Bundesfinanzhof Urteil, 30. Juni 2011 - VI R 37/09

bei uns veröffentlicht am30.06.2011

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob der geldwerte Vorteil aus vom Arbeitgeber verbilligt bezogenen amerikanischen Aktien beim Arbeitnehmer zugeflossen ist, solange diese Aktien weder handelbar, lieferbar noch beleihbar sind.

2

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erzielte in den Streitjahren (2000, 2001) als Arbeitnehmer der A GmbH (ab 2001 A AG) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die A Inc., USA, Muttergesellschaft der Arbeitgeberin des Klägers, gewährte dem Kläger 1997 Optionen auf den Erwerb von Aktien der A Inc. Der Kläger erwarb in Ausübung der Optionen in den Jahren 2000 und 2001 Aktien, sogenannte "restricted shares" im Sinne von Rule 144 des SEC Act of 1933. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) handelte es sich dabei um Aktien, die innerhalb von zwei Jahren weder handelbar noch lieferbar waren und sich auch nicht zur Beleihung eigneten. Nach einer Haltefrist von einem Jahr konnten sie nur unter bestimmten Bedingungen verkauft werden. Eine der Bedingungen war die Einhaltung der Publikationspflichten nach US-Aktienrecht durch die Gesellschaft, die die "restricted shares" ausgegeben hat. Nach einer Sperrfrist von einem weiteren Jahr war ein freier Verkauf möglich.

3

Die Arbeitgeberin hatte den Aktienerwerb angesichts der Verfügungsbeschränkungen lohnsteuerlich nicht erfasst.

4

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte dagegen mit geänderten und hier streitigen Einkommensteuerbescheiden des Klägers und seiner mit ihm zusammen veranlagten Ehefrau, der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), die Einkünfte des Klägers um 5.815 DM sowie um 2.932 DM höher an. Beim Kläger sei ein geldwerter Vorteil aus der Ausübung der Aktienoption als Arbeitslohn bei dessen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu erfassen, weil der Zufluss des geldwerten Vorteils zu dem Zeitpunkt realisiert sei, zu dem der Kläger durch die Ausübung der Option die Verfügungsmacht an den Aktien erlangt habe. Die Verfügungsbeschränkungen würden dabei den geldwerten Vorteil nicht mindern, weil die Aktien zwar erst nach einer Haltefrist von zwei Jahren frei verfügbar seien, aber die Nutzungen gezogen werden dürften.

5

Das FG hat die dagegen erhobene Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte veröffentlichten Gründen 2010, 38 abgewiesen. Der Kläger habe in den Streitjahren durch die verbilligte Aktienüberlassung Lohneinkünfte erzielt; die Einkünfte in Form der Aktien seien insbesondere auch zugeflossen.

6

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Der Kläger habe zwar die Aktien erworben, jedoch angesichts der diesen immanenten dinglichen Verfügungsbeschränkungen nicht die wirtschaftliche Verfügungsmacht darüber. Zufluss im Sinne des Einkommensteuergesetzes (EStG) erfordere, dass der Leistungsempfänger die wirtschaftliche Verfügungsmacht (Dispositionsbefugnis) darüber erlange.

7

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Thüringer FG vom 14. Januar 2009 III 922/03 sowie die Einkommensteuerbescheide für 2000 und 2001 jeweils vom 4. April 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. Juli 2003 aufzuheben.

8

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision der Kläger ist begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der nicht spruchreifen Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Soweit das FG den Zufluss des Vorteils in Form von Aktien beim Kläger angenommen hat, tragen die dazu getroffenen Feststellungen des FG diese Entscheidung nicht.

10

1. Zu den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit gehören nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG auch vom Arbeitgeber für die Beschäftigung verbilligt überlassene Aktien. Dies setzt allerdings voraus, dass der Vorteil in Form von Aktien auch zugeflossen ist (§ 11 Abs. 1 Satz 1 EStG). Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) führt allein das Innehaben von Ansprüchen oder Rechten den Zufluss von Einnahmen regelmäßig noch nicht herbei.

11

a) Der Vorteil ist mit der Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht darüber zugeflossen. Bei einem Aktienerwerb ist das der Zeitpunkt, zu dem der Anspruch auf Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über die Aktien erfüllt wird (zuletzt BFH-Urteile vom 11. Februar 2010 VI R 47/08, BFH/NV 2010, 1094; vom 30. September 2008 VI R 67/05, BFHE 223, 98, BStBl II 2009, 282; vom 5. Juli 2007 VI R 47/02, BFH/NV 2007, 1876; jeweils m.w.N.).

12

b) Einem solchen Zufluss im vorgenannten Sinne steht nicht entgegen, dass der Arbeitnehmer aufgrund einer Sperr- bzw. Haltefrist die Aktien für eine bestimmte Zeit nicht veräußern kann. Der Erwerber der Aktien ist rechtlich und wirtschaftlich bereits dann Inhaber der Aktie, wenn sie auf ihn übertragen oder auf seinen Namen im Depot einer Bank hinterlegt wird. Denn eine obligatorische Veräußerungssperre hindert den Erwerber von Aktien nicht, sie zu veräußern. Die Veräußerung ist rechtlich möglich, wenngleich sie auch Sanktionen auslösen kann. Aufgrund des im Aktienrecht geltenden Grundsatzes der freien Übertragbarkeit der Aktie (§ 68 des Aktiengesetzes --AktG--) ist jede Einschränkung, die über eine schuldrechtliche Wirkung hinausgeht, grundsätzlich unwirksam (Senatsurteil in BFHE 223, 98, BStBl II 2009, 282).

13

c) Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Aktien, auch Namensaktien, können durch formlose Abtretungsvereinbarung gemäß §§ 398, 413 des Bürgerlichen Gesetzbuchs übertragen werden. Rechtsprechung und Literatur zum Aktienrecht gehen insoweit einheitlich davon aus, dass die dingliche Wirksamkeit der Abtretung nicht an eine bestimmte Form gebunden werden kann, weil darin eine unzulässige Erschwerung der freien Übertragbarkeit der Aktien liege (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 20. September 2004 II ZR 288/02, BGHZ 160, 253, m.w.N.).

14

Anderes gilt unter den Voraussetzungen einer möglichen Vinkulierung gemäß §§ 68 Abs. 2, 180 Abs. 2 AktG (vgl. BGH-Urteil in BGHZ 160, 253). Denn wenn die Übertragung der Aktien in ihrer Wirksamkeit nach § 68 Abs. 2 AktG von der Zustimmung der Gesellschaft abhängig ist, sind die verfügenden Rechtsgeschäfte nur mit Zustimmung der Gesellschaft wirksam. Hat die Gesellschaft in die Übertragung eingewilligt, ist die Übertragung von Anfang an wirksam; ohne Zustimmung ist die Aktienübertragung zunächst schwebend unwirksam. Wird aber die Einwilligung verweigert, ist die Übertragung von vornherein unwirksam (h.M., vgl. Lutter/Drygala in KK-AktG, 3. Aufl., § 68 Rz 93 ff.; MünchKommAktG, Bayer, 3. Aufl., § 68 Rz 96 ff.; Bezzenberger, in: K. Schmidt/Lutter, Aktiengesetz, 2. Aufl., § 68 Rz 23; Hüffer, Aktiengesetz, 9. Aufl., § 68 Rz 16).

15

Diese aktienrechtlichen Grundsätze zieht der Senat auch für lohnsteuerrechtliche Zwecke hinsichtlich der Frage heran, ob ein Arbeitnehmer die wirtschaftliche Verfügungsmacht über Aktien erlangt hat. Aktien sind daher nicht zugeflossen, solange dem Arbeitnehmer eine Verfügung darüber rechtlich unmöglich ist.

16

2. Nach Maßgabe der vorgenannten Rechtsgrundsätze hält die Vorentscheidung revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Ob ein Steuerpflichtiger im Einzelfall tatsächlich die wirtschaftliche Verfügungsmacht erlangt und ausgeübt hat, ist eine grundsätzlich dem FG obliegende Frage der Tatsachenfeststellung und -würdigung (vgl. BFH-Urteil vom 30. November 2010 VIII R 40/08, BFH/NV 2011, 592). Dabei hat das FG allerdings alle Umstände des Einzelfalles zu prüfen und in seine Würdigung einzubeziehen. Angesichts dessen tragen die im Streitfall vom FG tatsächlich getroffenen Feststellungen nicht dessen Würdigung und Entscheidung, dass der Kläger bereits die für den Zufluss des Vorteils entscheidungserhebliche wirtschaftliche Verfügungsmacht über die "restricted shares" im Sinne von Rule 144 des SEC Act of 1933 erlangt hatte.

17

a) Die Feststellung und Auslegung ausländischen Rechts obliegt grundsätzlich dem FG (vgl. Senatsurteile vom 28. Mai 2009 VI R 27/06, BFHE 225, 377, BStBl II 2009, 857; vom 15. April 1996 VI R 98/95, BFHE 180, 509, BStBl II 1996, 478, m.w.N.). Das Revisionsgericht ist an die Feststellungen über Bestehen und Inhalt des ausländischen Rechts wie an tatsächliche Feststellungen gebunden (§ 155 FGO i.V.m. §§ 549, 562 der Zivilprozessordnung; s.a. BGH-Urteil vom 6. November 1991 XII ZR 240/90, Neue Juristische Wochenschrift 1992, 438). Das FG hat festgestellt, dass der Kläger die dem amerikanischen Aktienrecht unterliegenden, sogenannten "restricted shares" im Sinne von Rule 144 des SEC Act of 1933 in Ausübung der ihm eingeräumten Aktienoptionen erworben hatte. Das FG hat indessen keine Feststellungen dazu getroffen, in welcher Weise diese Aktien übertragen werden, insbesondere, ob das für diese Aktien anwendbare Recht schon eine Inhaberschaft des neuen Aktionärs in der zweigestuften Bindungsphase der "restricted shares" annimmt. Es fehlen insbesondere Feststellungen dazu, ob der Kläger entsprechend der vom deutschen Recht getroffenen Unterscheidung gleichsam lediglich schuldrechtlich verpflichtet ist, die Aktien nicht weiter zu veräußern, oder ob es ihm auch schlechterdings rechtlich unmöglich ist, über die Aktien zu verfügen. Allein der Umstand, dass innerhalb der zweijährigen Behaltefrist die Nutzungen vom Kläger gezogen werden dürfen, begründet noch keine rechtlich gesicherte Inhaberschaft. Das zeigt etwa das Rechtsinstitut der Wertpapierleihe, wonach während der Laufzeit des Leihvertrags die Erträge aus den verliehenen Wertpapieren dem Entleiher zuzurechnen sind (vgl. BFH-Urteil vom 17. Oktober 2001 I R 97/00, BFHE 197, 63, m.w.N.).

18

Teilweise werden solche "restricted shares" als geeignet angesehen, als variable Vergütungsbestandteile eingesetzt zu werden, um die Auszahlung der Vergütung zeitlich zu strecken. Dabei geht man offensichtlich davon aus, dass die "restricted shares" erst nach mehrjähriger Wartezeit in einen Geldbetrag zum dann gültigen Aktienkurs einlösbar sind (Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, a.a.O., § 87 Rz 12).

19

b) Auf Grundlage dieser Feststellungen ist die Würdigung des FG, dass der Kläger in den streitigen Veranlagungszeiträumen jedenfalls einen Anspruch auf die Aktien erlangt hatte, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Dies allein begründet allerdings noch keinen Zufluss der Aktien selbst. Denn diese Feststellungen sind jedenfalls noch keine hinreichende Grundlage für die Würdigung, dass der Kläger auch die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Aktien erlangt hatte.

20

Dem FG ist darin zu folgen, dass es in Bezug auf die Verfügungsbeschränkungen grundsätzlich keinen Unterschied macht, ob diese auf Gesetz oder Vertrag, insbesondere Gesellschaftsvertrag, beruhen. Entscheidend ist allerdings, ob die Verfügungsbeschränkungen lediglich schuldrechtlicher Natur sind oder ob sie, wie etwa im deutschen Aktienrecht bei vinkulierten Namensaktien, unmittelbar die Wirksamkeit der Übertragung selbst bestimmen.

21

Angesichts dessen kann sich das FG zur weiteren Begründung seiner Auffassung, dass der Kläger die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Aktien erlangt habe, auch nicht darauf stützen, dass solche "restricted shares" teilweise als vinkulierte Aktien verstanden werden. Denn zum einen besagen die Rechtsgrundsätze des deutschen Aktienrechts zur Vinkulierung von Aktien nichts zur Frage der Wirksamkeit der Übertragung amerikanischer Aktien. Zum anderen wäre selbst in Anwendung dieser dem deutschen Aktienrecht entnommenen Grundsätze die Übertragung der Aktien jedenfalls solange schwebend unwirksam, als nicht die Zustimmung der Gesellschaft vorläge. Schließlich ist auch nichts dazu festgestellt, ob und welche Erklärungen die Muttergesellschaft der Arbeitgeberin des Klägers in Bezug auf die Übertragung der Aktien abgegeben hatte, noch abgeben muss und welche Rechtswirkungen diesen zukommen.

22

3. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG wird nach Maßgabe der vorstehenden Rechtsgrundsätze die erforderlichen Feststellungen im zweiten Rechtsgang nachzuholen haben. Dabei wird insbesondere festzustellen sein, nach welchen Rechtsgrundsätzen die streitigen Aktien übertragen werden sowie welche Rechtsstellung der Kläger in Bezug auf die Aktien mit der Optionsausübung erlangt hatte, um würdigen zu können, ob der Kläger ab dem Zeitpunkt der Optionsausübung die Verfügungsmacht über die streitigen Aktien innehatte.

23

4. Angesichts dessen muss der Senat nicht entscheiden, ob dem FG der von der Revision gerügte Verfahrensfehler der mangelhaften Sachaufklärung unterlaufen ist (Senatsurteil vom 11. Februar 2010 VI R 65/08, BFHE 228, 421, BStBl II 2010, 628, m.w.N.).

Urteilsbesprechung zu Bundesfinanzhof Urteil, 30. Juni 2011 - VI R 37/09

Urteilsbesprechungen zu Bundesfinanzhof Urteil, 30. Juni 2011 - VI R 37/09

Referenzen - Gesetze

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 126


(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss. (2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück. (3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof 1. in der Sache selbs
Bundesfinanzhof Urteil, 30. Juni 2011 - VI R 37/09 zitiert 14 §§.

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(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss. (2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück. (3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof 1. in der Sache selbs

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 155


Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 398 Abtretung


Eine Forderung kann von dem Gläubiger durch Vertrag mit einem anderen auf diesen übertragen werden (Abtretung). Mit dem Abschluss des Vertrags tritt der neue Gläubiger an die Stelle des bisherigen Gläubigers.

Einkommensteuergesetz - EStG | § 8 Einnahmen


(1) 1Einnahmen sind alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer der Einkunftsarten des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bis 7 zufließen. 2Zu den Einnahmen in Geld gehören auch zweckgebundene Geldleistungen,

Einkommensteuergesetz - EStG | § 11


(1) 1Einnahmen sind innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. 2Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu

Zivilprozessordnung - ZPO | § 549 Revisionseinlegung


(1) Die Revision wird durch Einreichung der Revisionsschrift bei dem Revisionsgericht eingelegt. Die Revisionsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Revision gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Revisi

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 413 Übertragung anderer Rechte


Die Vorschriften über die Übertragung von Forderungen finden auf die Übertragung anderer Rechte entsprechende Anwendung, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.

Aktiengesetz - AktG | § 68 Übertragung von Namensaktien. Vinkulierung


(1) Namensaktien können auch durch Indossament übertragen werden. Für die Form des Indossaments, den Rechtsausweis des Inhabers und seine Verpflichtung zur Herausgabe gelten sinngemäß Artikel 12, 13 und 16 des Wechselgesetzes. (2) Die Satzung kann d

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Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Streitig ist, ob der Erlös des Klägers aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft als steuerpflichtig

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(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss.

(2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück.

(3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof

1.
in der Sache selbst entscheiden oder
2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
Der Bundesfinanzhof verweist den Rechtsstreit zurück, wenn der in dem Revisionsverfahren nach § 123 Abs. 1 Satz 2 Beigeladene ein berechtigtes Interesse daran hat.

(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Bundesfinanzhofs zugrunde zu legen.

(6) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit der Bundesfinanzhof Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Das gilt nicht für Rügen nach § 119 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(1)1Einnahmen sind alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer der Einkunftsarten des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bis 7 zufließen.2Zu den Einnahmen in Geld gehören auch zweckgebundene Geldleistungen, nachträgliche Kostenerstattungen, Geldsurrogate und andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten.3Satz 2 gilt nicht bei Gutscheinen und Geldkarten, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen und die Kriterien des § 2 Absatz 1 Nummer 10 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes erfüllen.

(2)1Einnahmen, die nicht in Geld bestehen (Wohnung, Kost, Waren, Dienstleistungen und sonstige Sachbezüge), sind mit den um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreisen am Abgabeort anzusetzen.2Für die private Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs zu privaten Fahrten gilt § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 entsprechend.3Kann das Kraftfahrzeug auch für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie Fahrten nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 genutzt werden, erhöht sich der Wert in Satz 2 für jeden Kalendermonat um 0,03 Prozent des Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie der Fahrten nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3.4Der Wert nach den Sätzen 2 und 3 kann mit dem auf die private Nutzung und die Nutzung zu Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie Fahrten nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 entfallenden Teil der gesamten Kraftfahrzeugaufwendungen angesetzt werden, wenn die durch das Kraftfahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten Fahrten und der Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie Fahrten nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden; § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 3 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.5Die Nutzung des Kraftfahrzeugs zu einer Familienheimfahrt im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung ist mit 0,002 Prozent des Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 für jeden Kilometer der Entfernung zwischen dem Ort des eigenen Hausstands und dem Beschäftigungsort anzusetzen; dies gilt nicht, wenn für diese Fahrt ein Abzug von Werbungskosten nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 5 und 6 in Betracht käme; Satz 4 ist sinngemäß anzuwenden.6Bei Arbeitnehmern, für deren Sachbezüge durch Rechtsverordnung nach § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch Werte bestimmt worden sind, sind diese Werte maßgebend.7Die Werte nach Satz 6 sind auch bei Steuerpflichtigen anzusetzen, die nicht der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht unterliegen.8Wird dem Arbeitnehmer während einer beruflichen Tätigkeit außerhalb seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte oder im Rahmen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vom Arbeitgeber oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten eine Mahlzeit zur Verfügung gestellt, ist diese Mahlzeit mit dem Wert nach Satz 6 (maßgebender amtlicher Sachbezugswert nach der Sozialversicherungsentgeltverordnung) anzusetzen, wenn der Preis für die Mahlzeit 60 Euro nicht übersteigt.9Der Ansatz einer nach Satz 8 bewerteten Mahlzeit unterbleibt, wenn beim Arbeitnehmer für ihm entstehende Mehraufwendungen für Verpflegung ein Werbungskostenabzug nach § 9 Absatz 4a Satz 1 bis 7 in Betracht käme.10Die oberste Finanzbehörde eines Landes kann mit Zustimmung des Bundesministeriums der Finanzen für weitere Sachbezüge der Arbeitnehmer Durchschnittswerte festsetzen.11Sachbezüge, die nach Satz 1 zu bewerten sind, bleiben außer Ansatz, wenn die sich nach Anrechnung der vom Steuerpflichtigen gezahlten Entgelte ergebenden Vorteile insgesamt 50 Euro im Kalendermonat nicht übersteigen; die nach Absatz 1 Satz 3 nicht zu den Einnahmen in Geld gehörenden Gutscheine und Geldkarten bleiben nur dann außer Ansatz, wenn sie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden.12Der Ansatz eines Sachbezugs für eine dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber, auf dessen Veranlassung von einem verbundenen Unternehmen (§ 15 des Aktiengesetzes) oder bei einer juristischen Person des öffentlichen Rechts als Arbeitgeber auf dessen Veranlassung von einem entsprechend verbundenen Unternehmen zu eigenen Wohnzwecken überlassene Wohnung unterbleibt, soweit das vom Arbeitnehmer gezahlte Entgelt mindestens zwei Drittel des ortsüblichen Mietwerts und dieser nicht mehr als 25 Euro je Quadratmeter ohne umlagefähige Kosten im Sinne der Verordnung über die Aufstellung von Betriebskosten beträgt.

(3)1Erhält ein Arbeitnehmer auf Grund seines Dienstverhältnisses Waren oder Dienstleistungen, die vom Arbeitgeber nicht überwiegend für den Bedarf seiner Arbeitnehmer hergestellt, vertrieben oder erbracht werden und deren Bezug nicht nach § 40 pauschal versteuert wird, so gelten als deren Werte abweichend von Absatz 2 die um 4 Prozent geminderten Endpreise, zu denen der Arbeitgeber oder der dem Abgabeort nächstansässige Abnehmer die Waren oder Dienstleistungen fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr anbietet.2Die sich nach Abzug der vom Arbeitnehmer gezahlten Entgelte ergebenden Vorteile sind steuerfrei, soweit sie aus dem Dienstverhältnis insgesamt 1 080 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen.

(4)1Im Sinne dieses Gesetzes werden Leistungen des Arbeitgebers oder auf seine Veranlassung eines Dritten (Sachbezüge oder Zuschüsse) für eine Beschäftigung nur dann zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht, wenn

1.
die Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet,
2.
der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt,
3.
die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt und
4.
bei Wegfall der Leistung der Arbeitslohn nicht erhöht
wird.2Unter den Voraussetzungen des Satzes 1 ist von einer zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachten Leistung auch dann auszugehen, wenn der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich oder auf Grund einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage (wie Einzelvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag, Gesetz) einen Anspruch auf diese hat.

(1)1Einnahmen sind innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind.2Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, gelten als in diesem Kalenderjahr bezogen.3Der Steuerpflichtige kann Einnahmen, die auf einer Nutzungsüberlassung im Sinne des Absatzes 2 Satz 3 beruhen, insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird.4Für Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit gilt § 38a Absatz 1 Satz 2 und 3 und § 40 Absatz 3 Satz 2.5Die Vorschriften über die Gewinnermittlung (§ 4 Absatz 1, § 5) bleiben unberührt.

(2)1Ausgaben sind für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind.2Für regelmäßig wiederkehrende Ausgaben gilt Absatz 1 Satz 2 entsprechend.3Werden Ausgaben für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren im Voraus geleistet, sind sie insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig zu verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird.4Satz 3 ist auf ein Damnum oder Disagio nicht anzuwenden, soweit dieses marktüblich ist.5§ 42 der Abgabenordnung bleibt unberührt.6Die Vorschriften über die Gewinnermittlung (§ 4 Absatz 1, § 5) bleiben unberührt.

(1) Namensaktien können auch durch Indossament übertragen werden. Für die Form des Indossaments, den Rechtsausweis des Inhabers und seine Verpflichtung zur Herausgabe gelten sinngemäß Artikel 12, 13 und 16 des Wechselgesetzes.

(2) Die Satzung kann die Übertragung an die Zustimmung der Gesellschaft binden. Die Zustimmung erteilt der Vorstand. Die Satzung kann jedoch bestimmen, daß der Aufsichtsrat oder die Hauptversammlung über die Erteilung der Zustimmung beschließt. Die Satzung kann die Gründe bestimmen, aus denen die Zustimmung verweigert werden darf.

(3) Bei Übertragung durch Indossament ist die Gesellschaft verpflichtet, die Ordnungsmäßigkeit der Reihe der Indossamente, nicht aber die Unterschriften zu prüfen.

(4) Diese Vorschriften gelten sinngemäß für Zwischenscheine.

Eine Forderung kann von dem Gläubiger durch Vertrag mit einem anderen auf diesen übertragen werden (Abtretung). Mit dem Abschluss des Vertrags tritt der neue Gläubiger an die Stelle des bisherigen Gläubigers.

Die Vorschriften über die Übertragung von Forderungen finden auf die Übertragung anderer Rechte entsprechende Anwendung, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 288/02 Verkündet am:
20. September 2004
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Ein satzungsändernder Beschluß der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft
, durch den das Erfordernis einer Unterschriftsbeglaubigung auf Kosten
des betreffenden Aktionärs als Wirksamkeits- oder Nachweiserfordernis für die
Übertragung von (nicht verbrieften) Namensaktien nachträglich eingeführt wird,
ist gemäß § 243 Nr. 3 AktG nichtig.
BGH, Urteil vom 20. September 2004 - II ZR 288/02 - OLG Oldenburg
LG Aurich
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 20. September 2004 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Goette, Kraemer, Dr. Strohn und
Caliebe

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 22. August 2002 aufgehoben und das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Aurich vom 12. Februar 2002 abgeändert, soweit die Klage gegen den satzungsändernden Beschluß der Hauptversammlung der Beklagten vom 22. August 2001 zu § 4 Satz 4 und 5 ihrer Satzung abgewiesen worden ist.
Es wird festgestellt, daß der o.g. Hauptversammlungsbeschluß zu § 4 Satz 4 und 5 der Satzung der Beklagten nichtig ist.
Von den Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz tragen der Kläger 1/ 4/ 5, die Beklagte 5.
Die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens werden wie folgt verteilt: Von den Gerichtskosten tragen der Kläger 16,5 % und die Beklagte 83,5 %, von den außergerichtlichen Kosten des Klägers die Beklagte 87,2 %, von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten der Kläger 12,8 %. Im übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist Aktionär der Beklagten. Ihre Hauptversammlung beschloß am 22. August 2001 zu TOP 8 u.a. eine Satzungsänderung, wonach die bisherigen Inhaberaktien auf Namensaktien (Stückaktien) umgestellt wurden und § 4 der Satzung wie folgt neu gefaßt wurde:
"Die Aktien lauten auf den Namen. Die Gesellschaft kann die Aktien ganz oder teilweise in Aktienurkunden zusammenfassen, die eine Mehrheit von Aktien verbriefen. Der Anspruch des Aktionärs auf Verbriefung seines Anteils ist ausgeschlossen." Für die nachfolgenden Sätze 4 und 5 des § 4 war nach dem gemäß § 124 Abs. 1 AktG bekanntgemachten Beschlußvorschlag zu TOP 8 c ursprünglich folgende Fassung vorgesehen:
"Soweit eine Einzelverbriefung der Aktie nicht vorgenommen wird, bedürfen rechtsgeschäftliche Verfügungen über Miteigentumsanteile an der Globalaktie zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Die Unterschriften der Vertragsparteien bedürfen der notariellen Beglaubigung."
Der die Hauptversammlung leitende Aufsichtsratsvorsitzende Dr. C. stellte die Satzungsänderung TOP 8 c zunächst unter Ausklammerung der Sätze 4 und 5 des § 4 zur Abstimmung, welche die erforderliche Mehrheit ergab. Anschließend rief er den bisher ausgeklammerten Teil des TOP 8 c zur Beschlußfassung auf und formulierte "in seiner Eigenschaft als Aktionär und nicht als Aufsichtsrat" einen geänderten Beschlußvorschlag, der Anregungen von Aktionären berücksichtige. Er lautete folgendermaßen:
"Soweit die rechtsgeschäftlichen Verfügungen nicht unter Vorlage von Personalausweisen vor dem Aufsichtsratsvorsitzenden oder von diesem hierzu ermächtigten Personen vorgenommen werden , bedürfen die Unterschriften der Vertragsparteien der amtlichen Beglaubigung, der notariellen Beglaubigung oder der schriftlichen Bestätigung der Unterschriften durch ein Kreditinstitut. Notarkosten der Beglaubigung trägt für bis zu zwei Beglaubigungen je Stückaktie und Kalenderjahr die Gesellschaft." Nachdem die Hauptversammlung diesem Vorschlag mit der erforderlichen Mehrheit zugestimmt und der Vorsitzende die Beschlußfassung festgestellt hatte, erklärte eine anwesende Vertreterin des Klägers gegen den Beschluß Widerspruch zur Niederschrift (§ 245 Nr. 1 AktG).
Mit seiner Klage hat der Kläger die beiden satzungsändernden Beschlüsse zu § 4 der Satzung insgesamt angefochten, weil der Alternativvorschlag nicht ordnungsgemäß angekündigt gewesen sei und das beschlossene Beglaubigungserfordernis mit Kostenbelastung der Aktionäre bei mehr als zwei Aktienübertragungen pro Jahr auf eine gegen § 180 AktG verstoßende Nebenverpflichtung hinauslaufe. Dieser Beschlußinhalt lasse sich von dem vorangegangenen Beschluß über die Satzungsänderung gemäß § 4 Satz 1 bis 3 nicht trennen. Die Klage blieb in den Vorinstanzen erfolglos. Der Senat hat die Revision des Klägers nur insoweit zugelassen, als die Klage sich gegen den zeitlich
zweiten Hauptversammlungsbeschluß zu § 4 Satz 4 und 5 der Satzung der Beklagten richtet.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist im Umfang ihrer Zulassung begründet und führt zur Feststellung der Nichtigkeit des zweiten Hauptversammlungsbeschlusses vom 22. August 2001, betreffend § 4 Satz 4 und 5 der geänderten Satzung der Beklagten.
I. Das Berufungsgericht meint, der Beschluß sei weder aus formellen noch aus materiellen Gründen anfechtbar. Ob er sich, was anzunehmen sei, noch im Rahmen der bekanntgemachten Tagesordnung ("Beschlußfassung über die Form der Aktien und die Änderung der Satzung ") gehalten habe und daher nicht gegen § 124 Abs. 4 AktG verstoße, sei im Ergebnis ebenso "irrelevant" wie die Frage, ob der Aufsichtsratsvorsitzende und Versammlungsleiter die Gegenantragsbefugnis eines Aktionärs (§ 126 AktG) für sich habe in Anspruch nehmen können. Denn diese etwaigen Mängel seien jedenfalls für das Beschlußergebnis nicht ursächlich geworden, weil die beschlossene Fassung des § 4 Satz 4 und 5 der Satzung die Aktionäre besser stelle als die ursprünglich angekündigte, wonach die Beklagte keinerlei Beglaubigungskosten zu übernehmen gehabt hätte. Inhaltlich verstoße die Neuregelung mangels Auferlegung von Leistungspflichten zugunsten der Beklagten auch weder gegen das "Belastungsverbot" des § 180 Abs. 1 AktG, noch werde durch die Kostenregelung die freie Übertragbarkeit der Aktien in einer ins Gewicht fallenden Weise erschwert (§ 180 Abs. 2 AktG).
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Durchgreifende Bedenken bestehen bereits gegen die Ansicht des Berufungsgerichts , eine Anfechtung des Beschlusses (§§ 243, 246 AktG) wegen der nach Auffassung des Klägers gegebenen Verfahrensmängel scheitere jedenfalls an deren fehlender Kausalität für das Beschlußergebnis. Nach der neueren Rechtsprechung des Senates (BGHZ 149, 158, 164 f.; 153, 32, 36 f.) kommt es insoweit nicht auf Kausalitätserwägungen, sondern auf die Relevanz des Verfahrensverstoßes für die Informations- und sonstigen mitgliedschaftlichen Rechte der Aktionäre, insbesondere auch der in der Abstimmung unterlegenen Minderheitsaktionäre, an. Eine solche Relevanz ist bei Bekanntmachungsmängeln i.S. von § 124 Abs. 4 Satz 1 AktG regelmäßig zu bejahen (Senat aaO; Hüffer, AktG 6. Aufl. § 243 Rdn. 15).
Im Ergebnis kommt es allerdings auf die vom Kläger gerügten Verfahrensmängel nicht an, weil der angefochtene Beschluß ohnehin schon seines Inhalts wegen nichtig ist (vgl. unten 2). Einer entsprechenden Entscheidung steht nicht entgegen, daß der Kläger primär Anfechtungs- und nur hilfsweise Nichtigkeitsklage (§ 249 AktG) erhoben hat. Denn beide Klageanträge verfolgen dasselbe materielle Ziel und stehen zueinander nicht in einem Eventualverhältnis (Senat, BGHZ 134, 364, 366). Unerheblich ist dabei auch, daß die Hauptversammlung der Beklagten den Beschluß inzwischen unstreitig durch Beschluß vom 22. August 2002 bestätigt und der Kläger diesen anscheinend nicht angefochten hat. Denn abgesehen davon, daß der inhaltliche Nichtigkeitsgrund dem Bestätigungsbeschluß in gleicher Weise anhaftet, kann ein Bestätigungsbeschluß gemäß § 244 AktG nur die Anfechtbarkeit (vgl. dazu Sen.Urt. v. 15. Dezember 2003 - II ZR 194/01, ZIP 2004, 310), nicht aber die Nichtigkeit eines Gesellschafterbeschlusses beseitigen.

2. Der Inhalt des Beschlusses verstößt gegen Grundprinzipien des Aktienrechts und ist daher gemäß § 241 Nr. 3 AktG nichtig.

a) Das deutsche Aktienrecht ist von dem Grundsatz der freien Übertragbarkeit des Mitgliedschaftsrechts beherrscht (Lutter in Kölner Komm.z.AktG 2. Aufl. § 68 Rdn. 23; Bayer in Münch.Komm.z.AktG 2. Aufl. § 68 Rdn. 34 jew. m.w.N.). Handelt es sich - wie hier - um Namensaktien, so können diese nach dem Gesetz durch formlose Abtretungsvereinbarung gemäß §§ 398, 413 BGB übertragen werden. Die dingliche Wirksamkeit der Abtretung kann - jedenfalls außerhalb der Voraussetzungen einer möglichen Vinkulierung gemäß §§ 68 Abs. 2, 180 Abs. 2 AktG - nicht an eine bestimmte Form gebunden werden, weil darin eine unzulässige Erschwerung der freien Übertragbarkeit der Aktien läge, die im Grundsatz nur durch eine Vinkulierung nach § 68 Abs. 2 AktG eingeschränkt werden kann. Diese wiederum bedürfte gemäß § 180 Abs. 2 AktG im Fall nachträglicher Einführung durch Satzungsänderung der Zustimmung aller betroffenen Aktionäre (vgl. Hüffer aaO § 68 Rdn. 13). Die Verweigerung der Zustimmung auch nur eines von ihnen führt zur Nichtigkeit der Satzungsänderung (vgl. RGZ 121, 238, 244; Hüffer aaO § 180 Rdn. 9). Ohne die Erfüllung dieser Erfordernisse kann der Grundsatz der freien Übertragbarkeit der Aktien zumindest nicht mit dinglicher Wirkung entsprechend §§ 399 letzte Alt., 413 BGB beschränkt und deshalb auch nicht an eine bestimmte Form - als Minus gegenüber einer Vinkulierung - gebunden werden. Die gemäß § 68 Abs. 1 AktG zulässige Übertragung durch Indossament ist nur fakultativ vorgesehen (vgl. Hüffer aaO § 68 Rdn. 3) und kommt hier mangels Verbriefung der einzelnen Aktien ohnehin nicht in Betracht.

b) Im vorliegenden Fall war das in der ursprünglichen Beschlußvorlage vorgesehene Formerfordernis ersichtlich als Wirksamkeitsvoraussetzung für die Aktienübertragung vorgesehen. Ob Entsprechendes auch für die auf Vorschlag des Versammlungsleiters beschlossene Fassung gilt oder damit nur noch ein Nachweiserfordernis für die Eintragung des Rechtsübergangs ins Aktienregister gemäß § 67 Abs. 3 AktG gemeint ist, kann dahinstehen. Denn auch im letzteren Fall wäre schon die Formvorschrift, erst recht aber die Kostenbelastung der Aktionäre nichtig.
aa) Eine bestimmte Nachweisform schreibt § 67 Abs. 3 AktG nicht vor. Ausreichend ist jedenfalls eine schriftliche Abtretungserklärung (vgl. Hüffer aaO § 67 Rdn. 18). Eine Unterschriftsbeglaubigung ist auch bei der Übertragung verbriefter Namensaktien durch Indossament nicht vorgesehen; gemäß § 68 Abs. 3 AktG ist die Gesellschaft zu einer Prüfung der Unterschriften nicht verpflichtet. Dies schließt eine Berechtigung und in Zweifelsfällen - z.B. bei Verdacht einer Unterschriftsfälschung - auch eine Verpflichtung der Gesellschaft zur Überprüfung der Unterschriften bzw. des Rechtsübergangs nicht aus (vgl. Bayer in Münch.Komm.z.AktG 2. Aufl. § 67 Rdn. 89; § 68 Rdn. 28 m.w.N.), wozu sie auch im eigenen Interesse der Klarheit über die ihr gegenüber berechtigten und verpflichteten Mitglieder gehalten sein kann, weil die Wirkung der Eintragung im Aktienregister gemäß § 67 Abs. 2 AktG jedenfalls nach h.M. im Fall einer Unterschriftsfälschung nicht eingreifen soll (vgl. Bayer aaO § 67 Rdn. 74 m.w.N.; zweifelnd Hüffer aaO § 67 Rdn. 15). Die allgemeinen Eintragungsvoraussetzungen nach §§ 67 Abs. 3, 68 Abs. 1, 3 AktG können aber durch die Satzung nicht generalisierend verändert oder verschärft werden (Lutter aaO § 68 Rdn. 57). Es besteht kein Grund, für den Nachweis der Übertragung nicht verbriefter Namensaktien generell eine Unterschriftsbeglaubigung zu verlangen. Das gilt um so mehr, als die Neufassung der §§ 67, 68 AktG durch Art. 1
NaStraG (v. 18. Januar 2001, BGBl. I 123 ff.) auf die elektronische Abwicklung des Effektengeschäfts abgestimmt ist (vgl. Bayer aaO § 67 Rdn. 2, 6; Hüffer aaO § 67 Rdn. 18) und insoweit nicht mehr als eine "automatisierte Plausibilitätsprüfung" der Mitteilung gemäß § 67 Abs. 3 AktG in Betracht kommt (vgl. RegBegr. BT-Drucks. 14/4051, S. 11 sowie Noack, DB 1999, 1306, 1308).
bb) Wird sonach schon durch die alternativen Formerfordernisse gemäß der streitigen Satzungsregelung die freie Übertragbarkeit der Aktien beeinträchtigt , so gilt das erst recht für die damit zusätzlich verbundene Kostenbelastung der Aktionäre bei mehr als zwei Übertragungen pro Jahr. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist dies mit der möglicherweise zulässigen Belastung eines Aktionärs mit Kosten einer von ihm gewünschten Einzelverbriefung bei Vorhandensein einer Globalurkunde (vgl. dazu Hüffer aaO § 10 Rdn. 11) nicht vergleichbar. Denn dort erwachsen die Kosten aufgrund einer allein von dem Aktionär verlangten und in seinem Interesse vorgenommenen Maßnahme, während die in der geänderten Satzung aufgestellten Form- bzw. Beglaubigungserfordernisse zumindest primär den Interessen der Gesellschaft dienen. Soweit sie zu einer Überprüfung der Übertragungsvorgänge berechtigt und verpflichtet ist (vgl. oben aa), handelt es sich um eine eigene Angelegenheit der Beklagten, welche sie sich nicht durch die aufgestellten Formerfordernisse auf Kosten der Aktionäre erleichtern kann. Deren Kostenbelastung läuft - abgesehen von der damit verbundenen Beeinträchtigung der freien Übertragbarkeit der Aktien - auf eine nachträgliche Verpflichtung zu einer Zusatzleistung hinaus, welche mangels Vorliegens der Voraussetzungen der §§ 55 Abs. 1, 180 Abs. 1, 2 AktG gegen § 54 Abs. 1 AktG verstößt und deshalb auch unter diesem Aspekt zur Nichtigkeit des Hauptversammlungsbeschlusses der Beklagten führt.
III. Da die Sache zur Endentscheidung reif ist, hatte der Senat gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst zu entscheiden und die Nichtigkeit des streitbefangenen Hauptversammlungsbeschlusses festzustellen.
Röhricht Goette Kraemer
Strohn Caliebe

(1) Namensaktien können auch durch Indossament übertragen werden. Für die Form des Indossaments, den Rechtsausweis des Inhabers und seine Verpflichtung zur Herausgabe gelten sinngemäß Artikel 12, 13 und 16 des Wechselgesetzes.

(2) Die Satzung kann die Übertragung an die Zustimmung der Gesellschaft binden. Die Zustimmung erteilt der Vorstand. Die Satzung kann jedoch bestimmen, daß der Aufsichtsrat oder die Hauptversammlung über die Erteilung der Zustimmung beschließt. Die Satzung kann die Gründe bestimmen, aus denen die Zustimmung verweigert werden darf.

(3) Bei Übertragung durch Indossament ist die Gesellschaft verpflichtet, die Ordnungsmäßigkeit der Reihe der Indossamente, nicht aber die Unterschriften zu prüfen.

(4) Diese Vorschriften gelten sinngemäß für Zwischenscheine.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) schloss 1998 mit der X Ltd., Niederlassung Luxemburg, (X) gegen Einmalzahlung einen als Kapitallebens-versicherung "Wealthmaster Choice Account Police" bezeichneten Vertrag nach englischem Recht (im Folgenden: Wealthmaster-Vertrag). Aus diesem Vertrag hat die Klägerin Anspruch gegen X auf eine Leistung im Todesfall sowie auf sofortige regelmäßige Auszahlungen. X leistete 1999 regelmäßige Auszahlungen an die Klägerin. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der in den laufenden Auszahlungen enthaltene Ertragsanteil der Klägerin im Streitjahr zugeflossen ist. Streitig ist, ob der Klägerin aus dem Wealthmaster-Vertrag darüber hinaus auch nicht ausgezahlte Kapitalerträge zugeflossen sind.

2

X investiert die Beiträge der Versicherten auf eigene Rechnung u.a. in Aktien. Es wird keine Mindestverzinsung der in den Beiträgen enthaltenen Sparanteile garantiert. Die Versicherten profitieren vom Anlageergebnis stattdessen nach Maßgabe besonderer Vereinbarungen. Zu diesem Zweck teilt X die Beiträge der Versicherten in Anteile (units), die einem oder mehreren "Pools" zugeordnet werden. In einem Pool werden bestimmte Finanzanlagen zusammengefasst. Die Anteile drücken keine Berechtigung am Poolvermögen aus, sie werden auch nicht gehandelt. Die Anteile sind vielmehr zu internen Zwecken gebildete Berechnungseinheiten. Mit ihrer Hilfe wird die Wertentwicklung des Wealthmaster-Vertrags in Abhängigkeit von der Entwicklung des oder der zugeordneten Pools fortgeschrieben. Zu diesem Zweck ermittelt X für die Anteile laufend einen "Rücknahmepreis". Das Produkt aus der Anzahl der Anteile und dem jeweiligen Rücknahmepreis der Anteile drückt stichtagsbezogen den Wert des Vertrags im Leistungsfall aus (Policenwert). Davon zu unterscheiden ist der Rückkaufswert, der für die Abwicklung bei vorzeitiger Vertragsbeendigung maßgeblich ist. Die Wertentwicklung des Vertrags wird im Wesentlichen abgebildet durch Zuschreibungen auf den Wert der Anteile einerseits und die Verrechnung von Anteilen bei Auszahlungen andererseits.

3

Bei Pools mit garantiertem Wertzuwachs --wie im Streitfall-- erklärt X am Anfang des Jahres eine "Jahresdividende", die den einzelnen Anteilen in der Weise zugeordnet wird, dass sie den Rücknahmepreis der Anteile tageweise erhöht. Eine bestimmte Jahresdividende wird von X nicht garantiert. Sie kann zwar nicht negativ sein, aber Null betragen. In diesem Fall steigt der Wert der Anteile ein Jahr lang nicht. Mit Hilfe der Jahresdividende wird die Überschussbeteiligung dem jeweiligen Vertrag zugewiesen. Die Jahresdividende wird von X nach Ermessen festgelegt. Die Erklärung am Anfang des Jahres soll einen über den Anlagezeitraum geglätteten Wertzuwachs gewährleisten. Sie spiegelt also weder das von X tatsächlich erzielte oder angestrebte Anlageergebnis wider noch gibt sie Auskunft über den Wert der in dem jeweiligen Pool zusammengefassten Finanzanlagen. Die von X erklärte Garantie geht dahin, dass der so ermittelte Preis der Anteile bei beiderseitiger Vertragserfüllung nicht mehr fällt. Für den Fall vorzeitiger Vertragsbeendigung oder bei Auszahlungen über dem ursprünglich Vereinbarten behält sich X allerdings eine "Marktpreisanpassung" vor. Der bei vereinbarungsgemäßem Vertragsablauf garantierte Rücknahmepreis kann dann unter Umständen erheblich sinken, wenn das Anlagevermögen im zugeordneten Pool bis zum Stichtag an Wert verloren hat.

4

Ursprünglich vereinbarte Auszahlungen und laufende Gebühren werden bei Fälligkeit mit einer entsprechenden Anzahl von Anteilen zum jeweiligen Rücknahmepreis verrechnet, d.h. die Anzahl der Anteile nimmt grundsätzlich kontinuierlich ab. Zur Zuschreibung von Anteilen kommt es bei einem Vertrag mit Einmalprämie nur, wenn bei vertragsgemäßer Auszahlung ein "Fälligkeitsbonus" gewährt wird. Der Bonus kann bei besonders guter Wertentwicklung der im Pool zusammengefassten Anlagen im jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt von X gewährt werden. Bonusanteile werden mit dem aktuellen Rücknahmepreis bewertet. Sie werden bei erster Gelegenheit mit fälligen Auszahlungen vorrangig verrechnet.

5

Im Streitfall ist die "Wealthmaster Choice Account Police" Bestandteil einer sog. "…-Konzept-Rente". Dabei handelt es sich um ein Kombinationsprodukt der Y AG. Aus Eigenkapital und einem Darlehen wird ein Kapitalstock gebildet und dazu verwendet, einen Wealthmaster-Vertrag und Anteile an einem Investmentfonds zu erwerben. Während der Wealthmaster-Vertrag die laufenden Zinsen für das Darlehen erwirtschaften soll, soll der Investmentfonds dazu verwendet werden, die Darlehen nach spätestens 14 Jahren zu tilgen. Danach stünden die Auszahlungen aus dem Wealthmaster-Vertrag als "Rente" zur Verfügung. Die Y AG ging davon aus, dass das in dem Wealthmaster-Vertrag angelegte Sparkapital trotz der regelmäßigen Auszahlungen nicht abnehmen, sondern sogar noch anwachsen würde. Auch die regelmäßigen Auszahlungen sollten pro Jahr um 1 % steigen. Sie rechnete insofern mit einer durchschnittlichen Wertentwicklung der Ansprüche aus dem Vertrag von 7,8 % pro Jahr. Tatsächlich betrug die von X erklärte Jahresdividende anfänglich nur 4 % und fiel dann kontinuierlich bis auf 0,5 % ab; Fälligkeitsboni wurden seit 2002 nicht mehr gewährt.

6

Im Streitjahr vereinnahmte die Klägerin von X regelmäßige Auszahlungen von 21.405,65 DM. Nach den Mitteilungen von X fiel der Policenwert von 315.488,52 DM bei Zuteilung auf 307.316,35 DM am 31. Dezember 1999. Der Unterschied bedeutet, dass die in der Jahresdividende und den Fälligkeitsboni ausgedrückte Überschussbeteiligung die Höhe der vereinbarten Auszahlungen nicht erreichte, so dass bereits im Streitjahr teilweise Anlagekapital zurückgezahlt worden ist.

7

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) ging davon aus, dass der Klägerin auch die im Rahmen der Bewertung der Anteile gutgeschriebenen Erträge aus der Kapitalanlage zugeflossen seien, berücksichtigte weitere Einnahmen der Klägerin aus Kapitalvermögen in Höhe von 13.233,48 DM (Wert der Anteile bei Zuteilung abzüglich Wert der Anteile am Jahresende zuzüglich Auszahlungen) und wies den dagegen erhobenen Einspruch als unbegründet zurück.

8

Das Finanzgericht (FG) hat der Klage stattgegeben. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2009, 332 veröffentlicht. Mit der Revision rügt das FA die Verletzung von Bundesrecht (§ 11 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--). Auch die nicht ausgezahlten Erträge des Wealthmaster-Vertrags seien aufgrund einer Vorausverfügung wie Bausparzinsen jährlich zugeflossen. Mit Abschluss des Vertrags habe die Klägerin über die Verwendung der jährlich entstehenden Kapitalerträge entschieden. Die Klägerin hätte sich andernfalls gegen den Abschluss des Vertrags entscheiden können und müssen. Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu Bausparzinsen habe allgemein gültigen Charakter und lasse keine Beschränkung auf Zinsen erkennen. Das FG gehe auch zu Unrecht davon aus, dass ein Zufluss durch Novation ausgeschlossen sei, weil die Erträge zu einem späteren Zeitpunkt wieder entfallen könnten. Nach dem BFH-Urteil vom 13. Oktober 1989 III R 31/85 (BFHE 159, 123, BStBl II 1990, 287) komme es für den Zufluss auf das "Behaltendürfen" des Zugeflossenen nicht an.

9

Das FA beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

10

Die Kläger beantragen,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

II. Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Im Ergebnis zutreffend hat das FG erkannt, dass der Klägerin im Streitjahr Kapitalerträge aus dem Wealthmaster-Vertrag nur insoweit zugeflossen sind, als sie in den regelmäßigen Auszahlungen enthalten sind.

12

1. In Übereinstimmung mit den Beteiligten und dem FG geht der Senat davon aus, dass die Komponenten der …-Konzept-Rente steuerlich getrennt zu betrachten sind, so dass es nur auf die steuerliche Behandlung des Wealthmaster-Vertrags ankommt (zur getrennten steuerlichen Beurteilung bei einem ähnlichen Kombinationsprodukt vgl. BFH-Urteil vom 30. Oktober 2001 VIII R 29/00, BFHE 197, 114, BStBl II 2006, 223, unter II.3. der Entscheidungsgründe).

13

2. Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, dass die Erträge aus dem Wealthmaster-Vertrag als Einnahmen (§ 8 Abs. 1 EStG) aus Kapitalvermögen i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 5, § 20 Abs. 1 EStG in Deutschland der Besteuerung unterliegen (vgl. auch BFH-Urteil vom 9. Mai 2000 VIII R 77/97, BFHE 192, 445, BStBl II 2000, 660). Darüber besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit. Nicht zu beanstanden ist ferner die Auffassung der Vorinstanz, dass die Klägerin die Absicht gehabt habe, aus dem Wealthmaster-Vertrag auch unter Berücksichtigung der Fremdfinanzierung des Einmalbeitrags einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen. Dem FG ist schließlich auch darin beizutreten, dass als Einnahmen aus dem Wealthmaster-Vertrag sowohl die Zuschreibungen auf den Rücknahmepreis der Anteile aufgrund der Jahresdividende (vergleichbar einer Überschussbeteiligung) als auch die Anteilszugänge aufgrund von Fälligkeitsboni (vergleichbar einer Schlussüberschussbeteiligung) in Betracht kommen. Sie bilden das steuerbare Entgelt für die Kapitalüberlassung.

Ob diese Erträge unter § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG oder --wie das FA meint-- unter § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG fallen, hat das FG im Streitfall zu Recht offengelassen, weil sich daraus für die hier allein zu entscheidende Frage des Zuflusses (§ 11 Abs. 1 EStG) und des Zeitpunkts ihrer Besteuerung nichts ergibt. Zwar hat der Senat in seinem Urteil in BFHE 197, 114, BStBl II 2006, 223 die Erträge aus einem als Kapitallebensversicherung bezeichneten Vertrag mit der X unter § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG gefasst. Indes hatte die Vorinstanz die Höhe der Todesfallleistung nicht festgestellt (vgl. FG Niedersachsen, Urteil vom 11. April 2000  8 K 671/98, EFG 2000, 779), so dass aus dem Urteil insoweit keine weiteren Schlüsse gezogen werden können.

14

3. Einnahmen aus dem Wealthmaster-Vertrag sind der Klägerin über den vom FG erkannten Umfang hinaus im Streitjahr nicht zugeflossen.

15

a) Einnahmen sind innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind (§ 11 Abs. 1 Satz 1 EStG).

16

aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH sind Einnahmen zugeflossen, sobald der Steuerpflichtige wirtschaftlich über sie verfügen kann. Geldbeträge fließen dem Steuerpflichtigen in der Regel dadurch zu, dass sie bar ausgezahlt oder einem Konto des Empfängers bei einem Kreditinstitut gutgeschrieben werden. Auch die Hingabe eines (gedeckten) Schecks führt zum Zufluss des entsprechenden Geldbetrags (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 22. Juli 1997 VIII R 13/96, BFHE 184, 46, BStBl II 1997, 767).

17

bb) Ebenso kann eine Gutschrift in den Büchern des Verpflichteten den Zufluss bewirken, wenn in der Gutschrift nicht nur das buchmäßige Festhalten einer Schuldverpflichtung zu sehen ist, sondern darüber hinaus zum Ausdruck gebracht wird, dass der Betrag dem Berechtigten von nun an zur Verwendung zur Verfügung steht (ständige Rechtsprechung seit BFH-Urteil vom 9. April 1968 IV 267/64, BFHE 92, 221, BStBl II 1968, 525). Der Gläubiger muss allerdings in der Lage sein, den Leistungserfolg ohne weiteres Zutun des im Übrigen leistungsbereiten und leistungsfähigen Schuldners herbeizuführen (vgl. z.B. Senatsurteile vom 14. Februar 1984 VIII R 221/80, BFHE 140, 542, BStBl II 1984, 480, und vom 22. Juli 1997 VIII R 57/95, BFHE 184, 21, BStBl II 1997, 755).

18

cc) Der Zufluss kann zudem durch eine gesonderte Vereinbarung zwischen Schuldner und Gläubiger bewirkt werden, dass der Betrag fortan aus einem anderen Rechtsgrund geschuldet sein soll. In einer solchen Schuldumwandlung (Novation) kann eine Verfügung des Gläubigers über seine bisherige Forderung liegen, die einkommensteuerlich so zu werten ist, als ob der Schuldner die Altschuld durch Zahlung beglichen und der Gläubiger den vereinnahmten Betrag in Erfüllung des neu geschaffenen Verpflichtungsgrundes dem Schuldner sofort wieder zur Verfügung gestellt hätte. Die Novation stellt sich dann als eine bloße Verkürzung des Leistungswegs dar (vgl. BFH-Urteil vom 28. Oktober 2008 VIII R 36/04, BFHE 223, 166, BStBl II 2009, 190, m.w.N.). Die Novation muss sich zudem als Folge der Ausübung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht des Gläubigers (Steuerpflichtigen) über den Gegenstand der Altforderung darstellen, also auf seinem freien Entschluss beruhen (vgl. BFH-Urteile vom 17. Juli 1984 VIII R 69/84, BFHE 142, 215, BStBl II 1986, 48; in BFHE 184, 21, BStBl II 1997, 755). Auch im Fall der Novation kommt es grundsätzlich darauf an, ob der Gläubiger (Steuerpflichtige), wenn er sich für eine Auszahlung entschieden hätte, in der Lage gewesen wäre, den Leistungserfolg in Gestalt der Vereinnahmung des gutgeschriebenen Betrages ohne weiteres Zutun des leistungsbereiten und leistungsfähigen Schuldners herbeizuführen (vgl. BFH-Urteile vom 30. Oktober 2001 VIII R 15/01, BFHE 197, 126, BStBl II 2002, 138; vom 19. Juni 2007 VIII R 63/03, BFH/NV 2008, 194, unter II.2.d bb der Entscheidungsgründe). In diesem Zusammenhang kommt auch dem Umstand Bedeutung zu, in wessen Interesse die Novation lag. Lag sie im alleinigen oder überwiegenden Interesse des Gläubigers, indiziert dies dessen Verfügungsmacht über den Gegenstand der Altforderung (vgl. BFH-Urteile vom 24. März 1993 X R 55/91, BFHE 171, 191, BStBl II 1993, 499; in BFH/NV 2008, 194; in BFHE 223, 166, BStBl II 2009, 190, unter II.4.b cc der Entscheidungsgründe, m.w.N.). Im anderen Fall kann es sich um eine modifizierte Stundungsvereinbarung handeln (vgl. BFH-Urteil in BFHE 140, 542, BStBl II 1984, 480, unter 2.c der Entscheidungsgründe; BFH-Urteil vom 16. März 2010 VIII R 4/07, BFHE 229, 141).

19

dd) Eine zum Zufluss führende Novation kann auch vorliegen, wenn der Steuerpflichtige die Wahl zwischen Auszahlung und Wiederanlage bereits vor der Entstehung und Fälligkeit der Kapitalerträge getroffen hat. Eine entsprechende Vereinbarung wirkt als "Vorausverfügung" auf die Zeitpunkte der späteren Wiederanlage fort (vgl. BFH-Urteile in BFHE 92, 221, BStBl II 1968, 525, und in BFHE 171, 191, BStBl II 1993, 499). Eine Vorausverfügung über (zukünftige) Einkünfte stellt lediglich eine --an der Zurechnung der Einkünfte nichts ändernde-- Einkunftsverwendung dar (BFH-Urteil vom 15. Oktober 1981 IV R 77/76, BFHE 135, 175, BStBl II 1982, 340). Ob eine Vorausverfügung vorliegt, ist grundsätzlich anhand der für die Annahme einer Novation geltenden Maßstäbe zu prüfen, wobei die Interessenlage der Vertragspartner als Indiz weniger Gewicht hat, wenn die Modalitäten einer Auszahlung bzw. Verrechnung im Vorhinein vereinbart werden (vgl. BFH-Urteil in BFHE 171, 191, BStBl II 1993, 499, unter 3.c bb der Entscheidungsgründe). Hat der Steuerpflichtige nicht die Möglichkeit, zwischen Auszahlung und Wiederanlage zu wählen, liegt keine Vorausverfügung, sondern eine zustimmende Kenntnisnahme vor (vgl. BFH-Urteil vom 14. Mai 1982 VI R 124/77, BFHE 135, 542, BStBl II 1982, 469).

20

ee) Ob der Steuerpflichtige im Einzelfall tatsächlich die wirtschaftliche Verfügungsmacht erlangt und ausgeübt hat und ob eine Schuldumschaffung im alleinigen oder überwiegenden Interesse des Gläubigers lag, ist eine Frage der Tatsachenfeststellung und -würdigung, die dem FG obliegt (vgl. BFH-Beschluss vom 29. Juni 2000 XI B 10/00, BFH/NV 2000, 1469 keine Fiktion des Zuflusses). Hierbei hat das FG alle Umstände des Einzelfalles zu prüfen. Entscheidend kommt es auf den Zeitpunkt des mutmaßlichen Zuflusses an (vgl. BFH-Urteil in BFHE 229, 141).

21

b) Bei Anlegung dieser Maßstäbe ist die Entscheidung der Vorinstanz im Ergebnis nicht zu beanstanden.

22

aa) Das FG und die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass die von X erklärte Jahresdividende nicht etwa in voller Höhe in den regelmäßigen Auszahlungen enthalten ist, sondern nur, soweit sie anteilig auf die regelmäßigen Auszahlungen entfällt. Das ergibt sich aus der Konzeption des Wealthmaster-Vertrags, wonach die Jahresdividende in der Weise gewährt wird, dass sie den Wert der Anteile erhöht, wobei Auszahlungen nicht als negative Wertkorrektur, sondern als "Rückgabe von Anteilen" konzipiert sind. Die Auslegung dieser Vereinbarung ergibt, dass die Jahresdividende den einzelnen Anteilen zuzurechnen ist mit der Folge, dass alle ausgezahlten Beträge jeweils einen Kapital- und einen Ertragsanteil enthalten. Für die im Streitjahr stehen gebliebenen Anteile ergibt sich daraus zugleich, dass der auf sie entfallende Ertragsanteil "thesauriert" worden ist. Diese Auslegung ist nicht zu beanstanden und auch steuerlich beachtlich.

23

bb) Die danach "thesaurierten" Ertragsanteile sind der Klägerin im Streitjahr nicht aufgrund einer Gutschrift in den Büchern des Verpflichteten zugeflossen. Das FG hat zwar eine Gutschrift bejaht, da die zugeschriebenen Wertzuwächse unverfallbar seien. Über die Gutschrift habe die Klägerin jedoch nur verfügen können gegen Rückgabe von Anteilen. Die Auszahlung der Erträge sei mithin von einer schädlichen Bedingung abhängig gewesen.

24

Diese Erwägungen halten im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand. Ein Zufluss durch Gutschrift in den Büchern "des Verpflichteten" kommt grundsätzlich nur in Betracht, wenn und soweit eine Zahlungsverpflichtung besteht. Aus der Art und Weise der Verbuchung kann der Gläubiger keine Ansprüche herleiten; ein Anspruch muss vielmehr vorausgesetzt werden, wenn gefragt werden soll, ob der Schuldner durch eine bestimmte Buchung auf diesen Anspruch leisten und die Zahlung bewirken wollte (vgl. bereits BFH-Urteil in BFHE 140, 542, BStBl II 1984, 480, unter 2.a der Entscheidungsgründe). Zu Recht hat das FG im Hinblick auf die von X erklärte Garantie einen Anspruch grundsätzlich bejaht; der Anspruch besteht aber nur nach Maßgabe des Vertrags, also insbesondere für die ursprünglich vereinbarten regelmäßigen Auszahlungen und die Todesfallleistung. Es kann offenbleiben, ob X den darüber hinausgehenden Anspruch überhaupt schon erfüllen durfte. Es fehlt jedenfalls an der Einräumung der für den Zufluss erforderlichen Verfügungsbefugnis. Unter der Annahme, dass X den ursprünglichen Vertrag erfüllen wollte, bringt die Werterhöhung des Rücknahmepreises im Kontoauszug nicht zum Ausdruck, dass die Klägerin über diesen Anspruch verfügen können sollte. Der BFH hat den Zufluss sogar in einem Fall verneint, in dem die Auszahlung der zugesagten Zinsen an die Rückgabe von Aktien geknüpft war und der Kläger trotz Bestehens einer Rücknahmegarantie von seinem Recht zur Rückgabe keinen Gebrauch gemacht hatte (vgl. BFH-Urteil vom 2. März 1993 VIII R 13/91, BFHE 171, 48, BStBl II 1993, 602). Entsprechendes muss im Streitfall erst recht gelten. Denn die Klägerin hatte nach dem Vertrag weder das Recht, weitere Anteile zu dem garantieren Rücknahmepreis an X zurückzugeben noch konnte sie in anderer Weise über den garantierten Anspruch verfügen. Dass X den garantierten Anspruch zu diesem Zeitpunkt auch nicht erfüllen wollte, ergibt sich zusätzlich daraus, dass im Vertrag für den Fall der vorzeitigen Vertragsbeendigung eine Neuberechnung des Rücknahmepreises vorgesehen ist.

25

cc) Die thesaurierten Erträge sind der Klägerin auch nicht durch Novation im Zeitpunkt der Gutschrift zugeflossen. Eine Schuldumschaffung setzt voraus, dass eine bestehende Verpflichtung durch eine andere, neue Verpflichtung ersetzt wird. Zu Recht hat das FG festgestellt, dass die Vertragspartner eine solche Vereinbarung nicht getroffen haben. Zudem war X im Zeitpunkt der Gutschrift zu keinen weiteren Zahlungen an die Klägerin verpflichtet, weshalb auch keine Veranlassung für eine Schuldumschaffung bestand.

26

dd) Die Klägerin hat auch nicht beim Abschluss des Vertrags mit X im Wege der Vorausverfügung eine Entscheidung über die Wiederanlage zukünftiger Wertgutschriften getroffen, die den Zufluss im Zeitpunkt der Gutschriften bewirkt. Sie hätte dafür zumindest die Möglichkeit haben müssen, sich frei zwischen der Auszahlung und der Wiederanlage der Jahresdividende zu entscheiden. Das war indes nicht der Fall. Die Klägerin hatte keine Möglichkeit, den Wealthmaster-Vertrag mit einem anderen als dem von X angebotenen Inhalt abzuschließen. Die Vertragsbedingungen der Lebensversicherer sind praktisch nicht verhandelbar (vgl. Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Juli 2005  1 BvR 80/95, BVerfGE 114, 73, unter C.I.2.b cc (2) der Gründe). Dass die Klägerin die weitgehende Thesaurierung der Jahresdividende genauso wie den Abschluss des Vertrags ursprünglich gewollt hat, ändert daran nichts. Darauf kann nicht entscheidend abgestellt werden, weil sonst die Vereinbarung endfälliger Leistungen mit steuerlicher Wirkung unmöglich wäre. Haben die Vertragspartner die Modalitäten der Auszahlung bzw. Verrechnung im Vorhinein vereinbart, ist im Übrigen regelmäßig davon auszugehen, dass die Gesamtheit der Vereinbarungen dem beiderseitigen Interessenausgleich dient (vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 171, 191, BStBl II 1993, 499, unter 3.c bb der Entscheidungsgründe).

27

Aus dem Senatsurteil vom 8. Dezember 1992 VIII R 78/89 (BFHE 169, 442, BStBl II 1993, 301) ergibt sich für den Streitfall nichts anderes. Zwar hat der Steuerpflichtige auch beim Abschluss eines Bausparvertrags nicht die Wahl, ob er sich die Zinsen auszahlen lassen möchte. Er kann aber frei zwischen Sparverträgen mit oder ohne Auszahlung der jährlich fällig werdenden Zinsen (vgl. § 488 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) wählen. Vor diesem Hintergrund kann in der Vereinbarung, dass die zukünftig fällig werdenden Zinsen nicht ausgezahlt, sondern dem Darlehen zugeschlagen werden, eine Vorausverfügung des Gläubigers liegen. Die Verpflichtung des Schuldners wird dadurch auf eine neue rechtliche Grundlage gestellt. Er schuldet die Zinsen bei Fälligkeit nicht mehr als Zinsen, sondern als Teil des Darlehens. Diese Entscheidung kann bereits durch die Wahl der Vertragsart dokumentiert werden. Es bedarf keiner Entscheidung, ob --wie die Klägerin meint-- eine den Zufluss begründende Vorausverfügung generell nur bei "Zinsen" in Betracht kommt und ob die von X gewährte Jahresdividende, insbesondere mangels (gesetzlicher) Mindestverzinsung, in diesem Sinne nicht Zins, sondern eine Art Gewinnbeteiligung darstellt. Mit ähnlichen Erwägungen hat der Senat allerdings begründet, weshalb das Disagio bei einer Schuldverschreibung --anders als bei einem Darlehensvertrag-- nicht schon im Zeitpunkt der Ausgabe, sondern erst bei ihrer Rückgabe zufließt (vgl. BFH-Urteil vom 13. Oktober 1987 VIII R 156/84, BFHE 151, 512, BStBl II 1988, 252). Im Streitfall fehlt es zumindest auch an einer Umschaffung des Schuldgrundes. Nach dem Konzept des Wealthmaster-Vertrags schuldet X die Jahresdividende, soweit sie auf noch nicht zurückgenommene Anteile entfällt, nach der Gutschrift nicht etwa als Darlehen oder aus einem anderen Grund, sondern unverändert aufgrund der ursprünglichen Vereinbarung. Die fehlende Schuldumschaffung unterscheidet den Streitfall vom Abschluss eines Bausparvertrags und steht der Annahme eines Zuflusses durch Vorausverfügung entgegen.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a sinngemäß anzuwenden; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts und des Bundesgerichtshofs der Bundesfinanzhof und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Finanzgerichtsordnung tritt; die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden.

(1) Die Revision wird durch Einreichung der Revisionsschrift bei dem Revisionsgericht eingelegt. Die Revisionsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Revision gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Revision eingelegt werde.
§ 544 Absatz 8 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Revisionsschrift anzuwenden.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob die Voraussetzungen für eine Änderung der Einkommensteuerbescheide 1999 bis 2001 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) vorgelegen haben sowie ob Unterhaltszahlungen als außergewöhnliche Belastung steuermindernd zu berücksichtigen sind.

2

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurden in den Streitjahren zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

3

Seit dem Veranlagungsjahr 1998 hatten die Kläger Unterhaltsleistungen an die 1934 geborene und verwitwete Mutter (M) der Klägerin als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht. In der Einkommensteuererklärung für 1998 gaben sie an, M verfüge über keinerlei Barschaft, ihr Vermögen bestehe nur aus einem kleinen Häuschen. In den Erklärungen für die Streitjahre 1999 bis 2001 gaben die Kläger als Einkünfte der M deren Rente und als Vermögen --mit dem Hinweis "siehe Vorjahr"-- das Einfamilienhaus an. In den Einkommensteuerbescheiden für 1999 vom 20. Juni 2000, für 2000 vom 30. August 2001 und für 2001 vom 15. November 2002 sind jeweils Unterhaltszahlungen an die M in Höhe von 3.600 DM als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt worden.

4

Im Rahmen der Veranlagung 1999 fragte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) am 7. April 2000 bei den Klägern an, wie die land- und forstwirtschaftlichen Flächen der Klägerin genutzt würden. In den Akten befindet sich eine Veräußerungsanzeige mit Eingangsstempel vom 22. August 2000, wonach die Klägerin am 10. August 2000 unbebaute Grundstücke für 74.000 DM verkauft hatte. Die Bewertungsstelle hatte dazu am 4. Oktober 2000 auf Anfrage mitgeteilt, die Grundstücke seien am 1. November 1993 und am 12. Juli 1999 durch Schenkung erworben worden und als land- und forstwirtschaftliches Vermögen bewertet. Angaben über den Schenker enthält die Mitteilung nicht.

5

Anlässlich einer Einspruchsbearbeitung stellte die Rechtsbehelfsstelle des FA im Jahr 2004 fest, dass M nicht nur Eigentümerin des selbst genutzten Grundstücks sowie eines --nicht angrenzenden-- Gartengrundstücks war, sondern auch Miterbin zu 1/2 nach dem Vater der Klägerin, und dass die Miterben --in Erbengemeinschaft-- Eigentümer eines 1.160 qm großen Bauplatzes waren. Des Weiteren wurde ermittelt, dass der Erbengemeinschaft 12.230 qm Ackerland und 2.806 qm Wald gehört hatten, die durch notariellen Vertrag vom 12. Juli 1999 ohne Gegenleistung der Klägerin zu Alleineigentum übertragen worden waren. Eine Kopie des Vertrages war am 26. Juli 1999 beim FA eingegangen, in die Grunderwerbsteuerstelle gelangt und dort abgeheftet worden.

6

Das FA teilte den Klägern daraufhin mit, es habe festgestellt, dass M Inhaberin eines nicht nur geringen Vermögens sei. Sie verfüge neben dem selbst bewohnten Einfamilienhaus über weiteren Grundbesitz. Es könne zudem davon ausgegangen werden, dass M über Bankguthaben in nicht nur geringem Umfang verfüge. Dies ergebe sich aus ihren von der Zinsabschlagsteuer freigestellten Zinserträgen. Darüber hinaus liege keine außergewöhnliche Belastung vor, wenn die unterstützte Person aufgrund von Unterhaltsgefährdung einen Anspruch auf Herausgabe verschenkten Vermögens habe. Das FA änderte am 20. September 2004 die Einkommensteuerbescheide 1999 bis 2001 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO und berücksichtigte die Unterhaltsleistungen nicht mehr.

7

Das Finanzgericht (FG) wies die Sprungklage ab.

8

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

9

Die Kläger beantragen sinngemäß,

das Urteil des FG Nürnberg vom 5. Dezember 2006 I 315/2004 sowie die Einkommensteuerbescheide 1999 bis 2001 vom 20. September 2004 aufzuheben.

10

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

II. Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Zu Recht hat das FG das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO bejaht. Seine Versagung des Abzugs für Unterhaltsaufwendungen unter Hinweis auf zu hohes Vermögen der unterstützten M hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung jedoch nicht stand.

12

1. Der Senat muss nicht entscheiden, ob dem FG die von den Klägern gerügten Verfahrensfehler unterlaufen sind. Die Kläger haben ihre Revision auch auf Verletzung materiellen Rechts gestützt. In einem solchen Fall muss der Bundesfinanzhof (BFH) das angefochtene Urteil in vollem Umfang auf eine Verletzung revisiblen Rechts prüfen, ohne dabei an die vorgebrachten Revisionsgründe gebunden zu sein (vgl. § 118 Abs. 3 Satz 2 FGO). Da die Revision aus materiellen Gründen zur Aufhebung der Vorentscheidung führt, kann offenbleiben, ob sie auch infolge eines Verfahrensfehlers begründet ist (vgl. BFH-Urteil vom 21. März 2007 V R 28/04, BFHE 217, 59, BFH/NV 2007, 1604, unter II.1., m.w.N.).

13

2. Zutreffend ist die Ansicht des FG, die Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO für den Erlass der Änderungsbescheide hätten vorgelegen. Nach dieser Vorschrift sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen. Zu diesen Tatsachen zählen auch sämtliche Umstände, die zur Annahme von eigenem Vermögen einer unterstützten Person im Rahmen des § 33a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) führen. Danach sind das Eigentum der M an dem Gartengrundstück, das Miteigentum am Baugrundstück, die Übertragung des Miterbenanteils von M auf die Klägerin ebenso wie das Geldvermögen der M Tatsachen, die voneinander unabhängig den Abzug von Unterhaltsleistungen nach § 33a Abs. 1 EStG ausschließen können. Eine Tatsache ist dem FA dann i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO bekannt, wenn es positive Kenntnis erlangt hat (BFH-Urteil vom 26. Februar 2009 II R 4/08, BFH/NV 2009, 1599).

14

a) Das FG hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt (§ 118 Abs. 2 FGO), dass das FA weder von dem Eigentum der M am Gartengrundstück noch von ihrem Miteigentum am Baugrundstück oder von ihrem Geldvermögen Kenntnis zum Zeitpunkt der abschließenden Zeichnung im Rahmen der Erstveranlagungen hatte. Dies wird durch die Kläger auch nicht angegriffen. Zudem konnte das FG zu Recht offenlassen, ob das FA bereits im Rahmen der Erstveranlagungen Kenntnis von den Übertragungsvorgängen zwischen M und der Klägerin hatte. § 173 AO knüpft die Rechtsfolge der Änderungsmöglichkeit an eine bestimmte Tatsache. Dass es daneben eine oder weitere andere Tatsachen gegeben hat, die möglicherweise bekannt waren und zu einer Änderung hätten führen müssen, ist unbeachtlich. Insoweit hätte der von den Klägern angebotene Zeugenbeweis mangels Entscheidungserheblichkeit keine weiterführenden Erkenntnisse bringen können.

15

b) Die Anwendung des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO scheitert auch nicht, wie die Kläger meinen, an der fehlenden Rechtserheblichkeit. Die Unkenntnis des FA von der bestimmten Tatsache muss für die ursprüngliche Veranlagung ursächlich gewesen sein. Das ist nach der zu § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO ergangenen Entscheidung des Großen Senats vom 23. November 1987 GrS 1/86 (BFHE 151, 495, BStBl II 1988, 180) der Fall, wenn das FA bei rechtzeitiger Kenntnis des wahren Sachverhalts in der ursprünglichen Veranlagung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre. Von diesem Grundsatz ist auch bei der hier strittigen Änderungsbefugnis gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO auszugehen (vgl. BFH-Urteil vom 7. Juni 1989 II R 73/87, BFH/NV 1990, 415). Für die Frage, wie das FA bei rechtzeitiger Kenntnis entschieden hätte, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Sachverhalt vom FA zutreffend gewürdigt worden wäre (Senatsbeschluss vom 14. September 2005 VI R 18/03, BFH/NV 2006, 13). Dies gilt nicht, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das FA selbst bei Kenntnis der Tatsache eine andere Würdigung aus rechtlichen Erwägungen vorgenommen hätte. § 173 AO ist keine Rechtsgrundlage für die Beseitigung von Rechtsfehlern (BFH-Urteil vom 11. Juni 1997 X R 117/95, BFH/NV 1997, 853). Hinweise auf eine andere rechtliche Beurteilung können sich aus der Auslegung des Gesetzes nach der damaligen Rechtsprechung des BFH oder aus Verwaltungsanweisungen, die im Zeitpunkt des ursprünglichen Bescheiderlasses durch das FA gegolten haben, ergeben (Beschluss des Großen Senats in BFHE 151, 495, BStBl II 1988, 180).

16

Nach diesen Grundsätzen sind die nachträglich bekanntgewordenen Tatsachen rechtserheblich. Die Unkenntnis des FA über die Tatsachen, dass M Eigentümerin eines Garten- und Miteigentümerin eines Baugrundstücks ist sowie über Geldvermögen verfügt, war ursächlich für den im Rahmen der Erstveranlagungen der Kläger gewährten Unterhaltskostenabzug als außergewöhnliche Belastung. Es ist davon auszugehen, dass das FA diesen Abzug versagt hätte, wenn es gewusst hätte, dass M über derartiges Vermögen verfügt. Anhaltspunkte für eine abweichende rechtliche Beurteilung aufgrund entgegenstehender Verwaltungsanweisungen oder abweichender Auslegung des § 33a Abs. 1 EStG durch die Rechtsprechung in den Streitjahren sind nicht vorhanden. Insbesondere lassen sich keine Hinweise finden, dass das FA die Voraussetzungen des § 33a Abs. 1 EStG in den Streitjahren nicht beachten wollte. Selbst wenn also, wie die Kläger behaupten, das FA von den Übertragungsvorgängen zwischen M und der Klägerin Kenntnis gehabt und den Abzug der Unterhaltsaufwendung nicht versagt hätte, würde dies an der Rechtserheblichkeit der Tatsachen nichts ändern. Aus einem --unterstellt-- unrichtigen Verhalten des FA bezüglich einer Tatsache kann nicht ohne weiteres auf eine Wiederholung bei einer weiteren Tatsache geschlossen werden. Es ist daher unerheblich, ob das FA Kenntnis von den Übertragungsvorgängen zwischen M und der Klägerin bei der Erstveranlagung hatte.

17

Schließlich hat das FG zu Recht entschieden, dass das FA auch nicht durch Treu und Glauben an einer Änderung der Bescheide gehindert war. Das FG konnte auf der Grundlage seiner tatsächlichen Feststellungen zu dem Ergebnis gelangen, dass das FA die ihm obliegende Ermittlungspflicht nicht verletzt hat. Daher kann offenbleiben, ob die Kläger ihrerseits die ihnen obliegende Pflicht, den steuerlich relevanten Sachverhalt dem FA vollständig und deutlich zur Prüfung vorzulegen, verletzt haben.

18

3. Zu Unrecht hat das FG jedoch im Rahmen des § 33a Abs. 1 EStG zur Ermittlung der Höhe des schädlichen Eigenvermögens der unterstützten Person hinsichtlich unbebauter Grundstücke allein auf die Bodenrichtwerte nach dem Baugesetzbuch (BauGB) abgestellt.

19

a) Erwachsen einem Steuerpflichtigen Aufwendungen für den Unterhalt einer ihm oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person, so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass die Aufwendungen bis zu einem Höchstbetrag von 13.020 DM (1999), 13.500 DM (2000) bzw. 14.040 DM (2001) im Kalenderjahr vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden (§ 33a Abs. 1 Satz 1 EStG). Voraussetzung für den Abzug ist u.a., dass die unterhaltene Person kein oder nur ein geringes Vermögen besitzt (§ 33a Abs. 1 Satz 3 EStG). Der Gesetzgeber geht dabei typisierend davon aus, dass bei eigenem, nicht nur geringfügigem Vermögen eine Unterhaltsbedürftigkeit nicht gegeben ist und die Unterhaltsaufwendungen damit nicht zwangsläufig anfallen (BFH-Urteil vom 14. August 1997 III R 68/96, BFHE 184, 315, BStBl II 1998, 241, zu § 33a Abs. 1 EStG a.F.). Ob der Unterhaltsempfänger über kein oder nur geringes Vermögen i.S. des § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG verfügt, ist unabhängig von der Anlageart nach dem Verkehrswert zu entscheiden; ein Vermögen von bis zu 15.500 € (30.000 DM) ist in der Regel gering (BFH-Urteil vom 12. Dezember 2002 III R 41/01, BFHE 201, 192, BStBl II 2003, 655). Diese Grenze von 15.500 € (30.000 DM) ist für die Streitjahre trotz der seit 1975 eingetretenen Geldentwertung nicht zu erhöhen (BFH-Urteil vom 29. Mai 2008 III R 48/05, BFHE 221, 221, BStBl II 2009, 361). Sie liegt in den Streitjahren deutlich über dem Schonvermögen nach § 88 Abs. 2 Nr. 8 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) i.V.m. § 1 der Verordnung zur Durchführung des § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG. Auch die seit 1. Januar 2005 geltenden neuen Grenzen für das Schonvermögen im Sozialrecht des § 12 Abs. 2 Nr. 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch überschreiten die Grenze von 30.000 DM (15.500 €) nicht.

20

b) Das FG hat festgestellt, dass M als unterstützte Person Eigentümerin eines Gartengrundstücks sowie Miteigentümerin eines Baugrundstücks ist. Dem FG ist darin zuzustimmen, dass die Verkehrswerte dieser Grundstücke zu ermitteln sind. Zu Unrecht hat das FG jedoch die Bodenrichtwerte nach § 196 BauGB für allein maßgeblich zur Bestimmung des Verkehrswertes i.S. des § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG gehalten.

21

Unter Vermögen i.S. des § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG ist das Nettovermögen zu verstehen, d.h. der Wert der aktiven Vermögensgegenstände, vermindert um die Schulden des Unterhaltsempfängers (BFH-Urteil in BFHE 201, 192, BStBl II 2003, 655). Denn durch den kreditfinanzierten Erwerb von Wirtschaftsgütern vermindert sich die unterhaltsrechtliche Bedürftigkeit nicht. Zur Ermittlung des Nettovermögens ist daher zunächst der objektive Verkehrswert (Bruttovermögenswert) der Vermögensgegenstände zu ermitteln. Im Anschluss sind diese Werte einzelfallbezogen nach dem Sinn und Zweck des § 33a EStG zu mindern.

22

aa) Zur Ermittlung des Bruttovermögens sind die einzelnen Vermögensgegenstände zu bewerten. Dies erfolgt für alle bundesgesetzlich geregelten Abgaben, die durch Bundes- oder Landesbehörden verwaltet werden, grundsätzlich gemäß § 1 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) in Anwendung des allgemeinen Teils (§§ 1 bis 16 BewG). Dies gilt gemäß § 1 Abs. 2 BewG nicht, wenn im jeweiligen Einzelsteuergesetz oder im besonderen Teil des Bewertungsgesetzes Sonderregelungen zur Bewertung von Vermögensgegenständen normiert sind. § 33a Abs. 1 EStG enthält keine Regelung, nach welchem Verfahren das Vermögen der unterstützten Person zu ermitteln ist. Zwar zählen die Grundstücke der M zum Grundvermögen i.S. der §§ 68ff. BewG. Jedoch enthält § 72 BewG für unbebaute Grundstücke keine Sonderregelung für die Bewertung. Damit gilt zur Verkehrswertermittlung der allgemeine Teil und somit der gemeine Wert nach § 9 BewG. Der gemeine Wert unbebauter Grundstücke ist nach der Rechtsprechung des BFH entweder unmittelbar aus Verkaufspreisen für benachbarte vergleichbare Grundstücke oder auf der Grundlage von Durchschnittswerten (Richtwerten) oder --in Ausnahmefällen-- durch Einzelgutachten zu ermitteln (BFH-Entscheidungen vom 21. Mai 1982 III B 32/81, BFHE 136, 141, BStBl II 1982, 604, und vom 26. September 1980 III R 21/78, BFHE 132, 101, BStBl II 1981, 153). Zwar kommt der Wertermittlung unmittelbar aus Verkaufspreisen für benachbarte Vergleichsgrundstücke grundsätzlich der Vorrang vor den anderen Wertermittlungsmethoden zu. Voraussetzung für die Wertermittlung durch unmittelbaren Vergleich mit Verkaufspreisen ist jedoch, dass eine ausreichende Zahl repräsentativer und stichtagsnaher Verkaufsfälle in der näheren Umgebung vorliegt. Anderenfalls verdient --und dies dürfte in der Praxis die Regel sein-- aus Gründen der gleichmäßigen Besteuerung die Ableitung des gemeinen Wertes aus Richtwerten den Vorzug (BFH in BFHE 136, 141, 144, BStBl II 1982, 604, 606, und in BFHE 132, 101, 104, BStBl II 1981, 153, 154). Dabei ist der für das Streitjahr festgestellte Richtwert zu Grunde zu legen.

23

Die vom FG angenommene Verbindlichkeit der Bodenrichtwerte (§ 196 BauGB) als Bewertungsmaßstab für unbebaute Grundstücke in sämtlichen Steuerrechtsverhältnissen ergibt sich nicht aus dem Gesetz. Der Regelung der Bodenrichtwerte im Baugesetzbuch soll ebenso wie den Gutachten der Gutachterausschüsse (§ 193 Abs. 3 BauGB) keine Verbindlichkeit zukommen (Kleiber in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, § 196 Rz 10). Dies entspricht auch dem in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck gebrachten Willen des Gesetzgebers in Bezug auf das Steuerrecht (BTDrucks 7/4793 zu § 143b des Bundesbaugesetzes 1976). Auch aus dem Bewertungsgesetz lässt sich keine Allgemeinverbindlichkeit der Bodenrichtwerte herleiten. Der Gesetzgeber hat zwar für die Ermittlung des Bedarfswertes (§ 145 BewG) eine Verbindlichkeit der Bodenrichtwerte normiert. Die §§ 138ff. BewG wurden jedoch nur zur Neuregelung der Grunderwerb- und der Erbschaftsteuer eingeführt. Auch eine analoge Anwendung dieser Vorschriften auf andere Steuerrechtsgebiete kommt nicht in Betracht. Die Vorschriften sind in den Streitjahren nicht auf die Ermittlung des gemeinen Wertes gerichtet gewesen, sondern auf einen deutlich darunterliegenden. Zudem waren die Bodenrichtwerte auf den Stichtag 1. Januar 1996 bis zum Jahr 2007 festgelegt. Damit waren die aktuellen Wertverhältnisse nicht berücksichtigt (Knittel in: Gürsching/Stenger, Bewertungsrecht, § 9 BewG [ErbStG] Rz 3, 20).

24

Entgegen der Auffassung des FG ergibt sich eine Verbindlichkeit der Bodenrichtwerte für den Streitfall auch nicht aus den in der Vorentscheidung zitierten Urteilen des BFH vom 12. Juli 2006 II R 1/04 (BFHE 213, 387, BStBl II 2006, 742) sowie vom 11. Mai 2005 II R 21/02 (BFHE 210, 48, BStBl II 2005, 686). Beide Entscheidungen beziehen sich allein auf die Ermittlung von Grundstückswerten für die Bedarfsbewertung. Dass die Bodenrichtwerte auch für § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG verbindlich sein sollten, lässt sich den Urteilen nicht entnehmen.

25

bb) Allerdings kann auch nicht der gemeine Wert der Ermittlung des für § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG maßgeblichen Nettovermögens zugrunde gelegt werden. Denn nach § 9 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 BewG sind persönliche Verhältnisse, wie nachhaltige Verfügungsbeschränkungen oder Verwertungshindernisse, unberücksichtigt zu lassen. Solche in der Person des Steuerpflichtigen oder seines Rechtsvorgängers begründeten Umstände sind bei Ermittlung des schädlichen Vermögens nach § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG zu berücksichtigen, weil sie die unterhaltsrechtliche Bedürftigkeit nicht ausschließen. Ausgangspunkt ist danach der gemeine Wert, der um die Belastungen auf Grund ungewöhnlicher oder persönlicher Verhältnisse zu mindern ist (s. auch BFH in BFHE 221, 221, BStBl II 2009, 361).

26

cc) Nach alledem hat das FG zu Unrecht einen Verkehrswert für die unbebauten Grundstücke allein aus den Bodenrichtwerten nach dem Baugesetzbuch abgeleitet. Das FG hat ausgehend von seiner Rechtsauffassung vorliegend keine Feststellungen darüber getroffen, ob eine Ermittlung des gemeinen Wertes aus Kaufpreisen für vergleichbare Grundstücke möglich gewesen wäre. Des Weiteren fehlen Feststellungen zu den besonderen Umständen des vorliegenden Falls. Dazu gehören Feststellungen zu Verbindlichkeiten, Nutzungs- oder Verfügungsbeschränkungen sowie zur Verwertbarkeit des Grundvermögens.

27

4. Die Vorentscheidung beruht auf einer anderen Rechtsauffassung und ist daher aufzuheben. Der Senat kann jedoch nicht durcherkennen, da die Sache nicht spruchreif ist. Das FG wird den dargelegten Grundsätzen folgend eine neue Bewertung des Vermögens der M vorzunehmen haben. Zur Ermittlung der Verkehrswerte der Grundstücke sind alle erkennbaren Umstände miteinzubeziehen. Ausgangspunkt ist dabei der gemeine Wert der Grundstücke nach § 9 BewG. Zu dessen Ermittlung sind vorrangig Verkaufspreise für vergleichbare Grundstücke heranzuziehen. Sollte dies nicht möglich sein, kann der gemeine Wert aus den für die Streitjahre festgestellten Bodenrichtwerten abgeleitet werden. Im zweiten Schritt sind sämtliche Belastungen des Bruttovermögens, die einer kurzfristigen Verwertung entgegenstehen, festzustellen und der Minderungswert, gegebenenfalls im Schätzungswege, zu ermitteln.