 4 SGB V Abweichungen von den Vorschriften des Vierten Kapitels umfassend zulässt, bedurfte es keiner § 140b Abs 4 Satz 2 SGB V entsprechenden speziellen Regelung zur Nichtgeltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität. Im Übrigen vertritt auch Ebsen nicht die Auffassung, dass die Krankenkassen bei Verträgen zur HzV den Grundsatz der Beitragssatzstabilität umfassend zu beachten hätten. Vielmehr will er den "unternehmerisch" im Wettbewerb stehenden Krankenkassen für freiwillige Vereinbarungen einen größeren Spielraum zubilligen und lediglich den Gestaltungsspielraum der Schiedsperson beschränken (vgl RdNr 31 ff, 61 des Gutachtens). Indes ist die Gestaltungsfreiheit der Schiedsperson nicht geringer als diejenige der Vertragspartner bei einer im Wege freier Verhandlung erzielten Vereinbarung. Insofern gilt für Schiedssprüche von Schiedspersonen nichts anderes als für solche der Schiedsämter (vgl zum Gestaltungsspielraum von Schiedsämtern BSG SozR 4-2500 § 87a Nr 2 RdNr 36; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 73 RdNr 15; BSGE 86, 126, 134 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 37 S 295 mwN).

74

Etwas anderes folgt auch nicht aus § 73b Abs 8 SGB V in der hier maßgebenden Fassung des GKV-WSG, die im Übrigen mit der seit dem 1.4.2014 (wieder) geltenden Fassung des 14. SGB V-ÄndG übereinstimmt. Nach dieser Vorschrift können die Parteien des Vertrages zur HzV vereinbaren, dass Aufwendungen für Leistungen, die über die hausärztliche Versorgung nach § 73 SGB V hinausgehen und insoweit nicht unter die Bereinigungspflicht nach § 73b Abs 7 SGB V fallen, aus Einsparungen und Effizienzsteigerungen finanziert werden, die aus den Maßnahmen von Verträgen nach § 73b Abs 4 SGB V erzielt werden. Aus der Formulierung "können vereinbaren" folgt, dass es sich nicht um eine für die Vertragspartner verbindliche Vorgabe handelt. Damit übereinstimmend hat der Gesundheitsausschuss, auf dessen Empfehlung die Regelung mit dem GKV-WSG eingeführt worden ist, zur Begründung angegeben, dass es sich um eine Klarstellung handele. In den Verträgen zu HzV könne vereinbart werden, zusätzliche Vergütungen durch Einsparungen zB bei den veranlassten und verordneten Leistungen zu generieren (BT-Drucks 16/4247 S 36).

75

Dass der Grundsatz der Beitragssatzstabilität für die bis zum 22.9.2010 zustande gekommenen Verträge zur HzV keine Geltung beansprucht, findet seine Bestätigung in der Änderung des § 73b SGB V mit dem GKV-FinG. Der mit diesem Gesetz neu eigeführte § 73b Abs 5a SGB V sah in Satz 1 eine Geltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität ausdrücklich nur für die nach dem 22.9.2010 zustande gekommenen Verträge vor. Ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 17/3040 S 23) entsprach es auch dem Willen des Gesetzgebers, die bis zum 22.9.2010 zustande gekommenen Verträge zur HzV von der Geltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität auszunehmen. Danach sollte es für diese Verträge bei der "im bisherigen Recht angelegten Vertragsfreiheit der Vertragsparteien auch im Hinblick auf die Vergütungshöhe" bleiben.

76

Auch die Motive, die den Gesetzgeber nach der Gesetzesbegründung zum 14. SGB V-ÄndG (BT-Drucks 18/606 S 11) zur Aufhebung des § 73b Abs 5a SGB V und zur "Rückführung" des Abs 8 auf die vor dem GKV-FinG geltende Fassung mWv 1.4.2014 veranlasst haben, sprechen dafür, dass es sich bei den Änderungen durch das GKV-FinG - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht nur um eine Klarstellung bezogen auf den ohnehin geltenden Grundsatz der Beitragssatzstabilität gehandelt hat, sondern dass dieser Grundsatz im Bereich der HzV allein aufgrund des - mit dem 14. SGB V-ÄndG wieder aufgehobenen - § 73b Abs 5a SGB V und damit auch nur für die nach dem 22.9.2010 zustande gekommenen Verträge zur HzV galt. Nach der Begründung der Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses, auf die die Änderung zurückgeht, sollten die mit dem GKV-FinG eingeführten Vergütungsbeschränkungen wieder aufgehoben werden, "da sie sich als Hemmnis für den Abschluss von Verträgen über eine hausarztzentrierte Versorgung erwiesen haben". Die Vertragspartner sollten - auch für Vereinbarungen über solche Leistungen, die über die hausärztliche Versorgung nach § 73 SGB V hinausgehen - die Möglichkeit erhalten, Vergütungsvereinbarungen zu treffen, ohne hierbei starren Begrenzungen zu unterliegen. Entscheidend sei, dass der Vertrag "insgesamt dem allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebot" entspreche. Die Gestaltungsspielräume der Vertragspartner sollten bezogen auf die Vergütung erweitert und die Möglichkeiten zur Entwicklung innovativer Versorgungskonzepte verbessert werden.

77

(2) Entgegen der Auffassung der Klägerin kann die Geltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität für die Vergütung in der HzV auch nicht aus den für die für Wahltarife geltenden Bestimmungen des § 53 Abs 3, Abs 9 SGB V hergeleitet werden. Allerdings weist die Klägerin zutreffend darauf hin, dass die Krankenkassen nach § 53 Abs 3 SGB V verpflichtet sind, in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen - ua nach § 73b SGB V - teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Daran anknüpfend schreibt § 53 Abs 9 Satz 1 SGB V vor, dass die Aufwendungen für jeden Wahltarif jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden müssen. Danach sei - so die Klägerin - der Abschluss eines Hausarztvertrages ausgeschlossen, der Mehrkosten vorsehe, ohne dass deren Gegenfinanzierung gesichert sei. Der vorliegende Vertrag zur HzV enthalte Regelungen zu Mehrausgaben, deren Gegenfinanzierung spekulativ bleibe.

78

Indes betrifft die Regelung zu den Wahltarifen das Verhältnis der Krankenkassen zu den Versicherten und nicht das Leistungserbringungsrecht. Ein Verstoß gegen die Vorgaben des § 53 Abs 9 SGB V könnte deshalb nur die Rechtsmäßigkeit der Satzung der Krankenkasse berühren und nicht die Rechtmäßigkeit des Vertrages zur HzV(so auch Alemann/Scheffczyk, NZS 2012, 45, 48; vgl Mehdorn, ZMGR 2012, 3, 12; ebenso bezogen auf einen Vertrag nach § 73c SGB V: SG Berlin Urteil vom 13.10.2010 - S 83 KA 443/08 - MedR 2011, 124, 128). Dies räumt auch Ebsen in dem von der Klägerin vorgelegten Gutachten (aaO, RdNr 74) im Grundsatz ein, macht jedoch geltend, dass es den Kassen auch bei Verträgen mit Leistungserbringern selbstverständlich verboten sei, Vereinbarungen zu treffen, die zu einem Verstoß gegen ihre Pflichten im Versicherungsverhältnis führten. Dem kann zwar im Grundsatz zugestimmt werden. Der Senat hat Bedenken gegen die Auffassung des SG München aus der Entscheidung vom 16.7.2014 (S 28 KA 696/12 - Juris RdNr 47 f), nach der ein Vertrag zur HzV bereits deshalb nicht gegen § 53 Abs 9 SGB V verstoßen könne, weil die möglicherweise durch diesen Vertrag verursachten Mehrkosten keine "Aufwendungen für den Wahltarif" im Sinne des § 53 Abs 9 Satz 1 SGB V seien und dass diese deshalb auch nicht durch Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen gegenfinanziert werden müssten. Der Begriff der "Aufwendungen für den Wahltarif" dürfte im Grundsatz umfassender zu verstehen sein als das SG München annimmt (zu Mindereinnahmen als "Aufwendungen für den Wahltarif" vgl BSGE 109, 230 = SozR 4-2500 § 53 Nr 2, RdNr 21). Für das vorliegende Verfahren kommt es darauf indes nicht an. Jedenfalls kann die eindeutige Entscheidung des Gesetzgebers gegen die Geltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität in der HzV nicht über das Verbot der Quersubventionierung von Wahltarifen aus § 53 Abs 9 SGB V unterlaufen werden(in dieser Richtung auch LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 3.11.2011 - L 3 KA 104/10 B ER - GesR 2012, 35 = Juris RdNr 48). Maßgebend ist die - für das Leistungserbringungsverhältnis vorrangige - Regelung des § 73b SGB V. Daher ist § 53 Abs 9 SGB V insoweit einschränkend auszulegen. Soweit die Vertragspartner des HzV von der Gestaltungsfreiheit Gebrauch machen, die der Gesetzgeber ihnen mit der bereichsspezifischen Ausnahme vom Gebot der Beitragssatzstabilität einräumen wollte, kann allein darin kein Verstoß gegen das Verbot der Quersubventionierung aus § 53 Abs 9 SGB V liegen.

79

(3) Die für die HzV geltende Ausnahme vom Grundsatz der Beitragssatzstabilität und die daraus folgende Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 53 Abs 9 SGB V begegnet entgegen der Auffassung der Klägerin auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Zutreffend weist die Klägerin darauf hin, dass sich die Sozialversicherungsbeiträge durch eine strenge grundrechtlich und kompetenzrechtlich begründete Zweckbindung auszeichnen und dass die unter Eingriff in das Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit aus Art 2 Abs 1 GG zustande gekommene Zwangsmitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung die Auferlegung nur solcher Geldleistungen zu rechtfertigen vermag, die ihren Grund und ihre Grenze in den zwingenden Aufgaben der Sozialversicherung finden (vgl BVerfGE 113, 167, 203 = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 55). Die Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung ist in einem Sozialstaat überragend wichtiges Gemeinschaftsgut (BVerfGE 114, 196, 248 = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 RdNr 139). Daraus folgt jedoch nicht, dass der in § 71 Abs 1 Satz 1 SGB V definierte Grundsatz der Beitragssatzstabilität von der Verfassung vorgegeben wäre(zur Einschränkung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität in der vertragszahnärztlichen Versorgung vgl Axer, GesR 2013, 135, 140). Vielmehr hat der Gesetzgeber im Spannungsverhältnis zwischen dem Schutz der Freiheit des Einzelnen und den Anforderungen einer sozialstaatlichen Ordnung nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG einen weiten Gestaltungsspielraum (BVerfGE 114, 196, 248 = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 RdNr 139; BVerfGE 113, 167, 215 = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 86; BVerfGE 103, 172, 185 = SozR 3-5520 § 25 Nr 4 S 27; BVerfGE 44, 70, 89 = SozR 5420 § 94 Nr 2 S 2). Sozialpolitische Entscheidungen des Gesetzgebers sind von der Rechtsprechung zu akzeptieren, solange seine Entscheidungen weder offensichtlich fehlsam noch mit der Wertordnung des Grundgesetzes unvereinbar sind (BVerfGE 113, 167, 215 = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 86; BVerfGE 89, 365, 376 = SozR 3-2200 § 385 Nr 4 S 4).

80

Das Ziel der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung hat der Gesetzgeber mit der Einführung der HzV nicht in Frage gestellt. Im Gegenteil ist die Verpflichtung der Krankenkassen, ihren Versicherten eine flächendeckende hausarztzentrierte Versorgung zur Verfügung zu stellen, mit dem Ziel eingeführt worden, die Versorgungsqualität zu verbessern und Wirtschaftlichkeitsreserven ua durch Verbesserungen im Bereich Pharmakotherapie, durch den Einsatz von wissenschaftlich begründeten und praxiserprobten hausärztliche Leitlinien und durch eine zielgerichtetere Fortbildung zu erschließen (vgl BT-Drucks 16/3100 S 111 f). Auf die Geltung von Vorschriften des Vierten Kapitels einschließlich des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität hat der Gesetzgeber dabei im Interesse eines weiten Gestaltungsspielraums der Vertragspartner und in der Erwartung verzichtet, dass dieser unter der Beteiligung der Krankenkassen als Vertragspartner im Sinne der og Zielsetzung ausgefüllt wird. Anhaltspunkte dafür, dass diese Erwägungen offensichtlich unzutreffend oder aus anderen Gründen mit der Wertordnung der Verfassung unvereinbar wären, sind weder von der Klägerin vorgetragen noch sonst ersichtlich. Bei der Einführung neuer Strukturen im Bereich der Leistungserbringung wie dem flächendeckenden Angebot einer HzV können die finanziellen Auswirkungen regelmäßig nicht mit Sicherheit prognostiziert werden. Allein daraus folgt jedoch noch keine Überschreitung des Handlungsspielraums des Gesetzgebers.

81

Auch eine Ungleichbehandlung der Versicherten und damit ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art 3 Abs 1 GG ist mit der Einführung der HzV entgegen der Auffassung der Klägerin nicht verbunden, soweit alle Krankenkassen ihrer gesetzlichen Pflicht aus § 73b Abs 1 SGB V nachkommen, ihren Versicherten eine HzV anzubieten, weil dann alle Versicherten die Möglichkeit haben, diese Leistung in Anspruch zu nehmen. Mit der vorliegenden Entscheidung stellt der Senat klar, dass die Klägerin dieser bereits seit Inkrafttreten der Änderungen durch das GKV-WSG zum 1.4.2007 gesetzlich geregelten Verpflichtung nachzukommen hat.

82

dd) Zu beachten bleibt das allgemeine Wirtschaftlichkeitsgebot, das seine Grundlage nicht allein in § 70 Abs 1 SGB V und damit einer Vorschrift aus dem nach § 73b Abs 5 Satz 4 SGB V nicht zwingend anwendbaren Vierten Kapitel, sondern auch in § 2 Abs 4, § 12 SGB V hat. Danach müssen die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Für die Geltung des allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebots spricht im Übrigen die Begründung der der Streichung des § 73b Abs 5a SGB V mit dem 14. SGB V-ÄndG zugrunde liegenden Empfehlung des Gesundheitsausschusses (BT-Drucks 18/606 S 11). Danach bleibt entscheidend, "dass der Vertrag insgesamt dem allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebot entspricht". Dagegen gilt die mit der Änderung des § 73b Abs 5 Satz 1 SGB V durch das 14. SGB V-ÄndG eingeführte Verpflichtung, Wirtschaftlichkeitskriterien und Maßnahmen bei Nichteinhaltung der vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien sowie Regelungen zur Qualitätssicherung zu vereinbaren, nicht für den vorliegenden, am 9.9.2010 festgesetzten Vertrag zur HzV, sondern nur für Verträge, die nach dem 31.3.2014 zustande gekommen sind.

83

Der von der Schiedsperson festgesetzte Vertrag entspricht dem allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebot. Dabei ist zu berücksichtigen, dass gerade in der Phase der Einführung der flächendeckenden HzV keine hohen Anforderungen an die Prognose der wirtschaftlichen Auswirkungen gestellt werden können. Für die Rechtmäßigkeit der Festsetzung durch die Schiedsperson ist ausschlaggebend, dass die für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wesentlichen Gesichtspunkte erkannt, gegeneinander abgewogen worden sind und Eingang in die Begründung gefunden haben. Die Anforderungen an die Begründung dürfen auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Schiedsperson keinen eigenen Verwaltungsapparat unterhält, nicht überspannt werden (BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 38). Den so definierten Anforderungen wird die ausführliche Begründung der Entscheidung der Schiedsperson ohne Weiteres gerecht. Dabei wird - wie die Klägerin zutreffend geltend macht - in der Begründung des Schiedsspruchs nicht in Zweifel gezogen, dass zB mit der vorgesehenen kontaktunabhängigen Pauschale (65 Euro pro Versichertenteilnahmejahr) oder der Chronikerpauschale (30 Euro maximal einmal pro Quartal und maximal 4-mal pro Versichertenteilnahmejahr) Vergütungstatbestände in die HzV aufgenommen worden sind, die im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen keine Entsprechung finden und dass insgesamt mit einer Erhöhung des Fallwertes zu rechnen ist. Prognostiziert wird eine Erhöhung um 12,38 Euro im Vergleich zur Regelversorgung. Ferner wird ausgeführt, dass die dadurch verursachten Kosten und auch die erzielten Einsparungen nicht genau zu prognostizieren seien. Allerdings gebe es mit der Vergütungsobergrenze nach § 10 Abs 9 des Vertrages (76 Euro) Regelungen, die geeignet seien, das Risiko der Krankenkassen zu begrenzen. Einsparungen könnten ua aufgrund der Verpflichtung der Versicherten erwartet werden, Fachärzte nur auf Überweisung in Anspruch zu nehmen. Dies führe zur Vermeidung von Doppeluntersuchungen. Zudem müsse davon ausgegangen werden, dass jeder Facharztbesuch auch Folgekosten bei den veranlassten Leistungen nach sich ziehe, sodass eine - medizinisch vertretbare - verminderte Inanspruchnahme von Überweisungen zu Fachärzten auch geringere Folgekosten bedinge. Ein gewisses Einsparpotenzial ergebe sich des Weiteren durch die Verpflichtung der Hausärzte, bei der Arzneimittelversorgung die von den Vertragspartnern der HzV zur Verfügung gestellte Software zu verwenden, die gerade bei Original-Präparaten ermöglichen solle, dass der Hausarzt wirtschaftliche Verordnungen vornehmen könne. Insgesamt werden finanzielle Risiken und Einsparpotenziale in der Begründung des Schiedsspruchs ausführlich dargestellt und gegeneinander abgewogen. Auf dieser Grundlage und unter Berücksichtigung erster Erfahrungen mit ähnlichen Verträgen (Vertrag der BKK-Vertragsarbeitsgemeinschaft für Baden-Württemberg, AOK Bayern-Vertrag) kommt die Schiedsperson nachvollziehbar zu der Einschätzung, dass in Umsetzung des Vertrages eine wirtschaftliche Leistungserbringung durch die teilnehmenden Hausärzte erwartet werden kann.

84

ee) Dagegen kann die Klägerin auch nicht mit Erfolg einwenden, dass die Schiedsperson lediglich einen unvollständigen "Vertragstorso" festgesetzt habe. Zwar trifft es zu, dass die Schiedsperson die vorgesehenen Anlagen zum Vertrag nicht vollständig festgesetzt, sondern teilweise der weiteren Vereinbarung durch die Vertragsparteien überlassen hat (etwa zum Hilfsmittelmanagement und zu verschiedenen Vergütungszuschlägen, die ua eine wirtschaftliche Verordnungsweise fördern sollen). Gerade in der Anfangsphase nach Einführung der flächendeckenden HzV ist jedoch nicht zu beanstanden, wenn die Vertragsparteien in der Phase der Umsetzung des Vertrages weitere Konkretisierungen und Ergänzungen vornehmen. Ausschlaggebend für die Rechtmäßigkeit des Vertrages zur HzV ist allein, ob dieser in der vorliegenden Form umgesetzt werden kann. Daran hat der Senat keine Zweifel.

85

ff) Auch der Einwand der Klägerin, die Schiedsperson habe in Verkennung des rechtlichen Rahmens angenommen, dass die HzV nur als Vollversorgungsvertrag und nicht als sog Add-on-Vertrag vereinbart werden dürfe, sie habe dadurch ihren Gestaltungsspielraum verkannt und dies allein führe zur Rechtswidrigkeit des Schiedsspruchs, greift nicht durch. Dass die HzV jedenfalls auch in der Form eines sog Vollversorgungs- oder Bereinigungsvertrages vereinbart werden kann, der die bisherige Regelversorgung nach § 73 SGB V umfasst und diese nicht lediglich ergänzt, unterliegt keinem Zweifel. Auf die umstrittene Frage, ob eine HzV in Form eines sog Add-on-Vertrages den gesetzlichen Vorgaben entsprechen würde (gegen die Rechtmäßigkeit von Add-on-Verträgen auf der Grundlage des § 73b SGB V: Hess in Kasseler Komm, Stand Dezember 2014, § 73b SGB V RdNr 3; Alemann/Scheffczyk, NZS 2012, 45, 47; Klückmann in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2015, § 73b RdNr 27 f; mit dieser Tendenz auch Engelmann in Prütting, Fachanwaltskommentar Medizinrecht, 3. Aufl 2014, § 73b SGB V RdNr 8 ff; ähnlich: Sproll in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Stand Februar 2015, § 73b SGB V RdNr 8: "Beide Versorgungsformen schließen sich gegenseitig aus" sowie Orlowski, ZMGR 2009, 124, 125: HzV als "eigenständig zu regelnde einzelvertragliche Versorgung"; anders jedoch Huster, SGb 2010, 253 ff; ders in Becker/Kingreen, SGB V, 4. Aufl 2014, § 73b RdNr 21; Bäune in Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2013, § 73b RdNr 6; SG Marburg Urteil vom 3.8.2011 - S 12 KA 237/10 - Juris RdNr 29 ff), kommt es für die Entscheidung nicht an. Jedenfalls hat die Schiedsperson mit der Festsetzung eines Vollversorgungsvertrages ihren möglichen Entscheidungsspielraum nicht überschritten. In der Begründung des Schiedsspruchs wird die Auffassung vertreten, dass allein die Vereinbarung eines Vollversorgungsvertrages der Intention des Gesetzgebers entsprechen würde. Die Frage, ob deshalb ein Add-on-Vertrag rechtswidrig wäre, wird aber letztlich offengelassen. Die Schiedsperson weist zur weiteren Begründung ua darauf hin, dass sie sich in Ausübung ihres billigen Ermessens für einen Vollversorgungsvertrag entschieden habe, weil dieser den Krankenkassen und den Hausarztgemeinschaften die Möglichkeit eröffne, strukturelle Verbesserungen in der Leistungserbringung für die Versicherten vorzunehmen, während Add-on-Verträge nur punktuelle Ansätze böten. Damit hat die Schiedsperson die Entscheidung für einen Vollversorgungsvertrag den Anforderungen entsprechend begründet.

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gg) Der Vertrag ist auch nicht rechtswidrig, soweit er in § 6 sowie in den Anlagen 4 und 6 Regelungen zur Teilnahme der Versicherten an der HzV enthält, die in einzelnen Punkten (Verbleib des Originals der Teilnahmeerklärung bei der Krankenkasse oder in der Arztpraxis, Frist zwischen der Abgabe der Teilnahmeerklärung und dem Beginn der Teilnahme des Versicherten, Kündigungsfrist für die Teilnahme, Frist für den Wechsel des Hausarztes, ua) vom Inhalt der Satzung der Klägerin abweichen. Zwar trifft der Einwand der Klägerin zu, dass die Krankenkassen gemäß § 73b Abs 3 Satz 4 SGB V idF des GKV-WSG (heute: Satz 7) bisher(zu der im Entwurf eines GKV-VSG vorgesehenen Änderung vgl BT-Drucks 18/4095 S 16 f zu Art 1 Nr 27 Buchst a) verpflichtet sind, das Nähere zur Durchführung der Teilnahme der Versicherten, insbesondere zur Bindung an den gewählten Hausarzt, zu weiteren Ausnahmen von dem Überweisungsgebot und zu den Folgen bei Pflichtverstößen der Versicherten, in ihren Satzungen zu regeln. Auf der anderen Seite setzt jedoch auch das Angebot einer HzV, das durch Verträge nach § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V flächendeckend gewährleistet werden soll, Regelungen zur Teilnahme der Versicherten voraus, sodass diese idR auch Gegenstand des Vertrages zur HzV sein werden. Bei der Entscheidung, ob die vertraglichen Regelungen zur Teilnahme der Versicherten an der Satzung der Krankenkasse auszurichten sind oder ob umgekehrt die Krankenkasse ihre Satzung dem Inhalt der Verträge anzupassen hat, ist zu berücksichtigen, dass die Verträge zur HzV über die Festlegung durch eine Schiedsperson ggf auch gegen den Willen der Krankenkassen zustande kommen sollen. Dies steht einer Auslegung dahin entgegen, dass die Krankenkassen der anderen Partei des Vertrages zur HzV die Regelungen zur Teilnahme der Versicherten durch ihre Satzung einseitig vorgeben könnten. Ferner ist von Bedeutung, dass durch die Änderung des § 79 Abs 1 SGB V mWv 1.1.2005 bezogen auf die Vertretungskompetenz - die die Vertretung beim Abschluss von Selektivverträgen einschließt - ein originärer Aufgabenbereich des Vorstands der Krankenkassen geschaffen werden sollte, der nicht vollständig der Gestaltungsmacht der Vertreterversammlung unterworfen ist (BSGE 114, 274 = SozR 4-2500 § 81 Nr 7, RdNr 33, 37 ff). Auch dies spricht dagegen, dass Inhalte des Vertrages zur HzV durch die von der Vertreterversammlung verabschiedete Satzung der Krankenkasse einseitig vorgegeben werden könnten. Daher sind Regelungen des Vertrages zur HzV zur Teilnahme der Versicherten nicht bereits rechtswidrig, wenn sie vom Inhalt der Satzung der Krankenkasse abweichen. Vielmehr ist - wie das LSG bereits zutreffend ausgeführt hat - die Krankenkasse verpflichtet, ihre Satzung dem Inhalt des Vertrages anzupassen (ebenso: Alemann/Scheffczyk, NZS 2012, 45, 50).

87

Die im Vertrag zur HzV getroffenen Bestimmungen zur Teilnahme der Versicherten müssen danach zwar nicht mit dem Inhalt der Satzung der Krankenkasse übereinstimmen, aber die übrigen gesetzlichen und untergesetzlichen Bestimmungen zur Teilnahme der Versicherten beachten. Bezogen auf den hier in erster Linie maßgebenden Zeitpunkt der Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson ist der durch die Schiedsperson festgesetzte Vertrag zur HzV auch insoweit nicht zu beanstanden. Allerdings werden bei der bevorstehenden Durchführung des Vertrages die in der Zwischenzeit eingetretenen gesetzlichen Änderungen zu berücksichtigen sein. Eine entsprechende Verpflichtung zur Anpassung ist in den Schlussbestimmungen des Vertrages (§ 22 Abs 2) geregelt und folgt im Übrigen aus § 59 Abs 1 Satz 1 SGB X. Neben der Berücksichtigung der mit dem Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten vom 20.2.2013 (BGBl I 277) eingeführten Bestimmungen zum Widerrufsrecht der Versicherten (§ 73b Abs 3 Satz 3 bis 6 SGB V) gehört dazu auch die Beachtung der am 26.8.2013 in Kraft getretenen Vorgaben zur Abgabe der Teilnahmeerklärung aus der Richtlinie des GKV-Spitzenverbandes nach § 217f Abs 4a SGB V.

88

hh) Der Rechtmäßigkeit der Festlegung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson steht nicht entgegen, dass zuvor keine Auftragsvergabe nach den Vorschriften des Vergaberechts durchgeführt worden ist. Zwar fanden gemäß § 69 Abs 2 Satz 1 SGB V in der hier maßgebenden seit dem 18.12.2008 geltenden Fassung des GKV-OrgWG die die Vergabe öffentlicher Aufträge betreffenden Vorschriften der §§ 97 bis 115 und 128 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) auf die in § 69 Abs 1 Satz 1 SGB V genannten Rechtsbeziehungen der Krankenkassen ausdrücklich Anwendung, soweit die dort genannten Voraussetzungen erfüllt waren. Dies galt nach § 69 Abs 2 Satz 2 SGB V jedoch nicht für Verträge von Krankenkassen oder deren Verbänden mit Leistungserbringern, zu deren Abschluss die Krankenkassen oder deren Verbände gesetzlich verpflichtet sind und bei deren Nichtzustandekommen eine Schiedsamtsregelung gilt. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Festsetzung des Vertragsinhalts durch eine Schiedsperson als "Schiedsamtsregelung" in diesem Sinne zu verstehen ist und ob Satz 2 damit der Anwendbarkeit der §§ 97 ff GWB entgegensteht. Unabhängig von dieser ohnehin nur klarstellenden (vgl BT-Drucks 16/10609 S 52) Beschränkung der Anwendbarkeit wettbewerbsrechtlicher Bestimmungen, die sich im Übrigen seit der Änderung durch das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung (Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz - AMNOG) vom 22.12.2010 (BGBl I 2262) nicht mehr auf die Vorschriften des Vierten Teils des GWB (§§ 97 ff GWB) bezieht (vgl jetzt § 69 Abs 2 Satz 4 SGB V), kann ein öffentlicher Auftraggeber dem Kartellvergaberecht nur unterworfen sein, wenn dieser eine Auswahl zwischen verschiedenen Vertragspartnern hat (Kaltenborn, GesR 2011, 1, 2; Engelmann in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, Stand Oktober 2013, § 69 RdNr 141; vgl zur Rechtslage vor der Änderung durch das AMNOG: Sormani-Bastian, ZESAR 2010, 13). Daran hat sich im Übrigen auch durch die neuen europäischen Vergaberichtlinien nichts geändert. Nach Erwägungsgrund 13 der Richtlinie 2014/23/EU vom 26.2.2014 über die Konzessionsvergabe (ABl L 94, 1) sollen Regelungen, nach denen ohne gezielte Auswahl alle Wirtschaftsteilnehmer, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen, berechtigt sind, eine bestimmte Aufgabe wahrzunehmen, nicht als Konzessionen gelten. Das betrifft auch Regelungen aufgrund einer Vereinbarung zwischen Behörde und Wirtschaftsunternehmen. Nichts anderes gilt, soweit der Vertrag zur HzV europarechtlich nicht als Dienstleistungskonzession, sondern als entgeltlicher Beschaffungsvertrag angesehen wird: Nach Art 1 Abs 2 der Richtlinie 2014/24/EU vom 26.2.2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (ABl L 94, 65) setzt die Auftragsvergabe im Sinne der Richtlinie voraus, dass Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen von öffentlichen Auftraggebern "ausgewählt werden".

89

Der sich aus § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V ergebende Kontrahierungszwang, der gemäß § 73b Abs 4 Satz 2 iVm Abs 4a SGB V von entsprechend qualifizierten Gemeinschaften durch die Beantragung des Schiedsverfahrens und die Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson durchgesetzt werden kann, hat zur Folge, dass der vertragschließenden Krankenkasse kein Auswahlermessen zukommt, sondern dass der Vertragspartner bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen bereits feststeht. Eine Auswahl zwischen verschiedenen Bietern ist also bezogen auf die Verträge nach § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V ausgeschlossen. Dies steht der Annahme eines öffentlichen Auftrages im Sinne des § 99 GWB entgegen(so auch Engelmann in Prütting, Fachanwaltskommentar Medizinrecht, 3. Aufl 2014, § 73b SGB V RdNr 32a; Kingreen/Temizel, ZMGR 2009, 134, 137 f; Adolf in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, Stand April 2012, § 73b SGB V, RdNr 62; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 3.11.2010 - L 21 SF 208/10 Verg - Juris RdNr 34; ähnlich Orlowski, ZMGR 2009, 124, 130; BKartA Beschluss vom 2.7.2010 - VK 1 - 52/10 - Juris; bezogen auf die HzV nach § 73b SGB V allerdings nur im Ergebnis ebenso die Begründung zum GKV-OrgWG: BT-Drucks 16/10609 S 52).

90

ii) Der Vertrag zur HzV ist mit bundesrechtlichen Bestimmungen zum Datenschutz nicht vollständig kompatibel. Maßgebend ist dabei grundsätzlich die Rechtslage zum Zeitpunkt der Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson (vgl 4 b, RdNr 56). Zu diesem Zeitpunkt war der Vertrag mit datenschutzrechtlichen Bestimmungen bereits deshalb nicht zu vereinbaren, weil es an der erforderlichen Befugnisnorm für die dort geregelte Weitergabe von Abrechnungsdaten an private Stellen in Gestalt der HÄVG und der HÄVG Rechenzentrum AG gefehlt hat (nachfolgend 1). Indes ist für die Beurteilung des Feststellungsinteresses die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Revisionsinstanz maßgebend (vgl 4 b, RdNr 57). Die Klägerin hat weder ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 55 Abs 1 SGG an der isolierten Feststellung einer Rechtswidrigkeit des - bisher nicht durchgeführten - Vertrages zur HzV unter Zugrundelegung einer nicht mehr geltenden Rechtslage nachvollziehbar geltend gemacht noch einen Anspruch gegenüber den Beklagten auf Änderung des Vertrages entsprechend der nicht mehr geltenden Rechtslage. Ein fortbestehendes Feststellungsinteresse kann deshalb nur anerkannt werden, soweit es darauf auch noch für die bevorstehende Durchführung des Vertrages ankommt. Daher ist ergänzend die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats und damit nach Einführung des § 295a SGB V durch Art 3 Nr 9 des Gesetzes zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze vom 28.7.2011 (BGBl I 1622, 1627) mWv 4.8.2011 zu berücksichtigen (nachfolgend 2). Die von der Klägerin erhobenen datenschutzrechtlichen Einwände greifen daher zum überwiegenden Teil nicht durch (nachfolgend 3, 5, 6). Soweit der Vertrag zur HzV jedoch auch mit den geänderten bundesrechtlichen Vorgaben nicht vollständig zu vereinbaren ist, sind die Vertragspartner verpflichtet, diesen zu ändern (nachfolgend 4 und 7).

91

(1) Der von der Schiedsperson festgesetzte Vertrag zur HzV sieht vor, dass die Abrechnung der Vergütung des Hausarztes gemäß den Vorgaben der Anlage 3 durch die HÄVG als Abrechnungsdienstleister erfolgt (§ 11 Abs 1). Die HÄVG ist berechtigt, sich zum Zwecke der Abrechnung eines Rechenzentrums im Sinne der Anlage 3 zu bedienen (§ 11 Abs 2 Satz 2). Nach Anlage 3 § 6 Satz 2 wird von der HÄVG hierzu "derzeit" die HÄVG Rechenzentrum AG eingesetzt. Damit übereinstimmend werden die Versicherten mit dem Merkblatt (Anhang zu Anlage 6 des Vertrages) unter der Überschrift "Wichtige Informationen zum Schutz Ihrer Daten - Ihre Einwilligung" darüber informiert, dass die Abrechnung der ärztlichen Vergütung ua "über die Dienstleistungsgesellschaft des Hausärzteverbandes und MEDI, die Hausärztliche Vertragsgemeinschaft eG (HÄVG) und ihr Rechenzentrum erfolgt". Nach § 11 Abs 4 zahlt die Krankenkasse die Vergütung mit schuldbefreiender Wirkung an die HÄVG.

92

Für die damit vorgesehene Weitergabe von Patientendaten zu Abrechnungszwecken fehlte zum Zeitpunkt der Festsetzung des Vertragsinhalts die erforderliche Rechtsgrundlage. Wie der Senat in seiner Entscheidung vom 10.12.2008 (B 6 KA 37/07 R - BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr 2)im Einzelnen dargelegt hat, setzt die Übermittlung von Patientendaten durch Leistungserbringer an private Dienstleistungsunternehmen im Geltungsbereich des SGB V eine bereichsspezifische Befugnisnorm voraus. Als solche kam allein § 295 Abs 1b Satz 5 bis 8 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17.7.2009 (BGBl I 1990) in Betracht. Diese Regelung, mit der der Gesetzgeber auf das og Urteil des Senats vom 10.12.2008 reagiert hat, war bis zum 30.6.2010 - und damit auf einen Zeitpunkt vor der Festsetzung des Vertragsinhalts - befristet. Über § 320 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Änderung krankenversicherungsrechtlicher und anderer Vorschriften vom 24.7.2010 (BGBl I 983) waren diese Sätze jedoch bis zum 1.7.2011 und damit auch noch zum Zeitpunkt der Festsetzung des Vertragsinhalts am 9.9.2010 weiter anzuwenden. Danach durfte für die ärztlichen Leistungen, die im Rahmen von Verträgen ua zur HzV nach § 73b SGB V erbracht und mit den Krankenkassen abgerechnet wurden, eine andere Stelle mit der Verarbeitung und Nutzung der für die Abrechnung dieser Leistungen erforderlichen personenbezogenen Daten beauftragt werden. § 80 SGB X war anzuwenden. Auftraggeber und Auftragnehmer unterlagen der Aufsicht der nach § 38 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) zuständigen Aufsichtsbehörde.

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§ 295 Abs 1b Satz 5 bis 8 SGB V aF erlaubte danach allein die Beauftragung einer anderen Stelle im Sinne einer Auftragsdatenverarbeitung(vgl OVG Schleswig-Holstein Beschluss vom 12.1.2011 - 4 MB 56/10 - CR 2011, 359). Der ausdrücklich in Bezug genommene § 80 SGB X regelt die Voraussetzungen der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung von Sozialdaten im Auftrag. Dass mit der Einfügung des § 295 Abs 1b Satz 5 bis 8 SGB V die Übermittlung von Daten an private Stellen nur unter den für die Auftragsdatenverarbeitung geltenden Voraussetzungen zugelassen werden sollte, wird auch durch die Begründung der Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses, auf die die Regelung zurückgeht, bestätigt: Danach sollten die Voraussetzungen, unter denen dem Sozialgeheimnis unterliegende Stellen andere Stellen mit der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung von Sozialdaten beauftragen können, und die Rechtsfolgen einer solchen Beauftragung auch für die besonderen Versorgungsformen gelten(vgl BT-Drucks 16/13428 S 96 unter Bezugnahme auf die Begründung zur entsprechenden Regelung für Krankenhäuser nach § 120 Abs 6, S 92).

94

Bei der in dem Vertrag vorgesehenen Übermittlung von Abrechnungsdaten durch den Arzt an die HÄVG handelt es sich nicht um eine nach § 295 Abs 1b SGB V aF zulässige Auftragsdatenverarbeitung. Die Auftragsdatenverarbeitung ist datenschutzrechtlich privilegiert. Sie stellt keine Übermittlung im Sinne des § 67 Abs 6 Satz 2 Nr 3 SGB X dar(vgl Bieresborn in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 80 RdNr 3; I. Palsherm in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, Stand Juli 2013, § 80 RdNr 15). Eine Auftragsdatenverarbeitung im Sinne des § 80 SGB X liegt vor, wenn der Auftragnehmer die Datenverarbeitung in vollständiger Abhängigkeit von Vorgaben des Auftraggebers durchführt(vgl Bieresborn in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 80 RdNr 3; zur entsprechenden Regelung in § 11 BDSG vgl Wedde in Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, BDSG, 4. Aufl 2014, § 11 RdNr 5). Die Auftragsdatenverarbeitung ist abzugrenzen von der Funktionsübertragung. Diese liegt dann vor, wenn dem Service-Unternehmen eine eigene rechtliche Zuständigkeit für die Aufgabe, deren Erfüllung die Datenverarbeitung oder die Nutzung dient, zugewiesen ist (Gola/Klug, BDSG, 12. Aufl 2015, § 11 RdNr 9). Wesentliches Merkmal für die Abgrenzung der Auftragsdatenverarbeitung von der Funktionsübertragung (Aufgabenübertragung) ist die Entscheidungsbefugnis über die Daten. Liegt diese bei der beauftragten Stelle und kommt dieser nicht nur eine Hilfs- und Unterstützungsfunktion zu, kann nicht mehr von einer Auftragsdatenverarbeitung im Sinne des § 80 SGB X ausgegangen werden(Rombach in Hauck/Noftz, SGB X, Stand November 2014, § 80 RdNr 20; Wedde in Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, BDSG, 4. Aufl 2014, § 11 RdNr 12, 14).

95

Das im Vertrag geregelte Verhältnis des an der HzV teilnehmenden Hausarztes zur HÄVG entspricht nicht dem Bild einer Auftragsdatenverarbeitung. Die HÄVG führt die Abrechnung keineswegs in vollständiger Abhängigkeit von dem teilnehmenden Hausarzt für diesen durch. Dagegen spricht bereits der Umstand, dass der Hausarzt an dem Vertrag zur HzV, der die Einzelheiten vorgibt, nicht unmittelbar beteiligt ist und damit keinen unmittelbaren Einfluss auf dessen Ausgestaltung hat. Der einzelne Hausarzt hat auch keinen Einfluss darauf, wer für ihn die Daten verarbeiten soll. Bereits eine solche fehlende Auswahlmöglichkeit spricht gegen das Vorliegen einer Auftragsdatenverarbeitung (Bieresborn in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 80 RdNr 3b; Wedde in Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, BDSG, 4. Aufl 2014, § 11 RdNr 5a). Zudem wird ihm vorgegeben, welche Datenverarbeitungsprogramme (Software) er für die Abrechnung zu verwenden hat. Damit ist insgesamt davon auszugehen, dass die HÄVG die Abrechnungsdaten in eigener Verantwortung oder im Auftrag der Beklagten verarbeitet bzw durch die HÄVG Rechenzentrum AG verarbeiten lässt, aber jedenfalls nicht im Auftrag des Hausarztes tätig wird. Der Vertrag regelt bezogen auf die Weitergabe der Daten durch den Hausarzt keine nach § 295 Abs 1b Satz 5 bis 8 SGB V zulässige Auftragsdatenverarbeitung.

96

(2) Mit der Einfügung des § 295a SGB V zum 4.8.2011 ist die erforderliche gesetzliche Grundlage für die Übermittlung von Abrechnungsdaten durch die an der HzV teilnehmenden Hausärzte geschaffen worden. Anders als unter Geltung des § 295 Abs 1b Satz 5 bis 8 SGB V beschränkt sich die Befugnis nach § 295a Abs 1 Satz 1 SGB V nicht auf die Beauftragung einer anderen Stelle mit der Verarbeitung, Nutzung und Abrechnung personenbezogener Daten. Vielmehr sind die an den entsprechenden Versorgungsformen teilnehmenden Leistungserbringer für die Abrechnung der im Rahmen von Verträgen nach § 73b, § 73c oder § 140a SGB V erbrachten Leistungen gemäß § 295a Abs 1 Satz 1 SGB V befugt, die nach den Vorschriften des Zehnten Kapitels des SGB V erforderlichen Angaben an den Vertragspartner auf Leistungserbringerseite als verantwortliche Stelle zu übermitteln, indem diese Angaben entweder an ihn oder an eine nach § 295 Abs 2 SGB V beauftragte andere Stelle weitergegeben werden; für den Vertragspartner auf Leistungserbringerseite gilt § 35 SGB I entsprechend. Voraussetzung ist, dass der Versicherte vor Abgabe der Teilnahmeerklärung an der Versorgungsform umfassend über die vorgesehene Datenübermittlung informiert worden ist und mit der Einwilligung in die Teilnahme zugleich in die damit verbundene Datenübermittlung schriftlich eingewilligt hat. Der Vertragspartner auf Leistungserbringerseite oder die beauftragte andere Stelle dürfen die übermittelten Daten nur zu Abrechnungszwecken verarbeiten und nutzen; sie übermitteln die Daten im Wege elektronischer Datenübertragung oder maschinell verwertbar auf Datenträgern an den jeweiligen Vertragspartner auf Krankenkassenseite.

97

§ 295a Abs 1 Satz 1 SGB V definiert den "Vertragspartner auf Leistungserbringerseite" (also den Hausarztverband und nicht den einzelnen Arzt) als die im datenschutzrechtlichen Sinne "verantwortliche Stelle". Insofern trifft § 295a Abs 1 Satz 1 SGB V eine spezielle Regelung, die den allgemeinen Bestimmungen der §§ 67a ff SGB X vorgeht. Das bedeutet, dass die datenschutzrechtliche Verantwortung mit dem Eingang der Daten bei dem Hausarztverband ("Vertragspartner auf Leistungserbringerseite") oder bei der von ihm beauftragten Stelle auf den Hausarztverband übergeht (vgl BT-Drucks 17/6141 S 39).

98

(3) Die Einwände der Klägerin gegen die Rechtmäßigkeit des Vertrages zur HzV, die ihre Grundlage in der Annahme haben, dass der Arzt auch nach dem Eingang der Daten bei den Beklagten oder der von ihnen beauftragten Stelle "verantwortliche Stelle" im Sinne des § 67 Abs 9 SGB X bleibe und dass der Arzt die Daten nur unter den für die Auftragsdatenverarbeitung nach § 80 SGB X geltenden Voraussetzungen weitergeben dürfe, greifen damit bezogen auf die seit Inkrafttreten des § 295a SGB V geltenden Rechtslage nicht mehr durch. § 295a Abs 1 Satz 1 SGB V regelt die Befugnis des Hausarztes zur Weitergabe der für die Abrechnung erforderlichen Daten an den Hausarztverband oder die von diesem mit der Datenverarbeitung beauftragte Stelle unabhängig von den Voraussetzungen einer Auftragsdatenverarbeitung. Auftraggeber einer Datenverarbeitung durch die HÄVG oder ein Rechenzentrum können allein die "Vertragspartner auf Leistungserbringerseite" (vgl BT-Drucks 17/6141 S 40, zu § 295a Abs 2) und damit die Beklagten sein.

99

(4) Zutreffend ist dagegen der Einwand der Klägerin, dass die Regelungen des Vertrages zur HzV, die eine Beauftragung der HÄVG Rechenzentrum AG durch die HÄVG vorsehen (vgl zB Anlage 3 § 6 Abs 1) mit den gesetzlichen Vorgaben nicht zu vereinbaren sind. Nach § 295a Abs 2 Satz 1 SGB V darf der Vertragspartner auf Leistungserbringerseite eine andere Stelle mit der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der personenbezogenen Daten beauftragen, die für die Abrechnung der im Rahmen von Verträgen ua zur HzV erbrachten Leistungen erforderlich sind. Gemäß § 295a Abs 2 Satz 2 SGB V ist § 80 SGB X ua mit der weiteren Maßgabe anzuwenden, dass Unterauftragsverhältnisse ausgeschlossen sind. Demnach dürfen die Beklagten als "Vertragspartner auf Leistungserbringerseite" im Sinne der genannten Regelung zwar die HÄVG oder auch unmittelbar die HÄVG Rechenzentrum AG mit der Verarbeitung der Abrechnungsdaten beauftragen. Die im Vertrag vorgesehene Erteilung eines Unterauftrags an die HÄVG Rechenzentrum AG durch die von den Beklagten beauftragte HÄVG ist dagegen nicht zulässig (zu einer entsprechenden Regelung vgl auch bereits LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 3.11.2011 - L 3 KA 104/10 B ER - GesR 2012, 35, 38).

100

(5) Nach den von der Klägerin nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und damit für den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die im Vertrag zur HzV zur Verwendung durch den teilnehmenden Arzt vorgeschriebene Software mit datenschutzrechtlichen Bestimmungen unvereinbar wäre. Soweit die Klägerin erstmals im Revisionsverfahren - nach Ablauf der Frist zur Revisionsbegründung - geltend macht, dass die im Vertrag vorgeschriebene Software einen sog "gekapselten Kern" besitze, der die Möglichkeit biete, Patientendaten aus dem System des Hausarztes an die Beklagten bzw die HÄVG zu übermitteln, ohne dass dies für den Hausarzt im Einzelnen nachvollziehbar sei, so steht diese Behauptung im Übrigen im Widerspruch zu der von den Beklagten vorgelegten Technischen Stellungnahme des Bayerischen Landesamtes für Datenschutzaufsicht vom 17.8.2012 (Az: LDA.3-1085.6-12/10), die sich nach den von der Klägerin nicht in Zweifel gezogenen Angaben der Beklagten auf die auch im vorliegenden Vertrag zur HzV vorgeschriebene Software beziehen soll. Die Stellungnahme kommt für den Senat nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass die Kontrollmöglichkeiten über die Verarbeitung der personenbezogenen Daten ausreichend transparent seien. Die Datenverarbeitungsvorgänge in der Arztpraxis würden vom Arzt gesteuert.

101

(6) Auch die in Ziff 2.1 der Anlage 4 zum Vertrag vorgesehene Übermittlung von Einschreibedaten ist entgegen der Auffassung der Klägerin datenschutzrechtlich nicht zu beanstanden. Bei den Einschreibedaten handelt es sich um die in der Teilnahmeerklärung enthaltenen Stammdaten des Versicherten (Name, Anschrift, Geburtsdatum, Versichertennummer), die Daten zu dem gewählten Hausarzt und den Teilnahmebeginn (vgl die der Teilnahmeerklärung beigefügten Informationen zu Datenschutz, Datenübermittlung und -zusammenführung). Diese Angaben sind für die Durchführung der Abrechnung im Sinne des § 295a Abs 1 Satz 1 SGB V erforderlich und die Verarbeitung und Nutzung dieser Daten erfolgt in Übereinstimmung mit § 295a Abs 1 Satz 3 SGB V zu Abrechnungszwecken(im Ergebnis ebenso die Bewertung eines insoweit entsprechenden Vertrages durch das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht, Schreiben vom 30.11.2012, Az: LDA.3-1085.6-12/10).

102

(7) Im Widerspruch zu den geltenden gesetzlichen Vorgaben steht dagegen § 6 Abs 10 der Anlage 3 zum HzV, der die HÄVG zur Führung von Musterverfahren ermächtigt, weil es sich dabei nicht um eine gemäß § 295a Abs 1 Satz 3 SGB V allein zulässige Verarbeitung oder Nutzung zu Abrechnungszwecken handelt. Zwar regelt der Vertrag nicht ausdrücklich die Verwendung personenbezogener Daten in Musterprozessen. Die vorgesehene Führung solcher Prozesse durch die HÄVG setzt die Verwendung personenbezogener Daten der an der HzV teilnehmenden Versicherten jedoch voraus (ebenso zu einer insoweit vergleichbaren Regelung: LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 3.11.2011 - L 3 KA 104/10 B ER - GesR 2012, 35, 38). Gemäß § 295a Abs 1 Satz 3 SGB V dürfen die Beklagten als "Vertragspartner auf Leistungserbringerseite" die übermittelten Daten nur zu Abrechnungszwecken verwenden. Dass die Verwendung von Daten zur Führung von Musterprozessen über die Verwendung zu Abrechnungszwecken hinausginge, haben die Beklagten im Revisionsverfahren auch nicht in Zweifel gezogen, sondern geltend gemacht, dass die HÄVG tatsächlich keine "Musterverfahren" unter Nutzung personenbezogener Daten führe. Auf die Rechtswidrigkeit der getroffenen Regelung hat dies indes keinen Einfluss.

103

e) Im Ergebnis ist der von der Schiedsperson festgesetzte Vertrag allein insoweit zu beanstanden, als er eine datenschutzrechtlich unzulässige Unterbeauftragung der HÄVG Rechenzentrum AG durch die HÄVG sowie das Recht der HÄVG zur Führung von "Musterverfahren" vorsieht. Dem werden die Beteiligten durch entsprechende Änderungen des Vertrages Rechnung zu tragen haben. Davon unberührt bleibt die Verpflichtung der Beteiligten, den seit der Festsetzung des Vertragsinhalts eingetretenen gesetzlichen Änderungen durch Vertragsanpassungen Rechnung zu tragen.

104

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Bei der Kostenverteilung (§ 155 Abs 1 VwGO) hat der Senat berücksichtigt, dass die Klage bezogen auf die beantragte Aufhebung des Vertrages zur HzV ohne Erfolg und bezogen auf die hilfsweise geltend gemachte Feststellung der Rechtswidrigkeit vertraglicher Bestimmungen ganz überwiegend erfolglos war.

(1) Die Krankenkassen haben ihren Versicherten eine besondere hausärztliche Versorgung (hausarztzentrierte Versorgung) anzubieten.

(2) Dabei ist sicherzustellen, dass die hausarztzentrierte Versorgung insbesondere folgenden Anforderungen genügt, die über die vom Gemeinsamen Bundesausschuss sowie in den Bundesmantelverträgen geregelten Anforderungen an die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen:

1.
Teilnahme der Hausärzte an strukturierten Qualitätszirkeln zur Arzneimitteltherapie unter Leitung entsprechend geschulter Moderatoren,
2.
Behandlung nach für die hausärztliche Versorgung entwickelten, evidenzbasierten, praxiserprobten Leitlinien,
3.
Erfüllung der Fortbildungspflicht nach § 95d durch Teilnahme an Fortbildungen, die sich auf hausarzttypische Behandlungsprobleme konzentrieren, wie patientenzentrierte Gesprächsführung, psychosomatische Grundversorgung, Palliativmedizin, allgemeine Schmerztherapie, Geriatrie,
4.
Einführung eines einrichtungsinternen, auf die besonderen Bedingungen einer Hausarztpraxis zugeschnittenen, indikatorengestützten und wissenschaftlich anerkannten Qualitätsmanagements.

(3) Die Teilnahme an der hausarztzentrierten Versorgung ist freiwillig. Die Teilnehmer verpflichten sich schriftlich oder elektronisch gegenüber ihrer Krankenkasse, nur einen von ihnen aus dem Kreis der Hausärzte nach Absatz 4 gewählten Hausarzt in Anspruch zu nehmen sowie ambulante fachärztliche Behandlung mit Ausnahme der Leistungen der Augenärzte und Frauenärzte nur auf dessen Überweisung; die direkte Inanspruchnahme eines Kinder- und Jugendarztes bleibt unberührt. Die Versicherten können die Teilnahmeerklärung innerhalb von zwei Wochen nach deren Abgabe schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift bei der Krankenkasse ohne Angabe von Gründen widerrufen. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung an die Krankenkasse. Die Widerrufsfrist beginnt, wenn die Krankenkasse dem Versicherten eine Belehrung über sein Widerrufsrecht schriftlich oder elektronisch mitgeteilt hat, frühestens jedoch mit der Abgabe der Teilnahmeerklärung. Wird das Widerrufsrecht nicht ausgeübt, ist der Versicherte an seine Teilnahmeerklärung und an die Wahl seines Hausarztes mindestens ein Jahr gebunden; er darf den gewählten Hausarzt nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes wechseln. Das Nähere zur Durchführung der Teilnahme der Versicherten, insbesondere zur Bindung an den gewählten Hausarzt, zu weiteren Ausnahmen von dem Überweisungsgebot und zu den Folgen bei Pflichtverstößen der Versicherten, regeln die Krankenkassen in den Teilnahmeerklärungen. Die Satzung der Krankenkasse hat Regelungen zur Abgabe der Teilnahmeerklärung zu enthalten; die Regelungen sind auf der Grundlage der Richtlinie nach § 217f Absatz 4a zu treffen.

(4) Zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 haben Krankenkassen allein oder in Kooperation mit anderen Krankenkassen spätestens bis zum 30. Juni 2009 Verträge mit Gemeinschaften zu schließen, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der Kassenärztlichen Vereinigung vertreten. Können sich die Vertragsparteien nicht einigen, kann die Gemeinschaft die Einleitung eines Schiedsverfahrens nach Absatz 4a beantragen. Ist ein Vertrag nach Satz 1 zustande gekommen oder soll ein Vertrag zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen geschlossen werden, können Verträge auch abgeschlossen werden mit

1.
vertragsärztlichen Leistungserbringern, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen,
2.
Gemeinschaften dieser Leistungserbringer,
3.
Trägern von Einrichtungen, die eine hausarztzentrierte Versorgung durch vertragsärztliche Leistungserbringer, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen, anbieten,
4.
Kassenärztlichen Vereinigungen, soweit Gemeinschaften nach Nummer 2 sie hierzu ermächtigt haben.
Finden die Krankenkassen in dem Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung keinen Vertragspartner, der die Voraussetzungen nach Satz 1 erfüllt, haben sie zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 Verträge mit einem oder mehreren der in Satz 3 genannten Vertragspartner zu schließen. In den Fällen der Sätze 3 und 4 besteht kein Anspruch auf Vertragsabschluss; die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots ist unter Bekanntgabe objektiver Auswahlkriterien auszuschreiben. Soweit die hausärztliche Versorgung der Versicherten durch Verträge nach diesem Absatz durchgeführt wird, ist der Sicherstellungsauftrag nach § 75 Abs. 1 eingeschränkt. Satz 6 gilt nicht für die Organisation der vertragsärztlichen Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten.

(4a) Beantragt eine Gemeinschaft gemäß Absatz 4 Satz 2 die Einleitung eines Schiedsverfahrens, haben sich die Parteien auf eine unabhängige Schiedsperson zu verständigen, die den Inhalt des Vertrages nach Absatz 4 Satz 1 festlegt. Einigen sich die Parteien nicht auf eine Schiedsperson, so wird diese von der für die Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde bestimmt. Die Kosten des Schiedsverfahrens tragen die Vertragspartner zu gleichen Teilen. Klagen gegen die Bestimmung der Schiedsperson haben keine aufschiebende Wirkung. Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts richten sich gegen eine der beiden Vertragsparteien, nicht gegen die Schiedsperson.

(5) In den Verträgen nach Absatz 4 sind das Nähere über den Inhalt und die Durchführung der hausarztzentrierten Versorgung, insbesondere die Ausgestaltung der Anforderungen nach Absatz 2, sowie die Vergütung zu regeln; in Verträgen, die nach dem 31. März 2014 zustande kommen, sind zudem Wirtschaftlichkeitskriterien und Maßnahmen bei Nichteinhaltung der vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien sowie Regelungen zur Qualitätssicherung zu vereinbaren. Eine Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigung bei der Ausgestaltung und Umsetzung der Anforderungen nach Absatz 2 ist möglich. Die Verträge können auch Abweichendes von den im Dritten Kapitel benannten Leistungen beinhalten, soweit sie die in § 11 Absatz 6 genannten Leistungen, Leistungen nach den §§ 20i, 25, 26, 37a und 37b sowie ärztliche Leistungen einschließlich neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden betreffen, soweit der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 im Rahmen der Beschlüsse nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 keine ablehnende Entscheidung getroffen hat. Die Einzelverträge können Abweichendes von den Vorschriften dieses Kapitels sowie den nach diesen Vorschriften getroffenen Regelungen regeln. § 106d Absatz 3 gilt hinsichtlich der arzt- und versichertenbezogenen Prüfung der Abrechnungen auf Rechtmäßigkeit entsprechend. Zugelassene strukturierte Behandlungsprogramme nach §§ 137f und 137g sind, soweit sie die hausärztliche Versorgung betreffen, Bestandteil der Verträge nach Absatz 4. Vereinbarungen über zusätzliche Vergütungen für Diagnosen können nicht Gegenstand der Verträge sein.

(5a) Kündigt die Krankenkasse einen Vertrag nach Absatz 4 und kommt bis zum Ablauf dieses Vertrages kein neuer Vertrag zustande, gelten die Bestimmungen des bisherigen Vertrages vorläufig bis zum Zustandekommen eines neuen Vertrages weiter. Dies gilt nicht bei einer außerordentlichen Kündigung nach § 71 Absatz 6 Satz 3.

(6) Die Krankenkassen haben ihre Versicherten in geeigneter Weise umfassend über Inhalt und Ziele der hausarztzentrierten Versorgung sowie über die jeweils wohnortnah teilnehmenden Hausärzte zu informieren.

(7) Die Vertragspartner der Gesamtverträge haben den Behandlungsbedarf nach § 87a Absatz 3 Satz 2 zu bereinigen. Die Bereinigung erfolgt rechtzeitig zu dem Kalendervierteljahr, für welches die Gesamtvergütung bereinigt werden soll, entsprechend der Zahl und der Morbiditätsstruktur der für dieses Kalendervierteljahr eingeschriebenen Versicherten sowie dem vertraglich vereinbarten Inhalt der hausarztzentrierten Versorgung nach Maßgabe der Vorgaben des Bewertungsausschusses nach § 87a Absatz 5 Satz 7. Dabei können die Bereinigungsbeträge unter Beachtung der Maßgaben nach Satz 2 auch pauschaliert ermittelt werden. Kommt eine rechtzeitige Einigung über die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nicht zustande, können auch die Vertragspartner der Verträge über eine hausarztzentrierte Versorgung das Schiedsamt nach § 89 anrufen. Die für die Bereinigungsverfahren erforderlichen arzt- und versichertenbezogenen Daten übermitteln die Krankenkassen den zuständigen Gesamtvertragspartnern bis spätestens drei Wochen vor dem Kalendervierteljahr, für welches die Gesamtvergütung für die in diesem Kalendervierteljahr eingeschriebenen Versicherten bereinigt werden soll. Die Krankenkasse kann, falls eine rechtzeitige Bereinigung nicht festgesetzt worden ist, den Behandlungsbedarf unter Beachtung der Maßgaben nach Satz 2 vorläufig bereinigen. Sie kann auch die Anerkennung und Umsetzung des geltenden Bereinigungsverfahrens für die Bereinigung der Gesamtvergütung für an der hausarztzentrierten Versorgung teilnehmende Versicherte mit Wohnort im Bezirk anderer Kassenärztlichen Vereinigungen von diesen Kassenärztlichen Vereinigungen verlangen. Für die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nach Satz 7 sowie für den Fall der Rückführung von Bereinigungsbeträgen bei Beendigung der Teilnahme eines Versicherten sind die Verfahren gemäß § 87a Absatz 5 Satz 9 anzuwenden. Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben die zur Bereinigung erforderlichen Vorgaben im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben umzusetzen.

(8) Die Vertragsparteien nach Absatz 4 können vereinbaren, dass Aufwendungen für Leistungen, die über die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen und insoweit nicht unter die Bereinigungspflicht nach Absatz 7 fallen, aus Einsparungen und Effizienzsteigerungen, die aus den Maßnahmen von Verträgen nach Absatz 4 erzielt werden, finanziert werden.

(9) Die Einhaltung der nach Absatz 5 Satz 1 vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien muss spätestens vier Jahre nach dem Wirksamwerden der zugrunde liegenden Verträge nachweisbar sein; § 88 Absatz 2 des Vierten Buches gilt entsprechend.

(1) Die vertragsärztliche Versorgung gliedert sich in die hausärztliche und die fachärztliche Versorgung. Die hausärztliche Versorgung beinhaltet insbesondere

1.
die allgemeine und fortgesetzte ärztliche Betreuung eines Patienten in Diagnostik und Therapie bei Kenntnis seines häuslichen und familiären Umfeldes; Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen,
2.
die Koordination diagnostischer, therapeutischer und pflegerischer Maßnahmen einschließlich der Vermittlung eines aus medizinischen Gründen dringend erforderlichen Behandlungstermins bei einem an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer,
3.
die Dokumentation, insbesondere Zusammenführung, Bewertung und Aufbewahrung der wesentlichen Behandlungsdaten, Befunde und Berichte aus der ambulanten und stationären Versorgung,
4.
die Einleitung oder Durchführung präventiver und rehabilitativer Maßnahmen sowie die Integration nichtärztlicher Hilfen und flankierender Dienste in die Behandlungsmaßnahmen.

(1a) An der hausärztlichen Versorgung nehmen

1.
Allgemeinärzte,
2.
Kinder- und Jugendärzte,
3.
Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung, die die Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung gewählt haben,
4.
Ärzte, die nach § 95a Abs. 4 und 5 Satz 1 in das Arztregister eingetragen sind und
5.
Ärzte, die am 31. Dezember 2000 an der hausärztlichen Versorgung teilgenommen haben,
teil (Hausärzte).
Die übrigen Fachärzte nehmen an der fachärztlichen Versorgung teil. Der Zulassungsausschuss kann für Kinder- und Jugendärzte und Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung eine von Satz 1 abweichende befristete Regelung treffen, wenn eine bedarfsgerechte Versorgung nicht gewährleistet ist. Hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen für die Arztgruppe der Hausärzte, der Kinder- und Jugendärzte oder der Fachinternisten eine Feststellung nach § 100 Absatz 1 Satz 1 getroffen, fasst der Zulassungsausschuss innerhalb von sechs Monaten den Beschluss, ob eine Regelung nach Satz 3 getroffen wird. Kinder- und Jugendärzte mit Schwerpunktbezeichnung können auch an der fachärztlichen Versorgung teilnehmen. Der Zulassungsausschuss kann Allgemeinärzten und Ärzten ohne Gebietsbezeichnung, die im Wesentlichen spezielle Leistungen erbringen, auf deren Antrag die Genehmigung zur ausschließlichen Teilnahme an der fachärztlichen Versorgung erteilen.

(1b) Die einen Versicherten behandelnden Leistungserbringer sind verpflichtet, den Versicherten nach dem von ihm gewählten Hausarzt zu fragen; sie sind verpflichtet, die den Versicherten betreffenden Behandlungsdaten und Befunde mit dessen Zustimmung zum Zwecke der bei dem Hausarzt durchzuführenden Dokumentation und der weiteren Behandlung zu übermitteln. Der Hausarzt ist mit Zustimmung des Versicherten verpflichtet, die für die Behandlung erforderlichen Daten und Befunde an die den Versicherten behandelnden Leistungserbringer zu übermitteln. Bei einem Hausarztwechsel ist der bisherige Hausarzt mit Zustimmung des Versicherten verpflichtet, dem neuen Hausarzt die bei ihm über den Versicherten gespeicherten Unterlagen vollständig zu übermitteln.

(1c) (weggefallen)

(2) Die vertragsärztliche Versorgung umfaßt die

1.
ärztliche Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung und kieferorthopädische Behandlung nach Maßgabe des § 28 Abs. 2,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen, soweit sie § 56 Abs. 2 entspricht,
3.
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
4.
ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
5.
Verordnung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation,
6.
Anordnung der Hilfeleistung anderer Personen,
7.
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankentransporten sowie Krankenhausbehandlung oder Behandlung in Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen,
7a.
Verordnung von digitalen Gesundheitsanwendungen,
8.
Verordnung häuslicher Krankenpflege und außerklinischer Intensivpflege,
9.
Ausstellung von Bescheinigungen und Erstellung von Berichten, die die Krankenkassen oder der Medizinische Dienst (§ 275) zur Durchführung ihrer gesetzlichen Aufgaben oder die die Versicherten für den Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts benötigen; die Bescheinigung über eine Arbeitsunfähigkeit ist auch auszustellen, wenn die Arbeitsunfähigkeitsdaten nach § 295 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 übermittelt werden,
10.
medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1,
11.
ärztlichen Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b,
12.
Verordnung von Soziotherapie,
13.
Zweitmeinung nach § 27b,
14.
Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach § 37b.
Satz 1 Nummer 2 bis 4, 6, 10, 11 und 14 gilt nicht für Psychotherapeuten; Satz 1 Nummer 9 gilt nicht für Psychotherapeuten, soweit sich diese Regelung auf die Feststellung und die Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit bezieht. Satz 1 Nummer 5 gilt für Psychotherapeuten in Bezug auf die Verordnung von Leistungen zur psychotherapeutischen Rehabilitation. Satz 1 Nummer 7 gilt für Psychotherapeuten in Bezug auf die Verordnung von Ergotherapie, Krankentransporten sowie Krankenhausbehandlung. Satz 1 Nummer 8 gilt für Psychotherapeuten in Bezug auf die Verordnung von Leistungen der psychiatrischen häuslichen Krankenpflege. Das Nähere zu den Verordnungen durch Psychotherapeuten bestimmt der Gemeinsame Bundesausschuss in seinen Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6, 8 und 12.

(3) In den Gesamtverträgen ist zu vereinbaren, inwieweit Maßnahmen zur Vorsorge und Rehabilitation, soweit sie nicht zur kassenärztlichen Versorgung nach Absatz 2 gehören, Gegenstand der kassenärztlichen Versorgung sind.

(4) Krankenhausbehandlung darf nur verordnet werden, wenn eine ambulante Versorgung der Versicherten zur Erzielung des Heil- oder Linderungserfolgs nicht ausreicht. Die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung ist bei der Verordnung zu begründen. In der Verordnung von Krankenhausbehandlung sind in den geeigneten Fällen auch die beiden nächsterreichbaren, für die vorgesehene Krankenhausbehandlung geeigneten Krankenhäuser anzugeben. Das Verzeichnis nach § 39 Abs. 3 ist zu berücksichtigen.

(5) Der an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt und die ermächtigte Einrichtung sollen bei der Verordnung von Arzneimitteln die Preisvergleichsliste nach § 92 Abs. 2 beachten. Sie können auf dem Verordnungsblatt oder in dem elektronischen Verordnungsdatensatz ausschließen, dass die Apotheken ein preisgünstigeres wirkstoffgleiches Arzneimittel anstelle des verordneten Mittels abgeben. Verordnet der Arzt ein Arzneimittel, dessen Preis den Festbetrag nach § 35 überschreitet, hat der Arzt den Versicherten über die sich aus seiner Verordnung ergebende Pflicht zur Übernahme der Mehrkosten hinzuweisen.

(6) Zur kassenärztlichen Versorgung gehören Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten nicht, wenn sie im Rahmen der Krankenhausbehandlung oder der stationären Entbindung durchgeführt werden, es sei denn, die ärztlichen Leistungen werden von einem Belegarzt erbracht.

(7) Es ist Vertragsärzten nicht gestattet, für die Zuweisung von Versicherten oder für die Vergabe und Dokumentation von Diagnosen ein Entgelt oder sonstige wirtschaftliche Vorteile sich versprechen oder sich gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren. § 128 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(8) Zur Sicherung der wirtschaftlichen Verordnungsweise haben die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen sowie die Krankenkassen und ihre Verbände die Vertragsärzte auch vergleichend über preisgünstige verordnungsfähige Leistungen und Bezugsquellen, einschließlich der jeweiligen Preise und Entgelte zu informieren sowie nach dem allgemeinen anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse Hinweise zu Indikation und therapeutischen Nutzen zu geben. Die Informationen und Hinweise für die Verordnung von Arznei-, Verband- und Heilmitteln erfolgen insbesondere auf der Grundlage der Hinweise nach § 92 Abs. 2 Satz 3, der Rahmenvorgaben nach § 84 Abs. 7 Satz 1 und der getroffenen Arzneimittelvereinbarungen nach § 84 Abs. 1. In den Informationen und Hinweisen sind Handelsbezeichnung, Indikationen und Preise sowie weitere für die Verordnung von Arzneimitteln bedeutsame Angaben insbesondere auf Grund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 in einer Weise anzugeben, die unmittelbar einen Vergleich ermöglichen; dafür können Arzneimittel ausgewählt werden, die einen maßgeblichen Anteil an der Versorgung der Versicherten im Indikationsgebiet haben. Die Kosten der Arzneimittel je Tagesdosis sind nach den Angaben der anatomisch-therapeutisch-chemischen Klassifikation anzugeben. Es gilt die vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte im Auftrage des Bundesministeriums für Gesundheit herausgegebene Klassifikation in der jeweils gültigen Fassung. Die Übersicht ist für einen Stichtag zu erstellen und in geeigneten Zeitabständen, im Regelfall jährlich, zu aktualisieren.

(9) Vertragsärzte dürfen für die Verordnung von Arzneimitteln, von Verbandmitteln, von digitalen Gesundheitsanwendungen und von Produkten, die gemäß den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden können, nur solche elektronischen Programme nutzen, die mindestens folgende Inhalte mit dem jeweils aktuellen Stand enthalten:

1.
die Informationen nach Absatz 8 Satz 2 und 3,
2.
die Informationen über das Vorliegen von Rabattverträgen nach § 130a Absatz 8,
3.
die Informationen nach § 131 Absatz 4 Satz 2,
4.
die zur Erstellung und Aktualisierung des Medikationsplans nach § 31a und des elektronischen Medikationsplans nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 notwendigen Funktionen und Informationen,
5.
die Informationen nach § 35a Absatz 3a Satz 1 und
6.
ab dem 1. Oktober 2023 das Schulungsmaterial nach § 34 Absatz 1f Satz 2 des Arzneimittelgesetzes und die Informationen nach § 34 Absatz 1h Satz 3 des Arzneimittelgesetzes, auch in Verbindung mit § 39 Absatz 2e des Arzneimittelgesetzes oder § 39d Absatz 6 des Arzneimittelgesetzes
und die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für die vertragsärztliche Versorgung zugelassen sind. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates das Nähere insbesondere zu den Mindestanforderungen der Informationen nach Satz 1 Nummer 5 zu regeln. Es kann in der Rechtsverordnung auch das Nähere zu den weiteren Anforderungen nach Satz 1 regeln. Es kann dabei Vorgaben zur Abbildung der für die vertragsärztliche Versorgung geltenden Regelungen zur Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Verordnung von Arzneimitteln im Vergleich zu anderen Therapiemöglichkeiten machen. Es kann auch Vorgaben zu semantischen und technischen Voraussetzungen zur Interoperabilität machen. Weitere Einzelheiten sind in den Verträgen nach § 82 Absatz 1 zu vereinbaren. Die Vereinbarungen in den Verträgen nach § 82 Absatz 1 sind innerhalb von drei Monaten nach dem erstmaligen Inkrafttreten der Rechtsverordnung nach den Sätzen 2 bis 4 sowie nach dem jeweiligen Inkrafttreten einer Änderung der Rechtsverordnung anzupassen. Sie sind davon unabhängig in regelmäßigen Abständen zu überprüfen und bei Bedarf anzupassen. Auf die Verordnung von digitalen Gesundheitsanwendungen nach § 33a findet Satz 1 vor dem 1. Januar 2023 keine Anwendung.

(10) Für die Verordnung von Heilmitteln dürfen Vertragsärzte ab dem 1. Januar 2017 nur solche elektronischen Programme nutzen, die die Informationen der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in Verbindung mit § 92 Absatz 6 und über besondere Verordnungsbedarfe nach § 106b Absatz 2 Satz 4 sowie die sich aus den Verträgen nach § 125a ergebenden Besonderheiten enthalten und die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für die vertragsärztliche Versorgung zugelassen sind. Das Nähere ist in den Verträgen nach § 82 Absatz 1 zu vereinbaren.

(11) Stellt ein Vertragsarzt bei einem Versicherten eine Diagnose nach § 125a und die Indikation für ein Heilmittel, sind Auswahl und Dauer der Therapie sowie die Frequenz der Behandlungseinheiten vom Heilmittelerbringer festzulegen. In medizinisch begründeten Fällen kann der Vertragsarzt auch bei Vorliegen einer Diagnose nach § 125a selbst über die Auswahl und Dauer der Therapie sowie die Frequenz der Behandlungseinheiten entscheiden; in diesem Fall sind auf die Verordnung die Regelungen der Verträge nach § 125 Absatz 1 anzuwenden. Die Vertragsärzte sollen zum Beginn des auf den rechtskräftigen Abschluss des Vertrages nach § 125a folgenden Quartals, frühestens jedoch nach sechs Wochen, nach den Regelungen dieses Absatzes verordnen.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 9. Juli 2014 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung der Zulassung eines Nachfolgers für seine orthopädische Einzelpraxis durch den beklagten Berufungsausschuss.

2

Die Zulassung des Klägers als Vertragsarzt endete mit Bestandskraft ihrer Entziehung zum 1.2.2011. Einen am 19.11.2010 gestellten Antrag auf Ausschreibung seines Vertragsarztsitzes nahm der Kläger am 15.2.2011 - vor der für den 23.2.2011 terminierten Sitzung - zurück. Zu diesem Zeitpunkt lagen drei Anträge von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) auf Anstellung von Orthopäden im jeweiligen MVZ zur Fortführung der Praxis des Klägers vor. Einen zweiten Antrag auf Ausschreibung seines Vertragsarztsitzes stellte der Kläger im März 2011. Über ihn sollte in der Sitzung am 8.6.2011 entschieden werden. Am Tag der Sitzung lagen noch zwei Anträge von MVZ vor. Nachdem der Kläger zunächst erfolglos um Vertagung seines Verfahrens gebeten hatte, nahm er noch am 8.6.2011 seinen Antrag zurück und stellte zwei Tage später einen dritten Antrag auf Durchführung des Nachfolgeverfahrens für seine Praxis. Die Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) schrieb die Praxis mit einer verkürzten Bewerbungsfrist erneut so aus, dass sowohl die Bewerbungsfrist als auch die Frist für die Einreichung eines Zulassungsantrages binnen sechs Monaten nach Beendigung der vertragsärztlichen Tätigkeit endeten (29.7.2011). Zur Sitzung des Zulassungsausschusses am 14.9.2011 lagen Bewerbungen und Anträge auf Zulassung von dem zu 1. beigeladenen Orthopäden sowie von zwei MVZ vor, an denen die zu 2. bis 8. beigeladenen Ärzte beteiligt sind. Zudem lag eine Kaufpreiseinigung zwischen dem Kläger und dem von ihm favorisierten Beigeladenen zu 1. vor. Der Beigeladene zu 1. hatte angegeben, zum 1.4.2012 vertragsärztlich tätig werden zu wollen, da er in einem laufenden Beschäftigungsverhältnis stehe. Zu einer Kaufpreisvereinbarung zwischen dem Kläger und den MVZ kam es nicht. Die MVZ gaben an, sie könnten auch nicht erklären, den Verkehrswert zu bezahlen, da sie über den Umfang des zu veräußernden Praxisinhalts keine ausreichenden Informationen hätten. Der Kläger habe abgelehnt, eine Verhandlungsgrundlage zu nennen.

3

Der Zulassungsausschuss lehnte in seiner Sitzung am 14.9.2011 die Anträge des Beigeladenen zu 1. sowie der MVZ auf Nachfolgezulassung ab. Ein fortführungsfähiges Praxissubstrat liege zum Zeitpunkt der Sitzung nicht mehr vor. Erst recht fehle die Übergabefähigkeit zum Zeitpunkt der vom Beigeladenen zu 1. avisierten Tätigkeitsaufnahme am 1.4.2012. Seine Zulassung sei auch im Hinblick auf § 19 Abs 3 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) nicht möglich, weil danach die vertragsärztliche Tätigkeit innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung aufgenommen werden müsse. Hinsichtlich der beiden MVZ-Bewerbungen fehle es zudem an einer Kaufpreiseinigung. Es dränge sich der Verdacht auf, dass der Kläger seine Praxis gar nicht verkaufen möchte. Der beklagte Berufungsausschuss wies den Widerspruch mit Beschluss vom 10.11.2011 zurück. Der Kläger sei seit dem 1.2.2011 nicht mehr vertragsärztlich tätig gewesen. Die versicherten Patienten hätten sich anderweitig orientieren müssen. Er verfüge damit über keine fortführungsfähige Praxis mehr.

4

Mit Urteil vom 30.4.2013 hat das SG die dagegen erhobene Klage abgewiesen. Das LSG hat die Berufung mit Urteil vom 9.7.2014 zurückgewiesen. Die Nachbesetzung scheitere daran, dass keine fortführungsfähige Praxis mehr bestehe. Maßgeblich für das vom Kläger verfolgte Vornahmebegehren sei die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz. Es bestehe kein Zweifel, dass 3 ½ Jahre nach dem Ende der vertragsärztlichen Tätigkeit ein Praxissubstrat nicht mehr vorhanden und eine Nachfolgezulassung damit ausgeschlossen sei. Eine fortführungsfähige Praxis habe aber auch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Beklagten bereits nicht mehr bestanden. Hinzu komme, dass nach der Bestandskraft der Zulassungsentziehung zum 31.1.2011 keine Zulassung mehr auf einen Nachfolger übertragen werden könne.

5

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers. Der Beklagte habe seine ablehnende Entscheidung auf den Zeitablauf von sechs Monaten gestützt, obwohl seit dem Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Ausschreibung des Sitzes durch die KÄV weder sechs Monate nach dem Ende der kassenärztlichen Zulassung verstrichen gewesen seien, noch im Einzelnen ermittelt worden sei, inwiefern ein Praxissubstrat tatsächlich noch vorhanden gewesen sei. Der Beklagte habe das Fehlen eines Praxissubstrats allein damit begründet, dass der Kläger seine vertragsärztliche Tätigkeit zum 31.1.2011 eingestellt habe. Diese Begründung trage nicht, da anderenfalls eine Übertragung von Praxen auch im Falle einer Erkrankung oder im Todesfall nicht möglich wäre. Entgegen der Auffassung des LSG sei der Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Ausschreibung des Sitzes durch die KÄV maßgeblicher zeitlicher Anknüpfungspunkt für die Beurteilung der Fortführungsfähigkeit der Praxis. Der hier maßgebliche Antrag sei innerhalb von sechs Monaten nach dem Ende der vertragsärztlichen Zulassung gestellt worden. Die zuvor zurückgenommenen Anträge seien nicht relevant.

6

Der Kläger beantragt,
die Urteile des Bayerischen LSG vom 9.7.2014 und des SG München vom 30.4.2013 sowie den Beschluss des Beklagten vom 10.11.2011 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Es sei kein Praxissubstrat mehr vorhanden gewesen, das hätte übertragen werden können. Durch die zweimalige Rücknahme seines Antrags auf Ausschreibung seines Vertragsarztsitzes habe der Kläger die eingetretene zeitliche Verzögerung selbst verursacht.

9

Die zu 9. beigeladene KÄV trägt vor, die Rechtsprechung des Senats, wonach grundsätzlich für die Frage des Bestehens einer fortführungsfähigen Praxis auf den Zeitpunkt der Antragstellung auf Ausschreibung des Praxissitzes abzustellen ist, sei hier nicht einschlägig, weil die Zulassungsgremien - mangels Vorliegen eines ausreichenden Praxissubstrats - gerade keine Auswahlentscheidung getroffen hätten. Zudem habe der Kläger die zeitliche Verzögerung des Nachfolgeverfahrens selbst verursacht, indem er seinen Antrag zwei Mal zurückgenommen habe, obwohl fristgerechte Bewerbungen sowie entsprechende Anträge auf Zulassung vorgelegen hätten. Für den Fall einer solchen Verzögerung des Zulassungsverfahrens habe der Senat die Möglichkeit einer abweichenden Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunkts für die Beurteilung der Fortsetzungsfähigkeit einer Praxis bereits angedeutet. In der vorliegenden Konstellation bestehe weder für den Kläger noch für die anderen Beteiligten des Nachfolgezulassungsverfahrens ein erhöhtes Schutzbedürfnis. Habe ein Praxisinhaber eine Verzögerung des Verfahrens selbst zu vertreten und erfolge diese Verzögerung etwa mit der Zielsetzung, einem "Wunschkandidaten" die Nachfolge zu ermöglichen, habe er das Risiko eines Entfallens der Fortsetzungsfähigkeit während der Dauer des Verfahrens selbst zu tragen.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers hat im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG Erfolg. Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, ob der Beklagte zu Recht das Vorliegen einer fortführungsfähigen Praxis verneint hat.

11

1. Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig. Der Kläger hat im Revisionsverfahren erklärt, seine Praxis weiterhin veräußern zu wollen und deshalb weiterhin an der Besetzung des Sitzes interessiert zu sein. Wenn dies nicht mehr der Fall wäre, der Kläger vielmehr seine Praxis als Privatpraxis weiterführt, hätte der Beklagte die Nachbesetzung zu Recht abgelehnt. Es käme dann auch mangels berechtigten Interesses an der Feststellung keine Umstellung des Vornahmebegehrens auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag in Betracht. Ein Interesse an der Verwertung lediglich der Zulassung ist nicht geschützt (s hierzu etwa BSGE 115, 57 = SozR 4-2500 § 103 Nr 13, RdNr 34; BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 12 RdNr 28; BSGE 85, 1, 6 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 32 f; BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 28; zum Verhältnis der privatrechtlich übertragbaren Praxis zur öffentlich-rechtlichen Zulassung vgl auch BSGE 86, 121, 122 ff = SozR 3-5520 § 24 Nr 4 S 15 ff). Der Nachfolger des ausscheidenden Arztes könnte dann von vornherein nicht die Praxis fortführen, sondern nur eine andere Praxis mit dem "Sitz" dieses Arztes. Das sieht § 103 Abs 4 SGB V ausdrücklich nicht vor.

12

2. Rechtsgrundlage für die begehrte Nachfolgezulassung durch den Beklagten ist hier § 103 Abs 4 Satz 1 SGB V in der bis zum 31.12.2012 geltenden Fassung. Sowohl der Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens als auch die angefochtene Entscheidung erfolgten im Jahr 2011. Bei den auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung gerichteten Vornahmesachen sind grundsätzlich alle Änderungen der Sachlage bis zur mündlichen Verhandlung in der letzten Tatsacheninstanz sowie alle Rechtsänderungen, auch soweit sie erst in der Revisionsinstanz eintreten, zu berücksichtigen (vgl BSGE 115, 57 = SozR 4-2500 § 103 Nr 13, RdNr 30; BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 12 RdNr 22). Die grundsätzliche Beachtlichkeit aller Tatsachenänderungen bis zur mündlichen Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz und aller Rechtsänderungen bis zum Abschluss der Revisionsinstanz führt dazu, dass im Regelfall sowohl vorteilhafte als auch nachteilige Sach- und Rechtsänderungen zu berücksichtigen sind (BSGE 104, 128 = SozR 4-2500 § 95 Nr 15, RdNr 30). In Ausnahmefällen kann allerdings die Berücksichtigung nachteiliger Änderungen verwehrt sein, wenn nämlich ein Arzt auf eine Entscheidung aufgrund einer früheren bestimmten Sach- und Rechtslage, die ihm Zulassungschancen bot, vertrauen durfte (vgl hierzu BSGE 104, 128 SozR 4-2500 § 95 Nr 15, RdNr 30; BSGE 95, 94 RdNr 5 = SozR 4-2500 § 95c Nr 1 RdNr 10; BSGE 102, 219 = SozR 4-2500 § 118 Nr 1, RdNr 12 mwN). So hat der Senat regelmäßig in Drittanfechtungskonstellationen angenommen, dass auf den Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung abzustellen ist, falls sich die Sach- oder Rechtslage zu diesem Zeitpunkt für den begünstigten Dritten vorteilhafter darstellt (vgl BSGE 115, 57 = SozR 4-2500 § 103 Nr 13, RdNr 30 mwN; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 17 RdNr 40 mwN). Auch für den Fall eines Anspruchs auf Eintragung in das Arztregister hat der Senat entschieden, dass es auf die Rechtslage zum Zeitpunkt des Abschlusses der Revisionsinstanz ankommt, sofern nicht ein früherer Rechtszustand für den eine Berufszulassung vorbereitenden Anspruch günstiger ist (BSGE 95, 94 RdNr 5 = SozR 4-2500 § 95c Nr 1 RdNr 10). Jedenfalls für grundrechtsrelevante Entscheidungen, zu denen auch eine Entscheidung über die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes zählt (vgl BSGE 110, 34 = SozR 4-2500 § 103 Nr 11, RdNr 20; BSGE 85, 1, 6 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 32 unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Gesundheit, BT-Drucks 12/3937 S 7; Shirvani, Vertragsärztliches Nachbesetzungsverfahren und Eigentumsschutz, NZS 2014, 641 ff; kritisch zum Umfang des Eigentumsschutzes Steiner, Verfassungsfragen des Nachbesetzungsverfahrens nach § 103 Abs 4 SGB V, NZS 2011, 681, 682 f), ist grundsätzlich auf die für den Anspruch günstigste Rechtslage bis zum Abschluss der Revisionsinstanz abzustellen. Ansonsten würde der Anspruchsteller durch eine rechtswidrige Verwaltungsentscheidung und den anschließenden Zeitaufwand für ein gerichtliches Verfahren einer geschützten Rechtsposition verlustig gehen. Damit wäre ihm effektiver Rechtsschutz im Sinne des Art 19 Abs 4 GG versagt. Die nach dem 31.12.2011 eingetretenen Änderungen (Einfügung der Abs 3a und 4c sowie Änderung der Abs 4, 4a und 4b in § 103 SGB V durch das GKV-Versorgungsstrukturgesetz vom 22.12.2011 zum 1.1.2013 und Neufassung von § 103 Abs 3a und Abs 4 SGB V durch das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz vom 16.7.2015 zum 23.7.2015), die die Rechtslage zu Lasten des Praxisabgebers verändert haben, sind daher hier nicht zu berücksichtigen.

13

§ 103 Abs 4 SGB V aF - und insofern unverändert auch § 103 Abs 3a SGB V in den seit dem 1.1.2013 geltenden Fassungen - normiert für Vertragsärzte mit Sitz in einem für Zulassungen gesperrten Gebiet die Möglichkeit, bei Beendigung der Tätigkeit die Arztpraxis von einem Nachfolger fortführen zu lassen. Nach dem bis zum 31.12.2012 geltenden und hier maßgeblichen (Verfahrens-)Recht wird das Nachbesetzungsverfahren durch einen Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben in Gang gesetzt (§ 103 Abs 4 Satz 1 SGB V aF); nach neuem Recht entscheidet der Zulassungsausschuss (ZA), ob überhaupt ein Nachbesetzungsverfahren für den Vertragsarztsitz durchgeführt werden soll (§ 103 Abs 3a Satz 1 SGB V nF). Die KÄV hat sodann diesen Vertragsarztsitz unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen (§ 103 Abs 4 Satz 1 SGB V aF wie nF). Zwischen dem Praxisabgeber und dem Nachfolger wird ein Kaufvertrag geschlossen, dessen Gegenstand die Arztpraxis als Gesamtheit der gegenständlichen und personellen Grundlagen ist (vgl BSGE 85, 1, 4 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5, S 30 f; Flint in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand: 02/16, K § 103 SGB V RdNr 73; Streib in Ehlers, Fortführung von Arztpraxen, 3. Aufl 2009, Kapitel 1 RdNr 45). Weil typischerweise die Arztpraxis nicht veräußert werden kann, wenn der Erwerber den mit ihr verbundenen Sitz nicht erhält, bedarf es der Zulassung des Erwerbers. Die Zulassung, die der Nachfolger für seine Tätigkeit als Vertragsarzt benötigt, ist als öffentlich-rechtliche Berechtigung nicht übertragbar und muss vom Nachfolger beim Zulassungsausschuss beantragt werden. Die Regelung zur Nachfolgezulassung in § 103 Abs 4 SGB V aF und § 103 Abs 3a und 4 SGB V nF eröffnet eine Möglichkeit zur ausnahmsweisen Besetzung bedarfsplanungsrechtlich nicht erforderlicher Vertragsarztsitze. Sofern mehrere Bewerbungen eingehen, wählt der Zulassungsausschuss den Nachfolger anhand der in § 103 Abs 4 Satz 5 und Abs 5 Satz 3 SGB V normierten Kriterien aus. Die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes werden dabei nach § 103 Abs 4 Satz 8 SGB V bis zur Höhe des Verkehrswerts der Praxis berücksichtigt(vgl BSGE 110, 34 = SozR 4-2500 § 103 Nr 11, RdNr 17 ff).

14

Mit der Möglichkeit der Nachfolgezulassung in überversorgten Planungsbereichen berücksichtigt der Gesetzgeber die finanziellen Interessen des bisherigen Praxisinhabers bzw seiner Erben, die anderenfalls wegen der fehlenden Verwertungsmöglichkeit der Arztpraxis erhebliche Nachteile erleiden würden (vgl den Bericht des Ausschusses für Gesundheit, BT-Drucks 12/3937 S 7 f; BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 16 RdNr 58 mwN; BSGE 115, 57 = SozR 4-2500 § 103 Nr 13, RdNr 34 mwN; BSGE 85, 1, 6 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 32; Wenner, Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, 2008, § 16 Nr III 3c, RdNr 43 f). Der Gesetzgeber hat eine Abwägung zwischen dem Interesse an einer effektiven und an der Wirtschaftlichkeit des Angebots ambulanter ärztlicher Leistungen orientierten Bedarfsplanung, die den Abbau von Vertragsarztsitzen in überversorgten Bereichen einschließt, und dem Eigentumsinteresse des Praxisinhabers an einer Verwertung seiner Praxis vorgenommen und zugunsten des ausscheidenden Vertragsarztes eine Nachfolgezulassung in überversorgten Gebieten ermöglicht. Wo allerdings keine Praxis mehr existiert, kann auch keine Nachbesetzung mehr stattfinden. Diese würde ansonsten lediglich der Kommerzialisierung des Vertragsarztsitzes dienen, die vom Gesetzgeber nicht gewollt ist (BSGE 115, 57 = SozR 4-2500 § 103 Nr 13, RdNr 34 mwN; zum Verhältnis der privatrechtlich übertragbaren Praxis zur öffentlich-rechtlichen Zulassung vgl auch BSGE 86, 121, 122 ff = SozR 3-5520 § 24 Nr 4 S 15 ff; zum unzulässigen "Kauf" von Zulassungen vgl Großbölting/Jaklin, Formen ärztlicher Tätigkeit im Vertragsarztrecht, Zulassung und Konkurrentenstreit, NZS 2002, 130, 136).

15

a) Tatbestandliche Voraussetzung für eine Nachfolgezulassung ist daher, dass eine fortführungsfähige Praxis existiert (vgl BSGE 115, 57 = SozR 4-2500 § 103 Nr 13, RdNr 33; grundlegend BSGE 85, 1, 5 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 31 ff; BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3, RdNr 19; BSGE 109, 182 = SozR 4-2500 § 103 Nr 8, RdNr 21; BSGE 110, 43 = SozR 4-2500 § 103 Nr 9, RdNr 19; Pawlita in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl 2016, § 103 SGB V, RdNr 45 ff und 56). Eine Praxis kann iS des § 103 Abs 4 Satz 1 SGB V aF nur dann von einem Nachfolger fortgeführt werden, wenn der ausscheidende Vertragsarzt zum Zeitpunkt der Beendigung seiner Zulassung - von der seltenen Situation eines Ruhens der Zulassung zunächst abgesehen - tatsächlich unter einer bestimmten Anschrift in nennenswertem Umfang (noch) vertragsärztlich tätig gewesen ist(vgl § 95 Abs 3 Satz 1 SGB V). Das setzt den Besitz bzw Mitbesitz von Praxisräumen, die Ankündigung von Sprechzeiten, die tatsächliche Entfaltung einer ärztlichen Tätigkeit unter den üblichen Bedingungen sowie das Bestehen der für die Ausübung der ärztlichen Tätigkeit im jeweiligen Fachgebiet erforderlichen Praxisinfrastruktur in apparativ-technischer Hinsicht voraus. Ein Vertragsarzt, der eine vertragsärztliche Tätigkeit tatsächlich nicht wahrnimmt, keine Praxisräume mehr besitzt, keine Patienten mehr behandelt und über keinen Patientenstamm verfügt, betreibt keine Praxis mehr, die iS des § 103 Abs 4 Satz 1 SGB V aF von einem Nachfolger fortgeführt werden könnte(vgl BSGE 115, 57, = SozR 4-2500 § 103 Nr 13, RdNr 33; BSGE 85, 1, 5 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 32; Pawlita in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, § 103 SGB V, RdNr 45).

16

Fehlt es an einer fortführungsfähigen Praxis, so hat der Zulassungsausschuss schon aus diesem Grund die Durchführung des Nachfolgeverfahrens abzulehnen (vgl BSGE 115, 57 = SozR 4-2500 § 103 Nr 13, RdNr 34; Pawlita in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, § 103 SGB V, RdNr 56). Auch wenn eine KÄV gleichwohl auf Antrag den Vertragsarztsitz zur Nachfolge ausgeschrieben hat, darf eine Zulassung im Rahmen des Nachfolgeverfahrens nicht erteilt werden. Die Ausschreibung eines Vertragsarztsitzes hat keine konstitutive Wirkung in der Weise, dass für das Verfahren nach § 103 Abs 4 SGB V im Sinne einer Fiktion oder einer unwiderleglichen Vermutung von der Existenz einer fortzuführenden Praxis auszugehen wäre(vgl BSGE 85, 1, 6 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 32; Pawlita in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, § 103 SGB V, RdNr 50).

17

aa) Die Fortführungsfähigkeit scheitert hier nicht daran, dass Ende Januar 2011 die Entziehung der Zulassung des Klägers bestandskräftig wurde. Zwar kann bei der Entziehung einer Zulassung aufgrund der Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit davon ausgegangen werden, dass mit der Bestandskraft des Zulassungsentzugs keine fortführungsfähige Praxis mehr vorliegt. Wenn ein zugelassener Arzt derart lange nicht mehr vertragsärztlich tätig wurde, dass das Mittel der Zulassungsentziehung zum Tragen kommt, ist regelmäßig nicht mehr von einer fortführungsfähigen Praxis mit einem bestehenden Patientenstamm auszugehen (vgl BSG Beschluss vom 5.6.2013 - B 6 KA 2/13 B - Juris RdNr 8). Auf eine Zulassungsentziehung wegen Verletzung anderer vertragsärztlicher Pflichten ist das jedoch nicht übertragbar. Andernfalls wäre der Wegfall des Rechts auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens regelmäßig die Folge einer Zulassungsentziehung wegen Pflichtverletzung. Das ist dem Gesetz, das in § 103 Abs 4 Satz 1 SGB V aF und § 103 Abs 3a Satz 1 SGB V nF eine Praxisnachfolge auch für den Fall der Zulassungsentziehung vorsieht, nicht zu entnehmen. Die Zulassungsentziehung beeinträchtigt das Recht des Praxisinhabers auf Verwertung seiner Praxis indes nicht. Würde allein die Bestandskraft einer Entziehung zum Ausschluss des Nachbesetzungsverfahrens führen, würden auch Anreize gesetzt, selbst aussichtslose gerichtliche Verfahren gegen Entziehungen nur deshalb fortzuführen, um den Eintritt von Bestandskraft zu verhindern und so das Nachbesetzungsverfahren offenzuhalten. Im vorliegenden Fall haben die Zulassungsgremien die Zulassung nicht mangels vertragsärztlicher Tätigkeit entzogen, der Kläger war vielmehr bis zur Wirksamkeit des Entzugs seiner Zulassung vertragsärztlich tätig. Die Entziehung der Zulassung des Klägers steht daher der Fortführungsfähigkeit der Praxis nicht entgegen.

18

bb) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Fortführungsfähigkeit der Praxis ist der Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Ausschreibung des Sitzes durch die KÄV. Der Senat hat bereits entschieden, dass in Fallgestaltungen, in denen eine fortführungsfähige Praxis zwar zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Ausschreibung des Vertragsarztsitzes noch existiert hat, jedoch im Verlauf eines Rechtsstreits um die Rechtmäßigkeit der von den Zulassungsgremien getroffenen Auswahlentscheidung nicht mehr betrieben wird, die Anforderungen, die § 103 Abs 4 SGB V aF an die Fortführung einer bestehenden Praxis stellt, im Interesse der Gewährung effektiven Rechtsschutzes(Art 19 Abs 4 Satz 1 GG), in diesem Sinne einschränkend auszulegen (BSGE 115, 57 = SozR 4-2500 § 103 Nr 13, RdNr 40). Ausschlaggebend hierfür war die Überlegung, dass die Forderung einer Fortführungsfähigkeit zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz den nach Art 19 Abs 4 GG zu gewährleistenden Rechtsschutz der Beteiligten unzulässig verkürzt, wenn die Fortführungsfähigkeit im laufenden Rechtsstreit entfällt und weder die erstrebte Nachfolgezulassung noch ein Schadensersatz sicher erlangt werden können. Angesichts der Dauer gerichtlicher Hauptsacheverfahren von nicht selten mehreren Jahren wird eine fortführungsfähige Praxis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz vielfach nicht mehr bestehen. Sofern nur ein Schadensersatzanspruch gegen die Zulassungsgremien in Betracht kommt, kann - auch bei rechtswidriger Entscheidung - im Hinblick auf das Erfordernis eines Verschuldensvorwurfs nicht immer von dessen Durchsetzbarkeit ausgegangen werden. Ebenso wenig können die am Nachfolgezulassungsverfahren Beteiligten ihre Belange in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes immer effektiv durchsetzen (BSG aaO RdNr 39).

19

Würde auf den Zeitpunkt der Entscheidung der Zulassungsgremien oder der Aufnahme der Tätigkeit durch den Nachfolger abgestellt, wäre der Vertragsarzt erheblichen Unsicherheiten über die Möglichkeit der Veräußerung seiner Praxis im Rahmen der Nachfolgezulassung außerhalb seiner Risikosphäre ausgesetzt. Allein das Verfahren vor den Zulassungsgremien kann abhängig von den Sitzungsterminen und der weiteren Organisation mehrere Monate in Anspruch nehmen (zu einer durchschnittlichen Verfahrensdauer von ca neun Monaten vgl Barufke, MedR 2015, 551, 552). Der zeitliche Ablauf des Verwaltungsverfahrens ist - anders als zB der Wegfall der Fortführungsfähigkeit aufgrund von Krankheit (vgl BSG Beschluss vom 5.6.2013 - B 6 KA 2/13 B - Juris; BSG Beschluss vom 29.10.2009 - B 6 KA 42/09 B - Juris) oder wegen eigenen Verhaltens des Praxisabgebers (vgl BSGE 115, 57, = SozR 4-2500 § 103 Nr 13, RdNr 40)- nicht dem Risikobereich des ausscheidenden Arztes zuzurechnen und darf sich daher nicht zu seinen Lasten auswirken.

20

Diese Wertungen sind auf den vorliegenden Fall übertragbar. Nachdem die Zulassungsgremien keine Nachfolgezulassung erteilten, hat der Kläger sein Ziel gerichtlich weiter verfolgt. Im vorläufigen Rechtsschutzverfahren war er erfolglos (vgl Bayerisches LSG Beschluss vom 18.12.2012 - L 12 KA 119/12 B ER - Juris). Wie im Fall der Drittanfechtung konnte auch im vorliegenden Fall der Kläger den Verfall des Praxissubstrats aufgrund der bestandskräftigen Zulassungsentziehung nicht verhindern. Mit der bestandskräftigen Entziehung endet das Recht des Arztes zur Erbringung vertragsärztlicher Leistungen. Wenn für die Beurteilung der Fortführungsfähigkeit seiner Praxis auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz abgestellt würde, hätte der Kläger folglich keine dem Grundsatz effektiven Rechtsschutzes genügende Möglichkeit mehr zur Durchsetzung seiner Ansprüche. Dass die Zulassung hier infolge einer Entziehung endete, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Der Vertragsarzt verliert durch die Zulassungsentziehung weder sein Recht auf Verwertung seiner Praxis noch seinen Anspruch auf effektiven Rechtsschutz.

21

cc) Der Grundsatz, dass auf den Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Ausschreibung abzustellen ist, erfährt in besonderen Konstellationen allerdings Einschränkungen. Der Senat hat entschieden, dass der Rechtsschutzgedanke in Ausnahmefällen nicht zum Tragen kommen kann, sofern zB ein Antrag in missbräuchlicher Weise bereits lange Zeit vor der Beendigung der Zulassung des abgebenden Arztes gestellt oder wenn das Zulassungsverfahren verzögert wird (BSGE 115, 57 = SozR 4-2500 § 103 Nr 13, RdNr 40). Nicht schutzwürdig kann auch die Rücknahme eines Ausschreibungsantrags und unmittelbar darauf wiederholte Antragstellung sein. Zwar ist eine wiederholte Antragstellung nicht ausgeschlossen. Das Recht auf Wiederholung der Ausschreibung geht aber verloren, wenn feststeht, dass der Praxisabgeber die Übergabe im ersten Verfahren aus Gründen, die vom Gesetz ausdrücklich nicht geschützt werden, hat scheitern lassen (vgl Urteil vom 05.11.2003 - B 6 KA 11/03 R - Juris RdNr 32, insofern nicht abgedruckt in BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1).

22

Grundsätzlich ist das Nachbesetzungsverfahren mit der Rücknahme des Antrags auf Ausschreibung durch den abgabewilligen Arzt beendet. Das ist schon im Hinblick darauf geboten, dass das Praxisnachfolgeverfahren in besonderem Maße auf zügige Durchführung und Herstellung von Rechtssicherheit ausgerichtet ist (vgl dazu BSGE 110, 43 = SozR 4-2500 § 103 Nr 9, RdNr 18 f). Stellt der Praxisabgeber einen erneuten oder sogar dritten Antrag, muss er ein berechtigtes Interesse hierfür sowie die Gründe für die vorherige Rücknahme nachvollziehbar gegenüber der KÄV und den Zulassungsgremien darlegen. Das gilt umso mehr, wenn Umstände erkennbar sind, die darauf hindeuten, dass der Praxisabgeber mit seiner Antragstellung bzw -rücknahme Einfluss auf die Nachbesetzung nehmen will. Ein Praxisinhaber darf das Nachfolgeverfahren nicht dazu nutzen, um außerhalb seines berechtigten Interesses an der Zahlung des Verkehrswertes Einfluss auf das Nachfolgeverfahren zu nehmen (vgl auch BSG Urteil vom 5.11.2003 - B 6 KA 11/03 R - Juris RdNr 32, insoweit nicht abgedruckt in BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1). Die Einschätzung der Geeignetheit der Bewerber im Übrigen obliegt nach § 103 Abs 4 Satz 3 SGB V allein dem Zulassungsausschuss. Wenn der Praxisabgeber mit dem rechtsfehlerfrei ausgesuchten Praxisbewerber einen Vertrag nicht abschließen möchte, so bedeutet dies nicht, dass der von ihm bevorzugte Praxisbewerber auszuwählen ist, sondern es kommt zum Scheitern des Nachfolgeverfahrens. Es besteht auch aus eigentumsrechtlicher Sicht keine Notwendigkeit, insofern die Willensfreiheit des Praxisabgebers zu schützen (vgl SG Marburg Beschluss vom 25.11.2011 - S 12 KA 797/11 ER - Juris RdNr 42). Die Regelungen über die Auswahl eines Bewerbers sollen sicherstellen, dass der nach Maßgabe der Kriterien des § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V am besten geeignete Bewerber die Nachfolgezulassung erhält. Missbräuchlich ist daher eine Einflussnahme des Praxisinhabers auf das Verfahren vor den Zulassungsgremien zur Durchsetzung des "Wunschkandidaten". Die Auswahl des Nachfolgers obliegt allein den Zulassungsgremien (vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 12 RdNr 44 ff). Umstände, die unter diesen Gesichtspunkten für einen Wegfall des Nachbesetzungsrechts sprechen, haben die Zulassungsgremien aufzuklären. Können ausreichende Gründe für die Rücknahme des ersten Ausschreibungsantrags und die spätere Erneuerung des Ausschreibungsbegehrens nicht festgestellt werden, geht dies zu Lasten des Praxisabgebers.

23

Ob eine solche Situation hier vorliegt, vermag der Senat auf der Grundlage der für ihn bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts (§ 163 SGG)nicht abschließend zu beurteilen. Anlass zu einer Überprüfung gibt aber bereits der Umstand, dass der Kläger zwei Anträge auf Ausschreibung wieder zurückgenommen hat, obwohl Bewerbungen vorlagen. Ob der Kläger dabei seine Verfahrensrechte zur Geltendmachung berechtigter Interessen wahrgenommen hat, erscheint zweifelhaft. Indiz für ein unzulässiges Vorgehen des Klägers kann der in der Verwaltungsakte befindliche Ausdruck einer E-Mail vom 12.4.2011 sein, in der der Kläger mögliche Bewerber zur Rücknahme ihrer Anträge aufforderte und ein "Stoppen" des Nachfolgeverfahrens für den Fall ankündigte, dass ein MVZ oder ein "im Landkreis vernetzter Kollege" die Zulassung erhalten solle. Allerdings finden sich weder zu dieser E-Mail noch zu den Umständen der Rücknahme der ersten beiden Anträge verwertbare Feststellungen in den Urteilen der Vorinstanzen oder im Bescheid des Beklagten. Gestützt werden die Entscheidungen vielmehr ausschließlich darauf, dass zum Zeitpunkt des Beschlusses des Beklagten keine fortführungsfähige Praxis mehr bestanden hat. Das LSG wird die hierzu erforderlichen Feststellungen nachzuholen haben. Dem Beklagten kommt hinsichtlich der für den Wegfall des Nachbesetzungsrechts maßgeblichen Umstände kein der gerichtlichen Nachprüfung nur eingeschränkt zugänglicher Beurteilungsspielraum zu. Das LSG wird daher zu prüfen haben, ob ein Nachbesetzungsrecht angesichts der besonderen Umstände des Einzelfalles zum Zeitpunkt der dritten Antragstellung noch bestand. Erst wenn dies bejaht wird, steht fest, dass der Beklagte erneut entscheiden muss.

24

dd) Die Fortführungsfähigkeit der klägerischen Praxis lag bei der hier maßgeblichen dritten Antragstellung noch vor.

25

Der seit dem Ende der vertragsärztlichen Tätigkeit bis zur Antragstellung im Juni 2011 verstrichene Zeitraum lässt nicht auf einen Wegfall des Praxissubstrats schließen. Für die Beurteilung der Frage, ob die Voraussetzungen einer "Fortführung" der Praxis gegeben sind, kommt dem zeitlichen Abstand zwischen der Beendigung der vertragsärztlichen Tätigkeit durch den Vorgänger und dem Zeitpunkt der Antragstellung erhebliche Bedeutung zu. Ohne Frage ist es aus Versorgungsgesichtspunkten wünschenswert, dass die ärztlichen Leistungen möglichst nahtlos am Vertragsarztsitz angeboten werden. Dem Ablauf einiger Monate kann aufgrund der sich verändernden Patientenströme eine erhebliche Bedeutung zukommen. Eine generelle Festlegung, nach welcher Zeitspanne eine fortführungsfähige Praxis nicht mehr existiert, hat der Senat jedoch nicht getroffen, sondern dies von der Bewertung der gesamten Umstände des Einzelfalles abhängig gemacht (vgl BSGE 115, 57 = SozR 4-2500 § 103 Nr 13, RdNr 35; kritisch zur generellen Anwendung eines Zeitraums von sechs Monaten in der Praxis Meschke in Bäune/Meschke/Rothfuß, § 16b, RdNr 66). Mit Urteil vom 28.11.2007 (BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3, RdNr 22; ebenso: BSGE 110, 43 = SozR 4-2500 § 103 Nr 9, RdNr 27) hat der Senat dargelegt, dass jedenfalls mehr als sieben Jahre nach dem Ausscheiden eines Arztes aus einer Berufsausübungsgemeinschaft keine Grundlage mehr für eine Fortführung besteht. Auch bezogen auf die - allerdings nur bedingt vergleichbare (vgl BSGE 115, 57 = SozR 4-2500 § 103 Nr 13, RdNr 36)- Nachbesetzung eines Sitzes in einem MVZ hat der Senat entschieden, dass eine Frist von sechs Monaten einzuhalten ist, die "in besonderen Fällen des Misslingens rechtzeitiger Nachbesetzung trotz erkennbar ernstlichen Bemühens" nochmals um sechs Monate verlängert werden könne. Nach Ablauf der Frist erlösche das Recht auf Nachbesetzung (BSGE 109, 182 = SozR 4-2500 § 103 Nr 8, RdNr 26). In zwei Beschlüssen vom 5.6.2013 (B 6 KA 2/13 B - Juris) und vom 29.10.2009 (B 6 KA 42/09 B - BeckRS 2010, 67009) hat der Senat ausgeführt, dass jedenfalls vier Jahre nach dem faktischen Ende der vertragsärztlichen Tätigkeit davon ausgegangen werden kann, dass ein Praxissubstrat nicht mehr vorhanden und eine Nachfolgezulassung nach § 103 Abs 4 SGB V ausgeschlossen sei. Im Verfahren um die Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft, hat der Senat angenommen, dass die dort vorhandenen Sachmittel nach einem Zeitraum von mehr als zwei Jahren, in denen keinerlei vertragsärztliche Leistung erbracht worden ist, keinen Bezug mehr zur vertragsärztlichen Tätigkeit aufweisen (BSGE 115, 57 = SozR 4-2500 § 103 Nr 13, RdNr 37).

26

Der Kläger hat seine vertragsärztliche Tätigkeit mit der Bestandskraft der Zulassungsentziehung zum 1.2.2011 beendet. Die von ihm nach Zulassungsende weiter erbrachten Leistungen außerhalb des Leistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung verhindern das Ende der vertragsärztlichen Tätigkeit nicht. Seit dem Ende der vertragsärztlichen Tätigkeit bis zur Antragstellung am 10.6.2011 sind folglich viereinhalb Monate vergangen, ohne dass ein zu berücksichtigender Praxisbetrieb stattfand. Dieser Zeitraum allein rechtfertigt die Annahme, ein Praxissubstrat sei entfallen, nicht. Die Patienten orientieren sich bei der Inanspruchnahme eines Arztes in der Regel innerhalb von viereinhalb Monaten nicht dauerhaft neu, sodass ein Patientenstamm durch einen Arztwechsel entfiele. Dementsprechend findet sich in Rechtsprechung und Literatur als kürzester Zeitraum für die Annahme eines Wegfalls der Fortführungsfähigkeit die Angabe von sechs Monaten (vgl Kremer/Wittmann, Vertragsärztliche Zulassungsverfahren, 2. Aufl 2015, S 147 RdNr 384 mwN; zur Nachbesetzung von MVZ vgl BSGE 109, 182 = SozR 4-2500 § 103 Nr 8, RdNr 26; mit der Angabe von einem Jahr vgl BSG Beschluss vom 5.6.2013 - B 6 KA 2/13 B - Juris).

27

Es sind auch im Übrigen keine Gesichtspunkte erkennbar, die für eine mangelnde Fortführungsfähigkeit der Praxis des Klägers zum Zeitpunkt der Antragstellung am 10.6.2011 sprechen. Es bestand ein ungekündigter Mietvertrag für die Praxisräume und die personellen und materiellen Voraussetzungen zum Betrieb der Praxis waren noch nicht entfallen.

28

3. Die Entscheidung des Beklagten ist auch nicht bereits aus anderen Gründen im Ergebnis rechtmäßig.

29

a) Der zu 1. beigeladene Bewerber war hier nicht schon von vornherein ausgeschlossen, weil er in seiner Bewerbung als Zeitpunkt für die Aufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit den 1.4.2012 angegeben hat. Geeignet für eine Nachfolgezulassung ist ein Bewerber nur, wenn er die Praxis auch fortführen will (vgl BSGE 115, 57 = SozR 4-2500 § 103 Nr 13, RdNr 54 ff; BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 12 RdNr 32, jeweils mwN; Kremer/Wittmann, Vertragsärztliche Zulassungsverfahren, S 178, RdNr 469). Die Fortführung setzt zwar eine zeitnahe Aufnahme der Tätigkeit voraus, sodass Ausnahmen von der Vorgabe des § 19 Abs 3 Ärzte-ZV, wonach die vertragsärztliche Tätigkeit innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung aufzunehmen ist, nur selten in Betracht kommen werden. Ein Nachfolger, der seine Tätigkeit in der Praxis erst verzögert aufnimmt, läuft daher Gefahr, mit dem Argument abgelehnt zu werden, er führe die Praxis nicht iS des § 103 SGB V fort(vgl auch Hesral in Ehlers, Fortführung von Arztpraxen, 3. Aufl 2009, Kapitel 3, RdNr 359, der die Ablehnung eines Bewerbers für geboten hält, wenn dieser im Antrag angibt, noch ein Jahr an den Arbeitgeber gebunden zu sein). Der Beigeladene zu 1. hat mit dem Datum 1.4.2012 zwar einen Termin angegeben, der nach dem vermutlichen Ende der 3-Monats-Frist des § 19 Abs 3 Ärzte-ZV liegt. Es steht aber zum einen nicht fest, dass ein früherer Beginn nach den Konditionen des bestehenden Beschäftigungsverhältnisses ausgeschlossen war und nach einem Hinweis der Zulassungsgremien vom Beigeladenen zu 1. realisiert worden wäre, zum anderen ist eine Verlängerung der Frist nicht gänzlich ausgeschlossen (vgl BSG SozR 4-5520 § 19 Nr 3 - zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen - RdNr 30).

30

b) Ebenso ist eine Zulassung der übrigen Bewerber nicht schon deshalb abzulehnen, weil es mit ihnen nicht zu einer Einigung über den Kaufpreis gekommen ist. Lässt der Praxisabgeber die Übergabe scheitern, weil er keinen Kaufpreis oberhalb des Verkehrswertes erzielen kann, hat er kein Recht auf Wiederholung der Ausschreibung (vgl BSGE 110, 34 = SozR 4-2500 § 103 Nr 11, RdNr 18; BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 21). Andererseits sind die wirtschaftlichen Interessen des Abgebenden insoweit geschützt, als nur die Bewerber in die Auswahl einbezogen werden müssen, die bereit sind, den Verkehrswert als Kaufpreis zu zahlen. Der Abschluss eines Kaufvertrags darf aber bei der Entscheidung über die Zulassung auch nicht aussichtslos sein. Aus diesem Grund können Bewerber, die von vornherein nicht bereit sind, mit dem ausscheidenden Vertragsarzt über eine Praxisübernahme zu verhandeln, keine Nachfolgezulassung erhalten (vgl BSGE 85, 1, 6 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 33; Hesral, in Ehlers, Fortführung von Arztpraxen, 3. Aufl 2009, Kapitel 3, RdNr 367). Wenn aber im Nachfolgeverfahren vorgetragen wird, dass eine Erklärung über die Bereitschaft zur Zahlung des Verkehrswertes der Praxis nicht möglich sei, weil wegen fehlender Angaben des abgebenden Arztes zum Verkehrswert der Praxis keine ausreichenden Anhaltspunkte über den finanziellen Rahmen bestehen, bedeutet dies seitens der Bewerber zunächst nur die Geltendmachung des berechtigten Interesses an einer Information über die maßgeblichen Kriterien für die Bemessung des Verkehrswertes. Seitens des Praxisabgebers kann die Vorenthaltung von Informationen zum Zweck der Einflussnahme auf das Nachfolgeverfahren zum Verlust des Rechts auf Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens führen.

31

4. Das LSG wird in seinem Urteil auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Die Krankenkassen haben ihren Versicherten eine besondere hausärztliche Versorgung (hausarztzentrierte Versorgung) anzubieten.

(2) Dabei ist sicherzustellen, dass die hausarztzentrierte Versorgung insbesondere folgenden Anforderungen genügt, die über die vom Gemeinsamen Bundesausschuss sowie in den Bundesmantelverträgen geregelten Anforderungen an die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen:

1.
Teilnahme der Hausärzte an strukturierten Qualitätszirkeln zur Arzneimitteltherapie unter Leitung entsprechend geschulter Moderatoren,
2.
Behandlung nach für die hausärztliche Versorgung entwickelten, evidenzbasierten, praxiserprobten Leitlinien,
3.
Erfüllung der Fortbildungspflicht nach § 95d durch Teilnahme an Fortbildungen, die sich auf hausarzttypische Behandlungsprobleme konzentrieren, wie patientenzentrierte Gesprächsführung, psychosomatische Grundversorgung, Palliativmedizin, allgemeine Schmerztherapie, Geriatrie,
4.
Einführung eines einrichtungsinternen, auf die besonderen Bedingungen einer Hausarztpraxis zugeschnittenen, indikatorengestützten und wissenschaftlich anerkannten Qualitätsmanagements.

(3) Die Teilnahme an der hausarztzentrierten Versorgung ist freiwillig. Die Teilnehmer verpflichten sich schriftlich oder elektronisch gegenüber ihrer Krankenkasse, nur einen von ihnen aus dem Kreis der Hausärzte nach Absatz 4 gewählten Hausarzt in Anspruch zu nehmen sowie ambulante fachärztliche Behandlung mit Ausnahme der Leistungen der Augenärzte und Frauenärzte nur auf dessen Überweisung; die direkte Inanspruchnahme eines Kinder- und Jugendarztes bleibt unberührt. Die Versicherten können die Teilnahmeerklärung innerhalb von zwei Wochen nach deren Abgabe schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift bei der Krankenkasse ohne Angabe von Gründen widerrufen. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung an die Krankenkasse. Die Widerrufsfrist beginnt, wenn die Krankenkasse dem Versicherten eine Belehrung über sein Widerrufsrecht schriftlich oder elektronisch mitgeteilt hat, frühestens jedoch mit der Abgabe der Teilnahmeerklärung. Wird das Widerrufsrecht nicht ausgeübt, ist der Versicherte an seine Teilnahmeerklärung und an die Wahl seines Hausarztes mindestens ein Jahr gebunden; er darf den gewählten Hausarzt nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes wechseln. Das Nähere zur Durchführung der Teilnahme der Versicherten, insbesondere zur Bindung an den gewählten Hausarzt, zu weiteren Ausnahmen von dem Überweisungsgebot und zu den Folgen bei Pflichtverstößen der Versicherten, regeln die Krankenkassen in den Teilnahmeerklärungen. Die Satzung der Krankenkasse hat Regelungen zur Abgabe der Teilnahmeerklärung zu enthalten; die Regelungen sind auf der Grundlage der Richtlinie nach § 217f Absatz 4a zu treffen.

(4) Zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 haben Krankenkassen allein oder in Kooperation mit anderen Krankenkassen spätestens bis zum 30. Juni 2009 Verträge mit Gemeinschaften zu schließen, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der Kassenärztlichen Vereinigung vertreten. Können sich die Vertragsparteien nicht einigen, kann die Gemeinschaft die Einleitung eines Schiedsverfahrens nach Absatz 4a beantragen. Ist ein Vertrag nach Satz 1 zustande gekommen oder soll ein Vertrag zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen geschlossen werden, können Verträge auch abgeschlossen werden mit

1.
vertragsärztlichen Leistungserbringern, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen,
2.
Gemeinschaften dieser Leistungserbringer,
3.
Trägern von Einrichtungen, die eine hausarztzentrierte Versorgung durch vertragsärztliche Leistungserbringer, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen, anbieten,
4.
Kassenärztlichen Vereinigungen, soweit Gemeinschaften nach Nummer 2 sie hierzu ermächtigt haben.
Finden die Krankenkassen in dem Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung keinen Vertragspartner, der die Voraussetzungen nach Satz 1 erfüllt, haben sie zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 Verträge mit einem oder mehreren der in Satz 3 genannten Vertragspartner zu schließen. In den Fällen der Sätze 3 und 4 besteht kein Anspruch auf Vertragsabschluss; die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots ist unter Bekanntgabe objektiver Auswahlkriterien auszuschreiben. Soweit die hausärztliche Versorgung der Versicherten durch Verträge nach diesem Absatz durchgeführt wird, ist der Sicherstellungsauftrag nach § 75 Abs. 1 eingeschränkt. Satz 6 gilt nicht für die Organisation der vertragsärztlichen Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten.

(4a) Beantragt eine Gemeinschaft gemäß Absatz 4 Satz 2 die Einleitung eines Schiedsverfahrens, haben sich die Parteien auf eine unabhängige Schiedsperson zu verständigen, die den Inhalt des Vertrages nach Absatz 4 Satz 1 festlegt. Einigen sich die Parteien nicht auf eine Schiedsperson, so wird diese von der für die Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde bestimmt. Die Kosten des Schiedsverfahrens tragen die Vertragspartner zu gleichen Teilen. Klagen gegen die Bestimmung der Schiedsperson haben keine aufschiebende Wirkung. Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts richten sich gegen eine der beiden Vertragsparteien, nicht gegen die Schiedsperson.

(5) In den Verträgen nach Absatz 4 sind das Nähere über den Inhalt und die Durchführung der hausarztzentrierten Versorgung, insbesondere die Ausgestaltung der Anforderungen nach Absatz 2, sowie die Vergütung zu regeln; in Verträgen, die nach dem 31. März 2014 zustande kommen, sind zudem Wirtschaftlichkeitskriterien und Maßnahmen bei Nichteinhaltung der vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien sowie Regelungen zur Qualitätssicherung zu vereinbaren. Eine Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigung bei der Ausgestaltung und Umsetzung der Anforderungen nach Absatz 2 ist möglich. Die Verträge können auch Abweichendes von den im Dritten Kapitel benannten Leistungen beinhalten, soweit sie die in § 11 Absatz 6 genannten Leistungen, Leistungen nach den §§ 20i, 25, 26, 37a und 37b sowie ärztliche Leistungen einschließlich neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden betreffen, soweit der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 im Rahmen der Beschlüsse nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 keine ablehnende Entscheidung getroffen hat. Die Einzelverträge können Abweichendes von den Vorschriften dieses Kapitels sowie den nach diesen Vorschriften getroffenen Regelungen regeln. § 106d Absatz 3 gilt hinsichtlich der arzt- und versichertenbezogenen Prüfung der Abrechnungen auf Rechtmäßigkeit entsprechend. Zugelassene strukturierte Behandlungsprogramme nach §§ 137f und 137g sind, soweit sie die hausärztliche Versorgung betreffen, Bestandteil der Verträge nach Absatz 4. Vereinbarungen über zusätzliche Vergütungen für Diagnosen können nicht Gegenstand der Verträge sein.

(5a) Kündigt die Krankenkasse einen Vertrag nach Absatz 4 und kommt bis zum Ablauf dieses Vertrages kein neuer Vertrag zustande, gelten die Bestimmungen des bisherigen Vertrages vorläufig bis zum Zustandekommen eines neuen Vertrages weiter. Dies gilt nicht bei einer außerordentlichen Kündigung nach § 71 Absatz 6 Satz 3.

(6) Die Krankenkassen haben ihre Versicherten in geeigneter Weise umfassend über Inhalt und Ziele der hausarztzentrierten Versorgung sowie über die jeweils wohnortnah teilnehmenden Hausärzte zu informieren.

(7) Die Vertragspartner der Gesamtverträge haben den Behandlungsbedarf nach § 87a Absatz 3 Satz 2 zu bereinigen. Die Bereinigung erfolgt rechtzeitig zu dem Kalendervierteljahr, für welches die Gesamtvergütung bereinigt werden soll, entsprechend der Zahl und der Morbiditätsstruktur der für dieses Kalendervierteljahr eingeschriebenen Versicherten sowie dem vertraglich vereinbarten Inhalt der hausarztzentrierten Versorgung nach Maßgabe der Vorgaben des Bewertungsausschusses nach § 87a Absatz 5 Satz 7. Dabei können die Bereinigungsbeträge unter Beachtung der Maßgaben nach Satz 2 auch pauschaliert ermittelt werden. Kommt eine rechtzeitige Einigung über die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nicht zustande, können auch die Vertragspartner der Verträge über eine hausarztzentrierte Versorgung das Schiedsamt nach § 89 anrufen. Die für die Bereinigungsverfahren erforderlichen arzt- und versichertenbezogenen Daten übermitteln die Krankenkassen den zuständigen Gesamtvertragspartnern bis spätestens drei Wochen vor dem Kalendervierteljahr, für welches die Gesamtvergütung für die in diesem Kalendervierteljahr eingeschriebenen Versicherten bereinigt werden soll. Die Krankenkasse kann, falls eine rechtzeitige Bereinigung nicht festgesetzt worden ist, den Behandlungsbedarf unter Beachtung der Maßgaben nach Satz 2 vorläufig bereinigen. Sie kann auch die Anerkennung und Umsetzung des geltenden Bereinigungsverfahrens für die Bereinigung der Gesamtvergütung für an der hausarztzentrierten Versorgung teilnehmende Versicherte mit Wohnort im Bezirk anderer Kassenärztlichen Vereinigungen von diesen Kassenärztlichen Vereinigungen verlangen. Für die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nach Satz 7 sowie für den Fall der Rückführung von Bereinigungsbeträgen bei Beendigung der Teilnahme eines Versicherten sind die Verfahren gemäß § 87a Absatz 5 Satz 9 anzuwenden. Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben die zur Bereinigung erforderlichen Vorgaben im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben umzusetzen.

(8) Die Vertragsparteien nach Absatz 4 können vereinbaren, dass Aufwendungen für Leistungen, die über die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen und insoweit nicht unter die Bereinigungspflicht nach Absatz 7 fallen, aus Einsparungen und Effizienzsteigerungen, die aus den Maßnahmen von Verträgen nach Absatz 4 erzielt werden, finanziert werden.

(9) Die Einhaltung der nach Absatz 5 Satz 1 vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien muss spätestens vier Jahre nach dem Wirksamwerden der zugrunde liegenden Verträge nachweisbar sein; § 88 Absatz 2 des Vierten Buches gilt entsprechend.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 18. Dezember 2013 und des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. April 2012 geändert. Es wird festgestellt, dass der durch die Schiedsperson zwischen den Beteiligten festgesetzte Vertrag zur hausarztzentrierten Versorgung mit bundesrechtlichen Bestimmungen zum Datenschutz nicht vereinbar ist. Insoweit sind die Beteiligten verpflichtet, den Vertrag zu ändern.

Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt 9/10 und die Beklagten tragen 1/10 der Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen.

Tatbestand

1

Die klagende Krankenkasse wendet sich gegen einen Schiedsspruch, mit dem der Inhalt eines Vertrages zur hausarztzentrierten Versorgung (HzV) nach § 73b SGB V zwischen ihr und den beiden beklagten Hausarztverbänden festgelegt worden ist.

2

Nachdem sich Klägerin und Beklagte nicht über den Abschluss eines Vertrages zur HzV einigen konnten, beantragten die Beklagten die Einleitung des Schiedsverfahrens. Die Schiedsperson wurde durch das Bundesversicherungsamt (BVA) bestimmt, nachdem auch dazu keine Einigung erzielt werden konnte. Gegen den Bescheid des BVA zur Bestimmung der Schiedsperson wandte sich die Klägerin mit der Klage und beantragte zugleich die Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Diesen Antrag wies das SG zurück. Die dagegen eingelegten Beschwerden nahm die Klägerin zurück, nachdem der Schiedsspruch ergangen war.

3

Mit einem weiteren Eilverfahren wandte sich die Klägerin erfolglos gegen die Festsetzung eines Verhandlungstermins durch die Schiedsperson. An der anberaumten mündlichen Verhandlung nahm die Klägerin nicht teil. Zu dem von den Beklagten vorgelegten Vertragsangebot nahm die Klägerin mit insgesamt 68 Einzelanträgen Stellung.

4

Mit Schiedsspruch vom 9.9.2010 setzte die Schiedsperson den Inhalt des Vertrages zur HzV mit Wirkung zum 15.9.2010 fest und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Die Beklagten erfüllten die Voraussetzung, nach der sie mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) Baden-Württemberg vertreten müssten. Die gesetzliche Regelung könne nicht in dem Sinne verstanden werden, dass eine rechtsgeschäftliche Vertretung im Sinne des § 164 Abs 1 BGB erforderlich sei. Vielmehr sei mit der Formulierung des "Vertretens" gemeint, dass die Gemeinschaften eine gewisse soziale Mächtigkeit haben müssten, damit eine flächendeckende Versorgung mit Hausarztverträgen wahrscheinlich sichergestellt werden könne. Da mehr als die Hälfte der Allgemeinärzte Mitglied der beiden beklagten Verbände seien, seien die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt. Selbst wenn nicht auf dieses Verständnis des "Vertretens" abgestellt würde, seien die Voraussetzungen erfüllt, weil mehr als die Hälfte der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte die Beklagten zu 1. und 2. mit dem Abschluss von Verträgen zur HzV beauftragt hätten. Die Schiedsperson sei keine Behörde und sie erlasse auch keinen Verwaltungsakt, sondern werde als Vertragshelfer tätig. Als solche habe sie in Wahrnehmung ihres Bestimmungsrechts den Inhalt des Vertrages zur HzV nach billigem Ermessen festzusetzen. In Ausübung ihres billigen Ermessens habe sie entschieden, den Vertrag zur HzV als sog Vollversorgungs- oder Bereinigungsvertrag und nicht als sog Add-on-Vertrag festzusetzen. Allein die Vereinbarung von Vollversorgungsverträgen entspreche der Intention des Gesetzes, mehr Wettbewerb zwischen den Krankenkassen durch Erweiterung ihrer Handlungsspielräume zum Abschluss von Verträgen mit Leistungserbringern oder Gruppen von ihnen zu ermöglichen.

5

Der festgelegte Vertragsinhalt entspreche den gesetzlichen Anforderungen an eine HzV und führe zu einer Verbesserung der hausärztlichen Versorgung für die Versicherten. Er entspreche hinsichtlich des Leistungsinhalts in vollem Umfang den Forderungen, die die Krankenkassen in früher geführten Schiedsverfahren für den Bezirk der KÄV Bayern aufgestellt hätten und gehe auch hinsichtlich der qualitativen Anforderungen über die gesetzlichen Anforderungen hinaus. Hinsichtlich der Vergütung der in der HzV zu erbringenden Leistungen orientiere sich der Vertrag in Ausübung billigen Ermessens an dem Vertrag, den die BKK-Vertragsarbeitsgemeinschaft für den Bezirk der KÄV Baden-Württemberg abgeschlossen habe. Vergleichbare Vergütungsregelungen fänden sich auch in zahlreichen weiteren Verträgen zur HzV, die Krankenkassen mit Gemeinschaften von Hausärzten geschlossen hätten. Bei der Festsetzung der Höhe der Vergütung seien die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Beitragssatzstabilität zu beachten. Dem werde die Vergütungsstruktur sowie die daran anknüpfende Vergütungshöhe gerecht. Die wirtschaftlichen Risiken der Krankenkassen würden durch verschiedene - in der Begründung des Schiedsspruchs im Einzelnen bezeichnete - Maßnahmen beschränkt. Den durch die Vergütung der HzV-Leistungen bedingten Mehrausgaben stünden Einsparungen gegenüber, die jedoch schwer genauer zu prognostizieren seien. Allerdings zeigten Erfahrungswerte aus bereits laufenden HzV-Verträgen, dass (in der Begründung des Schiedsspruchs näher bezeichnete) Einsparungen erzielt würden, mit denen sich die Mehrausgaben finanzieren ließen. Einer Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson stehe auch nicht entgegen, dass die Auftragsvergabe nicht nach den Vorschriften des Vergaberechts ausgeschrieben worden sei und dass die Anwendung des Sozialdatenschutzes auf die HzV-Verträge umstritten sei. Die Anwendung der Regelungen über den Datenschutz sei zwar streitig. Im Gegensatz zum unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein hätten die Landesdatenschutzbeauftragten für Bayern und Baden-Württemberg aber bisher keinen Anlass zu einer datenschutzrechtlichen Beanstandung bezogen auf die bestehenden HzV-Verträge gesehen. Im Hinblick auf diese Rechtslage werde von der Festsetzung einer datenschutzrechtlichen Regelung abgesehen. Die Schaffung einer datenschutzkonformen Regelung über die Weitergabe von Patientendaten an private Abrechnungsstellen bleibe auf der Rechtsgrundlage des § 295 Abs 1b SGB V bilateralen Behandlungen der Beteiligten überlassen. Eine Festsetzung der HzV-Vergütung auf dem Niveau der Regelversorgung scheide aus, weil im Rahmen der HzV ein bestimmtes Ausstattungsniveau der teilnehmenden hausärztlichen Praxen vorgegeben werde. Der an der HzV teilnehmende Hausarzt sei außerdem zur Erlangung bestimmter Weiterbildungsmaßnahmen und Abrechnungsqualifikationen verpflichtet, die in der Regelversorgung nicht gefordert seien. Hinzu trete die verpflichtende Teilnahme des teilnehmenden Hausarztes an den Disease-Management-Programmen sowie die Wahrnehmung der Betreuung von pflegebedürftigen Patienten. Zudem bestehe die Verpflichtung zur Teilnahme an Fortbildungen, zu hausarztspezifischen Themen, was über die generelle Fortbildungspflicht gemäß § 95d SGB V hinausgehe. Schließlich sei das Dienstleistungsangebot der hausärztlichen Praxen in der HzV erweitert. Diese erweiterten Qualifikationen, apparativen Ausstattungen und verbesserten Dienstleistungsangebote führten zu einer Verbesserung der hausärztlichen Versorgung, die ein höheres Vergütungsniveau im Vergleich zur hausärztlichen Regelversorgung rechtfertige. Durch das gegen die Bestimmung der Schiedsperson anhängige Klageverfahren werde das Wirksamwerden des Vertrages zur HzV nicht gehindert, weil die Klage gemäß § 73b Abs 4a SGB V keine aufschiebende Wirkung habe.

6

Gegen den Schiedsspruch vom 9.9.2010 hat sich die Klägerin mit der am 9.9.2011 erhobenen Klage gewandt und beantragt festzustellen, dass der Schiedsspruch unwirksam sei. Hilfsweise hat sie beantragt, die Regelung zum Inkrafttreten um den Zusatz zu ergänzen, dass der Vertrag nicht in Kraft trete, bevor nicht sämtliche Anlagen zum Vertrag durch die Parteien vereinbart oder durch weiteren Schiedsspruch festgesetzt worden seien. Mit der gegen die Abweisung der Klage (Urteil des SG vom 25.4.2012) erhobenen Berufung hat die Klägerin ua geltend gemacht, dass es sich bei der Entscheidung der Schiedsperson nicht um einen Verwaltungsakt handele. Sie gehe aber davon aus, dass eine isolierte Anfechtungsklage zulässig sein müsse. Sofern der Schiedsspruch ein Verwaltungsakt sein sollte, komme eine Leistungsklage in Form der Ersetzungsklage kaum in Betracht, da der Klägerin kein Recht zustehe, den Verwaltungsakt nach ihren Vorstellungen vollständig durch das Gericht ersetzen zu lassen. Demgegenüber haben die Beklagten die Auffassung vertreten, dass der Schiedsspruch als Verwaltungsakt anzusehen und als solcher rechtmäßig sei.

7

Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich bei dem Schiedsspruch vom 9.9.2010 um einen Verwaltungsakt handele. Für Beschlüsse einer Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V gelte nichts anderes als für Entscheidungen der Schiedsämter gemäß § 89 SGB V und der Schiedsstellen nach § 114 SGB V. § 73b Abs 4a Satz 2 SGB V regele ein förmliches Schiedsverfahren. Zudem habe das BSG für den hier einschlägigen Bereich des Vertragsarztrechts seit jeher die Verwaltungsaktqualität des Schiedsspruchs bejaht. Auch die Änderung des § 73b Abs 4a SGB V zum 1.1.2012 durch das Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VStG) vom 22.12.2011 (BGBl I 2983) spreche nicht gegen die Annahme der Verwaltungsaktqualität des Schiedsspruchs. Bei der Schiedsperson handele es sich um eine Behörde im Sinne des § 1 Abs 2 SGB X. Dem stehe auch nicht der Umstand entgegen, dass keine Regelung zur staatlichen Aufsicht über die Schiedsperson existiere. Wenn verfassungsrechtlich zu fordernde Regelungen zur Aufsicht fehlten, könne dies allenfalls die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung zur Folge haben. Schiedspersonen nähmen Aufgaben öffentlicher Verwaltung wahr, wenn sie die Vertragsverhältnisse zwischen einer Krankenkasse und den Verbänden der Hausärzte festlegten. Bei dem Schiedsspruch der Schiedsperson handele es sich um eine für Ärzte, Patienten und Krankenkassen außerordentlich weitreichende Entscheidung. Für die gerichtliche Prüfung derart komplexer Regelungen mit weitreichenden Auswirkungen eigneten sich die über § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V entsprechend geltenden Vorschriften der §§ 317 ff BGB über den Vertragshelfer nicht. § 317 BGB regele den Fall, dass die Bestimmung der Leistung einem Dritten überlassen bleibe. § 317 BGB überlasse der Schiedsperson nicht die Bestimmung des Vertragsinhalts, sondern die Bestimmung der Leistung. Vorliegend würden von der Schiedsperson aber sämtliche gegenseitigen Rechte und Pflichten der Vertragsparteien festgelegt. Die Festlegung eines Vertrages über die HzV durch die Schiedsperson gehe somit weit über das hinaus, was Vertragshelfer nach § 317 BGB üblicherweise festlegen könnten. Zudem erweise sich der in § 319 BGB genannte Maßstab des "billigen Ermessens" als wenig geeignet für die Prüfung des von der Schiedsperson festgelegten Vertragsinhalts. Schließlich verhindere die Rechtskonstruktion des Vertragshelfers nicht eine Verzögerung der Umsetzung des geschiedsten Vertrages durch in destruktiver Absicht eingelegte Rechtsmittel. Dies zeige der vorliegende Fall. Für die Erhebung der Gestaltungsklagen gelte keine Ausschlussfrist. Damit bleibe für die Vertragsparteien lange unklar, ob der festgelegte Vertrag rechtsverbindlich werde. Auch der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung helfe nicht weiter, weil der Vertrag in der Praxis regelmäßig erst dann als umsetzbar angesehen werde, wenn dessen rechtliche Verbindlichkeit auch feststehe. Auch dies zeige der vorliegende Fall.

8

Die isolierte Anfechtungsklage sei zulässig, jedoch nicht begründet. Der Schiedsperson stehe bei der Festlegung des Vertragsinhalts ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Der Schiedsspruch sei nur in eingeschränktem Umfang gerichtlicher Kontrolle zugänglich. Verstöße gegen wesentliche verfahrensrechtliche Grundsätze lägen nicht vor. Die Schiedsperson habe die Festlegung des Vertragsinhalts ausführlich begründet. Soweit die Klägerin das Fehlen einer Ausgabenobergrenze rüge, übersehe sie § 10 Abs 9 des Vertrages, der eine Begrenzung der HzV-Vergütung auf einen durchschnittlichen maximalen Fallwert von 76 Euro vorsehe. Unbegründet sei auch der Einwand der Klägerin, dass der Vertrag an mehreren Stellen gegen ihre Satzungsregelungen verstoße. Der Vertrag begründe keine Rechte und Pflichten der Versicherten. Den von den Vertragsparteien oder nach Maßgabe des § 73b Abs 4a SGB V von der Schiedsperson an deren Stelle getroffenen Festlegungen komme Vorrang vor dem Satzungsrecht der einzelnen Krankenkasse zu. Die Krankenkasse müsse den sie bindenden Vertrag bei jeglicher Verwaltungstätigkeit einhalten. Wenn die Satzung der Krankenkasse mit den Festlegungen des Vertrages nicht in Einklang stehe, müsse sie daher die Satzung entsprechend ändern und an den Vertrag anpassen. Für den gestellten Hilfsantrag mit dem Ziel, das Inkrafttreten des Vertrages auf den Zeitpunkt zu verschieben, zu dem sämtliche Anlagen vereinbart oder durch Schiedsspruch festgesetzt worden seien, fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Nach § 16 Abs 4 des Vertrages sei dieser zum Halbjahres- oder Jahresende, erstmals zum 31.12.2013 mit einer Frist von sechs Monaten kündbar. Damit werde der Klägerin eine einfachere rechtliche Möglichkeit eröffnet, die Rechtswirkungen des Vertrages zu beseitigen. Zudem müsse sich die Klägerin widersprüchliches Verhalten entgegenhalten lassen. Mit dem Hinausschieben des Inkrafttretens würde der gesetzlich begründete Kontrahierungszwang vereitelt. Aus dem gesamten Verhalten der Klägerin sei zu erkennen, dass sie sich weigere, ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Eröffnung des Angebots einer HzV nachzukommen. Ernsthafte Bemühungen, die fehlenden Vertragsanlagen auszuhandeln, seien nicht ersichtlich. Darüber hinaus sei der Hilfsantrag auch in der Sache nicht begründet. Ausreichend sei, dass der Schiedsspruch in sich schlüssig sei und dass die geregelten Vertragsteile von den Vertragsparteien umgesetzt werden könnten. Daran bestehe kein Zweifel, weil Verträge mit vergleichbaren Inhalten von anderen Krankenkassen durchgeführt würden.

9

Zur Begründung ihrer Revision trägt die Klägerin im Wesentlichen vor: Die erhobene Anfechtungsklage sei statthaft, da es sich bei dem Schiedsspruch der Schiedsperson nach § 73b SGB V um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X handele. Sämtliche LSG hätten § 73b Abs 4, Abs 4a SGB V in der Weise ausgelegt. Ihre zuvor vertretene gegenteilige Rechtsauffassung halte sie nicht mehr aufrecht. Änderungen des § 73b SGB V, die zum 1.1.2012 in Kraft getreten seien, seien für das vorliegende Verfahren von vornherein nicht relevant, da für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt des Erlasses des Schiedsspruchs am 9.9.2010 maßgeblich sei. Mit der Festsetzung des Vertrages über die besondere hausärztliche Versorgung nach § 73b SGB V treffe die Schiedsperson eine hoheitliche Entscheidung auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts, die unmittelbare Rechtswirkung im Außenverhältnis habe, indem sie verbindlich den Vertrag zwischen den Parteien des Schiedsverfahrens festsetze. Der Schiedsspruch zur HzV unterscheide sich insofern nicht von dem Schiedsspruch nach § 77 SGB XII, für den sowohl das BVerwG als auch das BSG die Verwaltungsaktqualität ausdrücklich bejaht hätten.

10

Entgegen der Auffassung des LSG sei das Rechtsschutzinteresse nicht im Hinblick auf die zum 31.12.2013 erstmals bestehende Kündigungsmöglichkeit entfallen. Die ordentliche Kündigung des Vertrages zur HzV führe nicht automatisch zu dessen Beendigung, sondern der Vertrag gelte - wenn ein neuer Vertrag zur HzV nicht zustande komme - solange fort, bis in einem Schiedsverfahren ein neuer Vertrag zur HzV festgesetzt worden sei. Die Umsetzung des streitgegenständlichen Vertrages werde zu Recht verweigert. Die Klage habe selbst dann aufschiebende Wirkung, wenn es sich bei dem Schiedsspruch nicht um einen Verwaltungsakt, sondern um eine Vertragsfestlegung durch einen Dritten entsprechend §§ 315, 317 BGB handeln würde. Bereits die Erhebung der Einrede der offenbaren Unbilligkeit der Vertragsfestsetzung führe ggf entsprechend § 319 Abs 1 BGB zur Unverbindlichkeit der durch den Schiedsspruch getroffenen Vertragsbestimmungen.

11

Der Schiedsspruch sei mit zwingend zu beachtenden bundesrechtlichen Vorgaben zum Datenschutz unvereinbar. Für die nach dem Vertrag zur HzV vorgesehene Einbindung der Beklagten und der Hausärztlichen Vertragsgemeinschaft eG (HÄVG) sowie von Unterauftragsunternehmern in die Verarbeitung sensibler Patientendaten fehle die nach der Rechtsprechung des BSG zwingend erforderliche gesetzliche Grundlage. Auch das Inkrafttreten des § 295a SGB V zum 4.8.2011 ändere nichts an der datenschutzrechtlichen Unzulässigkeit des Vertrages zur HzV. Maßgebend sei die zum Zeitpunkt des Erlasses des Schiedsspruchs am 9.9.2010 geltende Rechtslage. Selbst wenn die zum 4.8.2011 eingetretenen Änderungen berücksichtigt würden, bliebe es bei der Unvereinbarkeit mit datenschutzrechtlichen Vorgaben. Die in dem Vertrag vorgesehene zwangsweise Verknüpfung der Teilnahme an der HzV mit einer Pflicht zur Weitergabe von Patientendaten an einen bestimmten Dienstleister sei mit den datenschutzrechtlich an die "verantwortliche Stelle" zu stellenden Anforderungen unvereinbar. Weiterhin unzulässig sei der vorgesehene Einsatz einer Vertragssoftware mit einem sog "gekapselten Kern", zu dessen Einsatz die teilnehmenden Hausärzte verpflichtet würden. Damit werde die Möglichkeit geschaffen, Patientendaten aus dem System des Hausarztes an die Beklagten bzw die HÄVG zu übermitteln, ohne dass dies für den Hausarzt im Einzelnen nachvollziehbar bzw kontrollierbar sei. Außerdem erlaube der neue § 295a Abs 2 SGB V lediglicheinen Dienstleister in die Verarbeitung von Patientendaten einzubinden. Die Begründung von Unterauftragsverhältnissen werde ausdrücklich ausgeschlossen. Im Widerspruch dazu sehe § 6 Abs 1 der Anlage 3 des streitgegenständlichen Vertrages zur HzV die Einbindung der HÄVG Rechenzentrum AG als Subunternehmer der HÄVG vor. Rechtswidrig sei ferner die in § 6 Abs 10 der Anlage 3 zum Vertrag geregelte Befugnis der HÄVG, nach eigenem Gutdünken Patientendaten für "Musterverfahren" zur Klärung grundsätzlicher Fragen der Auslegung des Vertrages zur HzV zu verwenden. Unzulässig sei auch die vorgesehene Einbindung der HÄVG in die Einschreibung von Versicherten. Nach § 295a Abs 1 Satz 3 SGB V dürften die auf Leistungserbringerseite von den teilnehmenden Hausärzten übermittelten Patientendaten ausschließlich für Abrechnungszwecke verwendet werden.

12

Zudem werde durch Mehrkosten, die der Vertrag unstreitig auslöse und deren Finanzierung durch Einsparungen und Effizienzsteigerungen nicht gesichert sei, das in § 53 Abs 9 SGB V normierte Gebot der Selbsttragung des Wahltarifs verletzt. Der Wahltarif sei zwingend mit der HzV nach § 73b SGB V verbunden. Nach § 53 Abs 3 SGB V dürften für einen Wahltarif für die besonderen Versorgungsformen keine Zusatzbeiträge erhoben werden. Gleichzeitig verbiete § 53 Abs 9 SGB V eine Quersubventionierung der Wahltarife aus dem allgemeinen Beitragsaufkommen. Dass durch den Vertrag zur HzV Mehrkosten gegenüber der hausärztlichen Regelversorgung entstünden, sei unstreitig. Dem stünden keine gesicherten Refinanzierungsmaßnahmen gegenüber. Darüber hinaus werde der Grundsatz der Beitragssatzstabilität des § 71 Abs 1 SGB V verletzt, der alle Vergütungsvereinbarungen nach dem SGB V erfasse, weil nicht refinanzierte Mehrausgaben nicht verlässlich ausgeschlossen seien. Die Erhebung von Zwangsbeiträgen der Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung für die Subventionierung der HzV verletze Art 2 Abs 1 GG. Zudem würde durch die damit verbundene Aufgabe des Solidaritätsprinzips die Unternehmenseigenschaft der Krankenkassen im Sinne des Art 101 ff des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union begründet.

13

Der Schiedsspruch verletze Bundesrecht auch deshalb, weil die Vertragsfestsetzung unvollständig sei. Obwohl der Hilfsmittelbereich als Bereich möglicher Einsparungen in der Begründung des Schiedsspruchs ausdrücklich angesprochen werde und die Anlage 2a zum Hilfsmittelmanagement in § 23 des Vertrages zur HzV genannt werde, habe die Schiedsperson diese Anlage nicht festgelegt. Aus § 23 des Vertrages zur HzV ergebe sich vielmehr, dass diese "in gemeinsamer Absprache noch zu erstellen" sei. Dies sei mit § 73b Abs 5 Satz 1 SGB V unvereinbar. Gleiches gelte für die fehlenden Anhänge 2 bis 4 der festgesetzten Anlage 3 des Vertrages. Diese sollten ausweislich § 9 der Anlage 3 des Vertrages die Diagnosen zur Abrechnung des Zuschlags für chronisch Kranke, des Zuschlags zur Förderung einer wirtschaftlichen Arzneimittelverordnung ("Rationaler Pharmakotherapie-Zuschlag") sowie eines Zuschlags (sog VERAH-Zuschlag) für Leistungen von besonders qualifizierten medizinischen Fachangestellten ("Versorgungsassistenten") enthalten.

14

Ferner habe die Schiedsperson ihren Gestaltungsspielraum überschritten, indem sie Regelungen zur Durchführung der Teilnahme der Versicherten zum Gegenstand des Vertrages zur HzV gemacht habe. Die Einschreibebestimmungen des Vertrages zur HzV seien nicht von der Vertragsregelungsbefugnis der Schiedsperson umfasst. Vielmehr habe die Regelung der Teilnahme von Versicherten an der HzV in der Satzung der Krankenkasse zu erfolgen. Die Teilnahme der Versicherten werde in dem Vertrag zur HzV in Widerspruch zu Satzungsbestimmungen der Klägerin geregelt. Dies sei rechtswidrig. Darüber hinaus verletze der Schiedsspruch Bundesrecht, weil dem Beklagten zu 2. (MEDI Baden-Württemberg e.V.) die erforderliche Antragsbefugnis zur Einleitung eines Schiedsverfahrens fehle. Schiedsverfahren könnten nur von Gemeinschaften beantragt werden, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der KÄV vertreten. Diese Voraussetzung erfülle der Beklagte zu 2. nicht.

15

Die Schiedsperson habe ihren Beurteilungsspielraum überschritten, indem sie sich bei der Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend an anderen HzV-Verträgen orientiert habe. Die anderen HzV-Verträgen zugrunde liegenden Verhältnisse seien nicht auf die Klägerin übertragbar. Die Schiedsperson hätte sich mit der konkreten Situation der Klägerin und deren Versicherten auseinandersetzen müssen. Das sei nicht geschehen. Ferner sei die Schiedsperson zu Unrecht davon ausgegangen, dass allein ein Vollversorgungsvertrag, nicht dagegen ein sog Add-on-Vertrag der Intention des Gesetzgebers entsprechen würde. Damit habe die Schiedsperson den rechtlichen Rahmen verkannt, der ihrem Gestaltungsspielraum zugrunde liegt. Somit leide der Schiedsspruch an einem nicht heilbaren Fehler.

16

Selbst wenn der Schiedsspruch nicht als Verwaltungsakt anzusehen wäre, sei der auf Aufhebung dieses Schiedsspruchs gerichtete Antrag zulässig. Die Festsetzung des Vertragsinhalts durch das Gericht in entsprechender Anwendung des § 319 BGB sei unter Beachtung des Grundsatzes der Gewaltenteilung ausgeschlossen. Denn der Abschluss des öffentlich-rechtlichen Vertrages über die HzV nach § 73b SGB V sei Aufgabe der Krankenkassen als Selbstverwaltungskörperschaften und Teil der mittelbaren Staatsverwaltung. In die Gestaltungs- und Entscheidungsspielräume könne die Rechtsprechung als Kontrollinstanz der Verwaltung nicht in der Form eingreifen, dass sie ihre eigenen Erwägungen an die Stelle derjenigen der Verwaltung setze.

17

Die Klägerin beantragt,

        

1.    

die Urteile des LSG Baden-Württemberg vom 18.12.2013 und des SG Stuttgart vom 25.4.2012 zu ändern und den Schiedsspruch vom 9.9.2010 aufzuheben,

        

2.    

hilfsweise, das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 18.12.2013 aufzuheben und den Rechtsstreit an das LSG Baden-Württemberg zur Ersetzung der Regelungen des Schiedsspruchs nach billigem Ermessen durch Urteil gemäß § 319 Abs 1 Satz 2, 1. Halbsatz BGB iVm § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V unter Beachtung der Rechtsauffassung des Bundessozialgerichts zurückzuverweisen,

        

3.    

weiter hilfsweise unter Änderung der Urteile des LSG Baden-Württemberg vom 18.12.2013 und des SG Stuttgart vom 25.4.2012 festzustellen, dass der durch die Schiedsperson zwischen den Beteiligten festgesetzte HzV-Vertrag mit Bundesrecht nicht vereinbar ist.

18

Die Beklagten beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

19

Sie führen zur Begründung aus: Das angefochtene Urteil des LSG sei im Ergebnis nicht zu beanstanden. Allerdings sei der Schiedsspruch kein Verwaltungsakt. Mit dem GKV-VStG habe der Gesetzgeber eindeutig geregelt, dass es sich bei dem Schiedsspruch der Schiedsperson nicht um einen Verwaltungsakt handele, sondern dass die Schiedsperson als Vertragshelfer analog § 317 BGB tätig werde. Die in der Rechtsprechung angestellten Erwägungen zur fehlenden Behördeneigenschaft von Schiedspersonen nach § 132a Abs 2 SGB V seien auf die Schiedspersonen gemäß § 73b Abs 4a SGB V übertragbar. Auch der Umstand, dass die Schiedsperson die in einem Schiedsverfahren festgelegten Verträge der für die Krankenkassen zuständigen Aufsichtsbehörde vorzulegen habe, stehe dem nicht entgegen, da die Vorlage auch bei frei verhandelten Verträgen durch die Krankenkasse zu erfolgen habe. Der Schiedsspruch sei rechtlich nicht zu beanstanden. Mit den Anträgen der Klägerin habe sich die Schiedsperson erkennbar auseinandergesetzt und diese gewürdigt. Die Schiedsperson habe den Inhalt des Vertrages zur HzV nach billigem Ermessen festgesetzt und zugleich berücksichtigt, dass zahlreiche weitere Krankenkassen im Bundesgebiet ähnliche Verträge mit vergleichbarem Inhalt und vergleichbarer Vergütungsstruktur mit den jeweiligen Hausarztgemeinschaften vereinbart hätten. Es seien keine wesentlichen Vertragsbestandteile ungeregelt geblieben. Soweit den Vertragspartnern überlassen worden sei, im späteren Verlauf Umsetzungsaufgaben und Steuerungsmodule, zB für den Bereich der Arzneimittelverordnung selbst zu verhandeln, sei dies sachgerecht, weil die Vertragspartner damit auf die sich ständig ändernden Arzneimittelrabattverträge reagieren könnten. Auch würden Vorschriften zum Datenschutz nicht verletzt. Maßgebend für die Beurteilung sei die aktuelle Rechtslage und nicht die Rechtslage, die bei Erlass des Schiedsspruchs gegolten habe. Die im Schiedsspruch vorgesehene Verwendung eines "gekapselten Kerns" sei auch nach Auffassung des Bayerischen Landesamtes für Datenschutzaufsicht nicht zu beanstanden. Soweit sich die Klägerin gegen die im Vertrag enthaltene Befugnis zur Führung von Musterverfahren unter Verwendung personenbezogener Daten wende, sei darauf hinzuweisen, dass die HÄVG keine Musterverfahren führe. Die Klägerin sei im Übrigen nicht legitimiert, im vorliegenden Verfahren Datenschutzrechte der Patienten geltend zu machen. Bezogen auf die geltend gemachten Widersprüche zwischen dem Vertrag zur HzV und den Satzungsregelungen der Klägerin habe das LSG zutreffend die Auffassung vertreten, dass die Regelungen des Vertrages zur HzV der Satzung vorgingen. Mit dem vorliegenden Klageverfahren unterlaufe die Klägerin den gesetzlichen Kontrahierungszwang. Die Klägerin sei verpflichtet, ihren Versicherten eine HzV anzubieten und mit qualifizierten Gemeinschaften einen Vertrag zur HzV zu schließen. Gleichwohl habe die Klägerin bis heute die Umsetzung des weiterhin geltenden Vertrages verweigert und auch keinen Antrag auf Verpflichtung zur Neufestsetzung des Vertrages zur HzV mit den von ihr begehrten Modifizierungen gestellt.

Entscheidungsgründe

20

Die Revision der Klägerin hat nur insoweit Erfolg, als die Unvereinbarkeit von Regelungen des Vertrages zur HzV mit datenschutzrechtlichen Bestimmungen festzustellen war. Im Übrigen hat das LSG die Berufung der Klägerin gegen das klagabweisende Urteil des SG im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.

21

1. Das SG war zur Entscheidung im ersten Rechtszug nach § 8 SGG sachlich zuständig, da einer der in § 29 Abs 2 SGG geregelten Sonderfälle der sachlichen Zuständigkeit der Landessozialgerichte für eine Entscheidung im ersten Rechtszug nicht vorliegt. Insbesondere liegt keine Klage gegen Entscheidungen der Landesschiedsämter oder gegen Beanstandungen von Entscheidungen der Landesschiedsämter nach dem SGB V, gegen Entscheidungen der Schiedsstellen nach § 120 Abs 4 SGB V, der Schiedsstelle nach § 76 SGB XI oder der Schiedsstellen nach § 80 SGB XII vor. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Entscheidung einer Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V. Die Aufzählung in § 29 Abs 2 SGG ist abschließend, sodass die Vorschrift nicht entsprechend anwendbar ist (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 29 RdNr 4; Schreiber in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl 2014, § 29 RdNr 8; Ulrich, NZS 2011, 448, 451 ff; zur Bestimmung einer Schiedsperson nach § 132a Abs 2 Satz 7 SGB V vgl BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 7 RdNr 13 f, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen).

22

2. Die mit dem Antrag zu 1. erhobene Anfechtungsklage ist nicht statthaft und damit unzulässig.

23

a) Nach § 54 Abs 1 Satz 1 SGG muss sich die Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt richten. Die Festlegung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson nach § 73b SGB V ist jedoch nicht in der Form eines Verwaltungsakts ergangen und die Schiedsperson hat auch nicht für sich in Anspruch genommen, durch Verwaltungsakt entscheiden zu können(zur Zulässigkeit von Klagen auch gegen einen sog "formellen Verwaltungsakt" vgl BSGE 97, 63 = SozR 4-2500 § 255 Nr 1, RdNr 16). Für die Zulässigkeit der Anfechtungsklage genügt nicht, dass die Klägerin das Vorliegen eines Verwaltungsakts geltend macht (stRspr vgl BSGE 39, 86, 87 = SozR 2200 § 628 Nr 1 S 2, mwN; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 54 RdNr 8a).

24

b) Für die Beurteilung der Frage, ob die Entscheidung der Schiedsperson, gegen die sich die Klägerin wendet, in der Form eines Verwaltungsakts ergangen ist, ist in Übereinstimmung mit der Auffassung der Klägerin grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Festlegung des Vertragsinhalts durch die Entscheidung der Schiedsperson am 9.9.2010 maßgebend. Nur wenn die Schiedsperson zu diesem Zeitpunkt Behörde im Sinne des § 1 Abs 2 SGB X gewesen ist, konnte sie einen Verwaltungsakt erlassen. Später eingetretene Änderungen hätten keinen Einfluss mehr auf die rechtliche Qualifizierung des zuvor ergangenen Schiedsspruchs. Es kommt demnach darauf an, ob die Schiedsperson nach der zum Zeitpunkt der Festsetzung des Vertragsinhalts geltenden Rechtslage Behörde war und ob ihre Entscheidung unter Zugrundelegung dieser Rechtslage als Verwaltungsakt anzusehen war. Dies ist indes nicht der Fall und daran hat sich im Übrigen in der Folge auch nichts geändert.

25

c) Schiedspersonen, die Verträge zur HzV festsetzen, wenn eine Einigung zwischen einer Krankenkasse und der in § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V bezeichneten Gemeinschaft von Allgemeinärzten nicht zustande kommt, werden - ebenso wie Schiedspersonen im Bereich der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege nach § 132a SGB V - als Vertragshelfer entsprechend § 317 BGB und nicht als Behörde tätig. Der Schiedsspruch ergeht deshalb auch nicht in der Form eines Verwaltungsakts, sondern ersetzt die Einigung der Parteien. Dies folgt neben dem Wortlaut in erster Linie aus der Entstehungsgeschichte der Regelung und dem darin zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers.

26

aa) Verwaltungsakte können nach § 31 Satz 1 SGB X nur von einer Behörde erlassen werden. Nach § 1 Abs 2 SGB X ist Behörde im Sinne des Sozialgesetzbuches jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt. Danach gilt ein weiter, sog funktionaler Behördenbegriff, der neben den Verwaltungsbehörden im organisatorischen Sinne auch alle sonstigen Einrichtungen, Organe und Stellen einschließt, die aufgrund von Vorschriften des öffentlichen Rechts mit der Befugnis zum Erlass von Verwaltungsakten, zum Abschluss öffentlich-rechtlicher Verträge im eigenen Namen oder zu sonstigen, nach öffentlichem Recht zu beurteilenden Handeln ausgestattet sind (vgl BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 14; BSGE 60, 239 = SozR 1300 § 45 Nr 26; BSGE 63, 224 = SozR 1300 § 48 Nr 47; BSGE 77, 295 = SozR 3-1300 § 45 Nr 27).

27

Dass die Schiedsämter und Schiedsstellen im Bereich des SGB V unter diesen weiten funktionalen Behördenbegriff fallen, ist in der Rechtsprechung seit langem geklärt (vgl BSGE 20, 73, 75 = SozR Nr 1 zu § 368h RVO; BSGE 87, 199, 200 f = SozR 3-3300 § 85 Nr 1 S 3 f; BSG SozR 4-3300 § 89 Nr 1 RdNr 11; BSGE 105, 126 = SozR 4-3300 § 89 Nr 2, RdNr 20, 41). Eine solche grundsätzliche Klärung fehlt bisher für die Schiedsperson, die der Gesetzgeber mit der Änderung des § 132a SGB V (Versorgung mit häuslicher Krankenpflege) durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190) erstmals im SGB V anstelle von Schiedsämtern und Schiedsstellen für die außergerichtliche Schlichtung vorgesehen hat. In den folgenden Jahren ist die außergerichtliche Streitschlichtung durch Schiedspersonen auf weitere Bereiche ausgedehnt worden: Mit dem Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) vom 26.3.2007 (BGBl I 378) wurde die Schlichtung im Bereich der stationären und ambulanten Hospizleistungen nach § 39a Abs 1 Satz 7 bis 9 SGB V einer Schiedsperson übertragen. Mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG) vom 15.12.2008 (BGBl I 2426) wurde die Schlichtung durch eine Schiedsperson bei Streitigkeiten um die Finanzierung der Landesverbände der Krankenkassen (§ 211 Abs 4 Satz 4 SGB V) und mWv 1.1.2009 auch für die hausarztzentrierte Versorgung (§ 73b Abs 4a SGB V) sowie die Hilfsmittelversorgung (§ 127 Abs 1a Satz 2 bis 4 SGB V)vorgesehen. Inzwischen ist die Schlichtung durch Schiedspersonen Gegenstand auch der Heilmittelversorgung (§ 125 Abs 2 Satz 4 bis 6 SGB V), des klinischen Krebsregisters (§ 65c Abs 6 Satz 8 bis 12 SGB V) und der Versorgung mit Schutzimpfungen (§ 132e Abs 1 Satz 3 bis 5 SGB V).

28

Ob auch die Entscheidungen von Schiedspersonen als Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X anzusehen sind, war von Anfang an umstritten(vgl zB Schnapp, NZS 2010, 241, 245 mwN; Plantholz, RsDE 64 <2007>, 1, 17 ff). In der instanzgerichtlichen Rechtsprechung wurde die Schiedsperson nach § 132a Abs 2 SGB V in der Regel als Vertragshelfer qualifiziert, deren Entscheidung nicht in der Form eines Verwaltungsakts ergeht, während Entscheidungen der Schiedsperson in der HzV wohl überwiegend als Verwaltungsakt angesehen wurden(LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 2.8.2011 - L 5 KA 1601/11 ER-B - Juris RdNr 84 ff; LSG Hamburg Beschluss vom 18.8.2011 - L 1 KA 24/11 B ER; in dieser Richtung, aber letztlich offenlassend: LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 3.11.2011 - L 3 KA 104/10 B ER - GesR 2012, 35, 37 f = Juris RdNr 25, 45 f; ausdrücklich offengelassen: LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 3.11.2010 - L 21 SF 208/10 Verg - Juris RdNr 32 und Beschluss vom 28.12.2010 - L 11 KA 58/10 B ER - Juris RdNr 61; anders dagegen : Bayerisches LSG Beschluss vom 17.1.2011 - L 12 KA 123/10 B ER - Breith 2011, 281, 285). Für die Schiedsperson nach § 132a Abs 2 SGB V wurde diese Frage durch Urteil des 3. Senats vom 25.11.2010 (BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5; vgl auch BSG SozR 4-5560 § 17c Nr 2 RdNr 39, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen; BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 7 RdNr 19, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen) geklärt. Danach ist jedenfalls diese Schiedsperson keine Behörde. Dementsprechend ergeht deren Entscheidung auch nicht als Verwaltungsakt. Vielmehr wird die Schiedsperson als öffentlich-rechtlicher Schlichter und Vertragshelfer entsprechend § 317 BGB tätig.

29

Ausschlaggebend für die Einordnung der Schiedsperson nach § 132a Abs 2 SGB V als Vertragshelfer und nicht als Behörde war nach der genannten Entscheidung des 3. Senats vom 25.11.2010, dass diese zwar den Inhalt öffentlich-rechtlicher Verträge festlege, wobei es sich um eine öffentlich-rechtliche Tätigkeit handele. Die Schiedsperson erhalte ihre Entscheidungsmacht jedoch unmittelbar von den Vertragsparteien des § 132a SGB V selbst, die auch den das Schiedsverfahren regelnden Vertrag zur Konfliktlösung abschließen. Daraus hat der 3. Senat den Schluss gezogen, dass es sich - ungeachtet des Umstands, dass die Vertragsparteien zur Verabredung des Schiedsverfahrens gesetzlich verpflichtet sind - um ein vertraglich vereinbartes Schiedsverfahren handele. Die Schiedsperson sei auch kein Beliehener, weil es an einem öffentlich-rechtlichen Akt der Beleihung fehle. Ferner existiere keine Anbindung an einen übergeordneten Verwaltungsträger und anders als Schiedsstellen und Schiedsämter unterliege die Schiedsperson auch keiner Rechtsaufsicht. Das Verfahren der Schlichtung durch die Schiedsperson sei nicht gesetzlich geregelt. Die Funktion als Schiedsperson sei an die Person des Berufenen gebunden, sodass keine vom Wechsel der Person unabhängige Institution einer Schiedsstelle existiere.

30

bb) Die Regelungen zur Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V entsprachen bereits vor der Änderung durch das GKV-VStG zum 1.1.2012 weitgehend derjenigen zu der - nicht als Behörde zu qualifizierenden - Schiedsperson nach § 132a Abs 2 SGB V. Grundsätzlich obliegt es auch hier den Vertragsparteien, sich auf die Schiedsperson zu einigen. Nur für den Fall, dass die Vertragsparteien sich auch darüber nicht einigen können, sieht § 73b Abs 4a Satz 2 SGB V die Bestimmung der Schiedsperson durch die für die Krankenkasse zuständige Aufsichtsbehörde vor. Ebenso wie nach § 132a Abs 2 SGB V gibt es nach § 73b SGB V weder eine Rechtsaufsicht über die Schiedsperson noch eine Regelung zum Schiedsverfahren. Ferner existiert keine vom Wechsel der Person unabhängige Institution und keine Anbindung an einen übergeordneten Verwaltungsträger.

31

Zwar können hoheitliche Aufgaben durch Beleihung auch einer natürlichen Person übertragen werden. Dies erfordert jedoch eine Übertragung durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes durch Rechtsverordnung, Verwaltungsakt oder öffentlich-rechtlichen Vertrag (vgl BVerwG NVwZ 2006, 829; BVerfG NJW 1987, 2501, 2502; BVerwGE 98, 280, 298; Roos in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 1 RdNr 11; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl 2014, § 1 RdNr 60; Wiegand, Die Beleihung mit Normsetzungskompetenz, 2008, 155 f). § 73b Abs 4a SGB V regelt eine Beleihung der Schiedsperson jedenfalls nicht ausdrücklich. Gegen die Annahme, dass in der dort geregelten Bestimmung der Schiedsperson gleichwohl eine Beleihung liegt, spricht, dass das Gesetz keinerlei Festlegungen oder Vorgaben zu deren Auswahl trifft, sondern diese vorrangig den Vertragsparteien überlässt (vgl Kingreen/Temizel, ZMGR 2009, 134, 137; Bogan, Der Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen, 2012, S 250). Angesichts des Umstands, dass der Wortlaut die Frage nach einer Beleihung jedenfalls nicht eindeutig beantwortet, kann die Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V nur dann als Beliehene angesehen werden, wenn systematische Gründe, die Entstehungsgeschichte oder Sinn und Zweck der Reglung dafür sprechen würden, dass der Gesetzgeber der Schiedsperson die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben übertragen wollte. Dies ist aus den nachfolgend genannten Gründen jedoch nicht der Fall. Vielmehr hat der Gesetzgeber mit der Änderung des § 73b Abs 4a SGB V durch das GKV-VStG gerade klargestellt, dass der Schiedsperson nach § 73b SGB V - in Übereinstimmung mit der Schiedsperson nach § 132a SGB V - keine hoheitlichen Aufgaben übertragen werden sollen.

32

cc) Im Gegensatz zur Schiedsperson in der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege nach § 132a Abs 2 SGB V hat der 3. Senats des BSG die Schiedsperson in der HzV nach § 73b Abs 4a SGB V in seiner Entscheidung vom 25.11.2010 (B 3 KR 1/10 R - BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 26) nicht eindeutig dem Modell "Vertragshelfer" zugeordnet, sondern diese Frage ausdrücklich offengelassen. Dabei hat der 3. Senat dem Umstand Bedeutung beigemessen, dass § 73b SGB V keine § 132a Abs 2 Satz 6 SGB V entsprechende Regelung enthält, nach der die Vertragsparteien in Verträgen zu regeln haben, dass im Falle von Nichteinigung eine von den Parteien zu bestimmende unabhängige Schiedsperson den Vertragsinhalt festlegt. Daraus hat der 3. Senat gefolgert, dass die Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V im Rahmen eines gesetzlich normierten und nicht eines - wie bei § 132a Abs 2 Satz 6 SGB V - vertraglich vereinbarten Schiedsverfahrens tätig werde. In der praktischen Umsetzung wirkt sich dieser Unterschied allerdings kaum aus, weil die Vertragspartner nach § 132a Abs 2 Satz 6 SGB V nicht frei darüber entscheiden können, ob sie die Festlegung des Vertragsinhalts einer Schiedsperson übertragen, sondern verpflichtet sind, eine entsprechende Vereinbarung zu treffen. Falls zwischen den Vertragspartnern eine Einigung auf eine Schiedsperson nicht erzielt werden kann, wird sowohl die Schiedsperson nach § 132a Abs 2 SGB V als auch die Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V von der für die vertragsschließende Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde bestimmt. Dabei kann die Bestimmung einer Schiedsperson durch die zuständige Aufsichtsbehörde auch nach § 132a Abs 2 Satz 7 SGB V nicht davon abhängig sein, dass zuvor eine Vereinbarung nach § 132a Abs 2 Satz 6 SGB V zustande gekommen ist, nach der der Vertragsinhalt von einer Schiedsperson festgelegt wird(vgl dazu Plantholz, RsDE 64 <2007>, 1, 8). Damit bestehen insoweit keine rechtlich bedeutsamen Unterschiede zwischen dem Schiedsverfahren in der HzV und dem Schiedsverfahren in der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege (so auch Klückmann in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2015, § 73b RdNr 15e).

33

dd) Ein Indiz, das gegen die Qualifizierung der Schiedsperson in der HzV als Vertragshelfer und für eine Einordnung des Schiedsspruchs als Verwaltungsakt sprechen könnte, hat der 3. Senat in seiner Entscheidung vom 25.11.2010 (B 3 KR 1/10 R - BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 26; vgl auch BSG SozR 4-5560 § 17c Nr 2 RdNr 40, auch zur Veröffentlichung für BSGE vorgesehen) ferner in dem Umstand gesehen, dass § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V aF die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Festlegung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson ausschloss. Diese Regelung konnte den Eindruck erwecken, dass der Gesetzgeber die Entscheidungen der Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V als Verwaltungsakte angesehen haben könnte, weil sie gesetzessystematisch nur einen Sinn ergibt, wenn es sich bei der angegriffenen Entscheidung der Schiedsperson um einen Verwaltungsakt handelt. Schließlich bezieht sich die aufschiebende Wirkung nach § 86a Abs 1 SGG auf den Widerspruch und auf die Anfechtungsklage, die sich grundsätzlich gegen einen Verwaltungsakt richten müssen.

34

Dagegen konnte auch nicht - wie in der Begründung des Schiedsspruchs - mit Erfolg eingewandt werden, die Klage gegen die Festsetzung des Vertragsinhalts durch einen Vertragshelfer bewirke in entsprechender Anwendung zivilrechtlicher Bestimmungen, dass der Vertrag während der Dauer des Rechtsstreits nicht umsetzbar sei und die Formulierung in § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V aF, nach der die Klage keine aufschiebende Wirkung habe, könne aus diesem Grund nicht als Indiz für die rechtliche Einordnung der Entscheidung der Schiedsperson als Verwaltungsakt herangezogen werden.

35

(1) Die Auffassung, nach der die von der Schiedsperson getroffene Bestimmung zum Vertragsinhalt während eines Klageverfahrens um deren Rechtmäßigkeit nicht beachtet werden müsse, trifft nicht zu. Für zivilrechtliche Verträge wird die Frage, unter welchen verfahrensrechtlichen Voraussetzungen die offenbare Unbilligkeit der Bestimmung einer Leistung durch einen Dritten nach § 319 Abs 1 Satz 1 BGB die Unbeachtlichkeit der Entscheidung des Dritten zur Folge hat, nicht einheitlich beantwortet. Vereinzelt wird die Auffassung vertreten, dass die offenbar unbillige Leistungsbestimmung bereits unabhängig von der Erhebung einer Einrede oder einer Klagerhebung unwirksam sei (Rieble in Staudinger, BGB, Leistungsstörungsrecht 2, Neubearbeitung 2009, § 319 RdNr 17 f; zu § 315 Abs 3 BGB vgl LG Mainz Urteil vom 5.3.2007 - 5 O 94/06 - Juris). Dagegen wird eingewandt, dass die offenbare Unbilligkeit nicht die Nichtigkeit bedeute (vgl OLG Frankfurt am Main Urteil vom 3.12.1998 - 3 U 257/97 - NJW-RR 1999, 379 = Juris RdNr 25) und dass auch die unbillige Bestimmung des Dritten binde, bis sie durch Gerichtsurteil ersetzt werde (Würdinger in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl 2012, § 319 RdNr 23). Dies soll aber nach wohl hM nicht für den Fall gelten, dass die offenbare Unbilligkeit von einem Vertragspartner binnen angemessener Frist geltend gemacht wird (vgl OLG Frankfurt am Main, aaO, mwN; Wolf in Soergel, BGB, Bd 2, 12. Aufl 1990, § 319 RdNr 16; zur ähnlichen Regelung in § 315 Abs 3 BGB vgl Grüneberg in Palandt, BGB, 74. Aufl 2015, § 315 RdNr 16; zur Fälligkeit einer Forderung bei einer Schiedsgutachtenvereinbarung im Falle des Übergangs der Leistungsbestimmung nach § 319 Abs 1 Satz 2 BGB auf das Gericht erst mit Rechtskraft des Urteils vgl BGH Urteil vom 4.7.2013 - III ZR 52/12 - NJW-RR 2014, 492 RdNr 32 ff, mwN). Dagegen geht das BAG im Zusammenhang mit der Ausübung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber in entsprechender Anwendung des § 315 Abs 3 BGB davon aus, dass der Arbeitnehmer an die Konkretisierung des Inhalts der Arbeitsleistung vorläufig gebunden sei, bis durch ein rechtskräftiges Urteil die Unverbindlichkeit der Leistungsbestimmung feststehe(BAG Urteil vom 22. 2.2012 - 5 AZR 249/11 - BAGE 141, 34 = AP Nr 127 zu § 615 BGB = NJW 2012, 2605, RdNr 24, mwN).

36

Auf die Festsetzung des Vertrages zur HzV durch eine Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V sind die genannten, zu zivilrechtlichen Verträgen entwickelten, ohnehin nicht einheitlichen Positionen - entgegen der in der Begründung der Entscheidung der Schiedsperson vertretenen Auffassung(vgl auch Buchner/Spiegel, NZS 2013, 1, 8 Fn 61) - nicht ohne Weiteres übertragbar. Für Verträge, die Beziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern zum Gegenstand haben, gelten die Vorschriften des BGB und damit auch die Regelungen zur Bestimmung der Leistungen durch einen Dritten (§§ 317 ff BGB) gemäß § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V nur entsprechend, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 SGB V und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach diesem Kapitel vereinbar sind. Daher kann bei der entsprechenden Anwendung der §§ 317 ff BGB nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Krankenkassen gemäß § 73b Abs 1 SGB V verpflichtet sind, ihren Versicherten eine besondere hausarztzentrierte Versorgung anzubieten. Die entsprechende Geltung der Vorschriften des BGB ändert zudem nichts daran, dass es sich bei dem Vertrag nach § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V zwischen Krankenkassen und den die Hausärzte vertretenden Gemeinschaften um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag im Sinne des § 53 Abs 1 SGB X handelt, weil durch ihn ein Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts begründet, geändert oder aufgehoben wird. Insofern gilt für Verträge in der HzV nach § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V nichts anderes als für Verträge zur Versorgung mit häuslicher Krankenpflege nach § 132a SGB V(vgl BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 6 RdNr 18 f; BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 23)oder auch für die Bundesmantelverträge und Gesamtverträge, die (auch) als öffentlich-rechtliche Verträge zu qualifizieren sind (vgl BSGE 70, 240, 243 = SozR 3-5533 Allg Nr 1 S 4; BSG SozR 4-2500 § 83 Nr 5 RdNr 14). Für das gerichtliche Verfahren bleiben die Vorschriften des SGG maßgebend. Nach § 86a Abs 1 SGG kommt zwar Klagen gegen belastende Verwaltungsakte aufschiebende Wirkung zu. Dies gilt jedoch nicht in gleicher Weise für Klagen, mit denen die Rechtswidrigkeit eines öffentlich-rechtlichen Vertrages geltend gemacht wird. Öffentlich-rechtliche Verträge sind wirksam, auch soweit sie rechtswidrig aber nicht nichtig sind (vgl Engelmann in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 58 RdNr 2). Zur Nichtigkeit führt nur ein besonders schwerwiegender Mangel (zu gesamtvertraglichen Vereinbarungen vgl zB BSG SozR 4-2500 § 83 Nr 5 RdNr 14 f). Der Umstand, dass die Partner des Vertrages zur HzV die Möglichkeit haben, gerichtlich mit der Feststellungsklage die Rechtswidrigkeit von Regelungen des Vertrages geltend zu machen, der durch Festsetzung der Schiedsperson zustande gekommen ist (vgl dazu nachfolgend 4.), ändert daran nichts. Im Ergebnis hat dies zur Folge, dass der durch die Festsetzung der Schiedsperson zustande gekommene Vertrag, der nicht in der Form eines Verwaltungsakts ergeht, vorbehaltlich seiner Nichtigkeit umzusetzen ist, solange dessen Rechtswidrigkeit nicht rechtskräftig festgestellt worden ist (vgl bereits Nr 11 der Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines GKV-VStG, BT-Drucks 17/7274 S 29; zu einer vom Bundesrat gewünschten Klarstellung mit dem Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung in Abhängigkeit vom Ausgang des vorliegenden Verfahrens vgl die Gegenäußerung der Bundesregierung zu der Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drucks 18/4095, Anlage 4 Nr 22; aA: Buchner/Spiegel, NZS 2013, 1, 8 f). Bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens um die Rechtmäßigkeit des von der Schiedsperson festgesetzten Vertrages kann die Pflicht zur Umsetzung des Vertrages nur durch eine einstweilige Anordnung des Gerichts nach § 86b Abs 2 SGG beseitigt werden.

37

(2) Auch wenn angenommen würde, dass die in § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V aF getroffene Regelung zur fehlenden aufschiebenden Wirkung der Klage allein im Sinne einer Klarstellung sicherstellen sollte, dass Schiedssprüche während eines Klageverfahrens zunächst umgesetzt werden, erklärt dies nicht ohne Weiteres die gewählte Formulierung, weil die Verwendung des Begriffs der aufschiebenden Wirkung den Bezug zu § 86a Abs 1 SGG und zu der dort geregelten aufschiebenden Wirkung von Klagen gegen Verwaltungsakte herstellt.

38

Danach stimmte die gesetzliche Regelung zur Schiedsperson in der Versorgung mit Haushaltshilfe nach § 132a Abs 2 SGB V zwar weitgehend mit der Regelung zur Schiedsperson in der HzV nach § 73b Abs 4a SGB V überein. Mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Festsetzung des Vertragsinhalts enthielt § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V aF jedoch eine Regelung, die in § 132a SGB V keine Entsprechung findet und die als Indiz für die Charakterisierung des Schiedsspruchs in der HzV als Verwaltungsakt herangezogen werden konnte.

39

ee) Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber auf die Entscheidung des 3. Senats vom 25.11.2010 mit der Änderung des § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V reagiert und mit dem GKV-VStG die aufschiebende Wirkung auf Klagen gegen die Bestimmung der Schiedsperson beschränkt. Eine Regelung, nach der Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts keine aufschiebende Wirkung haben, gibt es seitdem nicht mehr. Ferner wurde mit dem GKV-VStG § 73b Abs 4a Satz 5 SGB V angefügt. Danach richten sich Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts gegen eine der beiden Vertragsparteien, nicht gegen die Schiedsperson.

40

Die Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drucks 17/6906 S 56, zu Art 1 Nr 13) bestätigt, dass auf diesem Weg bestehende Unklarheiten bezogen auf die rechtliche Einordnung des Schiedsverfahrens in der HzV nach § 73b Abs 4a SGB V ausgeräumt werden sollten und dass - ebenso wie für den Bereich der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege nach § 132a Abs 2 SGB V - eine eindeutige Einordnung der Schiedsperson als Vertragshelfer erfolgen sollte. Die Einschränkung der Regelung zur aufschiebenden Wirkung in § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V wird damit begründet, dass durch die bisherige Formulierung der Eindruck habe entstehen können, es handele sich bei dem Schiedsspruch um einen Verwaltungsakt. Mit der Streichung werde "klargestellt, dass dies nicht der Fall ist, sondern dass die Schiedsperson analog § 317 BGB als Vertragshelfer tätig wird". Inhaltlich knüpft die Gesetzesbegründung damit an die Entscheidung des 3. Senats vom 25.11.2010 (B 3 KR 1/10 R - BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5) zur Schiedsperson in der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege an. Dies wird in der Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates (BT-Drucks 17/7274 S 29) verdeutlicht, in der unter ausdrücklichem Hinweis auf die genannte Entscheidung des 3. Senats des BSG ausgeführt wird, dass mit der Änderung des § 73b Abs 4a SGB V eine Klarstellung in Richtung auf die Einordnung auch der Schiedsperson in der HzV als Vertragshelfer herbeigeführt werden soll. Davon ist im Übrigen auch der 3. Senat in einer Entscheidung vom 8.10.2014 (B 3 KR 7/14 R - SozR 4-5560 § 17c Nr 2 RdNr 39, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen) ausgegangen.

41

Dem kann die Klägerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die Gesetzesbegründung zur Änderung des § 73b Abs 4a SGB V mit dem GKV-VStG auch auf die "insoweit vergleichbare(n) Regelung des § 77 Absatz 1 Satz 5 SGB XII"(BT-Drucks 17/6906 S 56, zu Art 1 Nr 13) Bezug nehme. Zutreffend ist allerdings, dass Entscheidungen der Schiedsstellen zur Vergütung von Einrichtungen und Diensten im Bereich der Sozialhilfe nach ständiger Rechtsprechung in der Form eines Verwaltungsakts ergehen. Dies hat das BVerwG bereits zu der § 80 SGB XII im Wesentlichen entsprechenden Vorgängerregelung des § 94 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) entschieden(vgl BVerwGE 108, 47). Daran hat das BVerwG (BVerwGE 116, 78 = Juris RdNr 14; anders zunächst der 3. Senat des BSG: BSGE 87, 199, 201 f = SozR 3-3300 § 85 Nr 1 S 4)auch nach der Einführung des § 93b Abs 1 Satz 4 BSHG festgehalten, der bestimmte, dass die Klage gegen die andere Vertragspartei und nicht gegen die Schiedsstelle zu richten ist. Der Qualifizierung dieses Schiedsspruchs als Verwaltungsakt hat sich der für Angelegenheiten der Sozialhilfe zuständige 8. Senat des BSG bezogen auf die seit dem 1.1.2005 geltende entsprechende Rechtslage mit einer entsprechenden Regelung in § 77 Abs 1 Satz 5 SGB XII angeschlossen(BSG SozR 4-3500 § 77 Nr 1, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen; zur Zulässigkeit der Anfechtungsklage in diesem Verfahren "sui generis" vgl auch BSG SozR 4-3500 § 76 Nr 1 RdNr 12, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen).

42

Entgegen der Auffassung der Klägerin kann aus all dem jedoch nicht geschlossen werden, dass mit dem Hinweis auf § 77 Abs 1 Satz 5 SGB XII die im ersten Teil der Gesetzesbegründung eindeutig zum Ausdruck kommende Orientierung am "Vertragshelfermodell" wieder in Frage gestellt würde. Die Formulierung in der Gesetzesbegründung, nach der sich die Regelung "am Wortlaut der insoweit vergleichbaren Regelung des § 77 Absatz 1 Satz 5 SGB XII" orientiert, bezieht sich erkennbar allein auf die Anfügung des neuen § 73b Abs 4a Satz 5 SGB V ("Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts richten sich gegen eine der beiden Vertragsparteien, nicht gegen die Schiedsperson."). Dies wird zum einen durch die Verwendung des Wortes "insoweit" und zum anderen daran deutlich, dass nicht der gesamte § 77 Abs 1 SGB XII in Bezug genommen wird, sondern allein dessen Satz 5, der mit dem eingefügten § 73b Abs 4a Satz 5 SGB V fast wörtlich übereinstimmt. Die Streichung der Regelung zur aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Festlegung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson wird also nicht mit Hinweis auf § 77 Abs 1 SGB XII begründet, sondern mit dem Ziel klarzustellen, dass die Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V als Vertragshelfer und nicht als Behörde tätig wird. Allein bezogen auf die Ergänzung des § 73b Abs 4a SGB V um einen neuen Satz 5 verweist die Gesetzesbegründung auf die fast wortgleiche Regelung in § 77 Abs 1 Satz 5 SGB XII.

43

Nach der oben dargestellten Rechtsprechung des BVerwG war die Regelung, nach der sich Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts gegen die Vertragsparteien und nicht gegen die Schiedsperson richten, im Übrigen auch nicht Anknüpfungspunkt für die Einordnung des Schiedsspruchs im Sozialhilferecht als Verwaltungsakt. Das BVerwG (vgl BVerwGE 116, 78, 82 f) hat die Entscheidung der Schiedsstelle keineswegs wegen der Regelung, nach der die Klage gegen die andere Vertragspartei zu richten ist, als Verwaltungsakt qualifiziert, sondern vielmehr trotz der Einführung dieser Regelung und entgegen einer in Teilen der Literatur vertretenen Auffassung (Münder in LPK-BSHG, 5. Aufl 1998, § 94 RdNr 2; Gottlieb, NDV 2001, 257, 261; Wabnitz, ZfJ 2001, 33, 37; vgl auch BSGE 87, 199, 201 f = SozR 3-3300 § 85 Nr 1 S 4) an seiner bereits zuvor bestehenden Rechtsprechung zur Einordnung des Schiedsspruchs nach § 77 Abs 1 SGB XII als Verwaltungsakt festgehalten.

44

Im Übrigen - also mit Ausnahme des neuen § 73b Abs 4a Satz 5 SGB V - unterscheidet sich die Regelung zum Schiedsverfahren nach § 77 Abs 1 Satz 3, § 80 SGB XII grundlegend von der zur Festlegung des Vertragsinhalts durch eine Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V. Die Qualifizierung der Schiedsstelle nach § 77 Abs 1 Satz 3, § 80 SGB XII als Behörde und deren Schiedsspruch als Verwaltungsakt stehen deshalb nicht im Widerspruch zur Einordnung der Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V als Vertragshelfer. Abgesehen davon, dass nach § 77 Abs 1 Satz 3 SGB XII nicht eine natürliche Person, sondern eine Schiedsstelle entscheidet, die gemäß § 80 Abs 2 Satz 1 SGB XII mit Vertretern der Vertragsparteien und einem unparteiischen Vorsitzenden besetzt ist, spricht für den Charakter dieser Schiedsstelle als Behörde auch die Formulierung in § 77 Abs 1 Satz 6 SGB XII, nach der es einer Nachprüfung der Entscheidung in einem Vorverfahren nicht bedarf. Genau diese Formulierung (die sich vor dem 1.1.2005 in § 93b Abs 1 Satz 5 BSHG und vor der Einführung des § 93b BSHG zum 1.1.1999 in § 93 Abs 3 Satz 4 Halbsatz 1 BSHG fand) hat das BVerwG (BVerwGE 116, 78, 81 f) zur Begründung seiner Auffassung herangezogen, dass der Gesetzgeber diese Schiedsstellenentscheidung - trotz der Regelung, nach der eine Klage gegen die andere Vertragspartei und nicht gegen die Schiedsstelle zu richten ist - als Verwaltungsakt ausgestalten wollte. Eine § 77 Abs 1 Satz 6 SGB XII entsprechende Formulierung findet sich in § 73b Abs 4a SGB V aber nicht.

45

ff) Danach ist mit der Änderung des § 73b Abs 4a SGB V durch das GKV-VStG geklärt, dass es sich bei der Schiedsperson, die im Konfliktfall den Inhalt des Vertrages zur HzV feststellt, nicht um eine Behörde handelt und dass deren Entscheidung nicht in der Form eines Verwaltungsakts ergeht(ebenso: Klückmann in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2015, § 73b RdNr 15d, 15f; Huster in Becker/Kingreen, SGB V, 4. Aufl 2014, § 73b RdNr 17; Bogan, Der Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen, 2012, S 251; Bäune in Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2013, § 73b RdNr 22; Nebendahl in Spickhoff, Medizinrecht, 2. Aufl 2014, § 73b SGB V RdNr 23; Engelmann in Prütting, Fachanwaltskommentar Medizinrecht, 3. Aufl 2014, § 73b SGB V RdNr 64; Adolf in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, Stand April 2012, § 73b RdNr 69; SG München Urteil vom 16.7.2014 - S 28 KA 696/12 - Juris RdNr 27; aA Buchner/Spiegel, NZS 2013, 1; LSG Rheinland-Pfalz Beschluss vom 3.6.2014 - L 7 KA 12/14 B ER - Juris).

46

gg) Die Zuordnung der Schiedsperson für die HzV zum Modell "Vertragshelfer" anstelle des Modells "Schiedsamt" bezieht sich nicht allein auf die Zeit seit dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung zum 1.1.2012. Wie oben dargelegt, entsprach § 73b Abs 4a SGB V bereits vor der Änderung durch das GKV-VStG zum 1.1.2012 weitgehend der für die häusliche Krankenpflege geltenden Regelung zur Schiedsperson nach § 132a Abs 2 SGB V, für die jedenfalls seit der Entscheidung des BSG vom 25.11.2010 (B 3 KR 1/10 R - BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5) die Einordnung als Vertragshelfer geklärt ist. Die rechtliche Einordnung des Schiedsspruchs der Schiedsperson in der HzV war gleichwohl bis zum Inkrafttreten des GKV-VStG zum 1.1.2012 nicht geklärt, sondern in der og Entscheidung des BSG vom 25.11.2010 ausdrücklich offengelassen worden. Unter diesen Umständen war der Gesetzgeber nicht gehindert, eine Klarstellung herbeizuführen. Dass mit der Änderung des § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V sowie der Anfügung eines neuen Satzes 5 die in der og Entscheidung des 3. Senats des BSG vom 25.11.2010 offengelassene Frage geklärt werden sollte und dass die Regelung somit nur der Klarstellung des bereits zuvor Gewollten dienen sollte, kommt sowohl in der Begründung des Regierungsentwurfs eines GKV-VStG (BT-Drucks 17/6906 S 56, zu Nr 13) als auch in der Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates (BT-Drucks 17/7274 S 29) eindeutig zum Ausdruck.

47

3. Die Klägerin kann auch nicht - entsprechend dem Antrag zu 2. - die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG Baden-Württemberg zur Ersetzung der Regelungen des Schiedsspruchs nach billigem Ermessen durch Urteil gemäß § 319 Abs 1 Satz 2 Halbsatz 1 BGB iVm § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V erreichen.

48

Soweit der 3. Senat des BSG in seiner Entscheidung vom 25.11.2010 (B 3 KR 1/10 R - BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5) zur Schiedsperson in der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege nach § 132a Abs 2 SGB V von der Statthaftigkeit einer sog Ersetzungsklage ausgegangen ist, mit der dem Gericht aufgegeben werden soll, den Inhalt des Vertrages bei Unbilligkeit der Festlegungen der Schiedsperson zu bestimmen, folgt der Senat dem für die HzV nach § 73b SGB V nicht. §§ 317 ff BGB treffen Regelungen für Konstellationen, in denen sich die Parteien zuvor aus freiem Willen auf eine Schiedsperson geeinigt haben, der die Aufgabe übertragen wird, den Vertrag rechtsgestaltend zu ergänzen. Die Schiedsperson hat also lediglich vertragsausfüllende und vertragsergänzende Funktion (vgl Schnapp, NZS 2010, 241, 245, mwN). Auf die Verträge zur HzV, deren Inhalt vollständig gegen den Willen der Krankenkasse von einer durch die zuständige Aufsichtsbehörde bestimmten Schiedsperson festgelegt werden kann (vgl § 73b Abs 4 Satz 2, Abs 4a Satz 1 und 2 SGB V), sind diese Bestimmungen im Rahmen der nur entsprechenden Anwendung nach § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V nicht uneingeschränkt übertragbar. Davon ist im Grundsatz auch schon der 3. Senat in seiner Entscheidung vom 25.11.2010 (B 3 KR 1/10 R - BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 33) bezogen auf das Schiedsverfahren nach § 132a Abs 2 SGB V ausgegangen, indem er abweichend von § 319 Abs 1 Satz 1 BGB nicht darauf abgestellt hat, ob die durch die Schiedsperson getroffene Bestimmung "offenbar unbillig" ist, sondern die einfache "Unbilligkeit" als Voraussetzung für die Ersetzung des Schiedsspruchs durch die Entscheidung des Gerichts genügen lässt.

49

Der Überlegung, das Gericht könne im Falle der Unbilligkeit den Inhalt der Entscheidung der Schiedsperson ersetzen, liegt die Vorstellung zugrunde, vom Gericht werde ein punktuelles Eingreifen oder die Entscheidung bezogen auf einzelne zwischen den Vertragsparteien umstrittene Punkte verlangt. So liegen die Dinge etwa im Bereich des § 65c Abs 6 Satz 8 SGB V bei der Höhe der Meldevergütungen zum klinischen Krebsregister. Dabei geht es um die Vergütungshöhe für bestimmte Leistungen, die in angemessener Höhe festzusetzen sind. Bei der Festlegung des Inhalts der Verträge zwischen Krankenkassen und den Erbringern von Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach § 132a Abs 2 Satz 1 SGB V stehen zumindest nach den bisherigen gerichtlichen Erfahrungen die "Preise" für die Leistungen im Mittelpunkt des Konflikts der Vertragspartner, obwohl der Schlichtungsauftrag der Schiedsperson nach § 132a Abs 2 Satz 1 und 6 SGB V weitergehen kann. Ob für solche eher punktuellen Festlegungen die Ersetzungsklage mit der Konsequenz der abschließenden Entscheidung durch ein Gericht sachgerecht ist, lässt der Senat offen; er muss deshalb auch nicht beim 3. Senat anfragen, ob dieser an seiner Rechtsprechung dazu festhält. Jedenfalls ist diese Konzeption auf die Verträge nach § 73b SGB V nicht übertragbar.

50

Gerichte können nicht umfassende Vertragswerke festsetzen, Regelungen über den Datenaustausch formulieren und die Beziehungen der Partner der Verträge untereinander vollständig regeln (zu § 132a Abs 2 SGB V vgl die Bedenken von Plantholz, RsDE 64<2007>, 1, 20 f, 23). Die dazu erforderliche Kenntnis nicht zuletzt der technischen Abläufe und deren Gestaltbarkeit ist bei den Gerichten ohne die Kooperation der Vertragspartner, auf die die Schiedsperson setzen kann, nicht vorhanden; insoweit müssten regelmäßig Sachverständige hinzugezogen und möglicherweise sogar mit der Formulierung beauftragt werden. Die Gerichte könnten nur punktuell - etwa bei der Höhe der Vergütung der teilnehmenden Ärzte - nach dem Maßstab der Angemessenheit entscheiden. Soweit ersichtlich, gibt es bisher auch keine sozialgerichtliche Entscheidung, in der ein durch eine Schiedsperson festgesetzter komplexer Vertrag wegen Unbilligkeit aufgehoben und durch einen gerichtlich festgesetzten Vertragsinhalt ersetzt worden wäre.

51

Aus den genannten Gründen muss sich die gerichtliche Kontrolle von Entscheidungen der Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V an dem Muster der Kontrolle von Schiedsamtsentscheidungen nach § 89 SGB V orientieren: Das Gericht prüft, ob die von einem der Beteiligten gerügten Festsetzungen mit höherrangigem Recht unvereinbar sind, bezeichnet ggf solche Rechtsverstöße und stellt weiter die Verpflichtung der Vertragspartner fest, diese Verstöße zu beseitigen. Wenn das im Wege freier Verhandlungen nicht gelingt, muss erneut eine Schiedsperson tätig werden, die - wie die Partner auch - an die Rechtsauffassung gebunden ist, die dem Feststellungsurteil zugrunde liegt.

52

Der naheliegende Einwand gegen diese Rechtsschutzkonzeption, dass eine abschließende Festlegung des Vertragsinhalts nicht zeitnah gewährleistet wird, greift im Ergebnis nicht durch. Es erscheint bereits fraglich, ob die Festsetzung des komplexen Inhalts eines Vertrages zur HzV durch ein für derartige Aufgaben nicht ausgestattetes Gericht oder eine Festlegung des Vertragsinhalts unter Einbeziehung von Sachverständigen, die das Gericht zu bestellen hätte, zu einer Beschleunigung des Verfahrens beitragen könnten. Auch kann dahingestellt bleiben, ob dem Einwand der Klägerin zu folgen ist, dass die Gestaltung des vollständigen Vertragsinhalts durch das Gericht - die im Verwaltungsprozessrecht sonst keine Entsprechung finden dürfte - in Widerspruch zum Grundsatz der Gewaltenteilung nach Art 20 Abs 2 Satz 2 GG geriete, weil die Gerichte allein dazu berufen sind, Verwaltungshandeln zu kontrollieren (vgl auch Buchner/Spiegel, NZS 2013, 1, 7 f unter Hinweis auf BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 13 sowie BSGE 90, 42, 44 = SozR 3-8570 § 4 Nr 4). Ausschlaggebend ist, dass der Gesetzgeber den Weg der gerichtlichen Kontrolle von Schiedsamtsentscheidungen - und nicht deren Ersetzung durch die Gerichte - auch sonst im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung - und zwar gemäß § 89 Abs 1a SGB V auch für gesetzlich vorgeschriebene Verträge - gewählt hat. Selbst wenn ein gesetzlich vorgeschriebener Vertrag über die vertragsärztliche Versorgung nicht zustande kommt und keine der Parteien bei dem Schiedsamt einen Antrag auf Herbeiführung der Einigung stellt, sieht § 89 Abs 1a Satz 1 SGB V keine Ersetzung durch die Aufsichtsbehörde, sondern lediglich ein Recht der Aufsichtsbehörde zur Anrufung des Schiedsamts vor. Solange das Schiedsamt überhaupt fristgerecht tätig wird, beschränkt sich auch die Kontrolle der Entscheidung durch die Aufsichtsbehörden gemäß § 89 Abs 5 Satz 5 SGB V auf Rechtsverstöße. Eine Festsetzung des Vertragsinhalts durch die für das Schiedsamt zuständige Aufsichtsbehörde sieht der mit dem GMG vom 14.11.2003 (BGBl I 2190, 2210) eingeführte § 89 Abs 1 Satz 5 SGB V nur ausnahmsweise für den Fall vor, dass das Schiedsamt auch nach Fristsetzung durch die Aufsichtsbehörde untätig bleibt. Die daraus erkennbar werdende Konzeption des Gesetzgebers, zumindest im Bereich des SGB V Schiedssprüche im Regelfall nicht durch Entscheidungen der Aufsichtsbehörden und erst Recht nicht durch gerichtliche Entscheidungen zu ersetzen, sondern die Kontrolle auf die Prüfung der Rechtmäßigkeit zu beschränken, ist auf die gerichtliche Kontrolle von Entscheidungen der Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V zu übertragen.

53

4. Richtige Klageart ist danach die Feststellungsklage (§ 55 Abs 1 SGG), die die Klägerin hilfsweise erhoben hat. Diese ist auch zulässig, in der Sache aber nur zum geringen Teil begründet.

54

a) Der Zulässigkeit des in der mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellten Feststellungsantrags steht nicht entgegen, dass die Klägerin einen solchen im Revisionsverfahren bis zum Ablauf der Frist zur Revisionsbegründung nicht formuliert hatte. Zwar darf das BSG über den Antrag grundsätzlich nicht hinausgehen und eine Klagänderung ist gemäß § 168 Satz 1 SGG im Revisionsverfahren unzulässig. Zulässig ist jedoch eine Erweiterung des Klagantrags im Sinne des § 99 Abs 3 SGG, soweit damit keine neuen Revisionsgründe geltend gemacht werden(vgl BSGE 31, 112, 113 = SozR Nr 55 zu § 164 SGG) und auch der Übergang von der Anfechtungsklage zur Feststellungsklage (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 99 RdNr 4 mwN). Ausschlaggebend ist, dass der historische Lebenssachverhalt, aus dem der Anspruch abgeleitet wird, unverändert geblieben ist (vgl BSG SozR 4-4300 § 57 Nr 5). Das ist hier der Fall. Eine solche Erweiterung des Revisionsantrags ist auch noch nach Ablauf der Frist zur Revisionsbegründung bis zum Schluss der mündlichen Revisionsverhandlung möglich (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 164 RdNr 10 mwN).

55

Die Klägerin hat die Klage zutreffend gegen die Beklagten als Parteien des Vertrages zur HzV gerichtet. Seit der Änderung durch das GKV-VStG regelt § 73b Abs 4a Satz 5 SGB V ausdrücklich, dass Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts gegen eine der beiden Vertragsparteien und nicht gegen die Schiedsperson zu richten sind. Dies galt aufgrund des Umstands, dass die Schiedsperson keine Behörde ist und dass deren Entscheidung nicht in der Form eines Verwaltungsakts ergeht (vgl oben 2.), auch bereits für die Zeit vor Inkrafttreten der gesetzlichen Klarstellung mWv 1.1.2012 und damit auch bereits zum Zeitpunkt der Klagerhebung am 9.9.2011 (zur Ersetzungsklage gegen die Entscheidung Schiedsperson nach § 132a SGB V vgl BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 30). Die Tätigkeit der Schiedsperson ist mit dem Erlass des Schiedsspruchs beendet (zur Schiedsperson nach § 132a SGB V vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 7 RdNr 19, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen). Aus diesem Grund ist die Schiedsperson zu dem Verfahren um die Rechtmäßigkeit der Festsetzung des Vertragsinhalts auch nicht notwendig beizuladen (zur Schiedsperson nach § 132a SGB V vgl BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 31).

56

b) Für die Begründetheit der Feststellungklage wird in der Regel auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abgestellt (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 55 RdNr 21 mwN). Vorliegend ist jedoch - in Übereinstimmung mit der Auffassung der Klägerin - vom Zeitpunkt der Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson am 9.9.2010 auszugehen. Dies folgt aus dem Umstand, dass die Klägerin die Rechtswidrigkeit des Schiedsspruchs für den Zeitpunkt seines Ergehens geltend macht. Grundsätzlich hat sie an einer Klärung der Frage, ob der Vertrag zum Zeitpunkt seiner Festsetzung rechtmäßig war, auch ein berechtigtes Interesse. Später eintretenden Änderungen haben die Vertragsparteien gemäß § 22 Abs 2 Satz 2 des Vertrages nach den Grundsätzen von Treu und Glauben Rechnung zu tragen. Soweit diese vertragliche Regelung nicht eingreift, folgt die Möglichkeit zur Anpassung des Vertrages aus § 59 Abs 1 Satz 1 SGB X, wobei die vertragliche Regelung Vorrang hat(vgl BSG SozR 4-2500 § 83 Nr 1 RdNr 25). Nach § 59 Abs 1 Satz 1 SGB X kann eine Vertragspartei eine Anpassung des Vertragsinhalts an geänderte Verhältnisse verlangen, wenn sich die Verhältnisse, die für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend gewesen sind, seit Abschluss des Vertrages so wesentlich geändert haben, dass der Vertragspartei das Festhalten an der ursprünglichen vertraglichen Regelung nicht zuzumuten ist. Wenn eine Anpassung nicht möglich oder einer Vertragspartei nicht zuzumuten ist, kann diese den Vertrag kündigen. Auch diese Vorschrift setzt voraus, dass Änderungen seit Abschluss des Vertrages eingetreten sind. Insofern ist für die Klägerin weiterhin von Interesse, ob der Schiedsspruch zum Zeitpunkt der Vertragsfestsetzung rechtmäßig war. Dagegen ist weder eine Anpassung noch die Kündigung des durch Schiedsspruch festgesetzten Vertrages Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits, sodass es auf später eingetretene Änderungen grundsätzlich nicht ankommen kann. Die etwa infolge der Abschaffung der Praxisgebühr (Streichung des § 28 Abs 4 SGB V mit Art 1 Nr 2 des Gesetzes zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs in stationären Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen vom 20.12.2012, BGBl I 2789) erforderlichen Anpassungen des Vertrages (vgl dazu ua § 2 Abs 4, § 13 des Vertrages) sind ersichtlich nicht aufgrund unterschiedlicher Auffassungen der Vertragspartner, sondern wegen der im Vordergrund stehenden grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten und der deshalb bisher nicht erfolgten Umsetzung des Vertrages unterblieben. Eine auf den Anpassungsbedarf bezogene gerichtliche Feststellung hat die Klägerin nicht geltend gemacht.

57

Allerdings sind im vorliegenden Verfahren Änderungen der Rechtslage zu berücksichtigen, die Einfluss auf das Fortbestehen des Feststellungsinteresses der Klägerin haben. Für die Beurteilung des Feststellungsinteresses ist die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Revisionsinstanz maßgebend (zur Fortsetzungsfeststellungsklage vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 131 RdNr 10, 10i; vgl auch BSG SozR 4-2700 § 215 Nr 2 RdNr 11). Da der streitgegenständliche Vertrag zur HzV bisher nicht umgesetzt wurde, kann ein berechtigtes Feststellungsinteresse der Klägerin nur bestehen, soweit es darauf für die noch bevorstehende Umsetzung des Vertrages ankommt. Bedeutung gewinnt diese Frage hier bezogen auf Vereinbarkeit des Vertrages mit Bestimmungen zum Datenschutz (vgl dazu im Einzelnen nachfolgend d ii, RdNr 90).

58

c) Die gerichtliche Kontrolle der Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson richtet sich aus den og Gründen nach den in der Rechtsprechung zur Überprüfung von Schiedsamtsentscheidungen nach § 89 SGB V entwickelten Maßstäben. Danach unterliegt auch die Entscheidung der Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V nur in eingeschränktem Umfang der gerichtlichen Kontrolle(vgl die stRspr zu § 89 SGB V: BSGE 100, 144 = SozR 4-2500 § 85 Nr 41, RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 83 Nr 3 RdNr 18; BSGE 91, 153 = SozR 4-2500 § 85 Nr 3, RdNr 11 mwN). Die Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle berücksichtigt, dass Schiedspersonen - ebenso wie Schiedsämter - deren Sprüche Vereinbarungen der zum Vertragsabschluss berufenen Vertragspartner ersetzen, eine weite Gestaltungsfreiheit haben. Dies trägt dem Wesen der Schiedssprüche Rechnung, die auf Interessenausgleich angelegt sind und Kompromisscharakter haben (vgl BSGE 87, 199, 202 = SozR 3-3300 § 85 Nr 1 S 5). Der Schiedsspruch ist daher nur daraufhin zu überprüfen, ob die grundlegenden verfahrensrechtlichen Anforderungen beachtet und in inhaltlicher Hinsicht die zwingenden rechtlichen Vorgaben eingehalten wurden. Mithin ist in formeller Hinsicht zu klären, ob das Schiedsamt den von ihm zugrunde gelegten Sachverhalt in einem fairen Verfahren unter Wahrung des rechtlichen Gehörs festgestellt hat und der Schiedsspruch die Gründe für das Entscheidungsergebnis wenigstens andeutungsweise erkennen lässt (stRspr zu § 89 SGB V vgl etwa: BSGE 87, 199, 202 = SozR 3-3300 § 85 Nr 1 S 5; BSGE 100, 144 = SozR 4-2500 § 85 Nr 41, RdNr 13). Die inhaltliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob der zugrunde gelegte Sachverhalt zutrifft und ob die Schiedsperson den ihr zustehenden Gestaltungsspielraum eingehalten, dh die maßgeblichen Rechtsmaßstäbe beachtet hat (zum Schiedsamt vgl BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 20 S 131; BSGE 86, 126, 135 = SozR 3-2500 § 85 Nr 37 S 295; BSGE 91, 153 = SozR 4-2500 § 85 Nr 3, RdNr 11). Die Prüfung beschränkt sich dabei entgegen der Auffassung der Beklagten nicht auf die Beachtung von Vorschriften, die unmittelbar Rechte der Vertragsparteien zu schützen bestimmt sind (aA zur Frage der Einhaltung datenschutzrechtlicher Bestimmungen auch: LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 2.8.2011 - L 5 KA 1601/11 ER-B - Juris RdNr 188). Deren Betroffenheit in eigenen Rechten folgt bereits aus dem Umstand, dass sie Partner des durch die Schiedsperson festgesetzten Vertrages sind. Die Bindung an einen solchen Vertrag müssen sie nur hinnehmen, soweit die darin getroffenen Bestimmungen materiell rechtmäßig sind. Insofern hat der Umstand, dass der Schiedsspruch der Schiedsperson nach § 73b SGB V nicht in der Form eines Verwaltungsakts ergeht, keinen Einfluss auf den gerichtlichen Prüfungsumfang.

59

d) Die Überprüfung der Entscheidung der Schiedsperson anhand der genannten Maßstäbe ergibt, dass die Festsetzung des Vertragsinhalts allein bezogen auf die Vereinbarkeit mit bundesrechtlichen Bestimmungen zum Datenschutz zu beanstanden ist. Im Übrigen entspricht der Schiedsspruch den rechtlichen Anforderungen.

60

aa) Einwände bezogen auf die Einhaltung verfahrensrechtlicher Anforderungen werden von den Beteiligten nicht geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich. Insbesondere durfte die Schiedsperson den Vertragsinhalt am 9.9.2010 festsetzen, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch ein Klageverfahren zur Frage der Rechtmäßigkeit der Bestimmung der Schiedsperson anhängig war. Da Klagen gegen die Bestimmung der Schiedsperson gemäß § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V keine aufschiebende Wirkung haben, war die Schiedsperson trotz des anhängigen Klageverfahrens berechtigt (und verpflichtet), tätig zu werden(zur Bestellung einer Schiedsperson nach § 132a SGB V vgl BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 7 RdNr 27, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen).

61

bb) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist nicht zu beanstanden, dass die Schiedsperson nicht allein den Beklagten zu 1. (Hausärzteverband, Landesverband Baden-Württemberg), sondern auch den Beklagten zu 2. (Medi Baden-Württemberg eV) als Vertragspartner der Klägerin in den Vertrag aufgenommen hat.

62

(1) Gemäß § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V sind die Krankenkassen verpflichtet, allein oder in Kooperation mit anderen Krankenkassen spätestens bis zum 30.6.2009 Verträge mit Gemeinschaften zu schließen, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der KÄV vertreten. Nur die so definierten Gemeinschaften von Allgemeinärzten sind gemäß § 73b Abs 4 Satz 2, Abs 4a Satz 1 SGB V berechtigt, die Einleitung eines Schiedsverfahrens zu verlangen. Diese Anforderungen müssen jedenfalls zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bzw der Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson erfüllt sein (so auch bereits Sächsisches LSG Urteil vom 11.4.2012 - L 1 KA 51/11 KL - Juris RdNr 27; LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 17.1.2011 - L 7 KA 66/10 B ER - Juris RdNr 5). Die genannten Voraussetzungen werden von den beiden Beklagten erfüllt.

63

(2) Mit dem Begriff der Allgemeinärzte sind nicht alle nach § 73 Abs 1a SGB V an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte angesprochen. Vielmehr wird der Begriff übereinstimmend mit § 73 Abs 1a Nr 1 SGB V verwendet, sodass darunter nur die an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte fallen, die nach Landesrecht zur Führung der Bezeichnung "Arzt für Allgemeinmedizin" berechtigt sind. Vorbehaltlich landesrechtlicher Übergangsregelungen wird also eine fünfjährige Weiterbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin vorausgesetzt (Bäune in Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2013, § 73b RdNr 14; Engelmann in Prütting, Fachanwaltskommentar Medizinrecht, 3. Aufl 2014, § 73b SGB V RdNr 29a; Alemann/Scheffczyk, NZS 2012, 45, 46; Orlowski, ZMGR 2009, 124, 127; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 11.10.2010 - L 11 KA 61/10 B ER - GesR 2011, 32 = Juris RdNr 35 ff; Sächsisches LSG Urteil vom 11.4.2012 - L 1 KA 51/11 KL - Juris RdNr 31 ff; vgl auch BT-Drucks 16/10609 S 54). Diesen Begriff der "Allgemeinärzte" hat die Schiedsperson ihrer Prüfung, ob die og 50 %-Quote erreicht wird, zutreffend zugrunde gelegt. Dies wird auch von der Klägerin nicht in Zweifel gezogen.

64

(3) Gemeinschaften, die die Einleitung eines Schiedsverfahrens beantragen können, müssen nach § 73b Abs 4 Satz 1 und 2, Abs 4a Satz 2 SGB V mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der KÄV "vertreten". Dass die Beklagten zu 1. und zu 2. gemeinsam diese Quote erfüllen, wird zu Recht auch von der Klägerin nicht in Frage gestellt. Der in § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V verwendete Begriff "vertreten" wird jedenfalls nicht als eine Vertretung im Sinne einer rechtsgeschäftlichen Handlung im fremden Namen(§ 164 BGB) verstanden werden können. Vielmehr schließen die in § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V bezeichneten Gemeinschaften die Verträge mit den Krankenkassen im eigenen Namen ab. Ausschlaggebend ist daher die Zahl der Mitglieder der Gemeinschaft (so auch die ganz hM vgl zB Klückmann in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2015, § 73b RdNr 13a; Huster, NZS 2010, 69, 70; Orlowski, ZMGR 2009, 124, 128; ders in Orlowski/Rau/Schermer/ Wasem/Zipperer, SGB V, Stand Dezember 2014, § 73b RdNr 37; Engelmann in Prütting, Fachanwaltskommentar Medizinrecht, 3. Aufl 2014, § 73b SGB V RdNr 31b; Sächsisches LSG Urteil vom 11.4.2012 - L 1 KA 51/11 KL - Juris RdNr 35; aA Kingreen/Temizel, ZMGR 2009, 134, 135). Wie in der Begründung des Schiedsspruchs im Einzelnen dargelegt wird, waren 3492 der insgesamt 5089 in Baden-Württemberg an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte für Allgemeinmedizin und damit deutlich mehr als die Hälfte Mitglied einer der beiden Beklagten. Allein bei dem Beklagten zu 1. (Hausärzteverband Baden-Württemberg) waren 2742 der in Baden-Württemberg zugelassenen Fachärzte für Allgemeinmedizin Mitglied. Weil mindestens 2566 Allgemeinärzte - und damit ebenfalls mehr als die Hälfte - die beiden Verbände auch mit dem Abschluss von Verträgen zur HzV beauftragt hatten, wäre die og Voraussetzung hier im Übrigen auch erfüllt, wenn eine Mandatierung erforderlich wäre.

65

Die Klägerin ist allerdings der Auffassung, dass jedenfalls der Beklagte zu 2. die gesetzlich geregelte Quote nicht erfüllen würde und dass dieser deshalb nicht als Vertragspartner der Klägerin in den Vertrag zur HzV hätte aufgenommen werden dürfen. Die Erfüllung der Quote sei bezogen auf jeden einzelnen Verband zu prüfen, sodass die gemeinsame Erfüllung durch mehrere Verbände nicht genüge. Dies trifft indes nicht zu. Zwar waren nur 1267 Allgemeinärzte und damit weniger als die Hälfte der in Baden-Württemberg zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Allgemeinärzte Mitglied des Beklagten zu 2. Darauf kommt es indes nicht an. Vielmehr genügt, dass beide Beklagten als Vertragspartner der Klägerin gemeinsam mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte vertreten und zum gemeinsamen Vertragsschluss zu identischen Konditionen bereit waren und sind.

66

Der Begriff der "Gemeinschaften" wird gesetzlich nicht definiert. Der entsprechende Begriff in § 741 BGB wird nach dem Sinn der Regelung offensichtlich nicht in Bezug genommen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass keine Beschränkung auf eine bestimmte Rechtsform beabsichtigt war und dass weder eine innere noch eine äußere Organisationsstruktur vorgegeben wird (ebenso Alemann/Scheffczyk, NZS 2012, 45, 46; Huster, NZS 2010, 69, 70; Bäune in Eichenhofer/Wenner, SGB V, § 73b RdNr 13; Orlowski, ZMGR 2009, 124, 126; Nebendahl in Spickhoff, Medizinrecht, 2. Aufl 2014, § 73b SGB V RdNr 16; vgl auch Bayerisches LSG Beschluss vom 27.6.2009 - L 12 KA 33/09 B ER - GesR 2009, 477, 480). Ausschlaggebend ist allein die soziale Mächtigkeit der Gemeinschaft und die daraus folgende Möglichkeit, eine flächendeckende Versorgung zu organisieren (Orlowski, ZMGR 2009, 124, 127 f; ders in Orlowski/Rau/Schermer/Wasem/Zipperer, SGB V, Stand Dezember 2014, § 73b RdNr 37; Huster, NZS 2010, 69, 70; Klückmann in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2015, § 73b RdNr 13a; aA Kingreen/Temizel, ZMGR 2009, 134, 135). Diese Auffassung wird insbesondere durch die in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 16/10609 S 53 f) zum Ausdruck kommende Zielsetzung der Regelung gestützt. Danach sollte mit der zum 1.1.2009 eingeführten Neuregelung durch das GKV-OrgWG vom 15.12.2008 (BGBl I 2426) das mit dem GKV-WSG eingeführte eigenständige Verhandlungsmandat der Gemeinschaft von Hausärzten gestärkt werden. Gemeinschaften, die die 50 %-Quote erfüllen, gewährleisteten, dass eine flächendeckende Sicherstellung mit Verträgen zur hausarztzentrierten Versorgung durch den Vertragsschluss erreicht werden könne. Unter Berücksichtigung dieser Zielsetzung ist davon auszugehen, dass sich Kooperationen nicht nur - wie ausdrücklich gesetzlich geregelt (§ 73b Abs 4 Satz 1 SGB V)- auf Seiten der Krankenkassen, sondern auch auf Seiten der Hausärzte an dem Vertrag zur HzV beteiligen können. Dem gesetzgeberischen Ziel, eine flächendeckende Sicherstellung mit Verträgen zur HzV zu erreichen, wird schon Rechnung getragen, wenn nicht jeder einzelne Verband, sondern nur die Kooperation von Hausarztverbänden die genannte Quote erfüllt (so auch das dem Schriftsatz der Klägerin vom 12.2.2015 als Anlage RK 29 übersandte "Ergebnisse der Besprechung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe vom 22.1.2009 zu Fragestellungen/Problemen im Zusammenhang mit § 73b SGB V in der Fassung vom 1.1.2009", S 3 unter III. 2.; ausdrücklich bezogen auf die beiden Beklagten des vorliegenden Verfahrens: Orlowski, ZMGR 2009, 124, 126; ders in Orlowski/Rau/Schermer/Wasem/Zipperer, SGB V, Stand Dezember 2014, § 73b RdNr 32).

67

cc) Der durch die Schiedsperson festgesetzte Vertrag zur HzV verletzt nicht den Grundsatz der Beitragssatzstabilität aus § 71 Abs 1 Satz 1 SGB V. Entgegen der Auffassung der Klägerin findet dieser Grundsatz auf den vorliegenden, vor dem 22.9.2010 zustande gekommenen Vertrag keine Anwendung.

68

(1) In der hier maßgebenden Fassung des § 73b SGB V vor der Änderung durch das Gesetz zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-FinG) vom 22.12.2010 (BGBl I 2309) war die Geltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität für die HzV nicht geregelt. Die Einfügung des § 73 Abs 5a SGB V mit dem GKV-FinG, in dessen Satz 1 bestimmt wird, dass bei der zwischen den Krankenkassen und den die Allgemeinärzte vertretenden Gemeinschaften der Grundsatz der Beitragssatzstabilität nach § 71 SGB V zu beachten ist, gilt ausdrücklich nur für nach dem 22.9.2010 zustande gekommene Verträge. Der hier zu beurteilende Vertrag ist bereits mit der Festsetzung durch die Schiedsperson vom 9.9.2010 und damit bis zum 22.9.2010 zustande gekommen.

69

Die Beschränkung der Geltungsdauer der Bestandsschutzregelung nach § 73b Abs 5a Satz 5 SGB V idF des GKV-FinG auf die Zeit bis zum 30.6.2014 greift nicht ein, weil diese Frist nur für Anschlussvereinbarungen und nicht für den hier zu beurteilenden, bis zum 22.9.2010 geschlossenen Vertrag selbst gilt. Im Übrigen ist § 73b Abs 5a SGB V mit dem dort geregelten Grundsatz der Beitragssatzstabilität durch das Vierzehnte Gesetz zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch(14. SGB V-Änderungsgesetz - 14. SGB V-ÄndG) vom 27.3.2014 (BGBl I 261) mWv 1.4.2014 aufgehoben worden, sodass diese Regelung auch im Falle einer Kündigung des Vertrages zur HzV keine Wirkung mehr entfalten könnte.

70

§ 73b SGB V in der hier maßgebenden Fassung unterscheidet sich damit zB von der die Gesamtvergütung betreffenden Bestimmung des § 85 Abs 3 Satz 2 SGB V idF vor der Änderung durch das GKV-VStG zum 1.1.2013, der die Beachtung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität (§ 71 SGB V) für die Vereinbarung der Veränderungen der Gesamtvergütungen anordnete. Allein der Umstand, dass es in § 73b SGB V an einer entsprechenden ausdrücklichen Regelung für die HzV fehlt, schließt die Geltung dieses Grundsatzes allerdings noch nicht aus. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass der Grundsatz der Beitragssatzstabilität allgemein für die im Vierten Kapitel des SGB V geregelten Vergütungsvereinbarungen gilt, ohne dass es einer auf die jeweilige Vergütungsvereinbarung bezogenen speziellen Regelung bedarf. Dies hat der Senat insbesondere aus dem Standort des § 71 SGB V im Abschnitt "Allgemeine Grundsätze" des Vierten Kapitels abgeleitet(BSG SozR 4-2500 § 88 Nr 1 RdNr 17). Bei dem Grundsatz der Beitragssatzstabilität handelt es sich um eine verbindliche gesetzliche Vorgabe, die auch bei Schiedssprüchen zu beachten ist und die eine verbindliche Grenze für Vergütungsvereinbarungen darstellt (vgl BSGE 86, 126, 135 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 37 S 296 f; BSG SozR 4-2500 § 88 Nr 1 RdNr 15 f mwN).

71

Dies gilt jedoch nur, soweit keine Ausnahme eingreift. Solche Ausnahmen und Einschränkungen sind für unterschiedliche Vergütungsvereinbarungen im Vierten Kapitel des SGB V enthalten. So gilt nach § 87a Abs 3 Satz 2 letzter Halbsatz SGB V in der Fassung des GKV-WSG der vereinbarte Behandlungsbedarf als "notwendige medizinische Versorgung" im Sinne des § 71 Abs 1 Satz 1 SGB V mit der Folge, dass die Beschränkungen aus dem Grundsatz der Beitragssatzstabilität für Gesamtvergütungen in der vertragsärztlichen Versorgung seit 2009 insoweit nicht eingreifen(vgl BSG SozR 4-2500 § 87a Nr 2 RdNr 41). Für die integrierte Versorgung bestimmt § 140b Abs 4 Satz 2 SGB V, dass der Grundsatz der Beitragssatzstabilität nicht für Verträge gilt, die bis zum 31.12.2008 geschlossen worden sind. Für die zahnärztliche Versorgung ist der Grundsatz der Beitragssatzstabilität mit der Änderung des § 85 Abs 3 Satz 2 SGB V zwar nicht aufgehoben, aber eingeschränkt worden, indem nicht mehr die Beachtung, sondern nur noch dessen Berücksichtigung vorgeschrieben wird(vgl dazu Axer, GesR 2013, 135, 138 f). Eine ähnliche Einschränkung enthält § 134a Abs 1 Satz 2 SGB V für die Versorgung mit Hebammenhilfe.

72

Für die HzV folgt eine Ausnahme vom Grundsatz der Beitragssatzstabilität aus § 73b Abs 5 Satz 4 SGB V. Danach können Einzelverträge Abweichungen von den Vorschriften "dieses Kapitels" - also des Vierten Kapitels des SGB V - sowie den nach diesen Vorschriften getroffenen Regelungen regeln. Das Vierte Kapitel umfasst die §§ 69 bis 140h SGB V und damit auch § 71 Abs 1 Satz 1 SGB V(so auch Alemann/Scheffczyk, NZS 2012, 45, 48; ähnlich Bogan, Der Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen, 2012, S 257 f; LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 3.11.2011 - L 3 KA 104/10 B ER - GesR 2012, 35, 38).

73

Eine Geltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität kann entgegen der Auffassung von Ebsen aus dem von der Klägerin vorgelegten Gutachten (Rechtliche Anforderungen an das Handeln der Schiedsperson für die Festlegung des Inhalts des Vertrages über die hausarztzentrierte Versorgung nach § 73b Abs 4a SGB V, Rechtsgutachten im Auftrag des AOK-Bundesverbandes aus Juli 2009, unveröffentlicht, RdNr 55) auch nicht aus dem Umstand hergeleitet werden, dass § 140b Abs 4 Satz 2 SGB V die Nichtgeltung für die Verträge zu integrierten Versorgungsformen ausdrücklich anordnet, während § 73b Abs 5 Satz 4 SGB V für die HzV nur allgemein Ausnahmen von den Vorschriften des Vierten Kapitels zulässt. Zwar trifft es zu, dass sich der Gesetzgeber nach der Gesetzesbegründung zur Einführung des § 73b Abs 5 Satz 4 SGB V mit dem GKV-WSG ua an § 140b Abs 4 Satz 1 SGB V anlehnen wollte(BT-Drucks 16/3100, S 112), der Abweichungen von den Vorschriften ua des Vierten Kapitels betrifft. § 140b Abs 4 Satz 2 SGB V, der die Nichtgeltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität für die integrierte Versorgung ausdrücklich regelt, bleibt in der Gesetzesbegründung zu § 73b Abs 5 Satz 4 SGB V hingegen unerwähnt. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass § 73b Abs 5 Satz 4 SGB V Abweichungen von den Vorschriften des Vierten Kapitels nur mit Ausnahme des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität zulassen würde. Im Wortlaut der Regelung findet eine solche einschränkende Auslegung keine Grundlage. Der im Gutachten von Ebsen gezogene Vergleich zwischen den für die HzV und den für die integrierte Versorgung geltenden Regelungen berücksichtigt zudem nicht hinreichend, dass § 140b Abs 4 Satz 1 SGB V Abweichungen von den Vorschriften ua des Vierten Kapitels des SGB V nicht umfassend, sondern nur insoweit zulässt, als "die abweichende Regelung dem Sinn und der Eigenart der integrierten Versorgung entspricht, die Qualität, die Wirksamkeit und die Wirtschaftlichkeit der integrierten Versorgung verbessert oder aus sonstigen Gründen zu ihrer Durchführung erforderlich ist". Da § 73b Abs 5 Satz 4 SGB V Abweichungen von den Vorschriften des Vierten Kapitels umfassend zulässt, bedurfte es keiner § 140b Abs 4 Satz 2 SGB V entsprechenden speziellen Regelung zur Nichtgeltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität. Im Übrigen vertritt auch Ebsen nicht die Auffassung, dass die Krankenkassen bei Verträgen zur HzV den Grundsatz der Beitragssatzstabilität umfassend zu beachten hätten. Vielmehr will er den "unternehmerisch" im Wettbewerb stehenden Krankenkassen für freiwillige Vereinbarungen einen größeren Spielraum zubilligen und lediglich den Gestaltungsspielraum der Schiedsperson beschränken (vgl RdNr 31 ff, 61 des Gutachtens). Indes ist die Gestaltungsfreiheit der Schiedsperson nicht geringer als diejenige der Vertragspartner bei einer im Wege freier Verhandlung erzielten Vereinbarung. Insofern gilt für Schiedssprüche von Schiedspersonen nichts anderes als für solche der Schiedsämter (vgl zum Gestaltungsspielraum von Schiedsämtern BSG SozR 4-2500 § 87a Nr 2 RdNr 36; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 73 RdNr 15; BSGE 86, 126, 134 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 37 S 295 mwN).

74

Etwas anderes folgt auch nicht aus § 73b Abs 8 SGB V in der hier maßgebenden Fassung des GKV-WSG, die im Übrigen mit der seit dem 1.4.2014 (wieder) geltenden Fassung des 14. SGB V-ÄndG übereinstimmt. Nach dieser Vorschrift können die Parteien des Vertrages zur HzV vereinbaren, dass Aufwendungen für Leistungen, die über die hausärztliche Versorgung nach § 73 SGB V hinausgehen und insoweit nicht unter die Bereinigungspflicht nach § 73b Abs 7 SGB V fallen, aus Einsparungen und Effizienzsteigerungen finanziert werden, die aus den Maßnahmen von Verträgen nach § 73b Abs 4 SGB V erzielt werden. Aus der Formulierung "können vereinbaren" folgt, dass es sich nicht um eine für die Vertragspartner verbindliche Vorgabe handelt. Damit übereinstimmend hat der Gesundheitsausschuss, auf dessen Empfehlung die Regelung mit dem GKV-WSG eingeführt worden ist, zur Begründung angegeben, dass es sich um eine Klarstellung handele. In den Verträgen zu HzV könne vereinbart werden, zusätzliche Vergütungen durch Einsparungen zB bei den veranlassten und verordneten Leistungen zu generieren (BT-Drucks 16/4247 S 36).

75

Dass der Grundsatz der Beitragssatzstabilität für die bis zum 22.9.2010 zustande gekommenen Verträge zur HzV keine Geltung beansprucht, findet seine Bestätigung in der Änderung des § 73b SGB V mit dem GKV-FinG. Der mit diesem Gesetz neu eigeführte § 73b Abs 5a SGB V sah in Satz 1 eine Geltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität ausdrücklich nur für die nach dem 22.9.2010 zustande gekommenen Verträge vor. Ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 17/3040 S 23) entsprach es auch dem Willen des Gesetzgebers, die bis zum 22.9.2010 zustande gekommenen Verträge zur HzV von der Geltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität auszunehmen. Danach sollte es für diese Verträge bei der "im bisherigen Recht angelegten Vertragsfreiheit der Vertragsparteien auch im Hinblick auf die Vergütungshöhe" bleiben.

76

Auch die Motive, die den Gesetzgeber nach der Gesetzesbegründung zum 14. SGB V-ÄndG (BT-Drucks 18/606 S 11) zur Aufhebung des § 73b Abs 5a SGB V und zur "Rückführung" des Abs 8 auf die vor dem GKV-FinG geltende Fassung mWv 1.4.2014 veranlasst haben, sprechen dafür, dass es sich bei den Änderungen durch das GKV-FinG - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht nur um eine Klarstellung bezogen auf den ohnehin geltenden Grundsatz der Beitragssatzstabilität gehandelt hat, sondern dass dieser Grundsatz im Bereich der HzV allein aufgrund des - mit dem 14. SGB V-ÄndG wieder aufgehobenen - § 73b Abs 5a SGB V und damit auch nur für die nach dem 22.9.2010 zustande gekommenen Verträge zur HzV galt. Nach der Begründung der Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses, auf die die Änderung zurückgeht, sollten die mit dem GKV-FinG eingeführten Vergütungsbeschränkungen wieder aufgehoben werden, "da sie sich als Hemmnis für den Abschluss von Verträgen über eine hausarztzentrierte Versorgung erwiesen haben". Die Vertragspartner sollten - auch für Vereinbarungen über solche Leistungen, die über die hausärztliche Versorgung nach § 73 SGB V hinausgehen - die Möglichkeit erhalten, Vergütungsvereinbarungen zu treffen, ohne hierbei starren Begrenzungen zu unterliegen. Entscheidend sei, dass der Vertrag "insgesamt dem allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebot" entspreche. Die Gestaltungsspielräume der Vertragspartner sollten bezogen auf die Vergütung erweitert und die Möglichkeiten zur Entwicklung innovativer Versorgungskonzepte verbessert werden.

77

(2) Entgegen der Auffassung der Klägerin kann die Geltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität für die Vergütung in der HzV auch nicht aus den für die für Wahltarife geltenden Bestimmungen des § 53 Abs 3, Abs 9 SGB V hergeleitet werden. Allerdings weist die Klägerin zutreffend darauf hin, dass die Krankenkassen nach § 53 Abs 3 SGB V verpflichtet sind, in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen - ua nach § 73b SGB V - teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Daran anknüpfend schreibt § 53 Abs 9 Satz 1 SGB V vor, dass die Aufwendungen für jeden Wahltarif jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden müssen. Danach sei - so die Klägerin - der Abschluss eines Hausarztvertrages ausgeschlossen, der Mehrkosten vorsehe, ohne dass deren Gegenfinanzierung gesichert sei. Der vorliegende Vertrag zur HzV enthalte Regelungen zu Mehrausgaben, deren Gegenfinanzierung spekulativ bleibe.

78

Indes betrifft die Regelung zu den Wahltarifen das Verhältnis der Krankenkassen zu den Versicherten und nicht das Leistungserbringungsrecht. Ein Verstoß gegen die Vorgaben des § 53 Abs 9 SGB V könnte deshalb nur die Rechtsmäßigkeit der Satzung der Krankenkasse berühren und nicht die Rechtmäßigkeit des Vertrages zur HzV(so auch Alemann/Scheffczyk, NZS 2012, 45, 48; vgl Mehdorn, ZMGR 2012, 3, 12; ebenso bezogen auf einen Vertrag nach § 73c SGB V: SG Berlin Urteil vom 13.10.2010 - S 83 KA 443/08 - MedR 2011, 124, 128). Dies räumt auch Ebsen in dem von der Klägerin vorgelegten Gutachten (aaO, RdNr 74) im Grundsatz ein, macht jedoch geltend, dass es den Kassen auch bei Verträgen mit Leistungserbringern selbstverständlich verboten sei, Vereinbarungen zu treffen, die zu einem Verstoß gegen ihre Pflichten im Versicherungsverhältnis führten. Dem kann zwar im Grundsatz zugestimmt werden. Der Senat hat Bedenken gegen die Auffassung des SG München aus der Entscheidung vom 16.7.2014 (S 28 KA 696/12 - Juris RdNr 47 f), nach der ein Vertrag zur HzV bereits deshalb nicht gegen § 53 Abs 9 SGB V verstoßen könne, weil die möglicherweise durch diesen Vertrag verursachten Mehrkosten keine "Aufwendungen für den Wahltarif" im Sinne des § 53 Abs 9 Satz 1 SGB V seien und dass diese deshalb auch nicht durch Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen gegenfinanziert werden müssten. Der Begriff der "Aufwendungen für den Wahltarif" dürfte im Grundsatz umfassender zu verstehen sein als das SG München annimmt (zu Mindereinnahmen als "Aufwendungen für den Wahltarif" vgl BSGE 109, 230 = SozR 4-2500 § 53 Nr 2, RdNr 21). Für das vorliegende Verfahren kommt es darauf indes nicht an. Jedenfalls kann die eindeutige Entscheidung des Gesetzgebers gegen die Geltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität in der HzV nicht über das Verbot der Quersubventionierung von Wahltarifen aus § 53 Abs 9 SGB V unterlaufen werden(in dieser Richtung auch LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 3.11.2011 - L 3 KA 104/10 B ER - GesR 2012, 35 = Juris RdNr 48). Maßgebend ist die - für das Leistungserbringungsverhältnis vorrangige - Regelung des § 73b SGB V. Daher ist § 53 Abs 9 SGB V insoweit einschränkend auszulegen. Soweit die Vertragspartner des HzV von der Gestaltungsfreiheit Gebrauch machen, die der Gesetzgeber ihnen mit der bereichsspezifischen Ausnahme vom Gebot der Beitragssatzstabilität einräumen wollte, kann allein darin kein Verstoß gegen das Verbot der Quersubventionierung aus § 53 Abs 9 SGB V liegen.

79

(3) Die für die HzV geltende Ausnahme vom Grundsatz der Beitragssatzstabilität und die daraus folgende Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 53 Abs 9 SGB V begegnet entgegen der Auffassung der Klägerin auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Zutreffend weist die Klägerin darauf hin, dass sich die Sozialversicherungsbeiträge durch eine strenge grundrechtlich und kompetenzrechtlich begründete Zweckbindung auszeichnen und dass die unter Eingriff in das Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit aus Art 2 Abs 1 GG zustande gekommene Zwangsmitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung die Auferlegung nur solcher Geldleistungen zu rechtfertigen vermag, die ihren Grund und ihre Grenze in den zwingenden Aufgaben der Sozialversicherung finden (vgl BVerfGE 113, 167, 203 = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 55). Die Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung ist in einem Sozialstaat überragend wichtiges Gemeinschaftsgut (BVerfGE 114, 196, 248 = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 RdNr 139). Daraus folgt jedoch nicht, dass der in § 71 Abs 1 Satz 1 SGB V definierte Grundsatz der Beitragssatzstabilität von der Verfassung vorgegeben wäre(zur Einschränkung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität in der vertragszahnärztlichen Versorgung vgl Axer, GesR 2013, 135, 140). Vielmehr hat der Gesetzgeber im Spannungsverhältnis zwischen dem Schutz der Freiheit des Einzelnen und den Anforderungen einer sozialstaatlichen Ordnung nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG einen weiten Gestaltungsspielraum (BVerfGE 114, 196, 248 = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 RdNr 139; BVerfGE 113, 167, 215 = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 86; BVerfGE 103, 172, 185 = SozR 3-5520 § 25 Nr 4 S 27; BVerfGE 44, 70, 89 = SozR 5420 § 94 Nr 2 S 2). Sozialpolitische Entscheidungen des Gesetzgebers sind von der Rechtsprechung zu akzeptieren, solange seine Entscheidungen weder offensichtlich fehlsam noch mit der Wertordnung des Grundgesetzes unvereinbar sind (BVerfGE 113, 167, 215 = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 86; BVerfGE 89, 365, 376 = SozR 3-2200 § 385 Nr 4 S 4).

80

Das Ziel der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung hat der Gesetzgeber mit der Einführung der HzV nicht in Frage gestellt. Im Gegenteil ist die Verpflichtung der Krankenkassen, ihren Versicherten eine flächendeckende hausarztzentrierte Versorgung zur Verfügung zu stellen, mit dem Ziel eingeführt worden, die Versorgungsqualität zu verbessern und Wirtschaftlichkeitsreserven ua durch Verbesserungen im Bereich Pharmakotherapie, durch den Einsatz von wissenschaftlich begründeten und praxiserprobten hausärztliche Leitlinien und durch eine zielgerichtetere Fortbildung zu erschließen (vgl BT-Drucks 16/3100 S 111 f). Auf die Geltung von Vorschriften des Vierten Kapitels einschließlich des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität hat der Gesetzgeber dabei im Interesse eines weiten Gestaltungsspielraums der Vertragspartner und in der Erwartung verzichtet, dass dieser unter der Beteiligung der Krankenkassen als Vertragspartner im Sinne der og Zielsetzung ausgefüllt wird. Anhaltspunkte dafür, dass diese Erwägungen offensichtlich unzutreffend oder aus anderen Gründen mit der Wertordnung der Verfassung unvereinbar wären, sind weder von der Klägerin vorgetragen noch sonst ersichtlich. Bei der Einführung neuer Strukturen im Bereich der Leistungserbringung wie dem flächendeckenden Angebot einer HzV können die finanziellen Auswirkungen regelmäßig nicht mit Sicherheit prognostiziert werden. Allein daraus folgt jedoch noch keine Überschreitung des Handlungsspielraums des Gesetzgebers.

81

Auch eine Ungleichbehandlung der Versicherten und damit ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art 3 Abs 1 GG ist mit der Einführung der HzV entgegen der Auffassung der Klägerin nicht verbunden, soweit alle Krankenkassen ihrer gesetzlichen Pflicht aus § 73b Abs 1 SGB V nachkommen, ihren Versicherten eine HzV anzubieten, weil dann alle Versicherten die Möglichkeit haben, diese Leistung in Anspruch zu nehmen. Mit der vorliegenden Entscheidung stellt der Senat klar, dass die Klägerin dieser bereits seit Inkrafttreten der Änderungen durch das GKV-WSG zum 1.4.2007 gesetzlich geregelten Verpflichtung nachzukommen hat.

82

dd) Zu beachten bleibt das allgemeine Wirtschaftlichkeitsgebot, das seine Grundlage nicht allein in § 70 Abs 1 SGB V und damit einer Vorschrift aus dem nach § 73b Abs 5 Satz 4 SGB V nicht zwingend anwendbaren Vierten Kapitel, sondern auch in § 2 Abs 4, § 12 SGB V hat. Danach müssen die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Für die Geltung des allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebots spricht im Übrigen die Begründung der der Streichung des § 73b Abs 5a SGB V mit dem 14. SGB V-ÄndG zugrunde liegenden Empfehlung des Gesundheitsausschusses (BT-Drucks 18/606 S 11). Danach bleibt entscheidend, "dass der Vertrag insgesamt dem allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebot entspricht". Dagegen gilt die mit der Änderung des § 73b Abs 5 Satz 1 SGB V durch das 14. SGB V-ÄndG eingeführte Verpflichtung, Wirtschaftlichkeitskriterien und Maßnahmen bei Nichteinhaltung der vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien sowie Regelungen zur Qualitätssicherung zu vereinbaren, nicht für den vorliegenden, am 9.9.2010 festgesetzten Vertrag zur HzV, sondern nur für Verträge, die nach dem 31.3.2014 zustande gekommen sind.

83

Der von der Schiedsperson festgesetzte Vertrag entspricht dem allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebot. Dabei ist zu berücksichtigen, dass gerade in der Phase der Einführung der flächendeckenden HzV keine hohen Anforderungen an die Prognose der wirtschaftlichen Auswirkungen gestellt werden können. Für die Rechtmäßigkeit der Festsetzung durch die Schiedsperson ist ausschlaggebend, dass die für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wesentlichen Gesichtspunkte erkannt, gegeneinander abgewogen worden sind und Eingang in die Begründung gefunden haben. Die Anforderungen an die Begründung dürfen auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Schiedsperson keinen eigenen Verwaltungsapparat unterhält, nicht überspannt werden (BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 38). Den so definierten Anforderungen wird die ausführliche Begründung der Entscheidung der Schiedsperson ohne Weiteres gerecht. Dabei wird - wie die Klägerin zutreffend geltend macht - in der Begründung des Schiedsspruchs nicht in Zweifel gezogen, dass zB mit der vorgesehenen kontaktunabhängigen Pauschale (65 Euro pro Versichertenteilnahmejahr) oder der Chronikerpauschale (30 Euro maximal einmal pro Quartal und maximal 4-mal pro Versichertenteilnahmejahr) Vergütungstatbestände in die HzV aufgenommen worden sind, die im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen keine Entsprechung finden und dass insgesamt mit einer Erhöhung des Fallwertes zu rechnen ist. Prognostiziert wird eine Erhöhung um 12,38 Euro im Vergleich zur Regelversorgung. Ferner wird ausgeführt, dass die dadurch verursachten Kosten und auch die erzielten Einsparungen nicht genau zu prognostizieren seien. Allerdings gebe es mit der Vergütungsobergrenze nach § 10 Abs 9 des Vertrages (76 Euro) Regelungen, die geeignet seien, das Risiko der Krankenkassen zu begrenzen. Einsparungen könnten ua aufgrund der Verpflichtung der Versicherten erwartet werden, Fachärzte nur auf Überweisung in Anspruch zu nehmen. Dies führe zur Vermeidung von Doppeluntersuchungen. Zudem müsse davon ausgegangen werden, dass jeder Facharztbesuch auch Folgekosten bei den veranlassten Leistungen nach sich ziehe, sodass eine - medizinisch vertretbare - verminderte Inanspruchnahme von Überweisungen zu Fachärzten auch geringere Folgekosten bedinge. Ein gewisses Einsparpotenzial ergebe sich des Weiteren durch die Verpflichtung der Hausärzte, bei der Arzneimittelversorgung die von den Vertragspartnern der HzV zur Verfügung gestellte Software zu verwenden, die gerade bei Original-Präparaten ermöglichen solle, dass der Hausarzt wirtschaftliche Verordnungen vornehmen könne. Insgesamt werden finanzielle Risiken und Einsparpotenziale in der Begründung des Schiedsspruchs ausführlich dargestellt und gegeneinander abgewogen. Auf dieser Grundlage und unter Berücksichtigung erster Erfahrungen mit ähnlichen Verträgen (Vertrag der BKK-Vertragsarbeitsgemeinschaft für Baden-Württemberg, AOK Bayern-Vertrag) kommt die Schiedsperson nachvollziehbar zu der Einschätzung, dass in Umsetzung des Vertrages eine wirtschaftliche Leistungserbringung durch die teilnehmenden Hausärzte erwartet werden kann.

84

ee) Dagegen kann die Klägerin auch nicht mit Erfolg einwenden, dass die Schiedsperson lediglich einen unvollständigen "Vertragstorso" festgesetzt habe. Zwar trifft es zu, dass die Schiedsperson die vorgesehenen Anlagen zum Vertrag nicht vollständig festgesetzt, sondern teilweise der weiteren Vereinbarung durch die Vertragsparteien überlassen hat (etwa zum Hilfsmittelmanagement und zu verschiedenen Vergütungszuschlägen, die ua eine wirtschaftliche Verordnungsweise fördern sollen). Gerade in der Anfangsphase nach Einführung der flächendeckenden HzV ist jedoch nicht zu beanstanden, wenn die Vertragsparteien in der Phase der Umsetzung des Vertrages weitere Konkretisierungen und Ergänzungen vornehmen. Ausschlaggebend für die Rechtmäßigkeit des Vertrages zur HzV ist allein, ob dieser in der vorliegenden Form umgesetzt werden kann. Daran hat der Senat keine Zweifel.

85

ff) Auch der Einwand der Klägerin, die Schiedsperson habe in Verkennung des rechtlichen Rahmens angenommen, dass die HzV nur als Vollversorgungsvertrag und nicht als sog Add-on-Vertrag vereinbart werden dürfe, sie habe dadurch ihren Gestaltungsspielraum verkannt und dies allein führe zur Rechtswidrigkeit des Schiedsspruchs, greift nicht durch. Dass die HzV jedenfalls auch in der Form eines sog Vollversorgungs- oder Bereinigungsvertrages vereinbart werden kann, der die bisherige Regelversorgung nach § 73 SGB V umfasst und diese nicht lediglich ergänzt, unterliegt keinem Zweifel. Auf die umstrittene Frage, ob eine HzV in Form eines sog Add-on-Vertrages den gesetzlichen Vorgaben entsprechen würde (gegen die Rechtmäßigkeit von Add-on-Verträgen auf der Grundlage des § 73b SGB V: Hess in Kasseler Komm, Stand Dezember 2014, § 73b SGB V RdNr 3; Alemann/Scheffczyk, NZS 2012, 45, 47; Klückmann in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2015, § 73b RdNr 27 f; mit dieser Tendenz auch Engelmann in Prütting, Fachanwaltskommentar Medizinrecht, 3. Aufl 2014, § 73b SGB V RdNr 8 ff; ähnlich: Sproll in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Stand Februar 2015, § 73b SGB V RdNr 8: "Beide Versorgungsformen schließen sich gegenseitig aus" sowie Orlowski, ZMGR 2009, 124, 125: HzV als "eigenständig zu regelnde einzelvertragliche Versorgung"; anders jedoch Huster, SGb 2010, 253 ff; ders in Becker/Kingreen, SGB V, 4. Aufl 2014, § 73b RdNr 21; Bäune in Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2013, § 73b RdNr 6; SG Marburg Urteil vom 3.8.2011 - S 12 KA 237/10 - Juris RdNr 29 ff), kommt es für die Entscheidung nicht an. Jedenfalls hat die Schiedsperson mit der Festsetzung eines Vollversorgungsvertrages ihren möglichen Entscheidungsspielraum nicht überschritten. In der Begründung des Schiedsspruchs wird die Auffassung vertreten, dass allein die Vereinbarung eines Vollversorgungsvertrages der Intention des Gesetzgebers entsprechen würde. Die Frage, ob deshalb ein Add-on-Vertrag rechtswidrig wäre, wird aber letztlich offengelassen. Die Schiedsperson weist zur weiteren Begründung ua darauf hin, dass sie sich in Ausübung ihres billigen Ermessens für einen Vollversorgungsvertrag entschieden habe, weil dieser den Krankenkassen und den Hausarztgemeinschaften die Möglichkeit eröffne, strukturelle Verbesserungen in der Leistungserbringung für die Versicherten vorzunehmen, während Add-on-Verträge nur punktuelle Ansätze böten. Damit hat die Schiedsperson die Entscheidung für einen Vollversorgungsvertrag den Anforderungen entsprechend begründet.

86

gg) Der Vertrag ist auch nicht rechtswidrig, soweit er in § 6 sowie in den Anlagen 4 und 6 Regelungen zur Teilnahme der Versicherten an der HzV enthält, die in einzelnen Punkten (Verbleib des Originals der Teilnahmeerklärung bei der Krankenkasse oder in der Arztpraxis, Frist zwischen der Abgabe der Teilnahmeerklärung und dem Beginn der Teilnahme des Versicherten, Kündigungsfrist für die Teilnahme, Frist für den Wechsel des Hausarztes, ua) vom Inhalt der Satzung der Klägerin abweichen. Zwar trifft der Einwand der Klägerin zu, dass die Krankenkassen gemäß § 73b Abs 3 Satz 4 SGB V idF des GKV-WSG (heute: Satz 7) bisher(zu der im Entwurf eines GKV-VSG vorgesehenen Änderung vgl BT-Drucks 18/4095 S 16 f zu Art 1 Nr 27 Buchst a) verpflichtet sind, das Nähere zur Durchführung der Teilnahme der Versicherten, insbesondere zur Bindung an den gewählten Hausarzt, zu weiteren Ausnahmen von dem Überweisungsgebot und zu den Folgen bei Pflichtverstößen der Versicherten, in ihren Satzungen zu regeln. Auf der anderen Seite setzt jedoch auch das Angebot einer HzV, das durch Verträge nach § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V flächendeckend gewährleistet werden soll, Regelungen zur Teilnahme der Versicherten voraus, sodass diese idR auch Gegenstand des Vertrages zur HzV sein werden. Bei der Entscheidung, ob die vertraglichen Regelungen zur Teilnahme der Versicherten an der Satzung der Krankenkasse auszurichten sind oder ob umgekehrt die Krankenkasse ihre Satzung dem Inhalt der Verträge anzupassen hat, ist zu berücksichtigen, dass die Verträge zur HzV über die Festlegung durch eine Schiedsperson ggf auch gegen den Willen der Krankenkassen zustande kommen sollen. Dies steht einer Auslegung dahin entgegen, dass die Krankenkassen der anderen Partei des Vertrages zur HzV die Regelungen zur Teilnahme der Versicherten durch ihre Satzung einseitig vorgeben könnten. Ferner ist von Bedeutung, dass durch die Änderung des § 79 Abs 1 SGB V mWv 1.1.2005 bezogen auf die Vertretungskompetenz - die die Vertretung beim Abschluss von Selektivverträgen einschließt - ein originärer Aufgabenbereich des Vorstands der Krankenkassen geschaffen werden sollte, der nicht vollständig der Gestaltungsmacht der Vertreterversammlung unterworfen ist (BSGE 114, 274 = SozR 4-2500 § 81 Nr 7, RdNr 33, 37 ff). Auch dies spricht dagegen, dass Inhalte des Vertrages zur HzV durch die von der Vertreterversammlung verabschiedete Satzung der Krankenkasse einseitig vorgegeben werden könnten. Daher sind Regelungen des Vertrages zur HzV zur Teilnahme der Versicherten nicht bereits rechtswidrig, wenn sie vom Inhalt der Satzung der Krankenkasse abweichen. Vielmehr ist - wie das LSG bereits zutreffend ausgeführt hat - die Krankenkasse verpflichtet, ihre Satzung dem Inhalt des Vertrages anzupassen (ebenso: Alemann/Scheffczyk, NZS 2012, 45, 50).

87

Die im Vertrag zur HzV getroffenen Bestimmungen zur Teilnahme der Versicherten müssen danach zwar nicht mit dem Inhalt der Satzung der Krankenkasse übereinstimmen, aber die übrigen gesetzlichen und untergesetzlichen Bestimmungen zur Teilnahme der Versicherten beachten. Bezogen auf den hier in erster Linie maßgebenden Zeitpunkt der Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson ist der durch die Schiedsperson festgesetzte Vertrag zur HzV auch insoweit nicht zu beanstanden. Allerdings werden bei der bevorstehenden Durchführung des Vertrages die in der Zwischenzeit eingetretenen gesetzlichen Änderungen zu berücksichtigen sein. Eine entsprechende Verpflichtung zur Anpassung ist in den Schlussbestimmungen des Vertrages (§ 22 Abs 2) geregelt und folgt im Übrigen aus § 59 Abs 1 Satz 1 SGB X. Neben der Berücksichtigung der mit dem Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten vom 20.2.2013 (BGBl I 277) eingeführten Bestimmungen zum Widerrufsrecht der Versicherten (§ 73b Abs 3 Satz 3 bis 6 SGB V) gehört dazu auch die Beachtung der am 26.8.2013 in Kraft getretenen Vorgaben zur Abgabe der Teilnahmeerklärung aus der Richtlinie des GKV-Spitzenverbandes nach § 217f Abs 4a SGB V.

88

hh) Der Rechtmäßigkeit der Festlegung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson steht nicht entgegen, dass zuvor keine Auftragsvergabe nach den Vorschriften des Vergaberechts durchgeführt worden ist. Zwar fanden gemäß § 69 Abs 2 Satz 1 SGB V in der hier maßgebenden seit dem 18.12.2008 geltenden Fassung des GKV-OrgWG die die Vergabe öffentlicher Aufträge betreffenden Vorschriften der §§ 97 bis 115 und 128 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) auf die in § 69 Abs 1 Satz 1 SGB V genannten Rechtsbeziehungen der Krankenkassen ausdrücklich Anwendung, soweit die dort genannten Voraussetzungen erfüllt waren. Dies galt nach § 69 Abs 2 Satz 2 SGB V jedoch nicht für Verträge von Krankenkassen oder deren Verbänden mit Leistungserbringern, zu deren Abschluss die Krankenkassen oder deren Verbände gesetzlich verpflichtet sind und bei deren Nichtzustandekommen eine Schiedsamtsregelung gilt. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Festsetzung des Vertragsinhalts durch eine Schiedsperson als "Schiedsamtsregelung" in diesem Sinne zu verstehen ist und ob Satz 2 damit der Anwendbarkeit der §§ 97 ff GWB entgegensteht. Unabhängig von dieser ohnehin nur klarstellenden (vgl BT-Drucks 16/10609 S 52) Beschränkung der Anwendbarkeit wettbewerbsrechtlicher Bestimmungen, die sich im Übrigen seit der Änderung durch das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung (Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz - AMNOG) vom 22.12.2010 (BGBl I 2262) nicht mehr auf die Vorschriften des Vierten Teils des GWB (§§ 97 ff GWB) bezieht (vgl jetzt § 69 Abs 2 Satz 4 SGB V), kann ein öffentlicher Auftraggeber dem Kartellvergaberecht nur unterworfen sein, wenn dieser eine Auswahl zwischen verschiedenen Vertragspartnern hat (Kaltenborn, GesR 2011, 1, 2; Engelmann in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, Stand Oktober 2013, § 69 RdNr 141; vgl zur Rechtslage vor der Änderung durch das AMNOG: Sormani-Bastian, ZESAR 2010, 13). Daran hat sich im Übrigen auch durch die neuen europäischen Vergaberichtlinien nichts geändert. Nach Erwägungsgrund 13 der Richtlinie 2014/23/EU vom 26.2.2014 über die Konzessionsvergabe (ABl L 94, 1) sollen Regelungen, nach denen ohne gezielte Auswahl alle Wirtschaftsteilnehmer, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen, berechtigt sind, eine bestimmte Aufgabe wahrzunehmen, nicht als Konzessionen gelten. Das betrifft auch Regelungen aufgrund einer Vereinbarung zwischen Behörde und Wirtschaftsunternehmen. Nichts anderes gilt, soweit der Vertrag zur HzV europarechtlich nicht als Dienstleistungskonzession, sondern als entgeltlicher Beschaffungsvertrag angesehen wird: Nach Art 1 Abs 2 der Richtlinie 2014/24/EU vom 26.2.2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (ABl L 94, 65) setzt die Auftragsvergabe im Sinne der Richtlinie voraus, dass Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen von öffentlichen Auftraggebern "ausgewählt werden".

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Der sich aus § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V ergebende Kontrahierungszwang, der gemäß § 73b Abs 4 Satz 2 iVm Abs 4a SGB V von entsprechend qualifizierten Gemeinschaften durch die Beantragung des Schiedsverfahrens und die Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson durchgesetzt werden kann, hat zur Folge, dass der vertragschließenden Krankenkasse kein Auswahlermessen zukommt, sondern dass der Vertragspartner bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen bereits feststeht. Eine Auswahl zwischen verschiedenen Bietern ist also bezogen auf die Verträge nach § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V ausgeschlossen. Dies steht der Annahme eines öffentlichen Auftrages im Sinne des § 99 GWB entgegen(so auch Engelmann in Prütting, Fachanwaltskommentar Medizinrecht, 3. Aufl 2014, § 73b SGB V RdNr 32a; Kingreen/Temizel, ZMGR 2009, 134, 137 f; Adolf in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, Stand April 2012, § 73b SGB V, RdNr 62; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 3.11.2010 - L 21 SF 208/10 Verg - Juris RdNr 34; ähnlich Orlowski, ZMGR 2009, 124, 130; BKartA Beschluss vom 2.7.2010 - VK 1 - 52/10 - Juris; bezogen auf die HzV nach § 73b SGB V allerdings nur im Ergebnis ebenso die Begründung zum GKV-OrgWG: BT-Drucks 16/10609 S 52).

90

ii) Der Vertrag zur HzV ist mit bundesrechtlichen Bestimmungen zum Datenschutz nicht vollständig kompatibel. Maßgebend ist dabei grundsätzlich die Rechtslage zum Zeitpunkt der Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson (vgl 4 b, RdNr 56). Zu diesem Zeitpunkt war der Vertrag mit datenschutzrechtlichen Bestimmungen bereits deshalb nicht zu vereinbaren, weil es an der erforderlichen Befugnisnorm für die dort geregelte Weitergabe von Abrechnungsdaten an private Stellen in Gestalt der HÄVG und der HÄVG Rechenzentrum AG gefehlt hat (nachfolgend 1). Indes ist für die Beurteilung des Feststellungsinteresses die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Revisionsinstanz maßgebend (vgl 4 b, RdNr 57). Die Klägerin hat weder ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 55 Abs 1 SGG an der isolierten Feststellung einer Rechtswidrigkeit des - bisher nicht durchgeführten - Vertrages zur HzV unter Zugrundelegung einer nicht mehr geltenden Rechtslage nachvollziehbar geltend gemacht noch einen Anspruch gegenüber den Beklagten auf Änderung des Vertrages entsprechend der nicht mehr geltenden Rechtslage. Ein fortbestehendes Feststellungsinteresse kann deshalb nur anerkannt werden, soweit es darauf auch noch für die bevorstehende Durchführung des Vertrages ankommt. Daher ist ergänzend die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats und damit nach Einführung des § 295a SGB V durch Art 3 Nr 9 des Gesetzes zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze vom 28.7.2011 (BGBl I 1622, 1627) mWv 4.8.2011 zu berücksichtigen (nachfolgend 2). Die von der Klägerin erhobenen datenschutzrechtlichen Einwände greifen daher zum überwiegenden Teil nicht durch (nachfolgend 3, 5, 6). Soweit der Vertrag zur HzV jedoch auch mit den geänderten bundesrechtlichen Vorgaben nicht vollständig zu vereinbaren ist, sind die Vertragspartner verpflichtet, diesen zu ändern (nachfolgend 4 und 7).

91

(1) Der von der Schiedsperson festgesetzte Vertrag zur HzV sieht vor, dass die Abrechnung der Vergütung des Hausarztes gemäß den Vorgaben der Anlage 3 durch die HÄVG als Abrechnungsdienstleister erfolgt (§ 11 Abs 1). Die HÄVG ist berechtigt, sich zum Zwecke der Abrechnung eines Rechenzentrums im Sinne der Anlage 3 zu bedienen (§ 11 Abs 2 Satz 2). Nach Anlage 3 § 6 Satz 2 wird von der HÄVG hierzu "derzeit" die HÄVG Rechenzentrum AG eingesetzt. Damit übereinstimmend werden die Versicherten mit dem Merkblatt (Anhang zu Anlage 6 des Vertrages) unter der Überschrift "Wichtige Informationen zum Schutz Ihrer Daten - Ihre Einwilligung" darüber informiert, dass die Abrechnung der ärztlichen Vergütung ua "über die Dienstleistungsgesellschaft des Hausärzteverbandes und MEDI, die Hausärztliche Vertragsgemeinschaft eG (HÄVG) und ihr Rechenzentrum erfolgt". Nach § 11 Abs 4 zahlt die Krankenkasse die Vergütung mit schuldbefreiender Wirkung an die HÄVG.

92

Für die damit vorgesehene Weitergabe von Patientendaten zu Abrechnungszwecken fehlte zum Zeitpunkt der Festsetzung des Vertragsinhalts die erforderliche Rechtsgrundlage. Wie der Senat in seiner Entscheidung vom 10.12.2008 (B 6 KA 37/07 R - BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr 2)im Einzelnen dargelegt hat, setzt die Übermittlung von Patientendaten durch Leistungserbringer an private Dienstleistungsunternehmen im Geltungsbereich des SGB V eine bereichsspezifische Befugnisnorm voraus. Als solche kam allein § 295 Abs 1b Satz 5 bis 8 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17.7.2009 (BGBl I 1990) in Betracht. Diese Regelung, mit der der Gesetzgeber auf das og Urteil des Senats vom 10.12.2008 reagiert hat, war bis zum 30.6.2010 - und damit auf einen Zeitpunkt vor der Festsetzung des Vertragsinhalts - befristet. Über § 320 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Änderung krankenversicherungsrechtlicher und anderer Vorschriften vom 24.7.2010 (BGBl I 983) waren diese Sätze jedoch bis zum 1.7.2011 und damit auch noch zum Zeitpunkt der Festsetzung des Vertragsinhalts am 9.9.2010 weiter anzuwenden. Danach durfte für die ärztlichen Leistungen, die im Rahmen von Verträgen ua zur HzV nach § 73b SGB V erbracht und mit den Krankenkassen abgerechnet wurden, eine andere Stelle mit der Verarbeitung und Nutzung der für die Abrechnung dieser Leistungen erforderlichen personenbezogenen Daten beauftragt werden. § 80 SGB X war anzuwenden. Auftraggeber und Auftragnehmer unterlagen der Aufsicht der nach § 38 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) zuständigen Aufsichtsbehörde.

93

§ 295 Abs 1b Satz 5 bis 8 SGB V aF erlaubte danach allein die Beauftragung einer anderen Stelle im Sinne einer Auftragsdatenverarbeitung(vgl OVG Schleswig-Holstein Beschluss vom 12.1.2011 - 4 MB 56/10 - CR 2011, 359). Der ausdrücklich in Bezug genommene § 80 SGB X regelt die Voraussetzungen der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung von Sozialdaten im Auftrag. Dass mit der Einfügung des § 295 Abs 1b Satz 5 bis 8 SGB V die Übermittlung von Daten an private Stellen nur unter den für die Auftragsdatenverarbeitung geltenden Voraussetzungen zugelassen werden sollte, wird auch durch die Begründung der Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses, auf die die Regelung zurückgeht, bestätigt: Danach sollten die Voraussetzungen, unter denen dem Sozialgeheimnis unterliegende Stellen andere Stellen mit der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung von Sozialdaten beauftragen können, und die Rechtsfolgen einer solchen Beauftragung auch für die besonderen Versorgungsformen gelten(vgl BT-Drucks 16/13428 S 96 unter Bezugnahme auf die Begründung zur entsprechenden Regelung für Krankenhäuser nach § 120 Abs 6, S 92).

94

Bei der in dem Vertrag vorgesehenen Übermittlung von Abrechnungsdaten durch den Arzt an die HÄVG handelt es sich nicht um eine nach § 295 Abs 1b SGB V aF zulässige Auftragsdatenverarbeitung. Die Auftragsdatenverarbeitung ist datenschutzrechtlich privilegiert. Sie stellt keine Übermittlung im Sinne des § 67 Abs 6 Satz 2 Nr 3 SGB X dar(vgl Bieresborn in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 80 RdNr 3; I. Palsherm in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, Stand Juli 2013, § 80 RdNr 15). Eine Auftragsdatenverarbeitung im Sinne des § 80 SGB X liegt vor, wenn der Auftragnehmer die Datenverarbeitung in vollständiger Abhängigkeit von Vorgaben des Auftraggebers durchführt(vgl Bieresborn in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 80 RdNr 3; zur entsprechenden Regelung in § 11 BDSG vgl Wedde in Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, BDSG, 4. Aufl 2014, § 11 RdNr 5). Die Auftragsdatenverarbeitung ist abzugrenzen von der Funktionsübertragung. Diese liegt dann vor, wenn dem Service-Unternehmen eine eigene rechtliche Zuständigkeit für die Aufgabe, deren Erfüllung die Datenverarbeitung oder die Nutzung dient, zugewiesen ist (Gola/Klug, BDSG, 12. Aufl 2015, § 11 RdNr 9). Wesentliches Merkmal für die Abgrenzung der Auftragsdatenverarbeitung von der Funktionsübertragung (Aufgabenübertragung) ist die Entscheidungsbefugnis über die Daten. Liegt diese bei der beauftragten Stelle und kommt dieser nicht nur eine Hilfs- und Unterstützungsfunktion zu, kann nicht mehr von einer Auftragsdatenverarbeitung im Sinne des § 80 SGB X ausgegangen werden(Rombach in Hauck/Noftz, SGB X, Stand November 2014, § 80 RdNr 20; Wedde in Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, BDSG, 4. Aufl 2014, § 11 RdNr 12, 14).

95

Das im Vertrag geregelte Verhältnis des an der HzV teilnehmenden Hausarztes zur HÄVG entspricht nicht dem Bild einer Auftragsdatenverarbeitung. Die HÄVG führt die Abrechnung keineswegs in vollständiger Abhängigkeit von dem teilnehmenden Hausarzt für diesen durch. Dagegen spricht bereits der Umstand, dass der Hausarzt an dem Vertrag zur HzV, der die Einzelheiten vorgibt, nicht unmittelbar beteiligt ist und damit keinen unmittelbaren Einfluss auf dessen Ausgestaltung hat. Der einzelne Hausarzt hat auch keinen Einfluss darauf, wer für ihn die Daten verarbeiten soll. Bereits eine solche fehlende Auswahlmöglichkeit spricht gegen das Vorliegen einer Auftragsdatenverarbeitung (Bieresborn in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 80 RdNr 3b; Wedde in Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, BDSG, 4. Aufl 2014, § 11 RdNr 5a). Zudem wird ihm vorgegeben, welche Datenverarbeitungsprogramme (Software) er für die Abrechnung zu verwenden hat. Damit ist insgesamt davon auszugehen, dass die HÄVG die Abrechnungsdaten in eigener Verantwortung oder im Auftrag der Beklagten verarbeitet bzw durch die HÄVG Rechenzentrum AG verarbeiten lässt, aber jedenfalls nicht im Auftrag des Hausarztes tätig wird. Der Vertrag regelt bezogen auf die Weitergabe der Daten durch den Hausarzt keine nach § 295 Abs 1b Satz 5 bis 8 SGB V zulässige Auftragsdatenverarbeitung.

96

(2) Mit der Einfügung des § 295a SGB V zum 4.8.2011 ist die erforderliche gesetzliche Grundlage für die Übermittlung von Abrechnungsdaten durch die an der HzV teilnehmenden Hausärzte geschaffen worden. Anders als unter Geltung des § 295 Abs 1b Satz 5 bis 8 SGB V beschränkt sich die Befugnis nach § 295a Abs 1 Satz 1 SGB V nicht auf die Beauftragung einer anderen Stelle mit der Verarbeitung, Nutzung und Abrechnung personenbezogener Daten. Vielmehr sind die an den entsprechenden Versorgungsformen teilnehmenden Leistungserbringer für die Abrechnung der im Rahmen von Verträgen nach § 73b, § 73c oder § 140a SGB V erbrachten Leistungen gemäß § 295a Abs 1 Satz 1 SGB V befugt, die nach den Vorschriften des Zehnten Kapitels des SGB V erforderlichen Angaben an den Vertragspartner auf Leistungserbringerseite als verantwortliche Stelle zu übermitteln, indem diese Angaben entweder an ihn oder an eine nach § 295 Abs 2 SGB V beauftragte andere Stelle weitergegeben werden; für den Vertragspartner auf Leistungserbringerseite gilt § 35 SGB I entsprechend. Voraussetzung ist, dass der Versicherte vor Abgabe der Teilnahmeerklärung an der Versorgungsform umfassend über die vorgesehene Datenübermittlung informiert worden ist und mit der Einwilligung in die Teilnahme zugleich in die damit verbundene Datenübermittlung schriftlich eingewilligt hat. Der Vertragspartner auf Leistungserbringerseite oder die beauftragte andere Stelle dürfen die übermittelten Daten nur zu Abrechnungszwecken verarbeiten und nutzen; sie übermitteln die Daten im Wege elektronischer Datenübertragung oder maschinell verwertbar auf Datenträgern an den jeweiligen Vertragspartner auf Krankenkassenseite.

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§ 295a Abs 1 Satz 1 SGB V definiert den "Vertragspartner auf Leistungserbringerseite" (also den Hausarztverband und nicht den einzelnen Arzt) als die im datenschutzrechtlichen Sinne "verantwortliche Stelle". Insofern trifft § 295a Abs 1 Satz 1 SGB V eine spezielle Regelung, die den allgemeinen Bestimmungen der §§ 67a ff SGB X vorgeht. Das bedeutet, dass die datenschutzrechtliche Verantwortung mit dem Eingang der Daten bei dem Hausarztverband ("Vertragspartner auf Leistungserbringerseite") oder bei der von ihm beauftragten Stelle auf den Hausarztverband übergeht (vgl BT-Drucks 17/6141 S 39).

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(3) Die Einwände der Klägerin gegen die Rechtmäßigkeit des Vertrages zur HzV, die ihre Grundlage in der Annahme haben, dass der Arzt auch nach dem Eingang der Daten bei den Beklagten oder der von ihnen beauftragten Stelle "verantwortliche Stelle" im Sinne des § 67 Abs 9 SGB X bleibe und dass der Arzt die Daten nur unter den für die Auftragsdatenverarbeitung nach § 80 SGB X geltenden Voraussetzungen weitergeben dürfe, greifen damit bezogen auf die seit Inkrafttreten des § 295a SGB V geltenden Rechtslage nicht mehr durch. § 295a Abs 1 Satz 1 SGB V regelt die Befugnis des Hausarztes zur Weitergabe der für die Abrechnung erforderlichen Daten an den Hausarztverband oder die von diesem mit der Datenverarbeitung beauftragte Stelle unabhängig von den Voraussetzungen einer Auftragsdatenverarbeitung. Auftraggeber einer Datenverarbeitung durch die HÄVG oder ein Rechenzentrum können allein die "Vertragspartner auf Leistungserbringerseite" (vgl BT-Drucks 17/6141 S 40, zu § 295a Abs 2) und damit die Beklagten sein.

99

(4) Zutreffend ist dagegen der Einwand der Klägerin, dass die Regelungen des Vertrages zur HzV, die eine Beauftragung der HÄVG Rechenzentrum AG durch die HÄVG vorsehen (vgl zB Anlage 3 § 6 Abs 1) mit den gesetzlichen Vorgaben nicht zu vereinbaren sind. Nach § 295a Abs 2 Satz 1 SGB V darf der Vertragspartner auf Leistungserbringerseite eine andere Stelle mit der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der personenbezogenen Daten beauftragen, die für die Abrechnung der im Rahmen von Verträgen ua zur HzV erbrachten Leistungen erforderlich sind. Gemäß § 295a Abs 2 Satz 2 SGB V ist § 80 SGB X ua mit der weiteren Maßgabe anzuwenden, dass Unterauftragsverhältnisse ausgeschlossen sind. Demnach dürfen die Beklagten als "Vertragspartner auf Leistungserbringerseite" im Sinne der genannten Regelung zwar die HÄVG oder auch unmittelbar die HÄVG Rechenzentrum AG mit der Verarbeitung der Abrechnungsdaten beauftragen. Die im Vertrag vorgesehene Erteilung eines Unterauftrags an die HÄVG Rechenzentrum AG durch die von den Beklagten beauftragte HÄVG ist dagegen nicht zulässig (zu einer entsprechenden Regelung vgl auch bereits LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 3.11.2011 - L 3 KA 104/10 B ER - GesR 2012, 35, 38).

100

(5) Nach den von der Klägerin nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und damit für den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die im Vertrag zur HzV zur Verwendung durch den teilnehmenden Arzt vorgeschriebene Software mit datenschutzrechtlichen Bestimmungen unvereinbar wäre. Soweit die Klägerin erstmals im Revisionsverfahren - nach Ablauf der Frist zur Revisionsbegründung - geltend macht, dass die im Vertrag vorgeschriebene Software einen sog "gekapselten Kern" besitze, der die Möglichkeit biete, Patientendaten aus dem System des Hausarztes an die Beklagten bzw die HÄVG zu übermitteln, ohne dass dies für den Hausarzt im Einzelnen nachvollziehbar sei, so steht diese Behauptung im Übrigen im Widerspruch zu der von den Beklagten vorgelegten Technischen Stellungnahme des Bayerischen Landesamtes für Datenschutzaufsicht vom 17.8.2012 (Az: LDA.3-1085.6-12/10), die sich nach den von der Klägerin nicht in Zweifel gezogenen Angaben der Beklagten auf die auch im vorliegenden Vertrag zur HzV vorgeschriebene Software beziehen soll. Die Stellungnahme kommt für den Senat nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass die Kontrollmöglichkeiten über die Verarbeitung der personenbezogenen Daten ausreichend transparent seien. Die Datenverarbeitungsvorgänge in der Arztpraxis würden vom Arzt gesteuert.

101

(6) Auch die in Ziff 2.1 der Anlage 4 zum Vertrag vorgesehene Übermittlung von Einschreibedaten ist entgegen der Auffassung der Klägerin datenschutzrechtlich nicht zu beanstanden. Bei den Einschreibedaten handelt es sich um die in der Teilnahmeerklärung enthaltenen Stammdaten des Versicherten (Name, Anschrift, Geburtsdatum, Versichertennummer), die Daten zu dem gewählten Hausarzt und den Teilnahmebeginn (vgl die der Teilnahmeerklärung beigefügten Informationen zu Datenschutz, Datenübermittlung und -zusammenführung). Diese Angaben sind für die Durchführung der Abrechnung im Sinne des § 295a Abs 1 Satz 1 SGB V erforderlich und die Verarbeitung und Nutzung dieser Daten erfolgt in Übereinstimmung mit § 295a Abs 1 Satz 3 SGB V zu Abrechnungszwecken(im Ergebnis ebenso die Bewertung eines insoweit entsprechenden Vertrages durch das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht, Schreiben vom 30.11.2012, Az: LDA.3-1085.6-12/10).

102

(7) Im Widerspruch zu den geltenden gesetzlichen Vorgaben steht dagegen § 6 Abs 10 der Anlage 3 zum HzV, der die HÄVG zur Führung von Musterverfahren ermächtigt, weil es sich dabei nicht um eine gemäß § 295a Abs 1 Satz 3 SGB V allein zulässige Verarbeitung oder Nutzung zu Abrechnungszwecken handelt. Zwar regelt der Vertrag nicht ausdrücklich die Verwendung personenbezogener Daten in Musterprozessen. Die vorgesehene Führung solcher Prozesse durch die HÄVG setzt die Verwendung personenbezogener Daten der an der HzV teilnehmenden Versicherten jedoch voraus (ebenso zu einer insoweit vergleichbaren Regelung: LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 3.11.2011 - L 3 KA 104/10 B ER - GesR 2012, 35, 38). Gemäß § 295a Abs 1 Satz 3 SGB V dürfen die Beklagten als "Vertragspartner auf Leistungserbringerseite" die übermittelten Daten nur zu Abrechnungszwecken verwenden. Dass die Verwendung von Daten zur Führung von Musterprozessen über die Verwendung zu Abrechnungszwecken hinausginge, haben die Beklagten im Revisionsverfahren auch nicht in Zweifel gezogen, sondern geltend gemacht, dass die HÄVG tatsächlich keine "Musterverfahren" unter Nutzung personenbezogener Daten führe. Auf die Rechtswidrigkeit der getroffenen Regelung hat dies indes keinen Einfluss.

103

e) Im Ergebnis ist der von der Schiedsperson festgesetzte Vertrag allein insoweit zu beanstanden, als er eine datenschutzrechtlich unzulässige Unterbeauftragung der HÄVG Rechenzentrum AG durch die HÄVG sowie das Recht der HÄVG zur Führung von "Musterverfahren" vorsieht. Dem werden die Beteiligten durch entsprechende Änderungen des Vertrages Rechnung zu tragen haben. Davon unberührt bleibt die Verpflichtung der Beteiligten, den seit der Festsetzung des Vertragsinhalts eingetretenen gesetzlichen Änderungen durch Vertragsanpassungen Rechnung zu tragen.

104

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Bei der Kostenverteilung (§ 155 Abs 1 VwGO) hat der Senat berücksichtigt, dass die Klage bezogen auf die beantragte Aufhebung des Vertrages zur HzV ohne Erfolg und bezogen auf die hilfsweise geltend gemachte Feststellung der Rechtswidrigkeit vertraglicher Bestimmungen ganz überwiegend erfolglos war.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 225/03 Verkündet am:
13. Februar 2004
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Beim Weiterverkauf eines Grundstücks unter Gewährleistungsausschluß ist für eine
Verpflichtung zur Abtretung von Gewährleistungsansprüchen gegen den Erstverkäufer
im Wege ergänzender Vertragsauslegung nur dann Raum, wenn besondere
Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß der Gewährleistungsausschluß dem Zweitkäufer
Ansprüche gegen den Erstverkäufer nicht vorenthalten sowie den Erstkäufer wegen
etwaiger Mängel nicht abschließend entlasten und vor unvorhersehbaren Rückwirkungen
einer Inanspruchnahme des Erstverkäufers schützen sollte (Abgrenzung
zum Senatsurt. v. 20. Dezember 1996, V ZR 259/95, NJW 1997, 652).
BGH, Urt. v. 13. Februar 2004 - V ZR 225/03 - OLG Frankfurt
LG Wiesbaden
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Februar 2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und die Richterin
Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 20. Juni 2003 aufgehoben.
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 15. Oktober 2002 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren tragen die Kläger.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Kläger erwarben im Mai 2001 von den Beklagten ein Grundstück unter Ausschluß der Sachmängelgewährleistung. Das darauf befindliche Einfamilienhaus hatten diese von einem Architektenehepaar (nachfolgend: Erstverkäufer ) errichten lassen und 1992 gemeinsam mit dem Grundstück erworben.

Bei Bezug des Hauses im September 2001 stellten die Kläger Feuchtigkeitsschäden im Kellergeschoß fest. Sie behaupten unter Vorlage eines Privatgutachtens , diese beruhten darauf, daß wesentliche Bauteile des Hauses abweichend von den genehmigten Plänen und zudem fehlerhaft ausgeführt worden seien. Die Mängel müßten zwar nicht den Beklagten, wohl aber den Erstverkäufern bekannt gewesen sein. Daher stünden den Beklagten unverjährte Gewährleistungsansprüche gegen die Erstverkäufer zu.
Die auf Abtretung dieser Ansprüche sowie Herausgabe einer Kopie des Kaufvertrags mit den Erstverkäufern gerichtete Klage ist vor dem Landgericht erfolglos geblieben. Auf die Berufung der Kläger sind die Beklagten im wesentlichen antragsgemäß verurteilt worden. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision erstreben die Beklagten die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht meint, ein Anspruch der Kläger auf Abtretung der den Beklagten gegen die Erstverkäufer zustehenden Ansprüche folge aus einer ergänzenden Auslegung des Kaufvertrags. Die Parteien hätten bei dessen Abschluß nicht bedacht, daß Mängel vorhanden sein könnten, für die die Erstverkäufer noch einstehen müßten. Bei Einbeziehung dieses Aspekts hätten
sich die Beklagten nach Treu und Glauben auf eine Abtretung ihrer Gewährleistungsansprüche einlassen müssen. Ob die behaupteten Mängel tatsächlich vorlägen, könne dahinstehen. Da die vertragliche Regelungslücke lediglich die Möglichkeit betreffe, daß Mängel aufträten, die Ansprüche gegen die Erstverkäufer begründeten, seien die Beklagten schon dann zur Abtretung verpflichtet, wenn diese Möglichkeit ernsthaft bestehe; hiervon sei nach dem Vorbringen der Kläger auszugehen.

II.


Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
1. Zwar gehört die ergänzende Vertragsauslegung grundsätzlich in den Bereich tatrichterlicher Feststellungen und ist deshalb revisionsrechtlich nur darauf nachprüfbar, ob das Berufungsgericht Auslegungs- und Ergänzungsregeln oder Denk- oder Erfahrungssätze verletzt oder wesentliche Umstände unbeachtet gelassen hat (Senat, BGHZ 111, 110, 115; Urt. v. 12. Dezember 1997, V ZR 250/96, NJW 1998, 1219, 1220; BGH, Urt. v. 17. April 2002, VIII ZR 297/01, WM 2002, 1229, 1230). Ein solcher Rechtsfehler ist dem Berufungsgericht aber unterlaufen.

a) Nicht zu beanstanden ist allerdings, daß das Berufungsgericht die Voraussetzungen, unter denen der Senat mit Urteil vom 20. Dezember 1996 (V ZR 259/95, NJW 1997, 652) eine Verpflichtung zur Abtretung etwaiger Gewährleistungsansprüche des Verkäufers gegen den Erstverkäufer im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung angenommen hat, nicht für gegeben hält.
Denn anders als in dem der Senatsentscheidung zugrunde liegenden Fall, geht es hier nicht um ein das „allgemeine Mängelrisiko“ übersteigendes „zusätzliches Risiko“ einer Bodenbelastung durch Schadstoffe, das zu regeln die Parteien nicht bedacht haben. Fehlerfrei geht das Berufungsgericht vielmehr davon aus, daß die Qualität der behaupteten Mängel den Rahmen des von den Parteien erwarteten und geregelten Risikos nicht übersteigt.

b) Dem Berufungsgericht ist dagegen nicht auch darin zu folgen, aus dem Umstand, daß keine der Parteien vorgetragen habe, eine mögliche Haftung der Erstverkäufer sei Gegenstand der Vertragsverhandlungen gewesen, könne auf eine Regelungslücke des Vertrags geschlossen werden. Fehlender Vortrag indiziert ebenso wenig eine Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit (vgl. BGHZ 127, 138, 142) wie die Tatsache, daß der Vertrag für eine bestimmte Fallgestaltung keine Regelung enthält. Von einer planwidrigen Unvollständigkeit kann nur gesprochen werden, wenn der Vertrag aufgrund einer an objektiven Maßstäben orientierten Bewertung des Inhalts der getroffenen Vereinbarung und der daraus abgeleiteten Rechtsfolge (Senatsurt. v. 12. Dezember 1997, V ZR 250/96, NJW 1998, 1219) eine Bestimmung vermissen läßt, die erforderlich ist, um den ihm zugrunde liegenden Regelungsplan der Parteien zu verwirklichen (vgl. BGHZ 90, 69, 74; 77, 301, 304; Staudinger /Roth, BGB [2003], § 157 Rdn. 15). Sie ist dadurch gekennzeichnet, daß die Parteien mit der getroffenen Regelung ein bestimmtes Ziel erreichen wollten , dies aber wegen der Lückenhaftigkeit des Vereinbarten nicht gelungen ist (Senat, Urt. v. 14. November 2003, V ZR 346/02, zur Veröffentl. vorgesehen). Hingegen darf die ergänzende Vertragsauslegung nicht herangezogen werden, um einem Vertrag aus Billigkeitsgründen einen zusätzlichen Regelungsgehalt
zu verschaffen, den die Parteien objektiv nicht vereinbaren wollten (BGHZ 77, 301, 304; 40, 91, 103).

c) Bei einem Grundstückskaufvertrag ist das Regelungskonzept der Vertragsschließenden meist auf den Leistungsaustausch und darauf gerichtet, die Haftung des Verkäufers für mögliche Sachmängel zu begrenzen. Bestimmungen zur Haftung Dritter und der Abtretung etwaiger Ansprüche gegen sie sind zur Verwirklichung dieser Ziele in der Regel nicht erforderlich. Haben die Parteien die Gewährleistung für ein bebautes Grundstück - wie hier - ausgeschlossen , so wird damit das „allgemeine Mängelrisiko“ auf den Käufer verlagert. Der Verkäufer soll wegen für möglich gehaltener Mängel nach Gefahrübergang nicht mehr in Anspruch genommen werden können, die Angelegenheit insoweit für ihn „erledigt“ sein. Dieses Regelungskonzept schließt zwar eine Abtretung von Gewährleistungsansprüchen des Verkäufers gegen den Erstverkäufer nicht aus, erfordert es aber auch nicht in dem Sinne, daß das Fehlen der Abtretung die Regelung lückenhaft sein ließe. Von einer Lücke kann nur dann gesprochen werden, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, daß die Verlagerung des allgemeinen Mängelrisikos auf den Käufer diesem Ansprüche gegen den Erstverkäufer nicht vorenthalten und den Verkäufer nicht abschließend wegen etwaiger Mängel entlasten sollte. Einen solchen Anhaltspunkt hat der Senat in der Entscheidung vom 20. Dezember 1996 in dem bei Vertragsabschluß nicht für möglich gehaltenen zusätzlichen Risiko einer Bodenbelastung durch Schadstoffe gesehen. Einen vergleichbaren tatsächlichen Anhaltspunkt gibt es hier jedoch nicht. Allein die rechtliche Überlegung, daß die Rechtsstellung des Käufers nicht schwächer als möglich ausgestaltet und der Erstverkäufer nicht begünstigt werden dürfe, genügt als Billigkeitserwägung nicht zur Begründung einer Regelungslücke. Sie berücksichtigt nicht das be-
rechtigte Interesse des Verkäufers, über eine Verfolgung von Gewährleistungsansprüchen gegenüber dem Erstverkäufer selbst entscheiden zu können , vor unvorhersehbaren Rückwirkungen einer Inanspruchnahme des Erstverkäufers durch den Zweitkäufer verschont zu bleiben und nicht in Rechtsstreitigkeiten zwischen beiden einbezogen zu werden. In diesem Zusammenhang kann hier nicht unberücksichtigt bleiben, daß sich die Beklagten nach den Feststellungen des Berufungsgerichts vorgerichtlich zu einer Zession nur bereit erklärt haben, sofern sie selbst abschließend von einer Inanspruchnahme freigestellt werden, weil dieses Verhalten Rückschlüsse auf ihren tatsächlichen Willen bei Vertragsschluß zuläßt. Widerstreiten aber in Bezug auf eine mögliche Inanspruchnahme des Erstverkäufers durch den Zweitkäufer die Interessen von Zweitkäufer und Zweitverkäufer, so kann aufgrund einer an objektiven Maßstäben orientierten Bewertung des Inhalts der getroffenen Vereinbarung ohne weitere Anhaltspunkte nicht auf eine Lückenhaftigkeit des Vereinbarten geschlossen werden. Damit scheidet eine ergänzende Vertragsauslegung aus mit der Folge, daß es bei der gesetzlichen Regelung verbleibt.
2. Nach den hier maßgeblichen, in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung anwendbaren gesetzlichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB) sind die Beklagten, wie auch das Berufungsgericht nicht verkennt, zu einer Abtretung etwaiger Ansprüche gegen die Erstverkäufer nicht verpflichtet. Eine solche Verpflichtung folgt insbesondere nicht aus § 281 BGB a.F. Bei einem im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits vorhandenen Mangel der Kaufsache liegt, ungeachtet der Frage, ob behebbare Mängel überhaupt geeignet sind, eine (Teil-)Unmöglichkeit zu begründen (vgl. dazu Staudinger/Honsell, BGB [1995], Vorbem. zu §§ 459 ff Rdn. 19; MünchKomm-BGB/Westermann, 3. Aufl., § 459 Rdn. 3; Erman/Battes,
BGB, 10. Aufl., § 281 Rdn. 6), jedenfalls kein Fall der - von § 281 BGB a.F. al- lein erfaßten - nachträglichen Unmöglichkeit vor (vgl. Staudinger/Honsell, aaO, Rdn. 25). Demgemäß stellt sich - anders als bei einer nachträglichen Verschlechterung der Kaufsache - nach Gefahrübergang auch nicht die Frage, ob ein einmal begründeter, zu den allgemeinen Bestimmungen über Leistungsstörungen zählender Anspruch aus § 281 BGB neben den Regeln über die Sachmängelgewährleistung fortbestehen kann (offengelassen von Senat, BGHZ 114, 34, 37). Vielmehr verbleibt es bei dem vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung angewandten Grundsatz, daß die Vorschriften über die Sachmängelgewährleistung beim Kauf nach Gefahrübergang als besondere und abschließende Regelung die allgemeinen Bestimmungen über Leistungsstörungen ausschließen (vgl. Senat, BGHZ 113, 232, 235; BGHZ 60, 319, 320; 10, 242, 248 f.).
Da eine Grundlage für die verlangte Abtretung somit fehlt, war das Berufungsurteil aufzuheben und die Berufung der Kläger gegen das klageabweisende Urteil erster Instanz zurückzuweisen.

III.


Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Krüger Klein Gaier Stresemann

(1) Die Krankenkassen haben ihren Versicherten eine besondere hausärztliche Versorgung (hausarztzentrierte Versorgung) anzubieten.

(2) Dabei ist sicherzustellen, dass die hausarztzentrierte Versorgung insbesondere folgenden Anforderungen genügt, die über die vom Gemeinsamen Bundesausschuss sowie in den Bundesmantelverträgen geregelten Anforderungen an die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen:

1.
Teilnahme der Hausärzte an strukturierten Qualitätszirkeln zur Arzneimitteltherapie unter Leitung entsprechend geschulter Moderatoren,
2.
Behandlung nach für die hausärztliche Versorgung entwickelten, evidenzbasierten, praxiserprobten Leitlinien,
3.
Erfüllung der Fortbildungspflicht nach § 95d durch Teilnahme an Fortbildungen, die sich auf hausarzttypische Behandlungsprobleme konzentrieren, wie patientenzentrierte Gesprächsführung, psychosomatische Grundversorgung, Palliativmedizin, allgemeine Schmerztherapie, Geriatrie,
4.
Einführung eines einrichtungsinternen, auf die besonderen Bedingungen einer Hausarztpraxis zugeschnittenen, indikatorengestützten und wissenschaftlich anerkannten Qualitätsmanagements.

(3) Die Teilnahme an der hausarztzentrierten Versorgung ist freiwillig. Die Teilnehmer verpflichten sich schriftlich oder elektronisch gegenüber ihrer Krankenkasse, nur einen von ihnen aus dem Kreis der Hausärzte nach Absatz 4 gewählten Hausarzt in Anspruch zu nehmen sowie ambulante fachärztliche Behandlung mit Ausnahme der Leistungen der Augenärzte und Frauenärzte nur auf dessen Überweisung; die direkte Inanspruchnahme eines Kinder- und Jugendarztes bleibt unberührt. Die Versicherten können die Teilnahmeerklärung innerhalb von zwei Wochen nach deren Abgabe schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift bei der Krankenkasse ohne Angabe von Gründen widerrufen. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung an die Krankenkasse. Die Widerrufsfrist beginnt, wenn die Krankenkasse dem Versicherten eine Belehrung über sein Widerrufsrecht schriftlich oder elektronisch mitgeteilt hat, frühestens jedoch mit der Abgabe der Teilnahmeerklärung. Wird das Widerrufsrecht nicht ausgeübt, ist der Versicherte an seine Teilnahmeerklärung und an die Wahl seines Hausarztes mindestens ein Jahr gebunden; er darf den gewählten Hausarzt nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes wechseln. Das Nähere zur Durchführung der Teilnahme der Versicherten, insbesondere zur Bindung an den gewählten Hausarzt, zu weiteren Ausnahmen von dem Überweisungsgebot und zu den Folgen bei Pflichtverstößen der Versicherten, regeln die Krankenkassen in den Teilnahmeerklärungen. Die Satzung der Krankenkasse hat Regelungen zur Abgabe der Teilnahmeerklärung zu enthalten; die Regelungen sind auf der Grundlage der Richtlinie nach § 217f Absatz 4a zu treffen.

(4) Zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 haben Krankenkassen allein oder in Kooperation mit anderen Krankenkassen spätestens bis zum 30. Juni 2009 Verträge mit Gemeinschaften zu schließen, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der Kassenärztlichen Vereinigung vertreten. Können sich die Vertragsparteien nicht einigen, kann die Gemeinschaft die Einleitung eines Schiedsverfahrens nach Absatz 4a beantragen. Ist ein Vertrag nach Satz 1 zustande gekommen oder soll ein Vertrag zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen geschlossen werden, können Verträge auch abgeschlossen werden mit

1.
vertragsärztlichen Leistungserbringern, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen,
2.
Gemeinschaften dieser Leistungserbringer,
3.
Trägern von Einrichtungen, die eine hausarztzentrierte Versorgung durch vertragsärztliche Leistungserbringer, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen, anbieten,
4.
Kassenärztlichen Vereinigungen, soweit Gemeinschaften nach Nummer 2 sie hierzu ermächtigt haben.
Finden die Krankenkassen in dem Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung keinen Vertragspartner, der die Voraussetzungen nach Satz 1 erfüllt, haben sie zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 Verträge mit einem oder mehreren der in Satz 3 genannten Vertragspartner zu schließen. In den Fällen der Sätze 3 und 4 besteht kein Anspruch auf Vertragsabschluss; die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots ist unter Bekanntgabe objektiver Auswahlkriterien auszuschreiben. Soweit die hausärztliche Versorgung der Versicherten durch Verträge nach diesem Absatz durchgeführt wird, ist der Sicherstellungsauftrag nach § 75 Abs. 1 eingeschränkt. Satz 6 gilt nicht für die Organisation der vertragsärztlichen Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten.

(4a) Beantragt eine Gemeinschaft gemäß Absatz 4 Satz 2 die Einleitung eines Schiedsverfahrens, haben sich die Parteien auf eine unabhängige Schiedsperson zu verständigen, die den Inhalt des Vertrages nach Absatz 4 Satz 1 festlegt. Einigen sich die Parteien nicht auf eine Schiedsperson, so wird diese von der für die Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde bestimmt. Die Kosten des Schiedsverfahrens tragen die Vertragspartner zu gleichen Teilen. Klagen gegen die Bestimmung der Schiedsperson haben keine aufschiebende Wirkung. Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts richten sich gegen eine der beiden Vertragsparteien, nicht gegen die Schiedsperson.

(5) In den Verträgen nach Absatz 4 sind das Nähere über den Inhalt und die Durchführung der hausarztzentrierten Versorgung, insbesondere die Ausgestaltung der Anforderungen nach Absatz 2, sowie die Vergütung zu regeln; in Verträgen, die nach dem 31. März 2014 zustande kommen, sind zudem Wirtschaftlichkeitskriterien und Maßnahmen bei Nichteinhaltung der vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien sowie Regelungen zur Qualitätssicherung zu vereinbaren. Eine Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigung bei der Ausgestaltung und Umsetzung der Anforderungen nach Absatz 2 ist möglich. Die Verträge können auch Abweichendes von den im Dritten Kapitel benannten Leistungen beinhalten, soweit sie die in § 11 Absatz 6 genannten Leistungen, Leistungen nach den §§ 20i, 25, 26, 37a und 37b sowie ärztliche Leistungen einschließlich neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden betreffen, soweit der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 im Rahmen der Beschlüsse nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 keine ablehnende Entscheidung getroffen hat. Die Einzelverträge können Abweichendes von den Vorschriften dieses Kapitels sowie den nach diesen Vorschriften getroffenen Regelungen regeln. § 106d Absatz 3 gilt hinsichtlich der arzt- und versichertenbezogenen Prüfung der Abrechnungen auf Rechtmäßigkeit entsprechend. Zugelassene strukturierte Behandlungsprogramme nach §§ 137f und 137g sind, soweit sie die hausärztliche Versorgung betreffen, Bestandteil der Verträge nach Absatz 4. Vereinbarungen über zusätzliche Vergütungen für Diagnosen können nicht Gegenstand der Verträge sein.

(5a) Kündigt die Krankenkasse einen Vertrag nach Absatz 4 und kommt bis zum Ablauf dieses Vertrages kein neuer Vertrag zustande, gelten die Bestimmungen des bisherigen Vertrages vorläufig bis zum Zustandekommen eines neuen Vertrages weiter. Dies gilt nicht bei einer außerordentlichen Kündigung nach § 71 Absatz 6 Satz 3.

(6) Die Krankenkassen haben ihre Versicherten in geeigneter Weise umfassend über Inhalt und Ziele der hausarztzentrierten Versorgung sowie über die jeweils wohnortnah teilnehmenden Hausärzte zu informieren.

(7) Die Vertragspartner der Gesamtverträge haben den Behandlungsbedarf nach § 87a Absatz 3 Satz 2 zu bereinigen. Die Bereinigung erfolgt rechtzeitig zu dem Kalendervierteljahr, für welches die Gesamtvergütung bereinigt werden soll, entsprechend der Zahl und der Morbiditätsstruktur der für dieses Kalendervierteljahr eingeschriebenen Versicherten sowie dem vertraglich vereinbarten Inhalt der hausarztzentrierten Versorgung nach Maßgabe der Vorgaben des Bewertungsausschusses nach § 87a Absatz 5 Satz 7. Dabei können die Bereinigungsbeträge unter Beachtung der Maßgaben nach Satz 2 auch pauschaliert ermittelt werden. Kommt eine rechtzeitige Einigung über die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nicht zustande, können auch die Vertragspartner der Verträge über eine hausarztzentrierte Versorgung das Schiedsamt nach § 89 anrufen. Die für die Bereinigungsverfahren erforderlichen arzt- und versichertenbezogenen Daten übermitteln die Krankenkassen den zuständigen Gesamtvertragspartnern bis spätestens drei Wochen vor dem Kalendervierteljahr, für welches die Gesamtvergütung für die in diesem Kalendervierteljahr eingeschriebenen Versicherten bereinigt werden soll. Die Krankenkasse kann, falls eine rechtzeitige Bereinigung nicht festgesetzt worden ist, den Behandlungsbedarf unter Beachtung der Maßgaben nach Satz 2 vorläufig bereinigen. Sie kann auch die Anerkennung und Umsetzung des geltenden Bereinigungsverfahrens für die Bereinigung der Gesamtvergütung für an der hausarztzentrierten Versorgung teilnehmende Versicherte mit Wohnort im Bezirk anderer Kassenärztlichen Vereinigungen von diesen Kassenärztlichen Vereinigungen verlangen. Für die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nach Satz 7 sowie für den Fall der Rückführung von Bereinigungsbeträgen bei Beendigung der Teilnahme eines Versicherten sind die Verfahren gemäß § 87a Absatz 5 Satz 9 anzuwenden. Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben die zur Bereinigung erforderlichen Vorgaben im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben umzusetzen.

(8) Die Vertragsparteien nach Absatz 4 können vereinbaren, dass Aufwendungen für Leistungen, die über die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen und insoweit nicht unter die Bereinigungspflicht nach Absatz 7 fallen, aus Einsparungen und Effizienzsteigerungen, die aus den Maßnahmen von Verträgen nach Absatz 4 erzielt werden, finanziert werden.

(9) Die Einhaltung der nach Absatz 5 Satz 1 vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien muss spätestens vier Jahre nach dem Wirksamwerden der zugrunde liegenden Verträge nachweisbar sein; § 88 Absatz 2 des Vierten Buches gilt entsprechend.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 18. Dezember 2013 und des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. April 2012 geändert. Es wird festgestellt, dass der durch die Schiedsperson zwischen den Beteiligten festgesetzte Vertrag zur hausarztzentrierten Versorgung mit bundesrechtlichen Bestimmungen zum Datenschutz nicht vereinbar ist. Insoweit sind die Beteiligten verpflichtet, den Vertrag zu ändern.

Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt 9/10 und die Beklagten tragen 1/10 der Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen.

Tatbestand

1

Die klagende Krankenkasse wendet sich gegen einen Schiedsspruch, mit dem der Inhalt eines Vertrages zur hausarztzentrierten Versorgung (HzV) nach § 73b SGB V zwischen ihr und den beiden beklagten Hausarztverbänden festgelegt worden ist.

2

Nachdem sich Klägerin und Beklagte nicht über den Abschluss eines Vertrages zur HzV einigen konnten, beantragten die Beklagten die Einleitung des Schiedsverfahrens. Die Schiedsperson wurde durch das Bundesversicherungsamt (BVA) bestimmt, nachdem auch dazu keine Einigung erzielt werden konnte. Gegen den Bescheid des BVA zur Bestimmung der Schiedsperson wandte sich die Klägerin mit der Klage und beantragte zugleich die Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Diesen Antrag wies das SG zurück. Die dagegen eingelegten Beschwerden nahm die Klägerin zurück, nachdem der Schiedsspruch ergangen war.

3

Mit einem weiteren Eilverfahren wandte sich die Klägerin erfolglos gegen die Festsetzung eines Verhandlungstermins durch die Schiedsperson. An der anberaumten mündlichen Verhandlung nahm die Klägerin nicht teil. Zu dem von den Beklagten vorgelegten Vertragsangebot nahm die Klägerin mit insgesamt 68 Einzelanträgen Stellung.

4

Mit Schiedsspruch vom 9.9.2010 setzte die Schiedsperson den Inhalt des Vertrages zur HzV mit Wirkung zum 15.9.2010 fest und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Die Beklagten erfüllten die Voraussetzung, nach der sie mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) Baden-Württemberg vertreten müssten. Die gesetzliche Regelung könne nicht in dem Sinne verstanden werden, dass eine rechtsgeschäftliche Vertretung im Sinne des § 164 Abs 1 BGB erforderlich sei. Vielmehr sei mit der Formulierung des "Vertretens" gemeint, dass die Gemeinschaften eine gewisse soziale Mächtigkeit haben müssten, damit eine flächendeckende Versorgung mit Hausarztverträgen wahrscheinlich sichergestellt werden könne. Da mehr als die Hälfte der Allgemeinärzte Mitglied der beiden beklagten Verbände seien, seien die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt. Selbst wenn nicht auf dieses Verständnis des "Vertretens" abgestellt würde, seien die Voraussetzungen erfüllt, weil mehr als die Hälfte der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte die Beklagten zu 1. und 2. mit dem Abschluss von Verträgen zur HzV beauftragt hätten. Die Schiedsperson sei keine Behörde und sie erlasse auch keinen Verwaltungsakt, sondern werde als Vertragshelfer tätig. Als solche habe sie in Wahrnehmung ihres Bestimmungsrechts den Inhalt des Vertrages zur HzV nach billigem Ermessen festzusetzen. In Ausübung ihres billigen Ermessens habe sie entschieden, den Vertrag zur HzV als sog Vollversorgungs- oder Bereinigungsvertrag und nicht als sog Add-on-Vertrag festzusetzen. Allein die Vereinbarung von Vollversorgungsverträgen entspreche der Intention des Gesetzes, mehr Wettbewerb zwischen den Krankenkassen durch Erweiterung ihrer Handlungsspielräume zum Abschluss von Verträgen mit Leistungserbringern oder Gruppen von ihnen zu ermöglichen.

5

Der festgelegte Vertragsinhalt entspreche den gesetzlichen Anforderungen an eine HzV und führe zu einer Verbesserung der hausärztlichen Versorgung für die Versicherten. Er entspreche hinsichtlich des Leistungsinhalts in vollem Umfang den Forderungen, die die Krankenkassen in früher geführten Schiedsverfahren für den Bezirk der KÄV Bayern aufgestellt hätten und gehe auch hinsichtlich der qualitativen Anforderungen über die gesetzlichen Anforderungen hinaus. Hinsichtlich der Vergütung der in der HzV zu erbringenden Leistungen orientiere sich der Vertrag in Ausübung billigen Ermessens an dem Vertrag, den die BKK-Vertragsarbeitsgemeinschaft für den Bezirk der KÄV Baden-Württemberg abgeschlossen habe. Vergleichbare Vergütungsregelungen fänden sich auch in zahlreichen weiteren Verträgen zur HzV, die Krankenkassen mit Gemeinschaften von Hausärzten geschlossen hätten. Bei der Festsetzung der Höhe der Vergütung seien die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Beitragssatzstabilität zu beachten. Dem werde die Vergütungsstruktur sowie die daran anknüpfende Vergütungshöhe gerecht. Die wirtschaftlichen Risiken der Krankenkassen würden durch verschiedene - in der Begründung des Schiedsspruchs im Einzelnen bezeichnete - Maßnahmen beschränkt. Den durch die Vergütung der HzV-Leistungen bedingten Mehrausgaben stünden Einsparungen gegenüber, die jedoch schwer genauer zu prognostizieren seien. Allerdings zeigten Erfahrungswerte aus bereits laufenden HzV-Verträgen, dass (in der Begründung des Schiedsspruchs näher bezeichnete) Einsparungen erzielt würden, mit denen sich die Mehrausgaben finanzieren ließen. Einer Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson stehe auch nicht entgegen, dass die Auftragsvergabe nicht nach den Vorschriften des Vergaberechts ausgeschrieben worden sei und dass die Anwendung des Sozialdatenschutzes auf die HzV-Verträge umstritten sei. Die Anwendung der Regelungen über den Datenschutz sei zwar streitig. Im Gegensatz zum unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein hätten die Landesdatenschutzbeauftragten für Bayern und Baden-Württemberg aber bisher keinen Anlass zu einer datenschutzrechtlichen Beanstandung bezogen auf die bestehenden HzV-Verträge gesehen. Im Hinblick auf diese Rechtslage werde von der Festsetzung einer datenschutzrechtlichen Regelung abgesehen. Die Schaffung einer datenschutzkonformen Regelung über die Weitergabe von Patientendaten an private Abrechnungsstellen bleibe auf der Rechtsgrundlage des § 295 Abs 1b SGB V bilateralen Behandlungen der Beteiligten überlassen. Eine Festsetzung der HzV-Vergütung auf dem Niveau der Regelversorgung scheide aus, weil im Rahmen der HzV ein bestimmtes Ausstattungsniveau der teilnehmenden hausärztlichen Praxen vorgegeben werde. Der an der HzV teilnehmende Hausarzt sei außerdem zur Erlangung bestimmter Weiterbildungsmaßnahmen und Abrechnungsqualifikationen verpflichtet, die in der Regelversorgung nicht gefordert seien. Hinzu trete die verpflichtende Teilnahme des teilnehmenden Hausarztes an den Disease-Management-Programmen sowie die Wahrnehmung der Betreuung von pflegebedürftigen Patienten. Zudem bestehe die Verpflichtung zur Teilnahme an Fortbildungen, zu hausarztspezifischen Themen, was über die generelle Fortbildungspflicht gemäß § 95d SGB V hinausgehe. Schließlich sei das Dienstleistungsangebot der hausärztlichen Praxen in der HzV erweitert. Diese erweiterten Qualifikationen, apparativen Ausstattungen und verbesserten Dienstleistungsangebote führten zu einer Verbesserung der hausärztlichen Versorgung, die ein höheres Vergütungsniveau im Vergleich zur hausärztlichen Regelversorgung rechtfertige. Durch das gegen die Bestimmung der Schiedsperson anhängige Klageverfahren werde das Wirksamwerden des Vertrages zur HzV nicht gehindert, weil die Klage gemäß § 73b Abs 4a SGB V keine aufschiebende Wirkung habe.

6

Gegen den Schiedsspruch vom 9.9.2010 hat sich die Klägerin mit der am 9.9.2011 erhobenen Klage gewandt und beantragt festzustellen, dass der Schiedsspruch unwirksam sei. Hilfsweise hat sie beantragt, die Regelung zum Inkrafttreten um den Zusatz zu ergänzen, dass der Vertrag nicht in Kraft trete, bevor nicht sämtliche Anlagen zum Vertrag durch die Parteien vereinbart oder durch weiteren Schiedsspruch festgesetzt worden seien. Mit der gegen die Abweisung der Klage (Urteil des SG vom 25.4.2012) erhobenen Berufung hat die Klägerin ua geltend gemacht, dass es sich bei der Entscheidung der Schiedsperson nicht um einen Verwaltungsakt handele. Sie gehe aber davon aus, dass eine isolierte Anfechtungsklage zulässig sein müsse. Sofern der Schiedsspruch ein Verwaltungsakt sein sollte, komme eine Leistungsklage in Form der Ersetzungsklage kaum in Betracht, da der Klägerin kein Recht zustehe, den Verwaltungsakt nach ihren Vorstellungen vollständig durch das Gericht ersetzen zu lassen. Demgegenüber haben die Beklagten die Auffassung vertreten, dass der Schiedsspruch als Verwaltungsakt anzusehen und als solcher rechtmäßig sei.

7

Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich bei dem Schiedsspruch vom 9.9.2010 um einen Verwaltungsakt handele. Für Beschlüsse einer Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V gelte nichts anderes als für Entscheidungen der Schiedsämter gemäß § 89 SGB V und der Schiedsstellen nach § 114 SGB V. § 73b Abs 4a Satz 2 SGB V regele ein förmliches Schiedsverfahren. Zudem habe das BSG für den hier einschlägigen Bereich des Vertragsarztrechts seit jeher die Verwaltungsaktqualität des Schiedsspruchs bejaht. Auch die Änderung des § 73b Abs 4a SGB V zum 1.1.2012 durch das Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VStG) vom 22.12.2011 (BGBl I 2983) spreche nicht gegen die Annahme der Verwaltungsaktqualität des Schiedsspruchs. Bei der Schiedsperson handele es sich um eine Behörde im Sinne des § 1 Abs 2 SGB X. Dem stehe auch nicht der Umstand entgegen, dass keine Regelung zur staatlichen Aufsicht über die Schiedsperson existiere. Wenn verfassungsrechtlich zu fordernde Regelungen zur Aufsicht fehlten, könne dies allenfalls die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung zur Folge haben. Schiedspersonen nähmen Aufgaben öffentlicher Verwaltung wahr, wenn sie die Vertragsverhältnisse zwischen einer Krankenkasse und den Verbänden der Hausärzte festlegten. Bei dem Schiedsspruch der Schiedsperson handele es sich um eine für Ärzte, Patienten und Krankenkassen außerordentlich weitreichende Entscheidung. Für die gerichtliche Prüfung derart komplexer Regelungen mit weitreichenden Auswirkungen eigneten sich die über § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V entsprechend geltenden Vorschriften der §§ 317 ff BGB über den Vertragshelfer nicht. § 317 BGB regele den Fall, dass die Bestimmung der Leistung einem Dritten überlassen bleibe. § 317 BGB überlasse der Schiedsperson nicht die Bestimmung des Vertragsinhalts, sondern die Bestimmung der Leistung. Vorliegend würden von der Schiedsperson aber sämtliche gegenseitigen Rechte und Pflichten der Vertragsparteien festgelegt. Die Festlegung eines Vertrages über die HzV durch die Schiedsperson gehe somit weit über das hinaus, was Vertragshelfer nach § 317 BGB üblicherweise festlegen könnten. Zudem erweise sich der in § 319 BGB genannte Maßstab des "billigen Ermessens" als wenig geeignet für die Prüfung des von der Schiedsperson festgelegten Vertragsinhalts. Schließlich verhindere die Rechtskonstruktion des Vertragshelfers nicht eine Verzögerung der Umsetzung des geschiedsten Vertrages durch in destruktiver Absicht eingelegte Rechtsmittel. Dies zeige der vorliegende Fall. Für die Erhebung der Gestaltungsklagen gelte keine Ausschlussfrist. Damit bleibe für die Vertragsparteien lange unklar, ob der festgelegte Vertrag rechtsverbindlich werde. Auch der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung helfe nicht weiter, weil der Vertrag in der Praxis regelmäßig erst dann als umsetzbar angesehen werde, wenn dessen rechtliche Verbindlichkeit auch feststehe. Auch dies zeige der vorliegende Fall.

8

Die isolierte Anfechtungsklage sei zulässig, jedoch nicht begründet. Der Schiedsperson stehe bei der Festlegung des Vertragsinhalts ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Der Schiedsspruch sei nur in eingeschränktem Umfang gerichtlicher Kontrolle zugänglich. Verstöße gegen wesentliche verfahrensrechtliche Grundsätze lägen nicht vor. Die Schiedsperson habe die Festlegung des Vertragsinhalts ausführlich begründet. Soweit die Klägerin das Fehlen einer Ausgabenobergrenze rüge, übersehe sie § 10 Abs 9 des Vertrages, der eine Begrenzung der HzV-Vergütung auf einen durchschnittlichen maximalen Fallwert von 76 Euro vorsehe. Unbegründet sei auch der Einwand der Klägerin, dass der Vertrag an mehreren Stellen gegen ihre Satzungsregelungen verstoße. Der Vertrag begründe keine Rechte und Pflichten der Versicherten. Den von den Vertragsparteien oder nach Maßgabe des § 73b Abs 4a SGB V von der Schiedsperson an deren Stelle getroffenen Festlegungen komme Vorrang vor dem Satzungsrecht der einzelnen Krankenkasse zu. Die Krankenkasse müsse den sie bindenden Vertrag bei jeglicher Verwaltungstätigkeit einhalten. Wenn die Satzung der Krankenkasse mit den Festlegungen des Vertrages nicht in Einklang stehe, müsse sie daher die Satzung entsprechend ändern und an den Vertrag anpassen. Für den gestellten Hilfsantrag mit dem Ziel, das Inkrafttreten des Vertrages auf den Zeitpunkt zu verschieben, zu dem sämtliche Anlagen vereinbart oder durch Schiedsspruch festgesetzt worden seien, fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Nach § 16 Abs 4 des Vertrages sei dieser zum Halbjahres- oder Jahresende, erstmals zum 31.12.2013 mit einer Frist von sechs Monaten kündbar. Damit werde der Klägerin eine einfachere rechtliche Möglichkeit eröffnet, die Rechtswirkungen des Vertrages zu beseitigen. Zudem müsse sich die Klägerin widersprüchliches Verhalten entgegenhalten lassen. Mit dem Hinausschieben des Inkrafttretens würde der gesetzlich begründete Kontrahierungszwang vereitelt. Aus dem gesamten Verhalten der Klägerin sei zu erkennen, dass sie sich weigere, ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Eröffnung des Angebots einer HzV nachzukommen. Ernsthafte Bemühungen, die fehlenden Vertragsanlagen auszuhandeln, seien nicht ersichtlich. Darüber hinaus sei der Hilfsantrag auch in der Sache nicht begründet. Ausreichend sei, dass der Schiedsspruch in sich schlüssig sei und dass die geregelten Vertragsteile von den Vertragsparteien umgesetzt werden könnten. Daran bestehe kein Zweifel, weil Verträge mit vergleichbaren Inhalten von anderen Krankenkassen durchgeführt würden.

9

Zur Begründung ihrer Revision trägt die Klägerin im Wesentlichen vor: Die erhobene Anfechtungsklage sei statthaft, da es sich bei dem Schiedsspruch der Schiedsperson nach § 73b SGB V um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X handele. Sämtliche LSG hätten § 73b Abs 4, Abs 4a SGB V in der Weise ausgelegt. Ihre zuvor vertretene gegenteilige Rechtsauffassung halte sie nicht mehr aufrecht. Änderungen des § 73b SGB V, die zum 1.1.2012 in Kraft getreten seien, seien für das vorliegende Verfahren von vornherein nicht relevant, da für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt des Erlasses des Schiedsspruchs am 9.9.2010 maßgeblich sei. Mit der Festsetzung des Vertrages über die besondere hausärztliche Versorgung nach § 73b SGB V treffe die Schiedsperson eine hoheitliche Entscheidung auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts, die unmittelbare Rechtswirkung im Außenverhältnis habe, indem sie verbindlich den Vertrag zwischen den Parteien des Schiedsverfahrens festsetze. Der Schiedsspruch zur HzV unterscheide sich insofern nicht von dem Schiedsspruch nach § 77 SGB XII, für den sowohl das BVerwG als auch das BSG die Verwaltungsaktqualität ausdrücklich bejaht hätten.

10

Entgegen der Auffassung des LSG sei das Rechtsschutzinteresse nicht im Hinblick auf die zum 31.12.2013 erstmals bestehende Kündigungsmöglichkeit entfallen. Die ordentliche Kündigung des Vertrages zur HzV führe nicht automatisch zu dessen Beendigung, sondern der Vertrag gelte - wenn ein neuer Vertrag zur HzV nicht zustande komme - solange fort, bis in einem Schiedsverfahren ein neuer Vertrag zur HzV festgesetzt worden sei. Die Umsetzung des streitgegenständlichen Vertrages werde zu Recht verweigert. Die Klage habe selbst dann aufschiebende Wirkung, wenn es sich bei dem Schiedsspruch nicht um einen Verwaltungsakt, sondern um eine Vertragsfestlegung durch einen Dritten entsprechend §§ 315, 317 BGB handeln würde. Bereits die Erhebung der Einrede der offenbaren Unbilligkeit der Vertragsfestsetzung führe ggf entsprechend § 319 Abs 1 BGB zur Unverbindlichkeit der durch den Schiedsspruch getroffenen Vertragsbestimmungen.

11

Der Schiedsspruch sei mit zwingend zu beachtenden bundesrechtlichen Vorgaben zum Datenschutz unvereinbar. Für die nach dem Vertrag zur HzV vorgesehene Einbindung der Beklagten und der Hausärztlichen Vertragsgemeinschaft eG (HÄVG) sowie von Unterauftragsunternehmern in die Verarbeitung sensibler Patientendaten fehle die nach der Rechtsprechung des BSG zwingend erforderliche gesetzliche Grundlage. Auch das Inkrafttreten des § 295a SGB V zum 4.8.2011 ändere nichts an der datenschutzrechtlichen Unzulässigkeit des Vertrages zur HzV. Maßgebend sei die zum Zeitpunkt des Erlasses des Schiedsspruchs am 9.9.2010 geltende Rechtslage. Selbst wenn die zum 4.8.2011 eingetretenen Änderungen berücksichtigt würden, bliebe es bei der Unvereinbarkeit mit datenschutzrechtlichen Vorgaben. Die in dem Vertrag vorgesehene zwangsweise Verknüpfung der Teilnahme an der HzV mit einer Pflicht zur Weitergabe von Patientendaten an einen bestimmten Dienstleister sei mit den datenschutzrechtlich an die "verantwortliche Stelle" zu stellenden Anforderungen unvereinbar. Weiterhin unzulässig sei der vorgesehene Einsatz einer Vertragssoftware mit einem sog "gekapselten Kern", zu dessen Einsatz die teilnehmenden Hausärzte verpflichtet würden. Damit werde die Möglichkeit geschaffen, Patientendaten aus dem System des Hausarztes an die Beklagten bzw die HÄVG zu übermitteln, ohne dass dies für den Hausarzt im Einzelnen nachvollziehbar bzw kontrollierbar sei. Außerdem erlaube der neue § 295a Abs 2 SGB V lediglicheinen Dienstleister in die Verarbeitung von Patientendaten einzubinden. Die Begründung von Unterauftragsverhältnissen werde ausdrücklich ausgeschlossen. Im Widerspruch dazu sehe § 6 Abs 1 der Anlage 3 des streitgegenständlichen Vertrages zur HzV die Einbindung der HÄVG Rechenzentrum AG als Subunternehmer der HÄVG vor. Rechtswidrig sei ferner die in § 6 Abs 10 der Anlage 3 zum Vertrag geregelte Befugnis der HÄVG, nach eigenem Gutdünken Patientendaten für "Musterverfahren" zur Klärung grundsätzlicher Fragen der Auslegung des Vertrages zur HzV zu verwenden. Unzulässig sei auch die vorgesehene Einbindung der HÄVG in die Einschreibung von Versicherten. Nach § 295a Abs 1 Satz 3 SGB V dürften die auf Leistungserbringerseite von den teilnehmenden Hausärzten übermittelten Patientendaten ausschließlich für Abrechnungszwecke verwendet werden.

12

Zudem werde durch Mehrkosten, die der Vertrag unstreitig auslöse und deren Finanzierung durch Einsparungen und Effizienzsteigerungen nicht gesichert sei, das in § 53 Abs 9 SGB V normierte Gebot der Selbsttragung des Wahltarifs verletzt. Der Wahltarif sei zwingend mit der HzV nach § 73b SGB V verbunden. Nach § 53 Abs 3 SGB V dürften für einen Wahltarif für die besonderen Versorgungsformen keine Zusatzbeiträge erhoben werden. Gleichzeitig verbiete § 53 Abs 9 SGB V eine Quersubventionierung der Wahltarife aus dem allgemeinen Beitragsaufkommen. Dass durch den Vertrag zur HzV Mehrkosten gegenüber der hausärztlichen Regelversorgung entstünden, sei unstreitig. Dem stünden keine gesicherten Refinanzierungsmaßnahmen gegenüber. Darüber hinaus werde der Grundsatz der Beitragssatzstabilität des § 71 Abs 1 SGB V verletzt, der alle Vergütungsvereinbarungen nach dem SGB V erfasse, weil nicht refinanzierte Mehrausgaben nicht verlässlich ausgeschlossen seien. Die Erhebung von Zwangsbeiträgen der Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung für die Subventionierung der HzV verletze Art 2 Abs 1 GG. Zudem würde durch die damit verbundene Aufgabe des Solidaritätsprinzips die Unternehmenseigenschaft der Krankenkassen im Sinne des Art 101 ff des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union begründet.

13

Der Schiedsspruch verletze Bundesrecht auch deshalb, weil die Vertragsfestsetzung unvollständig sei. Obwohl der Hilfsmittelbereich als Bereich möglicher Einsparungen in der Begründung des Schiedsspruchs ausdrücklich angesprochen werde und die Anlage 2a zum Hilfsmittelmanagement in § 23 des Vertrages zur HzV genannt werde, habe die Schiedsperson diese Anlage nicht festgelegt. Aus § 23 des Vertrages zur HzV ergebe sich vielmehr, dass diese "in gemeinsamer Absprache noch zu erstellen" sei. Dies sei mit § 73b Abs 5 Satz 1 SGB V unvereinbar. Gleiches gelte für die fehlenden Anhänge 2 bis 4 der festgesetzten Anlage 3 des Vertrages. Diese sollten ausweislich § 9 der Anlage 3 des Vertrages die Diagnosen zur Abrechnung des Zuschlags für chronisch Kranke, des Zuschlags zur Förderung einer wirtschaftlichen Arzneimittelverordnung ("Rationaler Pharmakotherapie-Zuschlag") sowie eines Zuschlags (sog VERAH-Zuschlag) für Leistungen von besonders qualifizierten medizinischen Fachangestellten ("Versorgungsassistenten") enthalten.

14

Ferner habe die Schiedsperson ihren Gestaltungsspielraum überschritten, indem sie Regelungen zur Durchführung der Teilnahme der Versicherten zum Gegenstand des Vertrages zur HzV gemacht habe. Die Einschreibebestimmungen des Vertrages zur HzV seien nicht von der Vertragsregelungsbefugnis der Schiedsperson umfasst. Vielmehr habe die Regelung der Teilnahme von Versicherten an der HzV in der Satzung der Krankenkasse zu erfolgen. Die Teilnahme der Versicherten werde in dem Vertrag zur HzV in Widerspruch zu Satzungsbestimmungen der Klägerin geregelt. Dies sei rechtswidrig. Darüber hinaus verletze der Schiedsspruch Bundesrecht, weil dem Beklagten zu 2. (MEDI Baden-Württemberg e.V.) die erforderliche Antragsbefugnis zur Einleitung eines Schiedsverfahrens fehle. Schiedsverfahren könnten nur von Gemeinschaften beantragt werden, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der KÄV vertreten. Diese Voraussetzung erfülle der Beklagte zu 2. nicht.

15

Die Schiedsperson habe ihren Beurteilungsspielraum überschritten, indem sie sich bei der Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend an anderen HzV-Verträgen orientiert habe. Die anderen HzV-Verträgen zugrunde liegenden Verhältnisse seien nicht auf die Klägerin übertragbar. Die Schiedsperson hätte sich mit der konkreten Situation der Klägerin und deren Versicherten auseinandersetzen müssen. Das sei nicht geschehen. Ferner sei die Schiedsperson zu Unrecht davon ausgegangen, dass allein ein Vollversorgungsvertrag, nicht dagegen ein sog Add-on-Vertrag der Intention des Gesetzgebers entsprechen würde. Damit habe die Schiedsperson den rechtlichen Rahmen verkannt, der ihrem Gestaltungsspielraum zugrunde liegt. Somit leide der Schiedsspruch an einem nicht heilbaren Fehler.

16

Selbst wenn der Schiedsspruch nicht als Verwaltungsakt anzusehen wäre, sei der auf Aufhebung dieses Schiedsspruchs gerichtete Antrag zulässig. Die Festsetzung des Vertragsinhalts durch das Gericht in entsprechender Anwendung des § 319 BGB sei unter Beachtung des Grundsatzes der Gewaltenteilung ausgeschlossen. Denn der Abschluss des öffentlich-rechtlichen Vertrages über die HzV nach § 73b SGB V sei Aufgabe der Krankenkassen als Selbstverwaltungskörperschaften und Teil der mittelbaren Staatsverwaltung. In die Gestaltungs- und Entscheidungsspielräume könne die Rechtsprechung als Kontrollinstanz der Verwaltung nicht in der Form eingreifen, dass sie ihre eigenen Erwägungen an die Stelle derjenigen der Verwaltung setze.

17

Die Klägerin beantragt,

        

1.    

die Urteile des LSG Baden-Württemberg vom 18.12.2013 und des SG Stuttgart vom 25.4.2012 zu ändern und den Schiedsspruch vom 9.9.2010 aufzuheben,

        

2.    

hilfsweise, das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 18.12.2013 aufzuheben und den Rechtsstreit an das LSG Baden-Württemberg zur Ersetzung der Regelungen des Schiedsspruchs nach billigem Ermessen durch Urteil gemäß § 319 Abs 1 Satz 2, 1. Halbsatz BGB iVm § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V unter Beachtung der Rechtsauffassung des Bundessozialgerichts zurückzuverweisen,

        

3.    

weiter hilfsweise unter Änderung der Urteile des LSG Baden-Württemberg vom 18.12.2013 und des SG Stuttgart vom 25.4.2012 festzustellen, dass der durch die Schiedsperson zwischen den Beteiligten festgesetzte HzV-Vertrag mit Bundesrecht nicht vereinbar ist.

18

Die Beklagten beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

19

Sie führen zur Begründung aus: Das angefochtene Urteil des LSG sei im Ergebnis nicht zu beanstanden. Allerdings sei der Schiedsspruch kein Verwaltungsakt. Mit dem GKV-VStG habe der Gesetzgeber eindeutig geregelt, dass es sich bei dem Schiedsspruch der Schiedsperson nicht um einen Verwaltungsakt handele, sondern dass die Schiedsperson als Vertragshelfer analog § 317 BGB tätig werde. Die in der Rechtsprechung angestellten Erwägungen zur fehlenden Behördeneigenschaft von Schiedspersonen nach § 132a Abs 2 SGB V seien auf die Schiedspersonen gemäß § 73b Abs 4a SGB V übertragbar. Auch der Umstand, dass die Schiedsperson die in einem Schiedsverfahren festgelegten Verträge der für die Krankenkassen zuständigen Aufsichtsbehörde vorzulegen habe, stehe dem nicht entgegen, da die Vorlage auch bei frei verhandelten Verträgen durch die Krankenkasse zu erfolgen habe. Der Schiedsspruch sei rechtlich nicht zu beanstanden. Mit den Anträgen der Klägerin habe sich die Schiedsperson erkennbar auseinandergesetzt und diese gewürdigt. Die Schiedsperson habe den Inhalt des Vertrages zur HzV nach billigem Ermessen festgesetzt und zugleich berücksichtigt, dass zahlreiche weitere Krankenkassen im Bundesgebiet ähnliche Verträge mit vergleichbarem Inhalt und vergleichbarer Vergütungsstruktur mit den jeweiligen Hausarztgemeinschaften vereinbart hätten. Es seien keine wesentlichen Vertragsbestandteile ungeregelt geblieben. Soweit den Vertragspartnern überlassen worden sei, im späteren Verlauf Umsetzungsaufgaben und Steuerungsmodule, zB für den Bereich der Arzneimittelverordnung selbst zu verhandeln, sei dies sachgerecht, weil die Vertragspartner damit auf die sich ständig ändernden Arzneimittelrabattverträge reagieren könnten. Auch würden Vorschriften zum Datenschutz nicht verletzt. Maßgebend für die Beurteilung sei die aktuelle Rechtslage und nicht die Rechtslage, die bei Erlass des Schiedsspruchs gegolten habe. Die im Schiedsspruch vorgesehene Verwendung eines "gekapselten Kerns" sei auch nach Auffassung des Bayerischen Landesamtes für Datenschutzaufsicht nicht zu beanstanden. Soweit sich die Klägerin gegen die im Vertrag enthaltene Befugnis zur Führung von Musterverfahren unter Verwendung personenbezogener Daten wende, sei darauf hinzuweisen, dass die HÄVG keine Musterverfahren führe. Die Klägerin sei im Übrigen nicht legitimiert, im vorliegenden Verfahren Datenschutzrechte der Patienten geltend zu machen. Bezogen auf die geltend gemachten Widersprüche zwischen dem Vertrag zur HzV und den Satzungsregelungen der Klägerin habe das LSG zutreffend die Auffassung vertreten, dass die Regelungen des Vertrages zur HzV der Satzung vorgingen. Mit dem vorliegenden Klageverfahren unterlaufe die Klägerin den gesetzlichen Kontrahierungszwang. Die Klägerin sei verpflichtet, ihren Versicherten eine HzV anzubieten und mit qualifizierten Gemeinschaften einen Vertrag zur HzV zu schließen. Gleichwohl habe die Klägerin bis heute die Umsetzung des weiterhin geltenden Vertrages verweigert und auch keinen Antrag auf Verpflichtung zur Neufestsetzung des Vertrages zur HzV mit den von ihr begehrten Modifizierungen gestellt.

Entscheidungsgründe

20

Die Revision der Klägerin hat nur insoweit Erfolg, als die Unvereinbarkeit von Regelungen des Vertrages zur HzV mit datenschutzrechtlichen Bestimmungen festzustellen war. Im Übrigen hat das LSG die Berufung der Klägerin gegen das klagabweisende Urteil des SG im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.

21

1. Das SG war zur Entscheidung im ersten Rechtszug nach § 8 SGG sachlich zuständig, da einer der in § 29 Abs 2 SGG geregelten Sonderfälle der sachlichen Zuständigkeit der Landessozialgerichte für eine Entscheidung im ersten Rechtszug nicht vorliegt. Insbesondere liegt keine Klage gegen Entscheidungen der Landesschiedsämter oder gegen Beanstandungen von Entscheidungen der Landesschiedsämter nach dem SGB V, gegen Entscheidungen der Schiedsstellen nach § 120 Abs 4 SGB V, der Schiedsstelle nach § 76 SGB XI oder der Schiedsstellen nach § 80 SGB XII vor. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Entscheidung einer Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V. Die Aufzählung in § 29 Abs 2 SGG ist abschließend, sodass die Vorschrift nicht entsprechend anwendbar ist (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 29 RdNr 4; Schreiber in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl 2014, § 29 RdNr 8; Ulrich, NZS 2011, 448, 451 ff; zur Bestimmung einer Schiedsperson nach § 132a Abs 2 Satz 7 SGB V vgl BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 7 RdNr 13 f, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen).

22

2. Die mit dem Antrag zu 1. erhobene Anfechtungsklage ist nicht statthaft und damit unzulässig.

23

a) Nach § 54 Abs 1 Satz 1 SGG muss sich die Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt richten. Die Festlegung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson nach § 73b SGB V ist jedoch nicht in der Form eines Verwaltungsakts ergangen und die Schiedsperson hat auch nicht für sich in Anspruch genommen, durch Verwaltungsakt entscheiden zu können(zur Zulässigkeit von Klagen auch gegen einen sog "formellen Verwaltungsakt" vgl BSGE 97, 63 = SozR 4-2500 § 255 Nr 1, RdNr 16). Für die Zulässigkeit der Anfechtungsklage genügt nicht, dass die Klägerin das Vorliegen eines Verwaltungsakts geltend macht (stRspr vgl BSGE 39, 86, 87 = SozR 2200 § 628 Nr 1 S 2, mwN; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 54 RdNr 8a).

24

b) Für die Beurteilung der Frage, ob die Entscheidung der Schiedsperson, gegen die sich die Klägerin wendet, in der Form eines Verwaltungsakts ergangen ist, ist in Übereinstimmung mit der Auffassung der Klägerin grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Festlegung des Vertragsinhalts durch die Entscheidung der Schiedsperson am 9.9.2010 maßgebend. Nur wenn die Schiedsperson zu diesem Zeitpunkt Behörde im Sinne des § 1 Abs 2 SGB X gewesen ist, konnte sie einen Verwaltungsakt erlassen. Später eingetretene Änderungen hätten keinen Einfluss mehr auf die rechtliche Qualifizierung des zuvor ergangenen Schiedsspruchs. Es kommt demnach darauf an, ob die Schiedsperson nach der zum Zeitpunkt der Festsetzung des Vertragsinhalts geltenden Rechtslage Behörde war und ob ihre Entscheidung unter Zugrundelegung dieser Rechtslage als Verwaltungsakt anzusehen war. Dies ist indes nicht der Fall und daran hat sich im Übrigen in der Folge auch nichts geändert.

25

c) Schiedspersonen, die Verträge zur HzV festsetzen, wenn eine Einigung zwischen einer Krankenkasse und der in § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V bezeichneten Gemeinschaft von Allgemeinärzten nicht zustande kommt, werden - ebenso wie Schiedspersonen im Bereich der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege nach § 132a SGB V - als Vertragshelfer entsprechend § 317 BGB und nicht als Behörde tätig. Der Schiedsspruch ergeht deshalb auch nicht in der Form eines Verwaltungsakts, sondern ersetzt die Einigung der Parteien. Dies folgt neben dem Wortlaut in erster Linie aus der Entstehungsgeschichte der Regelung und dem darin zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers.

26

aa) Verwaltungsakte können nach § 31 Satz 1 SGB X nur von einer Behörde erlassen werden. Nach § 1 Abs 2 SGB X ist Behörde im Sinne des Sozialgesetzbuches jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt. Danach gilt ein weiter, sog funktionaler Behördenbegriff, der neben den Verwaltungsbehörden im organisatorischen Sinne auch alle sonstigen Einrichtungen, Organe und Stellen einschließt, die aufgrund von Vorschriften des öffentlichen Rechts mit der Befugnis zum Erlass von Verwaltungsakten, zum Abschluss öffentlich-rechtlicher Verträge im eigenen Namen oder zu sonstigen, nach öffentlichem Recht zu beurteilenden Handeln ausgestattet sind (vgl BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 14; BSGE 60, 239 = SozR 1300 § 45 Nr 26; BSGE 63, 224 = SozR 1300 § 48 Nr 47; BSGE 77, 295 = SozR 3-1300 § 45 Nr 27).

27

Dass die Schiedsämter und Schiedsstellen im Bereich des SGB V unter diesen weiten funktionalen Behördenbegriff fallen, ist in der Rechtsprechung seit langem geklärt (vgl BSGE 20, 73, 75 = SozR Nr 1 zu § 368h RVO; BSGE 87, 199, 200 f = SozR 3-3300 § 85 Nr 1 S 3 f; BSG SozR 4-3300 § 89 Nr 1 RdNr 11; BSGE 105, 126 = SozR 4-3300 § 89 Nr 2, RdNr 20, 41). Eine solche grundsätzliche Klärung fehlt bisher für die Schiedsperson, die der Gesetzgeber mit der Änderung des § 132a SGB V (Versorgung mit häuslicher Krankenpflege) durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190) erstmals im SGB V anstelle von Schiedsämtern und Schiedsstellen für die außergerichtliche Schlichtung vorgesehen hat. In den folgenden Jahren ist die außergerichtliche Streitschlichtung durch Schiedspersonen auf weitere Bereiche ausgedehnt worden: Mit dem Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) vom 26.3.2007 (BGBl I 378) wurde die Schlichtung im Bereich der stationären und ambulanten Hospizleistungen nach § 39a Abs 1 Satz 7 bis 9 SGB V einer Schiedsperson übertragen. Mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG) vom 15.12.2008 (BGBl I 2426) wurde die Schlichtung durch eine Schiedsperson bei Streitigkeiten um die Finanzierung der Landesverbände der Krankenkassen (§ 211 Abs 4 Satz 4 SGB V) und mWv 1.1.2009 auch für die hausarztzentrierte Versorgung (§ 73b Abs 4a SGB V) sowie die Hilfsmittelversorgung (§ 127 Abs 1a Satz 2 bis 4 SGB V)vorgesehen. Inzwischen ist die Schlichtung durch Schiedspersonen Gegenstand auch der Heilmittelversorgung (§ 125 Abs 2 Satz 4 bis 6 SGB V), des klinischen Krebsregisters (§ 65c Abs 6 Satz 8 bis 12 SGB V) und der Versorgung mit Schutzimpfungen (§ 132e Abs 1 Satz 3 bis 5 SGB V).

28

Ob auch die Entscheidungen von Schiedspersonen als Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X anzusehen sind, war von Anfang an umstritten(vgl zB Schnapp, NZS 2010, 241, 245 mwN; Plantholz, RsDE 64 <2007>, 1, 17 ff). In der instanzgerichtlichen Rechtsprechung wurde die Schiedsperson nach § 132a Abs 2 SGB V in der Regel als Vertragshelfer qualifiziert, deren Entscheidung nicht in der Form eines Verwaltungsakts ergeht, während Entscheidungen der Schiedsperson in der HzV wohl überwiegend als Verwaltungsakt angesehen wurden(LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 2.8.2011 - L 5 KA 1601/11 ER-B - Juris RdNr 84 ff; LSG Hamburg Beschluss vom 18.8.2011 - L 1 KA 24/11 B ER; in dieser Richtung, aber letztlich offenlassend: LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 3.11.2011 - L 3 KA 104/10 B ER - GesR 2012, 35, 37 f = Juris RdNr 25, 45 f; ausdrücklich offengelassen: LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 3.11.2010 - L 21 SF 208/10 Verg - Juris RdNr 32 und Beschluss vom 28.12.2010 - L 11 KA 58/10 B ER - Juris RdNr 61; anders dagegen : Bayerisches LSG Beschluss vom 17.1.2011 - L 12 KA 123/10 B ER - Breith 2011, 281, 285). Für die Schiedsperson nach § 132a Abs 2 SGB V wurde diese Frage durch Urteil des 3. Senats vom 25.11.2010 (BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5; vgl auch BSG SozR 4-5560 § 17c Nr 2 RdNr 39, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen; BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 7 RdNr 19, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen) geklärt. Danach ist jedenfalls diese Schiedsperson keine Behörde. Dementsprechend ergeht deren Entscheidung auch nicht als Verwaltungsakt. Vielmehr wird die Schiedsperson als öffentlich-rechtlicher Schlichter und Vertragshelfer entsprechend § 317 BGB tätig.

29

Ausschlaggebend für die Einordnung der Schiedsperson nach § 132a Abs 2 SGB V als Vertragshelfer und nicht als Behörde war nach der genannten Entscheidung des 3. Senats vom 25.11.2010, dass diese zwar den Inhalt öffentlich-rechtlicher Verträge festlege, wobei es sich um eine öffentlich-rechtliche Tätigkeit handele. Die Schiedsperson erhalte ihre Entscheidungsmacht jedoch unmittelbar von den Vertragsparteien des § 132a SGB V selbst, die auch den das Schiedsverfahren regelnden Vertrag zur Konfliktlösung abschließen. Daraus hat der 3. Senat den Schluss gezogen, dass es sich - ungeachtet des Umstands, dass die Vertragsparteien zur Verabredung des Schiedsverfahrens gesetzlich verpflichtet sind - um ein vertraglich vereinbartes Schiedsverfahren handele. Die Schiedsperson sei auch kein Beliehener, weil es an einem öffentlich-rechtlichen Akt der Beleihung fehle. Ferner existiere keine Anbindung an einen übergeordneten Verwaltungsträger und anders als Schiedsstellen und Schiedsämter unterliege die Schiedsperson auch keiner Rechtsaufsicht. Das Verfahren der Schlichtung durch die Schiedsperson sei nicht gesetzlich geregelt. Die Funktion als Schiedsperson sei an die Person des Berufenen gebunden, sodass keine vom Wechsel der Person unabhängige Institution einer Schiedsstelle existiere.

30

bb) Die Regelungen zur Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V entsprachen bereits vor der Änderung durch das GKV-VStG zum 1.1.2012 weitgehend derjenigen zu der - nicht als Behörde zu qualifizierenden - Schiedsperson nach § 132a Abs 2 SGB V. Grundsätzlich obliegt es auch hier den Vertragsparteien, sich auf die Schiedsperson zu einigen. Nur für den Fall, dass die Vertragsparteien sich auch darüber nicht einigen können, sieht § 73b Abs 4a Satz 2 SGB V die Bestimmung der Schiedsperson durch die für die Krankenkasse zuständige Aufsichtsbehörde vor. Ebenso wie nach § 132a Abs 2 SGB V gibt es nach § 73b SGB V weder eine Rechtsaufsicht über die Schiedsperson noch eine Regelung zum Schiedsverfahren. Ferner existiert keine vom Wechsel der Person unabhängige Institution und keine Anbindung an einen übergeordneten Verwaltungsträger.

31

Zwar können hoheitliche Aufgaben durch Beleihung auch einer natürlichen Person übertragen werden. Dies erfordert jedoch eine Übertragung durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes durch Rechtsverordnung, Verwaltungsakt oder öffentlich-rechtlichen Vertrag (vgl BVerwG NVwZ 2006, 829; BVerfG NJW 1987, 2501, 2502; BVerwGE 98, 280, 298; Roos in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 1 RdNr 11; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl 2014, § 1 RdNr 60; Wiegand, Die Beleihung mit Normsetzungskompetenz, 2008, 155 f). § 73b Abs 4a SGB V regelt eine Beleihung der Schiedsperson jedenfalls nicht ausdrücklich. Gegen die Annahme, dass in der dort geregelten Bestimmung der Schiedsperson gleichwohl eine Beleihung liegt, spricht, dass das Gesetz keinerlei Festlegungen oder Vorgaben zu deren Auswahl trifft, sondern diese vorrangig den Vertragsparteien überlässt (vgl Kingreen/Temizel, ZMGR 2009, 134, 137; Bogan, Der Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen, 2012, S 250). Angesichts des Umstands, dass der Wortlaut die Frage nach einer Beleihung jedenfalls nicht eindeutig beantwortet, kann die Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V nur dann als Beliehene angesehen werden, wenn systematische Gründe, die Entstehungsgeschichte oder Sinn und Zweck der Reglung dafür sprechen würden, dass der Gesetzgeber der Schiedsperson die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben übertragen wollte. Dies ist aus den nachfolgend genannten Gründen jedoch nicht der Fall. Vielmehr hat der Gesetzgeber mit der Änderung des § 73b Abs 4a SGB V durch das GKV-VStG gerade klargestellt, dass der Schiedsperson nach § 73b SGB V - in Übereinstimmung mit der Schiedsperson nach § 132a SGB V - keine hoheitlichen Aufgaben übertragen werden sollen.

32

cc) Im Gegensatz zur Schiedsperson in der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege nach § 132a Abs 2 SGB V hat der 3. Senats des BSG die Schiedsperson in der HzV nach § 73b Abs 4a SGB V in seiner Entscheidung vom 25.11.2010 (B 3 KR 1/10 R - BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 26) nicht eindeutig dem Modell "Vertragshelfer" zugeordnet, sondern diese Frage ausdrücklich offengelassen. Dabei hat der 3. Senat dem Umstand Bedeutung beigemessen, dass § 73b SGB V keine § 132a Abs 2 Satz 6 SGB V entsprechende Regelung enthält, nach der die Vertragsparteien in Verträgen zu regeln haben, dass im Falle von Nichteinigung eine von den Parteien zu bestimmende unabhängige Schiedsperson den Vertragsinhalt festlegt. Daraus hat der 3. Senat gefolgert, dass die Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V im Rahmen eines gesetzlich normierten und nicht eines - wie bei § 132a Abs 2 Satz 6 SGB V - vertraglich vereinbarten Schiedsverfahrens tätig werde. In der praktischen Umsetzung wirkt sich dieser Unterschied allerdings kaum aus, weil die Vertragspartner nach § 132a Abs 2 Satz 6 SGB V nicht frei darüber entscheiden können, ob sie die Festlegung des Vertragsinhalts einer Schiedsperson übertragen, sondern verpflichtet sind, eine entsprechende Vereinbarung zu treffen. Falls zwischen den Vertragspartnern eine Einigung auf eine Schiedsperson nicht erzielt werden kann, wird sowohl die Schiedsperson nach § 132a Abs 2 SGB V als auch die Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V von der für die vertragsschließende Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde bestimmt. Dabei kann die Bestimmung einer Schiedsperson durch die zuständige Aufsichtsbehörde auch nach § 132a Abs 2 Satz 7 SGB V nicht davon abhängig sein, dass zuvor eine Vereinbarung nach § 132a Abs 2 Satz 6 SGB V zustande gekommen ist, nach der der Vertragsinhalt von einer Schiedsperson festgelegt wird(vgl dazu Plantholz, RsDE 64 <2007>, 1, 8). Damit bestehen insoweit keine rechtlich bedeutsamen Unterschiede zwischen dem Schiedsverfahren in der HzV und dem Schiedsverfahren in der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege (so auch Klückmann in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2015, § 73b RdNr 15e).

33

dd) Ein Indiz, das gegen die Qualifizierung der Schiedsperson in der HzV als Vertragshelfer und für eine Einordnung des Schiedsspruchs als Verwaltungsakt sprechen könnte, hat der 3. Senat in seiner Entscheidung vom 25.11.2010 (B 3 KR 1/10 R - BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 26; vgl auch BSG SozR 4-5560 § 17c Nr 2 RdNr 40, auch zur Veröffentlichung für BSGE vorgesehen) ferner in dem Umstand gesehen, dass § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V aF die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Festlegung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson ausschloss. Diese Regelung konnte den Eindruck erwecken, dass der Gesetzgeber die Entscheidungen der Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V als Verwaltungsakte angesehen haben könnte, weil sie gesetzessystematisch nur einen Sinn ergibt, wenn es sich bei der angegriffenen Entscheidung der Schiedsperson um einen Verwaltungsakt handelt. Schließlich bezieht sich die aufschiebende Wirkung nach § 86a Abs 1 SGG auf den Widerspruch und auf die Anfechtungsklage, die sich grundsätzlich gegen einen Verwaltungsakt richten müssen.

34

Dagegen konnte auch nicht - wie in der Begründung des Schiedsspruchs - mit Erfolg eingewandt werden, die Klage gegen die Festsetzung des Vertragsinhalts durch einen Vertragshelfer bewirke in entsprechender Anwendung zivilrechtlicher Bestimmungen, dass der Vertrag während der Dauer des Rechtsstreits nicht umsetzbar sei und die Formulierung in § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V aF, nach der die Klage keine aufschiebende Wirkung habe, könne aus diesem Grund nicht als Indiz für die rechtliche Einordnung der Entscheidung der Schiedsperson als Verwaltungsakt herangezogen werden.

35

(1) Die Auffassung, nach der die von der Schiedsperson getroffene Bestimmung zum Vertragsinhalt während eines Klageverfahrens um deren Rechtmäßigkeit nicht beachtet werden müsse, trifft nicht zu. Für zivilrechtliche Verträge wird die Frage, unter welchen verfahrensrechtlichen Voraussetzungen die offenbare Unbilligkeit der Bestimmung einer Leistung durch einen Dritten nach § 319 Abs 1 Satz 1 BGB die Unbeachtlichkeit der Entscheidung des Dritten zur Folge hat, nicht einheitlich beantwortet. Vereinzelt wird die Auffassung vertreten, dass die offenbar unbillige Leistungsbestimmung bereits unabhängig von der Erhebung einer Einrede oder einer Klagerhebung unwirksam sei (Rieble in Staudinger, BGB, Leistungsstörungsrecht 2, Neubearbeitung 2009, § 319 RdNr 17 f; zu § 315 Abs 3 BGB vgl LG Mainz Urteil vom 5.3.2007 - 5 O 94/06 - Juris). Dagegen wird eingewandt, dass die offenbare Unbilligkeit nicht die Nichtigkeit bedeute (vgl OLG Frankfurt am Main Urteil vom 3.12.1998 - 3 U 257/97 - NJW-RR 1999, 379 = Juris RdNr 25) und dass auch die unbillige Bestimmung des Dritten binde, bis sie durch Gerichtsurteil ersetzt werde (Würdinger in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl 2012, § 319 RdNr 23). Dies soll aber nach wohl hM nicht für den Fall gelten, dass die offenbare Unbilligkeit von einem Vertragspartner binnen angemessener Frist geltend gemacht wird (vgl OLG Frankfurt am Main, aaO, mwN; Wolf in Soergel, BGB, Bd 2, 12. Aufl 1990, § 319 RdNr 16; zur ähnlichen Regelung in § 315 Abs 3 BGB vgl Grüneberg in Palandt, BGB, 74. Aufl 2015, § 315 RdNr 16; zur Fälligkeit einer Forderung bei einer Schiedsgutachtenvereinbarung im Falle des Übergangs der Leistungsbestimmung nach § 319 Abs 1 Satz 2 BGB auf das Gericht erst mit Rechtskraft des Urteils vgl BGH Urteil vom 4.7.2013 - III ZR 52/12 - NJW-RR 2014, 492 RdNr 32 ff, mwN). Dagegen geht das BAG im Zusammenhang mit der Ausübung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber in entsprechender Anwendung des § 315 Abs 3 BGB davon aus, dass der Arbeitnehmer an die Konkretisierung des Inhalts der Arbeitsleistung vorläufig gebunden sei, bis durch ein rechtskräftiges Urteil die Unverbindlichkeit der Leistungsbestimmung feststehe(BAG Urteil vom 22. 2.2012 - 5 AZR 249/11 - BAGE 141, 34 = AP Nr 127 zu § 615 BGB = NJW 2012, 2605, RdNr 24, mwN).

36

Auf die Festsetzung des Vertrages zur HzV durch eine Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V sind die genannten, zu zivilrechtlichen Verträgen entwickelten, ohnehin nicht einheitlichen Positionen - entgegen der in der Begründung der Entscheidung der Schiedsperson vertretenen Auffassung(vgl auch Buchner/Spiegel, NZS 2013, 1, 8 Fn 61) - nicht ohne Weiteres übertragbar. Für Verträge, die Beziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern zum Gegenstand haben, gelten die Vorschriften des BGB und damit auch die Regelungen zur Bestimmung der Leistungen durch einen Dritten (§§ 317 ff BGB) gemäß § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V nur entsprechend, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 SGB V und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach diesem Kapitel vereinbar sind. Daher kann bei der entsprechenden Anwendung der §§ 317 ff BGB nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Krankenkassen gemäß § 73b Abs 1 SGB V verpflichtet sind, ihren Versicherten eine besondere hausarztzentrierte Versorgung anzubieten. Die entsprechende Geltung der Vorschriften des BGB ändert zudem nichts daran, dass es sich bei dem Vertrag nach § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V zwischen Krankenkassen und den die Hausärzte vertretenden Gemeinschaften um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag im Sinne des § 53 Abs 1 SGB X handelt, weil durch ihn ein Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts begründet, geändert oder aufgehoben wird. Insofern gilt für Verträge in der HzV nach § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V nichts anderes als für Verträge zur Versorgung mit häuslicher Krankenpflege nach § 132a SGB V(vgl BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 6 RdNr 18 f; BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 23)oder auch für die Bundesmantelverträge und Gesamtverträge, die (auch) als öffentlich-rechtliche Verträge zu qualifizieren sind (vgl BSGE 70, 240, 243 = SozR 3-5533 Allg Nr 1 S 4; BSG SozR 4-2500 § 83 Nr 5 RdNr 14). Für das gerichtliche Verfahren bleiben die Vorschriften des SGG maßgebend. Nach § 86a Abs 1 SGG kommt zwar Klagen gegen belastende Verwaltungsakte aufschiebende Wirkung zu. Dies gilt jedoch nicht in gleicher Weise für Klagen, mit denen die Rechtswidrigkeit eines öffentlich-rechtlichen Vertrages geltend gemacht wird. Öffentlich-rechtliche Verträge sind wirksam, auch soweit sie rechtswidrig aber nicht nichtig sind (vgl Engelmann in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 58 RdNr 2). Zur Nichtigkeit führt nur ein besonders schwerwiegender Mangel (zu gesamtvertraglichen Vereinbarungen vgl zB BSG SozR 4-2500 § 83 Nr 5 RdNr 14 f). Der Umstand, dass die Partner des Vertrages zur HzV die Möglichkeit haben, gerichtlich mit der Feststellungsklage die Rechtswidrigkeit von Regelungen des Vertrages geltend zu machen, der durch Festsetzung der Schiedsperson zustande gekommen ist (vgl dazu nachfolgend 4.), ändert daran nichts. Im Ergebnis hat dies zur Folge, dass der durch die Festsetzung der Schiedsperson zustande gekommene Vertrag, der nicht in der Form eines Verwaltungsakts ergeht, vorbehaltlich seiner Nichtigkeit umzusetzen ist, solange dessen Rechtswidrigkeit nicht rechtskräftig festgestellt worden ist (vgl bereits Nr 11 der Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines GKV-VStG, BT-Drucks 17/7274 S 29; zu einer vom Bundesrat gewünschten Klarstellung mit dem Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung in Abhängigkeit vom Ausgang des vorliegenden Verfahrens vgl die Gegenäußerung der Bundesregierung zu der Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drucks 18/4095, Anlage 4 Nr 22; aA: Buchner/Spiegel, NZS 2013, 1, 8 f). Bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens um die Rechtmäßigkeit des von der Schiedsperson festgesetzten Vertrages kann die Pflicht zur Umsetzung des Vertrages nur durch eine einstweilige Anordnung des Gerichts nach § 86b Abs 2 SGG beseitigt werden.

37

(2) Auch wenn angenommen würde, dass die in § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V aF getroffene Regelung zur fehlenden aufschiebenden Wirkung der Klage allein im Sinne einer Klarstellung sicherstellen sollte, dass Schiedssprüche während eines Klageverfahrens zunächst umgesetzt werden, erklärt dies nicht ohne Weiteres die gewählte Formulierung, weil die Verwendung des Begriffs der aufschiebenden Wirkung den Bezug zu § 86a Abs 1 SGG und zu der dort geregelten aufschiebenden Wirkung von Klagen gegen Verwaltungsakte herstellt.

38

Danach stimmte die gesetzliche Regelung zur Schiedsperson in der Versorgung mit Haushaltshilfe nach § 132a Abs 2 SGB V zwar weitgehend mit der Regelung zur Schiedsperson in der HzV nach § 73b Abs 4a SGB V überein. Mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Festsetzung des Vertragsinhalts enthielt § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V aF jedoch eine Regelung, die in § 132a SGB V keine Entsprechung findet und die als Indiz für die Charakterisierung des Schiedsspruchs in der HzV als Verwaltungsakt herangezogen werden konnte.

39

ee) Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber auf die Entscheidung des 3. Senats vom 25.11.2010 mit der Änderung des § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V reagiert und mit dem GKV-VStG die aufschiebende Wirkung auf Klagen gegen die Bestimmung der Schiedsperson beschränkt. Eine Regelung, nach der Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts keine aufschiebende Wirkung haben, gibt es seitdem nicht mehr. Ferner wurde mit dem GKV-VStG § 73b Abs 4a Satz 5 SGB V angefügt. Danach richten sich Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts gegen eine der beiden Vertragsparteien, nicht gegen die Schiedsperson.

40

Die Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drucks 17/6906 S 56, zu Art 1 Nr 13) bestätigt, dass auf diesem Weg bestehende Unklarheiten bezogen auf die rechtliche Einordnung des Schiedsverfahrens in der HzV nach § 73b Abs 4a SGB V ausgeräumt werden sollten und dass - ebenso wie für den Bereich der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege nach § 132a Abs 2 SGB V - eine eindeutige Einordnung der Schiedsperson als Vertragshelfer erfolgen sollte. Die Einschränkung der Regelung zur aufschiebenden Wirkung in § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V wird damit begründet, dass durch die bisherige Formulierung der Eindruck habe entstehen können, es handele sich bei dem Schiedsspruch um einen Verwaltungsakt. Mit der Streichung werde "klargestellt, dass dies nicht der Fall ist, sondern dass die Schiedsperson analog § 317 BGB als Vertragshelfer tätig wird". Inhaltlich knüpft die Gesetzesbegründung damit an die Entscheidung des 3. Senats vom 25.11.2010 (B 3 KR 1/10 R - BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5) zur Schiedsperson in der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege an. Dies wird in der Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates (BT-Drucks 17/7274 S 29) verdeutlicht, in der unter ausdrücklichem Hinweis auf die genannte Entscheidung des 3. Senats des BSG ausgeführt wird, dass mit der Änderung des § 73b Abs 4a SGB V eine Klarstellung in Richtung auf die Einordnung auch der Schiedsperson in der HzV als Vertragshelfer herbeigeführt werden soll. Davon ist im Übrigen auch der 3. Senat in einer Entscheidung vom 8.10.2014 (B 3 KR 7/14 R - SozR 4-5560 § 17c Nr 2 RdNr 39, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen) ausgegangen.

41

Dem kann die Klägerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die Gesetzesbegründung zur Änderung des § 73b Abs 4a SGB V mit dem GKV-VStG auch auf die "insoweit vergleichbare(n) Regelung des § 77 Absatz 1 Satz 5 SGB XII"(BT-Drucks 17/6906 S 56, zu Art 1 Nr 13) Bezug nehme. Zutreffend ist allerdings, dass Entscheidungen der Schiedsstellen zur Vergütung von Einrichtungen und Diensten im Bereich der Sozialhilfe nach ständiger Rechtsprechung in der Form eines Verwaltungsakts ergehen. Dies hat das BVerwG bereits zu der § 80 SGB XII im Wesentlichen entsprechenden Vorgängerregelung des § 94 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) entschieden(vgl BVerwGE 108, 47). Daran hat das BVerwG (BVerwGE 116, 78 = Juris RdNr 14; anders zunächst der 3. Senat des BSG: BSGE 87, 199, 201 f = SozR 3-3300 § 85 Nr 1 S 4)auch nach der Einführung des § 93b Abs 1 Satz 4 BSHG festgehalten, der bestimmte, dass die Klage gegen die andere Vertragspartei und nicht gegen die Schiedsstelle zu richten ist. Der Qualifizierung dieses Schiedsspruchs als Verwaltungsakt hat sich der für Angelegenheiten der Sozialhilfe zuständige 8. Senat des BSG bezogen auf die seit dem 1.1.2005 geltende entsprechende Rechtslage mit einer entsprechenden Regelung in § 77 Abs 1 Satz 5 SGB XII angeschlossen(BSG SozR 4-3500 § 77 Nr 1, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen; zur Zulässigkeit der Anfechtungsklage in diesem Verfahren "sui generis" vgl auch BSG SozR 4-3500 § 76 Nr 1 RdNr 12, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen).

42

Entgegen der Auffassung der Klägerin kann aus all dem jedoch nicht geschlossen werden, dass mit dem Hinweis auf § 77 Abs 1 Satz 5 SGB XII die im ersten Teil der Gesetzesbegründung eindeutig zum Ausdruck kommende Orientierung am "Vertragshelfermodell" wieder in Frage gestellt würde. Die Formulierung in der Gesetzesbegründung, nach der sich die Regelung "am Wortlaut der insoweit vergleichbaren Regelung des § 77 Absatz 1 Satz 5 SGB XII" orientiert, bezieht sich erkennbar allein auf die Anfügung des neuen § 73b Abs 4a Satz 5 SGB V ("Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts richten sich gegen eine der beiden Vertragsparteien, nicht gegen die Schiedsperson."). Dies wird zum einen durch die Verwendung des Wortes "insoweit" und zum anderen daran deutlich, dass nicht der gesamte § 77 Abs 1 SGB XII in Bezug genommen wird, sondern allein dessen Satz 5, der mit dem eingefügten § 73b Abs 4a Satz 5 SGB V fast wörtlich übereinstimmt. Die Streichung der Regelung zur aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Festlegung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson wird also nicht mit Hinweis auf § 77 Abs 1 SGB XII begründet, sondern mit dem Ziel klarzustellen, dass die Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V als Vertragshelfer und nicht als Behörde tätig wird. Allein bezogen auf die Ergänzung des § 73b Abs 4a SGB V um einen neuen Satz 5 verweist die Gesetzesbegründung auf die fast wortgleiche Regelung in § 77 Abs 1 Satz 5 SGB XII.

43

Nach der oben dargestellten Rechtsprechung des BVerwG war die Regelung, nach der sich Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts gegen die Vertragsparteien und nicht gegen die Schiedsperson richten, im Übrigen auch nicht Anknüpfungspunkt für die Einordnung des Schiedsspruchs im Sozialhilferecht als Verwaltungsakt. Das BVerwG (vgl BVerwGE 116, 78, 82 f) hat die Entscheidung der Schiedsstelle keineswegs wegen der Regelung, nach der die Klage gegen die andere Vertragspartei zu richten ist, als Verwaltungsakt qualifiziert, sondern vielmehr trotz der Einführung dieser Regelung und entgegen einer in Teilen der Literatur vertretenen Auffassung (Münder in LPK-BSHG, 5. Aufl 1998, § 94 RdNr 2; Gottlieb, NDV 2001, 257, 261; Wabnitz, ZfJ 2001, 33, 37; vgl auch BSGE 87, 199, 201 f = SozR 3-3300 § 85 Nr 1 S 4) an seiner bereits zuvor bestehenden Rechtsprechung zur Einordnung des Schiedsspruchs nach § 77 Abs 1 SGB XII als Verwaltungsakt festgehalten.

44

Im Übrigen - also mit Ausnahme des neuen § 73b Abs 4a Satz 5 SGB V - unterscheidet sich die Regelung zum Schiedsverfahren nach § 77 Abs 1 Satz 3, § 80 SGB XII grundlegend von der zur Festlegung des Vertragsinhalts durch eine Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V. Die Qualifizierung der Schiedsstelle nach § 77 Abs 1 Satz 3, § 80 SGB XII als Behörde und deren Schiedsspruch als Verwaltungsakt stehen deshalb nicht im Widerspruch zur Einordnung der Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V als Vertragshelfer. Abgesehen davon, dass nach § 77 Abs 1 Satz 3 SGB XII nicht eine natürliche Person, sondern eine Schiedsstelle entscheidet, die gemäß § 80 Abs 2 Satz 1 SGB XII mit Vertretern der Vertragsparteien und einem unparteiischen Vorsitzenden besetzt ist, spricht für den Charakter dieser Schiedsstelle als Behörde auch die Formulierung in § 77 Abs 1 Satz 6 SGB XII, nach der es einer Nachprüfung der Entscheidung in einem Vorverfahren nicht bedarf. Genau diese Formulierung (die sich vor dem 1.1.2005 in § 93b Abs 1 Satz 5 BSHG und vor der Einführung des § 93b BSHG zum 1.1.1999 in § 93 Abs 3 Satz 4 Halbsatz 1 BSHG fand) hat das BVerwG (BVerwGE 116, 78, 81 f) zur Begründung seiner Auffassung herangezogen, dass der Gesetzgeber diese Schiedsstellenentscheidung - trotz der Regelung, nach der eine Klage gegen die andere Vertragspartei und nicht gegen die Schiedsstelle zu richten ist - als Verwaltungsakt ausgestalten wollte. Eine § 77 Abs 1 Satz 6 SGB XII entsprechende Formulierung findet sich in § 73b Abs 4a SGB V aber nicht.

45

ff) Danach ist mit der Änderung des § 73b Abs 4a SGB V durch das GKV-VStG geklärt, dass es sich bei der Schiedsperson, die im Konfliktfall den Inhalt des Vertrages zur HzV feststellt, nicht um eine Behörde handelt und dass deren Entscheidung nicht in der Form eines Verwaltungsakts ergeht(ebenso: Klückmann in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2015, § 73b RdNr 15d, 15f; Huster in Becker/Kingreen, SGB V, 4. Aufl 2014, § 73b RdNr 17; Bogan, Der Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen, 2012, S 251; Bäune in Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2013, § 73b RdNr 22; Nebendahl in Spickhoff, Medizinrecht, 2. Aufl 2014, § 73b SGB V RdNr 23; Engelmann in Prütting, Fachanwaltskommentar Medizinrecht, 3. Aufl 2014, § 73b SGB V RdNr 64; Adolf in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, Stand April 2012, § 73b RdNr 69; SG München Urteil vom 16.7.2014 - S 28 KA 696/12 - Juris RdNr 27; aA Buchner/Spiegel, NZS 2013, 1; LSG Rheinland-Pfalz Beschluss vom 3.6.2014 - L 7 KA 12/14 B ER - Juris).

46

gg) Die Zuordnung der Schiedsperson für die HzV zum Modell "Vertragshelfer" anstelle des Modells "Schiedsamt" bezieht sich nicht allein auf die Zeit seit dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung zum 1.1.2012. Wie oben dargelegt, entsprach § 73b Abs 4a SGB V bereits vor der Änderung durch das GKV-VStG zum 1.1.2012 weitgehend der für die häusliche Krankenpflege geltenden Regelung zur Schiedsperson nach § 132a Abs 2 SGB V, für die jedenfalls seit der Entscheidung des BSG vom 25.11.2010 (B 3 KR 1/10 R - BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5) die Einordnung als Vertragshelfer geklärt ist. Die rechtliche Einordnung des Schiedsspruchs der Schiedsperson in der HzV war gleichwohl bis zum Inkrafttreten des GKV-VStG zum 1.1.2012 nicht geklärt, sondern in der og Entscheidung des BSG vom 25.11.2010 ausdrücklich offengelassen worden. Unter diesen Umständen war der Gesetzgeber nicht gehindert, eine Klarstellung herbeizuführen. Dass mit der Änderung des § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V sowie der Anfügung eines neuen Satzes 5 die in der og Entscheidung des 3. Senats des BSG vom 25.11.2010 offengelassene Frage geklärt werden sollte und dass die Regelung somit nur der Klarstellung des bereits zuvor Gewollten dienen sollte, kommt sowohl in der Begründung des Regierungsentwurfs eines GKV-VStG (BT-Drucks 17/6906 S 56, zu Nr 13) als auch in der Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates (BT-Drucks 17/7274 S 29) eindeutig zum Ausdruck.

47

3. Die Klägerin kann auch nicht - entsprechend dem Antrag zu 2. - die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG Baden-Württemberg zur Ersetzung der Regelungen des Schiedsspruchs nach billigem Ermessen durch Urteil gemäß § 319 Abs 1 Satz 2 Halbsatz 1 BGB iVm § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V erreichen.

48

Soweit der 3. Senat des BSG in seiner Entscheidung vom 25.11.2010 (B 3 KR 1/10 R - BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5) zur Schiedsperson in der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege nach § 132a Abs 2 SGB V von der Statthaftigkeit einer sog Ersetzungsklage ausgegangen ist, mit der dem Gericht aufgegeben werden soll, den Inhalt des Vertrages bei Unbilligkeit der Festlegungen der Schiedsperson zu bestimmen, folgt der Senat dem für die HzV nach § 73b SGB V nicht. §§ 317 ff BGB treffen Regelungen für Konstellationen, in denen sich die Parteien zuvor aus freiem Willen auf eine Schiedsperson geeinigt haben, der die Aufgabe übertragen wird, den Vertrag rechtsgestaltend zu ergänzen. Die Schiedsperson hat also lediglich vertragsausfüllende und vertragsergänzende Funktion (vgl Schnapp, NZS 2010, 241, 245, mwN). Auf die Verträge zur HzV, deren Inhalt vollständig gegen den Willen der Krankenkasse von einer durch die zuständige Aufsichtsbehörde bestimmten Schiedsperson festgelegt werden kann (vgl § 73b Abs 4 Satz 2, Abs 4a Satz 1 und 2 SGB V), sind diese Bestimmungen im Rahmen der nur entsprechenden Anwendung nach § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V nicht uneingeschränkt übertragbar. Davon ist im Grundsatz auch schon der 3. Senat in seiner Entscheidung vom 25.11.2010 (B 3 KR 1/10 R - BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 33) bezogen auf das Schiedsverfahren nach § 132a Abs 2 SGB V ausgegangen, indem er abweichend von § 319 Abs 1 Satz 1 BGB nicht darauf abgestellt hat, ob die durch die Schiedsperson getroffene Bestimmung "offenbar unbillig" ist, sondern die einfache "Unbilligkeit" als Voraussetzung für die Ersetzung des Schiedsspruchs durch die Entscheidung des Gerichts genügen lässt.

49

Der Überlegung, das Gericht könne im Falle der Unbilligkeit den Inhalt der Entscheidung der Schiedsperson ersetzen, liegt die Vorstellung zugrunde, vom Gericht werde ein punktuelles Eingreifen oder die Entscheidung bezogen auf einzelne zwischen den Vertragsparteien umstrittene Punkte verlangt. So liegen die Dinge etwa im Bereich des § 65c Abs 6 Satz 8 SGB V bei der Höhe der Meldevergütungen zum klinischen Krebsregister. Dabei geht es um die Vergütungshöhe für bestimmte Leistungen, die in angemessener Höhe festzusetzen sind. Bei der Festlegung des Inhalts der Verträge zwischen Krankenkassen und den Erbringern von Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach § 132a Abs 2 Satz 1 SGB V stehen zumindest nach den bisherigen gerichtlichen Erfahrungen die "Preise" für die Leistungen im Mittelpunkt des Konflikts der Vertragspartner, obwohl der Schlichtungsauftrag der Schiedsperson nach § 132a Abs 2 Satz 1 und 6 SGB V weitergehen kann. Ob für solche eher punktuellen Festlegungen die Ersetzungsklage mit der Konsequenz der abschließenden Entscheidung durch ein Gericht sachgerecht ist, lässt der Senat offen; er muss deshalb auch nicht beim 3. Senat anfragen, ob dieser an seiner Rechtsprechung dazu festhält. Jedenfalls ist diese Konzeption auf die Verträge nach § 73b SGB V nicht übertragbar.

50

Gerichte können nicht umfassende Vertragswerke festsetzen, Regelungen über den Datenaustausch formulieren und die Beziehungen der Partner der Verträge untereinander vollständig regeln (zu § 132a Abs 2 SGB V vgl die Bedenken von Plantholz, RsDE 64<2007>, 1, 20 f, 23). Die dazu erforderliche Kenntnis nicht zuletzt der technischen Abläufe und deren Gestaltbarkeit ist bei den Gerichten ohne die Kooperation der Vertragspartner, auf die die Schiedsperson setzen kann, nicht vorhanden; insoweit müssten regelmäßig Sachverständige hinzugezogen und möglicherweise sogar mit der Formulierung beauftragt werden. Die Gerichte könnten nur punktuell - etwa bei der Höhe der Vergütung der teilnehmenden Ärzte - nach dem Maßstab der Angemessenheit entscheiden. Soweit ersichtlich, gibt es bisher auch keine sozialgerichtliche Entscheidung, in der ein durch eine Schiedsperson festgesetzter komplexer Vertrag wegen Unbilligkeit aufgehoben und durch einen gerichtlich festgesetzten Vertragsinhalt ersetzt worden wäre.

51

Aus den genannten Gründen muss sich die gerichtliche Kontrolle von Entscheidungen der Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V an dem Muster der Kontrolle von Schiedsamtsentscheidungen nach § 89 SGB V orientieren: Das Gericht prüft, ob die von einem der Beteiligten gerügten Festsetzungen mit höherrangigem Recht unvereinbar sind, bezeichnet ggf solche Rechtsverstöße und stellt weiter die Verpflichtung der Vertragspartner fest, diese Verstöße zu beseitigen. Wenn das im Wege freier Verhandlungen nicht gelingt, muss erneut eine Schiedsperson tätig werden, die - wie die Partner auch - an die Rechtsauffassung gebunden ist, die dem Feststellungsurteil zugrunde liegt.

52

Der naheliegende Einwand gegen diese Rechtsschutzkonzeption, dass eine abschließende Festlegung des Vertragsinhalts nicht zeitnah gewährleistet wird, greift im Ergebnis nicht durch. Es erscheint bereits fraglich, ob die Festsetzung des komplexen Inhalts eines Vertrages zur HzV durch ein für derartige Aufgaben nicht ausgestattetes Gericht oder eine Festlegung des Vertragsinhalts unter Einbeziehung von Sachverständigen, die das Gericht zu bestellen hätte, zu einer Beschleunigung des Verfahrens beitragen könnten. Auch kann dahingestellt bleiben, ob dem Einwand der Klägerin zu folgen ist, dass die Gestaltung des vollständigen Vertragsinhalts durch das Gericht - die im Verwaltungsprozessrecht sonst keine Entsprechung finden dürfte - in Widerspruch zum Grundsatz der Gewaltenteilung nach Art 20 Abs 2 Satz 2 GG geriete, weil die Gerichte allein dazu berufen sind, Verwaltungshandeln zu kontrollieren (vgl auch Buchner/Spiegel, NZS 2013, 1, 7 f unter Hinweis auf BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 13 sowie BSGE 90, 42, 44 = SozR 3-8570 § 4 Nr 4). Ausschlaggebend ist, dass der Gesetzgeber den Weg der gerichtlichen Kontrolle von Schiedsamtsentscheidungen - und nicht deren Ersetzung durch die Gerichte - auch sonst im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung - und zwar gemäß § 89 Abs 1a SGB V auch für gesetzlich vorgeschriebene Verträge - gewählt hat. Selbst wenn ein gesetzlich vorgeschriebener Vertrag über die vertragsärztliche Versorgung nicht zustande kommt und keine der Parteien bei dem Schiedsamt einen Antrag auf Herbeiführung der Einigung stellt, sieht § 89 Abs 1a Satz 1 SGB V keine Ersetzung durch die Aufsichtsbehörde, sondern lediglich ein Recht der Aufsichtsbehörde zur Anrufung des Schiedsamts vor. Solange das Schiedsamt überhaupt fristgerecht tätig wird, beschränkt sich auch die Kontrolle der Entscheidung durch die Aufsichtsbehörden gemäß § 89 Abs 5 Satz 5 SGB V auf Rechtsverstöße. Eine Festsetzung des Vertragsinhalts durch die für das Schiedsamt zuständige Aufsichtsbehörde sieht der mit dem GMG vom 14.11.2003 (BGBl I 2190, 2210) eingeführte § 89 Abs 1 Satz 5 SGB V nur ausnahmsweise für den Fall vor, dass das Schiedsamt auch nach Fristsetzung durch die Aufsichtsbehörde untätig bleibt. Die daraus erkennbar werdende Konzeption des Gesetzgebers, zumindest im Bereich des SGB V Schiedssprüche im Regelfall nicht durch Entscheidungen der Aufsichtsbehörden und erst Recht nicht durch gerichtliche Entscheidungen zu ersetzen, sondern die Kontrolle auf die Prüfung der Rechtmäßigkeit zu beschränken, ist auf die gerichtliche Kontrolle von Entscheidungen der Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V zu übertragen.

53

4. Richtige Klageart ist danach die Feststellungsklage (§ 55 Abs 1 SGG), die die Klägerin hilfsweise erhoben hat. Diese ist auch zulässig, in der Sache aber nur zum geringen Teil begründet.

54

a) Der Zulässigkeit des in der mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellten Feststellungsantrags steht nicht entgegen, dass die Klägerin einen solchen im Revisionsverfahren bis zum Ablauf der Frist zur Revisionsbegründung nicht formuliert hatte. Zwar darf das BSG über den Antrag grundsätzlich nicht hinausgehen und eine Klagänderung ist gemäß § 168 Satz 1 SGG im Revisionsverfahren unzulässig. Zulässig ist jedoch eine Erweiterung des Klagantrags im Sinne des § 99 Abs 3 SGG, soweit damit keine neuen Revisionsgründe geltend gemacht werden(vgl BSGE 31, 112, 113 = SozR Nr 55 zu § 164 SGG) und auch der Übergang von der Anfechtungsklage zur Feststellungsklage (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 99 RdNr 4 mwN). Ausschlaggebend ist, dass der historische Lebenssachverhalt, aus dem der Anspruch abgeleitet wird, unverändert geblieben ist (vgl BSG SozR 4-4300 § 57 Nr 5). Das ist hier der Fall. Eine solche Erweiterung des Revisionsantrags ist auch noch nach Ablauf der Frist zur Revisionsbegründung bis zum Schluss der mündlichen Revisionsverhandlung möglich (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 164 RdNr 10 mwN).

55

Die Klägerin hat die Klage zutreffend gegen die Beklagten als Parteien des Vertrages zur HzV gerichtet. Seit der Änderung durch das GKV-VStG regelt § 73b Abs 4a Satz 5 SGB V ausdrücklich, dass Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts gegen eine der beiden Vertragsparteien und nicht gegen die Schiedsperson zu richten sind. Dies galt aufgrund des Umstands, dass die Schiedsperson keine Behörde ist und dass deren Entscheidung nicht in der Form eines Verwaltungsakts ergeht (vgl oben 2.), auch bereits für die Zeit vor Inkrafttreten der gesetzlichen Klarstellung mWv 1.1.2012 und damit auch bereits zum Zeitpunkt der Klagerhebung am 9.9.2011 (zur Ersetzungsklage gegen die Entscheidung Schiedsperson nach § 132a SGB V vgl BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 30). Die Tätigkeit der Schiedsperson ist mit dem Erlass des Schiedsspruchs beendet (zur Schiedsperson nach § 132a SGB V vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 7 RdNr 19, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen). Aus diesem Grund ist die Schiedsperson zu dem Verfahren um die Rechtmäßigkeit der Festsetzung des Vertragsinhalts auch nicht notwendig beizuladen (zur Schiedsperson nach § 132a SGB V vgl BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 31).

56

b) Für die Begründetheit der Feststellungklage wird in der Regel auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abgestellt (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 55 RdNr 21 mwN). Vorliegend ist jedoch - in Übereinstimmung mit der Auffassung der Klägerin - vom Zeitpunkt der Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson am 9.9.2010 auszugehen. Dies folgt aus dem Umstand, dass die Klägerin die Rechtswidrigkeit des Schiedsspruchs für den Zeitpunkt seines Ergehens geltend macht. Grundsätzlich hat sie an einer Klärung der Frage, ob der Vertrag zum Zeitpunkt seiner Festsetzung rechtmäßig war, auch ein berechtigtes Interesse. Später eintretenden Änderungen haben die Vertragsparteien gemäß § 22 Abs 2 Satz 2 des Vertrages nach den Grundsätzen von Treu und Glauben Rechnung zu tragen. Soweit diese vertragliche Regelung nicht eingreift, folgt die Möglichkeit zur Anpassung des Vertrages aus § 59 Abs 1 Satz 1 SGB X, wobei die vertragliche Regelung Vorrang hat(vgl BSG SozR 4-2500 § 83 Nr 1 RdNr 25). Nach § 59 Abs 1 Satz 1 SGB X kann eine Vertragspartei eine Anpassung des Vertragsinhalts an geänderte Verhältnisse verlangen, wenn sich die Verhältnisse, die für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend gewesen sind, seit Abschluss des Vertrages so wesentlich geändert haben, dass der Vertragspartei das Festhalten an der ursprünglichen vertraglichen Regelung nicht zuzumuten ist. Wenn eine Anpassung nicht möglich oder einer Vertragspartei nicht zuzumuten ist, kann diese den Vertrag kündigen. Auch diese Vorschrift setzt voraus, dass Änderungen seit Abschluss des Vertrages eingetreten sind. Insofern ist für die Klägerin weiterhin von Interesse, ob der Schiedsspruch zum Zeitpunkt der Vertragsfestsetzung rechtmäßig war. Dagegen ist weder eine Anpassung noch die Kündigung des durch Schiedsspruch festgesetzten Vertrages Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits, sodass es auf später eingetretene Änderungen grundsätzlich nicht ankommen kann. Die etwa infolge der Abschaffung der Praxisgebühr (Streichung des § 28 Abs 4 SGB V mit Art 1 Nr 2 des Gesetzes zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs in stationären Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen vom 20.12.2012, BGBl I 2789) erforderlichen Anpassungen des Vertrages (vgl dazu ua § 2 Abs 4, § 13 des Vertrages) sind ersichtlich nicht aufgrund unterschiedlicher Auffassungen der Vertragspartner, sondern wegen der im Vordergrund stehenden grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten und der deshalb bisher nicht erfolgten Umsetzung des Vertrages unterblieben. Eine auf den Anpassungsbedarf bezogene gerichtliche Feststellung hat die Klägerin nicht geltend gemacht.

57

Allerdings sind im vorliegenden Verfahren Änderungen der Rechtslage zu berücksichtigen, die Einfluss auf das Fortbestehen des Feststellungsinteresses der Klägerin haben. Für die Beurteilung des Feststellungsinteresses ist die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Revisionsinstanz maßgebend (zur Fortsetzungsfeststellungsklage vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 131 RdNr 10, 10i; vgl auch BSG SozR 4-2700 § 215 Nr 2 RdNr 11). Da der streitgegenständliche Vertrag zur HzV bisher nicht umgesetzt wurde, kann ein berechtigtes Feststellungsinteresse der Klägerin nur bestehen, soweit es darauf für die noch bevorstehende Umsetzung des Vertrages ankommt. Bedeutung gewinnt diese Frage hier bezogen auf Vereinbarkeit des Vertrages mit Bestimmungen zum Datenschutz (vgl dazu im Einzelnen nachfolgend d ii, RdNr 90).

58

c) Die gerichtliche Kontrolle der Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson richtet sich aus den og Gründen nach den in der Rechtsprechung zur Überprüfung von Schiedsamtsentscheidungen nach § 89 SGB V entwickelten Maßstäben. Danach unterliegt auch die Entscheidung der Schiedsperson nach § 73b Abs 4a SGB V nur in eingeschränktem Umfang der gerichtlichen Kontrolle(vgl die stRspr zu § 89 SGB V: BSGE 100, 144 = SozR 4-2500 § 85 Nr 41, RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 83 Nr 3 RdNr 18; BSGE 91, 153 = SozR 4-2500 § 85 Nr 3, RdNr 11 mwN). Die Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle berücksichtigt, dass Schiedspersonen - ebenso wie Schiedsämter - deren Sprüche Vereinbarungen der zum Vertragsabschluss berufenen Vertragspartner ersetzen, eine weite Gestaltungsfreiheit haben. Dies trägt dem Wesen der Schiedssprüche Rechnung, die auf Interessenausgleich angelegt sind und Kompromisscharakter haben (vgl BSGE 87, 199, 202 = SozR 3-3300 § 85 Nr 1 S 5). Der Schiedsspruch ist daher nur daraufhin zu überprüfen, ob die grundlegenden verfahrensrechtlichen Anforderungen beachtet und in inhaltlicher Hinsicht die zwingenden rechtlichen Vorgaben eingehalten wurden. Mithin ist in formeller Hinsicht zu klären, ob das Schiedsamt den von ihm zugrunde gelegten Sachverhalt in einem fairen Verfahren unter Wahrung des rechtlichen Gehörs festgestellt hat und der Schiedsspruch die Gründe für das Entscheidungsergebnis wenigstens andeutungsweise erkennen lässt (stRspr zu § 89 SGB V vgl etwa: BSGE 87, 199, 202 = SozR 3-3300 § 85 Nr 1 S 5; BSGE 100, 144 = SozR 4-2500 § 85 Nr 41, RdNr 13). Die inhaltliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob der zugrunde gelegte Sachverhalt zutrifft und ob die Schiedsperson den ihr zustehenden Gestaltungsspielraum eingehalten, dh die maßgeblichen Rechtsmaßstäbe beachtet hat (zum Schiedsamt vgl BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 20 S 131; BSGE 86, 126, 135 = SozR 3-2500 § 85 Nr 37 S 295; BSGE 91, 153 = SozR 4-2500 § 85 Nr 3, RdNr 11). Die Prüfung beschränkt sich dabei entgegen der Auffassung der Beklagten nicht auf die Beachtung von Vorschriften, die unmittelbar Rechte der Vertragsparteien zu schützen bestimmt sind (aA zur Frage der Einhaltung datenschutzrechtlicher Bestimmungen auch: LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 2.8.2011 - L 5 KA 1601/11 ER-B - Juris RdNr 188). Deren Betroffenheit in eigenen Rechten folgt bereits aus dem Umstand, dass sie Partner des durch die Schiedsperson festgesetzten Vertrages sind. Die Bindung an einen solchen Vertrag müssen sie nur hinnehmen, soweit die darin getroffenen Bestimmungen materiell rechtmäßig sind. Insofern hat der Umstand, dass der Schiedsspruch der Schiedsperson nach § 73b SGB V nicht in der Form eines Verwaltungsakts ergeht, keinen Einfluss auf den gerichtlichen Prüfungsumfang.

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d) Die Überprüfung der Entscheidung der Schiedsperson anhand der genannten Maßstäbe ergibt, dass die Festsetzung des Vertragsinhalts allein bezogen auf die Vereinbarkeit mit bundesrechtlichen Bestimmungen zum Datenschutz zu beanstanden ist. Im Übrigen entspricht der Schiedsspruch den rechtlichen Anforderungen.

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aa) Einwände bezogen auf die Einhaltung verfahrensrechtlicher Anforderungen werden von den Beteiligten nicht geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich. Insbesondere durfte die Schiedsperson den Vertragsinhalt am 9.9.2010 festsetzen, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch ein Klageverfahren zur Frage der Rechtmäßigkeit der Bestimmung der Schiedsperson anhängig war. Da Klagen gegen die Bestimmung der Schiedsperson gemäß § 73b Abs 4a Satz 4 SGB V keine aufschiebende Wirkung haben, war die Schiedsperson trotz des anhängigen Klageverfahrens berechtigt (und verpflichtet), tätig zu werden(zur Bestellung einer Schiedsperson nach § 132a SGB V vgl BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 7 RdNr 27, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen).

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bb) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist nicht zu beanstanden, dass die Schiedsperson nicht allein den Beklagten zu 1. (Hausärzteverband, Landesverband Baden-Württemberg), sondern auch den Beklagten zu 2. (Medi Baden-Württemberg eV) als Vertragspartner der Klägerin in den Vertrag aufgenommen hat.

62

(1) Gemäß § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V sind die Krankenkassen verpflichtet, allein oder in Kooperation mit anderen Krankenkassen spätestens bis zum 30.6.2009 Verträge mit Gemeinschaften zu schließen, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der KÄV vertreten. Nur die so definierten Gemeinschaften von Allgemeinärzten sind gemäß § 73b Abs 4 Satz 2, Abs 4a Satz 1 SGB V berechtigt, die Einleitung eines Schiedsverfahrens zu verlangen. Diese Anforderungen müssen jedenfalls zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bzw der Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson erfüllt sein (so auch bereits Sächsisches LSG Urteil vom 11.4.2012 - L 1 KA 51/11 KL - Juris RdNr 27; LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 17.1.2011 - L 7 KA 66/10 B ER - Juris RdNr 5). Die genannten Voraussetzungen werden von den beiden Beklagten erfüllt.

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(2) Mit dem Begriff der Allgemeinärzte sind nicht alle nach § 73 Abs 1a SGB V an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte angesprochen. Vielmehr wird der Begriff übereinstimmend mit § 73 Abs 1a Nr 1 SGB V verwendet, sodass darunter nur die an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte fallen, die nach Landesrecht zur Führung der Bezeichnung "Arzt für Allgemeinmedizin" berechtigt sind. Vorbehaltlich landesrechtlicher Übergangsregelungen wird also eine fünfjährige Weiterbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin vorausgesetzt (Bäune in Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2013, § 73b RdNr 14; Engelmann in Prütting, Fachanwaltskommentar Medizinrecht, 3. Aufl 2014, § 73b SGB V RdNr 29a; Alemann/Scheffczyk, NZS 2012, 45, 46; Orlowski, ZMGR 2009, 124, 127; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 11.10.2010 - L 11 KA 61/10 B ER - GesR 2011, 32 = Juris RdNr 35 ff; Sächsisches LSG Urteil vom 11.4.2012 - L 1 KA 51/11 KL - Juris RdNr 31 ff; vgl auch BT-Drucks 16/10609 S 54). Diesen Begriff der "Allgemeinärzte" hat die Schiedsperson ihrer Prüfung, ob die og 50 %-Quote erreicht wird, zutreffend zugrunde gelegt. Dies wird auch von der Klägerin nicht in Zweifel gezogen.

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(3) Gemeinschaften, die die Einleitung eines Schiedsverfahrens beantragen können, müssen nach § 73b Abs 4 Satz 1 und 2, Abs 4a Satz 2 SGB V mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der KÄV "vertreten". Dass die Beklagten zu 1. und zu 2. gemeinsam diese Quote erfüllen, wird zu Recht auch von der Klägerin nicht in Frage gestellt. Der in § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V verwendete Begriff "vertreten" wird jedenfalls nicht als eine Vertretung im Sinne einer rechtsgeschäftlichen Handlung im fremden Namen(§ 164 BGB) verstanden werden können. Vielmehr schließen die in § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V bezeichneten Gemeinschaften die Verträge mit den Krankenkassen im eigenen Namen ab. Ausschlaggebend ist daher die Zahl der Mitglieder der Gemeinschaft (so auch die ganz hM vgl zB Klückmann in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2015, § 73b RdNr 13a; Huster, NZS 2010, 69, 70; Orlowski, ZMGR 2009, 124, 128; ders in Orlowski/Rau/Schermer/ Wasem/Zipperer, SGB V, Stand Dezember 2014, § 73b RdNr 37; Engelmann in Prütting, Fachanwaltskommentar Medizinrecht, 3. Aufl 2014, § 73b SGB V RdNr 31b; Sächsisches LSG Urteil vom 11.4.2012 - L 1 KA 51/11 KL - Juris RdNr 35; aA Kingreen/Temizel, ZMGR 2009, 134, 135). Wie in der Begründung des Schiedsspruchs im Einzelnen dargelegt wird, waren 3492 der insgesamt 5089 in Baden-Württemberg an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte für Allgemeinmedizin und damit deutlich mehr als die Hälfte Mitglied einer der beiden Beklagten. Allein bei dem Beklagten zu 1. (Hausärzteverband Baden-Württemberg) waren 2742 der in Baden-Württemberg zugelassenen Fachärzte für Allgemeinmedizin Mitglied. Weil mindestens 2566 Allgemeinärzte - und damit ebenfalls mehr als die Hälfte - die beiden Verbände auch mit dem Abschluss von Verträgen zur HzV beauftragt hatten, wäre die og Voraussetzung hier im Übrigen auch erfüllt, wenn eine Mandatierung erforderlich wäre.

65

Die Klägerin ist allerdings der Auffassung, dass jedenfalls der Beklagte zu 2. die gesetzlich geregelte Quote nicht erfüllen würde und dass dieser deshalb nicht als Vertragspartner der Klägerin in den Vertrag zur HzV hätte aufgenommen werden dürfen. Die Erfüllung der Quote sei bezogen auf jeden einzelnen Verband zu prüfen, sodass die gemeinsame Erfüllung durch mehrere Verbände nicht genüge. Dies trifft indes nicht zu. Zwar waren nur 1267 Allgemeinärzte und damit weniger als die Hälfte der in Baden-Württemberg zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Allgemeinärzte Mitglied des Beklagten zu 2. Darauf kommt es indes nicht an. Vielmehr genügt, dass beide Beklagten als Vertragspartner der Klägerin gemeinsam mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte vertreten und zum gemeinsamen Vertragsschluss zu identischen Konditionen bereit waren und sind.

66

Der Begriff der "Gemeinschaften" wird gesetzlich nicht definiert. Der entsprechende Begriff in § 741 BGB wird nach dem Sinn der Regelung offensichtlich nicht in Bezug genommen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass keine Beschränkung auf eine bestimmte Rechtsform beabsichtigt war und dass weder eine innere noch eine äußere Organisationsstruktur vorgegeben wird (ebenso Alemann/Scheffczyk, NZS 2012, 45, 46; Huster, NZS 2010, 69, 70; Bäune in Eichenhofer/Wenner, SGB V, § 73b RdNr 13; Orlowski, ZMGR 2009, 124, 126; Nebendahl in Spickhoff, Medizinrecht, 2. Aufl 2014, § 73b SGB V RdNr 16; vgl auch Bayerisches LSG Beschluss vom 27.6.2009 - L 12 KA 33/09 B ER - GesR 2009, 477, 480). Ausschlaggebend ist allein die soziale Mächtigkeit der Gemeinschaft und die daraus folgende Möglichkeit, eine flächendeckende Versorgung zu organisieren (Orlowski, ZMGR 2009, 124, 127 f; ders in Orlowski/Rau/Schermer/Wasem/Zipperer, SGB V, Stand Dezember 2014, § 73b RdNr 37; Huster, NZS 2010, 69, 70; Klückmann in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2015, § 73b RdNr 13a; aA Kingreen/Temizel, ZMGR 2009, 134, 135). Diese Auffassung wird insbesondere durch die in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 16/10609 S 53 f) zum Ausdruck kommende Zielsetzung der Regelung gestützt. Danach sollte mit der zum 1.1.2009 eingeführten Neuregelung durch das GKV-OrgWG vom 15.12.2008 (BGBl I 2426) das mit dem GKV-WSG eingeführte eigenständige Verhandlungsmandat der Gemeinschaft von Hausärzten gestärkt werden. Gemeinschaften, die die 50 %-Quote erfüllen, gewährleisteten, dass eine flächendeckende Sicherstellung mit Verträgen zur hausarztzentrierten Versorgung durch den Vertragsschluss erreicht werden könne. Unter Berücksichtigung dieser Zielsetzung ist davon auszugehen, dass sich Kooperationen nicht nur - wie ausdrücklich gesetzlich geregelt (§ 73b Abs 4 Satz 1 SGB V)- auf Seiten der Krankenkassen, sondern auch auf Seiten der Hausärzte an dem Vertrag zur HzV beteiligen können. Dem gesetzgeberischen Ziel, eine flächendeckende Sicherstellung mit Verträgen zur HzV zu erreichen, wird schon Rechnung getragen, wenn nicht jeder einzelne Verband, sondern nur die Kooperation von Hausarztverbänden die genannte Quote erfüllt (so auch das dem Schriftsatz der Klägerin vom 12.2.2015 als Anlage RK 29 übersandte "Ergebnisse der Besprechung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe vom 22.1.2009 zu Fragestellungen/Problemen im Zusammenhang mit § 73b SGB V in der Fassung vom 1.1.2009", S 3 unter III. 2.; ausdrücklich bezogen auf die beiden Beklagten des vorliegenden Verfahrens: Orlowski, ZMGR 2009, 124, 126; ders in Orlowski/Rau/Schermer/Wasem/Zipperer, SGB V, Stand Dezember 2014, § 73b RdNr 32).

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cc) Der durch die Schiedsperson festgesetzte Vertrag zur HzV verletzt nicht den Grundsatz der Beitragssatzstabilität aus § 71 Abs 1 Satz 1 SGB V. Entgegen der Auffassung der Klägerin findet dieser Grundsatz auf den vorliegenden, vor dem 22.9.2010 zustande gekommenen Vertrag keine Anwendung.

68

(1) In der hier maßgebenden Fassung des § 73b SGB V vor der Änderung durch das Gesetz zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-FinG) vom 22.12.2010 (BGBl I 2309) war die Geltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität für die HzV nicht geregelt. Die Einfügung des § 73 Abs 5a SGB V mit dem GKV-FinG, in dessen Satz 1 bestimmt wird, dass bei der zwischen den Krankenkassen und den die Allgemeinärzte vertretenden Gemeinschaften der Grundsatz der Beitragssatzstabilität nach § 71 SGB V zu beachten ist, gilt ausdrücklich nur für nach dem 22.9.2010 zustande gekommene Verträge. Der hier zu beurteilende Vertrag ist bereits mit der Festsetzung durch die Schiedsperson vom 9.9.2010 und damit bis zum 22.9.2010 zustande gekommen.

69

Die Beschränkung der Geltungsdauer der Bestandsschutzregelung nach § 73b Abs 5a Satz 5 SGB V idF des GKV-FinG auf die Zeit bis zum 30.6.2014 greift nicht ein, weil diese Frist nur für Anschlussvereinbarungen und nicht für den hier zu beurteilenden, bis zum 22.9.2010 geschlossenen Vertrag selbst gilt. Im Übrigen ist § 73b Abs 5a SGB V mit dem dort geregelten Grundsatz der Beitragssatzstabilität durch das Vierzehnte Gesetz zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch(14. SGB V-Änderungsgesetz - 14. SGB V-ÄndG) vom 27.3.2014 (BGBl I 261) mWv 1.4.2014 aufgehoben worden, sodass diese Regelung auch im Falle einer Kündigung des Vertrages zur HzV keine Wirkung mehr entfalten könnte.

70

§ 73b SGB V in der hier maßgebenden Fassung unterscheidet sich damit zB von der die Gesamtvergütung betreffenden Bestimmung des § 85 Abs 3 Satz 2 SGB V idF vor der Änderung durch das GKV-VStG zum 1.1.2013, der die Beachtung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität (§ 71 SGB V) für die Vereinbarung der Veränderungen der Gesamtvergütungen anordnete. Allein der Umstand, dass es in § 73b SGB V an einer entsprechenden ausdrücklichen Regelung für die HzV fehlt, schließt die Geltung dieses Grundsatzes allerdings noch nicht aus. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass der Grundsatz der Beitragssatzstabilität allgemein für die im Vierten Kapitel des SGB V geregelten Vergütungsvereinbarungen gilt, ohne dass es einer auf die jeweilige Vergütungsvereinbarung bezogenen speziellen Regelung bedarf. Dies hat der Senat insbesondere aus dem Standort des § 71 SGB V im Abschnitt "Allgemeine Grundsätze" des Vierten Kapitels abgeleitet(BSG SozR 4-2500 § 88 Nr 1 RdNr 17). Bei dem Grundsatz der Beitragssatzstabilität handelt es sich um eine verbindliche gesetzliche Vorgabe, die auch bei Schiedssprüchen zu beachten ist und die eine verbindliche Grenze für Vergütungsvereinbarungen darstellt (vgl BSGE 86, 126, 135 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 37 S 296 f; BSG SozR 4-2500 § 88 Nr 1 RdNr 15 f mwN).

71

Dies gilt jedoch nur, soweit keine Ausnahme eingreift. Solche Ausnahmen und Einschränkungen sind für unterschiedliche Vergütungsvereinbarungen im Vierten Kapitel des SGB V enthalten. So gilt nach § 87a Abs 3 Satz 2 letzter Halbsatz SGB V in der Fassung des GKV-WSG der vereinbarte Behandlungsbedarf als "notwendige medizinische Versorgung" im Sinne des § 71 Abs 1 Satz 1 SGB V mit der Folge, dass die Beschränkungen aus dem Grundsatz der Beitragssatzstabilität für Gesamtvergütungen in der vertragsärztlichen Versorgung seit 2009 insoweit nicht eingreifen(vgl BSG SozR 4-2500 § 87a Nr 2 RdNr 41). Für die integrierte Versorgung bestimmt § 140b Abs 4 Satz 2 SGB V, dass der Grundsatz der Beitragssatzstabilität nicht für Verträge gilt, die bis zum 31.12.2008 geschlossen worden sind. Für die zahnärztliche Versorgung ist der Grundsatz der Beitragssatzstabilität mit der Änderung des § 85 Abs 3 Satz 2 SGB V zwar nicht aufgehoben, aber eingeschränkt worden, indem nicht mehr die Beachtung, sondern nur noch dessen Berücksichtigung vorgeschrieben wird(vgl dazu Axer, GesR 2013, 135, 138 f). Eine ähnliche Einschränkung enthält § 134a Abs 1 Satz 2 SGB V für die Versorgung mit Hebammenhilfe.

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Für die HzV folgt eine Ausnahme vom Grundsatz der Beitragssatzstabilität aus § 73b Abs 5 Satz 4 SGB V. Danach können Einzelverträge Abweichungen von den Vorschriften "dieses Kapitels" - also des Vierten Kapitels des SGB V - sowie den nach diesen Vorschriften getroffenen Regelungen regeln. Das Vierte Kapitel umfasst die §§ 69 bis 140h SGB V und damit auch § 71 Abs 1 Satz 1 SGB V(so auch Alemann/Scheffczyk, NZS 2012, 45, 48; ähnlich Bogan, Der Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen, 2012, S 257 f; LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 3.11.2011 - L 3 KA 104/10 B ER - GesR 2012, 35, 38).

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Eine Geltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität kann entgegen der Auffassung von Ebsen aus dem von der Klägerin vorgelegten Gutachten (Rechtliche Anforderungen an das Handeln der Schiedsperson für die Festlegung des Inhalts des Vertrages über die hausarztzentrierte Versorgung nach § 73b Abs 4a SGB V, Rechtsgutachten im Auftrag des AOK-Bundesverbandes aus Juli 2009, unveröffentlicht, RdNr 55) auch nicht aus dem Umstand hergeleitet werden, dass § 140b Abs 4 Satz 2 SGB V die Nichtgeltung für die Verträge zu integrierten Versorgungsformen ausdrücklich anordnet, während § 73b Abs 5 Satz 4 SGB V für die HzV nur allgemein Ausnahmen von den Vorschriften des Vierten Kapitels zulässt. Zwar trifft es zu, dass sich der Gesetzgeber nach der Gesetzesbegründung zur Einführung des § 73b Abs 5 Satz 4 SGB V mit dem GKV-WSG ua an § 140b Abs 4 Satz 1 SGB V anlehnen wollte(BT-Drucks 16/3100, S 112), der Abweichungen von den Vorschriften ua des Vierten Kapitels betrifft. § 140b Abs 4 Satz 2 SGB V, der die Nichtgeltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität für die integrierte Versorgung ausdrücklich regelt, bleibt in der Gesetzesbegründung zu § 73b Abs 5 Satz 4 SGB V hingegen unerwähnt. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass § 73b Abs 5 Satz 4 SGB V Abweichungen von den Vorschriften des Vierten Kapitels nur mit Ausnahme des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität zulassen würde. Im Wortlaut der Regelung findet eine solche einschränkende Auslegung keine Grundlage. Der im Gutachten von Ebsen gezogene Vergleich zwischen den für die HzV und den für die integrierte Versorgung geltenden Regelungen berücksichtigt zudem nicht hinreichend, dass § 140b Abs 4 Satz 1 SGB V Abweichungen von den Vorschriften ua des Vierten Kapitels des SGB V nicht umfassend, sondern nur insoweit zulässt, als "die abweichende Regelung dem Sinn und der Eigenart der integrierten Versorgung entspricht, die Qualität, die Wirksamkeit und die Wirtschaftlichkeit der integrierten Versorgung verbessert oder aus sonstigen Gründen zu ihrer Durchführung erforderlich ist". Da § 73b Abs 5 Satz 4 SGB V Abweichungen von den Vorschriften des Vierten Kapitels umfassend zulässt, bedurfte es keiner § 140b Abs 4 Satz 2 SGB V entsprechenden speziellen Regelung zur Nichtgeltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität. Im Übrigen vertritt auch Ebsen nicht die Auffassung, dass die Krankenkassen bei Verträgen zur HzV den Grundsatz der Beitragssatzstabilität umfassend zu beachten hätten. Vielmehr will er den "unternehmerisch" im Wettbewerb stehenden Krankenkassen für freiwillige Vereinbarungen einen größeren Spielraum zubilligen und lediglich den Gestaltungsspielraum der Schiedsperson beschränken (vgl RdNr 31 ff, 61 des Gutachtens). Indes ist die Gestaltungsfreiheit der Schiedsperson nicht geringer als diejenige der Vertragspartner bei einer im Wege freier Verhandlung erzielten Vereinbarung. Insofern gilt für Schiedssprüche von Schiedspersonen nichts anderes als für solche der Schiedsämter (vgl zum Gestaltungsspielraum von Schiedsämtern BSG SozR 4-2500 § 87a Nr 2 RdNr 36; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 73 RdNr 15; BSGE 86, 126, 134 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 37 S 295 mwN).

74

Etwas anderes folgt auch nicht aus § 73b Abs 8 SGB V in der hier maßgebenden Fassung des GKV-WSG, die im Übrigen mit der seit dem 1.4.2014 (wieder) geltenden Fassung des 14. SGB V-ÄndG übereinstimmt. Nach dieser Vorschrift können die Parteien des Vertrages zur HzV vereinbaren, dass Aufwendungen für Leistungen, die über die hausärztliche Versorgung nach § 73 SGB V hinausgehen und insoweit nicht unter die Bereinigungspflicht nach § 73b Abs 7 SGB V fallen, aus Einsparungen und Effizienzsteigerungen finanziert werden, die aus den Maßnahmen von Verträgen nach § 73b Abs 4 SGB V erzielt werden. Aus der Formulierung "können vereinbaren" folgt, dass es sich nicht um eine für die Vertragspartner verbindliche Vorgabe handelt. Damit übereinstimmend hat der Gesundheitsausschuss, auf dessen Empfehlung die Regelung mit dem GKV-WSG eingeführt worden ist, zur Begründung angegeben, dass es sich um eine Klarstellung handele. In den Verträgen zu HzV könne vereinbart werden, zusätzliche Vergütungen durch Einsparungen zB bei den veranlassten und verordneten Leistungen zu generieren (BT-Drucks 16/4247 S 36).

75

Dass der Grundsatz der Beitragssatzstabilität für die bis zum 22.9.2010 zustande gekommenen Verträge zur HzV keine Geltung beansprucht, findet seine Bestätigung in der Änderung des § 73b SGB V mit dem GKV-FinG. Der mit diesem Gesetz neu eigeführte § 73b Abs 5a SGB V sah in Satz 1 eine Geltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität ausdrücklich nur für die nach dem 22.9.2010 zustande gekommenen Verträge vor. Ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 17/3040 S 23) entsprach es auch dem Willen des Gesetzgebers, die bis zum 22.9.2010 zustande gekommenen Verträge zur HzV von der Geltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität auszunehmen. Danach sollte es für diese Verträge bei der "im bisherigen Recht angelegten Vertragsfreiheit der Vertragsparteien auch im Hinblick auf die Vergütungshöhe" bleiben.

76

Auch die Motive, die den Gesetzgeber nach der Gesetzesbegründung zum 14. SGB V-ÄndG (BT-Drucks 18/606 S 11) zur Aufhebung des § 73b Abs 5a SGB V und zur "Rückführung" des Abs 8 auf die vor dem GKV-FinG geltende Fassung mWv 1.4.2014 veranlasst haben, sprechen dafür, dass es sich bei den Änderungen durch das GKV-FinG - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht nur um eine Klarstellung bezogen auf den ohnehin geltenden Grundsatz der Beitragssatzstabilität gehandelt hat, sondern dass dieser Grundsatz im Bereich der HzV allein aufgrund des - mit dem 14. SGB V-ÄndG wieder aufgehobenen - § 73b Abs 5a SGB V und damit auch nur für die nach dem 22.9.2010 zustande gekommenen Verträge zur HzV galt. Nach der Begründung der Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses, auf die die Änderung zurückgeht, sollten die mit dem GKV-FinG eingeführten Vergütungsbeschränkungen wieder aufgehoben werden, "da sie sich als Hemmnis für den Abschluss von Verträgen über eine hausarztzentrierte Versorgung erwiesen haben". Die Vertragspartner sollten - auch für Vereinbarungen über solche Leistungen, die über die hausärztliche Versorgung nach § 73 SGB V hinausgehen - die Möglichkeit erhalten, Vergütungsvereinbarungen zu treffen, ohne hierbei starren Begrenzungen zu unterliegen. Entscheidend sei, dass der Vertrag "insgesamt dem allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebot" entspreche. Die Gestaltungsspielräume der Vertragspartner sollten bezogen auf die Vergütung erweitert und die Möglichkeiten zur Entwicklung innovativer Versorgungskonzepte verbessert werden.

77

(2) Entgegen der Auffassung der Klägerin kann die Geltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität für die Vergütung in der HzV auch nicht aus den für die für Wahltarife geltenden Bestimmungen des § 53 Abs 3, Abs 9 SGB V hergeleitet werden. Allerdings weist die Klägerin zutreffend darauf hin, dass die Krankenkassen nach § 53 Abs 3 SGB V verpflichtet sind, in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen - ua nach § 73b SGB V - teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Daran anknüpfend schreibt § 53 Abs 9 Satz 1 SGB V vor, dass die Aufwendungen für jeden Wahltarif jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden müssen. Danach sei - so die Klägerin - der Abschluss eines Hausarztvertrages ausgeschlossen, der Mehrkosten vorsehe, ohne dass deren Gegenfinanzierung gesichert sei. Der vorliegende Vertrag zur HzV enthalte Regelungen zu Mehrausgaben, deren Gegenfinanzierung spekulativ bleibe.

78

Indes betrifft die Regelung zu den Wahltarifen das Verhältnis der Krankenkassen zu den Versicherten und nicht das Leistungserbringungsrecht. Ein Verstoß gegen die Vorgaben des § 53 Abs 9 SGB V könnte deshalb nur die Rechtsmäßigkeit der Satzung der Krankenkasse berühren und nicht die Rechtmäßigkeit des Vertrages zur HzV(so auch Alemann/Scheffczyk, NZS 2012, 45, 48; vgl Mehdorn, ZMGR 2012, 3, 12; ebenso bezogen auf einen Vertrag nach § 73c SGB V: SG Berlin Urteil vom 13.10.2010 - S 83 KA 443/08 - MedR 2011, 124, 128). Dies räumt auch Ebsen in dem von der Klägerin vorgelegten Gutachten (aaO, RdNr 74) im Grundsatz ein, macht jedoch geltend, dass es den Kassen auch bei Verträgen mit Leistungserbringern selbstverständlich verboten sei, Vereinbarungen zu treffen, die zu einem Verstoß gegen ihre Pflichten im Versicherungsverhältnis führten. Dem kann zwar im Grundsatz zugestimmt werden. Der Senat hat Bedenken gegen die Auffassung des SG München aus der Entscheidung vom 16.7.2014 (S 28 KA 696/12 - Juris RdNr 47 f), nach der ein Vertrag zur HzV bereits deshalb nicht gegen § 53 Abs 9 SGB V verstoßen könne, weil die möglicherweise durch diesen Vertrag verursachten Mehrkosten keine "Aufwendungen für den Wahltarif" im Sinne des § 53 Abs 9 Satz 1 SGB V seien und dass diese deshalb auch nicht durch Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen gegenfinanziert werden müssten. Der Begriff der "Aufwendungen für den Wahltarif" dürfte im Grundsatz umfassender zu verstehen sein als das SG München annimmt (zu Mindereinnahmen als "Aufwendungen für den Wahltarif" vgl BSGE 109, 230 = SozR 4-2500 § 53 Nr 2, RdNr 21). Für das vorliegende Verfahren kommt es darauf indes nicht an. Jedenfalls kann die eindeutige Entscheidung des Gesetzgebers gegen die Geltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität in der HzV nicht über das Verbot der Quersubventionierung von Wahltarifen aus § 53 Abs 9 SGB V unterlaufen werden(in dieser Richtung auch LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 3.11.2011 - L 3 KA 104/10 B ER - GesR 2012, 35 = Juris RdNr 48). Maßgebend ist die - für das Leistungserbringungsverhältnis vorrangige - Regelung des § 73b SGB V. Daher ist § 53 Abs 9 SGB V insoweit einschränkend auszulegen. Soweit die Vertragspartner des HzV von der Gestaltungsfreiheit Gebrauch machen, die der Gesetzgeber ihnen mit der bereichsspezifischen Ausnahme vom Gebot der Beitragssatzstabilität einräumen wollte, kann allein darin kein Verstoß gegen das Verbot der Quersubventionierung aus § 53 Abs 9 SGB V liegen.

79

(3) Die für die HzV geltende Ausnahme vom Grundsatz der Beitragssatzstabilität und die daraus folgende Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 53 Abs 9 SGB V begegnet entgegen der Auffassung der Klägerin auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Zutreffend weist die Klägerin darauf hin, dass sich die Sozialversicherungsbeiträge durch eine strenge grundrechtlich und kompetenzrechtlich begründete Zweckbindung auszeichnen und dass die unter Eingriff in das Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit aus Art 2 Abs 1 GG zustande gekommene Zwangsmitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung die Auferlegung nur solcher Geldleistungen zu rechtfertigen vermag, die ihren Grund und ihre Grenze in den zwingenden Aufgaben der Sozialversicherung finden (vgl BVerfGE 113, 167, 203 = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 55). Die Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung ist in einem Sozialstaat überragend wichtiges Gemeinschaftsgut (BVerfGE 114, 196, 248 = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 RdNr 139). Daraus folgt jedoch nicht, dass der in § 71 Abs 1 Satz 1 SGB V definierte Grundsatz der Beitragssatzstabilität von der Verfassung vorgegeben wäre(zur Einschränkung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität in der vertragszahnärztlichen Versorgung vgl Axer, GesR 2013, 135, 140). Vielmehr hat der Gesetzgeber im Spannungsverhältnis zwischen dem Schutz der Freiheit des Einzelnen und den Anforderungen einer sozialstaatlichen Ordnung nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG einen weiten Gestaltungsspielraum (BVerfGE 114, 196, 248 = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 RdNr 139; BVerfGE 113, 167, 215 = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 86; BVerfGE 103, 172, 185 = SozR 3-5520 § 25 Nr 4 S 27; BVerfGE 44, 70, 89 = SozR 5420 § 94 Nr 2 S 2). Sozialpolitische Entscheidungen des Gesetzgebers sind von der Rechtsprechung zu akzeptieren, solange seine Entscheidungen weder offensichtlich fehlsam noch mit der Wertordnung des Grundgesetzes unvereinbar sind (BVerfGE 113, 167, 215 = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 86; BVerfGE 89, 365, 376 = SozR 3-2200 § 385 Nr 4 S 4).

80

Das Ziel der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung hat der Gesetzgeber mit der Einführung der HzV nicht in Frage gestellt. Im Gegenteil ist die Verpflichtung der Krankenkassen, ihren Versicherten eine flächendeckende hausarztzentrierte Versorgung zur Verfügung zu stellen, mit dem Ziel eingeführt worden, die Versorgungsqualität zu verbessern und Wirtschaftlichkeitsreserven ua durch Verbesserungen im Bereich Pharmakotherapie, durch den Einsatz von wissenschaftlich begründeten und praxiserprobten hausärztliche Leitlinien und durch eine zielgerichtetere Fortbildung zu erschließen (vgl BT-Drucks 16/3100 S 111 f). Auf die Geltung von Vorschriften des Vierten Kapitels einschließlich des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität hat der Gesetzgeber dabei im Interesse eines weiten Gestaltungsspielraums der Vertragspartner und in der Erwartung verzichtet, dass dieser unter der Beteiligung der Krankenkassen als Vertragspartner im Sinne der og Zielsetzung ausgefüllt wird. Anhaltspunkte dafür, dass diese Erwägungen offensichtlich unzutreffend oder aus anderen Gründen mit der Wertordnung der Verfassung unvereinbar wären, sind weder von der Klägerin vorgetragen noch sonst ersichtlich. Bei der Einführung neuer Strukturen im Bereich der Leistungserbringung wie dem flächendeckenden Angebot einer HzV können die finanziellen Auswirkungen regelmäßig nicht mit Sicherheit prognostiziert werden. Allein daraus folgt jedoch noch keine Überschreitung des Handlungsspielraums des Gesetzgebers.

81

Auch eine Ungleichbehandlung der Versicherten und damit ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art 3 Abs 1 GG ist mit der Einführung der HzV entgegen der Auffassung der Klägerin nicht verbunden, soweit alle Krankenkassen ihrer gesetzlichen Pflicht aus § 73b Abs 1 SGB V nachkommen, ihren Versicherten eine HzV anzubieten, weil dann alle Versicherten die Möglichkeit haben, diese Leistung in Anspruch zu nehmen. Mit der vorliegenden Entscheidung stellt der Senat klar, dass die Klägerin dieser bereits seit Inkrafttreten der Änderungen durch das GKV-WSG zum 1.4.2007 gesetzlich geregelten Verpflichtung nachzukommen hat.

82

dd) Zu beachten bleibt das allgemeine Wirtschaftlichkeitsgebot, das seine Grundlage nicht allein in § 70 Abs 1 SGB V und damit einer Vorschrift aus dem nach § 73b Abs 5 Satz 4 SGB V nicht zwingend anwendbaren Vierten Kapitel, sondern auch in § 2 Abs 4, § 12 SGB V hat. Danach müssen die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Für die Geltung des allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebots spricht im Übrigen die Begründung der der Streichung des § 73b Abs 5a SGB V mit dem 14. SGB V-ÄndG zugrunde liegenden Empfehlung des Gesundheitsausschusses (BT-Drucks 18/606 S 11). Danach bleibt entscheidend, "dass der Vertrag insgesamt dem allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebot entspricht". Dagegen gilt die mit der Änderung des § 73b Abs 5 Satz 1 SGB V durch das 14. SGB V-ÄndG eingeführte Verpflichtung, Wirtschaftlichkeitskriterien und Maßnahmen bei Nichteinhaltung der vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien sowie Regelungen zur Qualitätssicherung zu vereinbaren, nicht für den vorliegenden, am 9.9.2010 festgesetzten Vertrag zur HzV, sondern nur für Verträge, die nach dem 31.3.2014 zustande gekommen sind.

83

Der von der Schiedsperson festgesetzte Vertrag entspricht dem allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebot. Dabei ist zu berücksichtigen, dass gerade in der Phase der Einführung der flächendeckenden HzV keine hohen Anforderungen an die Prognose der wirtschaftlichen Auswirkungen gestellt werden können. Für die Rechtmäßigkeit der Festsetzung durch die Schiedsperson ist ausschlaggebend, dass die für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wesentlichen Gesichtspunkte erkannt, gegeneinander abgewogen worden sind und Eingang in die Begründung gefunden haben. Die Anforderungen an die Begründung dürfen auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Schiedsperson keinen eigenen Verwaltungsapparat unterhält, nicht überspannt werden (BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5, RdNr 38). Den so definierten Anforderungen wird die ausführliche Begründung der Entscheidung der Schiedsperson ohne Weiteres gerecht. Dabei wird - wie die Klägerin zutreffend geltend macht - in der Begründung des Schiedsspruchs nicht in Zweifel gezogen, dass zB mit der vorgesehenen kontaktunabhängigen Pauschale (65 Euro pro Versichertenteilnahmejahr) oder der Chronikerpauschale (30 Euro maximal einmal pro Quartal und maximal 4-mal pro Versichertenteilnahmejahr) Vergütungstatbestände in die HzV aufgenommen worden sind, die im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen keine Entsprechung finden und dass insgesamt mit einer Erhöhung des Fallwertes zu rechnen ist. Prognostiziert wird eine Erhöhung um 12,38 Euro im Vergleich zur Regelversorgung. Ferner wird ausgeführt, dass die dadurch verursachten Kosten und auch die erzielten Einsparungen nicht genau zu prognostizieren seien. Allerdings gebe es mit der Vergütungsobergrenze nach § 10 Abs 9 des Vertrages (76 Euro) Regelungen, die geeignet seien, das Risiko der Krankenkassen zu begrenzen. Einsparungen könnten ua aufgrund der Verpflichtung der Versicherten erwartet werden, Fachärzte nur auf Überweisung in Anspruch zu nehmen. Dies führe zur Vermeidung von Doppeluntersuchungen. Zudem müsse davon ausgegangen werden, dass jeder Facharztbesuch auch Folgekosten bei den veranlassten Leistungen nach sich ziehe, sodass eine - medizinisch vertretbare - verminderte Inanspruchnahme von Überweisungen zu Fachärzten auch geringere Folgekosten bedinge. Ein gewisses Einsparpotenzial ergebe sich des Weiteren durch die Verpflichtung der Hausärzte, bei der Arzneimittelversorgung die von den Vertragspartnern der HzV zur Verfügung gestellte Software zu verwenden, die gerade bei Original-Präparaten ermöglichen solle, dass der Hausarzt wirtschaftliche Verordnungen vornehmen könne. Insgesamt werden finanzielle Risiken und Einsparpotenziale in der Begründung des Schiedsspruchs ausführlich dargestellt und gegeneinander abgewogen. Auf dieser Grundlage und unter Berücksichtigung erster Erfahrungen mit ähnlichen Verträgen (Vertrag der BKK-Vertragsarbeitsgemeinschaft für Baden-Württemberg, AOK Bayern-Vertrag) kommt die Schiedsperson nachvollziehbar zu der Einschätzung, dass in Umsetzung des Vertrages eine wirtschaftliche Leistungserbringung durch die teilnehmenden Hausärzte erwartet werden kann.

84

ee) Dagegen kann die Klägerin auch nicht mit Erfolg einwenden, dass die Schiedsperson lediglich einen unvollständigen "Vertragstorso" festgesetzt habe. Zwar trifft es zu, dass die Schiedsperson die vorgesehenen Anlagen zum Vertrag nicht vollständig festgesetzt, sondern teilweise der weiteren Vereinbarung durch die Vertragsparteien überlassen hat (etwa zum Hilfsmittelmanagement und zu verschiedenen Vergütungszuschlägen, die ua eine wirtschaftliche Verordnungsweise fördern sollen). Gerade in der Anfangsphase nach Einführung der flächendeckenden HzV ist jedoch nicht zu beanstanden, wenn die Vertragsparteien in der Phase der Umsetzung des Vertrages weitere Konkretisierungen und Ergänzungen vornehmen. Ausschlaggebend für die Rechtmäßigkeit des Vertrages zur HzV ist allein, ob dieser in der vorliegenden Form umgesetzt werden kann. Daran hat der Senat keine Zweifel.

85

ff) Auch der Einwand der Klägerin, die Schiedsperson habe in Verkennung des rechtlichen Rahmens angenommen, dass die HzV nur als Vollversorgungsvertrag und nicht als sog Add-on-Vertrag vereinbart werden dürfe, sie habe dadurch ihren Gestaltungsspielraum verkannt und dies allein führe zur Rechtswidrigkeit des Schiedsspruchs, greift nicht durch. Dass die HzV jedenfalls auch in der Form eines sog Vollversorgungs- oder Bereinigungsvertrages vereinbart werden kann, der die bisherige Regelversorgung nach § 73 SGB V umfasst und diese nicht lediglich ergänzt, unterliegt keinem Zweifel. Auf die umstrittene Frage, ob eine HzV in Form eines sog Add-on-Vertrages den gesetzlichen Vorgaben entsprechen würde (gegen die Rechtmäßigkeit von Add-on-Verträgen auf der Grundlage des § 73b SGB V: Hess in Kasseler Komm, Stand Dezember 2014, § 73b SGB V RdNr 3; Alemann/Scheffczyk, NZS 2012, 45, 47; Klückmann in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2015, § 73b RdNr 27 f; mit dieser Tendenz auch Engelmann in Prütting, Fachanwaltskommentar Medizinrecht, 3. Aufl 2014, § 73b SGB V RdNr 8 ff; ähnlich: Sproll in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Stand Februar 2015, § 73b SGB V RdNr 8: "Beide Versorgungsformen schließen sich gegenseitig aus" sowie Orlowski, ZMGR 2009, 124, 125: HzV als "eigenständig zu regelnde einzelvertragliche Versorgung"; anders jedoch Huster, SGb 2010, 253 ff; ders in Becker/Kingreen, SGB V, 4. Aufl 2014, § 73b RdNr 21; Bäune in Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2013, § 73b RdNr 6; SG Marburg Urteil vom 3.8.2011 - S 12 KA 237/10 - Juris RdNr 29 ff), kommt es für die Entscheidung nicht an. Jedenfalls hat die Schiedsperson mit der Festsetzung eines Vollversorgungsvertrages ihren möglichen Entscheidungsspielraum nicht überschritten. In der Begründung des Schiedsspruchs wird die Auffassung vertreten, dass allein die Vereinbarung eines Vollversorgungsvertrages der Intention des Gesetzgebers entsprechen würde. Die Frage, ob deshalb ein Add-on-Vertrag rechtswidrig wäre, wird aber letztlich offengelassen. Die Schiedsperson weist zur weiteren Begründung ua darauf hin, dass sie sich in Ausübung ihres billigen Ermessens für einen Vollversorgungsvertrag entschieden habe, weil dieser den Krankenkassen und den Hausarztgemeinschaften die Möglichkeit eröffne, strukturelle Verbesserungen in der Leistungserbringung für die Versicherten vorzunehmen, während Add-on-Verträge nur punktuelle Ansätze böten. Damit hat die Schiedsperson die Entscheidung für einen Vollversorgungsvertrag den Anforderungen entsprechend begründet.

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gg) Der Vertrag ist auch nicht rechtswidrig, soweit er in § 6 sowie in den Anlagen 4 und 6 Regelungen zur Teilnahme der Versicherten an der HzV enthält, die in einzelnen Punkten (Verbleib des Originals der Teilnahmeerklärung bei der Krankenkasse oder in der Arztpraxis, Frist zwischen der Abgabe der Teilnahmeerklärung und dem Beginn der Teilnahme des Versicherten, Kündigungsfrist für die Teilnahme, Frist für den Wechsel des Hausarztes, ua) vom Inhalt der Satzung der Klägerin abweichen. Zwar trifft der Einwand der Klägerin zu, dass die Krankenkassen gemäß § 73b Abs 3 Satz 4 SGB V idF des GKV-WSG (heute: Satz 7) bisher(zu der im Entwurf eines GKV-VSG vorgesehenen Änderung vgl BT-Drucks 18/4095 S 16 f zu Art 1 Nr 27 Buchst a) verpflichtet sind, das Nähere zur Durchführung der Teilnahme der Versicherten, insbesondere zur Bindung an den gewählten Hausarzt, zu weiteren Ausnahmen von dem Überweisungsgebot und zu den Folgen bei Pflichtverstößen der Versicherten, in ihren Satzungen zu regeln. Auf der anderen Seite setzt jedoch auch das Angebot einer HzV, das durch Verträge nach § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V flächendeckend gewährleistet werden soll, Regelungen zur Teilnahme der Versicherten voraus, sodass diese idR auch Gegenstand des Vertrages zur HzV sein werden. Bei der Entscheidung, ob die vertraglichen Regelungen zur Teilnahme der Versicherten an der Satzung der Krankenkasse auszurichten sind oder ob umgekehrt die Krankenkasse ihre Satzung dem Inhalt der Verträge anzupassen hat, ist zu berücksichtigen, dass die Verträge zur HzV über die Festlegung durch eine Schiedsperson ggf auch gegen den Willen der Krankenkassen zustande kommen sollen. Dies steht einer Auslegung dahin entgegen, dass die Krankenkassen der anderen Partei des Vertrages zur HzV die Regelungen zur Teilnahme der Versicherten durch ihre Satzung einseitig vorgeben könnten. Ferner ist von Bedeutung, dass durch die Änderung des § 79 Abs 1 SGB V mWv 1.1.2005 bezogen auf die Vertretungskompetenz - die die Vertretung beim Abschluss von Selektivverträgen einschließt - ein originärer Aufgabenbereich des Vorstands der Krankenkassen geschaffen werden sollte, der nicht vollständig der Gestaltungsmacht der Vertreterversammlung unterworfen ist (BSGE 114, 274 = SozR 4-2500 § 81 Nr 7, RdNr 33, 37 ff). Auch dies spricht dagegen, dass Inhalte des Vertrages zur HzV durch die von der Vertreterversammlung verabschiedete Satzung der Krankenkasse einseitig vorgegeben werden könnten. Daher sind Regelungen des Vertrages zur HzV zur Teilnahme der Versicherten nicht bereits rechtswidrig, wenn sie vom Inhalt der Satzung der Krankenkasse abweichen. Vielmehr ist - wie das LSG bereits zutreffend ausgeführt hat - die Krankenkasse verpflichtet, ihre Satzung dem Inhalt des Vertrages anzupassen (ebenso: Alemann/Scheffczyk, NZS 2012, 45, 50).

87

Die im Vertrag zur HzV getroffenen Bestimmungen zur Teilnahme der Versicherten müssen danach zwar nicht mit dem Inhalt der Satzung der Krankenkasse übereinstimmen, aber die übrigen gesetzlichen und untergesetzlichen Bestimmungen zur Teilnahme der Versicherten beachten. Bezogen auf den hier in erster Linie maßgebenden Zeitpunkt der Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson ist der durch die Schiedsperson festgesetzte Vertrag zur HzV auch insoweit nicht zu beanstanden. Allerdings werden bei der bevorstehenden Durchführung des Vertrages die in der Zwischenzeit eingetretenen gesetzlichen Änderungen zu berücksichtigen sein. Eine entsprechende Verpflichtung zur Anpassung ist in den Schlussbestimmungen des Vertrages (§ 22 Abs 2) geregelt und folgt im Übrigen aus § 59 Abs 1 Satz 1 SGB X. Neben der Berücksichtigung der mit dem Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten vom 20.2.2013 (BGBl I 277) eingeführten Bestimmungen zum Widerrufsrecht der Versicherten (§ 73b Abs 3 Satz 3 bis 6 SGB V) gehört dazu auch die Beachtung der am 26.8.2013 in Kraft getretenen Vorgaben zur Abgabe der Teilnahmeerklärung aus der Richtlinie des GKV-Spitzenverbandes nach § 217f Abs 4a SGB V.

88

hh) Der Rechtmäßigkeit der Festlegung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson steht nicht entgegen, dass zuvor keine Auftragsvergabe nach den Vorschriften des Vergaberechts durchgeführt worden ist. Zwar fanden gemäß § 69 Abs 2 Satz 1 SGB V in der hier maßgebenden seit dem 18.12.2008 geltenden Fassung des GKV-OrgWG die die Vergabe öffentlicher Aufträge betreffenden Vorschriften der §§ 97 bis 115 und 128 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) auf die in § 69 Abs 1 Satz 1 SGB V genannten Rechtsbeziehungen der Krankenkassen ausdrücklich Anwendung, soweit die dort genannten Voraussetzungen erfüllt waren. Dies galt nach § 69 Abs 2 Satz 2 SGB V jedoch nicht für Verträge von Krankenkassen oder deren Verbänden mit Leistungserbringern, zu deren Abschluss die Krankenkassen oder deren Verbände gesetzlich verpflichtet sind und bei deren Nichtzustandekommen eine Schiedsamtsregelung gilt. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Festsetzung des Vertragsinhalts durch eine Schiedsperson als "Schiedsamtsregelung" in diesem Sinne zu verstehen ist und ob Satz 2 damit der Anwendbarkeit der §§ 97 ff GWB entgegensteht. Unabhängig von dieser ohnehin nur klarstellenden (vgl BT-Drucks 16/10609 S 52) Beschränkung der Anwendbarkeit wettbewerbsrechtlicher Bestimmungen, die sich im Übrigen seit der Änderung durch das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung (Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz - AMNOG) vom 22.12.2010 (BGBl I 2262) nicht mehr auf die Vorschriften des Vierten Teils des GWB (§§ 97 ff GWB) bezieht (vgl jetzt § 69 Abs 2 Satz 4 SGB V), kann ein öffentlicher Auftraggeber dem Kartellvergaberecht nur unterworfen sein, wenn dieser eine Auswahl zwischen verschiedenen Vertragspartnern hat (Kaltenborn, GesR 2011, 1, 2; Engelmann in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, Stand Oktober 2013, § 69 RdNr 141; vgl zur Rechtslage vor der Änderung durch das AMNOG: Sormani-Bastian, ZESAR 2010, 13). Daran hat sich im Übrigen auch durch die neuen europäischen Vergaberichtlinien nichts geändert. Nach Erwägungsgrund 13 der Richtlinie 2014/23/EU vom 26.2.2014 über die Konzessionsvergabe (ABl L 94, 1) sollen Regelungen, nach denen ohne gezielte Auswahl alle Wirtschaftsteilnehmer, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen, berechtigt sind, eine bestimmte Aufgabe wahrzunehmen, nicht als Konzessionen gelten. Das betrifft auch Regelungen aufgrund einer Vereinbarung zwischen Behörde und Wirtschaftsunternehmen. Nichts anderes gilt, soweit der Vertrag zur HzV europarechtlich nicht als Dienstleistungskonzession, sondern als entgeltlicher Beschaffungsvertrag angesehen wird: Nach Art 1 Abs 2 der Richtlinie 2014/24/EU vom 26.2.2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (ABl L 94, 65) setzt die Auftragsvergabe im Sinne der Richtlinie voraus, dass Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen von öffentlichen Auftraggebern "ausgewählt werden".

89

Der sich aus § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V ergebende Kontrahierungszwang, der gemäß § 73b Abs 4 Satz 2 iVm Abs 4a SGB V von entsprechend qualifizierten Gemeinschaften durch die Beantragung des Schiedsverfahrens und die Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson durchgesetzt werden kann, hat zur Folge, dass der vertragschließenden Krankenkasse kein Auswahlermessen zukommt, sondern dass der Vertragspartner bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen bereits feststeht. Eine Auswahl zwischen verschiedenen Bietern ist also bezogen auf die Verträge nach § 73b Abs 4 Satz 1 SGB V ausgeschlossen. Dies steht der Annahme eines öffentlichen Auftrages im Sinne des § 99 GWB entgegen(so auch Engelmann in Prütting, Fachanwaltskommentar Medizinrecht, 3. Aufl 2014, § 73b SGB V RdNr 32a; Kingreen/Temizel, ZMGR 2009, 134, 137 f; Adolf in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, Stand April 2012, § 73b SGB V, RdNr 62; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 3.11.2010 - L 21 SF 208/10 Verg - Juris RdNr 34; ähnlich Orlowski, ZMGR 2009, 124, 130; BKartA Beschluss vom 2.7.2010 - VK 1 - 52/10 - Juris; bezogen auf die HzV nach § 73b SGB V allerdings nur im Ergebnis ebenso die Begründung zum GKV-OrgWG: BT-Drucks 16/10609 S 52).

90

ii) Der Vertrag zur HzV ist mit bundesrechtlichen Bestimmungen zum Datenschutz nicht vollständig kompatibel. Maßgebend ist dabei grundsätzlich die Rechtslage zum Zeitpunkt der Festsetzung des Vertragsinhalts durch die Schiedsperson (vgl 4 b, RdNr 56). Zu diesem Zeitpunkt war der Vertrag mit datenschutzrechtlichen Bestimmungen bereits deshalb nicht zu vereinbaren, weil es an der erforderlichen Befugnisnorm für die dort geregelte Weitergabe von Abrechnungsdaten an private Stellen in Gestalt der HÄVG und der HÄVG Rechenzentrum AG gefehlt hat (nachfolgend 1). Indes ist für die Beurteilung des Feststellungsinteresses die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Revisionsinstanz maßgebend (vgl 4 b, RdNr 57). Die Klägerin hat weder ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 55 Abs 1 SGG an der isolierten Feststellung einer Rechtswidrigkeit des - bisher nicht durchgeführten - Vertrages zur HzV unter Zugrundelegung einer nicht mehr geltenden Rechtslage nachvollziehbar geltend gemacht noch einen Anspruch gegenüber den Beklagten auf Änderung des Vertrages entsprechend der nicht mehr geltenden Rechtslage. Ein fortbestehendes Feststellungsinteresse kann deshalb nur anerkannt werden, soweit es darauf auch noch für die bevorstehende Durchführung des Vertrages ankommt. Daher ist ergänzend die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats und damit nach Einführung des § 295a SGB V durch Art 3 Nr 9 des Gesetzes zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze vom 28.7.2011 (BGBl I 1622, 1627) mWv 4.8.2011 zu berücksichtigen (nachfolgend 2). Die von der Klägerin erhobenen datenschutzrechtlichen Einwände greifen daher zum überwiegenden Teil nicht durch (nachfolgend 3, 5, 6). Soweit der Vertrag zur HzV jedoch auch mit den geänderten bundesrechtlichen Vorgaben nicht vollständig zu vereinbaren ist, sind die Vertragspartner verpflichtet, diesen zu ändern (nachfolgend 4 und 7).

91

(1) Der von der Schiedsperson festgesetzte Vertrag zur HzV sieht vor, dass die Abrechnung der Vergütung des Hausarztes gemäß den Vorgaben der Anlage 3 durch die HÄVG als Abrechnungsdienstleister erfolgt (§ 11 Abs 1). Die HÄVG ist berechtigt, sich zum Zwecke der Abrechnung eines Rechenzentrums im Sinne der Anlage 3 zu bedienen (§ 11 Abs 2 Satz 2). Nach Anlage 3 § 6 Satz 2 wird von der HÄVG hierzu "derzeit" die HÄVG Rechenzentrum AG eingesetzt. Damit übereinstimmend werden die Versicherten mit dem Merkblatt (Anhang zu Anlage 6 des Vertrages) unter der Überschrift "Wichtige Informationen zum Schutz Ihrer Daten - Ihre Einwilligung" darüber informiert, dass die Abrechnung der ärztlichen Vergütung ua "über die Dienstleistungsgesellschaft des Hausärzteverbandes und MEDI, die Hausärztliche Vertragsgemeinschaft eG (HÄVG) und ihr Rechenzentrum erfolgt". Nach § 11 Abs 4 zahlt die Krankenkasse die Vergütung mit schuldbefreiender Wirkung an die HÄVG.

92

Für die damit vorgesehene Weitergabe von Patientendaten zu Abrechnungszwecken fehlte zum Zeitpunkt der Festsetzung des Vertragsinhalts die erforderliche Rechtsgrundlage. Wie der Senat in seiner Entscheidung vom 10.12.2008 (B 6 KA 37/07 R - BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr 2)im Einzelnen dargelegt hat, setzt die Übermittlung von Patientendaten durch Leistungserbringer an private Dienstleistungsunternehmen im Geltungsbereich des SGB V eine bereichsspezifische Befugnisnorm voraus. Als solche kam allein § 295 Abs 1b Satz 5 bis 8 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17.7.2009 (BGBl I 1990) in Betracht. Diese Regelung, mit der der Gesetzgeber auf das og Urteil des Senats vom 10.12.2008 reagiert hat, war bis zum 30.6.2010 - und damit auf einen Zeitpunkt vor der Festsetzung des Vertragsinhalts - befristet. Über § 320 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Änderung krankenversicherungsrechtlicher und anderer Vorschriften vom 24.7.2010 (BGBl I 983) waren diese Sätze jedoch bis zum 1.7.2011 und damit auch noch zum Zeitpunkt der Festsetzung des Vertragsinhalts am 9.9.2010 weiter anzuwenden. Danach durfte für die ärztlichen Leistungen, die im Rahmen von Verträgen ua zur HzV nach § 73b SGB V erbracht und mit den Krankenkassen abgerechnet wurden, eine andere Stelle mit der Verarbeitung und Nutzung der für die Abrechnung dieser Leistungen erforderlichen personenbezogenen Daten beauftragt werden. § 80 SGB X war anzuwenden. Auftraggeber und Auftragnehmer unterlagen der Aufsicht der nach § 38 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) zuständigen Aufsichtsbehörde.

93

§ 295 Abs 1b Satz 5 bis 8 SGB V aF erlaubte danach allein die Beauftragung einer anderen Stelle im Sinne einer Auftragsdatenverarbeitung(vgl OVG Schleswig-Holstein Beschluss vom 12.1.2011 - 4 MB 56/10 - CR 2011, 359). Der ausdrücklich in Bezug genommene § 80 SGB X regelt die Voraussetzungen der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung von Sozialdaten im Auftrag. Dass mit der Einfügung des § 295 Abs 1b Satz 5 bis 8 SGB V die Übermittlung von Daten an private Stellen nur unter den für die Auftragsdatenverarbeitung geltenden Voraussetzungen zugelassen werden sollte, wird auch durch die Begründung der Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses, auf die die Regelung zurückgeht, bestätigt: Danach sollten die Voraussetzungen, unter denen dem Sozialgeheimnis unterliegende Stellen andere Stellen mit der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung von Sozialdaten beauftragen können, und die Rechtsfolgen einer solchen Beauftragung auch für die besonderen Versorgungsformen gelten(vgl BT-Drucks 16/13428 S 96 unter Bezugnahme auf die Begründung zur entsprechenden Regelung für Krankenhäuser nach § 120 Abs 6, S 92).

94

Bei der in dem Vertrag vorgesehenen Übermittlung von Abrechnungsdaten durch den Arzt an die HÄVG handelt es sich nicht um eine nach § 295 Abs 1b SGB V aF zulässige Auftragsdatenverarbeitung. Die Auftragsdatenverarbeitung ist datenschutzrechtlich privilegiert. Sie stellt keine Übermittlung im Sinne des § 67 Abs 6 Satz 2 Nr 3 SGB X dar(vgl Bieresborn in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 80 RdNr 3; I. Palsherm in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, Stand Juli 2013, § 80 RdNr 15). Eine Auftragsdatenverarbeitung im Sinne des § 80 SGB X liegt vor, wenn der Auftragnehmer die Datenverarbeitung in vollständiger Abhängigkeit von Vorgaben des Auftraggebers durchführt(vgl Bieresborn in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 80 RdNr 3; zur entsprechenden Regelung in § 11 BDSG vgl Wedde in Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, BDSG, 4. Aufl 2014, § 11 RdNr 5). Die Auftragsdatenverarbeitung ist abzugrenzen von der Funktionsübertragung. Diese liegt dann vor, wenn dem Service-Unternehmen eine eigene rechtliche Zuständigkeit für die Aufgabe, deren Erfüllung die Datenverarbeitung oder die Nutzung dient, zugewiesen ist (Gola/Klug, BDSG, 12. Aufl 2015, § 11 RdNr 9). Wesentliches Merkmal für die Abgrenzung der Auftragsdatenverarbeitung von der Funktionsübertragung (Aufgabenübertragung) ist die Entscheidungsbefugnis über die Daten. Liegt diese bei der beauftragten Stelle und kommt dieser nicht nur eine Hilfs- und Unterstützungsfunktion zu, kann nicht mehr von einer Auftragsdatenverarbeitung im Sinne des § 80 SGB X ausgegangen werden(Rombach in Hauck/Noftz, SGB X, Stand November 2014, § 80 RdNr 20; Wedde in Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, BDSG, 4. Aufl 2014, § 11 RdNr 12, 14).

95

Das im Vertrag geregelte Verhältnis des an der HzV teilnehmenden Hausarztes zur HÄVG entspricht nicht dem Bild einer Auftragsdatenverarbeitung. Die HÄVG führt die Abrechnung keineswegs in vollständiger Abhängigkeit von dem teilnehmenden Hausarzt für diesen durch. Dagegen spricht bereits der Umstand, dass der Hausarzt an dem Vertrag zur HzV, der die Einzelheiten vorgibt, nicht unmittelbar beteiligt ist und damit keinen unmittelbaren Einfluss auf dessen Ausgestaltung hat. Der einzelne Hausarzt hat auch keinen Einfluss darauf, wer für ihn die Daten verarbeiten soll. Bereits eine solche fehlende Auswahlmöglichkeit spricht gegen das Vorliegen einer Auftragsdatenverarbeitung (Bieresborn in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 80 RdNr 3b; Wedde in Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, BDSG, 4. Aufl 2014, § 11 RdNr 5a). Zudem wird ihm vorgegeben, welche Datenverarbeitungsprogramme (Software) er für die Abrechnung zu verwenden hat. Damit ist insgesamt davon auszugehen, dass die HÄVG die Abrechnungsdaten in eigener Verantwortung oder im Auftrag der Beklagten verarbeitet bzw durch die HÄVG Rechenzentrum AG verarbeiten lässt, aber jedenfalls nicht im Auftrag des Hausarztes tätig wird. Der Vertrag regelt bezogen auf die Weitergabe der Daten durch den Hausarzt keine nach § 295 Abs 1b Satz 5 bis 8 SGB V zulässige Auftragsdatenverarbeitung.

96

(2) Mit der Einfügung des § 295a SGB V zum 4.8.2011 ist die erforderliche gesetzliche Grundlage für die Übermittlung von Abrechnungsdaten durch die an der HzV teilnehmenden Hausärzte geschaffen worden. Anders als unter Geltung des § 295 Abs 1b Satz 5 bis 8 SGB V beschränkt sich die Befugnis nach § 295a Abs 1 Satz 1 SGB V nicht auf die Beauftragung einer anderen Stelle mit der Verarbeitung, Nutzung und Abrechnung personenbezogener Daten. Vielmehr sind die an den entsprechenden Versorgungsformen teilnehmenden Leistungserbringer für die Abrechnung der im Rahmen von Verträgen nach § 73b, § 73c oder § 140a SGB V erbrachten Leistungen gemäß § 295a Abs 1 Satz 1 SGB V befugt, die nach den Vorschriften des Zehnten Kapitels des SGB V erforderlichen Angaben an den Vertragspartner auf Leistungserbringerseite als verantwortliche Stelle zu übermitteln, indem diese Angaben entweder an ihn oder an eine nach § 295 Abs 2 SGB V beauftragte andere Stelle weitergegeben werden; für den Vertragspartner auf Leistungserbringerseite gilt § 35 SGB I entsprechend. Voraussetzung ist, dass der Versicherte vor Abgabe der Teilnahmeerklärung an der Versorgungsform umfassend über die vorgesehene Datenübermittlung informiert worden ist und mit der Einwilligung in die Teilnahme zugleich in die damit verbundene Datenübermittlung schriftlich eingewilligt hat. Der Vertragspartner auf Leistungserbringerseite oder die beauftragte andere Stelle dürfen die übermittelten Daten nur zu Abrechnungszwecken verarbeiten und nutzen; sie übermitteln die Daten im Wege elektronischer Datenübertragung oder maschinell verwertbar auf Datenträgern an den jeweiligen Vertragspartner auf Krankenkassenseite.

97

§ 295a Abs 1 Satz 1 SGB V definiert den "Vertragspartner auf Leistungserbringerseite" (also den Hausarztverband und nicht den einzelnen Arzt) als die im datenschutzrechtlichen Sinne "verantwortliche Stelle". Insofern trifft § 295a Abs 1 Satz 1 SGB V eine spezielle Regelung, die den allgemeinen Bestimmungen der §§ 67a ff SGB X vorgeht. Das bedeutet, dass die datenschutzrechtliche Verantwortung mit dem Eingang der Daten bei dem Hausarztverband ("Vertragspartner auf Leistungserbringerseite") oder bei der von ihm beauftragten Stelle auf den Hausarztverband übergeht (vgl BT-Drucks 17/6141 S 39).

98

(3) Die Einwände der Klägerin gegen die Rechtmäßigkeit des Vertrages zur HzV, die ihre Grundlage in der Annahme haben, dass der Arzt auch nach dem Eingang der Daten bei den Beklagten oder der von ihnen beauftragten Stelle "verantwortliche Stelle" im Sinne des § 67 Abs 9 SGB X bleibe und dass der Arzt die Daten nur unter den für die Auftragsdatenverarbeitung nach § 80 SGB X geltenden Voraussetzungen weitergeben dürfe, greifen damit bezogen auf die seit Inkrafttreten des § 295a SGB V geltenden Rechtslage nicht mehr durch. § 295a Abs 1 Satz 1 SGB V regelt die Befugnis des Hausarztes zur Weitergabe der für die Abrechnung erforderlichen Daten an den Hausarztverband oder die von diesem mit der Datenverarbeitung beauftragte Stelle unabhängig von den Voraussetzungen einer Auftragsdatenverarbeitung. Auftraggeber einer Datenverarbeitung durch die HÄVG oder ein Rechenzentrum können allein die "Vertragspartner auf Leistungserbringerseite" (vgl BT-Drucks 17/6141 S 40, zu § 295a Abs 2) und damit die Beklagten sein.

99

(4) Zutreffend ist dagegen der Einwand der Klägerin, dass die Regelungen des Vertrages zur HzV, die eine Beauftragung der HÄVG Rechenzentrum AG durch die HÄVG vorsehen (vgl zB Anlage 3 § 6 Abs 1) mit den gesetzlichen Vorgaben nicht zu vereinbaren sind. Nach § 295a Abs 2 Satz 1 SGB V darf der Vertragspartner auf Leistungserbringerseite eine andere Stelle mit der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der personenbezogenen Daten beauftragen, die für die Abrechnung der im Rahmen von Verträgen ua zur HzV erbrachten Leistungen erforderlich sind. Gemäß § 295a Abs 2 Satz 2 SGB V ist § 80 SGB X ua mit der weiteren Maßgabe anzuwenden, dass Unterauftragsverhältnisse ausgeschlossen sind. Demnach dürfen die Beklagten als "Vertragspartner auf Leistungserbringerseite" im Sinne der genannten Regelung zwar die HÄVG oder auch unmittelbar die HÄVG Rechenzentrum AG mit der Verarbeitung der Abrechnungsdaten beauftragen. Die im Vertrag vorgesehene Erteilung eines Unterauftrags an die HÄVG Rechenzentrum AG durch die von den Beklagten beauftragte HÄVG ist dagegen nicht zulässig (zu einer entsprechenden Regelung vgl auch bereits LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 3.11.2011 - L 3 KA 104/10 B ER - GesR 2012, 35, 38).

100

(5) Nach den von der Klägerin nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und damit für den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die im Vertrag zur HzV zur Verwendung durch den teilnehmenden Arzt vorgeschriebene Software mit datenschutzrechtlichen Bestimmungen unvereinbar wäre. Soweit die Klägerin erstmals im Revisionsverfahren - nach Ablauf der Frist zur Revisionsbegründung - geltend macht, dass die im Vertrag vorgeschriebene Software einen sog "gekapselten Kern" besitze, der die Möglichkeit biete, Patientendaten aus dem System des Hausarztes an die Beklagten bzw die HÄVG zu übermitteln, ohne dass dies für den Hausarzt im Einzelnen nachvollziehbar sei, so steht diese Behauptung im Übrigen im Widerspruch zu der von den Beklagten vorgelegten Technischen Stellungnahme des Bayerischen Landesamtes für Datenschutzaufsicht vom 17.8.2012 (Az: LDA.3-1085.6-12/10), die sich nach den von der Klägerin nicht in Zweifel gezogenen Angaben der Beklagten auf die auch im vorliegenden Vertrag zur HzV vorgeschriebene Software beziehen soll. Die Stellungnahme kommt für den Senat nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass die Kontrollmöglichkeiten über die Verarbeitung der personenbezogenen Daten ausreichend transparent seien. Die Datenverarbeitungsvorgänge in der Arztpraxis würden vom Arzt gesteuert.

101

(6) Auch die in Ziff 2.1 der Anlage 4 zum Vertrag vorgesehene Übermittlung von Einschreibedaten ist entgegen der Auffassung der Klägerin datenschutzrechtlich nicht zu beanstanden. Bei den Einschreibedaten handelt es sich um die in der Teilnahmeerklärung enthaltenen Stammdaten des Versicherten (Name, Anschrift, Geburtsdatum, Versichertennummer), die Daten zu dem gewählten Hausarzt und den Teilnahmebeginn (vgl die der Teilnahmeerklärung beigefügten Informationen zu Datenschutz, Datenübermittlung und -zusammenführung). Diese Angaben sind für die Durchführung der Abrechnung im Sinne des § 295a Abs 1 Satz 1 SGB V erforderlich und die Verarbeitung und Nutzung dieser Daten erfolgt in Übereinstimmung mit § 295a Abs 1 Satz 3 SGB V zu Abrechnungszwecken(im Ergebnis ebenso die Bewertung eines insoweit entsprechenden Vertrages durch das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht, Schreiben vom 30.11.2012, Az: LDA.3-1085.6-12/10).

102

(7) Im Widerspruch zu den geltenden gesetzlichen Vorgaben steht dagegen § 6 Abs 10 der Anlage 3 zum HzV, der die HÄVG zur Führung von Musterverfahren ermächtigt, weil es sich dabei nicht um eine gemäß § 295a Abs 1 Satz 3 SGB V allein zulässige Verarbeitung oder Nutzung zu Abrechnungszwecken handelt. Zwar regelt der Vertrag nicht ausdrücklich die Verwendung personenbezogener Daten in Musterprozessen. Die vorgesehene Führung solcher Prozesse durch die HÄVG setzt die Verwendung personenbezogener Daten der an der HzV teilnehmenden Versicherten jedoch voraus (ebenso zu einer insoweit vergleichbaren Regelung: LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 3.11.2011 - L 3 KA 104/10 B ER - GesR 2012, 35, 38). Gemäß § 295a Abs 1 Satz 3 SGB V dürfen die Beklagten als "Vertragspartner auf Leistungserbringerseite" die übermittelten Daten nur zu Abrechnungszwecken verwenden. Dass die Verwendung von Daten zur Führung von Musterprozessen über die Verwendung zu Abrechnungszwecken hinausginge, haben die Beklagten im Revisionsverfahren auch nicht in Zweifel gezogen, sondern geltend gemacht, dass die HÄVG tatsächlich keine "Musterverfahren" unter Nutzung personenbezogener Daten führe. Auf die Rechtswidrigkeit der getroffenen Regelung hat dies indes keinen Einfluss.

103

e) Im Ergebnis ist der von der Schiedsperson festgesetzte Vertrag allein insoweit zu beanstanden, als er eine datenschutzrechtlich unzulässige Unterbeauftragung der HÄVG Rechenzentrum AG durch die HÄVG sowie das Recht der HÄVG zur Führung von "Musterverfahren" vorsieht. Dem werden die Beteiligten durch entsprechende Änderungen des Vertrages Rechnung zu tragen haben. Davon unberührt bleibt die Verpflichtung der Beteiligten, den seit der Festsetzung des Vertragsinhalts eingetretenen gesetzlichen Änderungen durch Vertragsanpassungen Rechnung zu tragen.

104

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Bei der Kostenverteilung (§ 155 Abs 1 VwGO) hat der Senat berücksichtigt, dass die Klage bezogen auf die beantragte Aufhebung des Vertrages zur HzV ohne Erfolg und bezogen auf die hilfsweise geltend gemachte Feststellung der Rechtswidrigkeit vertraglicher Bestimmungen ganz überwiegend erfolglos war.

(1) Die Krankenkassen haben ihren Versicherten eine besondere hausärztliche Versorgung (hausarztzentrierte Versorgung) anzubieten.

(2) Dabei ist sicherzustellen, dass die hausarztzentrierte Versorgung insbesondere folgenden Anforderungen genügt, die über die vom Gemeinsamen Bundesausschuss sowie in den Bundesmantelverträgen geregelten Anforderungen an die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen:

1.
Teilnahme der Hausärzte an strukturierten Qualitätszirkeln zur Arzneimitteltherapie unter Leitung entsprechend geschulter Moderatoren,
2.
Behandlung nach für die hausärztliche Versorgung entwickelten, evidenzbasierten, praxiserprobten Leitlinien,
3.
Erfüllung der Fortbildungspflicht nach § 95d durch Teilnahme an Fortbildungen, die sich auf hausarzttypische Behandlungsprobleme konzentrieren, wie patientenzentrierte Gesprächsführung, psychosomatische Grundversorgung, Palliativmedizin, allgemeine Schmerztherapie, Geriatrie,
4.
Einführung eines einrichtungsinternen, auf die besonderen Bedingungen einer Hausarztpraxis zugeschnittenen, indikatorengestützten und wissenschaftlich anerkannten Qualitätsmanagements.

(3) Die Teilnahme an der hausarztzentrierten Versorgung ist freiwillig. Die Teilnehmer verpflichten sich schriftlich oder elektronisch gegenüber ihrer Krankenkasse, nur einen von ihnen aus dem Kreis der Hausärzte nach Absatz 4 gewählten Hausarzt in Anspruch zu nehmen sowie ambulante fachärztliche Behandlung mit Ausnahme der Leistungen der Augenärzte und Frauenärzte nur auf dessen Überweisung; die direkte Inanspruchnahme eines Kinder- und Jugendarztes bleibt unberührt. Die Versicherten können die Teilnahmeerklärung innerhalb von zwei Wochen nach deren Abgabe schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift bei der Krankenkasse ohne Angabe von Gründen widerrufen. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung an die Krankenkasse. Die Widerrufsfrist beginnt, wenn die Krankenkasse dem Versicherten eine Belehrung über sein Widerrufsrecht schriftlich oder elektronisch mitgeteilt hat, frühestens jedoch mit der Abgabe der Teilnahmeerklärung. Wird das Widerrufsrecht nicht ausgeübt, ist der Versicherte an seine Teilnahmeerklärung und an die Wahl seines Hausarztes mindestens ein Jahr gebunden; er darf den gewählten Hausarzt nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes wechseln. Das Nähere zur Durchführung der Teilnahme der Versicherten, insbesondere zur Bindung an den gewählten Hausarzt, zu weiteren Ausnahmen von dem Überweisungsgebot und zu den Folgen bei Pflichtverstößen der Versicherten, regeln die Krankenkassen in den Teilnahmeerklärungen. Die Satzung der Krankenkasse hat Regelungen zur Abgabe der Teilnahmeerklärung zu enthalten; die Regelungen sind auf der Grundlage der Richtlinie nach § 217f Absatz 4a zu treffen.

(4) Zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 haben Krankenkassen allein oder in Kooperation mit anderen Krankenkassen spätestens bis zum 30. Juni 2009 Verträge mit Gemeinschaften zu schließen, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der Kassenärztlichen Vereinigung vertreten. Können sich die Vertragsparteien nicht einigen, kann die Gemeinschaft die Einleitung eines Schiedsverfahrens nach Absatz 4a beantragen. Ist ein Vertrag nach Satz 1 zustande gekommen oder soll ein Vertrag zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen geschlossen werden, können Verträge auch abgeschlossen werden mit

1.
vertragsärztlichen Leistungserbringern, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen,
2.
Gemeinschaften dieser Leistungserbringer,
3.
Trägern von Einrichtungen, die eine hausarztzentrierte Versorgung durch vertragsärztliche Leistungserbringer, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen, anbieten,
4.
Kassenärztlichen Vereinigungen, soweit Gemeinschaften nach Nummer 2 sie hierzu ermächtigt haben.
Finden die Krankenkassen in dem Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung keinen Vertragspartner, der die Voraussetzungen nach Satz 1 erfüllt, haben sie zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 Verträge mit einem oder mehreren der in Satz 3 genannten Vertragspartner zu schließen. In den Fällen der Sätze 3 und 4 besteht kein Anspruch auf Vertragsabschluss; die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots ist unter Bekanntgabe objektiver Auswahlkriterien auszuschreiben. Soweit die hausärztliche Versorgung der Versicherten durch Verträge nach diesem Absatz durchgeführt wird, ist der Sicherstellungsauftrag nach § 75 Abs. 1 eingeschränkt. Satz 6 gilt nicht für die Organisation der vertragsärztlichen Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten.

(4a) Beantragt eine Gemeinschaft gemäß Absatz 4 Satz 2 die Einleitung eines Schiedsverfahrens, haben sich die Parteien auf eine unabhängige Schiedsperson zu verständigen, die den Inhalt des Vertrages nach Absatz 4 Satz 1 festlegt. Einigen sich die Parteien nicht auf eine Schiedsperson, so wird diese von der für die Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde bestimmt. Die Kosten des Schiedsverfahrens tragen die Vertragspartner zu gleichen Teilen. Klagen gegen die Bestimmung der Schiedsperson haben keine aufschiebende Wirkung. Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts richten sich gegen eine der beiden Vertragsparteien, nicht gegen die Schiedsperson.

(5) In den Verträgen nach Absatz 4 sind das Nähere über den Inhalt und die Durchführung der hausarztzentrierten Versorgung, insbesondere die Ausgestaltung der Anforderungen nach Absatz 2, sowie die Vergütung zu regeln; in Verträgen, die nach dem 31. März 2014 zustande kommen, sind zudem Wirtschaftlichkeitskriterien und Maßnahmen bei Nichteinhaltung der vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien sowie Regelungen zur Qualitätssicherung zu vereinbaren. Eine Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigung bei der Ausgestaltung und Umsetzung der Anforderungen nach Absatz 2 ist möglich. Die Verträge können auch Abweichendes von den im Dritten Kapitel benannten Leistungen beinhalten, soweit sie die in § 11 Absatz 6 genannten Leistungen, Leistungen nach den §§ 20i, 25, 26, 37a und 37b sowie ärztliche Leistungen einschließlich neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden betreffen, soweit der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 im Rahmen der Beschlüsse nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 keine ablehnende Entscheidung getroffen hat. Die Einzelverträge können Abweichendes von den Vorschriften dieses Kapitels sowie den nach diesen Vorschriften getroffenen Regelungen regeln. § 106d Absatz 3 gilt hinsichtlich der arzt- und versichertenbezogenen Prüfung der Abrechnungen auf Rechtmäßigkeit entsprechend. Zugelassene strukturierte Behandlungsprogramme nach §§ 137f und 137g sind, soweit sie die hausärztliche Versorgung betreffen, Bestandteil der Verträge nach Absatz 4. Vereinbarungen über zusätzliche Vergütungen für Diagnosen können nicht Gegenstand der Verträge sein.

(5a) Kündigt die Krankenkasse einen Vertrag nach Absatz 4 und kommt bis zum Ablauf dieses Vertrages kein neuer Vertrag zustande, gelten die Bestimmungen des bisherigen Vertrages vorläufig bis zum Zustandekommen eines neuen Vertrages weiter. Dies gilt nicht bei einer außerordentlichen Kündigung nach § 71 Absatz 6 Satz 3.

(6) Die Krankenkassen haben ihre Versicherten in geeigneter Weise umfassend über Inhalt und Ziele der hausarztzentrierten Versorgung sowie über die jeweils wohnortnah teilnehmenden Hausärzte zu informieren.

(7) Die Vertragspartner der Gesamtverträge haben den Behandlungsbedarf nach § 87a Absatz 3 Satz 2 zu bereinigen. Die Bereinigung erfolgt rechtzeitig zu dem Kalendervierteljahr, für welches die Gesamtvergütung bereinigt werden soll, entsprechend der Zahl und der Morbiditätsstruktur der für dieses Kalendervierteljahr eingeschriebenen Versicherten sowie dem vertraglich vereinbarten Inhalt der hausarztzentrierten Versorgung nach Maßgabe der Vorgaben des Bewertungsausschusses nach § 87a Absatz 5 Satz 7. Dabei können die Bereinigungsbeträge unter Beachtung der Maßgaben nach Satz 2 auch pauschaliert ermittelt werden. Kommt eine rechtzeitige Einigung über die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nicht zustande, können auch die Vertragspartner der Verträge über eine hausarztzentrierte Versorgung das Schiedsamt nach § 89 anrufen. Die für die Bereinigungsverfahren erforderlichen arzt- und versichertenbezogenen Daten übermitteln die Krankenkassen den zuständigen Gesamtvertragspartnern bis spätestens drei Wochen vor dem Kalendervierteljahr, für welches die Gesamtvergütung für die in diesem Kalendervierteljahr eingeschriebenen Versicherten bereinigt werden soll. Die Krankenkasse kann, falls eine rechtzeitige Bereinigung nicht festgesetzt worden ist, den Behandlungsbedarf unter Beachtung der Maßgaben nach Satz 2 vorläufig bereinigen. Sie kann auch die Anerkennung und Umsetzung des geltenden Bereinigungsverfahrens für die Bereinigung der Gesamtvergütung für an der hausarztzentrierten Versorgung teilnehmende Versicherte mit Wohnort im Bezirk anderer Kassenärztlichen Vereinigungen von diesen Kassenärztlichen Vereinigungen verlangen. Für die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nach Satz 7 sowie für den Fall der Rückführung von Bereinigungsbeträgen bei Beendigung der Teilnahme eines Versicherten sind die Verfahren gemäß § 87a Absatz 5 Satz 9 anzuwenden. Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben die zur Bereinigung erforderlichen Vorgaben im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben umzusetzen.

(8) Die Vertragsparteien nach Absatz 4 können vereinbaren, dass Aufwendungen für Leistungen, die über die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen und insoweit nicht unter die Bereinigungspflicht nach Absatz 7 fallen, aus Einsparungen und Effizienzsteigerungen, die aus den Maßnahmen von Verträgen nach Absatz 4 erzielt werden, finanziert werden.

(9) Die Einhaltung der nach Absatz 5 Satz 1 vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien muss spätestens vier Jahre nach dem Wirksamwerden der zugrunde liegenden Verträge nachweisbar sein; § 88 Absatz 2 des Vierten Buches gilt entsprechend.

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.