Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 21. Juni 2018 - L 19 R 786/17

bei uns veröffentlicht am21.06.2018

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 28.11.2017 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Der 1953 geborene Kläger beantragte am 27.01.2015 bei der Beklagten eine Altersrente für langjährig Versicherte sowie eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte. Die Beklagte kam zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen für die Altersrente für langjährig Versicherte nach § 36 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) bzw. § 236 SGB VI beim Kläger erfüllt seien. Eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte käme erst ab Juni 2016 in Betracht (§ 38 SGB VI bzw. § 236b SGB VI). Daraufhin bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 18.02.2015 eine Altersrente für langjährig Versicherte ab 01.04.2015.

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 27.02.2015 am 02.03.2015 Widerspruch ein. Er gab an, dass er bereits 45 Beitragsjahre zurückgelegt habe und daher die Rente für besonders langjährig Versicherte gemäß § 38 iVm mit § 236b SGB VI in Anspruch nehmen könne. Er habe aber 2002 mit seinem Arbeitgeber eine Vereinbarung über Altersteilzeit vom 01.04.2008 bis 31.03.2015 getroffen. Aufgrund der damals eingeführten Vertrauensschutzregelung des § 236 Abs. 3 SGB VI habe er seinen Altersteilzeitvertrag nicht an die angehobene Altersgrenze anpassen müssen, was aber möglich gewesen wäre, weil er zum Zeitpunkt der Rechtsänderung die Altersteilzeit noch nicht begonnen gehabt habe. Sein Widerspruch richte sich dagegen, dass er wegen der seinerzeitigen Vertrauensschutzregelung heute keine Möglichkeit habe, einen Rentenabschlag zu vermeiden oder zu verringern, da er für die Rente ab Vollendung des 62. Lebensjahres einen Abschlag von 10,8% in Anspruch nehmen müsse. Dagegen könnte er ab dem 63. Lebensjahr jetzt abschlagsfrei in Rente gehen. Andere Versicherte, die keine Altersteilzeit vereinbart gehabt hätten, hätten mit 63 Jahren und einem Abschlag von 7,2% in Rente gehen können, während sie jetzt bei 45 Beitragsjahren mit 63 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen können. Das Problem wäre mit einer weiteren Vertrauensschutzregelung aufzulösen. Wer vor 2007 mit seinem Arbeitgeber Altersteilzeit vereinbart habe und nach Vollendung des 62. Lebensjahres 45 Beitragsjahre vorweisen könne, dürfe mit Abschlag vorzeitig in Rente gehen, wobei dieser maximal 3,6% betrage. Eine derartige Rentengewährung beantrage er. Er strebe eine Verfassungsbeschwerde an.

Mit Schreiben vom 24.03.2015 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass bei der Altersrente für besonders langjährig Versicherte eine Vertrauensschutzregelung nicht vorgesehen sei und er zwar die Wartezeit erfüllt habe, jedoch das maßgebliche Lebensalter erst am 13.05.2016 erreiche, so dass er die Altersrente für besonders langjährig Versicherte erst ab 01.06.2016 in Anspruch nehmen könnte.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 06.07.2015 zurück. Die Möglichkeit der vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrente für langjährig Versicherte nach Vollendung des 62. Lebensjahres bestehe für Versicherte, die im November 1949 oder später geboren seien und von der Vertrauensschutzregelung des § 236 Abs. 3 SGB VI erfasst wurden. Die vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente sei zwingend mit einer Rentenminderung verbunden. Die Berechnung ergebe eine Minderung des Rentenbetrages um 10,8%. Die Rentenminderung könne durch die Zahlung von Beiträgen ausgeglichen werden. Die Anhebung der Altersgrenze und die Minderung des Zugangsfaktors seien verfassungsgemäß. Dies habe das Bundessozialgericht am 19.11.2009 - Az. B 13 R 5/09 R - unter Bezugnahme u.a. auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11.11.2008 - Az. 1 BvL 3/05 - festgestellt. Die Anspruchsvoraussetzungen für eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte habe der Kläger derzeit nicht erfüllt. Eine vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente sei nicht möglich.

Hiergegen hat der Kläger mit Schreiben vom 08.07.2015 am 09.07.2015 Klage zum Sozialgericht Würzburg erhoben. Er hat sich zur Begründung auf die Argumentation in seinem Widerspruchsschreiben berufen. Ergänzend hat er ausgeführt, dass er zwar nachvollziehen könne, dass die Beklagte das geltende Recht umgesetzt habe. Jedoch habe der Gesetzgeber gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz - GG) und gegen die geltende Systematik im Rentenrecht verstoßen. Der Kläger hat sein Klageziel dahingehend formuliert, dass er Altersrente für besonders langjährig Versicherte vorzeitig ab dem 62. Lebensjahr mit einem Abschlag für 14 Monate von 4,2% beantrage.

In einem Erörterungstermin vom 12.01.2017 haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid einverstanden erklärt. Das Sozialgericht hat mit Gerichtsbescheid vom 28.11.2017 die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, dass für den geltend gemachten Anspruch des Klägers auf Altersrente für besonders langjährig Versicherte mit einem Abschlag für 14 Monate in Höhe von 4,2% ab dem 62. Lebensjahr keine Rechtsgrundlage existiere. Eine vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente für besonders langjährige Versicherte sehe das Gesetz nicht vor. Dem Sozialgericht habe sich nicht erschlossen, weshalb der Kläger meine, die fehlende Möglichkeit einer vorzeitigen Inanspruchnahme der Rente verletze ihn in seinen Grundrechten. Weshalb es geboten sein solle, den Kläger gegenüber anderen besonders langjährig Versicherten, die keine Altersteilzeit vereinbart gehabt hätten, durch eine vom Kläger angestrebte Vertrauensschutzregelung, die Elemente des Rentenanspruchs nach § 236 Abs. 3 SGB VI und des Rentenanspruchs nach § 236b Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI im Sinne einer Rentenoptimierung verbinde, zu begünstigen, sei vom Kläger nicht überzeugend vorgetragen worden. Der Kläger verkenne, dass der Gesetzgeber im Sozialrecht grundsätzlich einen weiten Gestaltungsspielraum habe und zwar insbesondere, was die Abgrenzung des begünstigten Personenkreises und die Bezugsdauer der einzelnen Sozialleistung anbelange. Dies habe das Bundesverfassungsgericht und nachfolgend das Bundessozialgericht so bestätigt (Verweis u.a. auf BSG Urteil vom 19.02.2009 - B 10 KG 2/07 R). Verfassungsrechtlich sei nicht die Schaffung der besten Regelung oder die Regelung mit der höchsten Einzelfallgerechtigkeit geboten - so etwa das BayLSG in seinem Urteil vom 15.03.2017 (Az. L 19 R 696/15). Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf eine abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte ab 01.06.2016, da der nachträgliche Wechsel in dieser Altersrente ausgeschlossen sei, weil der Kläger bereits seit 01.04.2015 eine Altersrente für langjährig Versicherte beziehe.

Hiergegen hat der Kläger mit Schreiben vom 05.12.2017 am 11.12.2017 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Er hat noch einmal ausführlich die zeitlichen Abläufe für die Entscheidungsfindung vor seiner Rentenantragstellung dargelegt. Der Kläger hält es deshalb für erforderlich, auch die Altersrente für besonders langjährig Versicherte vorzeitig mit Abschlägen in Anspruch nehmen zu können. Jede bestehende Rente könne vorzeitig mit einem Abschlag in Anspruch genommen werden, außer der Altersrente für besonders langjährig Versicherte. Eine korrespondierende Vertrauensschutzregelung habe der Gesetzgeber für die Renten wegen Erwerbsminderung mit § 264d iVm § 77 SGB VI schon eingeführt. Wer mit 62 Jahren eine Erwerbsminderungsrente beantrage und zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen für die Altersrente für besonders langjährig Versicherte erfülle, werde bei der Rente wegen Erwerbsminderung mit einem Abschlag von nur 3,6% belegt, weil er mit 63 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen könnte. Es liege auf der Hand, dass auch für eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte mit einem Abschlag dies in Anspruch genommen können werden müsse.

Der Senat hat mit Beschluss vom 15.03.2018 die Berufung dem Berichterstatter übertragen.

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung geschildert, dass seine Versuche, die Zeit bis zum möglichen Beginn einer Altersrente für besonders langjährig Versicherte zu überbrücken, gescheitert seien: Weder habe er bei seinem bisherigen Arbeitgeber, noch bei einem anderen Arbeitgeber eine Anschlussbeschäftigung gefunden, noch hätte er nahtlos Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nehmen können. Deshalb habe er zur Sicherung des Lebensunterhaltes die mit Vollendung des 62. Lebensjahres beginnende Rente in Anspruch nehmen müssen und auch aktuell würde eine Rückabwicklung zur Ermöglichung einer später beginnenden abschlagsfreien Rente seine finanziellen Möglichkeiten übersteigen. Er hat noch einmal ausführlich dargelegt, worum es ihm in diesem Verfahren gehe und dass sein Antrag darauf ziele, dass durch eine korrespondierende Vertrauensschutzregelung, die im Rentenpaket 2014 fehle, die Möglichkeit geschaffen werde, dem seinerzeit geschützten Personenkreis bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Rente für besonders langjährig Versicherte den Abschlag nur für die Zeit vom Rentenbeginn mit dem 62. Lebensjahr bis zum Erreichen der abschlagsfreien Rente für besonders langjährig Versicherte (in seinem Fall 63. Lebensjahr + 2 Monate = 4,2% für 14 Monate) zu erheben.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 28.11.2017 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.02.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2015 dazu zu verurteilen, dem Kläger eine Altersrente für besonders langjährige Versicherte ab dem 62. Lebensjahr mit einem Abschlag von 4,2% zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 28.11.2017 zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der beigezogenen Akte der Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG) ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf eine höhere Rentenhöhe bzw. einen geringeren Rentenabschlag bei der gewährten Altersrente für langjährige Versicherte hat und auch keinen Anspruch auf eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte hat.

Der Senat folgt der Entscheidung des Sozialgerichts Würzburg im Gerichtsbescheid vom 28.11.2017, nimmt hierauf ausdrücklich Bezug und sieht insoweit von einer Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass zwischenzeitlich weitere Entscheidungen vorliegen, in denen die Rechtmäßigkeit der Anwendung von § 34 Abs. 4 SGB VI auf einen Wechsel von einer Bestandsrente mit Abschlägen auf eine Altersrente für besonders langjährige Versicherte bejaht wird (so etwa LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.08.2015, Az. L 6 R 114/15 und zugehöriger Beschluss des BSG vom 30.12.2015 über die Nichtzulassungsbeschwerde, Az. B 13 R 345/15 B - jeweils nach juris). Im angesprochenen Beschluss des BVerfG vom 16.12.2015 (Az. 1 BvR 2408/15) sind keine detaillierten Ausführungen zu den Einwendungen gemacht worden und nicht veranlasst gewesen.

Der Antrag des Klägers zielt allerdings in erster Linie darauf ab, dass die ihm gewährte Altersrente für langjährig Versicherte mit einem geringeren Abschlag berechnet wird. Anknüpfungspunkt für die Berechnung der Höhe der Rentenabschläge solle dabei nicht der Zeitpunkt sein, ab dem der Kläger eine Altersrente für langjährig Versicherte regulär, d.h. ohne Abschläge, beziehen könnte, sondern der früheste Zeitpunkt, ab dem ihm - aus jeglichem Rechtsgrund, konkret aber als Altersrente für besonders langjährig Versicherte - eine abschlagsfreie Altersrente zugestanden hätte.

Zu Recht gehen die Beteiligten übereinstimmend davon aus, dass die Beklagte den Wortlaut des SGB VI bei der Berechnung der Altersrente des Klägers zutreffend zum Einsatz gebracht hat. Ein unmittelbarer Verstoß der Beklagten gegen das kodifizierte Recht wird vom Kläger nicht behauptet.

Für den vom Kläger verfolgten Ansatz zur Verringerung der Rentenabschläge gibt es zur Überzeugung des Senats keine Rechtsgrundlage.

Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch (vgl. Seewald in: Kasseler Kommentar, Stand Juni 2012, vor § 38 SGB I, Rn. 120 ff) scheidet aus, weil kein fehlerhaftes Handeln der Beklagten etwa in Form einer Fehlberatung oder Mangelberatung vorgelegen hat. Der Kläger wusste bei Rentenantragstellung um die Möglichkeiten und die jeweiligen Bedingungen für die verschiedenen Rentenarten und hat gleichwohl für die Zeit ab Vollendung des 62. Lebensjahres eine Altersrente - in zwei Alternativen - beantragt. Er hätte bei vertiefter Beratung der Beklagten auch nicht anders gehandelt, da er sich zur Inanspruchnahme einer Altersrente ab diesem Zeitpunkt faktisch gezwungen sah. Zu dem Zeitpunkt, als der Kläger noch auf die Gestaltung seiner Altersteilzeitvereinbarung hätte Einfluss nehmen können, war die Gesetzesänderung noch in keiner Weise absehbar, so dass auch seinerzeit keine Beratung hätte erfolgen können, dass es Vorteile haben könnte, die Altersrente 14 Monate später beginnen zu lassen, weil dann nicht nur der lineare Rückgang der Abschläge zum Tragen kommen würde, sondern sprunghaft - aufgrund der neu eingeführten bzw. erweiterten Rente für besonders langjährig Versicherte - jeglicher Rentenabschlag entfallen würde.

Entgegen der Ansicht der Klägerseite ist auch eine Vertrauensschutzregelung nicht geboten oder eröffnet, weil der Kläger bei der Umsetzung des Altersrentenantrags genau das erhalten hat, was er bei seiner Zukunftsplanung zum Zeitpunkt der Altersteilzeitvereinbarung erwarten durfte. Er konnte seinerzeit davon ausgehen, dass er mit Vollendung des 62. Lebensjahres mit einem Abschlag von 10,8% in Altersrente gehen könne. Daran hat sich nichts geändert. Ein notwendig schützenswertes, ansonsten enttäuschtes Vertrauen liegt nicht vor. Dass zwischenzeitlich der Gesetzgeber durch Neueinführung bzw. Erweiterung der Altersrente für besonders langjährig Versicherte eine weitere Alternative geschaffen hat, hat auch für den Kläger die rechtlich zur Verfügung stehenden Möglichkeiten erweitert. Dass er sich faktisch nicht in der Lage sah, seinen Lebensunterhalt für die Übergangszeit bis zum frühestmöglichen Beginn dieser Altersrente sicherzustellen, ändert nichts daran, dass hier keine Vertrauensverletzung vorliegt.

Auch die Schaffung der Vertrauensschutzregelung in § 236 Abs. 3 SGB VI erfordert aktuell keine zusätzlichen Regelungen. Seinerzeit wurde für den Personenkreis, der bereits eine Altersteilzeitvereinbarung gemäß den erfassten Bedingungen geschlossen hatte, verhindert, dass er entgegen seiner ursprünglichen Planung sich einer finanziellen Lücke beim Übergang vom Erwerbsleben in die Altersrente ausgesetzt sah. Dieser Schutz ist erhalten geblieben. Weitere Nachteile sind nicht entstanden, nur die Möglichkeit, von später eingeführten Vergünstigungen im Rentenrecht zu profitieren, ist nicht zusätzlich gegeben bzw. nur unter Hinnahme einer Lücke zwischen den Zahlungen aus der Altersteilzeit und vom Rentenversicherungsträger. Dass die Vertrauensschutzregelung auch für den Kläger galt, obwohl er nach seiner Darstellung noch nicht unabänderlich auf das Ende des Zeitraums der Altersteilzeit festgelegt war, war damals ebenfalls als zusätzlicher Vorteil einzuordnen gewesen, weil der Kläger somit die Wahlfreiheit hatte, seine Altersteilzeitregelung in der Gewissheit der geschaffenen Vertrauensschutzregelung zu belassen oder sie abzuändern - auch wenn dies bei der damaligen Gesetzeslage mit keinen finanziellen Vorteilen verbunden gewesen wäre.

Es gibt auch keine Verpflichtung des Gesetzgebers für alle Rentenarten einen vorzeitigen Rentenbeginn mit Abschlägen gesetzlich vorzusehen. Zwar wäre dies versicherungsmathematisch ohne Nachteile für die Versichertengemeinschaft darstellbar. Der Gesetzgeber kann aber auch aus anderen Gründen etwa arbeitsmarktpolitischer Art oder wegen der Signalwirkung einer Wiederherabsetzung des Alters für den Einstieg in die Altersrente von einer solchen Regelung keinen Gebrauch machen. Er ist bei der Gestaltung von Sozialleistungen - insbesondere wenn es um Erweiterungen von Ansprüchen geht - in seiner Gestaltung insoweit frei. Bei der Neueinführung der Altersrente für besonders langjährig Versicherte waren auch generell keine Vertrauensschutzüberlegungen von Bedeutung, weil hier nicht eine bestehende Regelung verschlechtert werden sollte, sondern eine zusätzliche Rentengewährungsmöglichkeit neu geschaffen wurde.

Dass dem Kläger seinerzeit die Möglichkeit erhalten blieb, bereits mit 62 Jahren eine Altersrente beantragen zu können und über ein Blockmodell der Altersteilzeit sich bereits noch früher faktisch aus dem Erwerbsleben zurückzuziehen, verlangt nicht, dass er bei gesetzlich eingeführten Begünstigungen für eine andere Rentenart und einen anderen Zeitpunkt des Rentenbeginns anteilig hätte berücksichtigt werden müssen. Der Kläger hatte zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung rechtlich auch jede Wahlmöglichkeit für die beiden Altersrentenarten unter Beachtung der jeweiligen Bedingungen. Dass er sich durch in Unkenntnis zukünftiger Rechtsänderungen getroffene Entscheidungen eine der beiden Alternativen erschwert oder möglicherweise sogar faktisch verschlossen hatte, gebietet nicht, ihm eine dritte Variante zu eröffnen, die Vorteile beider gesetzlicher Alternativen kombiniert.

Der Einwand der Klägerseite, dass ein Verstoß gegen Art. 3 GG vorliege, überzeugt den Senat ebenfalls nicht: Das vorliegende Gesetz behandelt alle wesentlich gleichgelagerten Sachverhalte gleich; wer vor Vollendung des 63. Lebensjahres bzw. der angehobenen Altersgrenze nach § 236 b SGB VI eine Rente für besonders langjährige Versicherte beantragt, hat trotz der Erfüllung der übrigen Voraussetzungen keinen Anspruch darauf; wer sie ab dieser Altersgrenze beantragt hat - bei Erfüllung der übrigen Voraussetzungen - einen Anspruch darauf. Das Gleichheitsgebot beinhaltet nicht eine Verpflichtung zu einer Abstufungsregelung, sondern nur die generelle Geltung der Anspruchsvoraussetzungen. In dem Bestehen einer Altersteilzeitvereinbarung liegt kein so wesentliches Ungleichheitsmerkmal vor, dass dafür eine spezielle Regelung geboten gewesen wäre.

Bei der Prüfung einer gesetzlichen Regelung an verfassungsmäßigen Gesichtspunkten kommt es regelmäßig nicht darauf an, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsmäßigen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit überschritten hat oder nicht (vgl. BVerfG, Beschl. vom 13.12.2016, Az. 1 BvR 713/13 - nach juris). Ein solches Überschreiten liegt hier nicht vor.

Die angefochtenen Bescheide der Beklagten und die hierzu ergangene erstinstanzliche Entscheidung sind somit nicht zu beanstanden und die Berufung ist zurückzuweisen. Eine Regelungslücke hat nicht bestanden; eine verfassungskonforme Auslegung der geltenden Vorschriften im Sinne einer Änderung der Abschlagsregelung war nicht geboten und das anzuwendende Gesetz erscheint dem Senat auch nicht als verfassungswidrig, so dass er nicht verpflichtet war, vorab eine Entscheidung des BVerfG herbeizuführen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Senat lässt die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zu. Die Fragen, ob der Gesetzgeber den Personenkreis der unter die Vertrauensschutzregelung des § 236 Abs. 3 SGB VI fallenden Versicherten bei der Neugestaltung des § 236b SGB VI übersehen hat und ob hierfür eigentlich eine spezielle Regelung geboten gewesen wäre, sind für den vorliegenden Fall entscheidungserheblich; sie dürften auch weitere ähnlich gelagerte Rechtsstreitigkeiten betreffen.

Urteilsbesprechung zu Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 21. Juni 2018 - L 19 R 786/17

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu
Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 21. Juni 2018 - L 19 R 786/17 zitiert 15 §§.

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(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt. (2) Das Landessozialgericht

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(1) Der Zugangsfaktor richtet sich nach dem Alter der Versicherten bei Rentenbeginn oder bei Tod und bestimmt, in welchem Umfang Entgeltpunkte bei der Ermittlung des Monatsbetrags der Rente als persönliche Entgeltpunkte zu berücksichtigen sind. (

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Auf Sozialleistungen besteht ein Anspruch, soweit nicht nach den besonderen Teilen dieses Gesetzbuchs die Leistungsträger ermächtigt sind, bei der Entscheidung über die Leistung nach ihrem Ermessen zu handeln.

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 264d Zugangsfaktor


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Versicherte haben Anspruch auf Altersrente für langjährig Versicherte, wenn sie

1.
das 67. Lebensjahr vollendet und
2.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt
haben. Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist nach Vollendung des 63. Lebensjahres möglich.

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für langjährig Versicherte, wenn sie

1.
das 65. Lebensjahr vollendet und
2.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt
haben. Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist nach Vollendung des 63. Lebensjahres möglich.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1949 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 65. Lebensjahres. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1948 geboren sind, wird die Altersgrenze von 65 Jahren wie folgt angehoben:

Versicherte
Geburtsjahr
Geburtsmonat
Anhebung
um Monate
auf Alter
JahrMonat
1949
Januar1651
Februar2652
März – Dezember3653
19504654
19515655
19526656
19537657
19548658
19559659
1956106510
1957116511
195812660
195914662
196016664
196118666
196220668
1963226610.

Für Versicherte, die
1.
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben oder
2.
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
wird die Altersgrenze von 65 Jahren nicht angehoben.

(3) Für Versicherte, die

1.
nach dem 31. Dezember 1947 geboren sind und
2.
entweder
a)
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben
oder
b)
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
bestimmt sich die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme wie folgt:
Versicherte
Geburtsjahr
Geburtsmonat
Vorzeitige
Inanspruchnahme
möglich ab Alter
JahrMonat
1948
Januar – Februar6211
März – April6210
Mai – Juni629
Juli – August628
September – Oktober627
November – Dezember626
1949
Januar – Februar625
März – April624
Mai – Juni623
Juli – August622
September – Oktober621
November – Dezember620
1950 – 1963620.

Versicherte haben Anspruch auf Altersrente für besonders langjährig Versicherte, wenn sie

1.
das 65. Lebensjahr vollendet und
2.
die Wartezeit von 45 Jahren erfüllt
haben.

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für besonders langjährig Versicherte, wenn sie

1.
das 63. Lebensjahr vollendet und
2.
die Wartezeit von 45 Jahren erfüllt
haben.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1953 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1952 geboren sind, wird die Altersgrenze von 63 Jahren wie folgt angehoben:

Versicherte
Geburtsjahr
Anhebung
um Monate
auf Alter
JahrMonat
19532632
19544634
19556636
19568638
1957106310
195812640
195914642
196016644
196118646
196220648
1963226410.

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für langjährig Versicherte, wenn sie

1.
das 65. Lebensjahr vollendet und
2.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt
haben. Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist nach Vollendung des 63. Lebensjahres möglich.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1949 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 65. Lebensjahres. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1948 geboren sind, wird die Altersgrenze von 65 Jahren wie folgt angehoben:

Versicherte
Geburtsjahr
Geburtsmonat
Anhebung
um Monate
auf Alter
JahrMonat
1949
Januar1651
Februar2652
März – Dezember3653
19504654
19515655
19526656
19537657
19548658
19559659
1956106510
1957116511
195812660
195914662
196016664
196118666
196220668
1963226610.

Für Versicherte, die
1.
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben oder
2.
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
wird die Altersgrenze von 65 Jahren nicht angehoben.

(3) Für Versicherte, die

1.
nach dem 31. Dezember 1947 geboren sind und
2.
entweder
a)
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben
oder
b)
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
bestimmt sich die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme wie folgt:
Versicherte
Geburtsjahr
Geburtsmonat
Vorzeitige
Inanspruchnahme
möglich ab Alter
JahrMonat
1948
Januar – Februar6211
März – April6210
Mai – Juni629
Juli – August628
September – Oktober627
November – Dezember626
1949
Januar – Februar625
März – April624
Mai – Juni623
Juli – August622
September – Oktober621
November – Dezember620
1950 – 1963620.

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für besonders langjährig Versicherte, wenn sie

1.
das 63. Lebensjahr vollendet und
2.
die Wartezeit von 45 Jahren erfüllt
haben.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1953 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1952 geboren sind, wird die Altersgrenze von 63 Jahren wie folgt angehoben:

Versicherte
Geburtsjahr
Anhebung
um Monate
auf Alter
JahrMonat
19532632
19544634
19556636
19568638
1957106310
195812640
195914642
196016644
196118646
196220648
1963226410.

Tenor

I.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 24.07.2015 wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin einen Anspruch auf eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte anstelle einer Altersrente für Frauen hat.

Die 1951 geborene Klägerin beantragte am 31.07.2014 gleichzeitig eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte und eine Altersrente für Frauen jeweils mit Rentenbeginn zum 01.10.2014. Sie gab hierbei an, seit 01.10.2012 fortlaufend Arbeitslosengeld I von der Agentur für Arbeit in A-Stadt zu beziehen.

Die Beklagte kam zum Ergebnis, dass für die Wartezeit von 35 Jahren Beitragszeiten im Umfang von 548 Monaten und Anrechnungszeiten von 2 Monaten, insgesamt 550 Monate zu berücksichtigen seien. Für die Wartezeit von 45 Jahren für die Altersrente für besonders langjährig Versicherte seien 524 Monate Pflichtbeitragszeiten und 1 Monat Berücksichtigungszeit, also 525 Monate zu berücksichtigen, so dass die Wartezeit von 45 Jahren (= 540 Monate) nicht erfüllt sei.

Mit Schreiben vom 22.08.2014 tätigte die Beklagte bei der Klägerin eine Nachfrage, nachdem die Klägerin in den letzten zwei Jahren vor dem beantragten Rentenbeginn Arbeitslosengeld bezogen habe: Solche Zeiten dürften für die Wartezeit (von 45 Jahren) nur berücksichtigt werden, wenn die Arbeitslosigkeit auf eine Insolvenz oder auf eine Geschäftsaufgabe zurückzuführen sei. Falls ein solcher Sachverhalt vorliege, werde um Übersendung der entsprechenden Beweismittel gebeten.

Die Klägerin legte eine Änderungskündigung vom 10.02.2004 vor, wonach ihr der Arbeitsplatz in A-Stadt bei der Firma P. Schmiergeräte GmbH gekündigt wurde und die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab 01.10.2004 in F-Stadt im Landkreis C. angeboten worden war. Die Klägerin trug weiter vor, dass sie die Fahrstrecke von täglich hin und zurück 300 km ab Oktober 2012 aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr habe bewältigen können und deshalb ihren Arbeitsvertrag gekündigt habe. Hinzuweisen sei noch darauf, dass im Jahr 2009 der gesamte Firmensitz von A-Stadt nach B-Stadt verlagert worden sei.

Mit Bescheid vom 10.09.2014 bewilligte die Beklagte der Klägerin eine Altersrente für Frauen ab 01.10.2014 in Höhe von monatlich 1.202,07 Euro netto unter Berücksichtigung eines Rentenabschlages von 6,6% für einen vorzeitigen Rentenbeginn von 22 Kalendermonaten. Im Bescheid wurde außerdem ausgeführt, dass die Wartezeit von 45 Jahren für die Altersrente für besonders langjährig Versicherte nicht erfüllt sei. Es seien 525 berücksichtigungsfähige Monate zurückgelegt worden und ein Sachverhalt, der dazu hätte führen können, dass die Pflichtbeiträge aus der Zeit vom 01.10.2012 bis 30.09.2014 aus der Zahlung von Arbeitslosengeld an der Berechnung der Wartezeit teilnehmen würden, habe nicht vorgelegen.

Mit Schreiben vom 08.10.2014 legte die Klägerin hiergegen Widerspruch ein, ohne diesen näher zu begründen. Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 08.01.2015 den Widerspruch unter Bezugnahme auf den angefochtenen Bescheid zurück.

Am 02.02.2015 hat die Klägerin mit Telefax Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben und eine Abänderung des angefochtenen Bescheides dahingehend beantragt, dass ihr ab 01.10.2014 eine abschlagsfreie Altersrente zu zahlen sei. Die Beklagte habe sich zu Unrecht auf die Neuregelung des § 51 Abs. 3a Ziff. 3a 2. Halbs. Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) gestützt und die Wartezeit verkürzt berechnet. Die Ausnahmetatbestände seien nämlich gleichheitssatzwidrig. Die Klägerin habe zu keinem Zeitpunkt die Absicht gehabt, sich rechtsmissbräuchlich zu verhalten und zu einem früheren Zeitpunkt das gesetzliche Altersruhegeld zu beziehen. Sie habe ihren bisherigen Arbeitsplatz aus gesundheitlichen Gründen aufgeben müssen, da sie die sehr lange Pendelstrecke nicht mehr habe bewältigen können. Dies habe auch die Bundesagentur für Arbeit nachvollzogen und deshalb keine Sperrzeit nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) verhängt. Bei der Klägerin sei die Aufgabe des Arbeitsplatzes nicht vom Motiv einer eventuellen Frühverrentung bestimmt gewesen, sondern sie habe den täglichen Arbeitsweg aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr bewerkstelligen können.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 24.07.2015 die Klage abgewiesen. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte nach § 236b SGB VI habe die Klägerin nicht erfüllt. Bei ihr liege keine Wartezeit von 45 Jahren vor, weil auf diese Wartezeit die Pflichtbeitragszeiten aufgrund von Leistungen der Agentur für Arbeit in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nicht zu berücksichtigen seien (§ 51 Abs. 3a Satz 1 Nr. 3a SGB VI). Es liege auch kein Ausnahmefall vor, wonach eine Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers die Arbeitslosigkeit bedingt habe. Die Vorschrift sei auch nicht deshalb verfassungswidrig, als sie als Rückausnahme von der zweijährigen „Karenzzeit“ den Sachverhalt, der bei der Klägerin zur Arbeitslosigkeit geführt habe, nicht vorgesehen habe. Zweck der Ausnahmeregelung sei es nach dem Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales, solche Härtefälle zu berücksichtigen, bei denen die Arbeitnehmer unfreiwillig aus ihren Arbeitsverhältnis hätten ausscheiden müssen (BT-Drs. 18/1489, S. 26). Die beiden Ausnahmetatbestände würden objektiv zwingende Umstände darstellen, bei denen keinerlei Handlungsspielraum seitens des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers bestehe und der Ausscheidungsgrund vom Arbeitnehmer nicht beeinflusst werden könne. Mit diesen Ausnahmefällen seien die zur Arbeitslosigkeit der Klägerin führenden Gründe nicht vergleichbar. Sie habe - wenn auch aus verständlichen Gründen - das Arbeitsverhältnis selbst beendet und die Arbeitslosigkeit herbeigeführt. Eine verfassungsrechtliche Ungleichbehandlung gegenüber der Personengruppe, die das Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis nicht habe beeinflussen können, könne somit nicht erkannt werden. Die von der Klägerin für die angewandte Vorschrift geltend gemachte Ungleichbehandlung und der Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) werde zwar in der Literatur diskutiert, betreffe jedoch auch dort nur Sachverhalte, bei denen Versicherte ebenfalls unfreiwillig - beispielsweise aufgrund einer betriebsbedingten Kündigung - arbeitslos geworden seien. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass sich aus dem Versicherungsverlauf keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben hätten, dass die Klägerin vor ihrer Kündigung längere Zeit arbeitsunfähig gewesen wäre.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin am 09.09.2015 mit Telefax-Schreiben Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Sie hat weiterhin geltend gemacht, dass in ihrem Fall keine rechtsmissbräuchliche Gestaltung vorgelegen habe und sie deshalb zu Unrecht die Beitragszeiten aus der Zahlung von Arbeitslosengeld I in der Zeit von Oktober 2012 bis September 2014 nicht auf die Wartezeit angerechnet bekommen habe. Für Arbeitslose, die nicht während ihrer langen Erwerbsbiografie die Versicherungsleistung Arbeitslosengeld I bezogen hätten, sondern vor Eintritt in die Rente, finde eine Ungleichbehandlung statt, die nicht begründet sei. Mit Ausnahme einer rechtsmissbräuchlichen Gestaltung sei es vom Einzelnen nicht steuerbar, ob eine Pflichtbeitragszeit Arbeitslosen-geld I während einer langjährigen Beschäftigungsbiografie entstehe oder an deren Ende. Beide Male habe der Arbeitslose die Entgeltersatzleistung selbst finanziert und beide Male handele es sich um eine Pflichtbeitragszeit, für die Beiträge abgeführt worden seien.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 24.07.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin unter Abänderung des Bescheides vom 10.09.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.01.2015 ab 01.10.2014 eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 24.07.2015 zurückzuweisen.

Zur Ergänzung wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der beigezogenen Akte der Beklagte Bezug genommen.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 SGG) ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht Nürnberg hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte hat.

In der erstinstanzlichen Entscheidung nicht problematisiert worden ist, dass die Klägerin seit Oktober 2014 eine Altersrente für Frauen erhält. Insofern hätte ein Ausschlussgrund nach § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI vorliegen können, wonach ein Wechsel in eine andere Rente wegen Alters nach bindender Bewilligung einer Rente wegen Alters oder für Zeiten des Bezugs einer solchen Rente ausgeschlossen ist. Dadurch dass hier die Bewilligung der einen Altersrente (für Frauen) und das Versagen der anderen (für besonders langjährig Versicherte) in einem gemeinsamen Bescheid erfolgt ist und dieser angefochten und Gegenstand des hier anhängigen Berufungsrechtsstreits ist, liegt eine bindende Bewilligung bisher eindeutig (noch) nicht vor.

Zwar würde auch bereits die Erfüllung der zweiten Alternative als Ausschlussgrund genügen und der Bezug einer Altersrente für Frauen besteht seit Oktober 2014. Dies ist im Übrigen auch unabhängig von der Frage einer tatsächlichen Zahlung (Text und Erläuterungen zum SGB VI, Hrsg. DRV Bund, 17. Aufl. 2013, § 34, 4.1). Ebenso kommt es nicht darauf an, ob eine Rente Abschläge hat und die andere nicht. Eine denkbare Lesart der Norm dahingehend, dass nur eine Abänderung für die Vergangenheit ausgeschlossen wäre, ab dem Zeitpunkt der Beendigung des Bezugs d.h. für die Zukunft, der Wechsel aber offen wäre, würde klar dem Gesetzeszweck zuwiderlaufen. Dagegen ist es im vorliegenden Fall bedeutsam, dass ein solcher Wechsel dann nicht ausgeschlossen ist, wenn die andere Rente vor oder zumindest zum gleichen Zeitpunkt wie die gewährte beginnen würde (Gürtner in: Kasseler Kommentar, Stand 12/2016, § 34 SGB VI, Rn 52; Text und Erläuterungen a.a.O.). Der Senat sieht wegen des im vorliegenden Fall möglichen gleichzeitigen Beginns den Wechsel nicht als ausgeschlossen an.

Die Klägerin hat unstreitig ab Rentenbeginn die Voraussetzungen für eine Altersrente für Frauen erfüllt und diese Rente ist auch zutreffend - unter Berücksichtigung von Abschlägen für einen vorzeitigen Beginn - der Höhe nach berechnet worden. Eine abschlagsfreie Rentenzahlung ab Oktober 2014 ist im Fall der Klägerin - d.h. unter den dort bestehenden Faktoren - nicht möglich.

Eine Rentenzahlung ohne Abschläge wäre zwar bei einer Altersrente für besonders langjährig Versicherte möglich, jedoch erfüllt die Klägerin nach dem eindeutigen Wortlaut der gesetzlichen Regelungen die Voraussetzungen hierfür nicht.

Nach § 236 b SGB VI, der ab 01.07.2014 in Kraft getreten ist und damit auf den von der Klägerin gewünschten Rentenbeginn anzuwenden ist, haben Versicherte, die vor dem 01. Januar 1964 geboren sind, Anspruch auf Altersrente für besonders langjährig Versicherte, wenn sie

1. das 63. Lebensjahr vollendet und

2. die Wartezeit von 45 Jahren erfüllt haben.

Die Klägerin hat zum 27.07.2014 und damit vor dem beantragten Rentenbeginn das 63. Lebensjahr vollendet und ist auch deutlich vor dem 01.01.1964 geboren.

Die Beklagte ist jedoch zutreffend zum Ergebnis gekommen, dass die Klägerin die Wartezeit von 45 Jahren nach der insoweit klaren gesetzlichen Regelung nicht erfüllt hat.

Auf die Wartezeit von 45 Jahren werden nach § 51 Abs. 3a SGB VI Kalendermonate angerechnet

– mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit,

– mit Berücksichtigungszeiten,

– mit Zeiten des Bezugs von Leistungen bei Krankheit und von Übergangsgeld.

Unter besonderen Einschränkungen werden weiter

– Zeiten des Bezugs von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung (§ 51 Abs. 3 a Satz 1 Nr. 3 a SGB VI) und

– Kalendermonate mit freiwilligen Beiträgen angerechnet. Dabei werden gemäß § 51 Abs. 3a Satz 1 Nr. 3 2. Halbs. SGB VI Zeiten nach Nr. 3 Buchst. a in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nicht berücksichtigt, es sei denn, der Bezug von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung ist durch eine Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers bedingt.

Die Beklagte hat zutreffend ermittelt, dass die Klägerin 525 Monate aufzuweisen hat, die von dieser Vorschrift erfasst sind. Die Klägerin hat in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn Pflichtbeitragszeiten aufgrund von Leistungen der Agentur für Arbeit aufzuweisen gehabt. Die Arbeitslosigkeit der Klägerin war dabei weder auf eine Insolvenz, noch eine vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers zurückzuführen gewesen. Deshalb bleiben nach der gesetzlichen Bestimmung die Pflichtbeiträge für die Zeit vom 01.10.2012 bis 30.09.2014 für die Berechnung der Wartezeit von 45 Jahren unberücksichtigt.

Der Senat ist auch nicht zum Ergebnis gekommen, dass die gesetzliche Regelung des § 51 Abs. 3a SGB VI insgesamt verfassungswidrig ist oder im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung zumindest die Rückausnahmegründe erweitert werden müssten. Der Senat schließt sich insofern der Argumentation des LSG Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 21.06.2016 (Az. L 9 R 695/16 - nach juris) an.

Ein Verstoß gegen Art. 14 GG ist nicht gegeben: Die Klägerin erhält aus den im Rahmen des Bezuges von Entgeltersatzleistungen abgeführten Beiträgen eine Gegenleistung, weil diese Zeiten bei der Berechnung der Rentenhöhe ohne Einschränkung berücksichtigt werden.

Der Senat sieht auch nicht auf Grund von Art. 3 GG ein anderes Ergebnis als geboten an. Nach dem allgemeinen Gleichheitssatz ist wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Dabei werden nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht verlangt, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen.

Der Fall der Klägerin mit einem von ihr veranlassten - wenn auch aus ihrer Sicht begründeten und schuldlos herbeigeführten - Verlust des Arbeitsplatzes und dem damit ausgelösten Eintritt von Leistungen wegen Arbeitslosigkeit ist nicht weitgehend vergleichbar mit einem unabänderlichen generellen Wegfall des Arbeitsplatzes. Insofern stellt sich die Frage einer erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 51 Abs. 3a SGB VI allenfalls für zwar nicht explizit genannte Fälle neben Insolvenz und vollständiger Geschäftsaufgabe, die ebenfalls den generellen Wegfall des Arbeitsplatzes ohne jede - auch nur theoretische - Umsetzungsmöglichkeit betreffen (vgl. insoweit die im anhängigen Revisionsverfahren BSG B 5 R 8/16 R, zuvor LSG Niedersachsen, L 2 R 517/15, thematisierte Problematik der Kündigung zur Abwendung einer Insolvenz). Die beiden Ausnahmetatbestände betreffen Fälle, in denen der Ausscheidungsgrund vom Arbeitnehmer nicht beeinflusst werden kann, und stellen objektiv zwingende Umstände dar, bei denen keinerlei Handlungsspielraum seitens des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers besteht, da sämtliche Arbeitsverhältnisse aufgelöst werden. Ein derartiger Fall liegt hier klar nicht vor. Im Fall der Klägerin wäre etwa durch Maßnahmen einer zeitweisen Verkürzung des Arbeitsweges - etwa durch Zweitwohnung oder Dienstwohnung - jederzeit eine Fortsetzung der Erwerbstätigkeit denkbar gewesen. Eine verfassungsrechtliche Ungleichbehandlung gegenüber der Personengruppe, die das Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis nicht beeinflussen kann, kann somit nicht erkannt werden.

Art. 3 GG ist daneben aber auch im Hinblick auf die Frage des zeitlichen Rahmens für die Anwendung der Ausnahmeregelung von Bedeutung. Der Senat folgt nicht der Auffassung der Klägerseite, dass es ohne Belang zu bleiben hat, wann im Erwerbsleben Zeiten der Arbeitslosigkeit auftreten, d.h. dass entweder generell die Beiträge aus Leistungen für Arbeitslosigkeit bei der Berechnung der Wartezeit zu berücksichtigen sind oder eben generell nicht, wenn man sie als nachrangig gegenüber Pflichtbeiträgen aus Beschäftigung einordnet. Der Gesetzgeber durfte aus Sicht des Senates eine Zeit vor dem zu erwartenden und tatsächlich erfolgten Rentenbeginn festlegen, in denen dieser bevorstehende Rentenbeginn bei der Frage des Umgangs mit der weiteren Gestaltung des Erwerbslebens eine besondere Bedeutung gewinnt.

Zutreffend hat bereits das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass durch die Nichtberücksichtigung der Zeiten des Bezuges von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn Fehlanreize zu einer dem Renteneintritt vorgeschalteten Arbeitslosigkeit bzw. eine verkappte Frühverrentung vermieden werden sollen (BT-Drs. 18/1489 S. 26). Die getroffene gesetzliche Regelung ist dafür geeignet und angemessen. Der betroffene Arbeitnehmer wird dazu angehalten, alles von seiner Seite Mögliche zu tun, dass kein Ausscheiden aus dem Erwerbsleben vor dem vorgesehenen Rentenbeginn erfolgt.

Zwar ist die Annahme eines Zeitraums von zwei Jahren nicht zwingend: Es hätte durchaus auch ein etwas kürzerer oder geringfügig längerer Zeitraum gewählt werden können. Der Zeitraum ist hinsichtlich der Länge jedoch durchaus stimmig: ein deutlich längerer hätte zu viele Unwägbarkeiten bis zu Renteneintritt offen gelassen, ein deutlich kürzerer wäre von seinem Wirkzweck - dem Verhindern von missbräuchlicher Herbeiführung von Arbeitslosigkeit - zu schwach. Insofern wohnt der jetzt getroffenen Festlegung nur soviel Willkürlichkeit inne, wie sie mit jeder Festlegung eines Stichtages zwangsläufig verbunden ist.

Hinzu kommt, dass die Schaffung einer Altersrente für besonders langjährige Versicherte, die einen abschlagsfreien Altersrentenbezug schon zu einem früheren Zeitpunkt als nach der bisherigen Gesetzeslage ermöglicht, eine Besserstellung einführt, für die ein weiter gesetzgeberischer Gestaltungsspielraum gilt (vgl. z.B. BVerfG, Nichtannahmebeschl. v. 09.11.2011, Az. 1 BvR 1853/11 - nach juris). Dieser ist gerichtlich nicht überprüfbar, solange es sich um eine vertretbare und nachvollziehbare Regelung handelt. Verfassungsrechtlich nicht geboten ist die Schaffung der besten Regelung oder der Regelung mit der höchsten Einzelfallgerechtigkeit.

Entgegen der Ansicht der Klägerin setzt die hier geschaffene Regelung auch nicht unmittelbar an der Feststellung eines Rechtsmissbrauchs oder einer inakzeptablen Motivation an, weil dies im Zuge einer Massenverwaltung gar nicht mit der notwendigen Klarheit feststellbar wäre. Auch dies ist eine bei der Schaffung einer gesetzlichen Regelung zulässige Überlegung des Gesetzgebers.

Nach alledem sieht der Senat keinen Anlass dafür, dass die Regelung des § 236 b SGB VI im Fall der Klägerin unter Anwendung eines vom klaren Gesetzeswortlaut abweichenden Inhalts des § 51 Abs. 3a Satz 1 Nr. 3 2. Halbs. SGB VI zur Anwendung zu kommen hätte. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die beantragte abschlagsfreie Altersrente.

Dementsprechend sind die angefochtenen Bescheide der Beklagten und das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 24.07.2015 nicht zu beanstanden und die Berufung war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 u. 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.

Beginnt eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor dem 1. Januar 2024 oder ist bei einer Rente wegen Todes der Versicherte vor dem 1. Januar 2024 verstorben, ist bei der Ermittlung des Zugangsfaktors anstelle der Vollendung des 65. Lebensjahres und des 62. Lebensjahres jeweils das in der nachfolgenden Tabelle aufgeführte Lebensalter maßgebend:

Bei Beginn der Rente oder bei Tod des Versicherten imtritt an die Stelle des Lebensalters
65 Jahre das Lebensalter62 Jahre das Lebensalter
JahrMonatJahreMonateJahreMonate
vor 2012630600
2012Januar631601
2012Februar632602
2012März633603
2012April634604
2012Mai635605
2012Juni – Dezember636606
2013637607
2014638608
2015639609
201663106010
201763116011
2018640610
2019642612
2020644614
2021646616
2022648618
202364106110.

§ 77 Abs. 4 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle von 40 Jahren 35 Jahre treten.

(1) Der Zugangsfaktor richtet sich nach dem Alter der Versicherten bei Rentenbeginn oder bei Tod und bestimmt, in welchem Umfang Entgeltpunkte bei der Ermittlung des Monatsbetrags der Rente als persönliche Entgeltpunkte zu berücksichtigen sind.

(2) Der Zugangsfaktor ist für Entgeltpunkte, die noch nicht Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer Rente waren,

1.
bei Renten wegen Alters, die mit Ablauf des Kalendermonats des Erreichens der Regelaltersgrenze oder eines für den Versicherten maßgebenden niedrigeren Rentenalters beginnen, 1,0,
2.
bei Renten wegen Alters, die
a)
vorzeitig in Anspruch genommen werden, für jeden Kalendermonat um 0,003 niedriger als 1,0 und
b)
nach Erreichen der Regelaltersgrenze trotz erfüllter Wartezeit nicht in Anspruch genommen werden, für jeden Kalendermonat um 0,005 höher als 1,0,
3.
bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und bei Erziehungsrenten für jeden Kalendermonat, für den eine Rente vor Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch genommen wird, um 0,003 niedriger als 1,0,
4.
bei Hinterbliebenenrenten für jeden Kalendermonat,
a)
der sich vom Ablauf des Monats, in dem der Versicherte verstorben ist, bis zum Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 65. Lebensjahres des Versicherten ergibt, um 0,003 niedriger als 1,0 und
b)
für den Versicherte trotz erfüllter Wartezeit eine Rente wegen Alters nach Erreichen der Regelaltersgrenze nicht in Anspruch genommen haben, um 0,005 höher als 1,0.
Beginnt eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder eine Erziehungsrente vor Vollendung des 62. Lebensjahres oder ist bei Hinterbliebenenrenten der Versicherte vor Vollendung des 62. Lebensjahres verstorben, ist die Vollendung des 62. Lebensjahres für die Bestimmung des Zugangsfaktors maßgebend. Die Zeit des Bezugs einer Rente vor Vollendung des 62. Lebensjahres des Versicherten gilt nicht als Zeit einer vorzeitigen Inanspruchnahme. Dem Beginn und der vorzeitigen oder späteren Inanspruchnahme einer Rente wegen Alters stehen für die Ermittlung des Zugangsfaktors für Zuschläge an Entgeltpunkten aus Beiträgen nach Beginn einer Rente wegen Alters die Zeitpunkte nach § 66 Absatz 3a Satz 1 gleich, zu denen die Zuschläge berücksichtigt werden.

(3) Für diejenigen Entgeltpunkte, die bereits Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer früheren Rente waren, bleibt der frühere Zugangsfaktor maßgebend. Dies gilt nicht für die Hälfte der Entgeltpunkte, die Grundlage einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung waren. Der Zugangsfaktor wird für Entgeltpunkte, die Versicherte bei

1.
einer Rente wegen Alters nicht mehr vorzeitig in Anspruch genommen haben, um 0,003 oder
2.
einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder einer Erziehungsrente mit einem Zugangsfaktor kleiner als 1,0 nach Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 62. Lebensjahres bis zum Ende des Kalendermonats der Vollendung des 65. Lebensjahres nicht in Anspruch genommen haben, um 0,003,
3.
einer Rente nach Erreichen der Regelaltersgrenze nicht in Anspruch genommen haben, um 0,005
je Kalendermonat erhöht.

(4) Bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und bei Hinterbliebenenrenten, deren Berechnung 40 Jahre mit den in § 51 Abs. 3a und 4 und mit den in § 52 Abs. 2 genannten Zeiten zugrunde liegen, sind die Absätze 2 und 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle der Vollendung des 65. Lebensjahres die Vollendung des 63. Lebensjahres und an die Stelle der Vollendung des 62. Lebensjahres die Vollendung des 60. Lebensjahres tritt.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Ermittlung des Zugangsfaktors für die nach § 66 Absatz 1 Satz 2 gesondert zu bestimmenden persönlichen Entgeltpunkte aus dem Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

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Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Speyer vom 4.3.2015 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Umwandlung der ihm gewährten Altersrente nach Altersteilzeitarbeit in eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte nach der am 1.7.2014 in Kraft getretenen Regelung des § 236b Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).

2

Der 1951 geborene Kläger war bis Ende 2012 versicherungspflichtig beschäftigt. Die aufgrund einer Teilzeitvereinbarung mit seinem letzten Arbeitgeber vereinbarte Freistellungsphase endete am 31.12.2012.

3

Im Oktober 2012 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Altersrente nach Altersteilzeitarbeit (§ 237 SGB VI).

4

Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 31.1.2013 eine Altersrente nach Altersteilzeitarbeit ab dem 1.1.2013. Der laufende Zahlbetrag belief sich zunächst auf monatlich netto 1.085,74 EUR. Dabei berücksichtigte sie wegen der vorzeitigen Inanspruchnahme der Rente einen verminderten Zugangsfaktor. Dieser betrug für die 47-monatige frühere Inanspruchnahme des Anspruchs auf Rente 0,141 (Anlage 6 des Bescheides). Der auf Gewährung eines höheren Auszahlungsbetrages gerichtete Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 22.10.2013 zurückgewiesen. Dieser Bescheid ist bestandskräftig geworden. Der Kläger bezog in der Folgezeit laufend die ihm bewilligte Altersrente mit vermindertem Zugangsfaktor.

5

Mit einem bei der Beklagten am 21.7.2014 eingegangenen Schreiben vom 15.7.2014 stellte der Kläger einen Antrag auf Wechsel in die abschlagsfreie Rente mit 63 für besonders langjährig Versicherte.

6

Mit Bescheid vom 7.8.2014 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab, weil der Kläger bereits eine Altersrente nach Altersteilzeitarbeit beziehe. Nach geltendem Recht (§ 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI) sei ein Wechsel in eine andere Altersrentenart ausgeschlossen.

7

Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 30.9.2014 zurückgewiesen.

8

Dagegen hat der Kläger am 24.10.2014 Klage zum Sozialgericht (SG) Speyer erhoben und die Gewährung einer abschlagsfreien Altersrente für langjährig Versicherte begehrt.

9

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 4.3.2015 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf eine abschlagfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte habe. Zwar erfülle der Kläger die Voraussetzungen der Altersrente für besonders langjährig Versicherte auf Grundlage der zum 1.7.2014 in Kraft getretenen Vorschrift des § 38 SGB VI i.V.m. § 236b Abs. 1 SGB VI. Ausgeschlossen sei der tatsächliche Rentenbezug der Altersrente für besonders langjährig Versicherte allerdings wegen der Ausschlussregelung des § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI. Diese Vorschrift bestimme, dass nach bindender Bewilligung einer Rente wegen Alters und für Zeiten des Bezugs einer solchen Rente der Wechsel in eine andere Rente wegen Alters ausgeschlossen sei. Dieser Ausschlussgrund treffe auf den Kläger zu. Ihm sei durch bestandskräftigen Bescheid eine Altersrente nach Altersteilzeit ab dem 1.1.2013 bewilligt worden. Der Wechsel in eine andere Rente wegen Alters sei ihm demnach verwehrt. Zur Überzeugung des erkennenden Gerichts sprächen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Anwendung des § 34 Abs. 4 SGB VI. Insbesondere sei eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes nicht gegeben.

10

Gegen den dem Kläger am 7.3.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat er am 25.3.2015 Berufung eingelegt.

11

Der Kläger trägt vor, er habe das umlagefinanzierte Rentensystem ebenso getragen wie andere und sehe keinen sachlichen Grund, nicht die abschlagsfreie Rente auch für sich zu erhalten. Die Ungleichbehandlung im Vergleich zu anderen Rentnern halte er für eine ungerechtfertigte Diskriminierung. Er sehe sich durch die Ablehnung in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verletzt. Im Vergleich zu anderen teilzeitbeschäftigten älteren Arbeitnehmern werde er ungleich behandelt.

12

Der Kläger beantragt,

13

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Speyer vom 4.3.2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 7.8.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.9.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm an Stelle der gewährten Altersrente nach Altersteilzeit ab Antragstellung eine abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte zu gewähren,

14

hilfsweise

15

das Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen.

16

Die Beklagte beantragt,

17

die Berufung zurückzuweisen.

18

Die Beklagte verweist zur Begründung auf die angefochtene Entscheidung des SG.

19

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Deren Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung.

Entscheidungsgründe

20

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

21

Im Streit steht die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 7.8.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.9.2014, mit dem die Beklagte die Umwandlung der dem Kläger ab 1.1.2013 mit bestandskräftigem Bescheid vom 31.1.2013 bewilligten Altersrente nach Altersteilzeitarbeit i.S.d. § 237 SGB VI ab Antragstellung in eine abschlagsfreie Rente für besonders langjährig Versicherte i.S. des § 236b SGB VI abgelehnt hat. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

22

Gemäß § 34 Abs. 4 SGB VI ist nach bindender Bewilligung einer Rente wegen Alters oder für Zeiten des Bezugs einer solchen Rente der Wechsel in eine 1. Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, 2. Erziehungsrente oder 3. andere Rente wegen Alters ausgeschlossen. Die für den vorliegend streitigen Wechsel von der Altersrente nach Altersteilzeit in eine Altersrente nach Altersteilzeit für besonders langjährig Versicherte maßgebliche Vorschrift des § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI sieht folglich vor, dass ein Altersrentner dauerhaft Bezieher dieser Altersrente bleiben soll. § 34 Abs. 4 SGB VI schließt als Ausschlusstatbestand die Möglichkeit des Wechsels in eine andere Altersrentenart nach bindender Bewilligung oder für Zeiten des Bezugs der Altersrente ausdrücklich aus (Freudenberg in jurisPK-SGB VI, § 34 Rdnr. 23, 81ff m.w.N, Jassat/Kreikebohm in Beck´scher Online-Kommentar Sozialrecht, § 34 SGB VI Rdnr. 23) und zwar auch dann, wenn sich bei einem Wechsel von einer Altersrente, ggf. mit erheblichen Rentenabschlägen wegen vorzeitiger Inanspruchnahme der Rente, in eine andere ein günstigerer Zugangsfaktor ergeben würde (Freudenberg, a.a.O.). Mit der Regelung wird sichergestellt, dass der Versicherte, der sich für eine vorzeitige Altersrente entschieden und zumindest vom Vollzeitarbeitsmarkt abgewandt hat, dauerhaft Bezieher dieser Leistung bleibt. § 34 Abs. 4 SGB VI soll Dispositionen zu Lasten der Versichertengemeinschaft ausschließen. Die Versicherten werden folglich an ihrer Disposition festgehalten und haben deren Folgen, nämlich die Reduzierung des Zugangsfaktors wegen der vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrente, zu tragen. Gegen die Regelung des § 34 Abs. 4 SGB VI bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (BSG, Urteil vom 26.7.2007 - B 13 R 44/06 R). Daher ist die vom Kläger begehrte Umwandlung der Altersrente nach Altersteilzeitarbeit ab Antragstellung in eine abschlagfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte nach § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI ausgeschlossen. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI liegen vor. Die Beklagte hat dem Kläger durch bestandskräftigen Bescheid vom 31.1.2013 zum 1.1.2013 eine Altersrente nach Altersteilzeit bewilligt. Dieser hat die Altersrente seit diesem Tag auch tatsächlich bezogen und bezieht sie auch weiterhin. Die begehrte Umwandlung stellt einen Wechsel i.S. des § 34 Abs. 4 SGB VI dar, weil die Anspruchsvoraussetzungen für die gewünschte abschlagfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte erst nach der Bewilligung und während des Bezugs dieser Altersrente eingetreten sind. Dass die Absenkung des Zugangsfaktors bei vorgezogenen Altersrenten, die längere Rentenlaufzeiten infolge eines vorgezogenen Rentenbeginns ausgleichen und die Kostenneutralität vorgezogener Rentenleistungen sicherstellen soll, verfassungsgemäß ist und zur Sicherung der Finanzierung des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung und damit zur Erhaltung dessen Funktionsfähigkeit gerechtfertigt ist hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden (BVerfG, Beschluss vom 7.2.2011 - 1 BvR 642/09 m.w.N.). Rentenabschläge an sich sind nach Auffassung des BVerfG zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmungen i.S.d. Art. 14 GG. Der Versicherte, der sich in Kenntnis des konkreten Abschlags wegen des vorzeitigen Rentenbezugs, d.h. also sehenden Auges für eine vorzeitige Inanspruchnahme einer Altersrente entschieden und die damit verbundenen Vorteile in Anspruch genommen hat, hatte für diesen Zuwachs an individueller Freiheit im Alter mit einer dauerhaften Rentenkürzung für den früheren Renteneintritt zu rechnen.

23

Durch die zum 1.7.2014 in Kraft getretene Vorschrift des § 236b SGB VI ergibt sich keine andere Beurteilung. Nach Absatz 1 der Vorschrift haben Versicherte, die vor dem 1.1.1964 geboren sind, frühestens Anspruch auf Altersrente für besonders langjährig Versicherte, wenn sie 1. das 63. Lebensjahr vollendet und 2. die Wartezeit von 45 Jahren erfüllt haben. Der Gesetzgeber die Regelung des § 236b SGB VI am 1.7.2014 in Kraft gesetzt und es bei der Vorschrift des § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI belassen, so dass für die Bestandsrentner ein Wechsel in die abschlagfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte i.S. des § 236b SGB VI ausgeschlossen ist (Gürtner in KassKomm, § 236b SGB VI Rdnr. 3).

24

Der Senat hat gegen diese Regelung keine verfassungsrechtlichen Bedenken, so dass eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG iVm. § 80 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) nicht geboten ist.

25

Es obliegt dem Gesetzgeber, zu entscheiden, ob ein Rechtsgebiet der Novellierung bedarf und ab wann eine Neuregelung in Kraft treten soll, insbesondere, in welchem Umfang und ab wann Verbesserungen gewähren werden sollen. Der Gesetzgeber hat einen weiten Gestaltungsspielraum, der es ihm erlaubt, die zum 1.7.2014 gewährte Vergünstigung nicht auf Bestandsrentner auszudehnen und daher auch keine Ausnahme von der für alle Altersrentner geltenden Regelung des § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI vorzusehen. § 34 Abs. 4 SGB VI hat in erster Linie den Zweck, die Finanzierungsgrundlage der gesetzlichen Rentenversicherung zu stabilisieren und damit die Funktionsfähigkeit des Systems als solches zu gewährleisten. Entschließt sich ein Versicherter, Versicherungsrente zum denkbar frühesten Zeitpunkt in Anspruch zu nehmen, der gesetzlich möglich ist, hat er auf Grund der damit zumindest statistisch zu erwartenden längeren Rentenlaufzeit auch erhebliche Rentenabschläge in Kauf zu nehmen. Die Rentenlaufzeit verkürzt sich nicht durch den bloßen Wechsel in eine andere Rentenart wegen Alters. Im Hinblick auf die Sicherstellung der Finanzierbarkeit und der Funktionsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung durfte der Gesetzgeber darauf verzichten, die bereits abgeschlossenen Rentenvorgänge der Bestandsrentner aufzugreifen und diese in die ohnehin nur zeitlich begrenzte Privilegierung einzubeziehen. Weshalb es geboten gewesen sein sollte, den Kläger gegenüber anderen Altersrentnern oder aber den anderen in § 34 Abs. 4 Nrn. 1 und 2 genannten Rentnern, denen die Umwandlung ebenfalls verwehrt ist, zu begünstigen, ist nicht überzeugend vorgetragen worden. Eine Ungleichbehandlung i.S. des Art. 3 Abs. 1 GG zwischen Versicherten, die ab 1.7.2014 erstmals eine abschlagfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte beziehen und Bestandsrentnern, die die Anspruchsvoraussetzungen des § 236b SGB VI aufgrund einer früheren Bewilligung oder des Bezugs einer der in § 34 Abs. 4 genannten Rente, liegt nicht vor. Der Gesetzgeber ist zwar an den allgemeinen Gleichheitssatz gebunden. Ungleichbehandlungen innerhalb einer vergleichbaren Personengruppe sind auch nur durch vernünftige, sachliche Gründe zu rechtfertigen. Allerdings handelt es sich vorliegend wegen des Rentenbezugs einer der beiden Gruppen nicht um eine vergleichbare Gruppe von Normadressaten. Abgesehen davon steht es dem Gesetzgeber frei, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzufügen (BVerfG, Urteil vom 7. 7.1992 - 1 BvL 51/86 m.w.N.). Zwar müssen Stichtage im Hinblick auf den zu regelnden Gegenstand sachbezogen sein. Die mit dem Stichtag einhergehende Differenzierung bzw. Typisierung muss auch in Einklang mit dem vom Gesetzgeber selbst gewählten Regelungsprinzip stehen. Erklärtes Ziel der gesetzlichen Regelung der abschlagfreien Altersrente für besonders langjährig Versicherte ist es gewesen, diejenigen zu bedenken, die ihr Arbeitsleben bereits früh begonnen und in 45 Beitragsjahren die Rentenversicherung maßgeblich gestützt hätten. Die angestrebte Begünstigung kommt allerdings wegen des Unterscheidungsmerkmals des Stichtags 1.7.2014 nicht den Bestandsrentnern zu, wobei die hierfür angeführte angespannte Finanzlage sowie der Hinweis auf die zeitliche Befristung der Sonderregelung des § 236b SGB VI den Begünstigungsausschluss durchaus rechtfertigen und als sachlicher Grund für diese typische Stichtagsregelung zu sehen sind (ebenso bereits LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.5.2015 - L 7 R 5354/14 und SG Dortmund, Urteil vom 12.6.2015 - S 61 R 108/15).

26

Daher war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

27

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

28

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 12. August 2015 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwältin B. aus W. beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Urteil wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Das LSG Rheinland-Pfalz hat mit Urteil vom 12.8.2015 einen für die Zeit ab 1.7.2014 geltend gemachten Anspruch des Klägers auf Umwandlung der ihm seit Januar 2013 bestandskräftig wegen vorzeitiger Inanspruchnahme mit Abschlägen bewilligten Altersrente nach Altersteilzeitarbeit in eine abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte nach der durch das RV-Leistungsverbesserungsgesetz vom 23.6.2014 (BGBl I 787) am 1.7.2014 in Kraft getretenen Regelung des § 236b SGB VI verneint.

2

Der Kläger macht mit seiner beim BSG erhobenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem genannten LSG-Urteil die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und einen Verfahrensmangel geltend. Zugleich hat er Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung von Rechtsanwältin B. beantragt.

3

II. 1. Der PKH-Antrag des Klägers ist abzulehnen.

4

Nach § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 114 Abs 1 S 1 ZPO kann einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, für das Verfahren vor dem BSG PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Vorliegend sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt.

5

Nach § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 117 Abs 2 bis 4 ZPO sind dem Antrag auf PKH eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege beizufügen. Eine solche Erklärung hat der Kläger im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde beim BSG nicht eingereicht. Der beabsichtigten Rechtsverfolgung fehlt es aber auch an hinreichender Aussicht auf Erfolg. Deshalb kommt die Beiordnung von Rechtsanwältin B. nicht in Betracht (§ 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).

6

2. Die Beschwerde ist unzulässig. Die Beschwerdebegründung vom 14.10.2015 genügt nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form, denn der Kläger hat die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und des Verfahrensmangels nicht ordnungsgemäß dargetan (vgl § 160 Abs 2 Nr 1 und Nr 3 iVm § 160a Abs 2 S 3 SGG).

7

a) Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59, 65).

8

Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.

9

Der Kläger trägt vor,
die "Rechtsfragen, die sich anhand dieses Falles stellen, sind,

- ob dem Beschwerdeführer die abschlagsfreie Rente gemäß § 236b SGB VI zu gewähren ist,

zur Beantwortung dieser Frage,

insbesondere auf der Grundlage der Art. 20 III und 3 I GG, zu § 34 IV SGB VI,

-       

inwieweit § 34 IV SGB VI auf den Fall anwendbar ist, insbesondere, ob es sich um einen 'Wechsel' im Sinne des § 34 IV SGB VI handelt,

-       

welchen Regelungsinhalt der erste Rentenbescheid vor Antragstellung hatte, konkret, ob der Bewilligungsbescheid zugleich regeln konnte, dass eine nicht existierende Rentenart nicht gewährt wird,

-       

damit zusammenhängend, wie weit die Sperrwirkung eines Rentenbescheides reichen und ob sie sich auch auf Rechtsvorschriften stützen und beziehen kann, die es zum Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung nicht gegeben hat und deren Schaffung auch niemand vorhersehen konnte,

-       

im Hinblick auf die zum Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung noch nicht existierende und nicht vorhersehbare Vorschrift des § 236b SGB VI,

        

auf dem Hintergrund des Art. 20 III GG,

        

-       

welche Anforderungen an die Bestimmtheit eines Verwaltungsaktes zu stellen sind,

        

-       

welche Anforderungen an die Bestimmtheit von Gesetzen zu stellen sind, die dem Erlass eines Verwaltungsaktes zu Grunde liegen müssten.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen den dem Verfahren zu Grunde liegenden, ergangenen Ablehnungsbescheid und die gesetzlichen Vorschriften bestehen insbesondere hinsichtlich der Art. 20 III und 3 I GG."

10

Der Senat kann offenlassen, ob der Kläger damit hinreichend konkrete und auf Grundlage der für den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (vgl § 163 SGG) überhaupt klärungsfähige Rechtsfragen iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG bezeichnet hat. Insbesondere gehört es nicht zu den Aufgaben des Beschwerdegerichts, vom Beschwerdeführer formulierte Fragestellungen beschwerdekonform umzuformulieren oder den Vortrag darauf zu untersuchen, ob sich aus ihm eventuell eine oder mehrere hinreichend konkrete Rechtsfragen mit übergreifender Relevanz "herausfiltern" lassen (vgl stRspr, zB Senatsbeschluss vom 14.2.2007 - B 13 R 477/06 B - Juris RdNr 8).

11

Soweit der Kläger es im Hinblick auf Art 20 Abs 3 und Art 3 Abs 1 GG für verfassungswidrig erachten sollte, dass Bezieher einer bereits bestandskräftig (bindend) mit Abschlägen bewilligten Altersrente wegen Altersteilzeitarbeit ("Bestandsrentner") aufgrund der Regelung des § 34 Abs 4 Nr 3 SGB VI nicht mehr in den Genuss einer (abschlagsfreien) Altersrente für besonders langjährig Versicherte nach der am 1.7.2014 in Kraft getretenen Regelung des § 236b SGB VI kommen können, und (sinngemäß) meint, dass deren zeitlicher und sachlicher Anwendungsbereich vom Gesetzgeber nicht sachgerecht bestimmt worden sei, hat er die Klärungsbedürftigkeit der - insoweit in wohlwollender Auslegung des Beschwerdevortrags - aufgeworfenen Problematik nicht hinreichend aufgezeigt.

12

Insbesondere versäumt er es schon, sich mit der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG zu Stichtagsregelungen auseinanderzusetzen. Hiernach ist es dem Gesetzgeber zur Regelung bestimmter Sachverhalte nicht verwehrt, Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeid-lich gewisse Härten mit sich bringt (vgl BVerfGE 87, 1, 43; 117, 272, 301). Dass der Gesetzgeber des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes den ihm insoweit zukommenden Gestaltungsspielraum mit der Begrenzung der Privilegierung des § 236b SGB VI auf die zur Zeit seines Inkrafttretens am 1.7.2014 noch nicht im Altersrentenbezug befindlichen Versicherten sachwidrig überschritten habe, die für die zeitliche Anknüpfung und sachliche Beschränkung auf "Zugangsrentner" und dem damit einhergehenden Verzicht, die bereits abgeschlossenen Rentenvorgänge der "Bestandsrentner" aufzugreifen, in Betracht kommende Faktoren (zB Finanzierbarkeit des Systems) nicht hinreichend gewürdigt habe und die gefundene Regelung im Hinblick auf den Sachverhalt und das System der Gesamtregelung im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung (hier: zB hinsichtlich der dauerhaften Beibehandlung des reduzierten Zugangsfaktors § 77 abs 1 und abs 3 s 1 sgb vi>) sachlich nicht vertretbar erscheine(vgl zu diesen verfassungsrechtlichen Prüfungskriterien bei Stichtagsregelungen zB BVerfGE 75, 78, 106; 101, 239, 270; 117, 227, 301), hat der Kläger - anders als vorliegend erforderlich - nicht untersucht. Dass die dauerhaften "Rentenabschläge" durch Minderung des Zugangsfaktors bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Altersrente nach Altersteilzeitarbeit nicht gegen das GG verstoßen, hat das BVerfG bereits entschieden (BVerfGE 122, 151 = SozR 4-2600 § 237 Nr 16).

13

Im Übrigen lässt die Beschwerdebegründung unbeachtet, dass die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht zugelassen werden kann, wenn das Berufungsgericht eine Tatsache, die für die Entscheidung mit der Nichtzulassungsbeschwerde angesprochenen Rechtsfrage erheblich sein würde, noch nicht festgestellt hat und damit derzeit nur die Möglichkeit besteht, dass sie nach Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht und nach weiterer Sachverhaltsaufklärung entscheidungserheblich werden kann (BSG Beschluss vom 28.3.2013 - B 12 KR 72/12 B - Juris RdNr 14 mwN). Die aufgeworfene Frage würde sich indessen nur tragend stellen, wenn das Berufungsgericht neben der Vollendung des 63. Lebensjahrs am 1.7.2014 auch festgestellt hätte, dass der Kläger die Wartezeit von 45 Jahren (§ 236b Abs 1 Nr 2 iVm § 51 Abs 3a SGB VI) erfüllt. Auch hierzu enthält die Beschwerdebegründung kein substantiiertes Vorbringen. Allein die schlichte Behauptung des Klägers, dass die Voraussetzungen für die "abschlagsfreie Rente ab 63" "unstreitig" seien, reicht nicht.

14

Soweit der Kläger weiter meint, Klärungsbedarf bestehe vorliegend im Hinblick auf den "Regelungsgehalt" von Rentenbescheiden sowie den "Anforderungen an die Bestimmtheit eines Verwaltungsaktes" und "die Bestimmtheit von Gesetzen", unterzieht er sich schon nicht der notwendigen Mühe zu untersuchen, ob sich mit Hilfe bereits vorhandener einschlägiger höchstrichterlicher Rechtsprechung die gestellten Fragen beantworten lassen. Er behauptet noch nicht einmal, dass es hierzu Rechtsprechung des BSG und des BVerfG nicht gebe. Dass der Kläger die LSG-Entscheidung aus sozialpolitischen Gründen für falsch hält, ist für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren unerheblich.

15

b) Schließlich hat der Kläger einen Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG nicht bezeichnet. Allein die Rüge, ein solcher liege seitens des LSG vor, weil "keine Vorlage an das BVerfG" erfolgt sei, reicht nicht. Denn nach Art 100 Abs 1 S 1 GG besteht eine Vorlagepflicht nur, wenn das Gericht von der Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, überzeugt ist. Eben dies war hier aber nach dem eigenen Vortrag des Klägers nicht der Fall.

16

c) Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

17

Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter.

18

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Auf Sozialleistungen besteht ein Anspruch, soweit nicht nach den besonderen Teilen dieses Gesetzbuchs die Leistungsträger ermächtigt sind, bei der Entscheidung über die Leistung nach ihrem Ermessen zu handeln.

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für langjährig Versicherte, wenn sie

1.
das 65. Lebensjahr vollendet und
2.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt
haben. Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist nach Vollendung des 63. Lebensjahres möglich.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1949 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 65. Lebensjahres. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1948 geboren sind, wird die Altersgrenze von 65 Jahren wie folgt angehoben:

Versicherte
Geburtsjahr
Geburtsmonat
Anhebung
um Monate
auf Alter
JahrMonat
1949
Januar1651
Februar2652
März – Dezember3653
19504654
19515655
19526656
19537657
19548658
19559659
1956106510
1957116511
195812660
195914662
196016664
196118666
196220668
1963226610.

Für Versicherte, die
1.
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben oder
2.
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
wird die Altersgrenze von 65 Jahren nicht angehoben.

(3) Für Versicherte, die

1.
nach dem 31. Dezember 1947 geboren sind und
2.
entweder
a)
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben
oder
b)
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
bestimmt sich die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme wie folgt:
Versicherte
Geburtsjahr
Geburtsmonat
Vorzeitige
Inanspruchnahme
möglich ab Alter
JahrMonat
1948
Januar – Februar6211
März – April6210
Mai – Juni629
Juli – August628
September – Oktober627
November – Dezember626
1949
Januar – Februar625
März – April624
Mai – Juni623
Juli – August622
September – Oktober621
November – Dezember620
1950 – 1963620.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Bewertung von in der DDR zurückgelegten rentenversicherungsrechtlichen Zeiten von Personen, die aus der DDR vor dem 18. Mai 1990 in die damalige Bundesrepublik übergesiedelt sind.

I.

2

Übersiedler aus der DDR wurden zunächst, weil sie infolge ihrer Flucht den für sie zuständigen Rentenversicherungsträger der DDR nicht mehr in Anspruch nehmen konnten, durch das Fremdrentengesetz (FRG) nach dem sogenannten Eingliederungsprinzip so gestellt, als hätten sie ihre rentenrechtlichen Beitragszeiten in der Bundesrepublik erbracht. Zu diesem Zweck wurde diesen Personen pauschal und ohne Bezug auf die in der DDR tatsächlich erzielten Einkommen oder gezahlten Beiträge ein bestimmtes versicherungspflichtiges Einkommen in Abhängigkeit von der jeweils ausgeübten beruflichen Tätigkeit zugeordnet. Die Anwendbarkeit des Fremdrentengesetzes auf in der DDR zurückgelegte Beitragszeiten wurde ab dem Fall der Mauer schrittweise immer weiter eingeschränkt.

3

Nach der Schaffung der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zum 1. Juli 1990 galt das Fremdrentengesetz nur noch für in der DDR zurückgelegte Beschäftigungszeiten von Übersiedlern, die vor dem 18. Mai 1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik genommen hatten ("Bestandsübersiedler").

4

Nach der Wiedervereinigung sah das im Einigungsvertrag vorgesehene Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) eine Anwendbarkeit des Fremdrentengesetzes nur noch übergangsweise für Versicherte mit einem Rentenbeginn vor dem 1. Januar 1996 vor. Zur Verwaltungsvereinfachung wurde diese Regelung durch das Rentenüberleitungs-Ergänzungsgesetz (Rü-ErgG) vom 24. Juni 1993 rückwirkend zum 1. Januar 1992 dahingehend geändert, dass die Vertrauensschutzregelung (§ 259a Sozialgesetzbuch Sechstes Buch) nicht mehr auf den - sich eher nach Zufall ergebenden - Zeitpunkt des tatsächlichen Rentenbeginns bezogen ist, sondern für alle Versicherten gilt, die vor dem 1. Januar 1937 geboren sind und damit bei Inkrafttreten des einheitlichen Rentenrechts nach dem Sozialgesetzbuch Sechstes Buch bereits das 55. Lebensjahr vollendet hatten.

5

Im Ergebnis wird bei der Rentenberechnung nach der seit dem Jahr 1993 geltenden Fassung des § 259a SGB VI nur auf diejenigen Übersiedler, die vor dem 1. Januar 1937 geboren sind, aus Gründen des Vertrauensschutzes noch das Fremdrentengesetz angewandt. Damit erfasste die rückwirkende Umstellung der Rentenberechnung auch Übersiedler, die seit den 1970er Jahren in der Bundesrepublik lebten. Diese Rentenberechnung kann zu einer geringeren Rente als bei Anwendung des Fremdrentengesetzes führen, weil mit dem Fremdrentengesetz Übersiedlern für ihre in der DDR zurückgelegte Erwerbsbiographie Rentenansprüche entsprechend dem westdeutschen Rentensystem gutgeschrieben wurden, nunmehr dagegen auf die in der DDR tatsächlich in die Rentenversicherung eingezahlten Beiträge abgestellt wird.

II.

6

Die Voraussetzungen für die Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung (§ 93a Abs. 2 BVerfGG) liegen nicht vor. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu (§ 93 Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung des als verletzt bezeichneten Grundrechts angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG).

7

1. Art. 14 Abs. 1 GG schützt Rentenansprüche und auch Rentenanwartschaften (vgl. BVerfGE 53, 257 <289 f.>; 55, 114<131>; 58, 81 <109>; 69, 272 <298>), soweit diese im Geltungsbereich des Grundgesetzes erworben worden sind (vgl. BVerfGE 100, 1 <32>).

8

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unterliegen hingegen durch das Fremdrentengesetz begründete Rentenanwartschaften nicht dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG, wenn ihnen ausschließlich Beitrags- und Beschäftigungszeiten zugrunde liegen, die in den Herkunftsgebieten erbracht oder zurückgelegt wurden. Im Falle der durch das Fremdrentengesetz begründeten Rechte fehlt es am Erfordernis der an einen Versicherungsträger in der Bundesrepublik erbrachten Eigenleistung, die für die Anerkennung einer sozialversicherungsrechtlichen Rechtsposition als Eigentum im Sinne von Art. 14 Abs. 1 GG unverzichtbar ist. Nur als Äquivalent einer nicht unerheblichen eigenen Leistung, die der besondere Grund für die Anerkennung als Eigentumsposition ist, erfahren rentenversicherungsrechtliche Anwartschaften den Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 53, 257 <291 f.>; 100, 1 <33>).

9

Wenn der Gesetzgeber sich entschließt, die in den Herkunftsländern zurückgelegten Beitrags- und Beschäftigungszeiten wie Zeiten zu behandeln, welche die Berechtigten im System der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik zurückgelegt haben, so ist dies ein Akt besonderer staatlicher Fürsorge. Der Gesetzgeber verfolgt damit das legitime Ziel, insbesondere Vertriebene, Aussiedler und Spätaussiedler, die in die Bundesrepublik übersiedeln, soweit als möglich mit Hilfe auch der Sozialversicherung zu integrieren, ohne zu dieser Lösung durch Art. 116 GG und das Sozialstaatsprinzip verfassungsrechtlich verpflichtet zu sein. Eigentumsgeschützte Rechtspositionen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG werden aber hierdurch mangels Eigenleistung der Berechtigten durch das Fremdrentengesetz nicht begründet. Soweit die nach dem Fremdrentengesetz Berechtigten Beiträge zur Rentenversicherung in den Herkunftsländern gezahlt haben, sind diese Beiträge nicht den Versicherungsträgern der Bundesrepublik zugeflossen, deren gesetzliche Aufgabe es ist, die Rentenleistungen an die nicht mehr erwerbstätige Generation zu finanzieren. Die für den Eigentumsschutz erforderliche Eigenleistung kann auch nicht in der von den Berechtigten in deren Herkunftsländern persönlich geleisteten Arbeit bestehen, da diese Arbeitsleistung in einem anderen Rechts-, Wirtschafts- und Sozialsystem als dem der Bundesrepublik erbracht wurde. Sie ist Wertschöpfung, die nicht innerhalb der zur Leistung verpflichteten Solidargemeinschaft erfolgt und ihr auch nicht zu Gute gekommen ist. Es ist im Übrigen auch nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber mit der Gewährung von Rechtsansprüchen auf der Grundlage seiner Entscheidung für das rentenversicherungsrechtliche Eingliederungsprinzip Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG begründen wollte (vgl. BVerfGE 116, 96 <122 f.>).

10

In der DDR begründete und im Zeitpunkt ihres Beitritts zur Bundesrepublik bestehende Rentenanwartschaften nehmen als Rechtspositionen, die der Einigungsvertrag grundsätzlich anerkannt hat, am Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG teil. Zwar entfaltet Art. 14 Abs. 1 GG seine Schutzwirkung nur im Geltungsbereich des Grundgesetzes. Dieser erstreckte sich vor der Vereinigung der beiden deutschen Staaten nicht auf das Gebiet der DDR. Das Grundgesetz trat dort mit dem Beitritt auch nicht rückwirkend in Kraft. Bis zum Beitritt genossen daher die in der DDR erworbenen Rentenanwartschaften nicht den Schutz von Art. 14 Abs. 1 GG. Mit dem Beitritt und der Anerkennung durch den Einigungsvertrag gelangten sie jedoch wie andere vermögenswerte Rechtspositionen in den Schutzbereich dieses Grundrechts (vgl. dazu allgemein BVerfGE 91, 294 <307 f.>). Der verfassungsrechtliche Eigentumsschutz kommt den Rentenanwartschaften aber nur in der Form zu, die sie aufgrund des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands erhalten haben (vgl. BVerfGE 100, 1 <37>). Auch für rentenversicherungsrechtliche Rechtspositionen gilt, dass sich die konkrete Reichweite der Eigentumsgarantie erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums ergibt, die nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Sache des Gesetzgebers ist (vgl. BVerfGE 53, 257 <292>).

11

Aus Art. 30 Abs. 5 Satz 1 des Einigungsvertrages ergibt sich, dass die Einzelheiten der Überleitung des Sozialgesetzbuch Sechstes Buch auf das Beitrittsgebiet in einem Bundesgesetz geregelt werden.

12

Das Vorbringen des Beschwerdeführers setzt sich insofern nicht in einer den Anforderungen an die Begründung einer Verfassungsbeschwerde genügenden Art und Weise damit auseinander, dass sich weder aus dem in Art. 30 Abs. 5 Satz 1 des Einigungsvertrages genannten Bundesgesetz, dem Rentenüberleitungsgesetz, noch aus dem nachfolgenden Rentenüberleitungs-Ergänzungsgesetz eine Pflicht zur Bewertung von im Beitrittsgebiet zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten nach dem Fremdrentengesetz über den Anwendungsbereich des § 259a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI hinaus ergibt.

13

Das Bundeverfassungsgericht hat zwar bislang nicht über die Frage entschieden, ob die von den Berechtigten aus dem Fremdrentengesetz abgeleiteten Anwartschaften dem Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG dann unterliegen, wenn sie sich zusammen mit den in der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik erworbenen Rentenanwartschaften zu einer rentenrechtlichen Gesamtrechtsposition verbinden (vgl. BVerfGE 116, 96 <124>). Die Begründung der Verfassungsbeschwerde genügt hingegen auch insoweit nicht den sich aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG ergebenden Anforderungen. Richtet sich demnach die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, bedarf es in der Regel einer ins Einzelne gehenden argumentativen Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung und ihrer konkreten Begründung (vgl. BVerfGE 88, 40 <45>; 101, 331 <345 f.>). Auf die Ausführungen des Berufungsgerichts geht der Beschwerdeführer hingegen nicht ein. Nach dessen Ansicht besteht ein grundgesetzlicher Eigentumsschutz für eine solche rentenrechtliche Gesamtposition nicht, weil eine nach dem Fremdrentengesetz erworbene Rentenanwartschaft und eine später hinzukommende (bei einem Rentenversicherungsträger der Bundesrepublik erworbene) Rentenanwartschaft auch zu einem späteren Zeitpunkt teilbar sei und deshalb beide Anwartschaften unterschiedlichen rechtlichen Schicksalen zugänglich seien.

14

2. Eine unzulässige unechte Rückwirkung wegen der Änderung der Bewertung der in der DDR zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten legt der Beschwerdeführer ebenso nicht substantiiert und schlüssig dar.

15

Eine unechte Rückwirkung ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig. Aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip können sich jedoch Grenzen der Zulässigkeit ergeben. Diese sind allerdings erst überschritten, wenn die vom Gesetzgeber angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen (vgl. BVerfGE 95, 64 <86>; 96, 330 <340>; 101, 239 <263>). Dabei ist zu berücksichtigen, dass in Rentenanwartschaften von vornherein die Möglichkeit von Änderungen in gewissen Grenzen angelegt sind. Eine Unabänderlichkeit der bei der Begründung bestehenden Bedingungen widerspräche dem Rentenversicherungsverhältnis, das im Unterschied zum Privatversicherungsverhältnis von Anfang an nicht auf dem reinen Versicherungsprinzip, sondern wesentlich auf dem Gedanken des sozialen Ausgleichs beruht (vgl. BVerfGE 11, 221 <226>; 22, 241 <253>). Daher gebührt dem Gesetzgeber auch für Eingriffe in bestehende Rentenanwartschaften Gestaltungsfreiheit. Insoweit kommt es indessen darauf an, dass für diese Eingriffe legitimierende Gründe gegeben sind (vgl. BVerfGE 31, 275 <290>). Solche Gründe liegen bei Regelungen vor, die dazu dienen, die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung im Interesse aller zu erhalten, zu verbessern oder veränderten wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen (vgl. BVerfGE 53, 257 <293>).

16

Der Beschwerdeführer setzt sich nicht hinreichend mit der Frage der Schutzwürdigkeit seines Vertrauens im Hinblick auf die fortwährende Bewertung seiner im Beitrittsgebiet zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten nach dem Fremdrentengesetz auseinander. Allein das Vertrauen in den Fortbestand einer gesetzlichen Lage ist nicht schutzwürdig. Auch geht der Beschwerdeführer im Rahmen seines Vorbringens nicht auf die Argumentation des Fachgerichts in der Berufungsinstanz ein, wonach Vertrauensschutz - und damit weiterhin die Anwendung des Fremdrentengesetzes - nur deshalb den vor dem 1. Januar 1937 geborenen Versicherten zukommt, weil sie zum Zeitpunkt der Einführung des § 259a SGB VI im Jahr 1992 relativ nah an der Grenze zur Regelaltersrente waren. Für den danach geborenen Personenkreis hat sich die Änderung der Bewertung der rentenrechtlichen Zeiten erst allmählich ausgewirkt und es ist ihnen die Möglichkeit verblieben, sich auf die geänderte Bewertung einzustellen. So ist auch der Beschwerdeführer noch bis 2009 einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nachgegangen, die ihm genügend Zeit gab, seine Alterssicherung entsprechend anzupassen.

17

3. Auch ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) ergibt sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht hinreichend.

18

Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfGE 116, 164 <180>; 122, 210 <230>). Aus ihm ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von einem bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an die Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (vgl. BVerfGE 110, 274 <291>; 122, 210 <230>). Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf seine Vereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz ist vom Bundesverfassungsgericht nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit überschritten hat (vgl. BVerfGE 84, 348 <359 m.w.N.>; 110, 412 <436>).

19

Die Begründung der Verfassungsbeschwerde lässt eine nachvollziehbare Vergleichsgruppenbildung nicht erkennen. Sie lässt offen, ob der Beschwerdeführer eine Ungleichbehandlung gegenüber der Gruppe rügt, die vor dem 1. Januar 1937 geboren ist und auf deren rentenrechtliche Zeiten gemäß § 259a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI das Fremdrentengesetz weiterhin anwendbar ist, oder ob er eine nicht zulässige Gleichbehandlung mit der Gruppe der DDR-Übersiedler rügt, die nach dem 18. Mai 1990 in dem Gebiet der Bundesrepublik ohne dem Beitrittsgebiet ihren gewöhnlichen Aufenthalt begründet hat.

20

Im Rahmen einer möglichen Rechtfertigung der Ungleichbehandlung lassen die Ausführungen des Beschwerdeführers ebenso wie bei der Rüge der Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes eine Auseinandersetzung mit der Frage vermissen, ob die fortwährende Anwendung des Fremdrentengesetzes auf die vor dem 1. Januar 1937 geborenen Versicherten gerechtfertigt ist, weil sie zum Zeitpunkt der Einführung des § 259a SGB VI im Jahr 1992 relativ nah an der Grenze zur Regelaltersrente waren und dem danach geborenen Personenkreis die Möglichkeit verblieben ist, sich auf die geänderte Bewertung einzustellen. Der Beschwerdeführer setzt sich insofern auch nicht mit der bereits erwähnten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auseinander, wonach in Rentenanwartschaften von vornherein die Möglichkeit von Änderungen in gewissen Grenzen angelegt ist (vgl. BVerfGE 11, 221 <226>; 22, 241 <253>).

21

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für langjährig Versicherte, wenn sie

1.
das 65. Lebensjahr vollendet und
2.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt
haben. Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist nach Vollendung des 63. Lebensjahres möglich.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1949 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 65. Lebensjahres. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1948 geboren sind, wird die Altersgrenze von 65 Jahren wie folgt angehoben:

Versicherte
Geburtsjahr
Geburtsmonat
Anhebung
um Monate
auf Alter
JahrMonat
1949
Januar1651
Februar2652
März – Dezember3653
19504654
19515655
19526656
19537657
19548658
19559659
1956106510
1957116511
195812660
195914662
196016664
196118666
196220668
1963226610.

Für Versicherte, die
1.
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben oder
2.
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
wird die Altersgrenze von 65 Jahren nicht angehoben.

(3) Für Versicherte, die

1.
nach dem 31. Dezember 1947 geboren sind und
2.
entweder
a)
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben
oder
b)
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
bestimmt sich die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme wie folgt:
Versicherte
Geburtsjahr
Geburtsmonat
Vorzeitige
Inanspruchnahme
möglich ab Alter
JahrMonat
1948
Januar – Februar6211
März – April6210
Mai – Juni629
Juli – August628
September – Oktober627
November – Dezember626
1949
Januar – Februar625
März – April624
Mai – Juni623
Juli – August622
September – Oktober621
November – Dezember620
1950 – 1963620.

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für besonders langjährig Versicherte, wenn sie

1.
das 63. Lebensjahr vollendet und
2.
die Wartezeit von 45 Jahren erfüllt
haben.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1953 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1952 geboren sind, wird die Altersgrenze von 63 Jahren wie folgt angehoben:

Versicherte
Geburtsjahr
Anhebung
um Monate
auf Alter
JahrMonat
19532632
19544634
19556636
19568638
1957106310
195812640
195914642
196016644
196118646
196220648
1963226410.