Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Juli 2015 - 1 StR 602/14

bei uns veröffentlicht am28.07.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 6 0 2 / 1 4
a l t : 1 S t R 6 3 3 / 1 0
vom
28. Juli 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Juli 2015 gemäß § 349
Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 14. November 2013 wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hatte den Angeklagten am 5. Mai 2010 wegen Steuerhinterziehung in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Soweit ihm in der Anklage darüber hinaus Vergehen der Bestechung und Beihilfe zur Untreue zur Last gelegt worden waren, hatte das Landgericht das Verfahren im Hinblick auf den Vorwurf der Bestechung wegen Eintritts der Verfolgungsverjährung und hinsichtlich der Beihilfe zur Untreue eingestellt, weil insoweit eine Auslieferung durch Kanada nicht bewilligt worden war. Das Landgericht hatte weiter angeordnet, dass von der in Kanada erlittenen Auslieferungshaft neun Tage auf die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe angerechnet werden.
2
Dieses Urteil hob der Senat auf die Revision des Angeklagten – soweit er verurteilt worden war – mit den Feststellungen zur Ansässigkeit des Angeklagten , zu den von ihm erzielten Gewinnen sowie zur Höhe des zu versteuernden Einkommens und der verkürzten Steuern auf. Die weitergehende Revision des Angeklagten wurde verworfen. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft hob der Senat das Urteil mit den Feststellungen auf, soweit das Verfahren hinsichtlich des Vorwurfs der Bestechung eingestellt worden war. Ausgenommen waren hiervon die Feststellungen, soweit sie die Einrichtung der Rubrikkonten “Holgart“ und die diesbezüglichen Kontobewegungen zum Gegenstand hatten. Im Umfang der Aufhebung verwies der Senat die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurück (BGH, Urteil vom 6. September 2011 – 1 StR 633/10, wistra 2012, 29).
3
Nunmehr hat das Landgericht den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hinsichtlich des Vorwurfs der Bestechung hat es das Verfahren wegen Eintritts der Verfolgungsverjährung eingestellt. Zudem hat es ausgesprochen, dass die im Ausland erlittene Freiheitsentziehung von 166 Tagen im Maßstab 1:1 auf die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe angerechnet wird.
4
Der Angeklagte wendet sich mit seiner auf mehrere Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützten Revision gegen seine Verurteilung wegen Steuerhinterziehung. Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO).

I.


5
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in sechs Fällen verurteilt, weil er in den Einkommensteuererklärungen für die Veranlagungszeiträume 1988 bis 1993 gewerbliche Einkünfte aus einer Vermittlungstätigkeit nicht gegenüber den Finanzbehörden erklärt und dadurch Steuern in einem Umfang von insgesamt mehr als 17 Mio. DM verkürzt hat.
6
Im Einzelnen hat das Landgericht folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
7
1. Der Angeklagte erzielte in den Jahren 1988 bis 1993 Einkünfte aus dem gewerbsmäßigen Vermitteln und Vermakeln von Geschäften aller Art. Bei seiner Vermittlungstätigkeit kamen ihm seine zahlreichen Kontakte zu Politik und Wirtschaft zugute.
8
Der Angeklagte entschloss sich, die ihm aus den Vermittlungsgeschäften zufließenden Provisionen gegenüber den deutschen Finanzbehörden zu verheimlichen und dadurch seine Einkommensteuerlast zu vermindern. Zur Verschleierung seiner Einkünfte bediente sich der Angeklagte zweier Tarnfirmen, die nach außen hin als Träger der Vermittlungsgeschäfte auftreten sollten, obwohl sie mangels Personal und Geschäftsausstattung in Wahrheit zu werbender Tätigkeit gar nicht im Stande waren.
9
Tatsächlich wurden die Vermittlungsgeschäfte vom Angeklagten ausgeführt , dem auch die Provisionen zustanden und an den diese – wenn auch verschleiert – ausgezahlt wurden.
10
Bei den Tarnfirmen handelt es sich um die Firma A. Ltd. (im Folgenden: A. ), die in Panama ansässig war, und die Firma I. Ltd. (im Folgenden: I. ) mit Sitz in Liechtenstein. Beide Gesellschaften waren Tochterunternehmen der ebenfalls in Liechtenstein ansässigen K. -Anstalt. Alleiniger Nutznießer und wirtschaftlicher Berechtigter der K. -Anstalt und deren Tochterfirmen war der Angeklagte.
11
Die Tarnfirmen A. und I. unterhielten verschiedene Stamm- und Unterkonten bei Banken in der Schweiz und in Liechtenstein, hinsichtlich derer der Angeklagte und seine Ehefrau verfügungsberechtigt waren. Die eingehenden Provisionszahlungen wurden zunächst den Stammkonten gutgeschrieben. Von dort aus wurden sie auf mit Fantasienamen bezeichneten Unterkonten (sog. Rubrikkonten) weitergeleitet und umverteilt. Die auf den Rubrikkonten separierten Gelder dienten der Leistung von Unterprovisionen an ausgewählte Personen , die sich der Angeklagte im Zusammenhang mit der Vermittlung der Geschäfte gewogen machen wollte. Die Unterprovisionsbeträge wurden für den jeweiligen Empfänger auf dem ihm zugeordneten Rubrikkonto vorgehalten bzw. von dort aus an ihn zugewendet.
12
In den Jahren 1988 bis 1993 erfolgten Provisionszahlungen, u.a. der Firmen T. AG und A. G.I.E, an den Angeklagten in einem Umfang von mehr als 64 Mio. DM. Ihnen lagen Vermittlungstätigkeiten des Angeklagten im Zusammenhang mit Geschäften der vorgenannten Firmen zugrunde , wie Flugzeugverkäufe der A. G.I.E. an kanadische und thailändische Fluggesellschaften und die Lieferung von Panzerfahrzeugen durch die Firma T. AG nach Saudi-Arabien.
13
Der Angeklagte und seine mit ihm zusammen veranlagte Ehefrau gaben für die Jahre 1988 bis 1993 Einkommensteuererklärungen beim zuständigen Finanzamt Landsberg am Lech ab, in denen sie als Wohnsitz eine Adresse in Kaufering angaben. Hinweise auf einen kanadischen Wohnsitz oder eine Steuerpflicht in Kanada erfolgten nicht. Die vom Angeklagten aus den Vermittlungsgeschäften erzielten Einkünfte wurden in den Einkommensteuererklärungen nicht angegeben. Auch den kanadischen Steuerbehörden, gegenüber denen sich der Angeklagte als „non-resident“ darstellte, erklärte der Angeklagte die Einkünfte nicht.
14
2. Nach Auffassung des Landgerichts waren die Einkünfte aus der Vermittlungstätigkeit in den Jahren 1988 bis 1993 in Deutschland zu versteuern. Nach den Regelungen des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Kanada zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und bestimmter anderer Steuern vom 17. Juli 1981 (BGBl. 1982 II S. 801, nachfolgend: DBA Kanada 1981) sei der Angeklagte als in Deutschland ansässig anzusehen. Selbst wenn nach dem DBA Kanada 1981 das Besteuerungsrecht hinsichtlich von Einkünften aus einer kanadischen Quelle Kanada zustehen sollte, sei dieses Recht aufgrund der Rückfallklausel in Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 an Deutschland zurückgefallen, da in Kanada tatsächlich keine Besteuerung erfolgt sei. Durch das Verschweigen der Einkünfte sei deutsche Einkommensteuer in Höhe von 19.739.220 DM verkürzt worden.
15
3. Im Rahmen der Strafzumessung hat das Landgericht in allenFällen – mit Ausnahme der Hinterziehung von Einkommensteuer für das Jahr 1989 – einen unbenannten besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 3 Satz 1 AO angenommen und dies neben der Höhe der Verkürzungsbeträge jeweils mit der vom Angeklagten aufgewendeten, über das Übliche einer Steuerhinterziehung weit hinausgehenden kriminellen Energie durch Verschleierung der begangenen Taten unter Einschaltung ausländischer Domizilgesellschaften und Implementierung eines schwer überschaubaren Kontensystems im Ausland begründet.
16
4. Eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung hat das Landgericht verneint. Die in Kanada verbüßte Untersuchungshaft hat es im Maßstab 1:1 auf die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe angerechnet; eine Anrechnung der Zeit der Außervollzugsetzung des Haftbefehls mit der Auflage, der Angeklagte dürfe das von ihm bewohnte Grundstück nur mit Genehmigung des Gerichts verlassen, hat es dagegen nicht vorgenommen.

II.


17
Der Verurteilung des Angeklagten steht kein Verfahrenshindernis entgegen. Die Steuerstraftaten sind – worüber der Senat in seinem Urteil vom 6. September 2011 nicht bindend entschieden hat – nicht verjährt.
18
Die Hinterziehung von Einkommensteuer für das Jahr 1988 durch Abgabe einer unrichtigen Steuererklärung (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) war mit Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheids vom 17. August 1990, in dem die Steuer zu niedrig festgesetzt wurde, beendet (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 7. August 2014 – 1 StR 198/14, NStZ-RR 2014, 340). Die Verjährungsfrist für Steuerhinterziehung betrug zum damaligen Zeitpunkt gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB fünf Jahre. Die Verjährung wurde während des Laufs der Frist mehrfach, unter anderem durch Anordnung der ersten Vernehmung des Beschuldigten am 9. August 1995 (§ 78c Abs. 1 Nr. 1 StGB), durch Durchsuchungsanordnungen am 14. August 1995 und am 24. August 1995 (§ 78c Abs. 1 Nr. 4 StGB), durch Haftbefehl vom 2. September 1999 (§ 78c Abs. 1 Nr. 5 StGB) sowie durch Anklageerhebung am 14. März 2000 (§ 78c Abs. 1 Nr. 6 StGB) unterbrochen. Vor Ablauf der absoluten Verjährung (§ 78c Abs. 3 Satz 2 und 3 StGB) erfolgte am 1. August 2000 eine erneute Unterbrechung durch Eröffnung des Hauptverfahrens vor dem Landgericht (§ 78c Abs. 1 Nr. 7 StGB). Ab diesem Zeitpunkt ruhte die Verjährung gemäß des ab 1. März 1993 geltenden § 78b Abs. 4 StGB (BGBl. I S. 50) für einen Zeitraum von fünf Jahren. Die Verjährung ruhte gemäß dem mit Wirkung vom 11. August 2000 eingefügten § 78b Abs. 5 StGB (BGBl. I S. 2272) erneut ab Zugang des förmlichen Auslieferungsersu- chens bei den kanadischen Behörden spätestens am 17. Oktober 1999 bis zur Übergabe des Angeklagten am 3. August 2009 an die deutschen Strafverfolgungsbehörden. Zudem erhöhte sich die Verjährungsfrist aufgrund Einfügung des § 376 Abs. 1 AO durch Gesetz vom 19. Dezember 2008 (BGBl. I, S. 2794, 2828) auf zehn Jahre (§ 376 Abs. 1 AO). Diese Vorschrift gilt für alle bei Inkrafttreten des Änderungsgesetzes am 25. Dezember 2008 noch nicht abgelaufenen Verjährungsfristen für die in § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 bis 5 AO genannten Fälle besonders schwerer Steuerhinterziehung, und zwar ungeachtet dessen, dass das hier einschlägige Regelbeispiel der Steuerverkürzung großen Ausmaßes (§ 370 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AO) zum Zeitpunkt der Tatbeendigung durch das einschränkende Merkmal des Handels aus grobem Eigennutz noch enger gefasst war (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. März 2013 – 1 StR 73/13, BGHR AO § 376 Abs. 1 Verjährungsfrist 1 und vom 13. Juni 2013 – 1 StR 226/13, NStZ 2014, 105).
19
Das erstinstanzliche Urteil vom 5. Mai 2010 erging damit rechtzeitig vor Eintritt der absoluten Verjährung hinsichtlich der Hinterziehung von Einkommensteuer für das Jahr 1988. Gleiches gilt für die Hinterziehung von Einkommensteuer für die Jahre 1989 bis 1993, die mit der Bekanntgabe der unzutreffenden Steuerbescheide jeweils zu einem noch späteren Zeitpunkt beendet waren, auch wenn für das Jahr 1989 die Vorschrift des § 376 AO mangels einer Steuerverkürzung in großem Ausmaß nicht eingreift.

III.


20
Die vom Angeklagten erhobenen Verfahrensrügen haben keinen Erfolg.
21
1. Die Revision rügt die Verletzung der § 24 Abs. 2, § 338 Nr. 3 StPO. Sie macht geltend, dass ein Befangenheitsantrag gegen die Vorsitzende zu Unrecht abgelehnt worden sei. Der Antrag war gestützt auf eine Maßnahme der Vorsitzenden zur Objektivierung der Verhandlungsunfähigkeit des Angeklagten, die nach Ansicht der Revision grob unverhältnismäßig und menschenrechtswidrig gewesen sei und die Befangenheit der Vorsitzenden gegenüber dem Angeklagten belege.
22
a) Dem liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
23
Gegen den Angeklagten, der sich von 1999 bis 2009 dem Verfahren durch Flucht entzogen hatte, fand ab dem 17. September 2012 die Hauptverhandlung statt. Wegen eines am 5. März 2012 erlittenen Herzinfarktes des Angeklagten war er nur maximal zweimal zwei Stunden täglich verhandlungsfähig. Nach dem 32. Verhandlungstag erkrankte der Angeklagte am Samstag, dem 20. Juli 2013. Zu diesem Zeitpunkt waren noch fünf Verhandlungstage terminiert , nämlich der 22., 24. und 30. Juli sowie der 2. und 9. August 2013. Die Terminierung gestaltete sich – auch wegen des nachdrücklichen Wunsches der Verteidigung, dass alle drei Verteidiger jeden Termin wahrnehmen können – schwierig.
24
Am Morgen des 22. Juli 2013 legte der Angeklagte ein Attest seines Hausarztes vor, nach dem er an einer Gastroenteritis reiseunfähig erkrankt sei und die voraussichtliche Krankheitsdauer fünf bis acht Tage betrage. Die Vorsitzende beauftragte daraufhin den Sachverständigen S. , der während der Hauptverhandlung anwesend war und den Gesundheitszustand des Angeklagten überwachte, mit der Begutachtung des Angeklagten auf seine Verhandlungsfähigkeit. Nach Rückmeldung des Sachverständigen hob sie den Termin am 22. Juli 2013 auf. Nach Angaben des Sachverständigen bestanden keine Bedenken, den Termin vom 24. Juli 2015 aufrechtzuerhalten. Am Morgen des 24. Juli 2013 teilte der Sachverständige der Vorsitzenden mit, der Angeklagte habe ihm gegenüber telefonisch angegeben, dass die Erkrankung fortdauere. Die vom Angeklagten geschilderten andauernden Symptome – Erbrechen, Schwindel – seien relativ schwer objektiv mittels differenzierter Diagnostik überprüfbar, aber typisch für die Erkrankung. Üblicherweise sei innerhalb von 36 bis 48 Stunden mit einer Besserung zu rechnen. Es seien aber auch bestimmte Viren als Infektionsquellen möglich, die solche Symptome auslösten, bei denen die Krankheit länger andauere. Der Nachweis der Krankheitsursache sei oft schwierig, er gelinge teilweise, indem Erbrochenes und Blut untersucht würden, um eine endgültige Diagnose stellen zu können. Dies werde dann durchgeführt, wenn sich das Krankheitsbild über einen längeren Zeitraum erstrecke und mit üblichen Medikamenten nicht bessern lasse.
25
Daraufhin verfügte die Vorsitzende die Aufhebung des Termins vom 24. Juli 2013. Sie teilte dies dem Sachverständigen im Rahmen eines weiteren Telefonats mit und beauftragte ihn, den Angeklagten an diesem Tag, „gegebenenfalls gegen Abend abermals körperlich zu untersuchen, um die Beschwerden zu objektivieren und eine Einschätzung wegen der Herzthematik zu erlan- gen.“ Des Weiteren bat sie den Sachverständigen, dem Angeklagtenmitzutei- len, er möge für den Fall, dass er sich abermals erbrechen sollte, das Erbrochene aufbewahren. Dies gab der Sachverständige an den Angeklagten weiter, der dem nachkam. Die aufbewahrte Körperausscheidung wurde vom Sachverständigen bei der körperlichen Untersuchung am Abend einem Befund unter- zogen, was zum Ausschluss einer akuten Magen-/Speisenröhrenblutung und dem Verdacht auf eine Schleimhautentzündung führte. Laboruntersuchungen veranlasste der Sachverständige ohne Rücksprache mit der Vorsitzenden jedoch nicht.
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Mit Schreiben vom 25. Juli 2013 lehnte der Angeklagte die Vorsitzende wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Er machte geltend, die „Anordnung“ , Erbrochenes aufzubewahren, belege ein Misstrauen gegen den Ange- klagten, der dadurch objektiv unwürdig, wie ein Objekt behandelt worden sei. Die Umsetzung der Anordnung sei nur unter Überwindung seines Ekelgefühls möglich gewesen, zudem habe ihn seine Frau dabei unterstützen müssen, was zusätzlich entwürdigend sei. Es trete hinzu, dass die Richterin neben seinem Hausarzt auch dem Sachverständigen, die beide schon die Verhandlungsunfähigkeit festgestellt hätten, nicht vertraut habe. Der Angeklagte habe zu besor- gen, dass die Vorsitzende „dafür eintritt, dass er weiter krank bleibt und sich deswegen übergeben muss, um Erbrochenes zu produzieren oder aber sie ihn nun körperlich und psychisch traktieren will.“
27
Daraufhin gab die abgelehnte Richterin in ihrer dienstlichen Stellungnahme an, die Maßnahme habe dazu gedient, die geltend gemachten Beschwerden zu objektivieren und gegebenenfalls Folgeuntersuchungen zu ermöglichen.
28
Den auf dieses Geschehen gestützten Ablehnungsantrag hat das Landgericht in der Besetzung nach § 27 StPO – nach weiteren Ablehnungsanträgen, auch die Beisitzerinnen betreffend, über deren Ablehnung zuvor entschieden worden war – durch Beschluss vom 30. Juli 2013 zurückgewiesen. Hierbei hat es darauf abgestellt, dass die Befolgung der Anordnung zwar mit Unannehmlichkeiten verbunden, aber dennoch zur sicheren Feststellung der Erkrankung unter Beachtung des Beschleunigungsgrundsatzes verhältnismäßig gewesen sei.
29
b) Die Ablehnung eines Richters ist nach § 24 Abs. 2 StPO nur gerechtfertigt , wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zur Annahme hat, der Richter nehme ihm gegenüber eine innere Haltung ein, die seine erforderliche Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit störend beeinflussen kann (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 8. Mai 2014 – 1 StR 726/13, NJW 2014, 2372 f. mwN). Allein das Misstrauen als rein subjektives Empfinden des Ablehnenden genügt demnach nicht (BGH, Urteil vom 13. März 1997 – 1 StR 793/96, BGHSt 43, 16, 18).
30
c) Mit Recht hat hiernach die Strafkammer das Ablehnungsgesuch verworfen. Der Angeklagte konnte, was der Senat nach Beschwerdegrundsätzen zu prüfen hatte, keinen Anlass zur Besorgnis der Befangenheit und zu Zweifeln an der Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit der Vorsitzenden Richterin haben.
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aa) Die beanstandete Vorgehensweise der Vorsitzenden Richterin erweist sich als sachgerecht. Die Erkrankung des Angeklagten hatte die vom Sachverständigen angegebene typische Dauer von 36 bis 48 Stunden am Morgen des 24. Juli 2013 nach Ausbruch am 20. Juli 2013 schon deutlich überschritten. Dass sie daher den Sachverständigen mit der körperlichen Untersuchung beauftragte, diente der Objektivierung der Beschwerden und der Abklärung des Einflusses auf die bestehende Herzerkrankung, wie die Vorsitzende schon in ihrer Verfügung vom 24. Juli 2014 niederlegte. Es gehört gerade vor dem Hintergrund des in Haftsachen – der gegen den Angeklagten bestehende Haftbefehl war nur außer Vollzug gesetzt – geltenden Beschleunigungsgrundsatzes zu den Aufgaben des Vorsitzenden, die behauptete Verhandlungsunfä- higkeit zu überprüfen und damit eine möglichst effektive Durchführung der Hauptverhandlung zu gewährleisten. Soweit die Revision geltend macht, dies sei nicht erforderlich gewesen, weil zwei eindeutige medizinische Voten für Verhandlungsunfähigkeit vorgelegen hätten, verkennt sie schon die Ausrichtung der Maßnahme auf den nächsten Verhandlungstag, den 30. Juli 2013. Denn für den 22. und 24. Juli 2013 hatte die Vorsitzende, dem Votum des Hausarztes bzw. des gerichtlich bestellten Sachverständigen folgend, die Verhandlung wegen akuter Erkrankung bereits abgesetzt. Dass von der Vorsitzenden die Sicherung der zukünftigen Verhandlungsfähigkeit, die kein medizinisches Zeugnis abdeckte, intendiert war, ergibt sich auch aus dem von ihr in den Blick genommenen abendlichen Untersuchungszeitpunkt. Hinzu kam, dass die Einschätzung des Sachverständigen auf der telefonischen Mitteilung des Angeklagten beruhte, was keine zuverlässige Grundlage für eine Diagnose darstellt.
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Medizinische Untersuchungen sind aber zumeist mit Eingriffen in die Intimsphäre des zu Untersuchenden – was die Revision beanstandet – verbunden. Dieser Eingriff mag durch die Begutachtung von Körperausscheidungen, die zu diesem Zweck aufzubewahren sind, intensiviert worden sein. Gleichwohl stellt diese Methode zur medizinischen Befunderhebung – üblicher freilich für andere Körperausscheidungen, was die damit verbundene Beeinträchtigung aber nicht entscheidend verändert – angesichts des damit verfolgten Zwecks keine unzumutbare Untersuchung dar und führt nicht dazu, dass die Vorsitzende hiermit den Boden einer ordnungsgemäßen Verhandlungsleitung verlassen hätte. Denn es war zu berücksichtigen, dass der Sachverständige diese Untersuchungsmethode sowohl zur Objektivierung der geschilderten Symptome als auch zum Ausschluss einer viralen und die zukünftige Verhandlungsfähigkeit in Frage stellenden Infektion benannt hat. Dass die Vorsitzende im Rahmen der ihr obliegenden Anleitung des Sachverständigen einen dahingehenden Auftrag erteilt hat, ist vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden. Letztlich wurde die Körperausscheidung auch vom Sachverständigen untersucht und diente der diagnostischen Einordnung. Dass der Sachverständige dann keinen Anlass sah, eine Laboruntersuchung zu veranlassen, unterfällt seinem Verantwortungsbereich.
33
bb) Es besteht für einen vernünftigen bzw. verständigen Angeklagten kein Anlass, aufgrund einer solchen sachgerechten Verfahrensweise anzunehmen , der Richter habe ihm gegenüber in der Sache selbst bereits eine innere Haltung angenommen, die seine Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann. Insbesondere die in dem Ablehnungsantrag geltend gemachte Sorge, die Richterin wolle, dass er krank bleibe und ein Erbrechen provozieren, um ihn zu traktieren, entbehrt vor dem Hintergrund, dass die Aufforderung nur für den Fall abermaligen Erbrechens gegolten und der Angeklagte selbst fortdauerndes Erbrechen geltend gemacht hat, jeder vernünftigen Grundlage.
34
cc) Dass das Oberlandesgericht München auf eine für zulässig erachtete Beschwerde des Angeklagten für die „im Rahmen der Verfügung vom 24. Juli 2013 … getroffene Anordnung, wonach der Angeklagte das von ihm an diesem Tag Erbrochene in einem Eimer aufzubewahren und dem Sachverständigen zur Verfügung stellen sollte“, die Rechtswidrigkeit festgestellt hat, ändert an dieser Wertung nichts.
35
Der Senat ist zuständig für die Entscheidung, ob der Revisionsgrund des § 338 Nr. 3 StPO vorliegt. Dabei hat er nach Beschwerdegrundsätzen über die geltend gemachte Befangenheit zu entscheiden. Dass das Oberlandesgericht eine frühere Beschwerdeentscheidung für diesen Sachverhalt – ungeachtet § 305 StPO – getroffen hat, entfaltet keinerlei Bindungswirkung für den Senat.
Die Wertung des Oberlandesgerichts, die Maßnahme sei nicht zweckdienlich und entwürdigend, nicht auch nur annähernd „verhältnismäßig“ und beeinträchtige tiefgreifend die Menschenwürde und das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Angeklagten, teilt der Senat aus den oben dargestellten Gründen nicht. Ob dies auf den Abweichungen im zugrunde gelegten Sachverhalt beruht, kann dahinstehen.
36
d) Dass mit dieser Verfahrensrüge (auch) eine Verletzung des Art. 101 Abs. 2 GG im Ablehnungsverfahren geltend gemacht werden soll, lässt sich dem Revisionsvorbringen schon nicht entnehmen (zum Erfordernis der Klarstellung der Angriffsrichtung insoweit BGH, Beschluss vom 9. Juni 2009 – 4 StR 461/08). Jedenfalls ist die gewählte Reihenfolge nicht willkürlich (vgl. auch BGH, Beschluss vom 25. April 2014 – 1 StR 13/13). Denn die Ablehnung der Beisitzerinnen war zwar auf die Mitwirkung an der Aufforderung gestützt, in der Entscheidung über den Antrag ist aber eine solche Mitwirkung ausgeschlossen worden, weswegen kein Entscheiden in eigener Sache erfolgte.
37
2. Die Rüge der Verletzung des Grundsatzes des fairen Verfahrens in Verbindung mit dem Rechtsgedanken des § 29 StPO bleibt ebenfalls ohne Erfolg.
38
a) Dem liegt im Wesentlichen folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde :
39
Am ersten Verhandlungstag, dem 17. September 2012, lehnte der Angeklagte die drei Berufsrichterinnen der Strafkammer wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Hierüber ist – nachdem auch Mitglieder der Besetzung nach § 27 StPO erfolglos abgelehnt worden waren – am 20. September 2012 entschieden worden. Mit Antrag vom 18. September 2012, der bei Gericht am Vormittag des 19. September 2012 einging, ist sodann ein „ergänzender Be- fangenheitsantrag“ gegen die Vorsitzende gestellt worden; die Revision spricht insoweit von der zweiten „Befangenheitskaskade“. Der Antrag hatte zum Ge- genstand, dass sich „aus der Akte“ Anhaltspunkte dafür ergäben, dass die Vor- sitzende die Akten unvollständig führe, „Vorgänge aus der Akte herausgehalten werden und die Verteidigung nicht umfassend informiert“ werde. Dies belege ein Schreiben des Finanzamtes, das an die Vorsitzende persönlich gerichtet gewesen sei, mithin einen nicht dokumentierten Vorkontakt offensichtlich mache. Der Vorgang sei der Verteidigung am 7. September 2012 durch Akteneinsicht bekannt geworden.
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Der Beginn des zweiten Verhandlungstages, des 21. September 2012, ist um 9.55 Uhr von 10.00 Uhr auf 14.00 Uhr vertagt worden, da noch nicht über den zuletzt genannten Antrag entschieden worden war. Der Verteidigung ist von der nach § 27 StPO besetzten Strafkammer mit Bekanntgabe der dienstlichen Erklärung der Vorsitzenden eine einstündige Frist bis 11.00 Uhr zur Stellungnahme gesetzt worden. Daraufhin lehnte die Verteidigung auch diese Richter um 10.56 Uhr wegen einer zu kurzen Fristsetzung ab. Um 10.58 Uhr ging ihre Stellungnahme zur dienstlichen Erklärung der Vorsitzenden ein. Gegen 12.35 Uhr wurden der Verteidigung die Namen der über den zuletzt erfolgten Antrag entscheidenden Richter und die Frist zur Stellungnahme zu den dienstlichen Erklärungen der abgelehnten Richter bis 13.15 Uhr durch eine Verfügung der Richterin am Landgericht G. bekannt gemacht.
41
Um 13.00 Uhr beantragte die Verteidigung eine Fristverlängerung bis „wenigstens 15.00 Uhr“. In dem Schriftsatz heißt es zudem: „Desweiteren be- absichtigt die Verteidigung einen zweiten unaufschiebbaren Antrag bezüglich Frau Ri’inLG G. zu stellen. Auch dieser wird bis 15.00 Uhr … einge- hen“. Die Ablehnung des Fristverlängerungsantrags ist der Verteidigung um 13.35 Uhr bekannt gemacht worden. Um 13.34 Uhr war die Entscheidung über den Ablehnungsantrag von 10.56 Uhr an die Geschäftsstelle übergeben worden. Um 13.50 Uhr hat die Verteidigung den Ablehnungsantrag bezüglich Richterin am Landgericht G. gestellt. In der Folge ist der Ablehnungsantrag vom 18. September 2012 gegen die Vorsitzende als unbegründet verworfen worden. Die um 14.10 Uhr begonnene Hauptverhandlung ist alsbald wegen Unwohlseins des Angeklagten bis zum nächsten Verhandlungstag unterbrochen worden. Nachdem die Verteidiger im Nachgang erklärt hatten, dass der Antrag aufrechterhalten werde, ist am 16. November 2012 durch das Gericht mitgeteilt worden, dass zur Entscheidung die Richterinnen am Landgericht Li. , Se. und K. berufen seien. Eine Entscheidung in dieser Besetzung ist erst am 10. April 2014 erfolgt.
42
b) Die Revision beanstandet, dass die abgelehnte Richterin am Landgericht G. durch die Entscheidung über den Befangenheitsantrag gezielt einem bereits angekündigten Ablehnungsantrag zuvorgekommen sei. Zwar sei der Anwendungsbereich des § 29 StPO nicht eröffnet, es liege aber durch das Nichtabwarten des angekündigten Antrags und der unangemessen kurzen Fristsetzung „faktisch eine Aushebelung des § 29 StPO“ vor,was einen Fairnessverstoß darstelle. Jedenfalls in der Zusammenschau mit der Entscheidung über den schließlich gestellten Befangenheitsantrag eineinhalb Jahre nach der Antragstellung und über vier Monate nach Erlass des Urteils und dadurch, dass die entscheidenden Richter „letztlich eine Situation schufen, die derjenigen der ‚Entscheidung in eigener Sache‘ entspricht“ und dem Angeklagten nicht mitge- teilt worden sei, dass die Strafkammer in ihrer ursprünglichen Besetzung entscheide , wiege der Fairnessverstoß so schwer, dass er die Revision begründe.
43
c) Es liegt kein die Revision begründender Verfahrensfehler vor.
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aa) Zunächst ist der Anwendungsbereich des § 29 StPO nicht eröffnet, da die Richterin am Landgericht G. zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht abgelehnt war, was die Revision auch nicht verkennt. Die Vorschrift des § 29 Abs. 1 StPO dient primär der Verfahrensförderung: Allein die Anbringung des Ablehnungsgesuchs soll nicht dazu führen, dass der Richter sogleich von jeder Mitwirkung ausgeschlossen ist. Andererseits hat der Ablehnende ein Interesse daran, dass der von ihm für befangen erachtete Richter in dem Verfahren nicht weiter mitwirkt. Der Richter soll deshalb nicht länger als unbedingt nötig auf das Prozessgeschehen einwirken können (BGH, Beschluss vom 3. April 2003 – 4 StR 506/02, BGHSt 48, 264, 266). Jedenfalls angesichts der hier obwaltenden Umstände führt auch zur Vermeidung rechtsmissbräuchlichen Vor- gehens allein der Hinweis auf die Absicht, einen „unaufschiebbaren Antrag“ zu stellen, nicht zu einer vergleichbaren Interessenlage.
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Der Antrag auf eine Fristverlängerung begründet kein schützenswertes Vertrauen auf die Gewährung derselben. Es ist auch weder nachvollziehbar dargelegt noch sonst ersichtlich, was den Angeklagten innerhalb der Frist von der Stellung des Antrags abgehalten hat. Schon für sich genommen verfängt der Hinweis, dass der Angeklagte seit 8.30 Uhr ohne Pause gewesen sei, vor dem Hintergrund des dargestellten Geschehens nicht. Dass diese Zeit zum Überlegen und zur Abfassung des Ablehnungsgesuchs (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 17. November 1999 – 2 StR 313/99, BGHSt 45, 312, 315) nicht ausgereicht hätte, ist vielmehr durch den Inhalt des dann tatsächlich eingegangenen Ablehnungsgesuchs, das im Wesentlichen auf das noch fristgemäß erfolgte Vorbringen im Antrag auf Fristverlängerung Bezug nimmt, entkräftet. Auch der einfach gelagerte und darzustellende Ablehnungsgrund, den der Angeklagte zudem etwa zwei Stunden zuvor schon gegen eine andere Besetzung geltend gemacht hatte, vermag nicht zu belegen, dass die Frist zu kurz bemessen worden ist, um dem Angeklagten eine effektive Wahrnehmung seines Ablehnungsrechts zu ermöglichen.
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bb) Die weitere Behandlung des Befangenheitsantrags gegen Richterin am Landgericht G. zeigt keinen Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG und auch sonst keinen Verfahrensfehler auf, auf dem das Urteil beruht.
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Zweifel an der Zulässigkeit der Rüge – so wird einerseits vorgetragen, es sei nicht mitgeteilt worden, dass die 10. Strafkammer in ihrer ursprünglichen Besetzung für die Entscheidung zuständig sei (RB S. 448 f.), andererseits wird aber genau diese Mitteilung vorgetragen (RB S. 440) – kann der Senat dahingestellt sein lassen. Denn dass die Strafkammer schließlich in der ursprünglichen Besetzung über die Befangenheit der Richterin am LandgerichtG. entschieden hat, die – vermittelt durch weitere Glieder in der durch die Anträge eröffneten Ablehnungskette – über ihre eigene Befangenheit befinden sollte, begründet keinen durchgreifenden Fairnessverstoß.
48
Dies gilt schon deswegen, weil diese Entscheidung – die für sich genommen zutreffend einen berechtigten Befangenheitsgrund nicht anerkennt – erst nach Erlass des Urteils erfolgte, so dass ein Einfluss auf das Urteil ausgeschlossen ist. Aber auch der Umstand, dass erst so spät über diesen Antrag entschieden worden ist, hat keinen Einfluss auf das Urteil. Da die Richterin am Landgericht G. erst nach Erlass der von ihr zu treffenden Entscheidung abgelehnt worden ist, liegt insoweit ein unzulässiger Antrag vor (vgl. BGH, Beschluss vom 12. März 2014 – 2 ARs 357/13). Das Ablehnungsrechterlischt – verfassungsrechtlich unbedenklich (BVerfG, Beschluss vom 2. Mai 2007 – 2 BvR 2655/06) – bei Entscheidungen außerhalb einer Hauptverhandlung spätestens mit Erlass der Entscheidung (BGH, Beschlüsse vom 24. Oktober 2005 – 5 StR 269/05; vom 1. Februar 2005 – 4 StR 486/04, NStZ-RR 2005, 173 f. und vom 11. Juli 2001 – 3 StR 462/01, NStZ-RR 2001, 333).
49
Zudem war zu beachten, dass der ursprüngliche Ablehnungsantrag gegen die Vorsitzende vom 18. September 2012 verspätet war. Denn der Antrag ist nach der Frist des § 25 Abs. 1 Satz 2 StPO gestellt worden. Die Verteidigung trägt in dem Antrag selbst vor, dass ihr das Schreiben vor Beginn der Hauptverhandlung bekannt gemacht worden war, mithin waren die Umstände, auf die die Ablehnung gestützt wird, schon bekannt. Der Antrag hätte also gleichzeitig mit dem ersten in der Hauptverhandlung gestellten Befangenheitsantrag am 17. September 2012 geltend gemacht werden müssen. Jedenfalls hatte der Angeklagte keinen Grund zu der Annahme, die Vorsitzende sei ihm gegenüber befangen.
50
3. Auch die Beanstandung der Verletzung des Beweisantragsrechts durch Ablehnung der beantragten Vernehmung des kanadischen Steuerberaters des Angeklagten gemäß § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO versagt aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift dargelegten Gründen. Angesichts der auch auf Nachfrage des Gerichts nicht maßgeblich konkretisierten Tatsachenbehauptungen – im Wesentlichen, dass der Zeuge von einer Steuer- pflicht in Kanada ausgegangen sei und „diese Thematik“ bei der beratenden Tätigkeit im Hinblick auf Ertragssteuern für die Jahre 1988 und 1993 mit dem Angeklagten besprochen habe – gebot die Aufklärungspflicht keine weitergehenden Ausführungen im ablehnenden Beschluss. Dass die Strafkammer dabei maßgeblich darauf abgestellt hat, dass der Angeklagte die Einkünfte auch in Kanada nicht der Besteuerung unterworfen hat, ist nicht zu beanstanden.

IV.


51
Die auf die Sachrüge vorzunehmende Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
52
1. Die Verurteilung wegen Steuerhinterziehung in sechs Fällen ist nicht zu beanstanden. Der Angeklagte hat in den von ihm eingereichten Einkommensteuererklärungen der Veranlagungszeiträume 1988 bis 1993 die aus einer Vermittlungstätigkeit erzielten Einkünfte wahrheitswidrig nicht angegeben, wodurch es zu einer Verkürzung von Einkommensteuer gekommen ist (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO).
53
a) Das Landgericht ist auf der Grundlage einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung zutreffend davon ausgegangen, dass die nach den aufrecht erhaltenen Feststellungen aus dem Urteil vom 5. Mai 2010 dem Angeklagten wirtschaftlich zuzurechnenden gewerblichen Einkünfte aus der Vermittlungstätigkeit (vgl. § 15 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG) in Deutschland der Einkommensteuer unterliegen.
54
Da der Angeklagte auf der Grundlage der jetzt getroffenen Feststellungen sowohl in Deutschland als auch in Kanada einen Wohnsitz hatte und er deshalb i.S.v. Art. 4 Abs. 1 DBA Kanada 1981 sowohl in Deutschland als auch in Kanada unbeschränkt einkommensteuerpflichtig war (vgl. § 1 Abs. 1 EStG i.V.m. § 8 AO bzw. Part I Division A Subsection 2 des Kanadischen Income Tax Act), ist für die Frage, welchem der beiden Staaten das Besteuerungsrecht zusteht , maßgeblich, wo der Angeklagte im Sinne von Art. 4 Abs. 2 DBA Kanada 1981 ansässig war. Auf Grundlage der Feststellungen ist das Landgericht im Rahmen einer umfangreichen Gesamtwürdigung zu Recht davon ausgegangen , dass sich jedenfalls der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Angeklag- ten in Deutschland befindet, so dass dieser als in Deutschland ansässig gilt. Nach Art. 7 DBA Kanada 1981 steht das Besteuerungsrecht für Gewinne eines Unternehmens grundsätzlich dem Ansässigkeitsstaat (Deutschland) zu, es sei denn, das Unternehmen verfügte in dem jeweils anderen Staat (Kanada) über eine Betriebsstätte (sog. Quellenstaat). Demnach unterliegen Gewinne, die durch den Angeklagten in Deutschland erzielt werden, von vorneherein der deutschen Einkommensteuer. Aber auch Gewinne einer kanadischen Betriebsstätte , die grundsätzlich dem Besteuerungsrecht des Quellenstaats Kanada unterliegen, sind in den verfahrensgegenständlichen Jahren in Deutschland zu besteuern. Da eine Besteuerung in Kanada unterblieben ist, ist nach der Rückfallklausel des Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 (BGH, Urteil vom 6. September 2011 – 1 StR 633/10, wistra 2012, 29; vgl. auch BFH, Urteil vom 17. Oktober 2007 – I R 96/06, BFHE 219, 534) das Besteuerungsrecht für die zunächst freigestellten Einkünfte an Deutschland als Ansässigkeitsstaat zurückgefallen.
55
b) Die Annahme eines direkten Vorsatzes des Angeklagten hinsichtlich der Hinterziehung deutscher Einkommensteuer ist revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.
56
Das Landgericht hat ohne Rechtsfehler darauf abgestellt, dass der Angeklagte in Kenntnis aller Umstände, die zum Vorliegen des Mittelpunkts der Lebensinteressen in Deutschland führten, unter Einschaltung von Tarnfirmen und eines schwer durchschaubaren Kontensystems im Ausland umfangreiche Verschleierungsmaßnahmen getroffen hat, um eine Besteuerung der Einkünfte zu verhindern. Der aufgrund einer Gesamtwürdigung gezogene Schluss des Landgerichts, der Angeklagte sei davon ausgegangen, die Einkünfte aus der Vermittlungstätigkeit seien insgesamt in Deutschland zu versteuern, ist auch hinsichtlich der Einkünfte aus kanadischen Quellen, für die sich das Besteuerungsrecht Deutschlands erst aufgrund der Rückfallklausel des Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 ergibt, tragfähig. Hierfür durfte es sich darauf stützen, dass der Angeklagte sich gegenüber den deutschen Steuerbehörden – ohne Hinweis auf ausländischen Wohnsitz und in Kanada erzielte Einkünfte – als unbeschränkt steuerpflichtig dargestellt und zugleich die Einkünfte auch nicht in Kanada der Besteuerung unterworfen hat.
57
2. Das Landgericht hat auch den Schuldumfang zutreffend bestimmt.
58
a) Es hat den Gewinn aus Gewerbebetrieb in den jeweiligen Jahren zutreffend durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1, § 5 EStG) ermittelt. Da der Angeklagte weder eine Eröffnungsbilanz aufgestellt, eine kaufmännische Buchführung eingerichtet und aufgrund von Bestandsaufnahmen einen Abschluss erstellt noch Aufzeichnungen über die Betriebseinnahmen oder Betriebsausgaben gefertigt hat, hat er keine wirksame Wahl hinsichtlich der Gewinnermittlungsmethode – Betriebsvermögensvergleich einerseits, EinnahmeÜberschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG andererseits – getroffen. Es bleibt daher bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich als Grundform der Gewinnermittlung (vgl. BFH, Urteil vom 19. März 2009 – IV R 57/07, BFHE 224, 513 mwN).
59
b) Die vom Landgericht durchgeführte Gewinnermittlung weist keinen Rechtsfehler auf.
60
aa) Das Landgericht hat – soweit dies möglich war – konkrete Feststellungen zur Höhe der gewinnerhöhenden und gewinnmindernden Positionen getroffen und diese in den zeitlich zutreffenden Gewinnermittlungszeiträumen berücksichtigt. Soweit es darüber hinaus einzelne Positionen im Wege der Schätzung ermittelt hat, ist dies im Hinblick darauf, dass es in den Urteilsgründen nachvollziehbar dargelegt hat, wie es zu den Schätzungsergebnissen gelangt ist, nicht zu beanstanden (zur Zulässigkeit der Schätzung von Besteuerungsgrundlagen vgl. BGH, Urteil vom 28. Juli 2010 – 1 StR 643/09, NStZ 2011, 233; Beschlüsse vom 6. Oktober 2014 – 1 StR 214/14, NStZ 2015, 281; vom 29. Januar 2014 - 1 StR 561/13, NStZ-RR 2014, 179 und vom 24. Mai 2007 – 5 StR 58/07, BGHR AO § 370 Abs. 1 Steuerschätzung 3).
61
bb) Entgegen der Auffassung der Revision hat das Landgericht die im Jahr 1992 im Zusammenhang mit der Anschubfinanzierung eines Geschäfts mit Russland über den Bau von Fertig-Holzhäusern erfolgte Übergabe eines Schecks über 8,5 Mio. DM an den Zeugen L. zu Recht nicht gewinnmindernd berücksichtigt. Auf Grundlage der Einlassung des Angeklagten, er habe durch die Zahlung jedenfalls auch ein Projekt der Firma B. GmbH (im Folgenden: B. ), deren Geschäftsführer und Alleingesellschafter der Angeklagte war, fördern wollen, und des Umstands , dass am 18. September 1992 ein Vertrag zwischen der Firma B. und der R. über die Lieferung von mindestens 10.000 Fertig-Holzhäusern geschlossen wurde, hat das Landgericht in revisionsgerichtlich nicht zu beanstandender Weise ein Geschäft der Firma B. angenommen, das damit sowohl bei der Ermittlung der tatbestandlichen Steuerverkürzung i.S.v. § 370 Abs. 4 AO als auch bei der Strafzumessung außer Acht zu bleiben hat. Auf die von der Revision aufgeworfene Frage, ob ein etwaiger Rückzahlungsanspruch gegen den Zeugen L. werthaltig gewesen sei, kommt es damit nicht an.
62
3. Auch der Rechtsfolgenausspruch weist keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
63
a) Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei in allen Fällen – mit Ausnahme der Hinterziehung von Einkommensteuer für das Jahr 1989 – aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände, insbesondere der Höhe der Steuerverkürzungen und der umfangreichen Verschleierungsmaßnahmen des Angeklagten einen unbenannten besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 3 Satz 1 AO angenommen. Zutreffend hat es diejenigen Umstände, die es zur Einstufung des Falls als besonders schwer herangezogen hat, im Rahmen der Strafzumessung im engeren Sinne nicht nochmals erschwerend berücksichtigt (BGH, Urteil vom 6. September 2011 – 1 StR 633/10, wistra 2012, 29 mwN).
64
b) Die Anrechnungsentscheidung gemäß § 51 StGB erfolgte ohne einen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler.
65
Insbesondere ist nicht zu beanstanden, dass das Landgericht die Zeit der Außervollzugsetzung des Haftbefehls mit der Auflage, der Angeklagte dürfe das von ihm bewohnte Grundstück nur mit Genehmigung des Gerichts verlassen , nicht auf die Freiheitsstrafe angerechnet hat.
66
Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob es zur Geltendmachung, es habe eine gemäß § 51 Abs. 1 StGB anrechenbare Freiheitsentziehung vorgelegen , grundsätzlich einer Verfahrensrüge bedarf. Denn die Urteilsgründe enthalten hinreichende Feststellungen zur Ausgestaltung der den Angeklagten insoweit beschwerenden Maßnahmen, so dass dem Revisionsgericht allein auf dieser Grundlage die materiell-rechtliche Überprüfung der Versagung der Anrechnung möglich ist.
67
Das Landgericht hat hierzu ausgeführt, es liege kein § 51 Abs. 1 StGB gleichstehender Sachverhalt vor. Zwar habe der Angeklagte das von ihm be- wohnte Grundstück nur mit richterlicher Genehmigung verlassen dürfen, es seien ihm jedoch zahlreiche solche Genehmigungen erteilt worden. Diese seien für private Anlässe, aber auch für regelmäßige Arzt- und Rehabilitationsmaßnahmen gewährt worden. Zudem sei dem Angeklagten ein täglicher zweistündiger Spaziergang gestattet worden.
68
Auf dieser Grundlage ist die Wertung, die Auflagen führten nicht zu so erheblichen Einschränkungen, dass eine Freiheitsentziehung bzw. eine damit vergleichbare Belastung vorliege, nicht zu beanstanden.
69
So hat das Landgericht zutreffend auf die konkrete Ausgestaltung der belastenden Maßnahmen (vgl. hierzu BGH, Urteile vom 17. September 1953 – 4StR 791/53, BGHSt 4, 325, 326 f. und vom 13. Juni 1978 – 1 StR 108/78; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 15. Oktober 1974 – Ws 341/74, NJW 1975, 509) und der Intensität des dadurch ausgelösten Eingriffs in die körperliche Bewegungsfreiheit abgestellt (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 15. Mai 2002 – 2 BvR 2292/00, NJW 2002, 3161). Es hat hingegen nicht – wie es die Revisi- on besorgt und was fehlerhaft gewesen wäre – eine Freiheitsentziehung deswegen ausgeschlossen, weil der Betroffene nicht durch unmittelbar wirkenden physischen Zwang am Verlassen des Grundstücks gehindert war (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 4. Juli 1999 – 2 BvR 1368/98; NStZ 1999, 570; BGH, Beschluss vom 7. November 2013 – 5 StR 487/13, NStZ-RR 2014, 59 f.). Denn hätte es nicht zugrunde gelegt, dass Freiheitsentziehung auch dann vorliegen kann, wenn der Betroffene am Verlassen eines bestimmten Ortes durch psychischen Zwang gehindert wird – wie hier im Falle des Verstoßes gegen die Auflagen durch die dann drohende Invollzugsetzung des Haftbefehls – so hätte es einer Erörterung der Auswirkungen der konkreten Ausgestaltung der Auflagen auf die Fortbewegungsfreiheit nicht bedurft.
70
Dass es diese nicht als so erheblich angesehen hat, dass eine Freiheitsentziehung (vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1516/93, BVerfGE 94, 166, 198 Rn. 114) vorliegt, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. So durfte es darauf abstellen, dass der Angeklagte sich auf dem von ihm bewohnten Grundstück aufhalten konnte. Hieraus lässt sich nämlich entnehmen, dass sich der Angeklagte weder einer Anstaltsordnung unterwerfen musste noch durch aufgezwungene Gemeinschaft belastet war (vgl. zu diesen Aspekten BGH, Urteil vom 17. September 1953 – 4 StR 791/53, BGHSt 4, 325, 326 f.), sondern nur Ausgangsbeschränkungen zu gewärtigen hatte (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 13. Juni 1978 – 1 StR 108/78), die zudem durch zahlreiche Ausgangsgenehmigungen , so u.a. ein täglicher zweistündiger Spaziergang, abgemildert waren.
71
Dass diese Freiheitsbeschränkung strafmildernde Wirkung haben kann, hat das Landgericht erkannt und diesen Umstand in die Strafzumessung zugunsten des Angeklagten eingestellt.
72
c) Die Nichtanerkennung einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
Rothfuß Cirener Radtke
Mosbacher Fischer

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Juli 2015 - 1 StR 602/14

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(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. (2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

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BUNDESGERICHTSHOF

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wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
6. September 2011, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Rothfuß,
Hebenstreit,
Prof. Dr. Sander,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof ,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 5. Mai 2010, soweit er verurteilt wurde, mit den Feststellungen zu seiner Ansässigkeit , zu den von ihm erzielten Gewinnen sowie zur Höhe des zu versteuernden Einkommens und der verkürzten Steuern aufgehoben.
Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorgenannte Urteil mit den Feststellungen aufgehoben, soweit das Verfahren hinsichtlich des Vorwurfs der Bestechung eingestellt wurde. Ausgenommen hiervon sind Feststellungen , soweit sie die Einrichtung der Rubrikkonten "Holgart" und die diesbezüglichen Kontobewegungen zum Gegenstand haben.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in sechs Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Soweit ihm darüber hinaus in der Anklage Vergehen der Bestechung und der Beihilfe zur Untreue zur Last gelegt worden waren, hat das Landgericht das Verfahren im Hinblick auf den Vorwurf der Bestechung wegen Eintritts von Verfolgungsverjährung und hinsichtlich der Beihilfe zur Untreue eingestellt, weil insoweit die Auslieferung vom kanadischen Justizminister nicht bewilligt wurde. Das Landgericht hat weiter bestimmt, dass von der in Kanada erlittenen Auslieferungshaft neun Tage auf die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe angerechnet werden.
2
Die Revision des Angeklagten rügt die Verletzung formellen und sachlichen Rechts. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten Revision, die ebenfalls auf Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützt ist, gegen die Einstellung des Verfahrens hinsichtlich des Vorwurfs der Bestechung.
3
Das Rechtsmittel des Angeklagten führt zur Aufhebung der Verurteilung, das der Staatsanwaltschaft zur Aufhebung der Einstellung des Verfahrens hinsichtlich des Vorwurfs der Bestechung. Demgegenüber können die Feststellungen teilweise - wie aus dem Tenor ersichtlich - aufrechterhalten bleiben.

A.


Die Revision des Angeklagten

I.


4
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in sechs Fällen verurteilt, weil er in seinen Steuererklärungen für die Veranlagungszeiträume 1988 bis 1993 ihm zugeflossene Einkünfte nicht erklärt hatte. Im Einzelnen hat das Landgericht zu der Verurteilung des Angeklagten folgende Feststellungen und rechtliche Wertungen getroffen:
5
1. Der seit Ende der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts zunächst im Bereich des Straßenbaus unternehmerisch tätige Angeklagte verlagerte im Laufe der Zeit seine geschäftlichen Aktivitäten hin zum Vermitteln und Vermakeln von Geschäften aller Art. Hierbei kamen ihm seine bereits bestehenden geschäftlichen und freundschaftlichen Beziehungen zu „Exponenten der Wirtschaft und der Politik“ zu Gute.
6
Spätestens Mitte der 80er Jahre beschloss der Angeklagte, die ihm aus seinen Vermittlungsaktivitäten zufließenden Provisionen zumindest zum Teil gegenüber den deutschen Finanzbehörden zu verheimlichen, um so seine Einkommensteuerlast rechtswidrig zu reduzieren. Zum Vollzug dieses Tatplans bediente er sich mindestens zweier Tarnfirmen, die formell als Träger der Vermittlungsgeschäfte und wirtschaftlich Berechtigter der verdienten Provisionen auftreten sollten, obwohl sie mangels Personals und Geschäftsausstattung zu werbender Tätigkeit nicht imstande waren. Diese oblag vielmehr tatsächlich dem Angeklagten, der auch Inhaber der jeweiligen Provisionsansprüche wurde und an den die Provisionszahlungen - wenngleich verschleiert - erfolgten.
7
Bei den Tarnfirmen handelte es sich einerseits um die Firma A. , die in Panama gegründet worden und dort auch ansässig war, sowie die in Liechtenstein gegründete und ansässige Firma I. . Beide Gesellschaften waren Tochterunternehmen der ebenfalls in Liechtenstein ansässigen K. - Anstalt; sie wurden in den Jahren 1984 bis 1991 im Auftrag des Angeklagten durch den Schweizer Staatsangehörigen Pe. treuhänderisch verwaltet.
8
Die Gesellschaften unterhielten verschiedene Stamm- und Unterkonten bei Banken in der Schweiz und in Liechtenstein, hinsichtlich derer im Wesentlichen der Angeklagte und seine Ehefrau verfügungsberechtigt waren. Die zunächst den Stammkonten der Gesellschaften gutgeschriebenen Provisionszahlungen wurden von dort aus auf die Unterkonten weitergeleitet und verteilt. Durch die vielfältigen Kontobewegungen sollte nach dem Plan des Angeklagten „eine Vielzahl von Provisionsempfängern vor- und [dadurch] darüber hinwegge- täuscht werden, dass die Provisionen ausschließlich dem Angeklagten zuflos- sen.“
9
Im Einzelnen kam es zwischen April 1988 und Oktober 1993 zu Provisionszahlungen an den Angeklagten in einer Gesamthöhe von mehr als 64 Millionen DM. Die Zahlungen erfolgten dabei von der T. AG, der M. GmbH und der A. G.I.E.. Ihnen lagen Vermittlungstätigkeiten des Angeklagten im Zusammenhang mit verschiedenen Geschäften der vorgenannten Firmen zu Grunde, u.a. Flugzeugverkäufe der A. G.I.E. an kanadische und thailändische Fluggesellschaften und die Lieferung von Panzerfahr- zeugen des Typs F. von der T. AG an das saudi-arabische Verteidigungsministerium.
10
Die vorgenannten, ihm zugeflossenen Einkünfte erklärte der Angeklagte, der in den fraglichen Veranlagungszeiträumen seinen Hauptwohnsitz in Kaufering in der Bundesrepublik Deutschland hatte, in den von ihm in Deutschland abgegebenen Einkommensteuererklärungen für die Veranlagungszeiträume 1988 bis 1993 nicht. Neben der deutschen Staatsangehörigkeit besitzt der Angeklagte seit 1982 auch die kanadische Staatsangehörigkeit. Auch gegenüber den kanadischen Finanzbehörden erklärte der Angeklagte indes die vorgenannten Einkünfte nicht.
11
Das Verschweigen der Provisionseinkünfte hatte zur Folge, dass in den Veranlagungszeiträumen 1988 bis 1993 Einkommensteuer in einer Gesamthöhe von mehr als 14 Millionen DM nicht festgesetzt wurde.
12
2. Nach der Auffassung der Strafkammer hatte der Angeklagte auf der Grundlage dieser Feststellungen sein (Welt-)Einkommen in den Jahren 1988 bis 1993 in Deutschland zu versteuern.
13
Der Umstand, dass der Angeklagte außer seinem Wohnsitz und seiner Betriebsstätte in Kaufering noch mehrere Wohnungen und Büros in Kanada besessen habe und auch kanadischer Staatsangehöriger ist, sei insoweit un- beachtlich. Die vom Angeklagten „intendierte Verlegung der Steuerpflicht nach Kanada“ scheitere daran, dass er die ihm wirtschaftlich zuzurechnenden Provi- sionseinnahmen nicht in Kanada versteuert habe. Aufgrund der in Art. 23 Abs. 3 des zur Tatzeit geltenden Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Kanada zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und bestimmter anderer Steuern vom 17. Juli 1981 (BGBl. 1982 II S. 801, nachfolgend: DBA Kanada 1981) enthaltenen sog. Rückfallklausel sei das Besteuerungsrecht deshalb für die zunächst möglicherweise freigestellten Einkünfte wieder zurück an die Bundesrepublik Deutschland gefallen.
14
Die dem Angeklagten wirtschaftlich zugeflossenen Provisionseinkünfte seien daher in den vom Angeklagten abgegebenen Einkommensteuererklärungen für die Veranlagungszeiträume 1988 bis 1993 zu erklären gewesen. Indem er sie verschwieg, verwirklichte er den Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO.

II.

15
Die gegen die Verurteilung gerichtete Revision des Angeklagten ist begründet , soweit im Zusammenhang mit der Ablehnung eines Antrags vom 22. Februar 2010 (von der Revision als sog. „Ansässigkeitsantrag“ bezeichnet) eine Verfahrensrüge erhoben wird. Sie führt zur Aufhebung des Schuld- und Strafausspruchs. Die Feststellungen können indes mit Ausnahme derer zur Ansässigkeit des Angeklagten, zu den von ihm erzielten Gewinnen sowie zur Höhe des zu versteuernden Einkommens und der verkürzten Steuern aufrechterhalten bleiben.
16
1. Der Strafkammer ist bei der Ablehnung des Antrags vom 22. Februar 2010 ein durchgreifender Rechtsfehler unterlaufen, der seine Ursache letztlich in einer unzutreffenden Rechtsansicht zur Besteuerung der Einkünfte des Angeklagten nach Maßgabe des DBA Kanada 1981 hatte.
17
a) Der Verfahrensrüge liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
18
Am 22. Februar 2010 stellte der Verteidiger des Angeklagten einen Antrag , dessen Ziel der Nachweis war, dass der Angeklagte in den fraglichen Veranlagungszeiträumen nach Maßgabe von Art. 4 Abs. 2 DBA Kanada 1981 in Kanada ansässig war. Insoweit wurden 17 einzelne Behauptungen aufgestellt. Diese hatten z.B. zum Gegenstand, dass der Angeklagte „seit den 70er Jahren eine mindestens 100m² große repräsentative Wohnung … in Calgary und seit 1988 ein repräsentatives Haus … in Ottawa besaß“ und dass sich der Ange- klagte „von Mitte der 80er Jahre bis mindestens Ende des Jahres 1993 regel- mäßig über Wochen und Monate in Kanada aufgehalten hat und dass der Angeklagte insgesamt häufig über 6 Monate pro Jahr in Kanada und stets mehr in Kanada als in Deutschland gewesen ist“. Zum Beweis dieser Behauptungen wurden 14 in Kanada lebende Zeugen und ein Zeuge, der über das Auswärtige Amt in Berlin geladen werden sollte, benannt. Im Anschluss finden sich in dem Antrag dann Ausführungen dazu, weshalb die benannten Zeugen Angaben zu den einzelnen Beweisbehauptungen machen könnten.
19
Zu dem Antrag nahm neben dem Vertreter des Finanzamts AugsburgStadt am 24. März 2010 auch der Vertreter der Staatsanwaltschaft Stellung. Er beantragte, den Antrag abzulehnen, weil die Behauptungen teilweise zu unbestimmt seien und teilweise lediglich Beweisziele enthielten.
20
Mit am 21. April 2010 in der Hauptverhandlung verkündetem Beschluss lehnte die Strafkammer den als Beweisantrag behandelten Antrag wegen rechtlicher Bedeutungslosigkeit der unter Beweis gestellten Tatsachen ab. Soweit hier von Interesse hat die Begründung des Beschlusses folgenden Wortlaut: „Die unter Beweis gestellten Tatsachen sind unter dem Aspekt des Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) rechtlich ohne Bedeutung (§ 244 III S. 2 StPO). Selbst dann, wenn der Angeklagte außer seinem Wohnsitz und seiner Betriebsstätte in Kaufering derartige Niederlassungen auch in Kanada gehabt haben sollte, hätte das DBA die anklagegegenständlichen Provisionseinnahmen des Angeklagten nicht dem steuerlichen Zugriff des deutschen Fiskus entzogen. Denn das in den Jahren 1988 – 1993 in Kraft befindliche DBA 1981 war in Art. 23 III mit einer sog. Rückfallklausel ausgestattet. Danach fiel das Besteuerungsrecht für zunächst freigestellte Einkünfte wieder zurück , wenn in dem Vertragsstaat, wo diese Einkünfte auf Grund einer dort vorhandenen Betriebsstätte erzielt worden waren, entgegen dem DBA und gleich aus welchem Grund keine Besteuerung erfolgte.“
21
b) Die Ablehnung des „Beweisantrages“ erfolgte rechtsfehlerhaft, da die Behauptungen rechtlich nicht bedeutungslos sind, denn die Frage, ob der Angeklagte im maßgeblichen Zeitpunkt nach Maßgabe von Art. 4 Abs. 2 DBA Kanada 1981 in Kanada war, ist für den Schuldspruch entscheidend.
22
aa) Nicht zu beanstanden ist indes die Auffassung der Strafkammer, wonach es sich bei Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 um eine sog. Rückfallklausel handelt, die zur Folge hat, dass das Besteuerungsrecht für zunächst freigestellte Einkünfte wieder zurück an den Ansässigkeitsstaat fällt, wenn in dem Vertragsstaat, wo diese Einkünfte auf Grund einer dort vorhandenen Betriebsstätte erzielt worden waren, entgegen dem DBA und gleich aus welchem Grund keine Besteuerung erfolgte. Dieses Verständnis steht in Übereinstimmung mit der - auch aus Sicht des Senats zutreffenden - Auslegung des Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 durch den Bundesfinanzhof (BFH, Urteil vom 17. Oktober 2007 - I R 96/06, BFHE 219, 534; vgl. auch BFH, Urteil vom 11. Juni 1996 - I R 8/96, BFHE 181, 125).

23
bb) Die in Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 enthaltene Rückfallklausel ist allerdings nicht geeignet, die rechtliche Bedeutungslosigkeit der im gegenständlichen Antrag aufgestellten Behauptungen i.S.v. § 244 Abs. 3 Satz 2 Var. 2 StPO zu begründen, weshalb die Ablehnung des Antrags nicht auf diesen Ablehnungsgrund gestützt werden konnte.
24
(a) Da der Angeklagte nach den Feststellungen sowohl in Deutschland, als auch in Kanada einen Wohnsitz hatte und er deshalb i.S.v. Art. 4 Abs. 1 DBA Kanada 1981 sowohl in Deutschland als auch in Kanada unbeschränkt einkommensteuerpflichtig war (vgl. einerseits § 1 Abs. 1 EStG i.V.m. § 8 AO sowie andererseits Part I Division A Subsection 2 des Kanadischen Income Tax Act), ist für die Frage, welchem der beiden Staaten das Besteuerungsrecht zusteht , maßgeblich, wo der Angeklagte nach Maßgabe von Art. 4 Abs. 2 DBA Kanada 1981 ansässig war. Art. 4 Abs. 2 DBA Kanada 1981 entscheidet insoweit darüber, welcher der beiden Vertragsstaaten als Ansässigkeitsstaat und welcher als Quellenstaat zu behandeln ist, wenn eine Person nach Art. 4 Abs. 1 DBA Kanada 1981 in beiden Staaten ansässig ist (vgl. allgemein Debatin/ Wassermeyer, Doppelbesteuerung, 112. Aufl., OECD-Musterabkommen, Art. 4 Rn. 51). Dem danach gegebenen Ansässigkeitsstaat steht grundsätzlich das Besteuerungsrecht für die Gewinne des Unternehmens zu, es sei denn, das Unternehmen verfügt in dem jeweils anderen Staat über eine Betriebsstätte (vgl. Art. 7 Abs. 1 DBA Kanada 1981), der dann der sog. Quellenstaat ist.
25
(b) Stehen demnach sowohl dem Ansässigkeitsstaat, als auch dem Quellenstaat Besteuerungsrechte zu, sieht Art. 23 DBA Kanada 1981 eine Regelung vor, wie die Doppelbesteuerung vermieden werden kann. Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 definiert insoweit (lediglich), unter welchen Voraussetzungen Gewinne oder Einkünfte aus Quellen eines der beiden Staaten stammen, damit die in Art. 23 Abs. 1 und Abs. 2 DBA Kanada 1981 enthaltenen Vorschriften zur Beseitigung der Doppelbesteuerung angewandt werden können und ordnet sie dem Ansässigkeitsstaat zu, wenn - wie oben dargelegt - im Quellenstaat eine Besteuerung nicht erfolgt. Daher kann Art. 23 DBA Kanada 1981 in seiner Gesamtheit, einschließlich Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981, erst Anwendung finden, wenn nach Maßgabe von Art. 4 DBA Kanada 1981 die Ansässigkeit eines Steuerpflichtigen geklärt ist.
26
Für den vorliegenden Fall bedeutet dies: Sollte der Angeklagte nach Maßgabe von Art. 4 DBA Kanada 1981 in Kanada ansässig gewesen sein, dann wären im Quellenstaat (Deutschland) zwar erzielte, aber nicht besteuerte Einkünfte aufgrund der Rückfallklausel in Kanada (Ansässigkeitsstaat) zu versteuern. Nur dann, wenn der Angeklagte in Deutschland ansässig war, steht dem deutschen Steuerfiskus die Besteuerung der im Quellenstaat Kanada nicht besteuerten Einkünfte zu. Bei der Anwendung der Rückfallklausel muss daher zunächst die Vorfrage beantwortet werden, welcher Staat der Ansässigkeitsstaat war - Kanada oder Deutschland. Deshalb ist es - wie das Landgericht rechtsirrig annimmt - für die Anwendung der Rückfallklausel eben nicht bedeutungslos , wo der Angeklagte ansässig war.
27
(c) Dies hat die Strafkammer verkannt, wenn sie annimmt, dass esfür die Begründung der Ansässigkeit eines Steuerpflichtigen in einem der Vertragsstaaten ausreicht, dass in dem anderen Vertragsstaat eine Besteuerung der dort erzielten Gewinne und Einkünfte nicht erfolgte. Davon ausgehend wird die rechtliche Bedeutungslosigkeit, auf die die Ablehnung des Beweisantrags gestützt wird, rechtsfehlerhaft aus einem Tatbestand abgeleitet, der voraus- setzt, dass das Gegenteil der unter Beweis gestellten Tatsachen bereits erwiesen ist.
28
cc) Auf der rechtsfehlerhaften Ablehnung des Antrags beruht das Urteil auch. Bei der gegebenen Sachlage kann der Senat nicht ausschließen, dass das Urteil bei zutreffender Bescheidung des Antrags möglicherweise anders ausgefallen wäre. Ein Austausch der Ablehnungsgründe (z.B. mit dem Ablehnungsgrund der tatsächlichen Bedeutungslosigkeit oder dem des § 244 Abs. 5 StPO) ist dem Senat nicht möglich (vgl. BGH, Beschluss vom 28. August 2002 - 1 StR 277/02, NStZ 2003, 101, 102).
29
dd) Zu keinem anderen Ergebnis würde es führen, wenn man - was offen bleiben kann - den Antrag der Verteidigung vom 22. Februar 2010 nicht als Beweisantrag, sondern lediglich als Beweisermittlungsantrag ansehen würde.
30
(1) Für letzteres könnte zunächst sprechen, dass - wie von der Staatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 24. März 2010 angeführt - die Behauptungen teilweise zu unbestimmt und teilweise lediglich Beweisziele benannt sind.
31
Darüber hinaus bestehen Zweifel, ob die erforderliche Konnexität zwischen den einzelnen Beweisbehauptungen und den Zeugen gegeben ist (vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 1993 - 3 StR 446/93, BGHSt 40, 3, 6; BGH, Urteil vom 28. November 1997 - 3 StR 114/97, BGHSt 43, 321, 329 f.; BGH, Beschluss vom 3. November 2010 - 1 StR 497/10, NStZ 2011, 169). Denn es versteht sich zunächst nicht von selbst, warum die einzelnen Zeugen zu den einzelnen Beweisbehauptungen etwas bekunden können. Auch die im Antrag hinsichtlich der einzelnen Zeugen angeführten Begründungen erschöpfen sich in pauschalen Ausführungen, die den diesbezüglichen Anforderungen nicht gerecht werden. Insoweit gilt allgemein, dass der Antragsteller auch die Tatsachen hinreichend bestimmt zu behaupten hat, aus denen sich die Konnexität ergibt (vgl. BGH, Beschluss vom 3. November 2010 - 1 StR 497/10, NStZ 2011, 169). Dies gilt umso mehr, wenn die unter Beweis gestellten Tatsachen ihrerseits - wie hier - teilweise von gewisser, im Einzelfall aber hinzunehmender Unschärfe sind.
32
(2) Selbst wenn es sich aber lediglich um einen Beweisermittlungsantrag handeln würde, könnte aufgrund der Behandlung des Antrags durch die Strafkammer ein durchgreifender Rechtsfehler vorliegend nicht ausgeschlossen werden.
33
(a) In solchen Fällen gilt zwar grundsätzlich, dass die Zurückweisung eines Beweisermittlungsantrags die Revision nur dann begründet, wenn das Tatgericht seine Aufklärungspflicht verletzt hat (BGH, Beschluss vom 15. Mai 1996 - 1 StR 131/96, StV 1996, 581). Dass die Zurückweisung des Beweisermittlungsantrags dabei in der Form der Bescheidung eines Beweisantrags erfolgte, ändert hieran grundsätzlich nichts (BGH, Beschluss vom 15. Mai 1996 - 1 StR 131/96, StV 1996, 581 mwN). Ob das Tatgericht seine Aufklärungspflicht verletzt hat, prüft das Revisionsgericht dabei aus seiner Sicht der Dinge (vgl. BGH, Beschluss vom 14. März 1985 - 1 StR 775/84, NStZ 1985, 324, 325 mwN).
34
(b) Hat das Tatgericht aber durch die Behandlung als Beweisantrag und die unzutreffende Begründung hinsichtlich der Bedeutung der Behauptung eine „irreführende Prozesslage“ geschaffen, führt dies - abweichend vom vorge- nannten Grundsatz - auch dann zum Erfolg der Revision, wenn - am vorstehenden Maßstab gemessen - eine rechtsfehlerfreie Ablehnung des Antrags möglich gewesen wäre (BGH, Beschluss vom 15. Mai 1996 - 1 StR 131/96, StV 1996, 581 mwN).
35
(c) So stellt sich die Sachlage vorliegend dar. Indem das Landgericht den Antrag - trotz abweichender Stellungnahme der Staatsanwaltschaft - als Beweisantrag beschied und zur Ablehnung des Antrags allein die rechtliche Bedeutungslosigkeit anführte, brachte es zum Ausdruck, dass es sich auch aus seiner Sicht um einen Beweisantrag handelte.
36
Insoweit wurde dem Angeklagten und seinen Verteidigern die Möglichkeit genommen, den möglicherweise wegen zu unbestimmter Behauptungen und fehlender Konnexität lediglich als Beweisermittlungsantrag zu qualifizierenden Antrag so nachzubessern, dass er die Qualität eines Beweisantrags erlangt. Dass dem Antragssteller eine solche Nachbesserung nicht möglich gewesen wäre, kann der Senat nicht ausschließen. Es ist ihm daher verwehrt, auf den Gesichtspunkt abzustellen, es handele sich tatsächlich bei dem fraglichen Antrag lediglich um einen Beweisermittlungsantrag.
37
Hinzu kommt, dass das Landgericht den Antragsteller durch die rechtsfehlerhafte Behandlung des Antrags auch im Unklaren darüber lässt, welches Gewicht die Strafkammer den auf Grund der bisherigen Beweisaufnahme erlangten durchaus bedeutsamen Gesichtspunkten beimisst, die für eine Ansässigkeit des Angeklagten in Deutschland sprechen (z.B. Angaben in den Einkommensteuererklärungen , Vorbringen im finanzgerichtlichen Verfahren). Der Angeklagte und seine Verteidiger hatten daher auch keine Möglichkeit, dazu Stellung zu nehmen, aus welchen Gesichtspunkten und in welchem Umfang die Aufklärungspflicht zur Erhebung der beantragten Beweise drängen könnte.

III.


38
Der festgestellte Verfahrensverstoß zieht die Aufhebung des Schuldspruchs nach sich. Zwar hat der Angeklagte selbst dann, wenn er in den fraglichen Veranlagungszeiträumen in Kanada i.S.v. Art. 4 DBA Kanada 1981 ansässig gewesen sein sollte, in den verfahrensgegenständlichen Einkommensteuererklärungen unrichtige Angaben i.S.v. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO gemacht, indem er pflichtwidrig die ihm zurechenbaren Provisionseinkünfte verschwieg. Dies ist vorliegend aber nicht geeignet, den Schuldspruch bestehen zu lassen.
39
Es spricht zwar einiges dafür, dass es aufgrund des Verschweigens der Provisionseinkünfte in den Veranlagungszeiträumen jeweils zu Steuerverkürzung i.S.v. § 370 Abs. 4 AO kam, wenngleich die Höhe der Steuerverkürzung noch nicht abschließend beurteilt werden kann. Danach könnte zwar der Schuldspruch grundsätzlich bestätigt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 17. April 2008 - 5 StR 547/07, NStZ 2009, 157). Der Senat kann aber in der Gesamtheit nicht sicher ausschließen, dass dann, wenn das neue Tatgericht zu der Feststellung kommen sollte, dass der Angeklagte im Tatzeitraum in Kanada ansässig i.S.v. Art. 4 DBA Kanada 1981 war, in einzelnen Veranlagungszeiträumen die Möglichkeit besteht, dass sich das in Deutschland zu versteuernde Einkommen soweit reduziert, dass eine Steuerverkürzung vollständig entfällt (vgl. insoweit BGH, Beschluss vom 24. Mai 2007 – 5 StR 58/07).

IV.


40
Die Aufhebung des Schuldspruchs führt zum Wegfall der Einzelstrafen und des Gesamtstrafenausspruchs.
41
Der Senat kann daher offen lassen, ob - wie von der Revision behauptet - Rechtsfehler bei der Strafzumessung durch das Landgericht zum Nachteil des Angeklagten gegeben sind.

V.


42
Der Verfahrensfehler bedingt die Aufhebung der Feststellungen zur Ansässigkeit des Angeklagten in den fraglichen Veranlagungszeiträumen, zum vom Angeklagten in den Veranlagungszeiträumen erzielten Gewinnen, zur Höhe des jeweils zu versteuernden Einkommens und zur Höhe der jeweils verkürzten Steuern. Demgegenüber können die weitergehenden Feststellungen, namentlich zur Höhe der verfahrensgegenständlichen Provisionseinnahmen und zu deren wirtschaftlicher Zuordnung zum Angeklagten aufrechterhalten bleiben.
43
1. Die dem Urteil zu Grunde liegenden Feststellungen sind aufzuheben, soweit sie durch die Gesetzesverletzung betroffen sind (§ 353 Abs. 2 StPO). Erweist sich die Revision hinsichtlich der gesamten Verurteilung als begründet, so sind mit dem Urteil an sich auch die ihm zugrunde liegenden, gemäß § 267 Abs. 1 und Abs. 5 StPO in die Urteilsgründe aufgenommenen Feststellungen insgesamt aufzuheben, um dem Tatrichter, an den die Sache zurückverwiesen wird, Gelegenheit zu einer umfassenden neuen Sachverhaltsfeststellung zu geben (vgl. Kuckein in KK-StPO, § 353 Rn. 24 mwN). Das gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Das Revisionsgericht hat insbesondere zu prüfen, ob und inwiefern sich der angenommene Rechtsverstoß überhaupt auf die Sachverhaltsfeststellung ausgewirkt hat (BGH, Urteil vom 27. November 1959 - 4 StR 394/59, BGHSt 14, 30, 34). Sodann ist zu untersuchen, in welchem Umfang die betroffenen Feststellungen aus dem Gesamtzusammenhang des festgestellten Sachverhalts herausgelöst werden können, ohne dass damit die anderen Feststellungen , und sei es auch nur durch Wegfall eines Beweisanzeichens, in Zweifel gezogen werden (BGH aaO, BGHSt 14, 30, 35).
44
2. Danach sind zunächst die Feststellungen zur Ansässigkeit des Angeklagten aufzuheben. Diese beschränken sich im Wesentlichen darauf, dass der Angeklagte, wie vom Landgericht ausgeführt, seinen Hauptwohnsitz in Kaufering hatte.
45
Insoweit kann offen bleiben, ob das Urteil in diesem Zusammenhang auch einen auf die Sachrüge zu berücksichtigenden Darlegungsmangel aufweist , weil sich die Strafkammer aufgrund des unzutreffenden Verständnisses von Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 den Blick für das Erfordernis weiterer Darlegungen im Zusammenhang mit der Frage der Ansässigkeit verbaut hat.
46
3. Aufzuheben sind auch die Feststellungen zu den vom Angeklagten erzielten Gewinnen sowie zur Höhe seines zu versteuernden Einkommens und der verkürzten Steuern.
47
Dies folgt bereits daraus, dass sich die Bemessungsgrundlage für die Ermittlung des vom Angeklagten erzielten Gewinns und des in Deutschland zu versteuernden Einkommens des Angeklagten ändern würde, wenn in der neuen Hauptverhandlung festgestellt werden sollte, dass der Angeklagte in den fraglichen Veranlagungszeiträumen in Kanada ansässig war. Bemessungsgrundlage sind dann neben den erklärten Einkünften des Angeklagten auch die verschwiegenen Provisionseinkünfte, die aus Quellen innerhalb Deutschlands stammen. In diesem Fall wären daher in der neuen Hauptverhandlung auch Feststellungen dazu erforderlich, aus welchen Quellen i.S.d. DBA Kanada 1981 die jeweiligen Provisionseinkünfte stammen.
48
Die insoweit mögliche Verringerung des zu versteuernden Einkommens würde darüber hinaus auch die Höhe der - zum Nachteil des deutschen Fiskus - verkürzten Steuern betreffen.
49
Der Senat kann daher offen lassen, ob das vom Angeklagten zu versteuernde Einkommen rechtsfehlerfrei ermittelt wurde.
50
4. Mit Ausnahme der vorgenannten Feststellungen haben die weiteren rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen Bestand. Hierbei handelt es sich namentlich um solche zum Rechtsgrund und zur Höhe der Provisionseinkünfte sowie die diesbezügliche wirtschaftliche Berechtigung des Angeklagten. In Bestandskraft erwachsen auch die Feststellungen dazu, dass die Provisionseinkünfte nicht in Kanada besteuert und in den in Deutschland abgegebenen Steuererklärungen des Angeklagten nicht erklärt wurden.
51
a) Diese Feststellungen sind durch den aufgezeigten Verfahrensverstoß nicht betroffen und können von den aufgehobenen Feststellungen im vorgenannten Sinn getrennt werden.
52
b) Soweit im Zusammenhang mit den in Bestandskraft erwachsenden Feststellungen Verfahrensrügen erhoben wurden, sind diese unbegründet oder aber für den Bestand der Feststellungen ohne Bedeutung. Näherer Erörterung bedarf insoweit lediglich Folgendes:
53
aa) Zum Rechtsgrund und zur Höhe der vom Angeklagten verschwiegenen Provisionseinkünfte:
54
(1) Die Ansässigkeit des Angeklagten ist insoweit ohne Bedeutung. Auch soweit das neue Tatgericht zu der Überzeugung gelangen sollte, dass der Angeklagte in den fraglichen Veranlagungszeiträumen in Kanada ansässig gewesen ist, stünden die bisherigen Feststellungen solchen neuen Feststellungen nicht entgegen. Sie könnten widerspruchsfrei getroffen werden.
55
Insoweit könnte sich allerdings die Notwendigkeit ergeben, weitergehende Feststellungen dazu zu treffen, aus welchen Quellen i.S.d. DBA Kanada 1981 die jeweiligen Provisionseinkünfte stammen (vgl. oben III. und V. 3).
56
(2) Soweit die Revision im Hinblick auf den Quellenstaat der Provisionseinkünfte die Verletzung von § 245 Abs. 2, § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO im Zusammenhang mit der Ablehnung eines Beweisantrags vom 14. April 2010 rügt, ist diese Rüge für die bestandskräftigen Feststellungen aufgrund der vorstehenden Erwägungen nicht mehr relevant. Auf dem mit ihr aufgezeigten Rechtsfehler beruht das Urteil daher nicht:
57
(a) Der Verfahrensrüge liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
58
In dem genannten Beweisantrag wurde unter Beweis gestellt, dass der Angeklagte die Provisionen aus drei Provisionsgeschäften allein in kanadischen Betriebsstätten erzielt haben soll. Zum Beweis dieser Behauptungen wurden einerseits vier Zeugen benannt. Weiter wurden als Beweismittel 57, teils in ausländischer Sprache verfasste Schriftstücke angeführt, die zusammen mit dem Beweisantrag in der Hauptverhandlung in Kopie übergeben wurden.

59
Die Strafkammer lehnte auch diesen Beweisantrag mit dem in der Hauptverhandlung vom 21. April 2010 verkündeten Beschluss und der bereits oben angeführten Begründung wegen rechtlicher Bedeutungslosigkeit der unter Beweis gestellten Tatsachen ab.
60
(b) Insoweit kann offen bleiben, ob es sich bei in Kopie vorgelegten Urkunden tatsächlich um präsente Beweismittel i.S.v. § 245 Abs. 2 StPO handelt, wofür nach Auffassung des Senats im Grundsatz einiges spricht (vgl. aber insoweit BGH, Beschluss vom 22. Juni 1994 - 3 StR 646/93, NStZ 1994, 593). Soweit es sich indes um fremdsprachliche Urkunden handelt, bestehen - losgelöst von der Frage, ob nur Originalurkunden präsente Beweismittel sind - angesichts der Tatsache, dass bei deren Vorlage ein Dolmetscher nicht anwesend war, demgegenüber Zweifel.
61
(c) Bei der gegebenen Sachlage erweist sich die Ablehnung des Beweisantrages wegen rechtlicher Bedeutungslosigkeit der unter Beweis gestellten Tatsachen zwar als rechtsfehlerhaft.
62
Die Ablehnung wäre nur dann nicht zu beanstanden, wenn - was die Strafkammer indes nicht rechtsfehlerfrei festgestellt hat - der Angeklagte im Veranlagungszeitraum in Deutschland ansässig war. Denn dann würde, selbst wenn darüber hinaus erwiesen wäre, dass die fraglichen Provisionseinkünfte des Angeklagten durch Betriebsstätten in Kanada verdient worden sind, Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 greifen, nachdem rechtsfehlerfrei - und von der Revision auch nicht angegriffen - festgestellt ist, dass der Angeklagte die Provisionseinkünfte in Kanada nicht versteuerte (vgl. UA S. 85). Dies hätte zur Folge, dass die dann grundsätzlich zwar der kanadischen Besteuerung unterliegenden Einkünfte wegen der in Kanada unterlassenen Besteuerung wieder der deutschen Besteuerung unterfallen. Durch das Verschweigen dieser Einkünfte wäre bei Ansässigkeit des Angeklagten in Deutschland der Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO erfüllt. Bei der Verkürzungsberechnung könnten dann sämtliche Provisionseinkünfte des Angeklagten - unabhängig vom Quellenstaat - zu Grunde gelegt werden.
63
(d) Dieser Rechtsfehler wirkt sich indes im Hinblick auf die Feststellungen , die aufrechterhalten bleiben, nicht aus.
64
bb) Bestehen bleiben können auch die Feststellungen zur wirtschaftlichen Zuordnung der Provisionseinkünfte für den Angeklagten und dazu, dass diese dem Angeklagten im fraglichen Zeitraum zugeflossen sind.
65
Die von der Revision in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge ist nicht begründet.
66
(1) Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zu Grunde:
67
Im Zusammenhang mit dem Zustandekommen und dem Inhalt eines Schuldanerkenntnisses, das zu Gunsten der Firma I. von dem Zeugen Pe. abgegeben wurde und dem die Strafkammer im Zusammenhang mit der Inhaberschaft an der Firma I. zu Lasten des Angeklagten indizielle Bedeutung beimisst, stellte der Verteidiger des Angeklagten in der Hauptverhandlung am 15. März 2010 einen Beweisantrag. Dieser hatte verschiedene Geschehnisse im Vorfeld der Abgabe des Schuldanerkenntnisses und zu dessen tatsächlichen Hintergründen zum Gegenstand.
68
Zum Beweis der im Antrag aufgestellten Beweisbehauptungen wurden einerseits verschiedene Zeugen benannt. Die Ablehnung von deren Vernehmung wird mit der Revision nicht angegriffen.
69
Weiter wurde die Verlesung mehrerer - wiederum teils fremdsprachiger - Urkunden und deren Inaugenscheinnahme beantragt. Zu diesem Zwecke waren die Urkunden dem Beweisantrag in Kopie beigefügt.
70
Mit am 12. April 2010 in der Hauptverhandlung verkündetem Beschluss wurde der Beweisantrag zurückgewiesen. Der unter Beweis gestellte Sachverhalt , sprich die Entstehungsgeschichte des Schuldanerkenntnisses, wurde zu Gunsten des Angeklagten als wahr unterstellt.
71
(2) Soweit im Hinblick auf die abgelehnte Verlesung (und Inaugenscheinnahme ) der mit dem Beweisantrag in Kopie vorgelegten Urkunden die Verletzung von § 245 Abs. 2 StPO gerügt wird, beruht das Urteil auf einem möglicherweise gegebenen Rechtsfehler nicht.
72
(a) Auch insoweit kann offen bleiben, ob und ggfs. in welchem Umfang es sich bei in Kopie vorgelegten Urkunden tatsächlich um präsente Beweismittel i.S.v. § 245 Abs. 2 StPO handelt.
73
(b) Aber selbst wenn aufgrund der Präsenz der Urkunden eine Ablehnung nur im Rahmen der Ablehnungsgründe des § 245 Abs. 2 StPO möglich gewesen wäre, beruht das Urteil nicht auf der dann rechtsfehlerhaft auf § 244 Abs. 3 Satz 2 Var. 7 StPO gestützten Ablehnung des Beweisantrags.
74
(aa) Insoweit ist bei einem Verstoß gegen § 245 Abs. 1 StPO anerkannt, dass der Umstand, dass der Ablehnungsgrund der Unerheblichkeit in Fällen des § 245 StPO nicht gilt, nicht dazu führt, dass bei rechtsfehlerhafter Nichtverwendung eines präsenten Beweismittels eine Beruhensprüfung grundsätzlich zu unterbleiben hat bzw. dass ein Beruhen des Urteils auf der Gesetzesverletzung regelmäßig nicht auszuschließen ist (BGH, Urteil vom 31. Januar 1996 - 2 StR 596/95, NJW 1996, 1685). Für die Prüfung des Beruhens gelten daher auch bei einem Verstoß gegen § 245 Abs. 2 StPO keine Besonderheiten (Becker in LR-StPO § 245 Rn. 80).
75
(bb) Vorliegend kann sicher ausgeschlossen werden, dass das Urteil bei Erhebung der Beweise anders ausgefallen wäre.
76
Wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausführt, hat sich die Strafkammer an die im Ablehnungsbeschluss getroffene Wahrunterstellung ohne Einengung, Umdeutung oder inhaltliche Änderung (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 1982 - 1 StR 802/81, NStZ 1982, 213) im Rahmen der Beweiswürdigung gehalten und sich dort - soweit geboten (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 1979 - 2 StR 749/78, BGHSt 28, 310) - ebenso wie im Ablehnungsbeschluss mit den als wahr unterstellten (Indiz-)Tatsachen auseinandergesetzt. Dass das Landgericht daraus nicht die Schlussfolgerung gezogen hat, die der Antragsteller gezogen wissen wollte, ist nicht zu beanstanden (vgl. BGH, Urteil vom 6. August 1986 - 3 StR 234/86, StV 1986, 467). Namentlich kannhierin - wie von der Revision behauptet - keine unzulässige Beweisantizipation erblickt werden. Demnach ist nicht ersichtlich, zu welchen anderen Feststellungen das Landgericht gekommen wäre, wenn es die beantragte Beweiswürdigung durchgeführt hätte.

B.


Die Revision der Staatsanwaltschaft
77
Die - auf die Einstellung des Verfahrens hinsichtlich des Vorwurfs der Bestechung beschränkte - Revision der Staatsanwaltschaft hat mit der Sachrüge Erfolg. Eines Eingehens auf die Verfahrensrügen, mit der ein Verstoß gegen § 261 StPO geltend gemacht wird, bedarf es daher nicht. Die von der Aufhebung ausgenommenen Feststellungen sind von dem geltend gemachten Verfahrensverstoß nicht betroffen, wie auch der Antrag des Generalbundesanwalts in der Hauptverhandlung zeigt.

I.


78
Soweit die Einstellung des Verfahrens im Hinblick auf den Vorwurf der Bestechung von der Revision der Staatsanwaltschaft angegriffen ist, hat die Strafkammer in der Gesamtschau der Urteilsgründe folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
79
1. Der Angeklagte richtete im September 1991 beim Schweizerischen Bankverein unter der Kontonummer ein Rubrikkonto mit der Bezeich- nung „Holgart“ ein, über das nur der Angeklagte sowie die von ihm bevollmäch- tigten Familienangehörigen verfügungsberechtigt waren. Hinter der Bezeich- nung „Holgart“ stand der ehemalige Staatssekretär Dr. P. .
80
Am 2. September 1991 wurden auf diesem Konto 3.800.000 DM einbezahlt. Dr. P. erhielt vom Angeklagten sodann „aufgrund vorangegangener Unrechtsvereinbarung“, die im Urteil nicht näher dargelegt wird, am 13. Dezember 1991 250.000 DM, am 23. Januar 1992 127.000 DM und „letztmals“ am 28. April 1992 500.000 DM, die dem vorgenannten Rubrikkonto entnommen wurden.
81
Ende des Jahres 1994 schichtete der Angeklagte das auf dem Rubrik- konto „Holgart“ vorhandene Guthaben auf sein Konto Nr. beim Schwei- zerischen Bankverein um. Auch hier richtete er wieder Rubrikkonten, u.a. eines mit der Bezeichnung „Holgart“, ein. Ende Januar 1995 befanden sich auf die- sem Rubrikkonto 3.162.000 DM.
82
Am 26. Januar 1995 eröffnete die Ehefrau des Angeklagten bei der Verwaltungs - und Privatbank Vaduz in Liechtenstein drei Währungskonten. Am 27. Januar 1995 wurden dort dem DM-Konto „3.162.00,00“ (gemeint sind wohl 3.162.000,00) DM unter Angabe des Zahlungsgrunds „Ref. Holgart“ gutgeschrieben. Bei dieser Gutschrift handelt es sich um das Restguthaben des oben genannten Rubrikkontos „Holgart“ beim Schweizerischen Bankverein.
83
Am 31. Januar 1995 hob die Ehefrau des Angeklagten von den Währungskonten einen Betrag von insgesamt 11.780.837,50 SFR ab; danach wurden die Währungskonten gelöscht. Anschließend wurden erneut Rubrikkonten eröffnet, darunter auch eines mit der Bezeichnung „Holgart“. Die von diesen Rubrikkonten bis Ende 1996 nachvollziehbaren Kontobewegungen weisen keinen Bezug zu Dr. P. auf.
84
2. Hinsichtlich des Vorwurfs der Bestechung ist nach Auffassung der Strafkammer Verfolgungsverjährung eingetreten, da die Tat am 28. April 1992 beendet gewesen sei. Die höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach die ra- tenweise Bestechung erst dann beendet ist, wenn der Bestochene die ihm abverlangte Diensthandlung vollführt, käme in vorliegender Sache nicht zum Zu- ge, da die vom Angeklagten belohnten rechtswidrigen Entscheidungen „laut Anklage“ bereits am 12. und 20. März 1991 getroffen worden seien. Offen kön- ne bleiben, ob die Tat nicht bereits mit dem Ausscheiden Dr. P. aus seinem Amt als Staatssekretär am 29. Februar 1992 beendet war, da dies am Ergebnis nichts ändere.
85
Ausgehend von diesem Beendigungszeitpunkt und unter Berücksichtigung der im Strafverfahren getroffenen verjährungsunterbrechenden Maßnahmen sei absolute Verfolgungsverjährung am 27. April 2002 um Mitternacht eingetreten. Die Verjährung habe auch nicht nach Maßgabe von § 78b Abs. 4 oder 5 StGB geruht. § 78b Abs. 4 StGB sei vorliegend im Hinblick auf § 2 Abs. 3 StGB nicht anwendbar; bei Inkrafttreten des § 78b Abs. 5 StGB am 11. August 2005 sei die Tat bereits verjährt gewesen.
86
Anhaltspunkte für eine spätere Beendigung der Tat gäbe es auf Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht. Namentlich die Kontobewegungen in den Jahren 1995 und 1996 würden nicht für eine Beendigung der Tat erst am 14. Dezember 1995, dem Tag, als bei Dr. P. eine Hausdurchsuchung im Hinblick auf die ihm zur Last liegenden Taten stattfand, sprechen. Dass der Angeklagte darüber hinaus für Dr. P. das Rubrikkonto „Holgart“ treuhänderisch verwaltet hat, konnte die Kammer nicht feststellen.

II.

87
Die Einstellung hinsichtlich des Vorwurfs der Bestechung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil das Landgericht insoweit keine hinreichenden Feststellungen getroffen hat, die dem Revisionsgericht die Prüfung ermöglichen , wann die Tat ihre Beendigung fand. Das Urteil genügt in diesem Zusammenhang nicht den Anforderungen, die an ein Einstellungsurteil wegen Verjährung zu stellen sind.
88
1. Insoweit gilt allgemein:
89
In den Urteilsgründen eines Einstellungsurteils wegen Verjährung muss grundsätzlich, von der zugelassenen Anklage ausgehend, in revisionsrechtlich nachprüfbarer Weise dargelegt werden, aus welchen Gründen die Durchführung des Strafverfahrens unzulässig ist, d.h. die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen des Verfahrenshindernisses sind festzustellen und anzugeben. Der Umfang der Darlegung richtet sich nach den besonderen Gegebenheiten des Einzelfalles, insbesondere nach der Eigenart des Verfahrenshindernisses (BGH, Urteil vom 19. Oktober 2010 - 1 StR 266/10, BGHSt 56, 6 mwN).
90
Gerade bei der Prüfung der Voraussetzungen der Verjährung sind die tatsächlichen Voraussetzungen des behaupteten Verfahrenshindernisses, das zur Einstellung des Verfahrens nach § 260 Abs. 3 StPO führen müsste, hinreichend festzustellen. Hier benötigt ein Einstellungsurteil eine vom Tatrichter festzustellende Sachverhaltsgrundlage. Erst auf dieser Grundlage lässt sich die Verjährungsfrage beurteilen. Daher sind in solchen Fällen eine umfassende Beweisaufnahme und detaillierte Feststellungen zum Tatgeschehen erforderlich , bevor die Verjährungsfrage beurteilt werden kann (BGH aaO mwN).
91
Die Sachverhaltsdarstellung sollte dabei - unbeschadet des Grundsatzes der Einheit der Urteilsgründe - in sich geschlossen sein. Verteilen sich die Feststellungen - wie hier - auf unterschiedliche Passagen des Urteils und wird nicht zwischen der Darlegung des Tatgeschehens, der Beweiswürdigung und der rechtlichen Würdigung unterschieden, so kann das Urteil dem Leser die wesentlichen , die Entscheidung tragenden tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Erwägungen ohne aufwändige eigene Bemühungen nicht vermitteln (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Februar 2009 - 1 StR 687/08, NStZ-RR 2009, 183).
92
2. Diesen Anforderungen an ein Einstellungsurteil wird das angefochtene Urteil nicht gerecht.
93
a) Das Urteil teilt bereits nicht mit, welchen konkreten Inhalt die zwischen dem Angeklagten und dem Zeugen Dr. P. getroffene Unrechtsvereinbarung hatte. Vielmehr erschöpfen sich die Feststellungen im Urteil darin, dass „der Angeklagte dem Mitverfolgten Dr. P. aufgrund vorangegangener Unrechtsvereinbarung letztmals am 28. April 1992 eine Bestechungssumme von 500.000,-- DM ausbezahlt“. Hinreichend konkrete Feststellungen zum Inhalt der Unrechtsvereinbarung sind indes für die revisionsrechtliche Überprüfung, ob die Strafkammer zu Recht den Eintritt der Verfolgungsverjährung bejaht hat, von erheblicher Bedeutung. Denn grundsätzlich gilt, dass erst dann, wenn der Beamte die Amtshandlung vollzogen und den Vorteil, den er dafür forderte oder sich versprechen ließ, in seinem letzten Stück erhalten und angenommen hat, die Tat beendet ist (BGH, Urteil vom 30. April 1957 - 1 StR 287/56, BGHSt 10, 237, 243; BGH, Urteil vom 22. Mai 1958 - 1 StR 551/57, BGHSt 11, 345). Erforderlich ist daher, dass sich die Feststellungen zur Unrechtsvereinbarung insbesondere auch dazu verhalten, welchen Bestechungslohn der Beamte erhalten und wie die Zuwendung des Bestechungslohns konkret ausgestaltet werden sollte.
94
Vor diesem Hintergrund ist auch die Formulierung, dass die Zahlung „aufgrund vorangegangener Unrechtsvereinbarung letztmals“ erfolgte, nicht hinreichend aussagekräftig. Ihr kann insbesondere nicht der alleinige Erklärungsinhalt beigemessen werden, dass der gesamte Bestechungslohn mit der Zahlung der fraglichen 500.000 DM am 28. April 1992 dem Bestochenen zugeflossen ist. Denn insoweit ergeben sich aufgrund der Feststellungen insgesamt allenfalls Zahlungen an Dr. P. in Höhe von 877.000 DM, wohingegen etwa die zugelassene Anklage einen vereinbarten Bestechungslohn von 3.800.000 DM annimmt.
95
b) Der Darlegungsmangel wird auch nicht durch weitere Ausführungen im Urteil beseitigt. Namentlich die sich unmittelbar an die vorstehende Feststel- lung anschließende rechtliche Würdigung „An diesem Tag [gemeint ist der 28. April 1999] also waren die Bestechungshandlungen des Angeklagten beendet und begann insofern die Verjährung (vgl. BGH aaO BGHSt 11, 345, 347)“, ist nicht geeignet die erforderlichen Feststellungen zu ersetzen. Insbesondere kann dieser rechtlichen Würdigung - noch dazu im Zusammenspiel mit dem in der zitierten Fundstelle angeführten Rechtssatz - kein wie auch immer gearteter Feststellungsinhalt beigemessen werden. Auch insoweit ist zu berücksichtigen, dass in der Anklage, die im Eröffnungsbeschluss unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen wurde, dem Angeklagten zur Last gelegt wird, dem gesondert verfolgten Dr. P. einen Bestechungslohn von 3.800.000 DM versprochen zu haben.
96
c) Weitergehende Feststellungen waren zur Unrechtsvereinbarung auch nicht deshalb entbehrlich, weil der Bestochene bereits am 29. Februar 1992 aus seinem Amt ausgeschieden war.
97
aa) Zwar beginnt die Verjährung der Bestechlichkeit nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs spätestens mit dem Ausscheiden des Täters als Beamter, was auch dann gilt, wenn er noch später Vorteile für seine frühere Bestechlichkeit erhält und annimmt (vgl. BGH, Urteil vom 22. Mai 1958 - 1 StR 551/57, BGHSt 11, 345). Diese Rechtsprechung wird in der Kommentarliteratur ohne weiteres auf die Bestechung übertragen (Fischer, StGB, 56. Aufl., § 331 Rn. 30a).
98
bb) Der Senat kann offen lassen, ob er an seiner bisherigen Rechtsprechung zur Bestechlichkeit festhält. Sie ist jedenfalls nicht auf den Tatbestand der Bestechung zu übertragen. Im Einzelnen ist insoweit Folgendes zu sehen:
99
(1) Wesentlicher Gesichtspunkt, auf den die bisherige Meinung des Senats hinsichtlich der Beendigung der Bestechlichkeit gestützt wurde, war, dass Vergehen gegen §§ 331, 332 StGB nur begehen kann, wer Beamter ist. Verliert jemand das Amt und die Eigenschaft als Beamter, empfängt er aber gleichwohl noch Vorteile aus einer früheren Bestechlichkeit, so setze er diese nicht mehr in strafbarer Weise fort. Strafloses Handeln sei für die Strafverfolgung und deshalb auch für ihre Verjährung nicht bedeutsam. Diese beginne mit der Beendigung strafbaren Verhaltens (BGH, Urteil vom 22. Mai 1958 - 1 StR 551/57, BGHSt 11, 345).
100
(2) Gegen diese Begründung sprechen freilich gewichtige Argumente. Insoweit gelten nachfolgende Grundsätze:
101
(a) Gemäß § 78a Satz 1 StGB beginnt die Verjährung, sobald die Tat beendet ist. Nach dem vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung angewendeten materiellen Beendigungsbegriff ist dies erst der Fall, wenn der Täter sein rechtsverneinendes Tun insgesamt abschließt, das Tatunrecht mithin tatsächlich in vollem Umfang verwirklicht ist. Dies bedeutet, dass die Beendigung der Tat nicht allein an die weitere Verwirklichung tatbestandlich umschriebener Merkmale der Straftat nach deren Vollendung anknüpft. Vielmehr zählen zur Tatbeendigung auch solche Umstände, die - etwa weil der Gesetzgeber zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsgüterschutzes einen Deliktstypus mit vorverlagertem Vollendungszeitpunkt gewählt hat - zwar nicht mehr von der objektiven Tatbestandsbeschreibung erfasst werden, aber dennoch das materielle Unrecht der Tat vertiefen, weil sie den Angriff auf das geschützte Rechtsgut perpetuieren oder gar intensivieren (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juni 2008 - 3 StR 90/08, BGHSt 52, 300 mwN auch zur Gegenansicht).
102
(b) Für den Straftatbestand der Bestechlichkeit bedeutet dies: Sind sich der Amtsträger und der Bestechende über die pflichtwidrige Diensthandlung sowie die hierfür zu erbringende Gegenleistung einig und wird die Unrechtsvereinbarung auch tatsächlich vollständig umgesetzt, so kommt es für die Tatbeendigung auf die jeweils letzte Handlung zur Erfüllung der Unrechtsvereinbarung an.
103
Wird die pflichtwidrige Diensthandlung hingegen erst nach der Zuwendung des Vorteils vorgenommen, so führt somit erst dies zur Beendigung der Tat. Zwar ist die Vornahme der pflichtwidrigen Diensthandlung nicht objektives tatbestandliches Element des § 332 Abs. 1 Satz 1 StGB; die Bestechlichkeit ist vielmehr bereits dann vollendet, wenn der Amtsträger für eine ausgeübte oder künftige pflichtwidrige Diensthandlung einen Vorteil fordert, sich versprechen lässt oder annimmt. Die pflichtwidrige Diensthandlung ist aber dennoch zentraler Bezugspunkt all dieser Tatbestandsvarianten. Sie umschreibt den materiellen Unrechtskern, der den Tatbestand der Bestechlichkeit von dem der Vor- teilsannahme abhebt und die im Vergleich zu § 331 Abs. 1 StGB erhöhte Strafandrohung rechtfertigt; dies gilt selbst im Falle einer für sich fehlerfreien Ermessensentscheidung , deren Pflichtwidrigkeit allein dadurch begründet wird, dass der Amtsträger sich bei der Entscheidung durch den Vorteil beeinflussen lässt oder sich wenigstens beeinflussbar zeigt (§ 332 Abs. 3 Nr. 2 StGB). Wird die pflichtwidrige Diensthandlung erst nach der Zuwendung des Vorteils vorgenommen , so findet der Angriff auf das Schutzgut des § 331 StGB erst darin seinen Abschluss; denn die Lauterkeit der Amtsausübung sowie das öffentliche Vertrauen in diese werden am nachhaltigsten dadurch beeinträchtigt, dass der durch die Bestechung befangene Amtsträger den "Staatswillen" tatsächlich verfälscht , indem er die erkaufte pflichtwidrige Diensthandlung ausübt (BGH aaO mwN).
104
(c) Für den Tatbestand der Bestechung besteht kein Anlass von diesen Grundsätzen abzuweichen. Für die Beurteilung des vorliegenden Falles bedeutet dies, dass der Abschluss des rechtsverneinenden Tuns in der Auszahlung des gesamten für die Tat vereinbarten Bestechungslohns zu erblicken ist, wenn diese der Diensthandlung nachfolgt. So wie die Vornahme der Diensthandlung auf Seiten des Bestochenen der zentrale Bezugspunkt des Tatbestands ist, erweist sich die Zahlung des Bestechungslohns als der Gesichtspunkt, der das Tatunrecht tatsächlich in vollem Umfang verwirklicht.
105
Ob der Bestochene zur Zeit der Zahlung des Bestechungslohns noch in dem Amtsverhältnis steht, ist demgegenüber jedenfalls für die Beendigung der Bestechung unbeachtlich. Vielmehr ist insoweit lediglich erforderlich, aber auch ausreichend, dass er zur Zeit der Unrechtsvereinbarung tauglicher Täter einer Vorteilsannahme bzw. Bestechlichkeit war. Der Fortbestand des Amtsverhältnisses über diesen Zeitpunkt hinaus ist für den materiellen Unrechtskern der Bestechung ohne Bedeutung. Dies gilt umso mehr, als dass die „Gewährung des Vorteils“- anders die Vornahme der Diensthandlung im Falle der Vorteilsannahme bzw. der Bestechlichkeit - als das die Tatbeendigung markierende Ereignis vom Tatbestand der §§ 333, 334 StGB erfasst und als eigenständige Tathandlungsalternative mit den anderen Alternativen (Anbieten und Versprechen eines Vorteils) regelmäßig zu tatbestandlicher Handlungseinheit verknüpft ist (BGH, Urteil vom 10. Mai 2001 - 3 StR 549/00, BGHSt 47, 22; BGH, Urteil vom 13. Oktober 1994 - 1 StR 614/93, NStZ 1995, 92). Hinzu kommt, dass es ansonsten zu schwer nachvollziehbaren Strafbarkeitslücken kommen könnte (vgl. insoweit aber Fischer, StGB, 58. Aufl., § 331 Rn. 24b mwN).
106
(d) Demgemäß ist bei sukzessiver Zahlung des Bestechungslohns jedenfalls , soweit - wie hier angeklagt, aber nicht aufgeklärt - ein von vornherein feststehender Betrag den Bestochenen zugewendet werden soll, die Tat regelmäßig erst mit der Zahlung des letzten Teils des Bestechungslohns beendet, auch wenn der Bestochene zuvor aus dem Amt ausgeschieden ist.
107
3. Die Einstellung des Verfahrens im Hinblick auf den Vorwurf der Bestechung kann danach keinen Bestand haben. Der Senat kann nicht ausschließen , dass es in einer neuen Hauptverhandlung insoweit zu einer Verurteilung nach § 334 StGB in der zur Tatzeit geltenden Fassung kommt. Denn soweit mit der Zahlung am 28. April 1992 die zwischen dem Angeklagten und Dr. P. getroffene Unrechtsvereinbarung noch nicht in vollem Umfang vollzogen war, kommt auf Grundlage des bisherigen Sachstands in Betracht, dass die Bestechung erst mit der am 14. Dezember 1995 erfolgten Durchsuchung der Wohnung des Zeugen Dr. P. beendet ist. Dann hätte sich das Versprechen bzw. die Unrechtsvereinbarung als endgültig fehlgeschlagen erwiesen (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juni 2003 - 5 StR 489/02, NStZ 2004, 41). Ausgehend von die- sem Beendigungszeitpunkt wäre die Tat zur Zeit des Zugangs des Auslieferungsersuchens an die kanadischen Behörden und zur Zeit des Inkrafttretens des § 78b Abs. 5 StGB noch nicht verjährt gewesen.
108
Das Urteil war deshalb auch insoweit mit den Feststellungen aufzuheben. Ausgenommen werden hiervon die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen , soweit sie die Einrichtung der Rubrikkonten „Holgart“ und die diesbezüglichen Kontobewegungen zum Gegenstand haben. Diese Feststellungen sind von dem aufgezeigten Darlegungsmangel nicht betroffen.
109
Keinen Bestand haben die Feststellungen dazu, dass hinter der Bezeichnung „Holgart“ der ehemalige Staatssekretär Dr. P. stand und dass die Konten durch den Angeklagten nicht treuhänderisch gehalten wurden. Hinsichtlich dieser den Angeklagten mit Blick auf den Tatbestand der Bestechung belastenden Feststellungen hatte der Angeklagte bislang keine Möglichkeit, sich mit seiner Revision zu verteidigen.

C.

110
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
111
1. Der neue Tatrichter wird Gelegenheit haben, die Frage der Ansässigkeit des Angeklagten in den verfahrensgegenständlichen Veranlagungszeiträumen anhand der in § 4 DBA Kanada 1981 genannten Kriterien aufzuklären. Für die diesbezüglich von Amts wegen bestehende Aufklärungspflicht gilt:
112
Dem Tatrichter ist es dabei erlaubt und aufgegeben, das bisherige Ergebnis seiner Beweisaufnahme zugrunde zu legen. Das sonst im Beweisantragsrecht weitgehend herrschende Verbot einer Beweisantizipation gilt nicht.
Der Tatrichter darf also seine Entscheidung davon abhängig machen, welche Ergebnisse von der Beweisaufnahme - vor dem Hintergrund des bisherigen Beweisergebnisses - zu erwarten sind und wie diese zu erwartenden Ergebnisse zu würdigen wären (BGH, Beschluss vom 5. September 2000 - 1 StR 325/00, NJW 2001, 695; Urteil vom 9. Juni 2005 - 3 StR 269/04, NStZ 2005,

701).


113
Bei dieser Prognose könnte die bestandskräftige Feststellung, dass der Angeklagte seine Provisionseinkünfte in Kanada nicht versteuert hat und dass diese auch dort nicht versteuert wurden, ein gewichtiges Indiz dafür sein, dass er i.S.d. DBA nicht in Kanada ansässig war. Weitere Beweisumstände für den Ort der Ansässigkeit können sich möglicherweise aus den Unterlagen zu seinen deutschen Einkommensteuererklärungen, den finanzgerichtlichen Akten und den Auslieferungsunterlagen ergeben.
114
Zu der Frage, ob die Aufklärungspflicht insoweit auch zur Vernehmung von Auslandszeugen drängt, und zur Bewertung des dadurch möglicherweise zu erzielenden Beweisergebnisses verweist der Senat auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 12. Oktober 1999 - 1 StR 109/99, NStZ 2000, 156, vom 7. Mai 2008 - 5 StR 634/07 und vom 14. September 2004 - 4 StR 309/04, StV 2005, 115 sowie des Bundesverfassungsgerichts vom 2. Oktober 2003 - 2 BvR 149/03, NStZ 2004, 214.
115
Falls der Angeklagte eine Ansässigkeit in Kanada - sei es auch in Form eines förmlichen Beweisantrags - durch Auslandszeugen unter Beweis stellt, gilt, wenn eine Bescheidung nach § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO in Erwägung gezogen wird, derselbe Maßstab der Aufklärungspflicht (BGH, Beschluss vom 5. September 2000 - 1 StR 325/00, NJW 2001, 695).

116
2. Sollte das neue Tatgericht hingegen zu der Überzeugung gelangen, dass der Angeklagte in den verfahrensgegenständlichen Veranlagungszeiträumen in Kanada ansässig war, schlösse dies eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen Steuerhinterziehung nicht von vornherein aus. Denn nach Art. 7 Abs. 1 Satz 2 DBA Kanada 1981 stünde der Bundesrepublik Deutschland auch in diesem Fall das Besteuerungsrechtfür Einkünfte aus deutschen Quellen zu. Eine eingetretene Strafbarkeit würde dabei auch dann nicht nachträglich wieder entfallen , wenn gemäß Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 im Ergebnis die Besteuerung an Kanada zurückgefallen sein sollte, weil die deutschen Finanzbehörden in Unkenntnis von den vom Angeklagten verschwiegenen Besteuerungsgrundlagen eine Besteuerung insoweit nicht durchgeführt haben.
117
3. Sollte das Landgericht für die Gewinnermittlung die Besteuerungsgrundlagen erneut zu schätzen haben, wird es zunächst die Gewinnermittlungsmethode festzustellen haben (zu den Voraussetzungen einer Schätzung vgl. BGH, Beschluss vom 10. November 2009 - 1 StR 283/09, NStZ 2010, 635, 636). Denn zu schätzen sind nicht die verkürzten Steuern, sondern die je nach Gewinnermittlungsmethode maßgeblichen Besteuerungsgrundlagen (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Juli 2007 - 5 StR 251/07, wistra 2007, 470).
118
Welche Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln sind, hängt von der Gewinnermittlungsmethode ab. Maßgeblich für die Schätzung ist daher, ob der Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG, § 5 EStG) oder nach Maßgabe von § 4 Abs. 3 EStG als Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben zu bestimmen war. Betriebsvermögensvergleich und Einnahme-Überschussrechnung sind zwei unterschiedliche, aber grundsätzlich gleichwertige Gewinnermittlungsmethoden. Die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich als Grundform hat nur Bedeutung für die Frage, nach welcher Methode der Gewinn zu ermitteln ist, wenn der Steuerpflichtige keine (wirksame) Wahl für die eine oder andere Gewinnermittlungsart getroffen hat. In einem solchen Fall bleibt es bei der Grundform des § 4 Abs. 1 EStG, also bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich (BFH, Urteil vom 19. März 2009 - IV R 57/07, BFHE 224, 513). Formal wird das Wahlrecht dabei allein durch die Bestandskraft der Steuerfestsetzung bzw. Feststellung begrenzt. In materiell-rechtlicher Hinsicht wird das Wahlrecht auch durch die in § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG genannten Voraussetzungen beschränkt (BFH, Urteil vom 21. Juli 2009 - X R 46/08, BFH/NV 2010, 186). Im vorliegenden Fall könnte sich möglicherweise aus den vom Angeklagten eingereichten Steuererklärungen die Ausübung des Wahlrechts entnehmen lassen (vgl. BFH, Urteil vom 24. September 2008 - X R 58/06, BFHE 223, 80).
119
Die für die Bestimmung des tatbestandlichen Schuldumfangs (ggf. durch Schätzung) maßgeblichen Besteuerungsgrundlagen hängen auch davon ab, ob im Rahmen der steuerlichen Erklärungen nicht geltend gemachte steuermindernde Tatsachen bei der Feststellung der Steuerverkürzung wegen des Kompensationsverbots (§ 370 Abs. 4 Satz 3 AO) nicht zu berücksichtigen sind. Auf diese hat sich - sofern trennbar - die Schätzung der für den tatbestandlichen Schuldumfang bedeutsamen Tatsachen auch nicht zu erstrecken. Nicht vom Kompensationsverbot erfasst werden im Ergebnis auch solche Umstände, die als Faktoren im Rahmen der Schätzung selbst berücksichtigt werden müssen (vgl. Wulf in MüKo-StGB § 370 AO Rn. 149). In die Schätzung einbezogen werden müssen jedenfalls solche steuermindernde Faktoren, für die das Kompensationsverbot ohnehin nicht gilt, weil sie mit den verschwiegenen steuererhöhenden Umständen in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, so dass die Steuerermäßigung nicht „aus anderen Gründen“ zu erfol- gen hat. Hierunter fallen namentlich solche Betriebsausgaben, die unmittelbar mit verschwiegenen Betriebseinnahmen zusammenhängen, nicht aber solche Betriebsausgaben, die andere als die nicht verbuchten Geschäfte betreffen (vgl. auch BGH, Urteil vom 18. November 1960 - 4 StR 131/60, BStBl I 1961, 496; siehe auch Jäger in Klein, AO, 10. Aufl., § 370 Rn. 136 mwN).
120
Die vom Kompensationsverbot erfassten steuermindernden Umstände sind dann aber bei der Strafzumessung zu berücksichtigen (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 8. Januar 2008 - 5 StR 582/07, wistra 2008, 153); ihr Umfang ist erforderlichenfalls ebenfalls durch Schätzung zu bestimmen.
121
Wiegen die steuermindernden Tatsachen - einschließlich derjenigen, die dem Kompensationsverbot unterfallen - und die verschwiegenen steuererhöhenden Faktoren sich gegenseitig auf, kann dies ein Umstand sein, der für die Frage des Hinterziehungsvorsatzes von Bedeutung sein kann (vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 1990 - 3 StR 16/90, NStZ 1991, 89). Nach den bislang getroffenen Feststellungen liegt hier allerdings angesichts der Höhe der verschwiegenen Einkünfte und der vom Angeklagten getroffenen Verschleierungsmaßnahmen das Fehlen eines Hinterziehungsvorsatzes fern.
122
4. Die - isoliert betrachtet rechtsfehlerfreien - Ausführungen des Landgerichts zur Annahme eines unbenannten besonders schweren Falles i.S.d. § 370 Abs. 3 Satz 1 AO (vgl. UA S. 110 f.) geben dem Senat Anlass zu dem Hinweis, dass diejenigen Umstände, die allein zur Einstufung des Falles als besonders schwer herangezogen worden sind und damit zur Wahl des erhöhten Strafrahmens geführt haben, im Rahmen der Strafzumessung im engeren Sinne nicht nochmals erschwerend berücksichtigt werden dürfen (vgl. für den Fall eines verwirklichten Regelbeispiels BGH, Beschluss vom 22. April 2004 - 3 StR 113/04, NStZ-RR 2004, 262).
123
5. Auch wenn - wie vom Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt - das Verfahren besonderes Aufsehen in der Öffentlichkeit erregt hat und die Taten des Angeklagten nicht nur wegen des hohen Schadens, den sie verursachten , sondern auch aus anderen Gründen besonders schwer wiegen, bedarf es, um generalpräventive Gesichtspunkte strafschärfend zu berücksichtigen , der Feststellung, dass es zu einer gemeinschaftsgefährdenden Zunahme von Straftaten kam, wie sie zur Aburteilung stehen (BGH, Beschluss vom 8. Mai 2007 - 4 StR 173/07, NStZ 2007, 702 mwN). Solche Feststellungen sind bisher nicht getroffen.
124
6. Wenngleich die vom Angeklagten im Auslieferungsverfahren bemühten zahlreichen Rechtmittel angesichts ihrer überwiegenden Erfolglosigkeit durchaus missbräuchlichen Charakter aufweisen, erscheint fraglich, ob die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift des § 51 Abs. 1 Satz 2 StGB gegeben sind. Denn die Anwendung von § 51 Abs. 1 Satz 2 StGB kommt bei einem Verhalten in Betracht, das nicht der Verteidigung des Täters dient und entweder gerade darauf abzielt, eine (angeordnete) U-Haft zu verlängern, um sich durch deren spätere Anrechnung einen Vorteil bei der Strafvollstreckung zu verschaffen , oder den Zweck verfolgt, das Verfahren aus anderen Gründen böswillig zu verschleppen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Februar 1999 - 4 StR 49/99, NStZ 1999, 347). Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Angeklagte allein in der Absicht handelte, seine Auslieferung zu verhindern und eine Verschleppung des Verfahrens indes lediglich als Folge seiner von anderweitigen Motiven getragenen Vorgehensweise hinnahm.
125
Das neue Tatgericht wird bei einer etwaigen Anrechnungsentscheidung auch Gelegenheit haben, nach § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB den Anrechnungsmaßstab zu bestimmen.
Nack Wahl Rothfuß Hebenstreit Sander

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 1 9 8 / 1 4
vom
7. August 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. August 2014 beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird
a) das Urteil des Landgerichts Kaiserslautern vom 16. Dezember 2013, soweit es den Angeklagten R. betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben;
b) das Verfahren gemäß § 206a Abs. 1 StPO hinsichtlich Tat II.3 (Steuerhinterziehung im Jahr 2001) eingestellt; insoweit trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen. 2. Im verbleibenden Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue und Steuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung sowie zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 50 Euro verurteilt.
2
Die gegen dieses Urteil gerichtete Revision des Angeklagten, die er auf eine Verfahrensbeanstandung und die ausgeführte Sachrüge stützt, führt auf Antrag des Generalbundesanwalts zur teilweisen Einstellung des Verfahrens wegen eingetretener Verjährung, im Übrigen zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung, soweit die Entscheidung den Angeklagten betrifft.

I.


3
1. Das Landgericht hat die Verurteilung des Angeklagten wegen Untreue darauf gestützt, dass er als Mitarbeiter des L. f. (L. ) des Landes Rheinland-Pfalz als sogenannter K12Prüfer Abschlagsrechnungen der Baufirmen für eine ab 1998 ausgeführte Baumaßnahme auf der Air Base in Ra. nicht um einen Betrag von jeweils 20 % gekürzt hatte, obgleich er wie auch alle anderen Beteiligten wusste, dass die Baugrubenvereisung gegenüber der ursprünglichen Bauplanung nur teilweise durchgeführt worden war, dennoch aber der in der Bauplanung vorgesehene Pauschalpreis abgerechnet wurde.
4
2. Die Verurteilung wegen Steuerhinterziehung beruht zum einen darauf, dass der Angeklagte im Jahr 2001 auf Einladung der E. GmbH, welche Mitglied der ARGE zur Durchführung der vorgenannten Baumaßnahmen in Ra. war, mit einer Freundin an der „Kieler Woche“ teilnahm und die dadurch erlangten Zuwendungen in Höhe von mindestens 1.385,59 € nicht in seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2001 angab. Weiterhin hatte der Angeklagte bei der Firma S. GmbH, ebenfalls Mitglied der ARGE bei dem vorgenannten Bauvorhaben, im Jahr 2001 eine Erneuerung seiner privaten Heizungsanlage in Auftrag gegeben, ohne dass für die erbrachte Leistung mit einem Preis von 11.894,32 € eine Rechnung erteilt wurde, so dass nach der Würdigung des Landgerichts auch dieser Betrag bei der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2001 hätte angegeben werden müssen.

II.

5
1. Hinsichtlich der dem Angeklagten zur Last gelegten Steuerhinterziehung war das Verfahren gemäß § 206a Abs. 1 StPO wegen eingetretener Verfolgungsverjährung einzustellen.
6
Die Verjährungsfrist für Steuerhinterziehung gemäß § 370 AO beträgt nach § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB fünf Jahre, sofern - wie hier - § 376 Abs. 1 AO nicht zur Anwendung kommt. Die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2001 hatte der Angeklagte im November 2002 abgegeben, der Einkommensteuerbescheid erging dann am 12. Dezember 2002. Die mit Bekanntgabe des Bescheids (§ 122 Abs. 2 Nr. 1 AO) begonnene Verjährungsfrist wurde unterbrochen durch die am 24. August 2005 durchgeführte Durchsuchung des Wohnhauses des Angeklagten, durch welche dieser infolge der hierbei hinterlassenen Dokumente über die Durchsuchung von den gegen ihn geführten Ermittlungen Kenntnis erlangte (§ 78c Abs. 1 Nr. 1 StGB). Seine Kenntnis zeigt sich auch darin, dass der Angeklagte am 9. September 2005 einen Verteidiger in dieser Angelegenheit bestellte. Entgegen der Auffassung des Landgerichts konnten weitere Aufforderungen zur Stellungnahme oder die Vernehmung durch die Steuerfahndung im März 2009 nicht zu einer erneuten Unterbrechung der Verfolgungsverjährung führen, weil nach der Bekanntgabe der Einleitung des steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens sämtliche in § 78c Abs. 1 Nr. 1 StGB genannten Unterbrechungstatbestände nicht zu einer nochmaligen Un- terbrechung führen können. Alle in Nr. 1 aufgeführten Handlungen sind lediglich zur einmaligen Unterbrechung geeignet und stehen nur alternativ zur Verfügung (BGH, Beschluss vom 19. Juni 2008 - 3 StR 545/07, NStZ 2009, 205). Erst die Anklageerhebung am 30. September 2010 hätte die Verjährung wieder unterbrechen können (§ 78c Abs. 1 Nr. 6 StGB); die am 24. August 2005 aufgrund Unterbrechung neu angelaufene Verjährungsfrist von fünf Jahren war aber im September 2010 bereits abgelaufen.
7
2. Die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat der Untreue ist demgegenüber nicht verjährt, wie der Generalbundesanwalt in seinem Antragsschreiben zutreffend dargelegt hat. Die der diesbezüglichen Verurteilung zugrunde liegende Beweiswürdigung des Landgerichts ist jedoch lückenhaft und auch die insoweit getroffenen Feststellungen belegen nicht, weshalb dem Angeklagten ein Gefährdungsschaden zugerechnet wird, obwohl zeitgleich mit dem Angeklagten auch der Sachgebietsleiter für Recht und Verträge des L. über die Änderung der vorgenommenen Baumaßnahmen informiert war und dieser die zuständige Bauleitung zu einer Vertragsänderung aufgefordert hatte, womit dann auch eine ggfs. entstandene Minderleistung festzustellen gewesen wäre. Eine entsprechende Feststellung war aber offenbar erst etwa zehn Jahre später im Juni 2009 durch ein dann vorliegendes Gutachten von M. möglich, während die Kürzungen durch den Angeklagten bei Vorlage der Abschlagsrechnungen zwischen September 1999 und März 2000 hätten erfolgen sollen. Im Übrigen wird insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts verwiesen.
8
Des Weiteren ist anhand der Gründe der Entscheidung nicht nachvollziehbar , worauf die vom Landgericht vorgenommene Schätzung des Minde- rungsbetrags in Höhe von 20 % beruht, welchen der Angeklagte hätte vornehmen sollen, zumal die Strafkammer darauf hinweist, dass der Angeklagte bei einem zu hohen Minderungsbetrag die von ihm vertretene L. der Gefahr ausgesetzt hätte, zivilrechtlich in Anspruch genommen zu werden sowie verzinste Nachzahlungen leisten zu müssen (UA S. 11).
9
Das Urteil hat daher betreffend den Angeklagten auch hinsichtlich des Vorwurfs der Untreue keinen Bestand. Raum Graf Jäger Cirener Fischer

(1) Die Verjährung schließt die Ahndung der Tat und die Anordnung von Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8) aus. § 76a Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Verbrechen nach § 211 (Mord) verjähren nicht.

(3) Soweit die Verfolgung verjährt, beträgt die Verjährungsfrist

1.
dreißig Jahre bei Taten, die mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht sind,
2.
zwanzig Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als zehn Jahren bedroht sind,
3.
zehn Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als fünf Jahren bis zu zehn Jahren bedroht sind,
4.
fünf Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als einem Jahr bis zu fünf Jahren bedroht sind,
5.
drei Jahre bei den übrigen Taten.

(4) Die Frist richtet sich nach der Strafdrohung des Gesetzes, dessen Tatbestand die Tat verwirklicht, ohne Rücksicht auf Schärfungen oder Milderungen, die nach den Vorschriften des Allgemeinen Teils oder für besonders schwere oder minder schwere Fälle vorgesehen sind.

(1) Die Verjährung wird unterbrochen durch

1.
die erste Vernehmung des Beschuldigten, die Bekanntgabe, daß gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, oder die Anordnung dieser Vernehmung oder Bekanntgabe,
2.
jede richterliche Vernehmung des Beschuldigten oder deren Anordnung,
3.
jede Beauftragung eines Sachverständigen durch den Richter oder Staatsanwalt, wenn vorher der Beschuldigte vernommen oder ihm die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekanntgegeben worden ist,
4.
jede richterliche Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnung und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
5.
den Haftbefehl, den Unterbringungsbefehl, den Vorführungsbefehl und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
6.
die Erhebung der öffentlichen Klage,
7.
die Eröffnung des Hauptverfahrens,
8.
jede Anberaumung einer Hauptverhandlung,
9.
den Strafbefehl oder eine andere dem Urteil entsprechende Entscheidung,
10.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Abwesenheit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens oder im Verfahren gegen Abwesende zur Ermittlung des Aufenthalts des Angeschuldigten oder zur Sicherung von Beweisen ergeht,
11.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Verhandlungsunfähigkeit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens zur Überprüfung der Verhandlungsfähigkeit des Angeschuldigten ergeht, oder
12.
jedes richterliche Ersuchen, eine Untersuchungshandlung im Ausland vorzunehmen.
Im Sicherungsverfahren und im selbständigen Verfahren wird die Verjährung durch die dem Satz 1 entsprechenden Handlungen zur Durchführung des Sicherungsverfahrens oder des selbständigen Verfahrens unterbrochen.

(2) Die Verjährung ist bei einer schriftlichen Anordnung oder Entscheidung in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem die Anordnung oder Entscheidung abgefasst wird. Ist das Dokument nicht alsbald nach der Abfassung in den Geschäftsgang gelangt, so ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem es tatsächlich in den Geschäftsgang gegeben worden ist.

(3) Nach jeder Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem. Die Verfolgung ist jedoch spätestens verjährt, wenn seit dem in § 78a bezeichneten Zeitpunkt das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist und, wenn die Verjährungsfrist nach besonderen Gesetzen kürzer ist als drei Jahre, mindestens drei Jahre verstrichen sind. § 78b bleibt unberührt.

(4) Die Unterbrechung wirkt nur gegenüber demjenigen, auf den sich die Handlung bezieht.

(5) Wird ein Gesetz, das bei der Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert und verkürzt sich hierdurch die Frist der Verjährung, so bleiben Unterbrechungshandlungen, die vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts vorgenommen worden sind, wirksam, auch wenn im Zeitpunkt der Unterbrechung die Verfolgung nach dem neuen Recht bereits verjährt gewesen wäre.

(1) Die Verjährung ruht

1.
bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers bei Straftaten nach den §§ 174 bis 174c, 176 bis 178, 182, 184b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, auch in Verbindung mit Absatz 2, §§ 225, 226a und 237,
2.
solange nach dem Gesetz die Verfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann; dies gilt nicht, wenn die Tat nur deshalb nicht verfolgt werden kann, weil Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen.

(2) Steht der Verfolgung entgegen, daß der Täter Mitglied des Bundestages oder eines Gesetzgebungsorgans eines Landes ist, so beginnt die Verjährung erst mit Ablauf des Tages zu ruhen, an dem

1.
die Staatsanwaltschaft oder eine Behörde oder ein Beamter des Polizeidienstes von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt oder
2.
eine Strafanzeige oder ein Strafantrag gegen den Täter angebracht wird (§ 158 der Strafprozeßordnung).

(3) Ist vor Ablauf der Verjährungsfrist ein Urteil des ersten Rechtszuges ergangen, so läuft die Verjährungsfrist nicht vor dem Zeitpunkt ab, in dem das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.

(4) Droht das Gesetz strafschärfend für besonders schwere Fälle Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren an und ist das Hauptverfahren vor dem Landgericht eröffnet worden, so ruht die Verjährung in den Fällen des § 78 Abs. 3 Nr. 4 ab Eröffnung des Hauptverfahrens, höchstens jedoch für einen Zeitraum von fünf Jahren; Absatz 3 bleibt unberührt.

(5) Hält sich der Täter in einem ausländischen Staat auf und stellt die zuständige Behörde ein förmliches Auslieferungsersuchen an diesen Staat, ruht die Verjährung ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat

1.
bis zur Übergabe des Täters an die deutschen Behörden,
2.
bis der Täter das Hoheitsgebiet des ersuchten Staates auf andere Weise verlassen hat,
3.
bis zum Eingang der Ablehnung dieses Ersuchens durch den ausländischen Staat bei den deutschen Behörden oder
4.
bis zur Rücknahme dieses Ersuchens.
Lässt sich das Datum des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat nicht ermitteln, gilt das Ersuchen nach Ablauf von einem Monat seit der Absendung oder Übergabe an den ausländischen Staat als zugegangen, sofern nicht die ersuchende Behörde Kenntnis davon erlangt, dass das Ersuchen dem ausländischen Staat tatsächlich nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Satz 1 gilt nicht für ein Auslieferungsersuchen, für das im ersuchten Staat auf Grund des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 190 S. 1) oder auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarung eine § 83c des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen vergleichbare Fristenregelung besteht.

(6) In den Fällen des § 78 Absatz 3 Nummer 1 bis 3 ruht die Verjährung ab der Übergabe der Person an den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat bis zu ihrer Rückgabe an die deutschen Behörden oder bis zu ihrer Freilassung durch den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat.

(1) In den in § 370 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 bis 6 genannten Fällen besonders schwerer Steuerhinterziehung beträgt die Verjährungsfrist 15 Jahre; § 78b Absatz 4 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend.

(2) Die Verjährung der Verfolgung einer Steuerstraftat wird auch dadurch unterbrochen, dass dem Beschuldigten die Einleitung des Bußgeldverfahrens bekannt gegeben oder diese Bekanntgabe angeordnet wird.

(3) Abweichend von § 78c Absatz 3 Satz 2 des Strafgesetzbuches verjährt in den in § 370 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 bis 6 genannten Fällen besonders schwerer Steuerhinterziehung die Verfolgung spätestens, wenn seit dem in § 78a des Strafgesetzbuches bezeichneten Zeitpunkt das Zweieinhalbfache der gesetzlichen Verjährungsfrist verstrichen ist.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 73/13
vom
5. März 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. März 2013 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 25. Oktober 2012 wird als unbegründet verworfen , da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat: Auch die vom Angeklagten am 28. März 2006 durch Abgabe einer unrichtigen Umsatzsteuerjahreserklärung begangene Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO i.V.m. § 168 Satz 1 AO) mit einem Verkürzungsumfang von 133.269,08 Euro (Tat 1 der Urteilsgründe) ist nicht verjährt.
Zwar betrug die Verjährungsfrist für diese Tat zunächst nur fünf Jahre (vgl. § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB), die bei Bekanntgabe der Einleitung des Ermittlungsverfahrens (vgl. § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB) bereits verstrichen waren. Die Verjährungsfrist hatte sich jedoch durch Gesetz vom 19. Dezember 2008 (BGBl. I, 2794, 2828) auf zehn Jahre erhöht (§ 376 Abs. 1 AO). Diese Vorschrift gilt für alle bei Inkrafttreten des Änderungsgesetzes noch nicht abgelaufenen Verjährungsfristen (vgl. Art. 97 § 23 EGAO).
Die Voraussetzungen des § 376 Abs. 1 AO liegen hier vor, denn die Tat erfüllt das Regelbeispiel des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO (Steuerverkürzung in gro- ßem Ausmaß). Der Umstand, dass das Regelbeispiel des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO bis zur Änderung durch Gesetz vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I, 3198, 3209) und damit zum Zeitpunkt der Tatbeendigung enger gefasst war - es enthielt noch das einschränkende Merkmal des Handelns aus grobem Eigennutz - steht der Anwendung der verlängerten Verjährungsfrist des § 376 Abs. 1 AO nicht entgegen (vgl. Jäger in Klein, Abgabenordnung, 11. Aufl., § 376 Rn. 14; Rolletschke in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht , 1. Aufl. 2011, Rn. 10; a.A. Joecks in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht , 7. Aufl., § 376 AO Rn. 14e; Spatscheck/Albrecht Stbg 2012, 501, 506). Maßgeblich ist allein, dass die Voraussetzungen des § 376 Abs. 1 AO erfüllt sind und die Tat zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verjährungsvorschrift noch nicht verjährt war. Beides ist hier der Fall. Damit kommt die zehnjährige Verjährungsfrist des § 376 Abs. 1 AO zur Anwendung, obwohl die Tat zum Zeitpunkt der Tatbegehung keines der Regelbeispiele des § 370 Abs. 3 Satz 2 AO erfüllt hat.
Der Anwendung der zehnjährigen Verjährungsfrist des § 376 Abs. 1 AO steht auch nicht entgegen, dass das Landgericht für diese Tat die Strafe nicht dem Strafrahmen des § 370 Abs. 3 AO entnommen hat. Entscheidend ist, ob ein Regelbeispiel eines besonders schweren Falles verwirklicht ist, nicht, ob sich die Tat nach der gebotenen Gesamtwürdigung der Umstände im konkreten Einzelfall als besonders schwer darstellt (vgl. Jäger in Klein, Abgabenordnung, 11. Aufl., § 376 Rn. 11, 15; Joecks in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, 7. Aufl., § 376 AO Rn. 14f.; a.A. Schauf in Kohlmann, Steuerstrafrecht, Lfg. 40, § 376 AO Rn. 20 ff.). Die typisierende Anknüpfung der Verjährungsregelung des § 376 Abs. 1 AO an Regelbeispielen besonders schwerer Fälle der Steuerhinterziehung ist auch verfassungsrechtlich unbedenklich.
Wahl Rothfuß Jäger Radtke Zeng

(1) In den in § 370 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 bis 6 genannten Fällen besonders schwerer Steuerhinterziehung beträgt die Verjährungsfrist 15 Jahre; § 78b Absatz 4 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend.

(2) Die Verjährung der Verfolgung einer Steuerstraftat wird auch dadurch unterbrochen, dass dem Beschuldigten die Einleitung des Bußgeldverfahrens bekannt gegeben oder diese Bekanntgabe angeordnet wird.

(3) Abweichend von § 78c Absatz 3 Satz 2 des Strafgesetzbuches verjährt in den in § 370 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 bis 6 genannten Fällen besonders schwerer Steuerhinterziehung die Verfolgung spätestens, wenn seit dem in § 78a des Strafgesetzbuches bezeichneten Zeitpunkt das Zweieinhalbfache der gesetzlichen Verjährungsfrist verstrichen ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 226/13
vom
13. Juni 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Juni 2013 beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 24. Januar 2013 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen mit Ausnahme derjenigen zur Höhe der Steuerverkürzungen aufgehoben. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten macht ein Verfahrenshindernis geltend und rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Urteils im Strafausspruch und zur Zurückverweisung der Sache insoweit an das Landgericht (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen hat die Revision des Angeklagten keinen Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO).

I.


2
Nach den Feststellungen des Landgerichts befasst sich der Angeklagte mit dem Bau und der Vermarktung von Hochseekatamaranen. Die Organisation dieses Unternehmens wird von zahlreichen Firmen getragen, die ihren Sitz überwiegend in sog. Steueroasen haben und die der Angeklagte durch Treuhänder führen lässt. Der Angeklagte zog Anfang 2004 von Lübeck nach Monaco um, wo er bis längstens September 2008 ansässig war. Anschließend übersiedelte er in die Schweiz. Er ist nach wie vor deutscher Staatsangehöriger.
3
1. Im Jahr 2004 erhielt der Angeklagte von seinem Vater im Wege mehrerer Schenkungen Teile von dessen Privatvermögen. Es handelte sich dabei um eine Off-shore-Gesellschaft in der Gesellschaftsform einer Limited , ein Bankkonto und ein Wertpapierdepot mit einem Gesamtwert von 6.762.730,42 Euro. Im Juli 2007 übertrug ihm sein Vater im Wege der Schenkung ein Luxus-Penthouse in Monaco im Wert von 5 Mio. Euro.
4
2. Dem Angeklagten war „von Beginn an“ bewusst, dass er die erhalte- nen Schenkungen in Deutschland „zu versteuern“ hatte und sie dazu binnen einer Frist von drei Monaten bei dem für die Erbschaft- und Schenkungsteuer zuständigen Finanzamt deklarieren musste. Dennoch unterließ er diese Anzeige , weil er mit Steuerschulden in Millionenhöhe rechnete. Er verkürzte hierdurch im Jahr 2004 Schenkungsteuer in Höhe von 1.508.271 Euro und im Jahr 2007 von weiteren 1.150.000 Euro.
5
3. Nach Einleitung des Steuerstrafverfahrens im August 2011 leistete der Angeklagte umfangreiche Aufklärungshilfe und ließ durch einen Schriftsatz seiner Anwälte die Schenkungen und deren Wert bestätigen. Die Steuerschuld aus den Schenkungen tilgte der Angeklagte nach Festsetzung durch die Finanzbehörden.

II.


6
Die Taten sind nicht verjährt. Auch für die Hinterziehung von Schenkungsteuer im Jahr 2004 ist die Verfolgungsverjährung noch nicht eingetreten.
7
1. Zwar betrug die Verjährungsfrist für diese Tat zunächst nur fünf Jahre (vgl. § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB), die bei Bekanntgabe der Einleitung des Ermittlungsverfahrens (vgl. § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB) bereits verstrichen gewesen wären (zum Fristbeginn bei Hinterziehung von Schenkungsteuer durch Unterlassen vgl. BGH, Beschluss vom 25. Juli 2011 - 1 StR 631/10, Rn. 41 ff., BGHSt 56, 298, 312). Die Verjährungsfrist hatte sich jedoch durch Gesetz vom 19. Dezember 2008 (BGBl. I, 2794, 2828) für die in den in § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 bis 5 AO genannten Fällen auf zehn Jahre erhöht (§ 376 Abs. 1 AO).
8
2. Die Voraussetzungen des § 376 Abs. 1 AO liegen hier vor, denn die Tat erfüllt das Regelbeispiel des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO für einen besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung (Steuerverkürzung in großem Ausmaß). Der Umstand, dass dieses Regelbeispiel bis zur Änderung durch Gesetz vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I, 3198, 3209) und damit zum Zeitpunkt der Tatbeendigung enger gefasst war - es enthielt noch das einschränkende Merkmal des Handelns aus grobem Eigennutz -, steht der Anwendung der verlängerten Verjährungsfrist des § 376 Abs. 1 AO nicht entgegen (vgl. BGH, Beschluss vom 5. März 2013 - 1 StR 73/13 mit Nachweisen zum Meinungsstand in der Literatur). Maßgeblich ist allein, dass die Voraussetzungen des § 376 Abs. 1 AO erfüllt sind und die Tat zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verjährungsvorschrift (vgl. Art. 97 § 23 EGAO) noch nicht verjährt war (BGH aaO).
Beides ist hier der Fall. Damit kommt die zehnjährige Verjährungsfrist des § 376 Abs. 1 AO unabhängig davon zur Anwendung, ob die Tat zum Zeitpunkt der Tatbegehung eines der Regelbeispiele des § 370 Abs. 3 Satz 2 AO erfüllt hat, namentlich, ob der Angeklagte „aus grobem Eigennutz“ i.S.v. § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO aF gehandelt hat.

III.


9
Die Revision führt mit der Sachrüge zur Aufhebung des Strafausspruchs. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Insbesondere führen die Verfahrensrügen zu keinem weitergehenden Erfolg.
10
1. Den weitgehend identischen Verfahrensrügen liegt Folgendes zu Grunde:
11
Drei Beweisanträge mit insgesamt 66 Beweisbehauptungen waren auf den Nachweis gerichtet, dass der Angeklagte niemals sein Vermögen vor dem deutschen Fiskus verschleiert hat. In der Begründung der Anträge wird auf ein in den Gerichtsakten befindliches Schreiben der Steuerfahndungsstelle des Finanzamts an die Staatsanwaltschaft verwiesen. Darin wird näher geschildertes Verhalten des Angeklagten als verschleiernd bewertet und gefolgert, sol- ches Verhalten lasse „einen konkreten Schluss auf die Gesinnung des Beschuldigten bei Tatbegehung zu“. Die Beweisanträge sehen diese Bewertung als bedeutsam für Vorsatz und Strafzumessung (grober Eigennutz) an; könne dagegen nicht von Verschleierungshandlungen ausgegangen werden, so wird im Ergebnis zum Ausdruck gebracht, sei der auf die gegenteilige Annahme gestützten Bewertung der Ermittlungsbehörden der Boden entzogen.
12
Die Strafkammer hat die Anträge als bedeutungslos zurückgewiesen (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO). Verschleierungshandlungen seien weder Tatbestandsmerkmal für die Hinterziehung von Schenkungsteuer noch notwendiges Indiz für groben Eigennutz.
13
2. Der Schuldspruch hat Bestand.
14
a) Die Verfahrensrügen, die für den Schuldspruch allein unter dem Blickwinkel des Vorsatzes Bedeutung haben, greifen nicht durch.
15
Im Ansatz zutreffend hat die Revision ausgeführt und belegt, dass die Ablehnung eines Beweisantrags als bedeutungslos regelmäßig eine konkretisierte Begründung erfordert. Es kann jedoch letztlich auf sich beruhen, ob der Hinweis des Gerichts, Verschleierung betreffe kein Tatbestandsmerkmal, diesen Anforderungen genügt: Wenn der Beweisantrag auf eine bestimmte beweiswürdigende Schlussfolgerung der Ermittlungsbehörden Bezug nimmt (Vorsatz ergebe sich aus der Verschleierung) und andererseits der Ablehnungsbeschluss die dieser Schlussfolgerung zu Grunde liegende Tatsachenbewertung (Verschleierung) für bedeutungslos erklärt, so bringt dies mit noch hinlänglicher Klarheit zum Ausdruck, dass das Gericht die Auffassung der Ermittlungsbehörden , die durch die Anträge widerlegt werden soll, im Ergebnis nicht teilt, letztlich also der Sache nach dem Antrag folgt.
16
Unabhängig davon kann aber nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine (möglicherweise) unzulängliche Begründung der Ablehnung eines Beweisantrags dann unschädlich sein, wenn den Urteilsgründen im Ergebnis die Beweisbehauptungen zu Grunde liegen (BGH, Beschluss vom 29. April 2010 - 1 StR 644/09, wistra 2010, 410, 412). Entsprechendes gilt hier, da die Strafkammer auch im Urteil einer Schlussfolgerung der Ermittlungsbe- hörden, der durch die Beweisanträge die Grundlage entzogen werden sollte, nicht gefolgt ist. Die Annahme, der Angeklagte habe vorsätzlich gehandelt, ist vielmehr ausschließlich auf Indizien gestützt, die mit der Frage, ob er verschleiernde Maßnahmen ergriffen hat, in keinem Zusammenhang stehen.
17
b) Die Beweiswürdigung hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung stand. Auch vom Tatvorsatz des Angeklagten hat sich das Landgericht rechtsfehlerfrei überzeugt. Die in einem „Exkurs“ enthaltenen Urteilsausführungen (UA S. 10 f.) zur Abgrenzung von Tatbestandsirrtum (§ 16 StGB) und Verbotsirrtum (§ 17 StGB) sind überflüssig; sie gefährden den Bestand des Urteils nicht, weil sich das Landgericht ohne Rechtsfehler davon überzeugt hat, dass der Angeklagte keinem Irrtum unterlegen ist (UA S. 10).
18
c) Die Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen vorsätzlicher Hinterziehung von Schenkungsteuer in zwei Fällen. Nach den Urteilsfeststellungen hatte der Angeklagte als Beschenkter (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 ErbStG) die von seinem Vater in den Jahren 2004 und 2007 erhaltenen Schenkungen den deutschen Finanzbehörden nicht gemäß § 30 Abs. 1 ErbStG angezeigt, obwohl die Wegverlegung seines Wohnsitzes aus Deutschland mit dauerndem Aufenthalt im Ausland noch nicht fünf Jahre zurücklag (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b ErbStG). Dabei war ihm bewusst, dass er diese Schenkungen in Deutschland binnen einer Frist von drei Monaten nach Ausführung der jeweiligen Zuwendung (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) bei dem für die Erbschaft- und Schenkungsteuer zuständigen Finanzamt anzuzeigen hatte (UA S. 6). Er rechnete mit Steuerschulden in Millionenhöhe.
19
3. Der Strafausspruch hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand und ist aufzuheben.
20
a) Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den es in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und hierbei gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in diese Einzelakte der Strafzumessung ist in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 17. September 1980 - 2 StR 355/80, BGHSt 29, 319, 320; BGH, Urteil vom 7. Februar 2012 - 1 StR 525/11, BGHSt 57, 123, 127; jeweils mwN).
21
b) Solche Rechtsfehler liegen hier vor.
22
Soweit sich die Verfahrensrügen auf die Annahme von grobem Eigennutz beziehen, gilt allerdings letztlich Vergleichbares wie hinsichtlich des Vorsatzes (vgl. oben Abschnitt III. 2. Buchst. a). Es ist nicht ersichtlich, dass die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe aus grobem Eigennutz gehandelt , (auch) auf Gesichtspunkte gestützt wäre, die mit Verschleierungshandlungen zusammenhängen. Der Strafausspruch kann aber dennoch keinen Bestand haben, weil die Bestimmung des Strafrahmens teilweise auf lückenhafter Tatsachengrundlage und im Übrigen auf einer nicht rechtsfehlerfreien Würdigung der Feststellungen beruht.
23
aa) Das Landgericht hat angenommen, dass die in den Jahren 2004 und 2007 begangenen Steuerhinterziehungen mit einem Hinterziehungsumfang von 1.508.271 Euro und 1.150.000 Euro dem Regelbeispiel für einen besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO entsprechen. Es hat dabei die Taten - im Ansatz zutreffend - an der zu den Tatzeiten und noch bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung dieser Vorschrift gemessen, bei der das Regelbeispiel des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO neben der Verkürzung von Steuern in großem Ausmaß auch noch ein Handeln aus grobem Eigennutz verlangte (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juni 1985 - 4 StR 219/85, NStZ 1985, 459). Das Landgericht hat deshalb jeweils den erhöhten Strafrahmen des § 370 Abs. 3 Satz 1 AO zugrunde gelegt - er reicht von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe - und für die Taten Einzelfreiheitsstrafen von zwei Jahren bzw. zwei Jahren und sechs Monaten verhängt.
24
bb) Grob eigennützig handelt, wer sich bei seinem Verhalten von dem Streben nach Vorteil in besonders anstößigem Maße leiten lässt. Dabei muss das Gewinnstreben des Täters das bei jedem Steuerstraftäter vorhandene Gewinnstreben deutlich übersteigen (vgl. BGH, Urteil vom 1. August 1984 - 2 StR 220/84, NJW 1985, 208; Urteil vom 20. November 1990 - 1 StR 548/90, wistra 1991, 106; Urteil vom 23. Januar 1991 - 3 StR 365/90, BGHR AO § 370 Abs. 3 Nr. 1 Eigennutz 4; Urteil vom 24. Juli 1985 - 3 StR 191/85, wistra 1985, 228). Bei der Beurteilung, ob dies der Fall ist, hat das Tatgericht einen vom Revisionsgericht hinzunehmenden Beurteilungsspielraum (vgl. BGH, Urteil vom 1. August 1984 - 2 StR 220/84, NJW 1985, 208; BGH, Urteil vom 7. November 1986 - 2 StR 280/86, wistra 1987, 71). Erforderlich ist jedoch eine vom Tatgericht vorzunehmende Gesamtbetrachtung sämtlicher Tatumstände, namentlich der vom Täter gezogenen Vorteile, der Art, Häufigkeit und Intensität der Tatbegehung und des Verwendungszwecks der erlangten Vorteile. Diese Umstände müssen im Zusammenhang gesehen und daraufhin überprüft werden, ob sie den Schluss auf groben Eigennutz des Täters rechtfertigen (vgl. BGH, Be- schluss vom 22. Juni 1990 - 3 StR 471/89, BGHR AO § 370 Abs. 3 Nr. 1 Eigennutz 3 mwN).
25
cc) Diesen Anforderungen wird die Würdigung des Gewinnstrebens des Angeklagten durch das Landgericht nicht gerecht.
26
(1) Allerdings ist es - entgegen der Auffassung der Revision - nicht zu beanstanden, dass das Landgericht dem sehr großen Ausmaß der hinterzogenen Steuer indizielle Wirkung für die Annahme eines grob eigennützigen Verhaltens des Täters beigemessen hat. Denn der Umfang der verkürzten Steuern lässt je nach den Umständen des Einzelfalls Rückschlüsse auf das Maß des Gewinnstrebens des Täters zu (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. Juni 1990 - 3 StR 471/89, BGHR AO § 370 Abs. 3 Nr. 1 Eigennutz 3, und vom 13. Januar 1993 - 5 StR 466/92, wistra 1993, 109). Auch durfte das Landgericht in den Blick nehmen, dass der Angeklagte zur Entrichtung der Schenkungsteuer finanziell ohne weiteres in der Lage gewesen wäre.
27
(2) Die vom Landgericht vorgenommene Würdigung der Tatumstände kann gleichwohl keinen Bestand haben. Denn das Landgericht hat die Annahme , der Angeklagte habe aus grobem Eigennutz gehandelt, letztlich allein auf die Höhe des dem Angeklagten nach Abzug der geschuldeten Schenkungsteuer noch verbleibenden Rests der Schenkungen gestützt. Es hat dabei entscheidend darauf abgestellt, dass der Angeklagte auch bei Abführung der Steuern „ein sehr reicher Mann“ geblieben wäre und „in Saus und Braus“ hätte leben können (UA S. 15).
28
Der Umstand, dass der Angeklagte in der Lage war, aus legal durch Schenkungen erworbenem Vermögen die Schenkungsteuer ohne Einbußen in seiner Lebensführung zu entrichten (vgl. dazu BGH, Urteil vom 7. Februar 2012 - 1 StR 525/11, BGHSt 57, 123, 132), belegt groben Eigennutz für sich allein indes nicht. Zudem kommt es für die Frage, ob der Angeklagte aus grobem Eigennutz gehandelt hat, nicht auf die Höhe der erhaltenen Schenkungen an. Entscheidend ist vielmehr, ob sich der Angeklagte gerade hinsichtlich der verkürzten Steuern von besonders anstößigem Gewinnstreben hat leiten lassen. Hierzu hätte das Landgericht eine Gesamtbetrachtung aller Umstände, die für die Beurteilung des Maßes des Gewinnstrebens des Angeklagten von Bedeutung sein konnten, vornehmen müssen. Zu diesen Umständen gehören neben den vom Täter gezogenen Vorteilen auch Art, Häufigkeit und Intensität der Tatbegehung sowie des Verwendungszwecks der erlangten Vorteile. An einer solchen Gesamtbetrachtung fehlt es hier. Feststellungen zur Handlungsmotivation des Angeklagten, etwa Geldgier, fehlen gänzlich. Somit ist die Wertung des Landgerichts, der Angeklagte habe aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Steuern hinterzogen und daran anknüpfend die Annahme besonders schwerer Fälle der Steuerhinterziehung i.S.v. § 370 Abs. 3 Satz 1 AO nicht rechtsfehlerfrei begründet.
29
dd) Der Senat kann nicht ausschließen, dass der Strafausspruch zum Nachteil des Angeklagten auf der rechtsfehlerhaften Begründung der Strafrahmenwahl beruht. Zwar liegt bei sehr hohen Hinterziehungsbeträgen die Annahme eines besonders schweren Falles gemäß § 370 Abs. 3 Satz 1 AO auch dann nicht fern, wenn ein Regelbeispiel nach der zur Tatzeit geltenden Fassung nicht gegeben ist (vgl. BGH, Urteil vom 21. August 2012 - 1 StR 257/12, Rn. 29, wistra 2013, 28; Beschluss vom 22. September 2008 - 1 StR 323/08, Rn. 22, NJW 2009, 690). Auch die Annahme eines unbenannten besonders schweren Falles der Steuerhinterziehung bedürfte jedoch einer fehlerfreien Gesamtwürdigung aller bestimmenden Strafzumessungserwägungen durch das Tatgericht, an der es hier gerade fehlt. Es bedarf daher einer neuen tatrichterlichen Strafzumessung.
30
4. Die aufgezeigten Mängel betreffen weder die Feststellungen zum Wert der Schenkungen noch die auf dieser Grundlage festgestellte Höhe der hinterzogenen Steuern (Schuldumfang). Da diese Feststellungen auch sonst rechtsfehlerfrei sind, können sie bestehen bleiben.
31
5. Hinsichtlich der bisher unterbliebenen Festsetzung des Anrechnungsmaßstabs für Auslieferungshaft weist der Senat auf die Ausführungen des Generalbundesanwalts hin.
Wahl RiBGH Rothfuß ist urlaubs- Graf abwesend und daher an der Unterschrift gehindert. Wahl Jäger Zeng

(1) In den in § 370 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 bis 6 genannten Fällen besonders schwerer Steuerhinterziehung beträgt die Verjährungsfrist 15 Jahre; § 78b Absatz 4 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend.

(2) Die Verjährung der Verfolgung einer Steuerstraftat wird auch dadurch unterbrochen, dass dem Beschuldigten die Einleitung des Bußgeldverfahrens bekannt gegeben oder diese Bekanntgabe angeordnet wird.

(3) Abweichend von § 78c Absatz 3 Satz 2 des Strafgesetzbuches verjährt in den in § 370 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 bis 6 genannten Fällen besonders schwerer Steuerhinterziehung die Verfolgung spätestens, wenn seit dem in § 78a des Strafgesetzbuches bezeichneten Zeitpunkt das Zweieinhalbfache der gesetzlichen Verjährungsfrist verstrichen ist.

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht der Staatsanwaltschaft, dem Privatkläger und dem Beschuldigten zu. Den zur Ablehnung Berechtigten sind auf Verlangen die zur Mitwirkung bei der Entscheidung berufenen Gerichtspersonen namhaft zu machen.

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.

(1) Wird die Ablehnung nicht als unzulässig verworfen, so entscheidet über das Ablehnungsgesuch das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung.

(2) Wird ein richterliches Mitglied der erkennenden Strafkammer abgelehnt, so entscheidet die Strafkammer in der für Entscheidungen außerhalb der Hauptverhandlung vorgeschriebenen Besetzung.

(3) Wird ein Richter beim Amtsgericht abgelehnt, so entscheidet ein anderer Richter dieses Gerichts. Einer Entscheidung bedarf es nicht, wenn der Abgelehnte das Ablehnungsgesuch für begründet hält.

(4) Wird das zur Entscheidung berufene Gericht durch Ausscheiden des abgelehnten Mitglieds beschlußunfähig, so entscheidet das zunächst obere Gericht.

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht der Staatsanwaltschaft, dem Privatkläger und dem Beschuldigten zu. Den zur Ablehnung Berechtigten sind auf Verlangen die zur Mitwirkung bei der Entscheidung berufenen Gerichtspersonen namhaft zu machen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 7 2 6 / 1 3
vom
8. Mai 2014
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Untreue
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Mai 2014 beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 8. April 2013 mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Untreue jeweils zu Freiheitsstrafen von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ihre dagegen gerichteten , mit Verfahrensbeanstandungen und mit der Sachrüge begründeten Revisionen haben mit jeweils auf Verletzung von § 24 Abs. 1 und 2, § 338 Nr. 3 StPO gestützten Verfahrensrügen Erfolg. Auf die geltend gemachten sachlichrechtlichen Beanstandungen kommt es daher nicht an.
2
1. Den Rügen liegt jeweils folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
3
Am 14. Dezember 2012, dem elften von insgesamt 24 Hauptverhandlungstagen , verkündete der Vorsitzende von den Berufsrichtern der Strafkammer beschlossene, jeweils auf den Haftgrund der Fluchtgefahr gestützte Haftbefehle gegen die Angeklagten. Für den Angeklagten S. sah das Landgericht diesen Haftgrund u.a. in der zu erwartenden langjährigen Freiheitsstrafe sowie „dringende(n) Anhaltspunkte(n) für weitere, gravierende Straftaten“, bzgl. derer ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren aber noch nicht eingeleitet war, begründet. Weiterhin wird in dem Haftbefehl ausgeführt, der Angeklagte S. erkenne nunmehr, dass eine langjährige Vollzugsstrafe näher rücke.
Vor diesem Hintergrund sei auch „sein bisheriges, auf Konfrontation angelegtes Prozessverhalten zu würdigen“. Dieses lege nahe, dass der Angeklagte alles unternehmen werde, um eine Verurteilung zu vermeiden.
4
In Bezug auf den Angeklagten Dr. I. stützte das Landgericht die Fluchtgefahr u.a. auf die hohe Straferwartung und - wie bei dem Angeklagten S. - auf den dringenden Verdacht weiterer gewichtiger Straftaten. Vor allem führte es in dem Haftbefehl aus, der Angeklagte sei zwar zu allen bisher zehn Hauptverhandlungsterminen erschienen. Der Umstand jedoch, dass er nunmehr einen Verteidigerwechsel herbeigeführt habe, lasse zusammen mit dem bisherigen Verlauf der Beweisaufnahme „ernsthaft befürchten“, der Angeklagte wolle dem Verfahren „bis zu seinem Abschluss nicht freiwillig beiwohnen“.
5
Hinsichtlich beider Angeklagter bezogen sich die Haftbefehle nicht lediglich auf einen dringenden Tatverdacht bzgl. der später zum Schuldspruch führenden Untreue, sondern erfassten auf der Grundlage der zum Hauptverfahren zugelassenen Anklage weitere Tatvorwürfe, u.a. verschiedene Betrugstaten, Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt sowie Insolvenzdelikte.
6
Mit Anträgen ihrer Verteidiger lehnten beide Angeklagte im Anschluss an die Verkündung der Haftbefehle die berufsrichterlichen Mitglieder der Strafkammer wegen der Besorgnis der Befangenheit, vor allem im Hinblick auf die jeweiligen Begründungen für den Haftgrund der Fluchtgefahr, ab. Der Verteidiger des Angeklagten S. machte geltend, die Ausführungen der Strafkammer zum Haftgrund der Fluchtgefahr seien floskelhaft und willkürlich. Ausführungen zu den konkreten Ergebnissen der bisherigen Beweisaufnahme fehlten. Für den Angeklagten Dr. I. führte sein neuer Verteidiger, Rechtsanwalt R. aus, es fehle in dem „aus heiterem Himmel“ erlassenen Haftbefehl an Angaben darüber, aufgrund welcher konkreten Ergebnisse der bisherigen Beweisaufnahme sich die Anklagevorwürfe erhärtet hätten. Soweit die Strafkam- mer die Fluchtgefahr auf den „plötzlichen Verteidigerwechsel“ stütze, habe Rechtsanwalt R. dem Vorsitzenden telefonisch bereits am 12. Dezember 2012 mitgeteilt, dass er (Rechtsanwalt R. ) in die Sache ausreichend eingearbeitet sei und keinen Aussetzungsantrag stellen werde. Dies bestätigte er schriftlich in einem per Telefax übersandten Schriftsatz.
7
Die berufsrichterlichen Mitglieder des erkennenden Gerichts gaben auf die Anträge hin dienstliche Erklärungen ab. Der Vorsitzende führte unter näherer Darlegung aus, in den Befangenheitsanträgen würden die bisherigen Beweisergebnisse selektiv und einseitig wiedergegeben. Im Übrigen hätten die Haftbefehle nichts mit einer Abstrafung der Angeklagten für prozessual zulässiges Verhalten zu tun. Es zeichne sich aber immer deutlicher ab, dass die Angeklagten mit langjährigen Freiheitsstrafen zu rechnen hätten und neben den verfahrensgegenständlichen Vorwürfen gravierende neue Tatsachen auftauchten , die das Verhalten der Angeklagten in einem negativeren Licht erscheinen ließen. Die beisitzende Richterin stellte in ihrer den Angeklagten Dr. I. betreffenden Stellungnahme ebenfalls eine Abstrafung für den vorgenommenen Verteidigerwechsel in Abrede. Dieser Wechsel am elften Verhandlungstag nach Durchführung einer umfassenden Beweisaufnahme lasse aber in der Zu- sammenschau mit deren bisherigen Ergebnissen darauf schließen, „daß die Wahl eines neuen Verteidigers nicht der Wahrung seiner Verfahrensrechte, sondern dazu dient, das Verfahren - etwa durch Aussetzungsanträge - ‚platzen‘ zu lassen.“ Die dienstliche Stellungnahme des weiteren Beisitzers erschöpfte sich in einer Bezugnahme auf die Begründung der Haftbefehle, die er mittrage.
8
Mit Beschluss vom 17. Dezember 2012 wies die Strafkammer, ohne die Mitwirkung der abgelehnten Richter, die Befangenheitsanträge der Angeklagten als unbegründet zurück. Zwischenentscheidungen im laufenden Verfahren begründeten die Befangenheit der beteiligten Richter erst dann, wenn die darin geäußerte Rechtsansicht völlig unhaltbar sei oder den Anschein von Willkür erwecke. Dies sei vorliegend auch für den Haftgrund der Fluchtgefahr nicht der Fall. Bezüglich beider Angeklagter ergebe sich aus den Haftbefehlen nicht, dass das Bestehen von Fluchtgefahr aus der Wahrnehmung prozessualer Rechte durch die Angeklagten hergeleitet werde. Insoweit handele es sich jeweils lediglich um eines von mehreren für die Beurteilung der Fluchtgefahr herangezogenen Kriterien.
9
Auf die Beschwerden der Angeklagten hin hob das Oberlandesgericht München die Haftbefehle wegen Fehlens eines Haftgrundes auf. Fluchtgefahr bestehe nicht. Der Wechsel seines Pflichtverteidigers durch den Angeklagten Dr. I. sei ein prozessual zulässiges Verhalten, durch das im Übrigen auch keinerlei Verzögerung des Verfahrens eingetreten sei. Das Verteidigungsverhalten des Angeklagten S. , selbst wenn es als Konfliktverteidigung bezeichnet werden könne, sei ebenfalls prozessual zulässig. Zudem hätten sich die beiden Angeklagten in Kenntnis der gegen sie erhobenen Vorwürfe und des durch die Staatsanwaltschaft bereits vor Beginn der Hauptverhandlung angebrachten Haftbefehlsantrags dem Verfahren stets gestellt. Der Ausgang des erst am 17. Dezember 2012 und damit nach Erlass des Haftbefehls eingeleiteten weiteren Ermittlungsverfahrens gegen die Angeklagten sei noch völlig ungewiss.

10
2. Die Verfahrensrügen greifen durch. Die drei berufsrichterlichen Mitglieder der Strafkammer haben an dem angefochtenen Urteil mitgewirkt, obwohl sie wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt worden waren und die Ablehnungsgesuche jeweils zu Unrecht abgelehnt worden sind. Aus Sicht beider Angeklagter lag bei objektiver Beurteilung ein Grund vor, der geeignet war, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der abgelehnten Richter zu rechtfertigen (§ 24 Abs. 2 StPO).
11
a) Die Besorgnis der Befangenheit eines Richters ist bei dem Ablehnenden gegeben, wenn er bei einer verständigen Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zu der Annahme hat, der Richter nehme ihm gegenüber eine innere Haltung ein, die die gebotene Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann (st. Rspr.; BGH, Urteile vom 10. November 1967 - 4 StR 512/66, BGHSt 21, 334, 341; vom 9. Juli 2009 - 5 StR 263/08 [insoweit in BGHSt 54, 39 ff. nicht abgedruckt]). Maßstab für die Beurteilung dieser Voraussetzungen ist ein vernünftiger (BGH, aaO, BGHSt 21, 334, 341; BGH, Urteil vom 13. März 1997 - 1 StR 793/96, BGHSt 43, 16, 18 mwN) bzw. verständiger Angeklagter (BGH, Beschluss vom 8. März 1995 - 5 StR 434/94, BGHSt 41, 69, 71; siehe auch BGH, Beschluss vom 18. November 2008 - 1 StR 541/08, NStZ-RR 2009, 85 f.).
12
Knüpft die Besorgnis der Befangenheit an eine den Verfahrensgegenstand betreffende Vorbefassung der abgelehnten Richter - wie hier die Mitwirkung an den Haftbefehlen gegen die Angeklagten - an, ist jenseits gesetzlicher Ausschließungsgründe (vgl. etwa § 22 Nr. 4 und 5; § 23 StPO) dieser Umstand als solcher regelmäßig nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen , wenn und soweit nicht besondere Umstände hinzutreten (st. Rspr.; siehe nur BGH, Urteil vom 30. Juni 2010 - 2 StR 455/09, NStZ 2011, 44, 46 Rn. 23 mwN). Rechtsfehler in Entscheidungen bei Vorbefassung mit dem Verfahrensgegenstand können für sich genommen eine Ablehnung der mitwirkenden Richter grundsätzlich nicht begründen (BGH, Urteil vom 12. November 2009 - 4 StR 275/09, NStZ 2010, 342 f.; Cirener in BeckOK-StPO, Ed. 18, § 24 Rn. 15 mwN); etwas Anderes gilt jedoch, wenn die von den abgelehnten Richtern getroffene Entscheidung bzw. die darin zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung sich als rechtlich völlig abwegig erweist oder gar als willkürlich erscheint (BGH, Beschluss vom 10. September 2002 - 1 StR 169/02, BGHSt 48, 4, 8; Urteil vom 12. November 2009 - 4 StR 275/09, NStZ 2010, 342 f.; Scheuten in KK-StPO, 7. Aufl., § 24 Rn. 8). Besondere Umstände können aber auch dann gegeben sein, wenn sich aus der Art und Weise der Begründung von Zwischenentscheidungen die Besorgnis der Befangenheit ergibt (vgl. Cirener in BeckOK-StPO, aaO, § 24 Rn. 15).
13
b) Nach diesen Maßstäben, die im rechtlichen Ausgangspunkt auch das Landgericht bei seiner Entscheidung über die Befangenheitsanträge zugrunde gelegt hat, konnten die Angeklagten bei verständiger Würdigung davon ausgehen , dass ihnen die abgelehnten Richter nicht (mehr) unvoreingenommen und unparteilich gegenüberstanden, nachdem sie am elften Verhandlungstag Haftbefehle mit den unter 1. dargestellten Inhalten gegen die Angeklagten erließen und an diesen auch im Rahmen des Beschwerdeverfahrens festhielten.
14
Dabei kommt es nicht darauf an, ob sich bereits der Erlass der Haftbefehle während der laufenden Hauptverhandlung als solcher unter den konkreten Umständen als unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt begründbar und damit als zumindest objektiv willkürlich erweist. Denn jedenfalls die für das Vorliegen des Haftgrundes der Fluchtgefahr angeführten Erwägungen sind hin- sichtlich beider Angeklagter rechtlich in keiner Weise tragfähig und begründen deshalb die Besorgnis der Befangenheit.
15
„Fluchtgefahr“ im Sinne von § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO besteht dann, wenn die Würdigung der konkreten Umstände des Falls es wahrscheinlicher macht, dass der Angeklagte sich dem Verfahren entzieht, als dass er sich zur Durchführung des Verfahrens zur Verfügung hält (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 112 Rn. 17 mwN). Das Sich-Entziehen durch den Angeklagten knüpft an Verhaltensweisen an, die bewirken, dass der Fortgang des Strafverfahrens dauerhaft oder zumindest vorübergehend durch Aufhebung der Bereitschaft des Angeklagten verhindert wird, sich für Ladungen oder Vollstreckungsmaßnahmen zur Verfügung zu stellen (Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 112 Rn. 18).
16
Die in den Haftbefehlen gegen die Angeklagten angeführten Begründungen enthalten keine Gesichtspunkte, die die vorgenannten Voraussetzungen der Fluchtgefahr stützen könnten, nachdem sich beide Angeklagten an den ersten zehn Verhandlungstagen dem Verfahren gestellt und den Ladungen Folge geleistet hatten.
17
aa) In dem Haftbefehl gegen den Angeklagten Dr. I. stellen die abgelehnten Richter für die nunmehr bestehende Fluchtgefahr ausdrücklich auf den Umstand ab, dass er einen Verteidigerwechsel herbeigeführt habe. Aus welchen Gründen das prozessual zulässige Verhalten der Wahl eines neuen Verteidigers einen Schluss auf die Bereitschaft des Angeklagten gestatten soll, sich wie bisher dem Verfahren zu stellen, lässt sich dem Haftbefehl nicht entnehmen und ist auch außerhalb dessen nicht ersichtlich. Das gilt erst recht vor dem Hintergrund der von dem neuen Wahlverteidiger gegenüber dem Vorsitzenden mündlich und schriftlich vor dem Erlass des Haftbefehls abgegebenen (retrospektiv eingehaltenen) Zusicherung, in die Sache eingearbeitet zu sein und keine Aussetzungsanträge zu stellen. Zwar wird in der Begründung des Haftbefehls auch ausgeführt, das Ergebnis der bisherigen Beweisaufnahme lasse „ernsthaft befürchten, dass der Angeklagte dem Verfahren bis zu seinem Abschluss nicht freiwillig beiwohnen will“. Diese Bewertung stützen die abgelehnten Richter aber wiederum lediglich darauf, die bisherige Beweisaufnahme habe „die Anklagevorwürfe in vielen Bereichen erhärtet“. Die Ergebnisse der Beweisaufnahme werden jedoch nicht näher ausgeführt, so dass bereits nicht ersichtlich ist, inwieweit sich für die Beurteilung der Fluchtgefahr relevante Änderungen der Umstände für die Angeklagten ergeben haben sollen. Vor allem aber verknüpfen die drei abgelehnten Richter in dem Haftbefehl die Ergebnisse der „bisherigen Beweisaufnahme“ und die Erkenntnis des Angeklagten, eine langjährige Freiheitsstrafe rücke näher, in einer nicht erläuterten und in der Sa- che nicht nachvollziehbaren Weise mit dem „plötzlichen Verteidigerwechsel“. Warum der zulässige Wechsel zu einem in die Sache bereits eingearbeiteten neuen Verteidiger ein auf den angeblichen Willen des Angeklagten Dr. I. , sich dem Verfahren zukünftig nicht mehr zu stellen, hindeutender Umstand sein soll, ist nicht erklärlich und wird seitens der abgelehnten Richter weder in der Haftbefehlsentscheidung noch in ihren dienstlichen Erklärungen erklärt.
18
Die Art und Weise der Begründung des gegen den Angeklagten Dr. I. ergangenen Haftbefehls begründet damit die Besorgnis der Befangenheit der an diesem beteiligten Richter. Gemessen am Maßstab des verständigen Angeklagten konnte der Angeklagte Dr. I. den Eindruck haben, die abgelehnten Richter würden ihm nicht mehr unvoreingenommen gegenüberstehen , nachdem sie zulässiges prozessuales Verhalten als wesentlichen Gesichtspunkt herangezogen haben, um den Haftgrund der Fluchtgefahr zu begründen. Ein vernünftiger Angeklagter konnte angesichts der gegebenen Begründung zu dem Eindruck gelangen, die abgelehnten Richter hätten die Haftentscheidung getroffen, um damit auf ein ihnen missliebiges, aber prozessual zulässiges Verhalten in Gestalt des Verteidigerwechsels zu reagieren. Eine solche Reaktion der Richter wäre aber mit der gebotenen inneren Haltung der Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit nicht zu vereinbaren.
19
Da die Art und Weise der Begründung der Haftentscheidung die Besorgnis der Befangenheit herbeiführt (vgl. Cirener in BeckOK-StPO, aaO, § 24 Rn. 15), bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob Rechtsfehler in Zwischenentscheidungen die Befangenheit der beteiligten Richter lediglich bei völliger Abwegigkeit oder dem Anschein von Willkür begründen oder ob dieser Maßstab lediglich dafür Bedeutung hat, ob das Ergehen der Zwischenentscheidung als solches - unabhängig von der dafür angeführten Begründung - willkürlich bzw. abwegig ist.
20
bb) Die für das Vorliegen von Fluchtgefahr bei dem AngeklagtenS. in dem gegen ihn ergangenen Haftbefehl angeführten Gründe lösen - wiederum von dem Standpunkt eines verständigen Angeklagten aus beurteilt - ebenfalls die Besorgnis der Befangenheit aus. Die abgelehnten Richter haben in einer der Begründung der Fluchtgefahr bei dem Angeklagten Dr. I. entsprechenden Weise darauf abgestellt, die bisherige Beweisaufnahme habe die Anklagevorwürfe in vielen Bereichen erhärtet. Zudem wird ebenfalls auf dringende Anhaltspunkte für weitere gravierende Straftaten, bezüglich derer aber zum Zeitpunkt des Ergehens des Haftbefehls ein Ermittlungsverfahren noch nicht einmal eingeleitet war, hingewiesen. Entscheidend stellt die Begründung darauf ab, der Angeklagte erkenne nunmehr, dass eine langjährige Freiheitsstrafe nä- her rücke. „Auch vor diesem Hintergrund ist sein bisheriges, auf Konfrontation angelegtes Prozessverhalten zu würdigen.“ Denn es lege nahe, dass der Ange- klagte alles unternehmen werde, um eine Verurteilung zu vermeiden. Zwischen dem nicht näher erläuterten, durch die abgelehnten Richter als konfrontativ bezeichneten Prozessverhalten des Angeklagten S. und den Voraussetzungen der Fluchtgefahr im Sinne von § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO besteht bei der gebotenen Gesamtwürdigung kein erkennbarer Zusammenhang, der eine Verknüpfung von konfrontativem Verhalten im Prozess und der Wahrscheinlichkeit des sich dem Prozess Entziehens tragen könnte. Der Angeklagte hatte sich von Anfang an dem Verfahren gestellt und war an allen bis dahin stattgefundenen Hauptverhandlungsterminen erschienen. Die gegen ihn erhobenen Vorwürfe hatten sich seit dem Beginn der Hauptverhandlung nicht verändert. Auch die in dem Haftbefehl weiter angeführten Erwägungen, der Angeklagte habe Privatinsolvenz angemeldet, lebe von seiner Ehefrau getrennt und habe keinen Wohnsitz im Inland mehr, bestanden bereits bei Beginn des Hauptverfahrens. Trotz dieser Umstände war der Angeklagte zu allen Hauptverhandlungsterminen anwesend. Angesichts dessen lässt die von den abgelehnten Richtern hergestellte Verknüpfung zwischen dem zulässigen Prozessverhalten des Angeklagten und der Begründung von Fluchtgefahr aus der verständigen Sicht des Angeklagten S. befürchten, die abgelehnten Richter missbilligten sein bisheriges Agieren im Strafverfahren und wollten diese Missbilligung durch die Anordnung von Untersuchungshaft zum Ausdruck bringen. Eine solche Art der Reaktion auf zulässiges Prozessverhalten ist vorliegend aber unter keinem denkbaren Gesichtspunkt tragfähig und ließ den Angeklagten besorgen, die Berufsrichter der Strafkammer stünden ihm nicht mehr unvoreingenommen und unparteilich gegenüber.
21
c) Das aufgrund der Begründung der beiden Haftbefehle berechtigte Misstrauen der Angeklagten gegen die Unbefangenheit der abgelehnten Richter ist auch nicht - was möglich wäre (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. Dezember 2007 - 1 StR 301/07, NStZ 2008, 229; vom 22. September 2008 - 1 StR 323/08, NStZ 2009, 159, 160; BGH, Urteil vom 18. Oktober 2012 - 3 StR 208/12, wistra 2013, 155, 156 mwN) - durch die dienstlichen Erklärungen der abgelehnten Richter ausgeräumt worden.
22
Die dienstliche Stellungnahme des beisitzenden Richters erschöpft sich bzgl. beider Angeklagter in der Bezugnahme auf die Begründung der beiden Haftbefehle. Da gerade die für das Vorliegen von Fluchtgefahr angeführten Gründe die Besorgnis der Befangenheit des abgelehnten Richters begründen, kann die auf diese Gründe ausdrücklich verweisende Stellungnahme das berechtigte Misstrauen in die Unvoreingenommenheit von vornherein nicht ausräumen.
23
Die beisitzende Richterin verhält sich in ihrer den Angeklagten S. betreffenden Stellungnahme zu der Verknüpfung zwischen dem im Haftbefehl als konfrontativ bezeichneten Prozessverhalten des Angeklagten und der Fluchtgefahr nicht. Dementsprechend bleibt für den Angeklagten der aus der Begründung des Haftbefehls resultierende Eindruck fehlender Unvoreingenommenheit bestehen. Mit der den Angeklagten Dr. I. betreffenden Stellungnahme verstärkt die beisitzende Richterin diesen Eindruck sogar noch (vgl. zu der Möglichkeit einer solchen Wirkung der dienstlichen Stellungnahme BGH, Urteil vom 18. Oktober 2012 - 3 StR 208/12, wistra 2013, 155, 156). Es wird erneut auf den erfolgten Verteidigerwechsel verwiesen und die Besorgnis geäußert , dieser Wechsel diene angesichts des umfangreichen Aktenmaterials nicht der Wahrung der Verteidigungsrechte des Angeklagten, sondern dazu, das Verfahren - etwa durch Aussetzungsanträge - „platzen“ zu lassen. Eine solche erneute Verknüpfung zwischen prozessual zulässigem Verhalten und der Begründung von Fluchtgefahr bestätigt und intensiviert den Eindruck, die abge- lehnte Richterin wolle ihre Missbilligung des Verhaltens des Angeklagten Dr. I. durch den Erlass des Haftbefehls zum Ausdruck bringen. Das gilt erst recht unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der neue Wahlverteidiger vor Ergehen des Haftbefehls und vor der dienstlichen Stellungnahme versichert hatte, in die Sache eingearbeitet zu sein und keine Aussetzungsanträge zu stellen.
24
Die auf beide Angeklagten bezogene dienstliche Stellungnahme des Vorsitzenden stellt zwar in Abrede, dass die Haftbefehle etwas mit einer „Abstrafung … für prozessual zulässiges Verhalten“ zu tun habe. Damit allein wird der durch die Begründung der Haftbefehle hervorgerufene Eindruck fehlender Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit aber nicht ausgeräumt. Der Vorsitzende verweist nämlich in der Stellungnahme auch darauf, die Tendenz der Angeklagten, „das Verfahren nicht zu einem Abschluss durch Urteilsspruch kommen zu lassen“, sei unverkennbar. Aus der Sicht verständiger Angeklagter kann diese „Tendenz“ wiederum nur aus ihrem Verhalten im Prozess abgeleitet werden. Ist dieses Verhalten aber prozessual zulässig, lässt sich nicht erkennen , wie daraus auf Fluchtgefahr geschlossen werden könne.
RiBGH Dr. Wahl ist im Urlaub und deshalb an der Unterschriftsleistung gehindert. Raum Raum Cirener Radtke Mosbacher

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.

Entscheidungen der erkennenden Gerichte, die der Urteilsfällung vorausgehen, unterliegen nicht der Beschwerde. Ausgenommen sind Entscheidungen über Verhaftungen, die einstweilige Unterbringung, Beschlagnahmen, die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis, das vorläufige Berufsverbot oder die Festsetzung von Ordnungs- oder Zwangsmitteln sowie alle Entscheidungen, durch die dritte Personen betroffen werden.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 461/08
vom
9. Juni 2009
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 9. Juni 2009 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 24. Januar 2008, soweit es ihn betrifft,
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass im Fall II. 3 der Urteilsgründe die Verurteilung wegen tateinheitlich begangenen unerlaubten Führens einer Schusswaffe und erlaubten Munitionsbesitzes entfällt,
b) im Maßregelausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer in Tateinheit mit versuchtem schweren Raub und unerlaubtem Führen einer Schusswaffe und unerlaubtem Munitionsbesitz (Fall II. 3 der Urteilsgründe), wegen schweren Raubes, Verabredung zu einem schweren Raub in Tateinheit mit unerlaubtem Führen einer Schusswaffe und mit unerlaubtem Munitionsbesitz, wegen Missbrauchs von Ausweispapieren sowie wegen Verstoßes gegen § 11 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 95 Abs. 2 Nr. 1 a) und b) Aufenthaltsgesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren verurteilt. Ferner hat es gegen den Angeklagten die Sicherungsverwahrung angeordnet.
Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
2
1. Im Fall II. 3 der Urteilsgründe beruht die Verurteilung wegen tateinheitlich begangenen unerlaubten Führens einer Schusswaffe und unerlaubten Munitionsbesitzes, worauf das Landgericht hingewiesen hat (UA 80), auf einem Versehen und muss daher entfallen. Die in diesem Fall verhängte Einzelstrafe kann jedoch bestehen bleiben, weil das Landgericht bei der Strafzumessung die versehentlich in die Urteilsformel aufgenommenen Verstöße gegen das Waffengesetz ausdrücklich (UA 88/89) nicht berücksichtigt hat.
2. Die Anordnung der Sicherungsverwahrung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat die Anordnung auf § 66 Abs. 1 StGB gestützt. Die bisherigen Feststellungen zu den Vorverurteilungen belegen jedoch nicht, dass der Angeklagte, wie nach § 66 Abs. 1 Nr. 1 StGB erforderlich, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt
worden ist. Zwar sind die Gesamtfreiheitsstrafen aus den Verurteilungen durch das Landgericht Frankfurt/Oder vom 16. September 1999 und durch das Landgericht Berlin vom 4. Dezember 2000 jeweils aus mehreren Einzelfreiheitsstrafen von mehr als einem Jahr gebildet worden. Diese Einzelstrafen gelten aber gemäß § 66 Abs. 4 StGB als eine einzige Verurteilung, weil die Einzelstrafen aus dem Urteil vom 16. September 1999 in die im Wege der nachträglichen Gesamtstrafenbildung nach § 55 StGB durch das Urteil vom 4. Dezember 2000 verhängte Gesamtfreiheitsstrafe einbezogen worden sind (vgl. BGH StV 1982, 420; BGH NStZ-RR 2004, 9, 10). Soweit der Angeklagte vom Landgericht Berlin am 17. Dezember 1991 wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln und unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden ist, kann der Senat nicht überprüfen, ob die Verjährungsregelung des § 66 Abs. 4 Satz 3 und 4 StGB eingreift. Hierzu hätte es der Mitteilung der Einzelstrafen und der Tatzeiten beider Taten bedurft. Zwar
liegt beim Angeklagten auch die Anwendung der Absätze 2 und 3 des § 66 StGB nicht fern. Das Revisionsgericht kann aber die dem Tatrichter insoweit obliegende Ermessensentscheidung nicht selbst treffen (Senat, Beschluss vom 4. September 2008 – 4 StR 378/08). Die Sache bedarf daher insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung.
Tepperwien Athing Solin-Stojanović
Ernemann Franke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 1 3 / 1 3
vom
25. April 2014
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
___________________________
1. Die Aufteilung der Wirtschaftsstrafsachen eines Landgerichts auf zwei Wirtschafts
-strafkammern (§ 74c Abs. 1 GVG) erfordert nicht zwingend, dass der
Geschäfts-anfall an Wirtschaftsstrafsachen für jede der beiden Wirtschaftsstrafkammern
mehr als 50 Prozent beträgt.
2. Mit der Einreichung eines Subventionsantrags gibt der Antragsteller zugleich
die Erklärung ab, dass die geltend gemachten Kosten tatsächlich entstanden
sind und keine verdeckten Zahlungsrückflüsse oder sonstige nicht näher angegebene
Provisionen enthalten.
BGH, Beschluss vom 25. April 2014 - 1 StR 13/13 - LG Potsdam
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. April 2014 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 13. Juni 2012
a) im Strafausspruch im Fall II. 2. der Urteilsgründe (Betrug zum Nachteil der I. ),
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben. 2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Frankfurt /Oder zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges, Untreue sowie Steuerhinterziehung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und acht Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel erzielt mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO), im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

A.


2
I. Nach den Feststellungen des Landgerichts - soweit sie der Verurteilung wegen Betruges zugrunde liegen - plante der Angeklagte die Errichtung eines Tourismusresorts am S. in W. (im Folgenden: „Resort S. “). Die Finanzierung des Projekts sollte zum Teil durch Fördermittel der I. bank des Landes Brandenburg (im Folgenden: I. ) aufgrund der Richtlinie des Landes Brandenburg zur Förderung der gewerbli- chen Wirtschaft im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GA-G) vom 28. Dezember 2001 erfolgen.
3
Zuwendungsempfängerin war die zu diesem Zweck am 8. Mai 2003 gegründete T. mbH (im Folgenden : T. ), an der der Angeklagte mit 24,5 % beteiligt war. Der Angeklagte wurde neben zwei weiteren Personen zum Geschäftsführer bestellt, wobei lediglich der Angeklagte von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit wurde. Nach der internen Aufgabenverteilung fielen das operative Geschäft und insbesondere die finanziellen Belange der Gesellschaft in den Zuständigkeitsbereich des Angeklagten, der als „geistiger Kopf“ die Geschicke der T. lenkte,wo- hingegen die Mitgeschäftsführer keine Kenntnisse über die finanziellen Einzelheiten im Zusammenhang mit der Errichtung des Resorts hatten.
4
Am 15. April 2003 stellte die T. in Gründung bei der I. einen allein vom Angeklagten unterzeichneten Förderantrag für das „Resort S. “. Dabei war von Anfang an vorgesehen, dass die T. die P. GmbH (im Folgenden: P. ), deren Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter der Angeklagte war, mit der schlüsselfertigen Errichtung des Resorts beauftragen sollte. Die P. sollte dann ihrerseits einen Generalunternehmer beauftragen.
5
Ein Entwurf des Förderbescheids der I. vom 22. Dezember 2003 sah neben der Bewilligung von Zuwendungen in Höhe von 9.206.600 € folgende Nebenbestimmung vor: „Nicht zuwendungsfähig sind insbesondere (…). Des Weiteren werden Gebühren oder Gewinnaufschläge derP. P. GmbH nicht gefördert.“
6
Da der Angeklagte beabsichtigte, das von der I. geforderte Eigenkapital von 3,88 Mio. € durch die Gewinne der P. aus der Errichtung des Resorts zu generieren, wandte er sich mit Schreiben vom 14. Januar 2004 an die I. und schlug vor, „die Gebühren und Gewinnaufschläge ausschließlich auf einen Bezug zu verbundenen Unternehmen zu begrenzen und wie folgt zu formulieren : In den ausgewiesenen förderfähigen Bereichen A und B dürfen keine Gebühren und Gewinnaufschläge von verbundenen Unternehmen enthalten sein“.
7
Am 18. März 2004 erließ die I. den Zuwendungsbescheid und bewillig- te bei einem Gesamtinvestitionsvolumen von 38.709.580 € Zuwendungen in Höhe von 9.206.600 €, die je zur Hälfte aus Haushaltsmitteln des Bundes und des Landes Brandenburg bzw. aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung stammten. Der Fördersatz betrug 26,5973643 % der als zu- wendungsfähig eingestuften Investitionen in Höhe von 34.614.708 €, die sich aus Beträgen in Höhe von 1.685.750 € für Grunderwerb, 28.568.451 € für bauliche Investitionen und 4.360.507 € für Einrichtungen bzw. Anlagen zusammensetzten. Der Förderbescheid sah als Nebenbestimmung vor, dass „keine Ge- bühren und Gewinnaufschläge von verbundenen oder sonst wirtschaftlich, rechtlich oder personell verflochtenen Unternehmen enthalten sein“ dürfen. Hinsichtlich der Nebenbestimmung ging die I. von einem eigenen „förderrechtlichen“ Begriff aus, wonach durch eine allgemeiner gefasste Formulierung im endgültigen Zuwendungsbescheid sämtliche Firmen, an denen der Angeklagte beteiligt war, erfasst sein und dadurch verhindert werden sollte, dass deren Gewinne mit öffentlichen Mitteln gefördert werden. Dagegen verstanden die Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, die den Angeklagten berieten, den Begriff des verbundenen Unternehmens im Sinne des Aktienrechts, allerdings ohne den Hintergrund und die Entwicklung vom ersten Entwurf bis zum endgül- tigen Zuwendungsbescheid zu kennen. Im Ergebnis gingen die „Beteiligten“ daher von „unterschiedlichen Begriffsdefinitionen“ aus.
8
Mit notariellem Vertrag vom 10. Dezember 2003 beauftragte die T. die P. mit der schlüsselfertigen Errichtung des Resorts zu einem Netto- kaufpreis von 26.285.201 €. Für Einrichtungsgegenstände wurde ein Preis von 3.565.379 € vereinbart. Die P. beauftragte ihrerseits am 19. Dezember 2003 einen Generalunternehmer zu einem Pauschalpreis von 11.849.137,93 €; daneben beauftragte sie zahlreiche weitere Firmen mit der Bauerrichtung bzw. der Lieferung von Einrichtungsgegenständen. Der Angeklagte machte als Geschäftsführer der P. sowie der Firma K. (im Folgenden: K. ) die Auftragsvergabe an den Generalunternehmer sowie die übrigen Nachunternehmer davon abhängig, dass diese einen Betrag von in der Regel 12,5 % des Umsatzvolumens an den Angeklagten zurückzahlten. Zur Verschleierung dieser Rückzahlungen schloss der Angeklagte über die K. mit den Auftragnehmern Verträge über Provisionszah- lungen ab. Über dieses „Rabattsystem“ verschaffte sich der Angeklagte im Zusammenhang mit der Errichtung des „Resorts S. “ mindestens 2.022.426,60 € netto.
9
Die T. rief die Fördersumme in vier Raten u.a. auf Grundlage von Rechnungen der P. und der K. , deren Geschäftsführer und alleiniger Ge- sellschafter der Angeklagte war, sowie einer Rechnung des Notars H. über netto 189.613 € ab. Die Mittelabrufe wurden jeweils vom Angeklagten sowie den Mitgeschäftsführern unterzeichnet. Weder bei der Antragstellung noch bei den Mittelabrufen teilte der Angeklagte gegenüber der I. das von ihm praktizierte „Rückvergütungssystem“ mit. Die Rechnungen der P. und der K. an die T. legte der Angeklagte ohne Kürzung der I. vor. Darüber hinaus reichte er im Rahmen des vierten Mittelabrufs eine Rechnung des Notars H. über 189.613 € netto ein, der tatsächlich keine Leistungen an die T. zugrunde lagen. Die I. zahlte die Fördersumme in voller Höhe von 9.206.600 € in vier Raten - zuletzt am 9. Juli 2007 - aus.
10
II. Das Landgericht hat das Geschehen als Betrug (im besonders schweren Fall) gemäß § 263 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB gewertet. Der Angeklagte habe die I. bei Antragstellung und Mittelabrufen über die Höhe der tatsächlich entstandenen Investitionskosten getäuscht, die - wie er wusste - aufgrund des von ihm schon vor Antragstellung praktizierten Systems der „Rück- vergütungsabreden“ und der „Scheinrechnungen“ etwa 12,5 % geringer waren. Dies ergebe sich nicht zuletzt aus der vorgenannten Nebenbestimmung, mit der die Förderung von Gewinnaufschlägen zugunsten der vom Angeklagten kontrollierten Unternehmen verhindert werden sollte. Die Mitarbeiter der I. hätten sich daher bei Zuwendungsbewilligung und Auszahlung der Förderung unrichtige Vorstellungen über die tatsächliche Höhe der Investitionskosten gemacht. Bereits bei Erlass des Zuwendungsbescheids sei eine schadensgleiche Vermögensgefährdung eingetreten, die sich durch die Auszahlung der Förderung realisiert habe.
11
Das Landgericht hat einen Schaden in Höhe der gesamten Fördersum- me von 9.206.600 € angenommen. Zwar sei der Förderzweck, wie er in dem Zuwendungsbescheid vom 18. März 2004 festgelegt sei - nämlich die Errich- tung des „Resorts Schwielowsee“- auf den ersten Blick erfüllt. Durch Bestimmung von Fristen, für deren Dauer das geförderte Projekt weiterbetrieben werden müsse, sei jedoch das Kriterium der Nachhaltigkeit zum weiteren Zuwendungszweck gemacht worden. Zwar werde das Resort noch betrieben, dies sei aber nur möglich, weil die finanzierende Bank auf einen großen Teil ihrer Forderungen im Umfang von ca. 18,6 Mio. Euro durch Erlassvertrag verzichtet habe. Durch die öffentliche Hand dürften nur sozialpolitisch förderungswürdige Antragsteller und Projekte gefördert werden. Der Angeklagte, der von vornherein die I. über sein „Rückvergütungssystem“ im Unklaren gelassen habe, habe keinen Anspruch auf die ihm bewilligte Förderung. Da die Förderung per se nicht erfolgt wäre, sei ein Schaden in der Gesamthöhe der Fördermittel von 9.206.600 € entstanden.

B.


12
I. Die Verfahrensrüge, mit der der Angeklagte die nicht vorschriftsmäßige Besetzung der erkennenden Kammer im Hinblick auf einen Verstoß gegen das bei der Bildung von Wirtschaftsstrafkammern geltende Konzentrationsgebot des § 74c Abs. 1 GVG beanstandet (§ 338 Nr. 1 StPO), bleibt ohne Erfolg.
13
1. Der Rüge liegt Folgendes zugrunde:
14
Im Jahr 2011 waren bei dem Landgericht Potsdam zwei Wirtschaftsstrafkammern eingerichtet. Nach dem Geschäftsverteilungsplan entfiel jede im Geschäftsjahr eingehende 3., 6., 9., 13., 16. und 20. erstinstanzliche Wirtschaftsstrafsache auf die erkennende Kammer, während für die übrigen Wirtschaftsstrafsachen erster Instanz sowie die Berufungs- und Beschwerdesachen die andere Wirtschaftsstrafkammer zuständig war. Daneben waren beiden Wirtschaftsstrafkammern auch allgemeine Strafsachen zugewiesen. Nach der Intention des Präsidiums sollte durch diese Aufteilung die ganz überwiegende Zuständigkeit in Wirtschaftsstrafsachen bei der anderen Wirtschaftsstrafkammer liegen, um so deren Befassung mit Wirtschaftsstrafsachen in einem Umfang von mindestens 75 % der Arbeitskraft sicherzustellen. Nach Einschätzung des Präsidiums würde bei der erkennenden Wirtschaftsstrafkammer durch die erfolgte Zuweisung von lediglich einem Drittel der erstinstanzlichen Wirtschaftsstrafsachen ein derartiger Arbeitskraftanteil für Wirtschaftsstrafsachen nicht erreicht werden.
15
Die Revision macht - nachdem bereits am ersten Hauptverhandlungstag am 9. Januar 2012 ein entsprechender Besetzungseinwand erhoben wurde, den das Landgericht mit Beschluss vom 25. Januar 2012 zurückgewiesen hat - eine Verletzung des Konzentrationsgrundsatzes aus § 74c GVG geltend. Anhand der erstinstanzlichen Eingänge ergebe sich für die erkennende Kammer ein Anteil an Wirtschaftsstrafsachen von 21 % im Jahr 2010 bzw. von 36 % im Jahr 2011. Der Anteil liege bei der anderen Wirtschaftsstrafkammer in den Jahren 2010 und 2011 bei jeweils 50 %, so dass im Hinblick auf deren Zuständigkeit auch für Berufungs- und Beschwerdesachen lediglich bei dieser Wirtschaftsstrafkammer ein Schwerpunkt im Bereich der Wirtschaftsstrafsachen gegeben sei. Dieser Kammer sei zudem die Bearbeitung aller eingehenden Wirtschaftsstrafsachen möglich gewesen, wenn ihr nicht in erheblichem Umfang auch allgemeine Strafsachen zugewiesen worden wären.
16
2. Es kann dahinstehen, ob dem Angeklagten im Hinblick darauf, dass die Verfahrensrüge rechtzeitig erhoben und nach dem Revisionsvortrag lediglich infolge eines Versehens die im Rahmen der Verfahrensrüge mitzuteilende Entscheidung des Landgerichts über den Besetzungseinwand vom 8. Februar 2012 nicht übermittelt worden war, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Ergänzung der Verfahrensrüge zu gewähren ist (vgl. BGH, Beschluss vom 29. September 2004 - 1 StR 565/03, wistra 2005, 27), so dass die Verfahrensrüge nunmehr durch Nachholung des Vortrags den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügt. Jedenfalls erweist sich die Verfahrensrüge als unbegründet.
17
Die Geschäftsverteilung des Landgerichts für das Jahr 2011 lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Sowohl die Anzahl der vorhandenen Wirtschaftsstrafkammern als auch die Verteilung der Wirtschaftsstrafsachen zwischen den beiden Kammern stehen im Einklang mit dem Konzentrationsgebot des § 74c GVG.
18
Bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Regelung des Geschäftsverteilungsplans ist - anders als bei Auslegung und Anwendung des Geschäftsverteilungsplans - ein über eine reine Willkürprüfung hinausgehender Maßstab anzulegen, der jede Rechtswidrigkeit der Regelung erfasst. Entsprechend muss die Dokumentation der Präsidiumsentscheidung eine Nachprüfung nach diesem Maßstab ermöglichen (BGH, Urteil vom 9. April 2009 - 3 StR 376/08, BGHSt 53, 268, 275 f.; BVerfG, Beschluss vom 16. Februar 2005 - 2 BvR 581/03, NJW 2005, 2689, 2690). Diesen Anforderungen wird die Geschäftsverteilung des Jahres 2011 gerecht.
19
a) Die Beibehaltung von zwei Wirtschaftsstrafkammern auch im Jahr 2011 ist nicht zu beanstanden.
20
Aufgrund des Konzentrationsgrundsatzes in § 74c GVG darf eine weitere Wirtschaftsstrafkammer nur dann eingerichtet werden, wenn die vorhandene Wirtschaftsstrafkammer voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, den Geschäftsanfall zu bewältigen (BGH, Urteil vom 22. April 1983 - 3 StR 420/82, BGHSt 31, 323, 326; zur selben Problematik bei Schwurgerichten vgl. Urteile vom 9. Februar 1978 - 4 StR 636/77, BGHSt 27, 349, 350 f.; und vom 11. April 1978 - 1 StR 576/77, NJW 1978, 1594). Dabei ist dem Präsidium wegen der Unsicherheiten, die in der Beurteilung des Geschäftsanfalls für ein kommendes Jahr liegen, ein Ermessensspielraum einzuräumen (vgl. für Schwurgerichte BGH, Urteil vom 11. April 1978 - 1 StR 576/77, NJW 1978, 1594; BT-Drucks. 8/1844 S. 33). Die Gründe für die erstmalige Einrichtung einer weiteren Wirtschaftsstrafkammer im Jahr 2010 sind im Protokoll der Präsidiumssitzung vom 8. Dezember 2009 durch Verweis auf die personelle Ausstattung der Kammer und die zu erwartenden Eingänge in Wirtschaftsstrafsachen hinreichend deutlich dokumentiert. Die Beibehaltung einer zweiten Wirtschaftsstrafkammer auch im Jahr 2011 bedurfte bei unverändert gebliebenen Verhältnissen keiner weitergehenden Dokumentation. Anhaltspunkte für eine Änderung der Verhältnisse ergeben sich insbesondere auch nicht aus dem Vorschlag der Vorsitzenden der zweiten Wirtschaftsstrafkammer, für das Geschäftsjahr 2012 alle Wirtschaftsstrafsachen auf diese Kammer zu übertragen, da sich aus dieser Anregung, der das Präsidium nicht gefolgt ist, keine tragfähigen Rückschlüsse auf das Geschäftsjahr 2011 ziehen lassen.
21
b) Auch die Verteilung der Wirtschaftsstrafsachen zwischen den beiden Wirtschaftsstrafkammern hält revisionsrechtlicher Prüfung stand.
22
Zwar würde es nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dem Konzentrationsgrundsatz zuwiderlaufen, Spezialsachen auf alle oder auf mehrere Kammern so zu verteilen, dass kein eindeutiger Zuständigkeitsschwerpunkt mehr besteht (BGH, Urteil vom 29. Mai 1987 - 3 StR 242/86, BGHSt 34, 379, 380; für Schwurgerichte vgl. auch BGH, Urteile vom 9. Februar 1978 - 4 StR 636/77, BGHSt 27, 349; und vom 11. April 1978 - 1 StR 576/77, NJW 1978, 1594). Eine gleichmäßige Verteilung auf zwei Kammern ist aber jedenfalls dann zulässig, wenn der Schwerpunkt der Zuständigkeit eindeutig bei den Wirtschaftsstrafverfahren bleibt (bejaht für einen Anteil von 72 %: BGH, Urteil vom 22. April 1983 - 3 StR 420/82, BGHSt 31, 323, 326; für einen Anteil von 75 %: Urteil vom 29. Mai 1987 - 3 StR 242/86, BGHSt 34, 379, 380 f.; BVerfG, Beschluss vom 2. Juli 1992 - 2 BvR 1197/91). Macht die Überlastung der bislang einzigen Wirtschaftsstrafkammer die Errichtung einer zweiten Wirtschaftsstrafkammer erforderlich, reicht der Geschäftsanfall jedoch nicht aus, um bei beiden Wirtschaftsstrafkammern einen eindeutigen Schwerpunkt bei den Wirtschaftsstrafverfahren zu setzen, ist es auch unter dem Gesichtspunkt des Konzentrationsgrundsatzes nicht zu beanstanden, die Verteilung zwischen den beiden Wirtschaftsstrafkammern in der Weise vorzunehmen, dass eine der Kammern fast ausschließlich mit Wirtschaftsstrafsachen ausgelastet wird und der anderen Kammer lediglich die verbleibenden Wirtschaftsstrafsachen zugewiesen werden. Dabei ist es zulässig, auch der überwiegend für Wirtschaftsstrafsachen zuständigen Kammer einen geringen Anteil an allgemeinen Straf- sachen als "Bodensatz“ zuzuweisen, um ihre Arbeitskraft abzuschöpfen, wenn zeitliche Lücken in den Wirtschaftsstrafverfahren entstehen (vgl. BGH, Urteil vom 29. Mai 1987 - 3 StR 242/86, BGHSt 34, 379, 380).
23
Ergänzend verweist der Senat hinsichtlich der tatsächlichen Auslastung der erkennenden Wirtschaftsstrafkammer, für die nicht auf die Zahl der nach dem Geschäftsverteilungsplan rechnerisch abstrakt zugewiesenen Sachen, sondern auf die Belastung der Strafkammer mit Wirtschaftsverfahren nach ihrer Leistungsfähigkeit abzustellen ist (vgl. BGH, Urteil vom 29. Mai 1987 - 3 StR 242/86, BGHSt 34, 379, 381), auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift.
24
II. Die vom Angeklagten erhobene Verfahrensrüge, an dem Urteil habe ein Richter mitgewirkt, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt worden war und das Ablehnungsgesuch zu Unrecht verworfen worden ist (§ 338 Nr. 3 StPO), hat keinen Erfolg.
25
1. Der Rüge liegt folgender Verfahrensablauf zugrunde:
26
a) Im Juni 2010 beauftragte der Angeklagte Rechtsanwalt Prof. Dr. D. - damals zugleich Mitglied des Deutschen Bundestages - mit seiner Verteidigung und erteilte ihm Vollmacht zur Vertretung im Strafverfahren. Dieser sollte nicht nach außen hin im Verfahren auftreten, sondern koordinierend und beratend im Hintergrund tätig werden, weshalb die Übernahme der Verteidigung nicht gegenüber dem Landgericht angezeigt wurde. Am 20. September 2011 übersandte Rechtsanwalt Prof. Dr. D. dem sich in Untersuchungshaft befindlichen Angeklagten ein nach außen als Verteidigerpost gekennzeichnetes Schreiben. Nachdem der stellvertretende Vorsitzende der Strafkammer eine Frist von einer Woche zum Nachweis des Verteidigungsverhältnisses gesetzt und darauf hingewiesen hatte, dass der Angeklagte bereits durch drei Verteidiger vertreten werde, wies Rechtsanwalt Prof. Dr. D. darauf hin, dass der schriftliche Verkehr mit einem Verteidiger nicht von der Vorlage einer schriftlichen Vollmacht abhängig gemacht werden dürfe. Zugleich versicherte er anwaltlich, über eine Vollmacht zu verfügen und widersprach der Öffnung der Verteidigerpost. Dennoch unterwarf der Vorsitzende das Schreiben der Postkontrolle. Dazu sah er sich ausweislich eines Vermerks vom 14. Oktober 2011 berechtigt und verpflichtet, weil es sich bei dem Schreiben weder um Verteidigerpost noch um Post eines Abgeordneten handele. Eine Vollmacht liege nicht vor, der Angeklagte werde bereits von drei Verteidigern vertreten, ausweislich eines ermittlungsrichterlichen Vermerks sei Rechtsanwalt Prof. Dr. D. nie Verteidiger gewesen; darüber hinaus sprächen auch die äußeren Umstände gegen das Vorliegen eines Verteidigungsverhältnisses. Mit Beschluss vom 17. Oktober 2011 erfolgte die Beschlagnahme des Schreibens wegen möglicher Bedeutung als Beweismittel. An dem Beschlagnahmebeschluss wirkten neben dem Vorsitzenden die beiden an der Hauptverhandlung als Beisitzer teilnehmenden Berufsrichter RiLG We. sowie RinAG Si. mit. Auf die Beschwerde des Angeklagten hob das Brandenburgische Oberlandesgericht mit Beschluss vom 11. Januar 2012 die Beschlagnahme des Schreibens auf.
27
b) Am 4. Januar 2012 beantragte Rechtsanwalt Prof. Dr. D. in seiner „Funktion als Mitglied des Deutschen Bundestages“ zudem die Erteilung einer Besuchserlaubnis. Der Vorsitzende teilte ihm am 13. Januar 2012 mit, dass der Erteilung nichts entgegenstehe, er aber an der Notwendigkeit der Überwachung des Besuches festhalte. Der dagegen gerichteten Beschwerde vom 18. Januar 2012, die von Rechtsanwältin Dr. Sa. nach Rücksprache mit dem Angeklagten erhoben wurde, half der Vorsitzende ab und erteilte am 20. Januar 2012 die Erlaubnis für einen unüberwachten Besuch.
28
c) Am zweiten Hauptverhandlungstag am 25. Januar 2012 lehnte der Angeklagte nach Bekanntgabe des Beschlusses, mit dem der Besetzungseinwand verworfen wurde (vgl. oben B. I.), und noch vor Verlesung der Anklage- schrift den Vorsitzenden wegen „grober Missachtung von Angeklagtenrechten“ im Zusammenhang mit der durchgeführten Briefkontrolle und der Erteilung der Besuchserlaubnis als befangen ab. Nach Mitteilung, dass für die Entscheidung über den Befangenheitsantrag die beisitzenden Richter RiLG We. und RinAG Si. sowie der geschäftsplanmäßige Vertretungsrichter zuständig seien, lehnte der Angeklagte die beisitzenden Richter - gestützt auf ihre Mitwirkung am Beschlagnahmebeschluss - außerhalb der Hauptverhandlung wegen Besorgnis der Befangenheit hinsichtlich der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch gegen den Vorsitzenden ab.
29
Das Ablehnungsgesuch gegen den Vorsitzenden wurde mit Beschluss vom 1. Februar 2012 durch drei Vertretungsrichter zurückgewiesen, ohne dass zuvor über die Befangenheitsanträge gegen die beisitzenden Richter RiLG We. und RinAG Si. entschieden worden wäre. Die Anordnung der Besuchsüberwachung begründe angesichts der Korrektur der Entscheidung die Besorgnis der Befangenheit nicht. Die Durchführung der Postkontrolle sei - wenn überhaupt - mangels Willkür jedenfalls kein derart schwerwiegender Verstoß , als dass er die Besorgnis der Befangenheit rechtfertige. Am 6. Februar 2012 wurde das Ablehnungsgesuch hinsichtlich der beisitzenden RichterRiLG We. und RinAG Si. unter Mitwirkung des Vorsitzenden mit der Begründung zurückgewiesen, die abgelehnten beisitzenden Richter hätten nicht an der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch gegen den Vorsitzenden mitgewirkt. Zudem begründe die Mitwirkung an dem Beschlagnahmebeschluss selbst im Falle der Fehlerhaftigkeit des Beschlusses nicht die Besorgnis der Befangenheit.
30
2. Es kann dahinstehen, ob dem Angeklagten im Hinblick darauf, dass die Verfahrensrüge rechtzeitig erhoben und nach dem Revisionsvortrag lediglich infolge eines Versehens der im Rahmen der Verfahrensrüge mitzuteilende Befangenheitsantrag vom 25. Januar 2012 nicht übermittelt worden war, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Ergänzung der Verfahrensrüge zu gewähren ist (vgl. BGH, Beschluss vom 29. September 2004 - 1 StR 565/03, wistra 2005, 27), so dass die Verfahrens- rüge nunmehr durch Nachholung des Vortrags den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügt. Jedenfalls erweist sich die Verfahrensrüge als unbegründet.
31
a) Es bestehen bereits Bedenken, ob das Ablehnungsgesuch gegen den Vorsitzenden rechtzeitig erhoben wurde.
32
Soweit die Ablehnung auf das Öffnen des als Verteidigerpost gekennzeichneten Schreibens und damit auf ein Geschehen vor Beginn der Hauptverhandlung gestützt wurde, war die Ablehnung gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 StPO nur bis zum Beginn der Vernehmung des Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse zulässig, die ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls am ersten Hauptverhandlungstag am 9. Januar 2012 durch Feststellung der Personalien des Angeklagten erfolgte (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 243 Rn. 11-12; Schneider in KK-StPO, 7. Aufl., § 243 Rn. 18 f.; Becker in Löwe/ Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 243 Rn. 31, 34-35). Das erst am zweiten Hauptverhandlungstag am 25. Januar 2012 gegen den Vorsitzenden erhobene Ablehnungsgesuch war damit grundsätzlich verspätet. Soweit die Ablehnung auf die Anordnung des überwachten Besuches am 13. Januar 2012 und damit auf ein Geschehen nach der Vernehmung des Angeklagten zu seinen persönlichen Verhältnissen gestützt wurde, war gemäß § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StPO die Ablehnung nur zulässig, wenn sie unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, erfolgte. Zwar ist dem Angeklagten eine gewisse Zeit zur Überlegung und Absprache mit dem Verteidiger einzuräumen. Erforderlichenfalls hat er jedoch das Ablehnungsgesuch außerhalb der Hauptverhandlung anzubringen, insbesondere dann, wenn mehrere Werktage zwischen den Hauptverhandlungsterminen liegen (st. Rspr. vgl. nur BGH, Beschluss vom 10. Juni 2008 - 5 StR 24/08 mwN). Danach war auch insoweit das Ablehnungsgesuch grundsätzlich verspä- tet. Denn die Anordnung des überwachten Besuchs war dem Angeklagten spätestens am 18. Januar 2012 (Mittwoch) bekannt geworden, da zu diesem Zeitpunkt seine Verteidigerin nach Rücksprache mit dem Angeklagten Beschwerde gegen die Anordnung des Vorsitzenden einlegte. Zwischen der Kenntniserlangung vom angeblichen Ablehnungsgrund und Anbringung des Ablehnungsgesuchs am 25. Januar 2012 (Mittwoch) lagen damit mindestens fünf Werktage. Der Senat hat Bedenken, ob die Erhebung des Besetzungseinwands am 9. Januar 2012, der mit Beschluss vom 25. Januar 2012 beschieden wurde (vgl. oben B. I.), eine abweichende Beurteilung der Rechtzeitigkeit rechtfertigt. Wollte man eine Vorrangigkeit des Besetzungseinwands annehmen, um so die Besetzung zu klären, in welcher die Hauptverhandlung durchgeführt werden wird, würde diese Entscheidung gerade durch die vermeintlich befangenen Richter getroffen werden.
33
b) Aber selbst bei Annahme der rechtzeitigen Anbringung des Ablehnungsgesuchs wäre der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 3 StPO nicht gegeben. Das Ablehnungsgesuch des Angeklagten gegen den Vorsitzenden wurde im Ergebnis zu Recht verworfen. Dabei kann offen bleiben, ob die Kammer in der Besetzung mit drei Vertretungsrichtern zur Entscheidung über den Befangenheitsantrag berufen war.
34
(1) Zwar ist in Fällen, in denen das Gericht über ein Ablehnungsgesuch in fehlerhafter Besetzung entschieden hat und dadurch das Recht auf den gesetzlichen Richter gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt worden ist, allein deswegen der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 3 StPO gegeben (BVerfG, Beschluss vom 2. Juni 2005 - 2 BvR 625/01 u.a., NJW 2005, 3410, zu § 26a StPO vgl. BGH, Beschlüsse vom 12. Dezember 2008 - 2 StR 479/08, BGHR StPO § 26a Unzulässigkeit 18 mwN; und vom 10. August 2005 - 5 StR 180/05, BGHSt 50, 216, 218). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor, da das Recht auf den gesetzlichen Richter nicht verletzt wurde. Denn ein Verstoß gegen Zuständigkeitsregelungen führt nicht stets, sondern nur dann zu einer Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, wenn die Auslegung der Zuständigkeitsnorm oder ihre Handhabung im Einzelfall willkürlich oder offensichtlich unhaltbar ist oder wenn die richterliche Entscheidung Bedeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie grundlegend verkannt hat. Dagegen liegt bei einer „nur“ schlicht fehlerhaften Anwendung der Zuständigkeitsvorschriften ein Ver- fassungsverstoß nicht vor (vgl. BVerfG aaO S. 3414).
35
(2) Eine die Bedeutung und Tragweite von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkennende Anwendung der Zuständigkeitsregelungen für die Entscheidung über Befangenheitsgesuche lag hier nicht vor. Dabei kann dahinstehen , ob eine Entscheidung über die Befangenheitsgesuche in der Reihenfolge ihrer Einlegung zutreffend war; diese Vorgehensweise erweist sich jedenfalls nicht als willkürlich.
36
In welcher Reihenfolge über mehrere Ablehnungsgesuche zu entscheiden ist, die sich gegen verschiedene Richter eines Spruchkörpers richten, ist nicht eindeutig geklärt. Einigkeit besteht jedenfalls darüber, dass mehrere nacheinander angebrachte und auf unterschiedliche Gründe gestützte Ablehnungsgesuche nacheinander zu bescheiden sind (BGH, Beschluss vom 9. Oktober 1995 - 3 StR 324/94, NStZ 1996, 144; ebenso Siolek in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 27 Rn. 35; Scheuten in KK-StPO, 7. Aufl., § 27 Rn. 3; MeyerGoßner , StPO, 56. Aufl., § 27 Rn. 4). Vorliegend handelt es sich allerdings um einen sukzessiven Eingang von Ablehnungsgesuchen, die auf zueinander in Verbindung stehende Ablehnungsgründe gestützt werden (vgl. hierzu BGH, Beschlüsse vom 27. Oktober 2011 - 5 StR 376/11; vom 26. Januar 2006 - 5 StR 500/05; Cirener in BeckOK-StPO § 27 Rn. 4; zum Streitstand allgemein vgl. Siolek in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 27 Rn. 36).
37
Die Revision sieht - gestützt auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10. November 1967 (4 StR 512/66, BGHSt 21, 334, 337) - für die hier fragliche Konstellation - Ablehnung eines erkennenden Richters und sodann Ablehnung der übrigen erkennenden Richter für die Entscheidung über das Befangenheitsgesuch - ein Rangverhältnis zwischen den Ablehnungsgesuchen dergestalt, dass stets vorrangig eine Entscheidung hinsichtlich der nur für die Entscheidung über das zunächst angebrachte Ablehnungsgesuch abgelehnten Richter herbeizuführen ist. Auch wenn der Senat dieser Rechtsansicht zuneigt (vgl. Cirener in BeckOK-StPO § 27 Rn. 4), erweist sich die Vorgehensweise des Landgerichts, über die Gesuche in der Reihenfolge ihres Eingangs zu entscheiden , nicht als willkürlich.
38
(3) Die dem Senat damit eröffnete Prüfung des Ablehnungsgesuchs nach Beschwerdegrundsätzen ergibt - auch in der Zusammenschau der geltend gemachten Ablehnungsgründe - bei verständiger Würdigung durch den Angeklagten keine die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigende Einstellung des abgelehnten Richters i.S.v. § 24 Abs. 2 StPO (vgl. BGH, Urteile vom 10. November 1967 - 4 StR 512/66, BGHSt 21, 334, 341 und vom 23. Januar 1991 - 3 StR 365/90, BGHR StPO § 24 Abs. 2 Befangenheit 4). Diese Besorgnis lässt sich nicht schon allein mit einer fehlerhaften Sachbehandlung begründen. Verfahrensverstöße, die auf einem Irrtum oder auf einer unrichtigen Rechtsansicht beruhen, stellen grundsätzlich keinen Ablehnungsgrund dar. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die Entscheidungen abwegig sind oder den Anschein der Willkür erwecken (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 10. September 2002 - 1 StR 169/02, BGHSt 48, 4 mwN).
39
(a) Zwar erweist sich das Öffnen des als Verteidigerpost gekennzeichneten Schreibens als rechtsfehlerhaft. Gemäß § 148 StPO unterliegt der Schriftverkehr zwischen dem Angeklagten und seinem Verteidiger - abgesehen von Verfahren, die eine Straftat nach § 129a StGB zum Gegenstand haben - keiner Kontrolle, sofern ein Mandatsverhältnis besteht und das Schriftstück als Verteidigerpost gekennzeichnet ist. Zulässig ist die Kontrolle des Schriftverkehrs nur daraufhin, ob es sich nach den äußeren Merkmalen um Verteidigerpost handelt. Das Öffnen von als Verteidigerpost gekennzeichneten Sendungen ist, auch wenn es nur der Prüfung des Bestehens eines Verteidigungsverhältnisses dienen soll, selbst in Fällen des Missbrauchsverdachts unzulässig (vgl. OLG Rostock, Beschluss vom 16. Januar 2003 - 2 Ws 8/02 mwN; OLG Bremen, Beschluss vom 19. Mai 2006 - Ws 81/06, StV 2006, 650 mwN). Die bestehenden Zweifel an der Verteidigerstellung des Rechtsanwalts Prof. Dr. D. hätten daher lediglich dazu führen dürfen, dass das Schriftstück ungeöffnet hätte zurückgesendet werden müssen (vgl. OLG Rostock, Beschluss vom 16. Januar 2003 - 2 Ws 8/02 mwN; OLG Bremen, Beschluss vom 19. Mai 2006 - Ws 81/06, StV 2006, 650 mwN). Haben sich - wie hier - bereits drei Verteidiger für den Angeklagten bestellt (vgl. § 137 Abs. 1 Satz 2 StPO), gilt dies jedenfalls bis zur Zurückweisung des Verteidigers gemäß § 146a Abs. 1 Satz 1 StPO (für das Recht auf Akteneinsicht vgl. KG, Beschluss vom 3. Dezember 1997 - 2 Ss 233/97). Auch unterlag der Besuch des Angeklagten durch Rechtsanwalt Prof. Dr. D. in seiner Funktion als Mitglied des Deutschen Bundestages gemäß §§ 119 Abs. 4 Nr. 18, 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StPO i.V.m. § 148 StPO nicht der Überwachung.
40
(b) Diese auf einer unzutreffenden Rechtsansicht beruhende Vorgehensweise des Vorsitzenden ist allerdings nicht geeignet, bei einem verständigen Angeklagten ein Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Vorsitzenden zu rechtfertigen. Der Angeklagte wusste aufgrund seiner mit Rechtsanwalt Prof. Dr. D. getroffenen Vereinbarung einer koordinierenden Beratung im Hintergrund , dass sich dieser nicht gegenüber dem Landgericht legitimiert hatte und dass bereits drei weitere Verteidiger mit dem Verfahren befasst waren. Vor diesem Hintergrund stellt sich das Vorgehen des Vorsitzenden - auch in der Zusammenschau mit der Anordnung des überwachten Besuches - nicht als Versuch dar, den Angeklagten in seiner Verteidigung zu behindern. Zudem hat der Vorsitzende nach Bekanntgabe des Beschlusses des Oberlandesgerichts, mit dem die Beschlagnahme des als Verteidigerpost gekennzeichneten Schreibens aufgehoben wurde, seine - letztlich ebenfalls auf der unzutreffenden Beurteilung der Verteidigerstellung beruhende - Entscheidung hinsichtlich der Besuchsüberwachung umgehend korrigiert und der Beschwerde durch Bewilligung eines unüberwachten Besuchs abgeholfen.
41
III. Auch die übrigen Verfahrensrügen verhelfen der Revision nicht zum Erfolg.
42
1. Hinsichtlich der von der Revision geltend gemachten fehlerhaften Ablehnung des Beweisantrags auf Vernehmung des Mitgeschäftsführers der T. Ti. wegen tatsächlicher Bedeutungslosigkeit gemäß § 244 Abs. 3 StPO schließt der Senat jedenfalls ein Beruhen aus. Gleiches gilt für die als Verstoß gegen § 261 StPO gerügte unterbliebene Auseinandersetzung mit dem in die Hauptverhandlung eingeführten Gesellschaftsvertrag und der Niederschrift über die Gründungsgesellschafterversammlung der T. . Denn der Angeklagte hat im Rahmen seiner als Teilgeständnis gewerteten Einlassung eingeräumt , dass das Projekt ausschließlich auf seine Initiative und seine Arbeit zurückgegangen sei. Er habe die notwendigen Verhandlungen geführt, das Projekt bei den Behörden vorgestellt, dafür geworben, es geplant und die erfor- derlichen Entscheidungen zur Realisierung (z.B. Grundstückskäufe, Firmengründungen ) veranlasst und realisiert. Er habe den Kontakt zum Wirtschaftsministerium und zur I. unterhalten und das Projekt dort vorgestellt, um die För- derung zu erhalten. Auch das „Rückvergütungssystem“ hat der Angeklagte dem Grunde nach eingeräumt. Aus dieser Einlassung ergibt sich bereits die führende Rolle des Angeklagten bei Beantragung und Abwicklung der Förderung. Kenntnis und Mitwirkung der Mitgeschäftsführer der T. könnten allenfalls deren Mittäterschaft oder Teilnahme begründen.
43
2. Hinsichtlich der von der Revision wegen Verstoßes gegen § 244 Abs. 3 StPO als rechtsfehlerhaft gerügten Ablehnung der Vernehmung der Mitarbeiter des Wirtschaftsministeriums Dr. N. und Dr. Kr. sowie des ehemaligen Wirtschaftsministers J. kann dahinstehen, ob es sich mangels hinreichend konkreter Beweisbehauptung überhaupt um Beweisanträge i.S.v. § 244 StPO handelt. Der Senat schließt jedenfalls ein Beruhen aus. Denn für die Betrugsstrafbarkeit des Angeklagten kommt es auf die Auslegung der Nebenbestimmung zum Zuwendungsbescheid betreffend die Förderfähigkeit von Gewinnaufschlägen von verbundenen oder sonst wirtschaftlich, rechtlich oder personell verflochtenen Unternehmen letztlich nicht an (vgl. unten C. II. 1.).

C.


44
I. Die Verurteilung wegen Untreue im Fall II. 3. der Urteilsgründe sowie wegen Steuerhinterziehung in zwei Fällen im Fall II. 4. der Urteilsgründe ist nicht zu beanstanden.
45
II. Auch die Verurteilung wegen Betruges im Fall II. 2. der Urteilsgründe hält hinsichtlich des Schuldspruchs revisionsgerichtlicher Prüfung stand. Dagegen hat der Strafausspruch insoweit keinen Bestand.
46
1. Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei einen Betrug zum Nachteil der I. gemäß § 263 StGB bejaht. Der Angeklagte hat - unabhängig von der Auslegung der Nebenbestimmung des Zuwendungsbescheids betreffend die Förderfähigkeit von Gewinnaufschlägen von verbundenen oder sonst wirtschaftlich , rechtlich oder personell verflochtenen Unternehmen - als (Mit-)Geschäftsführer der Zuwendungsempfängerin T. bei der Antragstellung über subventionsrechtlich erhebliche Preisbestandteile getäuscht.
47
a) Der zwischen der T. und der P. vereinbarte Preis war nicht ordnungsgemäß zustande gekommen. Der Angeklagte war nämlich als Geschäftsführer der T. verpflichtet, gegenüber den Mitgeschäftsführern die ihm selbst zugeflossenen Provisionen offen zu legen. Dies folgt aus den ihm in seiner Rolle als Geschäftsführer der T. obliegenden Pflichten. Als Geschäftsführer musste er die Vermögensinteressen der T. wahrnehmen, was insbesondere das Verbot der Schädigung des Unternehmensvermögens beinhaltete. Dies begründet für den Geschäftsführer nicht nur die Pflicht zur aktiven Förderung der Gesellschaft, die ihn treffende Treuepflicht verwehrt es ihm ebenso, die Ressourcen der Gesellschaft für eigene Zwecke zu verwenden (Oetker in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 2. Aufl., § 35 GmbHG Rn. 15). Kommt es hierbei zu Kollisionen zwischen den Interessen der Gesellschaft und denen des Geschäftsführers, muss der Geschäftsführer solche vermeiden, zumindest aber offenlegen (Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., § 43 Rn. 17). Deshalb muss der Geschäftsführer auch alles tun, um eine Geschäftschance (und sei es nur die Realisierung möglicher Preissen- kungsspielräume) für die Gesellschaft zu nutzen (BGH, Urteil vom 4. Dezember 2012 - II ZR 159/10 Rn. 31, NJW-RR 2013, 363).
48
Es liegt auf der Hand, dass die Rückvergütungen, die von dem Generalunternehmer und den Nachunternehmern an den Angeklagten geflossen sind, für die Preisbildung im Verhältnis zwischen der P. und der T. von entscheidender Bedeutung waren. Der Bundesgerichtshof hat solche Zahlungsflüsse in ständiger Rechtsprechung als schadensbegründend angesehen. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass jedenfalls mindestens der Betrag, den der Vertragspartner für solche Zahlungen leistet, als Nachlass regelmäßig in die Preisgestaltung einfließen wird (BGH, Beschluss vom 11. November 2004 - 5 StR 299/03, BGHSt 49, 313, 332 f.; Urteil vom 2. Dezember 2005 - 5 StR 119/05, BGHSt 50, 299, 314 f.; vgl. auch Raum in Wabnitz/Janovsky, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, 4. Aufl., Kap. IV Rn. 199 f.). Bei der vorliegenden Sachverhaltsgestaltung bestand zwar die Besonderheit, dass der Angeklagte der Alleingeschäftsführer und Alleingesellschafter der P. (GmbH) war, mithin der Vermögensverlust durch die Zahlungsrückflüsse nur das allein ihm zugeordnete Gesellschaftsvermögen der P. betraf. Gleichwohl gelten diese Grundsätze auch hier, weil durch den Pauschalvertrag mit der T. die im Preis enthaltenen verschleierten Rückflussbeträge an diese weiterberechnet wurden. Als Mitgesellschafter und Mitgeschäftsführer dieser Gesellschaft, der gegenüber der Angeklagte aufgrund seiner Geschäftsführerstellung dort zu ausschließlich am Wohl dieser Gesellschaft orientierten unternehmerischen Entscheidungen verpflichtet war, hätte er nicht ohne weiteres einen Preis akzeptieren dürfen, der - wie er wusste - in diesem Umfang Rückflussbeträge an ihn persönlich enthielt. Zumindest hätte er diese aufdecken müssen, was der Angeklagte, weil der Mitgeschäftsführer Ti. nach den Urteilsfeststellungen keinen Überblick über die Finanzinterna hatte, nicht getan hat. Dies wird im Übrigen schon aus seiner verdeckten Vorgehensweise deutlich.
49
b) Der Umstand, dass der Angeklagte als von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäftsführer der T. bereits einen Preis vereinbart hat, der in unzulässiger Weise die an ihn zurückgeflossenen Beträge nicht herausgerechnet hat, wirkt sich im Verhältnis zur I. als Subventionsgeberin aus. Wie für den Angeklagten offensichtlich war, wollte die Subventionsgeberin nur diejenigen Kosten gegenüber der T. in Höhe der Subventionsquote abdecken , die dieser entstanden sind. In diesem Sinne ansatzfähig sind aber nur solche Kosten, welche die T. gegenüber der P. überhaupt nur übernehmen durfte. Soweit an den Angeklagten zurückgeflossene Beträge in die Preisbildung der P. eingegangen sind, war der Angeklagte in seiner Eigenschaft als zugleich weiterer Geschäftsführer der T. nicht berechtigt, diese als Preisbestandteile der T. weiter zu berechnen. Damit stellen jedenfalls die Rückflussbeträge auch keine gegenüber der I. subventionsfähigen Preisbestandteile dar. Dies war dem Angeklagten als erfahrenem Unternehmer bewusst. Deshalb hat er die Zahlungsrückflüsse verdeckt, um sie sowohl der T. als auch mittelbar der I. weiterberechnen zu können.
50
c) Mit der Einreichung des Förderantrags hat der Angeklagte damit konkludent getäuscht. Er hat mit dem Subventionsantrag nämlich sinngemäß erklärt , dass die geltend gemachten Kosten aufwandsgestützt sind. Dies war - ohne dass es auf die Auslegung der Nebenbestimmung über "verbundene Unternehmen" ankäme - aber schon deshalb unrichtig, weil die geltend gemachten Kosten verdeckte Zahlungsrückflüsse an ihn ausgewiesen haben, die damit lediglich zum Schein als subventionsfähiger Aufwand in die Preisbildung eingestellt wurden.

51
2. Das Landgericht hat jedoch mit einem Schaden in Höhe der gesamten Fördersumme von 9.206.600 € einen zu hohen Schuldumfang zugrunde gelegt.
52
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es für das Vorliegen eines Vermögensschadens bei täuschungsbedingter Erlangung von Subventionen darauf an, ob der Subventionszweck erreicht wurde. Bei zweckwidriger Verwendung der Fördermittel entsteht beim Subventionsgeber ein Schaden, der sich daraus ergibt, dass die zweckgebundenen Mittel verringert werden, ohne dass der erstrebte sozialpolitische Zweck erreicht wird. Wird der Subventionszweck jedoch erreicht, führt ein sonstiger Verstoß gegen haushaltsrechtliche Grundsätze nicht ohne weiteres zu einem Vermögensschaden (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Januar 2006 - 5 StR 334/05, NStZ 2006, 624; Urteil vom 30. Juni 1982 - 1 StR 757/81, BGHSt 31, 93 jeweils mwN).
53
b) Das Landgericht hat auf der Grundlage des Zuwendungsbescheids vom 18. März 2004 zutreffend die „Errichtung einer Betriebsstätte des Fremdenverkehrs (‚Resort S. ‘)“ als Subventionszweck angesehen. Soweit das Landgericht darüber hinaus die „Nachhaltigkeit“ zu einem weiteren Subventionszweck erklärt hat, steht dies mit Ziffer 1.2 der Richtlinie des Ministeriums für Wirtschaft zur Förderung der gewerblichen Wirtschaft im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“- GA - vom 28. Dezember 2001 im Einklang. Danach liegt eine Mittelverwendung für den Zuwendungszweck nur dann vor, wenn das Investitionsvorhaben bis zum Ende des im Zuwendungsbescheid bestimmten Investitionszeitraums verwirklicht und die geförderte Betriebsstätte für mindestens fünf Jahre über diesen Zeitpunkt hinaus betrieben wurde.
54
Entgegen der Auffassung des Landgerichts wurde der Subventionszweck durch dieErrichtung und den andauernden Betrieb des „Resorts S. “ erreicht.Soweit das Landgericht darauf abstellt, die T. habe wegen des durch den Angeklagten verschwiegenen „Rückvergütungssystems“ keinen Anspruch auf die bewilligte Förderung gehabt, verkennt es, dass die derT. bei Errichtung des Resorts entstandenen Aufwendungen grundsätzlich förderfähig waren, da sie bei der Verfolgung des Subventionszwecks angefallen sind. Soweit das Landgericht den Subventionszweck der Nachhaltigkeit deshalb als nicht erreicht ansieht, weil das Projekt nur aufgrund eines Verzichts der finanzierenden Bank auf Ansprüche in einem Umfang von ca. 18 Millionen Euro weiterhin Bestand habe, rechtfertigt dies nicht die Annahme eines Schadens in voller Höhe der Fördersumme. Die Gründe, aus denen das Resort weiterhin betrieben wird, sind für das Erreichen des Subventionszwecks unerheblich.
55
Als Betrugsschaden ist jedoch nicht der gesamte ausbezahlte Förderbetrag anzusehen, sondern lediglich der Anteil der Fördersumme, der von dem Subventionsgeber zu viel geleistet wurde (BGH, Beschluss vom 26. Januar 2006 - 5 StR 334/05, NStZ 2006, 624).
56
c) Die rechtsfehlerhafte Bestimmung der Schadenshöhe berührt den Schuldspruch nicht; der Senat schließt aus, dass kein Vermögensschaden im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB entstanden ist.
57
Die Fördersumme wurde aufgrund der fehlenden Offenlegung der der P. bzw. der K. gewährten Rückflüsse zu hoch festgesetzt. Die Förderung erfolgte in Form einer Anteilsfinanzierung der zuwendungsfähigen Investitionskosten. Entsprechend wirkte sich die Höhe der im Antrag geltend gemachten förderfähigen Investitionskosten unmittelbar auf die Höhe der bewilligen Fördersumme aus.
58
Die mit der T. vereinbarten Auftragssummen beruhen auf einer nicht ordnungsgemäßen Preisgestaltung. Die bei Antragstellung gegenüber der I. angegebenen voraussichtlichen Investitionskosten sind zumindest um den Betrag der Rückflüsse überhöht. Jedenfalls in dieser Höhe wären günstigere Vertragsabschlüsse durch die T. möglich gewesen. Ein Betrugsschaden ist damit jedenfalls in Höhe der auf die Rückflüsse entfallenden Subventionsquote entstanden.
59
Der Umstand, dass letztlich die Gesamtsumme der bei den Mittelabrufen geltend gemachten Aufwendungen die Summe der im Antrag bezeichneten Investitionskosten, die der Festsetzung der Fördersumme zugrunde gelegt wurden, überstiegen hat, steht dem nicht entgegen. Nach Antragstellung anfallende Mehrkosten sind - jedenfalls ohne erneuten Antrag beim Subventionsgeber - nicht zuwendungsfähig und haben daher bei Ermittlung des Betrugsschadens außer Betracht zu bleiben.
60
3. Entgegen der Auffassung der Revision ist keine (teilweise) Verjährung eingetreten. Das Landgericht ist zu Recht von einer einheitlichen Betrugstat ausgegangen. Der Vorsatz des Angeklagten war von Anfang an auf die Erlangung einer überhöhten Fördersumme ausgerichtet. Bereits der Antrag enthielt unzutreffende Angaben zur Höhe der voraussichtlichen Investitionskosten, die auch dem Zuwendungsbescheid zugrunde gelegt wurden. Die Mittelabrufe stellen sich lediglich als Fortsetzung des bereits durch Antragstellung und Erwirkung des Zuwendungsbescheids vollendeten, aber noch nicht beendeten Betrugs dar (vgl. für § 264 StGB: BGH, Beschluss vom 1. Februar 2007 - 5 StR 467/06). Die fünfjährige Verjährungsfrist (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB) beginnt nach § 78a StGB mit Beendigung der Tat. Beendet ist der Betrug mit Erlangung des letzten vom Tatvorsatz umfassten Vermögensvorteils (vgl. Fischer, StGB, 61. Aufl., § 78a Rn. 8a mwN). Die Auszahlung der restlichen Fördersumme erfolgte am 9. Juli 2007, so dass durch Erlass der Durchsuchungsbeschlüsse vom 28. April 2010 die Verjährung gemäß § 78c Abs. 1 Nr. 4 StGB rechtzeitig unterbrochen wurde.
61
4. Die fehlerhafte Bestimmung des Schuldumfangs führt zur Aufhebung des Strafausspruchs im Fall II. 2. der Urteilsgründe (Einsatzstrafe von fünf Jahren ). Die hierzu für sich genommen rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hebt der Senat nicht auf, da sie von dem (rechtlichen) Wertungsfehler bei der Bestimmung des Betrugsschadens nicht betroffen sind.
62
Der Senat schließt aus, dass der Rechtsfehler die für die Untreue (Fall II. 3. der Urteilsgründe) und die beiden Fälle der Steuerhinterziehung (Fälle II. 4.
a) und b) der Urteilsgründe) verhängten Einzelfreiheitsstrafen von zehn Monaten bzw. jeweils sechs Monaten beeinflusst hat. Diese stehen in keinem inneren Zusammenhang mit der Verurteilung wegen Betruges.
63
5. Die Aufhebung des Strafausspruchs im Fall II. 2. der Urteilsgründe zieht die Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe nach sich.

D.


64
1. Der neue Tatrichter hat eigene, ergänzende Feststellungen zu treffen. Er wird bei der nunmehr vorzunehmenden Bestimmung des Betrugsschadens zunächst die im Rahmen des Förderantrags eingereichten Unterlagen daraufhin zu überprüfen haben, ob sie tatsächlich entstandene Aufwendungen betreffen und in die Subventionsentscheidung eingeflossen sind. Hinsichtlich der in die geltend gemachten Positionen eingerechneten Rückflussbeträge sind dieje- nigen Anteile zu bestimmen, die sich im Förderbescheid als zuwendungsfähige Investitionen niedergeschlagen haben.
65
2. Der neue Tatrichter wird zudem gegebenenfalls die Voraussetzungen einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung zu prüfen haben (vgl. UA S. 104). Er wird auch die bisherige Dauer des Verfahrens zu berücksichtigen haben.

E.


66
Der Senat hat von der Möglichkeit der Zurückverweisung an ein anderes Landgericht des Landes Brandenburg Gebrauch gemacht (§ 354 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 StPO).
Raum Wahl Rothfuß
Graf Jäger

(1) Ein abgelehnter Richter hat vor Erledigung des Ablehnungsgesuchs nur solche Handlungen vorzunehmen, die keinen Aufschub gestatten.

(2) Die Durchführung der Hauptverhandlung gestattet keinen Aufschub; sie findet bis zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch unter Mitwirkung des abgelehnten Richters statt. Entscheidungen, die auch außerhalb der Hauptverhandlung ergehen können, dürfen nur dann unter Mitwirkung des abgelehnten Richters getroffen werden, wenn sie keinen Aufschub gestatten.

(3) Über die Ablehnung ist spätestens vor Ablauf von zwei Wochen und stets vor Urteilsverkündung zu entscheiden. Die zweiwöchige Frist für die Entscheidung über die Ablehnung beginnt

1.
mit dem Tag, an dem das Ablehnungsgesuch angebracht wird, wenn ein Richter vor oder während der Hauptverhandlung abgelehnt wird,
2.
mit dem Tag des Eingangs der schriftlichen Begründung, wenn das Gericht dem Antragsteller gemäß § 26 Absatz 1 Satz 2 aufgegeben hat, das Ablehnungsgesuch innerhalb der vom Gericht bestimmten Frist schriftlich zu begründen.
Findet der übernächste Verhandlungstag erst nach Ablauf von zwei Wochen statt, so kann über die Ablehnung spätestens bis zu dessen Beginn entschieden werden.

(4) Wird die Ablehnung für begründet erklärt und muss die Hauptverhandlung nicht deshalb ausgesetzt werden, so ist ihr nach der Anbringung des Ablehnungsgesuchs liegender Teil zu wiederholen. Dies gilt nicht für solche Teile der Hauptverhandlung, deren Wiederholung nicht oder nur mit unzumutbarem Aufwand möglich ist.

(1) Wird die Ablehnung nicht als unzulässig verworfen, so entscheidet über das Ablehnungsgesuch das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung.

(2) Wird ein richterliches Mitglied der erkennenden Strafkammer abgelehnt, so entscheidet die Strafkammer in der für Entscheidungen außerhalb der Hauptverhandlung vorgeschriebenen Besetzung.

(3) Wird ein Richter beim Amtsgericht abgelehnt, so entscheidet ein anderer Richter dieses Gerichts. Einer Entscheidung bedarf es nicht, wenn der Abgelehnte das Ablehnungsgesuch für begründet hält.

(4) Wird das zur Entscheidung berufene Gericht durch Ausscheiden des abgelehnten Mitglieds beschlußunfähig, so entscheidet das zunächst obere Gericht.

(1) Ein abgelehnter Richter hat vor Erledigung des Ablehnungsgesuchs nur solche Handlungen vorzunehmen, die keinen Aufschub gestatten.

(2) Die Durchführung der Hauptverhandlung gestattet keinen Aufschub; sie findet bis zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch unter Mitwirkung des abgelehnten Richters statt. Entscheidungen, die auch außerhalb der Hauptverhandlung ergehen können, dürfen nur dann unter Mitwirkung des abgelehnten Richters getroffen werden, wenn sie keinen Aufschub gestatten.

(3) Über die Ablehnung ist spätestens vor Ablauf von zwei Wochen und stets vor Urteilsverkündung zu entscheiden. Die zweiwöchige Frist für die Entscheidung über die Ablehnung beginnt

1.
mit dem Tag, an dem das Ablehnungsgesuch angebracht wird, wenn ein Richter vor oder während der Hauptverhandlung abgelehnt wird,
2.
mit dem Tag des Eingangs der schriftlichen Begründung, wenn das Gericht dem Antragsteller gemäß § 26 Absatz 1 Satz 2 aufgegeben hat, das Ablehnungsgesuch innerhalb der vom Gericht bestimmten Frist schriftlich zu begründen.
Findet der übernächste Verhandlungstag erst nach Ablauf von zwei Wochen statt, so kann über die Ablehnung spätestens bis zu dessen Beginn entschieden werden.

(4) Wird die Ablehnung für begründet erklärt und muss die Hauptverhandlung nicht deshalb ausgesetzt werden, so ist ihr nach der Anbringung des Ablehnungsgesuchs liegender Teil zu wiederholen. Dies gilt nicht für solche Teile der Hauptverhandlung, deren Wiederholung nicht oder nur mit unzumutbarem Aufwand möglich ist.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 A R s 3 5 7 / 1 3
2 A R 2 5 3 / 1 3
vom
12. März 2014
in der Strafsache
gegen
Az.: 69 Js 1083/08 V Staatsanwaltschaft Köln
Az.: 93 Ws 108/13 Generalstaatsanwaltschaft Köln
Az.: 2 Ws 389/13 Oberlandesgericht Köln
hier: Gehörsrüge
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. März 2014 beschlossen:
1. Der Antrag auf Ablehnung der Richter am Bundesgerichtshofs Dr. Appl und Dr. Eschelbach sowie der Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Ott wegen der Besorgnis der Befangenheit wird gemäß § 26a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Satz 1 und 2 StPO als unzulässig verworfen. 2. Der Antrag auf Nachholung rechtlichen Gehörs wird auf Kosten des Beschwerdeführers als unbegründet verworfen.

Gründe:

1
Mit Beschluss vom 5. Dezember 2013 hat der Senat durch die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Appl (als Vorsitzender) und Dr. Eschelbach sowie die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Ott die Beschwerde des Antragstellers als unzulässig zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss hat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 22. Januar, 8. Februar und 22. Februar 2014 Beschwer- de oder „sonstige Rechtsmittel“ eingelegt, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versagung rechtlichen Gehörs beantragt und die Richter, die an dem Beschluss mitgewirkt haben, wegen der Besorgnis der Befangenheit ablehnt.
2
1. Der Ablehnungsantrag wird gemäß § 26a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Satz 1 und 2 StPO als unzulässig verworfen. Den Ausführungen des Beschwerdefüh- rers, die Richter hätten „einseitig und blind“ entschieden, grobe Fehler und ver- bunden damit auch Straftaten begangen, sind sachlich nachvollziehbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines zulässigen Ablehnungsgesuchs nicht zu entnehmen; es werden offensichtlich nur verfahrensfremde Zwecke verfolgt. Im Übrigen ist Richter am Bundesgerichtshof Dr. Appl an weiteren Entscheidungen , welche den Beschwerdeführer betreffen, nicht beteiligt. Eine nachträgliche Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit ist unzulässig.
3
2. Der als Antrag auf Nachholung rechtlichen Gehörs (§ 33a StPO) auszulegende Rechtsbehelf hat keinen Erfolg. Der Senat hat mit seinem Beschluss vom 5. Dezember 2013 die Beschwerde schon deshalb als unzulässig zurückgewiesen , weil gegen Beschlüsse des Oberlandesgerichts Beschwerden grundsätzlich nicht zulässig sind und auch ein in § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 StPO bezeichneter Ausnahmefall nicht vorlag. Bei seiner Entscheidung hat der Senat keinen Verfahrensstoff verwertet, zu denen der Beschwerdeführer nicht gehört wurde. Der entsprechende Antrag des Generalbundesanwalts vom 11. September 2013 ist dem Beschwerdeführer zugeleitet worden, und er hat hierzu mit Schreiben vom 27. November und 2. Dezember 2013 Stellung genommen. Sein Vorbringen wurde vom Senat umfassend zur Kenntnis genommen und bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt.
4
Der Rechtsbehelf dringt auch im Übrigen nicht durch. Ausweislich des Senatshefts haben die zuständigen Richter das Original des Beschlusses vom 5. Dezember 2013 unterzeichnet. Die dem Beschwerdeführer zugegangene Ausfertigung stimmt mit dem Originalbeschluss überein.
Fischer Eschelbach Ott

(1) Die Ablehnung eines erkennenden Richters wegen Besorgnis der Befangenheit ist bis zum Beginn der Vernehmung des ersten Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse, in der Hauptverhandlung über die Berufung oder die Revision bis zum Beginn des Vortrags des Berichterstatters, zulässig. Ist die Besetzung des Gerichts nach § 222a Absatz 1 Satz 2 schon vor Beginn der Hauptverhandlung mitgeteilt worden, so muss das Ablehnungsgesuch unverzüglich angebracht werden. Alle Ablehnungsgründe sind gleichzeitig vorzubringen.

(2) Im Übrigen darf ein Richter nur abgelehnt werden, wenn

1.
die Umstände, auf welche die Ablehnung gestützt wird, erst später eingetreten oder dem zur Ablehnung Berechtigten erst später bekanntgeworden sind und
2.
die Ablehnung unverzüglich geltend gemacht wird.
Nach dem letzten Wort des Angeklagten ist die Ablehnung nicht mehr zulässig.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1)1Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind

1.
Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen.2Dazu gehören auch Einkünfte aus gewerblicher Bodenbewirtschaftung, z. B. aus Bergbauunternehmen und aus Betrieben zur Gewinnung von Torf, Steinen und Erden, soweit sie nicht land- oder forstwirtschaftliche Nebenbetriebe sind;
2.
die Gewinnanteile der Gesellschafter einer Offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft und einer anderen Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist, und die Vergütungen, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat.2Der mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligte Gesellschafter steht dem unmittelbar beteiligten Gesellschafter gleich; er ist als Mitunternehmer des Betriebs der Gesellschaft anzusehen, an der er mittelbar beteiligt ist, wenn er und die Personengesellschaften, die seine Beteiligung vermitteln, jeweils als Mitunternehmer der Betriebe der Personengesellschaften anzusehen sind, an denen sie unmittelbar beteiligt sind;
3.
die Gewinnanteile der persönlich haftenden Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, soweit sie nicht auf Anteile am Grundkapital entfallen, und die Vergütungen, die der persönlich haftende Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat.
2Satz 1 Nummer 2 und 3 gilt auch für Vergütungen, die als nachträgliche Einkünfte (§ 24 Nummer 2) bezogen werden.3§ 13 Absatz 5 gilt entsprechend, sofern das Grundstück im Veranlagungszeitraum 1986 zu einem gewerblichen Betriebsvermögen gehört hat.

(1a)1In den Fällen des § 4 Absatz 1 Satz 5 ist der Gewinn aus einer späteren Veräußerung der Anteile ungeachtet der Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in der gleichen Art und Weise zu besteuern, wie die Veräußerung dieser Anteile an der Europäischen Gesellschaft oder Europäischen Genossenschaft zu besteuern gewesen wäre, wenn keine Sitzverlegung stattgefunden hätte.2Dies gilt auch, wenn später die Anteile verdeckt in eine Kapitalgesellschaft eingelegt werden, die Europäische Gesellschaft oder Europäische Genossenschaft aufgelöst wird oder wenn ihr Kapital herabgesetzt und zurückgezahlt wird oder wenn Beträge aus dem steuerlichen Einlagenkonto im Sinne des § 27 des Körperschaftsteuergesetzes ausgeschüttet oder zurückgezahlt werden.

(2)1Eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, ist Gewerbebetrieb, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist.2Eine durch die Betätigung verursachte Minderung der Steuern vom Einkommen ist kein Gewinn im Sinne des Satzes 1.3Ein Gewerbebetrieb liegt, wenn seine Voraussetzungen im Übrigen gegeben sind, auch dann vor, wenn die Gewinnerzielungsabsicht nur ein Nebenzweck ist.

(3) Als Gewerbebetrieb gilt in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit

1.
einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer anderen Personengesellschaft, wenn die Gesellschaft auch eine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ausübt oder gewerbliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 bezieht.2Dies gilt unabhängig davon, ob aus der Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ein Gewinn oder Verlust erzielt wird oder ob die gewerblichen Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 positiv oder negativ sind;
2.
einer Personengesellschaft, die keine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ausübt und bei der ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und nur diese oder Personen, die nicht Gesellschafter sind, zur Geschäftsführung befugt sind (gewerblich geprägte Personengesellschaft).2Ist eine gewerblich geprägte Personengesellschaft als persönlich haftender Gesellschafter an einer anderen Personengesellschaft beteiligt, so steht für die Beurteilung, ob die Tätigkeit dieser Personengesellschaft als Gewerbebetrieb gilt, die gewerblich geprägte Personengesellschaft einer Kapitalgesellschaft gleich.

(4)1Verluste aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung dürfen weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d abgezogen werden.2Die Verluste mindern jedoch nach Maßgabe des § 10d die Gewinne, die der Steuerpflichtige in dem unmittelbar vorangegangenen und in den folgenden Wirtschaftsjahren aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung erzielt hat oder erzielt; § 10d Absatz 4 gilt entsprechend.3Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für Verluste aus Termingeschäften, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt.4Satz 3 gilt nicht für die Geschäfte, die zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb bei Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Finanzunternehmen im Sinne des Gesetzes über das Kreditwesen oder bei Wertpapierinstituten im Sinne des Wertpapierinstitutsgesetzes gehören oder die der Absicherung von Geschäften des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs dienen.5Satz 4 gilt nicht, wenn es sich um Geschäfte handelt, die der Absicherung von Aktiengeschäften dienen, bei denen der Veräußerungsgewinn nach § 3 Nummer 40 Satz 1 Buchstabe a und b in Verbindung mit § 3c Absatz 2 teilweise steuerfrei ist, oder die nach § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleiben.6Verluste aus stillen Gesellschaften, Unterbeteiligungen oder sonstigen Innengesellschaften an Kapitalgesellschaften, bei denen der Gesellschafter oder Beteiligte als Mitunternehmer anzusehen ist, dürfen weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d abgezogen werden.7Die Verluste mindern jedoch nach Maßgabe des § 10d die Gewinne, die der Gesellschafter oder Beteiligte in dem unmittelbar vorangegangenen Wirtschaftsjahr oder in den folgenden Wirtschaftsjahren aus derselben stillen Gesellschaft, Unterbeteiligung oder sonstigen Innengesellschaft bezieht; § 10d Absatz 4 gilt entsprechend.8Die Sätze 6 und 7 gelten nicht, soweit der Verlust auf eine natürliche Person als unmittelbar oder mittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt.

(1)1Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.2Zum Inland im Sinne dieses Gesetzes gehört auch der der Bundesrepublik Deutschland zustehende Anteil

1.
an der ausschließlichen Wirtschaftszone, soweit dort
a)
die lebenden und nicht lebenden natürlichen Ressourcen der Gewässer über dem Meeresboden, des Meeresbodens und seines Untergrunds erforscht, ausgebeutet, erhalten oder bewirtschaftet werden,
b)
andere Tätigkeiten zur wirtschaftlichen Erforschung oder Ausbeutung der ausschließlichen Wirtschaftszone ausgeübt werden, wie beispielsweise die Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind oder
c)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in den Buchstaben a und b genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden, und
2.
am Festlandsockel, soweit dort
a)
dessen natürliche Ressourcen erforscht oder ausgebeutet werden; natürliche Ressourcen in diesem Sinne sind die mineralischen und sonstigen nicht lebenden Ressourcen des Meeresbodens und seines Untergrunds sowie die zu den sesshaften Arten gehörenden Lebewesen, die im nutzbaren Stadium entweder unbeweglich auf oder unter dem Meeresboden verbleiben oder sich nur in ständigem körperlichen Kontakt mit dem Meeresboden oder seinem Untergrund fortbewegen können; oder
b)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in Buchstabe a genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden.

(2)1Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind auch deutsche Staatsangehörige, die

1.
im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und
2.
zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen,
sowie zu ihrem Haushalt gehörende Angehörige, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen oder keine Einkünfte oder nur Einkünfte beziehen, die ausschließlich im Inland einkommensteuerpflichtig sind.2Dies gilt nur für natürliche Personen, die in dem Staat, in dem sie ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, lediglich in einem der beschränkten Einkommensteuerpflicht ähnlichen Umfang zu einer Steuer vom Einkommen herangezogen werden.

(3)1Auf Antrag werden auch natürliche Personen als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.2Dies gilt nur, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90 Prozent der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte den Grundfreibetrag nach § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 nicht übersteigen; dieser Betrag ist zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Steuerpflichtigen notwendig und angemessen ist.3Inländische Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nur der Höhe nach beschränkt besteuert werden dürfen, gelten hierbei als nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegend.4Unberücksichtigt bleiben bei der Ermittlung der Einkünfte nach Satz 2 nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegende Einkünfte, die im Ausland nicht besteuert werden, soweit vergleichbare Einkünfte im Inland steuerfrei sind.5Weitere Voraussetzung ist, dass die Höhe der nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde nachgewiesen wird.6Der Steuerabzug nach § 50a ist ungeachtet der Sätze 1 bis 4 vorzunehmen.

(4) Natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 und des § 1a beschränkt einkommensteuerpflichtig, wenn sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.

Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 633/10
vom
6. September 2011
in der Strafsache
gegen
Karlheinz S c h r e i b e r ,
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
6. September 2011, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Rothfuß,
Hebenstreit,
Prof. Dr. Sander,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof ,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 5. Mai 2010, soweit er verurteilt wurde, mit den Feststellungen zu seiner Ansässigkeit , zu den von ihm erzielten Gewinnen sowie zur Höhe des zu versteuernden Einkommens und der verkürzten Steuern aufgehoben.
Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorgenannte Urteil mit den Feststellungen aufgehoben, soweit das Verfahren hinsichtlich des Vorwurfs der Bestechung eingestellt wurde. Ausgenommen hiervon sind Feststellungen , soweit sie die Einrichtung der Rubrikkonten "Holgart" und die diesbezüglichen Kontobewegungen zum Gegenstand haben.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in sechs Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Soweit ihm darüber hinaus in der Anklage Vergehen der Bestechung und der Beihilfe zur Untreue zur Last gelegt worden waren, hat das Landgericht das Verfahren im Hinblick auf den Vorwurf der Bestechung wegen Eintritts von Verfolgungsverjährung und hinsichtlich der Beihilfe zur Untreue eingestellt, weil insoweit die Auslieferung vom kanadischen Justizminister nicht bewilligt wurde. Das Landgericht hat weiter bestimmt, dass von der in Kanada erlittenen Auslieferungshaft neun Tage auf die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe angerechnet werden.
2
Die Revision des Angeklagten rügt die Verletzung formellen und sachlichen Rechts. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten Revision, die ebenfalls auf Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützt ist, gegen die Einstellung des Verfahrens hinsichtlich des Vorwurfs der Bestechung.
3
Das Rechtsmittel des Angeklagten führt zur Aufhebung der Verurteilung, das der Staatsanwaltschaft zur Aufhebung der Einstellung des Verfahrens hinsichtlich des Vorwurfs der Bestechung. Demgegenüber können die Feststellungen teilweise - wie aus dem Tenor ersichtlich - aufrechterhalten bleiben.

A.


Die Revision des Angeklagten

I.


4
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in sechs Fällen verurteilt, weil er in seinen Steuererklärungen für die Veranlagungszeiträume 1988 bis 1993 ihm zugeflossene Einkünfte nicht erklärt hatte. Im Einzelnen hat das Landgericht zu der Verurteilung des Angeklagten folgende Feststellungen und rechtliche Wertungen getroffen:
5
1. Der seit Ende der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts zunächst im Bereich des Straßenbaus unternehmerisch tätige Angeklagte verlagerte im Laufe der Zeit seine geschäftlichen Aktivitäten hin zum Vermitteln und Vermakeln von Geschäften aller Art. Hierbei kamen ihm seine bereits bestehenden geschäftlichen und freundschaftlichen Beziehungen zu „Exponenten der Wirtschaft und der Politik“ zu Gute.
6
Spätestens Mitte der 80er Jahre beschloss der Angeklagte, die ihm aus seinen Vermittlungsaktivitäten zufließenden Provisionen zumindest zum Teil gegenüber den deutschen Finanzbehörden zu verheimlichen, um so seine Einkommensteuerlast rechtswidrig zu reduzieren. Zum Vollzug dieses Tatplans bediente er sich mindestens zweier Tarnfirmen, die formell als Träger der Vermittlungsgeschäfte und wirtschaftlich Berechtigter der verdienten Provisionen auftreten sollten, obwohl sie mangels Personals und Geschäftsausstattung zu werbender Tätigkeit nicht imstande waren. Diese oblag vielmehr tatsächlich dem Angeklagten, der auch Inhaber der jeweiligen Provisionsansprüche wurde und an den die Provisionszahlungen - wenngleich verschleiert - erfolgten.
7
Bei den Tarnfirmen handelte es sich einerseits um die Firma A. , die in Panama gegründet worden und dort auch ansässig war, sowie die in Liechtenstein gegründete und ansässige Firma I. . Beide Gesellschaften waren Tochterunternehmen der ebenfalls in Liechtenstein ansässigen K. - Anstalt; sie wurden in den Jahren 1984 bis 1991 im Auftrag des Angeklagten durch den Schweizer Staatsangehörigen Pe. treuhänderisch verwaltet.
8
Die Gesellschaften unterhielten verschiedene Stamm- und Unterkonten bei Banken in der Schweiz und in Liechtenstein, hinsichtlich derer im Wesentlichen der Angeklagte und seine Ehefrau verfügungsberechtigt waren. Die zunächst den Stammkonten der Gesellschaften gutgeschriebenen Provisionszahlungen wurden von dort aus auf die Unterkonten weitergeleitet und verteilt. Durch die vielfältigen Kontobewegungen sollte nach dem Plan des Angeklagten „eine Vielzahl von Provisionsempfängern vor- und [dadurch] darüber hinwegge- täuscht werden, dass die Provisionen ausschließlich dem Angeklagten zuflos- sen.“
9
Im Einzelnen kam es zwischen April 1988 und Oktober 1993 zu Provisionszahlungen an den Angeklagten in einer Gesamthöhe von mehr als 64 Millionen DM. Die Zahlungen erfolgten dabei von der T. AG, der M. GmbH und der A. G.I.E.. Ihnen lagen Vermittlungstätigkeiten des Angeklagten im Zusammenhang mit verschiedenen Geschäften der vorgenannten Firmen zu Grunde, u.a. Flugzeugverkäufe der A. G.I.E. an kanadische und thailändische Fluggesellschaften und die Lieferung von Panzerfahr- zeugen des Typs F. von der T. AG an das saudi-arabische Verteidigungsministerium.
10
Die vorgenannten, ihm zugeflossenen Einkünfte erklärte der Angeklagte, der in den fraglichen Veranlagungszeiträumen seinen Hauptwohnsitz in Kaufering in der Bundesrepublik Deutschland hatte, in den von ihm in Deutschland abgegebenen Einkommensteuererklärungen für die Veranlagungszeiträume 1988 bis 1993 nicht. Neben der deutschen Staatsangehörigkeit besitzt der Angeklagte seit 1982 auch die kanadische Staatsangehörigkeit. Auch gegenüber den kanadischen Finanzbehörden erklärte der Angeklagte indes die vorgenannten Einkünfte nicht.
11
Das Verschweigen der Provisionseinkünfte hatte zur Folge, dass in den Veranlagungszeiträumen 1988 bis 1993 Einkommensteuer in einer Gesamthöhe von mehr als 14 Millionen DM nicht festgesetzt wurde.
12
2. Nach der Auffassung der Strafkammer hatte der Angeklagte auf der Grundlage dieser Feststellungen sein (Welt-)Einkommen in den Jahren 1988 bis 1993 in Deutschland zu versteuern.
13
Der Umstand, dass der Angeklagte außer seinem Wohnsitz und seiner Betriebsstätte in Kaufering noch mehrere Wohnungen und Büros in Kanada besessen habe und auch kanadischer Staatsangehöriger ist, sei insoweit un- beachtlich. Die vom Angeklagten „intendierte Verlegung der Steuerpflicht nach Kanada“ scheitere daran, dass er die ihm wirtschaftlich zuzurechnenden Provi- sionseinnahmen nicht in Kanada versteuert habe. Aufgrund der in Art. 23 Abs. 3 des zur Tatzeit geltenden Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Kanada zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und bestimmter anderer Steuern vom 17. Juli 1981 (BGBl. 1982 II S. 801, nachfolgend: DBA Kanada 1981) enthaltenen sog. Rückfallklausel sei das Besteuerungsrecht deshalb für die zunächst möglicherweise freigestellten Einkünfte wieder zurück an die Bundesrepublik Deutschland gefallen.
14
Die dem Angeklagten wirtschaftlich zugeflossenen Provisionseinkünfte seien daher in den vom Angeklagten abgegebenen Einkommensteuererklärungen für die Veranlagungszeiträume 1988 bis 1993 zu erklären gewesen. Indem er sie verschwieg, verwirklichte er den Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO.

II.

15
Die gegen die Verurteilung gerichtete Revision des Angeklagten ist begründet , soweit im Zusammenhang mit der Ablehnung eines Antrags vom 22. Februar 2010 (von der Revision als sog. „Ansässigkeitsantrag“ bezeichnet) eine Verfahrensrüge erhoben wird. Sie führt zur Aufhebung des Schuld- und Strafausspruchs. Die Feststellungen können indes mit Ausnahme derer zur Ansässigkeit des Angeklagten, zu den von ihm erzielten Gewinnen sowie zur Höhe des zu versteuernden Einkommens und der verkürzten Steuern aufrechterhalten bleiben.
16
1. Der Strafkammer ist bei der Ablehnung des Antrags vom 22. Februar 2010 ein durchgreifender Rechtsfehler unterlaufen, der seine Ursache letztlich in einer unzutreffenden Rechtsansicht zur Besteuerung der Einkünfte des Angeklagten nach Maßgabe des DBA Kanada 1981 hatte.
17
a) Der Verfahrensrüge liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
18
Am 22. Februar 2010 stellte der Verteidiger des Angeklagten einen Antrag , dessen Ziel der Nachweis war, dass der Angeklagte in den fraglichen Veranlagungszeiträumen nach Maßgabe von Art. 4 Abs. 2 DBA Kanada 1981 in Kanada ansässig war. Insoweit wurden 17 einzelne Behauptungen aufgestellt. Diese hatten z.B. zum Gegenstand, dass der Angeklagte „seit den 70er Jahren eine mindestens 100m² große repräsentative Wohnung … in Calgary und seit 1988 ein repräsentatives Haus … in Ottawa besaß“ und dass sich der Ange- klagte „von Mitte der 80er Jahre bis mindestens Ende des Jahres 1993 regel- mäßig über Wochen und Monate in Kanada aufgehalten hat und dass der Angeklagte insgesamt häufig über 6 Monate pro Jahr in Kanada und stets mehr in Kanada als in Deutschland gewesen ist“. Zum Beweis dieser Behauptungen wurden 14 in Kanada lebende Zeugen und ein Zeuge, der über das Auswärtige Amt in Berlin geladen werden sollte, benannt. Im Anschluss finden sich in dem Antrag dann Ausführungen dazu, weshalb die benannten Zeugen Angaben zu den einzelnen Beweisbehauptungen machen könnten.
19
Zu dem Antrag nahm neben dem Vertreter des Finanzamts AugsburgStadt am 24. März 2010 auch der Vertreter der Staatsanwaltschaft Stellung. Er beantragte, den Antrag abzulehnen, weil die Behauptungen teilweise zu unbestimmt seien und teilweise lediglich Beweisziele enthielten.
20
Mit am 21. April 2010 in der Hauptverhandlung verkündetem Beschluss lehnte die Strafkammer den als Beweisantrag behandelten Antrag wegen rechtlicher Bedeutungslosigkeit der unter Beweis gestellten Tatsachen ab. Soweit hier von Interesse hat die Begründung des Beschlusses folgenden Wortlaut: „Die unter Beweis gestellten Tatsachen sind unter dem Aspekt des Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) rechtlich ohne Bedeutung (§ 244 III S. 2 StPO). Selbst dann, wenn der Angeklagte außer seinem Wohnsitz und seiner Betriebsstätte in Kaufering derartige Niederlassungen auch in Kanada gehabt haben sollte, hätte das DBA die anklagegegenständlichen Provisionseinnahmen des Angeklagten nicht dem steuerlichen Zugriff des deutschen Fiskus entzogen. Denn das in den Jahren 1988 – 1993 in Kraft befindliche DBA 1981 war in Art. 23 III mit einer sog. Rückfallklausel ausgestattet. Danach fiel das Besteuerungsrecht für zunächst freigestellte Einkünfte wieder zurück , wenn in dem Vertragsstaat, wo diese Einkünfte auf Grund einer dort vorhandenen Betriebsstätte erzielt worden waren, entgegen dem DBA und gleich aus welchem Grund keine Besteuerung erfolgte.“
21
b) Die Ablehnung des „Beweisantrages“ erfolgte rechtsfehlerhaft, da die Behauptungen rechtlich nicht bedeutungslos sind, denn die Frage, ob der Angeklagte im maßgeblichen Zeitpunkt nach Maßgabe von Art. 4 Abs. 2 DBA Kanada 1981 in Kanada war, ist für den Schuldspruch entscheidend.
22
aa) Nicht zu beanstanden ist indes die Auffassung der Strafkammer, wonach es sich bei Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 um eine sog. Rückfallklausel handelt, die zur Folge hat, dass das Besteuerungsrecht für zunächst freigestellte Einkünfte wieder zurück an den Ansässigkeitsstaat fällt, wenn in dem Vertragsstaat, wo diese Einkünfte auf Grund einer dort vorhandenen Betriebsstätte erzielt worden waren, entgegen dem DBA und gleich aus welchem Grund keine Besteuerung erfolgte. Dieses Verständnis steht in Übereinstimmung mit der - auch aus Sicht des Senats zutreffenden - Auslegung des Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 durch den Bundesfinanzhof (BFH, Urteil vom 17. Oktober 2007 - I R 96/06, BFHE 219, 534; vgl. auch BFH, Urteil vom 11. Juni 1996 - I R 8/96, BFHE 181, 125).

23
bb) Die in Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 enthaltene Rückfallklausel ist allerdings nicht geeignet, die rechtliche Bedeutungslosigkeit der im gegenständlichen Antrag aufgestellten Behauptungen i.S.v. § 244 Abs. 3 Satz 2 Var. 2 StPO zu begründen, weshalb die Ablehnung des Antrags nicht auf diesen Ablehnungsgrund gestützt werden konnte.
24
(a) Da der Angeklagte nach den Feststellungen sowohl in Deutschland, als auch in Kanada einen Wohnsitz hatte und er deshalb i.S.v. Art. 4 Abs. 1 DBA Kanada 1981 sowohl in Deutschland als auch in Kanada unbeschränkt einkommensteuerpflichtig war (vgl. einerseits § 1 Abs. 1 EStG i.V.m. § 8 AO sowie andererseits Part I Division A Subsection 2 des Kanadischen Income Tax Act), ist für die Frage, welchem der beiden Staaten das Besteuerungsrecht zusteht , maßgeblich, wo der Angeklagte nach Maßgabe von Art. 4 Abs. 2 DBA Kanada 1981 ansässig war. Art. 4 Abs. 2 DBA Kanada 1981 entscheidet insoweit darüber, welcher der beiden Vertragsstaaten als Ansässigkeitsstaat und welcher als Quellenstaat zu behandeln ist, wenn eine Person nach Art. 4 Abs. 1 DBA Kanada 1981 in beiden Staaten ansässig ist (vgl. allgemein Debatin/ Wassermeyer, Doppelbesteuerung, 112. Aufl., OECD-Musterabkommen, Art. 4 Rn. 51). Dem danach gegebenen Ansässigkeitsstaat steht grundsätzlich das Besteuerungsrecht für die Gewinne des Unternehmens zu, es sei denn, das Unternehmen verfügt in dem jeweils anderen Staat über eine Betriebsstätte (vgl. Art. 7 Abs. 1 DBA Kanada 1981), der dann der sog. Quellenstaat ist.
25
(b) Stehen demnach sowohl dem Ansässigkeitsstaat, als auch dem Quellenstaat Besteuerungsrechte zu, sieht Art. 23 DBA Kanada 1981 eine Regelung vor, wie die Doppelbesteuerung vermieden werden kann. Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 definiert insoweit (lediglich), unter welchen Voraussetzungen Gewinne oder Einkünfte aus Quellen eines der beiden Staaten stammen, damit die in Art. 23 Abs. 1 und Abs. 2 DBA Kanada 1981 enthaltenen Vorschriften zur Beseitigung der Doppelbesteuerung angewandt werden können und ordnet sie dem Ansässigkeitsstaat zu, wenn - wie oben dargelegt - im Quellenstaat eine Besteuerung nicht erfolgt. Daher kann Art. 23 DBA Kanada 1981 in seiner Gesamtheit, einschließlich Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981, erst Anwendung finden, wenn nach Maßgabe von Art. 4 DBA Kanada 1981 die Ansässigkeit eines Steuerpflichtigen geklärt ist.
26
Für den vorliegenden Fall bedeutet dies: Sollte der Angeklagte nach Maßgabe von Art. 4 DBA Kanada 1981 in Kanada ansässig gewesen sein, dann wären im Quellenstaat (Deutschland) zwar erzielte, aber nicht besteuerte Einkünfte aufgrund der Rückfallklausel in Kanada (Ansässigkeitsstaat) zu versteuern. Nur dann, wenn der Angeklagte in Deutschland ansässig war, steht dem deutschen Steuerfiskus die Besteuerung der im Quellenstaat Kanada nicht besteuerten Einkünfte zu. Bei der Anwendung der Rückfallklausel muss daher zunächst die Vorfrage beantwortet werden, welcher Staat der Ansässigkeitsstaat war - Kanada oder Deutschland. Deshalb ist es - wie das Landgericht rechtsirrig annimmt - für die Anwendung der Rückfallklausel eben nicht bedeutungslos , wo der Angeklagte ansässig war.
27
(c) Dies hat die Strafkammer verkannt, wenn sie annimmt, dass esfür die Begründung der Ansässigkeit eines Steuerpflichtigen in einem der Vertragsstaaten ausreicht, dass in dem anderen Vertragsstaat eine Besteuerung der dort erzielten Gewinne und Einkünfte nicht erfolgte. Davon ausgehend wird die rechtliche Bedeutungslosigkeit, auf die die Ablehnung des Beweisantrags gestützt wird, rechtsfehlerhaft aus einem Tatbestand abgeleitet, der voraus- setzt, dass das Gegenteil der unter Beweis gestellten Tatsachen bereits erwiesen ist.
28
cc) Auf der rechtsfehlerhaften Ablehnung des Antrags beruht das Urteil auch. Bei der gegebenen Sachlage kann der Senat nicht ausschließen, dass das Urteil bei zutreffender Bescheidung des Antrags möglicherweise anders ausgefallen wäre. Ein Austausch der Ablehnungsgründe (z.B. mit dem Ablehnungsgrund der tatsächlichen Bedeutungslosigkeit oder dem des § 244 Abs. 5 StPO) ist dem Senat nicht möglich (vgl. BGH, Beschluss vom 28. August 2002 - 1 StR 277/02, NStZ 2003, 101, 102).
29
dd) Zu keinem anderen Ergebnis würde es führen, wenn man - was offen bleiben kann - den Antrag der Verteidigung vom 22. Februar 2010 nicht als Beweisantrag, sondern lediglich als Beweisermittlungsantrag ansehen würde.
30
(1) Für letzteres könnte zunächst sprechen, dass - wie von der Staatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 24. März 2010 angeführt - die Behauptungen teilweise zu unbestimmt und teilweise lediglich Beweisziele benannt sind.
31
Darüber hinaus bestehen Zweifel, ob die erforderliche Konnexität zwischen den einzelnen Beweisbehauptungen und den Zeugen gegeben ist (vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 1993 - 3 StR 446/93, BGHSt 40, 3, 6; BGH, Urteil vom 28. November 1997 - 3 StR 114/97, BGHSt 43, 321, 329 f.; BGH, Beschluss vom 3. November 2010 - 1 StR 497/10, NStZ 2011, 169). Denn es versteht sich zunächst nicht von selbst, warum die einzelnen Zeugen zu den einzelnen Beweisbehauptungen etwas bekunden können. Auch die im Antrag hinsichtlich der einzelnen Zeugen angeführten Begründungen erschöpfen sich in pauschalen Ausführungen, die den diesbezüglichen Anforderungen nicht gerecht werden. Insoweit gilt allgemein, dass der Antragsteller auch die Tatsachen hinreichend bestimmt zu behaupten hat, aus denen sich die Konnexität ergibt (vgl. BGH, Beschluss vom 3. November 2010 - 1 StR 497/10, NStZ 2011, 169). Dies gilt umso mehr, wenn die unter Beweis gestellten Tatsachen ihrerseits - wie hier - teilweise von gewisser, im Einzelfall aber hinzunehmender Unschärfe sind.
32
(2) Selbst wenn es sich aber lediglich um einen Beweisermittlungsantrag handeln würde, könnte aufgrund der Behandlung des Antrags durch die Strafkammer ein durchgreifender Rechtsfehler vorliegend nicht ausgeschlossen werden.
33
(a) In solchen Fällen gilt zwar grundsätzlich, dass die Zurückweisung eines Beweisermittlungsantrags die Revision nur dann begründet, wenn das Tatgericht seine Aufklärungspflicht verletzt hat (BGH, Beschluss vom 15. Mai 1996 - 1 StR 131/96, StV 1996, 581). Dass die Zurückweisung des Beweisermittlungsantrags dabei in der Form der Bescheidung eines Beweisantrags erfolgte, ändert hieran grundsätzlich nichts (BGH, Beschluss vom 15. Mai 1996 - 1 StR 131/96, StV 1996, 581 mwN). Ob das Tatgericht seine Aufklärungspflicht verletzt hat, prüft das Revisionsgericht dabei aus seiner Sicht der Dinge (vgl. BGH, Beschluss vom 14. März 1985 - 1 StR 775/84, NStZ 1985, 324, 325 mwN).
34
(b) Hat das Tatgericht aber durch die Behandlung als Beweisantrag und die unzutreffende Begründung hinsichtlich der Bedeutung der Behauptung eine „irreführende Prozesslage“ geschaffen, führt dies - abweichend vom vorge- nannten Grundsatz - auch dann zum Erfolg der Revision, wenn - am vorstehenden Maßstab gemessen - eine rechtsfehlerfreie Ablehnung des Antrags möglich gewesen wäre (BGH, Beschluss vom 15. Mai 1996 - 1 StR 131/96, StV 1996, 581 mwN).
35
(c) So stellt sich die Sachlage vorliegend dar. Indem das Landgericht den Antrag - trotz abweichender Stellungnahme der Staatsanwaltschaft - als Beweisantrag beschied und zur Ablehnung des Antrags allein die rechtliche Bedeutungslosigkeit anführte, brachte es zum Ausdruck, dass es sich auch aus seiner Sicht um einen Beweisantrag handelte.
36
Insoweit wurde dem Angeklagten und seinen Verteidigern die Möglichkeit genommen, den möglicherweise wegen zu unbestimmter Behauptungen und fehlender Konnexität lediglich als Beweisermittlungsantrag zu qualifizierenden Antrag so nachzubessern, dass er die Qualität eines Beweisantrags erlangt. Dass dem Antragssteller eine solche Nachbesserung nicht möglich gewesen wäre, kann der Senat nicht ausschließen. Es ist ihm daher verwehrt, auf den Gesichtspunkt abzustellen, es handele sich tatsächlich bei dem fraglichen Antrag lediglich um einen Beweisermittlungsantrag.
37
Hinzu kommt, dass das Landgericht den Antragsteller durch die rechtsfehlerhafte Behandlung des Antrags auch im Unklaren darüber lässt, welches Gewicht die Strafkammer den auf Grund der bisherigen Beweisaufnahme erlangten durchaus bedeutsamen Gesichtspunkten beimisst, die für eine Ansässigkeit des Angeklagten in Deutschland sprechen (z.B. Angaben in den Einkommensteuererklärungen , Vorbringen im finanzgerichtlichen Verfahren). Der Angeklagte und seine Verteidiger hatten daher auch keine Möglichkeit, dazu Stellung zu nehmen, aus welchen Gesichtspunkten und in welchem Umfang die Aufklärungspflicht zur Erhebung der beantragten Beweise drängen könnte.

III.


38
Der festgestellte Verfahrensverstoß zieht die Aufhebung des Schuldspruchs nach sich. Zwar hat der Angeklagte selbst dann, wenn er in den fraglichen Veranlagungszeiträumen in Kanada i.S.v. Art. 4 DBA Kanada 1981 ansässig gewesen sein sollte, in den verfahrensgegenständlichen Einkommensteuererklärungen unrichtige Angaben i.S.v. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO gemacht, indem er pflichtwidrig die ihm zurechenbaren Provisionseinkünfte verschwieg. Dies ist vorliegend aber nicht geeignet, den Schuldspruch bestehen zu lassen.
39
Es spricht zwar einiges dafür, dass es aufgrund des Verschweigens der Provisionseinkünfte in den Veranlagungszeiträumen jeweils zu Steuerverkürzung i.S.v. § 370 Abs. 4 AO kam, wenngleich die Höhe der Steuerverkürzung noch nicht abschließend beurteilt werden kann. Danach könnte zwar der Schuldspruch grundsätzlich bestätigt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 17. April 2008 - 5 StR 547/07, NStZ 2009, 157). Der Senat kann aber in der Gesamtheit nicht sicher ausschließen, dass dann, wenn das neue Tatgericht zu der Feststellung kommen sollte, dass der Angeklagte im Tatzeitraum in Kanada ansässig i.S.v. Art. 4 DBA Kanada 1981 war, in einzelnen Veranlagungszeiträumen die Möglichkeit besteht, dass sich das in Deutschland zu versteuernde Einkommen soweit reduziert, dass eine Steuerverkürzung vollständig entfällt (vgl. insoweit BGH, Beschluss vom 24. Mai 2007 – 5 StR 58/07).

IV.


40
Die Aufhebung des Schuldspruchs führt zum Wegfall der Einzelstrafen und des Gesamtstrafenausspruchs.
41
Der Senat kann daher offen lassen, ob - wie von der Revision behauptet - Rechtsfehler bei der Strafzumessung durch das Landgericht zum Nachteil des Angeklagten gegeben sind.

V.


42
Der Verfahrensfehler bedingt die Aufhebung der Feststellungen zur Ansässigkeit des Angeklagten in den fraglichen Veranlagungszeiträumen, zum vom Angeklagten in den Veranlagungszeiträumen erzielten Gewinnen, zur Höhe des jeweils zu versteuernden Einkommens und zur Höhe der jeweils verkürzten Steuern. Demgegenüber können die weitergehenden Feststellungen, namentlich zur Höhe der verfahrensgegenständlichen Provisionseinnahmen und zu deren wirtschaftlicher Zuordnung zum Angeklagten aufrechterhalten bleiben.
43
1. Die dem Urteil zu Grunde liegenden Feststellungen sind aufzuheben, soweit sie durch die Gesetzesverletzung betroffen sind (§ 353 Abs. 2 StPO). Erweist sich die Revision hinsichtlich der gesamten Verurteilung als begründet, so sind mit dem Urteil an sich auch die ihm zugrunde liegenden, gemäß § 267 Abs. 1 und Abs. 5 StPO in die Urteilsgründe aufgenommenen Feststellungen insgesamt aufzuheben, um dem Tatrichter, an den die Sache zurückverwiesen wird, Gelegenheit zu einer umfassenden neuen Sachverhaltsfeststellung zu geben (vgl. Kuckein in KK-StPO, § 353 Rn. 24 mwN). Das gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Das Revisionsgericht hat insbesondere zu prüfen, ob und inwiefern sich der angenommene Rechtsverstoß überhaupt auf die Sachverhaltsfeststellung ausgewirkt hat (BGH, Urteil vom 27. November 1959 - 4 StR 394/59, BGHSt 14, 30, 34). Sodann ist zu untersuchen, in welchem Umfang die betroffenen Feststellungen aus dem Gesamtzusammenhang des festgestellten Sachverhalts herausgelöst werden können, ohne dass damit die anderen Feststellungen , und sei es auch nur durch Wegfall eines Beweisanzeichens, in Zweifel gezogen werden (BGH aaO, BGHSt 14, 30, 35).
44
2. Danach sind zunächst die Feststellungen zur Ansässigkeit des Angeklagten aufzuheben. Diese beschränken sich im Wesentlichen darauf, dass der Angeklagte, wie vom Landgericht ausgeführt, seinen Hauptwohnsitz in Kaufering hatte.
45
Insoweit kann offen bleiben, ob das Urteil in diesem Zusammenhang auch einen auf die Sachrüge zu berücksichtigenden Darlegungsmangel aufweist , weil sich die Strafkammer aufgrund des unzutreffenden Verständnisses von Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 den Blick für das Erfordernis weiterer Darlegungen im Zusammenhang mit der Frage der Ansässigkeit verbaut hat.
46
3. Aufzuheben sind auch die Feststellungen zu den vom Angeklagten erzielten Gewinnen sowie zur Höhe seines zu versteuernden Einkommens und der verkürzten Steuern.
47
Dies folgt bereits daraus, dass sich die Bemessungsgrundlage für die Ermittlung des vom Angeklagten erzielten Gewinns und des in Deutschland zu versteuernden Einkommens des Angeklagten ändern würde, wenn in der neuen Hauptverhandlung festgestellt werden sollte, dass der Angeklagte in den fraglichen Veranlagungszeiträumen in Kanada ansässig war. Bemessungsgrundlage sind dann neben den erklärten Einkünften des Angeklagten auch die verschwiegenen Provisionseinkünfte, die aus Quellen innerhalb Deutschlands stammen. In diesem Fall wären daher in der neuen Hauptverhandlung auch Feststellungen dazu erforderlich, aus welchen Quellen i.S.d. DBA Kanada 1981 die jeweiligen Provisionseinkünfte stammen.
48
Die insoweit mögliche Verringerung des zu versteuernden Einkommens würde darüber hinaus auch die Höhe der - zum Nachteil des deutschen Fiskus - verkürzten Steuern betreffen.
49
Der Senat kann daher offen lassen, ob das vom Angeklagten zu versteuernde Einkommen rechtsfehlerfrei ermittelt wurde.
50
4. Mit Ausnahme der vorgenannten Feststellungen haben die weiteren rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen Bestand. Hierbei handelt es sich namentlich um solche zum Rechtsgrund und zur Höhe der Provisionseinkünfte sowie die diesbezügliche wirtschaftliche Berechtigung des Angeklagten. In Bestandskraft erwachsen auch die Feststellungen dazu, dass die Provisionseinkünfte nicht in Kanada besteuert und in den in Deutschland abgegebenen Steuererklärungen des Angeklagten nicht erklärt wurden.
51
a) Diese Feststellungen sind durch den aufgezeigten Verfahrensverstoß nicht betroffen und können von den aufgehobenen Feststellungen im vorgenannten Sinn getrennt werden.
52
b) Soweit im Zusammenhang mit den in Bestandskraft erwachsenden Feststellungen Verfahrensrügen erhoben wurden, sind diese unbegründet oder aber für den Bestand der Feststellungen ohne Bedeutung. Näherer Erörterung bedarf insoweit lediglich Folgendes:
53
aa) Zum Rechtsgrund und zur Höhe der vom Angeklagten verschwiegenen Provisionseinkünfte:
54
(1) Die Ansässigkeit des Angeklagten ist insoweit ohne Bedeutung. Auch soweit das neue Tatgericht zu der Überzeugung gelangen sollte, dass der Angeklagte in den fraglichen Veranlagungszeiträumen in Kanada ansässig gewesen ist, stünden die bisherigen Feststellungen solchen neuen Feststellungen nicht entgegen. Sie könnten widerspruchsfrei getroffen werden.
55
Insoweit könnte sich allerdings die Notwendigkeit ergeben, weitergehende Feststellungen dazu zu treffen, aus welchen Quellen i.S.d. DBA Kanada 1981 die jeweiligen Provisionseinkünfte stammen (vgl. oben III. und V. 3).
56
(2) Soweit die Revision im Hinblick auf den Quellenstaat der Provisionseinkünfte die Verletzung von § 245 Abs. 2, § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO im Zusammenhang mit der Ablehnung eines Beweisantrags vom 14. April 2010 rügt, ist diese Rüge für die bestandskräftigen Feststellungen aufgrund der vorstehenden Erwägungen nicht mehr relevant. Auf dem mit ihr aufgezeigten Rechtsfehler beruht das Urteil daher nicht:
57
(a) Der Verfahrensrüge liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
58
In dem genannten Beweisantrag wurde unter Beweis gestellt, dass der Angeklagte die Provisionen aus drei Provisionsgeschäften allein in kanadischen Betriebsstätten erzielt haben soll. Zum Beweis dieser Behauptungen wurden einerseits vier Zeugen benannt. Weiter wurden als Beweismittel 57, teils in ausländischer Sprache verfasste Schriftstücke angeführt, die zusammen mit dem Beweisantrag in der Hauptverhandlung in Kopie übergeben wurden.

59
Die Strafkammer lehnte auch diesen Beweisantrag mit dem in der Hauptverhandlung vom 21. April 2010 verkündeten Beschluss und der bereits oben angeführten Begründung wegen rechtlicher Bedeutungslosigkeit der unter Beweis gestellten Tatsachen ab.
60
(b) Insoweit kann offen bleiben, ob es sich bei in Kopie vorgelegten Urkunden tatsächlich um präsente Beweismittel i.S.v. § 245 Abs. 2 StPO handelt, wofür nach Auffassung des Senats im Grundsatz einiges spricht (vgl. aber insoweit BGH, Beschluss vom 22. Juni 1994 - 3 StR 646/93, NStZ 1994, 593). Soweit es sich indes um fremdsprachliche Urkunden handelt, bestehen - losgelöst von der Frage, ob nur Originalurkunden präsente Beweismittel sind - angesichts der Tatsache, dass bei deren Vorlage ein Dolmetscher nicht anwesend war, demgegenüber Zweifel.
61
(c) Bei der gegebenen Sachlage erweist sich die Ablehnung des Beweisantrages wegen rechtlicher Bedeutungslosigkeit der unter Beweis gestellten Tatsachen zwar als rechtsfehlerhaft.
62
Die Ablehnung wäre nur dann nicht zu beanstanden, wenn - was die Strafkammer indes nicht rechtsfehlerfrei festgestellt hat - der Angeklagte im Veranlagungszeitraum in Deutschland ansässig war. Denn dann würde, selbst wenn darüber hinaus erwiesen wäre, dass die fraglichen Provisionseinkünfte des Angeklagten durch Betriebsstätten in Kanada verdient worden sind, Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 greifen, nachdem rechtsfehlerfrei - und von der Revision auch nicht angegriffen - festgestellt ist, dass der Angeklagte die Provisionseinkünfte in Kanada nicht versteuerte (vgl. UA S. 85). Dies hätte zur Folge, dass die dann grundsätzlich zwar der kanadischen Besteuerung unterliegenden Einkünfte wegen der in Kanada unterlassenen Besteuerung wieder der deutschen Besteuerung unterfallen. Durch das Verschweigen dieser Einkünfte wäre bei Ansässigkeit des Angeklagten in Deutschland der Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO erfüllt. Bei der Verkürzungsberechnung könnten dann sämtliche Provisionseinkünfte des Angeklagten - unabhängig vom Quellenstaat - zu Grunde gelegt werden.
63
(d) Dieser Rechtsfehler wirkt sich indes im Hinblick auf die Feststellungen , die aufrechterhalten bleiben, nicht aus.
64
bb) Bestehen bleiben können auch die Feststellungen zur wirtschaftlichen Zuordnung der Provisionseinkünfte für den Angeklagten und dazu, dass diese dem Angeklagten im fraglichen Zeitraum zugeflossen sind.
65
Die von der Revision in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge ist nicht begründet.
66
(1) Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zu Grunde:
67
Im Zusammenhang mit dem Zustandekommen und dem Inhalt eines Schuldanerkenntnisses, das zu Gunsten der Firma I. von dem Zeugen Pe. abgegeben wurde und dem die Strafkammer im Zusammenhang mit der Inhaberschaft an der Firma I. zu Lasten des Angeklagten indizielle Bedeutung beimisst, stellte der Verteidiger des Angeklagten in der Hauptverhandlung am 15. März 2010 einen Beweisantrag. Dieser hatte verschiedene Geschehnisse im Vorfeld der Abgabe des Schuldanerkenntnisses und zu dessen tatsächlichen Hintergründen zum Gegenstand.
68
Zum Beweis der im Antrag aufgestellten Beweisbehauptungen wurden einerseits verschiedene Zeugen benannt. Die Ablehnung von deren Vernehmung wird mit der Revision nicht angegriffen.
69
Weiter wurde die Verlesung mehrerer - wiederum teils fremdsprachiger - Urkunden und deren Inaugenscheinnahme beantragt. Zu diesem Zwecke waren die Urkunden dem Beweisantrag in Kopie beigefügt.
70
Mit am 12. April 2010 in der Hauptverhandlung verkündetem Beschluss wurde der Beweisantrag zurückgewiesen. Der unter Beweis gestellte Sachverhalt , sprich die Entstehungsgeschichte des Schuldanerkenntnisses, wurde zu Gunsten des Angeklagten als wahr unterstellt.
71
(2) Soweit im Hinblick auf die abgelehnte Verlesung (und Inaugenscheinnahme ) der mit dem Beweisantrag in Kopie vorgelegten Urkunden die Verletzung von § 245 Abs. 2 StPO gerügt wird, beruht das Urteil auf einem möglicherweise gegebenen Rechtsfehler nicht.
72
(a) Auch insoweit kann offen bleiben, ob und ggfs. in welchem Umfang es sich bei in Kopie vorgelegten Urkunden tatsächlich um präsente Beweismittel i.S.v. § 245 Abs. 2 StPO handelt.
73
(b) Aber selbst wenn aufgrund der Präsenz der Urkunden eine Ablehnung nur im Rahmen der Ablehnungsgründe des § 245 Abs. 2 StPO möglich gewesen wäre, beruht das Urteil nicht auf der dann rechtsfehlerhaft auf § 244 Abs. 3 Satz 2 Var. 7 StPO gestützten Ablehnung des Beweisantrags.
74
(aa) Insoweit ist bei einem Verstoß gegen § 245 Abs. 1 StPO anerkannt, dass der Umstand, dass der Ablehnungsgrund der Unerheblichkeit in Fällen des § 245 StPO nicht gilt, nicht dazu führt, dass bei rechtsfehlerhafter Nichtverwendung eines präsenten Beweismittels eine Beruhensprüfung grundsätzlich zu unterbleiben hat bzw. dass ein Beruhen des Urteils auf der Gesetzesverletzung regelmäßig nicht auszuschließen ist (BGH, Urteil vom 31. Januar 1996 - 2 StR 596/95, NJW 1996, 1685). Für die Prüfung des Beruhens gelten daher auch bei einem Verstoß gegen § 245 Abs. 2 StPO keine Besonderheiten (Becker in LR-StPO § 245 Rn. 80).
75
(bb) Vorliegend kann sicher ausgeschlossen werden, dass das Urteil bei Erhebung der Beweise anders ausgefallen wäre.
76
Wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausführt, hat sich die Strafkammer an die im Ablehnungsbeschluss getroffene Wahrunterstellung ohne Einengung, Umdeutung oder inhaltliche Änderung (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 1982 - 1 StR 802/81, NStZ 1982, 213) im Rahmen der Beweiswürdigung gehalten und sich dort - soweit geboten (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 1979 - 2 StR 749/78, BGHSt 28, 310) - ebenso wie im Ablehnungsbeschluss mit den als wahr unterstellten (Indiz-)Tatsachen auseinandergesetzt. Dass das Landgericht daraus nicht die Schlussfolgerung gezogen hat, die der Antragsteller gezogen wissen wollte, ist nicht zu beanstanden (vgl. BGH, Urteil vom 6. August 1986 - 3 StR 234/86, StV 1986, 467). Namentlich kannhierin - wie von der Revision behauptet - keine unzulässige Beweisantizipation erblickt werden. Demnach ist nicht ersichtlich, zu welchen anderen Feststellungen das Landgericht gekommen wäre, wenn es die beantragte Beweiswürdigung durchgeführt hätte.

B.


Die Revision der Staatsanwaltschaft
77
Die - auf die Einstellung des Verfahrens hinsichtlich des Vorwurfs der Bestechung beschränkte - Revision der Staatsanwaltschaft hat mit der Sachrüge Erfolg. Eines Eingehens auf die Verfahrensrügen, mit der ein Verstoß gegen § 261 StPO geltend gemacht wird, bedarf es daher nicht. Die von der Aufhebung ausgenommenen Feststellungen sind von dem geltend gemachten Verfahrensverstoß nicht betroffen, wie auch der Antrag des Generalbundesanwalts in der Hauptverhandlung zeigt.

I.


78
Soweit die Einstellung des Verfahrens im Hinblick auf den Vorwurf der Bestechung von der Revision der Staatsanwaltschaft angegriffen ist, hat die Strafkammer in der Gesamtschau der Urteilsgründe folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
79
1. Der Angeklagte richtete im September 1991 beim Schweizerischen Bankverein unter der Kontonummer ein Rubrikkonto mit der Bezeich- nung „Holgart“ ein, über das nur der Angeklagte sowie die von ihm bevollmäch- tigten Familienangehörigen verfügungsberechtigt waren. Hinter der Bezeich- nung „Holgart“ stand der ehemalige Staatssekretär Dr. P. .
80
Am 2. September 1991 wurden auf diesem Konto 3.800.000 DM einbezahlt. Dr. P. erhielt vom Angeklagten sodann „aufgrund vorangegangener Unrechtsvereinbarung“, die im Urteil nicht näher dargelegt wird, am 13. Dezember 1991 250.000 DM, am 23. Januar 1992 127.000 DM und „letztmals“ am 28. April 1992 500.000 DM, die dem vorgenannten Rubrikkonto entnommen wurden.
81
Ende des Jahres 1994 schichtete der Angeklagte das auf dem Rubrik- konto „Holgart“ vorhandene Guthaben auf sein Konto Nr. beim Schwei- zerischen Bankverein um. Auch hier richtete er wieder Rubrikkonten, u.a. eines mit der Bezeichnung „Holgart“, ein. Ende Januar 1995 befanden sich auf die- sem Rubrikkonto 3.162.000 DM.
82
Am 26. Januar 1995 eröffnete die Ehefrau des Angeklagten bei der Verwaltungs - und Privatbank Vaduz in Liechtenstein drei Währungskonten. Am 27. Januar 1995 wurden dort dem DM-Konto „3.162.00,00“ (gemeint sind wohl 3.162.000,00) DM unter Angabe des Zahlungsgrunds „Ref. Holgart“ gutgeschrieben. Bei dieser Gutschrift handelt es sich um das Restguthaben des oben genannten Rubrikkontos „Holgart“ beim Schweizerischen Bankverein.
83
Am 31. Januar 1995 hob die Ehefrau des Angeklagten von den Währungskonten einen Betrag von insgesamt 11.780.837,50 SFR ab; danach wurden die Währungskonten gelöscht. Anschließend wurden erneut Rubrikkonten eröffnet, darunter auch eines mit der Bezeichnung „Holgart“. Die von diesen Rubrikkonten bis Ende 1996 nachvollziehbaren Kontobewegungen weisen keinen Bezug zu Dr. P. auf.
84
2. Hinsichtlich des Vorwurfs der Bestechung ist nach Auffassung der Strafkammer Verfolgungsverjährung eingetreten, da die Tat am 28. April 1992 beendet gewesen sei. Die höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach die ra- tenweise Bestechung erst dann beendet ist, wenn der Bestochene die ihm abverlangte Diensthandlung vollführt, käme in vorliegender Sache nicht zum Zu- ge, da die vom Angeklagten belohnten rechtswidrigen Entscheidungen „laut Anklage“ bereits am 12. und 20. März 1991 getroffen worden seien. Offen kön- ne bleiben, ob die Tat nicht bereits mit dem Ausscheiden Dr. P. aus seinem Amt als Staatssekretär am 29. Februar 1992 beendet war, da dies am Ergebnis nichts ändere.
85
Ausgehend von diesem Beendigungszeitpunkt und unter Berücksichtigung der im Strafverfahren getroffenen verjährungsunterbrechenden Maßnahmen sei absolute Verfolgungsverjährung am 27. April 2002 um Mitternacht eingetreten. Die Verjährung habe auch nicht nach Maßgabe von § 78b Abs. 4 oder 5 StGB geruht. § 78b Abs. 4 StGB sei vorliegend im Hinblick auf § 2 Abs. 3 StGB nicht anwendbar; bei Inkrafttreten des § 78b Abs. 5 StGB am 11. August 2005 sei die Tat bereits verjährt gewesen.
86
Anhaltspunkte für eine spätere Beendigung der Tat gäbe es auf Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht. Namentlich die Kontobewegungen in den Jahren 1995 und 1996 würden nicht für eine Beendigung der Tat erst am 14. Dezember 1995, dem Tag, als bei Dr. P. eine Hausdurchsuchung im Hinblick auf die ihm zur Last liegenden Taten stattfand, sprechen. Dass der Angeklagte darüber hinaus für Dr. P. das Rubrikkonto „Holgart“ treuhänderisch verwaltet hat, konnte die Kammer nicht feststellen.

II.

87
Die Einstellung hinsichtlich des Vorwurfs der Bestechung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil das Landgericht insoweit keine hinreichenden Feststellungen getroffen hat, die dem Revisionsgericht die Prüfung ermöglichen , wann die Tat ihre Beendigung fand. Das Urteil genügt in diesem Zusammenhang nicht den Anforderungen, die an ein Einstellungsurteil wegen Verjährung zu stellen sind.
88
1. Insoweit gilt allgemein:
89
In den Urteilsgründen eines Einstellungsurteils wegen Verjährung muss grundsätzlich, von der zugelassenen Anklage ausgehend, in revisionsrechtlich nachprüfbarer Weise dargelegt werden, aus welchen Gründen die Durchführung des Strafverfahrens unzulässig ist, d.h. die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen des Verfahrenshindernisses sind festzustellen und anzugeben. Der Umfang der Darlegung richtet sich nach den besonderen Gegebenheiten des Einzelfalles, insbesondere nach der Eigenart des Verfahrenshindernisses (BGH, Urteil vom 19. Oktober 2010 - 1 StR 266/10, BGHSt 56, 6 mwN).
90
Gerade bei der Prüfung der Voraussetzungen der Verjährung sind die tatsächlichen Voraussetzungen des behaupteten Verfahrenshindernisses, das zur Einstellung des Verfahrens nach § 260 Abs. 3 StPO führen müsste, hinreichend festzustellen. Hier benötigt ein Einstellungsurteil eine vom Tatrichter festzustellende Sachverhaltsgrundlage. Erst auf dieser Grundlage lässt sich die Verjährungsfrage beurteilen. Daher sind in solchen Fällen eine umfassende Beweisaufnahme und detaillierte Feststellungen zum Tatgeschehen erforderlich , bevor die Verjährungsfrage beurteilt werden kann (BGH aaO mwN).
91
Die Sachverhaltsdarstellung sollte dabei - unbeschadet des Grundsatzes der Einheit der Urteilsgründe - in sich geschlossen sein. Verteilen sich die Feststellungen - wie hier - auf unterschiedliche Passagen des Urteils und wird nicht zwischen der Darlegung des Tatgeschehens, der Beweiswürdigung und der rechtlichen Würdigung unterschieden, so kann das Urteil dem Leser die wesentlichen , die Entscheidung tragenden tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Erwägungen ohne aufwändige eigene Bemühungen nicht vermitteln (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Februar 2009 - 1 StR 687/08, NStZ-RR 2009, 183).
92
2. Diesen Anforderungen an ein Einstellungsurteil wird das angefochtene Urteil nicht gerecht.
93
a) Das Urteil teilt bereits nicht mit, welchen konkreten Inhalt die zwischen dem Angeklagten und dem Zeugen Dr. P. getroffene Unrechtsvereinbarung hatte. Vielmehr erschöpfen sich die Feststellungen im Urteil darin, dass „der Angeklagte dem Mitverfolgten Dr. P. aufgrund vorangegangener Unrechtsvereinbarung letztmals am 28. April 1992 eine Bestechungssumme von 500.000,-- DM ausbezahlt“. Hinreichend konkrete Feststellungen zum Inhalt der Unrechtsvereinbarung sind indes für die revisionsrechtliche Überprüfung, ob die Strafkammer zu Recht den Eintritt der Verfolgungsverjährung bejaht hat, von erheblicher Bedeutung. Denn grundsätzlich gilt, dass erst dann, wenn der Beamte die Amtshandlung vollzogen und den Vorteil, den er dafür forderte oder sich versprechen ließ, in seinem letzten Stück erhalten und angenommen hat, die Tat beendet ist (BGH, Urteil vom 30. April 1957 - 1 StR 287/56, BGHSt 10, 237, 243; BGH, Urteil vom 22. Mai 1958 - 1 StR 551/57, BGHSt 11, 345). Erforderlich ist daher, dass sich die Feststellungen zur Unrechtsvereinbarung insbesondere auch dazu verhalten, welchen Bestechungslohn der Beamte erhalten und wie die Zuwendung des Bestechungslohns konkret ausgestaltet werden sollte.
94
Vor diesem Hintergrund ist auch die Formulierung, dass die Zahlung „aufgrund vorangegangener Unrechtsvereinbarung letztmals“ erfolgte, nicht hinreichend aussagekräftig. Ihr kann insbesondere nicht der alleinige Erklärungsinhalt beigemessen werden, dass der gesamte Bestechungslohn mit der Zahlung der fraglichen 500.000 DM am 28. April 1992 dem Bestochenen zugeflossen ist. Denn insoweit ergeben sich aufgrund der Feststellungen insgesamt allenfalls Zahlungen an Dr. P. in Höhe von 877.000 DM, wohingegen etwa die zugelassene Anklage einen vereinbarten Bestechungslohn von 3.800.000 DM annimmt.
95
b) Der Darlegungsmangel wird auch nicht durch weitere Ausführungen im Urteil beseitigt. Namentlich die sich unmittelbar an die vorstehende Feststel- lung anschließende rechtliche Würdigung „An diesem Tag [gemeint ist der 28. April 1999] also waren die Bestechungshandlungen des Angeklagten beendet und begann insofern die Verjährung (vgl. BGH aaO BGHSt 11, 345, 347)“, ist nicht geeignet die erforderlichen Feststellungen zu ersetzen. Insbesondere kann dieser rechtlichen Würdigung - noch dazu im Zusammenspiel mit dem in der zitierten Fundstelle angeführten Rechtssatz - kein wie auch immer gearteter Feststellungsinhalt beigemessen werden. Auch insoweit ist zu berücksichtigen, dass in der Anklage, die im Eröffnungsbeschluss unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen wurde, dem Angeklagten zur Last gelegt wird, dem gesondert verfolgten Dr. P. einen Bestechungslohn von 3.800.000 DM versprochen zu haben.
96
c) Weitergehende Feststellungen waren zur Unrechtsvereinbarung auch nicht deshalb entbehrlich, weil der Bestochene bereits am 29. Februar 1992 aus seinem Amt ausgeschieden war.
97
aa) Zwar beginnt die Verjährung der Bestechlichkeit nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs spätestens mit dem Ausscheiden des Täters als Beamter, was auch dann gilt, wenn er noch später Vorteile für seine frühere Bestechlichkeit erhält und annimmt (vgl. BGH, Urteil vom 22. Mai 1958 - 1 StR 551/57, BGHSt 11, 345). Diese Rechtsprechung wird in der Kommentarliteratur ohne weiteres auf die Bestechung übertragen (Fischer, StGB, 56. Aufl., § 331 Rn. 30a).
98
bb) Der Senat kann offen lassen, ob er an seiner bisherigen Rechtsprechung zur Bestechlichkeit festhält. Sie ist jedenfalls nicht auf den Tatbestand der Bestechung zu übertragen. Im Einzelnen ist insoweit Folgendes zu sehen:
99
(1) Wesentlicher Gesichtspunkt, auf den die bisherige Meinung des Senats hinsichtlich der Beendigung der Bestechlichkeit gestützt wurde, war, dass Vergehen gegen §§ 331, 332 StGB nur begehen kann, wer Beamter ist. Verliert jemand das Amt und die Eigenschaft als Beamter, empfängt er aber gleichwohl noch Vorteile aus einer früheren Bestechlichkeit, so setze er diese nicht mehr in strafbarer Weise fort. Strafloses Handeln sei für die Strafverfolgung und deshalb auch für ihre Verjährung nicht bedeutsam. Diese beginne mit der Beendigung strafbaren Verhaltens (BGH, Urteil vom 22. Mai 1958 - 1 StR 551/57, BGHSt 11, 345).
100
(2) Gegen diese Begründung sprechen freilich gewichtige Argumente. Insoweit gelten nachfolgende Grundsätze:
101
(a) Gemäß § 78a Satz 1 StGB beginnt die Verjährung, sobald die Tat beendet ist. Nach dem vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung angewendeten materiellen Beendigungsbegriff ist dies erst der Fall, wenn der Täter sein rechtsverneinendes Tun insgesamt abschließt, das Tatunrecht mithin tatsächlich in vollem Umfang verwirklicht ist. Dies bedeutet, dass die Beendigung der Tat nicht allein an die weitere Verwirklichung tatbestandlich umschriebener Merkmale der Straftat nach deren Vollendung anknüpft. Vielmehr zählen zur Tatbeendigung auch solche Umstände, die - etwa weil der Gesetzgeber zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsgüterschutzes einen Deliktstypus mit vorverlagertem Vollendungszeitpunkt gewählt hat - zwar nicht mehr von der objektiven Tatbestandsbeschreibung erfasst werden, aber dennoch das materielle Unrecht der Tat vertiefen, weil sie den Angriff auf das geschützte Rechtsgut perpetuieren oder gar intensivieren (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juni 2008 - 3 StR 90/08, BGHSt 52, 300 mwN auch zur Gegenansicht).
102
(b) Für den Straftatbestand der Bestechlichkeit bedeutet dies: Sind sich der Amtsträger und der Bestechende über die pflichtwidrige Diensthandlung sowie die hierfür zu erbringende Gegenleistung einig und wird die Unrechtsvereinbarung auch tatsächlich vollständig umgesetzt, so kommt es für die Tatbeendigung auf die jeweils letzte Handlung zur Erfüllung der Unrechtsvereinbarung an.
103
Wird die pflichtwidrige Diensthandlung hingegen erst nach der Zuwendung des Vorteils vorgenommen, so führt somit erst dies zur Beendigung der Tat. Zwar ist die Vornahme der pflichtwidrigen Diensthandlung nicht objektives tatbestandliches Element des § 332 Abs. 1 Satz 1 StGB; die Bestechlichkeit ist vielmehr bereits dann vollendet, wenn der Amtsträger für eine ausgeübte oder künftige pflichtwidrige Diensthandlung einen Vorteil fordert, sich versprechen lässt oder annimmt. Die pflichtwidrige Diensthandlung ist aber dennoch zentraler Bezugspunkt all dieser Tatbestandsvarianten. Sie umschreibt den materiellen Unrechtskern, der den Tatbestand der Bestechlichkeit von dem der Vor- teilsannahme abhebt und die im Vergleich zu § 331 Abs. 1 StGB erhöhte Strafandrohung rechtfertigt; dies gilt selbst im Falle einer für sich fehlerfreien Ermessensentscheidung , deren Pflichtwidrigkeit allein dadurch begründet wird, dass der Amtsträger sich bei der Entscheidung durch den Vorteil beeinflussen lässt oder sich wenigstens beeinflussbar zeigt (§ 332 Abs. 3 Nr. 2 StGB). Wird die pflichtwidrige Diensthandlung erst nach der Zuwendung des Vorteils vorgenommen , so findet der Angriff auf das Schutzgut des § 331 StGB erst darin seinen Abschluss; denn die Lauterkeit der Amtsausübung sowie das öffentliche Vertrauen in diese werden am nachhaltigsten dadurch beeinträchtigt, dass der durch die Bestechung befangene Amtsträger den "Staatswillen" tatsächlich verfälscht , indem er die erkaufte pflichtwidrige Diensthandlung ausübt (BGH aaO mwN).
104
(c) Für den Tatbestand der Bestechung besteht kein Anlass von diesen Grundsätzen abzuweichen. Für die Beurteilung des vorliegenden Falles bedeutet dies, dass der Abschluss des rechtsverneinenden Tuns in der Auszahlung des gesamten für die Tat vereinbarten Bestechungslohns zu erblicken ist, wenn diese der Diensthandlung nachfolgt. So wie die Vornahme der Diensthandlung auf Seiten des Bestochenen der zentrale Bezugspunkt des Tatbestands ist, erweist sich die Zahlung des Bestechungslohns als der Gesichtspunkt, der das Tatunrecht tatsächlich in vollem Umfang verwirklicht.
105
Ob der Bestochene zur Zeit der Zahlung des Bestechungslohns noch in dem Amtsverhältnis steht, ist demgegenüber jedenfalls für die Beendigung der Bestechung unbeachtlich. Vielmehr ist insoweit lediglich erforderlich, aber auch ausreichend, dass er zur Zeit der Unrechtsvereinbarung tauglicher Täter einer Vorteilsannahme bzw. Bestechlichkeit war. Der Fortbestand des Amtsverhältnisses über diesen Zeitpunkt hinaus ist für den materiellen Unrechtskern der Bestechung ohne Bedeutung. Dies gilt umso mehr, als dass die „Gewährung des Vorteils“- anders die Vornahme der Diensthandlung im Falle der Vorteilsannahme bzw. der Bestechlichkeit - als das die Tatbeendigung markierende Ereignis vom Tatbestand der §§ 333, 334 StGB erfasst und als eigenständige Tathandlungsalternative mit den anderen Alternativen (Anbieten und Versprechen eines Vorteils) regelmäßig zu tatbestandlicher Handlungseinheit verknüpft ist (BGH, Urteil vom 10. Mai 2001 - 3 StR 549/00, BGHSt 47, 22; BGH, Urteil vom 13. Oktober 1994 - 1 StR 614/93, NStZ 1995, 92). Hinzu kommt, dass es ansonsten zu schwer nachvollziehbaren Strafbarkeitslücken kommen könnte (vgl. insoweit aber Fischer, StGB, 58. Aufl., § 331 Rn. 24b mwN).
106
(d) Demgemäß ist bei sukzessiver Zahlung des Bestechungslohns jedenfalls , soweit - wie hier angeklagt, aber nicht aufgeklärt - ein von vornherein feststehender Betrag den Bestochenen zugewendet werden soll, die Tat regelmäßig erst mit der Zahlung des letzten Teils des Bestechungslohns beendet, auch wenn der Bestochene zuvor aus dem Amt ausgeschieden ist.
107
3. Die Einstellung des Verfahrens im Hinblick auf den Vorwurf der Bestechung kann danach keinen Bestand haben. Der Senat kann nicht ausschließen , dass es in einer neuen Hauptverhandlung insoweit zu einer Verurteilung nach § 334 StGB in der zur Tatzeit geltenden Fassung kommt. Denn soweit mit der Zahlung am 28. April 1992 die zwischen dem Angeklagten und Dr. P. getroffene Unrechtsvereinbarung noch nicht in vollem Umfang vollzogen war, kommt auf Grundlage des bisherigen Sachstands in Betracht, dass die Bestechung erst mit der am 14. Dezember 1995 erfolgten Durchsuchung der Wohnung des Zeugen Dr. P. beendet ist. Dann hätte sich das Versprechen bzw. die Unrechtsvereinbarung als endgültig fehlgeschlagen erwiesen (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juni 2003 - 5 StR 489/02, NStZ 2004, 41). Ausgehend von die- sem Beendigungszeitpunkt wäre die Tat zur Zeit des Zugangs des Auslieferungsersuchens an die kanadischen Behörden und zur Zeit des Inkrafttretens des § 78b Abs. 5 StGB noch nicht verjährt gewesen.
108
Das Urteil war deshalb auch insoweit mit den Feststellungen aufzuheben. Ausgenommen werden hiervon die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen , soweit sie die Einrichtung der Rubrikkonten „Holgart“ und die diesbezüglichen Kontobewegungen zum Gegenstand haben. Diese Feststellungen sind von dem aufgezeigten Darlegungsmangel nicht betroffen.
109
Keinen Bestand haben die Feststellungen dazu, dass hinter der Bezeichnung „Holgart“ der ehemalige Staatssekretär Dr. P. stand und dass die Konten durch den Angeklagten nicht treuhänderisch gehalten wurden. Hinsichtlich dieser den Angeklagten mit Blick auf den Tatbestand der Bestechung belastenden Feststellungen hatte der Angeklagte bislang keine Möglichkeit, sich mit seiner Revision zu verteidigen.

C.

110
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
111
1. Der neue Tatrichter wird Gelegenheit haben, die Frage der Ansässigkeit des Angeklagten in den verfahrensgegenständlichen Veranlagungszeiträumen anhand der in § 4 DBA Kanada 1981 genannten Kriterien aufzuklären. Für die diesbezüglich von Amts wegen bestehende Aufklärungspflicht gilt:
112
Dem Tatrichter ist es dabei erlaubt und aufgegeben, das bisherige Ergebnis seiner Beweisaufnahme zugrunde zu legen. Das sonst im Beweisantragsrecht weitgehend herrschende Verbot einer Beweisantizipation gilt nicht.
Der Tatrichter darf also seine Entscheidung davon abhängig machen, welche Ergebnisse von der Beweisaufnahme - vor dem Hintergrund des bisherigen Beweisergebnisses - zu erwarten sind und wie diese zu erwartenden Ergebnisse zu würdigen wären (BGH, Beschluss vom 5. September 2000 - 1 StR 325/00, NJW 2001, 695; Urteil vom 9. Juni 2005 - 3 StR 269/04, NStZ 2005,

701).


113
Bei dieser Prognose könnte die bestandskräftige Feststellung, dass der Angeklagte seine Provisionseinkünfte in Kanada nicht versteuert hat und dass diese auch dort nicht versteuert wurden, ein gewichtiges Indiz dafür sein, dass er i.S.d. DBA nicht in Kanada ansässig war. Weitere Beweisumstände für den Ort der Ansässigkeit können sich möglicherweise aus den Unterlagen zu seinen deutschen Einkommensteuererklärungen, den finanzgerichtlichen Akten und den Auslieferungsunterlagen ergeben.
114
Zu der Frage, ob die Aufklärungspflicht insoweit auch zur Vernehmung von Auslandszeugen drängt, und zur Bewertung des dadurch möglicherweise zu erzielenden Beweisergebnisses verweist der Senat auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 12. Oktober 1999 - 1 StR 109/99, NStZ 2000, 156, vom 7. Mai 2008 - 5 StR 634/07 und vom 14. September 2004 - 4 StR 309/04, StV 2005, 115 sowie des Bundesverfassungsgerichts vom 2. Oktober 2003 - 2 BvR 149/03, NStZ 2004, 214.
115
Falls der Angeklagte eine Ansässigkeit in Kanada - sei es auch in Form eines förmlichen Beweisantrags - durch Auslandszeugen unter Beweis stellt, gilt, wenn eine Bescheidung nach § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO in Erwägung gezogen wird, derselbe Maßstab der Aufklärungspflicht (BGH, Beschluss vom 5. September 2000 - 1 StR 325/00, NJW 2001, 695).

116
2. Sollte das neue Tatgericht hingegen zu der Überzeugung gelangen, dass der Angeklagte in den verfahrensgegenständlichen Veranlagungszeiträumen in Kanada ansässig war, schlösse dies eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen Steuerhinterziehung nicht von vornherein aus. Denn nach Art. 7 Abs. 1 Satz 2 DBA Kanada 1981 stünde der Bundesrepublik Deutschland auch in diesem Fall das Besteuerungsrechtfür Einkünfte aus deutschen Quellen zu. Eine eingetretene Strafbarkeit würde dabei auch dann nicht nachträglich wieder entfallen , wenn gemäß Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 im Ergebnis die Besteuerung an Kanada zurückgefallen sein sollte, weil die deutschen Finanzbehörden in Unkenntnis von den vom Angeklagten verschwiegenen Besteuerungsgrundlagen eine Besteuerung insoweit nicht durchgeführt haben.
117
3. Sollte das Landgericht für die Gewinnermittlung die Besteuerungsgrundlagen erneut zu schätzen haben, wird es zunächst die Gewinnermittlungsmethode festzustellen haben (zu den Voraussetzungen einer Schätzung vgl. BGH, Beschluss vom 10. November 2009 - 1 StR 283/09, NStZ 2010, 635, 636). Denn zu schätzen sind nicht die verkürzten Steuern, sondern die je nach Gewinnermittlungsmethode maßgeblichen Besteuerungsgrundlagen (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Juli 2007 - 5 StR 251/07, wistra 2007, 470).
118
Welche Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln sind, hängt von der Gewinnermittlungsmethode ab. Maßgeblich für die Schätzung ist daher, ob der Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG, § 5 EStG) oder nach Maßgabe von § 4 Abs. 3 EStG als Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben zu bestimmen war. Betriebsvermögensvergleich und Einnahme-Überschussrechnung sind zwei unterschiedliche, aber grundsätzlich gleichwertige Gewinnermittlungsmethoden. Die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich als Grundform hat nur Bedeutung für die Frage, nach welcher Methode der Gewinn zu ermitteln ist, wenn der Steuerpflichtige keine (wirksame) Wahl für die eine oder andere Gewinnermittlungsart getroffen hat. In einem solchen Fall bleibt es bei der Grundform des § 4 Abs. 1 EStG, also bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich (BFH, Urteil vom 19. März 2009 - IV R 57/07, BFHE 224, 513). Formal wird das Wahlrecht dabei allein durch die Bestandskraft der Steuerfestsetzung bzw. Feststellung begrenzt. In materiell-rechtlicher Hinsicht wird das Wahlrecht auch durch die in § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG genannten Voraussetzungen beschränkt (BFH, Urteil vom 21. Juli 2009 - X R 46/08, BFH/NV 2010, 186). Im vorliegenden Fall könnte sich möglicherweise aus den vom Angeklagten eingereichten Steuererklärungen die Ausübung des Wahlrechts entnehmen lassen (vgl. BFH, Urteil vom 24. September 2008 - X R 58/06, BFHE 223, 80).
119
Die für die Bestimmung des tatbestandlichen Schuldumfangs (ggf. durch Schätzung) maßgeblichen Besteuerungsgrundlagen hängen auch davon ab, ob im Rahmen der steuerlichen Erklärungen nicht geltend gemachte steuermindernde Tatsachen bei der Feststellung der Steuerverkürzung wegen des Kompensationsverbots (§ 370 Abs. 4 Satz 3 AO) nicht zu berücksichtigen sind. Auf diese hat sich - sofern trennbar - die Schätzung der für den tatbestandlichen Schuldumfang bedeutsamen Tatsachen auch nicht zu erstrecken. Nicht vom Kompensationsverbot erfasst werden im Ergebnis auch solche Umstände, die als Faktoren im Rahmen der Schätzung selbst berücksichtigt werden müssen (vgl. Wulf in MüKo-StGB § 370 AO Rn. 149). In die Schätzung einbezogen werden müssen jedenfalls solche steuermindernde Faktoren, für die das Kompensationsverbot ohnehin nicht gilt, weil sie mit den verschwiegenen steuererhöhenden Umständen in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, so dass die Steuerermäßigung nicht „aus anderen Gründen“ zu erfol- gen hat. Hierunter fallen namentlich solche Betriebsausgaben, die unmittelbar mit verschwiegenen Betriebseinnahmen zusammenhängen, nicht aber solche Betriebsausgaben, die andere als die nicht verbuchten Geschäfte betreffen (vgl. auch BGH, Urteil vom 18. November 1960 - 4 StR 131/60, BStBl I 1961, 496; siehe auch Jäger in Klein, AO, 10. Aufl., § 370 Rn. 136 mwN).
120
Die vom Kompensationsverbot erfassten steuermindernden Umstände sind dann aber bei der Strafzumessung zu berücksichtigen (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 8. Januar 2008 - 5 StR 582/07, wistra 2008, 153); ihr Umfang ist erforderlichenfalls ebenfalls durch Schätzung zu bestimmen.
121
Wiegen die steuermindernden Tatsachen - einschließlich derjenigen, die dem Kompensationsverbot unterfallen - und die verschwiegenen steuererhöhenden Faktoren sich gegenseitig auf, kann dies ein Umstand sein, der für die Frage des Hinterziehungsvorsatzes von Bedeutung sein kann (vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 1990 - 3 StR 16/90, NStZ 1991, 89). Nach den bislang getroffenen Feststellungen liegt hier allerdings angesichts der Höhe der verschwiegenen Einkünfte und der vom Angeklagten getroffenen Verschleierungsmaßnahmen das Fehlen eines Hinterziehungsvorsatzes fern.
122
4. Die - isoliert betrachtet rechtsfehlerfreien - Ausführungen des Landgerichts zur Annahme eines unbenannten besonders schweren Falles i.S.d. § 370 Abs. 3 Satz 1 AO (vgl. UA S. 110 f.) geben dem Senat Anlass zu dem Hinweis, dass diejenigen Umstände, die allein zur Einstufung des Falles als besonders schwer herangezogen worden sind und damit zur Wahl des erhöhten Strafrahmens geführt haben, im Rahmen der Strafzumessung im engeren Sinne nicht nochmals erschwerend berücksichtigt werden dürfen (vgl. für den Fall eines verwirklichten Regelbeispiels BGH, Beschluss vom 22. April 2004 - 3 StR 113/04, NStZ-RR 2004, 262).
123
5. Auch wenn - wie vom Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt - das Verfahren besonderes Aufsehen in der Öffentlichkeit erregt hat und die Taten des Angeklagten nicht nur wegen des hohen Schadens, den sie verursachten , sondern auch aus anderen Gründen besonders schwer wiegen, bedarf es, um generalpräventive Gesichtspunkte strafschärfend zu berücksichtigen , der Feststellung, dass es zu einer gemeinschaftsgefährdenden Zunahme von Straftaten kam, wie sie zur Aburteilung stehen (BGH, Beschluss vom 8. Mai 2007 - 4 StR 173/07, NStZ 2007, 702 mwN). Solche Feststellungen sind bisher nicht getroffen.
124
6. Wenngleich die vom Angeklagten im Auslieferungsverfahren bemühten zahlreichen Rechtmittel angesichts ihrer überwiegenden Erfolglosigkeit durchaus missbräuchlichen Charakter aufweisen, erscheint fraglich, ob die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift des § 51 Abs. 1 Satz 2 StGB gegeben sind. Denn die Anwendung von § 51 Abs. 1 Satz 2 StGB kommt bei einem Verhalten in Betracht, das nicht der Verteidigung des Täters dient und entweder gerade darauf abzielt, eine (angeordnete) U-Haft zu verlängern, um sich durch deren spätere Anrechnung einen Vorteil bei der Strafvollstreckung zu verschaffen , oder den Zweck verfolgt, das Verfahren aus anderen Gründen böswillig zu verschleppen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Februar 1999 - 4 StR 49/99, NStZ 1999, 347). Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Angeklagte allein in der Absicht handelte, seine Auslieferung zu verhindern und eine Verschleppung des Verfahrens indes lediglich als Folge seiner von anderweitigen Motiven getragenen Vorgehensweise hinnahm.
125
Das neue Tatgericht wird bei einer etwaigen Anrechnungsentscheidung auch Gelegenheit haben, nach § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB den Anrechnungsmaßstab zu bestimmen.
Nack Wahl Rothfuß Hebenstreit Sander

(1)1Gewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen.2Entnahmen sind alle Wirtschaftsgüter (Barentnahmen, Waren, Erzeugnisse, Nutzungen und Leistungen), die der Steuerpflichtige dem Betrieb für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Laufe des Wirtschaftsjahres entnommen hat.3Einer Entnahme für betriebsfremde Zwecke steht der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder der Nutzung eines Wirtschaftsguts gleich; dies gilt auf Antrag auch in den Fällen, in denen die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts entfällt und in einem anderen Staat eine Besteuerung auf Grund des Ausschlusses oder der Beschränkung des Besteuerungsrechts dieses Staates hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung des Wirtschaftsguts erfolgt.4Ein Ausschluss oder eine Beschränkung des Besteuerungsrechts hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts liegt insbesondere vor, wenn ein bisher einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen zuzuordnendes Wirtschaftsgut einer ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen ist.5Satz 3 gilt nicht für Anteile an einer Europäischen Gesellschaft oder Europäischen Genossenschaft in den Fällen

1.
einer Sitzverlegung der Europäischen Gesellschaft nach Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) (ABl. EG Nr. L 294 S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 885/2004 des Rates vom 26. April 2004 (ABl. EU Nr. L 168 S. 1), und
2.
einer Sitzverlegung der Europäischen Genossenschaft nach Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE) (ABl. EU Nr. L 207 S. 1).
6Ein Wirtschaftsgut wird nicht dadurch entnommen, dass der Steuerpflichtige zur Gewinnermittlung nach § 13a übergeht.7Eine Änderung der Nutzung eines Wirtschaftsguts, die bei Gewinnermittlung nach Satz 1 keine Entnahme ist, ist auch bei Gewinnermittlung nach § 13a keine Entnahme.8Einlagen sind alle Wirtschaftsgüter (Bareinzahlungen und sonstige Wirtschaftsgüter), die der Steuerpflichtige dem Betrieb im Laufe des Wirtschaftsjahres zugeführt hat; einer Einlage steht die Begründung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts gleich.9In den Fällen des Satzes 3 zweiter Halbsatz gilt das Wirtschaftsgut als unmittelbar nach der Entnahme wieder eingelegt.10Bei der Ermittlung des Gewinns sind die Vorschriften über die Betriebsausgaben, über die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung zu befolgen.

(2)1Der Steuerpflichtige darf die Vermögensübersicht (Bilanz) auch nach ihrer Einreichung beim Finanzamt ändern, soweit sie den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung unter Befolgung der Vorschriften dieses Gesetzes nicht entspricht; diese Änderung ist nicht zulässig, wenn die Vermögensübersicht (Bilanz) einer Steuerfestsetzung zugrunde liegt, die nicht mehr aufgehoben oder geändert werden kann.2Darüber hinaus ist eine Änderung der Vermögensübersicht (Bilanz) nur zulässig, wenn sie in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Änderung nach Satz 1 steht und soweit die Auswirkung der Änderung nach Satz 1 auf den Gewinn reicht.

(3)1Steuerpflichtige, die nicht auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und die auch keine Bücher führen und keine Abschlüsse machen, können als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen.2Hierbei scheiden Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben aus, die im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt werden (durchlaufende Posten).3Die Vorschriften über die Bewertungsfreiheit für geringwertige Wirtschaftsgüter (§ 6 Absatz 2), die Bildung eines Sammelpostens (§ 6 Absatz 2a) und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung sind zu befolgen.4Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, für Anteile an Kapitalgesellschaften, für Wertpapiere und vergleichbare nicht verbriefte Forderungen und Rechte, für Grund und Boden sowie Gebäude des Umlaufvermögens sind erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder bei Entnahme im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.5Die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens und Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens im Sinne des Satzes 4 sind unter Angabe des Tages der Anschaffung oder Herstellung und der Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder des an deren Stelle getretenen Werts in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufzunehmen.

(4) Betriebsausgaben sind die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind.

(4a)1Schuldzinsen sind nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind.2Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen.3Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden typisiert mit 6 Prozent der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt; bei der Ermittlung der Überentnahme ist vom Gewinn ohne Berücksichtigung der nach Maßgabe dieses Absatzes nicht abziehbaren Schuldzinsen auszugehen.4Der sich dabei ergebende Betrag, höchstens jedoch der um 2 050 Euro verminderte Betrag der im Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen, ist dem Gewinn hinzuzurechnen.5Der Abzug von Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bleibt unberührt.6Die Sätze 1 bis 5 sind bei Gewinnermittlung nach § 4 Absatz 3 sinngemäß anzuwenden; hierzu sind Entnahmen und Einlagen gesondert aufzuzeichnen.

(5)1Die folgenden Betriebsausgaben dürfen den Gewinn nicht mindern:

1.
Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind.2Satz 1 gilt nicht, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der dem Empfänger im Wirtschaftsjahr zugewendeten Gegenstände insgesamt 35 Euro nicht übersteigen;
2.
Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass, soweit sie 70 Prozent der Aufwendungen übersteigen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen und deren Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen sind.2Zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen hat der Steuerpflichtige schriftlich die folgenden Angaben zu machen: Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie Höhe der Aufwendungen.3Hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, so genügen Angaben zu dem Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung; die Rechnung über die Bewirtung ist beizufügen;
3.
Aufwendungen für Einrichtungen des Steuerpflichtigen, soweit sie der Bewirtung, Beherbergung oder Unterhaltung von Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, dienen (Gästehäuser) und sich außerhalb des Orts eines Betriebs des Steuerpflichtigen befinden;
4.
Aufwendungen für Jagd oder Fischerei, für Segeljachten oder Motorjachten sowie für ähnliche Zwecke und für die hiermit zusammenhängenden Bewirtungen;
5.
Mehraufwendungen für die Verpflegung des Steuerpflichtigen.2Wird der Steuerpflichtige vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig, sind die Mehraufwendungen für Verpflegung nach Maßgabe des § 9 Absatz 4a abziehbar;
6.
Aufwendungen für die Wege des Steuerpflichtigen zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten, soweit in den folgenden Sätzen nichts anderes bestimmt ist.2Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 und Nummer 5 Satz 5 bis 7 und Absatz 2 entsprechend anzuwenden.3Bei der Nutzung eines Kraftfahrzeugs dürfen die Aufwendungen in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,03 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 des Kraftfahrzeugs im Zeitpunkt der Erstzulassung je Kalendermonat für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 oder Absatz 2 ergebenden Betrag sowie Aufwendungen für Familienheimfahrten in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 5 bis 7 oder Absatz 2 ergebenden Betrag den Gewinn nicht mindern; ermittelt der Steuerpflichtige die private Nutzung des Kraftfahrzeugs nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 1 oder Satz 3, treten an die Stelle des mit 0,03 oder 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises ermittelten Betrags für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten die auf diese Fahrten entfallenden tatsächlichen Aufwendungen; § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 3 zweiter Halbsatz gilt sinngemäß.4§ 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 8 und Nummer 5 Satz 9 gilt entsprechend;
6a.
die Mehraufwendungen für eine betrieblich veranlasste doppelte Haushaltsführung, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 1 bis 4 abziehbaren Beträge und die Mehraufwendungen für betrieblich veranlasste Übernachtungen, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5a abziehbaren Beträge übersteigen;
6b.
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung.2Dies gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.3Anstelle der Aufwendungen kann pauschal ein Betrag von 1 260 Euro (Jahrespauschale) für das Wirtschafts- oder Kalenderjahr abgezogen werden.4Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nach Satz 2 nicht vorliegen, ermäßigt sich der Betrag von 1 260 Euro um ein Zwölftel;
6c.
für jeden Kalendertag, an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird, kann für die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung ein Betrag von 6 Euro (Tagespauschale), höchstens 1 260 Euro im Wirtschafts- oder Kalenderjahr, abgezogen werden.2Steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, ist ein Abzug der Tagespauschale zulässig, auch wenn die Tätigkeit am selben Kalendertag auswärts oder an der ersten Tätigkeitsstätte ausgeübt wird.3Der Abzug der Tagespauschale ist nicht zulässig, soweit für die Wohnung Unterkunftskosten im Rahmen der Nummer 6a oder des § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 abgezogen werden können oder soweit ein Abzug nach Nummer 6b vorgenommen wird;
7.
andere als die in den Nummern 1 bis 6 und 6b bezeichneten Aufwendungen, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berühren, soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind;
8.
Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder, die von einem Gericht oder einer Behörde im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder von einem Mitgliedstaat oder von Organen der Europäischen Union festgesetzt wurden sowie damit zusammenhängende Aufwendungen.2Dasselbe gilt für Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, die in einem berufsgerichtlichen Verfahren erteilt werden, soweit die Auflagen oder Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen.3Die Rückzahlung von Ausgaben im Sinne der Sätze 1 und 2 darf den Gewinn nicht erhöhen.4Das Abzugsverbot für Geldbußen gilt nicht, soweit der wirtschaftliche Vorteil, der durch den Gesetzesverstoß erlangt wurde, abgeschöpft worden ist, wenn die Steuern vom Einkommen und Ertrag, die auf den wirtschaftlichen Vorteil entfallen, nicht abgezogen worden sind; Satz 3 ist insoweit nicht anzuwenden;
8a.
Zinsen auf hinterzogene Steuern nach § 235 der Abgabenordnung und Zinsen nach § 233a der Abgabenordnung, soweit diese nach § 235 Absatz 4 der Abgabenordnung auf die Hinterziehungszinsen angerechnet werden;
9.
Ausgleichszahlungen, die in den Fällen der §§ 14 und 17 des Körperschaftsteuergesetzes an außenstehende Anteilseigner geleistet werden;
10.
die Zuwendung von Vorteilen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen, wenn die Zuwendung der Vorteile eine rechtswidrige Handlung darstellt, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt.2Gerichte, Staatsanwaltschaften oder Verwaltungsbehörden haben Tatsachen, die sie dienstlich erfahren und die den Verdacht einer Tat im Sinne des Satzes 1 begründen, der Finanzbehörde für Zwecke des Besteuerungsverfahrens und zur Verfolgung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten mitzuteilen.3Die Finanzbehörde teilt Tatsachen, die den Verdacht einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit im Sinne des Satzes 1 begründen, der Staatsanwaltschaft oder der Verwaltungsbehörde mit.4Diese unterrichten die Finanzbehörde von dem Ausgang des Verfahrens und den zugrundeliegenden Tatsachen;
11.
Aufwendungen, die mit unmittelbaren oder mittelbaren Zuwendungen von nicht einlagefähigen Vorteilen an natürliche oder juristische Personen oder Personengesellschaften zur Verwendung in Betrieben in tatsächlichem oder wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, deren Gewinn nach § 5a Absatz 1 ermittelt wird;
12.
Zuschläge nach § 162 Absatz 4 der Abgabenordnung;
13.
Jahresbeiträge nach § 12 Absatz 2 des Restrukturierungsfondsgesetzes.
2Das Abzugsverbot gilt nicht, soweit die in den Nummern 2 bis 4 bezeichneten Zwecke Gegenstand einer mit Gewinnabsicht ausgeübten Betätigung des Steuerpflichtigen sind.3§ 12 Nummer 1 bleibt unberührt.

(5a) (weggefallen)

(5b) Die Gewerbesteuer und die darauf entfallenden Nebenleistungen sind keine Betriebsausgaben.

(6) Aufwendungen zur Förderung staatspolitischer Zwecke (§ 10b Absatz 2) sind keine Betriebsausgaben.

(7)1Aufwendungen im Sinne des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 6b und 7 sind einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen.2Soweit diese Aufwendungen nicht bereits nach Absatz 5 vom Abzug ausgeschlossen sind, dürfen sie bei der Gewinnermittlung nur berücksichtigt werden, wenn sie nach Satz 1 besonders aufgezeichnet sind.

(8) Für Erhaltungsaufwand bei Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen sowie bei Baudenkmalen gelten die §§ 11a und 11b entsprechend.

(9)1Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung oder für sein Studium sind nur dann Betriebsausgaben, wenn der Steuerpflichtige zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen hat.2§ 9 Absatz 6 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend.

(10) § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5b ist entsprechend anzuwenden.

(1)1Bei Gewerbetreibenden, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, oder die ohne eine solche Verpflichtung Bücher führen und regelmäßig Abschlüsse machen, ist für den Schluss des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen (§ 4 Absatz 1 Satz 1), das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist, es sei denn, im Rahmen der Ausübung eines steuerlichen Wahlrechts wird oder wurde ein anderer Ansatz gewählt.2Voraussetzung für die Ausübung steuerlicher Wahlrechte ist, dass die Wirtschaftsgüter, die nicht mit dem handelsrechtlich maßgeblichen Wert in der steuerlichen Gewinnermittlung ausgewiesen werden, in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufgenommen werden.3In den Verzeichnissen sind der Tag der Anschaffung oder Herstellung, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, die Vorschrift des ausgeübten steuerlichen Wahlrechts und die vorgenommenen Abschreibungen nachzuweisen.

(1a)1Posten der Aktivseite dürfen nicht mit Posten der Passivseite verrechnet werden.2Die Ergebnisse der in der handelsrechtlichen Rechnungslegung zur Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken gebildeten Bewertungseinheiten sind auch für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich.

(2) Für immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ist ein Aktivposten nur anzusetzen, wenn sie entgeltlich erworben wurden.

(2a) Für Verpflichtungen, die nur zu erfüllen sind, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen, sind Verbindlichkeiten oder Rückstellungen erst anzusetzen, wenn die Einnahmen oder Gewinne angefallen sind.

(3)1Rückstellungen wegen Verletzung fremder Patent-, Urheber- oder ähnlicher Schutzrechte dürfen erst gebildet werden, wenn

1.
der Rechtsinhaber Ansprüche wegen der Rechtsverletzung geltend gemacht hat oder
2.
mit einer Inanspruchnahme wegen der Rechtsverletzung ernsthaft zu rechnen ist.
2Eine nach Satz 1 Nummer 2 gebildete Rückstellung ist spätestens in der Bilanz des dritten auf ihre erstmalige Bildung folgenden Wirtschaftsjahres gewinnerhöhend aufzulösen, wenn Ansprüche nicht geltend gemacht worden sind.

(4) Rückstellungen für die Verpflichtung zu einer Zuwendung anlässlich eines Dienstjubiläums dürfen nur gebildet werden, wenn das Dienstverhältnis mindestens zehn Jahre bestanden hat, das Dienstjubiläum das Bestehen eines Dienstverhältnisses von mindestens 15 Jahren voraussetzt, die Zusage schriftlich erteilt ist und soweit der Zuwendungsberechtigte seine Anwartschaft nach dem 31. Dezember 1992 erwirbt.

(4a)1Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften dürfen nicht gebildet werden.2Das gilt nicht für Ergebnisse nach Absatz 1a Satz 2.

(4b)1Rückstellungen für Aufwendungen, die in künftigen Wirtschaftsjahren als Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts zu aktivieren sind, dürfen nicht gebildet werden.2Rückstellungen für die Verpflichtung zur schadlosen Verwertung radioaktiver Reststoffe sowie ausgebauter oder abgebauter radioaktiver Anlagenteile dürfen nicht gebildet werden, soweit Aufwendungen im Zusammenhang mit der Bearbeitung oder Verarbeitung von Kernbrennstoffen stehen, die aus der Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe gewonnen worden sind und keine radioaktiven Abfälle darstellen.

(5)1Als Rechnungsabgrenzungsposten sind nur anzusetzen

1.
auf der Aktivseite Ausgaben vor dem Abschlussstichtag, soweit sie Aufwand für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen;
2.
auf der Passivseite Einnahmen vor dem Abschlussstichtag, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen.
2Der Ansatz eines Rechnungsabgrenzungspostens kann unterbleiben, wenn die jeweilige Ausgabe oder Einnahme im Sinne des Satzes 1 den Betrag des § 6 Absatz 2 Satz 1 nicht übersteigt; das Wahlrecht ist einheitlich für alle Ausgaben und Einnahmen im Sinne des Satzes 1 auszuüben.3Auf der Aktivseite sind ferner anzusetzen
1.
als Aufwand berücksichtigte Zölle und Verbrauchsteuern, soweit sie auf am Abschlussstichtag auszuweisende Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens entfallen,
2.
als Aufwand berücksichtigte Umsatzsteuer auf am Abschlussstichtag auszuweisende Anzahlungen.

(6) Die Vorschriften über die Entnahmen und die Einlagen, über die Zulässigkeit der Bilanzänderung, über die Betriebsausgaben, über die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung sind zu befolgen.

(7)1Übernommene Verpflichtungen, die beim ursprünglich Verpflichteten Ansatzverboten, -beschränkungen oder Bewertungsvorbehalten unterlegen haben, sind zu den auf die Übernahme folgenden Abschlussstichtagen bei dem Übernehmer und dessen Rechtsnachfolger so zu bilanzieren, wie sie beim ursprünglich Verpflichteten ohne Übernahme zu bilanzieren wären.2Dies gilt in Fällen des Schuldbeitritts oder der Erfüllungsübernahme mit vollständiger oder teilweiser Schuldfreistellung für die sich aus diesem Rechtsgeschäft ergebenden Verpflichtungen sinngemäß.3Satz 1 ist für den Erwerb eines Mitunternehmeranteils entsprechend anzuwenden.4Wird eine Pensionsverpflichtung unter gleichzeitiger Übernahme von Vermögenswerten gegenüber einem Arbeitnehmer übernommen, der bisher in einem anderen Unternehmen tätig war, ist Satz 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass bei der Ermittlung des Teilwertes der Verpflichtung der Jahresbetrag nach § 6a Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 so zu bemessen ist, dass zu Beginn des Wirtschaftsjahres der Übernahme der Barwert der Jahresbeträge zusammen mit den übernommenen Vermögenswerten gleich dem Barwert der künftigen Pensionsleistungen ist; dabei darf sich kein negativer Jahresbetrag ergeben.5Für einen Gewinn, der sich aus der Anwendung der Sätze 1 bis 3 ergibt, kann jeweils in Höhe von vierzehn Fünfzehntel eine gewinnmindernde Rücklage gebildet werden, die in den folgenden 14 Wirtschaftsjahren jeweils mit mindestens einem Vierzehntel gewinnerhöhend aufzulösen ist (Auflösungszeitraum).6Besteht eine Verpflichtung, für die eine Rücklage gebildet wurde, bereits vor Ablauf des maßgebenden Auflösungszeitraums nicht mehr, ist die insoweit verbleibende Rücklage erhöhend aufzulösen.

(1)1Gewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen.2Entnahmen sind alle Wirtschaftsgüter (Barentnahmen, Waren, Erzeugnisse, Nutzungen und Leistungen), die der Steuerpflichtige dem Betrieb für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Laufe des Wirtschaftsjahres entnommen hat.3Einer Entnahme für betriebsfremde Zwecke steht der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder der Nutzung eines Wirtschaftsguts gleich; dies gilt auf Antrag auch in den Fällen, in denen die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts entfällt und in einem anderen Staat eine Besteuerung auf Grund des Ausschlusses oder der Beschränkung des Besteuerungsrechts dieses Staates hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung des Wirtschaftsguts erfolgt.4Ein Ausschluss oder eine Beschränkung des Besteuerungsrechts hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts liegt insbesondere vor, wenn ein bisher einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen zuzuordnendes Wirtschaftsgut einer ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen ist.5Satz 3 gilt nicht für Anteile an einer Europäischen Gesellschaft oder Europäischen Genossenschaft in den Fällen

1.
einer Sitzverlegung der Europäischen Gesellschaft nach Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) (ABl. EG Nr. L 294 S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 885/2004 des Rates vom 26. April 2004 (ABl. EU Nr. L 168 S. 1), und
2.
einer Sitzverlegung der Europäischen Genossenschaft nach Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE) (ABl. EU Nr. L 207 S. 1).
6Ein Wirtschaftsgut wird nicht dadurch entnommen, dass der Steuerpflichtige zur Gewinnermittlung nach § 13a übergeht.7Eine Änderung der Nutzung eines Wirtschaftsguts, die bei Gewinnermittlung nach Satz 1 keine Entnahme ist, ist auch bei Gewinnermittlung nach § 13a keine Entnahme.8Einlagen sind alle Wirtschaftsgüter (Bareinzahlungen und sonstige Wirtschaftsgüter), die der Steuerpflichtige dem Betrieb im Laufe des Wirtschaftsjahres zugeführt hat; einer Einlage steht die Begründung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts gleich.9In den Fällen des Satzes 3 zweiter Halbsatz gilt das Wirtschaftsgut als unmittelbar nach der Entnahme wieder eingelegt.10Bei der Ermittlung des Gewinns sind die Vorschriften über die Betriebsausgaben, über die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung zu befolgen.

(2)1Der Steuerpflichtige darf die Vermögensübersicht (Bilanz) auch nach ihrer Einreichung beim Finanzamt ändern, soweit sie den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung unter Befolgung der Vorschriften dieses Gesetzes nicht entspricht; diese Änderung ist nicht zulässig, wenn die Vermögensübersicht (Bilanz) einer Steuerfestsetzung zugrunde liegt, die nicht mehr aufgehoben oder geändert werden kann.2Darüber hinaus ist eine Änderung der Vermögensübersicht (Bilanz) nur zulässig, wenn sie in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Änderung nach Satz 1 steht und soweit die Auswirkung der Änderung nach Satz 1 auf den Gewinn reicht.

(3)1Steuerpflichtige, die nicht auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und die auch keine Bücher führen und keine Abschlüsse machen, können als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen.2Hierbei scheiden Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben aus, die im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt werden (durchlaufende Posten).3Die Vorschriften über die Bewertungsfreiheit für geringwertige Wirtschaftsgüter (§ 6 Absatz 2), die Bildung eines Sammelpostens (§ 6 Absatz 2a) und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung sind zu befolgen.4Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, für Anteile an Kapitalgesellschaften, für Wertpapiere und vergleichbare nicht verbriefte Forderungen und Rechte, für Grund und Boden sowie Gebäude des Umlaufvermögens sind erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder bei Entnahme im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.5Die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens und Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens im Sinne des Satzes 4 sind unter Angabe des Tages der Anschaffung oder Herstellung und der Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder des an deren Stelle getretenen Werts in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufzunehmen.

(4) Betriebsausgaben sind die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind.

(4a)1Schuldzinsen sind nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind.2Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen.3Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden typisiert mit 6 Prozent der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt; bei der Ermittlung der Überentnahme ist vom Gewinn ohne Berücksichtigung der nach Maßgabe dieses Absatzes nicht abziehbaren Schuldzinsen auszugehen.4Der sich dabei ergebende Betrag, höchstens jedoch der um 2 050 Euro verminderte Betrag der im Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen, ist dem Gewinn hinzuzurechnen.5Der Abzug von Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bleibt unberührt.6Die Sätze 1 bis 5 sind bei Gewinnermittlung nach § 4 Absatz 3 sinngemäß anzuwenden; hierzu sind Entnahmen und Einlagen gesondert aufzuzeichnen.

(5)1Die folgenden Betriebsausgaben dürfen den Gewinn nicht mindern:

1.
Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind.2Satz 1 gilt nicht, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der dem Empfänger im Wirtschaftsjahr zugewendeten Gegenstände insgesamt 35 Euro nicht übersteigen;
2.
Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass, soweit sie 70 Prozent der Aufwendungen übersteigen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen und deren Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen sind.2Zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen hat der Steuerpflichtige schriftlich die folgenden Angaben zu machen: Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie Höhe der Aufwendungen.3Hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, so genügen Angaben zu dem Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung; die Rechnung über die Bewirtung ist beizufügen;
3.
Aufwendungen für Einrichtungen des Steuerpflichtigen, soweit sie der Bewirtung, Beherbergung oder Unterhaltung von Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, dienen (Gästehäuser) und sich außerhalb des Orts eines Betriebs des Steuerpflichtigen befinden;
4.
Aufwendungen für Jagd oder Fischerei, für Segeljachten oder Motorjachten sowie für ähnliche Zwecke und für die hiermit zusammenhängenden Bewirtungen;
5.
Mehraufwendungen für die Verpflegung des Steuerpflichtigen.2Wird der Steuerpflichtige vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig, sind die Mehraufwendungen für Verpflegung nach Maßgabe des § 9 Absatz 4a abziehbar;
6.
Aufwendungen für die Wege des Steuerpflichtigen zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten, soweit in den folgenden Sätzen nichts anderes bestimmt ist.2Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 und Nummer 5 Satz 5 bis 7 und Absatz 2 entsprechend anzuwenden.3Bei der Nutzung eines Kraftfahrzeugs dürfen die Aufwendungen in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,03 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 des Kraftfahrzeugs im Zeitpunkt der Erstzulassung je Kalendermonat für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 oder Absatz 2 ergebenden Betrag sowie Aufwendungen für Familienheimfahrten in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 5 bis 7 oder Absatz 2 ergebenden Betrag den Gewinn nicht mindern; ermittelt der Steuerpflichtige die private Nutzung des Kraftfahrzeugs nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 1 oder Satz 3, treten an die Stelle des mit 0,03 oder 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises ermittelten Betrags für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten die auf diese Fahrten entfallenden tatsächlichen Aufwendungen; § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 3 zweiter Halbsatz gilt sinngemäß.4§ 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 8 und Nummer 5 Satz 9 gilt entsprechend;
6a.
die Mehraufwendungen für eine betrieblich veranlasste doppelte Haushaltsführung, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 1 bis 4 abziehbaren Beträge und die Mehraufwendungen für betrieblich veranlasste Übernachtungen, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5a abziehbaren Beträge übersteigen;
6b.
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung.2Dies gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.3Anstelle der Aufwendungen kann pauschal ein Betrag von 1 260 Euro (Jahrespauschale) für das Wirtschafts- oder Kalenderjahr abgezogen werden.4Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nach Satz 2 nicht vorliegen, ermäßigt sich der Betrag von 1 260 Euro um ein Zwölftel;
6c.
für jeden Kalendertag, an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird, kann für die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung ein Betrag von 6 Euro (Tagespauschale), höchstens 1 260 Euro im Wirtschafts- oder Kalenderjahr, abgezogen werden.2Steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, ist ein Abzug der Tagespauschale zulässig, auch wenn die Tätigkeit am selben Kalendertag auswärts oder an der ersten Tätigkeitsstätte ausgeübt wird.3Der Abzug der Tagespauschale ist nicht zulässig, soweit für die Wohnung Unterkunftskosten im Rahmen der Nummer 6a oder des § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 abgezogen werden können oder soweit ein Abzug nach Nummer 6b vorgenommen wird;
7.
andere als die in den Nummern 1 bis 6 und 6b bezeichneten Aufwendungen, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berühren, soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind;
8.
Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder, die von einem Gericht oder einer Behörde im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder von einem Mitgliedstaat oder von Organen der Europäischen Union festgesetzt wurden sowie damit zusammenhängende Aufwendungen.2Dasselbe gilt für Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, die in einem berufsgerichtlichen Verfahren erteilt werden, soweit die Auflagen oder Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen.3Die Rückzahlung von Ausgaben im Sinne der Sätze 1 und 2 darf den Gewinn nicht erhöhen.4Das Abzugsverbot für Geldbußen gilt nicht, soweit der wirtschaftliche Vorteil, der durch den Gesetzesverstoß erlangt wurde, abgeschöpft worden ist, wenn die Steuern vom Einkommen und Ertrag, die auf den wirtschaftlichen Vorteil entfallen, nicht abgezogen worden sind; Satz 3 ist insoweit nicht anzuwenden;
8a.
Zinsen auf hinterzogene Steuern nach § 235 der Abgabenordnung und Zinsen nach § 233a der Abgabenordnung, soweit diese nach § 235 Absatz 4 der Abgabenordnung auf die Hinterziehungszinsen angerechnet werden;
9.
Ausgleichszahlungen, die in den Fällen der §§ 14 und 17 des Körperschaftsteuergesetzes an außenstehende Anteilseigner geleistet werden;
10.
die Zuwendung von Vorteilen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen, wenn die Zuwendung der Vorteile eine rechtswidrige Handlung darstellt, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt.2Gerichte, Staatsanwaltschaften oder Verwaltungsbehörden haben Tatsachen, die sie dienstlich erfahren und die den Verdacht einer Tat im Sinne des Satzes 1 begründen, der Finanzbehörde für Zwecke des Besteuerungsverfahrens und zur Verfolgung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten mitzuteilen.3Die Finanzbehörde teilt Tatsachen, die den Verdacht einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit im Sinne des Satzes 1 begründen, der Staatsanwaltschaft oder der Verwaltungsbehörde mit.4Diese unterrichten die Finanzbehörde von dem Ausgang des Verfahrens und den zugrundeliegenden Tatsachen;
11.
Aufwendungen, die mit unmittelbaren oder mittelbaren Zuwendungen von nicht einlagefähigen Vorteilen an natürliche oder juristische Personen oder Personengesellschaften zur Verwendung in Betrieben in tatsächlichem oder wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, deren Gewinn nach § 5a Absatz 1 ermittelt wird;
12.
Zuschläge nach § 162 Absatz 4 der Abgabenordnung;
13.
Jahresbeiträge nach § 12 Absatz 2 des Restrukturierungsfondsgesetzes.
2Das Abzugsverbot gilt nicht, soweit die in den Nummern 2 bis 4 bezeichneten Zwecke Gegenstand einer mit Gewinnabsicht ausgeübten Betätigung des Steuerpflichtigen sind.3§ 12 Nummer 1 bleibt unberührt.

(5a) (weggefallen)

(5b) Die Gewerbesteuer und die darauf entfallenden Nebenleistungen sind keine Betriebsausgaben.

(6) Aufwendungen zur Förderung staatspolitischer Zwecke (§ 10b Absatz 2) sind keine Betriebsausgaben.

(7)1Aufwendungen im Sinne des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 6b und 7 sind einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen.2Soweit diese Aufwendungen nicht bereits nach Absatz 5 vom Abzug ausgeschlossen sind, dürfen sie bei der Gewinnermittlung nur berücksichtigt werden, wenn sie nach Satz 1 besonders aufgezeichnet sind.

(8) Für Erhaltungsaufwand bei Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen sowie bei Baudenkmalen gelten die §§ 11a und 11b entsprechend.

(9)1Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung oder für sein Studium sind nur dann Betriebsausgaben, wenn der Steuerpflichtige zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen hat.2§ 9 Absatz 6 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend.

(10) § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5b ist entsprechend anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 643/09
vom
28. Juli 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 28. Juli 2010,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Hebenstreit,
Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Sander,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 22. Juli 2009 mit den Feststellungen zur Höhe des Mehrumsatzes und zur nachfolgenden Bestimmung der Höhe der hinterzogenen Steuer aufgehoben. Die übrigen Feststellungen, auch die festgestellten Rohgewinnaufschläge, bleiben bestehen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen tateinheitlicher Umsatz-, Gewerbe- und Einkommensteuerhinterziehung in sechs Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt. Drei Monate gelten als vollstreckt. Gegen diese Verurteilung richtet sich die Revision der Angeklagten. Sie beanstandet einen Verfahrensverstoß (Verhandlung in ihrer Abwesenheit , §§ 230 Abs. 1, 338 Nr. 5 StPO) und die Verletzung sachlichen Rechts. Der Formalrüge bleibt der Erfolg versagt. Die Sachrüge führt zur Aufhebung des Schuld- und Strafausspruchs mit den Feststellungen zur Höhe des Mehrumsat- zes und zu den hierauf aufbauenden Feststellungen zur Berechnung der Höhe der hinterzogenen Steuern. Die übrigen Feststellungen bleiben bestehen.

I.

2
1. Das Landgericht hat Folgendes festgestellt:
3
Die Angeklagte betrieb in Ludwigsburg in zentraler Lage zwei gastronomische Betriebe unter den Firmen „A. “ (von April 1999 bis August 2005) und „S. “ (von Ende Januar 1998 bis Oktober 2006). Die Gewinne aus den beiden Unternehmen wurden in den Jahren 1998 bis 2001 getrennt durch Einnahmen-Überschussrechnungen und anschließend zusammengefasst durch Bilanzierung ermittelt.
4
Die Einnahmen-Überschussrechnungen und die Bilanzen enthalten jeweils zu niedrige Betriebseinnahmen. Die hierauf beruhenden Umsatz-, Gewerbe - und Einkommensteuerklärungen der Angeklagten sind deshalb unzutreffend. In den Einkommensteuererklärungen der Jahre 2001 und 2002 verschwieg die Angeklagte zudem Kapitaleinkünfte aus einer Geldanlage bei der Filiale der P. bank in B. . Insgesamt führte das zu einer Steuerverkürzung in Höhe von 950.002 €.
5
2. Zur Grundlage dieser Feststellungen:
6
a) Hinsichtlich der unversteuerten Zinseinkünfte aus B. hat die Angeklagte eingeräumt, dass das entsprechende Konto auf sie und ihren Ehemann lautete und dass die Einnahmen hieraus gleichwohl keinen Eingang in die Steuererklärungen gefunden haben. Bei der Anlage habe es sich aber tat- sächlich um Gelder ihrer in der Schweiz lebenden Schwester gehandelt. Dies sah die Strafkammer insbesondere aufgrund der widersprüchlichen Angaben der als Zeugin gehörten Schwester als widerlegt an.
7
b) Unzutreffende Angaben zu den Betriebseinnahmen beider gastronomischer Betriebe hat die Angeklagte bestritten. Die beim Fleischgroßhändler Bi. über die Lieferungen an sie erhobenen Rechnungen seien zwar zutreffend. Die als bezogen ausgewiesene Gesamtmenge entspreche jedoch nicht dem Absatz. Durch Fett- und Wasserverlust sei ein Schwund von mindestens 40 % eingetreten. Auch hätten die Spieße ein geringeres Gewicht gehabt, als auf den Etiketten angegeben gewesen sei. Viele Kilos unverkäuflicher Kruste und Reste an den Spießen hätten weggeworfen werden müssen. Sie habe einen hohen Eigenverbrauch gehabt, für die Familie und die Schulfreunde ihrer Kinder. Dem türkischen Kulturverein habe sie täglich 7,5 bis 10 kg gegartes Dönerfleisch geschenkt.
8
Mehreinnahmen folgten nach den Feststellungen der Strafkammer schon aus dem während der entsprechenden Jahre angesammelten Vermögen der Angeklagten. Bei der Berechnung der tatsächlichen Umsätze war die Strafkammer auf Schätzungen angewiesen. Denn Buchhaltungsunterlagen, aufgrund derer die Umsatzangaben in den vom Steuerberater gefertigten Einnahmen -Überschussrechnungen und Bilanzen hätten überprüft werden können, waren bei der Angeklagten bzw. in ihren Betrieben nicht mehr vorhanden. Als einzige objektive Berechnungsgrundlage konnte die Strafkammer auf die beim Fleischlieferanten der Angeklagten erhobenen Rechnungen zurückgreifen.
9
Die Strafkammer hat zunächst eine möglichst konkrete Schätzung versucht. Für die Gesamtumsatzberechnung hat sie dazu in einem ersten Schritt die Umsatzbereiche Döner, Pizzen und Getränke unterschieden. Auf der Grundlage der Einkaufsrechnungen für die Döner-Fleischspieße konnte die Ausgangsmenge an verarbeitetem Dönerfleisch für jedes Jahr festgestellt werden. Unter Berücksichtigung der oben genannten Schwundfaktoren, deren Größenordnung durch das Ergebnis der Beweisaufnahme allerdings in erheblichem Umfang reduziert worden ist, hat das Landgericht einen Verkaufsanteil von 62 % des eingekauften Rohfleisches zugrunde gelegt und anhand der festgestellten Portionsmenge und eines mittleren Verkaufspreises hieraus den jeweiligen Jahresumsatz im Bereich Döner ermittelt. Hinsichtlich der Pizzaumsätze hat das Landgericht auf Grundlage der Angaben der Angeklagten und eines mit der Gewinnermittlung der Betriebe befassten Steuerfachwirts eine bestimmte Größenordnung pro Jahr festgelegt und diese mit einem mittleren Verkaufspreis multipliziert. Den Getränkeumsatz hat das Landgericht schließlich mittels eines 100 %-Aufschlags auf die Getränkeeinkaufsbeträge, wie sie aus den Einnahme -Überschussrechnungen und den Bilanzen hervorgehen, berechnet.
10
Bei der Gegenüberstellung der so errechneten Gesamtumsätze mit den Wareneinsatzbeträgen ergaben sich jedoch unerklärbare Schwankungen des auf diese Weise ermittelten Rohgewinnaufschlags. Teilweise blieb der so errechnete Jahresumsatz sogar hinter dem von der Angeklagten erklärten Jahresumsatz zurück. Mangels ausreichend zuverlässiger Datenbasis erwies sich dieser Weg der Schätzung der tatsächlichen Umsätze somit als untauglich.
11
Das Landgericht hat den Mehrumsatz deshalb im Wege einer pauschalen Schätzung ermittelt. Es hat die Jahresumsätze der Angeklagten auf der Grundlage einer durch das Bundesministerium für Finanzen jährlich herausgegebenen Richtsatzsammlung von Rohgewinnaufschlägen für Imbissbetriebe und Pizzerien ermittelt, indem es einen Rohgewinnaufschlag von 190 % auf die in den Einnahme-Überschussrechnungen bzw. Bilanzen enthaltenen Waren- einsatzbeträge vorgenommen hat. Dieser Wert stellt einen Mischwert aus den Richtsatzwerten für Imbissbetriebe und Pizzerien dar, der entsprechend den jeweils festgestellten Umsatzanteilen im Betrieb der Angeklagten von der Kammer im Verhältnis 3 (Döner-Imbiss) zu 1 (Pizzeria) gebildet wurde. Bei dem Rohgewinnaufschlag von 190 % handelt es sich um einen Mindestwert. In Vergleichsfällen sind im Bezirk des Finanzamts Ludwigsburg Rohgewinnaufschlagsätze von 220 bis zu 270 % ermittelt worden.
12
Ausgehend von diesem Rohgewinnaufschlag errechnete die Strafkammer die Mehrumsätze und die daraus resultierenden Mehrsteuern, ohne allerdings den Berechnungsvorgang umfassend mitzuteilen. Die Urteilsgründe enthalten weder die aus den Gewinn- und Verlustrechnungen bzw. Bilanzen entnommenen Wareneinsatzbeträge noch die daraus auf dem dargestellten Weg errechneten Gesamtumsätze. In den Feststellungen wird zwar der Mehrumsatz und die insoweit verkürzte Umsatzsteuer pro Jahr angegeben. Der Inhalt der jeweils abgegebenen Steuererklärung und der überprüfbare Vergleich zwischen Ist-Steuer und Soll-Steuer fehlen jedoch.

II.

13
Die von der Angeklagten erhobene Verfahrensrüge dringt nicht durch. Die Revision behauptet das Vorliegen des absoluten Revisionsgrundes des § 338 Nr. 5 StPO. Am 26. Mai 2009 habe entgegen § 230 Abs. 1 StPO ein wesentlicher Teil der Hauptverhandlung in Abwesenheit der Angeklagten stattgefunden.
14
1. Der Rüge liegt folgender Verfahrensgang zugrunde.
15
Die Hauptverhandlung fand in der Zeit vom 21. April bis zum 22. Juli 2009 an zwölf Sitzungstagen statt. Auf den 26. Mai 2009 war die Fortsetzung der am 19. Mai unterbrochenen Hauptverhandlung bestimmt. In der Nacht zum Freitag, dem 22. Mai 2009, verstarb der Vater der Angeklagten und wurde schnellstens in die Türkei zur Beerdigung ausgeflogen. Die Angeklagte reiste ebenfalls dorthin. Darüber wurde der Verteidiger am Vormittag des 22. Mai 2009 telefonisch informiert, der seinerseits am Montag, dem 25. Mai 2009, den Strafkammervorsitzenden anrief und mitteilte, dass mit einem Erscheinen der Angeklagten in der Hauptverhandlung am 26. Mai 2009 voraussichtlich nicht zu rechnen sei. Näheres wisse er auch nicht. Der Strafkammervorsitzende lud daraufhin einen Sachverständigen, die Zeugen und den Dolmetscher ab. Am 25. Mai 2009 fand ab Mittag in der Osttürkei, etwa 1.000 km von Istanbul entfernt , die Beerdigung des Vaters der Angeklagten statt. Die Feierlichkeiten endeten gegen 19.00 Uhr. Am 26. Mai 2009 trat die Angeklagte um 4.00 Uhr die Rückreise an. Gegen 19.00 Uhr erreichte sie Stuttgart.
16
Zum Hauptverhandlungstermin am 26. Mai 2009 war die Angeklagte deshalb nicht erschienen. Ihr Verteidiger gab dazu eine Erklärung ab. Der Beerdigungszeitpunkt war ihm nach wie vor unbekannt. Der Vorsitzende gab die vorsorglichen Abladungen bekannt.
17
Anschließend geschah nach der Sitzungsniederschrift Folgendes:
18
„Der Verteidiger stellte die als Anlage 1, 2, 3 und 4 dem heutigen Protokoll angeschlossenen Beweisanträge.
19
Die Vertreterinnen der Staatsanwaltschaft erklärten, sie wollten später zu diesen Anträgen Stellung nehmen.
20
Die Vorschrift des § 257 wurde beachtet.“
21
Sodann unterbrach der Vorsitzende die Hauptverhandlung und bestimmte den Fortsetzungstermin auf den 9. Juni 2009.
22
Der Termin währte von 09.01 Uhr bis 09.15 Uhr.
23
Mit den - knapp begründeten - Beweisanträgen war die Vernehmung von insgesamt elf Zeugen beantragt worden zu folgenden Tatsachen: - Schenkung von täglich 7 bis 10 kg gebratenen Dönerfleisches an den türkischen Kulturverein. - Nicht mehr verwend- und verkaufbare Reste am Spieß sowie Garschwund von 40 % durch Wasser- und Fettverlust. - Erhebliche Mengen an Speiseresten im Müll der Betriebe; hierauf beruhende Beanstandungen der Entsorgungsfirma. - Die 230.000 DM auf dem Konto der P. bank (heute H. -Bank) gehören der Schwester der Angeklagten.
24
Die Strafkammer ging in den Folgeterminen allen Beweisanträgen - in Anwesenheit der Angeklagten - nach. Im Rahmen dieser Beweisaufnahme erklärte der Verteidiger am 23. Juni 2009 den Verzicht auf die Vernehmung von zwei der fünf in einem Beweisantrag benannten Zeugen. Einen Zeugen tauschte er aus.
25
2. Die Rüge ist unbegründet.
26
§ 338 Nr. 5 StPO bestimmt, dass ein Urteil stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen ist, wenn die Hauptverhandlung in Abwe- senheit des Staatsanwalts oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat. Gemäß § 230 Abs. 1 StPO findet gegen einen ausgebliebenen Angeklagten eine Hauptverhandlung nicht statt.
27
Die Anwesenheitspflicht soll dem Angeklagten nicht nur das rechtliche Gehör gewährleisten, sondern soll ihm auch „die Möglichkeit allseitiger und uneingeschränkter Verteidigung, insbesondere durch Stellung von Anträgen auf Grund des von ihm selbst wahrgenommenen Verlaufs der Hauptverhandlung, sichern“ (BGH, Urteil vom 2. Dezember 1960 - 4 StR 433/60, BGHSt 15, 263, 264). Außerdem soll dem Tatrichter im Interesse der Wahrheitsfindung ein unmittelbarer Eindruck von der Person des Angeklagten, seinem Auftreten und seinen Erklärungen vermittelt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Februar 1975 - 1 StR 107/74, BGHSt 26, 84, 90; Becker in Löwe/Rosenberg, StPO 26. Aufl. § 230 Rn. 1), insbesondere auch im Hinblick auf die Strafzumessung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2007 - 2 BvR 136 u. 1447/05, Rn. 89).
28
Aber nur, wenn der Angeklagte in einem - im Hinblick auf die genannten Aspekte - wesentlichen Teil der Hauptverhandlung abwesend ist, begründet dies die Revision (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Februar 1975 - 1 StR 107/74, BGHSt 26, 84, 91). Denn § 338 StPO ist nicht anwendbar, wenn das Beruhen des Urteils auf dem Mangel denkgesetzlich ausgeschlossen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 31. Juli 1992 - 4 StR 250/92, BGHR StPO, § 338, Beruhen 1; Meyer-Goßner, StPO 53. Aufl. § 338 Rn. 2; KK-Kuckein, StPO 6. Aufl. § 338 Rn. 5; Graf-Wiedner, StPO § 338 Rn. 4, jew. mwN).
29
Nicht jede Sachverhandlung, auf die es etwa zur Fristwahrung gemäß § 229 Abs. 1 StPO ankommt, wie die Verhandlung über die Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten (BGH, Urteil vom 14. März 1990 - 3 StR 109/89, BGHR StPO § 229 Abs. 1, Sachverhandlung 1), die gerichtliche Entscheidung eines Ordnungsmittel- und Kostenbeschlusses gegen einen Zeugen oder die Entscheidung über etwaige Zwangsmaßnahmen gemäß § 51 StPO (vgl. Hanack in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 338 Rn. 84), sind wesentliche Verhandlungsteile i.S.v. § 338 Nr. 5 StPO. Die Entgegennahme von Beweisanträgen ist Sachverhandlung in diesem Sinne (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juli 2000 - 5 StR 613/99, BGHR StPO § 229 Abs. 1, Sachverhandlung 5).
30
Denn ein wesentlicher Teil der Hauptverhandlung i.S.v. § 338 Nr. 5 StPO liegt - im Hinblick auf einen Angeklagten - nicht vor, wenn denkgesetzlich ausgeschlossen ist, dass bezüglich des Prozessgeschehens in seiner Abwesenheit sein Anspruch auf rechtliches Gehör sowie seine prozessualen Mitgestaltungsrechte beeinträchtigt worden sind. Der Verhandlungsteil darf auch sonst das Ergebnis der Hauptverhandlung (§ 261 StPO) nicht bestimmt haben können. Fehlt es an einem dieser Aspekte, liegt etwa eine Verletzung des Rechts auf Gehör vor, dann ist es bei dem absoluten Revisionsgrund des § 338 Nr. 5 StPO unerheblich, wenn gleichwohl im Nachhinein aus revisionsrechtlicher Sicht eine andere Entscheidung des Tatgerichts ausgeschlossen werden könnte, auch wenn die Angeklagte am fraglichen Teil des Verfahrens teilgenommen hätte.
31
Danach waren die Erörterungen über die Abwesenheit der Angeklagten und die Information über die Abladungen zweifelsfrei unwesentlich i.S.v. § 338 Nr. 5 StPO. Gegenteiliges behauptet auch die Revision nicht.
32
Aber auch die Stellung der Beweisanträge am 26. Mai 2009 war im vorliegenden Fall nicht wesentlich im oben dargestellten Sinn.
33
Beweisanträge zielen auf eine Beweiserhebung und zwingen das Gericht zu einer Entscheidung hierüber. Zur Wahrheitsfindung (vgl. Sander, NStZ 1996, 351) tragen die Anträge allein grundsätzlich noch nichts bei. So ist das jedenfalls - denknotwendig - im vorliegenden Fall. Eine Verhandlung über die Beweisanträge fand am 26. Mai 2009 nicht statt; sie wurden an diesem Tag auch nicht beschieden (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 4. Mai 1993 - 4 StR 207/93 -, BGHR StPO § 231 Abs. 2, Abwesenheit, eigenmächtige 10).
34
Eine Verletzung der Mitwirkungs- und Gestaltungsmöglichkeiten der Angeklagten , sowie ihres Rechts auf Gehör, kann im vorliegenden Fall ebenfalls denkgesetzlich ausgeschlossen werden.
35
Die unter Beweis gestellten Tatsachen decken sich mit - einigen - von der Angeklagten zu ihrer Entlastung vorgebrachten Behauptungen. Die benannten Zeugen konnten dem Verteidiger nur von der Angeklagten oder in ihrem Auftrag genannt worden sein. Dass der Verteidiger die Beweisanträge alleine aufgrund seines eigenen Antragsrechts stellte, dass er die Angeklagte dabei übergangen haben könnte oder gar gegen deren Willen handelte, ist ausgeschlossen. Die Begründungen der Beweisanträge waren knapp und enthielten keinen zusätzlichen sachlichen Gehalt. Weitere Erklärungen wurden im Termin am 26. Mai 2009 nicht abgegeben. Der durch die Anträge veranlassten Beweisaufnahme wohnte die Angeklagte bei. Auch dadurch ist ein Informations - und Mitwirkungsdefizit der Angeklagten im vorliegenden Fall ausgeschlossen.
36
Dass die Abwesenheit der Angeklagten in dem 14-minütigen Termin am 26. Mai 2009, die Möglichkeit der Strafkammer, sich einen ausreichenden persönlichen Eindruck von der Angeklagten zu verschaffen, beeinträchtigt haben könnte, ist bei der insgesamt zwölftägigen Hauptverhandlung ebenfalls denkgesetzlich ausgeschlossen.
37
Der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 5 StPO ist damit nicht gegeben.

III.

38
Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge deckt einen Darlegungsmangel auf, eine Lücke in der Darstellung der Berechnung der Mehrumsätze und darauf aufbauend der jeweiligen Hinterziehungsbeträge. Der Senat vermag deshalb nicht zu überprüfen, ob die Strafkammer den Schuldumfang zutreffend ermittelt hat. Dies führt zur Aufhebung des Schuldspruchs und in der Folge des Strafausspruchs.
39
Die Strafkammer hat die Umsätze der einzelnen Jahre schließlich pauschal geschätzt. Sie hat dabei einen Rohgewinnaufschlag von 190 % auf die in den Einnahmen-Überschussrechnungen bzw. Bilanzen enthaltenen Wareneinsatzbeträge zugrunde gelegt. Ohne Rechtsfehler ist das Landgericht zur Feststellung dieses Rohgewinnaufschlags gelangt, wie auch zur Feststellung, dass in diesem Fall eine konkretere Schätzung mangels ausreichend verlässlicher Tatsachengrundlage unmöglich ist.
40
Auch im Steuerstrafverfahren ist die Schätzung von Besteuerungsgrundlagen zulässig, wenn zwar feststeht, dass der Steuerpflichtige einen Besteuerungstatbestand erfüllt hat, das Ausmaß der verwirklichten Besteuerungsgrundlagen aber ungewiss ist. Dies gilt auch und gerade dann, wenn Belege nicht mehr vorhanden sind. Fehlende Buchhaltung befreit nicht von strafrechtlicher Verantwortung. Dies gilt auch dann, wenn keine handelsrechtliche Buchführungspflicht besteht, etwa ab dem Geschäftsjahr 2008 in den Fällen des § 241a HGB, zumal besondere steuerrechtliche Aufzeichnungspflichten (z.B. §§ 141 ff. AO, § 22 UStG i.V.m. §§ 63 ff. UStDV) hiervon unberührt bleiben. Zur Durchführung der Schätzung kommen die auch im Besteuerungsverfahren anerkann- ten Schätzungsmethoden einschließlich der Heranziehung der Richtsatzsammlung des Bundesministeriums der Finanzen zur Anwendung (BGH, Beschluss vom 24. Mai 2007 - 5 StR 58/07, BGHR AO § 370 Abs. 1, Steuerschätzung 3). Der Tatrichter muss dann in den Urteilsgründen für das Revisionsgericht nachvollziehbar darlegen, wie er zu den Schätzungsergebnissen gelangt ist (BGH, Beschluss vom 26. April 2001 - 5 StR 448/00; zu den Anforderungen an die Feststellung und die Beweiswürdigung von Besteuerungsgrundlagen in steuerstrafrechtlichen Urteilen vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 - 1 StR 718/08 Rn. 11 ff., BGHR StPO § 267 Abs. 1, Steuerhinterziehung 1; vgl. auch BGH, Beschluss vom 25. März 2010 - 1 StR 52/10).
41
Erweist sich eine konkrete Ermittlung oder Schätzung der tatsächlichen Umsätze danach von vorneherein oder - wie im vorliegenden Fall - nach entsprechenden Berechnungsversuchen als nicht möglich, kann pauschal geschätzt werden, etwa - wie hier - unter Heranziehung der Richtwerte für Rohgewinnaufschlagsätze aus der Richtsatzsammlung des Bundesministeriums der Finanzen.
42
Eine auch nur annähernd zutreffende konkrete Ermittlung wird in aller Regel - jedenfalls bei Gastronomiebetrieben der vorliegenden Art - schon dann von vorneherein nicht möglich sein, wenn Buchungsbelege völlig fehlen. Denn dass in derartigen Fällen in den Einnahmen-Überschussrechnungen bzw. Bilanzen allein die Umsatzzahlen (Verkäufe) unzutreffend sind, ist eher unwahrscheinlich. Auch die sonstigen Zahlen in diesen Abschlüssen erscheinen daher als Basis für eine konkrete Berechnung von vorneherein als eher ungeeignet. Einer entsprechenden Einlassung (keine Schwarzeinkäufe) muss das Tatgericht bei einem derartigen Hintergrund ohne weitere Anhaltspunkte für Richtigkeit dieser Darstellung im Hinblick auf die Wahl einer geeigneten Schätzmetho- de nicht allein deshalb glauben, weil es die Behauptung nicht widerlegen kann (vgl. BGH, Urteil vom 18. August 2009 - 1 StR 107/09, Rn. 18; Urteil vom 4. Dezember 2008 - 1 StR 327/08, Rn. 8; Urteil vom 21. Oktober 2008 - 1 StR 292/08, Rn. 24; Urteil vom 1. Juli 2008 - 1 StR 654/07, Rn. 22; Beschluss vom 19. Juni 2008 - 1 StR 217/08, Rn. 19; Urteil vom 8. Mai 2008 - 3 StR 102/08, Rn. 9).
43
Bei der Festsetzung des Rohgewinnaufschlagsatzes muss sich das Gericht nicht zugunsten eines Angeklagten an den unteren Werten der in der Richtsatzsammlung genannten Spannen orientieren, wenn sich Anhaltspunkte für eine positivere Ertragslage ergeben, wie z.B. ein guter Standort, sonst nicht erklärbare Vermögenszuwächse oder örtliche Vergleichsdaten.
44
Das Landgericht durfte hier somit nach dem Scheitern einer Schätzung aufgrund eines individuellen Berechnungsmodells auf die von ihm gewählte generalisierende Schätzungsmethode zurückgreifen. Auch die Bildung eines Mischwertes aus zwei Richtsatzwerten im Verhältnis der jeweiligen Umsatzanteile begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
45
In den schriftlichen Gründen des Urteils fehlt im vorliegenden Fall allerdings über den - sehr zugunsten der Angeklagten - ermittelten Rohgewinnaufschlag hinaus die Mitteilung maßgeblicher Umstände, die dann die Grundlage für die weitere Umsatz- und Steuerberechnung bilden.
46
Es werden zwar die Mehrumsätze und die insoweit verkürzte Umsatzsteuer pro Jahr angegeben. Jedoch enthalten die Gründe weder die aus den Gewinn- und Verlustrechnungen bzw. Bilanzen entnommenen Wareneinsatzbeträge noch die daraus auf dem dargestellten Weg errechneten Gesamtum- sätze. Zudem fehlen der Inhalt der jeweils abgegebenen Steuererklärung und damit ein überprüfbarer Vergleich zwischen Ist-Steuer und Soll-Steuer. Dass die Strafkammer als Basis der pauschalierten Berechnung nur die in den Jahresabschlüssen enthaltenen Wareneinkäufe ansetzte und keine Ermittlungen zu eventuellen sonstigen Einkäufen anstellte, beschwert die Angeklagte nicht.
47
Der Schuldspruch - und in der Folge der Strafausspruch - sowie die zur Höhe des Schuldumfangs getroffenen Feststellungen (Hinterziehungsbeträge und zugrundeliegender jeweiliger Mehrumsatz) haben daher keinen Bestand. Die Feststellungen zum Rohgewinnaufschlag und zu dessen Ermittlung sowie die Feststellung, dass eine konkretere Schätzung nicht möglich ist, bleiben aufrechterhalten.
48
Ebenso hat das Landgericht alle Feststellungen zu den Geldern der Angeklagten bei der P. bank in B. rechtsfehlerfrei getroffen. Sie bleiben ebenfalls bestehen.
49
Unberührt von der Aufhebung sind auch die Feststellungen zur Person der Angeklagten und zu ihren Vermögensverhältnissen.
50
Der Senat weist abschließend darauf hin, dass eine Verletzung von Buchführungs- und Aufbewahrungspflichten (hinsichtlich der geschäftlichen Unterlagen ) in Fällen der vorliegenden Art ein bestimmender Strafschärfungsgrund ist (vgl. BGH, Beschluss vom 10. November 2009 - 1 StR 283/09, Rn. 47). Auch bei der Prüfung der Frage, ob besondere Umstände im Sinne von § 56 Abs. 2 StGB vorliegen, wird dies ggf. zu berücksichtigen sein. Nack Hebenstreit Graf RiBGH Prof. Dr. Sander befindet sich in Urlaub und ist deshalb an der Unterschrift gehindert. Jäger Nack

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 633/10
vom
6. September 2011
in der Strafsache
gegen
Karlheinz S c h r e i b e r ,
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
6. September 2011, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Rothfuß,
Hebenstreit,
Prof. Dr. Sander,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof ,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 5. Mai 2010, soweit er verurteilt wurde, mit den Feststellungen zu seiner Ansässigkeit , zu den von ihm erzielten Gewinnen sowie zur Höhe des zu versteuernden Einkommens und der verkürzten Steuern aufgehoben.
Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorgenannte Urteil mit den Feststellungen aufgehoben, soweit das Verfahren hinsichtlich des Vorwurfs der Bestechung eingestellt wurde. Ausgenommen hiervon sind Feststellungen , soweit sie die Einrichtung der Rubrikkonten "Holgart" und die diesbezüglichen Kontobewegungen zum Gegenstand haben.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in sechs Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Soweit ihm darüber hinaus in der Anklage Vergehen der Bestechung und der Beihilfe zur Untreue zur Last gelegt worden waren, hat das Landgericht das Verfahren im Hinblick auf den Vorwurf der Bestechung wegen Eintritts von Verfolgungsverjährung und hinsichtlich der Beihilfe zur Untreue eingestellt, weil insoweit die Auslieferung vom kanadischen Justizminister nicht bewilligt wurde. Das Landgericht hat weiter bestimmt, dass von der in Kanada erlittenen Auslieferungshaft neun Tage auf die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe angerechnet werden.
2
Die Revision des Angeklagten rügt die Verletzung formellen und sachlichen Rechts. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten Revision, die ebenfalls auf Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützt ist, gegen die Einstellung des Verfahrens hinsichtlich des Vorwurfs der Bestechung.
3
Das Rechtsmittel des Angeklagten führt zur Aufhebung der Verurteilung, das der Staatsanwaltschaft zur Aufhebung der Einstellung des Verfahrens hinsichtlich des Vorwurfs der Bestechung. Demgegenüber können die Feststellungen teilweise - wie aus dem Tenor ersichtlich - aufrechterhalten bleiben.

A.


Die Revision des Angeklagten

I.


4
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in sechs Fällen verurteilt, weil er in seinen Steuererklärungen für die Veranlagungszeiträume 1988 bis 1993 ihm zugeflossene Einkünfte nicht erklärt hatte. Im Einzelnen hat das Landgericht zu der Verurteilung des Angeklagten folgende Feststellungen und rechtliche Wertungen getroffen:
5
1. Der seit Ende der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts zunächst im Bereich des Straßenbaus unternehmerisch tätige Angeklagte verlagerte im Laufe der Zeit seine geschäftlichen Aktivitäten hin zum Vermitteln und Vermakeln von Geschäften aller Art. Hierbei kamen ihm seine bereits bestehenden geschäftlichen und freundschaftlichen Beziehungen zu „Exponenten der Wirtschaft und der Politik“ zu Gute.
6
Spätestens Mitte der 80er Jahre beschloss der Angeklagte, die ihm aus seinen Vermittlungsaktivitäten zufließenden Provisionen zumindest zum Teil gegenüber den deutschen Finanzbehörden zu verheimlichen, um so seine Einkommensteuerlast rechtswidrig zu reduzieren. Zum Vollzug dieses Tatplans bediente er sich mindestens zweier Tarnfirmen, die formell als Träger der Vermittlungsgeschäfte und wirtschaftlich Berechtigter der verdienten Provisionen auftreten sollten, obwohl sie mangels Personals und Geschäftsausstattung zu werbender Tätigkeit nicht imstande waren. Diese oblag vielmehr tatsächlich dem Angeklagten, der auch Inhaber der jeweiligen Provisionsansprüche wurde und an den die Provisionszahlungen - wenngleich verschleiert - erfolgten.
7
Bei den Tarnfirmen handelte es sich einerseits um die Firma A. , die in Panama gegründet worden und dort auch ansässig war, sowie die in Liechtenstein gegründete und ansässige Firma I. . Beide Gesellschaften waren Tochterunternehmen der ebenfalls in Liechtenstein ansässigen K. - Anstalt; sie wurden in den Jahren 1984 bis 1991 im Auftrag des Angeklagten durch den Schweizer Staatsangehörigen Pe. treuhänderisch verwaltet.
8
Die Gesellschaften unterhielten verschiedene Stamm- und Unterkonten bei Banken in der Schweiz und in Liechtenstein, hinsichtlich derer im Wesentlichen der Angeklagte und seine Ehefrau verfügungsberechtigt waren. Die zunächst den Stammkonten der Gesellschaften gutgeschriebenen Provisionszahlungen wurden von dort aus auf die Unterkonten weitergeleitet und verteilt. Durch die vielfältigen Kontobewegungen sollte nach dem Plan des Angeklagten „eine Vielzahl von Provisionsempfängern vor- und [dadurch] darüber hinwegge- täuscht werden, dass die Provisionen ausschließlich dem Angeklagten zuflos- sen.“
9
Im Einzelnen kam es zwischen April 1988 und Oktober 1993 zu Provisionszahlungen an den Angeklagten in einer Gesamthöhe von mehr als 64 Millionen DM. Die Zahlungen erfolgten dabei von der T. AG, der M. GmbH und der A. G.I.E.. Ihnen lagen Vermittlungstätigkeiten des Angeklagten im Zusammenhang mit verschiedenen Geschäften der vorgenannten Firmen zu Grunde, u.a. Flugzeugverkäufe der A. G.I.E. an kanadische und thailändische Fluggesellschaften und die Lieferung von Panzerfahr- zeugen des Typs F. von der T. AG an das saudi-arabische Verteidigungsministerium.
10
Die vorgenannten, ihm zugeflossenen Einkünfte erklärte der Angeklagte, der in den fraglichen Veranlagungszeiträumen seinen Hauptwohnsitz in Kaufering in der Bundesrepublik Deutschland hatte, in den von ihm in Deutschland abgegebenen Einkommensteuererklärungen für die Veranlagungszeiträume 1988 bis 1993 nicht. Neben der deutschen Staatsangehörigkeit besitzt der Angeklagte seit 1982 auch die kanadische Staatsangehörigkeit. Auch gegenüber den kanadischen Finanzbehörden erklärte der Angeklagte indes die vorgenannten Einkünfte nicht.
11
Das Verschweigen der Provisionseinkünfte hatte zur Folge, dass in den Veranlagungszeiträumen 1988 bis 1993 Einkommensteuer in einer Gesamthöhe von mehr als 14 Millionen DM nicht festgesetzt wurde.
12
2. Nach der Auffassung der Strafkammer hatte der Angeklagte auf der Grundlage dieser Feststellungen sein (Welt-)Einkommen in den Jahren 1988 bis 1993 in Deutschland zu versteuern.
13
Der Umstand, dass der Angeklagte außer seinem Wohnsitz und seiner Betriebsstätte in Kaufering noch mehrere Wohnungen und Büros in Kanada besessen habe und auch kanadischer Staatsangehöriger ist, sei insoweit un- beachtlich. Die vom Angeklagten „intendierte Verlegung der Steuerpflicht nach Kanada“ scheitere daran, dass er die ihm wirtschaftlich zuzurechnenden Provi- sionseinnahmen nicht in Kanada versteuert habe. Aufgrund der in Art. 23 Abs. 3 des zur Tatzeit geltenden Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Kanada zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und bestimmter anderer Steuern vom 17. Juli 1981 (BGBl. 1982 II S. 801, nachfolgend: DBA Kanada 1981) enthaltenen sog. Rückfallklausel sei das Besteuerungsrecht deshalb für die zunächst möglicherweise freigestellten Einkünfte wieder zurück an die Bundesrepublik Deutschland gefallen.
14
Die dem Angeklagten wirtschaftlich zugeflossenen Provisionseinkünfte seien daher in den vom Angeklagten abgegebenen Einkommensteuererklärungen für die Veranlagungszeiträume 1988 bis 1993 zu erklären gewesen. Indem er sie verschwieg, verwirklichte er den Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO.

II.

15
Die gegen die Verurteilung gerichtete Revision des Angeklagten ist begründet , soweit im Zusammenhang mit der Ablehnung eines Antrags vom 22. Februar 2010 (von der Revision als sog. „Ansässigkeitsantrag“ bezeichnet) eine Verfahrensrüge erhoben wird. Sie führt zur Aufhebung des Schuld- und Strafausspruchs. Die Feststellungen können indes mit Ausnahme derer zur Ansässigkeit des Angeklagten, zu den von ihm erzielten Gewinnen sowie zur Höhe des zu versteuernden Einkommens und der verkürzten Steuern aufrechterhalten bleiben.
16
1. Der Strafkammer ist bei der Ablehnung des Antrags vom 22. Februar 2010 ein durchgreifender Rechtsfehler unterlaufen, der seine Ursache letztlich in einer unzutreffenden Rechtsansicht zur Besteuerung der Einkünfte des Angeklagten nach Maßgabe des DBA Kanada 1981 hatte.
17
a) Der Verfahrensrüge liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
18
Am 22. Februar 2010 stellte der Verteidiger des Angeklagten einen Antrag , dessen Ziel der Nachweis war, dass der Angeklagte in den fraglichen Veranlagungszeiträumen nach Maßgabe von Art. 4 Abs. 2 DBA Kanada 1981 in Kanada ansässig war. Insoweit wurden 17 einzelne Behauptungen aufgestellt. Diese hatten z.B. zum Gegenstand, dass der Angeklagte „seit den 70er Jahren eine mindestens 100m² große repräsentative Wohnung … in Calgary und seit 1988 ein repräsentatives Haus … in Ottawa besaß“ und dass sich der Ange- klagte „von Mitte der 80er Jahre bis mindestens Ende des Jahres 1993 regel- mäßig über Wochen und Monate in Kanada aufgehalten hat und dass der Angeklagte insgesamt häufig über 6 Monate pro Jahr in Kanada und stets mehr in Kanada als in Deutschland gewesen ist“. Zum Beweis dieser Behauptungen wurden 14 in Kanada lebende Zeugen und ein Zeuge, der über das Auswärtige Amt in Berlin geladen werden sollte, benannt. Im Anschluss finden sich in dem Antrag dann Ausführungen dazu, weshalb die benannten Zeugen Angaben zu den einzelnen Beweisbehauptungen machen könnten.
19
Zu dem Antrag nahm neben dem Vertreter des Finanzamts AugsburgStadt am 24. März 2010 auch der Vertreter der Staatsanwaltschaft Stellung. Er beantragte, den Antrag abzulehnen, weil die Behauptungen teilweise zu unbestimmt seien und teilweise lediglich Beweisziele enthielten.
20
Mit am 21. April 2010 in der Hauptverhandlung verkündetem Beschluss lehnte die Strafkammer den als Beweisantrag behandelten Antrag wegen rechtlicher Bedeutungslosigkeit der unter Beweis gestellten Tatsachen ab. Soweit hier von Interesse hat die Begründung des Beschlusses folgenden Wortlaut: „Die unter Beweis gestellten Tatsachen sind unter dem Aspekt des Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) rechtlich ohne Bedeutung (§ 244 III S. 2 StPO). Selbst dann, wenn der Angeklagte außer seinem Wohnsitz und seiner Betriebsstätte in Kaufering derartige Niederlassungen auch in Kanada gehabt haben sollte, hätte das DBA die anklagegegenständlichen Provisionseinnahmen des Angeklagten nicht dem steuerlichen Zugriff des deutschen Fiskus entzogen. Denn das in den Jahren 1988 – 1993 in Kraft befindliche DBA 1981 war in Art. 23 III mit einer sog. Rückfallklausel ausgestattet. Danach fiel das Besteuerungsrecht für zunächst freigestellte Einkünfte wieder zurück , wenn in dem Vertragsstaat, wo diese Einkünfte auf Grund einer dort vorhandenen Betriebsstätte erzielt worden waren, entgegen dem DBA und gleich aus welchem Grund keine Besteuerung erfolgte.“
21
b) Die Ablehnung des „Beweisantrages“ erfolgte rechtsfehlerhaft, da die Behauptungen rechtlich nicht bedeutungslos sind, denn die Frage, ob der Angeklagte im maßgeblichen Zeitpunkt nach Maßgabe von Art. 4 Abs. 2 DBA Kanada 1981 in Kanada war, ist für den Schuldspruch entscheidend.
22
aa) Nicht zu beanstanden ist indes die Auffassung der Strafkammer, wonach es sich bei Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 um eine sog. Rückfallklausel handelt, die zur Folge hat, dass das Besteuerungsrecht für zunächst freigestellte Einkünfte wieder zurück an den Ansässigkeitsstaat fällt, wenn in dem Vertragsstaat, wo diese Einkünfte auf Grund einer dort vorhandenen Betriebsstätte erzielt worden waren, entgegen dem DBA und gleich aus welchem Grund keine Besteuerung erfolgte. Dieses Verständnis steht in Übereinstimmung mit der - auch aus Sicht des Senats zutreffenden - Auslegung des Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 durch den Bundesfinanzhof (BFH, Urteil vom 17. Oktober 2007 - I R 96/06, BFHE 219, 534; vgl. auch BFH, Urteil vom 11. Juni 1996 - I R 8/96, BFHE 181, 125).

23
bb) Die in Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 enthaltene Rückfallklausel ist allerdings nicht geeignet, die rechtliche Bedeutungslosigkeit der im gegenständlichen Antrag aufgestellten Behauptungen i.S.v. § 244 Abs. 3 Satz 2 Var. 2 StPO zu begründen, weshalb die Ablehnung des Antrags nicht auf diesen Ablehnungsgrund gestützt werden konnte.
24
(a) Da der Angeklagte nach den Feststellungen sowohl in Deutschland, als auch in Kanada einen Wohnsitz hatte und er deshalb i.S.v. Art. 4 Abs. 1 DBA Kanada 1981 sowohl in Deutschland als auch in Kanada unbeschränkt einkommensteuerpflichtig war (vgl. einerseits § 1 Abs. 1 EStG i.V.m. § 8 AO sowie andererseits Part I Division A Subsection 2 des Kanadischen Income Tax Act), ist für die Frage, welchem der beiden Staaten das Besteuerungsrecht zusteht , maßgeblich, wo der Angeklagte nach Maßgabe von Art. 4 Abs. 2 DBA Kanada 1981 ansässig war. Art. 4 Abs. 2 DBA Kanada 1981 entscheidet insoweit darüber, welcher der beiden Vertragsstaaten als Ansässigkeitsstaat und welcher als Quellenstaat zu behandeln ist, wenn eine Person nach Art. 4 Abs. 1 DBA Kanada 1981 in beiden Staaten ansässig ist (vgl. allgemein Debatin/ Wassermeyer, Doppelbesteuerung, 112. Aufl., OECD-Musterabkommen, Art. 4 Rn. 51). Dem danach gegebenen Ansässigkeitsstaat steht grundsätzlich das Besteuerungsrecht für die Gewinne des Unternehmens zu, es sei denn, das Unternehmen verfügt in dem jeweils anderen Staat über eine Betriebsstätte (vgl. Art. 7 Abs. 1 DBA Kanada 1981), der dann der sog. Quellenstaat ist.
25
(b) Stehen demnach sowohl dem Ansässigkeitsstaat, als auch dem Quellenstaat Besteuerungsrechte zu, sieht Art. 23 DBA Kanada 1981 eine Regelung vor, wie die Doppelbesteuerung vermieden werden kann. Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 definiert insoweit (lediglich), unter welchen Voraussetzungen Gewinne oder Einkünfte aus Quellen eines der beiden Staaten stammen, damit die in Art. 23 Abs. 1 und Abs. 2 DBA Kanada 1981 enthaltenen Vorschriften zur Beseitigung der Doppelbesteuerung angewandt werden können und ordnet sie dem Ansässigkeitsstaat zu, wenn - wie oben dargelegt - im Quellenstaat eine Besteuerung nicht erfolgt. Daher kann Art. 23 DBA Kanada 1981 in seiner Gesamtheit, einschließlich Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981, erst Anwendung finden, wenn nach Maßgabe von Art. 4 DBA Kanada 1981 die Ansässigkeit eines Steuerpflichtigen geklärt ist.
26
Für den vorliegenden Fall bedeutet dies: Sollte der Angeklagte nach Maßgabe von Art. 4 DBA Kanada 1981 in Kanada ansässig gewesen sein, dann wären im Quellenstaat (Deutschland) zwar erzielte, aber nicht besteuerte Einkünfte aufgrund der Rückfallklausel in Kanada (Ansässigkeitsstaat) zu versteuern. Nur dann, wenn der Angeklagte in Deutschland ansässig war, steht dem deutschen Steuerfiskus die Besteuerung der im Quellenstaat Kanada nicht besteuerten Einkünfte zu. Bei der Anwendung der Rückfallklausel muss daher zunächst die Vorfrage beantwortet werden, welcher Staat der Ansässigkeitsstaat war - Kanada oder Deutschland. Deshalb ist es - wie das Landgericht rechtsirrig annimmt - für die Anwendung der Rückfallklausel eben nicht bedeutungslos , wo der Angeklagte ansässig war.
27
(c) Dies hat die Strafkammer verkannt, wenn sie annimmt, dass esfür die Begründung der Ansässigkeit eines Steuerpflichtigen in einem der Vertragsstaaten ausreicht, dass in dem anderen Vertragsstaat eine Besteuerung der dort erzielten Gewinne und Einkünfte nicht erfolgte. Davon ausgehend wird die rechtliche Bedeutungslosigkeit, auf die die Ablehnung des Beweisantrags gestützt wird, rechtsfehlerhaft aus einem Tatbestand abgeleitet, der voraus- setzt, dass das Gegenteil der unter Beweis gestellten Tatsachen bereits erwiesen ist.
28
cc) Auf der rechtsfehlerhaften Ablehnung des Antrags beruht das Urteil auch. Bei der gegebenen Sachlage kann der Senat nicht ausschließen, dass das Urteil bei zutreffender Bescheidung des Antrags möglicherweise anders ausgefallen wäre. Ein Austausch der Ablehnungsgründe (z.B. mit dem Ablehnungsgrund der tatsächlichen Bedeutungslosigkeit oder dem des § 244 Abs. 5 StPO) ist dem Senat nicht möglich (vgl. BGH, Beschluss vom 28. August 2002 - 1 StR 277/02, NStZ 2003, 101, 102).
29
dd) Zu keinem anderen Ergebnis würde es führen, wenn man - was offen bleiben kann - den Antrag der Verteidigung vom 22. Februar 2010 nicht als Beweisantrag, sondern lediglich als Beweisermittlungsantrag ansehen würde.
30
(1) Für letzteres könnte zunächst sprechen, dass - wie von der Staatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 24. März 2010 angeführt - die Behauptungen teilweise zu unbestimmt und teilweise lediglich Beweisziele benannt sind.
31
Darüber hinaus bestehen Zweifel, ob die erforderliche Konnexität zwischen den einzelnen Beweisbehauptungen und den Zeugen gegeben ist (vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 1993 - 3 StR 446/93, BGHSt 40, 3, 6; BGH, Urteil vom 28. November 1997 - 3 StR 114/97, BGHSt 43, 321, 329 f.; BGH, Beschluss vom 3. November 2010 - 1 StR 497/10, NStZ 2011, 169). Denn es versteht sich zunächst nicht von selbst, warum die einzelnen Zeugen zu den einzelnen Beweisbehauptungen etwas bekunden können. Auch die im Antrag hinsichtlich der einzelnen Zeugen angeführten Begründungen erschöpfen sich in pauschalen Ausführungen, die den diesbezüglichen Anforderungen nicht gerecht werden. Insoweit gilt allgemein, dass der Antragsteller auch die Tatsachen hinreichend bestimmt zu behaupten hat, aus denen sich die Konnexität ergibt (vgl. BGH, Beschluss vom 3. November 2010 - 1 StR 497/10, NStZ 2011, 169). Dies gilt umso mehr, wenn die unter Beweis gestellten Tatsachen ihrerseits - wie hier - teilweise von gewisser, im Einzelfall aber hinzunehmender Unschärfe sind.
32
(2) Selbst wenn es sich aber lediglich um einen Beweisermittlungsantrag handeln würde, könnte aufgrund der Behandlung des Antrags durch die Strafkammer ein durchgreifender Rechtsfehler vorliegend nicht ausgeschlossen werden.
33
(a) In solchen Fällen gilt zwar grundsätzlich, dass die Zurückweisung eines Beweisermittlungsantrags die Revision nur dann begründet, wenn das Tatgericht seine Aufklärungspflicht verletzt hat (BGH, Beschluss vom 15. Mai 1996 - 1 StR 131/96, StV 1996, 581). Dass die Zurückweisung des Beweisermittlungsantrags dabei in der Form der Bescheidung eines Beweisantrags erfolgte, ändert hieran grundsätzlich nichts (BGH, Beschluss vom 15. Mai 1996 - 1 StR 131/96, StV 1996, 581 mwN). Ob das Tatgericht seine Aufklärungspflicht verletzt hat, prüft das Revisionsgericht dabei aus seiner Sicht der Dinge (vgl. BGH, Beschluss vom 14. März 1985 - 1 StR 775/84, NStZ 1985, 324, 325 mwN).
34
(b) Hat das Tatgericht aber durch die Behandlung als Beweisantrag und die unzutreffende Begründung hinsichtlich der Bedeutung der Behauptung eine „irreführende Prozesslage“ geschaffen, führt dies - abweichend vom vorge- nannten Grundsatz - auch dann zum Erfolg der Revision, wenn - am vorstehenden Maßstab gemessen - eine rechtsfehlerfreie Ablehnung des Antrags möglich gewesen wäre (BGH, Beschluss vom 15. Mai 1996 - 1 StR 131/96, StV 1996, 581 mwN).
35
(c) So stellt sich die Sachlage vorliegend dar. Indem das Landgericht den Antrag - trotz abweichender Stellungnahme der Staatsanwaltschaft - als Beweisantrag beschied und zur Ablehnung des Antrags allein die rechtliche Bedeutungslosigkeit anführte, brachte es zum Ausdruck, dass es sich auch aus seiner Sicht um einen Beweisantrag handelte.
36
Insoweit wurde dem Angeklagten und seinen Verteidigern die Möglichkeit genommen, den möglicherweise wegen zu unbestimmter Behauptungen und fehlender Konnexität lediglich als Beweisermittlungsantrag zu qualifizierenden Antrag so nachzubessern, dass er die Qualität eines Beweisantrags erlangt. Dass dem Antragssteller eine solche Nachbesserung nicht möglich gewesen wäre, kann der Senat nicht ausschließen. Es ist ihm daher verwehrt, auf den Gesichtspunkt abzustellen, es handele sich tatsächlich bei dem fraglichen Antrag lediglich um einen Beweisermittlungsantrag.
37
Hinzu kommt, dass das Landgericht den Antragsteller durch die rechtsfehlerhafte Behandlung des Antrags auch im Unklaren darüber lässt, welches Gewicht die Strafkammer den auf Grund der bisherigen Beweisaufnahme erlangten durchaus bedeutsamen Gesichtspunkten beimisst, die für eine Ansässigkeit des Angeklagten in Deutschland sprechen (z.B. Angaben in den Einkommensteuererklärungen , Vorbringen im finanzgerichtlichen Verfahren). Der Angeklagte und seine Verteidiger hatten daher auch keine Möglichkeit, dazu Stellung zu nehmen, aus welchen Gesichtspunkten und in welchem Umfang die Aufklärungspflicht zur Erhebung der beantragten Beweise drängen könnte.

III.


38
Der festgestellte Verfahrensverstoß zieht die Aufhebung des Schuldspruchs nach sich. Zwar hat der Angeklagte selbst dann, wenn er in den fraglichen Veranlagungszeiträumen in Kanada i.S.v. Art. 4 DBA Kanada 1981 ansässig gewesen sein sollte, in den verfahrensgegenständlichen Einkommensteuererklärungen unrichtige Angaben i.S.v. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO gemacht, indem er pflichtwidrig die ihm zurechenbaren Provisionseinkünfte verschwieg. Dies ist vorliegend aber nicht geeignet, den Schuldspruch bestehen zu lassen.
39
Es spricht zwar einiges dafür, dass es aufgrund des Verschweigens der Provisionseinkünfte in den Veranlagungszeiträumen jeweils zu Steuerverkürzung i.S.v. § 370 Abs. 4 AO kam, wenngleich die Höhe der Steuerverkürzung noch nicht abschließend beurteilt werden kann. Danach könnte zwar der Schuldspruch grundsätzlich bestätigt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 17. April 2008 - 5 StR 547/07, NStZ 2009, 157). Der Senat kann aber in der Gesamtheit nicht sicher ausschließen, dass dann, wenn das neue Tatgericht zu der Feststellung kommen sollte, dass der Angeklagte im Tatzeitraum in Kanada ansässig i.S.v. Art. 4 DBA Kanada 1981 war, in einzelnen Veranlagungszeiträumen die Möglichkeit besteht, dass sich das in Deutschland zu versteuernde Einkommen soweit reduziert, dass eine Steuerverkürzung vollständig entfällt (vgl. insoweit BGH, Beschluss vom 24. Mai 2007 – 5 StR 58/07).

IV.


40
Die Aufhebung des Schuldspruchs führt zum Wegfall der Einzelstrafen und des Gesamtstrafenausspruchs.
41
Der Senat kann daher offen lassen, ob - wie von der Revision behauptet - Rechtsfehler bei der Strafzumessung durch das Landgericht zum Nachteil des Angeklagten gegeben sind.

V.


42
Der Verfahrensfehler bedingt die Aufhebung der Feststellungen zur Ansässigkeit des Angeklagten in den fraglichen Veranlagungszeiträumen, zum vom Angeklagten in den Veranlagungszeiträumen erzielten Gewinnen, zur Höhe des jeweils zu versteuernden Einkommens und zur Höhe der jeweils verkürzten Steuern. Demgegenüber können die weitergehenden Feststellungen, namentlich zur Höhe der verfahrensgegenständlichen Provisionseinnahmen und zu deren wirtschaftlicher Zuordnung zum Angeklagten aufrechterhalten bleiben.
43
1. Die dem Urteil zu Grunde liegenden Feststellungen sind aufzuheben, soweit sie durch die Gesetzesverletzung betroffen sind (§ 353 Abs. 2 StPO). Erweist sich die Revision hinsichtlich der gesamten Verurteilung als begründet, so sind mit dem Urteil an sich auch die ihm zugrunde liegenden, gemäß § 267 Abs. 1 und Abs. 5 StPO in die Urteilsgründe aufgenommenen Feststellungen insgesamt aufzuheben, um dem Tatrichter, an den die Sache zurückverwiesen wird, Gelegenheit zu einer umfassenden neuen Sachverhaltsfeststellung zu geben (vgl. Kuckein in KK-StPO, § 353 Rn. 24 mwN). Das gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Das Revisionsgericht hat insbesondere zu prüfen, ob und inwiefern sich der angenommene Rechtsverstoß überhaupt auf die Sachverhaltsfeststellung ausgewirkt hat (BGH, Urteil vom 27. November 1959 - 4 StR 394/59, BGHSt 14, 30, 34). Sodann ist zu untersuchen, in welchem Umfang die betroffenen Feststellungen aus dem Gesamtzusammenhang des festgestellten Sachverhalts herausgelöst werden können, ohne dass damit die anderen Feststellungen , und sei es auch nur durch Wegfall eines Beweisanzeichens, in Zweifel gezogen werden (BGH aaO, BGHSt 14, 30, 35).
44
2. Danach sind zunächst die Feststellungen zur Ansässigkeit des Angeklagten aufzuheben. Diese beschränken sich im Wesentlichen darauf, dass der Angeklagte, wie vom Landgericht ausgeführt, seinen Hauptwohnsitz in Kaufering hatte.
45
Insoweit kann offen bleiben, ob das Urteil in diesem Zusammenhang auch einen auf die Sachrüge zu berücksichtigenden Darlegungsmangel aufweist , weil sich die Strafkammer aufgrund des unzutreffenden Verständnisses von Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 den Blick für das Erfordernis weiterer Darlegungen im Zusammenhang mit der Frage der Ansässigkeit verbaut hat.
46
3. Aufzuheben sind auch die Feststellungen zu den vom Angeklagten erzielten Gewinnen sowie zur Höhe seines zu versteuernden Einkommens und der verkürzten Steuern.
47
Dies folgt bereits daraus, dass sich die Bemessungsgrundlage für die Ermittlung des vom Angeklagten erzielten Gewinns und des in Deutschland zu versteuernden Einkommens des Angeklagten ändern würde, wenn in der neuen Hauptverhandlung festgestellt werden sollte, dass der Angeklagte in den fraglichen Veranlagungszeiträumen in Kanada ansässig war. Bemessungsgrundlage sind dann neben den erklärten Einkünften des Angeklagten auch die verschwiegenen Provisionseinkünfte, die aus Quellen innerhalb Deutschlands stammen. In diesem Fall wären daher in der neuen Hauptverhandlung auch Feststellungen dazu erforderlich, aus welchen Quellen i.S.d. DBA Kanada 1981 die jeweiligen Provisionseinkünfte stammen.
48
Die insoweit mögliche Verringerung des zu versteuernden Einkommens würde darüber hinaus auch die Höhe der - zum Nachteil des deutschen Fiskus - verkürzten Steuern betreffen.
49
Der Senat kann daher offen lassen, ob das vom Angeklagten zu versteuernde Einkommen rechtsfehlerfrei ermittelt wurde.
50
4. Mit Ausnahme der vorgenannten Feststellungen haben die weiteren rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen Bestand. Hierbei handelt es sich namentlich um solche zum Rechtsgrund und zur Höhe der Provisionseinkünfte sowie die diesbezügliche wirtschaftliche Berechtigung des Angeklagten. In Bestandskraft erwachsen auch die Feststellungen dazu, dass die Provisionseinkünfte nicht in Kanada besteuert und in den in Deutschland abgegebenen Steuererklärungen des Angeklagten nicht erklärt wurden.
51
a) Diese Feststellungen sind durch den aufgezeigten Verfahrensverstoß nicht betroffen und können von den aufgehobenen Feststellungen im vorgenannten Sinn getrennt werden.
52
b) Soweit im Zusammenhang mit den in Bestandskraft erwachsenden Feststellungen Verfahrensrügen erhoben wurden, sind diese unbegründet oder aber für den Bestand der Feststellungen ohne Bedeutung. Näherer Erörterung bedarf insoweit lediglich Folgendes:
53
aa) Zum Rechtsgrund und zur Höhe der vom Angeklagten verschwiegenen Provisionseinkünfte:
54
(1) Die Ansässigkeit des Angeklagten ist insoweit ohne Bedeutung. Auch soweit das neue Tatgericht zu der Überzeugung gelangen sollte, dass der Angeklagte in den fraglichen Veranlagungszeiträumen in Kanada ansässig gewesen ist, stünden die bisherigen Feststellungen solchen neuen Feststellungen nicht entgegen. Sie könnten widerspruchsfrei getroffen werden.
55
Insoweit könnte sich allerdings die Notwendigkeit ergeben, weitergehende Feststellungen dazu zu treffen, aus welchen Quellen i.S.d. DBA Kanada 1981 die jeweiligen Provisionseinkünfte stammen (vgl. oben III. und V. 3).
56
(2) Soweit die Revision im Hinblick auf den Quellenstaat der Provisionseinkünfte die Verletzung von § 245 Abs. 2, § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO im Zusammenhang mit der Ablehnung eines Beweisantrags vom 14. April 2010 rügt, ist diese Rüge für die bestandskräftigen Feststellungen aufgrund der vorstehenden Erwägungen nicht mehr relevant. Auf dem mit ihr aufgezeigten Rechtsfehler beruht das Urteil daher nicht:
57
(a) Der Verfahrensrüge liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
58
In dem genannten Beweisantrag wurde unter Beweis gestellt, dass der Angeklagte die Provisionen aus drei Provisionsgeschäften allein in kanadischen Betriebsstätten erzielt haben soll. Zum Beweis dieser Behauptungen wurden einerseits vier Zeugen benannt. Weiter wurden als Beweismittel 57, teils in ausländischer Sprache verfasste Schriftstücke angeführt, die zusammen mit dem Beweisantrag in der Hauptverhandlung in Kopie übergeben wurden.

59
Die Strafkammer lehnte auch diesen Beweisantrag mit dem in der Hauptverhandlung vom 21. April 2010 verkündeten Beschluss und der bereits oben angeführten Begründung wegen rechtlicher Bedeutungslosigkeit der unter Beweis gestellten Tatsachen ab.
60
(b) Insoweit kann offen bleiben, ob es sich bei in Kopie vorgelegten Urkunden tatsächlich um präsente Beweismittel i.S.v. § 245 Abs. 2 StPO handelt, wofür nach Auffassung des Senats im Grundsatz einiges spricht (vgl. aber insoweit BGH, Beschluss vom 22. Juni 1994 - 3 StR 646/93, NStZ 1994, 593). Soweit es sich indes um fremdsprachliche Urkunden handelt, bestehen - losgelöst von der Frage, ob nur Originalurkunden präsente Beweismittel sind - angesichts der Tatsache, dass bei deren Vorlage ein Dolmetscher nicht anwesend war, demgegenüber Zweifel.
61
(c) Bei der gegebenen Sachlage erweist sich die Ablehnung des Beweisantrages wegen rechtlicher Bedeutungslosigkeit der unter Beweis gestellten Tatsachen zwar als rechtsfehlerhaft.
62
Die Ablehnung wäre nur dann nicht zu beanstanden, wenn - was die Strafkammer indes nicht rechtsfehlerfrei festgestellt hat - der Angeklagte im Veranlagungszeitraum in Deutschland ansässig war. Denn dann würde, selbst wenn darüber hinaus erwiesen wäre, dass die fraglichen Provisionseinkünfte des Angeklagten durch Betriebsstätten in Kanada verdient worden sind, Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 greifen, nachdem rechtsfehlerfrei - und von der Revision auch nicht angegriffen - festgestellt ist, dass der Angeklagte die Provisionseinkünfte in Kanada nicht versteuerte (vgl. UA S. 85). Dies hätte zur Folge, dass die dann grundsätzlich zwar der kanadischen Besteuerung unterliegenden Einkünfte wegen der in Kanada unterlassenen Besteuerung wieder der deutschen Besteuerung unterfallen. Durch das Verschweigen dieser Einkünfte wäre bei Ansässigkeit des Angeklagten in Deutschland der Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO erfüllt. Bei der Verkürzungsberechnung könnten dann sämtliche Provisionseinkünfte des Angeklagten - unabhängig vom Quellenstaat - zu Grunde gelegt werden.
63
(d) Dieser Rechtsfehler wirkt sich indes im Hinblick auf die Feststellungen , die aufrechterhalten bleiben, nicht aus.
64
bb) Bestehen bleiben können auch die Feststellungen zur wirtschaftlichen Zuordnung der Provisionseinkünfte für den Angeklagten und dazu, dass diese dem Angeklagten im fraglichen Zeitraum zugeflossen sind.
65
Die von der Revision in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge ist nicht begründet.
66
(1) Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zu Grunde:
67
Im Zusammenhang mit dem Zustandekommen und dem Inhalt eines Schuldanerkenntnisses, das zu Gunsten der Firma I. von dem Zeugen Pe. abgegeben wurde und dem die Strafkammer im Zusammenhang mit der Inhaberschaft an der Firma I. zu Lasten des Angeklagten indizielle Bedeutung beimisst, stellte der Verteidiger des Angeklagten in der Hauptverhandlung am 15. März 2010 einen Beweisantrag. Dieser hatte verschiedene Geschehnisse im Vorfeld der Abgabe des Schuldanerkenntnisses und zu dessen tatsächlichen Hintergründen zum Gegenstand.
68
Zum Beweis der im Antrag aufgestellten Beweisbehauptungen wurden einerseits verschiedene Zeugen benannt. Die Ablehnung von deren Vernehmung wird mit der Revision nicht angegriffen.
69
Weiter wurde die Verlesung mehrerer - wiederum teils fremdsprachiger - Urkunden und deren Inaugenscheinnahme beantragt. Zu diesem Zwecke waren die Urkunden dem Beweisantrag in Kopie beigefügt.
70
Mit am 12. April 2010 in der Hauptverhandlung verkündetem Beschluss wurde der Beweisantrag zurückgewiesen. Der unter Beweis gestellte Sachverhalt , sprich die Entstehungsgeschichte des Schuldanerkenntnisses, wurde zu Gunsten des Angeklagten als wahr unterstellt.
71
(2) Soweit im Hinblick auf die abgelehnte Verlesung (und Inaugenscheinnahme ) der mit dem Beweisantrag in Kopie vorgelegten Urkunden die Verletzung von § 245 Abs. 2 StPO gerügt wird, beruht das Urteil auf einem möglicherweise gegebenen Rechtsfehler nicht.
72
(a) Auch insoweit kann offen bleiben, ob und ggfs. in welchem Umfang es sich bei in Kopie vorgelegten Urkunden tatsächlich um präsente Beweismittel i.S.v. § 245 Abs. 2 StPO handelt.
73
(b) Aber selbst wenn aufgrund der Präsenz der Urkunden eine Ablehnung nur im Rahmen der Ablehnungsgründe des § 245 Abs. 2 StPO möglich gewesen wäre, beruht das Urteil nicht auf der dann rechtsfehlerhaft auf § 244 Abs. 3 Satz 2 Var. 7 StPO gestützten Ablehnung des Beweisantrags.
74
(aa) Insoweit ist bei einem Verstoß gegen § 245 Abs. 1 StPO anerkannt, dass der Umstand, dass der Ablehnungsgrund der Unerheblichkeit in Fällen des § 245 StPO nicht gilt, nicht dazu führt, dass bei rechtsfehlerhafter Nichtverwendung eines präsenten Beweismittels eine Beruhensprüfung grundsätzlich zu unterbleiben hat bzw. dass ein Beruhen des Urteils auf der Gesetzesverletzung regelmäßig nicht auszuschließen ist (BGH, Urteil vom 31. Januar 1996 - 2 StR 596/95, NJW 1996, 1685). Für die Prüfung des Beruhens gelten daher auch bei einem Verstoß gegen § 245 Abs. 2 StPO keine Besonderheiten (Becker in LR-StPO § 245 Rn. 80).
75
(bb) Vorliegend kann sicher ausgeschlossen werden, dass das Urteil bei Erhebung der Beweise anders ausgefallen wäre.
76
Wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausführt, hat sich die Strafkammer an die im Ablehnungsbeschluss getroffene Wahrunterstellung ohne Einengung, Umdeutung oder inhaltliche Änderung (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 1982 - 1 StR 802/81, NStZ 1982, 213) im Rahmen der Beweiswürdigung gehalten und sich dort - soweit geboten (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 1979 - 2 StR 749/78, BGHSt 28, 310) - ebenso wie im Ablehnungsbeschluss mit den als wahr unterstellten (Indiz-)Tatsachen auseinandergesetzt. Dass das Landgericht daraus nicht die Schlussfolgerung gezogen hat, die der Antragsteller gezogen wissen wollte, ist nicht zu beanstanden (vgl. BGH, Urteil vom 6. August 1986 - 3 StR 234/86, StV 1986, 467). Namentlich kannhierin - wie von der Revision behauptet - keine unzulässige Beweisantizipation erblickt werden. Demnach ist nicht ersichtlich, zu welchen anderen Feststellungen das Landgericht gekommen wäre, wenn es die beantragte Beweiswürdigung durchgeführt hätte.

B.


Die Revision der Staatsanwaltschaft
77
Die - auf die Einstellung des Verfahrens hinsichtlich des Vorwurfs der Bestechung beschränkte - Revision der Staatsanwaltschaft hat mit der Sachrüge Erfolg. Eines Eingehens auf die Verfahrensrügen, mit der ein Verstoß gegen § 261 StPO geltend gemacht wird, bedarf es daher nicht. Die von der Aufhebung ausgenommenen Feststellungen sind von dem geltend gemachten Verfahrensverstoß nicht betroffen, wie auch der Antrag des Generalbundesanwalts in der Hauptverhandlung zeigt.

I.


78
Soweit die Einstellung des Verfahrens im Hinblick auf den Vorwurf der Bestechung von der Revision der Staatsanwaltschaft angegriffen ist, hat die Strafkammer in der Gesamtschau der Urteilsgründe folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
79
1. Der Angeklagte richtete im September 1991 beim Schweizerischen Bankverein unter der Kontonummer ein Rubrikkonto mit der Bezeich- nung „Holgart“ ein, über das nur der Angeklagte sowie die von ihm bevollmäch- tigten Familienangehörigen verfügungsberechtigt waren. Hinter der Bezeich- nung „Holgart“ stand der ehemalige Staatssekretär Dr. P. .
80
Am 2. September 1991 wurden auf diesem Konto 3.800.000 DM einbezahlt. Dr. P. erhielt vom Angeklagten sodann „aufgrund vorangegangener Unrechtsvereinbarung“, die im Urteil nicht näher dargelegt wird, am 13. Dezember 1991 250.000 DM, am 23. Januar 1992 127.000 DM und „letztmals“ am 28. April 1992 500.000 DM, die dem vorgenannten Rubrikkonto entnommen wurden.
81
Ende des Jahres 1994 schichtete der Angeklagte das auf dem Rubrik- konto „Holgart“ vorhandene Guthaben auf sein Konto Nr. beim Schwei- zerischen Bankverein um. Auch hier richtete er wieder Rubrikkonten, u.a. eines mit der Bezeichnung „Holgart“, ein. Ende Januar 1995 befanden sich auf die- sem Rubrikkonto 3.162.000 DM.
82
Am 26. Januar 1995 eröffnete die Ehefrau des Angeklagten bei der Verwaltungs - und Privatbank Vaduz in Liechtenstein drei Währungskonten. Am 27. Januar 1995 wurden dort dem DM-Konto „3.162.00,00“ (gemeint sind wohl 3.162.000,00) DM unter Angabe des Zahlungsgrunds „Ref. Holgart“ gutgeschrieben. Bei dieser Gutschrift handelt es sich um das Restguthaben des oben genannten Rubrikkontos „Holgart“ beim Schweizerischen Bankverein.
83
Am 31. Januar 1995 hob die Ehefrau des Angeklagten von den Währungskonten einen Betrag von insgesamt 11.780.837,50 SFR ab; danach wurden die Währungskonten gelöscht. Anschließend wurden erneut Rubrikkonten eröffnet, darunter auch eines mit der Bezeichnung „Holgart“. Die von diesen Rubrikkonten bis Ende 1996 nachvollziehbaren Kontobewegungen weisen keinen Bezug zu Dr. P. auf.
84
2. Hinsichtlich des Vorwurfs der Bestechung ist nach Auffassung der Strafkammer Verfolgungsverjährung eingetreten, da die Tat am 28. April 1992 beendet gewesen sei. Die höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach die ra- tenweise Bestechung erst dann beendet ist, wenn der Bestochene die ihm abverlangte Diensthandlung vollführt, käme in vorliegender Sache nicht zum Zu- ge, da die vom Angeklagten belohnten rechtswidrigen Entscheidungen „laut Anklage“ bereits am 12. und 20. März 1991 getroffen worden seien. Offen kön- ne bleiben, ob die Tat nicht bereits mit dem Ausscheiden Dr. P. aus seinem Amt als Staatssekretär am 29. Februar 1992 beendet war, da dies am Ergebnis nichts ändere.
85
Ausgehend von diesem Beendigungszeitpunkt und unter Berücksichtigung der im Strafverfahren getroffenen verjährungsunterbrechenden Maßnahmen sei absolute Verfolgungsverjährung am 27. April 2002 um Mitternacht eingetreten. Die Verjährung habe auch nicht nach Maßgabe von § 78b Abs. 4 oder 5 StGB geruht. § 78b Abs. 4 StGB sei vorliegend im Hinblick auf § 2 Abs. 3 StGB nicht anwendbar; bei Inkrafttreten des § 78b Abs. 5 StGB am 11. August 2005 sei die Tat bereits verjährt gewesen.
86
Anhaltspunkte für eine spätere Beendigung der Tat gäbe es auf Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht. Namentlich die Kontobewegungen in den Jahren 1995 und 1996 würden nicht für eine Beendigung der Tat erst am 14. Dezember 1995, dem Tag, als bei Dr. P. eine Hausdurchsuchung im Hinblick auf die ihm zur Last liegenden Taten stattfand, sprechen. Dass der Angeklagte darüber hinaus für Dr. P. das Rubrikkonto „Holgart“ treuhänderisch verwaltet hat, konnte die Kammer nicht feststellen.

II.

87
Die Einstellung hinsichtlich des Vorwurfs der Bestechung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil das Landgericht insoweit keine hinreichenden Feststellungen getroffen hat, die dem Revisionsgericht die Prüfung ermöglichen , wann die Tat ihre Beendigung fand. Das Urteil genügt in diesem Zusammenhang nicht den Anforderungen, die an ein Einstellungsurteil wegen Verjährung zu stellen sind.
88
1. Insoweit gilt allgemein:
89
In den Urteilsgründen eines Einstellungsurteils wegen Verjährung muss grundsätzlich, von der zugelassenen Anklage ausgehend, in revisionsrechtlich nachprüfbarer Weise dargelegt werden, aus welchen Gründen die Durchführung des Strafverfahrens unzulässig ist, d.h. die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen des Verfahrenshindernisses sind festzustellen und anzugeben. Der Umfang der Darlegung richtet sich nach den besonderen Gegebenheiten des Einzelfalles, insbesondere nach der Eigenart des Verfahrenshindernisses (BGH, Urteil vom 19. Oktober 2010 - 1 StR 266/10, BGHSt 56, 6 mwN).
90
Gerade bei der Prüfung der Voraussetzungen der Verjährung sind die tatsächlichen Voraussetzungen des behaupteten Verfahrenshindernisses, das zur Einstellung des Verfahrens nach § 260 Abs. 3 StPO führen müsste, hinreichend festzustellen. Hier benötigt ein Einstellungsurteil eine vom Tatrichter festzustellende Sachverhaltsgrundlage. Erst auf dieser Grundlage lässt sich die Verjährungsfrage beurteilen. Daher sind in solchen Fällen eine umfassende Beweisaufnahme und detaillierte Feststellungen zum Tatgeschehen erforderlich , bevor die Verjährungsfrage beurteilt werden kann (BGH aaO mwN).
91
Die Sachverhaltsdarstellung sollte dabei - unbeschadet des Grundsatzes der Einheit der Urteilsgründe - in sich geschlossen sein. Verteilen sich die Feststellungen - wie hier - auf unterschiedliche Passagen des Urteils und wird nicht zwischen der Darlegung des Tatgeschehens, der Beweiswürdigung und der rechtlichen Würdigung unterschieden, so kann das Urteil dem Leser die wesentlichen , die Entscheidung tragenden tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Erwägungen ohne aufwändige eigene Bemühungen nicht vermitteln (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Februar 2009 - 1 StR 687/08, NStZ-RR 2009, 183).
92
2. Diesen Anforderungen an ein Einstellungsurteil wird das angefochtene Urteil nicht gerecht.
93
a) Das Urteil teilt bereits nicht mit, welchen konkreten Inhalt die zwischen dem Angeklagten und dem Zeugen Dr. P. getroffene Unrechtsvereinbarung hatte. Vielmehr erschöpfen sich die Feststellungen im Urteil darin, dass „der Angeklagte dem Mitverfolgten Dr. P. aufgrund vorangegangener Unrechtsvereinbarung letztmals am 28. April 1992 eine Bestechungssumme von 500.000,-- DM ausbezahlt“. Hinreichend konkrete Feststellungen zum Inhalt der Unrechtsvereinbarung sind indes für die revisionsrechtliche Überprüfung, ob die Strafkammer zu Recht den Eintritt der Verfolgungsverjährung bejaht hat, von erheblicher Bedeutung. Denn grundsätzlich gilt, dass erst dann, wenn der Beamte die Amtshandlung vollzogen und den Vorteil, den er dafür forderte oder sich versprechen ließ, in seinem letzten Stück erhalten und angenommen hat, die Tat beendet ist (BGH, Urteil vom 30. April 1957 - 1 StR 287/56, BGHSt 10, 237, 243; BGH, Urteil vom 22. Mai 1958 - 1 StR 551/57, BGHSt 11, 345). Erforderlich ist daher, dass sich die Feststellungen zur Unrechtsvereinbarung insbesondere auch dazu verhalten, welchen Bestechungslohn der Beamte erhalten und wie die Zuwendung des Bestechungslohns konkret ausgestaltet werden sollte.
94
Vor diesem Hintergrund ist auch die Formulierung, dass die Zahlung „aufgrund vorangegangener Unrechtsvereinbarung letztmals“ erfolgte, nicht hinreichend aussagekräftig. Ihr kann insbesondere nicht der alleinige Erklärungsinhalt beigemessen werden, dass der gesamte Bestechungslohn mit der Zahlung der fraglichen 500.000 DM am 28. April 1992 dem Bestochenen zugeflossen ist. Denn insoweit ergeben sich aufgrund der Feststellungen insgesamt allenfalls Zahlungen an Dr. P. in Höhe von 877.000 DM, wohingegen etwa die zugelassene Anklage einen vereinbarten Bestechungslohn von 3.800.000 DM annimmt.
95
b) Der Darlegungsmangel wird auch nicht durch weitere Ausführungen im Urteil beseitigt. Namentlich die sich unmittelbar an die vorstehende Feststel- lung anschließende rechtliche Würdigung „An diesem Tag [gemeint ist der 28. April 1999] also waren die Bestechungshandlungen des Angeklagten beendet und begann insofern die Verjährung (vgl. BGH aaO BGHSt 11, 345, 347)“, ist nicht geeignet die erforderlichen Feststellungen zu ersetzen. Insbesondere kann dieser rechtlichen Würdigung - noch dazu im Zusammenspiel mit dem in der zitierten Fundstelle angeführten Rechtssatz - kein wie auch immer gearteter Feststellungsinhalt beigemessen werden. Auch insoweit ist zu berücksichtigen, dass in der Anklage, die im Eröffnungsbeschluss unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen wurde, dem Angeklagten zur Last gelegt wird, dem gesondert verfolgten Dr. P. einen Bestechungslohn von 3.800.000 DM versprochen zu haben.
96
c) Weitergehende Feststellungen waren zur Unrechtsvereinbarung auch nicht deshalb entbehrlich, weil der Bestochene bereits am 29. Februar 1992 aus seinem Amt ausgeschieden war.
97
aa) Zwar beginnt die Verjährung der Bestechlichkeit nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs spätestens mit dem Ausscheiden des Täters als Beamter, was auch dann gilt, wenn er noch später Vorteile für seine frühere Bestechlichkeit erhält und annimmt (vgl. BGH, Urteil vom 22. Mai 1958 - 1 StR 551/57, BGHSt 11, 345). Diese Rechtsprechung wird in der Kommentarliteratur ohne weiteres auf die Bestechung übertragen (Fischer, StGB, 56. Aufl., § 331 Rn. 30a).
98
bb) Der Senat kann offen lassen, ob er an seiner bisherigen Rechtsprechung zur Bestechlichkeit festhält. Sie ist jedenfalls nicht auf den Tatbestand der Bestechung zu übertragen. Im Einzelnen ist insoweit Folgendes zu sehen:
99
(1) Wesentlicher Gesichtspunkt, auf den die bisherige Meinung des Senats hinsichtlich der Beendigung der Bestechlichkeit gestützt wurde, war, dass Vergehen gegen §§ 331, 332 StGB nur begehen kann, wer Beamter ist. Verliert jemand das Amt und die Eigenschaft als Beamter, empfängt er aber gleichwohl noch Vorteile aus einer früheren Bestechlichkeit, so setze er diese nicht mehr in strafbarer Weise fort. Strafloses Handeln sei für die Strafverfolgung und deshalb auch für ihre Verjährung nicht bedeutsam. Diese beginne mit der Beendigung strafbaren Verhaltens (BGH, Urteil vom 22. Mai 1958 - 1 StR 551/57, BGHSt 11, 345).
100
(2) Gegen diese Begründung sprechen freilich gewichtige Argumente. Insoweit gelten nachfolgende Grundsätze:
101
(a) Gemäß § 78a Satz 1 StGB beginnt die Verjährung, sobald die Tat beendet ist. Nach dem vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung angewendeten materiellen Beendigungsbegriff ist dies erst der Fall, wenn der Täter sein rechtsverneinendes Tun insgesamt abschließt, das Tatunrecht mithin tatsächlich in vollem Umfang verwirklicht ist. Dies bedeutet, dass die Beendigung der Tat nicht allein an die weitere Verwirklichung tatbestandlich umschriebener Merkmale der Straftat nach deren Vollendung anknüpft. Vielmehr zählen zur Tatbeendigung auch solche Umstände, die - etwa weil der Gesetzgeber zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsgüterschutzes einen Deliktstypus mit vorverlagertem Vollendungszeitpunkt gewählt hat - zwar nicht mehr von der objektiven Tatbestandsbeschreibung erfasst werden, aber dennoch das materielle Unrecht der Tat vertiefen, weil sie den Angriff auf das geschützte Rechtsgut perpetuieren oder gar intensivieren (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juni 2008 - 3 StR 90/08, BGHSt 52, 300 mwN auch zur Gegenansicht).
102
(b) Für den Straftatbestand der Bestechlichkeit bedeutet dies: Sind sich der Amtsträger und der Bestechende über die pflichtwidrige Diensthandlung sowie die hierfür zu erbringende Gegenleistung einig und wird die Unrechtsvereinbarung auch tatsächlich vollständig umgesetzt, so kommt es für die Tatbeendigung auf die jeweils letzte Handlung zur Erfüllung der Unrechtsvereinbarung an.
103
Wird die pflichtwidrige Diensthandlung hingegen erst nach der Zuwendung des Vorteils vorgenommen, so führt somit erst dies zur Beendigung der Tat. Zwar ist die Vornahme der pflichtwidrigen Diensthandlung nicht objektives tatbestandliches Element des § 332 Abs. 1 Satz 1 StGB; die Bestechlichkeit ist vielmehr bereits dann vollendet, wenn der Amtsträger für eine ausgeübte oder künftige pflichtwidrige Diensthandlung einen Vorteil fordert, sich versprechen lässt oder annimmt. Die pflichtwidrige Diensthandlung ist aber dennoch zentraler Bezugspunkt all dieser Tatbestandsvarianten. Sie umschreibt den materiellen Unrechtskern, der den Tatbestand der Bestechlichkeit von dem der Vor- teilsannahme abhebt und die im Vergleich zu § 331 Abs. 1 StGB erhöhte Strafandrohung rechtfertigt; dies gilt selbst im Falle einer für sich fehlerfreien Ermessensentscheidung , deren Pflichtwidrigkeit allein dadurch begründet wird, dass der Amtsträger sich bei der Entscheidung durch den Vorteil beeinflussen lässt oder sich wenigstens beeinflussbar zeigt (§ 332 Abs. 3 Nr. 2 StGB). Wird die pflichtwidrige Diensthandlung erst nach der Zuwendung des Vorteils vorgenommen , so findet der Angriff auf das Schutzgut des § 331 StGB erst darin seinen Abschluss; denn die Lauterkeit der Amtsausübung sowie das öffentliche Vertrauen in diese werden am nachhaltigsten dadurch beeinträchtigt, dass der durch die Bestechung befangene Amtsträger den "Staatswillen" tatsächlich verfälscht , indem er die erkaufte pflichtwidrige Diensthandlung ausübt (BGH aaO mwN).
104
(c) Für den Tatbestand der Bestechung besteht kein Anlass von diesen Grundsätzen abzuweichen. Für die Beurteilung des vorliegenden Falles bedeutet dies, dass der Abschluss des rechtsverneinenden Tuns in der Auszahlung des gesamten für die Tat vereinbarten Bestechungslohns zu erblicken ist, wenn diese der Diensthandlung nachfolgt. So wie die Vornahme der Diensthandlung auf Seiten des Bestochenen der zentrale Bezugspunkt des Tatbestands ist, erweist sich die Zahlung des Bestechungslohns als der Gesichtspunkt, der das Tatunrecht tatsächlich in vollem Umfang verwirklicht.
105
Ob der Bestochene zur Zeit der Zahlung des Bestechungslohns noch in dem Amtsverhältnis steht, ist demgegenüber jedenfalls für die Beendigung der Bestechung unbeachtlich. Vielmehr ist insoweit lediglich erforderlich, aber auch ausreichend, dass er zur Zeit der Unrechtsvereinbarung tauglicher Täter einer Vorteilsannahme bzw. Bestechlichkeit war. Der Fortbestand des Amtsverhältnisses über diesen Zeitpunkt hinaus ist für den materiellen Unrechtskern der Bestechung ohne Bedeutung. Dies gilt umso mehr, als dass die „Gewährung des Vorteils“- anders die Vornahme der Diensthandlung im Falle der Vorteilsannahme bzw. der Bestechlichkeit - als das die Tatbeendigung markierende Ereignis vom Tatbestand der §§ 333, 334 StGB erfasst und als eigenständige Tathandlungsalternative mit den anderen Alternativen (Anbieten und Versprechen eines Vorteils) regelmäßig zu tatbestandlicher Handlungseinheit verknüpft ist (BGH, Urteil vom 10. Mai 2001 - 3 StR 549/00, BGHSt 47, 22; BGH, Urteil vom 13. Oktober 1994 - 1 StR 614/93, NStZ 1995, 92). Hinzu kommt, dass es ansonsten zu schwer nachvollziehbaren Strafbarkeitslücken kommen könnte (vgl. insoweit aber Fischer, StGB, 58. Aufl., § 331 Rn. 24b mwN).
106
(d) Demgemäß ist bei sukzessiver Zahlung des Bestechungslohns jedenfalls , soweit - wie hier angeklagt, aber nicht aufgeklärt - ein von vornherein feststehender Betrag den Bestochenen zugewendet werden soll, die Tat regelmäßig erst mit der Zahlung des letzten Teils des Bestechungslohns beendet, auch wenn der Bestochene zuvor aus dem Amt ausgeschieden ist.
107
3. Die Einstellung des Verfahrens im Hinblick auf den Vorwurf der Bestechung kann danach keinen Bestand haben. Der Senat kann nicht ausschließen , dass es in einer neuen Hauptverhandlung insoweit zu einer Verurteilung nach § 334 StGB in der zur Tatzeit geltenden Fassung kommt. Denn soweit mit der Zahlung am 28. April 1992 die zwischen dem Angeklagten und Dr. P. getroffene Unrechtsvereinbarung noch nicht in vollem Umfang vollzogen war, kommt auf Grundlage des bisherigen Sachstands in Betracht, dass die Bestechung erst mit der am 14. Dezember 1995 erfolgten Durchsuchung der Wohnung des Zeugen Dr. P. beendet ist. Dann hätte sich das Versprechen bzw. die Unrechtsvereinbarung als endgültig fehlgeschlagen erwiesen (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juni 2003 - 5 StR 489/02, NStZ 2004, 41). Ausgehend von die- sem Beendigungszeitpunkt wäre die Tat zur Zeit des Zugangs des Auslieferungsersuchens an die kanadischen Behörden und zur Zeit des Inkrafttretens des § 78b Abs. 5 StGB noch nicht verjährt gewesen.
108
Das Urteil war deshalb auch insoweit mit den Feststellungen aufzuheben. Ausgenommen werden hiervon die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen , soweit sie die Einrichtung der Rubrikkonten „Holgart“ und die diesbezüglichen Kontobewegungen zum Gegenstand haben. Diese Feststellungen sind von dem aufgezeigten Darlegungsmangel nicht betroffen.
109
Keinen Bestand haben die Feststellungen dazu, dass hinter der Bezeichnung „Holgart“ der ehemalige Staatssekretär Dr. P. stand und dass die Konten durch den Angeklagten nicht treuhänderisch gehalten wurden. Hinsichtlich dieser den Angeklagten mit Blick auf den Tatbestand der Bestechung belastenden Feststellungen hatte der Angeklagte bislang keine Möglichkeit, sich mit seiner Revision zu verteidigen.

C.

110
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
111
1. Der neue Tatrichter wird Gelegenheit haben, die Frage der Ansässigkeit des Angeklagten in den verfahrensgegenständlichen Veranlagungszeiträumen anhand der in § 4 DBA Kanada 1981 genannten Kriterien aufzuklären. Für die diesbezüglich von Amts wegen bestehende Aufklärungspflicht gilt:
112
Dem Tatrichter ist es dabei erlaubt und aufgegeben, das bisherige Ergebnis seiner Beweisaufnahme zugrunde zu legen. Das sonst im Beweisantragsrecht weitgehend herrschende Verbot einer Beweisantizipation gilt nicht.
Der Tatrichter darf also seine Entscheidung davon abhängig machen, welche Ergebnisse von der Beweisaufnahme - vor dem Hintergrund des bisherigen Beweisergebnisses - zu erwarten sind und wie diese zu erwartenden Ergebnisse zu würdigen wären (BGH, Beschluss vom 5. September 2000 - 1 StR 325/00, NJW 2001, 695; Urteil vom 9. Juni 2005 - 3 StR 269/04, NStZ 2005,

701).


113
Bei dieser Prognose könnte die bestandskräftige Feststellung, dass der Angeklagte seine Provisionseinkünfte in Kanada nicht versteuert hat und dass diese auch dort nicht versteuert wurden, ein gewichtiges Indiz dafür sein, dass er i.S.d. DBA nicht in Kanada ansässig war. Weitere Beweisumstände für den Ort der Ansässigkeit können sich möglicherweise aus den Unterlagen zu seinen deutschen Einkommensteuererklärungen, den finanzgerichtlichen Akten und den Auslieferungsunterlagen ergeben.
114
Zu der Frage, ob die Aufklärungspflicht insoweit auch zur Vernehmung von Auslandszeugen drängt, und zur Bewertung des dadurch möglicherweise zu erzielenden Beweisergebnisses verweist der Senat auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 12. Oktober 1999 - 1 StR 109/99, NStZ 2000, 156, vom 7. Mai 2008 - 5 StR 634/07 und vom 14. September 2004 - 4 StR 309/04, StV 2005, 115 sowie des Bundesverfassungsgerichts vom 2. Oktober 2003 - 2 BvR 149/03, NStZ 2004, 214.
115
Falls der Angeklagte eine Ansässigkeit in Kanada - sei es auch in Form eines förmlichen Beweisantrags - durch Auslandszeugen unter Beweis stellt, gilt, wenn eine Bescheidung nach § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO in Erwägung gezogen wird, derselbe Maßstab der Aufklärungspflicht (BGH, Beschluss vom 5. September 2000 - 1 StR 325/00, NJW 2001, 695).

116
2. Sollte das neue Tatgericht hingegen zu der Überzeugung gelangen, dass der Angeklagte in den verfahrensgegenständlichen Veranlagungszeiträumen in Kanada ansässig war, schlösse dies eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen Steuerhinterziehung nicht von vornherein aus. Denn nach Art. 7 Abs. 1 Satz 2 DBA Kanada 1981 stünde der Bundesrepublik Deutschland auch in diesem Fall das Besteuerungsrechtfür Einkünfte aus deutschen Quellen zu. Eine eingetretene Strafbarkeit würde dabei auch dann nicht nachträglich wieder entfallen , wenn gemäß Art. 23 Abs. 3 DBA Kanada 1981 im Ergebnis die Besteuerung an Kanada zurückgefallen sein sollte, weil die deutschen Finanzbehörden in Unkenntnis von den vom Angeklagten verschwiegenen Besteuerungsgrundlagen eine Besteuerung insoweit nicht durchgeführt haben.
117
3. Sollte das Landgericht für die Gewinnermittlung die Besteuerungsgrundlagen erneut zu schätzen haben, wird es zunächst die Gewinnermittlungsmethode festzustellen haben (zu den Voraussetzungen einer Schätzung vgl. BGH, Beschluss vom 10. November 2009 - 1 StR 283/09, NStZ 2010, 635, 636). Denn zu schätzen sind nicht die verkürzten Steuern, sondern die je nach Gewinnermittlungsmethode maßgeblichen Besteuerungsgrundlagen (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Juli 2007 - 5 StR 251/07, wistra 2007, 470).
118
Welche Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln sind, hängt von der Gewinnermittlungsmethode ab. Maßgeblich für die Schätzung ist daher, ob der Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG, § 5 EStG) oder nach Maßgabe von § 4 Abs. 3 EStG als Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben zu bestimmen war. Betriebsvermögensvergleich und Einnahme-Überschussrechnung sind zwei unterschiedliche, aber grundsätzlich gleichwertige Gewinnermittlungsmethoden. Die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich als Grundform hat nur Bedeutung für die Frage, nach welcher Methode der Gewinn zu ermitteln ist, wenn der Steuerpflichtige keine (wirksame) Wahl für die eine oder andere Gewinnermittlungsart getroffen hat. In einem solchen Fall bleibt es bei der Grundform des § 4 Abs. 1 EStG, also bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich (BFH, Urteil vom 19. März 2009 - IV R 57/07, BFHE 224, 513). Formal wird das Wahlrecht dabei allein durch die Bestandskraft der Steuerfestsetzung bzw. Feststellung begrenzt. In materiell-rechtlicher Hinsicht wird das Wahlrecht auch durch die in § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG genannten Voraussetzungen beschränkt (BFH, Urteil vom 21. Juli 2009 - X R 46/08, BFH/NV 2010, 186). Im vorliegenden Fall könnte sich möglicherweise aus den vom Angeklagten eingereichten Steuererklärungen die Ausübung des Wahlrechts entnehmen lassen (vgl. BFH, Urteil vom 24. September 2008 - X R 58/06, BFHE 223, 80).
119
Die für die Bestimmung des tatbestandlichen Schuldumfangs (ggf. durch Schätzung) maßgeblichen Besteuerungsgrundlagen hängen auch davon ab, ob im Rahmen der steuerlichen Erklärungen nicht geltend gemachte steuermindernde Tatsachen bei der Feststellung der Steuerverkürzung wegen des Kompensationsverbots (§ 370 Abs. 4 Satz 3 AO) nicht zu berücksichtigen sind. Auf diese hat sich - sofern trennbar - die Schätzung der für den tatbestandlichen Schuldumfang bedeutsamen Tatsachen auch nicht zu erstrecken. Nicht vom Kompensationsverbot erfasst werden im Ergebnis auch solche Umstände, die als Faktoren im Rahmen der Schätzung selbst berücksichtigt werden müssen (vgl. Wulf in MüKo-StGB § 370 AO Rn. 149). In die Schätzung einbezogen werden müssen jedenfalls solche steuermindernde Faktoren, für die das Kompensationsverbot ohnehin nicht gilt, weil sie mit den verschwiegenen steuererhöhenden Umständen in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, so dass die Steuerermäßigung nicht „aus anderen Gründen“ zu erfol- gen hat. Hierunter fallen namentlich solche Betriebsausgaben, die unmittelbar mit verschwiegenen Betriebseinnahmen zusammenhängen, nicht aber solche Betriebsausgaben, die andere als die nicht verbuchten Geschäfte betreffen (vgl. auch BGH, Urteil vom 18. November 1960 - 4 StR 131/60, BStBl I 1961, 496; siehe auch Jäger in Klein, AO, 10. Aufl., § 370 Rn. 136 mwN).
120
Die vom Kompensationsverbot erfassten steuermindernden Umstände sind dann aber bei der Strafzumessung zu berücksichtigen (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 8. Januar 2008 - 5 StR 582/07, wistra 2008, 153); ihr Umfang ist erforderlichenfalls ebenfalls durch Schätzung zu bestimmen.
121
Wiegen die steuermindernden Tatsachen - einschließlich derjenigen, die dem Kompensationsverbot unterfallen - und die verschwiegenen steuererhöhenden Faktoren sich gegenseitig auf, kann dies ein Umstand sein, der für die Frage des Hinterziehungsvorsatzes von Bedeutung sein kann (vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 1990 - 3 StR 16/90, NStZ 1991, 89). Nach den bislang getroffenen Feststellungen liegt hier allerdings angesichts der Höhe der verschwiegenen Einkünfte und der vom Angeklagten getroffenen Verschleierungsmaßnahmen das Fehlen eines Hinterziehungsvorsatzes fern.
122
4. Die - isoliert betrachtet rechtsfehlerfreien - Ausführungen des Landgerichts zur Annahme eines unbenannten besonders schweren Falles i.S.d. § 370 Abs. 3 Satz 1 AO (vgl. UA S. 110 f.) geben dem Senat Anlass zu dem Hinweis, dass diejenigen Umstände, die allein zur Einstufung des Falles als besonders schwer herangezogen worden sind und damit zur Wahl des erhöhten Strafrahmens geführt haben, im Rahmen der Strafzumessung im engeren Sinne nicht nochmals erschwerend berücksichtigt werden dürfen (vgl. für den Fall eines verwirklichten Regelbeispiels BGH, Beschluss vom 22. April 2004 - 3 StR 113/04, NStZ-RR 2004, 262).
123
5. Auch wenn - wie vom Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt - das Verfahren besonderes Aufsehen in der Öffentlichkeit erregt hat und die Taten des Angeklagten nicht nur wegen des hohen Schadens, den sie verursachten , sondern auch aus anderen Gründen besonders schwer wiegen, bedarf es, um generalpräventive Gesichtspunkte strafschärfend zu berücksichtigen , der Feststellung, dass es zu einer gemeinschaftsgefährdenden Zunahme von Straftaten kam, wie sie zur Aburteilung stehen (BGH, Beschluss vom 8. Mai 2007 - 4 StR 173/07, NStZ 2007, 702 mwN). Solche Feststellungen sind bisher nicht getroffen.
124
6. Wenngleich die vom Angeklagten im Auslieferungsverfahren bemühten zahlreichen Rechtmittel angesichts ihrer überwiegenden Erfolglosigkeit durchaus missbräuchlichen Charakter aufweisen, erscheint fraglich, ob die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift des § 51 Abs. 1 Satz 2 StGB gegeben sind. Denn die Anwendung von § 51 Abs. 1 Satz 2 StGB kommt bei einem Verhalten in Betracht, das nicht der Verteidigung des Täters dient und entweder gerade darauf abzielt, eine (angeordnete) U-Haft zu verlängern, um sich durch deren spätere Anrechnung einen Vorteil bei der Strafvollstreckung zu verschaffen , oder den Zweck verfolgt, das Verfahren aus anderen Gründen böswillig zu verschleppen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Februar 1999 - 4 StR 49/99, NStZ 1999, 347). Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Angeklagte allein in der Absicht handelte, seine Auslieferung zu verhindern und eine Verschleppung des Verfahrens indes lediglich als Folge seiner von anderweitigen Motiven getragenen Vorgehensweise hinnahm.
125
Das neue Tatgericht wird bei einer etwaigen Anrechnungsentscheidung auch Gelegenheit haben, nach § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB den Anrechnungsmaßstab zu bestimmen.
Nack Wahl Rothfuß Hebenstreit Sander

(1) Hat der Verurteilte aus Anlaß einer Tat, die Gegenstand des Verfahrens ist oder gewesen ist, Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung erlitten, so wird sie auf zeitige Freiheitsstrafe und auf Geldstrafe angerechnet. Das Gericht kann jedoch anordnen, daß die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten des Verurteilten nach der Tat nicht gerechtfertigt ist.

(2) Wird eine rechtskräftig verhängte Strafe in einem späteren Verfahren durch eine andere Strafe ersetzt, so wird auf diese die frühere Strafe angerechnet, soweit sie vollstreckt oder durch Anrechnung erledigt ist.

(3) Ist der Verurteilte wegen derselben Tat im Ausland bestraft worden, so wird auf die neue Strafe die ausländische angerechnet, soweit sie vollstreckt ist. Für eine andere im Ausland erlittene Freiheitsentziehung gilt Absatz 1 entsprechend.

(4) Bei der Anrechnung von Geldstrafe oder auf Geldstrafe entspricht ein Tag Freiheitsentziehung einem Tagessatz. Wird eine ausländische Strafe oder Freiheitsentziehung angerechnet, so bestimmt das Gericht den Maßstab nach seinem Ermessen.

(5) Für die Anrechnung der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozeßordnung) auf das Fahrverbot nach § 44 gilt Absatz 1 entsprechend. In diesem Sinne steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich.

5 StR 487/13

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 7. November 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Hehlerei u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. November 2013

beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten T. wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 22. April 2013, soweit es ihn betrifft, gemäß § 349 Abs. 4 StPO insofern aufgehoben, als eine Entscheidung über die Anrechnung des Aufenthalts des Angeklagten in der „Jugendgerichtlichen Unterbringung“ un- terblieben und soweit die Vollstreckung der Jugendstrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde. Seine weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Es wird davon abgesehen, dem Angeklagten Kosten und Auslagen des Rechtsmittels aufzuerlegen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten T. wegen Hehlerei und Nötigung unter Einbeziehung eines Urteils zu einer Jugendstrafe von zehn Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Es hat die in beiden Verfahren erlittene Freiheitsentziehung auf die Jugendstrafe angerechnet, hierbei aber ausschließlich Untersuchungshaft berücksichtigt (UA S. 48). Eine Entschädigungsentscheidung hat das Landgericht nicht getroffen. Die auf Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützte Revision hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 16. Oktober 2013 angeführten Gründen unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
1. Die Revision rügt zu Recht, dass bei der Entscheidung über die Anrechnung vom Angeklagten erlittener Freiheitsentziehung der durch den Haftverschonungsbeschluss vom 2. Juli 2012 seit diesem Tag bis 17. De- zember 2012 angeordnete Aufenthalt in der „Jugendgerichtlichen Unterbringung“ (JGU) nicht mit in den Blick genommen worden ist. Denn einer Einstufung als „andere Freiheitsentziehung“ im Sinnedes § 52a Satz 1 JGG steht nicht entgegen, dass dieser Unterbringung kein vollstreckbarer Unterbringungsbefehl nach § 72 Abs. 4 Satz 1, § 71 Abs. 2 JGG – wonach sie ohne Weiteres anrechenbar gewesen wäre (vgl. Eisenberg, JGG, 16. Aufl., § 71 Rn. 14c, § 52 Rn. 8; Richtlinien zum Jugendgerichtsgesetz Nr. 1 zu §§ 52, 52a JGG; Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Jugendgerichtsgesetzes , BT-Drucks. 11/5829, S. 30) – zugrunde lag, sondern sie „freiwillig“ aufgrund einer Weisung gemäß § 116 Abs. 1 StPO erfolgt ist, da dem Angeklagten bei deren Nichtbefolgung der Vollzug der Untersuchungshaft drohte (vgl. BVerfG, NStZ 1999, 570; Eisenberg, aaO, § 52 Rn. 8; Schatz in Diemer /Schatz/Sonnen, JGG, 6. Aufl., § 52 Rn. 8; Schady in Ostendorf, JGG, 9. Aufl., § 52 Rn. 5). Bei wertender Betrachtung steht sie mithin in ihren Wirkungen , auf die es maßgeblich ankommt, einer einstweiligen Unterbringung nach § 72 Abs. 4 Satz 1, § 71 Abs. 2 JGG gleich.
3
2. Es liegt zwar nahe, dass das Landgericht aus erzieherischen Gründen (vgl. UA S. 47) die Anrechnung des in Rede stehenden Aufenthalts auf die Jugendstrafe nach § 52a Satz 2 JGG versagt hätte. Dem Senat ist aber eine eigene Sachentscheidung aufgrund des dem Tatgericht insofern eingeräumten Ermessens nicht möglich. Sollte das Tatgericht den Aufenthalt in der „JGU“ vollständig auf die verhängte Jugendstrafe anrechnen, so könnte die- se nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden, da kein zu vollstreckender Rest verbliebe (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Mai 2003 – 4 StR 162/03, BGHR StGB § 56 Aussetzung 1 mwN). Der Senat hebt deshalb auch die Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung auf, um dem neuen Tatgericht die Möglichkeit zu geben, hierüber – unter Berücksichtigung des Verschlechterungsverbots (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO) – neu zu befinden.
4
3. Mit der Teilaufhebung des Urteils wird die sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen die unterbliebene Entscheidung über einen Entschädigungsanspruch für die erlittenen, die Dauer der verhängten Jugendstrafe übertreffenden Freiheitsentziehungen gegenstandslos (vgl. BGH, Urteile vom 11. April 2002 – 4 StR 585/01 – und vom 25. April 2013 – 4 StR 551/12; Meyer, StrEG, 8. Aufl., § 8 Rn. 60). Über eine – in der Sache freilich gänzlich fernliegende – Entschädigung nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 StrEG hat das neue Tatgericht zu befinden.
Basdorf Sander Schneider Dölp König