Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Jan. 2018 - 5 StR 554/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:230118B5STR554.17.0
bei uns veröffentlicht am23.01.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 554/17
vom
23. Januar 2018
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbsmäßiger strafbarer Verletzung von Gemeinschaftsmarken u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:230118B5STR554.17.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 23. Januar 2018 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 12. Juni 2017 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „gewerbsmäßiger strafbarer Verletzung von Gemeinschaftsmarken“ in drei Fällen und Urkundenfäl- schung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt sowie Einziehungs- und Verfallsanordnungen getroffen. Die hiergegen gerichtete auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO).

I.


2
Nach den Feststellungen des Landgerichts kamen der Angeklagte und sein in der Türkei lebender gesondert verfolgter Bruder E. K. spätestens zu Beginn des Jahres 2015 überein, in arbeitsteiligem Zusammenwirken in der Türkei hergestellte bzw. erworbene Kleidungsstücke, die mit Schriftzügen und Labels verschiedener Markenhersteller versehen waren, unter Verletzung geschützter Gemeinschafts- bzw. Unionsmarken in Deutschland zu verkaufen, obwohl ihnen bewusst war, dass sie nicht über die für deren Verwendung erforderliche Zustimmung der Markenrechtsinhaber verfügten. Dabei nutzten beide die in Berlin ansässige F. (im Folgenden: F. ), deren Geschäftsanteile sie zu gleichen Teilen hielten. Der Angeklagte war für den Berliner Geschäftsbetrieb der Gesellschaft allein und umfassend verantwortlich, während sein Bruder als ihr Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen war.
3
Die Bekleidungsstücke wurden in Deutschland über professionell gestaltete Internetplattformen an Zwischenhändler vertrieben, die die Waren im Voraus teilweise durch Überweisungen auf das Geschäftskonto der F. , teilweise in bar an den Angeklagten bezahlt hatten. Nach Bestätigung des Zahlungseingangs wurden die entsprechenden Kleidungsstücke in der Türkei zusammengestellt und nach Berlin geschickt. Mit Ausnahme des Falls 2 erfolgte der Transport der Ware zur Verschleierung und zur Vermeidung von Kontrollen an deutschen Flughäfen über Zwischenstationen in Polen und Großbritannien, von wo aus die Weiterversendung an ständig wechselnde und teilweise fiktive Anschriften in Berlin erfolgte. Dort nahm der Angeklagte die Pakete mit den Kleidungsstücken selbst oder durch Dritte in Empfang, brachte sie in angemietete Lagerräume, verpackte sie gemäß den vorliegenden Bestellungen zu neuen Sendungen und verschickte sie durch Paketdienste unter Angabe fiktiver Absenderanschriften an die Abnehmer, sofern nicht in Ausnahmefällen eine persönliche Übergabe erfolgte. Für die erworbene Ware erhielten die Abnehmer (Schein-)Rechnungen, die entweder auf die F. ausgestellt waren oder auf Einzelfirmen mit fiktiven Inhabern.
4
Abweichend von den geschilderten Modalitäten wurden im Fall 2 die gefälschten Kleidungsstücke am 8. September 2016 auf dem Luftweg von Istanbul an die Adresse der F. in Berlin verschickt. Die betreffenden Hemden waren mit Schriftzeichen und Labeln von „Hugo Boss“ versehen, welche ihrer- seits mit Tarnaufklebern „Mio Calvino“ überklebt waren. Zum Empfang und be- absichtigten Weiterverkauf der Hemden kam es nicht mehr, da die Sendung am Flughafen Tegel durch die Zollbehörden angehalten wurde.
5
Die Taten 1 und 3 betreffen Textilien, die durch den Angeklagten in den Jahren 2015 und 2016 eingeführt und zum Teil weiterverkauft wurden. Insoweit konnte nicht ausgeschlossen werden, dass die Einfuhr der Textilien in die EU in dem betreffenden Jahr jeweils durch eine einheitliche Handlung erfolgte. Die angemieteten Lagerräume wurden am 28. November 2016 durchsucht. Dort wurden „gefälschte“ Textilien zum Gesamtpreis von mehr als 260.000 Euro beschlagnahmt.

II.


6
Die Revision des Angeklagten ist unbegründet. Das Landgericht hat in den Fällen 1 bis 3 im Ergebnis zu Recht einer Strafbarkeit des Angeklagten nach § 143a Abs. 1 Nr. 1 MarkenG bejaht. Näherer Erörterung bedarf allerdings Folgendes:
7
1. Soweit § 143a Abs. 1 MarkenG ein Handeln „trotz eines Verbotes und ohne Zustimmung des Markeninhabers“ verlangt,ist der Ausspruch eines gesonderten Verbotes nicht erforderlich (BT-Drucks. 14/6203 S. 71; vgl. auch Büscher in: Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, 3. Aufl., § 143a MarkenG Rn. 1; Ekey in: Ekey/Bender/Fuchs-Wissemann, Markenrecht, Bd. 1, 3. Aufl., § 143a MarkenG Rn. 7; Thiering in: Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 143a Rn. 6). Vielmehr genügt das absolut wirkende Verbot der Benutzung der Gemeinschafts- bzw. Unionsmarke (BeckOK MarkenR/Klingelhöfer, MarkenG, § 143a Rn. 4). Durch die Übernahme dieser beiden Tatbestandsmerkmale des Artikels 9 Absatz 1 Satz 2 der damals gültigen Verordnung über die Gemeinschaftsmarke (Verordnung [EG] Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993, ABl. EG 1994 Nr. L 11, S. 1) sollte sichergestellt werden, dass die Strafbewehrung nicht über die Reichweite der gemeinschaftsrechtlichen Rechtsgewährung hinausgeht. Dass die Rechtsinhaber der verfahrensgegenständlichen Verwendung ihrer Marken nicht zugestimmt hatten , hat das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt (UA S. 17).
8
2. Die Änderung der in § 143a Abs. 1 MarkenG zitierten EU-Verordnung lässt die Strafbarkeit des Angeklagten unberührt.
9
a) Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass der Angeklagte mit den seit dem 23. März 2016, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung (EU) 2015/2424 vom 16. Dezember 2015 zur Änderung der in § 143a Abs. 1 MarkenG zitierten Verordnung (EG) Nr. 207/2009 (zuvor: GemeinschaftsmarkenVO /GMV; seitdem: UnionsmarkenVO/UMV), verübten Tathandlungen die Rechte von Inhabern einer Unionsmarke nach Art. 9 Abs. 2 lit. a UMV verletzt und sich deswegen auch hinsichtlich dieser Taten gemäß § 143a Abs. 1 Nr. 1 MarkenG strafbar gemacht hat. Allerdings ist die starre Verweisung in § 143a Abs. 1 MarkenG auf Art. 9 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 der mit dem Inkrafttreten der Verordnung (EU) 2015/2424 verbundenen Änderung nicht angepasst worden. Seitdem geht sie ins Leere, da die Regelungen in Art. 9 Abs. 1 Satz 2 GMV, auf die verwiesen wird, in Art. 9 Abs. 2 UMV überführt wurden.
10
b) Dieser Umstand, der sich nicht durch eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers erklären lässt, wirkt sich auch unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebots (Art. 103 Abs. 2 GG) auf die Beurteilung des vorliegenden Falls nicht aus. Denn bei der Strafvorschrift des § 143a MarkenG handelt es sich nicht etwa um eine Blankettnorm, die Sanktionen an Verstöße gegen anderweitig geregelte, lediglich in Bezug genommene Verhaltenspflichten anknüpft (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 10. Januar 2017 – 5 StR 532/16, BGHSt 62, 13). Vielmehr hat der Gesetzgeber den Text der in Bezug genommenen Vorschrift in vollem Wortlaut in die Verweisungsnorm aufgenommen. Paragraph 143a MarkenG, der durch Art. 9 Nr. 35 des „Gesetzes zur Bereinigung von Kostenregelungen auf dem Gebiet des geistigen Eigen- tums“ vom 13. Dezember 2001 (BGBl. I 3656) in das Markengesetz eingefügt wurde, greift in seinem Absatz 1 auch insoweit die in Art. 9 Abs. 1 Satz 2 der damals gültigen Verordnung (EG) Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke genannten Verletzungshandlungen auf und übernimmt den Wortlaut der in Bezug genommenen Regelung (BT-Drucks. 14/6203 S. 71). Diese war wortlautidentisch mit Art. 9 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 in ihrer Fassung bis einschließlich 22. März 2016, auf die § 143a MarkenG in seiner seit dem 28. Dezember 2010 gültigen Fassung verweist. Die Wiedergabe des Wortlauts der Regelung, auf die zudem verwiesen wird, hat bewirkt, dass der eigentliche Straftatbestand in § 143a MarkenG voll ausformuliert ist (Büscher aaO § 143a MarkenG Rn. 2; Thiering aaO § 143a MarkenG Rn. 2) und es zur Bestimmung des strafbaren Verhaltens nicht des Rückgriffs auf die in Bezug genommene Norm bedarf.
11
c) Der Verweis auf Art. 9 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 war allerdings aus Sicht des Gesetzgebers gleichwohl nicht verzichtbar. Er erfüllte vielmehr einen gesetzgeberischen Zweck, der bei Ausle- gung und Anwendung des § 143a Abs. 1 MarkenG zu berücksichtigen ist. Mit dem Verweis sollte nämlich ein Gleichlauf der unmittelbar geltenden Rechtsgewährung durch die Verordnung über die Gemeinschaftsmarke und der Strafbewehrung sichergestellt werden. Durch Übernahme der in der Verordnung über die Gemeinschaftsmarke genannten Verletzungshandlungen sollte die Reichweite der gemeinschaftsrechtlichen Schutzbestimmungen als Anknüpfungspunkt der Strafbewehrung konkretisiert werden (BT-Drucks. 14/6203 S. 71).
12
Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob dieser Gleichlauf von § 143a Abs. 1 MarkenG auch gegenüber der unmittelbar geltenden Rechtsgewährung in Art. 9 Abs. 2 UMV in vollem Umfang besteht und welche Folgerungen sich aus möglichen Abweichungen für die strafrechtliche Bewertung von Verstößen ergeben könnten. Denn jedenfalls hinsichtlich der vom Landgericht angenommenen Verletzungshandlung nach § 143a Abs. 1 Nr. 1 MarkenG ist der vom Gesetzgeber gewollte Gleichlauf mit der unionsrechtlichen Regelung nicht gestört. Diese findet sich jetzt, wie vom Landgericht im Grundsatz erkannt, in Art. 9 Abs. 2 lit. a UMV, der für den Umfang der Rechtsgewährung des Markeninhabers gegenüber Dritten keine relevanten Abweichungen zu der Beschreibung der Verletzungshandlung in § 143a Abs. 1 Nr. 1 MarkenG aufweist.
13
d) Der Verurteilung nach § 143a Abs. 1 Nr. 1 MarkenG steht, worauf der Generalbundesanwalt in seiner Stellungnahme zu Recht hinweist, unter Berücksichtigung von § 2 StGB auch nicht entgegen, dass die in Bezug genommene Verordnung (EG) 207/2009 mit Wirkung zum 1. Oktober 2017 durch die Verordnung (EU) 2017/1001 aufgehoben und ersetzt wurde. Denn Art. 9 Abs. 2 der letztgenannten Verordnung enthält dieselben Rechte und ihnen korrespondierende Verbote wie die Vorgängerverordnung.
14
3. Das Landgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass der Angeklagte auch im Fall 2 ein mit einer Unionsmarke identisches Zeichen benutzt hat.
15
Bei der Auslegung des Benutzungsbegriffs des § 143a Abs. 1 MarkenG ist die nicht abschließende Aufzählung von Benutzungshandlungen in Art. 9 Abs. 3 UMV (gleichlautend mit § 9 Abs. 2 GMV) zu berücksichtigen. Für nationale Marken enthält § 14 Abs. 3 MarkenG eine entsprechende Regelung. Unter den Benutzungsbegriff fällt danach unter anderem die Einfuhr von Waren „unter dem Zeichen“, die das Landgericht im Fall 2 geprüft und abgelehnt hat (UA S. 78); gleichwohl ist es im Folgenden von einer strafbaren Einfuhr ausgegangen (UA S. 80). Dieser Widerspruch ist hier indes unerheblich, da nach den Urteilsfeststellungen eine Einfuhr tatsächlich vorlag.
16
a) Das Landgericht hat angelehnt an eine Entscheidung des OLG Stuttgart (NStZ-RR 2000, 25 f.) angenommen, dass das „Einschmuggeln“ markengeschützter Ware – die Markenzeichen waren im Fall 2 überklebt – keine straf- bare Einfuhr „unter dem Markenzeichen“ darstelle. Nach Auffassung des OLG Stuttgart (aaO) ist im Einschmuggeln ein Benutzen des Markenzeichens nicht zu sehen, denn der Wortsinn setze voraus, dass das Zeichen in irgendeiner Weise eingesetzt oder wenigstens kenntlich gemacht werde; eine Einfuhr „unter dem Zeichen“ könne jedenfalls dann nicht mehr bejaht werden, wenn das Zei- chen bei der Einfuhr versteckt gehalten werde.
17
Dieser Ansicht kann jedenfalls im vorliegenden Fall nicht zugestimmt werden (Fezer, Markenrecht, 4. Aufl., § 14 MarkenG Rn. 860; EbertWeidenfeller in: Achenbach/Ransiek/ Rönnau, Handbuch des Wirtschaftsstrafrechts , 4. Aufl., Kapitel Markenstrafrecht Rn. 69; vgl. auch BGH, Urteil vom 10. Juni 1998 – 5 StR 72/98, StV 1998, 663). Der Anwendung von § 143a MarkenG ist ebenso wie derjenigen des § 14 MarkenG ein markenfunktionaler Benutzungsbegriff zugrunde zu legen (Büscher aaO § 14 MarkenG Rn. 120). Der Markeninhaber erhält den Schutz seiner spezifischen markenrechtlichen Interessen um sicherzustellen, dass die Marke ihre Funktion erfüllen kann (EuGH GRUR 2007, 318 Nr. 21). Erforderlich ist, dass die Benutzung des Zeichens durch einen Dritten die Funktionen der Marke beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte (EuGH GRUR 2005, 153 Nr. 59). Hauptfunktion der Marke ist es, die Herkunft der Ware gegenüber den Verbrauchern zu gewährleisten (EuGH GRUR 2003, 55 Nr. 51; Büscher aaO § 14 MarkenG Rn. 121). Die Einfuhr einer solchen Ware ist unabhängig davon, ob der Täter heimlich oder offen importiert, geeignet, die Herkunftsfunktion der Marke (vgl. Thiering in: Ströbele/ Hacker/Thiering, § 14 Rn. 97 f.) zu beeinträchtigen. Der Schutz des Markengesetzes richtet sich gegen den Import jeglicher ohne Zustimmung des Markeninhabers mit der Marke versehener Waren. Da die im Ausland erfolgte Kennzeichnung von Waren infolge des Territorialitätsprinzips nicht vom Verbietungsrecht des Markeninhabers erfasst wird, soll bereits der Eintritt der mit dem Zeichen versehenen Waren in den Geltungsbereich der markenrechtlichen Normen als inländische Verletzungshandlung verfolgbar sein (Schweyer in: v. Schultz, Markenrecht, 3. Aufl., § 14 MarkenG Rn. 228). Einfuhr „unter dem Zei- chen“ ist demnach der Import widerrechtlich gekennzeichneter Ware (Hacker aaO Rn. 179; Ekey aaO § 14 Rn. 328; Schweyer aaO). Sie stellt eine Benutzungshandlung zur Begründung einer Markenrechtsverletzung dar (Fezer aaO). Ungeachtet dessen, dass Art. 9 Abs. 3 UMV bzw. § 9 Abs. 2 GMV nur Auslegungsregeln enthalten und nicht Gegenstand der Strafnorm sind, steht ihr Wortlaut diesem Verständnis nicht entgegen.
18
b) Eine Einfuhr liegt vor, wenn die gekennzeichnete Ware aus dem Ausland tatsächlich in den Schutzbereich des Markengesetzes überführt worden ist (Büscher aaO § 14 MarkenG Rn. 575; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl., § 14 MarkenG Rn. 241; Schweyer aaO § 14 Rn. 228; vgl. demgegenüber zur Durchfuhr EuGH GRUR 2006, 146). Täter dieser Verletzungshandlung ist nicht nur, wer im Zeitpunkt des Grenzübertritts bzw. bei Nichtunionswaren im Zeitpunkt ihres Statuswechsels zu Unionswaren die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Ware hat, sondern auch der die Einfuhr veranlassende im geschäftlichen Verkehr handelnde inländische Besteller der Ware (OLG Hamburg, GRUR-RR 2007, 350 f.; Ingerl/Rohnke aaO § 14 Rn. 244). Auch eine Grenzbeschlagnahme steht der Einfuhr nicht entgegen (OLG Hamburg aaO; Büscher aaO; Ebert-Weidenfeller aaO Rn. 70; Ekey aaO, § 14 MarkenG Rn. 329; Fezer aaO, § 14 MarkenG Rn. 860; Hacker aaO, § 14 Rn. 179; Ingerl/Rohnke aaO). Die gegenteilige Auffassung (OLG Bremen, NJWE-WettbR 2000, 46) überzeugt nicht, da dadurch der Grenzbeschlagnahme, die gemäß § 146 Abs. 1 Satz 1 MarkenG „bei der Einfuhr“ erfolgt, diese also voraussetzt, die Grundlage entzo- gen würde (Hacker aaO). Der in den verschiedensten Gesetzen verwendete Einfuhrbegriff ist kein einheitlicher, sondern muss für jedes von ihnen nach seinem speziellen Sinn und Zweck ausgelegt werden (BGH, Urteil vom 11. Oktober 1986 – 2 StR 335/86, BGHSt 34, 180, 182 mwN). Die Aufnahme der „Ein- fuhr“ als Benutzungshandlung sollte den Verletzungstatbestand im Interesse effektiven Markenschutzes gerade so weit wie möglich nach vorne verlagern (Ingerl/Rohnke aaO Rn. 244). Dieser Zielrichtung würde es nicht entsprechen, für eine vollendete Einfuhr nicht schon das Hereinschaffen der Ware ins inländische Hoheitsgebiet genügen zu lassen, sondern beispielsweise zusätzlich zu fordern, dass die Ware die Zollstelle passiert hat. Gelangt die Ware in das Bundesgebiet, kommt es für die Benutzungshandlung der Einfuhr nicht mehr darauf an, ob ein nachfolgendes Inverkehrbringen als weitere eigenständige Verletzungshandlung durch die Beschlagnahme verhindert wird (Ingerl/Rohnke aaO).
19
Ungeachtet des „Anhaltens“ der Ware durch den deutschen Zoll am Flughafen Tegel liegt daher im verfahrensgegenständlichen Fall eine Einfuhr vor. Sie erfolgte auch zum Zweck des Inverkehrbringens (vgl. zu diesem Erfordernis Hacker aaO § 14 Rn. 181 ff.; Büscher aaO § 14 MarkenG Rn. 575; Ingerl /Rohnke § 14 Rn. 241 f.) und stellt eine Benutzungshandlung im Sinne des § 143a Abs. 1 Nr. 1 MarkenG dar. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob die im Fall 2 insoweit wenig konkreten Feststellungen des Urteils auch die Annahme eines Anbieten der geschützten Ware über „die Internetplattformen“ tragen, die das Landgericht als (weitere) Benutzungshandlung bejaht hat (UA S. 82 f.).
Mutzbauer Sander Schneider
Berger Mosbacher

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Jan. 2018 - 5 StR 554/17

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Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Jan. 2018 - 5 StR 554/17 zitiert 7 §§.

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Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Jan. 2017 - 5 StR 532/16

bei uns veröffentlicht am 10.01.2017

Nachschlagewerk: ja BGHSt : ja Veröffentlichung : ja WpHG § 38 Abs. 3 Nr. 1, § 39 Abs. 3d Nr. 2 StGB § 2 Abs. 3 OWiG § 4 Abs. 3 StPO § 354a Durch die Neufassung von § 38 Abs. 3 Nr. 1, § 39 Abs. 3d Nr. 2 WpHG zum 2. Juli 2016 ist es zu keiner Lücke

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer die Rechte des Inhabers einer Unionsmarke nach Artikel 9 Absatz 1 der Unionsmarkenverordnung verletzt, indem er trotz eines Verbotes und ohne Zustimmung des Markeninhabers im geschäftlichen Verkehr

1.
ein mit der Unionsmarke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen benutzt, die mit denjenigen identisch sind, für die sie eingetragen ist,
2.
ein Zeichen benutzt, wenn wegen der Identität oder Ähnlichkeit des Zeichens mit der Unionsmarke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Unionsmarke und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird, oder
3.
ein mit der Unionsmarke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen benutzt, die nicht denen ähnlich sind, für die die Unionsmarke eingetragen ist, wenn diese in der Gemeinschaft bekannt ist und das Zeichen in der Absicht benutzt wird, die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Unionsmarke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise auszunutzen oder zu beeinträchtigen,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 143 Abs. 2 bis 6 gilt entsprechend.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Wer die Rechte des Inhabers einer Unionsmarke nach Artikel 9 Absatz 1 der Unionsmarkenverordnung verletzt, indem er trotz eines Verbotes und ohne Zustimmung des Markeninhabers im geschäftlichen Verkehr

1.
ein mit der Unionsmarke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen benutzt, die mit denjenigen identisch sind, für die sie eingetragen ist,
2.
ein Zeichen benutzt, wenn wegen der Identität oder Ähnlichkeit des Zeichens mit der Unionsmarke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Unionsmarke und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird, oder
3.
ein mit der Unionsmarke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen benutzt, die nicht denen ähnlich sind, für die die Unionsmarke eingetragen ist, wenn diese in der Gemeinschaft bekannt ist und das Zeichen in der Absicht benutzt wird, die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Unionsmarke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise auszunutzen oder zu beeinträchtigen,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 143 Abs. 2 bis 6 gilt entsprechend.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
Durch die Neufassung von § 38 Abs. 3 Nr. 1, § 39 Abs. 3d Nr. 2 WpHG zum
2. Juli 2016 ist es zu keiner Lücke in der Ahndbarkeit von Insiderhandel und
Marktmanipulation gekommen.
BGH, Beschluss vom 10. Januar 2017 5 StR 532/16
LG Hamburg
ECLI:DE:BGH:2017:100117B5STR532.16.0
BESCHLUSS 5 StR 532/16
vom 10. Januar 2017 in der Strafsache gegen

wegen leichtfertiger Marktmanipulation
Nebenbeteiligte:

ECLI:DE:BGH:2017:100117B5STR532.16.0
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 10. Januar 2017 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revisionen des Angeklagten und der Nebenbeteiligten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 11. April 2016 werden als unbegründet verworfen.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen der Ordnungswidrigkeit der leichtfertigen Marktmanipulation zu einer Geldbuße in Höhe von 650.000 EUR verurteilt, die in Höhe von 97.500 EUR als vollstreckt gilt, und ihn im Übrigen freigesprochen. Gegen die von dem Nichtrevidenten K. vertretene Nebenbeteiligte hat es den Verfall von Wertersatz in Höhe von 390.000 EUR angeordnet.
2
Die hiergegen gerichteten, jeweils auf die Sachrüge gestützten Revisionen – im Falle des Angeklagten auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt – decken keine Rechtsfehler zum Nachteil der Beschwerdeführer auf (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Erörterung bedarf nur das Folgende:
3
1. Das Landgericht hat auf die im März 2007 begangenen Taten des Angeklagten § 39 Abs. 2 Nr. 11, Abs. 4, § 20a Abs. 1 Nr. 1 WpHG in der zum Ur- teilszeitpunkt bis zum 1. Juli 2016 gültigen Fassung angewandt. Den Nichtrevidenten K. , an dessen ebenfalls im März 2007 verübte Tat die Verfallsentscheidung gegen die Nebenbeteiligte anknüpft, hat es wegen (vorsätzlicher) Marktmanipulation in Tateinheit mit unrichtiger Darstellung und vorsätzlichem Insiderhandel gemäß § 331 Nr. 2 HGB, § 38 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 39 Abs. 2 Nr. 11, § 14 Abs. 1 Nr. 1, § 20a Abs. 1 Nr. 1 WpHG aF verurteilt. Dass das Landgericht dabei entgegen § 2 Abs. 2 und 5 StGB, § 4 Abs. 1 OWiG auf die im Zeitpunkt der Urteilsverkündung geltende Gesetzesfassung abgestellt hat, ist unschädlich. Denn gegenüber den zur Tatzeit geltenden Fassungen der Vorschriften ergeben sich – bei jeweiliger Wahrung der Unrechtskontinuität – keine sachlich relevanten Unterschiede (vgl. UA S. 134).
4
2. Die mit Inkrafttreten des Ersten Finanzmarktnovellierungsgesetzes – 1. FiMaNoG vom 30. Juni 2016 (BGBl. I 1514) am 2. Juli 2016 (vgl. Art. 17 Abs. 1 des Gesetzes) gegenüber der Rechtslage bei Urteilsverkündung eingetretenen Änderungen der maßgeblichen Vorschriften des Wertpapierhandelsgesetzes haben – ebenso wie die späteren – nicht zu einer gegenüber dem Tatzeitrecht für den Angeklagten R. und den Nichtrevidenten K. günstigeren Gesetzeslage mit der Folge geführt, dass diese gemäß § 2 Abs. 3 StGB, § 4 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 354a StPO auf die Taten anzuwenden wäre.
5
§ 38 Abs. 3 Nr. 1 WpHG verweist nunmehr auf Art. 14 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch (im Folgenden: Marktmissbrauchsverord- nung − MAR); in § 39Abs. 3d Nr. 2 WpHG, auf den § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG verweist, wird auf Art. 15 MAR Bezug genommen. Gemäß § 39 Abs. 3d Nr. 2, Art. 15, 12 Abs. 1 Buchst. c MAR ist die Tat des Angeklagten R. auch nach geltendem Recht eine Ordnungswidrigkeit („informationsgestützte Manipulati- on“; vgl. Schmolke AG 2016, 434, 441 ff.), wobei der Bußgeldrahmen gegen- über dem zur Tatzeit geltenden Recht verschärft worden ist (vgl. § 39 Abs. 4a WpHG). Bei der der Verfallsentscheidung zugrundeliegenden Tat des Nichtrevidenten K. handelt es sich weiterhin um eine Straftat nach § 38 Abs. 3 Nr. 1 WpHG, Art. 14 Buchst. a, Art. 8 Abs. 1 und 4, Art. 7 Abs. 1 Buchst. a MAR.
6
3. Im Zusammenhang mit den durch Inkrafttreten des Ersten Finanzmarktnovellierungsgesetzes eingetretenen Änderungen des Wertpapierhandelsgesetzes ist es – entgegen einer in der Literatur vertretenen Ansicht (vgl. Rothenfußer/Jäger, NJW 2016, 2689; Lorenz/Zierden, HRRS 2016, 443) – auch nicht zu einer Ahndungslücke gekommen, die gemäß § 2 Abs. 3 StGB, § 4 Abs. 3 OWiG zur Folge gehabt hätte, dass das jeweilige Handeln des Nichtrevidenten K. und des Angeklagten nicht mehr ahndbar wäre. Letzteres hätte im Falle des Angeklagten dazu geführt, dass die Rechtsgrundlage für seine Verurteilung entfallen und deshalb die Beschränkung seines Rechtsmittels auf den Rechtsfolgenausspruch unwirksam gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juni 2016 – 5 StR 183/16 mwN).
7
a) Das Erste Finanzmarktnovellierungsgesetz hat mit seinem Inkrafttreten am 2. Juli 2016 die zur Tatzeit einschlägigen Regelungen des § 20a WpHG aF (Verbot der Marktmanipulation) und des § 14 WpHG aF (Verbot des Insiderhandels ) aufgehoben und die darauf bezogenen Straf- und Bußgeldvorschriften der §§ 38, 39 WpHG wie bereits dargestellt geändert. Die Marktmissbrauchsverordnung , auf die nunmehr in § 38 Abs. 3 Nr. 1, § 39 Abs. 3d Nr. 2 WpHG verwiesen wird, wurde am 12. Juni 2014 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht (ABl. L 173/1). Sie ist gemäß Art. 39 Abs. 1 MAR am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung „in Kraft getreten“ und damit Teil der Rechts- ordnung der Europäischen Union geworden. Die meisten ihrer Vorschriften, unter anderem Art. 14 MAR (Insiderhandel) und Art. 15 MAR (Marktmanipulation) sowie die zugehörigen Begriffsbestimmungen der Art. 7, 8 und 12 MAR, sind gemäß Art. 39 Abs. 2 MAR jedoch erst ab dem 3. Juli 2016 in den Staaten der Europäischen Union als unmittelbar geltendes Recht anwendbar. Ein solches Hinausschieben des Geltungszeitpunkts ermöglicht es den Mitgliedstaaten und den Organen der Union, auf der Grundlage des Rechtsakts die ihnen vorab obliegenden Verpflichtungen zu erfüllen, die sich als unerlässlich für dessen spätere vollständige unmittelbare Anwendung erweisen (vgl. EuGH [4. Kammer], Urteil vom 17. November 2011 − C-412/10, NJW 2012, 441, 442 Rn. 24).
8
b) Die Abweichung des Inkrafttretens der Änderungen des Wertpapierhandelsgesetzes (2. Juli 2016) vom Beginn der unmittelbaren Anwendbarkeit der maßgeblichen Bezugsnormen der Marktmissbrauchsverordnung in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (3. Juli 2016) hat nicht zur Folge, dass die Verweisungen des Gesetzes auf die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften am 2. Juli 2016 „ins Leere“ gegangen und Marktmanipulationen an diesem Tag nicht mit Strafe oder mit Geldbuße bedroht gewesen wären (vgl. Klöhn/Büttner, ZIP 2016, 1801; Bergmann/Vogt, wistra 2016, 347). Die Bezugnahmen in § 38 Abs. 3 Nr. 1, § 39 Abs. 3d Nr. 2 WpHG auf Art. 14 und 15 der Marktmissbrauchsverordnung führten vielmehr dazu, dass diese Vorschriften der Verordnung bereits vor ihrer unmittelbaren Anwendbarkeit ab dem 2. Juli 2016 durch den Bundesgesetzgeber im Inland für (mit)anwendbar erklärt wurden (vgl. Klöhn/Büttner, aaO, S. 1801, 1805 ff.; aA Rothenfußer/Jäger, aaO, S. 2689, 2690 ff.).
9
aa) Die Straf- und Bußgeldvorschriften in §§ 38, 39 WpHG waren und sind als Blankettnormen ausgestaltet. Sie knüpfen Sanktionen an Verstöße ge- gen anderweitig geregelte Verhaltenspflichten, auf die in den jeweiligen Tatbeständen Bezug genommen wird. Eine solche Verweisung bedeutet rechtlich den Verzicht, den Text der in Bezug genommenen Vorschriften in vollem Wortlaut in die Verweisungsnorm aufzunehmen.
10
(1) Die Auslegung der verweisenden Normen des Wertpapierhandelsgesetzes ergibt hier, dass ihre Gültigkeit nicht von derjenigen der Rechtsnormen abhängig ist, auf die verwiesen wird. Es ist der Wille des deutschen Normgebers ersichtlich, unionsrechtliche Vorschriften ungeachtet ihrer unmittelbaren Anwendbarkeit im nationalen Recht in eine Blankettnorm aufzunehmen (vgl. BVerfG [Kammer], NVwZ-RR 1992, 521, 522). Dabei ist nicht zweifelhaft, dass der Gesetzgeber eine lückenlose Ahndung von Marktmanipulation und Insiderhandel erreichen wollte. Hierzu war er auch bereits vor dem 3. Juli 2016 durch die Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (ABl. 96/16 vom 12. April 2003 – MAD I) verpflichtet. Unerheblich für die Ermittlung des Willens des Gesetzgebers ist es dabei, ob die Abweichung des Inkrafttretens der Änderungen des Wertpapierhandelsgesetzes (2. Juli 2016) vom Beginn der unmittelbaren Anwendbarkeit der maßgeblichen Bezugsnormen der Marktmissbrauchsverordnung (3. Juli 2016) auf einem gesetzgeberischen Versehen (vgl. die unterschiedlichen Angaben zum Anwendungszeitpunkt der Marktmissbrauchsverordnung im Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Ersten Finanzmarktnovellierungsgesetz BT-Drucks. 18/7482 S. 1 und 80) oder auf einer bewussten Entscheidung beruhte (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht , Presseerklärung vom 8. Juli 2016, vgl. hierzu Klöhn/Büttner, aaO, S. 1804 ff.).
11
(2) Der Wortlaut der Regelungen in § 38 Abs. 3, § 39 Abs. 3d WpHG „wer gegen die Verordnung (EU) Nr. 596/2014[...] verstößt, indem er...“ steht diesem Verständnis nicht entgegen (aM Rothenfußer/Jäger, aaO, 2691 f.). Es handelt sich um die übliche Regelungstechnik, mit der der Gesetzgeber die ge- naue Bezeichnung der Verordnung gleichsam „vor die Klammer zieht“, so dass in den darauf folgenden Verbotsregelungen keine Vollzitate der Verordnung mehr erforderlich sind. Ein „Verstoß“ gegen die Marktmissbrauchsverordnung liegt im Übrigen auch dann vor, wenn die in Bezug genommenen Vorschriften der Verordnung bereits vor dem dort bestimmten Zeitpunkt ihrer Anwendbarkeit in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ab dem 2. Juli 2016 durch den Bundesgesetzgeber in Deutschland für (mit)anwendbar erklärt wurden.
12
bb) Aus verfassungsrechtlicher Sicht bestehen keine Bedenken gegen die Verweise der § 38 Abs. 3 Nr. 1, § 39 Abs. 3d Nr. 2 WpHG auf Art. 14 und 15 der Marktmissbrauchsverordnung bereits am 2. Juli 2016.
13
(1) Der Gesetzgeber darf bei der Umschreibung des Tatbestandes auch auf Vorschriften anderer Normgeber, unter anderem auch auf das Unionsrecht verweisen (BVerfG, NJW 2016, 3648, 3650 f.; BVerfGE 47, 285, 312). An Verweisungen auf Unionsrecht sind keine strengeren verfassungsrechtlichen Anforderungen zu stellen als an solche auf innerstaatliches Recht (vgl. BVerfGE 29, 198, 210). Der Gesetzgeber ist grundsätzlich auch nicht daran gehindert, auf nicht unmittelbar anwendbares Unionsrecht zu verweisen (vgl. oben sowie BVerfG [Kammer], NVwZ-RR 1992, 521, 522; BGH, Beschluss vom 20. November 2013 – 1 StR 544/13).
14
(2) Blankettnormen im Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht müssen allerdings den Anforderungen des Bestimmtheitsgebots genügen; die möglichen Fälle der Strafbarkeit oder Ordnungswidrigkeit müssen sich schon aufgrund des Gesetzes voraussehen lassen (st. Rspr., vgl. etwa BVerfG, NJW 2016, 3648, 3650 f.; BVerfGE 14, 174, 185 f.). Dafür müssen die Blankettnormen hinreichend klar erkennen lassen, worauf sich die Verweisung bezieht (vgl. BVerfGE 14, 245, 252 f., BVerfG, NJW 2016, 3648, 3650). Auch die ein Blankettstrafgesetz ausfüllende Vorschrift muss den Anforderungen des Art. 103 Abs. 2 GG – gegebenenfalls i.V.m. Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG – genügen (vgl. BVerfGE 23, 265, 270). Diese Anforderungen lassen sich sinngemäß auf den Fall übertragen, dass Blankettstrafgesetze auf das Unionsrecht verweisen (vgl. BVerfG [Kammer], BVerfGK 17, 273, 293).
15
(a) Erforderlich ist somit zunächst, dass die in Bezug genommenen Vorschriften dem Normadressaten durch eine frühere ordnungsgemäße Veröffentlichung zugänglich sind (vgl. BVerfG [Kammer], NVwZ-RR 1992, 521 mwN). Diese Voraussetzung war bei der Marktmissbrauchsverordnung, die im Jahr 2014 im Amtsblatt der EU verkündet worden ist, ohne Weiteres erfüllt.
16
(b) Bei den Bezugnahmen der § 38 Abs. 3 Nr. 1, § 39 Abs. 3d Nr. 2 WpHG auf Art. 14 und 15 der Marktmissbrauchsverordnung handelt es sich um statische Verweisungen in dem Sinne, dass die bei Verabschiedung der Neufassung der §§ 38, 39 WpHG bereits in Kraft getretene Fassung der in Bezug genommenen Vorschriften der Marktmissbrauchsverordnung in Geltung gesetzt wurde (vgl. Klöhn/Büttner, aaO, 1807; Rothenfußer/Jäger, aaO, 2691; Veil, ZGR 2016, 305, 312; aA – dynamischer Verweis – Poelzig, NZG 2016, 528, 537). Dies ist daraus zu ersehen, dass § 38 Abs. 3 WpHG in einem Vollzitat auf die Marktmissbrauchsverordnung Bezug nimmt, ohne dass – wie etwa in § 1 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. e WpHG – auf die jeweilige Fassung der Verordnung verwiesen wird (vgl. Rothenfußer/Jäger, aaO; Veil, aaO). Auch § 39 Abs. 3d WpHG enthält keine dynamische Erweiterung des Verweises.
17
Statische Verweisungen sind – in Abgrenzung zu dynamischen – verfassungsrechtlich unbedenklich, weil der zuständige Gesetzgeber weiß, welchen Inhalt das in Bezug genommene Recht hat, und prüfen kann, ob er es sich mit diesem Inhalt zu eigen machen will (BVerfG, NJW 2016, 3648, 3650; BVerfGE 26, 338, 366; BVerfG [Kammer], NVwZ-RR 1992, 521).
18
(c) Dem Bestimmtheitsgebot widerspricht es nicht, dass Art. 14 und 15 MAR, auf die § 38 Abs. 3 Nr. 1, § 39 Abs. 3d Nr. 2 WpHG verweisen, ihrerseits das verbotene Verhalten nicht tatbestandlich beschreiben, sondern lediglich die Begriffe „Insidergeschäft“ (Art. 14 Buchst. a MAR) und „Marktmanipulation“ (Art. 15 MAR) verwenden, deren Verständnis sie voraussetzen (aM Bergmann /Vogt aaO, S. 350).
19
Inhalt des Bestimmtheitsgebots ist die Verpflichtung des Gesetzgebers, die Voraussetzungen der Strafbarkeit so konkret zu umschreiben, dass Tragweite und Anwendungsbereich zu erkennen sind und sich durch Auslegung ermitteln lassen (st. Rspr. seit BVerfGE 25, 269, 285). Der Normadressat soll vorhersehen können, welches Verhalten verboten und mit Strafe bedroht ist (BVerfGE 87, 363, 391). Das Gebot der Gesetzesbestimmtheit bedeutet jedoch nicht, dass der Gesetzgeber gezwungen ist, sämtliche Straftatbestände ausschließlich mit deskriptiven, exakt erfassbaren Tatbestandsmerkmalen zu umschreiben (vgl. BVerfGE 4, 352, 358; 28, 175, 183). Unbestimmte, wertausfüllungsbedürftige Begriffe sind im Strafrecht jedenfalls dann verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Norm mit Hilfe der üblichen Auslegungsmethoden eine zuverlässige Grundlage für ihre Auslegung und Anwendung bietet und damit hinreichende Bestimmtheit gewinnt (vgl. BVerfG, NJW 2016, 3648, 3650 f.; BVerfGE 96, 68, 97 f.).
20
Art. 14 und 15 MAR verwenden für das verbotene Verhalten Begriffe, die in Art. 7, 8 und 12 MAR definiert werden. Für die Bestimmung der Reichweite der Verbote sind darüber hinaus insbesondere die in Art. 2 und 3 MAR enthaltenen allgemeinen Regelungen zum Geltungsbereich der Verbote und zu weiteren Begriffsbestimmungen sowie die Ausnahmevorschriften der Art. 5 und 6 MAR erheblich. Ohne Einbeziehung dieser Bestimmungen wäre die vorgenommene Verweisung inhaltslos; nur sie umgrenzen das verbotene Verhalten. Es versteht sich daher von selbst, dass ein Mitgliedstaat, der Verstöße gegen Verbotsvorschriften eines Regelungswerks der Europäischen Union mit Strafe oder Geldbuße bewehrt, diese mit all ihren Bezügen in nationales Recht umsetzt und nicht etwa durch eine punktuelle Verweisung nur auf die jeweilige Verbotsnorm eine lex imperfecta schafft. Dies gilt umso mehr, als es ihm – wie auch hier – darum gehen wird, das Regelungswerk in seiner Gesamtheit in das innerdeutsche Recht zu implementieren. Hinzu kommt, dass es dem nationalen Rechtsanwender bereits nach allgemeinen Regeln nicht verwehrt ist, eine unionsrechtskonforme Auslegung der nationalen Blankettbestimmung auf der Grundlage von Normen einer bereits in Kraft getretenen EU-Verordnung vorzunehmen , und zwar unabhängig davon, ob einzelne Vorschriften der Verordnung bereits gelten (vgl. zu Richtlinien Hecker, Europäisches Strafrecht, 5. Aufl., § 10 Rn. 30, 34).
21
(d) Die Voraussetzungen der Ahndbarkeit des durch § 38 Abs. 3 Nr. 1, § 39 Abs. 3d Nr. 2 WpHG erfassten Verhaltens sind durch die Regelungen der Art. 14 und 15 MAR i.V.m. Art. 7, 8 und 12 MAR hinreichend konkret bestimmt. Die der Europäischen Kommission (vgl. Art. 12 Abs. 5 MAR) und der Europäi- schen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde – ESMA – (vgl. Art. 7 Abs. 5 MAR) übertragenen Befugnisse stehen dem nicht entgegen. Sie beziehen sich nicht auf die im vorliegenden Fall einschlägigen Regelungen der Art. 12 Abs. 1 Buchst. c, Art. 7 Abs. 1 Buchst. a MAR und betreffen im Übrigen lediglich die Erstellung oder Präzisierung von für die Normauslegung erheblichen Indikatoren , nicht aber die Bestimmung von Tatbestandsmerkmalen selbst.
22
Die Verbotsregelungen der Art. 14 und 15 MAR i.V.m. Art. 7, 8 und 12 MAR sind auch noch hinreichend transparent, so dass die ihnen unterworfenen Rechtssubjekte vorhersehen können, welches Verhalten verboten und in §§ 38, 39 WpHG mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist (zur Regelungsstruktur von Art. 12 MAR vgl. Schmolke AG 2016, 434, 437 f., 441 f.). Dabei ist zu berücksichtigen , dass es sich bei den Adressaten der Verbote aus dem Kreis der natürlichen Personen in der Regel um solche mit einer fachspezifischen Ausbildung handelt; soweit dies nicht der Fall ist, obliegt es ihnen kraft der von ihnen ausgeübten Funktion, sich fachlich fortzubilden und gegebenenfalls beraten zu lassen (vgl. BVerfGE 26, 186, 204; 48, 48, 57; siehe auch BVerfG, NJW 2016, 3648, 3651 Rn. 52).
23
cc) Die Bezugnahmen der § 38 Abs. 3 Nr. 1, § 39 Abs. 3d Nr. 2 WpHG auf Art. 14 und 15 der Marktmissbrauchsverordnung bereits am 2. Juli 2016 sind auch europarechtlich zulässig. Zwar ist die Marktmissbrauchsverordnung gemäß Art. 39 Abs. 2 MAR erst seit dem 3. Juli 2016 anwendbar. Aus europarechtlicher Perspektive ist jedoch kein Grund ersichtlich, weshalb der deutsche Gesetzgeber sie nicht früher für in Deutschland anwendbar erklären durfte (vgl. Klöhn/Büttner, aaO, S. 1806; aA Lorenz/Zierden, aaO, S. 447).
24
(1) Die Umsetzung am 2. Juli 2016 widerspricht nicht Art. 39 Abs. 2 MAR. Diese Vorschrift räumt den Mitgliedstaaten Zeit ein, um die notwendigen Vorschriften zur Umsetzung des neuen Marktmissbrauchsregimes zu erlassen (vgl. MAR Erwägungsgrund 88). Sie verbietet ihnen jedoch nicht, die Marktmissbrauchsverordnung oder einzelne Regelungen aus ihr schon früher umzusetzen. Es ergeben sich aus ihr keine Hinweise darauf, dass der europäische Verordnungsgeber einen „,umgekehrten‘ Anwendungsvorrang“ (vgl. Lorenz/ Zierden, aaO) angeordnet hat, wonach die strafrechtsrelevanten Normen erst ab dem 3. Juli 2016 angewandt werden dürften. Ein Ausschluss einer früheren Anwendung von Vorschriften der Marktmissbrauchsverordnung ist auch nicht daraus abzuleiten, dass Art. 39 Abs. 2 MAR (nur) für einen Teil ihrer Regelungen eine frühere Geltung (ab dem 2. Juli 2014) bestimmt.
25
(2) Ein Verbot der frühzeitigen Umsetzung folgt auch nicht aus der Richtlinie 2014/57/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über strafrechtliche Sanktionen bei Marktmanipulation (im Folgenden: Marktmissbrauchsrichtlinie – MAD II), die eine wirksame Durchführung der Marktmissbrauchsverordnung sicherstellen soll. Zwar sind nach Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 die Vorschriften der Richtlinie ebenfalls (erst) „ab dem 3. Juli 2016“ anzuwenden. Jedoch galt zuvor die Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments vom 28. Januar 2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (MAD I) und war von den nationalen Gesetzgebern umzusetzen. Dem Zweck der Marktmissbrauchsrichtlinie II einer Vereinheitlichung und Verschärfung der Sanktionsregime der Mitgliedstaaten würde es widersprechen, wenn man Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 MAD II die Aussage entnehmen würde, die Mitgliedstaaten dürften Marktmissbrauch erst ab dem 3. Juli 2016 mit strafrechtlichen Sanktionen belegen, zumal dem EU-Gesetzgeber bekannt war, dass dies in vielen Mitgliedstaaten, unter anderem in Deutschland, schon unter Geltung der Marktmissbrauchsrichtlinie I der Fall war (vgl. Klöhn/Büttner, aaO, 1806).
26
4. Den der Nebenbeteiligten durch die Tat des Nichtrevidenten K. zugeflossenen Sondervorteil (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Januar 2010 – 5 StR 224/09, NStZ 2010, 339 ff.) hat die sachverständig beratene Wirt- schaftsstrafkammer auf hinreichender Tatsachengrundlage unter Anwendung nachvollziehbarer Methoden und Berücksichtigung des Zweifelsgrundsatzes rechtsfehlerfrei geschätzt.
Mutzbauer Schneider Dölp
König Mosbacher

(1) Wer die Rechte des Inhabers einer Unionsmarke nach Artikel 9 Absatz 1 der Unionsmarkenverordnung verletzt, indem er trotz eines Verbotes und ohne Zustimmung des Markeninhabers im geschäftlichen Verkehr

1.
ein mit der Unionsmarke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen benutzt, die mit denjenigen identisch sind, für die sie eingetragen ist,
2.
ein Zeichen benutzt, wenn wegen der Identität oder Ähnlichkeit des Zeichens mit der Unionsmarke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Unionsmarke und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird, oder
3.
ein mit der Unionsmarke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen benutzt, die nicht denen ähnlich sind, für die die Unionsmarke eingetragen ist, wenn diese in der Gemeinschaft bekannt ist und das Zeichen in der Absicht benutzt wird, die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Unionsmarke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise auszunutzen oder zu beeinträchtigen,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 143 Abs. 2 bis 6 gilt entsprechend.

(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt.

(2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt.

(3) Wird das Gesetz, das bei Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert, so ist das mildeste Gesetz anzuwenden.

(4) Ein Gesetz, das nur für eine bestimmte Zeit gelten soll, ist auf Taten, die während seiner Geltung begangen sind, auch dann anzuwenden, wenn es außer Kraft getreten ist. Dies gilt nicht, soweit ein Gesetz etwas anderes bestimmt.

(5) Für Einziehung und Unbrauchbarmachung gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.

(6) Über Maßregeln der Besserung und Sicherung ist, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach dem Gesetz zu entscheiden, das zur Zeit der Entscheidung gilt.

(1) Wer die Rechte des Inhabers einer Unionsmarke nach Artikel 9 Absatz 1 der Unionsmarkenverordnung verletzt, indem er trotz eines Verbotes und ohne Zustimmung des Markeninhabers im geschäftlichen Verkehr

1.
ein mit der Unionsmarke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen benutzt, die mit denjenigen identisch sind, für die sie eingetragen ist,
2.
ein Zeichen benutzt, wenn wegen der Identität oder Ähnlichkeit des Zeichens mit der Unionsmarke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Unionsmarke und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird, oder
3.
ein mit der Unionsmarke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen benutzt, die nicht denen ähnlich sind, für die die Unionsmarke eingetragen ist, wenn diese in der Gemeinschaft bekannt ist und das Zeichen in der Absicht benutzt wird, die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Unionsmarke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise auszunutzen oder zu beeinträchtigen,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 143 Abs. 2 bis 6 gilt entsprechend.

(1) Der Erwerb des Markenschutzes nach § 4 gewährt dem Inhaber der Marke ein ausschließliches Recht.

(2) Dritten ist es untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie Schutz genießt,
2.
ein Zeichen zu benutzen, wenn das Zeichen mit einer Marke identisch oder ihr ähnlich ist und für Waren oder Dienstleistungen benutzt wird, die mit denjenigen identisch oder ihnen ähnlich sind, die von der Marke erfasst werden, und für das Publikum die Gefahr einer Verwechslung besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird, oder
3.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, wenn es sich bei der Marke um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als ähnlich angesehen, weil sie in derselben Klasse gemäß dem in der Nizza-Klassifikation festgelegten Klassifikationssystem erscheinen. Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als unähnlich angesehen, weil sie in verschiedenen Klassen der Nizza-Klassifikation erscheinen.

(3) Sind die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt, so ist es insbesondere untersagt,

1.
das Zeichen auf Waren oder ihrer Aufmachung oder Verpackung anzubringen,
2.
unter dem Zeichen Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen,
3.
unter dem Zeichen Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen,
4.
unter dem Zeichen Waren einzuführen oder auszuführen,
5.
das Zeichen als Handelsnamen oder geschäftliche Bezeichnung oder als Teil eines Handelsnamens oder einer geschäftlichen Bezeichnung zu benutzen,
6.
das Zeichen in Geschäftspapieren oder in der Werbung zu benutzen,
7.
das Zeichen in der vergleichenden Werbung in einer der Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung (ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 21) zuwiderlaufenden Weise zu benutzen.

(4) Dritten ist es ferner untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen auf Aufmachungen oder Verpackungen oder auf Kennzeichnungsmitteln wie Etiketten, Anhängern, Aufnähern oder dergleichen anzubringen,
2.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen oder
3.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, einzuführen oder auszuführen,
wenn die Gefahr besteht, daß die Aufmachungen oder Verpackungen zur Aufmachung oder Verpackung oder die Kennzeichnungsmittel zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen benutzt werden, hinsichtlich deren Dritten die Benutzung des Zeichens nach den Absätzen 2 und 3 untersagt wäre.

(5) Wer ein Zeichen entgegen den Absätzen 2 bis 4 benutzt, kann von dem Inhaber der Marke bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.

(6) Wer die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begeht, ist dem Inhaber der Marke zum Ersatz des durch die Verletzungshandlung entstandenen Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung der Marke eingeholt hätte.

(7) Wird die Verletzungshandlung in einem geschäftlichen Betrieb von einem Angestellten oder Beauftragten begangen, so kann der Unterlassungsanspruch und, soweit der Angestellte oder Beauftragte vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat, der Schadensersatzanspruch auch gegen den Inhaber des Betriebs geltend gemacht werden.

(1) Wer die Rechte des Inhabers einer Unionsmarke nach Artikel 9 Absatz 1 der Unionsmarkenverordnung verletzt, indem er trotz eines Verbotes und ohne Zustimmung des Markeninhabers im geschäftlichen Verkehr

1.
ein mit der Unionsmarke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen benutzt, die mit denjenigen identisch sind, für die sie eingetragen ist,
2.
ein Zeichen benutzt, wenn wegen der Identität oder Ähnlichkeit des Zeichens mit der Unionsmarke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Unionsmarke und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird, oder
3.
ein mit der Unionsmarke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen benutzt, die nicht denen ähnlich sind, für die die Unionsmarke eingetragen ist, wenn diese in der Gemeinschaft bekannt ist und das Zeichen in der Absicht benutzt wird, die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Unionsmarke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise auszunutzen oder zu beeinträchtigen,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 143 Abs. 2 bis 6 gilt entsprechend.

(1) Der Erwerb des Markenschutzes nach § 4 gewährt dem Inhaber der Marke ein ausschließliches Recht.

(2) Dritten ist es untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie Schutz genießt,
2.
ein Zeichen zu benutzen, wenn das Zeichen mit einer Marke identisch oder ihr ähnlich ist und für Waren oder Dienstleistungen benutzt wird, die mit denjenigen identisch oder ihnen ähnlich sind, die von der Marke erfasst werden, und für das Publikum die Gefahr einer Verwechslung besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird, oder
3.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, wenn es sich bei der Marke um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als ähnlich angesehen, weil sie in derselben Klasse gemäß dem in der Nizza-Klassifikation festgelegten Klassifikationssystem erscheinen. Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als unähnlich angesehen, weil sie in verschiedenen Klassen der Nizza-Klassifikation erscheinen.

(3) Sind die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt, so ist es insbesondere untersagt,

1.
das Zeichen auf Waren oder ihrer Aufmachung oder Verpackung anzubringen,
2.
unter dem Zeichen Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen,
3.
unter dem Zeichen Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen,
4.
unter dem Zeichen Waren einzuführen oder auszuführen,
5.
das Zeichen als Handelsnamen oder geschäftliche Bezeichnung oder als Teil eines Handelsnamens oder einer geschäftlichen Bezeichnung zu benutzen,
6.
das Zeichen in Geschäftspapieren oder in der Werbung zu benutzen,
7.
das Zeichen in der vergleichenden Werbung in einer der Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung (ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 21) zuwiderlaufenden Weise zu benutzen.

(4) Dritten ist es ferner untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen auf Aufmachungen oder Verpackungen oder auf Kennzeichnungsmitteln wie Etiketten, Anhängern, Aufnähern oder dergleichen anzubringen,
2.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen oder
3.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, einzuführen oder auszuführen,
wenn die Gefahr besteht, daß die Aufmachungen oder Verpackungen zur Aufmachung oder Verpackung oder die Kennzeichnungsmittel zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen benutzt werden, hinsichtlich deren Dritten die Benutzung des Zeichens nach den Absätzen 2 und 3 untersagt wäre.

(5) Wer ein Zeichen entgegen den Absätzen 2 bis 4 benutzt, kann von dem Inhaber der Marke bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.

(6) Wer die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begeht, ist dem Inhaber der Marke zum Ersatz des durch die Verletzungshandlung entstandenen Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung der Marke eingeholt hätte.

(7) Wird die Verletzungshandlung in einem geschäftlichen Betrieb von einem Angestellten oder Beauftragten begangen, so kann der Unterlassungsanspruch und, soweit der Angestellte oder Beauftragte vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat, der Schadensersatzanspruch auch gegen den Inhaber des Betriebs geltend gemacht werden.

(1) Waren, die widerrechtlich mit einer nach diesem Gesetz geschützten Marke oder geschäftlichen Bezeichnung versehen sind, unterliegen, soweit nicht die Verordnung (EU) Nr. 608/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juni 2013 zur Durchsetzung der Rechte geistigen Eigentums durch die Zollbehörden und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1383/2003 des Rates (ABl. L 181 vom 29.6.2013, S. 15), in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden ist, auf Antrag und gegen Sicherheitsleistung des Rechtsinhabers bei ihrer Einfuhr oder Ausfuhr der Beschlagnahme durch die Zollbehörde, sofern die Rechtsverletzung offensichtlich ist. Dies gilt für den Verkehr mit anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie mit den anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum nur, soweit Kontrollen durch die Zollbehörden stattfinden.

(2) Ordnet die Zollbehörde die Beschlagnahme an, unterrichtet sie unverzüglich den Verfügungsberechtigten sowie den Antragsteller. Dem Antragsteller sind Herkunft, Menge und Lagerort der Waren sowie Name und Anschrift des Verfügungsberechtigten mitzuteilen. Das Brief- und Postgeheimnis (Artikel 10 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt. Dem Antragsteller wird Gelegenheit gegeben, die Waren zu besichtigen, soweit hierdurch nicht in Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse eingegriffen wird.

(1) Der Erwerb des Markenschutzes nach § 4 gewährt dem Inhaber der Marke ein ausschließliches Recht.

(2) Dritten ist es untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie Schutz genießt,
2.
ein Zeichen zu benutzen, wenn das Zeichen mit einer Marke identisch oder ihr ähnlich ist und für Waren oder Dienstleistungen benutzt wird, die mit denjenigen identisch oder ihnen ähnlich sind, die von der Marke erfasst werden, und für das Publikum die Gefahr einer Verwechslung besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird, oder
3.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, wenn es sich bei der Marke um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als ähnlich angesehen, weil sie in derselben Klasse gemäß dem in der Nizza-Klassifikation festgelegten Klassifikationssystem erscheinen. Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als unähnlich angesehen, weil sie in verschiedenen Klassen der Nizza-Klassifikation erscheinen.

(3) Sind die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt, so ist es insbesondere untersagt,

1.
das Zeichen auf Waren oder ihrer Aufmachung oder Verpackung anzubringen,
2.
unter dem Zeichen Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen,
3.
unter dem Zeichen Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen,
4.
unter dem Zeichen Waren einzuführen oder auszuführen,
5.
das Zeichen als Handelsnamen oder geschäftliche Bezeichnung oder als Teil eines Handelsnamens oder einer geschäftlichen Bezeichnung zu benutzen,
6.
das Zeichen in Geschäftspapieren oder in der Werbung zu benutzen,
7.
das Zeichen in der vergleichenden Werbung in einer der Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung (ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 21) zuwiderlaufenden Weise zu benutzen.

(4) Dritten ist es ferner untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen auf Aufmachungen oder Verpackungen oder auf Kennzeichnungsmitteln wie Etiketten, Anhängern, Aufnähern oder dergleichen anzubringen,
2.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen oder
3.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, einzuführen oder auszuführen,
wenn die Gefahr besteht, daß die Aufmachungen oder Verpackungen zur Aufmachung oder Verpackung oder die Kennzeichnungsmittel zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen benutzt werden, hinsichtlich deren Dritten die Benutzung des Zeichens nach den Absätzen 2 und 3 untersagt wäre.

(5) Wer ein Zeichen entgegen den Absätzen 2 bis 4 benutzt, kann von dem Inhaber der Marke bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.

(6) Wer die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begeht, ist dem Inhaber der Marke zum Ersatz des durch die Verletzungshandlung entstandenen Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung der Marke eingeholt hätte.

(7) Wird die Verletzungshandlung in einem geschäftlichen Betrieb von einem Angestellten oder Beauftragten begangen, so kann der Unterlassungsanspruch und, soweit der Angestellte oder Beauftragte vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat, der Schadensersatzanspruch auch gegen den Inhaber des Betriebs geltend gemacht werden.

(1) Wer die Rechte des Inhabers einer Unionsmarke nach Artikel 9 Absatz 1 der Unionsmarkenverordnung verletzt, indem er trotz eines Verbotes und ohne Zustimmung des Markeninhabers im geschäftlichen Verkehr

1.
ein mit der Unionsmarke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen benutzt, die mit denjenigen identisch sind, für die sie eingetragen ist,
2.
ein Zeichen benutzt, wenn wegen der Identität oder Ähnlichkeit des Zeichens mit der Unionsmarke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Unionsmarke und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird, oder
3.
ein mit der Unionsmarke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen benutzt, die nicht denen ähnlich sind, für die die Unionsmarke eingetragen ist, wenn diese in der Gemeinschaft bekannt ist und das Zeichen in der Absicht benutzt wird, die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Unionsmarke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise auszunutzen oder zu beeinträchtigen,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 143 Abs. 2 bis 6 gilt entsprechend.