Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Juli 2016 - 4 StR 362/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:140716B4STR362.15.0
bei uns veröffentlicht am14.07.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 362/15
vom
14. Juli 2016
BGHSt: nein
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
––––––––––––––––––––––––––-
1. Die Abgabe eines Gebots im Zwangsversteigerungsverfahren enthält keine
Erklärung des Bietenden gegenüber den Mitbietern.
2. Der die Zwangsversteigerung leitende Rechtspfleger unterliegt regelmäßig
keiner Fehlvorstellung über die Zahlungswilligkeit und Zahlungsfähigkeit
des Bieters.
BGH, Beschluss vom 14. Juli 2016 – 4 StR 362/15 – LG Detmold
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: Betruges
zu 2.: Beihilfe zum Betrug
ECLI:DE:BGH:2016:140716B4STR362.15.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 14. Juli 2016 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Detmold vom 13. April 2015 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere als Wirtschaftsstrafkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagte R. wegen Betruges in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Den Angeklagten L. hat es wegen Beihilfe zum Betrug zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 10 € verurteilt. Die Revisionen der Angeklagten, mit denen diese die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügen, haben jeweils mit der Sachrüge in vollem Umfang Erfolg. Einer Erörterung der Verfahrensrügen bedarf es daher nicht.

A.


2
Verurteilung der Angeklagten R. und L. im Fall II. 1 der Urteilsgründe

I.


3
Insoweit hat das Landgericht folgende Feststellungen und Wertungen getroffen :
4
1. Die Angeklagten gründeten im Jahr 2003 die H. GmbH (im Folgenden: H. GmbH) zum Zweck der Errichtung und des Betriebs einer Biogasanlage in E. ; Geschäftsführerin war die Angeklagte R. . Standort der Anlage war ein Teil des Hofgrundstücks des Angeklagten L. , das seit 2005 gesondert unter Blatt im Grundbuch des Amtsgerichts Lemgo von E. eingetragen war und die H. GmbH als Eigentümerin auswies. Zahlreiche Verzögerungen bei der Realisierung dieses Projekts brachten den Angeklagten L. , der persönlich mit Darlehensverbindlichkeiten in Höhe von mindestens einer Million Euro gegenüber der Sparkasse B. belastet war, in zunehmende wirtschaftliche Schwierigkeiten, da die erwarteten Einspeisevergütungen ausblieben. Im Herbst 2007 betrieb die Angeklagte als Geschäftsführerin der H. GmbH daher eine Umschuldung mit dem Ziel, die Verbindlichkeiten des Angeklagten L. gegenüber der Sparkasse B. durch die H. GmbH zu erwerben. Die Sparkasse hatte ihre Zustimmung hierzu für den Fall signalisiert, dass sie – die Bank – einen Betrag in Höhe von zumindest noch einem Drittel ihrer Forderung erhalten würde. Zur Finanzierung des Forderungskaufs seitens der H. GmbH trat die Angeklagte an die Volksbank S. (im Folgenden: „Volks- bank“) heran. Diese knüpfte den Abschluss eines (neuen) Darlehensvertrages mit der H. GmbH angesichts der kritischen wirtschaftlichen Lage der GmbH an eine umfassende Prüfung und Bewertung der unübersichtlichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse durch einen unabhängigen Rechtsanwalt , den Zeugen G. . Diesen beauftragte die Angeklagte R. für die GmbH mit der Prüfung. Auf der Grundlage von durch die Angeklagte R. zur Verfügung gestellten Unterlagen fertigte der Zeuge G. , der für seine Tätigkeit von der H. GmbH vergütet wurde, seinen zusammenfassenden Bericht und übersandte ihn im März 2008 der Volksbank. Dem Bericht beigefügt war eine von beiden Angeklagten unterschriebene „Bestätigung gegenüber der Volksbank in S. “ (im Folgenden: „Vollständigkeitserklärung“ ), in der diese erklärten, die in dem Berichtdes Zeugen G. vom 7. März 2008 dargestellten tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse seien vollständig und richtig. Man werde sich gegenüber der Volksbank auf keinerlei weitere Verträge berufen; solche existierten nicht.
5
Vor dem Hintergrund des Berichts und der von den Angeklagten abgegebenen Erklärung schätzte die Volksbank die zur Absicherung des Darlehens zur Verfügung stehenden Sicherheiten als werthaltig ein und bewilligte das Darlehen. Als Sicherheiten ließ sie sich „am 30.05.2008 insbesondere Forderungen aus Milchlieferungen gegenüber der Hu. , am 27.05.2009 Forderungen auf Betriebsprämien gegenüber der LandwirtschaftskammerN. sowie die Grundschulden lastend auf dem Grundbesitz Grundbuch von E. Blatt und Blatt von der H. , vertreten durch die Angeklagte R. , vorausabtreten“ (UA 8). Am 8. August 2008 schloss die H. GmbH mit der Sparkasse B. sodann einen Kaufvertrag, wonach die Sparkasse ihre Darlehensforderung gegen denAngeklagten L. in Höhe von 1.011.392,40 € zum Preis von 370.000 € an die H. GmbH veräußerte. In der (irrigen) Annahme, die Vollständigkeitserklärung sei zutref- fend und das Sicherheitenpaket daher rechtlich abgesichert und werthaltig, schloss die Volksbank sodann am 28. August 2008 mit der H. GmbH einen Darlehensvertrag über insgesamt 420.000 €, wovon 370.000 € zur Tilgung der Schuld aus dem Forderungskauf gegenüber der Sparkasse B. bestimmt waren. Die Darlehensvaluta wurde am 1. bzw. 3. September 2008 ausgezahlt.
6
Tatsächlich war die von den Angeklagten abgegebene Vollständigkeitserklärung unzutreffend. Denn die H. GmbH, vertreten durch die Angeklagte R. , hatte schon Anfang November 2007 die „tatsächlich erwor- benen Forderungen“gegenüber dem Angeklagten L. aus dembeabsichtigten (Forderungs-)Kaufvertrag mit der Sparkasse B. zusammen mit den insoweit bestehenden dinglichen Sicherungsrechten – u.a. Grundschulden lastend auf den Grundstücken Blatt und – und möglichen Rückgewähransprüchen an den Sohn der Angeklagten R. , P. , „zur Sicherung der Ansprüche … aus Darlehen und Dienstleistungen“ abgetreten. Ebenfalls an den Sohn der Angeklagten abgetreten waren der Anspruch auf Herausgabe der Grundschuldbriefe „sowie alle Forderungen bekannt oder unbekannt , aus dem gleichen Rechtsgrund betreffend den Forderungskauf L. – Sparkasse B. “. Der Angeklagte L. hatte dieser „globalen Vorausabtretung“ am 3. November 2007 schriftlich zugestimmt. Die Angeklagten verschwiegen dies dem Zeugen G. bewusst, da ihnen klar war, dass die Volksbank den Darlehensvertrag in Kenntnis der zuvor erfolgten Abtretung und der hierdurch eingetretenen „Aushöhlung“ der von der Bank verlangten Abtretung der Grundschulden und anderer Sicherheiten nicht abgeschlossen hätte. Beide wollten jedoch die Auszahlung der Darlehensvaluta unbedingt erreichen. Die Angeklagte R. wollte zudem verhindern, dass die Volksbank bei Eintritt des Sicherungsfalles ihre Sicherheiten würde verwerten können, dem Angeklagten L. ging es auch um die Erhaltung des von seinen Eltern ererbten landwirtschaftlichen Betriebes. Beiden Angeklagten war es dabei gleichgültig, ob das Darlehen jemals zurückgeführt werden würde.
7
Die H. GmbH war nur kurze Zeit zu einer vollständigen und rechtzeitigen Rückzahlung der Darlehensraten in der Lage. Als die Volksbank nach fristloser Kündigung des Darlehensvertrages am 9. August 2010 wegen Zahlungsverzugs ihre (dinglichen) Sicherheiten verwerten wollte, hielten ihr die Angeklagten, wie von Anfang an geplant, u.a. die verheimlichte Abtretungsvereinbarung von November 2007 mit P. entgegen, wodurch es ihnen gelang, das Vollstreckungsverfahren „längere Zeit zu verhindern“. Es wurde erst 2012 mit der vollständigen Befriedigung der Volksbank aus der Zwangsvollstreckung in das Grundstück Blatt abgeschlossen.
8
2. Die insoweit gegenüber der Volksbank offenbarungspflichtige Angeklagte R. habe, so die Strafkammer in ihrer rechtlichen Würdigung, die „globale Vorausabtretung“ der u.a. auf dem Grundbesitz Blatt lastenden Grundschulden sowie anderer Forderungen an den Zeugen P. in der Vollständigkeitserklärung bewusst verschwiegen, der Angeklagte L. habe sie dabei durch Unterzeichnung der Vollständigkeitserklärung als Gehilfe unterstützt. Auf Grund des insoweit bei den Entscheidungsträgern der Volksbank entstandenen Irrtums hinsichtlich der Werthaltigkeit der von der H. GmbH abgetretenen Sicherheiten, insbesondere der uneingeschränkten Verwertbarkeit der Grundschulden auf dem Blatt im Vollstreckungsfall, sei es zum Abschluss des Darlehensvertrages und zur Auszahlung der Darlehensvaluta gekommen. Der dadurch eingetretene Vermögensschaden bestehe in einer schadensgleichen Vermögensgefährdung. Wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage der H. GmbH und der Angeklagten sowie der unzu- reichenden Sicherheiten habe, so das Landgericht, schon zum Zeitpunkt der Vermögensverfügung ein gesteigertes Ausfallrisiko für einen erheblichen Teil der ausgereichten Darlehenssumme bestanden. Dies habe eine objektive Vermögensminderung auf Seiten der Volksbank bewirkt.

II.


9
Die Feststellungen tragen die Verurteilung der Angeklagten R. wegen Betruges und des Angeklagten L. wegen Beihilfe hierzu nicht, weil die Urteilsgründe nicht ergeben, dass bei der Volksbank ein Vermögensschaden im Sinne von § 263 Abs. 1 StGB eingetreten ist.
10
1. Der Betrug ist eine Vermögensstraftat. Nicht die Täuschung an und für sich, sondern die vermögensschädigende Täuschung ist strafbar. Ein Vermögensschaden tritt ein, wenn die Vermögensverfügung des Getäuschten unmittelbar zu einer nicht durch einen Zuwachs ausgeglichenen Minderung des wirtschaftlichen Gesamtwerts seines Vermögens führt (Prinzip der Gesamtsaldierung ). Maßgeblich ist dafür der Vergleich des Vermögenswertes unmittelbar vor und nach der Verfügung.
11
Ob die Hingabe eines Darlehens in Fällen der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners einen Vermögensschaden bewirkt, ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs daher durch einen für den Zeitpunkt der Darlehenshingabe anzustellenden Wertvergleich mit dem Rückzahlungsanspruch des Darlehensgläubigers zu ermitteln. Die Werthaltigkeit des Rückzahlungsanspruchs wird dabei durch die Bonität des Schuldners und den Wert der bestellten Sicherheiten bestimmt. Ein Schaden entsteht daher nur, wenn die vorgespiegelte Rückzahlungsmöglichkeit nicht besteht und auch gegebene Sicherheiten wertlos oder minderwertig sind. Auch bei einer eingeschränkten oder fehlenden finanziellen Leistungsfähigkeit des Schuldners entsteht demnach kein Schaden, wenn und soweit der getäuschte Gläubiger über werthaltige Sicherheiten verfügt, die sein Ausfallrisiko abdecken und mit unerheblichem zeitlichen und finanziellen Aufwand, namentlich ohne Mitwirkung des Schuldners und ohne Gefährdung durch ihn, sofort nach Fälligkeit, realisierbar sind (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 20. Mai 2014 – 4 StR 143/14, wistra 2014, 349, 350; Beschluss vom 4. Juni 2013 – 2 StR 59/13, NStZ-RR 2014, 13, jeweils mwN; vgl. auch SSW-StGB/Satzger, 2. Aufl., § 263 Rn. 250).
12
Ein eventueller Minderwert des im Synallagma Erlangten ist im Verfügungszeitpunkt nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu beurteilen. Dabei ist der Vermögensschaden unter Berücksichtigung banküblicher Bewertungsansätze konkret festzustellen und zu beziffern (BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 – 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 229 zu § 266 StGB;Beschluss vom 7. Dezember 2011 – 2 BvR 2500/09 u.a., BVerfGE 130, 1, 47 zu § 263 StGB; vgl. dazu Senatsbeschluss vom 20. Mai 2014 aaO mwN; zur Schadensberechnung bei Übersicherung vgl. BGH, Beschluss vom 1. September 1994 – 1 StR 468/94, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 43).
13
2. Gemessen daran ist das Landgericht im Ansatz zwar zutreffend davon ausgegangen, dass es für die Bestimmung eines betrugsrelevanten Schadens auf den Zeitpunkt der Vermögensverfügung, hier also der Auszahlung der Darlehensvaluta ankommt. Die Urteilsgründe lassen aber nicht erkennen, ob die Volksbank zu diesem Zeitpunkt tatsächlich einen Vermögensschaden erlitten hat. Zwar kann den Feststellungen noch entnommen werden, dass die finanzielle Leistungsfähigkeit der H. GmbH im Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrages am 28. August 2008 und der Ausreichung des Darlehens zumindest erheblich eingeschränkt war. Über welche Sicherheiten die ge- täuschte Volksbank zu diesem Zeitpunkt tatsächlich verfügte und welchen Wert diese hatten, ist aber nicht ausreichend festgestellt.
14
So ist es bereits unklar, welche Grundschulden zu welchem Zeitpunkt von der H. GmbH an die Volksbank zur Sicherung ihrer Ansprüche abgetreten wurden. Sollte die Volksbank – was nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe naheliegt – bereits am 28. August 2008 im Zusammenhang mit dem Abschluss des Darlehensvertrags Gläubigerin der Grundschulden, die im Grundbuch von E. auf Blatt und Blatt eingetragen waren, gewesen oder geworden sein, hätte sie erhebliche Sicherheiten erlangt, die der Annahme eines Vermögensschadens entgegenstehen könnten. Die Urteilsfeststellungen (UA 8 oben) lassen den Zeitpunkt der Abtretungen dieser Grundschulden an die Volksbank indes nicht klar erkennen. Dass auch die auf dem Grundstück E. Blatt lastende Grundschuld Gegenstand der Vorausabtretung an den Zeugen P. war, ergeben die Feststellungen gerade nicht (UA 8). Auch zur Werthaltigkeit der gegebenenfalls schon im Zusammenhang mit dem Abschluss des Darlehensvertrags an die Volksbank abgetretenen Grundschulden verhält sich das Urteil nicht.
15
Dass die Volksbank Anfang September 2008 über ausreichende Sicherheiten verfügte, erscheint auch unter Berücksichtigung der zu ihren Gunsten erfolgten Abtretung von Forderungen aus Milchlieferungen der H. GmbH gegen die Hu. am 30. Mai 2008 zumindest möglich. Da das Landgericht selbst davon ausgeht (UA 16 oben), dass die Ansprüche der H. GmbH gegen die Hu. sicherheitshalber wirksam an die Volksbank abgetreten werden konnten, hätte Anlass bestanden, die Werthaltigkeit dieser Forderungen bei der Schadensbestimmung zu erörtern. Das ist nicht geschehen; die Urteilsgründe verhalten sich dazu nicht. Dass die Forderungen insgesamt wertlos waren, ist dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht zu entnehmen.
16
3. Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf Folgendes hin:
17
a) Der neue Tatrichter wird zur Frage eines den Angeklagten zuzurechnenden täuschungsbedingten Irrtums und einer darauf beruhenden Vermögensverfügung eingehendere Feststellungen treffen müssen. Dies gilt insbesondere für Inhalt und Umfang der bei den Entscheidungsträgern der Volksbank zum Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrages möglicherweise bestehenden Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der vorhandenen Sicherheiten.
18
b) Im Hinblick auf die sicherungshalber abgetretenen Forderungen aus Milchlieferungen gegen die Hu. wird genauer als bisher geschehen zu prüfen und in den Urteilsgründen darzulegen sein, wem diese Forderungen zustanden. Das angefochtene Urteil lässt diese Frage offen (UA 16 oben).

B.


19
Verurteilung der Angeklagten R. im Fall II. 2 der Urteilsgründe

I.


20
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts im Fall II. 2 der Urteilsgründe war die H. GmbH u.a. auch Eigentümerin des Grundbesitzes „M. “, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts Lemgo von E. , Blatt . Nach fristloser Kündigung des mit der GmbH am 28. August 2008 abgeschlossenen Darlehensvertrages wegen Zahlungsverzugs am 9. August 2010 durch die Volksbank (s.o. Fall II. 1) wurde auf deren Antrag vom Amtsgericht Lemgo die Zwangsversteigerung dieses Grundstücks angeordnet, das mit einer Grundschuld über 100.000 € zu Gunsten der Volksbank belastet war. Am 12. Dezember 2012 beteiligte sich die Angeklagte R. , die zuvor die erforderliche Sicherheitsleistung in Höhe von 18.223 € geleistet hatte, an der Zwangsversteigerung und gab Gebote ab, mit denen sie die anderen Bieter um jeweils 5.000 oder 10.000 € überbot. Mit einem Gebot von 370.000 €, mehr als dem Doppelten des Verkehrswertes, erhielt die Angeklagte letztlich den Zuschlag. Weder für den Rechtspfleger, der die Versteigerung durchführte, noch für die anderen Bieter war in irgendeiner Weise erkennbar, dass die Angeklagte ihre Zahlungsfähigkeit und -bereitschaft nur vortäuschte. Tatsächlich verfügte diese aber weder über die finanziellen Mittel zur Begleichung des Zuschlagspreises noch hatte sie überhaupt die Absicht, diesen Betrag zu zahlen. Daher entrichtete sie den restlichen Kaufpreis in Höhe von 351.777 €, wie von Anfang an beabsichtigt, bis zum Verteilungstermin am 8. Februar 2013 nicht. Dass die der Zwangsvollstreckung zu Grunde liegende titulierte Forderung der Volksbank in Höhe von 100.000 € deshalb über einen längeren Zeitraum nicht beglichen werden würde, war ihr gleichgültig. Sie wollte lediglich erreichen, dass das Eigentum an dem zu versteigenden Grundstück weiterhin ihrem Zugriff unterlag. Erst in der Wiederversteigerung am 7. November 2013 gelang es, den Grundbesitz zu veräußern. Das Zuschlagsgebot belief sich auf 380.000 €.
21
2. Die Angeklagte habe, so das Landgericht im Rahmen der rechtlichen Würdigung, bei der Abgabe des Höchstgebots im Zwangsversteigerungstermin den Rechtspfleger über ihre Zahlungsfähigkeit und Zahlungsbereitschaft getäuscht , indem sie mitgeboten und fortlaufend höhere Gebote abgegeben habe. Jedenfalls im Sinne eines sachgedanklichen Mitbewusstseins mache sich der Rechtspfleger bei der Zwangsversteigerung Gedanken über die Zahlungsbereitschaft und die Zahlungsfähigkeit der Bieter. Denn im Falle einer ihm bekannten Zahlungsunfähigkeit oder -unwilligkeit oder bei für ihn erkennbar nicht ernst gemeinten Geboten müsse der Rechtspfleger das betreffende Gebot als rechtsmissbräuchlich zurückweisen. Die aufgrund dieser Fehlvorstellung vorgenommene Vermögensverfügung durch den Rechtspfleger bestehe in der Übertragung des Grundbesitzes auf die Angeklagte durch Hoheitsakt. Damit sei der Volksbank als Gläubigerin in diesem Zeitpunkt auch ein Vermögensschaden entstanden. Sie habe ihre Sicherungsrechte an dem Grundstück durch den Zuschlagsbeschluss verloren; dem habe kein gleichwertiger Vermögenswert gegenübergestanden. Die Volksbank als Gläubigerin habe sich nicht ohne weiteren finanziellen und zeitlichen Aufwand aus dem Grundstück befriedigen können , sondern habe das Grundstück mit allen damit verbundenen Unsicherheiten , Kosten und zeitlichen Verzögerungen in die Wiederversteigerung bringen müssen.
22
Auch die übrigen Bieter seien von der Angeklagten über ihre ernsthafte Erwerbsabsicht und ihre Zahlungsfähigkeit getäuscht worden und einem entsprechenden Irrtum unterlegen.

II.


23
Die Annahme des Landgerichts, die Angeklagte R. habe sich insoweit des Betrugs schuldig gemacht, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
24
1. Im Hinblick auf die anderen Bieter hat die Angeklagte durch ihre Teilnahme an der Versteigerung schon keine Erklärung abgegeben.
25
Gemäß § 66 Abs. 2 ZVG sind die Gebote gegenüber dem Vollstreckungsgericht abzugeben; insoweit ist der Rechtspfleger als gemäß § 3 Abs. 1 Buchst. i RPflG funktionell zuständiges Vollstreckungsorgan ausschließlicher Adressat der mit dem jeweiligen Gebot verbundenen Erklärung. Der einzelne Bieter ist als solcher nicht Beteiligter des Vollstreckungsverfahrens (arg. e § 9 ZVG; vgl. Stöber, ZVG, 21. Aufl., § 67 Rn. 2.2) und daher auch nicht berechtigt, von einem Mitbieter nach Abgabe des Gebots gemäß § 67 ZVG eine Sicherheitsleistung zu verlangen. Kommt sein Gebot wegen des Übergebotes eines anderen Bieters nicht zum Zuge, erlischt seines nach Maßgabe von § 72 Abs. 1 bis 3 ZVG ohne nachteilige Folgen.
26
2. Die Erwägungen, auf die das Landgericht seine Annahme gestützt hat, der die Versteigerung leitende Rechtspfleger habe sich im Versteigerungstermin – zumindest in Form eines sachgedanklichen Mitbewusstseins – Vorstellungen über die Zahlungsfähigkeit und Zahlungsbereitschaft der Angeklagten R. als Bieterin gemacht, begegnen ebenfalls durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
27
a) Ein Irrtum im Sinne des Betrugstatbestandes ist jeder Widerspruch zwischen einer subjektiven Vorstellung (des Getäuschten) und der Wirklichkeit (BGH, Urteil vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13, NStZ 2014, 215). Dabei kommt es grundsätzlich zwar nicht darauf an, was der Getäuschte hätte verstehen müssen, sondern was er tatsächlich verstanden hat (BGH, Urteil vom 5. März 2014 – 2 StR 616/12, NJW 2014, 2595, 2598). Ein Irrtum kann aber auch in den Fällen gegeben sein, in denen die täuschungsbedingte Fehlvorstellung in der Abweichung eines „sachgedanklichen Mitbewusstseins“ von den tatsächlichen Umständen besteht. Danach ist insbesondere der Bereich gleichförmiger , massenhafter oder routinemäßiger Geschäfte von als selbstverständ- lich angesehenen Erwartungen geprägt, die zwar nicht in jedem Einzelfall bewusst aktualisiert werden, jedoch der vermögensrelevanten Handlung als hinreichend konkretisierte Tatsachenvorstellung zugrunde liegen (BGH, Urteil vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13, NStZ 2014, 215, 216). In solchen Fällen bedarf es auch nicht stets der Feststellung der tatsächlichen individuellen Vorstellungen (vgl. BGH, Beschluss vom 4. September 2014 – 1 StR 314/14, NStZ 2014, 98, 100; Urteil vom 12. Februar 2015 – 2 StR 109/14, NStZ 2015, 341, 342). Vielmehr kann das Tatgericht bereits aus den Indizien des äußeren Ablaufs darauf schließen, dass der Betreffende aufgrund seines normativ geprägten Vorstellungsbildes – wie alle in seiner Situation – ein entsprechendes „sachgedankliches Mitbewusstsein“ hatte und daher irrte (BGH, Urteil vom 12. Februar 2015 – 2 StR 109/14, aaO). Findet die Kommunikation – wie im vorliegenden Fall – im Rahmen eines geregelten Verfahrens statt, wird der Inhalt einer in diesem Zusammenhang abgegebenen Erklärung und die auf ihr möglicherweise beruhende (Fehl-)Vorstellung beim Adressaten daher maßgeblich durch die diesem Verfahren zu Grunde liegenden Vorschriften geprägt (BGH, Beschluss vom 19. November 2013 – 4 StR 292/13, BGHSt 59, 68, 71). Dies sind hier die Bestimmungen des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (ZVG).
28
b) Aus diesen Regelungen lässt sich ein normativ geprägtes Vorstellungsbild des eine Zwangsversteigerung leitenden Rechtspflegers in Bezug auf die Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit eines Bieters indes nicht herleiten.
29
aa) Den Regelungen des ZVG liegt die Erwägung zugrunde, dass das zu versteigernde Grundstück in einem geregelten Verfahren zu einem seinem Wert entsprechenden Gebot zugeschlagen und auf diese Weise eine wertrichtige Deckung der auf ihm ruhenden Lasten erreicht wird (BGH, Beschluss vom 10. Mai 2007 – V ZB 83/06, BGHZ 172, 218, Rn. 21 mwN). Da mithin das Versteigerungsverfahren schon als solches grundsätzlich dazu geeignet ist, seinen Zweck zu erreichen, sofern das im ZVG geregelte Verfahren gewahrt wird, beschränkt sich die vom Rechtspfleger von Amts wegen vorzunehmende Prüfung im Versteigerungstermin im Wesentlichen auf die Einhaltung der gesetzlichen Verfahrensvorschriften (zum Prüfungsumfang bei Abgabe der Gebote vgl. etwa Hk-ZV/Stumpe, 3. Aufl., § 71 ZVG Rn. 9 ff.). Schon deshalb liegt es nicht nahe, dass sich der im Zwangsvollstreckungsverfahren tätige Rechtspfleger etwa im Sinne eines sachgedanklichen Mitbewusstseins Vorstellungen zur Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit eines Bieters macht.
30
bb) Die Vorschriften des ZVG bieten auch für sich betrachtet keinen Anhalt für die vom Landgericht angenommene auf einem sachgedanklichen Mitbewusstsein beruhende Fehlvorstellung des Rechtspflegers.
31
(1) Dies gilt zunächst für die Vorschriften über die im Fall der Abgabe von Geboten vorgesehene Möglichkeit einer Sicherheitsleistung (§§ 67 ff. ZVG).
32
Das Verlangen nach Leistung einer Sicherheit durch einen Bieter steht gemäß § 67 Abs. 1 ZVG ausschließlich einem Beteiligten im Sinne des § 9 ZVG zu, mithin dem Gläubiger, dem Schuldner oder anderen im Einzelnen aufgeführten Rechtsinhabern. Der Rechtspfleger hat über ein solches Verlangen eines Beteiligten sofort zu entscheiden (§ 70 Abs. 1 ZVG). Die Voraussetzungen für die Anordnung der Sicherheitsleistung sind in § 67 ZVG abschließend geregelt. Liegen diese vor, ist die Sicherheitsleistung anzuordnen; ein Ermessen ist dem Rechtspfleger insoweit nicht eröffnet (BGH, Beschluss vom 12. Januar 2006 – V ZB 147/05, Rpfleger 2006, 211, 212). Ohne Belang für diese Entscheidung ist die Bonität eines Bieters (vgl. Böttcher, ZVG, 6. Aufl., §§ 67-70 Rn. 20; Stöber, ZVG, 21. Aufl., § 70 Rn. 2.1; Bachmann in Depré, Zivilprozess-, Vollstreckungs- und Zwangsversteigerungsrecht, 2014, § 70 ZVG Rn. 4), so dass sich aus dieser Entscheidungsbefugnis ein diesbezügliches sachgedankliches Begleitwissen des Rechtspflegers nicht herleiten lässt.
33
(2) Auch der Umstand, dass der Rechtspfleger nach § 71 Abs. 1 ZVG verpflichtet ist, ein unwirksames Gebot zurückzuweisen, vermag die Schlussfolgerung der Strafkammer nicht zu tragen.
34
(2.1) Das Recht zur Abgabe von Geboten im Versteigerungstermin soll jedem Erwerbsinteressenten die Möglichkeit verschaffen, als Meistbietender den Zuschlag zu erhalten und Eigentümer des Grundstücks zu werden (§§ 81 Abs. 1, 90 Abs. 1 ZVG). In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist daher anerkannt, dass die Zurückweisung eines Gebots im Zwangsversteigerungstermin wegen Unwirksamkeit (§ 71 Abs. 1 ZVG) in Gestalt missbräuchlicher Rechtsausübung dann in Betracht kommt, wenn es in der Absicht abgegeben worden ist, Vorschriften des ZVG über den Schuldnerschutz zu unterlaufen , beispielsweise entgegen Sinn und Zweck von § 85a Abs. 1 und 2 ZVG einen neuen Versteigerungstermin ohne Bindung an die Voraussetzungen des § 74a Abs. 1 ZVG herbeizuführen (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 17. Juli 2008 – V ZB 1/08, BGHZ 177, 334, Rn. 8). Die Ausübung des Rechts, im Verfahren Gebote abzugeben, ist aber auch dann rechtsmissbräuchlich, wenn ein weder zahlungsfähiger noch zahlungswilliger Bieter andere, ebenfalls verfahrensfremde Zwecke verfolgt, etwa wenn er durch sein Gebot die Verwertung des Grundstücks manipulieren oder hintertreiben will (BGH, Beschluss vom 10. Mai 2007 aaO, Rn. 14 mwN; vgl. auch BGH, Beschluss vom 24. Februar 2013 – V ZB 18/12, BGHZ 196, 243, Rn. 25 mwN; zur Vermutung der Rechtsmissbräuchlichkeit eines Eigengebots des Gläubigers BGH, Beschluss vom 24. November 2005 – V ZB 98/05, NJW 2006, 1355 f.).
35
(2.2) Gleichwohl hat der Rechtspfleger über die insoweit gebotene, an die engen Voraussetzungen von § 71 ZVG gebundene Prüfung hinaus keinen Anlass, der Abgabe eines Gebots – und sei es auch nur in Gestalt eines sachgedanklichen Mitbewusstseins – die Erklärung des Bietenden zu entnehmen, er werde die erforderliche Summe aufbringen können und wollen. Denn er muss den Eigengesetzlichkeiten der Zwangsversteigerung Rechnung tragen und daher jedes Gebot sofort auf seine Wirksamkeit überprüfen, da es durch ein darauffolgendes Übergebot unmittelbar erlöschen kann. Zur Prüfung eines möglichen Missbrauchs steht ihm keine Möglichkeit einer Beweisaufnahme offen. Auch ist der Bieter seinerseits nicht verpflichtet, seine mit dem Gebot verfolgte Absicht zu offenbaren (BGH, Beschluss vom 10. Mai 2007 aaO, Rn. 35). Eine Zurückweisung wegen Rechtsmissbrauchs ist daher auf Ausnahmefälle beschränkt. Ein eine Zurückweisung von Geboten rechtfertigendes rechtsmissbräuchliches Verhalten muss durch offenkundige Umstände, die an konkrete, sogleich erkennbare Tatsachen anknüpfen, eindeutig ausgewiesen sein (BGH, Beschluss vom 10. Mai 2007 aaO; ebenso OLG Nürnberg, Rpfleger 1999, 87; Stöber, ZVG, 21. Aufl., § 71 Rn. 2.10).
36
(2.3) Danach fehlt es im vorliegenden Fall für eine diesbezügliche Fehlvorstellung auch in Gestalt des vom Landgericht angenommenen sachgedanklichen Mitbewusstseins des Rechtspflegers bei Entgegennahme der Gebote der Angeklagten an einer ausreichenden Grundlage. Für eine ohne weiteres vom Rechtspfleger erkennbare Offenkundigkeit des rechtsmissbräuchlichen Zwecks des von der Angeklagten abgegebenen Höchstgebots fehlt nach den Urteilsfeststellungen ebenfalls jeglicher Anhalt.
37
3. Die Sache bedarf daher auch im Hinblick auf den Fall II. 2 der Urteilsgründe neuer Verhandlung und Entscheidung. Der dazu berufene Tatrichter wird prüfen müssen, ob die Angeklagte R. nach ihrer Vorstellung zur Täuschung des Rechtspflegers unmittelbar angesetzt (§ 22 StGB) und damit den Tatbestand des (untauglichen) versuchten Betruges verwirklicht hat.
Sost-Scheible Franke Mutzbauer
RiBGH Bender ist im Urlaub und deshalb gehindert zu unterschreiben. Sost-Scheible Quentin

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 263 Betrug


(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen

Strafgesetzbuch - StGB | § 266 Untreue


(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder ein
Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Juli 2016 - 4 StR 362/15 zitiert 17 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

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(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen

Strafgesetzbuch - StGB | § 266 Untreue


(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder ein

Strafgesetzbuch - StGB | § 22 Begriffsbestimmung


Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung - ZVG | § 74a


(1) Bleibt das abgegebene Meistgebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte unter sieben Zehnteilen des Grundstückswertes, so kann ein Berechtigter, dessen Anspruch ganz oder teilweise durch

Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung - ZVG | § 85a


(1) Der Zuschlag ist ferner zu versagen, wenn das abgegebene Meistgebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte die Hälfte des Grundstückswertes nicht erreicht. (2) § 74a Abs. 3, 5 ist ent

Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung - ZVG | § 9


In dem Verfahren gelten als Beteiligte, außer dem Gläubiger und dem Schuldner: 1. diejenigen, für welche zur Zeit der Eintragung des Vollstreckungsvermerks ein Recht im Grundbuch eingetragen oder durch Eintragung gesichert ist;2. diejenigen, welche e

Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung - ZVG | § 81


(1) Der Zuschlag ist dem Meistbietenden zu erteilen. (2) Hat der Meistbietende das Recht aus dem Meistgebot an einen anderen abgetreten und dieser die Verpflichtung aus dem Meistgebot übernommen, so ist, wenn die Erklärungen im Versteigerungsterm

Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung - ZVG | § 71


(1) Ein unwirksames Gebot ist zurückzuweisen. (2) Ist die Wirksamkeit eines Gebots von der Vertretungsmacht desjenigen, welcher das Gebot für den Bieter abgegeben hat, oder von der Zustimmung eines anderen oder einer Behörde abhängig, so erfolgt

Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung - ZVG | § 70


(1) Das Gericht hat über die Sicherheitsleistung sofort zu entscheiden. (2) Erklärt das Gericht die Sicherheit für erforderlich, so ist sie sofort zu leisten. Die Sicherheitsleistung durch Überweisung auf ein Konto der Gerichtskasse muss bereits

Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung - ZVG | § 72


(1) Ein Gebot erlischt, wenn ein Übergebot zugelassen wird und ein Beteiligter der Zulassung nicht sofort widerspricht. Das Übergebot gilt als zugelassen, wenn es nicht sofort zurückgewiesen wird. (2) Ein Gebot erlischt auch dann, wenn es zurückg

Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung - ZVG | § 66


(1) In dem Versteigerungstermin werden nach dem Aufruf der Sache die das Grundstück betreffenden Nachweisungen, die das Verfahren betreibenden Gläubiger, deren Ansprüche, die Zeit der Beschlagnahme, der vom Gericht festgesetzte Wert des Grundstücks u

Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung - ZVG | § 67


(1) Ein Beteiligter, dessen Recht durch Nichterfüllung des Gebots beeinträchtigt werden würde, kann Sicherheitsleistung verlangen, jedoch nur sofort nach Abgabe des Gebots. Das Verlangen gilt auch für weitere Gebote desselben Bieters. (2) Steht d

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Juli 2016 - 4 StR 362/15 zitiert oder wird zitiert von 14 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Juni 2013 - 2 StR 59/13

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 83/06 vom 10. Mai 2007 in dem Zwangsversteigerungsverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja ZVG §§ 71 Abs. 1, 79, 85a Abs. 1 und 2, 95 a) Das Eigengebot des Gläubigervertreters in der Zwangsve

Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Nov. 2005 - V ZB 98/05

bei uns veröffentlicht am 24.11.2005

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 98/05 vom 24. November 2005 in dem Zwangsversteigerungsverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZVG § 71 Abs. 1, § 85a Abs. 1 und 2 a) Gebote in der Zwangsversteigerung, die unter der Hälfte

Bundesgerichtshof Urteil, 22. Nov. 2013 - 3 StR 162/13

bei uns veröffentlicht am 22.11.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 StR 162/13 vom 22. November 2013 Nachschlagewerk: ja - nur zu B. I. der Gründe BGHSt: ja - nur zu B. I. der Gründe Veröffentlichung: ja - nur zu B. I. der Gründe ____________________________

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Nov. 2013 - 4 StR 292/13

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 292/13 vom 19. November 2013 BGHSt: ja BGHR: ja Nachschlagewerk: ja Veröffentlichung: ja ___________________________ StGB § 263a Abs. 1 Die Beantragung eines Mahn- und eines Vollstreckungsbe

Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Juli 2008 - V ZB 1/08

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 1/08 vom 17. Juli 2008 in dem Zwangsversteigerungsverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja ZVG § 85a Das Gebot eines Beauftragten des Gläubigers, das ausschließlich darauf gerichtet ist, zu Gu

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Bundesgerichtshof Urteil, 05. März 2014 - 2 StR 616/12

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 StR 616/12 vom 5. März 2014 in der Strafsache gegen wegen versuchten Betrugs Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Sitzung vom 5. Februar 2014 in der Verhandlung am 5. März
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Bundesgerichtshof Urteil, 22. Feb. 2019 - V ZR 244/17

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNISTEIL- UND SCHLUSSURTEIL V ZR 244/17 Verkündet am: 22. Februar 2019 Langendörfer-Kunz Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschla

Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Dez. 2017 - 4 StR 323/17

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 323/17 vom 5. Dezember 2017 in der Strafsache gegen wegen Betrugs ECLI:DE:BGH:2017:051217B4STR323.17.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführe

Bundesgerichtshof Beschluss, 15. März 2017 - 4 StR 472/16

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 472/16 vom 15. März 2017 in der Strafsache gegen wegen Betrugs ECLI:DE:BGH:2017:150317B4STR472.16.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers

Referenzen

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 S t R 1 4 3 / 1 4
vom
20. Mai 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum Betrug
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 20. Mai 2014 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 28. November 2013 im gesamten Strafausspruch aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum Betrug in 13 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete und auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung des gesamten Straf- ausspruchs; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Der Strafausspruch begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil das Landgericht den Schuldumfang der 13 Haupttaten, zu denen der Angeklagte Beihilfe geleistet hat, nicht rechtsfehlerfrei bestimmt hat.
3
a) Ein Vermögensschaden im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB tritt ein, wenn die Vermögensverfügung des Getäuschten unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des wirtschaftlichen Gesamtwerts seines Vermögens führt (Prinzip der Gesamtsaldierung; BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 - 1 StR 731/08, BGHSt 53, 199, 201 mwN). Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Vermögensverfügung, also der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und nach der Verfügung (BGH, Beschluss vom 14. April 2011 - 2 StR 616/10, NStZ 2011, 638, 639). Ob und in welchem Umfang die Hingabe eines Darlehens einen Vermögensschaden bewirkt, ist daher durch einen für den Zeitpunkt der Darlehenshingabe anzustellenden Wertvergleich mit dem Rückzahlungsanspruch des Darlehensgläubigers zu ermitteln. Die Werthaltigkeit des Rückzahlungsanspruchs wird dabei durch die Bonität des Schuldners und den Wert der bestellten Sicherheiten bestimmt. Ein Schaden entsteht nur insoweit, als die vorgespiegelte Rückzahlungsmöglichkeit nicht besteht (BGH, Urteil vom 13. August 2009 - 3 StR 576/08, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 69) und auch gegebene Sicherheiten wertlos oder minderwertig sind (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. August 2005 - 2 StR 6/05, NStZ-RR 2005, 374, 375, und vom 5. März 2009 - 3 StR 559/08, NStZ-RR 2009, 206). Auch bei einer eingeschränkten oder fehlenden finanziellen Leistungsfähigkeit des Schuldners entsteht demnach insoweit kein Schaden, als der getäuschte Gläubiger über werthaltige Sicherheiten verfügt, die - ohne dass der Schuldner dies vereiteln könnte - mit nur unerheblichem zeitlichen und finanziellen Aufwand realisierbar sind (BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2008 - 3 StR 420/08, NStZ 2009, 150). Ein Minderwert des Rückzahlungsanspruchs kann mithin durch den Wert hinreichend werthaltiger und liquider Sicherheiten kompensiert werden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. August 2005 und 5. März 2009, jeweils aaO; Fischer, StGB, 61. Aufl., § 263 Rn. 133).
4
Dieser Minderwert des im Synallagma Erlangten ist dabei nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu bestimmen (BGH, Beschlüsse vom 23. Oktober 2012 - 5 StR 307/12, wistra 2013, 20, vom 13. April 2012 - 5 StR 442/11, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 76, vom 14. April 2011 und 18. Februar 2009, jeweils aaO). Entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 126, 170, 229; 130, 1, 47) ist er konkret festzustellen und zu beziffern. Die banküblichen Bewertungsansätze für Wertberichtigung können hierbei Anwendung finden; denn ist aufgrund fehlender Bonität des Schuldners und nicht ausreichender Sicherheiten mit einem teilweisen Forderungsausfall zu rechnen, so müssen entsprechende bilanzielle Korrekturen vorgenommen werden (BGH, Beschluss vom 14. April 2011, aaO; vgl. auch BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 - 4 StR 55/12, BGHSt 58, 102, 114 f.). Sofern genaue Feststellungen zur Einschätzung des Ausfallrisikos nicht möglich sind, sind Mindestfeststellungen zu treffen, um den dadurch bedingten Minderwert und den insofern eingetretenen wirtschaftlichen Schaden unter Beachtung des Zweifelssatzes zu schätzen.
5
b) Diesen Maßstäben wird das landgerichtliche Urteil nicht in vollem Umfang gerecht, wenn es zur Bezifferung der Schäden im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB allein auf den Vermögensverlust abstellt, der den geschädigten Finanzinstituten durch die Ausreichung der Immobilienkredite entstanden ist und den es mit insgesamt 1.642.100 € beziffert. Die Strafkammer hätte vielmehr den Wert der Rückzahlungsansprüche unter Berücksichtigung der Werthaltigkeit der als Sicherheiten bestellten Grundschulden zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung ermitteln müssen (UA 12). Nur soweit jeweils ein täuschungsbedingter Minderwert des gesicherten Darlehensrückzahlungsanspruchs vorliegt, ist die Annahme eines Schadens - ohne dass es auf den tatsächlichen Verlauf des Darlehensverhältnisses (noch) ankommt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. Januar 2013 - 2 StR 422/12, NStZ 2013, 711, und vom 4. Februar 2014 - 3 StR 347/13, StraFo 2014, 166) - gerechtfertigt.
6
c) Dieser Mangel führt zur Aufhebung des gesamten Strafausspruchs. Angesichts der mit erheblichem Aufwand durchgeführten Vortäuschung der Personalien nichtexistenter Personen auf Seiten der Darlehnsnehmer sowie der Vortäuschung überhöhter Verkehrswerte und Kaufpreise schließt der Senat aus, dass in den zur Aburteilung gelangten Fällen überhaupt kein Schaden entstanden ist. Da somit der Rechtsfehler allein in der unterbliebenen Bezifferung des Schadensumfangs liegt, sind lediglich die Strafaussprüche aufzuheben (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. Januar 2013, NStZ 2013, 711, 713, und vom 4. Februar 2014, aaO, Rn. 4). Der Senat kann letztlich nicht ausschließen, dass die - milden - Strafen auf dem aufgezeigten Rechtsfehler beruhen.
7
2. Die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe müssen daher neu zugemessen werden. Einer Aufhebung der Feststellungen zur Strafzumessung bedarf es nicht (§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende, hierzu nicht in Widerspruch stehende Feststellungen bleiben zulässig und sind zur Frage des Schuldumfangs notwendig.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 59/13
vom
4. Juni 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 4. Juni 2013 gemäß § 349
Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Marburg vom 12. November 2012 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in Tateinheit mit Urkundenfälschung in 27 Fällen, Betrugs in vier Fällen und veruntreuender Unterschlagung in 18 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und 11 Monaten verurteilt. Dem Urteil lag eine Verfahrensabsprache zu Grunde. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg.

I.

2
1. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen :
3
Der gesondert Verfolgte C. betrieb von 1996 bis 2010 unter der Firma T. Autohandel & Service ein Einzelunternehmen in F. . Anfang 2005 beteiligte sich der Angeklagte an dem Unternehmen und brachte dabei fünfzehn Fahrzeuge sowie darlehensfinanziert 60.000,- Euro in das Unternehmen ein. Hauptaufgabe des Angeklagten war der Einkauf von Gebrauchtwagen und der Auslandshandel; am 20. Juli 2005 erhielt er eine Generalvollmacht. Zur Finanzierung des Fahrzeugeinkaufs hatte die Firma mit mehreren Banken Finanzierungsrahmenverträge abgeschlossen, auf Basis derer Darlehen in Höhe der sich aus den jeweiligen schriftlichen Kaufverträgen ergebenden Einkaufspreise gewährt und Fahrzeuge an die finanzierende Bank zur Sicherheit übereignet wurden.
4
Ab 2008 sanken Umsatz und Gewinn des Unternehmens drastisch, so dass es zu einem Liquiditätsengpass kam. Darüber hinaus drohten erhebliche Umsatzsteuernachforderungen der Finanzverwaltung. In der zweiten Jahreshälfte 2008 wurden zudem immer mehr Abschlagszahlungen im Rahmen der geschlossenen Finanzierungsverträge fällig. Der bestehende Kontokorrentkredit bei der F. bank in Höhe von 50.000,- Euro war bereits überzogen und sollte auf Aufforderung der Bank zurückgeführt werden. In dieser Situation fassten der Angeklagte und der gesondert Verfolgte C. den Entschluss, die einkaufsfinanzierende Bank mit Hilfe gefälschter Kaufverträge über den Wert der zu erwerbenden, später sicherungsübereigneten Fahrzeuge zu täuschen und so an überhöhte Darlehenssummen zu gelangen. Teilweise beantragten sie auch Finanzierungen für Kfz, die sie bereits zuvor entweder ohne Kfz-Brief (bzw. ohne die seit Oktober 2005 ausgegebene EU Zulassungsbescheinigung Typ II) oder aber unter Vorlage eines Ersatz-Kfz-Briefs, den sie sich mit Hilfe eines Mitarbeiters der Zulassungsbehörde verschafften, weiterverkauft hatten. Einen weiteren Teil der sicherungsübereigneten Kfz veräußerten sie in der Folgezeit , teilweise auch mit Hilfe von Ersatz-Kfz-Briefen, ohne Kenntnis der finan- zierenden Bank. Die durch Täuschung abgeschlossenen Finanzierungen konnten in der Folge sämtlich nicht bedient werden. Im September 2010 wurde über das Vermögen des gesondert Verfolgten C. das Insolvenzverfahren eröffnet.
5
2. Die Fälle, in denen die finanzierende Bank mit Hilfe "gefälschter Kaufverträge" über das Vorhandensein bzw. den Wert der anschließend sicherungsübereigneten Fahrzeuge getäuscht wurde und auf Grund dessen der Firma T. ein Darlehen gewährte (Fälle 1, 4, 7, 9, 11, 12, 13, 14, 16, 17, 19, 21, 23, 24, 25, 27, 28, 30, 31, 32, 33, 36, 37, 38, 39, 41 und 43), wertete die Strafkammer rechtlich jeweils als Betrug in Tateinheit mit Urkundenfälschung. Ferner hat es den Angeklagten in zwei Fällen der Darlehensfinanzierung, in denen kein gefälschter Kaufvertrag vorgelegt wurde (Fälle 10 und 35), sowie in zwei Fällen, in denen Leasingfahrzeuge an Dritte verkauft wurden (Fälle 48 und 49), jeweils wegen Betruges verurteilt. Schließlich hat die Strafkammer den Weiterkauf von sicherungsübereigneten Kfz (Fälle 2, 3, 5, 6, 8, 15, 18, 20, 22, 26, 29, 34, 40, 42, 44, 45, 46 und 47) in 18 Fällen als veruntreuende Unterschlagung (§ 246 Abs. 2 StGB) gewertet.

II.

6
Die Revision des Angeklagten ist in allen Fällen mit der Sachrüge begründet.
7
1. In den Fällen 1, 4, 7, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 16, 17, 19, 21, 23, 24, 25, 27, 28, 30, 31, 32, 33, 35, 36, 37, 38, 39, 41 und 43 der Urteilsgründe sind die Feststellungen hinsichtlich des entstandenen Vermögensschadens unzureichend und tragen eine Verurteilung wegen Betruges nicht.
8
a) Ein Vermögensschaden i.S.d. § 263 Abs. 1 StGB tritt ein, wenn die Vermögensverfügung des Getäuschten unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des wirtschaftlichen Gesamtwerts seines Vermögens führt (Prinzip der Gesamtsaldierung). Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Vermögensverfügung, also der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und nach der Verfügung. Ob die Hingabe eines Darlehens einen Vermögensschaden bewirkt, ist daher durch einen für den Zeitpunkt der Darlehenshingabe anzustellenden Wertvergleich mit dem Rückzahlungsanspruch des Darlehensgläubigers zu ermitteln. Die Werthaltigkeit des Rückzahlungsanspruchs wird dabei durch die Bonität des Schuldners und den Wert der bestellten Sicherheiten bestimmt. Ein Schaden entsteht daher nur, wenn die vorgespiegelte Rückzahlungsmöglichkeit nicht besteht und auch gegebene Sicherheiten wertlos oder minderwertig sind. Auch bei einer eingeschränkten oder fehlenden finanziellen Leistungsfähigkeit des Schuldners entsteht demnach kein Schaden, wenn und soweit der getäuschte Gläubiger über werthaltige Sicherheiten verfügt, die sein Ausfallrisiko abdecken und - ohne dass der Schuldner dies vereiteln kann - mit unerheblichem zeitlichen und finanziellen Aufwand realisierbar sind (vgl. insgesamt Senat, Beschluss vom 29. Januar 2013 - 2 StR 422/12 juris Rn 15 mwN). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muss der Vermögensschaden, von einfach gelagerten und eindeutigen Fällen - etwa bei einem ohne weiteres greifbaren Mindestschaden - abgesehen, der Höhe nach beziffert und dies in wirtschaftlich nachvollziehbarer Weise in den Urteilsgründen dargelegt werden (vgl. BVerfGE 130, 1, 47 mwN).
9
b) Diesen Maßstäben wird das angefochtene Urteil nicht gerecht, da Feststellungen zu Art und Höhe des eingetretenen Schadens fehlen. Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts kann auch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht entnommen werden, dass das Landgericht die Differenz zwischen der Höhe der Einkaufsfinanzierung und der Höhe des tatsächlich von dem Angeklagten und dem gesondert Verfolgten C. gezahlten Einkaufspreises als Betrugsschaden angesetzt hat. Dies wäre zwar unter den (nach den Feststellungen naheliegenden) Prämissen, dass die Bonität der Firma T. mit Null anzusetzen ist und der tatsächliche Einkaufspreis der sicherungsübereigneten Fahrzeuge jedenfalls im Regelfall ihren Wert als Sicherheit realistisch wiederspiegelt, der rechtlich zutreffende Ausgangspunkt.
10
Indes belegen die getroffenen Feststellungen in mehreren Fällen gleichwohl nicht den Eintritt eines Vermögensschadens, da entweder schon der Einkaufspreis nicht festgestellt ist (Fälle 12, 28, 43) oder aber der Einkaufspreis (und damit der Wert der Sicherheit) die Höhe des Darlehens übersteigt (Fälle 19, 25, 33). Weiter beträgt im Fall 14 die Differenz zwischen dem Einkaufspreis des Fahrzeugs (3.100,- Euro) und der Darlehenshöhe (3.280,- Euro) gerade einmal 180,- Euro; eine Täuschung über die Werthaltigkeit der Sicherheit liegt bei dieser geringen Differenz nicht ohne weiteres auf der Hand. Im Fall 9 wird überdies die Höhe des gewährten Darlehens nicht festgestellt und im Fall 41 bleibt offen, ob das beantragte Darlehen überhaupt ausgezahlt wurde. Die Fassung der Urteilsgründe lässt von daher besorgen, dass das Landgericht - möglicherweise auf Grund der getroffenen Absprache - die Frage des Vermögensschadens insgesamt und damit auch hinsichtlich der Feststellungen zu den weiteren Fällen aus dem Blick verloren hat. Dafür spricht auch, dass das Landgericht für jede der Taten unterschiedslos eine Einzelfreiheitsstrafe von sieben Monaten verhängt hat, obwohl sich nach der dargestellten Berechnungsweise kein Schaden bzw. Schadenshöhen zwischen 180,- Euro und 40.000,- Euro ergeben würden. Die insgesamt lückenhaften Feststellungen entziehen daher auch in den übrigen Fällen nicht nur dem Strafausspruch, sondern bereits dem Schuldspruch die Grundlage.
11
c) Bei dieser Sachlage hebt der Senat den Schuldspruch in allen genannten Fällen mit den zugehörigen Feststellungen auf, um dem neuen Tatrichter Gelegenheit zu geben, die Frage des Vermögensschadens ohne Bindung an bisherige Feststellungen entscheiden zu können (vgl. Senat, Urteil vom 3. März 2000 - 2 StR 388/99, BGHR StPO, § 353 Aufhebung 2; BGH, Beschluss vom 20. Juni 1996 - 4 StR 680/95, StV 1996, 584, 585; Kuckein in KK, StPO, 6. Aufl., § 353 Rn. 13).
12
d) Die Aufhebung der Schuldsprüche wegen Betruges führt auch zur Urteilsaufhebung , soweit der Angeklagte tateinheitlich wegen Urkundenfälschung verurteilt wurde (vgl. nur BGH, Beschluss vom 13. September 2011 - 3 StR 231/11, NJW 2012, 323, 328 mwN, insoweit in BGHSt 57, 14 nicht abgedruckt), wobei aber auch insoweit durchgreifende rechtliche Bedenken bestehen.
13
aa) Eine Urkunde ist unecht, wenn sie nicht von demjenigen stammt, der aus ihr als Aussteller hervorgeht, wenn also der Anschein erweckt wird, ihr Aussteller sei eine andere Person als diejenige, von der sie herrührt. Entscheidend ist dabei die Täuschung über die Identität des Ausstellers, nicht über seinen Namen (std. Rspr.; vgl. nur Senat, Urteil vom 29. Juni 1994 - 2 StR 160/94, BGHSt 40, 203, 204 mwN). Ein unwahrer Inhalt berührt dagegen die Echtheit der Urkunde nicht; sog. schriftliche Lügen werden von § 267 Abs. 1 StGB nicht erfasst (std. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 24. Januar 2013 - 3 StR 398/12, Rn. 7 juris; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 267 Rn. 29 mwN).
14
bb) Diese tatbestandlichen Voraussetzungen einer Urkundenfälschung nach § 267 Abs. 1 StGB sind durch die Feststellungen nicht belegt. Die Strafkammer hat insoweit nur festgestellt, dass die finanzierenden Banken "mittels gefälschter Kaufverträge über die Werthaltigkeit der sicherungsübereigneten Kraftfahrzeuge" getäuscht wurden. Nähere Einzelheiten werden nicht mitgeteilt; den Feststellungen zu Fall 21 lässt sich nicht einmal die Verwendung eines gefälschten Kaufvertrages entnehmen. Im Rahmen der Wiedergabe des Geständnisses des Angeklagten wird zwar mitgeteilt, dass der gesondert Verfolgte C. für die Unterschrift auf Verkäuferseite auf den von dem Angeklagten vorbereiteten Kaufverträgen gesorgt habe. C. habe dabei "öfters" ausländische Geschäftspartner , die gerade vor Ort gewesen seien, gebeten, die Verträge zu unterzeichnen (UA S. 22). Aber auch dies belegt nicht hinreichend, dass insoweit über die Identität des Ausstellers getäuscht wurde, etwa indem die ausländischen Geschäftspartner mit dem Namen der ursprünglichen Verkäufer unterschrieben , so dass der Kaufvertrag den Eindruck erweckte, von diesen zu stammen, zumal unklar bleibt, auf welche konkreten Fälle sich diese Ausführungen beziehen. Dies gilt umso mehr, als in den Fällen 30, 37 und 41 der Name des tatsächlichen Verkäufers jeweils ein anderer ist als der Name, der sich aus dem der Bank vorgelegten Kaufvertrag ergibt. Nach alledem kann der Senat nicht ausschließen, dass in allen Fällen nur eine schriftliche Lüge vorlag.
15
2. Die zu den Fällen 48 und 49 der Urteilsgründe getroffenen Feststellungen tragen ebenfalls nicht den Schuldspruch wegen Betruges.
16
a) Im Fall 48 hat die Strafkammer nicht erkennbar die Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs des Kraftfahrzeugs durch die Geschädigte bedacht. Nach den insoweit getroffenen Feststellungen verkaufte und übergab der Angeklagte 2009 an die Geschädigte einen BMW X6 für insgesamt 61.000,- Euro, wobei er verschwieg, dass es sich dabei um ein auf seine Mutter zugelassenes Leasingfahrzeug handelte. Zur Frage, ob die Geschädigte Eigentum an dem Fahrzeug erlangt hat (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 8. Juni 2011 - 3 StR 115/11, NStZ 2013, 37 f.), verhält sich das Urteil nicht. Feststellungen zur Schadenshöhe hat das Landgericht nicht getroffen. Der Senat kann angesichts der lückenhaften Feststellungen jedenfalls nicht ausschließen, dass kein Vermögensschaden eingetreten ist. Der Schuldspruch kann auch nicht deswegen bestehen bleiben, weil bei der Käuferin im Falle eines gutgläubigen Eigentumerwerbs jedenfalls wegen eines bestehenden zivilrechtlichen Prozessrisikos ein Vermögensschaden eingetreten wäre. Denn ein solches Prozessrisiko scheidet nach den Maßgaben der neueren verfassungsrechtlichen Rechtsprechung als Grundlage eines Vermögensschadens aus (vgl. BGH aaO). Der Senat hebt daher den Schuldspruch mit den zugehörigen Feststellungen auf.
17
b) Nach den Feststellungen zu Fall 49 veräußerten der Angeklagten und der gesondert verfolgte C. an den Geschädigten S. für 28.600,- Euro ein geleasten Audi A8. Der Geschädigte zahlte den Kaufpreis. Entgegen der Vereinbarung mit ihm lösten der Angeklagte und der gesondert verfolgte C. jedoch die noch offene Restleasingzahlung nicht ab, sondern verwendeten das Geld, wie von vornherein beabsichtigt, für eigene Zwecke. Nach etwa zwei Monaten erstattete der Geschädigte Strafanzeige, woraufhin das Fahrzeug doch noch abgelöst und ihm mit Kfz-Brief "übergeben" wurde. Feststellungen zur Schadenshöhe hat das Landgericht auch hier nicht getroffen.
18
Soweit das Landgericht zum Ausdruck bringen wollte, dass der Angeklagte und der gesondert Verfolgte C. den Geschädigten über ihre Bereitschaft , die noch offene Restleasingzahlung abzulösen und Eigentum an dem Fahrzeug zu übertragen, täuschten, läge zwar ein Eingehungsbetrug nahe. Bei diesem würde sich der Schaden mit der Erbringung der versprochenen Leistung des Tatopfers nach der Differenz zwischen deren wirtschaftlichem Wert und dem Wert der Gegenleistung bemessen, die hier auf Grund fehlender Leistungswilligkeit als wirtschaftlich völlig wertlos anzusehen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2010 - 3 StR 433/10, StV 2011, 726, 727 mwN). Indes kann angesichts der rudimentären Feststellungen auch hier nicht überprüft werden, von welchen rechtlichen Maßstäben das Landgericht insoweit ausge- gangen ist. Der Senat hebt daher aus den oben unter II.1. geschilderten Erwägungen den Schuldspruch mit den zugehörigen Feststellungen auf, um dem neuen Tatrichter die Möglichkeit zu umfassender eigener und widerspruchsfreier Sachverhaltsfeststellung zu geben.
19
3. Schließlich hält auch der Schuldspruch wegen veruntreuender Unterschlagung in den Fällen 2, 3, 5, 6, 8, 15, 18, 20, 22, 26, 29, 34, 40, 42, 44, 45, 46 und 47 rechtlicher Überprüfung nicht stand, da die Feststellungen ein "Anvertrautsein" im Sinne des § 246 Abs. 2 StGB nicht hinreichend belegen.
20
a) Anvertraut sind Sachen, deren Besitz oder Gewahrsam dem Täter in dem Vertrauen eingeräumt worden ist, er werde die Gewalt über sie nur im Sinne des Einräumenden ausüben. Hierfür genügt es, dass er Besitz oder Gewahrsam an einer Sache kraft eines Rechtsgeschäfts mit der Verpflichtung erlangt hat, sie zurückzugeben oder zu einem bestimmten Zweck zu verwenden (vgl. schon BGH, Urteil vom 17. Oktober 1961 - 1 StR 382/61, BGHSt 16, 280, 282 mwN). Hierbei handelt es sich um ein besonderes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 2 StGB, das nur bei demjenigen Täter oder Teilnehmer zur Strafschärfung führt, bei dem es vorliegt (vgl. BGH, Beschluss vom 27. September 1994 - 1 StR 526/94, StV 1995, 84). Vertragspartner der Bank war nach den Feststellungen die Einzelfirma T. des gesondert Verfolgten C. , für die der Angeklagte nur in Generalvollmacht handelte. Dass dem Angeklagten selbst die Fahrzeuge anvertraut worden waren, versteht sich bei dieser Sachlage nicht von selbst und bedarf jedenfalls näherer Erörterungen.
21
b) Die Sache bedarf auch insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung. Der Senat kann nicht ausschließen, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch Feststellungen getroffen werden können, die eine Verurteilung wegen veruntreuender Unterschlagung oder auch wegen Betruges zum Nachteil der jeweiligen Käufer rechtfertigen mit der Folge, dass möglicherweise die Subsidiaritätsklausel des § 246 Abs. 1 StGB eingreifen würde. Die in der Anklageschrift - deren Inhalt vom Revisionsgericht von Amts wegen zur Kenntnis zu nehmen ist - mitgeteilte Beschränkung der Strafverfolgung auf die anklagegegenständlichen Taten und Gesetzesverletzungen durch die Staatsanwaltschaft ist in dieser pauschalen Form und ohne nähere Darlegung von Inhalt und Umfang nicht geeignet, die umfassende Kognitionspflicht des Gerichts - zumal auf formell subsidiäre Tatbestände - zu beschränken (vgl. BGH, Urteil vom 24.März 1993 - 3 StR 485/92, BGHR StPO, § 154a Beschränkung 2; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 56. Aufl., § 154a Rn. 7).
22
4. Abschließend weist der Senat darauf hin, dass es eines Mindestmaßes an Sorgfalt bei der Abfassung der Urteilsgründe auch dann bedarf, wenn das Urteil auf einer in der Hauptverhandlung getroffenen Absprache beruht (Senat, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 StR 222/10, NStZ-RR 2010, 336).
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(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) In dem Versteigerungstermin werden nach dem Aufruf der Sache die das Grundstück betreffenden Nachweisungen, die das Verfahren betreibenden Gläubiger, deren Ansprüche, die Zeit der Beschlagnahme, der vom Gericht festgesetzte Wert des Grundstücks und die erfolgten Anmeldungen bekanntgemacht, hierauf das geringste Gebot und die Versteigerungsbedingungen nach Anhörung der anwesenden Beteiligten, nötigenfalls mit Hilfe eines Rechnungsverständigen, unter Bezeichnung der einzelnen Rechte festgestellt und die erfolgten Feststellungen verlesen.

(2) Nachdem dies geschehen, hat das Gericht auf die bevorstehende Ausschließung weiterer Anmeldungen hinzuweisen und sodann zur Abgabe von Geboten aufzufordern.

In dem Verfahren gelten als Beteiligte, außer dem Gläubiger und dem Schuldner:

1.
diejenigen, für welche zur Zeit der Eintragung des Vollstreckungsvermerks ein Recht im Grundbuch eingetragen oder durch Eintragung gesichert ist;
2.
diejenigen, welche ein der Zwangsvollstreckung entgegenstehendes Recht, ein Recht an dem Grundstück oder an einem das Grundstück belastenden Recht, einen Anspruch mit dem Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück oder ein Miet- oder Pachtrecht, auf Grund dessen ihnen das Grundstück überlassen ist, bei dem Vollstreckungsgericht anmelden und auf Verlangen des Gerichts oder eines Beteiligten glaubhaft machen.

(1) Ein Beteiligter, dessen Recht durch Nichterfüllung des Gebots beeinträchtigt werden würde, kann Sicherheitsleistung verlangen, jedoch nur sofort nach Abgabe des Gebots. Das Verlangen gilt auch für weitere Gebote desselben Bieters.

(2) Steht dem Bieter eine durch das Gebot ganz oder teilweise gedeckte Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld zu, so braucht er Sicherheit nur auf Verlangen des Gläubigers zu leisten. Auf Gebote des Schuldners oder eines neu eingetretenen Eigentümers findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Für ein Gebot des Bundes, der Deutschen Bundesbank, der Deutschen Genossenschaftsbank, der Deutschen Girozentrale (Deutsche Kommunalbank) oder eines Landes kann Sicherheitsleistung nicht verlangt werden.

(1) Ein Gebot erlischt, wenn ein Übergebot zugelassen wird und ein Beteiligter der Zulassung nicht sofort widerspricht. Das Übergebot gilt als zugelassen, wenn es nicht sofort zurückgewiesen wird.

(2) Ein Gebot erlischt auch dann, wenn es zurückgewiesen wird und der Bieter oder ein Beteiligter der Zurückweisung nicht sofort widerspricht.

(3) Das gleiche gilt, wenn das Verfahren einstweilen eingestellt oder der Termin aufgehoben wird.

(4) Ein Gebot erlischt nicht, wenn für ein zugelassenes Übergebot die nach § 68 Abs. 2 und 3 zu erbringende Sicherheitsleistung nicht bis zur Entscheidung über den Zuschlag geleistet worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 162/13
vom
22. November 2013
Nachschlagewerk: ja - nur zu B. I. der Gründe
BGHSt: ja - nur zu B. I. der Gründe
Veröffentlichung: ja - nur zu B. I. der Gründe
___________________________________
Bei Verlegung des ordentlichen Sitzungstages ist für die Entbindung des Hauptschöffen
von der Dienstleistung seine Verhinderung am tatsächlichen Sitzungstag,
nicht diejenige an dem als ordentlichen Sitzungstag bestimmten Tag maßgeblich.
BGH, Urteil vom 22. November 2013 - 3 StR 162/13 - LG Hannover
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
22. August 2013 in der Sitzung am 22. November 2013, an denen teilgenommen
haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Hubert,
Mayer,
Gericke,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt in der Verhandlung am 22. August 2013
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 19. Dezember 2012 mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) in den Fällen II. 9, 12 bis 14, 20, 21, 23, 24, 27 bis 30, 36, 39 und 43 der Urteilsgründe im Schuld- und Strafausspruch,
b) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe und
c) in den Fällen II. 1 bis 31 sowie 33 bis 44 der Urteilsgründe, soweit das Landgericht eine Entscheidung gemäß § 111i Abs. 2 StPO unterlassen hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Inverkehrbringens von Falschgeld in 43 Fällen, davon in 28 Fällen in Tateinheit mit "gewerbsmäßigem" Betrug sowie in 15 Fällen in Tateinheit mit versuchtem "gewerbsmäßigen" Betrug , und wegen versuchten Inverkehrbringens von Falschgeld in Tateinheit mit versuchtem "gewerbsmäßigen" Betrug zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Der Angeklagte rügt mit seiner Revision die Verletzung formellen und sachlichen Rechts. Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit ihrer zuungunsten des Angeklagten eingelegten und vom Generalbundesanwalt vertretenen Revision, dass der Angeklagte in den 15 Fällen des vollendeten Inverkehrbringens tateinheitlich lediglich wegen versuchten und nicht wegen vollendeten Betrugs verurteilt worden ist. Zudem rügt sie, dass eine Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO unterblieben ist. Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat Erfolg, die Revision des Angeklagten ist unbegründet.
2
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
3
Der Angeklagte erhielt von einem Schuldner einen erheblichen Bargeldbetrag , unter dem sich neben echtem Geld auch Falschgeld mit einer sehr hohen Fälschungsqualität im Nennwert von 20.000 € befand. Nachdem der Angeklagte dies erkannt hatte, wollte er den Schaden nicht hinnehmen und entschloss sich daher, das Falschgeld unter anderem bei Reisen nach Deutschland sukzessive in Verkehr zu bringen. Dies tat er sodann in der Zeit vom 20. November 2008 bis zum 25. April 2012 in Berlin, Köln und Hannover, indem er bei Bareinkäufen insgesamt 45 gefälschte 200-Euro-Scheine zur Bezahlung von Waren hingab, um dadurch diese und das Wechselgeld zu erhalten, was ihm in all diesen Fällen auch gelang. In einem weiteren Fall versuchte er dies.
4
A. Revision der Staatsanwaltschaft
5
I. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist wirksam auf die Schuldsprüche , die die Verurteilung wegen Inverkehrbringens von Falschgeld in 15 Fällen in Tateinheit mit versuchtem "gewerbsmäßigen" Betrug betreffen, die Gesamtstrafe und die unterbliebene Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO in den Fällen II. 1 bis 31 sowie 33 bis 44 der Urteilsgründe beschränkt. Zwar ergibt sich dies nicht aus dem Revisionsantrag. Allerdings folgt aus der Revisionsbegründung , dass die Revisionsführerin das angefochtene Urteil nur hinsichtlich der genannten Punkte für rechtsfehlerhaft hält (vgl. zur entsprechenden Auslegung der Revision BGH, Urteil vom 15. Mai 2013 - 1 StR 476/12, NStZ-RR 2013, 279, 280 mwN).
6
II. Die Verurteilung des Angeklagten wegen - tateinheitlich mit vollendetem Inverkehrbringen von Falschgeld begangenen - versuchten ("gewerbsmäßigen" ) Betruges in 15 Fällen hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Insoweit beruht die Annahme des Landgerichts, die vom Angeklagten tateinheitlich begangenen Betrugstaten seien lediglich versucht, auf einer unzureichenden rechtlichen Prüfung und Würdigung der Feststellungen.
7
Das Landgericht hat seine Annahme, in diesen 15 Fällen sei hinsichtlich des Betruges Vollendung nicht eingetreten, in zwei Fällen (Fälle II. 12 und 36 der Urteilsgründe) darauf gestützt, dass sich die Kassierer keine bewussten Gedanken über die Echtheit des 200-Euro-Scheines gemacht hätten und deshalb "kein Irrtum eingetreten" sei. In den übrigen 13 Fällen (Fälle II. 9, 13, 14, 20, 21, 23, 24, 27 bis 30, 39 und 43) hat es diese Annahme damit begründet, dass die beteiligten Kassierer nicht oder überhaupt keine Zeugen dieser Taten ermittelt werden konnten und deshalb das Vorliegen eines - von dem Angeklagten durch Täuschung erregten - tatbestandlichen Irrtums im Sinne von § 263 StGB nicht nachzuweisen sei. Diese Annahmen zeigen auf, dass die Strafkammer einen zu strengen Maßstab an das Vorliegen des Tatbestandmerkmals "Irrtum" angelegt und die Anforderungen an ihre Überzeugungsbildung überspannt hat; sie sind mithin zugunsten des Angeklagten rechtsfehlerhaft.
8
1. Ein - durch die Täuschungshandlung erregter oder unterhaltener - Irrtum im Sinne des Betrugstatbestandes ist jeder Widerspruch zwischen einer subjektiven Vorstellung (des Getäuschten) und der Wirklichkeit (vgl. LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 263 Rn. 77 ff. mwN). Das gänzliche Fehlen einer Vorstellung begründet für sich allein keinen Irrtum. Allerdings kann ein solcher auch in den Fällen gegeben sein, in denen die täuschungsbedingte Fehlvorstellung in der Abweichung eines "sachgedanklichen Mitbewusstseins" von den tatsächlichen Umständen besteht. Danach ist insbesondere der Bereich gleichförmiger, massenhafter oder routinemäßiger Geschäfte von als selbstverständlich angesehenen Erwartungen geprägt, die zwar nicht in jedem Einzelfall bewusst aktualisiert werden, jedoch der vermögensrelevanten Handlung als hinreichend konkretisierte Tatsachenvorstellung zugrunde liegen (vgl. LK/Tiedemann, aaO Rn. 79). Diese Grundsätze hätte das Landgericht in den vorbezeichneten Fällen in seine Prüfung eines tatbestandlichen Irrtums der kassierenden Personen einbeziehen müssen.
9
2. In den Einzelfällen, in denen die Kassierer oder Tatzeugen nicht ermittelt werden konnten, kommt hinzu, dass das Landgericht die Anforderungen an die beweisrechtliche Grundlage der Feststellung eines täuschungsbedingten Irrtums im Sinne von § 263 Abs. 1 StGB verkannt hat. Zwar ist in den Urteilsgründen grundsätzlich festzustellen und darzulegen, welche irrigen Vorstellungen die Person hatte, die die Verfügung getroffen hat (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2002 - 3 StR 161/02, NJW 2003, 1198, 1199 f.); danach wird es regelmäßig erforderlich sein, die irrende Person zu ermitteln und in der Haupt- verhandlung über die tatrelevante Vorstellung zu vernehmen. Allerdings gilt dies nicht ausnahmslos. Vielmehr kann in Fällen eines normativ geprägten Vorstellungsbildes des Verfügenden die Vernehmung weniger Zeugen genügen; wenn deren Angaben das Vorliegen eines Irrtums (in den sie betreffenden Fällen ) belegen, kann auf die Erregung eines Irrtums auch bei anderen Verfügenden geschlossen werden. In der Regel kann das Gericht auch aus Indizien auf einen Irrtum schließen. In diesem Zusammenhang kann etwa eine Rolle spielen , ob der Verfügende ein eigenes Interesse daran hatte oder im Interesse eines anderen verpflichtet war, sich von der Wahrheit der Behauptungen des Täters zu überzeugen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. Februar 2013 - 1 StR 263/12, NStZ 2013, 422, 423; vom 9. Juni 2009 - 5 StR 394/08, NStZ 2009, 506, 507; Urteil vom 17. Juli 2009 - 5 StR 394/08, wistra 2009, 433, 434). Wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Verfügende kollusiv mit dem täuschenden Täter zusammengearbeitet oder aus einem sonstigen Grund Kenntnis von der Täuschung erlangt hatte und der durch die Täuschung erregte Irrtum deshalb nicht verfügungsursächlich geworden sein könnte, können sogar nähere Feststellungen dazu, wer verfügt hat, entbehrlich sein (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 - 4 StR 55/12, NJW 2013, 883, 885).
10
So verhält es sich hier. Da an einer Kasse beschäftigte Mitarbeiter eines Unternehmens schon aufgrund ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtung den Antrag eines Kunden auf Abschluss eines Kaufvertrages zurückweisen müssen, wenn der Kunde seiner Zahlungspflicht nicht sofort oder nicht vollständig nachkommt , es sich vorliegend um sehr gut gefälschte 200-Euro-Scheine handelte und auch sonst keine Anhaltspunkte für eine bewusste Entgegennahme von Falschgeld durch die Kassierenden gegeben sind, liegt auch in diesen Fällen - selbst wenn die Verfügenden keine konkrete Erinnerung an den jeweiligen Vorgang mehr hatten oder diese sowie andere Tatzeugen nicht ermittelt wer- den konnten - das Vorliegen eines Irrtums nahe. Dies hat das Landgericht nicht bedacht.
11
3. Die Einheitlichkeit der Tat steht in den vorbezeichneten Fällen der Aufrechterhaltung der - für sich rechtsfehlerfreien - tateinheitlichen Verurteilung des Angeklagten wegen Inverkehrbringens von Falschgeld entgegen (vgl. Meyer -Goßner, StPO, 56. Aufl., § 353 Rn. 7a), so dass die Sache insoweit insgesamt der neuen Verhandlung und Entscheidung bedarf.
12
III. Das angefochtene Urteil kann weiterhin nicht bestehen bleiben, soweit das Landgericht es unterlassen hat, in den Fällen II. 1 bis 31 und 33 bis 44 über eine Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO zu entscheiden. Dabei kommt es auf die Frage, inwieweit die Beanstandung der Nichtanwendung des § 111i Abs. 2 StPO einer Verfahrensrüge bedarf (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 2013 - 5 StR 306/12, NJW 2013, 950, 951), nicht an, da jedenfalls der Revisionsbegründung eine solche Rüge, welche die Voraussetzungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO erfüllen würde, entnommen werden kann.
13
Nach den Urteilsgründen hat der Angeklagte in 43 Fällen aus seinen Taten Waren und Wechselgeld erlangt im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB. Da der Anordnung des Verfalls nach den Feststellungen die Ansprüche der jeweils Geschädigten entgegenstehen, hätte das Landgericht in Ausübung seines ihm insoweit zustehenden pflichtgemäßen Ermessens darüber entscheiden müssen , ob es die für das weitere Verfahren erforderlichen Feststellungen nach § 111i Abs. 2 StPO trifft. Hierzu verhält sich das Urteil jedoch weder ausdrücklich noch ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe, dass das Landgericht die Voraussetzungen einer solchen Entscheidung geprüft und von dem ihm zustehenden Ermessen in der Art und Weise Gebrauch gemacht hat, dass es eine entsprechende Anordnung nicht treffen wollte. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Ausnahmefalles, in dem das Gericht von einer Anordnung nach § 111i Abs. 2 StPO absehen durfte oder musste, sind vorliegend nicht ersichtlich (vgl. BT-Drucks. 16/700 S. 16; BGH, Urteil vom 17. Juni 2009 - 2 StR 195/09, juris Rn. 4; Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 111i Rn. 8 mwN).
14
B. Revision des Angeklagten
15
I. Mit der Verfahrensrüge beanstandet der Angeklagte - im Ergebnis erfolglos -, dass die Strafkammer hinsichtlich eines Schöffen nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen sei (§ 338 Nr. 1 StPO).
16
1. Der Rüge liegt im Wesentlichen der folgende Verfahrensgang zugrunde :
17
Der Vorsitzende bestimmte mit Verfügung vom 24. September 2012 Termin zur Hauptverhandlung auf Donnerstag, den 4. Oktober 2012 und verfügte , dass "die Schöffen des 05.10.12" zu laden seien. Der für den ordentlichen Sitzungstag am Freitag, den 5. Oktober 2012 heranzuziehende Hauptschöffe , der Schöffe Q. , hatte bereits im Dezember 2011 schriftlich mitgeteilt , dass er drei vorgesehene Termine als Schöffe nicht wahrnehmen könne, da er sich an diesen im Urlaub befinden werde; zu diesen Terminen gehörte auch der 5. Oktober 2012. Auf eine Mitteilung seiner Serviceeinheit entschied der Vorsitzende daraufhin, dass der Schöffe von der Dienstleistung gem. § 54 GVG befreit werde. Darauf wurde der von der Schöffengeschäftsstelle als nächstbereiter Hilfsschöffe festgestellte Schöffe B. geladen. Diesen befreite der Vorsitzende ebenfalls von der Dienstleistung, da der Hilfsschöffe mitgeteilt hatte, dass er sich vom 2. bis 6. Oktober 2012 im Krankenhaus befinden werde. Der danach geladene nächstbereite Hilfsschöffe, der Schöffe M. , nahm schließlich an der Hauptverhandlung - neben der weiteren, regulär für den ordentlichen Sitzungstag vom 5. Oktober 2012 heranzuziehende (Haupt-) Schöffin - teil.
18
In der Hauptverhandlung rügte der Verteidiger noch vor Vernehmung des Angeklagten zur Sache die vorschriftswidrige Besetzung des Gerichts hinsichtlich des Schöffen M. und trug vor, dass die Entbindung des Hauptschöffen Q. sich als objektiv willkürliche Richterentziehung darstelle, weil dieser am 4. Oktober 2012 gar nicht verhindert gewesen sei. Diesen Besetzungseinwand wies die Strafkammer als unbegründet zurück und führte zur Begründung unter anderem aus, dass für den 4. Oktober 2012 die Schöffen zu laden gewesen seien, die "hätten geladen werden müssen, wenn der 5.10.2012 - wie ursprünglich geplant - der erste ordentliche Sitzungstag gewesen wäre". Wegen der Verhinderung des Schöffen Q. (und des Hilfsschöffen B. ) am 5. Oktober 2012 sei der Hilfsschöffe M. zu laden gewesen. Dessen Bestellung sowie die Entbindung des Hauptschöffen Q. von der Mitwirkung an der Hauptverhandlung durch den Vorsitzenden seien mit Blick auf den Vermerk der Geschäftsstelle über die Verhinderung des Hauptschöffen Q. im Übrigen jedenfalls nicht willkürlich erfolgt.
19
2. Die Verfahrensbeanstandung bleibt ohne Erfolg. Das erkennende Gericht war nicht vorschriftswidrig im Sinne des § 338 Nr. 1 StPO besetzt; denn der mitwirkende Hilfsschöffe M. war aufgrund der vorangegangenen Entbindung des Hauptschöffen sowie der - nicht beanstandeten - Entbindung des zunächst heranzuziehenden weiteren Hilfsschöffen der zur Mitwirkung berufene Richter. Die auf § 54 GVG gestützte Entscheidung des Vorsitzenden, den Hauptschöffen Q. von der Dienstleistung am 4. Oktober 2012 zu entbinden , beruhte zwar auf einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab, war indes jedenfalls nicht willkürlich.
20
Im Einzelnen:
21
a) Die - bislang in Rechtsprechung und Literatur noch nicht geklärte - Frage, ob bei Verlegung des ordentlichen Sitzungstages die Verhinderung des Hauptschöffen an diesem oder an dem - infolge der Verlegung an einem anderen Tag stattfindenden - tatsächlichen Sitzungstag für seine Entbindung von der Dienstleistung maßgebend ist, ist dahin zu entscheiden, dass für die Entbindung des ("Haupt-") Schöffen von der Dienstleistung seine Verhinderung am tatsächlichen Sitzungstag, nicht diejenige an dem als ordentlichen Sitzungstag bestimmten Tag maßgeblich ist. Dies beruht auf folgenden Erwägungen:
22
Die Verlegung des Beginns einer ordentlichen, gemäß § 45 Abs. 1 GVG bestimmten Sitzung auf einen anderen Tag führt dazu, dass die gemäß § 77 GVG im Voraus für den verlegten ordentliche Sitzungstag bestimmten Hauptschöffen heranzuziehen sind; anders als bei der unzulässigen Anberaumung einer außerordentlichen Sitzung, zu der gemäß §§ 47, 77 Abs. 1 GVG die zur Mitwirkung berufenen Schöffen aus der Hilfsschöffenliste herangezogen werden , wird hierdurch der Angeklagte nicht seinem gesetzlichen Richter entzogen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 5. November 1957 - 1 StR 254/57, BGHSt 11, 54 ff.). Demnach gebührt allgemein der Mitwirkung der Hauptschöffen der Vorrang vor der Heranziehung von Hilfsschöffen (BGH, Urteil vom 14. Juli 1995 - 5 StR 532/94, BGHSt 41, 175, 177). Dieser Grundsatz spricht bereits dafür, den Hauptschöffen, der lediglich an dem ursprünglich festgestellten ordentlichen Sitzungstag, nicht aber an dem tatsächlich bestimmten, vom ordentlichen Sitzungstermin abweichenden Tag verhindert ist, zu der Sitzung heranzuziehen. Zudem ist der Schöffe an dem durch die Verlegung des Sitzungstages bestimmten, die Stelle des ordentlichen Sitzungstages einnehmenden ("neuen") Sitzungstag gerade nicht an der Dienstleistung gehindert im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 2 GVG. Schließlich wäre bei Verlegung des ordentlichen Sitzungstages die (zusätzliche) Berücksichtigung der Verhinderung eines Schöffen an diesem Tag nicht praxisgerecht: Zum einen müsste zur Feststellung des gesetzlichen Richters regelmäßig geprüft werden, ob der Schöffe (auch) an dem ursprünglichen ordentlichen Sitzungstag verhindert ist, und zwar auch dann, wenn an diesem Tag tatsächlich gar keine Sitzung stattfindet; zum anderen wäre der Schöffe im Sinne des § 54 Abs. 1 GVG verhindert, wenn er am ordentlichen Sitzungstag, an dem tatsächlich keine Sitzung stattfindet, nicht aber am tatsächlichen Sitzungstag an der Dienstleistung gehindert ist. Die Verhinderung am ordentlichen Sitzungstag als maßgebend anzusehen, hätte bei strikter Beachtung schließlich zur Folge, dass der Schöffe, der zwar am verlegten neuen Sitzungstag, nicht aber am ordentlichen Sitzungstag verhindert ist, zur Mitwirkung berufen und heranzuziehen wäre. Da dieser Schöffe indes seine Dienstleistung wegen Verhinderung tatsächlich nicht erbringen könnte, wäre eine dem Grundsatz des gesetzlichen Richters genügende, vorschriftsmäßige Gerichtsbesetzung jedenfalls an dem neuen Sitzungstag nicht möglich.
23
Vorsorglich ist darauf hinzuweisen, dass von den vorstehenden Maßstäben , nach denen für die Gerichtsbesetzung die Verhinderung eines Schöffen am tatsächlichen und nicht (auch) am ordentlichen Sitzungstag maßgeblich ist, die Rechtsprechung zur ordnungsgemäßen Gerichtsbesetzung bei einer (vorherigen ) Entbindung eines am Sitzungstag tatsächlich nicht (mehr) verhinderten Schöffen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 2. Juni 1981 - 5 StR 175/81, BGHSt 30, 149, 151; Beschluss vom 20. August 1982 - 2 StR 401/82, StV 1983, 11) nicht berührt wird.
24
b) Soweit die Entbindungsentscheidung demgegenüber auf der Verhinderung des Schöffen nicht am tatsächlichen, sondern am ursprünglichen Sitzungstag beruht, hat dies gleichwohl in der hier gegebenen Konstellation keine ordnungswidrige Besetzung der Kammer zur Folge; denn der Schöffe, der wirk- sam von seiner Dienstleistung entbunden ist (§ 54 Abs. 1, § 77 Abs. 1 GVG), ist infolge seiner Entbindung nicht mehr der gesetzliche Richter. An seine Stelle tritt gemäß §§ 49, 77 Abs. 1 GVG derjenige Hilfsschöffe, der an bereitester Stelle auf der Schöffenliste steht (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juni 1981 - 5 StR 175/81, BGHSt 30, 149, 151; Beschluss vom 20. August 1982 - 2 StR 401/82, StV 1983, 11; Kissel/Mayer, GVG, 7. Aufl., § 54 Rn. 18). Die Entbindungsentscheidung selbst ist gemäß § 54 Abs. 3 Satz 1, § 77 Abs. 1 GVG unanfechtbar und unterliegt daher nicht der Prüfung des Revisionsgerichts (§ 336 Satz 2 Alt. 1 StPO). Die auf der Entbindungsentscheidung beruhende Gerichtsbesetzung kann somit grundsätzlich nicht nach § 338 Nr. 1 StPO mit der Revision gerügt werden. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Entscheidung objektiv willkürlich und der verfassungsrechtliche Grundsatz des gesetzlichen Richters nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, § 16 Satz 2 GVG verletzt ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 3. März 1982 - 2 StR 32/82, BGHSt 31, 3, 5; vom 22. Juni 1982 - 1 StR 249/81, NStZ 1982, 476; vom 23. Januar 2002 - 5 StR 130/01, BGHSt 47, 220, 222; s. auch BGH, Urteil vom 22. Dezember 2000 - 3 StR 378/00, BGHSt 46, 238, 241; BT-Drucks. 8/976, S. 66; LR/Gittermann, StPO, 26. Aufl., § 54 GVG Rn. 19 f.).
25
Angesichts der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung von § 54 Abs. 3 Satz 1 GVG, § 336 Satz 2 Alt. 1 StPO kommt eine Richtigkeitsprüfung über den Willkürmaßstab hinaus nicht in Betracht und ist auch verfassungsrechtlich nicht erforderlich. So wird das Bundesverfassungsgericht durch die grundrechtsähnliche Gewährleistung des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht zu einem Kontrollorgan , das jeden einem Gericht unterlaufenden, die Zuständigkeit des Gerichts berührenden Verfahrensfehler korrigieren müsste. Es beanstandet die fehlerhafte Auslegung von Zuständigkeitsnormen nur, wenn sie bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich und offensichtlich unhaltbar sind (BVerfG, Beschluss vom 16. Februar 2005 - 2 BvR 581/03, NJW 2005, 2689, 2690). Etwas anderes gilt lediglich in dem - hier nicht gegebenen - Fall, dass nicht die Auslegung und Anwendung der Zuständigkeitsregel, sondern die Verfassungsmäßigkeit der der Rechtsanwendung zugrunde liegenden Zuständigkeitsregel (etwa eines Geschäftsverteilungsplans ) selbst zu prüfen ist (BVerfG aaO; BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2012 - 2 BvR 610/12 u.a., NJW 2012, 2334, 2335 mwN).
26
c) Daran gemessen hält die Entbindung des Hauptschöffen Q. der rechtlichen Prüfung stand. Die Entscheidung, der am ordentlichen Sitzungstag verhinderte Hauptschöffe sei (auch) am vorverlegten Sitzungstag, dem 4. Oktober 2012, an der Dienstleistung gehindert, stellt keine nicht mehr vertretbare , objektiv willkürliche Rechtsauslegung dar. Dies ergibt sich bereits daraus , dass die hier zugrundeliegende Rechtsfrage vor der Entscheidung des Senats noch nicht geklärt war und in der Sache unterschiedliche Ansichten nicht unvertretbar waren. So ist etwa auch der Generalbundesanwalt davon ausgegangen, dass für die Frage der Verhinderung auf den ursprünglichen ordentlichen Sitzungstag abzustellen sei, da bei einem Sitzungsbeginn an diesem Tag die Kammer mit dem Hilfsschöffen ordnungsgemäß besetzt gewesen wäre und bei einer Vorverlegung nichts anderes gelten könne.
27
Auf die Frage, ob die Entscheidung des Vorsitzenden auch deshalb nicht willkürlich war, weil er den Schöffen aufgrund des Vermerks der Geschäftsstelle entbunden hat, kommt es danach nicht mehr an.
28
II. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Sachrüge hat ebenfalls keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
29
Entgegen der Auffassung der Revision sind insbesondere die konkurrenzrechtlichen Bewertungen des Urteils nicht zu beanstanden. Tateinheit zwischen Inverkehrbringen von Falschgeld und Betrug ist angesichts der - von der Revision selbst erkannten - unterschiedlichen Schutzrichtung der beiden Tatbestände möglich (vgl. auch BGH, Urteile vom 27. September 1977 - 1 StR 374/77, juris Rn. 44 mwN; vom 10. Mai 1983 - 1 StR 98/83, BGHSt 31, 380 ff.) und vorliegend durch die Feststellungen auch belegt.
30
Dass der Angeklagte das Falschgeld in einem Akt erhalten hat und sich dazu entschloss, es sukzessive in Verkehr zu bringen, führt nicht zu einer einzigen Tat. Ein einheitlicher Gesetzesverstoß setzt in der hier gegebenen Konstellation voraus, dass der Täter sich das Geld in der Absicht verschafft, es später abzusetzen, und er diese Absicht später verwirklicht (vgl. BGH, Beschluss vom 9. März 2011 - 3 StR 51/11, NStZ 2011, 516 f. mwN). Da der Angeklagte bei Erhalt des Falschgeldes ohne Vorsatz handelte, lag zu diesem Zeitpunkt noch keine tatbestandliche Handlung vor, welche die späteren Absatzhandlungen zu einer einzigen Tat verbinden könnte. Auch eine natürliche Handlungseinheit ist nicht gegeben, da es an einem dafür erforderlichen engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang zwischen den sich über mehr als drei Jahre hinziehenden einzelnen Handlungen fehlt (vgl. BGH, Urteil vom 29. März 2012 - 3 StR 422/11, StV 2013, 382, 383 mwN).
31
Schließlich begegnet die Annahme einer - indes als Regelbeispiel eines besonders schweren Falles des Betruges nicht in die Urteilsformel aufzunehmenden - gewerbsmäßigen Begehungsweise gemäß § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Alt. 1 StGB keinen Bedenken; denn der Angeklagte wollte sich nach den Feststellungen ersichtlich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen. Anders als in Fällen des § 146 Abs. 1 Nr. 2 StGB, in denen es bei einem einheitlichen Verschaffungsvorgang an der Absicht wiederholter Tatbegehung fehlen kann (s. dazu etwa BGH, Beschluss vom 1. September 2009 - 3 StR 601/08, NJW 2009, 3798), liegt das deliktische Handeln hier allein in der Wei- tergabe, nicht in dem einheitlichen Verschaffen des Falschgeldes. Daher ist nicht auf die einheitliche Besitzerlangung, sondern auf die beabsichtigte mehrfache Abgabe an gutgläubige Dritte abzustellen. Schäfer Hubert Mayer Gericke Spaniol

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 616/12
vom
5. März 2014
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Betrugs
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Sitzung vom
5. Februar 2014 in der Verhandlung am 5. März 2014, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Appl,
Prof. Dr. Krehl,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott
und der Richter am Bundesgerichtshof
Zeng,
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt (in der Verhandlung am
5. Februar 2014),
Rechtsanwalt (in der Verhandlung
am 5. Februar 2014),
Rechtsanwalt (in der Verhandlung
am 5. Februar 2014 und bei der Verkündung am 5. März 2014)
als Verteidiger,
Justizangestellte (in der Verhandlung am 5. Februar 2014),
Justizangestellte (bei der Verkündung am 5. März 2014)
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 18. Juni 2012 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht Frankfurt am Main hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen versuchten Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Aufgrund überlanger Verfahrensdauer hat es angeordnet, dass vier Monate der verhängten Strafe als vollstreckt gelten. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

A.


2
I. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen :
3
1. Der Angeklagte war Geschäftsführer der Firma N. Ltd. Das von dieser betriebene Unternehmen unterhielt von August 2006 bis zum 31. August 2007 verschiedene kostenpflichtige Internetseiten, unter anderem die Seite „www.routenplaner-server.com“, auf der ein Online-Routenplaner angeboten wurde.
4
Diese Internetseite, für deren Gestaltung der Angeklagte verantwortlich war, war dergestalt aufgebaut, dass bei ihrem Aufruf zunächst eine Startseite erschien, auf der von dem Nutzer verschiedene Angaben zum Stand- und Zielort zu machen waren. Auf der Startseite befand sich in Fettdruck auch ein Hinweis auf ein Gewinnspiel. Eine Information darüber, dass für die Nutzung des Routenplaners ein Entgelt zu zahlen war, enthielt die Startseite nicht.
5
Nach Betätigung der Schaltfläche „Route berechnen!“ erschien eine neue Seite, über der sich eine Grafik befand, in der wiederum auf das Gewinnspiel hingewiesen wurde. Auf derselben Seite gab es auch eine so genannte Anmeldemaske , in welche der Nutzer seinen Vor- und Zunamen nebst Anschrift, E-Mail-Adresse und Geburtsdatum einzutragen hatte. Die Anmeldemaske war in kursiver Schrift mit den Worten überschrieben: „Bitte füllen Sie alle Felder vollständig aus!“ Im unteren Bereich der Seite war von dem Nutzer die Schaltfläche „ROUTE PLANEN“ anzuklicken. Unterhalb dieser Schaltfläche befand sich ein Fußnotentext, auf den mit einem Sternchenhinweis verwiesen wurde. Am Ende dieses mehrzeiligen Fußnotentextes war der Preis für einen dreimonatigen Zugang zu dem Routenplaner in Höhe von 59,95 € in Fettdruck ausgewiesen. In Abhängigkeit von der Größe des Monitors und der verwendeten Bildschirmauflösung endete der sichtbare Teil der Internetseite unmittelbar nach der Schaltfläche „ROUTE PLANEN“,so dass der Hinweis auf das zu zahlende Entgelt auf den ersten Blick nicht wahrzunehmen war. Das zu zahlende Entgelt in Höhe von 59,95 € war auch in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf- geführt, die über den Link „AGB und Verbraucherinformation“ aufrufbarwaren und von dem Nutzer akzeptiert werden mussten. Die Allgemeinen Geschäfts- bedingungen enthielten darüber hinaus eine Bestimmung, wonach dem Nutzer über den Betrag in Höhe von 59,95 € eine Rechnung zugesandt und der Rechnungsbetrag vorbehaltlich des Widerrufsrechts unmittelbar nach Vertragsschluss fällig werde.
6
Zur Prüfung einer möglichen Strafbarkeit durch das Betreiben der Internetseite hatte sich der Angeklagte bereits im Jahr 2006 an seinen Verteidiger, Rechtsanwalt P. , gewandt, der ihn an seinen Sozietätskollegen, Rechtsanwalt G. , weiterverwies. Dieser gab dem Angeklagten ein im August 2006 für einen Dritten erstattetes Gutachten über die strafrechtliche Beurteilung eines auf einer vergleichbaren Internetseite angebotenen kostenpflichtigen Intelligenztests zur Kenntnis. Darin kam er zu dem Ergebnis, dass eine Strafbarkeit wegen Betrugs schon deswegen nicht in Betracht komme, weil keine Täuschungshandlung vorliege.
7
Aufgrund der Klage eines Verbraucherschutzverbandes wurde der Angeklagte am 27. Juni 2007 vom Landgericht Frankfurt am Main verurteilt, es zu unterlassen, Internetseiten (mit ähnlichem Erscheinungsbild) zu betreiben, ohne die Preise für die Inanspruchnahme der angebotenen Leistungen deutlich zu machen. Das Urteil wurde ihm am 2. Juli 2007 zugestellt. Die gegen das Urteil eingelegte Berufung nahm der Angeklagte aufgrund eines Hinweisbeschlusses des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main am 6. Mai 2008 zurück. Weitere gleichgelagerte Entscheidungen durch das Landgericht Frankfurt am Main vom 5. September 2007 folgten, sie wurden vom Oberlandesgericht Frankfurt am Main am 4. Dezember 2008 und in einem Fall vom Bundesgerichtshof mit Entscheidung vom 25. März 2010 bestätigt (UA S. 31 f.).
8
2. Spätestens zum 1. September 2007 führte die O. Ltd. die zuvor von der N. Ltd. betriebenen Internetseiten in unveränderter Form weiter. Die O. Ltd. hatte in der Zeit vom 1. März 2007 bis zum 31. Oktober 2007 ihren Sitz zunächst in W. ; zum 1. November 2007 wurde der Firmensitz zum Schein nach Ob. verlegt. Geschäftsführerin der O. Ltd. war die ursprüngliche Mitangeklagte D. , die im Jahr 2005 ohne Deutschkenntnisse als „Au Pair-Mädchen“ aus der Slowakei nach Deutschland gekommen und zum Zeitpunkt ihrer Eintragung als Geschäftsführerin 21 Jahre alt war. Tatsächlich wurden die Geschäfte der O. Ltd. von dem Angeklagten geführt, der nach außen hin als Prokurist auftrat.
9
Insgesamt 261 Nutzer, die den Kostenhinweis auf der Internetseite „www.routenplaner-server.com“ nicht zur Kenntnis genommen hatten, erstatte- ten Strafanzeige, nachdem sie nach Ablauf der Widerrufsfrist per E-Mail oder per Post eine Zahlungsaufforderung erhalten hatten. Zehn Anzeigeerstatter zahlten das Entgelt in Höhe von 59,95 €. An diejenigen, die nicht gezahlt hatten , wurden Zahlungserinnerungen versandt; einige erhielten zudem Schreiben von Rechtsanwälten, in denen ihnen für den Fall, dass sie nicht zahlten, mit einem Eintrag bei der „Schufa“ gedroht wurde.
10
II. Das Landgericht hat in der verantwortlichen Gestaltung der Internetseiten durch den Angeklagten einen versuchten Betrug gesehen. Der Angeklagte habe die Absicht gehabt, durch die äußere Form der Internetseite über deren Kostenpflichtigkeit zu täuschen und den Nutzern jeweils einen Vermögensschaden in Höhe von 59,95 € zuzufügen. Der Schaden habe darin liegen sollen, dass die Internetnutzer, die nach Eingabe ihrer Daten die Schaltfläche „ROUTE PLANEN“ betätigt hatten, dadurch einen – wenn auch zivilrechtlich anfechtba- ren – Vertrag geschlossen hätten, der sie zur Zahlung von 59,95 € verpflichtet habe, obwohl die Leistung auch umsonst erhältlich gewesen sei (UA S. 73). Darüber hinaus sei der Vertrag nicht auf eine einmalige Leistung, sondern auf ein Abonnement gerichtet gewesen, was den Internetnutzern, die den Kostenhinweis nicht wahrgenommen hätten, gar nicht bekannt gewesen sei. Daher habe zum einen keine Möglichkeit zur Nutzung bestanden, zum anderen sei diese Nutzungsmöglichkeit wirtschaftlich sinnlos gewesen, wenn die Nutzer anlassbezogen eine einzelne Route planen wollten (UA S. 75). Einen vollendeten Betrug hat das Landgericht, das lediglich drei der Anzeigeerstatter als Zeugen vernommen hat, mit der Begründung verneint, es sei nicht nachzuweisen, dass tatsächlich Nutzer der Seite getäuscht worden seien. Aufgrund des dem Angeklagten bekannten Gutachtens vom 2. August 2006, auf das er vertraut habe, habe ihm zunächst die Einsicht gefehlt, Unrecht zu tun. Nachdem ihm am 2. Juli 2007 das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main zugestellt worden sei, habe er aber mit bedingtem Unrechtsbewusstsein gehandelt; ihm sei spätestens ab diesem Zeitpunkt bewusst gewesen, dass er durch die Gestaltung der Internetseiten gegen zivilrechtliche Normen verstoße (UA S. 79). Angesichts von Verschleierungshandlungen im Sommer/Herbst 2007 (Einschaltung von Scheingeschäftsführern , Umfirmierungen und Sitzverlegungen) sei die Strafkammer überzeugt, dass dem Angeklagten tatsächlich bewusst gewesen sei, durch seine Seitengestaltung gegen geltendes Recht zu verstoßen.

B.


11
Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.
12
I. Die Verfahrensrügen sind aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet.
13
II. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat ebenfalls keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Schuld- und Strafausspruch begegnen keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
14
1. Ohne Rechtsfehler ist das Landgericht davon ausgegangen, dass bei dem Angeklagten Vorsatz hinsichtlich aller Tatbestandsmerkmale des Betrugs gegeben ist.
15
a) Die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe den Vorsatz ge- habt, die Nutzer der Internetseite „www.routenplaner-server.com“ über die Kos- tenpflichtigkeit der angebotenen Leistung zu täuschen, wird von den Feststellungen getragen.
16
aa) Eine Täuschungshandlung im Sinne des § 263 StGB ist jede Einwirkung des Täters auf die Vorstellung des Getäuschten, welche objektiv geeignet und subjektiv bestimmt ist, beim Adressaten eine Fehlvorstellung über tatsächliche Umstände hervorzurufen. Sie besteht in der Vorspiegelung falscher oder in der Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen. Dabei kann die Täuschung nicht nur ausdrücklich, sondern auch konkludent erfolgen (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2001 – 4 StR 439/00, BGHSt 47, 1, 3).
17
Auf eine solche Täuschungshandlung richtete sich der Vorsatz des Angeklagten. Der Internetseite und den Allgemeinen Geschäftsbedingungen war zwar bei genauer Lektüre zu entnehmen, dass die Inanspruchnahme des Rou- tenplaners zum Abschluss eines Abonnementvertrages führte und zur Zahlung eines Entgelts in Höhe von 59,95 € verpflichtete. Die Strafkammer hat den Vorsatz aber ohne Rechtsfehler daraus abgeleitet, dass der Angeklagte durch den gewählten Aufbau der Internetseite die Kostenpflichtigkeit der angebotenen Leistung verschleiert hat, indem er den Hinweis auf das anfallende Nutzungsentgelt an einer Stelle platziert hat, an der mit einem solchen Hinweis nicht zu rechnen war. Der Hinweis war nicht – wie insbesondere bei Leistungen zu erwarten ist, die im Internet problemlos kostenfrei in Anspruch genommen werden können – im örtlichen und inhaltlichen Zusammenhang mit den Angaben angebracht , die sich auf die angebotene Leistung beziehen. Er war vielmehr in einem Fußnotentext enthalten, dessen Inhalt der Nutzer nur dann zur Kenntnis nehmen konnte, wenn er dem neben der Überschrift zur Anmeldemaske befindlichen Verweis in Form eines Sternchens folgte. Diese Gestaltung spricht dafür, dass der Angeklagte tatsächlich eine Kenntnisnahme der Kostenpflichtigkeit durch die Nutzer verhindern wollte. Hierfür spricht auch, dass der Fußnotentext bei der im Tatzeitraum statistisch am häufigsten verwendeten Bildschirmgröße und -auflösung erst nach vorherigem „Scrollen“ wahrgenommen werden konnte (so auch OLG Frankfurt am Main, NJW 2011, 398, 400 f.). Auch die wiederholte Hervorhebung der Gewinnspielteilnahme zielte erkennbar darauf ab, die Aufmerksamkeit des Nutzers darauf zu lenken und so durch die Gesamtgestaltung der Internetseite darüber hinwegzutäuschen, dass für die Inanspruchnahme des Routenplaners ein Entgelt zu zahlen war.
18
Zudem liegt in der Gestaltung der Internetseite ein Verstoß gegen die Vorschriften der Preisangabenverordnung (PAngV). Diesem Umstand kommt in Fällen, in denen – wie hier – ein Kostenhinweis lediglich an versteckter Stelle enthalten ist, für die Beurteilung einer Täuschungshandlung und eines darauf gerichteten Vorsatzes indizielle Bedeutung zu (vgl. Fischer, 61. Aufl., § 263 Rn. 28a; Eisele, NStZ 2010, 193, 196; Brammsen/Apel, WRP 2011, 1254, 1255; Hatz, JA 2012, 186, 187). Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV hat derjenige, der Letztverbrauchern gewerbs- oder geschäftsmäßig oder regelmäßig in sonstiger Weise Waren oder Leistungen anbietet, die Preise anzugeben, die einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile zu zahlen sind (Endpreise). Diese Angaben müssen der allgemeinen Verkehrsauffassung und den Grundsätzen von Preisklarheit und Preiswahrheit entsprechen (§ 1 Abs. 6 Satz 1 PAngV). Nach § 1 Abs. 6 Satz 2 PAngV sind die Angaben dem Angebot oder der Werbung eindeutig zuzuordnen und leicht erkennbar sowie deutlich lesbar oder sonst gut wahrnehmbar zu machen. Soweit auf der Internetseite des Angeklagten lediglich ein Sternchen auf eine Fußnote verwiesen hat, in der das zu zahlende Entgelt ausgewiesen war, genügt dies den beschriebenen Anforderungen nicht (vgl. BGH, Urteil vom 8. Oktober 1998 – I ZR 187/97, BGHZ 139, 368, 377; OLG Frankfurt am Main, GRUR-RR 2009, 265, 266) und trägt den landgerichtlichen Schluss, der Angeklagte sei bestrebt gewesen, die Kostenpflichtigkeit des Angebots täuschend zu verschleiern.
19
Nichts anderes ergibt sich aus der Tatsache, dass die für die Nutzung anfallenden Kosten in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgewiesen waren. Da bereits die Hauptseite keinen deutlichen und leicht erkennbaren Hinweis auf die Kostenpflichtigkeit enthielt, konnten und mussten die Nutzer nicht damit rechnen, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine solche für die Entscheidung über die Inanspruchnahme der Leistung wesentliche Angabe beinhalteten (ebenso OLG Frankfurt am Main, NJW 2011, 398, 402). Dass der Angeklagte trotz Mitteilung des anfallenden Entgelts auch insoweit beabsichtigte, potentielle Nutzer zu täuschen, wird zudem daraus ersichtlich, dass die entsprechende Preisklausel erstmals in einer drucktechnisch nicht hervorgehobenen Bestimmung auf der dritten Bildschirmseite enthalten und das konkret zu zahlende Entgelt in Höhe von 59,95 € erst einer weiteren Bestimmung auf der fünften Bildschirmseite zu entnehmen war (UA S. 19 f.).
20
bb) Der Annahme von Täuschungsabsicht steht nicht entgegen, dass der Hinweis auf die Entgeltlichkeit bei sorgfältiger, vollständiger und kritischer Prüfung erkennbar war. Es ist zwar nicht Aufgabe des Strafrechts (und des Betrugstatbestands), allzu sorglose Menschen vor den Folgen ihres eigenen unbedachten Tuns zu schützen (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 1952 – 5 StR 358/52, BGHSt 3, 99, 103; Urteil vom 26. April 2001 – 4 StR 439/00, BGHSt 47, 1, 4). Doch lassen Leichtgläubigkeit des Opfers oder Erkennbarkeit einer auf die Herbeiführung eines Irrtums gerichteten Täuschungshandlung weder aus Rechtsgründen die Täuschungsabsicht entfallen (vgl. BGH, Urteil vom 22. Oktober 1986 – 3 StR 226/86, BGHSt 34, 199, 201 f.; Urteil vom 5. Dezember 2002 – 3 StR 161/02, NStZ 2003, 313, 314; Urteil vom 4. Dezember 2003 – 5 StR 308/03, NStZ-RR 2004, 110, 111) noch schließen sie eine irrtumsbedingte Fehlvorstellung aus.
21
An dieser Rechtsprechung ist auch unter Berücksichtigung der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken ; ABl. 2005 L149 S. 22) festzuhalten.
22
Gemäß Art. 6 (1) d) der Richtlinie 2005/29/EG gilt eine Geschäftspraxis als irreführend, wenn sie falsche Angaben enthält und somit unwahr ist oder wenn sie in irgendeiner Weise, einschließlich sämtlicher Umstände ihrer Präsentation , selbst mit sachlich richtigen Angaben den Durchschnittsverbraucher in Bezug auf den Preis täuscht oder ihn zu täuschen geeignet ist und ihn in je- dem Fall tatsächlich oder voraussichtlich zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst, die er ansonsten nicht getroffen hätte. Der Richtlinie liegt daher im Grundsatz das Leitbild eines durchschnittlich verständigen und aufmerksamen Verbrauchers zugrunde (vgl. auch den Erwägungsgrund 18).
23
Soweit unter Verweis auf dieses Leitbild in der Literatur teilweise die Ansicht vertreten wird, aufgrund einer richtlinienkonformen Auslegung des Betrugstatbestands liege eine strafrechtlich relevante Täuschung nur dann vor, wenn die im Geschäftsverkehr getätigte Aussage geeignet ist, eine informierte, aufmerksame und verständige Person zu täuschen (Soyka, wistra 2007, 127, 132; SSW/Satzger, 2. Aufl., § 263 Rn. 113 f.; Hecker, Europäisches Strafrecht, 4. Aufl., 2012, § 10 Rn. 17, 21; Satzger, Internationales und Europäisches Strafrecht , 6. Aufl., 2013, § 9 Rn. 104 f.; Ruhs in Festschrift für Rissing-van Saan, 2011, S. 567, 579 ff.; vgl. auch Dannecker, ZStW 2005, 697, 711 f.), folgt der Senat dieser Ansicht nicht.
24
Die Verpflichtung zur richtlinienkonformen Auslegung wird überwiegend aus Art. 4 Abs. 3 EUV (früher: Art. 10 EGV) und aus Art. 288 Abs. 3 AEUV (früher : Art. 249 Abs. 3 EGV) abgeleitet (vgl. Satzger in Sieber u.a., Europäisches Strafrecht, 1. Aufl., § 9 Rn. 52; Hecker, Europäisches Strafrecht, 4. Aufl., § 10 Rn. 6 ff.; Ambos, Internationales Strafrecht, 3. Aufl., § 11 Rn. 37). Richtlinienkonform auszulegen sind dabei zunächst diejenigen Vorschriften, die unmittelbar der Umsetzung einer EU-Richtlinie dienen (Satzger in Sieber u.a., Europäisches Strafrecht, 1. Aufl., § 9 Rn. 63; Hecker, Europäisches Strafrecht, 4. Aufl., § 10 Rn. 10); darüber hinaus ist aber auch das sonstige nationale Recht im Einklang mit den Vorgaben des Unionsrechts auszulegen, selbst wenn es sich um Vorschriften handelt, die vor oder unabhängig von dem Erlass der Richtlinie ergangen sind (EuGH, Urteil vom 13. November 1990 – C-106/89; Urteil vom 14. Juli 1994 – C-91/92, NJW 1994, 2473, 2474; Urteil vom 16. Juli 1998 – C-355/96, NJW 1998, 3185, 3187).
25
Infolgedessen besteht die Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung auch im Bereich des Strafrechts (Satzger, Die Europäisierung des Strafrechts, 2001, S. 560; ders., Internationales und Europäisches Strafrecht, 6. Aufl., § 9 Rn. 104; Hecker, Europäisches Strafrecht, 4. Aufl., § 10 Rn. 10 ff.). Sie kann dazu führen, dass unter mehreren vertretbaren Auslegungsvarianten einer Strafnorm diejenige zugrunde zu legen ist, die dem Unionsrecht am besten gerecht wird (s. Ambos, Internationales Strafrecht, 3. Aufl., § 11 Rn. 46; Satzger in Sieber u.a., Europäisches Strafrecht, 1. Aufl., § 9 Rn. 55; ders., Internationales und Europäisches Strafrecht, 6. Aufl., § 9 Rn. 93; Hecker, Europäisches Strafrecht , 4. Aufl., § 10 Rn. 15; LK-Weigend, StGB, 12. Aufl., Einleitung Rn. 87; Schönke/Schröder/Eser/Hecker, StGB, 29. Aufl., Vorbemerkungen vor § 1 Rn. 28).
26
Im Hinblick darauf, dass das Landgericht das Betreiben der von dem Angeklagten gestalteten Internetseite seit dem 2. Juli 2007 als Täuschungshandlung gewertet hat und die Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung spätestens mit Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie besteht (EuGH, Urteil vom 4. Juli 2006 – C-212/04, NJW 2006, 2465, 2468), war die gemäß Art. 19 bis zum 12. Juni 2007 umzusetzende Richtlinie 2005/29/EG im Tatzeitraum zwar anwendbar ; sie erfordert indes keine strafbarkeitseinschränkende Auslegung des Betrugstatbestands.
27
(1) Auch wenn sich die innerstaatliche Rechtsanwendung an den gesamten Wertungsvorgaben des Unionsrechts zu orientieren hat (vgl. Satzger in Sieber u.a., Europäisches Strafrecht, 1. Aufl., § 9 Rn. 51), unterliegt die Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung Grenzen. Sie setzt grundsätzlich erst dann ein, wenn der Inhalt der Richtlinie insgesamt oder im angewendeten Bereich eindeutig ist (BGH, Beschluss vom 3. Juni 1993 – I ZB 9/91, GRUR 1993, 825, 826; Urteil vom 5. Februar 1998 – I ZR 211/95, BGHZ 138, 55, 61). Dies gilt auch für den Bereich des Strafrechts. Ein absoluter Vorrang der richtlinienkonformen Auslegung im Bereich des materiellen Strafrechts liefe Gefahr, in Konflikt mit der eingeschränkten Rechtsetzungskompetenz der Europäischen Union auf dem Gebiet des Strafrechts und dem Grundsatz der möglichst weitgehenden Schonung der mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen zu geraten (vgl. Satzger, Die Europäisierung des Strafrechts, 2001, S. 520, 550 f., 563; Schröder, Europäische Richtlinien und deutsches Strafrecht, 2002, S. 434, 452 f.; Ambos, Internationales Strafrecht, 3. Aufl., 2011, § 11 Rn. 51). Richtlinienvorgaben können aus diesem Grund nicht in jedem Fall vorbehaltlos in das Strafrecht übertragen werden, zumal der Richtliniengeber die Auswirkungen einer andere Lebensbereiche betreffenden Richtlinie auf das Strafrecht eines jeden Mitgliedsstaates mitunter nicht im Blick hat bzw. haben kann (vgl. Schröder, aaO, S. 444, 450). Es bedarf daher der Prüfung, ob der Regelungsinhalt der Richtlinie nach deren Sinn und Zweck auf die Strafnorm durchschlägt (Schröder, aaO, 2002, S. 452 f.; Vergho, Der Maßstab der Verbrauchererwartung im Verbraucherschutzstrafrecht, 2009, S. 119; Rönnau/Wegner, GA 2013, 561, 564). Dabei ist zu beachten, dass der normative Gehalt einer nationalen Vorschrift im Wege der richtlinienkonformen Auslegung nicht grundlegend neu bestimmt werden darf (vgl. Jarass, EuR 1991, 211, 218; Satzger, Die Europäisierung des Strafrechts, 2001, S. 533).
28
Nach diesen Maßstäben scheidet eine einschränkende Auslegung des Betrugstatbestands aufgrund der Richtlinie 2005/29/EG aus. Das Leitbild des durchschnittlich verständigen und aufmerksamen Verbrauchers hat – dem Zweck des Lauterkeitsrechts entsprechend – primär den Schutz der Dispositionsfreiheit des Verbrauchers im Blick und zielt darauf ab, ihn generalpräventiv vor unlauteren Beeinflussungen vor, bei oder nach Vertragsschluss zu schützen und damit seine (rechtsgeschäftliche) Entscheidungsfreiheit und mittelbar den Schutz der Mitbewerber sowie einen unverfälschten Wettbewerb zu gewährleisten (vgl. hierzu Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl., § 1 Rn. 17; Sosnitza in Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl., § 1 Rn. 20 f.; Fezer, WRP 1995, 671, 675; Vergho, Der Maßstab der Verbrauchererwartung im Verbraucherschutzstrafrecht , 2009, S. 129 f.). Gemäß Art. 1 bezweckt auch die Richtlinie 2005/29/EG, durch Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten über unlautere Geschäftspraktiken zu einem reibungslosen Funktionieren des Binnenmarkts und zum Erreichen eines hohen Verbraucherschutzniveaus beizutragen. Zur Erreichung dieses Ziels bedarf es keiner Einschränkung des strafrechtlichen Vermögensschutzes. Die Richtlinie verfolgt nicht den Zweck, Geschäftspraktiken straffrei zu stellen, die zu einer Verletzung von Rechtsgütern der Verbraucher führen, und Verhaltensweisen zu privilegieren , die auf die Täuschung unterdurchschnittlich aufmerksamer und verständiger Verbraucher gerichtet sind (Vergho, wistra 2010, 86, 90 f.). Irreführende Geschäftspraktiken, die dazu dienen, den Verbraucher durch gezielte Täuschung an seinem Vermögen zu schädigen, werden von dem Schutzzweck der Richtlinie daher nicht erfasst (vgl. Erb, ZIS 2011, 368, 376; Rönnau/Wegner, GA 2013, 561, 566).
29
Es kommt hinzu, dass eine Begrenzung der Betrugsstrafbarkeit auf solche Täuschungshandlungen, die geeignet sind, einen durchschnittlich verständigen und aufmerksamen Verbraucher zu täuschen, dem durch § 263 StGB intendierten Rechtsgüterschutz widerspräche. Eine richtlinienkonforme Auslegung des Betrugstatbestands darf nicht so weit gehen, dass dessen Schutzbe- reich gegenüber Personen eingeschränkt wird, die intellektuell oder situativ nicht zu einem normativ „durchschnittlichen“ Maß an Selbstschutz inder Lage sind (Fischer, aaO Rn. 55a). Denn dadurch würde der strafrechtliche Rechtsgüterschutz gerade solchen Verbrauchern versagt, die in besonderem Maße schutzwürdig sind (Vergho, Der Maßstab der Verbrauchererwartung im Verbraucherschutzstrafrecht , 2009, S. 298 f.). Zu bedenken ist überdies, dass es keinerlei Hinweis dafür gibt, dass der Europäische Richtliniengeber, der den Verbraucherschutz mit seinen Regelungen stärken wollte, diesen Personenkreis zum Zwecke der Harmonisierung dem strafrechtlichen Schutz einzelner Mitgliedsländer entziehen wollte.
30
Eine Beschränkung des strafrechtlichen Rechtsgüterschutzes auf durchschnittlich verständige Verbraucher führte überdies zu einer die Grenzen der richtlinienkonformen Auslegung überschreitenden Normativierung des Täuschungs - und Irrtumsbegriffs. Anders als der Begriff des durchschnittlich informierten , aufmerksamen und verständigen Verbrauchers, der normativ geprägt (vgl. Fezer, WRP 1995, 671, 676; Sosnitza in Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl., § 2 Rn. 94, 96; Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl., § 5, Rn. 1.49 mwN) und deshalb hinsichtlich seiner Reichweite von den Gerichten selbständig zu bestimmen ist (vgl. den Erwägungsgrund 18 der Richtlinie 2005/29/EG sowie EuGH, Urteil vom 18. Oktober 2012 – C-428/11, GRUR 2012, 1269, 1272), setzt der Betrugstatbestand nach seinem Wortlaut die Erregung eines durch Täuschung hervorgerufenen Irrtums voraus. Der Irrtum ist als Widerspruch zwischen einer subjektiven Vorstellung und der Wirklichkeit eine psychologische Tatsache (vgl. Fischer, aaO Rn. 54; NK-Kindhäuser, 4. Aufl., § 263 Rn. 170), sein Vorliegen ist Tatfrage (Schönke/Schröder/Perron, 29. Aufl., § 263 Rn. 33). Es kommt daher nicht darauf an, was der Getäuschte hätte verstehen müssen, sondern was er tatsächlich verstanden hat (vgl. Vergho, wistra 2010, 86, 89; Schönke/Schröder/Perron, 29. Aufl., § 263 Rn. 32a). Mit diesen Grundsätzen wäre eine Auslegung des Betrugstatbestands nicht in Einklang zu bringen, die – ungeachtet eines bestehenden Täuschungsvorsatzes – Fehlvorstellungen von Verbrauchern, die dem Leitbild des durchschnittlichen Verbrauchers nicht entsprechen, dem strafrechtlichen Rechtsgüterschutz entzieht.
31
(2) Selbst wenn man den vorstehenden grundsätzlichen Erwägungen nicht folgte, käme jedenfalls in der hier vorliegenden Fallgestaltung eine Einschränkung des Betrugstatbestands aufgrund einer die Vorgaben und Wertungen der Richtlinie 2005/29/EG berücksichtigenden Auslegung nicht in Betracht. Auch dem der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs entnommenen Leitbild des Durchschnittsverbrauchers (grundlegend EuGH, Urteil vom 16. Juli 1998 – C-210/96, WRP 1998, 848, 851) liegt kein besonders aufmerksamer und gründlicher Idealtypus zugrunde (Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl., § 5 Rn. 1.48). Vielmehr ist die Sicht eines situationsadäquat aufmerksamen Verbrauchers maßgeblich. Die an den Grad der Aufmerksamkeit zu stellenden Anforderungen bestimmen sich dabei nach dem angesprochenen Personenkreis (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 2001 – I ZR 193/99, GRUR 2002, 550, 552; Urteil vom 20. Dezember 2001 – I ZR 215/98, GRUR 2002, 715, 716) und der Bedeutung der beworbenen Waren oder Dienstleistungen, so dass die Aufmerksamkeit insbesondere dort eher gering, d.h. flüchtig ist, wo es um den Erwerb geringwertiger Gegenstände des täglichen Bedarfs geht (BGH, Urteil vom 20. Oktober 1999 – I ZR 167/97, NJW-RR 2000, 1490, 1491; Urteil vom 19. April 2001 – I ZR 46/99, NJW 2001, 3193, 3195; Urteil vom 2. Oktober 2003 – I ZR 150/01, GRUR 2004, 244, 245). Die Anforderungen an einen aufmerksamen und verständigen Verbraucher, der willens und in der Lage ist, Informationen zur Kenntnis zu nehmen, dürfen deshalb gerade im auf schnelle Bot- schaften und schnelle Abschlüsse gerichteten Verkehr nicht überspannt werden (Hefendehl in Münchener Kommentar zum StGB, 2. Aufl., § 263 Rn. 50).
32
Auch nach Art. 5 (2) b) und Art. 5 (3) der Richtlinie 2005/29/EG ist bei der Beurteilung, ob eine Geschäftspraktik unlauter ist, die Sicht eines leichtgläubigen Verbrauchers immer dann maßgeblich, wenn gerade ein solcher Verbraucher für eine Geschäftspraxis oder das ihr zugrunde liegende Produkt besonders anfällig ist; in diesem Fall muss der Verbraucherschutz dadurch sichergestellt werden, dass die Praxis aus der Sicht eines Durchschnittsmitglieds dieser Verbrauchergruppe beurteilt wird (vgl. auch den Erwägungsgrund 19). Wird daher – wie hier – die Entgeltlichkeit einer angebotenen Leistung bewusst verschleiert , um die Unaufmerksamkeit oder Leichtgläubigkeit bestimmter Verkehrskreise auszunutzen, ist kein Raum für eine einschränkende Auslegung des Betrugstatbestands. Dies wird auch durch die im Anhang I der Richtlinie aufgeführten Geschäftspraktiken bestätigt, „die unter allen Umständen als unlauter gelten“. Dieser Anhang enthält unter der Nummer 21 als irreführende Ge- schäftspraxis die Fallkonstellation, dass Werbematerialien eine Rechnung oder ein ähnliches Dokument mit einer Zahlungsaufforderung beigefügt wird, die dem Verbraucher den Eindruck vermitteln, er habe das beworbene Produkt bereits bestellt, obwohl dies nicht der Fall ist. Auch hier ist für den Verbraucher bei sorgfältiger Prüfung erkennbar, dass es sich bei der Zahlungsaufforderung nicht um die Geltendmachung einer bestehenden Forderung handelt. Ein hiermit weitgehend vergleichbarer Sachverhalt lag bereits der Entscheidung BGHSt 47, 1 zugrunde. Die ausdrückliche Aufnahme dieser Fallkonstellation in den Anhang der Richtlinie 2005/29/EG, die durch das Erste Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I, S. 2949) als Ziffer 22 in den Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG übernommen worden ist, stützt die schon in der vorgenannten Entscheidung des Bundesge- richtshofs (Urteil vom 26. April 2001 – 4 StR 439/00, BGHSt 47, 1, 6 f.) vertretene Rechtsansicht, wonach weder die Leichtgläubigkeit des Opfers noch die Erkennbarkeit der Täuschung eine Strafbarkeit wegen Betrugs ausschließen (vgl. auch Vergho, Der Maßstab der Verbrauchererwartung im Verbraucherschutzstrafrecht , 2009, S. 316).
33
(3) Die von der Revision angeregte Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV ist nicht veranlasst. Die dargelegte Auslegung der Richtlinie ist offenkundig und zweifelsfrei („acte-claire-Doktrin“, vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 – 283/81, NJW 1983, 1257; BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2010 – 1 StR 57/10, BGHSt 56, 11, 16).
34
b) Infolge der Täuschung sollte bei den Nutzern ein Irrtum erregt werden. Das Verhalten des Angeklagten zielte darauf ab, den Besuchern der Internetseite eine kostenfreie Nutzung des Routenplanerangebots vorzuspiegeln, um sie damit zunächst zum Abschluss eines entgeltlichen Vertrages und nach Rechnungsstellung zu einer Zahlung der sich aus dem Vertrag ergebenden Verpflichtung zur Kaufpreiszahlung für ein Routenplanerabonnement zu veranlassen.
35
c) Der Vorsatz des Angeklagten war auch auf die Herbeiführung eines Vermögensschadens gerichtet. Unabhängig davon, ob – wovon das Landgericht ausgegangen ist – bereits das Eingehen der (vermeintlichen) Verbindlichkeit einen Vermögensschaden begründet hätte, war der Vorsatz des Angeklagten darauf gerichtet, unter Umgehung eines möglichen Widerrufsrechts die täuschungsbedingt eingegangene Verpflichtung durchzusetzen und den im Be- stellvorgang eines „praktisch wertlosen“ Routenplaners angelegten Schaden zu realisieren (vgl. UA S. 73). Infolge der Zahlung des Abonnementpreises wäre nicht nur eine Vermögensgefährdung, sondern bereits ein Erfüllungsschaden eingetreten (ausdrücklich zur Abofalle im Internet Fischer, aaO Rn. 178).
36
Der Angeklagte nahm auch zumindest billigend in Kauf, dass die Gegenleistung in Form des dreimonatigen Abonnements den Vermögensverlust nicht kompensieren würde. Nach dem Prinzip der Gesamtsaldierung tritt aufgrund der Verfügung ein Schaden ein, soweit die Vermögensminderung nicht durch den wirtschaftlichen Wert des Erlangten ausgeglichen wird (BGH, Urteil vom 7. März 2006 – 1 StR 379/05, BGHSt 51, 10, 15).
37
Für das Landgericht war es nicht entscheidend, ob die vom Angeklagten versprochene Leistung – das dreimonatige „Abonnement“ – „möglicherweise objektiv ihren Preis wert war“ (UA S. 74). Es hat angenommen, dass selbst in diesem Fall jedenfalls ein Schaden im Sinne eines „persönlichen Schadenseinschlags“ eingetreten sei (UA S. 73/75), weil „die Leistung im Internet auch umsonst erhältlich“ war (UA S. 73) und die Nutzer an der Inanspruchnahme eines kostenpflichtigen Routenplaners keinerlei Interesse hatten (UA S. 8). Diese Erwägungen lassen im Ergebnis keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler erkennen.
38
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt die Annahme eines Vermögensschadens auch bei objektiv gleichwertigen Leistungen unter anderem dann in Betracht, wenn der Erwerber, der sich zum Abschluss eines Vertrags entschlossen hat, die versprochene Leistung nicht oder nicht in vollem Umfang zu dem vertraglich vorausgesetzten Zweck oder in anderer zumutbarer Weise verwenden kann (grundlegend Beschluss vom 16. August 1961 – 4 StR 166/61, BGHSt 16, 321, 326; vgl. auch BGH, Urteil vom 24. Februar 1983 – 1 StR 550/82, NJW 1983, 1917; Beschluss vom 9. März 1999 – 1 StR 50/99, NStZ 1999, 555; Urteil vom 7. März 2006 – 1 StR 385/05, NStZ-RR 2006, 206, 207). Dasselbe gilt auch für Fälle der so genannten Unterschriftserschleichung , in denen der Getäuschte gar nicht weiß, dass er einen Vertrag abgeschlossen hat und vertragliche Verpflichtungen eingegangen ist (BGHSt 22, 88, 89; ebenso OLG Hamm, NJW 1969, 624, 625; 1778; OLG Frankfurt am Main, NStZ-RR 2002, 47, 49). Wer durch Täuschung zum Abschluss eines entgeltlichen Vertrages veranlasst wird, erleidet einen Vermögensschaden jedenfalls dann, wenn – wie hier – die vertragliche Gegenleistung unter Beachtung der persönlichen Bedürfnisse für ihn praktisch und damit auch wirtschaftlich wertlos ist (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Juli 1970 – 4 StR 505/69, BGHSt 23, 300, 304; Urteil vom 26. April 2001 – 4 StR 439/00, BGHSt 47, 1, 8; Urteil vom 19. Juli 2001 – 4 StR 457/00, wistra 2001, 386, 387; Senatsbeschluss vom 24. August 2011 – 2 StR 109/11, ZWH 2012, 191, 192).
39
Wird ein Verbraucher, der einmalig einen kostenlosen Routenplaner- Service in Anspruch nehmen will, durch Täuschung zu einem „Abonnement“ über drei Monate in der Absicht verleitet, hierdurch ein Entgelt zu erlangen, liegt daher hierin ein auf einen Vermögensschaden gerichteter Betrugsversuch (vgl. auch OLG Frankfurt am Main, NJW 2011, 398, 403), ohne dass es darauf ankäme , ob das Abonnement (mit seinen Zusatzleistungen) möglicherweise nach objektiven Maßstäben seinen Preis wert war. Denn für die hier betroffenen und vom Angeklagten gezielt über den Abschluss eines Vertrags getäuschten Nutzer war diese Gegenleistung subjektiv sinnlos und daher wertlos, da im Internet jederzeit zahlreiche kostenlose Routenplaner verfügbar sind. Dies war dem Angeklagten auch bewusst; ebenso der Umstand, dass der Vermögensverlust für die Nutzer nicht dadurch kompensiert wurde, dass das erworbene „Abonnement“ ohne Weiteres und in zumutbarer Weise in Geld umzusetzen gewesen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Februar 2014 – 5 StR 510/13). Einen Markt für die Veräußerung und den Erwerb kostenpflichtiger Routenplanerabonnements gibt es nicht. Der Vorsatz des Angeklagten war damit auf die Verursachung eines Vermögensschadens bei den getäuschten Nutzern gerichtet.
40
2. Kein Zweifel besteht daran, dass der Angeklagte zur Verwirklichung des Tatbestands unmittelbar angesetzt hat (§ 22 StGB), indem er das Angebot für ein kostenpflichtiges Routenplanerabonnement auf der von ihm verantwortlich gestalteten Internetseite eingestellt hat, ohne die Kostenpflichtigkeit hinreichend kenntlich zu machen. Dass sich das Landgericht, das lediglich drei der insgesamt 261 Nutzer als Zeugen vernommen hat, nicht die Überzeugung vom tatsächlichen Vorliegen einer Täuschung bzw. eines Irrtums von Internetnutzern verschaffen konnte und deshalb – obwohl zehn Anzeigeerstatter Zahlungen erbracht hatten – nicht von einem vollendeten Betrug ausgegangen ist, lässt auch erkennen, dass sich das Landgericht der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung eingeräumten Möglichkeiten zur Feststellung von Täuschung bzw. Irrtum bei gleichförmigen und massenhaften Geschäften nicht bewusst war (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2009 – 5 StR 394/08, wistra 2009, 433, 434 [insoweit in BGHSt 54, 44 nicht abgedruckt]; aus jüngerer Zeit: BGH, Beschluss vom 6. Februar 2013 – 1 StR 263/12, NStZ 2013, 422, 423; Urteil vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13, wistra 2014, 97, 98). Die Verurteilung lediglich wegen versuchten Betrugs beschwert den Angeklagten indes nicht.
41
3. Die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe mit Kenntnis der gegen ihn bzw. gegen die von ihm geführten Unternehmen ergangenen zivilrechtlichen Entscheidungen im Sommer 2007 die Einsicht gehabt, Unrecht zu tun, hält rechtlicher Nachprüfung stand.
42
Aufgrund dieser Entscheidungen war dem Angeklagten bekannt, dass die von ihm gewählte Gestaltung der Internetseiten gegen zivilrechtliche Normen , unter anderem gegen die Preisangabenverordnung, verstieß. Damit war die Grundlage für das bis dahin aufgrund der gutachterlichen Stellungnahme angenommene Fehlen des Unrechtsbewusstseins entfallen. Soweit er in der Folgezeit (weiter) womöglich meinte, aus seiner Sicht bestehende Strafbarkeitslücken auszunutzen, schließt dies jedenfalls – worauf das Landgericht unter Hinweis auf verfassungsrechtliche Rechtsprechung zutreffend hinweist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. März 2006 – 2 BvR 954/02) – dann, wenn – wie auch hier – zum Tatzeitpunkt höchstrichterliche Entscheidungen noch nicht vorliegen , die Vorstellung der Möglichkeit mit ein, sich bei einer Fehlinterpretation der Gesetzeslage strafbar zu machen, und legt zumindest die Annahme einer bedingten Unrechtseinsicht nahe. Die Strafkammer hat ungeachtet dessen im Sommer 2007 Verschleierungshandlungen des Angeklagten, etwa die Einschaltung von Scheingeschäftsführern, Umfirmierungen und Sitzverlegungen, festgestellt , für die er nachvollziehbare Gründe nicht anzugeben vermochte. Soweit sie daraus schließt, diese Maßnahmen hätten dazu gedient, seine eigene Verantwortlichkeit zu verdecken und eine (persönliche) Inanspruchnahme zu erschweren , belegt dies nachhaltig, dass der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt das erforderliche Unrechtsbewusstsein tatsächlich besessen hat.
43
4. Der Strafausspruch hält revisionsrechtlicher Überprüfung ebenfalls stand.
44
Die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe sowohl gewerbsmäßig als auch in der Absicht gehandelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen, und dadurch die Regelbeispiele des § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 und 2 StGB erfüllt, ist nicht zu beanstanden. Wie das Landgericht festgestellt hat, betrieb der Angeklagte neben der Internetseite „www.routenplaner-server.com“ weitere Internetseiten, die „ein nahezu identisches Layout“ aufwiesen (UA S. 8). Damit hatdas Landgericht die Absicht des Angeklagten, durch mehrere Straftaten eine große Anzahl von Internetnutzern zu täuschen und an ihrem Vermögen zu schädigen und sich dadurch eine fortwährende Einnahmequelle zu verschaffen, hinreichend belegt.
45
Die konkurrenzrechtliche Einordnung der abgeurteilten Handlungen als eine Tat schließt ein gewerbsmäßiges Handeln im Sinne des § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB nicht aus, wenn sich die Absicht des Angeklagten – wie hier – auf die fortgesetzte Begehung von Betrugstaten richtete (Senatsbeschluss vom 8. Oktober 2013 – 2 StR 342/13). Gleiches gilt für das Regelbeispiel des § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB, das auch den Fall des Massenbetrugs mit jeweils geringen Schadenssummen erfasst. Liegt die erforderliche Absicht der Begehung von wenigstens zwei für den Täter rechtlich selbständigen Betrugstaten vor (vgl. Fischer, aaO Rn. 219; Schönke/Schröder/Perron, 29. Aufl., § 263 Rn. 188d), begründet bereits die einmalige Tatbegehung einen besonders schweren Fall des Betrugs (BGH, Beschluss vom 9. November 2000 – 3 StR 371/00, NStZ 2001, 319, 320).
46
Allerdings hat das Landgericht, das den Strafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB gemäß § 23 Abs. 2 StGB i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB gemildert hat, nicht erörtert , ob der vertypte Strafmilderungsgrund des § 23 Abs. 2 StGB – gegebenenfalls zusammen mit den allgemeinen Strafmilderungsgründen – geeignet war, von der Annahme eines besonders schweren Falls abzusehen (vgl. Senatsbeschluss vom 27. März 2012 – 2 StR 41/12, NStZ-RR 2012, 207). Aufgrund des Tatbildes und des Umstandes, dass der Angeklagte zwei Regelbei- spiele des § 263 Abs. 3 StGB erfüllt hat, schließt der Senat jedoch aus, dass das Landgericht bei entsprechender Prüfung einen für den Angeklagten günstigeren Strafrahmen zugrunde gelegt hätte.
47
5. Die Entscheidung des Landgerichts, infolge einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung einen Vollstreckungsabschlag von vier Monaten auf die verhängte Strafe zu gewähren, lässt unter Berücksichtigung des im Rahmen der Sachrüge eröffneten Prüfungsumfangs (vgl. hierzu Senatsurteil vom 23. Oktober 2013 – 2 StR 392/13) einen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler nicht erkennen.
Fischer Appl Krehl
Ott Zeng

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 162/13
vom
22. November 2013
Nachschlagewerk: ja - nur zu B. I. der Gründe
BGHSt: ja - nur zu B. I. der Gründe
Veröffentlichung: ja - nur zu B. I. der Gründe
___________________________________
Bei Verlegung des ordentlichen Sitzungstages ist für die Entbindung des Hauptschöffen
von der Dienstleistung seine Verhinderung am tatsächlichen Sitzungstag,
nicht diejenige an dem als ordentlichen Sitzungstag bestimmten Tag maßgeblich.
BGH, Urteil vom 22. November 2013 - 3 StR 162/13 - LG Hannover
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
22. August 2013 in der Sitzung am 22. November 2013, an denen teilgenommen
haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Hubert,
Mayer,
Gericke,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt in der Verhandlung am 22. August 2013
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 19. Dezember 2012 mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) in den Fällen II. 9, 12 bis 14, 20, 21, 23, 24, 27 bis 30, 36, 39 und 43 der Urteilsgründe im Schuld- und Strafausspruch,
b) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe und
c) in den Fällen II. 1 bis 31 sowie 33 bis 44 der Urteilsgründe, soweit das Landgericht eine Entscheidung gemäß § 111i Abs. 2 StPO unterlassen hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Inverkehrbringens von Falschgeld in 43 Fällen, davon in 28 Fällen in Tateinheit mit "gewerbsmäßigem" Betrug sowie in 15 Fällen in Tateinheit mit versuchtem "gewerbsmäßigen" Betrug , und wegen versuchten Inverkehrbringens von Falschgeld in Tateinheit mit versuchtem "gewerbsmäßigen" Betrug zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Der Angeklagte rügt mit seiner Revision die Verletzung formellen und sachlichen Rechts. Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit ihrer zuungunsten des Angeklagten eingelegten und vom Generalbundesanwalt vertretenen Revision, dass der Angeklagte in den 15 Fällen des vollendeten Inverkehrbringens tateinheitlich lediglich wegen versuchten und nicht wegen vollendeten Betrugs verurteilt worden ist. Zudem rügt sie, dass eine Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO unterblieben ist. Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat Erfolg, die Revision des Angeklagten ist unbegründet.
2
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
3
Der Angeklagte erhielt von einem Schuldner einen erheblichen Bargeldbetrag , unter dem sich neben echtem Geld auch Falschgeld mit einer sehr hohen Fälschungsqualität im Nennwert von 20.000 € befand. Nachdem der Angeklagte dies erkannt hatte, wollte er den Schaden nicht hinnehmen und entschloss sich daher, das Falschgeld unter anderem bei Reisen nach Deutschland sukzessive in Verkehr zu bringen. Dies tat er sodann in der Zeit vom 20. November 2008 bis zum 25. April 2012 in Berlin, Köln und Hannover, indem er bei Bareinkäufen insgesamt 45 gefälschte 200-Euro-Scheine zur Bezahlung von Waren hingab, um dadurch diese und das Wechselgeld zu erhalten, was ihm in all diesen Fällen auch gelang. In einem weiteren Fall versuchte er dies.
4
A. Revision der Staatsanwaltschaft
5
I. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist wirksam auf die Schuldsprüche , die die Verurteilung wegen Inverkehrbringens von Falschgeld in 15 Fällen in Tateinheit mit versuchtem "gewerbsmäßigen" Betrug betreffen, die Gesamtstrafe und die unterbliebene Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO in den Fällen II. 1 bis 31 sowie 33 bis 44 der Urteilsgründe beschränkt. Zwar ergibt sich dies nicht aus dem Revisionsantrag. Allerdings folgt aus der Revisionsbegründung , dass die Revisionsführerin das angefochtene Urteil nur hinsichtlich der genannten Punkte für rechtsfehlerhaft hält (vgl. zur entsprechenden Auslegung der Revision BGH, Urteil vom 15. Mai 2013 - 1 StR 476/12, NStZ-RR 2013, 279, 280 mwN).
6
II. Die Verurteilung des Angeklagten wegen - tateinheitlich mit vollendetem Inverkehrbringen von Falschgeld begangenen - versuchten ("gewerbsmäßigen" ) Betruges in 15 Fällen hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Insoweit beruht die Annahme des Landgerichts, die vom Angeklagten tateinheitlich begangenen Betrugstaten seien lediglich versucht, auf einer unzureichenden rechtlichen Prüfung und Würdigung der Feststellungen.
7
Das Landgericht hat seine Annahme, in diesen 15 Fällen sei hinsichtlich des Betruges Vollendung nicht eingetreten, in zwei Fällen (Fälle II. 12 und 36 der Urteilsgründe) darauf gestützt, dass sich die Kassierer keine bewussten Gedanken über die Echtheit des 200-Euro-Scheines gemacht hätten und deshalb "kein Irrtum eingetreten" sei. In den übrigen 13 Fällen (Fälle II. 9, 13, 14, 20, 21, 23, 24, 27 bis 30, 39 und 43) hat es diese Annahme damit begründet, dass die beteiligten Kassierer nicht oder überhaupt keine Zeugen dieser Taten ermittelt werden konnten und deshalb das Vorliegen eines - von dem Angeklagten durch Täuschung erregten - tatbestandlichen Irrtums im Sinne von § 263 StGB nicht nachzuweisen sei. Diese Annahmen zeigen auf, dass die Strafkammer einen zu strengen Maßstab an das Vorliegen des Tatbestandmerkmals "Irrtum" angelegt und die Anforderungen an ihre Überzeugungsbildung überspannt hat; sie sind mithin zugunsten des Angeklagten rechtsfehlerhaft.
8
1. Ein - durch die Täuschungshandlung erregter oder unterhaltener - Irrtum im Sinne des Betrugstatbestandes ist jeder Widerspruch zwischen einer subjektiven Vorstellung (des Getäuschten) und der Wirklichkeit (vgl. LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 263 Rn. 77 ff. mwN). Das gänzliche Fehlen einer Vorstellung begründet für sich allein keinen Irrtum. Allerdings kann ein solcher auch in den Fällen gegeben sein, in denen die täuschungsbedingte Fehlvorstellung in der Abweichung eines "sachgedanklichen Mitbewusstseins" von den tatsächlichen Umständen besteht. Danach ist insbesondere der Bereich gleichförmiger, massenhafter oder routinemäßiger Geschäfte von als selbstverständlich angesehenen Erwartungen geprägt, die zwar nicht in jedem Einzelfall bewusst aktualisiert werden, jedoch der vermögensrelevanten Handlung als hinreichend konkretisierte Tatsachenvorstellung zugrunde liegen (vgl. LK/Tiedemann, aaO Rn. 79). Diese Grundsätze hätte das Landgericht in den vorbezeichneten Fällen in seine Prüfung eines tatbestandlichen Irrtums der kassierenden Personen einbeziehen müssen.
9
2. In den Einzelfällen, in denen die Kassierer oder Tatzeugen nicht ermittelt werden konnten, kommt hinzu, dass das Landgericht die Anforderungen an die beweisrechtliche Grundlage der Feststellung eines täuschungsbedingten Irrtums im Sinne von § 263 Abs. 1 StGB verkannt hat. Zwar ist in den Urteilsgründen grundsätzlich festzustellen und darzulegen, welche irrigen Vorstellungen die Person hatte, die die Verfügung getroffen hat (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2002 - 3 StR 161/02, NJW 2003, 1198, 1199 f.); danach wird es regelmäßig erforderlich sein, die irrende Person zu ermitteln und in der Haupt- verhandlung über die tatrelevante Vorstellung zu vernehmen. Allerdings gilt dies nicht ausnahmslos. Vielmehr kann in Fällen eines normativ geprägten Vorstellungsbildes des Verfügenden die Vernehmung weniger Zeugen genügen; wenn deren Angaben das Vorliegen eines Irrtums (in den sie betreffenden Fällen ) belegen, kann auf die Erregung eines Irrtums auch bei anderen Verfügenden geschlossen werden. In der Regel kann das Gericht auch aus Indizien auf einen Irrtum schließen. In diesem Zusammenhang kann etwa eine Rolle spielen , ob der Verfügende ein eigenes Interesse daran hatte oder im Interesse eines anderen verpflichtet war, sich von der Wahrheit der Behauptungen des Täters zu überzeugen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. Februar 2013 - 1 StR 263/12, NStZ 2013, 422, 423; vom 9. Juni 2009 - 5 StR 394/08, NStZ 2009, 506, 507; Urteil vom 17. Juli 2009 - 5 StR 394/08, wistra 2009, 433, 434). Wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Verfügende kollusiv mit dem täuschenden Täter zusammengearbeitet oder aus einem sonstigen Grund Kenntnis von der Täuschung erlangt hatte und der durch die Täuschung erregte Irrtum deshalb nicht verfügungsursächlich geworden sein könnte, können sogar nähere Feststellungen dazu, wer verfügt hat, entbehrlich sein (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 - 4 StR 55/12, NJW 2013, 883, 885).
10
So verhält es sich hier. Da an einer Kasse beschäftigte Mitarbeiter eines Unternehmens schon aufgrund ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtung den Antrag eines Kunden auf Abschluss eines Kaufvertrages zurückweisen müssen, wenn der Kunde seiner Zahlungspflicht nicht sofort oder nicht vollständig nachkommt , es sich vorliegend um sehr gut gefälschte 200-Euro-Scheine handelte und auch sonst keine Anhaltspunkte für eine bewusste Entgegennahme von Falschgeld durch die Kassierenden gegeben sind, liegt auch in diesen Fällen - selbst wenn die Verfügenden keine konkrete Erinnerung an den jeweiligen Vorgang mehr hatten oder diese sowie andere Tatzeugen nicht ermittelt wer- den konnten - das Vorliegen eines Irrtums nahe. Dies hat das Landgericht nicht bedacht.
11
3. Die Einheitlichkeit der Tat steht in den vorbezeichneten Fällen der Aufrechterhaltung der - für sich rechtsfehlerfreien - tateinheitlichen Verurteilung des Angeklagten wegen Inverkehrbringens von Falschgeld entgegen (vgl. Meyer -Goßner, StPO, 56. Aufl., § 353 Rn. 7a), so dass die Sache insoweit insgesamt der neuen Verhandlung und Entscheidung bedarf.
12
III. Das angefochtene Urteil kann weiterhin nicht bestehen bleiben, soweit das Landgericht es unterlassen hat, in den Fällen II. 1 bis 31 und 33 bis 44 über eine Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO zu entscheiden. Dabei kommt es auf die Frage, inwieweit die Beanstandung der Nichtanwendung des § 111i Abs. 2 StPO einer Verfahrensrüge bedarf (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 2013 - 5 StR 306/12, NJW 2013, 950, 951), nicht an, da jedenfalls der Revisionsbegründung eine solche Rüge, welche die Voraussetzungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO erfüllen würde, entnommen werden kann.
13
Nach den Urteilsgründen hat der Angeklagte in 43 Fällen aus seinen Taten Waren und Wechselgeld erlangt im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB. Da der Anordnung des Verfalls nach den Feststellungen die Ansprüche der jeweils Geschädigten entgegenstehen, hätte das Landgericht in Ausübung seines ihm insoweit zustehenden pflichtgemäßen Ermessens darüber entscheiden müssen , ob es die für das weitere Verfahren erforderlichen Feststellungen nach § 111i Abs. 2 StPO trifft. Hierzu verhält sich das Urteil jedoch weder ausdrücklich noch ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe, dass das Landgericht die Voraussetzungen einer solchen Entscheidung geprüft und von dem ihm zustehenden Ermessen in der Art und Weise Gebrauch gemacht hat, dass es eine entsprechende Anordnung nicht treffen wollte. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Ausnahmefalles, in dem das Gericht von einer Anordnung nach § 111i Abs. 2 StPO absehen durfte oder musste, sind vorliegend nicht ersichtlich (vgl. BT-Drucks. 16/700 S. 16; BGH, Urteil vom 17. Juni 2009 - 2 StR 195/09, juris Rn. 4; Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 111i Rn. 8 mwN).
14
B. Revision des Angeklagten
15
I. Mit der Verfahrensrüge beanstandet der Angeklagte - im Ergebnis erfolglos -, dass die Strafkammer hinsichtlich eines Schöffen nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen sei (§ 338 Nr. 1 StPO).
16
1. Der Rüge liegt im Wesentlichen der folgende Verfahrensgang zugrunde :
17
Der Vorsitzende bestimmte mit Verfügung vom 24. September 2012 Termin zur Hauptverhandlung auf Donnerstag, den 4. Oktober 2012 und verfügte , dass "die Schöffen des 05.10.12" zu laden seien. Der für den ordentlichen Sitzungstag am Freitag, den 5. Oktober 2012 heranzuziehende Hauptschöffe , der Schöffe Q. , hatte bereits im Dezember 2011 schriftlich mitgeteilt , dass er drei vorgesehene Termine als Schöffe nicht wahrnehmen könne, da er sich an diesen im Urlaub befinden werde; zu diesen Terminen gehörte auch der 5. Oktober 2012. Auf eine Mitteilung seiner Serviceeinheit entschied der Vorsitzende daraufhin, dass der Schöffe von der Dienstleistung gem. § 54 GVG befreit werde. Darauf wurde der von der Schöffengeschäftsstelle als nächstbereiter Hilfsschöffe festgestellte Schöffe B. geladen. Diesen befreite der Vorsitzende ebenfalls von der Dienstleistung, da der Hilfsschöffe mitgeteilt hatte, dass er sich vom 2. bis 6. Oktober 2012 im Krankenhaus befinden werde. Der danach geladene nächstbereite Hilfsschöffe, der Schöffe M. , nahm schließlich an der Hauptverhandlung - neben der weiteren, regulär für den ordentlichen Sitzungstag vom 5. Oktober 2012 heranzuziehende (Haupt-) Schöffin - teil.
18
In der Hauptverhandlung rügte der Verteidiger noch vor Vernehmung des Angeklagten zur Sache die vorschriftswidrige Besetzung des Gerichts hinsichtlich des Schöffen M. und trug vor, dass die Entbindung des Hauptschöffen Q. sich als objektiv willkürliche Richterentziehung darstelle, weil dieser am 4. Oktober 2012 gar nicht verhindert gewesen sei. Diesen Besetzungseinwand wies die Strafkammer als unbegründet zurück und führte zur Begründung unter anderem aus, dass für den 4. Oktober 2012 die Schöffen zu laden gewesen seien, die "hätten geladen werden müssen, wenn der 5.10.2012 - wie ursprünglich geplant - der erste ordentliche Sitzungstag gewesen wäre". Wegen der Verhinderung des Schöffen Q. (und des Hilfsschöffen B. ) am 5. Oktober 2012 sei der Hilfsschöffe M. zu laden gewesen. Dessen Bestellung sowie die Entbindung des Hauptschöffen Q. von der Mitwirkung an der Hauptverhandlung durch den Vorsitzenden seien mit Blick auf den Vermerk der Geschäftsstelle über die Verhinderung des Hauptschöffen Q. im Übrigen jedenfalls nicht willkürlich erfolgt.
19
2. Die Verfahrensbeanstandung bleibt ohne Erfolg. Das erkennende Gericht war nicht vorschriftswidrig im Sinne des § 338 Nr. 1 StPO besetzt; denn der mitwirkende Hilfsschöffe M. war aufgrund der vorangegangenen Entbindung des Hauptschöffen sowie der - nicht beanstandeten - Entbindung des zunächst heranzuziehenden weiteren Hilfsschöffen der zur Mitwirkung berufene Richter. Die auf § 54 GVG gestützte Entscheidung des Vorsitzenden, den Hauptschöffen Q. von der Dienstleistung am 4. Oktober 2012 zu entbinden , beruhte zwar auf einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab, war indes jedenfalls nicht willkürlich.
20
Im Einzelnen:
21
a) Die - bislang in Rechtsprechung und Literatur noch nicht geklärte - Frage, ob bei Verlegung des ordentlichen Sitzungstages die Verhinderung des Hauptschöffen an diesem oder an dem - infolge der Verlegung an einem anderen Tag stattfindenden - tatsächlichen Sitzungstag für seine Entbindung von der Dienstleistung maßgebend ist, ist dahin zu entscheiden, dass für die Entbindung des ("Haupt-") Schöffen von der Dienstleistung seine Verhinderung am tatsächlichen Sitzungstag, nicht diejenige an dem als ordentlichen Sitzungstag bestimmten Tag maßgeblich ist. Dies beruht auf folgenden Erwägungen:
22
Die Verlegung des Beginns einer ordentlichen, gemäß § 45 Abs. 1 GVG bestimmten Sitzung auf einen anderen Tag führt dazu, dass die gemäß § 77 GVG im Voraus für den verlegten ordentliche Sitzungstag bestimmten Hauptschöffen heranzuziehen sind; anders als bei der unzulässigen Anberaumung einer außerordentlichen Sitzung, zu der gemäß §§ 47, 77 Abs. 1 GVG die zur Mitwirkung berufenen Schöffen aus der Hilfsschöffenliste herangezogen werden , wird hierdurch der Angeklagte nicht seinem gesetzlichen Richter entzogen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 5. November 1957 - 1 StR 254/57, BGHSt 11, 54 ff.). Demnach gebührt allgemein der Mitwirkung der Hauptschöffen der Vorrang vor der Heranziehung von Hilfsschöffen (BGH, Urteil vom 14. Juli 1995 - 5 StR 532/94, BGHSt 41, 175, 177). Dieser Grundsatz spricht bereits dafür, den Hauptschöffen, der lediglich an dem ursprünglich festgestellten ordentlichen Sitzungstag, nicht aber an dem tatsächlich bestimmten, vom ordentlichen Sitzungstermin abweichenden Tag verhindert ist, zu der Sitzung heranzuziehen. Zudem ist der Schöffe an dem durch die Verlegung des Sitzungstages bestimmten, die Stelle des ordentlichen Sitzungstages einnehmenden ("neuen") Sitzungstag gerade nicht an der Dienstleistung gehindert im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 2 GVG. Schließlich wäre bei Verlegung des ordentlichen Sitzungstages die (zusätzliche) Berücksichtigung der Verhinderung eines Schöffen an diesem Tag nicht praxisgerecht: Zum einen müsste zur Feststellung des gesetzlichen Richters regelmäßig geprüft werden, ob der Schöffe (auch) an dem ursprünglichen ordentlichen Sitzungstag verhindert ist, und zwar auch dann, wenn an diesem Tag tatsächlich gar keine Sitzung stattfindet; zum anderen wäre der Schöffe im Sinne des § 54 Abs. 1 GVG verhindert, wenn er am ordentlichen Sitzungstag, an dem tatsächlich keine Sitzung stattfindet, nicht aber am tatsächlichen Sitzungstag an der Dienstleistung gehindert ist. Die Verhinderung am ordentlichen Sitzungstag als maßgebend anzusehen, hätte bei strikter Beachtung schließlich zur Folge, dass der Schöffe, der zwar am verlegten neuen Sitzungstag, nicht aber am ordentlichen Sitzungstag verhindert ist, zur Mitwirkung berufen und heranzuziehen wäre. Da dieser Schöffe indes seine Dienstleistung wegen Verhinderung tatsächlich nicht erbringen könnte, wäre eine dem Grundsatz des gesetzlichen Richters genügende, vorschriftsmäßige Gerichtsbesetzung jedenfalls an dem neuen Sitzungstag nicht möglich.
23
Vorsorglich ist darauf hinzuweisen, dass von den vorstehenden Maßstäben , nach denen für die Gerichtsbesetzung die Verhinderung eines Schöffen am tatsächlichen und nicht (auch) am ordentlichen Sitzungstag maßgeblich ist, die Rechtsprechung zur ordnungsgemäßen Gerichtsbesetzung bei einer (vorherigen ) Entbindung eines am Sitzungstag tatsächlich nicht (mehr) verhinderten Schöffen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 2. Juni 1981 - 5 StR 175/81, BGHSt 30, 149, 151; Beschluss vom 20. August 1982 - 2 StR 401/82, StV 1983, 11) nicht berührt wird.
24
b) Soweit die Entbindungsentscheidung demgegenüber auf der Verhinderung des Schöffen nicht am tatsächlichen, sondern am ursprünglichen Sitzungstag beruht, hat dies gleichwohl in der hier gegebenen Konstellation keine ordnungswidrige Besetzung der Kammer zur Folge; denn der Schöffe, der wirk- sam von seiner Dienstleistung entbunden ist (§ 54 Abs. 1, § 77 Abs. 1 GVG), ist infolge seiner Entbindung nicht mehr der gesetzliche Richter. An seine Stelle tritt gemäß §§ 49, 77 Abs. 1 GVG derjenige Hilfsschöffe, der an bereitester Stelle auf der Schöffenliste steht (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juni 1981 - 5 StR 175/81, BGHSt 30, 149, 151; Beschluss vom 20. August 1982 - 2 StR 401/82, StV 1983, 11; Kissel/Mayer, GVG, 7. Aufl., § 54 Rn. 18). Die Entbindungsentscheidung selbst ist gemäß § 54 Abs. 3 Satz 1, § 77 Abs. 1 GVG unanfechtbar und unterliegt daher nicht der Prüfung des Revisionsgerichts (§ 336 Satz 2 Alt. 1 StPO). Die auf der Entbindungsentscheidung beruhende Gerichtsbesetzung kann somit grundsätzlich nicht nach § 338 Nr. 1 StPO mit der Revision gerügt werden. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Entscheidung objektiv willkürlich und der verfassungsrechtliche Grundsatz des gesetzlichen Richters nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, § 16 Satz 2 GVG verletzt ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 3. März 1982 - 2 StR 32/82, BGHSt 31, 3, 5; vom 22. Juni 1982 - 1 StR 249/81, NStZ 1982, 476; vom 23. Januar 2002 - 5 StR 130/01, BGHSt 47, 220, 222; s. auch BGH, Urteil vom 22. Dezember 2000 - 3 StR 378/00, BGHSt 46, 238, 241; BT-Drucks. 8/976, S. 66; LR/Gittermann, StPO, 26. Aufl., § 54 GVG Rn. 19 f.).
25
Angesichts der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung von § 54 Abs. 3 Satz 1 GVG, § 336 Satz 2 Alt. 1 StPO kommt eine Richtigkeitsprüfung über den Willkürmaßstab hinaus nicht in Betracht und ist auch verfassungsrechtlich nicht erforderlich. So wird das Bundesverfassungsgericht durch die grundrechtsähnliche Gewährleistung des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht zu einem Kontrollorgan , das jeden einem Gericht unterlaufenden, die Zuständigkeit des Gerichts berührenden Verfahrensfehler korrigieren müsste. Es beanstandet die fehlerhafte Auslegung von Zuständigkeitsnormen nur, wenn sie bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich und offensichtlich unhaltbar sind (BVerfG, Beschluss vom 16. Februar 2005 - 2 BvR 581/03, NJW 2005, 2689, 2690). Etwas anderes gilt lediglich in dem - hier nicht gegebenen - Fall, dass nicht die Auslegung und Anwendung der Zuständigkeitsregel, sondern die Verfassungsmäßigkeit der der Rechtsanwendung zugrunde liegenden Zuständigkeitsregel (etwa eines Geschäftsverteilungsplans ) selbst zu prüfen ist (BVerfG aaO; BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2012 - 2 BvR 610/12 u.a., NJW 2012, 2334, 2335 mwN).
26
c) Daran gemessen hält die Entbindung des Hauptschöffen Q. der rechtlichen Prüfung stand. Die Entscheidung, der am ordentlichen Sitzungstag verhinderte Hauptschöffe sei (auch) am vorverlegten Sitzungstag, dem 4. Oktober 2012, an der Dienstleistung gehindert, stellt keine nicht mehr vertretbare , objektiv willkürliche Rechtsauslegung dar. Dies ergibt sich bereits daraus , dass die hier zugrundeliegende Rechtsfrage vor der Entscheidung des Senats noch nicht geklärt war und in der Sache unterschiedliche Ansichten nicht unvertretbar waren. So ist etwa auch der Generalbundesanwalt davon ausgegangen, dass für die Frage der Verhinderung auf den ursprünglichen ordentlichen Sitzungstag abzustellen sei, da bei einem Sitzungsbeginn an diesem Tag die Kammer mit dem Hilfsschöffen ordnungsgemäß besetzt gewesen wäre und bei einer Vorverlegung nichts anderes gelten könne.
27
Auf die Frage, ob die Entscheidung des Vorsitzenden auch deshalb nicht willkürlich war, weil er den Schöffen aufgrund des Vermerks der Geschäftsstelle entbunden hat, kommt es danach nicht mehr an.
28
II. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Sachrüge hat ebenfalls keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
29
Entgegen der Auffassung der Revision sind insbesondere die konkurrenzrechtlichen Bewertungen des Urteils nicht zu beanstanden. Tateinheit zwischen Inverkehrbringen von Falschgeld und Betrug ist angesichts der - von der Revision selbst erkannten - unterschiedlichen Schutzrichtung der beiden Tatbestände möglich (vgl. auch BGH, Urteile vom 27. September 1977 - 1 StR 374/77, juris Rn. 44 mwN; vom 10. Mai 1983 - 1 StR 98/83, BGHSt 31, 380 ff.) und vorliegend durch die Feststellungen auch belegt.
30
Dass der Angeklagte das Falschgeld in einem Akt erhalten hat und sich dazu entschloss, es sukzessive in Verkehr zu bringen, führt nicht zu einer einzigen Tat. Ein einheitlicher Gesetzesverstoß setzt in der hier gegebenen Konstellation voraus, dass der Täter sich das Geld in der Absicht verschafft, es später abzusetzen, und er diese Absicht später verwirklicht (vgl. BGH, Beschluss vom 9. März 2011 - 3 StR 51/11, NStZ 2011, 516 f. mwN). Da der Angeklagte bei Erhalt des Falschgeldes ohne Vorsatz handelte, lag zu diesem Zeitpunkt noch keine tatbestandliche Handlung vor, welche die späteren Absatzhandlungen zu einer einzigen Tat verbinden könnte. Auch eine natürliche Handlungseinheit ist nicht gegeben, da es an einem dafür erforderlichen engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang zwischen den sich über mehr als drei Jahre hinziehenden einzelnen Handlungen fehlt (vgl. BGH, Urteil vom 29. März 2012 - 3 StR 422/11, StV 2013, 382, 383 mwN).
31
Schließlich begegnet die Annahme einer - indes als Regelbeispiel eines besonders schweren Falles des Betruges nicht in die Urteilsformel aufzunehmenden - gewerbsmäßigen Begehungsweise gemäß § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Alt. 1 StGB keinen Bedenken; denn der Angeklagte wollte sich nach den Feststellungen ersichtlich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen. Anders als in Fällen des § 146 Abs. 1 Nr. 2 StGB, in denen es bei einem einheitlichen Verschaffungsvorgang an der Absicht wiederholter Tatbegehung fehlen kann (s. dazu etwa BGH, Beschluss vom 1. September 2009 - 3 StR 601/08, NJW 2009, 3798), liegt das deliktische Handeln hier allein in der Wei- tergabe, nicht in dem einheitlichen Verschaffen des Falschgeldes. Daher ist nicht auf die einheitliche Besitzerlangung, sondern auf die beabsichtigte mehrfache Abgabe an gutgläubige Dritte abzustellen. Schäfer Hubert Mayer Gericke Spaniol

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR314/14
vom
4. September 2014
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Betruges
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. September 2014 gemäß
§ 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Würzburg vom 16. Oktober 2013 werden als unbegründet verworfen. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten wie folgt verurteilt: Den Angeklagten A. wegen Betruges in sechs tatmehrheitlichen Fällen sowie versuchten Betruges in drei tatmehrheitlichen Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten M. wegen versuchten Betruges sowie zweier Fälle der Beihilfe zum versuchten Betrug zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren. Hiergegen wenden sich die jeweils mit Verfahrensbeanstandungen und der Sachrüge geführten Revisionen der Angeklagten. Die Rechtsmittel haben keinen Erfolg.

I.


2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts organisierte der Angeklagte A. unter dem Deckmantel des Verbraucherschutzes verschiedene „An- rufwellen“ durch Call-Center, wobei eine erhebliche Anzahl der Angerufenen unter Vorspiegelung falscher Tatsachen dazu gebracht wurde, gegen Nachnahmezahlungen zwischen 75 und 97 Euro ein „Widerrufsschreiben“ zu erwerben , das der Abwehr von Ansprüchen ihrerseits betrügerisch agierender Gewinnspieleintragungsdienste und der Rückforderung bereits an diese gezahlter Geldbeträge dienen sollte. Zudem sorgte der Angeklagte A. dafür, dass an viele der durch die Anrufe zum telefonischen Vertragsschluss gebrachten Geschädigten weitere Schreiben gesandt wurden, in denen diese unter Vortäuschung offener Forderungen aus dem angeblich weiter bestehenden Vertragsverhältnis („2. Rechnung“, „Letzte Zahlungsaufforderung“ etc.) zur Zahlung von Beträgen in Höhe zwischen 59,95 und 91,80 Euro aufgefordert wurden. Zahlreiche der angeschriebenen Personen überwiesen die jeweils geforderten Beträge. Sämtliche Geldbeträge gingen auf Konten ein, über die der Angeklagte A. unmittelbar oder über Mittelsmänner verfügen konnte. Der Angeklagte M. beteiligte sich an zweien dieser Projekte (Beihilfefälle) und organisierte in einem Fall ohne den Angeklagten A. selbst eine Anrufaktion.
3
Im Einzelnen kam es auf die beschriebene Art und Weise zu folgenden Taten:
4
a) Im Rahmen des „Projekts Verbraucherangriff“ zahlten nach telefoni- scher Anwerbung für ein „Widerrufsschreiben“ 1.036 Personen per Nachnahme insgesamt 79.756 Euro. An 853 Personen wurde anschließend ein inhaltlich unzutreffendes Schreiben „2. Rechnung“ gesandt, woraufhin 152 Personen insgesamt 12.075 Euro zahlten. Auf ein weiteres Schreiben „Letzte Zahlungsaufforderung“ , das an 719 Personen verschickt wurde, zahlten 119 der Angeschriebenen insgesamt 10.924,20 Euro. An 671 Personen wurde im Rahmen dieses „Projekts“ noch eine unzutreffende „Rechnung 1.7.2011 – 31.12.2011“ versandt, woraufhin 62 Personen insgesamt 5.170 Euro überwiesen.
5
b) Bei dem „Projekt Deutsche Verbraucherberatung“ kam es 2010 nach der durchgeführten Anrufaktion zur Zahlung von insgesamt 12.192 Euro durch 140 telefonisch kontaktierte Personen für ein „Widerrufsschreiben“ per Nach- nahme. Im Jahr 2011 zahlten nach einer vom Angeklagten M. durchgeführten Telefonaktion 461 Personen insgesamt 41.029 Euro.
6
c) Im Rahmen des „Projekts Kundenschutz24“ erhielten 6.380 Personen, deren Daten sich der Angeklagte A. zuvor von dritter Seite beschafft hatte, ein inhaltlich unzutreffendes Schreiben „2. Rechnung“, woraufhin 1.147 Personen insgesamt 68.762,65 Euro überwiesen. Unter der Überschrift „Kundenschutz24 , Rechnung 1.7.2011 – 31.12.2011“ wurden zudem 10.062 Personen angeschrieben und zur Zahlung aufgefordert, woraufhin 648 Personen insgesamt 38.847,60 Euro zahlten.
7
2. Die Feststellungen zum Tatgeschehen hat das Landgericht insbesondere auf ein Teilgeständnis der Angeklagten, die Angaben weiterer nichtrevidierender Mitangeklagter, die Angaben des als Zeugen gehörten Mittäters K. , zahlreiche E-Mails und andere Urkunden, die Inhalte von Maßnahmen zur Überwachung der Telekommunikation der Beteiligten, die Angaben von „Mitarbeitern“ aus den Callcentern sowie auf die zeugenschaftlichen Äußerungen von angerufenen Kunden gestützt.
8
Ohne insoweit einen Zeugen gehört zu haben, hat sich das Landgericht davon überzeugt, dass bei den übersandten falschen Rechnungen jeweils mindestens ein Kunde den geforderten Betrag überwiesen habe, weil er aufgrund der Rechnung irrig davon ausgegangen sei, er sei zur Zahlung verpflichtet. Hierfür hat das Landgericht folgende Gründe genannt: Es bestehe nach aller Lebenserfahrung ein allgemeiner Erfahrungssatz dahingehend, dass eine Person , der gegenüber eine Rechnung gestellt wird und die diese bezahlt, dies grundsätzlich nicht täte, wenn sie davon ausginge, zur Zahlung nicht verpflichtet zu sein. Zwar sei es durchaus möglich, dass im Einzelfall eine Person eine Rechnung nur bezahle, „um ihre Ruhe zu haben“, auch wenn sie davon ausge- he, nicht zur Zahlung verpflichtet zu sein. Es sei aber ausgeschlossen, dass jeweils alle Kunden aus diesem Grund gezahlt hätten, zumal die Rechnungs-/ Mahnschreiben nicht in hoher Frequenz zugesandt worden seien. Weil nicht ausgeschlossen werden könne, dass zumindest vereinzelt Kunden die Rechnung gezahlt hätten, obwohl sie davon ausgingen, zur Zahlung nicht verpflichtet zu sein, könne nicht der Schluss gezogen werden, dass alle Kunden irrtumsbedingt gezahlt hätten.
9
Auf den diesbezüglichen Vorsatz und die betrügerischen Absichten der Angeklagten hat das Landgericht aus dem äußeren Geschehensablauf, dem Auftreten unter Aliasnamen und aus dem Inhalt von überwachter Telekommunikation geschlossen.
10
3. Ausgehend hiervon hat das Landgericht die Organisation der „Anruf- wellen“ über Call-Center als drei Betrugsversuche des Angeklagten A. und einen Betrugsversuch des Angeklagten M. (in Form eines uneinheitlichen Organisationsdelikts) gewertet. Bezüglich der Versendung unzutreffender Rechnungen oder Mahnungen hat das Landgericht pro Aktion einen Fall des vollendeten Betruges angenommen, weil jeweils mindestens ein Kunde irrtumsbedingt gezahlt habe. Als Vollendungsschaden wurde in diesen Fällen nur ein geringer Betrag angesehen, im Rahmen der Strafzumessung indes negativ ge- wertet, dass sich der Vorsatz der Angeklagten auf hohe Schadensbeträge bezogen habe.

II.


11
Den Revisionen der Angeklagten bleibt der Erfolg versagt.
12
1. Die Verfahrensrügen bleiben aus den zutreffenden Gründen der Antragsschriften des Generalbundesanwalts vom 25. Juni 2014 ohne Erfolg. Der weitergehenden Erörterung bedarf insoweit nur Folgendes:
13
a) Die Angeklagten beanstanden u.a. die Ablehnung mehrerer Beweisanträge als rechtsfehlerhaft, mit denen insbesondere beantragt worden war, sämt- liche Zeugen, „deren Namen und ladungsfähige Anschriften sich aus den Akten Sonderband Mail Boxes 0023 Band I Blatt 257 – 287 ergeben“ bzw. „deren Namen und ladungsfähige Anschriften sich aus der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Würzburg – Liste nach Seite 18 ergeben“ zu laden und in der Hauptverhandlung als Zeugen zu hören. Beweisthema war der Inhalt der jeweiligen Telefonate. Aus den Aussagen der Zeugen sollte sich ergeben, dass diese am Telefon wahrheitsgemäß informiert worden seien. Das Landgericht hat diese Anträge abgelehnt, indem Beweistatsachen teils als wahr unterstellt, teils als bedeutungslos angesehen wurden, teils wurde dem Antrag die Qualität als Be- weisantrag abgesprochen, weil der Beweisantrag „aufs Geratewohl“ gestellt worden sei oder es an der notwendigen Konnexität zwischen Beweistatsache und Beweismittel fehle. Ein weiterer, ergänzter Beweisantrag ähnlichen Inhalts wurde zudem wegen Verschleppungsabsicht abgelehnt.
14
b) Die genannten Rügen entsprechen schon nicht den Formerfordernissen von § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO und sind deshalb unzulässig. Nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO müssen bei Verfahrensrügen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden. Dies hat so vollständig und genau zu geschehen , dass das Revisionsgericht aufgrund der Rechtfertigungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen erwiesen wären. Dabei genügt es nicht, Fundstellen in den Akten in Bezug zu nehmen , auch wenn es – wie hier – im Wortlaut eines Antrags geschieht. Vielmehr müssen solche Stellen, wenn sie für die Beurteilung der Rüge von Bedeutung sein können, in ihrem Wortlaut oder ihrem wesentlichen Inhalt nach in der Rechtfertigungsschrift wiedergegeben werden (BGH, Urteil vom 8. Dezember 1993 – 3 StR 446/93, BGHSt 40, 3, 5). Da für die Prüfung des Revisionsgerichts , ob ein formgerechter Beweisantrag vorliegt, die in den Anträgen in Bezug genommenen Aktenstellen entscheidend sind, in denen die Zeugen nach dem Beweisantrag mit Namen und ladungsfähiger Anschrift genannt sind, muss deren Inhalt im Rahmen der Beweisantragsrüge umfassend vorgetragen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Mai 2009 – 5 StR 191/09, NStZ 2009, 649, 650; vgl. auch BGH, Beschluss vom 8. Mai 2003 – 5 StR 120/03, BGHR StPO § 244 Abs. 6 Beweisantrag 40).
15
c) Der Senat kann deshalb offenlassen, ob den Anträgen schon die Qualität als Beweisantrag fehlt, weil die Beweismittel durch einen Verweis auf andere Aktenstellen nicht hinreichend bezeichnet sein könnten. Grundsätzlich bedarf es bei Zeugen der Benennung von Name und ladungsfähiger Anschrift, wenn der Antragsteller – wie hier – dazu in der Lage ist (vgl. Becker in LöweRosenberg , 26. Aufl., § 244 Rn. 105; Dallmeyer in Alsberg, Der Beweisantrag im Strafprozess, 6. Aufl., Rn. 106 ff., jeweils mwN). Indes hat die Rechtsprechung von diesem Grundsatz eine Ausnahme zugelassen, wenn alle Individua- lisierungsfaktoren dem Tatgericht eindeutig bekannt sind, etwa aus der Anklageschrift (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Mai 2009 – 5 StR 191/09, NStZ 2009, 649 f.). In einem Fall wie dem vorliegenden, in dem für das Tatgericht kein Zweifel über die Identität der benannten Beweismittel bestand, könnte es als bloße „Förmelei“ erscheinen, wenn man von dem Antragsteller über die konkre- te Benennung der Aktenstelle, aus der sich die Namen einer Vielzahl von Zeugen mit ladungsfähiger Anschrift eindeutig ergibt, das Kopieren zahlreicher Seiten und das Einfügen dieser Kopien in den Beweisantrag fordern würde.
16
2. Auch die jeweils erhobenen Sachrügen decken keine die Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler auf. Der Erörterung bedarf insoweit nur Folgendes :
17
a) Die Beweiswürdigung ist – wie der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift zutreffend ausgeführt hat – entgegen der Auffassung der Revisionsführer rechtsfehlerfrei. Dies gilt auch hinsichtlich der Feststellungen, die das Landgericht zu Irrtum und irrtumsbedingter Vermögensverfügung der angeschriebenen Geschädigten in den Fällen des vollendeten Betruges getroffen hat.
18
aa) Der Bundesgerichtshof hat sich in den letzten Jahren in einer Reihe von Fällen mit der Frage beschäftigt, wie in (Massen-)Betrugsverfahren in tragfähiger Weise Feststellungen zum inneren Vorstellungsbild der getäuschten Personen getroffen werden können (vgl. aus sachlich-rechtlicher Perspektive BGH, Urteil vom 5. Dezember 2002 – 3 StR 161/02, NJW 2003, 1198; Urteil vom 9. Juni 2009 – 5 StR 394/08, NStZ 2009, 697; Beschluss vom 22. Januar 2012 – 3 StR 285/11, wistra 2012, 315; Beschluss vom 6. Februar 2013 – 1 StR 263/12, NStZ 2013, 422; Urteil vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13, NStZ 2014, 215; Urteil vom 5. März 2014 – 2 StR 616/12, NJW 2014, 2595; Urteil vom 27. März 2014 – 3 StR 342/13, NJW 2014, 2054; Urteil vom 22. Mai 2014 – 4 StR 430/13, NStZ 2014, 459; Beschluss vom 17. Juni 2014 – 2 StR 658/13; vgl. aus verfahrensrechtlicher Perspektive BGH, Urteil vom 17. Juli 2009 – 5 StR 394/08, wistra 2009, 433, 434 [insoweit in BGHSt 54, 44 nicht ab- gedruckt]; Beschluss vom 15. Oktober 2013 – 3 StR 154/13, NStZ 2014, 111 m. Anm. Allgayer; vgl. zur Beschränkung gemäß § 154a StPO auf den Vorwurf des nur versuchten Betruges in vergleichbaren Fällen BGH, Beschluss vom 22. Januar 2013 – 1 StR 416/12, BGHSt 58, 119, 122; Urteil vom 22. Mai 2014 – 4 StR 430/13, NStZ 2014, 459).
19
Für die Beweiswürdigung in derartigen Fällen gilt: Da der Betrugstatbestand voraussetzt, dass die Vermögensverfügung durch den Irrtum des Getäuschten veranlasst worden ist, und das gänzliche Fehlen einer Vorstellung für sich allein keinen tatbestandsmäßigen Irrtum begründen kann, muss der Tatrichter insbesondere mitteilen, wie er sich die Überzeugung davon verschafft hat, dass der Verfügende einem Irrtum erlegen ist. In einfach gelagerten Fällen mag sich dies von selbst verstehen. Im Bereich gleichförmiger, massenhafter oder routinemäßiger Geschäfte, die von selbstverständlichen Erwartungen geprägt sind, kann der Tatrichter befugt sein, auf die täuschungsbedingte Fehlvor- stellung auf der Grundlage eines „sachgedanklichen Mitbewusstseins“ indiziell zu schließen, wobei er dies im Urteil darzulegen hat (BGH, Urteil vom 22. Mai 2014 – 4 StR 430/13, NStZ 2014, 459, 460 mwN; vgl. auch BGH, Urteil vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13, NStZ 2014, 215 f.).
20
bb) Dies hat das Landgericht im vorliegenden Fall getan. Es hat aus einer Reihe von Indizien den Schluss gezogen, dass mindestens einer der je- weils Angeschriebenen auf die inhaltlich unzutreffenden, als „Rechnung“ oder „Zahlungsaufforderung“ bezeichneten Schreiben in der irrigen Vorstellung ge- zahlt hat, er sei zur Zahlung des geforderten Geldbetrages aufgrund des (konkludent ) vorgespiegelten Vertragsinhalts verpflichtet. Vor dem Hintergrund, dass die Forderungen eine nicht unerhebliche Summe (deutlich über der Geringwertigkeitsgrenze von 25 Euro, vgl. Fischer, 61. Aufl., § 243 Rn. 25 mwN) betrafen und bei derartigen Beträgen jedenfalls grundsätzlich davon auszugehen ist, dass niemand eine so hohe angebliche Forderung bezahlt, von der er weiß, dass sie zu Unrecht erhoben wird, konnte die Strafkammer aus den erfolgten Zahlungen insgesamt den Schluss ziehen, dass mindestens eine von über 50 Personen irrtumsbedingt gezahlt hat. Die Schlussfolgerung des Landgerichts , dass jedenfalls nicht alle Geschädigten nur deshalb gezahlt haben, „um ihre Ruhe zu haben“, ist lebensnah und nachvollziehbarund deshalb vom Revisionsgericht nicht zu beanstanden. Die Erwägung eines solchen Zahlungsmotivs gewinnt bei unberechtigt übersandten Rechnungen und Mahnschreiben zwar an Gewicht, je niedriger der angeforderte Zahlbetrag und je stärker die Mahnfrequenz und Mahnintensität – und damit die nötigungsnahe Lästigkeit – ist. Bei Fällen wie dem vorliegenden (Zahlbetrag deutlich über 25 Euro, jeweils über 50 Geschädigte, keine hohe Aufforderungsfrequenz und -intensität) lässt die Annahme, mindestens eine dieser Personen habe irrtumsbedingt und nicht lästigkeitsbedingt verfügt, Rechtsfehler nicht erkennen.
21
cc) Ein Rechtsfehler liegt auch nicht darin, dass sich das Gericht zur Feststellung dieses Irrtums nicht auf die Aussage eines oder mehrerer Zeugen, sondern auf äußere Umstände und allgemeine Erfahrungssätze gestützt hat.
22
Es entspricht gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass das Gericht in der Regel – vor allen Dingen bei einem normativ geprägten Vorstellungsbild der Geschädigten – auch lediglich aus Indizien auf einen Irrtum schließen kann (vgl. BGH, Urteil vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13, NStZ 2014, 215, 216 mwN). Die Feststellung des Vorstellungsbildes geschädigter Personen beim Betrug folgt dabei keinen anderen Regeln als die Feststellung sonstiger innerer Tatsachen wie etwa des Vorsatzes beim Angeklagten. Auch dort ist der Schluss von äußeren Umständen auf eine innere Einstellung regelmäßig möglich und teilweise auch geboten (vgl. nur zum Tötungsvorsatz bei objektiv äußerst gefährlichen Gewalthandlungen BGH, Urteil vom 22. März 2012 – 4 StR 558/11, BGHSt 57, 183, 186). Feste Beweisregeln für die Feststellung innerer Sachverhalte kennt das Gesetz weder hinsichtlich des Angeklagten noch hinsichtlich möglicher Geschädigter. Es gilt vielmehr – unabhängig vom Tatbestand – der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 261 StPO).
23
Soweit in einigen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs anklingt, Feststellungen zum Irrtum seien beim Betrug in aller Regel nur möglich, wenn die irrende Person oder bei Massenbetrugsfällen jedenfalls einige der Geschädigten ermittelt und als Zeugen in der Hauptverhandlung vernommen würden (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Juni 2014 – 2 StR 658/13, NStZ 2014, 644, 645; BGH, Urteil vom 22. Mai 2014 – 4 StR 430/13, NStZ 2014, 459 f.), könnte der Senat dem nicht ohne weiteres folgen. Denn gerade bei einem normativ geprägten Vorstellungsbild wird der Schluss auf einen Irrtum des Verfügenden häufig allein auf tragfähige Indizien gestützt werden können (vgl. BGH, Urteil vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13, NStZ 2014, 215, 216). Grundlage eines solchen Indizschlusses können auch äußere Umstände sein, die der Angeklagte glaubhaft gestanden hat, weshalb es keinen Rechtssatz des Inhalts gibt, Feststellungen zu einem Irrtum beim Betrug könnten nicht auf der Grundlage eines Geständnisses des Angeklagten getroffen werden (in diese Richtung aber wohl BGH, Beschluss vom 17. Juni 2014 – 2 StR 658/13, NStZ 2014, 644, 645; vgl. zu dieser Problematik auch BGH, Urteil vom 22. Mai 2014 – 4 StR 430/13, NStZ 2014, 459, 460).
24
dd) In Massenbetrugsverfahren kann sich das Gericht seine Überzeugung von einem Irrtum vieler Geschädigter auch dadurch verschaffen, dass es einige der Geschädigten als Zeugen vernimmt (oder deren Aussagen auf andere Art und Weise in die Hauptverhandlung einführt) und aus deren Angaben zum Vorliegen eines Irrtums indiziell auf einen Irrtum bei anderen Geschädigten schließt (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Februar 2013 – 1 StR 263/12, NStZ 2013, 422; Urteil vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13, NStZ 2014, 215; Urteil vom 5. März 2014 – 2 StR 616/12, NJW 2014, 2595; Urteil vom 27. März 2014 – 3 StR 342/13, NJW 2014, 2054; Urteil vom 22. Mai 2014 – 4 StR 430/13, NStZ 2014, 459).
25
b) Soweit es danach nahe gelegen hätte, die Angeklagten auch in den Fällen der Organisation einer „Anrufwelle“ jeweils wegen vollendeten Betruges zu verurteilen, sind sie durch die wenig nachvollziehbare Annahme bloßen Versuchs nicht beschwert.
26
c) Die Strafzumessung des Landgerichts ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Es hat in den Vollendungsfällen jeweils zu Gunsten der Angeklagten gewürdigt , dass der Vollendungsschaden nur sehr gering war, zu ihren Lasten aber die Höhe des erstrebten unrechtmäßigen Vermögensvorteils. Dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteil vom 15. Dezember 2006 – 5 StR 181/06, BGHSt 51, 165, 179). Weil in derartigen Fällen regelmäßig ein gegenüber dem Erfolgsunrecht besonders gesteigertes Handlungsunrecht vorliegt, ist es für die Strafzumessung nicht immer von entscheidender Bedeutung, ob es bei (einzelnen) Betrugstaten zur Vollendung kommt oder mangels Irrtums des Getäuschten oder wegen fehlender Kausalität zwischen Irrtum und Vermögensverfügung beim Versuch bleibt. Wenn die Taten eine derartige Nähe zur Tatvollendung aufweisen, dass es vom bloßen Zu- fall abhängt, ob die Tatvollendung letztlich doch noch am fehlenden Irrtum des Tatopfers scheitert, kann das Tatgericht unter besonderer Berücksichtigung der versuchsbezogenen Gesichtspunkte auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters und der Tatumstände des konkreten Einzelfalls zum Ergebnis gelangen, dass jedenfalls die fakultative Strafmilderung gemäß § 23 Abs. 2 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB zu versagen ist (Senat, Beschluss vom 6. Februar 2013 – 1 StR 263/12, NStZ 2013, 422, 424).
Raum Rothfuß Graf
Radtke Mosbacher

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 S t R 1 0 9 / 1 4
vom
12. Februar 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
4. Februar 2015 in der Sitzung am 12. Februar 2015, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer,
die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Schmitt,
Dr. Eschelbach,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott,
der Richter am Bundesgerichtshof
Zeng,
Richterin am Amtsgericht in der Verhandlung,
Staatsanwältin bei der Verkündung
als Vertreterinnen der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
in der Verhandlung,
Rechtsanwältin
in der Verhandlung und bei der Verkündung
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 24. Oktober 2013 wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Abgabe verschreibungspflichtiger Betäubungsmittel beim Betrieb einer Apotheke in drei Fällen und wegen Betrugs in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt und gegen ihn ein Berufsverbot verhängt. Hiergegen richtet sich die auf eine Verfahrensrüge und die Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel ist unbegründet.

I.

2
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
1. a) Der Angeklagte hatte die T. -Apotheke in F. von seinem Vater übernommen. Dieser hatte ein "Gutschriftensystem" eingeführt, wonach gesetzlich krankenversicherte Kunden anstelle der ihnen ärztlich verschriebenen Arzneimittel Gutschriften für ihre Kassenrezepte erhielten. Für den Gegenwert konnten sie freiverkäufliche Waren oder verschreibungspflichtige Rohypnol-Tabletten mit dem Wirkstoff Flunitrazepam erhalten. Der Angeklagte führte dieses Gutschriftensystem fort und gab RohypnolTabletten in großen Mengen gegen Rezepte über andere Medikamente oder auch ohne Rezept gegen Barzahlung an Kunden ab. Von Januar 2006 bis August 2009 bezog er 60.799 Packungen Rohypnol, rechnete aber nur 28 dieser Packungen bei den Krankenkassen ab. Die Abgabe im "Gutschriftensystem" erfolgte an Drogensüchtige oder an Personen, welche die Tabletten an Süchtige weiterverkauften.
4
Nachdem die Polizei Hinweise darauf erhalten hatte, ließ ein Vertrauensmann der Polizei den Zeugen Fo. ein Geschäft in der Apotheke des Angeklagten durchführen. Dabei tauschte der Zeuge Fo. am 22. Mai 2009 ein Rezept über verschiedene andere Medikamente im Gesamtwert von 3.408,48 Euro gegen 100 Packungen Rohypnol mit insgesamt 2.000 Tabletten ein (Fall 1 der Urteilsgründe). Am 26. Juni 2009 erlangte der Zeuge Fo. nochmals 20 Packungen Rohypnol mit 400 Tabletten (Fall 2) und am 10. Juli 2009 ebenso (Fall 3).
5
b) Das Landgericht hat darin drei Vergehen der unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln aus einer Apotheke im Sinne von § 29 Abs. 1 Nr. 7 BtMG durch den Angeklagten gesehen. Das Verfahren wegen weiterer Fälle der Abgabe von Rohypnol ohne zugehöriges Rezept hat es gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt.
6
2. a) Ab April 2009 nahm der Angeklagte in der T. -Apotheke gegen Zahlung eines 20 bis 30 Prozent betragenden Anteils des Rezeptwertes von sogenannten "Tauschkunden", die dem Kulturkreis der Roma angehörten, Kas- senrezepte entgegen, mit denen er angebliche sozialrechtliche Erstattungsansprüche bei den Krankenkassen geltend machte. Die Rezepte betrafen meist besonders teure Medikamente. Sie waren gefälscht oder willkürlich angesprochenen Passanten abgekauft worden. Mit ihrer Übernahme durch den Angeklagten war jeweils keine Abgabe von Arzneimitteln verbunden.
7
Die von den "Tauschkunden" angekauften Rezepte reichte der Angeklagte mit seinen monatlichen Abrechnungen über die A. GmbH bei den Krankenkassen ein. Auf einem Begleitzettel vermerkte er Zahl und Gewicht der Rezepte. Den Zettel versah er in der Regel mit einem Stempel seiner Apotheke. Die Abrechnungsstelle bearbeitete die Rezepte in Form von Computerdateien und gab Sammelrechnungen an die einzelnen Krankenkassen weiter. Eine Überprüfung der Rezepte auf formale oder inhaltliche Fehler erfolgte bei der A. GmbH nicht. Auch die zuständigen Mitarbeiter der Krankenkassen nahmen nur eine Prüfung der Abrechnungen auf rechnerische Richtigkeit vor. Eine genauere Überprüfung der Rezepte war zurzeit der Zahlungen der Krankenkassen zudem noch nicht möglich, weil die Bilddateien der eingescannten Rezepte erst mehrere Wochen später bei den Krankenkassen eingingen. Sie wurden dann in einer anderen Abteilung auf formale Richtigkeit geprüft, insbesondere darauf, ob die Patientendaten korrekt eingetragen waren, die Arztnummer existierte und die Medikamentenpreise der Verordnung entsprachen. Eine inhaltliche Prüfung fand nur statt, wenn konkrete Hinweise auf Unregelmäßigkeiten vorlagen.
8
Von April bis Juli 2009 (Fälle 4 bis 7) rechnete der Angeklagte Rezepte über Medikamente im Gesamtwert von 1.591.480,23 Euro ab, ohne dass er entsprechende Arzneimittel an Apothekenkunden abgegeben hatte.
9

b) Das Landgericht hat in der Einreichung der falschen Rezepte pro Abrechnungsmonat jeweils einen Fall des Betrugs gesehen. Es sei eine konkludente Vorspiegelung falscher Tatsachen erfolgt. Dies sei aus dem Empfängerhorizont heraus zu verstehen, der auch vom Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Apotheker geprägt gewesen sei. Bei den Mitarbeitern der Krankenkassen sei eine Fehlvorstellung geweckt worden. Zwar seien bei der Massenerledigung keine inhaltlichen Überprüfungen erfolgt. Jedoch hätten die Mitarbeiter der Krankenkassen die Vorstellung gehabt, die eingereichten Rezeptabrechnungen seien "in Ordnung". Nur aufgrund dieser Vorstellung sei die Auszahlung der für Arzneimittelabgaben an gesetzlich versicherte Patienten vorgesehenen Erstattungsbeträge veranlasst worden.
10
Der den Krankenkassen entstandene Schaden sei nicht im Gesamtbetrag der Sammelabrechnungen für die jeweiligen Monate zu sehen. Vielmehr seien nur die Abrechnungen bezüglich solcher Rezepte, die nicht zur Arzneimittelabgabe geführt hätten, bei der konkreten Bestimmung des Schadensumfangs von Belang. Diese seien nicht genau festzustellen, sondern aufgrund der Differenz zwischen Wareneingang in der Apotheke und Abrechnungen gegenüber den Krankenkassen zu schätzen. Zudem sei ein Sicherheitsabschlag zur Bestimmung des Mindestschadens vorzunehmen.

II.

11
Die Revision des Angeklagten gegen dieses Urteil ist unbegründet.
12
Die Verfahrensrüge ist aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragschrift vom 2. Juni 2014 genannten Gründen unzulässig. Die Sachbeschwerde erweist sich als unbegründet.
13
1. Die Verurteilung des Angeklagten wegen unerlaubter Abgabe verschreibungspflichtiger Betäubungsmittel aus einer Apotheke gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BtMG ist rechtlich nicht zu beanstanden.
14
Der Strafausspruch hierzu ist auch rechtsfehlerfrei, soweit das Landgericht in den drei Fällen des Rohypnolerwerbs durch den Zeugen Fo. zu Lasten des Angeklagten gewertet hat, dass es sich bei den abgeurteilten Fällen nur um die Spitze des Eisbergs gehandelt habe. Das Landgericht hat hinsichtlich der weiteren Taten zwar das Verfahren nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, aber Art und Umfang der dabei erfolgten Abgabe von Rohypnol an Personen aus der Drogenszene in ausreichendem Maße festgestellt (vgl. Senat, Urteil vom 5. Juni 2014 - 2 StR 381/14, Rn. 23).
15
2. Auch gegen die Verurteilung wegen Betrugs in vier Fällen bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
16
a) Bei den monatlichen Sammelabrechnungen des Angeklagten gegenüber den Krankenkassen lag jeweils eine Täuschungshandlung im Sinne von § 263 Abs. 1 StGB vor.
17
Täuschungshandlung ist jede Einwirkung des Täters auf die Vorstellung des Getäuschten, die geeignet und dazu bestimmt ist, beim Adressaten der Erklärung eine Fehlvorstellung über tatsächliche Umstände hervorzurufen. Sie besteht in der Vorspiegelung falscher oder in der Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Oktober 2014 - 1 StR 359/13). Welchen Erklärungswert eine konkludent abgegebene Äußerung besitzt, beurteilt sich nach dem Empfängerhorizont und der Verkehrsanschauung (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juni 2009 - 5 StR 394/08, NJW 2009, 2900, 2901).
18
Ein Apotheker, der am Abrechnungssystem der Krankenkassen teilnimmt , erklärt bei den Abrechnungen stillschweigend, dass er bestehende sozialrechtliche Erstattungsansprüche für tatsächlich durchgeführte Apothekengeschäfte geltend macht (vgl. BGH, Urteil vom 4. September 2012 - 1 StR 534/11, Rn. 46; Urteil vom 10. Dezember 2014 - 5 StR 405/13, Rn. 11). Die entsprechende Erklärung des Angeklagten war in den Fällen, die seiner Verurteilung zu Grunde liegen, falsch, weil die eingereichten Rezepte gefälscht oder angekauft waren und ohne entsprechende Arzneimittelabgabe zur Abrechnung eingereicht wurden.
19
Die Einschaltung der A. GmbH führte in diesem Zusammenhang nur dazu, dass die jeweilige Tat vom Angeklagten in mittelbarer Täterschaft begangen wurde. Sie ändert nichts am Erklärungswert der an die Krankenkassen weitergereichten Abrechnungen.
20
b) Das Landgericht ist aufgrund der Besonderheiten des Abrechnungssystems zutreffend davon ausgegangen, dass die Mitarbeiter der Krankenkassen im Hinblick auf die Erklärungen des Angeklagten bei den monatlichen Sammelabrechnungen jeweils einem Irrtum unterlagen.
21
Bei Betrugsvorwürfen im Zusammenhang mit standardisierten, auf Massenerledigung angelegten Abrechnungsverfahren ist es nicht erforderlich, dass der jeweilige Mitarbeiter hinsichtlich jeder einzelnen geltend gemachten Position die positive Vorstellung hatte, sie sei nach Grund und Höhe berechtigt; vielmehr genügt die stillschweigende Annahme, die ihm vorliegende Abrechnung sei insgesamt in Ordnung. Daher setzt ein Irrtum auch nicht voraus, dasstatsächlich eine Überprüfung der Abrechnungen im Einzelfall durchgeführt wurde (BGH, Beschluss vom 25. Januar 2012 - 1 StR 45/11, BGHSt 57, 95, 100).
22
Für die Annahme eines täuschungsbedingten Irrtums ist es deshalb ausreichend , dass ein sachgedankliches Mitbewusstsein der Krankenkassenmitarbeiter vorlag, das die Annahme einschloss, allen Abrechnungen des Angeklagten hätten tatsächlich von Apothekenkunden als Kassenpatienten eingereichte Rezepte und entsprechende Arzneimittelabgaben in der Apotheke zu Grunde gelegen. Nur dafür ist das Abrechnungssystem des Apothekerverbandes vorgesehen. Es ist auf das Vertrauen gestützt, dass die Apotheker keine gefälschten oder angekauften Rezepte zur Abrechnung tatsächlich nicht durchgeführter Medikamentenabgaben einreichen. Der Fall der Rezeptfälschung oder sonstigen Rezeptabrechnung ohne Arzneimittelabgabe stellt die Berechtigung des geltend gemachten sozialrechtlichen Erstattungsanspruchs grundlegend in Frage.
23
Weil es um das grundsätzliche Mitbewusstsein der Geltendmachung eines tatsächlich bestehenden sozialrechtlichen Erstattungsanspruchs ging, bedurfte es weder einer Individualisierung des jeweils handelnden Mitarbeiters der Krankenkassen noch der Feststellung seiner individuellen Vorstellungen (vgl. BGH, Beschluss vom 4. September 2014 - 1 StR 314/14). Das Tatgericht konnte vielmehr bereits aus den Indizien des äußeren Ablaufs darauf schließen, dass alle Mitarbeiter der Krankenkassen irrtümlich von dem normativ geprägten Vorstellungsbild ausgingen, es würden nur dem Grunde nach gerechtfertigte Erstattungsansprüche für tatsächlich durchgeführte Apothekengeschäfte geltend gemacht.
24
c) Mit der Vornahme der Zahlungen auf die Sammelabrechnungen ist jeweils eine Vermögensverfügung der Krankenkasse erfolgt, die zu einem Schaden geführt hat, weil nicht erbrachte Leistungen vergütet wurden.
25

d) Die Stoffgleichheit zwischen der Vermögensverfügung und dem Vermögensschaden steht außer Frage. Daran ändert die Zwischenschaltung der Verrechnungsstelle nichts, die insoweit nur eine Botenfunktion ausgeübt hat.
26
e) Den Mindestumfang des Schadens in den vier Fällen monatlicher Abrechnungen im Hinblick auf bestimmte Medikamente hat das sachverständig beratene Landgericht nach dem Verhältnis zwischen Wareneingang und abgerechneten Medikamenten geschätzt und dabei um einen Sicherheitsabschlag von 22 Prozent reduziert. Dagegen ist rechtlich nichts zu erinnern.
27
Eine genauere Bestimmung der Verteilung von bezogenen und abgerechneten Medikamenten auf die einzelnen Abrechnungsmonate war nicht möglich. Das Landgericht hat die verfügbaren Daten hinsichtlich der einzelnen Medikamente im Urteil mitgeteilt. Eine noch ausführlichere Darstellung, auch des vom gerichtlichen Sachverständigen entwickelten Auswertungsprogramms und des genauen Rechenwegs, im Urteilstext war nicht erforderlich. Fischer RiBGH Prof. Dr. Schmitt Ott ist beurlaubt und an der Unterschrift gehindert. Fischer Eschelbach Zeng

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 292/13
vom
19. November 2013
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
___________________________
Die Beantragung eines Mahn- und eines Vollstreckungsbescheides im automatisierten
Mahnverfahren auf der Grundlage einer fingierten, tatsächlich nicht
bestehenden Forderung stellt eine Verwendung unrichtiger Daten im Sinne des
§ 263a Abs. 1, 2. Var. StGB dar.
BGH, Beschluss vom 19. November 2013 – 4 StR 292/13 – LG Dortmund
in der Strafsache
gegen
wegen Betrugs u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführerin am 19. November 2013 gemäß § 349
Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 8. März 2013 im Schuldspruch dahingehend berichtigt, dass die Angeklagte des Computerbetruges und der Beihilfe zur Untreue in vier Fällen schuldig ist. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Die Angeklagte wurde im ersten Rechtsgang vom Landgericht wegen Betrugs und Beihilfe zur Untreue in vier Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit Beihilfe zum Betrug, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt. Auf ihre Revision hob der Senat mit Beschluss vom 20. Dezember 2011 (4 StR 491/11) die Verurteilung wegen Betrugs und wegen Beihilfe zur Untreue in Tateinheit mit Beihilfe zum Betrug in zwei Fällen sowie den Gesamtstrafenausspruch auf. Die Feststellungen zur Tatvorgeschichte, zum äußeren Tatgeschehen und zur Kenntnis der Angeklagten vom Nichtbestehen der geltend gemachten Forderungen blieben bestehen. Die weiter gehende Revision wurde verworfen. Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht die Angeklagte nunmehr wegen Betrugs und wegen Beihilfe zur Untreue in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Hiergegen wendet sich die erneute Revision der Angeklagten mit der Rüge der Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel führt zu der aus dem Tenor ersichtlichen Berichtigung des Schuldspruchs. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Der Schuldspruch war im Fall II. 1. der Urteilsgründe dahingehend zu berichtigen , dass die Angeklagte wegen Computerbetrugs gemäß § 263a Abs. 1, 2. Var. StGB und nicht wegen Betrugs gemäß § 263 Abs. 1 StGB schuldig ist.
3
1. Nach den Feststellungen beantragte die Angeklagte am 3. Februar 2007 beim Amtsgericht im automatisierten Mahnverfahren einen Mahnbescheid über eine Hauptforderung in Höhe von 180.960 Euro gegen die B. GbR mbH. Als Anspruchsgrund gab sie einen „Dienstleis- tungsvertrag gem. Rechnung vom 02.11.06“ an. Dabei war ihr bewusst, dass ein solcher Vertrag tatsächlich nicht geschlossen worden war und ihr deshalb keine Ansprüche gegen die Antragsgegnerin zustanden. Der antragsgemäß erlassene Mahnbescheid wurde entsprechend den Angaben der Angeklagten der früheren Mitangeklagten U. B. (ihrer Mutter) unter deren Wohnanschrift zugestellt, die – obgleich sie als Mitgesellschafterin der B. GbR mbH dazu verpflichtet gewesen wäre – abredegemäß keinen Widerspruch einlegte und auch die weitere Mitgesellschafterin nicht von dem Mahnbescheid informierte. Nachdem die Angeklagte auf die gleiche Weise auch einen Vollstreckungsbescheid erwirkt hatte, beantragte sie auf dessen Grundlage einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss in Bezug auf Forderungen der B. GbR mbH gegen die Bank . Nach dessen antragsgemäßen Erlass wurden 184.324,60 Euro gepfändet und auf ein Konto der Angeklagten überwiesen.
4
2. Die Verurteilung wegen Betrugs wird von den Feststellungen nicht getragen.
5
a) Das Landgericht meint, die Angeklagte habe sich bei der Beantragung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses des Betrugs durch Unterlassen schuldig gemacht, weil sie den zuständigen Rechtspfleger nicht über die Umstände der Titelerlangung aufgeklärt habe. Hierzu sei sie nach § 13 Abs. 1 StGB aus dem Gesichtspunkt der Ingerenz verpflichtet gewesen, weil der Vollstreckungsbescheid zuvor von ihr vorsätzlich in sittenwidriger Weise erwirkt worden sei.
6
Gegen diese Wertung bestehen durchgreifende rechtliche Bedenken. Eine Garantenstellung aus Ingerenz ergeben die Feststellungen nicht.
7
Ein (pflichtwidriges) Vorverhalten führt nur dann zu einer Garantenstellung aus Ingerenz, wenn dadurch die naheliegende Gefahr des Eintritts des konkreten tatbestandsmäßigen Erfolges verursacht worden ist (BGH, Urteil vom 17. Juli 2009 – 5 StR 394/08, BGHSt 54, 44, 47 Rn. 21; Urteil vom 23. September 1997 – 1 StR 430/97, BGHR StGB § 13 Abs. 1 Garantenstellung 14). Der durch die Vorhandlung herbeigeführte Zustand muss so beschaffen sein, dass bereits ein bloßes Untätigbleiben die Gefahr vergrößert, dass es zum Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolges kommt oder ein bereits eingetretener Schaden vertieft wird (vgl. BGH, Urteil vom 3. Oktober 1989 – 1 StR 372/89, BGHSt 36, 255, 258; Stree/Bosch in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 13 Rn. 39, 42).
8
Eine solche Gefahrlage bestand hier nicht. Wäre die Angeklagte nach dem Erlass des von ihr erwirkten Vollstreckungsbescheides untätig geblieben, hätte sich für das Opfervermögen keine zusätzliche Gefährdung ergeben. Die Pfändung und Überweisung wurde erst durch den nachfolgenden Antrag nach § 829 ZPO veranlasst, der auf einem neuen Tatentschluss der Angeklagten beruhte.
9
Der Senat muss unter diesen Umständen nicht entscheiden, ob ein vorsätzliches Vorverhalten, das auf denselben Erfolg gerichtet ist wie das nachfolgende Unterlassen, überhaupt eine Garantenstellung aus Ingerenz zu begründen vermag (verneinend BGH, Urteil vom 24. Oktober 1995 – 1 StR 465/95, BGHR StGB § 221 Konkurrenzen 1; offen gelassen im Urteil vom 12. Dezember 2002 – 4 StR 297/02, BGHR StGB § 211 Abs. 2 Verdeckung 15; aA das überwiegende Schrifttum, vgl. MüKoStGB/Freund, 2. Aufl., § 13 Rn. 130; SSWStGB /Kudlich, § 13 Rn. 22; Stein, JR 1999, 265).
10
b) Die Angeklagte hat bei der Stellung des Antrags auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses auch nicht konkludent über das Bestehen einer vollstreckbaren Forderung getäuscht, sodass eine Strafbarkeit wegen Betrugs durch ein aktives Tun gleichfalls nicht in Betracht kommt.
11
aa) Ob in einer bestimmten Kommunikationssituation neben einer ausdrücklichen auch eine konkludente Erklärung abgegeben worden ist und welchen Inhalt sie hat, bestimmt sich nach dem objektiven Empfängerhorizont, der unter Berücksichtigung der Gesamtumstände und der Verkehrsanschauung festzulegen ist (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 – 4 StR 55/12, NStZ 2013, 234, 235; Urteil vom 26. April 2001 – 4 StR 439/00, BGHSt 47, 1, 3 f.; Urteil vom 10. November 1994 – 4 StR 331/94, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Irrtum 10). Findet die Kommunikation – wie hier – im Rahmen eines geregelten Verfahrens statt, wird der Inhalt der abgegebenen Erklärungen maßgeblich durch die diesem Verfahren zugrunde liegenden Vorschriften geprägt. Dies sind hier die Bestimmungen der Zivilprozessordnung (Wagemann, GA 2007, 146, 148).
12
bb) Danach ist davon auszugehen, dass bei der Beantragung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses der Bestand der titulierten Forderung kein Gegenstand der Kommunikation zwischen dem Antragsteller und dem Rechtspfleger ist. Dies ergibt sich aus Folgendem:
13
Der Rechtspfleger als Vollstreckungsorgan hat bei Erlass eines Pfändungs - und Überweisungsbeschlusses nur die formalen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung zu untersuchen. Eine Prüfungskompetenz hinsichtlich der zu vollstreckenden Forderung (Titelforderung) steht ihm nicht zu (vgl. RGSt 23, 286, 287; Stöber, Forderungspfändung, 16. Aufl., Rn. 464). Der Titelgläubiger ist daher auch nicht gehalten, die materiell-rechtliche Grundlage der titulierten Forderung in seinem Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses näher zu bezeichnen (vgl. § 2 Nr. 2 Zwangsvollstreckungsformularverordnung i.V.m. deren Anlage 2; Musielak/Becker, ZPO, 10. Aufl., § 829, Rn. 3). Einwendungen gegen die Berechtigung der titulierten Forderung können grundsätzlich allein mit der Vollstreckungsabwehrklage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszugs und nur innerhalb der Grenzen des § 767 Abs. 2 ZPO geltend gemacht werden, nicht aber gegenüber dem Rechtspfleger bei Erlass von Vollstreckungsmaßnahmen (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Juni 2011 – VII ZB 89/10, BGHZ 190, 172, 183 Tz. 26). Dies zeigt auch die Regelung in § 775 ZPO, nach dessen Ziff. 4 und 5 eine Einstellung der Zwangsvollstreckung nur erfolgen kann, wenn die Befriedigung des Gläubigers durch Urkunden nachgewiesen wird, nicht aber bei Geltendmachung sonstiger Einwendungen gegen den Bestand der Titelforderung. Auch die in Ausnahmefällen mögliche Klage auf Unterlassung der Zwangsvollstreckung und Herausgabe des Titels nach § 826 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 22. Dezember 1987 – VI ZR 165/87, BGHZ 103, 44; Urteil vom 24. September 1987 – III ZR 187/86, BGHZ 101, 380; Urteil vom 9. Februar 1999 – VI ZR 9/98, BGHR BGB § 826 Rechtskraftdurchbrechung 18) ist vor dem Zivilgericht zu erheben und führt als solche nicht zu einem vom Rechtspfleger als Vollstreckungsorgan zu beachtenden Vollstreckungshindernis.
14
c) Der Senat weicht damit nicht gemäß § 132 Abs. 2 GVG von dem Beschluss des 1. Strafsenats vom 25. April 2001 ab (1 StR 82/01, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Täuschung 19). Der 1. Strafsenat hat in dieser Entscheidung die Strafbarkeit eines nach § 63 StGB untergebrachten Beschuldigten wegen Betrugs bejaht, der mit Hilfe eines erschlichenen Vollstreckungstitels zwei Pfändungs - und Überweisungsbeschlüsse erwirkt hatte. Da in dem einen Fall die Zwangsvollstreckung bereits eingestellt war, als der Beschuldigte einen Pfändungs - und Überweisungsbeschluss beantragte (vgl. Kretschmer, GA 2004, 458, 472), liegt der Annahme eines Betruges ein anderer Sachverhalt zugrunde. In der Beantragung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses lag in jenem Fall eine konkludente Täuschung über das Nichtvorliegen eines Vollstreckungshindernisses (vgl. § 775 ZPO) und damit über die vom Rechtspfleger zu prüfende Vollstreckbarkeit des Titels. Soweit der 1. Strafsenat auch in der zweiten von ihm entschiedenen Sachverhaltskonstellation, in der die Zwangsvollstreckung erst am Tag nach der Beantragung des Pfändungs- und Überwei- sungsbeschlusses eingestellt wurde (vgl. Kretschmer, aaO), die Verwirklichung des Betrugstatbestandes angenommen hat, ist diese Rechtsauffassung für die Entscheidung nicht tragend gewesen.
15
d) Da aus den vorgenannten Gründen bereits eine Täuschungshandlung fehlt, kann offen bleiben, ob der Rechtspfleger, wie das Landgericht meint, einem Irrtum über das Bestehen der titulierten Forderung unterlag. Die Annah- me eines ausreichenden „sachgedanklichen Mitbewusstseins“ wäre insoweit nur tragfähig, wenn sich dieses – etwa aufgrund vorheriger Kontrollen des Erklärungsempfängers – auf eine hinreichende Tatsachengrundlage stützen kann, woran hier aus den vorgenannten Gründen Zweifel bestehen (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juni 1985 – 4 StR 213/85, BGHSt 33, 244, 249).
16
3. Die Feststellungen des Landgerichts tragen aber die Verurteilung wegen Computerbetruges gemäß § 263a Abs. 1, 2. Var. StGB. Die Beantragung eines Mahn- und eines Vollstreckungsbescheides im automatisierten Mahnverfahren auf der Grundlage einer fingierten, tatsächlich nicht bestehenden Forderung stellt eine Verwendung unrichtiger Daten dar.
17
a) Der Tatbestand des § 263a StGB ist betrugsäquivalent auszulegen (BGH, Beschluss vom 28. Mai 2013 – 3 StR 80/13, NStZ 2013, 586, 587). Maßgebend ist deshalb, ob die Handlung des Täters einer Täuschung i.S.d. § 263 Abs. 1 StGB entspricht (BGH, Beschluss vom 21. November 2001 – 2 StR 260/01, BGHSt 47, 160, 163).
18
Wird im automatisierten Mahnverfahren eine fiktive Forderung geltend gemacht, liegt darin ein täuschungsäquivalentes Verhalten (vgl. BT-Drucks. 10/318, S. 21; NK-StGB/Kindhäuser, 4. Aufl., § 263a Rn. 18; Haft, NStZ 1987, 6, 8; Möhrenschlager, wistra 1986, 128, 132; Münker, Der Computerbetrug im automatischen Mahnverfahren, 2000, S. 183; aA Cramer/Perron in Schönke/ Schröder, StGB, 28. Aufl., § 263a Rn. 6; SSW-StGB/Hilgendorf, § 263a Rn. 6; SK-StGB/Hoyer, 8. Aufl., 65. Lfg., § 263a Rn. 30), da bei gleichem Vorgehen gegenüber einem Rechtspfleger ein Vorspiegeln von Tatsachen im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB (falsche Behauptung eines Sachverhaltes, aus dem sich die angebliche Forderung ergeben soll) anzunehmen wäre.
19
Aus dem Umstand, dass das Gericht im Mahnverfahren die inhaltliche Berechtigung des Anspruchs nicht prüft (vgl. § 692 Abs. 1 Nr. 2 ZPO), ergibt sich nichts anderes. Im Gegensatz zum Vollstreckungsverfahren dient das Erkenntnisverfahren der Überprüfung der Berechtigung der geltend gemachten materiellen Forderung. Während der Rechtspfleger im Vollstreckungsverfahren nicht zur Prüfung der titulierten Forderung berechtigt ist, müsste er im Erkenntnisverfahren bei Kenntnis der Nichtexistenz der geltend gemachten Forderung den Erlass eines Mahn- oder Vollstreckungsbescheids ablehnen (BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2011 – 4 StR 491/11, NStZ 2012, 322, 323; OLG Düsseldorf, NStZ 1991, 586). Erlässt er den beantragten Bescheid, so geschieht dies in der Vorstellung, dass die nach dem Verfahrensrecht ungeprüft zu übernehmenden tatsächlichen Behauptungen des Antragstellers gemäß der sich aus § 138 Abs. 1 ZPO ergebenden Verpflichtung der Wahrheit entsprechen (BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2011 – 4 StR 491/11, NStZ 2012, 322, 323; Urteil vom 25. Oktober 1971 – 2 StR 238/71, BGHSt 24, 257, 260 f. (zum vor 1977 geltenden Zivilprozessrecht); offen gelassen im Beschluss vom 25. April 2001 – 1 StR 82/01, BGHR § 263 Abs. 1 StGB Täuschung 19; OLG Celle, NStZ-RR 2012, 111, 112; Münker, Der Computerbetrug im automatischen Mahnverfahren, 2000, S. 183; aA LK-StGB/Tiedemann, 12. Aufl., § 263, Rn. 90; MüKoStGB/Hefendehl, 2. Aufl., § 263, Rn. 129; Kretschmer GA 2004, 458, 470).
20
b) Die weiteren Voraussetzungen des § 263a StGB liegen vor. Der vermögensrelevante Datenverarbeitungsvorgang wirkte sich unmittelbar vermögensmindernd aus (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Mai 2013 – 3 StR 80/13, NStZ 2013, 586), denn schon durch die Erwirkung des rechtskräftigen Vollstreckungsbescheides wurde das Vermögen der geschädigten Gesellschaft vermindert (vgl. RGSt 59, 104, 106; MüKoStGB/Hefendehl, 2. Aufl., § 263, Rn. 674). Dass es noch der Zustellung dieses Bescheides bedurfte, ändert daran nichts, weil es sich dabei lediglich um die Umsetzung des Ergebnisses des Datenverarbeitungsvorgangs ohne inhaltliche Kontrolle handelt (BGH aaO).
21
§ 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, weil sich die geständige Angeklagte bei zutreffender rechtlicher Bewertung der Taten nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können, zumal ihr mit der Anklage die betrügerische Erwirkung von Mahnbescheiden und anschließend Vollstreckungsbescheiden zur Last gelegt wird.

II.


22
Soweit die Angeklagte in den Fällen II. 2. und II. 3. der Urteilsgründe jeweils wegen Beihilfe zur Untreue verurteilt worden ist, lässt dies Rechtsfehler nicht erkennen.
23
Die Schuldspruchänderung lässt den Strafausspruch unberührt. Da § 263a Abs. 1 und § 263 Abs. 1 StGB denselben Strafrahmen aufweisen, kann der Senat ausschließen, dass die Strafkammer bei rechtlich zutreffender Bewertung im Fall II. 1. eine noch niedrigere Einzel- oder eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe verhängt hätte.
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21
(1) Die Verfahrensregeln der Zwangsversteigerung sollen grundsätzlich gewährleisten, dass das versteigerte Grundstück zu einem seinem Wert entsprechenden Gebot zugeschlagen und auf diese Weise eine wertrichtige Deckung der auf ihm ruhenden Lasten erreicht wird (BGH, Urt. v. 24. Oktober 1978, VI ZR 67/77, NJW 1979, 162, 163 - insoweit in BGHZ 72, 234 f. nicht abgedruckt ). Neben der Konkurrenz der Bieter ist der Gegensatz zwischen dem Wunsch potentieller Erwerber, den Preis möglichst niedrig zu halten, und dem Interesse der Gläubiger, dass ihre Rechte durch das Gebot gedeckt werden, geeignet, diesem Ziel zu dienen. Wenn diese Interessenkonkurrenz entfällt, läuft der Schuldner Gefahr, zugleich das Grundstück weit unter Wert zu verlieren und infolge des unzulänglichen Erlöses die davon nicht getilgten Gläubigerforderungen erfüllen zu müssen. Davor soll er durch die Regelung des § 114a ZVG bewahrt werden (BGHZ 117, 8, 14). Diese Vorschrift schützt den Schuldner aber nur dann, wenn der Ersteher zur Befriedigung aus dem Grundstück berechtigt ist. Deshalb hat der Gesetzgeber auch für den Fall Vorsorge getroffen , dass der erstrangig betreibende Gläubiger nicht bereit ist, dem Wunsch eines anderen Bieters nach einem möglichst preiswerten Erwerb des Grundstücks entgegenzuwirken.

(1) Ein Beteiligter, dessen Recht durch Nichterfüllung des Gebots beeinträchtigt werden würde, kann Sicherheitsleistung verlangen, jedoch nur sofort nach Abgabe des Gebots. Das Verlangen gilt auch für weitere Gebote desselben Bieters.

(2) Steht dem Bieter eine durch das Gebot ganz oder teilweise gedeckte Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld zu, so braucht er Sicherheit nur auf Verlangen des Gläubigers zu leisten. Auf Gebote des Schuldners oder eines neu eingetretenen Eigentümers findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Für ein Gebot des Bundes, der Deutschen Bundesbank, der Deutschen Genossenschaftsbank, der Deutschen Girozentrale (Deutsche Kommunalbank) oder eines Landes kann Sicherheitsleistung nicht verlangt werden.

In dem Verfahren gelten als Beteiligte, außer dem Gläubiger und dem Schuldner:

1.
diejenigen, für welche zur Zeit der Eintragung des Vollstreckungsvermerks ein Recht im Grundbuch eingetragen oder durch Eintragung gesichert ist;
2.
diejenigen, welche ein der Zwangsvollstreckung entgegenstehendes Recht, ein Recht an dem Grundstück oder an einem das Grundstück belastenden Recht, einen Anspruch mit dem Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück oder ein Miet- oder Pachtrecht, auf Grund dessen ihnen das Grundstück überlassen ist, bei dem Vollstreckungsgericht anmelden und auf Verlangen des Gerichts oder eines Beteiligten glaubhaft machen.

(1) Das Gericht hat über die Sicherheitsleistung sofort zu entscheiden.

(2) Erklärt das Gericht die Sicherheit für erforderlich, so ist sie sofort zu leisten. Die Sicherheitsleistung durch Überweisung auf ein Konto der Gerichtskasse muss bereits vor dem Versteigerungstermin erfolgen. Unterbleibt die Leistung, so ist das Gebot zurückzuweisen.

(3) Wird das Gebot ohne Sicherheitsleistung zugelassen und von dem Beteiligten, welcher die Sicherheit verlangt hat, nicht sofort Widerspruch erhoben, so gilt das Verlangen als zurückgenommen.

(1) Ein Beteiligter, dessen Recht durch Nichterfüllung des Gebots beeinträchtigt werden würde, kann Sicherheitsleistung verlangen, jedoch nur sofort nach Abgabe des Gebots. Das Verlangen gilt auch für weitere Gebote desselben Bieters.

(2) Steht dem Bieter eine durch das Gebot ganz oder teilweise gedeckte Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld zu, so braucht er Sicherheit nur auf Verlangen des Gläubigers zu leisten. Auf Gebote des Schuldners oder eines neu eingetretenen Eigentümers findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Für ein Gebot des Bundes, der Deutschen Bundesbank, der Deutschen Genossenschaftsbank, der Deutschen Girozentrale (Deutsche Kommunalbank) oder eines Landes kann Sicherheitsleistung nicht verlangt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 147/05
vom
12. Januar 2006
in der Zwangsversteigerungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Das Vollstreckungsgericht ist nicht gehalten, einem Bieter, der seiner Obliegenheit
zur Beschaffung einer nach § 69 ZVG zugelassenen Sicherheit nicht nachgekommen
ist, im Termin noch Gelegenheit zu geben, diese noch während der Bietfrist
beizubringen und - falls dafür erforderlich - die Frist zur Abgabe von Geboten zu
verlängern.
BGH, Beschl. v. 12. Januar 2006 - V ZB 147/05 - LG Würzburg
AGWürzburg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 12. Januar 2006 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter Dr. Klein, die Richterin
Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und Dr. Roth

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Würzburg vom 29. August 2005 wird auf Kosten des Antragsgegners zurückgewiesen. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 231.000 EUR.

Gründe:


I.

1
Die Beteiligten sind Geschwister und waren in Erbengemeinschaft mit Anteilen zu je ½ Eigentümer von drei Grundstücken. Zur Aufhebung der Gemeinschaft beantragte die Antragstellerin die Teilungsversteigerung. In dem Versteigerungstermin, in dem die Grundstücke einzeln und zusammen ausgeboten wurden, gab der Antragsgegner ein Gebot von 165.000 EUR für alle drei Grundstücke ab. Dem Verlangen der Antragstellerin nach Sicherheitsleistung kam der Antragsgegner in der Weise nach, dass er ein von ihm noch auszufüllendes Scheckformular einer Sparkasse und deren schriftliche Erklärung vorlegte, dass diese den von ihm ausgestellten Scheck bis zu einem Betrag von 70.000 EUR einlösen werde.
2
Das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - wies das Gebot des Antragsgegners wegen nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechender Sicherheitsleistung zurück. Dessen Ankündigung, sich zu beschweren, vermerkte es als sofortigen Widerspruch.
3
In Abwesenheit des Antragsgegners und nach Abgabe weiterer Gebote schloss der Rechtspfleger die Versteigerung, stellte fest, dass Einzelgebote für die drei Grundstücke von zusammen 231.000 EUR vorlägen, die mithin das Gesamtgebot des Antragsgegners überträfen, und erteilte den Zuschlag den jeweils Meistbietenden auf deren Einzelgebote. Während der Verkündung des Zuschlagsbeschlusses kehrte der Antragsgegner zurück und erklärte, dass er eine Sicherheit in ausreichender Höhe bei der Gerichtskasse eingezahlt habe. Er wurde auf den Rechtsweg verwiesen.
4
Seine Beschwerde, mit der er die Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses beantragt hat, ist ohne Erfolg geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt er seinen Antrag weiter.

II.

5
1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, dass der Zuschlagsbeschluss nicht zu beanstanden sei, weil der Zuschlag den Meistbietenden erteilt worden sei und weder vorgetragene noch von Amts wegen zu beachtende Gründe für eine Versagung des Zuschlags vorlägen.
6
Die Rechtsbeschwerde sei dennoch wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen. Es bleibe zu fragen, ob das Verlangen der Antragstellerin auf Sicherheitsleistung angesichts des Vorliegens einer Bestätigung der Sparkasse zur Einlösung des Schecks noch lauter gewesen sei. Auch wenn ein Bieter keinen Anspruch habe, dass ihm im Termin noch Gelegenheit zur Besorgung einer Sicherheit gegeben werde, könne es im Einzelfall geboten sein, ihm eine kurze Zeit hierfür zu geben.

III.

7
1. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 96 Abs. 1 ZVG i.V.m. § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft. Dem steht nicht entgegen, dass das Beschwerdegericht die für die Zulassung benannten Rechtsfragen weder selbst beschieden noch deren grundsätzliche Bedeutung nach § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO aufgezeigt hat. Das Rechtsbeschwerdegericht ist gleichwohl durch § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO an die Zulassung gebunden.
8
2. Die Rechtsbeschwerde ist indes nicht begründet. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts hält einer rechtlichen Überprüfung stand.
9
a) Zu Recht ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass der Antragsgegner nicht dadurch in seinen Rechten als Bieter verletzt worden sein kann, dass nicht ihm der Zuschlag erteilt wurde. Der Antragsgegner war nicht Meistbietender und kann daher nicht in einem öffentlich-rechtlichen Anspruch auf den Zuschlag aus § 81 Abs. 1 ZVG verletzt sein. Das Gebot des Antraggegners von 165.000 EUR, das er im Termin auf das Gesamtausgebot gem. § 63 Abs. 2 Satz 1 ZVG abgegeben hatte, war nicht höher als das Ergebnis der Einzelausgebote. In diesem Fall war dem Gebot des Antragsgegners der Zuschlag aus § 63 Abs. 3 Satz 2 ZVG zu versagen (vgl. Storz, Praxis des Zwangsversteigerungsverfahrens, 9. Aufl., S. 535).
10
b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist der Antragsgegner auch nicht durch einen Verfahrensfehler des Vollstreckungsgerichts in seinen Rechten verletzt worden, aus dem das Gericht den Zuschlag hätte versagen müssen. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist im Ergebnis richtig.
11
aa) Ohne Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde, zu Unrecht habe das Vollstreckungsgericht das Gebot des Antragsgegners im Termin nach § 70 Abs. 2 ZVG wegen Nichtleistung einer nach § 69 ZVG zulässigen Sicherheitsleistung zurückgewiesen. Der vorgebrachte Fehler lag nicht vor, so dass dahinstehen kann, ob ein solcher Verfahrensmangel überhaupt Grund für die beantragte Aufhebung des Zuschlags an den Meistbietenden sein kann.
12
(1) Die Sicherheitsleistung war gem. § 70 Abs. 1 ZVG anzuordnen. Die Antragstellerin hatte nach dem Terminsprotokoll - wie bei allen vorhergehenden Geboten - Sicherheitsleistung nach § 67 Abs. 1 Satz 1 ZVG verlangt. Dazu war sie auch gegenüber dem Antragsgegner berechtigt. Bei einer Teilungsversteigerung nach § 180 ZVG ist jeder Miteigentümer ein Beteiligter, dessen Recht durch die Nichterfüllung des Gebots beeinträchtigt sein würde. Dies gilt auch gegenüber einem von einem anderen Miteigentümer abgegebenen Gebot (OLG Düsseldorf Rpfleger 1989, 167; Storz, Praxis der Teilungsversteigerung, 3. Aufl., S. 226). Hat ein Beteiligter zulässigerweise Sicherheit verlangt, so muss das Vollstreckungsgericht bei seiner nach § 70 Abs. 1 ZVG sofort zu treffenden Entscheidung diese auch anordnen; ein Ermessensspielraum steht ihm nicht zu (Stöber, ZVG, 17. Aufl., § 70, Rdn. 2; Storz, Praxis des Zwangsversteigerungsverfahrens, 9. Aufl., S. 562).
13
(2) Der Antragsgegner hatte keine zulässige Sicherheit geleistet. § 69 ZVG in der Neufassung durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung und anderer Gesetze vom 18. Februar 1998 (BGBl. I 866) lässt die Sicherheitsleistung nur in bestimmten Formen zu: durch einen von der Bundesbank bestätigten oder einen von einem der zum Betreiben von Bankgeschäften berechtigten Kreditinstitute ausgestellten Verrechnungsscheck, durch eine unbefristete, unbedingte und unwiderrufliche Bürgschaft eines solchen Kreditinstitutes oder durch die Hinterlegung von Geld.
14
(a) Der Scheck, den der Antragsgegner im Termin ausstellen wollte, entsprach dem nicht. Der Gesetzgeber hat nur diejenigen Verrechnungsschecks als taugliche Sicherheit zugelassen, bei denen das Kreditinstitut Ausstellerin des Schecks ist und daher unmittelbar aus dem als Sicherheit vorgelegten Papier nach Art. 12 Satz 1 ScheckG auf Zahlung in Anspruch genommen werden kann (vgl. BT-Drucks. 13/7383, S. 8).
15
Die Vorschrift ist auch nicht - wie die Rechtsbeschwerde meint - entsprechend anzuwenden, wenn ein von dem Bieter im Termin ausgestellter Scheck mit einer darauf bezogenen als Scheckbetätigung bezeichneten Einlösungszusage eines Kreditinstitutes vorgelegt wird. Das gilt selbst dann, wenn der Scheck - wie hier - auf Grund des als Einlösungszusage auszulegenden Schreibens der Sparkasse vom 27. Juli 2005 eine vergleichbare Sicherheit wie ein Bankverrechnungsscheck geboten hätte. Dem Wortlaut des Gesetzes, den Umständen seiner Entstehung sowie den nach den Materialien verfolgten Zwecken der Gesetzesänderung aus dem Jahre 1998 ist zu entnehmen, dass in dem Versteigerungstermin nur die in § 69 ZVG selbst bezeichneten Sicherheiten zugelassen sind. Es liegt keine Regelungslücke vor, die der Senat durch eine analoge Anwendung der Vorschrift auf einen solchen bankgarantierten Scheck schließen könnte.
16
Die Nichterwähnung des mit einer Einlösungsgarantie versehenen Schecks in § 69 ZVG ist als eine Entscheidung des Gesetzes gegen dessen Einbeziehung als taugliche Bietersicherheit zu verstehen. Das Regelungs- problem war bei Inkrafttreten der Gesetzesänderung im Jahre 1998 bekannt. Solche Garantien außerhalb der durch Art. 4 ScheckG ausgeschlossenen Haftung der Bank aus dem Wertpapier durch eine Annahme des Schecks waren zulässig (BGHZ 64, 79, 81) und in Gestalt der typisierten, mit begrenzten Einlösungsgarantien ausgestatteten Euroschecks vom 1. Januar 1968 bis zum 31. Dezember 2001 weit verbreitet. Diese Verrechnungsschecks sind jedoch bei der Gesetzesänderung im Jahre 1998 nicht in den Katalog der zugelassenen Arten der Sicherheiten aufgenommen worden, obgleich ihre Zulässigkeit als taugliches Sicherungsmittel streitig war (vgl. dazu: OLG Zweibrücken Rpfleger 1978, 107, 108) und ihre Anerkennung als geeignete Bietersicherheit gefordert wurde und wird (Storz, Praxis des Zwangsversteigerungsverfahrens, 9. Aufl., S. 565).
17
Das Ziel der Änderung des § 69 ZVG im Jahre 1998 war eine Erhöhung der Praktikabilität, bei der das Erfordernis zur Prüfung der Werthaltigkeit der gestellten Sicherheiten durch das Vollstreckungsgericht wegfallen sollte, das zuvor bei einer Sicherheitsleistung durch Wertpapiere oder durch die Stellung eines Bürgen erforderlich war (BT-Drucks. 13/7378, S. 8 und 9). Bei den auf die Einlösung eines Schecks bezogenen Erklärungen eines Kreditinstitutes kann es indes in Einzelfällen zweifelhaft sein, ob darin eine Einlösungsgarantie oder nur eine auf die gegenwärtige Deckung bezogene Scheckbestätigung zu sehen ist (vgl. BGHZ 110, 263, 265). Das Versteigerungsverfahren bliebe mit unzuträglichen Unsicherheiten belastet, wenn der die Versteigerung durchführende Rechtspfleger im Einzelfall solche Auslegungsfragen entscheiden müsste.
18
(b) Eine unwiderrufliche, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft für die Sicherheit in der in § 68 ZVG bestimmten Höhe, die nach § 69 Abs. 3 ZVG zugelassen ist, liegt ebenfalls nicht vor. Eine solche Bürgschaft außerhalb der Einlösungszusage hat die Sparkasse nicht übernommen.
19
bb) Ebenfalls ohne Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde, dass der Antragsgegner über die zulässigen Arten der Sicherheitsleistung hätte belehrt werden und ihm vor allem durch Unterbrechung der Frist für die Abgabe von Geboten Gelegenheit hätte gegeben werden müssen, die geforderte Sicherheit noch beizubringen.
20
(1) Richtig ist allerdings, dass die Auffassung vertreten wird, eine Sicherheit werde auch dann noch gem. § 70 Abs. 2 ZVG sofort nach der Anordnung des Vollstreckungsgerichts geleistet, wenn diese innerhalb einer kurzen, das Versteigerungsverfahren nicht wesentlich verzögernden Frist beigebracht wird (LG Münster MDR 1958, 173; OLG Zweibrücken Rpfleger 1978, 107, 108; OLG Stuttgart Rpfleger 1983, 493; OLG Hamm NJW-RR 1987, 1016, 1017). Das Vollstreckungsgericht habe die Beteiligten auf diese Möglichkeit nach § 66 ZVG, § 139 ZPO hinzuweisen undauf Antrag eines Bieters auch eine solche Möglichkeit einzuräumen, damit dieser noch innerhalb der ggf. zu verlängernden Frist aus § 73 Abs. 1 ZVG für die Abgabe von Geboten die geforderte Sicherheit beibringen könne. Komme das Vollstreckungsgericht dieser Hinweis- und Belehrungspflicht nicht nach, so liege darin ein Grund zur Versagung des Zuschlags nach § 83 Nr. 6 ZVG, der im Beschwerdeverfahren nach § 100 Abs. 3 ZVG von Amts wegen zu beachten sei (OLG Zweibrücken Rpfleger 1978, 107, 108; OLG Stuttgart Rpfleger 1983, 493; OLG Hamm NJWRR 1987, 1016, 1017).
21
Gegen diese Auffassung ist eingewendet worden, dass die Auslegung des § 70 Abs. 2 ZVG mit dem Wortlaut des Gesetzes unvereinbar sei, zu einer unerträglichen Unsicherheit im Versteigerungsverfahren und zu einer nicht begründbaren Ungleichbehandlung der Bieter führe (Muth, Zwangsversteigerungspraxis , S. 347; Eickmann, Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsrecht , 2. Aufl., S. 177). Die Wirksamkeit eines Gebotes hänge nach Anordnung einer Sicherheitsleistung von deren sofortiger Beibringung ab. Welcher Zeitraum für den Bieter erforderlich sei, um die erforderliche Sicherheit noch bis zum Ende des Termins beizubringen, zugleich jedoch das Versteigerungsverfahren nicht wesentlich verzögere, könne nicht bestimmt werden und führe damit notwendigerweise zu für die Rechtssicherheit des Verfahrens unzuträglichen Streitigkeiten. Zudem würden die Bieter in einer mit dem Gebot einer fairen Versteigerung unvereinbaren Weise ungleich behandelt, weil in der Regel so nur die ortsansässigen Bieter die Chance erhielten, sich die fehlende Sicherheit für ihr Gebot innerhalb einer verlängerten Bieterstunde zu beschaffen (Muth, aaO; Eickmann, aaO).
22
(2) Die letztgenannte Auffassung ist jedenfalls für die nach dem Inkrafttreten des Änderungsgesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung und anderer Gesetze vom 18. Februar 1998 (BGBl. I 866) durchgeführten Versteigerungen zutreffend.
23
Ein Bedürfnis für Hinweise des Vollstreckungsgerichts in Bezug auf den Umfang und die Eignung der für Gebote zu stellenden Sicherheiten - wie nach der alten Rechtslage - besteht nicht mehr, weil die Höhe der Sicherheit nach § 68 Abs. 1 ZVG grundsätzlich nicht vom Gebot des Bieters abhängt, sondern in einem Bruchteil (1/10) des festgesetzten Verkehrswertes besteht. Die nach § 69 ZVG zugelassenen Arten der Sicherheitsleistung machen - wie ausgeführt - eine Prüfung der Bonität angebotener Sicherheiten nicht erforderlich, so dass ein Bieter nicht mehr dadurch überrascht werden kann, dass eine nach dem Gesetz grundsätzlich zugelassene Sicherheit vom Vollstreckungsgericht zurückgewiesen wird.
24
Die Frist für die Abgabe von Geboten ist in der Regel auch zu kurz, um sich eine erforderliche Sicherheit erst zu beschaffen. Das ist vom Gesetzgeber bei der Verkürzung der Mindestfrist für die Abgabe von Geboten von einer Stunde auf 30 Minuten (§ 73 Abs. 1 Satz 1 ZVG) auch erkannt und gleichwohl im Interesse der Effektivität des Termins (ohne längeres Zuwarten mit Geboten bis kurz vor dem Ablauf der Bieterstunde) und des rationellen Einsatzes der Arbeitskraft der Vollstreckungsgerichte so geregelt worden. Bietinteressenten hätten sich vor dem Termin über Höhe und Art der Bietersicherheiten zu informieren und diese herbeizuholen. Die Bietzeit sei nicht so zu bestimmen, dass solche Versäumnisse eines Bieters aufgefangen werden könnten (BTDrucks. 13/7383, S. 9).
25
Vor dem Hintergrund dieser Zielsetzungen ist es mit dem Zweck des Gesetzes grundsätzlich nicht vereinbar, einem Bieter, der seiner Obliegenheit zur Beschaffung einer geeigneten Sicherheit vor dem Termin nicht nachgekommen ist, im Termin noch Gelegenheit zu geben, diese während der Bietfrist zu beschaffen und - falls dafür erforderlich - die Frist zur Abgabe von Geboten zu verlängern. Demzufolge liegt auch kein Grund zur Versagung des Zuschlags aus § 83 Nr. 6 ZVG vor, wenn der Rechtspfleger einen Hinweis auf einen Antrag zur Verlängerung der Frist zur Abgabe von Geboten zwecks Beschaffung der Sicherheit nicht erteilt hat, die er aus diesem Grunde nicht gewähren soll.
26
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist hier nach dem Wert des Zuschlagsbeschlusses (§ 54 Abs. 2 Satz 1 GKG) zu bestimmen, dessen Aufhebung der Antragsgegner beantragt hat.
Krüger Klein Stresemann Czub Roth
Vorinstanzen:
AG Würzburg, Entscheidung vom 28.07.2005 - 3 K 80/04 -
LG Würzburg, Entscheidung vom 29.08.2005 - 3 T 2090/05 -

(1) Das Gericht hat über die Sicherheitsleistung sofort zu entscheiden.

(2) Erklärt das Gericht die Sicherheit für erforderlich, so ist sie sofort zu leisten. Die Sicherheitsleistung durch Überweisung auf ein Konto der Gerichtskasse muss bereits vor dem Versteigerungstermin erfolgen. Unterbleibt die Leistung, so ist das Gebot zurückzuweisen.

(3) Wird das Gebot ohne Sicherheitsleistung zugelassen und von dem Beteiligten, welcher die Sicherheit verlangt hat, nicht sofort Widerspruch erhoben, so gilt das Verlangen als zurückgenommen.

(1) Ein unwirksames Gebot ist zurückzuweisen.

(2) Ist die Wirksamkeit eines Gebots von der Vertretungsmacht desjenigen, welcher das Gebot für den Bieter abgegeben hat, oder von der Zustimmung eines anderen oder einer Behörde abhängig, so erfolgt die Zurückweisung, sofern nicht die Vertretungsmacht oder die Zustimmung bei dem Gericht offenkundig ist oder durch eine öffentlich beglaubigte Urkunde sofort nachgewiesen wird.

(1) Der Zuschlag ist dem Meistbietenden zu erteilen.

(2) Hat der Meistbietende das Recht aus dem Meistgebot an einen anderen abgetreten und dieser die Verpflichtung aus dem Meistgebot übernommen, so ist, wenn die Erklärungen im Versteigerungstermin abgegeben oder nachträglich durch öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden, der Zuschlag nicht dem Meistbietenden, sondern dem anderen zu erteilen.

(3) Erklärt der Meistbietende im Termin oder nachträglich in einer öffentlich beglaubigten Urkunde, daß er für einen anderen geboten habe, so ist diesem der Zuschlag zu erteilen, wenn die Vertretungsmacht des Meistbietenden oder die Zustimmung des anderen entweder bei dem Gericht offenkundig ist oder durch eine öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewiesen wird.

(4) Wird der Zuschlag erteilt, so haften der Meistbietende und der Ersteher als Gesamtschuldner.

(1) Ein unwirksames Gebot ist zurückzuweisen.

(2) Ist die Wirksamkeit eines Gebots von der Vertretungsmacht desjenigen, welcher das Gebot für den Bieter abgegeben hat, oder von der Zustimmung eines anderen oder einer Behörde abhängig, so erfolgt die Zurückweisung, sofern nicht die Vertretungsmacht oder die Zustimmung bei dem Gericht offenkundig ist oder durch eine öffentlich beglaubigte Urkunde sofort nachgewiesen wird.

(1) Der Zuschlag ist ferner zu versagen, wenn das abgegebene Meistgebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte die Hälfte des Grundstückswertes nicht erreicht.

(2) § 74a Abs. 3, 5 ist entsprechend anzuwenden. In dem neuen Versteigerungstermin darf der Zuschlag weder aus den Gründen des Absatzes 1 noch aus denen des § 74a Abs. 1 versagt werden.

(3) Ist das Meistgebot von einem zur Befriedigung aus dem Grundstück Berechtigten abgegeben worden, so ist Absatz 1 nicht anzuwenden, wenn das Gebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte zusammen mit dem Betrag, mit dem der Meistbietende bei der Verteilung des Erlöses ausfallen würde, die Hälfte des Grundstückswertes erreicht.

(1) Bleibt das abgegebene Meistgebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte unter sieben Zehnteilen des Grundstückswertes, so kann ein Berechtigter, dessen Anspruch ganz oder teilweise durch das Meistgebot nicht gedeckt ist, aber bei einem Gebot in der genannten Höhe voraussichtlich gedeckt sein würde, die Versagung des Zuschlags beantragen. Der Antrag ist abzulehnen, wenn der betreibende Gläubiger widerspricht und glaubhaft macht, daß ihm durch die Versagung des Zuschlags ein unverhältnismäßiger Nachteil erwachsen würde.

(2) Der Antrag auf Versagung des Zuschlags kann nur bis zum Schluß der Verhandlung über den Zuschlag gestellt werden; das gleiche gilt von der Erklärung des Widerspruchs.

(3) Wird der Zuschlag gemäß Absatz 1 versagt, so ist von Amts wegen ein neuer Versteigerungstermin zu bestimmen. Der Zeitraum zwischen den beiden Terminen soll, sofern nicht nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles etwas anderes geboten ist, mindestens drei Monate betragen, darf aber sechs Monate nicht übersteigen.

(4) In dem neuen Versteigerungstermin darf der Zuschlag weder aus den Gründen des Absatzes 1 noch aus denen des § 85a Abs. 1 versagt werden.

(5) Der Grundstückswert (Verkehrswert) wird vom Vollstreckungsgericht, nötigenfalls nach Anhörung von Sachverständigen, festgesetzt. Der Wert der beweglichen Gegenstände, auf die sich die Versteigerung erstreckt, ist unter Würdigung aller Verhältnisse frei zu schätzen. Der Beschluß über die Festsetzung des Grundstückswertes ist mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar. Der Zuschlag oder die Versagung des Zuschlags können mit der Begründung, daß der Grundstückswert unrichtig festgesetzt sei, nicht angefochten werden.

8
1. Das Recht zur Abgabe von Geboten in einem Zwangsversteigerungsverfahren soll jedem Interessenten die Möglichkeit verschaffen, als Meistbietender den Zuschlag zu erhalten und Eigentümer des Grundstücks zu werden (§§ 81 Abs. 1, 90 Abs. 1 ZVG). Die Ausübung dieses Rechts ist missbräuchlich, wenn der Bieter hieran nicht interessiert ist, sondern mit seinem Gebot rechtlich zu missbilligende Zwecke verfolgt (Senat, BGHZ 172, 218, 223). So verhält es sich, wenn ein Gebot zu dem Zweck abgegeben wird, den von § 85a ZVG Abs. 1 ZVG bezweckten Schutz des Schuldners zu unterlaufen (Senat, aaO, 226). So liegt der Fall hier. Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte H. kein Interesse an dem Grundstück und gab im Termin vom 15. Februar 2005 auf Veranlassung der Beteiligten zu 3 nur deshalb ein Gebot ab, um dieser einen Gefallen zu erweisen. Durch das Gebot von H. sollte der Schutz des Schuldners durch § 85a Abs.1 ZVG ausgehebelt werden. Das auf Betreiben der Beteiligten zu 3 von H. abgegebene Gebot war rechtsmissbräuchlich und nichtig. Es war gemäß § 71 Abs. 1 ZVG von dem Vollstreckungsgericht zurückzuweisen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 98/05
vom
24. November 2005
in dem Zwangsversteigerungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Gebote in der Zwangsversteigerung, die unter der Hälfte des Grundstückswerts
liegen, sind nicht allein aus diesem Grund unwirksam und zurückzuweisen; gibt
ein an dem Erwerb des Grundstücks interessierter Bieter ein solches Gebot nur
ab, um die Rechtsfolgen des § 85a Abs. 1 und 2 ZVG herbeizuführen, ist das weder
rechtsmissbräuchlich noch ist das Gebot unwirksam oder ein Scheingebot.

b) Das Eigengebot eines Gläubigervertreters ist unwirksam und zurückzuweisen,
wenn er von vornherein nicht an dem Erwerb des Grundstücks interessiert ist,
sondern das Gebot nur abgibt, damit in einem weiteren Versteigerungstermin einem
anderen der Zuschlag auf ein Gebot unter 7/10 oder unter der Hälfte des
Grundstückswerts erteilt werden kann.
BGH, Beschl. v. 24. November 2005 - V ZB 98/05 - LG Frankenthal (Pfalz)
AG Grünstadt
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 24. November 2005 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke, Dr. SchmidtRäntsch
und Zoll und die Richterin Dr. Stresemann

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners wird der Beschluss des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 9. Mai 2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert wird für alle Instanzen auf 25.500,00 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Die Beteiligte zu 2 betreibt die Zwangsversteigerung des im Eingang dieses Beschlusses bezeichneten Grundstücks wegen einer Hauptforderung von 127.822,97 €. Der Verkehrswert des Grundstücks wurde auf 165.000 € festgesetzt.
2
In dem ersten Versteigerungstermin gab einzig der Terminsvertreter der Beteiligten zu 2 im eigenen Namen ein Gebot von 3.000 € ab. Das Amtsgericht hat den Zuschlag gemäß § 85 a Abs. 1 ZVG versagt. In dem zweiten Versteigerungstermin war derselbe Terminsvertreter der Beteiligten zu 2 wiederum anwesend ; er gab jedoch kein Gebot ab. In dem dritten Versteigerungstermin, zu welchem der Terminsvertreter der Beteiligten zu 2 ebenfalls erschienen war, jedoch erneut kein Gebot abgab, blieb der Beteiligte zu 4 mit seinem Gebot von 57.000 € Meistbietender.
3
Der Beteiligte zu 1 hat die Versagung des Zuschlags, hilfsweise die Gewährung von Vollstreckungsschutz beantragt.
4
Das Amtsgericht hat dem Beteiligten zu 4 den Zuschlag erteilt. Die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1 hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde will der Beteiligte zu 1 die Versagung des Zuschlags erreichen.

II.


5
Nach Auffassung des Beschwerdegerichts ist dem Beteiligten zu 1 kein Vollstreckungsschutz zu gewähren, weil der dem Beteiligten zu 4 erteilte Zuschlag keine mit den guten Sitten unvereinbare Härte für den Beteiligten zu 1 bedeute (§ 765a ZPO). Von einer Verschleuderung des Grundstücks könne keine Rede sein, denn es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass in einem weiteren Versteigerungstermin wesentlich höhere Gebote abgegeben würden.
6
Weiter meint das Beschwerdegericht, die Erteilung des Zuschlags verletze nicht den Anspruch des Beteiligten zu 1 auf Durchführung eines fairen Ver- fahrens. Zwar habe die Beteiligte zu 2 durch die Verhaltensweise ihres Terminsvertreters die gesetzliche Mindestgrenze von 50 % des Grundstückswerts für die Erteilung des Zuschlags zu Fall gebracht; aber das sei selbst bei einem unterstellten einvernehmlichen Zusammenwirken zwischen Gläubiger, Bevollmächtigtem und Ersteher nicht rechtsmissbräuchlich und nicht sittenwidrig.
7
Das hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

III.


8
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO); sie ist auch begründet.
9
1. Der angefochtene Beschluss unterliegt der unbeschränkten rechtlichen Überprüfung durch den Senat. Zwar hat das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde im Hinblick auf die Rechtsfrage zugelassen, ob der Zuschlag gemäß § 83 Nr. 6 ZVG wegen Unzulässigkeit der Zwangsversteigerung aus einem sonstigen Grund zu versagen ist, wenn eine Bank als Gläubigerin in dem ersten Versteigerungstermin durch ein Eigengebot ihres Terminsvertreters die gesetzlichen Mindestgrenzen zu Fall bringt, um die Schutzvorschrift des § 85 a Abs. 1 ZVG zur Verhinderung der Verschleuderung von Grundstücken zu umgehen. Aber eine damit eventuell vorgenommene Beschränkung wäre unwirksam. Die Zulassung kann nicht auf die Klärung einer einzelnen Rechtsfrage beschränkt werden, sondern die Beschränkung muss sich auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffs beziehen (vgl. zur beschränkten Revisionszulassung BGH, Urt. v. 5. November 2003, VIII ZR 320/02, WM 2004, 853 m.w.N.). Eine danach unwirksame Beschränkung führte dazu, dass die Rechtsbeschwerde unbe- schränkt zugelassen ist (vgl. wiederum zur beschränkten Revisionszulassung BGH, Urt. v. 20. Mai 2003, XI ZR 248/02, WM 2003, 1370, 1371).
10
2. Fehlerfrei verneint das Beschwerdegericht die Voraussetzungen für die Gewährung von Vollstreckungsschutz für den Beteiligten zu 1 nach § 765 a Abs. 1 ZPO. Die Rechtsbeschwerde erhebt dagegen keine Einwände.
11
3. Im Ergebnis ebenfalls zu Recht meint das Berufungsgericht, dass der Zuschlag nicht nach § 83 Nr. 6 ZVG zu versagen sei. Zu Unrecht nimmt es jedoch an, dass dies darauf beruhe, dass hier die Voraussetzungen des § 85 a Abs. 2 Satz 2 ZVG vorlägen. Die bisherigen Feststellungen tragen das nicht. Der Zuschlag auf das von dem Terminsvertreter der Beteiligten zu 2 in dem ersten Versteigerungstermin abgegebene Gebot war nur dann nach § 85 a Abs. 1 ZVG zu versagen, wenn es wirksam war. Für den - hier nahe liegenden - Fall, dass es unwirksam war, hätte das Gebot nach § 71 Abs. 1 ZVG zurückgewiesen werden müssen, mit der Folge, dass das Verfahren einstweilen einzustellen gewesen wäre (§ 77 Abs. 1 ZVG).
12
a) Gebote, die unter der Hälfte des Grundstückswerts liegen, sind nicht allein aus diesem Grund unwirksam. Sie können nicht nach § 71 Abs. 1 ZVG zurückgewiesen werden. Auf solche in dem ersten Verhandlungstermin abgegebenen Gebote kann jedoch der Zuschlag nicht erteilt werden; er ist zwingend zu versagen (§ 85 a Abs. 1 ZVG). Erst wenn in einem weiteren Versteigerungstermin ein unter dem Mindestgebot nach § 85 a Abs. 1 ZVG liegendes Meistgebot abgegeben wird, kann der Zuschlag nicht erneut allein deshalb versagt werden, weil das Gebot nicht die Hälfte des Grundstückswerts erreicht (§ 85 a Abs. 2 Satz 2 ZVG).
13
b) Ein unter dem Mindestgebot liegendes Gebot ist auch nicht unwirksam , wenn es der an dem Erwerb des Grundstücks interessierte Bieter in der ausschließlichen Absicht abgibt, einen weiteren Versteigerungstermin zu erreichen , um dann den Zuschlag auf sein weiter unter dem Mindestgebot liegendes Gebot zu erhalten (OLG Koblenz Rpfleger 1999, 407). Ein Bieter, der ein wirksames Gebot abgibt, ist nicht verpflichtet, sein Interesse an einem möglichst preiswerten Erwerb des Grundstücks hinter das gegenteilige Interesse des Schuldners zurücktreten zu lassen (Hornung, Rpfleger 2000, 363, 365).
14
c) Das allein zur Herbeiführung der Versagung des Zuschlags und eines weiteren Versteigerungstermins abgegebene Gebot eines an dem Erwerb des Grundstücks interessierten Bieters ist kein Scheingebot. Der Bieter gibt ein wirksames Gebot ab, um die gewünschte Rechtsfolge zu erreichen. Die Anwendung der §§ 116 ff. BGB scheidet deshalb von vornherein aus.
15
d) Schließlich ist die Abgabe eines solchen auf den Erwerb des Grundstücks gerichteten Gebots nicht rechtsmissbräuchlich. Der Bieter nimmt lediglich die von dem Gesetz (§ 85 a Abs. 1 und 2 ZVG) eröffnete Möglichkeit wahr, das Grundstück nach einer Versagung des Zuschlags in einem weiteren Versteigerungstermin für weniger als die Hälfte des Grundstückswerts ersteigern zu können.
16
e) Das alles gilt jedoch nicht, wenn der Bieter von vornherein nicht an dem Erwerb des Grundstücks interessiert ist. In diesem Fall ist sein Gebot unwirksam.
17
aa) Das Gebot in der Zwangsversteigerung ist eine auf den Erwerb des Grundstücks durch staatlichen Hoheitsakt (Zuschlag) gegenüber dem Vollstre- ckungsgericht abzugebende Willenserklärung (Dassler/Schiffhauer, ZVG, 11. Aufl., § 71 Anm. 1; Stöber, ZVG, 17. Aufl., § 71 Rdn. 2). Danach sind solche Gebote, mit denen der Bieter nicht die Erteilung des Zuschlags - auch nicht in einem weiteren Versteigerungstermin für weniger als die Hälfte des Verkehrswerts - erreichen will, sondern in Wahrheit andere Zwecke verfolgt, keine Gebote im Sinne der Vorschriften des Zwangsversteigerungsgesetzes. Auf sie kann der Zuschlag weder erteilt noch kann er versagt werden. Sie sind vielmehr nach § 71 Abs. 1 ZVG wegen Unwirksamkeit zurückzuweisen.
18
bb) In einem solchen Fall stellt sich die in der Rechtsprechung und in der Literatur diskutierte - von dem Beschwerdegericht aufgenommene - Frage nicht, ob das unter dem Mindestgebot liegende Eigengebot eines Gläubigervertreters rechtsmissbräuchlich und sittenwidrig ist (vgl. OLG Koblenz Rpfleger 1999, 407, 408; Hornung, Rpfleger 2000, 363, 365), ob es als eine gegen Treu und Glauben verstoßende Umgehung der Schuldnerschutzvorschrift des § 85 a Abs. 1 ZVG anzusehen ist (vgl. LG Neubrandenburg Rpfleger 2005, 42) oder ob es sich um ein Scheingebot handelt (vgl. LG Kassel Rpfleger 1986, 397; Kirsch, Rpfleger 2000, 147, 148); denn es liegt kein Gebot vor, dessen Wirksamkeit anhand dieser Kriterien überprüft werden kann, sondern ein von vornherein unwirksames Gebot.
19
4. In dem vorliegenden Fall spricht vieles dafür, dass der Terminsvertreter der Beteiligten zu 2 in dem ersten Versteigerungstermin ein solches unwirksames Gebot abgegeben hat. Zum einen war er als Vertreter der Beteiligten zu 2 erschienen; in dieser Funktion geben Mitarbeiter von Kreditinstituten in der Regel keine eigenen Gebote ab, die ernsthaft auf den Erwerb des Grundstücks durch Zuschlag gerichtet sind, zumal hier die geringe Höhe des Gebots dem wirtschaftlichen Interesse der Beteiligten zu 2 an der bestmöglichen Verwertung des Grundstücks widersprach. Zum anderen war der Terminsvertreter der Beteiligten zu 2 in dem zweiten Versteigerungstermin ebenfalls anwesend, hat aber kein Gebot abgegeben. Da auch kein anderer Bieter geboten hat, legt seine Verhaltensweise die Annahme nahe, dass er den Zuschlag nicht einmal zu einem weit unter dem Verkehrswert des Grundstücks liegenden Gebot (vgl. BGH, Beschl. v. 5. November 2004, IXa ZB 27/04, Rpfleger 2005, 151: 12 % des Verkehrswerts ) erhalten wollte. Das lässt möglicherweise darauf schließen, dass er von Anfang an nicht an dem Erwerb des Grundstücks interessiert war.
20
5. Da die Möglichkeit der Zurückweisung des Gebots nach § 71 Abs. 1 ZVG bisher weder von den Vorinstanzen noch von den Beteiligten bedacht wurde, ist die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen. Es muss aufklären, ob das von dem Terminsvertreter der Beteiligten zu 2 abgegebene Gebot auf den Erwerb des Grundstücks oder in Wahrheit - ohne Erwerbswillen - nur darauf gerichtet war, die Rechtsfolgen des § 85 a Abs. 1 und 2 ZVG herbeizuführen, um dem Beteiligten zu 4 oder einem anderen Interessenten den Erwerb des Grundstücks für weniger als die Hälfte des Grundstückswerts zu ermöglichen. In dem ersten Fall kann das Beschwerdegericht nach dem vorstehend unter 3. a) bis d) Gesagten seine angefochtene Entscheidung wiederherstellen; in dem zweiten Fall muss es der Beschwerde des Schuldners stattgeben.
Krüger Lemke Schmidt-Räntsch
Zoll Stresemann
Vorinstanzen:
AG Grünstadt, Entscheidung vom 12.04.2005 - K 63/03 -
LG Frankenthal, Entscheidung vom 09.05.2005 - 1 T 76/05 -

(1) Ein unwirksames Gebot ist zurückzuweisen.

(2) Ist die Wirksamkeit eines Gebots von der Vertretungsmacht desjenigen, welcher das Gebot für den Bieter abgegeben hat, oder von der Zustimmung eines anderen oder einer Behörde abhängig, so erfolgt die Zurückweisung, sofern nicht die Vertretungsmacht oder die Zustimmung bei dem Gericht offenkundig ist oder durch eine öffentlich beglaubigte Urkunde sofort nachgewiesen wird.

Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.