Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 02. März 2015 - 9 ZB 12.1377
vorgehend
Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
III.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 10.000,-- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.
(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es
- 1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt, - 2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient, - 3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient, - 4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind, - 5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient, - 6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb, - b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt, - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und - d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
- 7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität, - 8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient - a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder - b)
auf einer Fläche längs von - aa)
Autobahnen oder - bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
- 9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2, - b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.
(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.
(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben
- 1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht, - 2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht, - 3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird, - 4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert, - 5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet, - 6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet, - 7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder - 8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:
- 1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz, - b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt, - c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück, - d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden, - e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs, - f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und - g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
- 2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf, - c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und - d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
- 3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle, - 4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient, - 5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und - c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
- 6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.
(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.
(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.
(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.
(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.
(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen, - 2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und - 3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.
(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.
(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.
(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.
(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.
(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.
(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.
(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:
- 1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit, - 2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte, - 3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen, - 4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie - 5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.
(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.
(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.
(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.
(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.
(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.
(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien
(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.
Tenor
Auf die Beschwerde des Beigeladenen und des Antragsgegners wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 16. März 2006 - 2 K 260/06 - geändert.
Der Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die Baugenehmigung des Antragsgegners vom 20. Dezember 2005 wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.
Gründe
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(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.
(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.
(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.
(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es
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einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt, - 2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient, - 3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient, - 4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind, - 5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient, - 6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb, - b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt, - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und - d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
- 7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität, - 8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient - a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder - b)
auf einer Fläche längs von - aa)
Autobahnen oder - bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
- 9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2, - b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.
(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.
(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben
- 1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht, - 2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht, - 3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird, - 4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert, - 5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet, - 6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet, - 7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder - 8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:
- 1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz, - b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt, - c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück, - d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden, - e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs, - f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und - g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
- 2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf, - c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und - d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
- 3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle, - 4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient, - 5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und - c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
- 6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.
(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
III.
Der Streitwert wird auf 60.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Kosten: § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.
Streitwert: § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 3 GKG (wie Vorinstanz).
Gründe
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I
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Die Klägerin wendet sich gegen die Ersetzung ihres Einvernehmens zu Errichtung und Betrieb einer Schweinemastanlage.
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Der Beklagte hat mit Bescheid vom 17. Dezember 2009 dem Beigeladenen gemäß § 4 BImSchG die Genehmigung erteilt, im Außenbereich der Klägerin eine Anlage zum Halten und zur Aufzucht von 1 602 Mastschweinen, 300 Aufzuchtferkeln, 28 Rindern und 20 Kälbern zu errichten und zu betreiben; das von der Klägerin verweigerte Einvernehmen hat er ersetzt. Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen die Ersetzung des Einvernehmens abgewiesen, der Verwaltungsgerichtshof die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen.
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II
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Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision hat keinen Erfolg.
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1. Die Verfahrensrügen greifen nicht durch.
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a) Die Klägerin rügt einen Verstoß gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (§ 96 Abs. 2 VwGO). Das Gericht habe die Inaugenscheinnahme des Ortsteils F. nicht der Berichterstatterin übertragen dürfen, sondern die Ortsbesichtigung durch sämtliche Richter durchführen müssen.
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Die Rüge ist unbegründet. Gemäß § 96 Abs. 2 VwGO kann das Gericht in geeigneten Fällen schon vor der mündlichen Verhandlung durch eines seiner Mitglieder als beauftragten Richter Beweis erheben lassen. Für die Frage, ob ein geeigneter Fall vorliegt, kann auf die Kriterien zurückgegriffen werden, die für die Beweisaufnahme durch den Vorsitzenden oder Berichterstatter im vorbereitenden Verfahren nach § 87 Abs. 3 Satz 2 VwGO gelten (Beschluss vom 21. April 1994 - BVerwG 1 B 14.94 - Buchholz 11 Art. 140 GG Nr. 54 S. 3 = NJW 1994, 1975 - juris Rn. 4). Nach dieser Vorschrift kommt eine Beweisaufnahme durch den Vorsitzenden oder Berichterstatter in Betracht, wenn von vornherein anzunehmen ist, dass das Gericht das Beweisergebnis auch ohne unmittelbaren Eindruck von dem Verlauf der Beweisaufnahme sachgemäß zu würdigen vermag. Das kann auch bei einer Ortsbesichtigung der Fall sein (Beschluss vom 15. August 1997 - BVerwG 4 B 130.97 - Buchholz 310 § 87 VwGO Nr. 9 S. 2 - juris Rn. 3). Fragen der persönlichen Würdigung spielen bei der Beschreibung der örtlichen Verhältnisse keine ausschlaggebende Rolle; die Beteiligten haben es zudem in der Hand, dass in die Niederschrift alle tatsächlichen Umstände aufgenommen werden, denen sie, aus welchen Gründen auch immer, Bedeutung beimessen.
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Warum ausgehend hiervon die Ortsbesichtigung für eine Übertragung auf die Berichterstatterin nicht geeignet gewesen sein sollte, legt die Klägerin nicht dar. Um sich eine zutreffende Vorstellung von den Örtlichkeiten zu bilden, war der Verwaltungsgerichtshof nicht ausschließlich auf das Protokoll des Ortstermins angewiesen; er konnte sich auch auf die bei den Akten befindlichen Luftbilder, Karten und Pläne des Gemeindegebiets stützen (UA S. 22, juris Rn. 55). Dass die Frage nach dem Gebietscharakter - wie die Klägerin vorträgt - zu den Kernfragen des Rechtsstreits gehört, steht der Übertragung der Ortsbesichtigung auf die Berichterstatterin nicht entgegen. Wäre der Gebietscharakter nicht entscheidungserheblich, hätte für eine Ortsbesichtigung von vornherein kein Anlass bestanden.
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b) Die Klägerin rügt darüber hinaus einen Verstoß gegen das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren. Der Verwaltungsgerichtshof habe sich im Urteil an vier Stellen ohne vorherigen Hinweis auf Feststellungen gestützt, die vom im Beweisbeschluss bezeichneten Beweisthema nicht umfasst und im Protokoll des Ortstermins nicht enthalten seien. Das Urteil stelle insoweit eine Überraschungsentscheidung dar.
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Auch diese Rüge ist unbegründet. Der Verwaltungsgerichtshof hat an den von der Klägerin bezeichneten Stellen des Urteils keine Anhaltspunkte dafür gesehen, dass der Beigeladene die Auflagen der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht einhalten werde (UA S. 29, juris Rn. 68), dass das Gutachten H. nicht alle Geruchsquellen in der Ortslage berücksichtigt haben könnte (UA S. 30 f., juris Rn. 73), dass 20 Tierplätze 400 bis 500 m entfernt noch wahrnehmbar sein könnten (UA S. 31, juris Rn. 74) und dass Rinderställe für gewöhnlich nicht zwangsbelüftet würden (UA S. 32, juris Rn. 76). Ergänzend hat er jeweils dargelegt, dass sich Anhaltspunkte hierfür auch im Ortstermin nicht ergeben hätten. Der Verwaltungsgerichtshof hat mithin nicht bestimmte Tatsachen positiv festgestellt, sondern lediglich dargelegt, warum kein Anlass bestand, den Einwendungen der Klägerin weiter nachzugehen. Insoweit hätte es ihr oblegen, entsprechende Anhaltspunkte darzulegen. Dass der Verwaltungsgerichtshof ihren Einwänden ohne eine solche Darlegung nicht gefolgt ist, konnte sie nicht überraschen. Bezogen auf die Zwangsbelüftung hat der Verwaltungsgerichtshof es nicht damit bewenden lassen, die Behauptung der Klägerin, Rinderställe würden für gewöhnlich nicht zwangsbelüftet, zurückzuweisen. Er hat darüber hinaus festgestellt, dass die im Gutachten H. angenommene Zwangsbelüftung im in Rede stehenden Stall tatsächlich vorhanden sei. Auch insoweit wäre es aber Sache der Klägerin gewesen, ihren Einwand gegen das Gutachten H. in tatsächlicher Hinsicht zu untermauern. Unabhängig hiervon ist nicht ersichtlich, inwiefern sie von dieser Feststellung überrascht worden sein sollte. Dass die Feststellung unrichtig sei, hat sie nicht geltend gemacht.
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2. Die geltend gemachte Abweichung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO von dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Januar 1996 - BVerwG 4 B 7.96 (juris) liegt nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht hat in diesem Beschluss den Rechtssatz aufgestellt, dass ein Dorfgebiet im Sinne von § 5 BauNVO ein „ländliches Mischgebiet“ sei, dessen Charakter nicht von einem bestimmten prozentualen Mischverhältnis der zulässigen Nutzungsarten abhänge (ebenso Urteil vom 23. April 2009 - BVerwG 4 CN 5.07 - BVerwGE 133, 377
= Buchholz 406.12 § 5 BauNVO Nr. 9 Rn. 10). Einen hiervon abweichenden Rechtssatz hat der Verwaltungsgerichtshof nicht aufgestellt. Er hat festgestellt, dass es sich bei den tierhaltenden Betrieben im Ortskern um ausgesprochen stattliche Höfe mit großen Stallungen handele; ihre Grundstücksflächen dürften zusammengenommen der Fläche des von der Klägerin als Wohngebiet betrachteten Bereichs entsprechen oder sie sogar übertreffen (UA S. 25, juris Rn. 62). Einen Rechtssatz zum prozentualen Verhältnis der Nutzungsarten hat der Verwaltungsgerichtshof damit weder ausdrücklich noch inzident aufgestellt. Er hat lediglich zum Ausdruck gebracht, dass die landwirtschaftliche Nutzung im hier in Rede stehenden Gebiet gegenüber der Wohnbebauung nicht von untergeordneter Bedeutung ist, sondern das Gebiet prägt.
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3. Die Rechtssache hat nicht die von der Klägerin geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung.
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a) Die Frage
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„Kann bei der Einstufung von Gemeindeteilen als Wohn-/Mischgebiet im Sinne der §§ 3, 4, 6 BauNVO bzw. als Dorfgebiet im Sinne des § 5 BauNVO primär auf die auf sie einwirkenden Immissionen aus vorhandenen Anlagen abgestellt werden?“
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bedarf, soweit sie sich in einem Revisionsverfahren stellen würde, nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren. Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der für die Anwendung der GIRL (Geruchsimmissions-Richtlinie) maßgeblichen Einstufung der Wohnbebauung im Bereich a als Wohn-/Misch- oder als Dorfgebiet davon ausgegangen, dass jedenfalls der Bereich b ohne jeden Zweifel ein typisches Dorfgebiet sei. Wie weit dieses Dorfgebiet reicht, hat er in Anknüpfung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Bestimmung der näheren Umgebung im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB (Urteil vom 26. Mai 1978 - BVerwG 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <380> = Buchholz 406.11 § 34 Nr. 63 S. 47 f.) davon abhängig gemacht, inwieweit sich einerseits die ansässigen Betriebe auf die Umgebung und andererseits die Umgebung auf die Betriebe prägend auswirken. Gegen diesen Ausgangspunkt erhebt auch die Klägerin keine rechtlichen Bedenken. Bei der Frage, ob die in Rede stehende Wohnbebauung durch die landwirtschaftlichen Betriebe im Ortskern geprägt wird, hat der Verwaltungsgerichtshof wesentlich, aber nicht ausschließlich auf die Geruchsvorbelastung der Wohnbebauung abgestellt. Diese liege noch bei 14% der Jahresstunden; eine planerische Ausweisung als Wohn- oder Mischgebiet stoße damit auf Bedenken (UA S. 24, juris Rn. 58). Deutlich werde die Prägung der Wohnbebauung durch die Landwirtschaft aber auch daran, dass es sich bei der reinen Wohnnutzung um einen kleinräumigen Bereich handele, der an keiner Stelle in ein ausgedehnteres Wohngebiet übergehe (UA S. 25, juris Rn. 61). Die alteingesessenen Betriebe dominierten auch heute noch optisch den Bereich bis zum nördlichen Ortsrand, so dass das ganze Gebiet trotz seiner Ausdehnung seit Kriegsende den Charakter eines Dorfgebiets beibehalte.
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Inwieweit dieser Ansatz einen rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf auslösen sollte, zeigt die Klägerin nicht auf. Die für die Bestimmung des Bebauungszusammenhangs erforderliche wertende und bewertende Betrachtung der konkreten tatsächlichen Verhältnisse kann nach dem Sachzusammenhang, in den sie eingebettet ist, zwar nur an äußerlich erkennbare, also mit dem Auge wahrnehmbare Gegebenheiten der vorhandenen Bebauung und der übrigen Geländeverhältnisse anknüpfen (Beschluss vom 13. Mai 2014 - BVerwG 4 B 38.13 - juris Rn. 13). Ob innerhalb eines bestehenden - hier vom Verwaltungsgerichtshof bejahten - Bebauungszusammenhangs eine Wohnbebauung von in der Nähe befindlichen landwirtschaftlichen Betrieben als Dorfgebiet geprägt wird, hängt aber auch davon ab, ob und inwieweit die Wohnbebauung Immissionen ausgesetzt ist, die von den landwirtschaftlichen Betrieben verursacht werden. Geprägt wird ein Grundstück nicht nur durch die in der Umgebung vorhandenen baulichen Anlagen, sondern auch durch deren Nutzung und die dadurch auf dem Grundstück verursachten Immissionen. Auch diese Prägung ist bei der Gebietseinstufung zu berücksichtigen. Die Baugebietstypen der BauNVO unterscheiden sich gerade durch ihre Störempfindlichkeit und Schutzbedürftigkeit; die Gebiete werden auch durch ein gebietstypisches Immissionsniveau charakterisiert (vgl. Urteil vom 16. September 2010 - BVerwG 4 C 7.10 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 212 Rn. 20).
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b) Auch die Frage
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„Sind Bioaerosole (Keime und Endotoxine) in unmittelbarer Nähe eines Lebensmittelmarktes eine Gefahr im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG und damit als schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB einzustufen?“
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rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Sie bedarf, soweit sie entscheidungserheblich wäre, nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren.
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Dass Bioaerosole grundsätzlich geeignet sind, z.B. als Auslöser von Atemwegserkrankungen und Allergien nachteilig auf die Gesundheit zu wirken, hat der Verwaltungsgerichtshof nicht in Abrede gestellt (UA S. 34; juris Rn. 81). Die Eignung von einwirkenden Luftverunreinigungen im Sinne des § 3 Abs. 4 BImSchG, einen Schaden herbeizuführen, genügt jedoch nicht, um Schutzansprüche gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zu begründen. Die immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht greift als Instrument der Gefahrenabwehr nur ein, wenn die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts besteht. Die insoweit zu stellenden Anforderungen sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Der Senat hat hierzu in seinem Urteil vom 11. Dezember 2003 - BVerwG 7 C 19.02 - BVerwGE 119, 329 <332 f.> - dargelegt:
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„Sie
dient der Abwehr erkannter Gefahren und der Vorbeugung gegenüber künftigen Schäden, die durch solche Gefahren hervorgerufen werden können. Ob Umwelteinwirkungen im Einzelfall geeignet sind, Gefahren herbeizuführen, unterliegt der verwaltungsgerichtlichen Prüfung (BVerwGE 55, 250 <253>). Eine Gefahr liegt nach der klassischen Begriffsdefinition dort vor, wo 'aus gewissen gegenwärtigen Zuständen nach dem Gesetz der Kausalität gewisse andere Schaden bringende Zustände und Ereignisse erwachsen werden' (PrOVG, Urteil vom 15. Oktober 1894, PrVBl 16, 125 <126>). Daran fehlt es bei Ungewissheit über einen Schadenseintritt. Potentiell schädliche Umwelteinwirkungen, ein nur möglicher Zusammenhang zwischen Emissionen und Schadenseintritt oder ein generelles Besorgnispotential können Anlass für Vorsorgemaßnahmen sein, sofern diese nach Art und Umfang verhältnismäßig sind. Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen erfasst mithin mögliche Schäden, die sich deshalb nicht ausschließen lassen, weil nach dem derzeitigen Wissensstand bestimmte Ursachenzusammenhänge weder bejaht noch verneint werden können, weshalb noch keine Gefahr, sondern nur ein Gefahrenverdacht oder ein Besorgnispotential besteht (BVerwGE 72, 300 <315>). Gibt es hinreichende Gründe für die Annahme, dass Immissionen möglicherweise zu schädlichen Umwelteinwirkungen führen, ist es Aufgabe der Vorsorge, solche Risiken unterhalb der Gefahrengrenze zu minimieren (vgl. BVerwGE 69, 37 <43, 45>; Beschluss vom 30. August 1996 - BVerwG 7 VR 2.96 - Buchholz 406.25 § 17 BImSchG Nr. 3). Ob bei ungewissem Kausalzusammenhang zwischen Umwelteinwirkungen und Schäden eine Gefahr oder ein Besorgnispotential anzunehmen ist, hängt vom Erkenntnisstand über den Wahrscheinlichkeitsgrad des Schadenseintritts ab.“.
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Zum Erkenntnisstand über die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts durch Bioaerosole hat der Verwaltungsgerichtshof in Übereinstimmung mit der einhelligen obergerichtlichen Rechtsprechung (VGH München, Beschluss vom 27. März 2014 - 22 ZB 13.692 - juris Rn. 21; OVG Münster, Urteil vom 30. Januar 2014 - 7 A 2555/11 - juris Rn. 88 ff.; OVG Magdeburg, Beschluss vom 13 Juni 2013 - 2 M 16/13 - juris Rn. 12 ff.; OVG Schleswig, Urteil vom 8. März 2013 - 1 LB 5/12 - juris Rn. 92; OVG Lüneburg, Beschluss vom 19. Dezember 2012 - 1 MN 164/12 - juris Rn. 68; ebenso BVerwG, Urteil vom 19. April 2012 - BVerwG 4 CN 3.11 - BVerwGE 143, 24 Rn. 21) festgestellt, dass der aktuelle Kenntnisstand von Umwelthygiene und Umweltmedizin keine hinreichend sicheren Aussagen über die Gefährlichkeit solcher Immissionen für Menschen zulasse. Ausbreitung und kausale Verursachungszusammenhänge seien nicht hinreichend bekannt. Es könne keine Wirkschwelle angegeben werden, oberhalb derer mit Gesundheitsschäden beim Menschen zu rechnen sei (UA S. 34, juris Rn. 81). Diese Feststellungen hat der Kläger mit Verfahrensrügen nicht angegriffen; sie sind daher für den Senat bindend (§ 137 Abs. 2 VwGO). Ausgehend hiervon hat der Verwaltungsgerichtshof eine durch Bioaerosole bedingte Gefahr im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG für die Wohnbebauung im Bereich a (UA S. 19, juris Rn. 48) verneint; das Besorgnispotential von Bioaerosolen sei gegenwärtig nur über das Vorsorgegebot nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zu berücksichtigen. Inwieweit dies ausgehend von dem dargelegten Maßstab und den getroffenen Feststellungen zu beanstanden sein sollte, legt die Klägerin nicht dar. Die Möglichkeit, dass es gemäß Nr. 4.8 der TA Luft 2002 geboten sein kann, im Wege einer Sonderfallprüfung festzustellen, ob in einem Beurteilungsgebiet schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden können, hat der Verwaltungsgerichtshof - wie sich aus der Bezugnahme auf die Beschlüsse des OVG Münster vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 - juris Rn. 57 ff. und des OVG Lüneburg vom 13. März 2012 - 12 ME 270/11 - juris Rn. 16 (vgl. auch OVG Magdeburg, Beschluss vom 13. Juni 2013 - 2 M 16/13 - juris Rn. 17) und seine Ausführungen zum hier eingehaltenen Abstand zwischen dem Vorhaben des Beigeladenen und dem nächst gelegenen Wohnhaus ergibt - nicht von vornherein ausgeschlossen. In Bezug auf den Lebensmittelmarkt im hierfür ausgewiesenen Sondergebiet hat er eine Sonderfallprüfung aber schon deshalb nicht in Betracht gezogen, weil es der Klägerin nach dem Grundsatz von Treu und Glauben verwehrt sei, sich auf Belange des Sondergebiets zu berufen (UA S. 16 bis 18, juris Rn. 44 bis 47). Die Klägerin habe das Sondergebiet erst nach Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Schweinemastanlage des Beigeladenen ausgewiesen. Auf dessen Einwendung habe sie selbst dargelegt, dass es im Sondergebiet nicht zu schädlichen Umwelteinwirkungen kommen werde. Das Einvernehmen zu der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung unter Hinweis auf eben diese Umwelteinwirkungen zu verweigern, sei widersprüchlich (UA S. 17, juris Rn. 45). In Bezug auf diese Erwägung hat die Klägerin einen Revisionszulassungsgrund nicht geltend gemacht. Auch in Bezug auf das Versorgungsgebot hat sie einen Revisionszulassungsgrund weder ausdrücklich noch sinngemäß aufgezeigt.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt
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schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können; - 2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen; - 3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften; - 4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.
(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.
(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung
- 1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können, - 2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und - 3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.
(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.
Tatbestand
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Der Kläger begehrt die Aufhebung einer der Beigeladenen erteilten Freistellungserklärung nach § 15 Abs. 2 Satz 2 BlmSchG. Er ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks S. in S. Die Beigeladene betreibt auf dem östlich angrenzenden landwirtschaftlichen Betriebsgelände eine Rinderhaltungsanlage in mehreren Ställen. Diese war von Rechtsvorgängern der Beigeladenen in der Zeit von 1957 bis 1988 errichtet und betrieben worden. Ob die Anlage vor dem 1. Juni 1990 nach "DDR-Recht" bauaufsichtlich genehmigt worden ist, ist zwischen den Beteiligten streitig und im Berufungsverfahren nicht weiter aufgeklärt worden. Der Abstand zwischen dem Grundstück des Klägers und dem zur Wohnbebauung nächstgelegenen Stall Nr. 7 der Rinderhaltungsanlage beträgt nach Aktenlage weniger als 100 m.
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Mit Schreiben vom 22. September 2005 zeigte die Beigeladene dem Beklagten nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BImSchG eine Änderung der Rinderhaltungsanlage an, die unter anderem eine Umrüstung des Stalles Nr. 7 als Liegeboxenstall für die Haltung von 110 Jungrindern sowie Änderungen des Haltungs- und Lüftungssystems vorsah.
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Durch den verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 14. Oktober 2005 stellte der Beklagte fest, dass die geplanten Änderungen keine im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes genehmigungsbedürftigen Änderungen seien. Zur Begründung heißt es dazu im Wesentlichen, aufgrund der mit der Änderungsanzeige vorgelegten Geruchsimmissionsprognose des Ingenieurbüros Dr.-Ing. Wilfried E. erhöhe sich die relative Geruchsstundenhäufigkeit an den Häusern Siedlung 1 bis 8 gegenüber einem Bestand von 1 200 Rindern zwar um 0,01. Das sei nach der Geruchsimmissions-Richtlinie jedoch irrelevant. Die Anlage werde nach dem Stand der Technik betrieben. Vorsorge- und Schutzpflichten seien erfüllt. Eine Genehmigung nach § 16 BImSchG sei daher nicht erforderlich.
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Die dagegen gerichtete Klage wies das Verwaltungsgericht als unbegründet ab. Auf die Berufung des Klägers änderte das Oberverwaltungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts und hob den Freistellungsbescheid des Beklagten auf. Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten als Nachbar. Die angezeigten Veränderungen der Anlage seien wesentlich im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 1 BlmSchG. Die Immissionsprognose komme nur deswegen zur Anwendung der Irrelevanzregelung der Geruchsimmissions-Richtlinie, weil sie fehlerhaft von einem geschützten Bestand von 1 200 Rindern ausgegangen sei.
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Mit ihrer vom Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Revision rügt die Beigeladene die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Klage gegen den Freistellungsbescheid sei bereits unzulässig, denn dieser könne Rechte Dritter nicht verletzen. Die Freistellungserklärung treffe allein eine Aussage zur formellen Legalität des Änderungsvorhabens. Dadurch könne kein materielles Abwehrrecht eines Dritten beeinträchtigt werden. Anderes ergebe sich nicht daraus, dass die Freistellung einer Stilllegungsanordnung nach § 20 Abs. 2 BImSchG entgegenstehe. Bei einer Verletzung materieller Rechte Dritter könne bauaufsichtsrechtlich eingeschritten werden. Der Kläger habe auch kein subjektives Recht auf Durchführung des gegebenenfalls objektiv gebotenen Genehmigungsverfahrens nach § 19 BImSchG. Darüber hinaus rügt die Beigeladene eine Verletzung von §§ 67a, 67 BImSchG und Verfahrensfehler.
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Die Beigeladene beantragt,
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das Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 14. Oktober 2010 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 5. Dezember 2007 zurückzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
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Er verteidigt das angefochtene Urteil. § 15 BImSchG sei jedenfalls dann zugunsten des Nachbarn drittschützend, wenn die ohne Genehmigung zugelassene Änderung durch unzumutbare Beeinträchtigungen materielle Nachbarrechte verletze. Eine Rechtsbetroffenheit könne sich nicht nur aus dem Tenor eines Bescheides, sondern auch aus seinen unmittelbaren Folgen ergeben. Die angefochtene Mitteilung gebe die Änderung frei und lasse den geänderten Anlagenbetrieb unter Verletzung drittschützender Vorschriften des materiellen Rechts unmittelbar zu. Eine Differenzierung zwischen dem Verfahren nach § 10 BImSchG und dem vereinfachten Verfahren nach § 19 BImSchG finde im Wortlaut der §§ 15, 16 BlmSchG keine Stütze. Bei zutreffender Betrachtung stelle sich allein die beim Rechtsschutzbedürfnis zu verortende Frage, ob ein Antrag auf nachträgliches Einschreiten ein einfacherer und vorrangiger Weg sei. Das sei nicht der Fall. Ein Einschreiten nach § 17 BImSchG oder der Landesbauordnung stehe im Ermessen der Behörde. Dabei sei auch das durch die Freistellung begründete Vertrauen zu berücksichtigen. Die gerügten Verstöße gegen §§ 67, 67a BImSchG und die geltend gemachten Verfahrensmängel lägen nicht vor.
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Der Beklagte unterstützt das Vorbringen der Beigeladenen, stellt aber keinen eigenen Antrag.
Entscheidungsgründe
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Der Senat kann im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
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Die zulässige Revision der Beigeladenen ist begründet. Das Oberverwaltungsgericht hat der Berufung des Klägers gegen das klagabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts unter Verstoß gegen revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO) stattgegeben und den streitgegenständlichen Freistellungsbescheid vom 14. Oktober 2005 aufgehoben. Die dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts zugrunde liegende Annahme, der Nachbar einer genehmigungsbedürftigen Anlage könne im Wege einer Anfechtungsklage gegen eine Freistellungserklärung nach § 15 Abs. 2 Satz 2 BImSchG vorgehen, verstößt gegen die §§ 15, 16 BImSchG.
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Es kann dahinstehen, ob der Freistellungsbescheid vom 14. Oktober 2005 rechtmäßig ergangen ist oder die dafür nach § 16 Abs. 1 BImSchG erforderlichen Voraussetzungen nicht vorlagen. Der Freistellungsbescheid verletzt den Kläger jedenfalls nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Eine (mögliche) Verletzung des Klägers in eigenen Rechten lässt sich aus § 15 BImSchG weder unmittelbar noch mit Blick auf § 20 Abs. 2 BImSchG herleiten (1). Der Nachbarschutz wird in den Fällen des § 15 Abs. 2 Satz 2 BImSchG namentlich über die §§ 17, 20 Abs. 1 BImSchG ausreichend gewährleistet (2).
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1. Wie der Senat bereits mit Urteil vom 28. Oktober 2010 (BVerwG 7 C 2.10 - Buchholz 406.25 § 15 BImSchG Nr. 8 Rn. 21 f.) entschieden hat, ist eine Freistellungserklärung nach § 15 Abs. 2 Satz 2 BImSchG ein Verwaltungsakt, der bestandskraftfähig ist und dem Bindungswirkung zukommt. Der Regelungsinhalt der Freistellungserklärung beschränkt sich aber auf eine Aussage zur formellen Legalität des Änderungsvorhabens. Sie stellt mit Bindungswirkung ausschließlich fest, dass die geplante Änderung der Anlage keiner förmlichen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedarf. Die von ihr erzeugte verbindliche Rechtswirkung nach außen besteht (und erschöpft sich) darin, dass die Änderung formell rechtmäßig ist und daher weder Stilllegungsanordnungen nach § 20 Abs. 2 BImSchG ergehen noch an die formelle Illegalität anknüpfende Bußgeld- oder Straftatbestände eingreifen können (Urteil vom 28. Oktober 2010 a.a.O. Rn. 22). Dies folgt aus dem Sinn und Zweck des Anzeigeverfahrens nach den §§ 15, 16 BImSchG, das Verfahren bei unwesentlichen Änderungen einer Anlage zu beschleunigen und den Betreiber - anders als bei der früheren nachträglichen Anzeige von Änderungen - mittels präventiver Kontrolle vor dem Vorwurf der formellen Illegalität zu schützen (Urteil vom 28. Oktober 2010 a.a.O. Rn. 24).
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Die vom Gesetzgeber beabsichtigte Verfahrensbeschleunigung und die Ausgestaltung des Anzeigeverfahrens nach den §§ 15, 16 BImSchG als präventives Kontrollverfahren mit kurz bemessenen Fristen und dadurch zwangsläufig beschränkter Prüfungstiefe schließen es aus, den §§ 15, 16 BImSchG selbst drittschützende Wirkung beizumessen. Dem entspricht, dass der Gesetzgeber eine Beteiligung von Nachbarn am Anzeigeverfahren nicht vorgesehen hat. Abweichendes folgt auch nicht daraus, dass sich die Prüfung, ob eine Änderung im Sinne von § 16 Abs. 1 BImSchG "wesentlich" ist, materiell auch auf die in § 1 BImSchG genannten Schutzgüter und darauf erstreckt, ob die Erfüllung der sich aus § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ergebenden Anforderungen sichergestellt ist. Die materiellrechtliche Prüfung im Anzeigeverfahren ist nur eingeschränkt und nimmt an dem Bindungswirkung vermittelnden Regelungsinhalt der Freistellungserklärung nicht teil (Urteil vom 28. Oktober 2010 a.a.O. Rn. 25/26).
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Besteht der Sinn und Zweck des § 15 Abs. 2 Satz 2 BImSchG gerade darin, den Anlagenbetreiber vor Maßnahmen zu schützen, die an die formelle Illegalität anknüpfen, folgt daraus zugleich, dass entgegen einer im Schrifttum verbreiteten Auffassung (vgl. etwa Storost, in: Ule/Laubinger/Repkewitz, BImSchG, Stand April 2012, § 15 Rn. C 76; Guckelberger, in: Kotulla, BImSchG, Stand Juni 2011, § 15 Rn. 77) ein Recht des Nachbarn zur Abwehr einer vermeintlich rechtswidrigen Freistellungserklärung auch nicht mit Blick auf § 20 Abs. 2 BImSchG anzunehmen ist. Nach dieser Vorschrift soll die zuständige Behörde anordnen, dass eine Anlage, die ohne die erforderliche Genehmigung errichtet, betrieben oder wesentlich geändert wird, stillzulegen oder zu beseitigen ist (Satz 1). Sie hat die Beseitigung anzuordnen, wenn die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft nicht auf andere Weise ausreichend geschützt werden kann (Satz 2). Dass die formelle Illegalität allein nach Satz 1 nicht nur ausreicht, derart weitgehende behördliche Maßnahmen zu ergreifen, sondern im Regelfall sogar dazu zwingt, erklärt sich aus der Zielrichtung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungspflicht. Diese besteht nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BImSchG für die Errichtung und den Betrieb von Anlagen, die aufgrund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebs in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder Nachbarschaft zu gefährden, erheblich zu benachteiligen oder erheblich zu belästigen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen verdeutlichen den Zweck des Genehmigungserfordernisses. Ebenso wie bereits unter der Geltung des § 16 GewO soll sichergestellt werden, dass Anlagen mit einem besonderen Gefährdungspotenzial nur nach vorheriger staatlicher Prüfung errichtet und betrieben oder wesentlich geändert werden dürfen. Im Hinblick darauf dient das - von Ausnahmen abgesehen - aufwendige Genehmigungsverfahren (§§ 10, 19 BImSchG) der Ermittlung und Klärung konkreter Gefahrenquellen sowie der Kontrolle der Mittel zu ihrer Beherrschung. Solange es nicht durchgeführt worden ist, lässt sich regelmäßig nicht absehen, ob sich die vom Gesetz- und Verordnungsgeber angenommene potentielle Gefährlichkeit der Anlage realisieren kann. Aus diesem Grunde schreibt § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG für den Regelfall die Stilllegung der Anlage vor (Urteil vom 28. Januar 1992 - BVerwG 7 C 22.91 - BVerwGE 89, 357 <361> = Buchholz 406.25 § 20 BImSchG Nr. 2 S. 14<17>).
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Es kann dahinstehen, unter welchen Voraussetzungen § 20 Abs. 2 BImSchG drittschützende Wirkung hat. Denn jedenfalls greift die vorstehend beschriebene ratio legis des § 20 Abs. 2 BImSchG in den Fällen des § 15 Abs. 2 Satz 2 BImSchG nach dem Regelungskonzept der §§ 15, 16 BImSchG nicht ein. Die zuständige Behörde hat in diesen Fällen schon eine präventive Kontrollfunktion - wenn auch mit beschränkter Prüfungstiefe - wahrgenommen. Allein diese Tatsache rechtfertigt es - ungeachtet des Vorliegens der rechtlichen Voraussetzungen für eine Freistellungserklärung -, dass § 20 Abs. 2 BImSchG keine Anwendung findet. Hinzu kommt, dass das Anzeigeverfahren nach den §§ 15, 16 BImSchG wegen der fehlenden materiellrechtlichen Bindungswirkung regelmäßig nur in einfach gelagerten Fällen Bedeutung erlangen wird. Will der Anlagenbetreiber die aus der beschränkten Regelungswirkung einer Freistellungserklärung folgenden Konsequenzen der Eigenverantwortung für die Übereinstimmung des Änderungsvorhabens mit dem materiellen Recht nicht tragen und ist er auf größere Rechtssicherheit aus, muss und wird er im wohlverstandenen Eigeninteresse von der Option des § 16 Abs. 4 BImSchG Gebrauch machen und ein (vereinfachtes) Genehmigungsverfahren beantragen. Zudem wird die Genehmigungsbehörde, der ein Änderungsvorhaben angezeigt wird, mit Blick auf die kurz bemessene Prüfungsfrist in Zweifelsfällen keine Freistellungserklärung erteilen.
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2. Zu einem anderen Verständnis des Regelungskonzepts der §§ 15, 16 BImSchG zwingt auch nicht die Notwendigkeit, den berechtigten Belangen der Nachbarn Rechnung zu tragen. § 17 Abs. 1 und § 20 Abs. 1 BImSchG gewährleisten einen hinreichenden Schutz materieller Nachbarrechte.
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Nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BImSchG soll die Behörde nachträgliche Anordnungen unter anderem dann treffen, wenn nach einer gemäß § 15 Abs. 1 BImSchG angezeigten Änderung festgestellt wird, dass die Nachbarschaft nicht ausreichend vor schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen geschützt ist. Da die Vorschrift, wie schon in ihrem Wortlaut zum Ausdruck kommt, dem Nachbarn Drittschutz vermittelt, hat dieser im Regelfall einen Anspruch auf Einschreiten, sofern seine Rechte von Beeinträchtigungen der vorgenannten Art betroffen sind (Jarass, BImSchG, 8. Aufl. 2010, § 17 Rn. 68). Mangels materieller Rechtswirkungen der Freistellung sind solche Beeinträchtigungen in der Prüfung des Nachbaranspruchs uneingeschränkt zu berücksichtigen. Anordnungen nach § 17 Abs. 1 BImSchG dürfen zwar nicht dazu führen, dass der Weiterbetrieb der Anlage als Ganzer unmöglich wird (vgl. OVG Münster, Urteil vom 9. Juli 1987 - 21 A 1556/86 - NVwZ 1988, 173; Storost, a.a.O. § 17 Rn. D 3); Regelungen, die inhaltlich einer völligen Betriebsuntersagung gleichkommen, lassen sich schon begrifflich nicht als nachträgliche Anordnungen im Sinne des § 17 Abs. 1 BImSchG verstehen (Jarass, a.a.O. Rn. 21). Mit dieser Einschränkung können aber Anforderungen sowohl an die Beschaffenheit der Anlage als auch an den Betriebsablauf und an die Einhaltung von Emissions- und Immissionsgrenzen gestellt werden. Darüber hinaus sind im Falle einer Freistellungserklärung sogar Teilstilllegungen zulässig, sofern sie sich auf die änderungsbetroffenen Anlagenteile beschränken. Denn die Freistellungserklärung begründet wegen ihrer rein formellrechtlichen Wirkung keinen einer Änderungsgenehmigung vergleichbaren Vertrauenstatbestand, der auch insoweit einer Stilllegung entgegenstehen könnte. Kommt der Anlagenbetreiber nachträglichen Anordnungen nicht nach, kann die zuständige Behörde zudem unter den Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 BImSchG den Betrieb der Anlage ganz oder teilweise bis zur Erfüllung der nachträglichen Anordnungen untersagen. Demgemäß lässt sich über die §§ 17 Abs. 1, 20 Abs. 1 BImSchG ein effektiver Schutz der materiellen Nachbarrechte sicherstellen, auch ohne dass der Nachbar auf die Befugnis zur Anfechtung der Freistellungserklärung angewiesen wäre.
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Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Freistellungserklärung etwaige nach anderen Fachgesetzen bestehende Genehmigungserfordernisse unberührt lässt, weil ihr keine Konzentrationswirkung zukommt. Das hat zur Folge, dass etwa nach Maßgabe des Landesrechts ein Baugenehmigungsverfahren durchzuführen sein kann, an welchem der Dritte als Nachbar gegebenenfalls beteiligt werden muss (vgl. § 70 Abs. 1 Musterbauordnung 2002; § 69 Abs. 1 und 2 BauO-LSA); hat der Nachbar dem Vorhaben nicht zugestimmt, ist ihm zudem die Baugenehmigung zuzustellen (§ 70 Abs. 4 Musterbauordnung 2002; § 69 Abs. 4 Satz 1 BauO-LSA). Der Dritte hat in diesen Fällen eine zusätzliche Möglichkeit, seine materiellen Rechte ausreichend geltend zu machen. Dies gilt umso mehr, als der Schutz vor Immissionen im Bauplanungsrecht über das Rücksichtnahmegebot kein anderer ist und nicht geringer ausfällt als der Schutz vor Immissionen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (vgl. Urteile vom 30. September 1983 - BVerwG 4 C 74.78 - BVerwGE 68, 58
= Buchholz 406.25 § 5 BImSchG Nr. 7 S. 23<25> und vom 30. September 1983 - BVerwG 4 C 18.80 - Buchholz 406.25 § 5 BImSchG Nr. 8 S. 26<28> ; Beschluss vom 22. Februar 1988 - BVerwG 7 B 28.88 - Buchholz 406.25 § 5 BImSchG Nr. 11 S. 1<2> ). Zudem bleiben auch bei einer Freistellungserklärung etwaige nach anderen Fachgesetzen (z.B. den Bauordnungen der Länder) bestehende Eingriffsbefugnisse der hierfür zuständigen Behörden und damit gegebenenfalls korrespondierende Ansprüche auf Einschreiten gegen das geänderte Vorhaben unberührt.
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Letztlich stehen dem Dritten auch zivilrechtliche Abwehransprüche, wie etwa solche aus §§ 858, 862, 869, 1004 (gegebenenfalls i.V.m. §§ 906 ff. BGB) und § 823 Abs. 1 BGB zur Seite (vgl. Jarass, a.a.O. § 14 Rn. 10), da im Falle einer Freistellung nach § 15 Abs. 2 Satz 2 BImSchG wiederum § 14 BImSchG keine Anwendung findet.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es
- 1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt, - 2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient, - 3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient, - 4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind, - 5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient, - 6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb, - b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt, - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und - d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
- 7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität, - 8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient - a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder - b)
auf einer Fläche längs von - aa)
Autobahnen oder - bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
- 9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2, - b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.
(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.
(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben
- 1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht, - 2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht, - 3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird, - 4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert, - 5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet, - 6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet, - 7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder - 8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:
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die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz, - b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt, - c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück, - d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden, - e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs, - f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und - g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
- 2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf, - c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und - d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
- 3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle, - 4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient, - 5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und - c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
- 6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.
(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.
(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.
(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.
(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.
Gründe
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Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
- 2
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1. Die Sache hat keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung.
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Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), d.h. näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr; so bereits Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91>; siehe auch Beschluss vom 1. Februar 2011 - BVerwG 7 B 45.10 - juris Rn. 15).
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Die Klägerin hält für grundsätzlich klärungsbedürftig,
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ob § 3 Abs. 3 der 12. BImSchV (ggf. i.V.m. § 9 Abs. 1 der Bergverordnung für Tiefbohrungen, Untergrundspeicher und für die Gewinnung von Bodenschätzen durch Bohrungen im Land Nordrhein-Westfalen
), soweit nach dieser Vorschrift Sicherheitsabstände (Achtungsabstände) einzuhalten sind, um die Auswirkungen von Dennoch-Störfällen so gering wie möglich zu halten, die Pflicht zur Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG konkretisiert oder aber die Pflicht des Errichters und Betreibers einer genehmigungspflichtigen Anlage gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG näher bestimmt, Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren zu treffen mit der Folge, dass die Pflicht, gemäß § 3 Abs. 3 der 12. BImSchV (ggf. i.V.m. § 9 Abs. 1 BVOT) einen Sicherheitsabstand zur Auswirkungsbegrenzung von vernünftigerweise ausgeschlossenen Dennoch-Störfällen einzuhalten, nicht nachbarschützend ist und keine bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmepflichten nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB zwischen dem Anlagenbetreiber und einem benachbarten Bauherrn begründet,
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und
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ob bei der Bemessung des erforderlichen Sicherheitsabstandes nach § 9 Abs. 1 BVOT, § 3 Abs. 3 der 12. BlmSchV dann, wenn als Grenze eine Wärmestrahlung gewählt wird, bei der letale Folgen selbst innerhalb eines Wohngebäudes unmittelbar zu erwarten stehen, im Gegenzug bei der Betrachtung des Störfallszenarios eine Windstärke von 10 m/s, d.h. eine Starkwindlage, von dem Störfallbetrieb in Richtung auf das schutzwürdige Vorhaben ungeachtet ihrer konkreten Wahrscheinlichkeit nach Maßgabe der örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen ist.
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Diese Fragen rechtfertigen - soweit sie überhaupt einer rechtsgrundsätzlichen Klärung zugänglich sind - die Zulassung der Revision nicht, weil es auf sie nicht (mehr) entscheidungserheblich ankommt. Nach der Grundsatzentscheidung des Senats vom 20. Dezember 2012 - BVerwG 4 C 11.11 - (zur Veröffentlichung in der amtlichen Sammlung vorgesehen) ist den Anforderungen, die Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG (sog. Seveso-II-Richtlinie) an die Zulassung von Vorhaben in der Nachbarschaft eines Störfallbetriebs stellt, durch eine richtlinienkonforme Auslegung des in § 34 Abs. 1 BauGB enthaltenen Rücksichtnahmegebots Rechnung zu tragen. Die Grundsätze, die der Senat in der vorbezeichneten Entscheidung entwickelt hat, finden - ohne dass es hierfür der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedürfte - im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Belangs des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB, der eine besondere Ausprägung des nachbarlichen Gebots der Rücksichtnahme darstellt, entsprechende Anwendung. Damit kann sich ein unter die Richtlinie 96/82/EG fallender Betrieb (wie hier - nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts - der Betrieb der Beigeladenen) darauf berufen, der von Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG geforderte "angemessene Abstand" werde durch ein geplantes Wohnbauvorhaben nicht eingehalten; dieses sei gegenüber dem Betrieb rücksichtslos. Dem entsprechend kommt es nicht mehr darauf an, ob § 3 Abs. 3 der 12. BImSchV (ggf. i.V.m. § 9 Abs. 1 BVOT) selbst drittschützende Wirkung zukommt bzw. anhand welcher Faktoren der nach § 9 Abs. 1 BVOT bzw. § 3 Abs. 3 der 12. BImSchV erforderliche Sicherheitsabstand zu bemessen ist.
- 6
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2. Die Entscheidung des Senats vom 20. Dezember 2012 (a.a.O.) nötigt nicht zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (siehe zur "überholten" Grundsatzrüge etwa Beschlüsse vom 11. Februar 1986 - BVerwG 8 B 7.85 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 240 = juris Rn. 3, vom 9. April 1999 - BVerwG 9 B 21.99 - juris Rn. 3 und vom 21. Februar 2000 - BVerwG 9 B 57.00 - juris Rn. 6). Das Oberverwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass das Vorhaben der Klägerin deshalb planungsrechtlich unzulässig sei, weil es Belange im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB beeinträchtige und damit zugleich zulasten der Beigeladenen einen Verstoß gegen das in dieser Vorschrift enthaltene Rücksichtnahmegebot begründe (UA S. 24); auf S. 47 des Urteilsabdrucks werden zudem die Kriterien angewendet, die der Europäische Gerichtshof in der Vorabentscheidung vom 15. September 2011 - Rs. C-53/10 - (ABl EU 2011 Nr. C 319 S. 5 = ZfBR 2011, 763) genannt hat. Das entspricht dem Urteil des Senats vom 20. Dezember 2012 (a.a.O.).
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3. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Die geltend gemachten Verfahrensfehler sind entweder schon nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise dargelegt oder liegen jedenfalls nicht vor.
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Ein Verfahrensmangel ist im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nur dann bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (vgl. Beschlüsse vom 10. November 1992 - BVerwG 3 B 52.92 - Buchholz 303 § 314 ZPO Nr. 5 und vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
VwGO Nr. 26). Die Frage, ob das vorinstanzliche Verfahren an einem Verfahrensmangel leidet, ist dabei vom materiellrechtlichen Standpunkt der Tatsacheninstanz aus zu beurteilen, selbst wenn dieser verfehlt sein sollte (stRspr, vgl. etwa Urteil vom 14. Januar 1998 - BVerwG 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115 <119>; Beschlüsse vom 25. Januar 2005 - BVerwG 9 B 38.04 - NVwZ 2005, 447 <449> = juris Rn. 21, insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 406.25 § 43 BImSchG Nr. 22 und vom 20. Dezember 2010 - BVerwG 5 B 38.10 - juris Rn. 18).
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a) Soweit die Klägerin geltend macht, ein Verfahrensfehler liege darin, dass bereits der Beschluss über die Zulassung der Berufung verfahrensfehlerhaft ergangen sei, verkennt sie, dass sie die Zulassung der Revision mit einer solchen Rüge schon deshalb nicht erreichen kann, weil die Zulassung der Berufung als unanfechtbare Vorentscheidung nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 557 Abs. 2 ZPO einer Überprüfung durch das Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich entzogen ist (vgl. etwa Beschlüsse vom 30. September 2005 - BVerwG 1 B 26.05 - Buchholz 310 § 133
VwGO Nr. 82 = juris Rn. 6 und vom 14. Dezember 2006 - BVerwG 1 B 272.06 - Buchholz 310 § 124a VwGO Nr. 33 Rn. 3). Das gleiche gilt, soweit die Beschwerde einen Verfahrensfehler darin sieht, dass das Oberverwaltungsgericht den Antrag der Klägerin auf Aussetzung des Verfahrens (§ 94 VwGO) abgelehnt hat (Beschluss vom 13 September 2005 - BVerwG 7 B 14.05 - juris Rn. 20 f.); diese Entscheidung ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO ebenfalls unanfechtbar.
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Der weiter in diesem Zusammenhang erhobene Einwand, das Oberverwaltungsgericht habe die Berufung zu Unrecht als zulässig erachtet, weil die Beigeladene als Berufungsführerin zur Zeit der Zulassung der Berufung zwar Eigentümerin, nicht aber Betreiberin des Gaskavernenspeichers gewesen sei, greift nicht, denn jedenfalls im für die Zulässigkeit der Berufung maßgeblichen Zeitpunkt der (letzten) mündlichen Verhandlung am 15. Dezember 2011 war die Beigeladene (unstreitig auch) Betreiberin, womit unter diesem Gesichtspunkt gegen die Zulässigkeit der Berufung keine Bedenken bestehen.
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b) Das Oberverwaltungsgericht hat nicht das Recht der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO) verletzt. Das gilt sowohl hinsichtlich des Vorwurfs, das Oberverwaltungsgericht habe sich mit bestimmten Ausführungen der Klägerin nicht auseinander gesetzt (1), nicht in das Verfahren eingeführte und zudem in Englisch verfasste Beweismittel im Urteil verwertet (2) als auch in Bezug auf den Vorhalt, es habe Beweisanträge zu Unrecht abgelehnt (3).
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(1) Ein Verstoß gegen das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren, liegt vor, wenn das Gericht seiner Verpflichtung, die für die Entscheidung erheblichen Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, nicht nachkommt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. November 1992 - 1 BvR 168/89 u.a. - BVerfGE 87, 363 <392>; BVerwG, Urteile vom 29. November 1985 - BVerwG 9 C 49.85 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 177 und vom 20. November 1995 - BVerwG 4 C 10.95 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 267 S. 22 f.; jeweils m.w.N.). Daraus folgt aber keine Verpflichtung des Gerichts, jeglichen Vortrag in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu bescheiden (Beschluss vom 21. Februar 2000 a.a.O. Rn. 8). Vielmehr ist regelmäßig davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Anderes gilt nur dann, wenn besondere Umstände deutlich ergeben, dass das Gericht ein bestimmtes Vorbringen nicht berücksichtigt hat. Dieser Ausnahmefall liegt indessen nicht vor, wenn das Gericht den Sachvortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts ganz oder teilweise unberücksichtigt gelassen hat, namentlich wenn er nach der materiellrechtlichen Auffassung des Gerichts nicht entscheidungserheblich war (vgl. etwa Beschlüsse vom 22. Mai 2006 - BVerwG 10 B 9.06 - juris Rn. 14, vom 13. Dezember 2010 - BVerwG 7 B 64.10 - juris Rn. 24 und vom 21. Mai 2012 - BVerwG 7 B 70.11 - juris Rn. 12). Zudem verpflichten Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO die Gerichte nicht dazu, der Rechtsansicht einer Partei zu folgen (BVerfG, Urteil vom 7. Juli 1992 - 1 BvL 51/86 u.a. - BVerfGE 87, 1 <33>).
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Vor diesem Hintergrund erweist sich die Rüge der Klägerin, das Oberverwaltungsgericht habe sich mit ihrem Vortrag nicht auseinandergesetzt, die mit ihrem Bauantrag verfolgte Nutzung der ehemaligen Katstelle als Wohnung verlange von der Beigeladenen keine größeren Rücksichtnahmepflichten und keine weiteren Vorkehrungen als die auf dem Grundstück bereits regelmäßig praktizierte Nutzung der Katstelle als Wochenend- und Freizeitwohnung sowie des Grundstückes als Garten, als unbegründet. Ausweislich der Urteilsgründe (UA S. 3, 34, 48, 49) beleuchtet das Oberverwaltungsgericht die Folgen der Zulassung des klägerischen Vorhabens für die Beigeladene. Dabei stellt es fest, dass die von der Klägerin derzeit ausgeübte Nutzung nicht genehmigt ist, mithin keinen Bestandsschutz genießt, und die Beigeladene bei Zulassung des klägerischen Vorhabens erstmals auf eine legalerweise ausgeübte Wohnnutzung Rücksicht nehmen müsste, was gegebenenfalls zu nachträglichen Betriebseinschränkungen führen könne. Damit erübrigen sich aber weitere Erörterungen im Hinblick auf eine etwaige "Vorbelastung", auf die die Klägerin offensichtlich abstellt. Soweit sie in diesem Zusammenhang auf den Vorlagebeschluss des Senats vom 3. Dezember 2009 - BVerwG 4 C 5.09 - (Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 209 Rn. 14) an den Europäischen Gerichtshof verweist, sind die vom Senat dort gemachten Ausführungen zur Berücksichtigung einer etwaigen Vorbelastung durch die - auch schon vom Oberverwaltungsgericht berücksichtigte - Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 15. September 2011 (a.a.O.) sowie das Urteil des Senats vom 20. Dezember 2012 (a.a.O.) sachlich überholt. Danach ist das Kriterium der Vorbelastung im Störfallrecht bei richtlinienkonformer Handhabung unbrauchbar (Urteil vom 20. Dezember 2012 a.a.O. Rn. 34 a.E.).
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(2) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt die schlüssige Rüge, das rechtliche Gehör sei verletzt worden, regelmäßig die substantiierte Darlegung dessen voraus, was der Beteiligte bei ausreichender Gehörsgewährung noch vorgetragen hätte und inwiefern der weitere Vortrag zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeignet gewesen wäre (vgl. etwa Beschlüsse 31. Juli 1985 - BVerwG 9 B 71.85 - Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 28 = juris Rn. 6 m.w.N., vom 19. März 1991 - BVerwG 9 B 56.91 - Buchholz 310 § 104 VwGO Nr. 25 = juris Rn. 7, vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO
Nr. 26 = juris Rn. 4, vom 22. April 1999 - BVerwG 9 B 188.99 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 44 = juris Rn. 3 und vom 28. Januar 2003 - BVerwG 4 B 4.03 - Buchholz 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 53 = juris Rn. 4). Daran fehlt es hier, soweit die Klägerin rügt, dass sich das Oberverwaltungsgericht das Handbuch zum Programm ALOHA aus dem Internet besorgt, es selbst vom Englischen ins Deutsche - soweit erforderlich - übersetzt und im Urteil verwertet habe, obwohl das Handbuch nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung und schon gar nicht in deutscher Übersetzung gewesen sei. Insofern legt sie schon nicht dar, was sie diesbezüglich bei ausreichender Gehörsgewährung (noch) vorgetragen hätte. Das bedarf jedoch keiner Vertiefung, denn die vom Oberverwaltungsgericht verwendeten Aussagen im englischen Handbuch (es handelt sich um einen Satz) waren für das Gericht jedenfalls nicht entscheidungserheblich, das Urteil beruht mithin nicht hierauf. Denn das Berufungsgericht hat die Berechnungen des Gutachters der Klägerin auf der Grundlage des Programms ALOHA bereits aufgrund der Angaben im TÜV-Gutachten sowie in dem Gutachten des LANUV als falsch bewertet (UA S. 42) und dieses Ergebnis nur noch ergänzend - im Wege einer Hilfsbegründung - durch das Handbuch zu besagtem Programm als bestätigt angesehen (UA S. 42). Diese Hilfsbegründung kann jedoch hinweggedacht werden, ohne dass sich am Ergebnis (Feststellung der fehlerhaften Anwendung des Programms ALOHA durch die Gutachter der Klägerin) etwas ändert.
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(3) Ein Gehörsverstoß kann auch nicht darin gesehen werden, dass das Oberverwaltungsgericht die Beweisanträge Nr. 1 und 4 der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 15. Dezember 2011 abgelehnt hat.
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Der Anspruch auf rechtliches Gehör schützt nicht gegen eine nach Meinung eines Beteiligten sachlich unrichtige Ablehnung eines Beweisantrags (Beschlüsse vom 7. Oktober 1987 - BVerwG 9 CB 20.87 - Buchholz 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 31 und vom 14. Mai 2008 - BVerwG 4 B 46.07 - juris Rn. 28). Art. 103 Abs. 1 GG ist allerdings dann verletzt, wenn die Ablehnung eines als sachdienlich und erheblich angesehenen Beweisantrags im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (BVerfG, Beschlüsse vom 30. Januar 1985 - 1 BvR 393/84 - BVerfGE 69, 141 <143 f.> und vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 670/91 - BVerfGE 105, 279 <311>; BVerwG, Beschluss vom 24. März 2000 - BVerwG 9 B 530.99 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 308 S. 16), mithin auf sachfremde Erwägungen gestützt ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Oktober 1988 - 1 BvR 818.88 - BVerfGE 79, 51 <62>). Wie bereits ausgeführt, ist hierfür maßgebend auf den materiellrechtlichen Standpunkt der angegriffenen Entscheidung abzustellen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht erfordert eine entsprechende Rüge den substantiierten Vortrag, dass die Ablehnung des Beweisantrags fehlerhaft erfolgt ist, die Begründung der Ablehnungsentscheidung im Gesetz keine Stütze findet und deshalb das rechtliche Gehör verletzt worden ist (Beschluss vom 13. Dezember 2002 - BVerwG 1 B 95.02 - Buchholz 310 § 133
VwGO Nr. 67 = juris Rn. 6). Hieran fehlt es vorliegend.
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(3.1) Der Beweisantrag Nr. 1 der Klägerin zielte auf die Einholung eines Gutachtens durch einen Sachverständigen für Physik, insbesondere für Strömungsphysik, bezüglich der Innenrauhigkeit des Steigrohres in der Kaverne Victor 2 (Nr. 1.1), der Unwahrscheinlichkeit eines sog. Guillotinebruchs am Kavernenkopf (Nr. 1.2), der fehlenden Berücksichtigung einer starken Kontraktion und eines starken Reibungsverlusts am Übergang von Kaverne zum Rohrschuh in den Berechnungen des TÜV von 2006 und des LANUV von 2011 (Nr. 1.3), der maximalen Höhe des Massestroms am Kavernenkopf (Nr. 1.4) sowie dazu, dass die zum Abriss des Kavernenkopfes notwendige Druckbelastung am Kavernenkopf nicht auftreten könne (Nr. 1.5).
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Diesen Beweisantrag hat das Oberverwaltungsgericht abgelehnt. Die Klägerin sieht hierin einen Verfahrensfehler. Ausweislich der in der mündlichen Verhandlung gegebenen Begründung stelle dies eine vorweggenommene Beweiswürdigung dar und beinhalte die Aussage, das Gericht halte den Sachverhalt bereits für hinreichend geklärt. Mit einer solchen Begründung könne ein Beweisantrag nicht in rechtmäßiger Weise abgelehnt werden.
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Nach § 86 Abs. 1 VwGO obliegt den Tatsachengerichten die Pflicht, jede mögliche Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts bis zur Grenze der Zumutbarkeit zu versuchen, sofern dies für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich ist (Urteile vom 6. Februar 1985 - BVerwG 8 C 15.84 - BVerwGE 71, 38 <41> und vom 6. Oktober 1987 - BVerwG 9 C 12.87 - Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 31 = juris Rn. 10). Die Entscheidung eines Tatsachengerichts über Art und Anzahl einzuholender Sachverständigengutachten steht dabei gemäß § 98 VwGO in entsprechender Anwendung des § 412 ZPO grundsätzlich in seinem tatrichterlichen Ermessen (z.B. Urteil vom 8. Juni 1979 - BVerwG 4 C 1.79 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 120 = NJW 1980, 900). Die unterlassene Einholung eines Obergutachtens stellt deshalb nur dann einen Verfahrensmangel dar, wenn sich dem Berufungsgericht die Notwendigkeit einer weiteren Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen (Beschluss vom 13. März 1992 - BVerwG 4 B 39.92 - NVwZ 1993, 268 = juris Rn. 5), weil die bereits vorliegenden Gutachten nicht den ihnen obliegenden Zweck zu erfüllen vermögen, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln und ihm dadurch die Bildung der für die Entscheidung notwendigen Überzeugung zu ermöglichen. In diesem Sinne kann ein Sachverständigengutachten für die Überzeugungsbildung des Gerichts ungeeignet oder jedenfalls unzureichend sein, wenn es grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweist, wenn es von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht oder wenn Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht (stRspr, u.a. Urteil vom 19. Dezember 1968 - BVerwG 8 C 29.67 - BVerwGE 31, 149 <156> = Buchholz 448.0 § 8a WPflG Nr. 2; Beschlüsse vom 10. März 1977 - BVerwG 6 B 38.76 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 21 und vom 30. August 1993 - BVerwG 2 B 106.93 - juris Rn. 2). Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht ausweislich der Begründung der Entscheidung über die Ablehnung des Beweisantrags, die es in seinem Urteil (UA S. 43, 45, 46) noch weiter präzisiert hat, rechtsfehlerfrei ausgegangen. Von einer unzulässigen vorweggenommenen Beweiswürdigung kann damit keine Rede sein. Das Oberverwaltungsgericht hat vielmehr angenommen, dass durch die in das Verfahren eingeführten Gutachten ihm die erforderliche Sachkunde bereits soweit vermittelt wurde, um im Wege der richterlichen Überzeugungsbildung (§ 108 Abs. 1 VwGO) den vorliegend maßgeblichen Mindestabstand zwischen dem klägerischen Vorhaben und dem Gaskavernenspeicher der Beigeladenen bestimmen zu können. Das Oberverwaltungsgericht hat sich des Weiteren auf den Seiten 39 bis 46 des Entscheidungsabdrucks ausführlich mit den in das Verfahren - auch von Seiten der Klägerin - eingebrachten bzw. den von ihm eingeholten Gutachten auseinander gesetzt, hat diese umfassend gewürdigt und ist bezüglich des maßgeblichen Sicherheitsabstandes letztlich der durch das LANUV-Gutachten bestätigten Ansicht des TÜV gefolgt, weil es dieses für überzeugend gehalten hat (UA S. 37). Hiermit setzt sich die Klägerin nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise auseinander.
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(3.2) Schließlich rügt die Klägerin, auch Beweisantrag Nr. 4 sei in der mündlichen Verhandlung unzulässigerweise abgelehnt worden. Danach sollte den Gutachtern der Gegenseite aufgegeben werden, ihre iterative Berechnung des Massestroms einschließlich der zugehörigen Excel-Tabellen vorzulegen, sowie der Klägerin und ihrem Sachverständigen Gelegenheit gegeben werden, dazu Stellung zu nehmen. Das Oberverwaltungsgericht lehnte diesen Beweisantrag mit der Begründung ab, die eingeforderten Vorlagen würden erkennbar keine relevanten Erkenntnisse erbringen. Die Beschwerde wirft dem Oberverwaltungsgericht insofern vor, den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt zu haben (§ 86 Abs. 1 VwGO), weil es seine Entscheidung nur auf ein Gutachten stützen dürfe, das schlüssig und nachvollziehbar sei. Das setze gerade im Streit um wissenschaftliche Fragen voraus, dass die methodischen und rechnerischen Schritte, mit denen ein Sachverständiger zu einer Erkenntnis gelangt sei, nachvollzogen werden könnten. Dem habe der Beweisantrag Nr. 4 gedient. Ein Verfahrensfehler ist damit nicht dargetan. Inwieweit Ausgangsdaten und Verarbeitungsschritte einer gutachterlichen Stellungnahme offen gelegt werden müssen, um deren Verwertbarkeit überprüfen zu können, ist eine Frage der Beweiswürdigung und der richterlichen Überzeugungsbildung (§ 108 Abs. 1 VwGO), die sich regelmäßig nicht allgemeingültig beantworten lässt (Beschlüsse vom 1. April 2009 - BVerwG 4 B 61.08 - NVwZ 2009, 910 Rn. 24 und vom 14. April 2011 - BVerwG 4 B 77.09 - juris Rn. 44). Das Oberverwaltungsgericht hat festgestellt, dass die Eingabegrößen und die Berechnungsgrundlagen im Anhang der Stellungnahme des LANUV aufgeführt sind (UA S. 44). Hinweise, auf durchgreifende, die Aussagekraft der Abschätzung in relevantem Umfang relativierende Fehler bei den Berechnungsgrundlagen, welche Anlass hätten geben können, die angelegten Excel-Tabellen anzufordern, hat das Oberverwaltungsgericht ausweislich der Urteilsgründe (UA S. 44) nicht gefunden. Vor diesem Hintergrund hätte die Beschwerde darlegen müssen, dass bei der Aufnahme der Grundlagendaten und der Berechnungen Fehler unterlaufen sein könnten (Urteil vom 13. Oktober 2011 - BVerwG 4 A 4000.09 - juris Rn. 61 a.E. für eine Verkehrsprognose). Daran fehlt es.
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c) Letztlich liegt auch keine sogenannte aktenwidrige Entscheidung vor.
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Die Verfahrensrüge, das Gericht habe den Sachverhalt "aktenwidrig" festgestellt, betrifft den Grundsatz der freien Beweiswürdigung und das Gebot der sachgerechten Ausschöpfung des vorhandenen Prozessstoffes (§ 86 Abs. 1, § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Sie bedingt die schlüssig vorgetragene Behauptung, zwischen den in der angegriffenen Entscheidung getroffenen tatsächlichen Annahmen und dem insoweit unumstrittenen Akteninhalt sei ein Widerspruch gegeben (Beschluss vom 19. November 1997 - BVerwG 4 B 182.97 - Buchholz 406.11 § 153 BauGB Nr. 1 = juris Rn. 6). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss dieser Widerspruch offensichtlich sein, so dass es einer weiteren Beweiserhebung zur Klärung des Sachverhalts nicht bedarf; der Widerspruch muss "zweifelsfrei" sein (z.B. Urteil vom 2. Februar 1984 - BVerwG 6 C 134.81 - BVerwGE 68, 338). Diese Voraussetzungen sind durch die Beschwerde nicht dargetan.
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(1) Die Klägerin rügt, das Gericht habe den Sachverhalt "aktenwidrig" festgestellt, weil es davon ausgehe, dass bei Erreichen einer Wärmestrahlung von 12 kW/qm ein Wohngebäude regelmäßig keinen hinreichenden Schutz mehr biete, sondern mit letalen Folgen zu rechnen sei (UA S. 39). Aus den Akten ergebe sich - so die Klägerin - jedoch genau das Gegenteil. Dieser Einwand greift nicht durch. Vielmehr ist davon auszugehen, dass es sich bei der genannten Passage im Urteil vom 15. Dezember 2011 lediglich um eine Ungenauigkeit in der Diktion handelt. Das folgt daraus, dass das Oberverwaltungsgericht im weiteren Verlauf seiner Prüfung davon ausgeht, dass der Wert von 12 kW/qm aufgrund der Unterschreitung des Sicherheitsabstandes von 85 m durch das verfahrensgegenständliche Gebäude (ca. 75 m Entfernung) überschritten wird und es infolgedessen zu einer Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme komme. Die Annahme, dass die typischen in Deutschland anzutreffenden Gebäude bei einer Wärmestrahlung von mehr als 12 kW/qm - somit auch das klägerische Gebäude - keinen ausreichenden Schutz vor letalen Folgen mehr bieten, entspricht jedoch der Aktenlage.
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(2) Die Klägerin rügt des Weiteren, dass das Oberverwaltungsgericht bezüglich des der Ausbreitungsbetrachtung zugrunde zu legenden Massenstroms, d.h. der im Störfall auftretenden Emissionen am Kavernenkopf, hinsichtlich der insoweit maßgeblichen Parameter (Ideal-/Realgasverhalten, Druck, Strömungsdurchmesser/Ausströmungsquerschnitt, Inburex-Sicherheitsbericht 2002) von einem aktenwidrigen Sachverhalt ausgegangen sei. Insofern legt sie jedoch schon keinen "offensichtlichen" bzw. "zweifelsfreien" Widerspruch entsprechend obigen Grundsätzen dar, sondern ersetzt die Beweiswürdigung des Oberverwaltungsgerichts durch eine eigene. Das gilt umso mehr, als die genannten Parameter, ihre Bestimmung und ihre Bedeutung für den maßgeblichen Sicherheitsabstand zwischen den Beteiligten sowie den Gutachtern im Verfahren heftig umstritten waren. Damit fehlt es bereits an der nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlichen Darlegung.
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4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO ab.
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.
(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.
(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.
Gründe
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I.
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Die Kläger wenden sich gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung, die den Beigeladenen für die Errichtung einer Biogasanlage erteilt worden ist.
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Die Kläger sind Eigentümer eines Wohngrundstücks im B. Weg in M., das in ca. 320 m Entfernung vom landwirtschaftlichen Betrieb der Beigeladenen liegt. Zu diesem Betrieb gehören ein genehmigter Schweinemaststall mit 560 Liegeplätzen, eine Getreidehalle und ein Güllebehälter. Die Beigeladenen sind überdies Eigentümer landwirtschaftlicher Flächen im Umfang von ca. 15,8 ha und Pächter landwirtschaftlicher Flächen im Umfang von ca. 100 ha. Der anlagenbezogene LKW-Verkehr zum Betrieb der Beigeladenen führt u.a. über den T. Weg, der als Gemeindestraße gewidmet ist.
- 3
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Im April 2002 zeigten die Beigeladenen den Immissionsschutzbehörden an, dass sie beabsichtigen, eine Biogasanlage zu errichten und ihren Schweinemastbetrieb auf 2 200 Tiere zu erweitern. Die Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord wies den Landkreis M. nach einem Ortstermin darauf hin, dass ein gemeinsames Genehmigungsverfahren für die Biogasanlage und die Anlagen zur Erweiterung der Schweinezucht nicht in Betracht komme. Im April 2004 beantragten die Beigeladenen beim Landkreis die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zur Haltung von 2 200 Schweinen, die - nach Durchführung eines förmlichen Verfahrens nach § 10 BImSchG - zunächst abgelehnt wurde. Auf die dagegen von den Beigeladenen erhobene Klage verpflichtete das Verwaltungsgericht den Landkreis zur Neubescheidung. Mit Bescheid vom 27. November 2006 wurde die Genehmigung für die Erweiterung der Schweinemast auf 2 200 Tiere unter Auflagen erteilt. Nach Ziffer I, 1 der Genehmigung darf die Schweinemast nur unter der Bedingung betrieben werden, dass die erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Biogasanlage vollziehbar und die Biogasanlage funktionsfähig ist.
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Im Frühjahr 2004 beantragten die Beigeladenen beim Beklagten eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zur biologischen Behandlung von nicht besonders überwachungsbedürftigen Abfällen mit einem Durchsatz von 10 t pro Tag sowie einer Verbrennungsmotoranlage zur Erzeugung von Strom für den Einsatz von Biogas mit einer Feuerungswärmeleistung von 1 bis 10 Megawatt. Ausweislich der Antragsunterlagen können in der Biogasanlage 6 600 t Gülle, 5 950 t Getreide und 100 t Abfälle aus der Landespflege vergoren und einem Blockheizkraftwerk, das abluftseitig mit Abgasschalldämpfern betrieben werden soll, zugeleitet werden. Der Schwerlastverkehr zur Anlage soll in der Zeit von 6 Uhr bis 22 Uhr erfolgen. Die Leistung der Anlage sollte ursprünglich 2 x 536 kW betragen. Mit Schreiben vom 18. Februar 2005 änderten die Beigeladenen den Antrag dahingehend ab, dass die installierte elektrische Leistung der Anlage 0,5 MW nicht überschreite.
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Mit Bescheid vom 29. Juli 2005 erteilte der Beklagte im vereinfachten Verfahren nach § 19 BImSchG unter Beifügung zahlreicher Nebenbestimmungen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb der Biogasanlage. Der dagegen von den Klägern eingelegte Widerspruch wurde nach Einholung eines Gutachtens zu den Stoffströmen der geplanten Biogasanlage mit Widerspruchsbescheid vom 22. November 2006 zurückgewiesen.
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Die Kläger haben gegen die Genehmigung der Biogasanlage fristgerecht Klage erhoben, die das Verwaltungsgericht abgewiesen hat. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Kläger nach Einholung von Gutachten zu den Lärm- und Geruchsimmissionen zurückgewiesen: Die Genehmigung vom 29. Juli 2005 sei rechtmäßig und verletze die Kläger nicht in ihren Rechten. Der Beklagte habe die Genehmigung der Biogasanlage und die Erweiterung der Schweinemast von 560 auf 2 200 Mastplätze zu Recht in zwei getrennte immissionsschutzrechtliche Verfahren aufgespalten. Die erweiterte Schweinemastanlage und die Biogasanlage stellten keine einheitliche Anlage im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1b der 4. BImSchV dar. Technisch und rechtlich handele es sich um zwei eigenständige Anlagen und nicht um eine gemeinsame Anlage im Sinne von § 1 Abs. 3 der 4. BImSchV. Die baurechtliche Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB verlange zwar einen Zusammenhang beider Betriebe, der vorliegend durch die schon vorhandene Schweinemast hergestellt werde. Immissionsrechtlich bestehe eine solche Verbindung aber nicht, wie schon die unterschiedlichen Genehmigungserfordernisse und die unterschiedliche Zuordnung der Biogasanlagen einerseits und Schweinemastanlagen mit einer Größe von 2 200 Mastplätzen andererseits im Anhang zur 4. BImSchV zeigten. Abgesehen davon sei die Erweiterung der Schweinemast für einen ordnungsgemäßen Betrieb der Biogasanlage technisch auch nicht erforderlich. Die in der Genehmigung für die Erweiterung der Schweinemast normierte Bedingung der Vollziehbarkeit der Genehmigung für die Biogasanlage führe ebenfalls nicht zu einer technischen Verbundenheit, sondern garantiere lediglich, dass die anfallende Gülle einer Verstromung zugeführt werden könne.
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Zudem würden Dritte durch die Erteilung einer Genehmigung im vereinfachten Verfahren nach § 19 BImSchG statt im förmlichen Verfahren nach § 10 BImSchG auch nicht in eigenen Rechten verletzt.
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Die Biogasanlage verstoße nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch nicht gegen nachbarschützende immissionsschutzrechtliche Bestimmungen. Von dem Vorhaben gehe kein unzumutbarer Verkehrslärm aus. Die Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV für Wohngebiete würden nach den Feststellungen des Gutachters P. in seinem Gutachten vom 1. Oktober 2008 auch während der Getreideerntezeit eingehalten.
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Auch unzumutbare Lärmbelästigungen durch die Biogasanlage im Sinne von Ziffer 6 der TA Lärm könnten sicher ausgeschlossen werden. Angesichts der Lage des Grundstücks der Kläger in einem allgemeinen Wohngebiet an der unmittelbaren Grenze zum Außenbereich und des schon seit Jahrzehnten vorhandenen Schweinemastbetriebes erscheine es sachgerecht, einen Mittelwert zwischen Dorfgebiet und allgemeinem Wohngebiet zu bilden. Die Immissionsrichtwerte der TA Lärm für ein allgemeines Wohngebiet würden nach dem Gutachten des Gutachters P. vom 1. Oktober 2008 sicher eingehalten.
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Die Kläger würden durch das Vorhaben auch nicht von erheblichen Geruchsimmissionen betroffen. Dabei habe die Erweiterung der Schweinemast außer Betracht zu bleiben, weil sie Gegenstand einer gesonderten Genehmigung sei und die Geruchsimmissionen nicht der Biogasanlage unmittelbar zugeordnet werden könnten.
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Für die Ermittlung und Bewertung von Geruchsimmissionen aus Biogasanlagen fehle es an rechtsverbindlichen Konkretisierungen. Mangels unmittelbarer Anwendbarkeit der VDI-Richtlinie 3471 und der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) sei die Frage der Erheblichkeit der Immissionen im gerichtlichen Verfahren primär anhand einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beantworten. Nach der Gesamtschau der dem Senat vorliegenden Gutachten und Sachverständigenstellungnahmen sei nicht damit zu rechnen, dass die Kläger auf ihrem Grundstück durch die Biogasanlage unzumutbaren Geruchsimmissionen ausgesetzt wären. Nach dem Geruchsgutachten und der Ammoniakprognose des Ingenieurbüros R. von Januar 2004 sei im Hinblick auf die Erweiterung der Schweinemast auf 2 200 Mastplätze davon auszugehen, dass auf keiner Beurteilungsfläche mit geschlossener Wohnbebauung eine Wahrnehmungshäufigkeit von 0,10 (entsprechend 10 % der Jahresstunden) erreicht oder überschritten werde und auch keine Anhaltspunkte für das Vorliegen erheblicher Nachteile durch Ammoniakimmissionen vorlägen. Auch der Gutachter Prof. St. sei in seinem Gutachten vom 30. Dezember 2008 davon ausgegangen, dass bei keiner der vier beauftragten Betriebsvarianten mit erheblichen Geruchsimmissionen durch die Biogasanlage zu rechnen sei.
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Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Kläger, die auf grundsätzliche Bedeutung und Verfahrensrügen gestützt ist.
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II.
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Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
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Die Revision ist weder wegen eines Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) noch wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.
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1. a) Die Verfahrensrüge, das Gericht habe den Sachverhalt "aktenwidrig" festgestellt, betrifft den Grundsatz der freien Beweiswürdigung und das Gebot der sachgerechten Ausschöpfung des vorhandenen Prozessstoffs (vgl. § 86 Abs. 1, § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Sie erfordert den schlüssigen Vortrag, dass zwischen den in der angegriffenen Entscheidung getroffenen tatsächlichen Annahmen und dem insoweit unbestrittenen Akteninhalt ein Widerspruch gegeben sei. Der Widerspruch muss offensichtlich sein. Diese Voraussetzungen sind erforderlich, weil eine Kritik an der tatrichterlichen Beweiswürdigung und Überzeugungsbildung als solche nicht als Verfahrensmangel rügefähig ist (Beschluss vom 31. Mai 2010 - BVerwG 4 BN 15.10 - juris Rn. 8). Davon ausgehend ist der Vorwurf aktenwidriger Sachverhaltsfeststellungen nicht gerechtfertigt.
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Die Beschwerde wirft dem Oberverwaltungsgericht vor, es habe seiner rechtlichen Prüfung eine immissionsrechtliche Genehmigung für eine Biogasanlage zugrunde gelegt, die mit dem vom Oberverwaltungsgericht angenommenen Inhalt nicht erteilt worden sei. Dieser Vorwurf ist unzutreffend. Er findet in den von der Beschwerde zitierten Formulierungen auf den S. 15, 25 und 18 der Urteilsgründe keine Stütze. Die Ausführungen auf S. 15 der Urteilsgründe behandeln die Frage, ob die Schweinemastanlage mit 2 200 Tierplätzen und die Biogasanlage eine einheitliche Anlage im Sinne von § 1 Abs. 3 der 4. BImSchV darstellen. Dies hat das Oberverwaltungsgericht u.a. mit der Begründung verneint, dass die Erweiterung der Schweinemast für einen ordnungsgemäßen Betrieb der Biogasanlage im Hinblick auf den geringen energetischen Ertrag von Schweinegülle technisch nicht erforderlich sei. Dementsprechend sei die Genehmigung vom 27. November 2006 für eine erweiterte Schweinemast mit 2 200 Mastplätzen hinsichtlich der Beurteilung der Biogasanlage auch insoweit nicht von Belang. Insbesondere führe die dort normierte Bedingung der Vollziehbarkeit der Biogasanlage (Ziffer I, 1) nicht zu einer technischen Verbundenheit, sondern garantiere lediglich, dass die anfallende Gülle auch im Falle der Erweiterung der Schweinemast einer Verstromung zugeführt werden kann. Der Sache nach richtet sich die Rüge der Aktenwidrigkeit demnach nicht gegen offenkundig aktenwidrige Tatsachenfeststellungen, sondern gegen die rechtliche Würdigung des Oberverwaltungsgerichts, dass es an einer technischen Verbundenheit von Schweinemast und Biogasanlage fehle. Dies gilt auch für die weiter zitierte Passage auf S. 25 der Urteilsgründe, wonach die Erweiterung der Schweinemast jedenfalls bei der Prüfung der Geruchsemissionen außer Betracht zu bleiben habe, weil sie Gegenstand einer gesonderten Genehmigung sei und die Geruchsemissionen nicht der Biogasanlage unmittelbar zugeordnet werden können.
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Auch die beanstandete Formulierung auf S. 18 der Urteilsgründe, wonach die Gülle in jeder Betriebsvariante vollständig dem Verfahren der Biogaserzeugung zur Verfügung gestellt werde, was für den hier zunächst maßgeblichen Ist-Betrieb (560 Mastplätze mit Biogasanlage) offenkundig sei und wovon auch in den Zielbetrieben mit 2 200 Mastplätzen ohne Weiteres ausgegangen werden könne, kann nicht als Beleg für aktenwidrige Sachverhaltsfeststellungen des Oberverwaltungsgerichts dienen. Die Kläger übersehen, dass es für das Oberverwaltungsgericht entscheidungserheblich nicht darauf ankam, ob der Schweinestall mit 560 oder 2 200 Mastschweinen betrieben wird, weil die Genehmigung für die Biogasanlage nach der Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts die Erweiterung des Schweinemastbetriebes nicht zum Gegenstand hat. Die Beschwerde hält diese Würdigung unter Hinweis auf die Ausführungen des Widerspruchsbescheides vom 22. November 2006 zum Stichwort Privilegierung (S. 7) für falsch. Auch dieses Vorbringen erschöpft sich aber in Wahrheit darin, die tatrichterliche Beweiswürdigung und Überzeugungsbildung als fehlerhaft anzugreifen.
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b) Die Revision ist auch nicht wegen des geltend gemachten Verfahrensfehlers der Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) zuzulassen.
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Die Kläger rügen einen Verstoß gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht, den sie darin erblicken, dass das Oberverwaltungsgericht ihrem in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag, eine Ausbreitungsrechnung erstellen zu lassen, nicht nachgegangen ist. Eine solche Ausbreitungsrechnung habe auch der vom Gericht bestellte Gutachter Prof. St. für erforderlich gehalten. Die Sachlage sei insoweit weder durch die Stellungnahme des Ingenieurbüros R. von Januar 2004 noch die Stellungnahme der SGD vom 26. Juni 2009 hinreichend geklärt. Vielmehr sei aufgrund des Beweisantrages der gerichtlich bestellte Sachverständige aufgerufen gewesen, die von ihm selbst als fehlend bemängelte Ausbreitungsrechnung durchzuführen. Ohne Ausbreitungsrechnung könne nicht verlässlich ausgeschlossen werden, dass die Kläger von unzumutbaren Geruchsimmissionen betroffen werden. Das nicht eingeholte Gutachten wäre zu dem Ergebnis gelangt, dass selbst bei Bildung eines Mittelwertes im Bereich des Wohnhauses der Kläger aber auch der Außenflächen unzumutbare Immissionen angekommen wären, insbesondere die Geruchshäufigkeit über 15 % der Jahresstunden gelegen hätte.
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Mit diesem Vorbringen ist ein Aufklärungsmangel nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend dargelegt. Zwar trifft zu, dass der Sachverständige Prof. St. in seinem Gutachten vom 30. Dezember 2008 (S. 59) ausgeführt hat, die Frage, wie sich die Geruchsstoffemissionen in dem topografisch stark gegliederten Gelände bei den Klägern immissionstechnisch bemerkbar machen werden, sei letztendlich nur über eine Ausbreitungsrechnung zu beantworten. Das Oberverwaltungsgericht hat sich seine Überzeugung, dass die Kläger durch die Errichtung der Biogasanlage nicht von erheblichen Geruchsimmissionen betroffen werden, aber nicht nur auf der Grundlage des Gutachtens von Prof. St., sondern auch der im Genehmigungsverfahren eingeholten gutachterlichen Stellungnahme des Ingenieurbüros R. von Januar 2004 und einer fachlichen Stellungnahme des Beklagten vom 26. Juni 2009 gebildet (vgl. UA S. 26 - 31). Nach der Ausbreitungsrechnung des Ingenieurbüros R. von Januar 2004 werden die Kläger bei Erweiterung des landwirtschaftlichen Betriebes nicht von unzumutbaren Geruchsimmissionen betroffen. Zum selben Ergebnis gelangt auch eine Ausbreitungsrechnung, die der Beklagte auf der Grundlage der vom Sachverständigen Prof. St. in seinem Gutachten vom 30. Dezember 2008 ermittelten Geruchsfrachten vorgenommen und mit Schriftsatz vom 26. Juni 2009 in das gerichtliche Verfahren eingeführt hat. Danach wird der Immissionswert für Wohn-/Mischgebiete von 0,10 am Gebäude der Kläger unterschritten. Die Beschwerde legt nicht dar, warum das Oberverwaltungsgericht diese Stellungnahmen seiner Entscheidung nicht zugrunde legen durfte, sondern eine weitere Ausbreitungsrechnung des Sachverständigen Prof. St. hätte einholen müssen. Grundsätzlich verwehren es weder das Gebot des § 86 Abs. 1 VwGO, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären, noch der Grundsatz der richterlichen Überzeugungsbildung nach § 108 Abs. 1 VwGO dem Tatsachengericht, sich bei der rechtlichen Würdigung auf Tatsachenvortrag der Beteiligten, namentlich die von einer Behörde mit besonderer Fachkunde erstellten oder im Verwaltungsverfahren eingeholten Unterlagen zu stützen (vgl. Beschlüsse vom 24. August 1987 - BVerwG 4 B 129.87 - Buchholz 442.08 § 36 BbG Nr. 12 = juris Rn. 43 und vom 13. März 1992 - BVerwG 4 B 39.92 - NVwZ 1993, 268 = juris Rn. 5). Unterbleibt die Einholung von (zusätzlichen) Gutachten, liegt darin nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann ein Aufklärungsmangel, wenn sich dem Gericht eine weitere Beweiserhebung aufdrängen musste. So sind Gutachten und fachtechnische Stellungnahmen ungeeignet, wenn sie grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweisen, wenn sie von unzutreffenden Voraussetzungen ausgehen, wenn Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht, ein anderer Sachverständiger über neue oder überlegenere Forschungsmittel oder größere Erfahrung verfügt oder wenn das Beweisergebnis durch substantiierten Vortrag eines der Beteiligten oder durch eigene Überlegungen des Gerichts ernsthaft erschüttert wird (stRspr; Beschluss vom 3. Februar 2010 - BVerwG 7 B 35.09 - juris Rn. 12 m.w.N.). Anhaltspunkte dafür, dass eine dieser Fallgestaltungen hier vorliegt, hat die Beschwerde nicht dargetan.
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Das Vorbringen der Kläger, dass eine solche Ausbreitungsrechnung schon deswegen veranlasst gewesen sei, weil die Mindestabstände der TA Luft von 286 m (2 200 x 0,13) zwischen Schweinemaststall und Wohnanwesen der Kläger (Ziff. 5.4.7.1) sowie 300 m zwischen Kofermentationsanlagen und Wohnbebauung (Ziff. 5.4.8.6.1) nicht eingehalten seien, führt zu keinem anderen Ergebnis. Nach den von den Klägern nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffenen Tatsachenfeststellungen des Oberverwaltungsgerichts steht das Wohnhaus der Kläger im B. Weg 13 mehr als 300 m von der geplanten Anlage entfernt (vgl. UA S. 2 und S. 26 unten, S. 27 oben). Dies deckt sich auch mit den Entfernungsangaben im Gutachten des Sachverständigen Prof. St. vom 30. Dezember 2008 (S. 27 oben), wonach der geringste Abstand der Biogasanlage zum Anwesen der Kläger im B. Weg 13 305 m beträgt. Auch in der Beschwerdebegründung ist auf Seite 2 ausgeführt, dass das Wohngebäude der Kläger ca. 300 m entfernt sei. Vor diesem Hintergrund kann von einer Nichteinhaltung der Mindestabstände keine Rede sein.
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2. Die Revision kann auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen werden.
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Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt werden (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), d.h. näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr; vgl. u.a. Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> = Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 18). Daran fehlt es hier.
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a) Die Kläger halten für grundsätzlich klärungsbedürftig,
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ob die Biogasanlage und der die Gülle liefernde Mastschweinestall aufgrund des räumlich-funktionalen Zusammenhangs im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. b) BauGB Anlagenteile einer einheitlichen Anlage im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 1 oder Nebeneinrichtungen im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 der 4. BImSchV sind.
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Diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision schon deshalb nicht, weil sie sich in einem Revisionsverfahren auf der Grundlage des vom Oberverwaltungsgericht festgestellten Sachverhalts so nicht stellen würde. Die Regelungen in § 1 Abs. 2 Nr. 1 und 2 der 4. BImSchV haben, wie aus dem Umkehrschluss von § 1 Abs. 4 der 4. BImSchV folgt, nur für solche Anlagenteile oder Nebeneinrichtungen Bedeutung, die nicht schon von sich aus nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigungsbedürftig sind (Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Bd. 1, Stand August 2010, § 4 BImSchG Rn. 24; Böhm, in: Koch/Pache/Scheuing, GK-BImSchG, Stand Oktober 2010, § 4 Rn. 56). Dies trifft nach den nicht angegriffenen und damit für den Senat bindenden Tatsachenfeststellungen des Oberverwaltungsgerichts weder auf die Biogasanlage noch die erweiterte Schweinemast zu. Für die übrigen Anlagen enthält § 1 Abs. 4 der 4. BImSchV einen klarstellenden Hinweis. Danach ist für genehmigungsbedürftige Anlagen, die entweder als Nebeneinrichtung oder als Teile in einem Unterordnungsverhältnis zu einer genehmigungspflichtigen Hauptanlage stehen, nur eine - Haupt- und Nebenanlage umfassende - Genehmigung erforderlich. Die Form des Genehmigungsverfahrens wird durch § 2 Abs. 1 der 4. BImSchV bestimmt. Die Vorschrift stellt klar, dass Anlagen in Spalte 2 des Anhangs nicht dem vereinfachten Verfahren unterliegen, wenn sie Teile der in Spalte 1 des Anhangs genannten Anlagen sind (BRDrucks 226/85, S. 42, 43). Ist auch nur eine der Anlagen in Spalte 1 des Anhangs aufgeführt, wird das Genehmigungsverfahren insgesamt mit Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt (vgl. Ludwig, in: Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Bd. 2, Stand März 2010, § 1 4. BImSchV Rn. 37; Bd. 1, Stand August 2010, § 4 BImSchG Rn. 26). D.h., ein förmliches Verfahren für eine Gesamtanlage ist auch dann durchzuführen, wenn die Nebeneinrichtung dem förmlichen Verfahren und die Haupteinrichtung dem vereinfachten Verfahren unterliegt (Ludwig, a.a.O. § 2 4. BImSchV Rn. 11).
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b) Auch soweit die Beschwerde bei wohlwollender Auslegung die Frage als rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig und -fähig aufwerfen will,
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ob eine nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB privilegierte Biogasanlage grundsätzlich als Teil oder Nebeneinrichtung einer immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Tierhaltungsanlage zu qualifizieren ist,
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kommt eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht in Betracht. Unter welchen abstrakten Voraussetzungen eine Anlage als Teil oder Nebeneinrichtung einer anderen Anlage anzusehen ist, ist geklärt. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist anhand der jeweiligen Einzelfallumstände zu klären und entzieht sich einer generellen Beantwortung.
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Zum Kernbestand einer genehmigungsbedürftigen Gesamtanlage gehören alle Teilanlagen, die bei den zur Erreichung des jeweiligen Betriebszwecks (Herstellung, Gewinnung, Verarbeitung, Bearbeitung) notwendigen Verfahrensschritten eingesetzt oder benutzt werden. Der Kernbestand setzt sich aus dem Anlagenkern und den sonstigen wesentlichen Bestandteilen zusammen. Zum Anlagenkern gehören die Haupteinrichtungen, in denen der durch den Betriebszweck gekennzeichnete eigentliche Betriebsvorgang stattfindet (z.B. Reaktionsbehälter, Rohrleitungen, Antriebsmotoren, Brenner, Gebläse). Zu den sonstigen wesentlichen Bestandteilen gehören die übrigen Betriebseinheiten, die zur Erreichung des Betriebszwecks erforderlich sind, insbesondere Hilfseinrichtungen wie Meß-, Steuer- und Regeleinrichtungen sowie Sicherheitsvorkehrungen wie Sicherheitsventile und Abschaltvorkehrungen (Feldhaus, a.a.O. § 4 Rn. 22, 23; Urteil vom 6. Juli 1984 - BVerwG 7 C 71.82 - BVerwGE 69, 351 = Buchholz 406.25 § 15 BImSchG Nr. 2 = juris Rn. 10).
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Demgegenüber haben Nebeneinrichtungen keine Verfahrensschritte zum Gegenstand, die zur Erreichung des Betriebszwecks unmittelbar erforderlich sind, sie sind aber auf diesen Zweck hin ausgerichtet. Im Verhältnis zum Kernbestand haben sie eine "dienende" Funktion. Auf die Notwendigkeit der Nebeneinrichtung für das Funktionieren der Hauptanlage kommt es nicht an. Maßgebend ist die tatsächliche Einbeziehung in den auf die Hauptanlage bezogenen und von diesem bestimmten Funktionszusammenhang. Ob eine (Teil-)Anlage als Nebeneinrichtung zu qualifizieren ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich ist, ob die Anlage im Einzelfall für den Betrieb der Kernanlage bedeutsam ist (Ludwig, in: Feldhaus a.a.O. § 1 4. BImSchV Rn. 34; Urteil vom 6. Juli 1984 a.a.O.).
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Auch die Frage, ob eine dem Privilegierungstatbestand nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB unterfallende Biogasanlage Teil oder Nebeneinrichtung einer Tierhaltungsanlage ist, ist grundsätzlich anhand der jeweiligen Einzelfallumstände zu beurteilen. Etwas anderes folgt nicht ohne Weiteres aus dem von § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB geforderten räumlich-funktionalen Zusammenhang zwischen landwirtschaftlichem Betrieb und Biogasanlage. Dieser räumlich-funktionale Zusammenhang bedingt zwar nach der Rechtsprechung des Senats nicht nur die Nähe des Vorhabens zur Hofstelle, sondern bezieht sich auch auf die Möglichkeit der Verwendung in der Anlage anfallender Reststoffe als Dünger auf den Betriebsflächen und insbesondere die gemeinsame Nutzung bestehender baulicher Anlagen im Betrieb der Hofstelle und der Biogasanlage (Urteil vom 11. Dezember 2008 - BVerwG 7 C 6.08 - BVerwGE 132, 372 ff. = Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 378 = juris Rn. 20). Das Tatbestandsmerkmal "im Rahmen eines Betriebes" in § 35 Abs. 1 Nr. 6 Halbs. 1 BauGB verlangt aber nur, dass die Biogasanlage im Anschluss an eine bereits bestehende privilegierte Anlage im Außenbereich errichtet und betrieben werden darf. Ihm kann dagegen nicht entnommen werden, dass die Biogasanlage gegenüber dem klassischen landwirtschaftlichen Basisbetrieb, an den angeknüpft wird, von untergeordneter Bedeutung sein muss. Das in § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB enthaltene Merkmal des "Dienens" kann auf § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB ebenso wenig übertragen werden wie die (räumliche) Beschränkung der Anlage auf die Maße einer noch zulässigen "mitgezogenen" Nutzung (Urteil vom 11. Dezember 2008 a.a.O. Rn. 18, 19). Umgekehrt lässt sich aus dem Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB erst recht nicht herleiten, dass die Tierhaltungsanlage Teil oder Nebeneinrichtung der Biogasanlage ist.
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Es versteht sich von selbst und bedarf nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren, dass es für die anhand der Einzelfallumstände vorzunehmende Beurteilung, ob eine Biogasanlage den Charakter einer Nebeneinrichtung hat, u.a. darauf ankommt, ob und inwieweit die Biogasanlage dem Betreiber zur Verwertung seiner tierischen Nebenprodukte dient, ob und inwieweit der Betreiber die durch die Produktion des Biogases erzeugte Energie in seinem Betrieb nutzt, welche Größe die jeweiligen Einrichtungen haben, welches Verhältnis der Eigenanteil an der Gesamteinsatzmenge oder der eigen genutzten Energie hat oder wie die Gärrückstände verwertet werden. Allein ein betriebstechnischer Zusammenhang reicht nicht aus (vgl. Peine/Knopp/Radcke, Das Recht der Errichtung von Biogasanlagen, 2009, S. 52, 53).
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Davon ausgehend mag Einiges dafür sprechen, dass eine nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB privilegierte Biogasanlage bei Anlegung der vorgenannten immissionsschutzrechtlichen Maßstäbe in der Regel als Nebeneinrichtung des landwirtschaftlichen Betriebes, dem sie räumlich-funktional zugeordnet ist, qualifiziert werden kann. Dies ändert aber nichts daran, dass die Frage, ob die Biogasanlage dem landwirtschaftlichen Betrieb dient, zuverlässig nur unter Würdigung der jeweiligen Einzelfallumstände beurteilt werden kann.
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c) Auch die weiter als rechtsgrundsätzlich bedeutsam aufgeworfene Frage,
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ob die Geruchs-Schutzwürdigkeit ausgewiesener Wohngebiete in Randlagen zum Außenbereich gegenüber privilegierten Außenbereichsvorhaben, insbesondere der Landwirtschaft, im Sinne einer Mittelwertbildung gemindert ist und die Geruchsimmissionen aus landwirtschaftlicher Tierhaltung "privilegierter" sind als andere Immissionen,
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rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Die aufgeworfene Frage kann nicht in verallgemeinerungsfähiger Weise beantwortet werden. Ob eine Wohnnutzung in Randlage zum Außenbereich gegenüber einem privilegierten Außenbereichsvorhaben eine verminderte Schutzwürdigkeit genießt, ist unter Berücksichtigung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei ist in der Rechtsprechung geklärt, dass bei städtebaulichen Konflikten in sog. Gemengelagen, also mit aufeinanderprallenden, unterschiedlichen Nutzungen, im Rahmen (und zur Umsetzung) des Rücksichtnahmegebots auch bei Geruchsimmissionen eine Art Mittelwert (der Richtwerte der benachbarten Baugebiete) zu bilden ist. Dieser Mittelwert ist der Sache nach nicht das arithmetische Mittel zweier Richtwerte, vielmehr handelt es sich um einen "Zwischenwert" für die Bestimmung der Zumutbarkeit (Beschluss vom 28. September 1993 - BVerwG 4 B 151.93 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 119). Bei einem solchermaßen zu gewinnenden Mittelwert müssen zur Bestimmung der Zumutbarkeit zudem die Ortsüblichkeit und die Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden, wobei insbesondere auch die Priorität der entgegenstehenden Nutzung von Bedeutung ist (Beschluss vom 12. September 2007 - BVerwG 7 B 24.07 - juris Rn. 4). Wesentliches Kriterium für die Höhe des Zwischenwertes und damit für die konkrete Schutzbedürftigkeit eines zum Wohnen dienenden Grundstücks ist, welche der unverträglichen Nutzungen zuerst verwirklicht worden ist. Ob der emittierende Betrieb an das dem Wohnen dienende Gebiet herangerückt ist oder ob sich das zum Wohnen dienende Gebiet - umgekehrt - in Richtung auf den emittierenden Betrieb ausgeweitet hat, beurteilt sich nach tatsächlichen, von der Würdigung konkreter Begebenheiten des Einzelfalls abhängender Faktoren und hebt somit nicht auf eine klärungsfähige und klärungsbedürftige Rechtsfrage im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ab (Beschluss vom 12. September 2007 a.a.O. Rn. 6, 7).
Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 40.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.
(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.