Bundesgerichtshof Urteil, 05. Dez. 2016 - AnwZ (Brfg) 31/14

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:051216UANWZ.BRFG.31.14.0
bei uns veröffentlicht am05.12.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des 2. Senats des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen vom 7. März 2014 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf 10.000 € festgesetzt.

Tatbestand

1

Der Kläger ist Rechtsanwalt und im Bezirk der Beklagten zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Seit 2005 darf er die Bezeichnung "Fachanwalt für Erbrecht" führen. Er ist außerdem Fachanwalt für Steuerrecht. Auf seinem Briefkopf bezeichnet er sich als "Notar Rechtsanwalt Spezialist für Erbrecht und Erbschaftsteuer Fachanwalt für Erbrecht Fachanwalt für Steuerrecht zert. Testamentsvollstrecker (DEV) Fachanwalt für Arbeitsrecht". In einem so bezeichneten und mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenen "Belehrungsbescheid" vom 15. August 2012 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass die Bezeichnung "Spezialist für Erbrecht" unzulässig sei. Aufgrund der Weite der Tätigkeitsfelder, für die Fachanwaltschaften eingerichtet seien, sei ein Spezialistentum auf dem gesamten Gebiet einer Fachanwaltschaft in der Regel nicht möglich und daher irreführend (§ 7 Abs. 2 BORA). Die Bezeichnung "Spezialist für Erbschaftsteuer" sei dagegen zulässig, weil der Kläger dargelegt habe, dass er insoweit über zusätzliche theoretische Kenntnisse verfüge und auf diesem Gebiet in erheblichem Umfang tätig gewesen sei.

2

Der Kläger hält die Bezeichnung "Spezialist für Erbrecht" nicht für irreführend. In seinen etwa 33 Berufsjahren sei er fast ausschließlich auf dem Gebiet des Erbrechts tätig gewesen. Im Verfahren zur Erlangung der Fachanwaltsbezeichnung "Fachanwalt für Erbrecht" habe er eine Fallliste mit mehr als 600 einschlägigen Fällen aus den drei Jahren vor Antragstellung vorgelegt. Er sei Mitglied der Deutschen Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge, der Deutschen Gesellschaft für Erbrechtskunde, des Deutschen Forums für Erbrecht und Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e.V. sowie der Arbeitsgemeinschaft für Erbrecht im Deutschen Anwaltverein. Darüber hinaus habe er zahlreiche erbrechtliche Fortbildungs- und Qualifizierungsveranstaltungen besucht, an allen Deutschen Erbrechtstagen teilgenommen, eine Vielzahl von populärwissenschaftlichen Aufsätzen zum Thema Erbrecht, Vermögensnachfolge und Erbschaftsteuer verfasst und mehr als einhundert Vorträge vor Laienpublikum gehalten. Als Rechtsanwalt sei er ganz überwiegend, als Notar in beträchtlichem Umfang auf dem Gebiet des Erbrechts tätig. So habe er im Jahr 2010 als Anwalt 60 neue erbrechtliche Mandate übernommen, dazu 233 neue notarielle Angelegenheiten mit erbrechtlichem Schwerpunkt. Im Jahr 2011 habe er als Anwalt 55 neue rein erbrechtliche Mandate übernommen sowie 333 neue notarielle Angelegenheiten mit erbrechtlichem Schwerpunkt. Im Jahr 2012 habe er als Anwalt 53 neue erbrechtliche Mandate bearbeitet, dazu 359 notarielle Angelegenheiten mit erbrechtlichem Schwerpunkt.

Der Kläger hat beantragt,

den Belehrungsbescheid der Beklagten vom 15. August 2012 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat ihren Bescheid verteidigt.

3

Der Anwaltsgerichtshof hat die Klage abgewiesen, weil der Kläger nicht über die herausragenden Kenntnisse und Erfahrungen eines "Spezialisten" auf dem Gebiet des Erbrechts verfüge.

4

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Senat zugelassene Berufung des Klägers. Der Kläger wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und verweist ergänzend auf das nach der Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs ergangene Urteil des I. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 24. Juli 2014 (I ZR 53/13, NJW 2015, 704). Er beantragt,

das Urteil des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen vom 7. März 2014, Aktenzeichen: 2 AGH 20/12, und den Belehrungsbescheid der Rechtsanwaltskammer H.    vom 15. August 2012 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

5

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

6

Die kraft Zulassung durch den Senat statthafte (vgl. § 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 1 VwGO) und auch im Übrigen zulässige (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 6 VwGO) Berufung bleibt ohne Erfolg.

7

1. Die Klage ist als Anfechtungsklage statthaft (§ 112a Abs. 1, § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 42 VwGO). Nach § 73 Abs. 2 Nr. 1 BRAO obliegt es dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer, die Kammermitglieder in Fragen der Berufspflichten zu beraten und zu belehren. Gemäß § 73 Abs. 2 Nr. 4 BRAO hat er die Erfüllung der den Kammermitgliedern obliegenden Pflichten zu überwachen und das Recht der Rüge zu handhaben. Stellt der Vorstand einer Rechtsanwaltskammer in Wahrnehmung seiner Aufgaben fest, dass sich ein Rechtsanwalt berufswidrig verhalten hat, so kann er diesen auf die Rechtsauffassung der Kammer hinweisen und über den Inhalt seiner Berufspflichten belehren. Erteilt der Vorstand der Rechtsanwaltskammer einem Kammermitglied eine derartige missbilligende Belehrung, so stellt diese eine hoheitliche Maßnahme dar, die das betroffene Mitglied in seinen Rechten beeinträchtigen kann. Als solche ist sie anfechtbar (BGH, Urteil vom 18. Juli 2016 - AnwZ (Brfg) 22/15, juris Rn. 10 mwN; vgl. auch BGH, Urteil vom 27. Oktober 2014 - AnwZ (Brfg) 67/13, NJW 2015, 72 Rn. 7).

8

2. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat gegen berufsrechtliche Pflichten verstoßen, indem er sich die Bezeichnung "Spezialist für Erbrecht" beigelegt hat.

9

a) Die Beklagte hat ihren Belehrungsbescheid auf § 7 Abs. 2 BORA gestützt. Diese Vorschrift nimmt auf § 7 Abs. 1 BORA Bezug. Nach § 7 Abs. 1 BORA darf - unabhängig von Fachanwaltsbezeichnungen - derjenige Rechtsanwalt Teilbereiche der Berufstätigkeit benennen, der seinen Angaben entsprechende Kenntnisse nachweisen kann, die in der Ausbildung, durch Berufstätigkeit, Veröffentlichungen oder in sonstiger Weise erworben wurden. Wer qualifizierende Zusätze verwendet, muss zusätzlich über entsprechende theoretische Kenntnisse verfügen und auf dem benannten Gebiet in erheblichem Umfang tätig gewesen sein. Die Vorschrift des § 7 Abs. 2 BORA verbietet Benennungen, die nach § 7 Abs. 1 BORA zulässig sein könnten, die aber die Gefahr einer Verwechslung mit Fachanwaltschaften begründen oder sonst irreführend sind. Sie entspricht den unionsrechtlichen Vorgaben in Art. 24 der Richtlinie 2006/123/EG vom 12. Dezember 2006 (BGH, Urteil vom 24. Juli 2014 - I ZR 53/13, NJW 2015, 704 Rn. 11 f.) und steht mit der in Art. 12 Abs. 1 GG garantierten Berufsausübungsfreiheit in Einklang (BGH, Urteil vom 24. Juli 2014, aaO Rn. 13).

10

b) Die tatsächlichen Voraussetzungen einer Qualifikation, welche einem Rechtsanwalt erlauben würde, neben den Bezeichnungen "Spezialist für Erbschaftsteuer" und "Fachanwalt für Erbrecht" noch diejenige eines "Spezialisten für Erbrecht" zu führen, hat der Kläger auch im Berufungsverfahren nicht hinreichend dargelegt .

11

aa) Das Erbrecht ist ein Spezialgebiet, auf welches ein Rechtsanwalt grundsätzlich hinweisen darf. Die Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 1 BORA in der seit dem 1. März 2006 geltenden Fassung stellt es dem Rechtsanwalt frei, auf Teilbereiche seiner Berufstätigkeit und auf die den entsprechenden Angaben zu Grunde liegende Qualifizierung - etwa Lehrgänge, Aufbaustudiengänge, langjährige Fachpraxis - hinzuweisen. Dadurch soll dem Verbraucher das Auffinden eines geeigneten Rechtsanwalts und damit der Zugang zum Recht erleichtert werden (vgl. die Begründung für die Änderungen der §§ 7, 6 Abs. 2 und 3 BORA, BRAK-Mitt. 2006, 212 zu § 7 BORA). Eine zahlenmäßige oder terminologische Beschränkung ist seit dem Inkrafttreten der Vorschrift am 1. März 2006 nicht mehr vorgesehen. Durch den Verzicht auf terminologische Vorgaben sowie eine zahlenmäßige Beschränkung soll ein größtmöglicher Freiraum für die Gestaltung der Werbung des Anwalts ermöglicht werden (BRAK-Mitt. 2006, 212 zu § 7 BORA).

12

bb) Die Bezeichnung "Spezialist" ist ein qualifizierender Zusatz gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 BORA. Als "Spezialist" wird im allgemeinen Sprachgebrauch jemand bezeichnet, der auf einem bestimmten (Fach-) Gebiet über besondere Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt. Ein "Spezialist für Erbrecht" ist danach jemand, der besondere Kenntnisse und Fähigkeiten auf dem Gebiet des Erbrechts aufweist. Wer qualifizierende Zusätze wie etwa "Spezialist" oder "Experte" verwendet, muss nach Vorstellung der Satzungsversammlung über Kenntnisse verfügen, die das Führen der betreffenden Bezeichnung rechtfertigt. Die Art des Erwerbs solcher Kenntnisse wird nicht vorgegeben. Die Kenntnisse müssen aber nachweisbar vorhanden sein. Der Anwalt muss zudem auf dem betreffenden Gebiet in erheblichem Umfang tätig gewesen sein (BRAK-Mitt. 2006, 212 zu § 7 Abs. 1 BORA). Auf terminologische Vorgaben hat die Satzungsversammlung bewusst verzichtet. Den geforderten "erheblichen Umfang" der praktischen Erfahrung hat sie ebenfalls nicht näher bestimmt. Entscheidend soll sein, dass die in der Werbung herausgestellten Angaben des Anwalts zutreffen. Je intensiver der Anwalt Teilbereiche seiner Berufstätigkeit werbend herausstellt, desto fundierter müssen seine Kenntnisse und praktischen Erfahrungen sein (BRAK-Mitt. 2006, 212 zu § 7 Abs. 1 BORA).

13

cc) Unter welchen Voraussetzungen sich ein Rechtsanwalt als "Spezialist" für ein bestimmtes Rechtsgebiet bezeichnen darf, wird in der bisherigen Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt. Weil § 7 Abs. 2 BORA Bezeichnungen verbietet, welche die Gefahr einer Verwechselung mit Fachanwaltschaften begründen, werden vielfach besonders hohe, vom allgemeinen Sprachgebrauch abweichende Anforderungen an den Begriff des "Spezialisten" gestellt, um einer solchen Verwechselung vorzubeugen (vgl. etwa Feuerich/Weyland/Träger, BRAO, 9. Aufl., § 7 BORA Rn. 28). Ein "Spezialist" sei nur ein Anwalt, welcher bevorzugt, wenn nicht sogar ausschließlich einen engen Bereich aus dem weiten Feld der Rechtsberatung bearbeite. In diesem eng beschränkten Bereich verfüge er über besondere Kenntnisse und Erfahrungen sowohl rechtstheoretischer als auch praktischer Art. Er kenne die Feinheiten und Besonderheiten des materiellen Rechts und wisse, wie dieses prozessual durchgesetzt werden könne. Dieser Ansicht hat sich der Anwaltsgerichtshof angeschlossen. Teilweise wird sogar vertreten, dass es "Spezialisten" auf einem Rechtsgebiet, für das eine Fachanwaltsbezeichnung besteht, nicht geben kann (so etwa Huff in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 2. Aufl., § 7 BORA/§ 43b BRAO Rn. 30; ders., WRP 2015, 343). In eine ähnliche Richtung deutet die Forderung, der sich als "Spezialist" auf einem Gebiet, für welches es eine Fachanwaltsbezeichnung gebe, bezeichnende Anwalt müsse die vertieften Kenntnisse und Erfahrungen eines Spezialisten, die diejenigen eines Fachanwalts überragen, auf allen Teilbereichen des Rechtsgebiets nachweisen (OLG Nürnberg, NJW 2007, 1984, 1985 f.).

14

Demgegenüber hat der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in einem Urteil vom 24. Juli 2014 (I ZR 53/13, NJW 2015, 704) entschieden, dass einem Rechtsanwalt die Führung der Bezeichnung "Spezialist" für ein Rechtsgebiet, für welches eine Fachanwaltschaft besteht, dann nicht untersagt werden kann, wenn er über Fähigkeiten verfügt, die denjenigen eines Fachanwalts entsprechen. Der Entscheidung liegt eine vom damaligen Berufungsgericht getroffene und revisionsrechtlich gebilligte Feststellung dahingehend zugrunde, dass ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Rechtsuchender die nach Art eines Titels verwendeten Begriffe "Spezialist" und "Fachanwalt" als Synonyme versteht (BGH, Urteil vom 24. Juli 2014, aaO Rn. 14 ff.). In der Begründung heißt es weiter, die Rechtsuchenden wüssten regelmäßig nicht, unter welchen Voraussetzungen eine Fachanwaltsbezeichnung verliehen werde. Sie könnten deshalb nicht zwischen einem "Fachanwalt" und einem "Spezialisten" unterscheiden. Dann aber könne von einem selbst ernannten "Spezialisten" nicht mehr als die Expertise eines Fachanwalts verlangt werden, der seine besonderen theoretischen Kenntnisse und besonderen praktischen Erfahrungen nach Maßgabe der Fachanwaltsordnung der zuständigen Rechtsanwaltskammer nachgewiesen habe. Wer sich als "Spezialist" bezeichne und dabei über die gleichen Kenntnisse und Erfahrungen wie ein Fachanwalt verfüge, wecke damit keine unrichtigen Erwartungen. Dieses Urteil hat Zustimmung (Kleine-Cosack, BRAO, 7. Aufl., Vor § 43b Rn. 37), aber auch Kritik erfahren (Remmertz, NJW 2015, 707; Kleinemenke, GRUR-Prax 2015, 68; Huff, WRP 2015, 343; Omsels, jurisPR-WettbR 2/2015 Anm. 3). Der Kläger versteht dieses Urteil dahingehend, dass er sich schon deshalb, weil er Fachanwalt für Erbrecht sei, auch als "Spezialist" für Erbrecht bezeichnen dürfe.

15

dd) Einer näheren Auseinandersetzung mit dem genannten Urteil des I. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 24. Juli 2014 und der hieran geübten Kritik bedarf es nicht. Der vorliegende Fall liegt deshalb besonders, weil der Kläger sich nicht nur als "Spezialist für Erbrecht" bezeichnet, sondern zusätzlich den Titel "Fachanwalt für Erbrecht" führt. Die Bezeichnung "Spezialist" kann unter diesen Umständen nicht nur bedeuten, dass der Kläger Kenntnisse und praktische Erfahrungen aufweist, die denjenigen eines Fachanwalts entsprechen. Ein solcher Hinweis wäre überflüssig. Wer den Titel "Fachanwalt für Erbrecht" führt und sich zusätzlich als "Spezialist für Erbrecht" bezeichnet, verwendet die genannten Begriffe nicht synonym, sondern bringt zum Ausdruck, dass seine Kenntnisse und praktischen Erfahrungen diejenigen eines "Nur-Fachanwalts" nicht nur unerheblich überschreiten. Hinzu kommt, dass der Kläger sich außerdem als "Spezialist für Erbschaftsteuer" bezeichnet. Der Ausdruck "Spezialist für Erbrecht und Erbschaftsteuer" unterscheidet, was die Tiefe der Kenntnisse und den Umfang der praktischen Erfahrungen angeht, nicht zwischen dem Oberbegriff des Erbrechts und dem Teilgebiet des Erbschaftsteuerrechts. Der Kläger berühmt sich besonderer, diejenigen eines Fachanwalts nicht nur unerheblich übersteigender Kenntnisse und Erfahrungen auf dem gesamten Gebiet des Erbrechts, wobei das Erbschaftsteuerrecht nur beispielhaft herausgestellt wird.

16

ee) Kenntnisse und Erfahrungen auf dem gesamten Gebiet des Erbrechts, welche diejenigen eines Fachanwalts nicht nur unerheblich übersteigen, hat der Kläger nicht dargelegt.

17

(1) Es kommt auf die Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen des Klägers im Zeitpunkt des Belehrungsbescheides vom 15. August 2012 an. Qualifizierende Zusätze darf ein Rechtsanwalt nur dann verwenden, wenn er nicht nur in der Vergangenheit - etwa im Zeitpunkt der Verleihung der Befugnis, eine Fachanwaltsbezeichnung zu führen - über besondere Kenntnisse und Fähigkeiten verfügte und in erheblichem Umfang tätig war, sondern auch im Zeitpunkt der Verwendung (vgl. Kilian, WuB 2015, 687, 690). Das folgt hinreichend deutlich aus dem Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 1 und 2 BORA und entspricht dem allgemeinen Sprachgebrauch.

18

(2) Der Kläger darf seit 2005 die Bezeichnung "Fachanwalt für Erbrecht" führen. Da die ihm erteilte Erlaubnis nicht widerrufen worden ist, hat er die in § 15 FAO vorgeschriebenen Fortbildungen Jahr für Jahr nachgewiesen, sich also seither theoretisch fortgebildet (vgl. § 43c Abs. 4 Satz 2 BRAO). Der Kläger war und ist zudem in erheblichem Umfang auf dem Gebiet des Erbrechts tätig. Die mitgeteilten Fallzahlen in den Jahren 2010 bis 2012 im Bereich der anwaltlichen Tätigkeit liegen über den 80 Fällen, welche § 5 Abs. 1 lit. m FAO für den Erwerb der Fachanwaltsbezeichnung vorsieht. Insoweit übertrifft der Kläger durchaus die Anforderungen, die an einen Fachanwalt gestellt werden. Der Fachanwalt braucht nämlich keinerlei praktische Tätigkeit mehr nachzuweisen, wenn er einmal die Berechtigung erlangt hat, den Fachanwaltstitel zu führen (vgl. hierzu BVerfG, NJW 2015, 394 Rn. 21). Hinzu kommt die umfangreiche Notartätigkeit des Klägers auf dem Gebiet des Erbrechts. Aus dem Vortrag des Klägers folgt schließlich eine erbrechtliche "Spezialisierung" in dem Sinne, dass der Kläger im maßgeblichen Zeitraum mehr erbrechtliche Fälle als Fälle aus anderen Rechtsgebieten bearbeitet hat.

19

(3) Der Kläger hat jedoch nicht dargelegt, dass seine Fälle allen oder jedenfalls mehreren der in § 14f FAO (in der hier maßgeblichen Fassung vom 1. Juli 2011, die bis zum 1. Dezember 2012 in Kraft war) genannten Bereiche entstammten.

20

Ein Fachanwalt für das Erbrecht musste im Jahre 2012 besondere Kenntnisse nachweisen in den Bereichen des materiellen Erbrechts unter Einschluss erbrechtlicher Bezüge zum Schuld-, Familien-, Gesellschafts-, Stiftungs- und Sozialrecht, im Bereich des Internationalen Privatrechts im Erbrecht, im Bereich der vorweggenommenen Erbfolge sowie der Vertrags- und Testamentsgestaltung, im Bereich der Testamentsvollstreckung, Nachlassverwaltung, Nachlassinsolvenz und Nachlasspflegschaft, im Bereich der steuerlichen Bezüge zum Erbrecht sowie im Bereich der Besonderheiten der Verfahrens- und Prozessführung. An praktischer Erfahrung verlangte § 5 Abs. 1 lit. m FAO in der Fassung vom 1. Juli 2011 insgesamt 80 Fälle aus dem Erbrecht, davon mindestens 20 rechtsförmliche Verfahren, davon höchstens 10 Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Die Fälle mussten sich auf alle in § 14f Nr. 1 bis 5 FAO bestimmten Bereiche beziehen, dabei aus drei Bereichen mindestens jeweils 5 Fälle. Der Senat ist nicht der Ansicht, dass diese Vorschrift im Rahmen des § 7 BORA entsprechend anzuwenden ist. Er entnimmt ihr jedoch den Rechtsgedanken, dass die Kenntnisse und praktischen Erfahrungen eines Fachanwaltes alle Teilbereiche des § 14f Nr. 1 bis 5 FAO abdecken müssen. Für einen Anwalt, der sich zusätzlich als "Spezialist" für Erbrecht bezeichnen will, kann nichts anderes gelten. Seine vertieften, diejenigen eines Fachanwalts nicht nur unerheblich übersteigenden Kenntnisse und Erfahrungen müssen sich auf alle Teilgebiete des Erbrechts beziehen. Ist dies nicht der Fall, darf der Anwalt nur das Teilgebiet benennen, auf welches sich seine Kenntnisse und praktischen Erfahrungen beziehen.

21

Dazu, aus welchen Teilbereichen die von ihm in den Jahren 2010 bis 2012 bearbeiteten erbrechtlichen Fälle stammten, hat der Kläger auch im Berufungsverfahren keine Angaben gemacht. Er hat - zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat - die Ansicht vertreten, es sei Sache der beklagten Kammer, ihm nachzuweisen, dass seine Angaben unrichtig seien. Dies trifft nicht zu. Ein Rechtsanwalt, der Benennungen nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BORA führt, muss die seinen Angaben entsprechenden Kenntnisse nachweisen. Das folgt (hinreichend deutlich) aus dem Wortlaut der Norm. Nichts anderes gilt hinsichtlich der qualifizierenden Zusätze gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 BORA, der an § 7 Abs. 1 Satz 1 BORA anschließt und auf diese Vorschrift Bezug nimmt. Im Übrigen ist der Anwalt schon im Verwaltungsverfahren vor der Kammer nach §§ 32 BRAO, 26 Abs. 2 VwVfG gehalten, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere die ihm bekannten Tatsachen und Beweismittel anzugeben. Im anwaltsgerichtlichen Verfahren und im Verfahren vor dem Anwaltssenat setzt sich diese Mitwirkungslast fort (BGH, Beschluss vom 6. Februar 2012 - AnwZ (Brfg) 42/11, juris Rn. 20). Der Kläger hat nur Fallzahlen mitgeteilt. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass er nicht auf allen Teilgebieten des Erbrechts gearbeitet hat. Die Fälle könnten sogar ganz oder überwiegend aus nur einem einzigen Teilgebiet - etwa demjenigen der Erbschaftsteuer - stammen, wenn dies auch nicht wahrscheinlich ist. Dann aber gäbe es gar keine Grundlage für die Bezeichnung "Spezialist für Erbrecht" neben derjenigen etwa eines "Spezialisten für Erbschaftsteuer".

22

(4) Nachdem der Kläger schon nicht die erforderliche Breite seiner erbrechtlichen Kenntnisse und Erfahrungen auf dem Gebiet des Erbrechts dargetan hat, kommt es auf die Frage, wie vertieft seine Kenntnisse und Erfahrungen sind und hätten sein müssen, um sich als Fachanwalt und als Spezialist bezeichnen zu dürfen, nicht an. Vorträge vor Laienpublikum und populärwissenschaftliche Veröffentlichungen dürften insoweit aber nicht ausreichen.

23

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 1 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 194 Abs. 1 BRAO, § 52 Abs. 1 GKG.

Limperg                      Lohmann                      Remmert

                 Schäfer                           Lauer

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 05. Dez. 2016 - AnwZ (Brfg) 31/14

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Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile, Grundurteile und Zwischenurteile über die Zulässigkeit steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Anwaltsgerichtshof oder vom Bundesgerichtshof zugelassen wird. Für das Berufungsverfahren gilt der Zwölfte Abschnitt der Verwaltungsgerichtsordnung mit der Maßgabe, dass der Anwaltsgerichtshof an die Stelle des Verwaltungsgerichts und der Bundesgerichtshof an die Stelle des Oberverwaltungsgerichts tritt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile, Grundurteile und Zwischenurteile über die Zulässigkeit steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Anwaltsgerichtshof oder vom Bundesgerichtshof zugelassen wird. Für das Berufungsverfahren gilt der Zwölfte Abschnitt der Verwaltungsgerichtsordnung mit der Maßgabe, dass der Anwaltsgerichtshof an die Stelle des Verwaltungsgerichts und der Bundesgerichtshof an die Stelle des Oberverwaltungsgerichts tritt.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Der Anwaltsgerichtshof entscheidet im ersten Rechtszug über alle öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nach diesem Gesetz, nach einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung oder nach einer Satzung einer Rechtsanwaltskammer oder der Bundesrechtsanwaltskammer, soweit nicht die Streitigkeiten anwaltsgerichtlicher Art oder einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind (verwaltungsrechtliche Anwaltssachen).

(2) Der Bundesgerichtshof entscheidet über das Rechtsmittel

1.
der Berufung gegen Urteile des Anwaltsgerichtshofes,
2.
der Beschwerde nach § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes.

(3) Der Bundesgerichtshof entscheidet in erster und letzter Instanz

1.
über Klagen, die Entscheidungen betreffen, die das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz oder die Rechtsanwaltskammer bei dem Bundesgerichtshof getroffen hat oder für die das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz oder die Rechtsanwaltskammer bei dem Bundesgerichtshof zuständig ist,
2.
über die Nichtigkeit von Wahlen und Beschlüssen der Bundesrechtsanwaltskammer und der Rechtsanwaltskammer bei dem Bundesgerichtshof.

(1) Soweit dieses Gesetz keine abweichenden Bestimmungen über das gerichtliche Verfahren enthält, gelten die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend. Der Anwaltsgerichtshof steht einem Oberverwaltungsgericht gleich; § 112e bleibt unberührt.

(2) Die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung über die Mitwirkung ehrenamtlicher Richter sowie die §§ 35, 36 und 47 der Verwaltungsgerichtsordnung sind nicht anzuwenden. Die Fristen des § 116 Abs. 2 und des § 117 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung betragen jeweils fünf Wochen.

(3) Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage endet abweichend von § 80b der Verwaltungsgerichtsordnung mit der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Der Vorstand hat die ihm durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben zu erfüllen. Ihm obliegen auch die der Rechtsanwaltskammer in diesem Gesetz zugewiesenen Aufgaben und Befugnisse. Er hat die Belange der Kammer zu wahren und zu fördern.

(2) Dem Vorstand obliegt insbesondere,

1.
die Mitglieder der Kammer in Fragen der Berufspflichten zu beraten und zu belehren;
2.
auf Antrag bei Streitigkeiten unter den Mitgliedern der Kammer zu vermitteln; dies umfasst die Befugnis, Schlichtungsvorschläge zu unterbreiten;
3.
auf Antrag bei Streitigkeiten zwischen Mitgliedern der Kammer und ihren Auftraggebern zu vermitteln; dies umfasst die Befugnis, Schlichtungsvorschläge zu unterbreiten;
4.
die Erfüllung der den Mitgliedern der Kammer obliegenden Pflichten zu überwachen und das Recht der Rüge zu handhaben;
5.
Rechtsanwälte für die Ernennung zu Mitgliedern des Anwaltsgerichts und des Anwaltsgerichtshofes vorzuschlagen;
6.
Vorschläge gemäß §§ 107 und 166 der Bundesrechtsanwaltskammer vorzulegen;
7.
der Kammerversammlung über die Verwaltung des Vermögens jährlich Rechnung zu legen;
8.
Gutachten zu erstatten, die eine Landesjustizverwaltung, ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde des Landes anfordert;
9.
bei der Ausbildung und Prüfung der Studierenden und der Referendare mitzuwirken, insbesondere qualifizierte Arbeitsgemeinschaftsleiter und die anwaltlichen Mitglieder der juristischen Prüfungsausschüsse vorzuschlagen.

(3) In Beschwerdeverfahren setzt der Vorstand die Person, die die Beschwerde erhoben hatte von seiner Entscheidung in Kenntnis. Die Mitteilung erfolgt nach Abschluss des Verfahrens einschließlich des Einspruchsverfahrens und ist mit einer kurzen Darstellung der wesentlichen Gründe für die Entscheidung zu versehen. § 76 Absatz 1 bleibt unberührt. Die Mitteilung ist nicht anfechtbar.

(4) Der Vorstand kann die in Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Nr. 1 bis 3 und Absatz 3 bezeichneten Aufgaben einzelnen Mitgliedern des Vorstandes übertragen.

(5) Beantragt bei Streitigkeiten zwischen einem Mitglied der Rechtsanwaltskammer und seinem Auftraggeber der Auftraggeber ein Vermittlungsverfahren, so wird dieses eingeleitet, ohne dass es der Zustimmung des Mitglieds bedarf. Ein Schlichtungsvorschlag ist nur verbindlich, wenn er von beiden Seiten angenommen wird.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des 1. Senats des Sächsischen Anwaltsgerichtshofs vom 27. Februar 2015 (AGH 3/14 (I)) abgeändert. Der Bescheid der Beklagten vom 19. März 2014 (C/635/2013) wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen eine ihm durch die Beklagte mit Bescheid vom 19. März 2014 erteilte missbilligende Belehrung wegen eines Pflichtverstoßes gegen § 11 Abs. 2 BORA. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

2

Der Kläger wurde am 28. März 2012 von Frau G.   W.   mit der Vertretung in einer erbrechtlichen Angelegenheit mit vier Erben beauftragt. Mit Schreiben vom 21. März 2013 übersandte er Frau W.   einen Erbauseinandersetzungsvertrag, nachdem ein erstes, ebenfalls diesen Vertrag enthaltendes Schreiben des Klägers vom 17. Dezember 2012 Frau W.   nicht zugegangen war. Frau W.   reichte mit Schreiben vom 31. März 2013 vier, ihr vom Kläger übermittelte Vertragsexemplare unterschrieben zurück und bat den Kläger bei der Zusendung der Vertragsexemplare an die beteiligten Parteien um Erwähnung, dass ihr der Vertrag erstmals am 23. März 2013 zugegangen sei. Daraufhin übersandte der Kläger, ohne dieser Bitte nachzukommen, die Vertragsexemplare mit Schreiben vom 5. April 2013 an die Gegenseite mit der Bitte um Rückübersendung dreier gegengezeichneter Ausfertigungen. Frau W.   bat den Kläger mit ihm am 9. April 2013 zugegangenem Schreiben vom 8. April 2013 erneut, die Miterben über den Posteingang des Erbauseinandersetzungsvertrags am 23. März 2013 zu unterrichten. Weiterhin sei für sie die dreifache Ausfertigung des Vertrags als Rücksendung nicht verständlich. Sie bitte um Prüfung der Angelegenheiten. Der Kläger antwortete auf dieses Schreiben nicht. Am 21. April 2013 übersandte der neue Verfahrensbevollmächtigte von Frau W.   dem Kläger per Telefax ein Kündigungsschreiben vom 18. April 2013 betreffend das Mandatsverhältnis mit Frau W.   .

3

Mit Schreiben vom 2. September 2013 beschwerte sich Frau W.   bei der Beklagten über den Kläger. Nach Anhörung des Klägers belehrte ihn die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid vom 19. März 2014 darüber, dass jede Anfrage eines Mandanten unverzüglich zu beantworten sei, unabhängig davon, ob diese als unwichtig angesehen werde. Sie warf ihm vor, gegen § 11 Abs. 2 BORA verstoßen zu haben, indem er auf das Schreiben der Frau W.   vom 8. April 2013 nicht geantwortet habe, obwohl diese um Erläuterung der Übersendung der dreifachen Ausfertigung des Vertrags gebeten habe.

4

Gegen die ihm am 22. März 2014 zugestellte Belehrung vom 19. März 2014 hat der Kläger fristgerecht Klage erhoben. Der Anwaltsgerichtshof hat die Klage abgewiesen.

5

Mit seiner vom Senat zugelassenen Berufung begehrt der Kläger weiterhin die Aufhebung des Bescheides vom 19. März 2014. Er ist der Auffassung, in dem Mandantenschreiben vom 8. April 2013 sei keine Anfrage gestellt worden, die zu beantworten gewesen sei. Auch die Ausführungen des Anwaltsgerichtshofs zur Unverzüglichkeit der Beantwortung einer Anfrage seien unzutreffend. Insofern sei von einer Mindestfrist von zwei Wochen auszugehen. Er habe sich vom 15.-17. April 2013 einem stationären Krankenhausaufenthalt unterziehen müssen. Daher habe er selbst unter Zugrundelegung der vom Anwaltsgerichtshof errechneten Frist von zehn Tagen nicht rechtzeitig reagieren können. Soweit der Anwaltsgerichtshof darauf abhebe, er, der Kläger, habe ohnehin nicht beabsichtigt, auf das Schreiben vom 8. April 2013 zu reagieren, führe dies zu einer Art "Gesinnungsstrafrecht", das in § 11 Abs. 2 BORA keinen Niederschlag finde.

6

Der Anwaltsgerichtshof könne seine Entscheidung nicht auf den Vorwurf stützen, der Kläger habe des Weiteren gegen § 11 Abs. 2 BORA verstoßen, weil er seiner Mandantin nicht erläutert habe, warum er ihrer Bitte, die Gegenseite vom verspäteten Zugang des Erbauseinandersetzungsvertrags in Kenntnis zu setzen, nicht nachgekommen sei. Denn dieser Vorwurf sei nicht Gegenstand der in dem angefochtenen Bescheid der Beklagten ausgesprochenen Missbilligung gewesen. Zudem handele es sich auch insoweit um keine Anfrage der Mandantin.

7

Die Beklagte vertritt die Auffassung, der Anwaltsgerichtshof habe das Schreiben der Mandantin des Klägers vom 8. April 2013 zutreffend als Anfrage im Sinne von § 11 Abs. 2 BORA gewertet. Die Mandantin habe sowohl eine Erläuterung erwartet, warum der Kläger die Gegenseite um Rücksendung nur von drei unterzeichneten Ausfertigungen gebeten habe, als auch eine Begründung, warum er ihrer Bitte nicht nachgekommen sei, die Gegenseite über die erstmalige Zustellung des Erbauseinandersetzungsvertrags am 23. März 2013 zu informieren.

8

Der Anwaltsgerichtshof sei auch zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger seine Pflicht zur unverzüglichen Beantwortung gemäß § 11 Abs. 2 BORA verletzt habe. Unverzüglich in diesem Sinne sei eine Beantwortung nur, wenn sie innerhalb einer Woche, spätestens innerhalb von zehn Tagen erfolge. Die vom Kläger vorgelegte Bestätigung des J.   Krankenhauses B.   über eine stationäre Behandlung vom 15.-17. April 2013 führe zu keiner anderen Sichtweise. Zudem sei zu berücksichtigen, dass der Kläger vorgetragen habe, dass er eine Beantwortung der Anfrage seiner Mandantin nicht für erforderlich gehalten habe und die Anfrage nicht beantwortet hätte. Dabei handele es sich nicht um einen hypothetischen, sondern um einen tatsächlich festgestellten Verstoß gegen § 11 Abs. 2 BORA. Dies gelte auch, weil die Pflicht zur Beantwortung der im Rahmen des laufenden Mandats erfolgten Anfrage durch die Mandatskündigung nicht erledigt sei, sondern fortbestehe.

Entscheidungsgründe

9

Die Berufung ist nach § 112e Satz 1 BRAO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 2, 3 VwGO). Sie hat auch in der Sache Erfolg.

I.

10

Die Klage ist als Anfechtungsklage (§ 112a Abs. 1, § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 42 VwGO) statthaft. Nach § 73 Abs. 2 Nr. 1 BRAO obliegt es dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer, die Kammermitglieder in Fragen der Berufspflichten zu beraten und zu belehren. Gemäß § 73 Abs. 2 Nr. 4 BRAO hat er die Erfüllung der den Kammermitgliedern obliegenden Pflichten zu überwachen und das Recht der Rüge zu handhaben. Stellt der Vorstand einer Rechtsanwaltskammer in Wahrnehmung seiner Aufgaben fest, dass sich ein Rechtsanwalt berufswidrig verhalten hat, so kann er diesen auf die Rechtsauffassung der Kammer hinweisen und über den Inhalt seiner Berufspflichten belehren. Erteilt der Vorstand der Rechtsanwaltskammer einem Kammermitglied eine derartige missbilligende Belehrung, so stellt diese eine hoheitliche Maßnahme dar, die geeignet ist, den Rechtsanwalt in seinen Rechten zu beeinträchtigen; als solche ist sie anfechtbar (BGH, Beschluss vom 25. November 2002 - AnwZ (B) 41/02, BGHZ 153, 61, 62 f.; BGH, Urteile vom 26. Oktober 2015 - AnwZ (Brfg) 25/15, juris Rn. 9; vom 6. Juli 2015 - AnwZ (Brfg) 24/14, juris Rn. 11 und vom 23. April 2012 - AnwZ (Brfg) 35/11, AnwBl. 2012, 769 Rn. 5).

II.

11

Das im Bescheid der Beklagten vom 19. März 2014 beschriebene Verhalten des Klägers verstieß nicht gegen § 11 Abs. 2 BORA.

12

1. Nach § 11 Abs. 2 BORA sind Anfragen des Mandanten unverzüglich zu beantworten. In dem angefochtenen Bescheid wirft die Beklagte dem Kläger vor, gegen § 11 Abs. 2 BORA verstoßen zu haben, indem er auf das Schreiben der Frau W.   vom 8. April 2013 nicht geantwortet habe, obwohl diese um Erläuterung der Übersendung der dreifachen Ausfertigung des (Erbauseinandersetzungs-)Vertrags gebeten habe. Dieser Vorwurf ist nicht gerechtfertigt:

13

a) Allerdings ist der Anwaltsgerichtshof zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei dem Mandantenschreiben vom 8. April 2013 um eine Anfrage im Sinne von § 11 Abs. 2 BORA handelt. Das darin geäußerte Unverständnis der dreifachen Vertragsausfertigung als Rücksendung und die hiermit verbundene Bitte um Prüfung der Angelegenheit ließen unmissverständlich erkennen, dass die Mandantin des Klägers von ihm nicht nur eine Prüfung, sondern anschließend auch eine Erklärung der Rücksendung von drei Vertragsausfertigungen und mithin eine Antwort erwartete. Eine besondere Satzstellung und die Verwendung eines Fragezeichens sind - entgegen der Auffassung des Klägers - zur Annahme einer "Anfrage" im Sinne von § 11 Abs. 2 BORA nicht erforderlich. Vielmehr ist es ausreichend, wenn - wie vorliegend - aus der Äußerung des Mandanten deutlich wird, dass dieser eine Antwort des Rechtsanwalts erwartet.

14

b) Dem Kläger ist jedoch nicht vorzuwerfen, die Anfrage seiner Mandantin vom 8. April 2013 nicht unverzüglich im Sinne von § 11 Abs. 2 BORA beantwortet zu haben.

15

Die Anfrage eines Mandanten wird unverzüglich beantwortet, wenn die Antwort ohne schuldhaftes Zögern erfolgt (§ 11 Abs. 2 BORA in Verbindung mit § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB), d.h. nach Ablauf einer nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessenden Prüfungs- und Überlegungsfrist (Zuck in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 2. Aufl., § 43 BRAO/§ 11 BORA Rn. 18, 34; Schwärzer in Feuerich/Weyland, BRAO, 9. Aufl., § 11 BORA Rn. 5, 8; vgl. zu § 121 BGB: BGH, Beschluss vom 15. März 2005 - VI ZB 74/04, NJW 2005, 1869; Palandt/Ellenberger, BGB, 75. Aufl., § 121 Rn. 3).

16

aa) Vorliegend ist der Zeitraum vom 9. April 2013 (Dienstag; Zugang des Mandantenschreibens vom 8. April 2013) bis zum 21. April 2013 (Sonntag; Zugang der Mandatskündigung) zu betrachten.

17

Jedenfalls aufgrund der konkreten Umstände des vorliegenden Falls hatte sich die an den Kläger zur dreifachen Vertragsausfertigung gestellte Anfrage der Mandantin mit der Beendigung des Mandats am 21. April 2013 erledigt (zur Frage, ob § 11 Abs. 2 BORA auch für nach Mandatsbeendigung erfolgende Anfragen von Mandanten gilt, vgl. Zuck aaO Rn. 32; Römermann/Günther in BeckOKBORA, § 11 Rn. 15 [01.01.2015]). Die Mandantin hatte bereits einen anderen Rechtsanwalt mandatiert und dürfte, nachdem der andere Rechtsanwalt nicht seinerseits die Anfrage aufgriff, vom Kläger keine Auskunft mehr erwartet haben, zumal die Erbsache - ausweislich ihres an die Beklagte gerichteten Schreibens vom 2. September 2013 - nach dem Anwaltswechsel innerhalb von drei bis vier Tagen abgeschlossen wurde.

18

Ein hypothetisches Verhalten des Klägers in Gestalt einer von ihm von Anfang an beabsichtigten Nichtbeantwortung der Mandantenanfrage hat außer Betracht zu bleiben. Denn nur ein tatsächlich erfolgter objektiver Verstoß gegen die Pflicht aus  § 11 Abs. 2 BORA, nicht hingegen ein lediglich subjektiv beabsichtigter, indes bis zur Erledigung der Pflicht mangels Zeitablaufs nicht begangener Verstoß vermag eine missbilligende Belehrung zu begründen.

19

bb) Die Anfrage vom 8. April 2013 betreffend die Rücksendung von drei Vertragsausfertigungen war - entgegen der Auffassung des Anwaltsgerichtshofs - nicht von besonderer Eilbedürftigkeit und Bedeutung. Zwar war, wie aus dem Schreiben vom 8. April 2013 erkennbar wird, die Information der anderen Erben über den erst späten Posteingang des Erbauseinandersetzungsvertrags bei der Mandantin des Klägers für letztere wichtig. Dies gilt indes nicht für die anlässlich des vorgenannten Anliegens eher beiläufig erfolgende Äußerung der Mandantin, "weiterhin" sei die dreifache Vertragsausfertigung als Rücksendung nicht verständlich. Der Kläger durfte diese Anfrage dahin verstehen, dass ihre Beantwortung nicht umgehend erwartet wurde.

20

cc) Ob, wie die Beklagte meint, eine im Zeitraum vom 9.-21. April 2013 nicht erfolgte Antwort auf die Anfrage eines Mandanten als schuldhaft verzögert im Sinne von § 11 Abs. 2 BORA in Verbindung mit § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB anzusehen ist, kann offen bleiben. Denn eine nicht unverzüglich erfolgte Antwort ist vorliegend jedenfalls angesichts des Krankenhausaufenthalts des Klägers vom 15.-17. April 2013 zu verneinen. Der Kläger hat mit der Begründung seines Antrags auf Zulassung der Berufung die Ablichtung eines Schreibens des J.   Krankenhauses B.   vom 17. April 2013 vorgelegt, aus dem sich ergibt, dass er sich dort vom 15.-17. April 2013 in stationärer Behandlung befand. Sein insoweit neuer Vortrag ist gemäß § 112e Satz 2 BRAO, § 128 Satz 2 VwGO zu berücksichtigen und dem Berufungsverfahren zugrunde zu legen.

21

Angesichts der durch den Krankenhausaufenthalt bedingten Abwesenheit des Klägers ergibt sich im Hinblick auf seine Pflicht nach § 11 Abs. 2 BORA Folgendes:

22

Die Beantwortung der - nicht besonders eilbedürftigen - Anfrage vom 8. April 2013 hatte, um das Erfordernis der Unverzüglichkeit im Sinne von § 11 Abs. 2 BORA zu wahren, noch nicht bis zum Beginn des Krankenhausaufenthalts des Klägers am 15. April 2013, d.h. innerhalb von vier Tagen nach Eingang der Anfrage am 9. April 2013 bis Sonntag, den 14. April 2013, zu erfolgen.

23

Ein schuldhaftes Zögern kann auch nicht darin gesehen werden, dass der Kläger nach Rückkehr aus dem Krankenhaus und Wiederaufnahme seiner Tätigkeit am 18. April 2013 (Donnerstag) nicht an diesem Tag und den folgenden zwei Tagen bis zum Zugang der Kündigung des Mandatsverhältnisses am Sonntag, dem 21. April 2013, die Anfrage seiner Mandantin beantwortet hat. Vielmehr wäre in Anbetracht des zu diesem Zeitpunkt seit dem Zugang der Anfrage verstrichenen Zeitraums von insgesamt sieben Tagen (unter Abzug der Dauer des Krankenhausaufenthalts), seiner Unterbrechung durch den Krankenhausaufenthalt und der fehlenden besonderen Eilbedürftigkeit der Anfrage zumindest eine Beantwortung am ersten Werktag der Folgewoche, d.h. am 22. April 2013, noch unverzüglich im Sinne von § 11 Abs. 2 BORA gewesen. Ab diesem Tag war indes - wie ausgeführt - eine Beantwortung der Anfrage angesichts der zwischenzeitlich erfolgten Beendigung des Mandats und der Neumandatierung eines anderen Rechtsanwalts nicht mehr erforderlich.

24

2. Soweit der Anwaltsgerichtshof dem Kläger vorwirft, er habe gegenüber seiner Mandantin auch nicht erläutert, warum er ihrer Bitte nicht entsprochen habe, die Gegenseite darauf hinzuweisen, dass ihr der Erbauseinandersetzungsvertrag erstmals per Post am 23. März 2013 zugegangen sei, ist bereits fraglich, ob es sich bei der Bitte der Mandantin überhaupt um eine Anfrage im Sinne von § 11 Abs. 2 BORA handelte und nicht um eine schlichte Handlungsanweisung. Der vorgenannte Vorwurf ist darüber hinaus nicht Gegenstand der missbilligenden Belehrung der Beklagten vom 19. März 2014. Er durfte daher vom Anwaltsgerichtshof im Rahmen der Prüfung der Begründetheit der missbilligenden Belehrung nicht herangezogen werden. Denn durch einen andernfalls erfolgenden Austausch der Begründung des angefochtenen Bescheids durch das Gericht erhielte der - an einen bestimmten Sachverhalt anknüpfende - Bescheid einen anderen Regelungsgehalt und würde in seinem Wesen verändert (vgl. zum unzulässigen Nachschieben von Gründen durch die (belehrende) Rechtsanwaltskammer: Senat, Urteil vom 23. April 2012 - AnwZ (Brfg) 35/11, AnwBl. 2012, 769 Rn. 16 f. mwN). Die mit einem nicht zutreffenden Verhaltensvorwurf begründete missbilligende Belehrung würde mit einem gänzlich neuen Verhaltensvorwurf aufrechterhalten. Ein solches Nachschieben von Gründen ist bereits nicht zulässig, wenn es seitens der Rechtsanwaltskammer erfolgt (Senat, Urteil vom 23. April 2012 aaO). Es ist erst recht nicht zulässig, wenn es im Anfechtungsprozess seitens des Gerichts vorgenommen wird (zu den Grenzen der "selbständigen Rechtsanwendung durch das Gericht" vgl. Gerhardt in Schoch/Schneider/Bier, VwGO Stand Mai 1997, § 113 Rn. 21, Fn. 112 mwN; Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 113 Rn. 60).

III.

25

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 52 Abs. 2 GKG.

Limperg                        Bünger                        Remmert

                 Braeuer                         Merk

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des 2. Senats des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen vom 6. September 2013 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.

Tatbestand

1

Der Kläger ist seit 2004 Mitglied der Beklagten. Er wendet sich gegen belehrende Hinweise der Beklagten vom 7. Januar 2013 und 15. Februar 2013. Diese waren auf seine Bitte ergangen, die berufsrechtliche Zulässigkeit von ihm ins Auge gefasster und so bezeichneter "Schockwerbung" für seine Kanzlei zu beurteilen. Zugrunde liegt, dass der Kläger zu Werbezwecken Kaffeetassen verbreiten will, die er mit verschiedenen Aufdrucken von Bildern, diesen beigestellten Textzeilen sowie den Kontaktdaten seiner Kanzlei versehen möchte.

2

In Streit stehen noch drei solcher Aufdrucke. Der erste Aufdruck enthält eine mit diagonal verlaufenden roten Linien durchgestrichene fotografische Abbildung. Sie zeigt eine Frau, die ein auf ihren Knien liegendes, ersichtlich schreiendes Mädchen mit einem Gegenstand auf das nackte Gesäß schlägt. Neben dem Bild ist aufgedruckt: "Körperliche Züchtigung ist verboten (§ 1631 Abs. 2 BGB)". Der zweite - zeichnerische - Abbildungsabdruck stellt einen eine Pfeife rauchenden Mann dar, der einer auf seinen Knien liegenden erwachsenen Frau mit einem Gegenstand auf das entblößte Gesäß schlägt. Daneben findet sich der Text: "Wurden Sie Opfer einer Straftat?". Der dritte Aufdruck setzt sich zusammen aus einer fotografischen Abbildung einer jungen Frau, die sich erkennbar aus Verzweiflung den Mündungslauf einer Schusswaffe unter das Kinn hält, und der daneben angebrachten Textzeile "Nicht verzagen, R.    fragen".

3

In den genannten Bescheiden gab die Beklagte dem Kläger jeweils auf, die Werbung wegen Unvereinbarkeit mit dem anwaltlichen Berufsrecht sowie dem Wettbewerbsrecht zu unterlassen. Die dem Kläger förmlich zugestellten Bescheide enthielten eine Rechtsmittelbelehrung, wonach binnen eines Monats nach Zustellung Klage beim Anwaltsgerichtshof erhoben werden könne.

4

Die durch den Kläger gegen die Bescheide erhobene Klage hat der Anwaltsgerichtshof als unzulässig abgewiesen, weil die belehrenden Hinweise zukünftiges Verhalten beträfen, weswegen ihnen keine Verwaltungsaktqualität zukomme. Der Senat hat die Berufung des Klägers mit Beschluss vom 21. Januar 2014 zugelassen.

Entscheidungsgründe

I.

5

Die Berufung hat im Ergebnis keinen Erfolg.

6

1. Entgegen der Auffassung des Anwaltsgerichtshofs ist die Klage allerdings als Anfechtungsklage (§ 112a Abs. 1, § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 42 Abs. 1 VwGO) statthaft und auch im Übrigen zulässig.

7

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind auf der Grundlage des § 73 Abs. 2 Nr. 1, 4 BRAO ergangene belehrende Hinweise namentlich dann, wenn sie wie die angefochtenen Bescheide mit einem Handlungsverbot verbunden sind, als in die Rechtsstellung des Rechtsanwalts eingreifende Verwaltungsakte anzusehen, die dementsprechend mit der Anfechtungsklage angefochten werden können (vgl. BGH, Urteil vom 23. April 2012 - AnwZ (Brfg) 35/11, NJW 2012, 3039 Rn. 5; Beschlüsse vom 30. November 2009 - AnwZ (B) 11/08, NJW 2010, 1972 Rn. 7; vom 25. November 2002 - AnwZ (B) 41/02, BGHZ 153, 61, 62 f.; jeweils m.w.N.). Der Statthaftigkeit der Anfechtungsklage steht unter den hier gegebenen Umständen nicht entgegen, dass sich die Bescheide nicht auf vergangenes, sondern auf zukünftiges Verhalten des Klägers beziehen. Zwar hat der Senat zum vormals geltenden Verfahrensrecht mehrfach ausgesprochen, dass Auskünfte der Rechtsanwaltskammern über die Rechtmäßigkeit künftigen Verhaltens des Rechtsanwalts grundsätzlich nicht anfechtbar sind, weil sie keine Schuld feststellen und nicht in dessen Rechte eingreifen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 16. Juli 1962 - AnwZ (B) 10/62, BGHZ 37, 396, 401; vom 18. November 1996 - AnwZ (B) 20/96, NJW-RR 1997, 759; vom 2. April 2001 - AnwZ (B) 28/00, BRAK-Mitt 2001, 188, 189; vom 6. März 2006 - AnwZ (B) 38/05, NJW 2006, 2926 Rn. 2).

8

Jedoch gehen die streitbefangenen Bescheide nach ihrem bei der Auslegung maßgebenden objektiven Erklärungswert aus Sicht des Empfängerhorizonts (vgl. nur von Alemann/Scheffczyk in BeckOK VwVfG, Stand 1. Juli 2014, § 35 Rn. 46 m.w.N.) schon ausweislich der jeweils verwendeten Entscheidungsformel über solche präventive Auskünfte hinaus. Diese stellen fest, dass die Verwendung der verfahrensgegenständlichen Aufdrucke zu Werbezwecken rechtswidrig ist, und sprechen konkrete Verbote aus ("... ist nicht mit dem anwaltlichen Berufsrecht ... vereinbar und daher von Ihnen zu unterlassen"). Damit ist der Bereich präventiver Hinweise ohne Regelungscharakter verlassen (vgl. auch BayVGH, BayVBl 2006, 635; Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 35 Rn. 83 m.w.N.). Die Bescheide lassen erkennen, dass sich die Beklagte im Vorgriff auf eine bei Zuwiderhandeln gegen die Verbote ohne Weiteres erfolgende Einleitung eines Rügeverfahrens oder eines anwaltsgerichtlichen Verfahrens bereits auf eine verbindliche Regelung der aufgeworfenen Fragen festgelegt hat. Darüber hinaus sind sie mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen gewesen und förmlich zugestellt worden. Beides spricht gleichfalls für das Vorliegen von Verwaltungsakten (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 30. November 2009 - AnwZ (B) 11/08, NJW 2010, 1972 Rn. 7 m.w.N.; BVerwGE 29, 310, 312 f.; 99, 101, 104; BVerwG, NVwZ-RR 2005, 343; Stelkens, aaO, § 35 Rn. 72 m.w.N.; von Alemann/Scheffczyk, aaO, § 35 Rn. 35 f.).

9

2. Die Klage ist jedoch unbegründet.

10

a) Die Beklagte war befugt, dem Kläger das Ergebnis ihrer durch diesen selbst initiierten rechtlichen Prüfung der vorgelegten Aufdrucke in Form belehrender Hinweise nach § 73 Abs. 2 Nr. 1, 4 BRAO mitzuteilen. Anerkanntermaßen kann dem Rechtsanwalt im Rahmen solcher Hinweise zugleich aufgegeben werden, das als rechtswidrig erkannte Verhalten zu unterlassen (vgl. BGH, Urteil vom 23. April 2012 - AnwZ (Brfg) 35/11, aaO; Beschluss vom 25. November 2002 - AnwZ (B) 41/02, aaO; jeweils m.w.N.). Gründe, die zu einer anderweitigen Beurteilung zwingen könnten, wenn - wie hier - künftiges Verhalten betroffen ist, sind nicht ersichtlich. Schon im Blick darauf, dass der Kläger aufgrund der Hinweise in keiner Weise gehindert ist, die Aufdrucke gleichwohl zu verwenden, vielmehr gegebenenfalls lediglich die Einleitung eines Rügeverfahrens oder eines anwaltsgerichtlichen Verfahrens mit den dann eröffneten Rechtsschutzmöglichkeiten zu erwarten hat, ist auch nicht etwa der Anwendungsbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG eröffnet (vgl. zu verbotener Vorzensur BVerfGE 73, 118, 166; 87, 209, 230; Grabenwarter in Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 70. Ergänzungslieferung 2013, Art. 5 Rn. 116 m.w.N.).

11

b) Der Senat teilt die in den angefochtenen Bescheiden vertretene Meinung der Beklagten, dass die durch den Kläger beabsichtigte Werbung mit dem berufsrechtlichen Gebot sachlicher und berufsbezogener Unterrichtung (§ 43b BRAO, § 6 Abs. 1 BORA) nicht vereinbar ist.

12

aa) Das in § 43b BRAO, § 6 Abs. 1 BORA ausgeformte berufsrechtliche Sachlichkeitsgebot anwaltlicher Werbung ist trotz der damit verbundenen Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG), unter Umständen auch der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG), verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. etwa BVerfGE 57, 121, 133; 76, 196, 205 ff.; 82, 18, 28; BVerfG [Kammer], NJW 2004, 2656, 2657). Es ist in ähnlicher Form im Gemeinschaftsrecht angesprochen, indem dort den Mitgliedstaaten aufgegeben wird, "die Unabhängigkeit, die Würde und die Integrität des Berufsstandes" im Rahmen kommerzieller Kommunikation zu gewährleisten (vgl. Art. 24 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt, ABl. Nr. L 376 S. 36 und hierzu EuGH, EuZW 2011, 681 Rn. 24, 30 sowie BGH, Urteil vom 13. November 2013 - I ZR 15/12, NJW 2014, 554 Rn. 18, 20 f.). Dass die Rechtsanwaltschaft unter der Geltung des Sachlichkeitsgebots nicht sämtliche Werbemethoden verwenden darf, die im Bereich der werbenden allgemeinen Wirtschaft (noch) hinzunehmen wären (vgl. zu sog. "Schockwerbung" BVerfGE 102, 347; 107, 275), entspricht dem Willen des Gesetzgebers (vgl. Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte, BT-Drucks. 12/4993 S. 28; Beschlussempfehlung und Bericht, BT-Drucks. 12/7656 S. 48) und ist im berufsrechtlichen Schrifttum weithin anerkannt (vgl. - wenngleich im Detail krit. - von Lewinski in Hartung, BORA/FAO, 5. Aufl., § 6 BORA Rn. 29; Prütting in Henssler/Prütting, BRAO, 4. Aufl., § 43b Rn. 30; Böhnlein in Feuerich/Weyland, BRAO, 8. Aufl., § 43b Rn. 20 f.; jeweils m.w.N.; enger wohl Kleine-Cosack, Das Werberecht der rechts- und steuerberatenden Berufe, 2. Aufl., Rn. 224 f., 259 ff.; s. aber dort Rn. 269 m.w.N.).

13

Die werberechtlichen Vorschriften des anwaltlichen Berufsrechts dienen dem Zweck, die Unabhängigkeit des Rechtsanwalts als Organ der Rechtspflege zu sichern; mit der Stellung eines Rechtsanwalts ist im Interesse des rechtsuchenden Bürgers eine Werbung nicht vereinbar, die ein reklamehaftes Anpreisen in den Vordergrund stellt und mit der eigentlichen Leistung des Anwalts sowie dem unabdingbaren Vertrauensverhältnis im Rahmen eines Mandats nichts mehr zu tun hat (vgl. BVerfGE 76, 196, 207 f.; 82, 18, 26; BVerfG [Kammer], NJW 2004, 2656 aaO). Verboten werden können danach unter anderem Werbemethoden, die Ausdruck eines rein geschäftsmäßigen, ausschließlich am Gewinn orientierten Verhaltens sind (BVerfG [Kammer], NJW 2004, 2656 aaO; 2001, 2620 m.w.N.).

14

Es ist einem Rechtsanwalt zwar nicht verwehrt, für seine Werbung Bilder oder Fotografien zu verwenden (vgl. Prütting, aaO, § 43b BRAO Rn. 32; von Lewinski, aaO, § 6 BORA Rn. 75), Gegenstände wie etwa Tassen als Werbeträger einzusetzen (Prütting, aaO, § 43b BRAO, Rn. 37; von Lewinski, aaO, § 6 BORA Rn. 87) oder auch Ironie und Sprachwitz als Stilmittel zu gebrauchen (vgl. BVerfG [Kammer], NJW 2001, 3324, 3325; von Lewinski, aaO, § 6 BORA Rn. 26). Die Grenzen zulässiger Werbung sind jedoch überschritten, wenn die Werbung darauf abzielt, gerade durch ihre reißerische und/oder sexualisierende Ausgestaltung die Aufmerksamkeit des Betrachters zu erregen, mit der Folge, dass ein etwa vorhandener Informationswert in den Hintergrund gerückt wird oder gar nicht mehr erkennbar ist (vgl. auch BGH, Urteile vom 1. März 2001 - I ZR 300/98, BGHZ 147, 71, 76 und vom 21. Februar 2002 - I ZR 281/99, NJW 2002, 2642, 2644). Derartige Werbemethoden sind geeignet, die Rechtsanwaltschaft als seriöse Sachwalterin der Interessen Rechtsuchender zu beschädigen (vgl. auch BVerfG [Kammer], BRAK-Mitt. 2000, 137, 138; Prütting, aaO, § 43b BRAO Rn. 38).

15

bb) Die nach diesen Maßstäben bestehenden Grenzen der berufsrechtlich zulässigen Werbung (§ 43b BRAO) überschreiten aus der maßgeblichen Sicht der angesprochenen Verkehrskreise (vgl. BVerfG [Kammer], NJW 2001, 3324 m.w.N.) in der gebotenen Gesamtbetrachtung der Bilder und der ihnen jeweils beigestellten Textzeilen sämtliche streitbefangenen Aufdrucke.

16

(1) Diese Bewertung wird für den Aufdruck 1 nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Textzeile "Körperliche Züchtigung ist verboten (§ 1626 Abs. 2 BGB)" für sich genommen einen gewissen Informationsgehalt aufweist und als solche in einer anwaltlichen Werbung nicht zu beanstanden wäre. Denn "Blickfang" für den Betrachter ist - vom Kläger auch so beabsichtigt - die realistische Darstellung des Verprügelns eines Kindes. Dies wird noch dadurch verstärkt, dass das Kind am Unterleib nackt ist, wobei die Unterhose bis zu den Knien herabgezogen ist. Da Nacktheit fraglos kein essentielles Element der Darstellung einer Kindesmisshandlung ist, legt dies die Annahme nahe, dass bei einem Teil des Betrachterkreises auch sexuelles Interesse geweckt werden soll. Die mit dem Bild in Zusammenhang gestellte Tatsache, dass die körperliche Misshandlung von Kindern im Rahmen der Erziehung in Deutschland seit langem ausdrücklich verboten ist, gerät auf diese Weise zu bloßem Beiwerk und vermag deshalb auch nicht - was der Kläger zuletzt in den Vordergrund gerückt hat - einen Beitrag zu einer gesellschaftskritischen Auseinandersetzung zu leisten, zumal die Abbildung auf zu Werbezwecken verbreiteten, vom Kläger so genannten "Humpen" aufgedruckt ist. Auch der Umstand, dass der Aufdruck durchgestrichen ist, kann in Anbetracht der reißerischen und sexualisierenden Darstellung keinen Ausgleich schaffen. Die Beklagte hat mit Recht darauf hingewiesen, dass solche Werbung geeignet wäre, bei der rechtsuchenden Bevölkerung den Eindruck zu erwecken, die Rechtsanwaltschaft habe Derartiges nötig, um Mandate zu erlangen, und damit das Ansehen der Rechtsanwaltschaft insgesamt zu beeinträchtigen.

17

(2) Es kann dahingestellt bleiben, ob die Textzeile gemäß Aufdruck 2 "Wurden Sie Opfer einer Straftat?" etwa deswegen noch eine hinreichend berufsbezogene Information enthält, weil möglichen Rechtsuchenden - hier dem freilich wohl eher vordergründig angesprochenen Adressatenkreis der Opfer häuslicher Gewalt - in der Zusammenschau mit der Berufsangabe des Klägers und seinen Kontaktdaten vermittelt wird, dass durch diesen eine Beratung beispielsweise über zivil-, straf- oder sozialrechtliche Verletztenrechte angeboten wird. Denn es dominiert der gestalterisch hergestellte Zusammenhang mit einer an eine Karikatur erinnernden Zeichnung, die sich in einer klischeehaften Entstellung forensisch bekannter Phänomene häuslicher Gewalt erschöpft. Hierdurch werden dieser Adressatenkreis sowie sein Rechtsschutzbedürfnis abgewertet sowie ins Lächerliche gezogen und für die "Werbebotschaft" instrumentalisiert. Die stark sexualisierende Darstellung mit einem in das Zentrum des Bildes gerückten entblößten Gesäß einer erwachsenen Frau, deren Unterhose bis zu den Oberschenkeln heruntergezogen ist, kommt hinzu. Solches erscheint in anwaltlicher Werbung nicht tragbar.

18

(3) Ebenfalls durch eine unangemessene Ironisierung geprägt ist angesichts des neben der Abbildung einer verzweifelten potentiellen Suizidentin angebrachten Reims "Nicht verzagen, R.    fragen" der Aufdruck 3. Zugleich ist er aufgrund der martialischen Darstellung einer Schusswaffe am Kinn eines Menschen abermals durch eine reißerische Aufmachung gekennzeichnet. Überdies vermittelt die Gesamtschau des Aufdrucks keinen spezifischen Hinweis auf das Berufsbild des Rechtsanwalts oder gar auf das konkrete Tätigkeitsfeld des Klägers. Durch die fotografisch dargestellte äußerste Verzweiflung eines Menschen in Verbindung mit dem genannten Reim wird vielmehr eine umfassende Hilfe in allen denkbaren Lebenslagen suggeriert, die der Kläger kaum zu leisten imstande wäre. Ein Zusammenhang mit anwaltlicher Betätigung kann allenfalls in loser Assoziation hergestellt werden und wäre in der Sache verzerrt.

II.

19

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 52 Abs. 2 GKG.

Kayser                        König                         Remmert

                Martini                       Quaas

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I Z R 5 3 / 1 3
Verkündet am:
24. Juli 2014
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Spezialist für Familienrecht

a) Entsprechen die Fähigkeiten eines Rechtsanwalts, der sich als Spezialist auf einem
Rechtsgebiet bezeichnet, für das eine Fachanwaltschaft besteht, den an einen
Fachanwalt zu stellenden Anforderungen, besteht keine Veranlassung, dem
Rechtsanwalt die Führung einer entsprechenden Bezeichnung zu untersagen,
selbst wenn beim rechtsuchenden Publikum die Gefahr einer Verwechslung mit
der Bezeichnung "Fachanwalt für Familienrecht" besteht.

b) Der sich selbst als Spezialist bezeichnende Rechtsanwalt trägt für die Richtigkeit
seiner Selbsteinschätzung die Darlegungs- und Beweislast.
BGH, Urteil vom 24. Juli 2014 - I ZR 53/13 - OLG Karlsruhe
LG Konstanz
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Juli 2014 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter
Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff, Dr. Koch und die Richterin Dr. Schwonke

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 1. März 2013 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist die Rechtsanwaltskammer Freiburg. Der Beklagte ist ein in ihrem Bezirk tätiger Rechtsanwalt. Er ist mit zwei weiteren Rechtsanwälten in einer Kanzlei tätig. Im Jahr 2011 verwendete er einen Briefkopf, in dem rechts in einer Spalte die drei Rechtsanwälte genannt waren. Unter dem an erster Stelle angeführten Beklagten befand sich die Bezeichnung "Spezialist für Familienrecht". Bei den beiden weiteren mit dem Beklagten tätigen Rechtsanwälten fanden sich die Angaben "auch Fachanwältin für Familienrecht" bzw. "auch Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht".

2
Die Klägerin hält den vom Beklagten verwandten Begriff "Spezialist für Familienrecht" für irreführend. Sie hat den Beklagten auf Unterlassung in Anspruch genommen.
3
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen (OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2013, 171 = WRP 2013, 826).
4
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


5
I. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten als unbegründet angesehen. Dazu hat es ausgeführt:
6
Der Klägerin stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 2 UWG in Verbindung mit §§ 3, 4 Nr. 11 UWG wegen eines Verstoßes gegen § 43b BRAO, § 7 Abs. 2 BORA sowie nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UWG zu. Die Bezeichnung "Spezialist für Familienrecht" sei wettbewerbswidrig , weil damit die Gefahr einer Verwechslung mit der Fachanwaltsbezeichnung "Fachanwalt für Familienrecht" begründet werde. Nach § 7 Abs. 2 BORA seien Benennungen unzulässig, soweit sie die Gefahr einer Verwechslung mit Fachanwaltschaften begründeten. Der angesprochene Verkehr kenne die Voraussetzungen, an die das Führen einer Fachanwaltsbezeichnung geknüpft sei, im Regelfall nicht. Er könne zwischen den beiden Bezeichnungen, bei denen eine große sprachliche Nähe bestehe, nicht unterscheiden. Auf Fachgebieten, auf denen - wie vorliegend - die Möglichkeit bestehe, eine Fachanwaltschaft zu erwerben, sei für die Bezeichnung "Spezialist für …" kein Raum.
7
II. Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann kein Unterlassungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten wegen der Bezeichnung "Spezialist für Familienrecht" aus §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 43b BRAO, § 7 Abs. 2 BORA oder aus § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UWG bejaht werden. Das Berufungsgericht hat zwar in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass zwischen den Bezeichnungen "Spezialist für Familienrecht" und "Fachanwalt für Familienrecht" Verwechslungsgefahr besteht. Es hat aber keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Angabe des Beklagten, er sei Spezialist für Familienrecht , zutreffend ist und ihm die Führung der Bezeichnung deshalb aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht verboten werden kann.
8
1. Das Berufungsgericht ist allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei § 7 Abs. 2 BORA um eine Konkretisierung der Werbebeschränkung des § 43b BRAO und damit um eine Marktverhaltensregelung handelt und dass Zuwiderhandlungen unlautere geschäftliche Handlungen im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG darstellen (BGH, Urteil vom 9. Juni 2011 - I ZR 113/10, GRUR 2012, 215 = WRP 2012, 75 - Zertifizierter Testamentsvollstrecker; Urteil vom 18. Oktober 2012 - I ZR 137/11, GRUR 2013, 409 Rn. 15 = WRP 2013, 496 - Steuerbüro).
9
a) Nach § 7 Abs. 1 BORA in der seit dem 1. März 2006 geltenden Fassung darf ein Rechtsanwalt unabhängig von Fachanwaltsbezeichnungen Teilbereiche der Berufstätigkeit nur benennen, wenn er seinen Angaben entspre- chende Kenntnisse nachweisen kann, die er in der Ausbildung, durch Berufstätigkeit , Veröffentlichungen oder in sonstiger Weise erworben hat. Verwendet er qualifizierende Zusätze, muss er zusätzlich über entsprechende theoretische Kenntnisse verfügen und auf dem benannten Gebiet in erheblichem Umfang tätig gewesen sein. Nach § 7 Abs. 2 BORA sind die Angaben gemäß Absatz 1 dieser Bestimmung unzulässig, wenn sie die Gefahr einer Verwechslung mit Fachanwaltschaften begründen oder sonst irreführend sind.
10
b) Nach der Begründung für die Neufassung der Bestimmung des § 7 BORA zum 1. März 2006 ist es dem Rechtsanwalt freigestellt, auf Teilbereiche seiner Berufstätigkeit und auf die den entsprechenden Angaben zu Grunde liegende Qualifizierung hinzuweisen, ohne dass die Berufsordnung insoweit eine zahlenmäßige oder terminologische Beschränkung vorgibt. Damit solle der Tatsache Rechnung getragen werden, dass sich die Rangordnung der Qualifikationen "Interessenschwerpunkt - Tätigkeitsschwerpunkt - Fachanwalt" im Rechtsverkehr nicht durchgesetzt hat (BRAK-Mitt 2006, 212). Die Begründung des Satzungsgebers nennt als Beispiele für qualifizierende Zusätze im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 2 BORA die Begriffe "Spezialist", "Spezialgebiet" und "Experte" (BRAK-Mitt 2006, 212). Wer derartige Begriffe nennt, muss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 BORA seine Angaben rechtfertigende theoretische Kenntnisse besitzen und auf dem betreffenden Gebiet in erheblichem Umfang tätig gewesen sein. Zum Sinn und Zweck der Bestimmung des § 7 Abs. 2 BORA führt die Begründung aus, dass generell irreführende Angaben und insbesondere irreführende Annäherungen an den Begriff des Fachanwalts in der Anwaltswerbung verhindert werden sollen. Der Verbraucher soll verlässlich zwischen den auf eigener Einschätzung des Anwalts beruhenden Angaben des § 7 Abs. 1 BORA und den von den Kammern nach § 43c BRAO in Verbindung mit den Bestimmungen der Fachanwaltsordnung verliehenen Fachanwaltsbezeichnungen unterscheiden können (BRAK-Mitt 2006, 212, 213).

11
c) Die Regelung des § 7 Abs. 2 BORA entspricht den unionsrechtlichen Vorgaben in Art. 24 der Richtlinie 2006/123/EG vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt.
12
Gemäß Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie 2006/123/EG sind absolute Verbote der kommerziellen Kommunikation für reglementierte Berufe untersagt. Nach Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2006/123/EG ist es Aufgabe der Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass die kommerzielle Kommunikation durch Angehörige reglementierter Berufe die Anforderungen der berufsrechtlichen Regeln erfüllt, die im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht je nach Beruf insbesondere die Unabhängigkeit , die Würde und die Integrität des Berufsstandes sowie die Wahrung des Berufsgeheimnisses gewährleisten sollen. Berufsrechtliche Regelungen über die kommerzielle Kommunikation dürfen nicht diskriminierend sein und müssen durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt und verhältnismäßig sein. Im Erwägungsgrund 40 der Richtlinie 2006/123/EG werden als zwingende Gründe des Allgemeininteresses der Verbraucherschutz , die Verhütung von unlauterem Wettbewerb und die Wahrung der ordnungsgemäßen Rechtspflege genannt.
13
d) Die Regelung des § 7 Abs. 2 BORA steht auch mit der in Art. 12 Abs. 1 GG garantierten Berufsausübungsfreiheit in Einklang. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann anwaltliche Werbung verboten werden, die die Gefahr einer Irreführung der Rechtsuchenden begründet (BVerfG, NJW 2001, 2620, 2621). Sofern zutreffende Angaben über die spezielle Qualifikation des Anwalts nicht irreführend sind, ist ein berufsrechtliches Werbeverbot dagegen nicht gerechtfertigt (BVerfG, NJW 2004, 2656, 2657).

14
2. Das Berufungsgericht hat angenommen, für den angesprochenen Verkehr seien Unterschiede zwischen den Begriffen "Spezialist für Familienrecht" und "Fachanwalt für Familienrecht" nicht erkennbar. Diese im Wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet liegende Feststellung des Berufungsgerichts zur Verkehrsauffassung ist nur daraufhin vom Revisionsgericht überprüfbar, ob das Berufungsgericht bei seiner Würdigung gegen gesetzliche Auslegungsgrundsätze , Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat (vgl. BGH, GRUR 2012, 215 Rn. 13 - Zertifizierter Testamentsvollstrecker). Solche Rechtsfehler sind im Streitfall nicht gegeben.
15
a) Zutreffend hat das Berufungsgericht bei der Feststellung der Verkehrsauffassung auf die Sicht eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Rechtsuchenden abgestellt, der sich bei der Wahl eines Rechtsanwalts an qualifizierenden Zusätzen orientiert. Es ist aus Rechtsgründen auch nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht aufgrund eigener Sachkunde beurteilt hat, wie die angesprochenen Verbraucher die beanstandete Werbung verstehen. Gehören die entscheidenden Richter - wie im Streitfall - selbst zu den angesprochenen Verkehrskreisen, bedarf es im Allgemeinen keines durch eine Meinungsumfrage untermauerten Sachverständigengutachtens, um das Verständnis des Verkehrs zu ermitteln (BGH, Urteil vom 2. Oktober 2003 - I ZR 50/01, BGHZ 156, 250, 255 mwN - Marktführerschaft; Urteil vom 13. September 2012 - I ZR 230/11, BGHZ 194, 314 Rn. 32 - Biomineralwasser).
16
b) Die Feststellung der Verkehrsauffassung durch das Berufungsgericht begegnet auch in der Sache keinen rechtlichen Bedenken. Sie erweist sich insbesondere nicht als erfahrungswidrig.
17
Das Berufungsgericht hat darauf abgestellt, dass der angesprochene Verkehr die von einem Rechtsanwalt nach Art eines Titels verwendeten Begriffe "Spezialist für Familienrecht" und "Fachanwalt für Familienrecht" als Synonyme verstehen wird. Es hat angenommen, dass der Verkehr die Voraussetzungen, die an das Führen einer Fachanwaltsbezeichnung geknüpft werden, im Regelfall nicht kennt und deshalb auch nicht zwischen einem Fachanwalt und einem Spezialisten unterscheiden kann. Daraus hat das Berufungsgericht den Schluss gezogen, dass der Verkehr den Begriffen "Spezialist" und "Fachanwalt" eine identische oder doch zumindest stark angenäherte Bedeutung zumisst. Bei einem solchen Verständnis ist von einer Verwechslungsgefahr im Sinne von § 7 Abs. 2 BORA auszugehen. Der angesprochene Verkehr wird nicht erkennen, dass ein "Fachanwalt für Familienrecht" besondere Kenntnisse und Erfahrungen auf dem betreffenden Rechtsgebiet in einem förmlichen Prüfungsverfahren bei der zuständigen Rechtsanwaltskammer nachgewiesen hat, während die Verwendung des Begriffs "Spezialist für Familienrecht" auf einer Selbsteinschätzung des werbenden Anwalts beruht und eine Prüfung durch eine unabhängige Stelle, ob diese Selbsteinschätzung zutreffend ist, nicht stattgefunden hat.
18
c) Das Bundesverfassungsgericht hat allerdings bei der Bezeichnung eines Rechtsanwalts als "Spezialist für Verkehrsrecht" grundsätzlich die Gefahr einer Irreführung mit einer Fachanwaltsbezeichnung von vornherein als ausgeschlossen angesehen (BVerfG, NJW 2004, 2656, 2658). Dadurch ist der Tatrichter im vorliegenden Verfahren aber nicht gehindert, bei der Feststellung des Verkehrsverständnisses zu einem anderen Ergebnis zu gelangen. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist im Übrigen auf den hier zur Entscheidung stehenden Fall schon deshalb nicht übertragbar, weil es im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts keinen Fachanwalt für Verkehrsrecht gab (vgl. BVerfG, NJW 2004, 2656, 2658). Eine entsprechende Fachanwaltschaft wurde erst zum 1. Juli 2005 eingeführt. Hier liegt der Fall dagegen so, dass der Beklagte mit einer Spezialisierung für das Familienrecht als einem Rechtsgebiet geworben hat, für das nach § 1 FAO die Möglichkeit besteht , eine Fachanwaltsbezeichnung zu erwerben.
19
3. Das Berufungsgericht hat jedoch keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Fehlvorstellung des Verkehrs nicht auf einer objektiv richtigen Angabe beruht.
20
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats kann auch eine objektiv richtige Angabe irreführend sein, wenn sie beim Verkehr, an den sie sich richtet, gleichwohl zu einer Fehlvorstellung führt. In einem solchen Fall, in dem die Täuschung des Verkehrs lediglich auf dem Verständnis einer an sich zutreffenden Angabe beruht, ist für die Anwendung des § 5 UWG grundsätzlich eine höhere Irreführungsquote als bei einer Täuschung mit objektiv unrichtigen Angaben erforderlich; außerdem ist eine Interessenabwägung vorzunehmen (BGH, Urteil vom 18. März 2010 - I ZR 172/08, GRUR 2010, 1024 Rn. 25 = WRP 2010, 1390 - Master of Science Kieferorthopädie; BGH, GRUR 2013, 409 Rn. 29 - Steuerbüro). Diese Grundsätze sind auch bei der Auslegung des § 7 Abs. 2 BORA anzuwenden, der generell irreführende Angaben und insbesondere irreführende Annäherungen an den Begriff des Fachanwalts in der Anwaltswerbung verhindern soll (BRAK 2006, 212, 213). Dabei handelt es sich um eine spezielle satzungsrechtliche Regelung des Irreführungstatbestandes.
21
b) Der Beklagte hat in den Vorinstanzen behauptet, bei ihm lägen im Bereich des Familienrechts die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 2 BORA vor, er verfüge über entsprechende theoretische Kenntnisse und sei auf dem benannten Gebiet in erheblichem Umfang tätig gewesen, so dass seine Einschätzung , er sei ein Spezialist für das Familienrecht, gerechtfertigt sei. Ist dies der Fall, kann ihm eine entsprechende Werbung nicht untersagt werden. Das Berufungsgericht hat demgegenüber gemeint, im Bereich der Fachanwaltschaften bestehe kein Raum für eine Selbsteinschätzung eines Rechtsanwalts als "Spezialist" (ebenso LG München I, BRAK-Mitt 2010, 100, 102; Köhler in Köhler/ Bornkamm, UWG, 32. Aufl., § 4 Rn. 11.100; Fezer/Becker-Eberhard, UWG, 2. Aufl., § 4-S3 Rn. 133; Faßbender, NJW 2006, 1463, 1468; Remmertz, NJW 2008, 266, 269; aA MünchKomm.UWG/Ernst, 2. Aufl., Anh. §§ 1-7 H § 7 BORA Rn. 7). Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden.
22
aa) Die Regelung des § 7 Abs. 1 BORA dient dem Interesse des rechtsuchenden Verkehrs, auf dem weiten Gebiet der Rechtsberatung einen Rechtsanwalt zu finden, der sich in wesentlichem Umfang bereits mit dem Rechtsgebiet befasst hat, auf dem der Rechtsuchende Hilfe erwartet. Bezeichnet sich ein Rechtsanwalt als Spezialist auf einem Rechtsgebiet, ist dies eine dem Informationsinteresse und der Orientierung des rechtsuchenden Verkehrs dienende nützliche Information. Wie sich aus der Begründung der Änderungen des § 7 Abs. 1 BORA ergibt, hat der Satzungsgeber ausdrücklich die Angabe von qualifizierenden Zusätzen wie "Spezialist", "Spezialgebiet" oder "Experte" für zulässig angesehen. Die Verwendung solcher Zusätze wird jedoch davon abhängig gemacht, dass der entsprechend werbende Rechtsanwalt seine Angaben rechtfertigende theoretische Kenntnisse besitzt und auf dem betreffenden Gebiet in erheblichem Umfang tätig gewesen ist. Je intensiver der Rechtsanwalt Teilbereiche seiner Berufstätigkeit werbend herausstellt, desto fundierter müssen seine Kenntnisse und praktischen Erfahrungen sein (BRAK 2006, 212).
23
Die Selbstbezeichnung als Spezialist ist auch für den Rechtsanwalt sachdienlich. Er kann damit die Inanspruchnahme in sonstigen Materien weitgehend abwehren, weil Rechtsuchende bei ihm nur unter besonderen Umständen Rechtsrat auf anderen Feldern nachfragen werden.

24
bb) Eine entsprechende Interessenlage besteht bei der Führung von Fachanwaltsbezeichnungen. Die gesetzlichen Regelungen zur Fachanwaltschaft in der Bundesrechtsanwaltsordnung wurden damit begründet, dass die Beschäftigung des Rechtsanwalts mit Rechtsfragen außerhalb eines Kernbereichs , vor allem des Straf- und Zivilrechts, einer nachdrücklichen Einarbeitung in das betreffende Rechtsgebiet bedürfe, die sich unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten häufig nur dann lohne, wenn die einmal erlangten Kenntnisse in ständiger Beschäftigung mit dem Gebiet weiter angewandt und ausgebaut werden könnten. Viele Rechtsanwälte hätten sich daher Spezialgebieten zugewandt. Ihre beruflichen Interessen träfen sich mit dem Verlangen der Rechtsuchenden nach einer möglichst hohen Befähigung der Rechtsanwälte, die sie beraten und vertreten sollen (Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses , BT-Drucks. 11/8307, S. 19). Der Rechtsanwalt, der eine Fachanwaltsbezeichnung führt, weist damit das rechtsuchende Publikum auf Spezialkenntnisse hin, über die er im Unterschied zu anderen Rechtsanwälten verfügt, die keine Fachanwaltsbezeichnung führen dürfen (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Mai 1990 - AnwZ (B) 4/90, BGHZ 111, 229, 231; Urteil vom 25. November 2013 - AnwZ (B) 44/12, NJW-RR 2014, 751 Rn. 11).
25
cc) Angesichts der vom Berufungsgericht festgestellten Verwechslungsgefahr zwischen den Bezeichnungen "Spezialist" und "Fachanwalt" ist es im Hinblick auf die Interessenlage des rechtsuchenden Publikums und der Anwaltschaft gerechtfertigt, von einem sich selbst als Spezialisten bezeichnenden Rechtsanwalt zumindest die Expertise eines Fachanwalts zu erwarten (OLG Stuttgart, GRUR-RR 2008, 177, 178 = WRP 2008, 513; OLG Karlsruhe, GRURRR 2009, 431, 432 f.). Jedenfalls wenn das Fachgebiet, für das sich der werbende Rechtsanwalt als Spezialist bezeichnet, auch ein Rechtsgebiet ist, für das eine Fachanwaltschaft besteht, ist zur Überprüfung dieser Werbebehaup- tung auf die jeweiligen Anforderungen der Fachanwaltsordnung an besondere theoretische Kenntnisse und praktische Erfahrungen zurückzugreifen (OLG Nürnberg, GRUR-RR 2007, 292, 293). Entsprechen die Fähigkeiten eines Rechtsanwalts, der sich als Spezialist auf einem Rechtsgebiet bezeichnet, für das eine Fachanwaltschaft besteht, den an einen Fachanwalt zu stellenden Anforderungen , werden die Interessen der Rechtsuchenden nicht beeinträchtigt, wenn sie die Begriffe "Fachanwalt" und "Spezialist" verwechseln. Es besteht bei einer solchen Sachlage keine Veranlassung, dem Rechtsanwalt die Führung der Bezeichnung "Spezialist" zu untersagen. Ein in diesem Fall gleichwohl ausgesprochenes Verbot der Verwendung der Bezeichnung "Spezialist für Familienrecht" ist zum Schutz des rechtsuchenden Publikums und im Interesse der Rechtsanwaltschaft nicht erforderlich und verstößt gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit sind aber nur dann mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar, wenn sie den Berufstätigen nicht übermäßig oder unzumutbar treffen, also dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen (BVerfG, GRUR 2012, 72, 73; GesR 2012, 360, 361).
26
dd) Ob an den Nachweis der Richtigkeit einer Selbsteinschätzung als Spezialist noch höhere Anforderungen zu stellen sind, wenn sie für Rechtsgebiete in Anspruch genommen wird, die nicht mit Fachanwaltschaften vollständig identisch sind (vgl. OLG Stuttgart, GRUR-RR 2008, 177, 178), braucht nicht entschieden zu werden. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.
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c) Dem Beklagten obliegt der Nachweis, dass er die Anforderungen eines Spezialisten auf dem Gebiet des Familienrechts erfüllt. Dies ergibt sich schon aus § 7 Abs. 1 Satz 1 und 2 BORA. Jedenfalls folgt dies aus allgemeinen Grundsätzen zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast. Durch die Bezeichnung als Spezialist nimmt der Beklagte für sich in Anspruch, zu einer Spitzengruppe der im Familienrecht tätigen Anwälte zu gehören. Nach der Senats- rechtsprechung muss der Beklagte, der eine Spitzenstellung - nichts anderes gilt für die Zugehörigkeit zu einer Spitzengruppe - für sich in Anspruch nimmt, die sie begründenden Tatsachen darlegen und beweisen, wenn seine Werbung als unrichtig beanstandet wird und die klagende Partei diese Tatsachen entweder überhaupt nicht oder nur mit erheblichen Schwierigkeiten aufklären kann (BGH, Urteil vom 22. Oktober 2009 - I ZR 73/07, GRUR 2010, 352 Rn. 22 = WRP 2010, 636 - Hier spiegelt sich Erfahrung). So liegen die Dinge im Streitfall. Zu der Frage, ob der Beklagte über hinreichende theoretische Kenntnisse und praktische Erfahrungen verfügt, um sich zu Recht als Spezialist für Familienrecht zu bezeichnen, hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen.
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4. Da die vorbezeichnete Interessenabwägung auch im Rahmen eines auf § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 3 UWG gestützten Verbots gilt, kann auch die vom Berufungsgericht auf diese Vorschriften gestützte Verurteilung nicht aufrecht erhalten bleiben.
29
III. Da die Sache mangels ausreichender Feststellungen nicht entscheidungsreif ist, ist auf die Revision des Beklagten das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Büscher Schaffert Kirchhoff
Koch Schwonke
Vorinstanzen:
LG Konstanz, Entscheidung vom 13.04.2012 - 8 O 33/11 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 01.03.2013 - 4 U 120/12 -

(1) Dem Rechtsanwalt, der besondere Kenntnisse und Erfahrungen in einem Rechtsgebiet erworben hat, kann die Befugnis verliehen werden, eine Fachanwaltsbezeichnung zu führen. Fachanwaltsbezeichnungen gibt es für das Verwaltungsrecht, das Steuerrecht, das Arbeitsrecht und das Sozialrecht sowie für die Rechtsgebiete, die durch Satzung in einer Berufsordnung nach § 59a Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe a bestimmt sind. Die Befugnis darf für höchstens drei Rechtsgebiete erteilt werden.

(2) Über den Antrag des Rechtsanwalts auf Erteilung der Erlaubnis entscheidet der Vorstand der Rechtsanwaltskammer, nachdem ein Ausschuß der Kammer die von dem Rechtsanwalt vorzulegenden Nachweise über den Erwerb der besonderen Kenntnisse und Erfahrungen geprüft hat.

(3) Der Vorstand der Rechtsanwaltskammer bildet für jedes Fachgebiet einen Ausschuß und bestellt dessen Mitglieder. Einem Ausschuß gehören mindestens drei Rechtsanwälte an; diese können Mitglieder mehrerer Ausschüsse sein. Die §§ 75 und 76 Absatz 1 und 2 sind entsprechend anzuwenden. Mehrere Rechtsanwaltskammern können gemeinsame Ausschüsse bilden.

(4) Die Erlaubnis zum Führen der Fachanwaltsbezeichnung kann mit Wirkung für die Zukunft von dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer zurückgenommen werden, wenn Tatsachen nachträglich bekanntwerden, bei deren Kenntnis die Erlaubnis hätte versagt werden müssen. Sie kann widerrufen werden, wenn eine in der Berufsordnung vorgeschriebene Fortbildung unterlassen wird.

(1) Soweit dieses Gesetz keine abweichenden Bestimmungen über das gerichtliche Verfahren enthält, gelten die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend. Der Anwaltsgerichtshof steht einem Oberverwaltungsgericht gleich; § 112e bleibt unberührt.

(2) Die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung über die Mitwirkung ehrenamtlicher Richter sowie die §§ 35, 36 und 47 der Verwaltungsgerichtsordnung sind nicht anzuwenden. Die Fristen des § 116 Abs. 2 und des § 117 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung betragen jeweils fünf Wochen.

(3) Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage endet abweichend von § 80b der Verwaltungsgerichtsordnung mit der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Der Streitwert bestimmt sich nach § 52 des Gerichtskostengesetzes. Er wird von Amts wegen festgesetzt.

(2) In Verfahren, die Klagen auf Zulassung zur Rechtsanwaltschaft oder deren Rücknahme oder Widerruf betreffen, ist ein Streitwert von 50 000 Euro anzunehmen. Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Klägers, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.

(3) Die Festsetzung ist unanfechtbar; § 63 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.