Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Juni 2013 - 2 StR 59/13

bei uns veröffentlicht am04.06.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 59/13
vom
4. Juni 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 4. Juni 2013 gemäß § 349
Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Marburg vom 12. November 2012 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in Tateinheit mit Urkundenfälschung in 27 Fällen, Betrugs in vier Fällen und veruntreuender Unterschlagung in 18 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und 11 Monaten verurteilt. Dem Urteil lag eine Verfahrensabsprache zu Grunde. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg.

I.

2
1. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen :
3
Der gesondert Verfolgte C. betrieb von 1996 bis 2010 unter der Firma T. Autohandel & Service ein Einzelunternehmen in F. . Anfang 2005 beteiligte sich der Angeklagte an dem Unternehmen und brachte dabei fünfzehn Fahrzeuge sowie darlehensfinanziert 60.000,- Euro in das Unternehmen ein. Hauptaufgabe des Angeklagten war der Einkauf von Gebrauchtwagen und der Auslandshandel; am 20. Juli 2005 erhielt er eine Generalvollmacht. Zur Finanzierung des Fahrzeugeinkaufs hatte die Firma mit mehreren Banken Finanzierungsrahmenverträge abgeschlossen, auf Basis derer Darlehen in Höhe der sich aus den jeweiligen schriftlichen Kaufverträgen ergebenden Einkaufspreise gewährt und Fahrzeuge an die finanzierende Bank zur Sicherheit übereignet wurden.
4
Ab 2008 sanken Umsatz und Gewinn des Unternehmens drastisch, so dass es zu einem Liquiditätsengpass kam. Darüber hinaus drohten erhebliche Umsatzsteuernachforderungen der Finanzverwaltung. In der zweiten Jahreshälfte 2008 wurden zudem immer mehr Abschlagszahlungen im Rahmen der geschlossenen Finanzierungsverträge fällig. Der bestehende Kontokorrentkredit bei der F. bank in Höhe von 50.000,- Euro war bereits überzogen und sollte auf Aufforderung der Bank zurückgeführt werden. In dieser Situation fassten der Angeklagte und der gesondert Verfolgte C. den Entschluss, die einkaufsfinanzierende Bank mit Hilfe gefälschter Kaufverträge über den Wert der zu erwerbenden, später sicherungsübereigneten Fahrzeuge zu täuschen und so an überhöhte Darlehenssummen zu gelangen. Teilweise beantragten sie auch Finanzierungen für Kfz, die sie bereits zuvor entweder ohne Kfz-Brief (bzw. ohne die seit Oktober 2005 ausgegebene EU Zulassungsbescheinigung Typ II) oder aber unter Vorlage eines Ersatz-Kfz-Briefs, den sie sich mit Hilfe eines Mitarbeiters der Zulassungsbehörde verschafften, weiterverkauft hatten. Einen weiteren Teil der sicherungsübereigneten Kfz veräußerten sie in der Folgezeit , teilweise auch mit Hilfe von Ersatz-Kfz-Briefen, ohne Kenntnis der finan- zierenden Bank. Die durch Täuschung abgeschlossenen Finanzierungen konnten in der Folge sämtlich nicht bedient werden. Im September 2010 wurde über das Vermögen des gesondert Verfolgten C. das Insolvenzverfahren eröffnet.
5
2. Die Fälle, in denen die finanzierende Bank mit Hilfe "gefälschter Kaufverträge" über das Vorhandensein bzw. den Wert der anschließend sicherungsübereigneten Fahrzeuge getäuscht wurde und auf Grund dessen der Firma T. ein Darlehen gewährte (Fälle 1, 4, 7, 9, 11, 12, 13, 14, 16, 17, 19, 21, 23, 24, 25, 27, 28, 30, 31, 32, 33, 36, 37, 38, 39, 41 und 43), wertete die Strafkammer rechtlich jeweils als Betrug in Tateinheit mit Urkundenfälschung. Ferner hat es den Angeklagten in zwei Fällen der Darlehensfinanzierung, in denen kein gefälschter Kaufvertrag vorgelegt wurde (Fälle 10 und 35), sowie in zwei Fällen, in denen Leasingfahrzeuge an Dritte verkauft wurden (Fälle 48 und 49), jeweils wegen Betruges verurteilt. Schließlich hat die Strafkammer den Weiterkauf von sicherungsübereigneten Kfz (Fälle 2, 3, 5, 6, 8, 15, 18, 20, 22, 26, 29, 34, 40, 42, 44, 45, 46 und 47) in 18 Fällen als veruntreuende Unterschlagung (§ 246 Abs. 2 StGB) gewertet.

II.

6
Die Revision des Angeklagten ist in allen Fällen mit der Sachrüge begründet.
7
1. In den Fällen 1, 4, 7, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 16, 17, 19, 21, 23, 24, 25, 27, 28, 30, 31, 32, 33, 35, 36, 37, 38, 39, 41 und 43 der Urteilsgründe sind die Feststellungen hinsichtlich des entstandenen Vermögensschadens unzureichend und tragen eine Verurteilung wegen Betruges nicht.
8
a) Ein Vermögensschaden i.S.d. § 263 Abs. 1 StGB tritt ein, wenn die Vermögensverfügung des Getäuschten unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des wirtschaftlichen Gesamtwerts seines Vermögens führt (Prinzip der Gesamtsaldierung). Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Vermögensverfügung, also der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und nach der Verfügung. Ob die Hingabe eines Darlehens einen Vermögensschaden bewirkt, ist daher durch einen für den Zeitpunkt der Darlehenshingabe anzustellenden Wertvergleich mit dem Rückzahlungsanspruch des Darlehensgläubigers zu ermitteln. Die Werthaltigkeit des Rückzahlungsanspruchs wird dabei durch die Bonität des Schuldners und den Wert der bestellten Sicherheiten bestimmt. Ein Schaden entsteht daher nur, wenn die vorgespiegelte Rückzahlungsmöglichkeit nicht besteht und auch gegebene Sicherheiten wertlos oder minderwertig sind. Auch bei einer eingeschränkten oder fehlenden finanziellen Leistungsfähigkeit des Schuldners entsteht demnach kein Schaden, wenn und soweit der getäuschte Gläubiger über werthaltige Sicherheiten verfügt, die sein Ausfallrisiko abdecken und - ohne dass der Schuldner dies vereiteln kann - mit unerheblichem zeitlichen und finanziellen Aufwand realisierbar sind (vgl. insgesamt Senat, Beschluss vom 29. Januar 2013 - 2 StR 422/12 juris Rn 15 mwN). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muss der Vermögensschaden, von einfach gelagerten und eindeutigen Fällen - etwa bei einem ohne weiteres greifbaren Mindestschaden - abgesehen, der Höhe nach beziffert und dies in wirtschaftlich nachvollziehbarer Weise in den Urteilsgründen dargelegt werden (vgl. BVerfGE 130, 1, 47 mwN).
9
b) Diesen Maßstäben wird das angefochtene Urteil nicht gerecht, da Feststellungen zu Art und Höhe des eingetretenen Schadens fehlen. Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts kann auch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht entnommen werden, dass das Landgericht die Differenz zwischen der Höhe der Einkaufsfinanzierung und der Höhe des tatsächlich von dem Angeklagten und dem gesondert Verfolgten C. gezahlten Einkaufspreises als Betrugsschaden angesetzt hat. Dies wäre zwar unter den (nach den Feststellungen naheliegenden) Prämissen, dass die Bonität der Firma T. mit Null anzusetzen ist und der tatsächliche Einkaufspreis der sicherungsübereigneten Fahrzeuge jedenfalls im Regelfall ihren Wert als Sicherheit realistisch wiederspiegelt, der rechtlich zutreffende Ausgangspunkt.
10
Indes belegen die getroffenen Feststellungen in mehreren Fällen gleichwohl nicht den Eintritt eines Vermögensschadens, da entweder schon der Einkaufspreis nicht festgestellt ist (Fälle 12, 28, 43) oder aber der Einkaufspreis (und damit der Wert der Sicherheit) die Höhe des Darlehens übersteigt (Fälle 19, 25, 33). Weiter beträgt im Fall 14 die Differenz zwischen dem Einkaufspreis des Fahrzeugs (3.100,- Euro) und der Darlehenshöhe (3.280,- Euro) gerade einmal 180,- Euro; eine Täuschung über die Werthaltigkeit der Sicherheit liegt bei dieser geringen Differenz nicht ohne weiteres auf der Hand. Im Fall 9 wird überdies die Höhe des gewährten Darlehens nicht festgestellt und im Fall 41 bleibt offen, ob das beantragte Darlehen überhaupt ausgezahlt wurde. Die Fassung der Urteilsgründe lässt von daher besorgen, dass das Landgericht - möglicherweise auf Grund der getroffenen Absprache - die Frage des Vermögensschadens insgesamt und damit auch hinsichtlich der Feststellungen zu den weiteren Fällen aus dem Blick verloren hat. Dafür spricht auch, dass das Landgericht für jede der Taten unterschiedslos eine Einzelfreiheitsstrafe von sieben Monaten verhängt hat, obwohl sich nach der dargestellten Berechnungsweise kein Schaden bzw. Schadenshöhen zwischen 180,- Euro und 40.000,- Euro ergeben würden. Die insgesamt lückenhaften Feststellungen entziehen daher auch in den übrigen Fällen nicht nur dem Strafausspruch, sondern bereits dem Schuldspruch die Grundlage.
11
c) Bei dieser Sachlage hebt der Senat den Schuldspruch in allen genannten Fällen mit den zugehörigen Feststellungen auf, um dem neuen Tatrichter Gelegenheit zu geben, die Frage des Vermögensschadens ohne Bindung an bisherige Feststellungen entscheiden zu können (vgl. Senat, Urteil vom 3. März 2000 - 2 StR 388/99, BGHR StPO, § 353 Aufhebung 2; BGH, Beschluss vom 20. Juni 1996 - 4 StR 680/95, StV 1996, 584, 585; Kuckein in KK, StPO, 6. Aufl., § 353 Rn. 13).
12
d) Die Aufhebung der Schuldsprüche wegen Betruges führt auch zur Urteilsaufhebung , soweit der Angeklagte tateinheitlich wegen Urkundenfälschung verurteilt wurde (vgl. nur BGH, Beschluss vom 13. September 2011 - 3 StR 231/11, NJW 2012, 323, 328 mwN, insoweit in BGHSt 57, 14 nicht abgedruckt), wobei aber auch insoweit durchgreifende rechtliche Bedenken bestehen.
13
aa) Eine Urkunde ist unecht, wenn sie nicht von demjenigen stammt, der aus ihr als Aussteller hervorgeht, wenn also der Anschein erweckt wird, ihr Aussteller sei eine andere Person als diejenige, von der sie herrührt. Entscheidend ist dabei die Täuschung über die Identität des Ausstellers, nicht über seinen Namen (std. Rspr.; vgl. nur Senat, Urteil vom 29. Juni 1994 - 2 StR 160/94, BGHSt 40, 203, 204 mwN). Ein unwahrer Inhalt berührt dagegen die Echtheit der Urkunde nicht; sog. schriftliche Lügen werden von § 267 Abs. 1 StGB nicht erfasst (std. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 24. Januar 2013 - 3 StR 398/12, Rn. 7 juris; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 267 Rn. 29 mwN).
14
bb) Diese tatbestandlichen Voraussetzungen einer Urkundenfälschung nach § 267 Abs. 1 StGB sind durch die Feststellungen nicht belegt. Die Strafkammer hat insoweit nur festgestellt, dass die finanzierenden Banken "mittels gefälschter Kaufverträge über die Werthaltigkeit der sicherungsübereigneten Kraftfahrzeuge" getäuscht wurden. Nähere Einzelheiten werden nicht mitgeteilt; den Feststellungen zu Fall 21 lässt sich nicht einmal die Verwendung eines gefälschten Kaufvertrages entnehmen. Im Rahmen der Wiedergabe des Geständnisses des Angeklagten wird zwar mitgeteilt, dass der gesondert Verfolgte C. für die Unterschrift auf Verkäuferseite auf den von dem Angeklagten vorbereiteten Kaufverträgen gesorgt habe. C. habe dabei "öfters" ausländische Geschäftspartner , die gerade vor Ort gewesen seien, gebeten, die Verträge zu unterzeichnen (UA S. 22). Aber auch dies belegt nicht hinreichend, dass insoweit über die Identität des Ausstellers getäuscht wurde, etwa indem die ausländischen Geschäftspartner mit dem Namen der ursprünglichen Verkäufer unterschrieben , so dass der Kaufvertrag den Eindruck erweckte, von diesen zu stammen, zumal unklar bleibt, auf welche konkreten Fälle sich diese Ausführungen beziehen. Dies gilt umso mehr, als in den Fällen 30, 37 und 41 der Name des tatsächlichen Verkäufers jeweils ein anderer ist als der Name, der sich aus dem der Bank vorgelegten Kaufvertrag ergibt. Nach alledem kann der Senat nicht ausschließen, dass in allen Fällen nur eine schriftliche Lüge vorlag.
15
2. Die zu den Fällen 48 und 49 der Urteilsgründe getroffenen Feststellungen tragen ebenfalls nicht den Schuldspruch wegen Betruges.
16
a) Im Fall 48 hat die Strafkammer nicht erkennbar die Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs des Kraftfahrzeugs durch die Geschädigte bedacht. Nach den insoweit getroffenen Feststellungen verkaufte und übergab der Angeklagte 2009 an die Geschädigte einen BMW X6 für insgesamt 61.000,- Euro, wobei er verschwieg, dass es sich dabei um ein auf seine Mutter zugelassenes Leasingfahrzeug handelte. Zur Frage, ob die Geschädigte Eigentum an dem Fahrzeug erlangt hat (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 8. Juni 2011 - 3 StR 115/11, NStZ 2013, 37 f.), verhält sich das Urteil nicht. Feststellungen zur Schadenshöhe hat das Landgericht nicht getroffen. Der Senat kann angesichts der lückenhaften Feststellungen jedenfalls nicht ausschließen, dass kein Vermögensschaden eingetreten ist. Der Schuldspruch kann auch nicht deswegen bestehen bleiben, weil bei der Käuferin im Falle eines gutgläubigen Eigentumerwerbs jedenfalls wegen eines bestehenden zivilrechtlichen Prozessrisikos ein Vermögensschaden eingetreten wäre. Denn ein solches Prozessrisiko scheidet nach den Maßgaben der neueren verfassungsrechtlichen Rechtsprechung als Grundlage eines Vermögensschadens aus (vgl. BGH aaO). Der Senat hebt daher den Schuldspruch mit den zugehörigen Feststellungen auf.
17
b) Nach den Feststellungen zu Fall 49 veräußerten der Angeklagten und der gesondert verfolgte C. an den Geschädigten S. für 28.600,- Euro ein geleasten Audi A8. Der Geschädigte zahlte den Kaufpreis. Entgegen der Vereinbarung mit ihm lösten der Angeklagte und der gesondert verfolgte C. jedoch die noch offene Restleasingzahlung nicht ab, sondern verwendeten das Geld, wie von vornherein beabsichtigt, für eigene Zwecke. Nach etwa zwei Monaten erstattete der Geschädigte Strafanzeige, woraufhin das Fahrzeug doch noch abgelöst und ihm mit Kfz-Brief "übergeben" wurde. Feststellungen zur Schadenshöhe hat das Landgericht auch hier nicht getroffen.
18
Soweit das Landgericht zum Ausdruck bringen wollte, dass der Angeklagte und der gesondert Verfolgte C. den Geschädigten über ihre Bereitschaft , die noch offene Restleasingzahlung abzulösen und Eigentum an dem Fahrzeug zu übertragen, täuschten, läge zwar ein Eingehungsbetrug nahe. Bei diesem würde sich der Schaden mit der Erbringung der versprochenen Leistung des Tatopfers nach der Differenz zwischen deren wirtschaftlichem Wert und dem Wert der Gegenleistung bemessen, die hier auf Grund fehlender Leistungswilligkeit als wirtschaftlich völlig wertlos anzusehen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2010 - 3 StR 433/10, StV 2011, 726, 727 mwN). Indes kann angesichts der rudimentären Feststellungen auch hier nicht überprüft werden, von welchen rechtlichen Maßstäben das Landgericht insoweit ausge- gangen ist. Der Senat hebt daher aus den oben unter II.1. geschilderten Erwägungen den Schuldspruch mit den zugehörigen Feststellungen auf, um dem neuen Tatrichter die Möglichkeit zu umfassender eigener und widerspruchsfreier Sachverhaltsfeststellung zu geben.
19
3. Schließlich hält auch der Schuldspruch wegen veruntreuender Unterschlagung in den Fällen 2, 3, 5, 6, 8, 15, 18, 20, 22, 26, 29, 34, 40, 42, 44, 45, 46 und 47 rechtlicher Überprüfung nicht stand, da die Feststellungen ein "Anvertrautsein" im Sinne des § 246 Abs. 2 StGB nicht hinreichend belegen.
20
a) Anvertraut sind Sachen, deren Besitz oder Gewahrsam dem Täter in dem Vertrauen eingeräumt worden ist, er werde die Gewalt über sie nur im Sinne des Einräumenden ausüben. Hierfür genügt es, dass er Besitz oder Gewahrsam an einer Sache kraft eines Rechtsgeschäfts mit der Verpflichtung erlangt hat, sie zurückzugeben oder zu einem bestimmten Zweck zu verwenden (vgl. schon BGH, Urteil vom 17. Oktober 1961 - 1 StR 382/61, BGHSt 16, 280, 282 mwN). Hierbei handelt es sich um ein besonderes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 2 StGB, das nur bei demjenigen Täter oder Teilnehmer zur Strafschärfung führt, bei dem es vorliegt (vgl. BGH, Beschluss vom 27. September 1994 - 1 StR 526/94, StV 1995, 84). Vertragspartner der Bank war nach den Feststellungen die Einzelfirma T. des gesondert Verfolgten C. , für die der Angeklagte nur in Generalvollmacht handelte. Dass dem Angeklagten selbst die Fahrzeuge anvertraut worden waren, versteht sich bei dieser Sachlage nicht von selbst und bedarf jedenfalls näherer Erörterungen.
21
b) Die Sache bedarf auch insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung. Der Senat kann nicht ausschließen, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch Feststellungen getroffen werden können, die eine Verurteilung wegen veruntreuender Unterschlagung oder auch wegen Betruges zum Nachteil der jeweiligen Käufer rechtfertigen mit der Folge, dass möglicherweise die Subsidiaritätsklausel des § 246 Abs. 1 StGB eingreifen würde. Die in der Anklageschrift - deren Inhalt vom Revisionsgericht von Amts wegen zur Kenntnis zu nehmen ist - mitgeteilte Beschränkung der Strafverfolgung auf die anklagegegenständlichen Taten und Gesetzesverletzungen durch die Staatsanwaltschaft ist in dieser pauschalen Form und ohne nähere Darlegung von Inhalt und Umfang nicht geeignet, die umfassende Kognitionspflicht des Gerichts - zumal auf formell subsidiäre Tatbestände - zu beschränken (vgl. BGH, Urteil vom 24.März 1993 - 3 StR 485/92, BGHR StPO, § 154a Beschränkung 2; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 56. Aufl., § 154a Rn. 7).
22
4. Abschließend weist der Senat darauf hin, dass es eines Mindestmaßes an Sorgfalt bei der Abfassung der Urteilsgründe auch dann bedarf, wenn das Urteil auf einer in der Hauptverhandlung getroffenen Absprache beruht (Senat, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 StR 222/10, NStZ-RR 2010, 336).
Becker Fischer Appl Eschelbach Ott

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(1) Wer eine fremde bewegliche Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zueignet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist.

(2) Ist in den Fällen des Absatzes 1 die Sache dem Täter anvertraut, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 422/12
vom
29. Januar 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Betrugs
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 29. Januar 2013 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 30. November 2011 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) im Schuldspruch in den Fällen III. 2-5 der Urteilsgründe,
b) im Strafausspruch in den Fällen III. 1 und 6 der Urteilsgründe sowie
c) im Ausspruch über die Gesamtstrafe und die Kompensationsentscheidung. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hatte den Angeklagten im ersten Rechtszug mit Urteil vom 22. Dezember 2009 wegen Betruges in acht tateinheitlich zusammentreffenden Fällen zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dieses Urteil hob der Senat auf die Revision des Angeklagten mit Beschluss vom 22. Dezember 2010 (2 StR 386/10) wegen eines durchgreifenden Verfahrensfehlers auf. Nach Zurückverweisung der Sache hat das Landgericht den Angeklagten mit dem angefochtenen Urteil nunmehr wegen Betruges in sechs Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt und ausgesprochen, dass hiervon ein Jahr und acht Monate wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung als vollstreckt gelten. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg ; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.

2
Nach den Feststellungen des Landgerichts waren der Angeklagte und der gesondert verfolgte R. faktische Geschäftsführer der F. AG mit Sitz in der Schweiz, der Angeklagte zudem Vertreter der Zweigniederlassung dieser Gesellschaft in Fr. . In diesem geschäftlichen Rahmen boten sie Eigentumswohnungen auch Personen an, die sich in einer angespannten finanziellen Lage befanden und Geldmittel benötigten, wegen fehlender Kreditwürdigkeit und mangels Sicherheiten aber keine Bankdarlehen erhielten. Sie empfahlen den Kunden den Kauf von Eigentumswohnungen mit der Zusage, ihnen 10 % des Kaufpreises in bar als kick-back-Zahlung zur freien Verwendung zu überlassen und mit dem Versprechen, die F. AG werde die Grunderwerbssteuer und die Vertragsnebenkosten übernehmen. Die Wohnungen wurden erst kurz vor dem Weiterverkauf im Auftrag der F. AG von Dritten erworben und mit einem Aufschlag von rund 100 % an die Käufer weiterverkauft. Dem so erhöhten Kaufpreis wurden die Vermittlungsprovisi- onen, die Erwerbsnebenkosten der Käufer und die ihnen zugesagten kick-backZahlungen entnommen, was den Banken, die 80 bis 90 % des (überhöhten) Kaufpreises finanzierten, nicht bekannt war. Die zur Sicherung der Rückzahlungsansprüche zugunsten der Banken bestellten Grundschulden waren dementsprechend minderwertig, was von diesen unentdeckt blieb.
3
Die Banken machten die Darlehensgewährung davon abhängig, dass die Käufer die Zahlung des Restkaufpreises nachwiesen. Da die Käufer in der Regel über kein Eigenkapital verfügten, bestätigten der Angeklagte und der gesondert verfolgte R. oder die beteiligten und in das Geschäftsmodell eingeweihten Notare gegenüber den Kreditinstituten wahrheitswidrig, dass die Käufer den Restkaufpreis entweder durch Zahlung oder Verrechnung geleistet hätten. Zudem legten der Angeklagte bzw. R. den Banken jeweils falsche Bonitätsnachweise der Käufer vor, um deren Kreditfähigkeit vorzutäuschen. Hätten die Banken Kenntnis gehabt von der schlechten Bonität der Käufer und deren fehlendem Eigenkapital einerseits sowie der Erhöhung der Kaufpreise zwischen An- und Verkauf um rund 100 % mit der Folge, dass der Betrag der bestellten Grundschulden den Verkehrswert der Immobilien deutlich überstieg, andererseits , so hätten sie die Kredite nicht bewilligt. Sämtliche Finanzierungen wurden - teilweise bereits nach wenigen Monaten - notleidend, so dass die Kreditinstitute die Verwertung der als Sicherheit bestellten Grundschulden betrieben und mit Ausnahme des Falls III. 2 Verluste erlitten.
4
Gegenstand des hiesigen Verfahrens sind Finanzierungsgeschäfte betreffend Wohneinheiten in H. und S. sowie Wohnungen in einem Studentenwohnheim in W. . Betreffend die Wohnungen in W. warben der Angeklagte und R. mit einer zweijährigen Mietgarantie, die sie zuvor durch eine Zahlung an die Hausverwaltung des Wohnheims finanziert hatten, da sie wussten, dass die Wohnungen allenfalls zur Hälfte des garantierten Mietpreises zu vermieten waren.
5
Im Einzelnen kam es zu folgenden Taten:
6
Fall 1
7
Die F. AG verkaufte dem Erwerber A. 1997 drei Eigentumswohnungen des Objekts in H. . A. war geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH, für deren Verbindlichkeiten er in Höhe von 500.000 DM als Bürge haftete. Daneben hatte er Schulden mit seiner Ehefrau in Höhe von 1,6 Mio. DM. Gegen ihn erging am 24. Februar 1997 ein Vollstreckungsbescheid. Da er die titulierte Forderung nicht begleichen konnte, gab er 1998 die eidesstattliche Versicherung ab. Der Angeklagte vermittelte A. zur Finanzierung seiner Wohnungskäufe an die Deutsche Hypothekenbank und gab dieser gegenüber wahrheitswidrig an, dass A. die Erwerbsnebenkosten trage. In der von ihm abgegebenen Selbstauskunft verschwieg A. seine Bürgschaftsverpflichtung sowie sonstigen Verbindlichkeiten. Auf die ihm gewährten Darlehen in Höhe von zweimal je 342.000 DM und 227.000 DM erbrachte er keine Zahlungen.
8
Fälle 2 bis 5
9
Dem Erwerber B. verkaufte die F. AG Anfang 1998 insgesamt neun Wohnungen, wobei sechs Finanzierungsgeschäfte verfahrensgegenständlich sind. Bei B. handelt es sich insofern um einen atypischen Kunden, als er aufgrund eines monatlichen Nettoverdienstes von 3.800 DM und der Auszahlung eines Bausparvertrages über 120.000 DM ursprünglich grundsätzlich solvent und zahlungswillig war. Indes reichten seine Mittel nicht aus, um Kredite für sämtliche von ihm erworbenen Immobilien auf Dauer zu bedie- nen. Der Angeklagte reichte daher die Bonitätsunterlagen gezielt gleichzeitig bei verschiedenen Banken ein, ohne die jeweils anderen davon zu unterrichten. B. kam in den Fällen 2 bis 5 im Jahr 2000 in Zahlungsverzug; im Fall 5 wurde das Darlehen im Jahr 2003 gekündigt. Insgesamt erbrachte er folgende Zahlungen auf die Darlehen: - im Fall 2: 123.343,12 DM (Darlehensvaluta: 202.000 DM) - im Fall 3: 178.155,81 DM (Darlehensvaluta: 240.000 DM) - im Fall 4: 77.456,34 DM (Darlehensvaluta: 134.000 DM) - im Fall 5: 102.796,48 DM (Darlehensvaluta: 251.000 DM)
10
Fall 6
11
Dem Erwerber D. verkaufte die F. AG ebenfalls neun Wohnungen , wobei hiervon zwei Finanzierungsgeschäfte verfahrensgegenständlich sind. D. wurde von seiner Hausbank als nicht mehr kreditwürdig angesehen , da er nicht nur eigene hohe finanzielle Belastungen hatte, sondern auch als Mitgesellschafter eines Baustoffhandels für dessen Verbindlichkeiten in Höhe von 200.000 bis 300.000 DM als Bürge haftete. Auf Veranlassung des Angeklagten täuschte D. ein höheres Einkommen vor. Bereits 1999 konnte D. das ihm ein Jahr zuvor gewährte Darlehen in Höhe von 273.000 DM nach Erbringung von Rückzahlungen in Höhe von 14.763,64 DM nicht mehr bedienen.
12
Bei den geschädigten Banken verblieb letztlich nach Abzug der von den Kreditnehmern erbrachten Zahlungen und der Verwertungserlöse aus den Zwangsversteigerungsverfahren von der Summe der Darlehensvaluta ein Ge- samtschaden von 470.581 €. Diesen Betrag hat das Landgericht als Betrugsschaden zugrunde gelegt.

II.

13
Die Revision des Angeklagten ist mit der Sachrüge überwiegend begründet. Die Berechnung des Betrugsschadens durch das Landgericht hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Dieser Rechtsfehler führt in den Fällen III. 2-5 der Urteilsgründe zur Aufhebung der Schuldsprüche, in den Fällen III. 1 und 6 der Urteilsgründe zur Aufhebung der insoweit verhängten Einzelstrafen.
14
1. In den Fällen III. 2-5 der Urteilsgründe belegen die getroffenen Feststellungen nicht, dass den kreditgebenden Banken ein Vermögensschaden im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB entstanden ist.
15
a) Ein derartiger Schaden tritt ein, wenn die Vermögensverfügung des Getäuschten unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des wirtschaftlichen Gesamtwerts seines Vermögens führt (Prinzip der Gesamtsaldierung; BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 - 1 StR 731/08, BGHSt 53, 199, 201 mwN). Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Vermögensverfügung , also der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und nach der Verfügung (BGH, Beschluss vom 14. April 2011 - 2 StR 616/10, NStZ 2011, 638, 639). Ob die Hingabe eines Darlehens einen Vermögensschaden bewirkt, ist daher durch einen für den Zeitpunkt der Darlehenshingabe anzustellenden Wertvergleich mit dem Rückzahlungsanspruch des Darlehensgläubigers zu ermitteln. Die Werthaltigkeit des Rückzahlungsanspruchs wird dabei durch die Bonität des Schuldners und den Wert der bestellten Sicherheiten bestimmt. Ein Schaden entsteht daher nur, wenn die vorgespiegelte Rückzahlungsmöglichkeit nicht besteht (BGH, Urteil vom 13. August 2009 - 3 StR 576/08, StV 2010, 78) und auch gegebene Sicherheiten wertlos oder minderwertig sind (vgl. BGH, Beschluss vom 17. August 2005 - 2 StR 6/05, NStZ-RR 2005, 374; BGH, Beschluss vom 5. März 2009 - 3 StR 559/08, NStZ-RR 2009, 206). Auch bei einer eingeschränkten oder fehlenden finanziellen Leistungsfähigkeit des Schuldners entsteht demnach kein Schaden, wenn und soweit der getäuschte Gläubiger über werthaltige Sicherheiten verfügt, die sein Ausfallrisiko abdecken und - ohne dass der Schuldner dies vereiteln kann - mit unerheblichem zeitlichen und finanziellen Aufwand realisierbar sind (BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2008 - 3 StR 420/08, NStZ 2009, 150). Ein Minderwert des Rückzahlungsanspruchs , etwa infolge einer Täuschung über die Bonität, kann mithin durch den Wert hinreichend werthaltiger und liquider Sicherheiten kompensiert werden (vgl. BGH, aaO, NStZ-RR 2005, 374; BGH, aaO, NStZ-RR 2009, 206; Fischer StGB 60. Aufl. § 263 Rn. 133).
16
Dieser Minderwert des im Synallagma Erlangten ist dabei unter wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu bestimmen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2012 - 5 StR 307/12, wistra 2013, 20; BGH, Beschluss vom 13. April 2012 - 5 StR 442/11, NStZ 2012, 698, 699; BGH, aaO, NStZ 2011, 638, 639; BGH, aaO, BGHSt 53, 198, 202 f.). Entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss vom 23. Juni2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 229; BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2011 - 2 BvR 2500/09 u.a., BVerfGE 130, 1, 47) ist er konkret festzustellen und ggf. unter Beauftragung eines Sachverständigen zur wirtschaftlichen Schadensfeststellung zu beziffern. Die banküblichen Bewertungsansätze für Wertberichtigungen können hierbei Anwendung finden; denn ist aufgrund fehlender Bonität des Schuldners und nicht ausreichender Sicherheiten mit einem teilweisen Forderungsausfall zu rechnen, so müssen entsprechende bilanzielle Korrekturen vorgenommen werden (BGH, aaO, NStZ 2012, 698, 699). Sofern genaue Feststellungen zur Einschätzung dieses Ausfallrisikos nicht möglich sind, sind Mindestfeststellungen zu treffen, um den dadurch bedingten Minderwert und den insofern eingetretenen wirtschaftlichen Schaden unter Beachtung des Zweifelsatzes zu schätzen.
17
b) Diesen Maßstäben wird das landgerichtliche Urteil nicht gerecht, wenn es zur Feststellung des Schadens im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB allein auf den Vermögensverlust abstellt, der den geschädigten Banken nach Abzug der geleisteten Zahlungen und Verwertung der Grundschulden im Rahmen der Zwangsversteigerung verblieben ist (UA S. 47). Die Strafkammer hätte vielmehr - naheliegend mit sachverständiger Beratung - den Wert des Rückzahlungsanspruchs gegenüber dem Darlehnsschuldner B. unter Berücksichtigung seiner Bonität und der Werthaltigkeit der als Sicherheit bestellten Grundschulden zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung ermitteln müssen. Nur bei Vorliegen eines täuschungsbedingten Minderwerts des gesicherten Darlehnsrückzahlungsanspruchs wäre die Annahme eines Schadens - ohne dass es auf den tatsächlichen Verlauf des Darlehnsverhältnisses (noch) ankommt - gerechtfertigt.
18
Dieser Mangel führt zur Aufhebung des Schuldspruchs in den Fällen III. 2-5, da der Senat unter Berücksichtigung der in den Urteilsgründen mitgeteilten Umstände zur Leistungsfähigkeit des Darlehnsschuldners B. und zur Werthaltigkeit der bestellten Sicherheiten nicht ausschließen kann, dass letztlich in jedem der fünf Fälle kein relevanter Vermögensschaden im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB entstanden ist. Zwar spricht Einiges dafür, dass durch die nahezu gleichzeitige Inanspruchnahme von neun Krediten zur Finanzierung von Immobilienerwerben die finanzielle Leistungsfähigkeit des Käufers B. in maßgeblicher Weise überstiegen wurde, obwohl er grundsätzlich solvent war, über nicht unerhebliche Rücklagen verfügte und zudem eine wert- haltige Aussicht auf kick-back-Zahlungen besaß. Ob aber deshalb auch von einer Minderwertigkeit des (gesicherten) Darlehensrückzahlungsanspruchs ausgegangen werden muss, lässt sich anhand der landgerichtlichen Feststellungen nicht abschließend beurteilen. Es erscheint durchaus möglich, dass eine eventuelle Wertminderung des persönlich gegen den Erwerber B. gerichteten schuldrechtlichen Anspruchs durch die dingliche Sicherung der erworbenen Grundstücke mit Grundschulden ausgeglichen worden ist. Zwar geht das Landgericht in seinen Feststellungen insoweit davon aus, dass die jeweilige Grundschuld wegen des nicht dem Darlehensbetrag entsprechenden Verkehrswerts der Wohnung (allein) keine "ausreichende Sicherheit" für das gewährte Darlehen geboten habe (vgl. UA S. 36), doch berücksichtigt es damit nicht, dass auch eine unter dem Darlehensbetrag liegende dingliche Sicherung im Zusammenhang mit jedenfalls teilweise werthaltigen schuldrechtlichen Ansprüchen gegen den Darlehensschuldner die Werthaltigkeit des Darlehnsrückzahlungsanspruchs erhalten kann. Im Ergebnis kann der Senat nicht ausschließen , dass unter Berücksichtigung einer gewissen Werthaltigkeit des schuldrechtlichen Rückzahlungsanspruches und des konkreten Werts der Grundschulden zum Zeitpunkt der Darlehensauskehrung ein relevanter Vermögensschaden nicht gegeben ist.
19
2. Der Schuldspruch in den Fällen III. 1 und 6 der Urteilsgründe begegnet dagegen keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Angesichts der offensichtlichen Zahlungsunfähigkeit des Erwerbers A. bereits zum Zeitpunkt der Darlehensgewährungen, die durch seine Überschuldung und das Ausbleiben jeglicher Rückzahlungen an das Kreditinstitut belegt wird, kann ausgeschlossen werden, dass im Fall III. 1 überhaupt kein Schaden entstanden ist. Gleiches gilt im Fall III. 6. Zwar hat der Erwerber D. in geringerem Umfang zunächst Ratenzahlungen erbracht. Jedoch ist angesichts des Umstandes, dass er trotz erheblicher Verschuldung insgesamt neun über Darlehen finan- zierte Wohnungen gekauft hat, von fehlender Zahlungsunfähigkeit auszugehen, die mangels hinreichender Kompensation durch die bestellten Grundschulden einen Vermögensschaden begründet. Da der Rechtsfehler allein in der unterbliebenen Bezifferung des Schadensumfangs liegt, sind in beiden Fällen lediglich die Strafaussprüche aufzuheben.
20
3. Die Aufhebung der Schuldsprüche in den Fällen III. 2-5 und der Strafaussprüche in den Fällen III. 1 und 6 zieht die Aufhebung der Gesamtstrafe und der Kompensationsentscheidung nach sich.
Becker Berger Krehl RiBGH Dr. Eschelbach ist Ott erkrankt und daher gehindert zu unterschreiben. Becker

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 388/99
vom
3. März 2000
in der Strafsache
gegen
wegen Körperverletzung mit Todesfolge
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
1. März 2000 in der Sitzung am 3. März 2000, an denen teilgenommen haben:
Vizepräsident des Bundesgerichtshofes
Dr. Jähnke,
die Richter am Bundesgerichtshof
Detter,
Dr. Bode,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Otten,
Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
in der Verhandlung
als Verteidiger,
Justizobersekretärin in der Verhandlung,
Justizangestellte bei der Verkündung
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 23. April 1999 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts Frankfurt am Main zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt.
Gegen diese Entscheidung richten sich die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft, mit der die Verletzung sachlichen Rechts gerügt wird, und die auf die Verletzung sachlichen und förmlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten.

I.


Das Landgericht hat festgestellt:
Der Angeklagte suchte am 9. Februar 1998 zusammen mit seiner Ehefrau den ihm bekannten S. in dessen Wohnung in Gernsheim auf. Gegen 18.30 Uhr versetzte der Angeklagte, der zu diesem Zeitpunkt eine Blutalkoholkonzentration von höchstens 1,29 %o aufwies, S. , der ebenfalls nicht unerheblich alkoholisiert war und auf seinem Bett saß, ohne von diesem vorher angegriffen worden zu sein, mit der Hand einen wuchtigen und heftigen Schlag gegen die linke Gesichtshälfte. Der Schlag verursachte eine Verletzung der linken Wangenschleimhaut, verbunden mit einer massiven Blutung. Infolge des Schlages wurde der Kopf von S. heftig hin und her bewegt. Dadurch kam es über der rechten Großhirnhalbkugel zu einer Verletzung von Brückenvenen, einer langsamen Blutung unter die harte Hirnhaut über der rechten Großhirnhalbkugel sowie zu Einblutungen im Bereich des Hirnstamms. S. wurde bewußtlos. Der Angeklagte ging davon aus, daß diesem infolge des Schlages etwas "Gravierendes" zugefügt worden war und befürchtete, daß dieser zu Tode kommen könne. Er verließ die Wohnung des regungslos auf dem Bett liegenden S. und zog dabei den in der Hauseingangstür von innen steckenden Schlüssel ab, schloß diese von außen zu und nahm den Schlüssel mit. Dadurch wollte er Zeit gewinnen, um sich klar zu werden, wie er ”den Kopf aus der selbstumgelegten Schlinge ziehen könne” und wollte verhindern, daß durch einen ”dummen Zufall” sich jemand in die Wohnung von S. begeben und diesen regungslos und bewußtlos auffinden könnte. Nach einiger Zeit rief die Ehefrau des Angeklagten auf dessen Veranlassung die Schwester des Tatopfers an, um diese zu
veranlassen, in die Wohnung des Angeklagten zu kommen. Bei dieser Gelegenheit wollte er diese überzeugen, daß er ”nichts Massives gegen S. unternommen, es sich um einen Unglücksfall gehandelt habe und sie überreden , ihn doch aus dem Spiel zu lassen”. Da die Schwester des Tatopfers telefonisch nicht erreicht werden konnte, begab sich die Ehefrau des Angeklagten gegen 20.00 Uhr in die Wohnung der Zeugin S. , wo sich nur deren Lebensgefährte Sch. befand. Diesem erzählte sie von der Auseinandersetzung, der Angeklagte und S. hätten sich irgendwie ”in der Wolle gehabt” und seien sich gegenseitig ”an den Hals” gegangen. Sie händigte dem Zeugen den Wohnungsschlüssel des S. aus. Als dessen Schwester nach Hause kam, berichtete der Zeuge Sch. ihr von dem Gespräch. Gegen 21.00 Uhr ging sie zur Wohnung ihres Bruders und horchte an der Türe. Als sie Schnarchgeräusche hörte, dachte sie, er schlafe.
S. wurde am 10. Februar 1998 gegen 16.30 Uhr auf seinem Bett liegend tot aufgefunden.

II.


Die Schwurgerichtskammer geht davon aus, daß der Angeklagte das Tatopfer in Verletzungsabsicht geschlagen und dadurch dessen Tod verursacht hat. Nach seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten hätte er den Tod als Folge seines Tuns als möglich voraussehen können und müssen.
Gegen diese Entscheidung wenden sich die Beschwerdeführer mit ihren Revisionen. Die Staatsanwaltschaft hält hinsichtlich des Schuldspruchs eine Vorhersehbarkeit des eingetretenen Erfolges auf Seiten des Angeklagten für
nicht ausreichend festgestellt und ist im übrigen der Meinung, die Bestimmung des Strafrahmens sei rechtsfehlerhaft, die verhängte Strafe unverhältnismäßig hoch. Der Angeklagte wendet sich mit der Sachbeschwerde gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts, vor allem soweit seine Einlassung als widerlegt angesehen und die Ursächlichkeit des Schlages ins Gesicht für den Tod des S. bejaht wurde. Mit der Verfahrensbeschwerde rügt er eine Verletzung der Aufklärungspflicht sowie die Ablehnung eines Beweisantrages.

III.

Die Rechtsmittel greifen durch.
1. Die Verfahrensrügen des Angeklagten entsprechen nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO und sind deshalb unzulässig.
2. Die von beiden Beschwerdeführern erhobene Sachrüge führt aber zur Aufhebung des Urteils. Dieses weist einen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler im Strafausspruch auf, der zur Aufhebung auch des Schuldspruchs nötigt.
Die Schwurgerichtskammer hat einen minder schweren Fall der Körperverletzung mit Todesfolge nach § 226 Abs. 2 StGB aF (Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren) verneint und die Strafe dem Strafrahmen des § 226 Abs.1 StGB aF entnommen (Freiheitsstrafe von drei bis 15 Jahren). Rechtsfehlerhaft hat sie dabei einen wesentlichen Umstand nicht zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt.
Maßgebend für die Annahme eines minder schweren Falles ist, ob das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der gewöhnlich vorkommenden Fälle so sehr abweicht , daß die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten erscheint. Hierzu ist eine Gesamtbetrachtung erforderlich, bei der alle Umstände heranzuziehen und zu würdigen sind, die für die Wertung der Tat und des Täters in Betracht kommen, gleichgültig, ob sie der Tat selbst innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen (st. Rspr. vgl. BGHSt 26, 97, 98 f.; BGHR StGB vor § 1 minder schwerer Fall, Prüfungspflicht 1). Wesentliches Gewicht für die Bewertung der Tatschuld des Angeklagten mußte der Tatsache zukommen , daß die - im Rahmen von § 18 StGB zwar zurechenbare - Todesfolge auf sehr unglücklichen Umständen beruhte. Denn daß ein - wenn auch heftiger - Schlag gegen den Kopf einer sitzenden Person deren Tod verursacht, ist eher selten und beruhte hier unter anderem auch auf den körperlichen Gegebenheiten des Tatopfers (Alkoholiker). Ein solcher besonderer - wenn auch in seinem Ergebnis letztlich doch voraussehbarer - Geschehensablauf läßt die Schuld des Täters in einem milderen Licht erscheinen. Auf diesen Gesichtspunkt geht das Landgericht bei der Strafzumessung nicht ein. Es hat das Tatbild nämlich nur insoweit in seine Bewertung einbezogen, als es zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt, daß bei ihm nur ”unbewußte Fahrlässigkeit” und ”eine gewisse alkoholbedingte Enthemmung” vorgelegen habe.
3. Die Strafrahmenwahl und damit der gesamte Strafausspruch können somit keinen Bestand haben. Dies führt hier aber auch zur Aufhebung des Schuldspruches, weil das Landgericht es unter Verkennung der ihm obliegenden Kognitionspflicht unterlassen hat, eine Strafbarkeit des Angeklagten unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten zu erörtern.


a) Nach den Feststellungen gingen der Angeklagte und seine Ehefrau davon aus, daß dem infolge des wuchtigen Schlages bewußtlosen S. etwas "Gravierendes" zugefügt worden war. Der Angeklagte befürchtete sogar, daß dieser zu Tode kommen könne (UA S. 24). Nach der Auffassung der Schwurgerichtskammer hätte er nach seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten erkennen und voraussehen können, daß dem Schlag das Risiko eines tödlichen Ausgangs anhaftete (UA S. 76/77).
Angesichts dieser Ausführungen drängte es sich auf, die Frage zu erörtern , ob das Verhalten des Angeklagten nicht nur als Körperverletzung mit Todesfolge , sondern auch als vollendetes oder versuchtes Tötungsdelikt durch Unterlassen (§§ 211, 212, 22, 23, 13 StGB) zu beurteilen ist. Eine nur versuchte Tat könnte deshalb in Betracht kommen, weil nach den bisherigen Feststellungen nicht mit Sicherheit geklärt werden konnte, daß der Verletzte durch ärztliche Hilfe hätte gerettet werden können. Die für ein Unterlassungsdelikt erforderliche Rechtspflicht zum Handeln ergab sich für den Angeklagten aus ”vorausgegangenem Tun”. Die insoweit rechtlich erforderliche Pflichtwidrigkeit liegt in seinem - rechtswidrigen - Angriff auf das Tatopfer (BGHSt 37, 106, 115; BGHR StGB § 13 Abs. 1 Garantenstellung 14 m.w.N.). Ein bedingt vorsätzliches Handeln (vgl. zum Tötungsvorsatz beim Unterlassen BGH NStZ 1992, 125; BGHR StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter 50) legen die zur subjektiven Tatseite getroffenen Feststellungen des Landgerichts nahe. Zwar kann nicht allein aus der Erkenntnis der möglichen Todesfolge auf das Billigen des Erfolges geschlossen werden. Die Urteilsgründe lassen die Frage einer ”Billigung” offen. Dafür ergaben sich aber nicht unwesentliche Anhaltspunkte. Der Angeklagte hat etwaige Hilfe für das Tatopfer dem Zufall überlassen, er hat nieman-
dem von seiner Befürchtung,S. s ei lebensgefährlich verletzt, Mitteilung gemacht und möglicherweise durch das Versperren der Haustüre objektiv sogar Hilfe verhindert.
Im übrigen hätte auch eine Strafbarkeit nach § 221 StGB (vgl. BGHSt 26, 35 ff.; BGHR StGB § 221 – Konkurrenzen 1) oder § 323 c StGB erörtert werden müssen (vgl. BGH NStZ 1985, 501; BGH, Urt. v. 20. Januar 2000 - 4 StR 365/99).

b) Die Aufhebung des Schuldspruchs, die dazu führen kann, daß der Angeklagte in der neuen Hauptverhandlung auf Grund weiterer Straftatbestände verurteilt wird, ist – auch wenn nur Revisionen zugunsten des Angeklagten vorliegen - geboten. Denn wenn durch eine teilweise Verwerfung der Revision (also Aufhebung nur im Strafausspruch) der Schuldspruch, der hier wegen der unterlassenen Erörterung unter anderem eines - durch Unterlassen begangenen - Tötungsdelikts rechtsfehlerhaft ist, rechtskräftig würde, wäre das neu erkennende Landgericht unter Umständen aus Rechtsgründen gehindert, durch entsprechende widerspruchsfreie Feststellungen den richtigen Ausgangspunkt für eine unter Beachtung des Verschlechterungsverbotes (§ 358 Abs. 2 StPO) schuldangemessene Ahndung der Tat zu gewinnen (BGH, Beschl. v. 11. November 1981 - 3 StR 342/81 - zitiert bei Holtz MDR 1982, 283; vgl. auch BayObLGSt 1980, 13 ff., 15; Jagusch NJW 1962, 1417 ff, 1419/1420; Hanack in Löwe/Rosenberg, StPO 24. Aufl. § 354 Rdn. 22).
Käme der neu entscheidende Tatrichter zur Annahme eines durch Unterlassen begangenen Totschlags, stände dieser mit der festgestellten Tat nach § 226 StGB aF in Tateinheit (vgl. BGH NStZ 2000, 29, 30 für ein vollendetes
Tötungsdelikt). Die Notwendigkeit einer Aufhebung des gesamten Schuldspruchs liegt dann auf der Hand.
Selbst wenn bei Verwirklichung sowohl des § 226 StGB aF als auch eines (versuchten) Tötungsdelikts nach §§ 211, 212 StGB eine tatmehrheitliche Begehung in Betracht gezogen würde (vgl. BGHSt 7, 287, 289), kann der Schuldspruch aber keinen Bestand haben, denn es handelt sich um dieselbe Tat im Sinne des § 264 StPO (vgl. auch BGHR StGB § 226 Kausalität 1) und hätte mit abgeurteilt werden müssen.
Die Sache muß somit in vollem Umfang erneut verhandelt werden.

IV.


Im Hinblick darauf, daß in einem informellen Gespräch zwischen den Verfahrensbeteiligten das Gericht dem Verteidiger bei einem entsprechenden Geständnis des Angeklagten eine zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe von zwei Jahren in Aussicht gestellt hatte, dann aber doch - bei gleichem Schuldspruch - eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren für schuldangemessen hielt, die es vor allem damit erklärt, daß ”der ganz wesentliche Strafmilderungsgrund des von Tateinsicht und Reue geprägten umfassenden Geständnisses fehlt”, macht der Senat von der Möglichkeit des § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO Gebrauch und verweist die Sache an eine Schwurgerichtskammer des Landgericht Frankfurt am Main zurück.
Das neu erkennende Gericht wird möglicherweise zur Beurteilung der bei der Obduktion erhobenen Befunde einen neurologischen Sachverständigen hinzuziehen müssen. Jähnke Detter Bode Otten Rothfuß

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 231/11
vom
13. September 2011
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
___________________________________
Zur Einordnung einer kriminellen Vereinigung als in- oder ausländische bzw. als
solche innerhalb oder außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union.
BGH, Beschluss vom 13. September 2011 - 3 StR 231/11 - LG München I
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbsmäßiger Bandenhehlerei u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 13. September 2011 gemäß § 349
Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 5. April 2011 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Bandenhehlerei in zwei Fällen und Geldwäsche in neun Fällen, jeweils in Tateinheit mit "Bildung krimineller Vereinigungen" (zutreffend: mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung), zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat Erfolg.
2
Nach den Feststellungen des Landgerichts entstand in der ehemaligen Sowjetunion eine kriminelle Subkultur, die nach ihrer eigenen Ideologie, den sogenannten "Diebesregeln", lebt. Dieses System dehnte sich nach Westen aus und etablierte sich teilweise auch in Deutschland. Die Verbandsstruktur ist regional organisiert und überregional koordiniert. An oberster Stufe steht jeweils ein "Dieb im Gesetz", der diese Stellung mittels "Krönung" durch alle "Diebe im Gesetz" in Moskau erhält. Diesem wird ein bestimmtes Gebiet zugewiesen, in dem sich kein anderer "Dieb im Gesetz" ansiedeln darf. Organisatorische Aufgaben übernehmen als seine unmittelbaren Vertrauenspersonen "Nahestehende" , unter denen "Statthalter" oder "Kassenhalter" stehen, welche die untergeordneten Mitglieder zu leiten und Beiträge zur Gemeinschaftskasse einzusammeln und abzuführen haben. Die Willensbildung unterliegt verbindlichen, in der Organisation anerkannten Regeln. Die Verhaltensregeln gebieten den Mitgliedern eine Abschottung nach außen sowie Solidarität nach innen und untersagen jegliche Kooperation mit staatlichen Behörden. Verstöße werden abgestuft sanktioniert. Im Konfliktfall werden höhere Autoritätsstufen angerufen; deren "Schiedssprüche" erkennen die Mitglieder als bindend an und machen sie zur Maxime ihres Handelns. Verbindlich festgelegte Zielsetzung der Organisation ist, bestimmte Straftaten zu begehen und einen Teil der hieraus gewonnenen Erlöse in die Gemeinschaftskasse ("Abschtschjak") zu zahlen. Diese dient der Bereicherung der höherrangigen Mitglieder sowie allgemein der Unterstützung der Mitglieder in besonderen Situationen, etwa im Falle einer Inhaftierung.
3
Spätestens im Juni 2005 begründeten die "Diebe im Gesetz" K. und L. S. eine nach den dargelegten Regeln agierende, europaweit tätige Gruppierung aus georgischstämmigen Mitgliedern, die Diebstähle organisierte und die Beute an Hehler weiterverkaufte. Auf der untersten Ebene standen die tatausführenden Diebe, die ihren Unterhalt aus organisierten, von mehreren Mitgliedern durchgeführten gemeinsamen Ladendiebstählen bestritten. Diebesbeute waren hochwertige Gegenstände des täglichen Gebrauchs wie etwa Zigaretten, Drogerieartikel, Designerkleidung und elektronische Geräte. Die Mitglieder hatten in der Regel monatlich 50 € in den "Abschtschjak" zu zahlen. Die Vereinigung, die "Diebesregeln" und der "Abschtschjak" waren oberste Maximen des Handelns des Einzelnen. In verschiedenen deutschen Städten waren regionale Kassenhalter eingesetzt. Die an die Gemeinschaftskasse abgeführten Gelder und die darüber geführten Einzahlungslisten wurden letztlich zu K. S. nach Spanien gebracht. Die Vereinigung in Deutschland war grundsätzlich autonom, bei Konflikten oder bei groben Regelverstößen griffen allerdings die Brüder S. ein.
4
Der Angeklagte war zumindest seit Mitte 2009 bis zu seiner Festnahme am 15. März 2010 innerhalb der Organisation Statthalter für D. . Er hatte Kontakt zur Führungsebene und konnte K. S. bei Bedarf telefonisch erreichen. Spätestens ab September 2009 schloss er sich mit weiteren Mitgliedern zusammen, um Diebesgut von Mitgliedern aus M. bei Hehlern in D. gewinnbringend abzusetzen. So organisierte er im September /Oktober 2009 sowie im Dezember 2009 jeweils den Transport von Diebesgut von M. nach D. und den Verkauf an einen dortigen Hehler. Überdies transferierte er zwischen dem 18. August 2009 und dem 20. Februar 2010 in neun Fällen Einnahmen in Höhe von insgesamt 1.700 €, die andere Mitglieder der Organisation durch Diebstähle oder den Verkauf von Diebesgut erzielt hatten, in Kenntnis ihrer Herkunft nach Georgien.

I.

5
Das Urteil hält sachlichrechtlicher Prüfung nicht stand, soweit das Landgericht den Angeklagten wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung (§ 129 Abs. 1 StGB) und wegen gewerbsmäßiger Bandenhehlerei in zwei Fällen (§ 260a Abs. 1 StGB) verurteilt hat. Die Feststellungen belegen zwar, dass sich der Angeklagte als Mitglied an einer kriminellen Vereinigung beteiligte, nicht aber - worauf bereits der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend hingewiesen hat -, dass es sich bei der Vereinigung um eine solche im Inland nach § 129 Abs. 1 StGB handelte. Auch fehlen tragfähige Feststellungen für ein gewerbsmäßiges Handeln des Angeklagten im Sinne des § 260a Abs. 1 StGB. Im Einzelnen:
6
1. Das Landgericht hat im Ergebnis zutreffend die Voraussetzungen für eine Vereinigung im Sinne der §§ 129 ff. StGB als erfüllt angesehen; denn nach den Feststellungen ist ein auf eine gewisse Dauer angelegter, freiwilliger organisatorischer Zusammenschluss von mindestens drei Personen gegeben, die bei Unterordnung des Willens des Einzelnen unter den Willen der Gesamtheit gemeinsame Zwecke verfolgen und unter sich derart in Beziehung stehen, dass sie sich untereinander als einheitlicher Verband fühlen (st. Rspr.; vgl. zuletzt etwa BGH, Urteile vom 28. Oktober 2010 - 3 StR 179/10, NJW 2011, 542, 544 mwN; vom 3. Dezember 2009 - 3 StR 277/09, BGHSt 54, 216, 221). Näherer Erörterung bedürfen allein die folgenden Gesichtspunkte:
7
a) Die erforderliche Unterordnung der Mitglieder unter den Gesamtwillen der Vereinigung liegt nach den Feststellungen vor:
8
aa) Insoweit ist für eine Vereinigung wesentlich die subjektive Einbindung der Beteiligten in die kriminellen Ziele der Organisation und in deren entsprechende Willensbildung unter Zurückstellung individueller Einzelmeinungen; denn nur ein derartiger Gruppenwille schafft die spezifischen Gefahren einer für die Vereinigung typischen, vom Willen des Einzelnen losgelösten Eigendynamik zur Begehung von Straftaten. Innerhalb der Vereinigung müssen deshalb bestimmte, von ihren Mitgliedern anerkannte Entscheidungsstrukturen bestehen ; dieser organisierten Willensbildung müssen sich die Mitglieder als für alle verbindlich unterwerfen. Die Art und Weise der Willensbildung ist allerdings gleichgültig; die für alle Mitglieder verbindlichen Regeln können etwa dem De- mokratieprinzip entsprechen oder auf dem Prinzip von Befehl und Gehorsam aufgebaut sein (st. Rspr.; vgl. im Einzelnen BGH, Urteil vom 3. Dezember 2009 - 3 StR 277/09, BGHSt 54, 216, 221 ff. mwN).
9
bb) Diese Voraussetzungen sind in den Urteilsgründen dargetan. Die Mitglieder der Gruppierung verband nicht allein der Wille, gemeinsam Straftaten zu begehen; sie unterwarfen sich auch nicht lediglich je für sich der autoritären Führung der Brüder S. . Vielmehr bestanden verbindliche Regeln , nach denen die Mitglieder der Organisation ihr Handeln ausrichteten, und solche, die der Konfliktbewältigung innerhalb der Organisation dienten. Diese Regeln wurden von den Mitgliedern übereinstimmend anerkannt; diese stellten insoweit ihre Einzelmeinungen zurück und ordneten sich dem entsprechenden Gruppenwillen unter.
10
cc) Es ist deshalb nicht entscheidungserheblich, ob im vorliegenden Fall eine tatsächliche Konstellation gegeben ist, bei der nach der neueren Rechtsprechung des Senats (BGH, Urteil vom 3. Dezember 2009 - 3 StR 277/09, BGHSt 54, 216, 228 ff.) geringere Anforderungen an die tatrichterlichen Feststellungen bezüglich des voluntativen Elements der Vereinigung zu stellen sind. Mit Blick auf die diesbezüglichen Ausführungen des Landgerichts merkt der Senat dazu allerdings an:
11
Die Anforderungen an die tatrichterlichen Feststellungen zum Willenselement sind dann geringer, wenn die Mitglieder der Organisation eine über den bloßen Zweckzusammenhang der Begehung von Straftaten hinausreichende Zielsetzung verfolgen und die für Vereinigungen typische Eigendynamik vor allem dadurch in Gang gesetzt wird, dass die Beteiligten sich in der Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Ziels verbunden fühlen, wie dies typischerweise bei politisch, ideologisch, religiös oder weltanschaulich motivier- ter Kriminalität der Fall ist (BGH aaO). Diese Voraussetzungen werden durch die Feststellungen nicht belegt. Die Organisation war hier im Kern allein auf die Begehung von Eigentums- und Vermögensdelikten sowie die dadurch ermöglichte Finanzierung einer Gemeinschaftskasse gerichtet, die wiederum der Bereicherung der Führungsebene und der materiellen Unterstützung der Mitglieder in bestimmten Situationen diente; die Vereinigung war somit durch wirtschaftliche , nicht aber durch politisch-ideologische Zielsetzungen der Beteiligten geprägt. Der Umstand, dass sich die Vereinigungsmitglieder nach außen abgrenzten und die Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen ablehnten, ist für kriminelle Organisationen jeglicher Art nicht ungewöhnlich. Ihm kommt deshalb im hier relevanten Zusammenhang keine erhebliche Bedeutung zu. Dieser Gesichtspunkt reicht insbesondere nicht aus, um darin bereits eine eigene, über den auf Straftaten ausgerichteten Zweckzusammenhang der Vereinigung hinausgehende Ideologie in dem dargelegten Sinne zu sehen.
12
b) Die Organisation war darauf ausgerichtet, Straftaten, vor allem Eigentums - und Vermögensdelikte, zu begehen, mit denen - obwohl die einzelnen festgestellten Taten isoliert betrachtet überwiegend eher dem unteren Bereich der Kriminalität zuzurechnen sind - eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit verbunden war (BGH, Urteil vom 22. Februar 1995 - 3 StR 583/94, BGHSt 41, 47, 51; Beschluss vom 4. August 1995 - StB 31/95, NJW 1995, 2117, 2118). Für diese Beurteilung ist nicht lediglich auf die einzelne Straftat oder die jeweilige Strafandrohung abzustellen; vielmehr ist eine Gesamtwürdigung der begangenen und/oder geplanten Straftaten unter Einbeziehung aller Umstände vorzunehmen, die für das Maß der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit von Bedeutung sein können. Hierzu gehören insbesondere auch die Auswirkungen der Straftaten (BGH, Urteil vom 22. Februar 1995 - 3 StR 583/94, BGHSt 41, 47, 51). Ins Gewicht fällt deshalb neben der Höhe der Erlö- se, die etwa allein der Angeklagte mit seinen Straftaten im September/Oktober und im Dezember 2009 erzielte, insbesondere die organisierte, planmäßige und überregionale Vorgehensweise der Vereinigungsmitglieder. Diese Umstände belegen ohne Weiteres eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit.
13
c) Da nach den Feststellungen die Brüder S. als "Diebe im Gesetz" in der Organisation an oberster Stufe standen und der Wille der Organisation demzufolge unabhängig von den übrigen "Dieben im Gesetz" gebildet wurde, stellte die ihnen untergeordnete Gruppierung eine eigenständige Vereinigung dar. Es bedarf daher keiner näheren Betrachtung, wie die Versammlung der verschiedenen "Diebe im Gesetz" zu bewerten ist und ob diese etwa als eine übergeordnete Dach-Vereinigung anzusehen sein könnte (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 30. März 2001 - StB 4/01 u.a., BGHSt 46, 349, 354; LK/Krauß, StGB, 12. Aufl., § 129 Rn. 23).
14
2. Aus den Urteilsfeststellungen ergibt sich jedoch nicht, dass es sich bei der von den Brüdern S. geführten Organisation um eine Vereinigung im Inland nach § 129 Abs. 1 StGB handelte.
15
a) Die Kriterien, an denen die Einordnung einer Organisation als in- oder ausländische Vereinigung - im letzten Fall zudem als Vereinigung innerhalb oder außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union - auszurichten ist, sind gesetzlich nicht bestimmt und in der Gesetzesbegründung bei Einführung des § 129b StGB nicht näher erörtert worden (vgl. etwa BT-Drucks. 14/7025 S. 1, 6). In der Rechtsprechung (BGH, Beschluss vom 14. April 2010 - StB 5/10, BGHR StGB § 129 Gruppenwille 6) und dem Schrifttum (vgl. etwa Stein, GA 2005, 433, 443; Zöller, Terrorismusstrafrecht, 2009, S. 523; Nehring, Kriminelle und terroristische Vereinigungen im Ausland, 2007, S. 177 ff.; LK/Krauß, aaO § 129 Rn. 36 ff.) sind sie verschiedentlich angedeutet bzw. erörtert worden, indessen noch nicht abschließend geklärt. Hierzu gilt:
16
Vereinigungen, die den §§ 129 ff. StGB unterfallen, können in einer kaum überschaubaren Vielzahl von tatsächlichen Organisationsformen auftreten. So werden etwa Gruppierungen mit wirtschaftlichen Zielsetzungen ebenso erfasst wie solche, die politische, ideologische oder religiöse Zwecke verfolgen. Bezüglich der Größe der Vereinigung ist lediglich die Mindestzahl von drei Mitgliedern bestimmt, es kommen deshalb sowohl Vereinigungen mit relativ wenigen als auch solche mit außerordentlich zahlreichen Mitgliedern in Betracht. Weder die Organisationsform noch die Art der Willensbildung ist im Einzelnen festgelegt. Nicht zuletzt sind die Gruppierungen etwa im Bereich der Organisierten Kriminalität, aber auch des Terrorismus zunehmend länderübergreifend organisiert; ihre Aktionsfelder betreffen häufig die Gebiete mehrerer Staaten. Vor diesem Hintergrund erscheint eine abstrakte Umschreibung der maßgeblichen Gesichtspunkte, die für die Einordnung derartiger Vereinigungen als inoder ausländisch - und im letztgenannten Fall als solche innerhalb oder außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union - den Anspruch der Verbindlichkeit für alle denkbaren Einzelfälle erheben könnte, weder möglich noch sachgerecht. Mit Blick auf die Unterschiedlichkeit und Komplexität der in Betracht zu ziehenden Fallgestaltungen liegt es näher, die geographische Zuordnung einer Vereinigung von einer an den konkreten Einzelfallumständen orientierten Gesamtbetrachtung abhängig zu machen. Dabei sind regelmäßig namentlich die folgenden Kriterien von Bedeutung:
17
aa) Als wesentliches Zuordnungskriterium ist der Schwerpunkt der Organisationsstruktur anzusehen (vgl. BGH, Beschluss vom 14. April 2010 - StB 5/10, BGHR StGB § 129 Gruppenwille 6; s. auch Art. 4 Unterabsatz 1 der Gemeinsamen Maßnahme vom 21. Dezember 1998 betreffend die Strafbarkeit der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung in den Mitgliedstaaten der Eu- ropäischen Union, ABl. L 351 vom 29. Dezember 1998, S. 1: "Ort…, an dem die Vereinigung ihre Operationsbasis hat"; vgl. hierzu Stein, GA 2005, 433, 443). Dieser Schwerpunkt der organisatorischen Strukturen ist seinerseits anhand verschiedener Merkmale zu ermitteln (vgl. Zöller, Terrorismusstrafrecht, 2009, S. 523). Er kann sich insbesondere aus dem Ort ergeben, an dem gleichsam "die Verwaltung geführt wird" (s. Nehring, Kriminelle und terroristische Vereinigungen im Ausland, 2007, S. 178). Anhaltspunkt dafür kann die Konzentration personeller und/oder sachlicher Ressourcen sein, beispielsweise für Organisationszwecke genutzte Gebäude, Ausbildungsstätten oder Material, wie Tatwerkzeuge, Unterlagen oder auch Datenverarbeitungsanlagen.
18
bb) Ferner ist in den Blick zu nehmen, wo nach den Strukturen der Vereinigung deren Gruppenwille gebildet wird, d.h. wo der durch die entscheidungsbefugten Organe der Vereinigung gebildete Verbandswille zustande kommt und erstmals durch konkrete Umsetzungsakte nach außen in Erscheinung tritt (Zöller aaO S. 523; Nehring aaO S. 178). Auch kann zu berücksichtigen sein, an welchem Ort sich die Vereinigung gegründet hat. Demgegenüber sind die Staatsangehörigkeit der Mitglieder und deren bloßer Wohnsitz regelmäßig nicht von entscheidendem Belang (BGH, Beschluss vom 5. Januar 1982 - StB 53/81, BGHSt 30, 328, 331 f.).
19
cc) Daneben kann das eigentliche Aktionsfeld Bedeutung erlangen, mithin der Ort, an dem die Straftaten, auf deren Begehung die Zwecke oder Tätigkeit der Vereinigung gerichtet sind, begangen werden sollen bzw. begangen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 14. April 2010 - StB 5/10, BGHR StGB § 129 Gruppenwille 6; vgl. auch Art. 4 Unterabsatz 1 der Gemeinsamen Maßnahme vom 21. Dezember 1998 betreffend die Strafbarkeit der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, ABl. L 351 vom 29. Dezember 1998, S. 1: "Ort…, an dem die Vereinigung ihre strafba- ren Tätigkeiten ausübt"; vgl. hierzu Stein, GA 2005, 433, 443). Dabei sind gegebenenfalls sowohl der Handlungs- als auch der Erfolgsort in die Bewertung einzustellen. Allerdings genügt es für die Einordnung einer Gruppierung als inländische oder EU-Vereinigung nicht, dass sie auf dem jeweiligen Gebiet lediglich Straftaten begeht oder begehen will. Erforderlich ist vielmehr zumindest, dass in Deutschland bzw. dem Bereich der Mitgliedstaaten der Europäischen Union auch Organisationsstrukturen bestehen und die Vereinigungsmitglieder nicht nur zur Vorbereitung und Begehung der Straftaten, auf die die Vereinigung gerichtet ist, in die betreffende Region einreisen und sich dort aufhalten.
20
b) Nach diesen Maßstäben wies die Organisation der GebrüderS. auf der Grundlage der bisherigen Urteilsfeststellungen keine ausreichende räumlich-organisatorische Inlandsverankerung auf. Weder befand sich der Schwerpunkt der Organisationsstrukturen im Inland, noch war das Aktionsfeld der Vereinigung auf Deutschland beschränkt. Der "Dieb im Gesetz" K. S. , der im Konfliktfall die maßgebliche Autorität und mithin für die Bildung des Gruppenwillens von entscheidender Bedeutung war, lebte nicht in Deutschland. Die Weiterleitung der für die Organisation gesammelten Gelder und der darüber geführten Listen an ihn nach Spanien ist ein Indiz dafür, dass dort wesentliche Aufgaben betreffend die Organisation bzw. "Verwaltung" der Vereinigung vorgenommen wurden. Da die Vereinigung - etwa durch Statt- und Kassenhalter - regional organisiert war, liegt es nahe, dass neben der "Verwaltung" in Spanien auch in weiteren Staaten außerhalb Deutschlands Organisationsstrukturen bestanden. Die Vereinigungsmitglieder wurden europaweit tätig. Der Umstand, dass die Strukturen und Aktivitäten der Vereinigung teilweise in die Bundesrepublik Deutschland hineinreichten, genügt nicht, um die Gruppierung als inländische anzusehen. Schließlich wurde die Vereinigung nicht in Deutschland, sondern in Moskau gegründet.
21
c) Die in Deutschland agierende Gruppierung ist auch nicht als eigenständige inländische Vereinigung im Sinne einer Teilorganisation zu werten. Eine solche eigenständige Vereinigung setzt nach der neueren Rechtsprechung des Senats, an der festzuhalten ist, voraus, dass die Gruppierung für sich genommen alle für eine Vereinigung notwendigen personellen, organisatorischen , zeitlichen und voluntativen Voraussetzungen erfüllt. Dazu muss sie ein ausreichendes Maß an organisatorischer Selbstständigkeit aufweisen und insbesondere einen eigenen, von der ausländischen (Haupt-)Organisation unabhängigen Willensbildungsprozess vollziehen (BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 - 3 StR 179/10, NJW 2011, 542, 544 f.). Daran fehlt es hier. Im Konfliktfall oder bei groben Verstößen gegen die Regeln der Vereinigung schalteten sich die Gebrüder S. in ihrer Eigenschaft als "Anführer" der Vereinigung ein. Angesichts der gerade bei Fragen von besonderer Bedeutung von diesen "Dieben im Gesetz" abhängigen Willensbildung vollzog sich der Willensbildungsprozess somit nicht vollständig im Inland. Die in die Gemeinschaftskasse eingezahlten Gelder wurden nach Spanien weitergeleitet, über ihre Verwendung wurde somit ebenfalls nicht vollständig im Inland entschieden. Die Gruppierung war deshalb in Deutschland nur in begrenztem, für die Annahme einer eigenständigen Vereinigung nicht ausreichendem Umfang autonom.
22
3. Die getroffenen Feststellungen belegen auch nicht die Verurteilung wegen gewerbsmäßiger Bandenhehlerei nach § 260a Abs. 1 StGB in den Fällen B. II. 2. a. der Urteilsgründe.
23
a) Die erhöhte Strafbarkeit wegen gewerbsmäßigen Handelns setzt voraus , dass der Täter sich aus wiederholter Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende , nicht ganz unerhebliche Einnahmequelle verschaffen will (vgl. Fischer , StGB, 58. Aufl., Vor § 52 Rn. 62). Die Gewerbsmäßigkeit, die ein besonderes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 2 StGB darstellt (BGH, Beschluss vom 11. Januar 2005 - 1 StR 547/04, wistra 2005, 177), erfordert stets Eigennützigkeit; es genügt nicht, wenn eine fortdauernde Einnahmequelle allein für Dritte geschaffen werden soll (BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2007 - 5 StR 543/07, NStZ 2008, 282 f. zu § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB). Ein bloß mittelbarer Vorteil des Täters reicht zur Begründung der Gewerbsmäßigkeit nur aus, wenn er ohne Weiteres darauf zugreifen kann (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. Mai 2009 - 4 StR 10/09, wistra 2009, 351;vom 5. Juni 2008 - 1 StR 126/08, NStZ-RR 2008, 282; vom 16. April 2008 - 5 StR 615/07, wistra 2008, 342, 343) oder sich selbst geldwerte Vorteile aus den Taten über Dritte verspricht (BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2007 - 5 StR 543/07, NStZ 2008, 282 f.; Urteil vom 1. Juli 1998 - 1 StR 246/98, BGHR StGB § 261 Strafzumessung 2).
24
b) Den Urteilsfeststellungen ist nicht hinreichend zu entnehmen, dass das deliktische Handeln des Angeklagten auf die Erlangung eines derartigen eigenen Vorteils gerichtet war. Danach beging er die Straftaten vielmehr in der Absicht, anderen Mitgliedern der Vereinigung und der Vereinigung als solcher eine fortdauernde Einnahmequelle zu schaffen. Dass er selbst direkt auf die Einnahmen der Vereinigung zugreifen konnte oder tatsächlich aufgrund der Hehlereitaten einen bestimmten geldwerten Vorteil aus der Gemeinschaftskasse erwartete, ergibt sich nicht. Die in die Gemeinschaftskasse eingezahlten Gelder wurden zu K. S. nach Spanien gebracht. Allein die Möglichkeit, in Zukunft möglicherweise unter gewissen, noch unbestimmten Umständen selbst vom Inhalt der Gemeinschaftskasse zu profitieren, reicht für die Annahme gewerbsmäßigen Handelns nicht aus.

II.


25
1. Die aufgezeigten Rechtsfehler führen zur Aufhebung des gesamten Urteils. Zwar hat das Landgericht für sich betrachtet rechtsfehlerfrei die neun Taten der Geldwäsche nach § 261 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 4 Buchst. a, Abs. 2 Nr. 1 StGB festgestellt; diese Delikte stehen jedoch jeweils in Tateinheit mit der mitgliedschaftlichen Beteiligung des Angeklagten an einer kriminellen Vereinigung , so dass sich die Urteilsaufhebung auf sie zu erstrecken hat (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Juni 2001 - 3 StR 135/01, juris Rn. 18; Urteile vom 20. Februar 1997 - 4 StR 642/96, NStZ 1997, 276; vom 7. Juli 2011 - 5 StR 561/10, juris Rn. 30; KK-Kuckein, 6. Aufl., § 353 Rn. 12; Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 353 Rn. 7a; zur Tateinheit mit dem Vereinigungsdelikt s. etwa BGH, Urteil vom 11. Juni 1980 - 3 StR 9/80, BGHSt 29, 288, 290).
26
Die Änderung des Schuldspruchs durch den Senat in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO dahin, dass der Angeklagte in diesen Fällen wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung im Ausland bzw. wahlweise wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung im Inland oder im Ausland, dies jeweils in Tateinheit mit Geldwäsche nach § 129 Abs. 1, § 129b Abs. 1, § 261 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 4 Buchst. a, Abs. 2 Nr. 1 StGB strafbar ist, scheidet aus; denn es fehlt an der möglicherweise gemäß § 129b Abs. 1 Satz 3 StGB zur Verfolgung des Vereinigungsdelikts erforderlichen Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz.
27
a) Gegenstand der revisionsrechtlichen Überprüfung sind insoweit allein die schriftlichen Urteilsgründe. Die örtliche Einordnung der Vereinigung als inländische , solche in dem Gebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder solche außerhalb dieses Bereichs ist sowohl für den Schuldspruch als auch für die Frage von Bedeutung, ob eine Verfolgungsermächtigung als Verfahrensvoraussetzung erforderlich ist. Die Bildung einer richterlichen Überzeugung zu dieser doppelrelevanten Tatsache im Wege des Freibeweises durch den Senat - etwa auf der Grundlage des sonstigen Akteninhalts - scheidet deshalb aus (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 337 Rn. 6).
28
b) In den Fällen, in denen ausreichend sichere Feststellungen zur örtlichen Einordnung der Vereinigung vor dem Hintergrund der aufgezeigten Vielgestaltigkeit der Erscheinungsformen nicht getroffen werden können, kommt auch eine wahlweise Verurteilung wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer inländischen oder ausländischen kriminellen oder terroristischen Vereinigung in Betracht. Vor allem mit Blick darauf, dass nach § 129b Abs. 1 Satz 1 StGB die §§ 129, 129a StGB auch bei einer Vereinigung im Ausland grundsätzlich uneingeschränkt gelten, mithin insbesondere der gesetzlich vorgesehene Strafrahmen nicht davon abhängt, ob die Tat sich auf eine in- oder ausländische Vereinigung bezieht, sieht der Senat keinen Anlass, die rechtsethische und psychologische Vergleichbarkeit der §§ 129, 129a StGB einerseits und des § 129b StGB andererseits in Zweifel zu ziehen. Eine Verurteilung auf alternativer Tatsachengrundlage setzt nach den in der Rechtsprechung anerkannten allgemeinen Grundsätzen aber voraus, dass innerhalb des durch § 264 StPO gezogenen Rahmens die angeklagte Tat nach Ausschöpfung aller Beweismöglichkeiten nicht so eindeutig aufzuklären ist, dass ein bestimmter Tatbestand festgestellt werden kann, aber sicher festzustellen ist, dass der Angeklagte einen von mehreren Tatbeständen verwirklicht hat, und andere, straflose Hand- lungen ausgeschlossen sind (Fischer, StGB, 58. Aufl., § 1 Rn. 19 mwN). Hieraus folgt insbesondere, dass das Tatgericht die Voraussetzungen einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung sowie eine strafbare Tathandlung des Angeklagten sicher feststellen muss; nicht aufklärbar darf allein die geographische Einordnung der Vereinigung sein.
29
Die bisherigen Urteilsfeststellungen, welche die geographische Einordnung der Vereinigung nicht näher in den Blick nehmen, lassen es jedoch zumindest als möglich erscheinen, dass die Vereinigung ihren Schwerpunkt außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union hatte. So ergibt sich aus den bisherigen Feststellungen etwa nicht, wo sich der mit seinem Bruder an der Spitze der Organisation stehende "Dieb im Gesetz" L. S. befand und die Vereinigung betreffende Handlungen vornahm. Ferner wurde die Vereinigung europaweit tätig, ohne dass das Landgericht diese Feststellung näher konkretisiert und etwa auf das Gebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beschränkt hat. Damit bleibt offen, in welchen anderen europäischen Staaten die Vereinigung Straftaten organisierte, ob diese möglicherweise teilweise außerhalb der Europäischen Union lagen und welchen Umfang die Organisation außerhalb Deutschlands und der Europäischen Union hatte. Da sämtliche vom Angeklagten transferierten Gelder nach Georgien flossen, ist überdies nicht völlig auszuschließen, dass möglicherweise auch dort nicht unerhebliche Organisationsstrukturen bestanden. Schließlich ist unklar, was Hintergrund für Geldgeschenke an "Diebe im Gesetz" in Moskau war und ob sich daraus weitere Erkenntnisse über die Organisationsstruktur ergeben könnten.
30
Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass die Verfolgbarkeit des Vereinigungsdelikts nach § 129b Abs. 1 Satz 3 StGB hier von einer entsprechenden Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz abhängt. Diese liegt bisher nicht vor; damit fehlt es für diesen Fall an einer Verfahrensvoraussetzung, so dass eine Wahlfeststellung ausscheidet.
31
2. Der Senat weist für die neue Hauptverhandlung darauf hin, dass die bisherigen Feststellungen zu der Vereinigung als solcher und ihrer Gründung in Moskau teilweise nicht ohne Weiteres nachvollziehbar erscheinen. Danach agiert die Vereinigung der Gebrüder S. einerseits europaweit; andererseits erhält ein "Dieb im Gesetz" nach seiner "Krönung" ein eigenes Gebiet zugewiesen, in dem ihm gestattet ist, durch kriminelle Handlungen jedweder Art Geld zu verdienen, und in dem sich kein anderer "Dieb im Gesetz" ansiedeln darf. Danach wäre naheliegend die Gruppierung um die Brüder S. die einzige Vereinigung der "Diebe im Gesetz" in Europa. Dem könnten allerdings die sonstigen Urteilsgründe widersprechen, denen zu entnehmen ist, dass es mehrere "Diebe im Gesetz" gibt, ohne dass festgestellt ist, dass sich deren Organisationen über Europa hinaus ausgebreitet haben. Somit bleibt offen, wo sich die diesen zugewiesenen Gebiete befinden sollen.
Becker Pfister Schäfer
Mayer Menges

(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Betrug oder Urkundenfälschung verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt,
3.
durch eine große Zahl von unechten oder verfälschten Urkunden die Sicherheit des Rechtsverkehrs erheblich gefährdet oder
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht.

(4) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer die Urkundenfälschung als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

7
Auf der Grundlage der Urteilsgründe bleibt daneben etwa im Dunkeln, ob bei den vorgelegten Selbstauskünften des Mitangeklagten W. sowie des Zeugen G. über den Aussteller der Urkunde getäuscht werden sollte oder ob das Verhalten der Angeklagten insoweit möglicherweise nur als eine nicht von § 267 StGB erfasste schriftliche Lüge (st. Rspr.; vgl. schon BGH, Urteil vom 13. Dezember 1955 - 5 StR 221/54, BGHSt 9, 44) zu werten ist.

(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Betrug oder Urkundenfälschung verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt,
3.
durch eine große Zahl von unechten oder verfälschten Urkunden die Sicherheit des Rechtsverkehrs erheblich gefährdet oder
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht.

(4) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer die Urkundenfälschung als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 115/11
vom
8. Juni 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum Betrug u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführerin am 8. Juni 2011 gemäß § 349 Abs. 4
StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 24. September 2010, soweit es sie betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Beihilfe zum Betrug in Tateinheit mit "Urkundenfälschung" (aus den Gründen ergibt sich: in Tateinheit mit Beihilfe zur Urkundenfälschung) in zwei Fällen zu einer Jugendstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Weiter hat es der Angeklagten zur Auflage gemacht, 400 Stunden gemeinnützige Arbeit nach Weisung der Jugendgerichtshilfe abzuleisten. Es hat festgestellt, dass die Angeklagte aus den Taten 39.700 € erlangt hat, dem Verfall von Wert- ersatz aber Ansprüche Verletzter im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen. Hiergegen wendet sich die Angeklagte mit der auf eine Verfahrensrüge und die Beanstandung der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg. Auf die Verfahrensrüge kommt es daher nicht an.
2
1. Das Landgericht hat die Verurteilung der Angeklagten auf folgende Feststellungen gestützt:
3
Der Ehemann der Angeklagten hatte sich entschlossen, sich in den Besitz von Kraftfahrzeugen gehobener Fahrzeugklassen zu bringen, um sie unter Vorlage unechter Urkunden zu veräußern.
4
In Ausführung dieses Entschlusses mietete er am 4. März 2009 durch Vorspiegeln seiner tatsächlich nicht vorhandenen Absicht, das Kraftfahrzeug ordnungsgemäß zurückzugeben, bei einem gewerblichen Vermieter einen Pkw der Marke Daimler Benz 350S im Wert von 55.000 €. Er ließ sich von einem Dritten passende unechte Zulassungsbescheinigungen auf gestohlenen Blankoformularen herstellen. Am 13. März 2009 verkaufte er das Fahrzeug weiter. Die Angeklagte unterstützte ihren Ehemann in Kenntnis der Herkunft des Kraftfahrzeugs bei den Verkaufsgesprächen, indem sie dem Käufer und dessen Ehefrau suggerierte, sie und ihr Ehemann lebten in guten finanziellen Verhältnissen und seien rechtmäßig im Eigenbesitz des Fahrzeugs. Der Käufer, dem sie den Pkw überließen, zahlte einen Kaufpreis in Höhe von 39.100 €.
5
Der Ehemann der Angeklagten mietete in weiterer Umsetzung seines Tatentschlusses am 23. März 2009 ein Kraftfahrzeug der Marke Porsche Carre- ra im Wert von 68.550 €. Am 26. März 2009 verkaufte er den Pkw aneinen Dritten. Die Angeklagte, die über den Tatentschluss ihres Ehemanns informiert war, unterstützte ihn bei den Verkaufsverhandlungen, indem sie dem Käufer im Verein mit ihrem Ehemann zunächst am Telefon und anschließend anlässlich einer persönlichen Begegnung vorspiegelte, der zweite Schlüssel des Kraftfahrzeugs könne dem Käufer nicht überlassen werden, weil sie ihn zuhause vergessen habe. Der Käufer, dem der Pkw übergeben wurde, zahlte einen Kaufpreis von 57.000 €.
6
2. Die getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen Beihilfe zum Betrug in Tateinheit mit Beihilfe zur Urkundenfälschung in zwei Fällen nicht; sie sind zum objektiven Tatbestand der Betrugstaten unzureichend. Es fehlen Angaben zu Art und Höhe des den Käufern der Kraftfahrzeuge entstandenen Schadens. Eine Schädigung der Käufer in Höhe des vollen von ihnen entrichteten Kaufpreises, auf den das Landgericht jeweils Bezug nimmt, setzte voraus, dass sie im Gegenzug kein Eigentum an den Kraftfahrzeugen erlangten. Dazu, insbesondere zu den Voraussetzungen des § 932 Abs. 2 BGB unter besonderer Berücksichtigung des Gutglaubenserwerbs von Kraftfahrzeugen bei Vorlage unechter Zulassungsbescheinigungen (BGH, Urteil vom 23. Mai 1966 - VIII ZR 60/64, BB 1966, 720 f.; OLG München, Urteil vom 26. Mai 2011 - 23 U 434/11, juris Rn. 20 ff.; MünchKommBGB/Oechsler, 5. Aufl., § 932 Rn. 56), legt das Landgericht nichts dar.
7
Dies entzieht nicht nur dem Strafausspruch, sondern bereits dem Schuldspruch die Grundlage. Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts kann dieser nicht deswegen bestehen bleiben, weil bei den Käufern auch im Falle ihres gutgläubigen Eigentumserwerbs wegen des nicht unerheblichen Prozessrisikos jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der schadensgleichen Vermögensgefährdung ein Betrugsschaden eingetreten sei (BGH, Urteil vom 8. Mai 1990 - 1 StR 52/90, JR 1990, 517, 518; Beschluss vom 15. Januar 2003 - 5 StR 525/02, wistra 2003, 230 f.). Denn nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Vermögensnachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB, die in gleicher Weise für das Merkmal des Vermögensschadens nach § 263 Abs. 1 StGB relevant ist, ist es im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG erforderlich, eigenständige Feststellungen zum Vorliegen des Vermögensschadens zu treffen, um so dieses Tatbestandsmerkmal von den übrigen Tatbestandsmerkmalen des § 263 Abs. 1 StGB so- wie die Fälle des versuchten von denen des vollendeten Betruges hinreichend deutlich abzugrenzen. Nur so lässt sich auch eine tragfähige Aussage zur Stoffgleichheit zwischen der vom Opfer erlittenen Vermögenseinbuße und dem vom Täter erstrebten rechtswidrigen Vermögensvorteil treffen. Von einfach gelagerten und eindeutigen Fallgestaltungen abgesehen bedeutet dies, dass der Schaden der Höhe nach zu beziffern und seine Ermittlung in wirtschaftlich nachvollziehbarer Weise in den Urteilsgründen darzulegen ist (BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 211 f.).
8
Daran fehlt es hier. Weder ist ersichtlich, nach welchen wirtschaftlich nachvollziehbaren Maßstäben ein bezifferbarer Vermögensschaden allein in dem Bestehen eines zivilrechtlichen Prozessrisikos liegen kann, wenn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Strafverfahren feststeht oder nicht ausschließbar ist, dass der getäuschte Käufer gutgläubig Eigentum an dem Fahrzeug erworben hat, noch werden Parameter für die Berechnung der Höhe eines solchen Schadens erkennbar.
9
3. Aufgrund der unzureichenden Feststellungen unterliegt das landgerichtliche Urteil der Aufhebung, soweit es die Angeklagte betrifft, ohne dass es noch auf die Rügen der Revision betreffend die Anwendung der § 17 Abs. 2, § 8 Abs. 2 Satz 1 JGG und den Angriff gegen die der Revision unterliegende (BGH, Beschluss vom 17. Februar 2010 - 2 StR 524/09, BGHSt 55, 62 Rn. 7 ff.) Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO ankäme. Auf die Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts wird insoweit hingewiesen. Von der Aufhebung nicht betroffen ist die in den Gründen des landgerichtlichen Urteils enthaltene Entscheidung nach § 101 Abs. 7 Satz 2 bis 4 StPO, die einer Überprüfung lediglich auf sofortige Beschwerde zugänglich (BGH, Beschluss vom 24. Juni 2009 - 4 StR 188/09, BGHSt 54, 30 ff.) und nicht Gegenstand der Revision der Angeklagten ist. Eine Erstreckung der Aufhebung auf den wegen anderer Taten verurteilten Mitangeklagten scheidet aus, § 357 Satz 1 StPO.
10
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass das Verschlechterungsverbot des § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO das Landgericht nicht hindert, aufgrund der neu zu treffenden Feststellungen zu einer Verschärfung des Schuldspruchs zu gelangen. Das Landgericht wird - gegebenenfalls nach Erteilung eines entsprechenden Hinweises nach § 265 Abs. 1 StPO - das der Angeklagten zur Last gelegte Tun unter dem Gesichtspunkt der Hehlerei nach § 259 Abs. 1 StGB in der Variante der Absatzhilfe zu untersuchen haben.
Becker RiBGH Hubert ist erkrankt Schäfer und daher gehindert zu unterschreiben. Becker Mayer Menges

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 433/10
vom
7. Dezember 2010
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 7. Dezember 2010 gemäß § 349
Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 16. September 2009 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung in 51 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die hiergegen eingelegte Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt, hat Erfolg.
2
1. Nach den Feststellungen beschlossen der Angeklagte und der gesondert abgeurteilte frühere Mitangeklagte K. , sich durch Betrugstaten zu Lasten von Mobilfunknetzbetreibern eine Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen. Der Angeklagte, der für seine Tatbeteiligung von K. 10.000 € erhalten sollte, mietete unter Verwendung eines falschen Namens Räume an, stellte einen Geschäftsführer ein, nahm die Gewerbeanmeldung vor und eröffnete ein Geschäftskonto. Außerdem stellte er auf Aufforderung des K. seinen türkischen Pass einem "D. " aus den Nieder- landen zur Verfügung, der nach diesem Muster auf einem Computer Dateien türkische Ausweispapiere und Debitkarten nicht existenter Personen erstellte.
3
Ab Anfang Dezember 2008 füllte der Angeklagte zusammen mit einer Angestellten Anträge auf Einrichtung von Mobiltelefonanschlüssen aus, wobei sie die Personalien erfundener Personen verwendeten. Für die erforderliche Vorlage einer Kopie des Personalausweises des angeblichen Antragstellers sowie dessen Debitkarte gebrauchten sie Ausdrucke der von "D. " erstellten Dateien. Die Anträge und Kopien der gefälschten Dokumente übersandten sie an die Mobilfunknetzbetreiber, um Provisionszahlungen zu erhalten und in den Besitz subventionierter Mobiltelefone sowie freigeschalteter SIM-Karten zu gelangen. Die Mobiltelefone und die SIM-Karten wurden an dritte Personen weiterverkauft. Mehrere Erwerber von SIM-Karten verursachten durch die Anwahl so genannter Mehrwertnummern, die sie vorher angemietet hatten, hohe uneinbringliche Telefongebühren, und verschafften sich auf diese Weise vermeintliche Vergütungsansprüche gegen die Mobilfunknetzbetreiber in beträchtlicher Höhe.
4
Ab Mitte Dezember 2008 wirkten die gesondert abgeurteilten Angeklagten S. und Ku. anstelle der Angestellten an den Straftaten mit. Die Ausdrucke der Personalausweise und Debitkarten der nicht existenten Personen wurden in der Folgezeit insbesondere von Ku. und ab dem 5. Januar 2009 auch von S. erstellt. Die inzwischen rechtskräftig freigesprochene frühere Mitangeklagte G. war im Wesentlichen damit befasst, die Anträge auf Einrichtung eines Mobilfunkanschlusses zu unterschreiben und Kopien der gefälschten Dokumente zu erstellen. Der Angeklagte, der Anfang 2009 eine Woche lang nicht in den Geschäftsräumen arbeitete, wirkte teilweise beim Ausfüllen der Anträge mit. Außerdem war er neben Ku. für die Annahme - auch gegen Nachnahme - gelieferter Mobiltelefone verantwortlich.
5
Das Landgericht hat mehrere am selben Tag bei demselben Mobilfunknetzbetreiber gestellte Anträge als eine rechtlich selbständige Tat behandelt. Als täuschungsbedingten Vermögensschaden hat es den jeweiligen Vergütungsanspruch der Mobilfunknetzbetreiber auf der Grundlage des vereinbarten und verkehrsüblichen Gebührentarifs angesehen; diesen hat es seiner Schadensberechnung "anteilig" zugrunde gelegt. Außerdem hat es als "reine Telefonie" bezeichnete Schadensbeträge in Ansatz gebracht. Hierbei handelt es sich um Vergütungen vermeintlicher Ansprüche aus der Benutzung von "Mehrwertnummern" durch Erwerber der freigeschalteten SIM-Karten.
6
2. Der Schuldspruch kann keinen Bestand haben; denn die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe sich 51 tatmehrheitlicher Betrugstaten schuldig gemacht, hält auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen rechtlicher Überprüfung nicht stand.
7
a) Sind an einer Deliktsserie mehrere Personen als Mittäter, mittelbare Täter, Anstifter oder Gehilfen beteiligt, so ist die Frage, ob die einzelnen Taten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen, für jeden Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden; maßgeblich ist dabei der Umfang seines Tatbeitrags oder seiner Tatbeiträge. Erfüllt ein Mittäter hinsichtlich aller oder einzelner Taten der Serie sämtliche Tatbestandsmerkmale in eigener Person oder leistet er für alle oder einige Einzeltaten zumindest einen individuellen, nur je diese fördernden Tatbeitrag, so sind ihm diese Taten - soweit nicht natürliche Handlungseinheit vorliegt - als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen. Allein die organisatorische Einbindung des Täters in ein betrügerisches Geschäftsunternehmen ist nicht geeignet, die Einzeldelikte der Tatserie rechtlich zu einer Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusammenzufassen. Erbringt er dagegen im Vorfeld oder während des Laufs der Deliktsserie Tatbeiträge, durch die alle oder mehrere Einzeldelikte seiner Mittäter gleichzeitig gefördert werden, so sind ihm die gleichzeitig geförderten einzelnen Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ob die übrigen Beteiligten die einzelnen Delikte gegebenenfalls tatmehrheitlich begangen haben , ist demgegenüber ohne Bedeutung (st. Rspr.; s. etwa BGH, Beschluss vom 10. Mai 2001 - 3 StR 52/01, wistra 2001, 336; BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 - 3 StR 344/03, NJW 2004, 2840).
8
b) Gemessen an diesen Maßstäben belegen die Feststellungen keine vom Angeklagten in Tatmehrheit begangenen 51 Straftaten des Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung. Ein konkreter Tatbeitrag zu jeder einzelnen dieser Taten lässt sich ihnen nicht entnehmen. Vielmehr wirkte der Angeklagte nur teilweise beim Ausfüllen der gefälschten Anträge mit und nahm nur in Einzelfällen von den Mobilfunknetzbetreibern gelieferte Mobiltelefone entgegen. Insbesondere ist nicht festgestellt, dass er in allen 51 Fällen die gefälschten Anträge und die Kopien der Ausweispapiere sowie der Debitkarten der nicht existierenden Personen den Mobilfunknetzbetreibern zuschickte. Außerdem war er nach der Durchsuchung seiner Wohnung am 2. Januar 2009 für eine Woche nicht im Handyladen anwesend. Dennoch wurden in dieser Zeit weitere betrügerische Anmeldungen vorgenommen.
9
3. Der aufgezeigte Rechtsfehler zwingt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils. Zwar lässt sich den Feststellungen entnehmen, dass der Angeklagte zumindest beim Aufbau und beim allgemeinen Betrieb des Handyladens mittäterschaftliche Tatbeiträge leistete, die zur Verwirklichung jedes der abgeurteil- ten Einzeldelikte beitrugen. Dennoch kann der Senat den Schuldspruch nicht dahin ändern, dass der Angeklagte des gewerbs- und bandenmäßigen Betruges nebst gewerbs- und bandenmäßiger Urkundenfälschung in 51 tateinheitlichen Fällen schuldig ist, und die ausgesprochene Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten als Strafe für die einheitliche Tat bestehen lassen. Denn ein solches Vorgehen setzt voraus, dass das Tatgericht den Unrechts - und Schuldgehalt der Tat rechtsfehlerfrei festgestellt hat und dieser durch die zutreffende Bewertung des Konkurrenzverhältnisses nicht berührt wird. Schon an der erstgenannten Voraussetzung fehlt es hier, da das Landgericht den entstandenen Betrugsschaden sowie den Gegenstand der vom Angeklagten erstrebten rechtswidrigen Bereicherung in zweifacher Weise unzutreffend bestimmt hat. Im Einzelnen:
10
a) Der vollendete Betrug setzt voraus, dass beim Geschädigten eine Vermögensminderung im wirtschaftlichen Sinne eingetreten ist, die unmittelbare Folge der täuschungsbedingten Vermögensverfügung sein muss. Außerdem muss auch der vom Täter erstrebte rechtswidrige Vermögensvorteil unmittelbare Folge der vom Opfer aufgrund seines Irrtums vorgenommenen Vermögensverfügung sein und der dadurch bedingten Vermögenseinbuße des Opfers spiegelbildlich entsprechen (sog. Stoffgleichheit). Der Vermögensschaden ist durch einen Vergleich der Vermögenslage des Geschädigten vor und unmittelbar nach der Verfügung festzustellen (Cramer/Perron in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 263 Rn. 99; Fischer, StGB, 58. Aufl., § 263 Rn. 110). Beim Betrug durch Abschluss eines Vertrages ist der Vermögensvergleich auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu beziehen (Eingehungsschaden). Zu vergleichen sind demnach die wirtschaftlichen Werte der beiderseitigen Vertragspflichten (BGH, Urteil vom 13. November 2007 - 3 StR 462/06, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 70; Fischer, aaO Rn. 176). Dieser zunächst durch die rein rechnerische Gegenüberstellung der wirtschaftlichen Werte der gegenseitigen vertraglichen Ansprüche bestimmte Schaden materialisiert sich mit der Erbringung der versprochenen Leistung des Tatopfers (Erfüllungsschaden ) und bemisst sich nach deren vollen wirtschaftlichen Wert, wenn die Gegenleistung völlig ausbleibt, bzw. nach der Differenz zwischen dem wirtschaftlichen Wert der Leistung und demjenigen der Gegenleistung, soweit eine solche vom Täter erbracht wird. An dem Erfordernis, dass der Vermögensschaden unmittelbare Folge der Vermögensverfügung und der erstrebte rechtswidrige Vermögensvorteil wiederum unmittelbare Folge des Vermögensschadens sein muss, fehlt es etwa, wenn der Getäuschte dem Täter - entsprechend dessen Absicht - lediglich die tatsächliche Möglichkeit gibt, den Vermögensschaden durch weitere selbständige deliktische Handlungen herbeizuführen.
11
b) Nach diesen Maßstäben hat das Landgericht den Betrugsschaden sowie den Inhalt der Bereicherungsabsicht nicht rechtsfehlerfrei festgestellt. Mit Annahme des gefälschten Antrags auf Abschluss eines Mobilfunkvertrages verpflichtete sich der jeweilige Mobilfunknetzbetreiber in zweifacher Hinsicht. Zum einen versprach er dem angeblichen Neukunden die Lieferung eines kostenlosen oder preisreduzierten Mobiltelefons nebst freigeschalteter SIM-Karte sowie die Möglichkeit des Telefonierens in und aus dem entsprechenden Mobilfunknetz für die Dauer der Vertragslaufzeit. Zum anderen sagte er dem "Inhaber des Handyladens" die Zahlung einer Provision für die Vermittlung des Mobilfunkvertrages sowie die Übersendung des Mobiltelefons nebst freigeschalteter SIMKarte zu, damit dieses dem vermeintlichen neuen Kunden ausgehändigt werden konnte. Dem standen folgende Gegenansprüche gegenüber: Der angebliche Neukunde verpflichtete sich im Falle der Lieferung eines verbilligten Mobiltelefons zur Zahlung des reduzierten Kaufpreises; außerdem sagte er die künftige Begleichung der vereinbarten Telefongebühren während der Vertragslauf- zeit zu. Der "Inhaber des Handyladens" versprach die Übergabe des Mobiltelefons nebst SIM-Karte an den Neukunden sowie eine Zahlung auf das Mobiltelefon , wenn hierauf bei dessen Auslieferung im Wege der Nachnahme Vorkasse zu leisten war. Diese Gegenansprüche waren wegen fehlender Erfüllungsbereitschaft der (angeblichen) Schuldner weitgehend wertlos; eine Ausnahme galt nur hinsichtlich der bei Nachnahmelieferung des Mobiltelefons zu leistenden Vorkasse, da der Angeklagte und seine Mittäter zu deren Zahlung bereit waren, um in Besitz des Mobiltelefons und der SIM-Karte zu gelangen. Der Eingehungsschaden des Mobilfunknetzbetreibers könnte daher im Grundsatz nach dem vollen wirtschaftlichen Wert der von ihm eingegangenen Verpflichtungen bestimmt werden, allenfalls abzüglich der Höhe des werthaltigen Anspruchs auf Vorkasse.
12
Indes ist zu beachten, dass für die Tatbestandsverwirklichung nur die Vermögenseinbußen relevant sind, auf die spiegelbildlich die Absicht des Täters gerichtet ist, sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen; weitergehende Vermögensnachteile, die der Geschädigte aufgrund der irrtumsbedingten Vermögensverfügung erleidet, sind allenfalls verschuldete Tatauswirkungen im Sinne des § 46 Abs. 2 StGB. Hieraus folgt, dass der Wert der von dem jeweiligen Mobilfunkbetreiber eingegangenen Verpflichtung, dem angeblichen Neukunden während der Vertragslaufzeit das Telefonieren in und aus seinem Mobilfunknetz zu gestatten, hier bei der Berechnung des tatbestandlichen Schadens unberücksichtigt zu bleiben hat; denn dem Angeklagten und seinen Mittätern kam es gerade nicht darauf an, selbst entsprechende Telefongespräche zu führen, ohne hierfür ein Entgelt zu bezahlen. Aus diesem Grund kann auch dahinstehen, ob eine entsprechende Schadensposition - wie das Landgericht meint - nach den für die Vertragslaufzeit vereinbarten Grundgebühren oder gegebenenfalls nach einem Anteil hiervon berechnet werden kann.
13
Der vom Angeklagten und seinen Mittätern erstrebte Vermögensvorteil bestand tatsächlich in der Auszahlung der Provision sowie der Lieferung der kostenlosen oder verbilligten Mobiltelefone nebst freigeschalteter SIM-Karte, die gewinnbringend veräußert werden sollten. Der entsprechende Eingehungsschaden des jeweiligen Mobilfunknetzbetreibers bemisst sich daher allein nach dem Wert der von ihm insoweit eingegangenen Verpflichtungen, im Einzelfall unter Abzug des Werts des Anspruchs auf Entrichtung der Vorkasse, für die Erfüllungsbereitschaft bestand. Zu den insoweit in Ansatz zu bringenden Beträgen verhält sich das angefochtene Urteil indessen nicht. Demgemäß enthält es weder eine nachvollziehbare Berechnung des mit Vertragsschluss eingetretenen Eingehungsschadens noch legt es den mit der Auszahlung der Provision und der Auslieferung von Mobiltelefonen und SIM-Karten entstandenen Erfüllungsschaden dar.
14
Auch soweit das Landgericht die "reinen Telefoniekosten" als tatbestandliche Schadensbeträge in Ansatz gebracht hat, sind seine Ausführungen von Rechtsirrtum beeinflusst. Diesbezüglich hat es verkannt, dass die Herbeiführung der entsprechenden Vermögensnachteile zwar durch die Übersendung der freigeschalteten SIM-Karten ermöglicht wurde, aber erst durch den betrügerischen Abschluss von Verträgen über die Nutzung von "Mehrwertnummern" und deren Anwahl über die durch Betrug erlangten SIM-Karten, also durch ein selbständiges deliktisches Verhalten, die vermeintlichen Vergütungsansprüche begründet und teilweise Zahlungen ausgelöst wurden. Es fehlt daher an der erforderlichen Unmittelbarkeit zwischen täuschungsbedingter Vermögensverfügung und eingetretenem Vermögensschaden (BGH, Beschluss vom 29. Juni 2005 - 4 StR 559/04, BGHSt 50, 174, 178). Hinzu kommt, dass sich die Bereicherungsabsicht des Angeklagten und seiner Mittäter auch nicht auf die Erlöse aus dem betrügerischen Ausnutzen von "Mehrwertnummern" erstreckte. Denn die entsprechenden Verträge wurden allein von Dritten abgeschlossen, die SIM-Karten vom Angeklagten und seinen Mittätern erworben hatten, ohne dass diese an den erschwindelten Gebühren beteiligt werden sollten. In Betracht kommt daher insoweit lediglich, dass sich der Angeklagte durch den Verkauf der SIM-Karten in dem Wissen um die von den Erwerbern beabsichtigte missbräuchliche Verwendung an deren Straftaten als Gehilfe beteiligt hat. Ansonsten handelt es sich bei dem Gebührenschaden ebenfalls nur um eine verschuldete Tatfolge im Sinne des § 46 Abs. 2 StGB.
15
4. Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung. Der Senat sieht im Übrigen Anlass zu folgendem Hinweis:
16
Bei einer Serie von Straftaten ist sorgfältig auf eine geordnete und übersichtliche Darstellung der einzelnen Delikte zu achten, um Fehler zu vermeiden. Dem wird das angefochtene Urteil nicht in jeder Hinsicht gerecht. Fall Nr. 211 der Anklage wurde als Fall 14 und nochmals als Fall 16 - allerdings mit unterschiedlichen Anmeldedaten und nicht identischen Schadenshöhen - abgeurteilt.
Die Fälle 183 und 206 der unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage, wurden - soweit ersichtlich - weder nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt noch sind sie Gegenstand der Urteilsgründe. Sie sind also beim Landgericht anhängig geblieben.
Becker Pfister von Lienen Hubert Schäfer

(1) Wer eine fremde bewegliche Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zueignet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist.

(2) Ist in den Fällen des Absatzes 1 die Sache dem Täter anvertraut, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(1) Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Merkmale die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen, so gilt das nur für den Beteiligten (Täter oder Teilnehmer), bei dem sie vorliegen.

(1) Wer eine fremde bewegliche Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zueignet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist.

(2) Ist in den Fällen des Absatzes 1 die Sache dem Täter anvertraut, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.

(3) Der Versuch ist strafbar.