Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Nov. 2017 - II ZR 127/16
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. November 2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Drescher und die Richter Born, Sunder, Dr. Bernau und die Richterin Grüneberg einstimmig beschlossen:
Gründe:
- 1
- Zur Begründung wird auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 11. Juli 2017 Bezug genommen. Die Stellungnahme der Klägerin vom 2. Oktober 2017 gibt zu einer abweichenden Beurteilung in der Sache keinen Anlass.
- 2
- I. Entgegen der Auffassung der Revision liegt kein Zulassungsgrund vor. Klärungsbedürftige Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Rückforderung gewinnunabhängiger Auszahlungen an Kommanditisten hat der erkennende Senat - wie bereits ausgeführt - geklärt (BGH, Urteil vom 12. März 2013 - II ZR 73/11, ZIP 2013, 1222). Vorliegend geht es nur noch um die Anwendung dieser Grundsätze auf den konkreten Einzelfall. Weitere klärungsbedürftige Rechtsfragen stellen sich nicht. Die Rechtssache erlangt nicht dadurch grundsätzliche Bedeutung, dass eine nicht näher erläuterte "große Vielzahl" von Fondsgesellschaften betroffen ist und der Begriff des "Verlustsonderkontos" nicht ausschließlich von der Klägerin und ihren Schwestergesellschaften verwendet wird. Von der Revision angeführte behauptete Fehler anderer Oberlan- desgerichte bei der Auslegung von Gesellschaftsverträgen rechtfertigen die Zulassung im vorliegenden Rechtsstreit ebenfalls nicht. Zulassungsrelevante Rechtsfehler des Berufungsgerichts bei der Auslegung des Gesellschaftsvertrags der KG MS "S. " GmbH & Co (im Folgenden : Fondsgesellschaft) zeigt die Revision nicht auf. Sie sind auch nicht ersichtlich.
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- II. Zu Recht hat das Berufungsgericht einen Anspruch der Fondsgesellschaft auf Rückzahlung von an die Kommanditisten geleisteten Auszahlungen verneint. Die Auslegung des Berufungsgerichts, durch die gewinnunabhängigen Ausschüttungen aus der Liquidität an die Gesellschafter würden keine Darlehensverbindlichkeiten der Gesellschafter begründet, ist auch unter Berücksichtigung der neuerlichen Einwendungen der Revision aus revisionsrechtlicher Sicht für den vorliegend zu beurteilenden Gesellschaftsvertrag nicht zu beanstanden.
- 4
- 1. Es ist nicht erforderlich, dass die für den Streitfall relevanten Regelungen des Gesellschaftsvertrags der Klägerin mehrere vertretbare Auslegungsmöglichkeiten zulassen.
- 5
- a) Die Revision weist allerdings zu Recht darauf hin, dass unklar gemäß § 305c Abs. 2 BGB (nur) Klauseln sind, bei denen nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel verbleibt und mindestens zwei unterschiedliche Auslegungen vertretbar sind (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juni 2017 - IV ZR 161/16, NJW-RR 2017, 992 Rn. 12 mwN). Außer Betracht bleiben dabei solche Verständnismöglichkeiten, die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fernliegend und nicht ernstlich in Erwägung zu ziehen sind (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 2017 - VII ZR 259/16, NJW 2017, 2762 Rn. 19 mwN).
- 6
- Es muss nicht geklärt werden, inwieweit diese Grundsätze bei der Auslegung von Gesellschaftsverträgen von Publikumsgesellschaften, bei denen der Senat sich unter anderem an dem Rechtsgedanken des § 305c Abs. 2 BGB orientiert (vgl. BGH, Urteil vom 16. Februar 2016 - II ZR 348/14, ZIP 2016, 518 Rn. 14; Urteil vom 12. März 2013 - II ZR 73/11, ZIP 2013, 1222 Rn. 14), Anwendung finden. Die Revision verkennt, dass sich die Rückforderung von Ausschüttungen aus der Liquidität, zu deren Rückzahlung der Kommanditist von Gesetzes wegen nicht verpflichtet ist und die daher einer gesellschaftsvertraglichen Grundlage bedarf (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 2013 - II ZR 73/11, ZIP 2013, 1222 Rn. 8 ff.), an einem anderen Grundsatz der Rechtsprechung des Senats messen lassen muss, der unabhängig von der Auslegungsregel des § 305c Abs. 2 BGB Geltung beansprucht. Danach müssen sich für den einer Publikumspersonengesellschaft beitretenden Gesellschafter die mit dem Beitritt verbundenen, nicht unmittelbar aus dem Gesetz folgenden Pflichten aus dem Gesellschaftsvertrag klar ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 16. Februar 2016 - II ZR 348/14, ZIP 2016, 518 Rn. 15; Urteil vom 12. März 2013 - II ZR 73/11, ZIP 2013, 1222 Rn. 14), weil die erst nach Abschluss des Gesellschaftsvertrags beitretenden Gesellschafter in ihrem Vertrauen darauf geschützt werden müssen , nur solche Leistungen erbringen zu müssen, die dem Vertragstext unmissverständlich zu entnehmen sind (BGH, Beschluss vom 27. Juni 2016 - II ZR 63/15, juris Rn. 9; Urteil vom 16. Februar 2016 - II ZR 348/14, ZIP 2016, 518 Rn. 15; vgl. bereits BGH, Urteil vom 30. April 1979 - II ZR 57/78, WM 1979, 672). Lässt sich ein von der Gesellschaft behaupteter Anspruch dem Gesellschaftsvertrag durch Auslegung nicht positiv entnehmen, weil der Gesellschaftsvertrag insoweit missverständlich oder unklar ist, bedarf es zur Anspruchsverneinung nicht noch der Feststellung eines vertretbaren Auslegungsergebnisses (vgl. OLG Köln, Urteil vom 3. November 2016 - 18 U 80/16, juris Rn. 49).
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- b) Dem Gesellschaftsvertrag der Fondsgesellschaft (im Folgenden: GV) lässt sich nicht klar und unmissverständlich entnehmen, dass die an die Kommanditisten bewirkten gewinnunabhängigen Ausschüttungen aus der Liquidität diesen als Darlehen der Fondsgesellschaft zur Verfügung gestellt worden sind.
- 8
- Die Gesamtregelung ist unter anderem deshalb unklar, weil nach § 12 Abs. 4 Satz 1 GV nicht jede Liquiditätsausschüttung ein Darlehen sein soll, sondern nur bzw. auch ein Darlehen sein kann, und als einzige im Gesellschaftsvertrag geregelte Voraussetzung, wann Liquiditätsausschüttungen Darlehen an die Gesellschafter sein sollen, in § 12 Nr. 4 Abs. 2 Satz 3 GV bestimmt ist: "solange Verlustsonderkonten bestehen". Das im Gesellschaftsvertrag dargestellte Kontensystem der Klägerin sieht jedoch keine mit Verlustsonderkonten bezeichneten Gesellschafterkonten vor. An diesem Befund ändert sich nichts dadurch, dass auf dem nach dem im Gesellschaftsvertrag beschriebenen Kontensystem der Gesellschaft einzurichtenden Ergebnissonderkonto auch Verluste gebucht werden sollen. Aus dieser Zweckbestimmung des Ergebnissonderkontos kann entgegen der Auffassung der Revision ein verständiger Publikumspersonengesellschafter nicht ohne weiteres erkennen, dass, wie die Klägerin behauptet, mit dem in § 12 Nr. 4 Abs. 2 Satz 3 GV genannten Verlustsonderkonto das in § 15 Nr. 2 c) geregelte Ergebnissonderkonto gemeint sein soll. Zweifel hieran werden neben der Benennung des Kontos dadurch begründet, dass nach der gesellschaftsvertraglichen Regelung Gewinne ebenfalls auf dem Ergebnissonderkonto gutgebracht werden sollen.
- 9
- 2. Es bleibt dabei, dass den Kommanditisten eine gegen sie persönlich gerichtete Forderung aus den Bilanzen der Fondsgesellschaft nicht in dem Maße erkennbar war, dass von einem Anerkenntnis der Gesellschafter durch die Feststellung der Bilanz ausgegangen werden kann.
- 10
- An dieser bereits im Beschluss vom 11. Juli 2017 verdeutlichten Auffassung hält der Senat, auch unter Berücksichtigung der Angriffe der Revision, fest. Im exemplarisch vorgelegten Jahresabschluss 2006 wird unter B. II. 3. lediglich ohne nähere Differenzierung aufgeführt: "Forderungen gegen Gesellschafter 6.052.539,78 EUR". In der beispielhaft vorgelegten Aufgliederung zur Bilanz 2012 finden sich zwar nähere Ausführungen zu Darlehenskonten der Kommanditisten. Der Beklagte wird dort jedoch weder namentlich genannt noch wird eine gegen ihn gerichtete Darlehensverbindlichkeit einzeln ausgewiesen. Woraus der Beklagte danach mit der für einen Anerkenntniswillen erforderlichen Deutlichkeit hätte schließen sollen, dass in den Bilanzen der Gesellschaft eine gegen ihn gerichtete bezifferbare Darlehensforderung ausgewiesen sein soll, lässt sich den Ausführungen der Revision nicht entnehmen.
- 11
- Der Einwand der Revision, die Klägerin hätte darauf hingewiesen werden müssen, dass eine konkrete Darstellung zu der Frage erforderlich sei, ob der Beklagte den Jahresabschlüssen zugestimmt habe, bleibt ohne Erfolg. Die Revision räumt selbst ein, die Klägerin habe zum Abstimmungsverhalten des Beklagten bisher keine Unterlagen auffinden können. Zudem ist dieser Umstand nicht entscheidungserheblich, weil ein Anerkenntnis des Beklagten jedenfalls bereits deshalb nicht angenommen werden kann, weil für ihn nicht erkennbar war, dass und in welcher Höhe die Bilanz der Fondsgesellschaft eine gegen ihn gerichtete Darlehensforderung ausweist.
Drescher Born Sunder
Bernau Grüneberg
Vorinstanzen:
LG Bremen, Entscheidung vom 07.10.2015 - 1 O 224/15 -
OLG Bremen, Entscheidung vom 22.04.2016 - 2 U 114/15 -
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Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Nov. 2017 - II ZR 127/16 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).
(1) Eine Gesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist, ist eine offene Handelsgesellschaft, wenn bei keinem der Gesellschafter die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern beschränkt ist.
(2) Eine Gesellschaft, deren Gewerbebetrieb nicht schon nach § 1 Abs. 2 Handelsgewerbe ist oder die nur eigenes Vermögen verwaltet, ist offene Handelsgesellschaft, wenn die Firma des Unternehmens in das Handelsregister eingetragen ist. § 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(3) Auf die offene Handelsgesellschaft finden, soweit nicht in diesem Abschnitt ein anderes vorgeschrieben ist, die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Gesellschaft Anwendung.
(1) Eine Gesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist, ist eine Kommanditgesellschaft, wenn bei einem oder bei einigen von den Gesellschaftern die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern auf den Betrag einer bestimmten Vermögenseinlage beschränkt ist (Kommanditisten), während bei dem anderen Teil der Gesellschafter eine Beschränkung der Haftung nicht stattfindet (persönlich haftende Gesellschafter).
(2) Soweit nicht in diesem Abschnitt ein anderes vorgeschrieben ist, finden auf die Kommanditgesellschaft die für die offene Handelsgesellschaft geltenden Vorschriften Anwendung.
Durch den Gesellschaftsvertrag verpflichten sich die Gesellschafter gegenseitig, die Erreichung eines gemeinsamen Zweckes in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern, insbesondere die vereinbarten Beiträge zu leisten.
Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.
(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.
Tenor
-
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 1. Juni 2016 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
-
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
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Die Klägerin macht als Alleinerbin ihres verstorbenen Ehemannes (im Folgenden: Versicherungsnehmer) Ansprüche aus einer Reiserücktrittsversicherung geltend, die der Versicherungsnehmer bei der Beklagten im Jahre 2006 abgeschlossen hatte.
- 2
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Dem Vertrag liegen Allgemeine Versicherungsbedingungen (im Folgenden: AVB) zugrunde, in denen die Beklagte unter anderem Versicherungsschutz für den Fall verspricht, dass eine versicherte Reise aufgrund bestimmter, in § 7 Satz 1 AVB aufgezählter Ereignisse - unter anderem wegen unerwarteter schwerer Erkrankung einer versicherten Person - nicht angetreten werden kann. Die maßgeblichen Klauseln lauten auszugsweise:
-
"§ 3 Was ist eine versicherte Reise?
-
1. Als versicherte Reise gelten sowohl Pauschalreisen wie auch einzeln gebuchte Transport- oder Mietleistungen (z.B. nur Flug, ein gebuchtes Hotelzimmer oder eine Ferienwohnung). Eine Reise liegt nicht vor, wenn es sich um eine beruflich oder dienstlich veranlasste Reise handelt. Dazu zählen insbesondere der Weg von und zur Arbeit und Geschäftsreisen.
-
...
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§ 5 Wann erstattet der... [Versicherer] die Stornokosten einer Reise?
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Können Sie eine Reise aus einem der unter § 7 genannten Gründen nicht antreten, übernehmen wir die Stornokosten, die Sie vertraglich auf Grund Ihrer Buchung oder Reservierung bezahlen müssen.
-
..."
- 3
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Der Versicherungsnehmer war Aktionär/Partner der H. AG (im Folgenden: H-AG), einer nach schweizerischem Recht errichteten Aktiengesellschaft, die Ferienanlagen betreibt und nach einem Punkte- und Reservierungssystem ihren Partnern zu Urlaubszwecken zur Verfügung stellt.
- 4
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Grundlage des Erwerbs der Mitgliedschaft bei der H-AG sind neben deren Statuten die Allgemeinen Bestimmungen Mitgliedschaft. Nach diesen erhält der Partner je Aktie eine jährliche Gutschrift an Wohnpunkten, die das Anrecht vermitteln, nach einem vorgegebenen Punktesystem Urlaub in den jeweils verfügbaren Ferienanlagen der H-AG zu verbringen. Der Partner ist vertraglich verpflichtet, pro Ferienrecht/Aktie einen Jahresbeitrag zu entrichten, der jährlich vom Verwaltungsrat festgesetzt wird und sich an den Kosten der Verwaltung orientiert.
- 5
-
Eine vom Versicherungsnehmer für den Zeitraum 10. bis 24. September 2014 gebuchte Nutzung einer Ferienwohnung der H-AG stornierte er im August 2014, wodurch auf seinem Punktekonto ein Verlust von 119 Punkten entstand. Für die Stornierung stellte die H-AG dem Versicherungsnehmer zudem eine Bearbeitungsgebühr von 100 CHF in Rechnung.
- 6
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Die Parteien streiten darüber, ob es sich bei der infolge einer Erkrankung des Versicherungsnehmers stornierten Reservierung der Ferienwohnung um eine versicherte Reise handelt. Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin einen Ausgleich für die Belastung des Punktekontos und die Erstattung der Bearbeitungsgebühr, wobei sie den geltend gemachten Zahlungsanspruch mit 679,89 € beziffert und behauptet, ein Wohnpunkt habe einen Wert von 6,05 CHF.
- 7
-
In den Vorinstanzen ist die Klage erfolglos geblieben. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Entscheidungsgründe
- 8
-
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 9
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I. Dieses hat eine versicherte Reise verneint. Allein in Betracht komme eine "Mietleistung" im Sinne von § 3 AVB. Diese setze einen Mietvertrag im Sinne des § 535 BGB voraus, an dem es fehle. Die H-AG sei in Bezug auf die Ferienanlagen nicht Anbieter von individuellen Mietleistungen, sondern räume ihren Aktionären Nutzungsrechte gemäß deren Guthaben an Wohnpunkten ein. Hierbei handele es sich um ein langfristiges, wenn auch zeitlich begrenztes Wohnrecht als Folge des Erwerbs einer eigentümerähnlichen Stellung, also ein Nutzungsrecht im Rahmen eines Time-Sharing-Modells.
- 10
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II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 11
-
Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts hat die Beklagte nach § 3 Nr. 1 Satz 1 AVB für die Buchung der Ferienwohnung durch den Versicherungsnehmer grundsätzlich Versicherungsschutz zu gewähren. Die von der Beklagten verwendete Klausel ist unklar, so dass die Zweifel bei ihrer Auslegung gemäß § 305c Abs. 2 BGB zu ihren Lasten gehen.
- 12
-
1. Unklar gemäß § 305c Abs. 2 BGB sind Klauseln, bei denen nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel verbleibt und mindestens zwei unterschiedliche Auslegungen vertretbar sind (Senatsurteile vom 23. Juni 2004 - IV ZR 130/03, BGHZ 159, 360, 364 m.w.N.; vom 9. Juli 2003 - IV ZR 74/02, VersR 2003, 1163 unter II 2 c; BGH, Urteil vom 4. Juli 1990 - VIII ZR 288/89, BGHZ 112, 65, 68 f. m.w.N.).
- 13
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2. § 3 Nr. 1 Satz 1 AVB weist nach der gebotenen Auslegung eine solche Mehrdeutigkeit auf, die nicht beseitigt werden kann.
- 14
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a) Im Ausgangspunkt richtig gesehen hat das Berufungsgericht allerdings, dass der in der Klausel verwendete Begriff "Mietleistungen" so zu verstehen ist, dass er nur Nutzungsüberlassungen aufgrund eines Mietvertrages im Sinne der §§ 535 ff. BGB erfasst.
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aa) Zwar sind Allgemeine Versicherungsbedingungen so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen kann. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an (Senatsurteil vom 6. Juli 2016 - IV ZR 44/15, BGHZ 211, 51 Rn. 17 m.w.N.; st. Rspr.).
- 16
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Dieser Grundsatz erfährt aber eine Ausnahme, wenn die Rechtssprache mit dem verwendeten Ausdruck einen fest umrissenen Begriff verbindet. In diesen Fällen ist im Zweifel anzunehmen, dass auch die Allgemeinen Versicherungsbedingungen darunter nichts anderes verstehen wollen. Ein von der Rechtssprache abweichendes Verständnis kann allerdings dann in Betracht kommen, wenn das allgemeine Sprachverständnis von der Rechtssprache in einem Randbereich deutlich abweicht oder wenn der Sinnzusammenhang der Versicherungsbedingungen etwas anderes ergibt (Senatsurteile vom 20. Juli 2016 - IV ZR 245/15, r+s 2016, 462 Rn. 22; vom 21. Mai 2003 - IV ZR 327/02, r+s 2003, 362 unter 2 a; vom 8. Dezember 1999 - IV ZR 40/99, VersR 2000, 311 unter II 4 b aa).
- 17
-
bb) Der in der Klausel verwendete Begriff "Mietleistungen" gehört der Rechtssprache an, ohne dass er auch nur in einem Randbereich daneben einem hiervon abweichenden allgemeinen Sprachverständnis zuzuordnen ist. Auch ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer der hier vereinbarten Reiserücktrittsversicherung erkennt, dass der in diesem Begriff enthaltene Wortbestandteil der "Miete" auf rechtliche Kategorien verweist und in Abgrenzung zu anderen Vertragstypen die vorübergehende Gebrauchsüberlassung einer Sache gegen Entgelt voraussetzt.
- 18
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Auf die Buchung des Aufenthalts in einer Ferienwohnung - wie hier - trifft das zu, wenn ihr ein Gebrauchsüberlassungsvertrag unmittelbar mit dem Eigentümer zugrunde liegt (OLG München ZMR 1993, 524; LG Ravensburg ZMR 1993, 224, 225; LG Düsseldorf ZMR 1990, 379; MünchKomm-BGB/Tonner, 6. Aufl. § 651a Rn. 28; ders., NJW 1981, 1921, 1925; Staudinger/Staudinger, BGB [2016] § 651a Rn. 32; vgl. auch BGH, Urteil vom 12. Mai 1980 - VII ZR 158/79, BGHZ 77, 116, 121 f.), allerdings schon dann nicht mehr, wenn der Vertragspartner des Urlaubers sich darauf beschränkt, die Verpflichtung zur Verschaffung einer Ferienwohnung für einen bestimmten Zeitraum zu übernehmen. Ein derartiger Vertrag ist Werkvertrag (BGH, Urteil vom 18. Oktober 1973 - VII ZR 247/72, BGHZ 61, 275, 279; Staudinger aaO Rn. 33), auf den jedoch die Bestimmungen des Reisevertragsrechts entsprechende Anwendung finden (BGH, Urteile vom 23. Oktober 2012 - X ZR 157/11, NJW 2013, 308 Rn. 25; vom 9. Juli 1992 - VII ZR 7/92, BGHZ 119, 152, 161 ff.; anders Staudinger aaO Rn. 33 f.). Er unterfällt auch nicht dem in § 3 Nr. 1 Satz 1 AVB verwendeten Begriff der "Pauschalreise".
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b) Durch die Aufnahme des Klammerzusatzes in § 3 Nr. 1 Satz 1 AVB, in dem unter anderem eine Ferienwohnung beispielhaft genannt wird, ist die Regelung unklar geworden.
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aa) Der durchschnittliche Versicherungsnehmer kann einerseits den Klammerzusatz so verstehen, dass die Buchung des Aufenthalts in einer Ferienwohnung vom Begriff der versicherten Reise erfasst wird, gleichviel auf welcher vertraglichen Grundlage sie erfolgt. Andererseits kann der Klammerzusatz aber auch so verstanden werden, dass die Buchung einer Ferienwohnung nur dann in den Versicherungsschutz einbezogen ist, wenn der ihr zugrunde liegende Vertrag ein miet- oder reiserechtliches Gepräge aufweist. Insgesamt lassen sich beide Auslegungen vertreten.
- 21
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bb) Verbleibende Zweifel über die richtige Auslegung der Klausel werden auch nicht dadurch beseitigt, dass neben Pauschalreisen nur "einzeln gebuchte" Transport- oder Mietleistungen als versicherte Reise gelten sollen. Anders als die Revisionserwiderung meint, wird ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer dem Erfordernis der Einzelbuchung einer Mietleistung nicht entnehmen, dass die Klausel an die Einräumung eines konkreten Nutzungsrechts in Bezug auf ein individualisiertes Objekt sowie eine Entgeltleistung als Gegenleistung gerade für dieses Nutzungsrecht anknüpft. Er wird vielmehr bei der Frage, welche Voraussetzungen eine einzeln gebuchte Transport- oder Mietleistung erfüllen muss, um als versicherte Reise zu gelten, zusätzlich den Begriff der "Pauschalreise" in den Blick nehmen und erkennen, dass dieser eine Gesamtheit von Reiseleistungen verlangt, an der es bei den daneben aufgeführten versicherten Leistungsarten fehlen kann. In dieser Abgrenzung der Leistungsarten erschöpft sich zugleich die Bedeutung, die der durchschnittliche Versicherungsnehmer dem Merkmal "einzeln gebucht" für die Frage des Deckungsumfangs der Reiserücktrittsversicherung beimessen wird.
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Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung kann der durchschnittliche Versicherungsnehmer auch keine Klarheit aus der Möglichkeit gewinnen, den Verfall von Wohnpunkten und damit den geminderten Ertrag der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung des Versicherungsnehmers an der H-AG mit einer gesonderten Punkteversicherung abzusichern. Derartige versicherungswirtschaftliche Überlegungen, die sich aus dem Bedingungswortlaut unmittelbar nicht erschließen, sind für die Auslegung der konkreten Klausel nicht maßgeblich (Senatsurteil vom 27. Juni 2012 - IV ZR 212/10, VersR 2012, 1253 Rn. 19 m.w.N.).
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Anders als die Revisionserwiderung meint, setzen Stornokosten im Sinne von § 5 AVB, deren Übernahme die Beklagte bei Eintritt des Versicherungsfalles verspricht, weder die Erbringung einer Geldleistung aufgrund der Buchung oder Reservierung noch die Rückabwicklung eines Vertrages über eine konkrete Reiseleistung voraus. Das ergibt die Auslegung der Klausel.
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1. Deren Wortlaut kann der durchschnittliche Versicherungsnehmer entnehmen, dass die Beklagte die Kosten übernimmt, die er vertraglich auf Grund seiner Buchung oder Reservierung bezahlen muss. Dass die versprochenen Versicherungsleistungen dabei ausschließlich an die Zahlung von Geld anknüpften, erschließt sich dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer aus dem Verb "bezahlen" nicht. Vielmehr wird er aus dem ihm erkennbaren Sinn der Reiserücktrittsversicherung ableiten, dass sich das Leistungsversprechen des Versicherers darauf bezieht, für eine konkrete Vermögenseinbuße aufzukommen, die dem Versicherungsnehmer wegen des Nichtantritts einer Reise aufgrund eines versicherten Ereignisses entsteht. Als derartige Vermögenseinbuße sieht der durchschnittliche Versicherungsnehmer nicht nur Geldleistungen, sondern auch sonstige Vermögensnachteile - wie den Verlust von Wohnpunkten bei einem hier in Rede stehenden Punkte- und Reservierungssystem - an.
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Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung erschließt sich dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer ebenso wenig, dass Versicherungsschutz nur bestehen soll, wenn bereits aufgrund der Buchung oder Reservierung Kosten anfallen. Ein derartiges Kongruenzerfordernis lässt sich der Klausel, die lediglich auf "Stornokosten" und damit auf Vermögenseinbußen des Versicherungsnehmers wegen Nichtantritts der versicherten Reise abstellt, nicht entnehmen.
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2. Schließlich kann der durchschnittliche Versicherungsnehmer dem Bedingungswerk auch nicht entnehmen, dass der Begriff "Stornokosten" die Rückabwicklung eines Vertrages über eine konkrete Reiseleistung voraussetzt, an der es vorliegend mit Blick auf die fortbestehende Beteiligung des Versicherungsnehmers an der H-AG fehlen könnte. Allein der Umstand, dass der Stornierung einer nach § 3 Nr. 1 AVB versicherten Reise in der Mehrzahl der Fälle ein Rücktritt von einem Reise-, Miet- oder Werkvertrag zugrunde liegen wird, rechtfertigt es nicht, begrifflich nur rückabgewickelte Verträge als vom Versicherungsschutz umfasst anzusehen. Hinzu tritt, dass die unverzügliche Stornierung der Reise in § 14 Satz 8 Nr. 1 AVB als Obliegenheit ausgestaltet ist, deren Verletzung nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit des Versicherungsnehmers Einfluss auf die Leistungspflicht des Versicherers haben soll. In Anbetracht dessen erschließt sich dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer erst recht nicht, dass sich schon das Leistungsversprechen des Versicherers auf Verträge beschränkt, die durch eine Gestaltungserklärung in ein Abwicklungsschuldverhältnis umgewandelt worden sind.
- 28
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IV. Da sich das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - bislang weder mit der von der Beklagten bestrittenen Behauptung der Klägerin, der Stornierung der Buchung habe eine unerwartete schwere Erkrankung des Versicherungsnehmers im Sinne von § 7 Nr. 1 AVB zugrunde gelegen (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 21. September 2011 - IV ZR 227/09, r+s 2012, 135 Rn. 3 ff.), noch mit der Anspruchshöhe befasst hat, ist die Sache mangels Entscheidungsreife zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
-
Mayen
Felsch
Harsdorf-Gebhardt
Dr. Karczewski
Dr. Götz
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.
(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.
(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.
Tenor
-
Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Hamburg vom 30. Januar 2015 durch Beschluss gemäß § 552a ZPO auf Kosten der Beklagten zurückzuweisen.
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Streitwert: 3.500 €
Gründe
- 1
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Zulassungsgründe liegen nicht vor, die Revision der Beklagten hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
- 2
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1. Zulassungsgründe liegen nicht vor. Weder hat der Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats.
- 3
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Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann, wenn sie zweifelhaft ist, also über Umfang und Bedeutung einer Rechtsvorschrift Unklarheiten bestehen. Derartige Unklarheiten bestehen unter anderem dann, wenn die Rechtsfrage vom Bundesgerichtshof bisher nicht entschieden ist und von einigen Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortet wird, oder wenn in der Literatur unterschiedliche Meinungen vertreten werden (BGH, Beschluss vom 22. September 2015 - II ZR 310/14, ZIP 2016, 266 Rn. 3 mwN). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Klärungsbedürftige Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Rückforderung gewinnunabhängiger Auszahlungen an Kommanditisten hat der erkennende Senat mit seinem Urteil vom 12. März 2013 (II ZR 73/11, ZIP 2013, 1222) geklärt. Weitere klärungsbedürftige Rechtsfragen stellen sich im vorliegenden Fall nicht.
- 4
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Der vorliegende Fall gibt auch keine Veranlassung, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen. Hierzu besteht nur dann Anlass, wenn es für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte an einer richtungsweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise fehlt (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02, BGHZ 151, 221, 225). Die Voraussetzungen, unter denen gewinnunabhängige Auszahlungen an Kommanditisten von der Gesellschaft zurückgefordert werden können, hat der erkennende Senat mit seinem Urteil vom 12. März 2013 (II ZR 73/11, ZIP 2013, 1222) umschrieben. Vorliegend geht es nur noch um die Anwendung dieser Grundsätze auf den konkreten Einzelfall.
- 5
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2. Die Revision hat keine Aussicht auf Erfolg. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht einen Anspruch der MS „S. “ Schifffahrtsgesellschaft mbH & Co KG (im Folgenden: Fondsgesellschaft) auf Rückzahlung im Prospekt vorgesehener, regelmäßiger Auszahlungen an die Kommanditisten verneint.
- 6
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Dem Gesellschaftsvertrag der Fondsgesellschaft lässt sich bei der gebotenen objektiven Auslegung nach Wortlaut, Zusammenhang und Zweck aus der Sicht eines verständigen Publikumspersonengesellschafters nicht klar und unmissverständlich entnehmen, dass die an die Kommanditisten geleisteten und im Prospekt der Fondsgesellschaft vorgesehenen regelmäßigen Auszahlungen den Kommanditisten als Darlehen der Fondsgesellschaft zur Verfügung gestellt worden sind. Ein Darlehensrückzahlungsanspruch bestand daher nicht.
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a) Diese Feststellung kann der Senat selbst treffen, weil Gesellschaftsverträge von Publikumsgesellschaften nach ihrem objektiven Erklärungsbefund nur anhand des schriftlichen Vertrags auszulegen sind. Die Vorstellungen und der Wille der Gründungsgesellschafter, die in dem Gesellschaftsvertrag keinen Niederschlag gefunden haben, sind nicht zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 16. Februar 2016 - II ZR 348/14, ZIP 2016, 518 Rn. 13; Urteil vom 12. März 2013 - II ZR 73/11, ZIP 2013, 1222 Rn. 13).
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Nach der Rechtsprechung des Senats unterliegen die Regelungen in Gesellschaftsverträgen von Publikumsgesellschaften unabhängig davon, ob die Bereichsausnahme des § 23 Abs. 1 AGBG bzw. § 310 Abs. 4 BGB n. F. eingreift, einer ähnlichen Auslegung und Inhaltskontrolle wie Allgemeine Geschäftsbedingungen. Hieraus folgt in Anlehnung an § 305c Abs. 2 BGB, dass Zweifel bei der Auslegung zu Lasten des Verwenders gehen (BGH, Urteil vom 16. Februar 2016 - II ZR 348/14, ZIP 2016, 518 Rn. 14; Urteil vom 12. März 2013 - II ZR 73/11, ZIP 2013, 1222 Rn. 14).
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Für den einer Publikumspersonengesellschaft beitretenden Gesellschafter müssen sich die mit dem Beitritt verbundenen, nicht unmittelbar aus dem Gesetz folgenden Rechte und Pflichten aus dem Gesellschaftsvertrag klar ergeben. Denn die erst nach Abschluss des Gesellschaftsvertrags beitretenden Kommanditisten müssen sich darauf verlassen können, nur solche Leistungen erbringen zu müssen, die dem Vertragstext unmissverständlich zu entnehmen sind (BGH, Urteil vom 16. Februar 2016 - II ZR 348/14, ZIP 2016, 518 Rn. 14; Urteil vom 12. März 2013 - II ZR 73/11, ZIP 2013, 1222 Rn. 14).
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b) Der Gesellschaftsvertrag der Fondsgesellschaft (im Weiteren: GV) enthält unter anderem folgende Regelungen:
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§ 9 Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung
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Die Gesellschafterversammlung beschließt über alle ihr gesetzlich und durch diesen Gesellschaftsvertrag zugewiesenen Angelegenheiten, insbesondere über:
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(…)
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f) Auszahlung (Entnahme) von Liquiditätsüberschüssen. Die im Prospekt vorgesehenen Auszahlungen an die Kommanditisten wird die persönlich haftende Gesellschafterin auch ohne gesonderten Gesellschafterbeschluss unter Berücksichtigung vorrangiger Ansprüche stiller Gesellschafter vornehmen, sobald es die Liquiditätslage der Gesellschaft erlaubt;
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(…)
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§ 12 Besondere Gesellschafterleistungen, Ergebnisverteilung, Entnahmen und sonstige Rechtsbeziehungen mit Gesellschaftern
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(...)
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5. Auszahlungen können die Kommanditisten nur zu Lasten ihrer variablen Kapitalkonten gem. § 4 Ziffer 3 verlangen. Voraussetzung für Auszahlungen ist eine ausreichende Liquiditätslage der Gesellschaft.
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Soweit Auszahlungen von Liquiditätsüberschüssen vorgenommen werden, werden sie den Kommanditisten als unverzinsliche Darlehen gewährt, sofern die Auszahlungen nicht durch Guthaben auf den variablen Kapitalkonten gem. § 4 Ziffer 3 gedeckt sind.
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Im Emissionsprospekt der Fondsgesellschaft befindet sich auf Seite 9 folgende Aussage:
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Auszahlungen an die Kommanditisten
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Beginnend ab Dezember 2004 ist eine Auszahlung in Höhe von 8 % p.a. an die Anleger vorgesehen. Sofern die geplante Umstellung auf Tonnagesteuer in 2006 erfolgt, stehen den Auszahlungen in der Betriebsphase ca. 0,1% p.a. Steuerzahlungen gegenüber. Die Auszahlungen während der Fondslaufzeit sollen insgesamt 128 % betragen. Hinzu kommen die Erlöse aus der Veräußerung.
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Im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsberechnungen wird auf den Seiten 28 und 29 des Prospekts der Fondsgesellschaft erläutert:
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Die vorgesehenen Auszahlungen an die Kommanditisten erfolgen gemäß Prognose ab 2004 mit 8 % p.a. Insgesamt betragen die Auszahlungen 128 %. Hinzu kommen die Erlöse aus der Veräußerung. Die Auszahlungen erfolgen jährlich im Dezember. …
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c) Die Auslegung des Gesellschaftsvertrags der Fondsgesellschaft führt hinsichtlich der in § 9 lit. f) Satz 2 GV im Hinblick auf ihre Auszahlungsmodalitäten geregelten und im Prospekt der Höhe nach prognostizierten regelmäßigen Auszahlungen zu keinem klaren und unmissverständlichen Ergebnis. Insbesondere lässt sich der Bestimmung des § 12 Nr. 5 Abs. 2 GV in Verbindung mit den übrigen Bestimmungen nicht mit der gebotenen Klarheit entnehmen, dass und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen die im Prospekt vorgesehenen Auszahlungen den Kommanditisten (nur) als Darlehen gewährt werden. Aus der Sicht eines verständigen Publikumspersonengesellschafters ist es schon nicht eindeutig, dass § 12 Nr. 5 Abs. 2 GV die im Prospekt vorgesehenen Auszahlungen überhaupt erfasst. Der Gesellschaftsvertrag kann dahin verstanden werden, dass es verschiedene Arten von Auszahlungen an Kommanditisten gibt, für die unterschiedliche Regelungsmodelle gelten, nämlich einerseits die im Prospekt vorgesehenen regelmäßigen Auszahlungen und auf der anderen Seite außerplanmäßige Auszahlungen (Entnahmen) von Liquiditätsüberschüssen, über die die Gesellschafterversammlung nach § 9 lit. f) Satz 1 GV zu beschließen hat. Weiter kann der Gesellschaftsvertrag dahin verstanden werden, dass sich § 12 Nr. 5 Abs. 2 GV nur auf diese außerplanmäßigen, von der Gesellschafterversammlung beschlossenen und nicht auf die im Prospekt vorgesehenen regelmäßigen Auszahlungen bezieht. Ob der Gesellschaftsvertrag insoweit klar und unmissverständlich regelt, dass es sich bei den von der Gesellschafterversammlung beschlossenen außerplanmäßigen Auszahlungen (Entnahmen) von Liquiditätsüberschüssen um Darlehen handelt oder, wie in der dem Senat im Urteil vom 16. Februar 2016 (II ZR 348/14, ZIP 2016, 518) vorliegenden Vertragsgestaltung, nicht, bedarf keiner Entscheidung, weil die Fondsgesellschaft die Rückzahlung der im Prospekt vorgesehenen regelmäßigen Auszahlungen verlangt hat.
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In § 9 GV ist geregelt, in welchen Angelegenheiten die Gesellschafterversammlung der Fondsgesellschaft zuständig ist. In § 9 lit. f) Satz 1 GV ist vorgesehen, dass die Gesellschafterversammlung über die Auszahlung (Entnahme) von Liquiditätsüberschüssen beschließt. § 12 Nr. 5 GV enthält eine weitere Bestimmung über Auszahlungen an Kommanditisten. Allein daraus, dass die Regelung über die Voraussetzungen, unter denen Auszahlungen von Liquiditätsüberschüssen den Kommanditisten als Darlehen gewährt werden sollen, der Bestimmung, zu Lasten welchen Kontos die Kommanditisten Auszahlungen verlangen können, unmittelbar nachfolgt, kann nicht darauf geschlossen werden, dass sich § 12 Nr. 5 Abs. 2 GV auf jedwede Art von Auszahlung bezieht. Denn § 9 lit. f) Satz 2 GV unterwirft eine bestimmte Art von Auszahlungen, nämlich die im Prospekt vorgesehenen, einer Sonderbehandlung. Zu deren Auszahlung bedarf es keines Beschlusses der Gesellschafterversammlung nach § 9 lit. f) Satz 1 GV. Vielmehr kann grundsätzlich die persönlich haftende Gesellschafterin diese Auszahlungen als Geschäftsführungsmaßnahme auch ohne gesonderten Gesellschafterbeschluss vornehmen, sobald es die Liquiditätslage der Gesellschaft erlaubt. Bereits das Wortverständnis spricht nicht dafür, dass § 12 Nr. 5 Abs. 2 GV auch diese im Prospekt vorgesehenen planmäßigen Auszahlungen erfassen soll. In § 12 Nr. 5 Abs. 2 GV ist nicht allgemein von Auszahlungen die Rede. Dieser soll nur Anwendung finden, soweit Auszahlungen von Liquiditätsüberschüssen vorgenommen werden. Es wird hier derselbe Begriff verwendet wie in § 9 lit. f) Satz 1 GV, während in § 9 lit. f) Satz 2 GV von den im Prospekt vorgesehenen Auszahlungen die Rede ist. Dass es sich bei den von der Geschäftsleitung veranlassten im Prospekt vorgesehenen planmäßigen Auszahlungen nach dem Fondskonzept regelmäßig auch um solche aus freier Liquidität handelt, ändert an diesem Wortverständnis nichts.
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d) Diese am Wortlaut orientierte Auslegung wird durch den Inhalt des Prospekts bestärkt, auf den der Gesellschaftsvertrag, soweit er die im Prospekt vorgesehenen Auszahlungen nennt, ausdrücklich Bezug nimmt, so dass er insoweit als Auslegungshilfe herangezogen werden kann. Aus der Sicht eines verständigen Personengesellschafters war es nicht erkennbar, dass die im Prospekt vorgesehenen regelmäßigen Auszahlungen lediglich als Darlehen gewährt werden sollten. Vielmehr stellt der Prospekt die Auszahlungen prognostisch als feste Kapitalverzinsung dar, die sich auf 128 % summieren soll. Diese Darstellung als Rendite wird dadurch bestätigt, dass die Erlöse aus der Veräußerung des Schiffes hinzukommen, also aus der Sicht eines verständigen Publikumspersonengesellschafters zu einer Erhöhung seiner Rendite aus regelmäßigen Auszahlungen beitragen sollen. Der Eindruck, bei den im Prospekt vorgesehenen Auszahlungen handele es sich um eine dem Kommanditisten zu belassende Kapitalverzinsung und nicht um ein Darlehen, wird letztlich dadurch verfestigt, dass der Prospekt weder im Zusammenhang mit der Erläuterung der geplanten Auszahlungen noch im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsberechnung einen Hinweis darauf enthält, dass diese Auszahlungen (nur) als Darlehen gewährt werden sollen.
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Ein solches Verständnis deckt sich mit den rechtlich zulässigen Möglichkeiten der Gestaltung eines Gesellschaftsvertrags einer Kommanditgesellschaft. Es ist allgemein anerkannt, dass auch über die Regelung des § 169 Abs. 1 HGB hinaus Ausschüttungen an die Kommanditisten zulässig sind, wenn der Gesellschaftsvertrag dies wie hier in § 9 lit. f) Satz 2 GV vorsieht oder die Ausschüttung durch das Einverständnis aller Gesellschafter gedeckt ist. Solche Ausschüttungen können in der Weise vereinbart werden, dass sie auch insoweit zu gewähren und zu belassen sind, als sie nicht durch Gewinne gedeckt sind, also letztlich in Form einer festen Kapitalverzinsung oder garantierten Mindesttantieme zu Lasten des Kapitals gehen (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 2013 - II ZR 73/11, ZIP 2013, 1222 Rn. 9 mwN).
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e) Lässt sich somit durch Auslegung der gesellschaftsvertraglichen Be-stimmungen schon nicht mit der gebotenen Klarheit feststellen, dass den Kommanditisten die im Prospekt vorgesehenen Auszahlungen als Darlehen gewährt werden, so fehlt es außerdem an einer Regelung der Voraussetzungen, unter denen ein gegebenenfalls nur als Darlehen ausgezahlter Betrag vom Kommanditisten zurückgezahlt werden muss. Das Fehlen einer Regelung der Rückzahlungsvoraussetzungen verstärkt die nach dem Gesellschaftsvertrag bestehende Unklarheit, ob die im Prospekt vorgesehenen Auszahlungen als Darlehen gewährt werden.
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Wenn die im Prospekt vorgesehenen regelmäßigen Auszahlungen an die Kommanditisten (nur) als Darlehen gewährt sein sollten, dann wäre es naheliegend gewesen, im Gesellschaftsvertrag der Fondsgesellschaft die Voraussetzungen zu regeln, unter denen die Kommanditisten zur Rückzahlung an die Gesellschaft verpflichtet sein sollten. Das Recht der Personenhandelsgesellschaften gewährt keinen gesetzlichen Anspruch auf Rückzahlung von (vertraglich ermöglichten) Auszahlungen, auf den mangels vertraglicher Regelungen zurückgegriffen werden könnte. Ein Rückgriff auf gesetzliche Regelungen des bürgerlich-rechtlichen Darlehensrechts (§ 488 Abs. 3 BGB) würde dem im Gesellschaftsvertrag zum Ausdruck kommenden Willen der Gesellschafter nicht gerecht. Es wäre in sich nicht schlüssig, wenn die Gesellschafter, wie dies § 9 lit. f) Satz 2 GV in Verbindung mit dem Prospekt vorsieht, regelmäßige gewinnunabhängige Auszahlungen von der Gesellschaft erhalten sollen, ihnen diese möglicherweise über erhebliche Zeiträume hinweg geleisteten Zahlungen aber ohne besonderen Grund binnen einer Frist von drei Monaten wieder entzogen werden könnten (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 2013 - II ZR 73/11, ZIP 2013, 1222 Rn. 23).
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Bergmann Caliebe Drescher
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Born Sunder
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Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 26.04.2016 verkündete Urteil des Landgericht Köln - 22 O 538/15 - abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe:
2I.
31) Die klagende Kommanditgesellschaft ist eine Publikumsgesellschaft, an der über 200 Kommanditisten beteiligt sind. Der Beklagte ist mit einer Einlage von ursprünglich 300.000,- DM, 150.000,- €, an der Klägerin als Kommanditist beteiligt und im Handelsregister eingetragen. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist der Bau und der Betrieb des Containerschiffes MS „TG“.
4Das Investitionskonzept der Klägerin sah vor, dass zunächst erhebliche Verluste durch den Erwerb des Containerschiffes bei der Klägerin entstehen würden, die die Gesellschafter einkommensteuermindernd geltend machen konnten und weiter, dass die Gesellschafter ungeachtet der entstehenden Buchverluste nicht benötigte Liquidität der Gesellschaft ausgezahlt bekommen sollten. Von 1999 bis 2001 sowie von 2004 bis 2008 erfolgten jeweils aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses Auszahlungen an die Gesellschafter, insoweit wird auf die tabellarische Auflistung in der Klageschrift (Bl. 3 d. A.) verwiesen; der Beklagte erhielt Auszahlungen in Höhe von insgesamt 93.406,51 €.
5Die Parteien streiten darum, ob es sich bei den vorgenannten Auszahlungen um Darlehen an die Gesellschafter handelt oder nicht rückforderbare Gewinnausschüttungen.
6§ 12 Ziffer 4 des Gesellschaftsvertrags in der von 1999 bis 2008 (Anlage K 1, AH) geltenden Fassung lautet:
7„Liquiditätsausschüttungen an die Gesellschafter – auch im Wege einer Darlehensgewährung – dürfen nur dann vorgenommen werden, wenn keine Kapitaldienstleistungsrückstände hinsichtlich der langfristigen Investitionsfinanzierung bestehen und der Ausgleich der laufenden Betriebskosten sowie der Kapitaldienstraten auf die Schiffshypothekendarlehen für das laufende Geschäftsjahr gesichert sind und bankseitige diesen Zahlungen zugestimmt worden ist.
8Über die Verwendung von Liquiditätsüberschüssen entscheidet auf Vorschlag der persönlich haftenden Gesellschafterin der Beirat, sofern nicht die Gesellschafterversammlung entsprechende Beschlüsse fasst. Liquiditätsausschüttungen erfolgen im Verhältnis der Festeinlagen der Gesellschafter untereinander. Solange Verlustsonderkonten bestehen, stellen Liquiditätsausschüttungen Darlehen an die Gesellschafter dar.“
9§ 15 Ziffer 2 des Gesellschaftsvertrags lautet:
10„Für jeden Gesellschafter werden neben einem festen Kapitalkonto (I) ein weiteres Kapitalkonto (II) sowie ein Ergebnissonderkonto geführt.
11a) Auf dem Kapitalkonto (I) werden die Kommanditeinlagen gebucht. Das Kapitalkonto ist fest und unveränderlich. Es ist maßgebend für das Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung (siehe § 14 Abs. 13), die Ergebnisverteilung sowie den Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben.
12b) Auf dem Kapitalkonto (II) wird das Agio gebucht.
13c) Auf dem Ergebnissonderkonto werden die Verluste gebucht, auch soweit diese das feste Kapitalkonto (I) übersteigen. Gewinne werden ebenfalls auf dem Ergebnissonderkonto gutgebracht. Ein Saldo auf dem Ergebnissonderkonto begründet keine Nachschussverpflichtung der Kommanditisten.
14d) Liquiditätsausschüttungen sind auf gesonderten unverzinslichen Darlehenskonten der Gesellschafter zu erfassen.“
15Zum Zeitpunkt sämtlicher Zahlungen an die Gesellschafter waren die auf den Ergebnissonderkonten der Gesellschaft verbuchten Verluste durch Gewinne noch nicht wieder ausgeglichen (Anlage K 3, AH).
16Die Gesellschafter der Klägerin stellten jährlich den von der Klägerin aufgestellten Jahresabschluss fest. Mit gleicher Beschlussfassung beschlossen sie in den Jahren 1999 bis 2001 und 2004 bis 2008 die Auszahlung von Liquidität. In den Jahresabschlüssen der Klägerin sind die an die Gesellschafter geleisteten Zahlungen als „Forderungen“ der Klägerin gegen ihre Gesellschafter auf der Aktivseite der Bilanz ausgewiesen. Der Anhang zum Jahresabschluss, der zumindest seit 2007 den Gesellschaftern übergeben wurde, enthielt jedenfalls seit 2007 die Erläuterung, dass die Auszahlungen an die Kommanditisten gemäß dem Gesellschafsvertrag als Darlehensgewährung anzusehen seien (Anlage B 2, AH).
17Als es zur Krise in der Schifffahrtbranche und dem Verfall der Charterraten ab dem Jahre 2008 kam, benötigte die Klägerin erstmals im Jahre 2011 zusätzliches Kapital, um den Kapitaldienst an die den Schiffsbau finanzierenden Banken bezahlen zu können, was durch die Umsetzung eines am 17.01.2011 beschlossenen Finanzierungskonzeptes erreicht wurde. Ende 2013 benötigte die Klägerin erneut zusätzliches Kapital.
18Mit Schreiben vom 01.11.2013 kündigte die Klägerin die den Gesellschaftern gewährten „Darlehen“ mit Wirkung zum 26.02.2014 und bat zur Abwendung einer drohenden Zahlungsunfähigkeit um Rückzahlung zu jeweils 22 % und bat, zur Abwendung einer drohenden Zahlungsunfähigkeit um Rückzahlung bis deutlich vor dem „31.03.2013“ (Anlage K 7, AH). Mit anwaltlichem Schreiben vom 11.03.2014 forderte die Klägerin den Beklagten zur Rückzahlung des Darlehens bis zum 27.03.2014 sowie um Erstattung der Kosten des Anwalts auf (Anlage K 8 AH).
19Die Klägerin ist der Ansicht, die in Rede stehenden Liquiditätsausschüttungen seien dem Beklagten als Darlehen gewährt worden, weil im Gesellschaftsvertrag eindeutig geregelt sei, dass nicht durch Gewinne gedeckte Ausschüttungen als Darlehen zu qualifizieren und als solche auf einem Verlustsonderkonto zu buchen sind. Da dies hier der Fall sei, sei der Beklagte zur Rückgewährung des Darlehens verpflichtet.
20Die Klägerin hat beantragt,
211. den Beklagten zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von € 20.549,43 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz p.a. seit dem 27.02.2014 zu bezahlen;
222. den Beklagten zu verurteilen, sie von Honorarforderungen des Rechtsanwalts X von € 687,80 freizustellen.
23Der Beklagte hat beantragt,
24die Klage abzuweisen.
25Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, eine Qualifizierung der Ausschüttungen als Darlehen und insbesondere die Voraussetzungen für deren Rückzahlung ergäben sich nicht hinreichend deutlich aus §§ 12 Ziffer 4 und 15 Ziffer 2 des Gesellschaftsvertrags. Nach § 12 Ziffer 4 UA 1 S. 1 sei im Hinblick auf die Formulierung „auch“ gerade offen, ob es sich bei den Auszahlungen um Ausschüttungen oder Darlehen handele; die notwendige Bestimmung durch einen Beschluss der Gesellschafterversammlung fehle, im Beschluss aus dem Jahr 2007 (Anlage K 4, AH) sei nur von „Liquiditätsausschüttungen“ die Rede. Die Regelung des § 12 Ziffer 4 UA 2 letzter Satz stehe zudem in Widerspruch zu der Regelung in § 12 Ziffer 4 UA 1 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags. Selbst wenn die Vertragsklauseln entsprechend auszulegen wären, seien sie wegen des Verbotes überraschender oder mehrdeutiger Klauseln entsprechend § 305 c Abs. 1 BGB unwirksam. Auch die Ausweisung der Liquiditätsausschüttungen an die Gesellschafter im Rahmen von Darlehenskonten auf der Aktivseite der Bilanz der Klägerin vom 31.12.2013 stelle keinen ausreichend deutlichen Hinweis auf die Rückzahlbarkeit der Ausschüttungen dar. Die Beklagte bestreitet, dass für die Liquiditätsausschüttungen gesonderte Darlehenskonten gebildet und die Auszahlungen dort verbucht worden seien. In dem Jahresabschluss 2006 (Anlage B 1, AH) seien die unter B II 3 erwähnten „Forderungen gegen Gesellschafter“ nicht näher bezeichnet, soweit die als Anlage K 5 vorgelegten Aufgliederungen und Erläuterungen zur Bilanz zum 31.12.2013 den Begriff „Darlehenskonten der Kommanditisten“ enthalte, seien diese Erläuterungen nicht Teil des offiziellen Geschäfts- und Treuhandberichts 2013 gewesen und den Zeichnern nicht zugänglich gemacht worden. Erst ab 2007 hätten die Geschäfts- und Treuhandberichte einen Anhang mit Erläuterungen enthalten, in denen auf die Darlehenseigenschaft der Auszahlungen an die Kommanditisten hingewiesen worden wäre (Anlage B 2, AH). Diese nachträgliche Zweckbestimmung sei überraschend und nicht dazu geeignet, die Einordnung von Altausschüttungen zu ändern.
262) Im Urteil vom 28.04.2016 hat das Landgericht der Klage in vollem Umfang stattgegeben.
273) Mit der form- und fristgerecht eingelegten und mit Gründen versehenen Berufung verfolgt der Beklagte das Ziel der Klageabweisung weiter.
28Er beharrt auf dem Standpunkt, die oben wiedergegebenen Regelungen des Gesellschaftsvertrags seien nicht hinreichend bestimmt und könnten daher den geltend gemachten Zahlungsanspruch nicht begründen.
29Der Beklagte beantragt,
30das Urteil des Landgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen.
31Die Klägerin beantragt,
32die Berufung zurückzuweisen.
33Ihrer Auffassung nach hat das Landgericht richtig entschieden. Sie verweist in der Berufungsbegründung vom 08.09.2016, auf deren näheren Inhalt Bezug genommen wird, auf Entscheidungen anderer Gerichte, aus denen sie für ihre Position günstige Rückschlüsse zieht. Nach dem gesetzlichen Regelfall seien die Gesellschafter zur Entnehme berechtigt, wenn ein entsprechender Gewinnanspruch bestehe. Einen solchen hätte die Gesellschafter der Klägerin indes nicht besessen. Die Gesellschaft habe sich bei den hier in Rede stehenden Ausschüttungen planmäßig im Verlustbereich befunden. Die Modalitäten der Rückforderung müssten für die wirksame Regelung eines entsprechenden Anspruchs im Gesellschaftsvertrag nicht ausdrücklich geregelt sein.
34Von einer Unklarheit der vertraglichen Regelung sei auszugehen, wenn aus der Sicht eines verständigen Gesellschafters denkbare Auslegungsalternativen bestünden. Vor diesem Hintergrund bestimme § 12 Ziff. 4 Abs. 2 S. 2 des Vertrags mit hinreichender Klarheit, dass Liquiditätsausschüttungen Darlehen der Gesellschafter seien. Die in S. 3 aufgestellte Voraussetzung des Bestehens von Verlustsonderkonten sei ebenfalls eindeutig. In § 15 Ziff. 2 bestehe daher keine Auslegungsalternative, die Zweifel daran hervorrufe, dass die dort erwähnten Ergebnissonderkonten inhaltlich an § 12 Ziff. 4 Abs. 2 S. 3 anschließen. Auch führten die weiteren in § 15 Ziff. 2 verwendeten Begriffe den verständigen Gesellschafter zu dem Schluss, dass bei Anfall von Verlusten die Auszahlungen als Darlehen anzusehen seien.
35Die Klauseln des Gesellschaftsvertrags seien nach allem nicht überraschend. Sie seien auch nicht unangemessen. Insbesondere wirke sich die Ausschüttung gewinnunabhängiger Liquidität spätestens in der Liquidation zu Lasten der Gesellschafter aus; durch die hier geltend gemachte Rückforderung werde diese Folge lediglich vorverlegt. Einer Regelung von Kündigungsmodalitäten habe es nicht bedurft.
36Insgesamt seien die Regelungen des Gesellschaftsvertrags auf der Rechtsgrund- wie auf der Rechtsfolgenseite hinreichend klar.
37In der mündlichen Verhandlung ist mit den Parteien die Frage nach der Notwendigkeit von Auslegungsalternativen erörtert worden. Im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 20.10.2016 heben die Klägervertreter erneut hervor, der Bundesgerichtshof habe sich in den einschlägigen Entscheidungen durchgehend auf diesen Gesichtspunkt abgestellt.
38II.
39Die Berufung des Beklagten führt zur Abweisung der Klage, weil die maßgeblichen Regelungen des Gesellschaftsvertrags den geltend gemachten Rückzahlungsanspruch nicht zu tragen vermögen.
40Auch mit Rücksicht auf das weitere Vorbringen der Klägerin bleibt der Senat bei der Auffassung, dass die für das Bestehen eines Rückerstattungsanspruchs maßgebenden Bestimmungen des hier maßgebenden Gesellschaftsvertrags nicht hinreichend klar zum Ausdruck bringen, unter welchen Voraussetzungen ein Kommanditist zur Rückerstattung vereinnahmter Ausschüttungen verpflichtet ist.
41Nach § 169 Abs. 1 S. 2 HGB hat der Kommanditist nur einen Anspruch auf Auszahlung des ihm zukommenden Gewinns. Er kann die Auszahlung des Gewinns nicht fordern, solange sein Kapitalanteil durch Verlust unter den auf die bedungene Einlage geleisteten Betrag herabgemindert ist oder durch die Auszahlung unter diesen Betrag herabgemindert würde. Es ist aber allgemein anerkannt, dass über die Regelung des § 169 Abs. 1 HGB hinaus Ausschüttungen an die Kommanditisten zulässig sind, wenn der Gesellschaftsvertrag dies vorsieht oder die Ausschüttung durch das Einverständnis aller Gesellschafter gedeckt ist. Solche Ausschüttungen können in der Weise vereinbart werden, dass sie insoweit zu gewähren und zu belassen sind, als sie nicht durch Gewinne gedeckt sind, also letztlich in Form einer festen Kapitalverzinsung oder garantierten Mindesttantieme zu Lasten des Kapitals gehen.
42Wird eine Auszahlung an den Kommanditisten entgegen § 169 Abs. 1 HGB auf der Grundlage einer Ermächtigung im Gesellschaftsvertrag geleistet, führt dies selbst dann nicht zu einer Rückzahlungspflicht, wenn die Auszahlung dessen Kapitalanteil unter die bedungene Einlage herabmindert oder eine bereits bestehende Belastung vertieft. Solche Zahlungen können zwar zu einer Haftung nach § 172 Abs. 4, § 171 Abs. 1 HGB führen. Diese Vorschriften betreffen aber ausschließlich die Haftung des Kommanditisten gegenüber den Gesellschaftsgläubigern im Außenverhältnis und nicht dessen Verhältnis zur Gesellschaft.
43Der Kommanditist ist im Innenverhältnis zur Kommanditgesellschaft verpflichtet, die vereinbarte Einlage zu erbringen. Im Außenverhältnis haftet er den Gläubigern der Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar (§ 171 Abs. 1 HS. 1 HGB). Erbringt der Kommanditist seine Einlage, erlischt im Innenverhältnis seine Einlageverpflichtung gegenüber der Gesellschaft. Seine Haftung im Außenverhältnis entfällt gem. § 171 Abs. 1 HS. 2 HGB, wenn er einen der eingetragenen Haftsumme entsprechenden Wert in das Gesellschaftsvermögen geleistet und ihn auch dort belassen hat. Wird dem Kommanditisten die Einlage ganz oder teilweise zurückbezahlt, gilt sie gem. § 172 Abs. 4 S. 1 HGB den Gläubigern der Gesellschaft gegenüber insoweit als nicht geleistet, d.h. die Außenhaftung entsteht wieder. Dasselbe gilt nach § 172 Abs. 4 S. 2 HGB. Die in § 172 Abs. 4 HGB beschriebene Wirkung tritt aber nur gegenüber den Gläubigern ein, d.h. das Innenverhältnis zur Gesellschaft ist davon nicht berührt.
44Ein Rückgewähranspruch der Gesellschaft entsteht bei einer Rückzahlung der Einlage somit nicht automatisch, sondern kann sich nur aus anderen Rechtsgründen ergeben, insbesondere aus einer entsprechenden vertraglichen Abrede. Es gibt bei der Kommanditgesellschaft keinen im Innenverhältnis wirkenden Kapitalerhaltungsgrundsatz. Die Gesellschafter können ihre Rechtsbeziehungen im Innenverhältnis insoweit untereinander und zur Gesellschaft weitgehend frei gestalten. Das schließt die Entscheidung darüber ein, ob und wie erbrachte Einlagen zurückgewährt werden. Auch die Auslegungsregel in § 161 Abs. 2, § 105 Abs. 3 HGB, § 706 Abs. 2 S. 1 BGB, nach der beizutragende vertretbare und verbrauchbare Sachen im Zweifel in das Eigentum der Gesellschaft zu übertragen sind, rechtfertigt nicht die Annahme, dass im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich vorgesehene Kapitalrückzahlungen der Gesellschaft im Zweifel wieder zuzuführen sind (vgl. BGH, Urt. v. 12. März 2013 – II ZR 73/11 -, juris Rn. 9 bis 12 m.w.N.). Demnach bedarf es für die Begründung des hier geltend gemachten Rückerstattungsanspruchs einer entsprechenden Regelung im Gesellschaftsvertrag.
45Wie derselbe auszulegen ist und welche Anforderungen danach an eine entsprechende Regelung zu stellen sind, hat der Bundesgerichtshof ebenfalls schon entschieden: Gesellschaftsverträge von Publikumsgesellschaften sind zunächst nicht subjektiv, sondern nach ihrem objektiven Erklärungsbefund zu interpretieren (vgl. BGH, Urt. v. 12. März 2013 – II ZR 73/11 -, juris Rn. 13).
46Ferner unterliegen die Regelungen in Gesellschaftsverträgen von Publikumsgesellschaften unabhängig davon, ob die Bereichsausnahme des § 23 Abs. 1 AGBG bzw. § 310 Abs. 4 BGB n.F. eingreift, einer ähnlichen Auslegung und Inhaltskontrolle wie Allgemeine Geschäftsbedingungen. Hieraus folgt in Anlehnung an § 305c Abs. 2 BGB, dass Zweifel bei der Auslegung zu Lasten des Verwenders gehen. Für den einer Publikumspersonengesellschaft beitretenden Gesellschafter müssen sich die mit dem Beitritt verbundenen, nicht unmittelbar aus dem Gesetz folgenden Rechte und Pflichten aus dem Gesellschaftsvertrag daher klar ergeben (vgl. BGH, Urt. v. 12. März 2013 – II ZR 73/11 -, juris Rn. 14).
47Von ausschlaggebender Bedeutung ist im vorliegenden Fall die mangelnde Klarheit der im Gesellschaftsvertrag getroffenen Regelungen.
48Zwar enthält § 12 Ziff. 4 Abs. 1 S. 1 des Gesellschaftsvertrags in einem Einschub einen Hinweis darauf, dass Liquiditätsausschüttungen auch im Wege einer Darlehensgewährung gezahlt werden können, nach dem Wortlaut des Einschubs und des vorangehenden Satzteils – „Liquiditätsausschüttungen an die Gesellschafter - auch im Wege einer Darlehensgewährung - …“ kommen aber auch andere Liquiditätsausschüttungen in Betracht, so dass ein verständiger Kommanditist als Empfänger von Liquiditätsausschüttungen nicht ohne weiteres auf eine darlehensweise Gewährung der betreffenden Mittel und auf eine korrespondierende, ihn treffende Rückzahlungspflicht schließen muss.
49Diesen Rückschluss erlaubt auch § 12 Ziff. 4 Abs. 2 S. 3 nicht, soweit danach Liquiditätsausschüttungen Darlehen an die Gesellschafter darstellen sollen, solange Verlustsonderkonten bestehen. Denn die für die Konten der Gesellschafter maßgebliche Bestimmung des § 15 Ziff. 2 sieht lediglich die Kapitalkonten I mit den unveränderlichen Kommanditeinlagen, die entsprechenden Kapitalkonten II mit den Agio-Beträgen, die für die Verbuchung nicht nur von Verlusten, sondern auch von Gewinnen bestimmten Ergebnissonderkonten und schließlich Darlehenskonten für die Liquiditätsausschüttungen vor, nicht hingegen die in § 12 Ziff. 4 Abs. 2 S. 3 erwähnten Verlustsonderkonten. Hinzu kommt, dass die eventuell als Verlustsonderkonten in Betracht kommenden Ergebnissonderkonten nach § 15 Ziff. 2 Buchst. c S. 2 nicht als auflösbar im Sinne der in § 12 Ziff. 4 Abs. 2 S. 3 getroffenen Bestimmung geregelt sind, sondern auch nach der Abdeckung entstandener Verluste noch der Verbuchung von Gewinnen dienen sollen, wobei unklar bleibt, ob in einem stehen gelassenen Ausschüttungsbetrag ein Darlehen umgekehrt des Gesellschafters an die Gesellschaft liegen soll. Außerdem sieht § 15 Ziff. 2 Buchst. c S. 3 vor, dass ein Saldo (gemeint ist hier wohl ein Betrag, um den die gebuchten Verluste die gebuchten Gewinne übersteigt) auf dem Ergebnissonderkonto keine Nachschusspflicht des Kommanditisten begründen soll, so dass ein verständige Anleger als Kommanditist nicht den Schluss ziehen muss, dass in dem Ergebnissonderkonto nach § 15 Ziff. 2 Buchst. c das in § 12 Ziff. 4 Abs. 2 S. 3 genannten Verlustsonderkonto liegen und dass dessen Bestand für eine Rückerstattungspflicht von Bedeutung sein soll.
50Schließlich enthält der Gesellschaftsvertrag auch keine Regelung darüber, unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf Rückerstattung vereinnahmter Liquiditätsausschüttungen bestehen und soll geltend gemacht werden können. Dementsprechend durfte ein durchschnittlicher Anleger als Kommanditist annehmen, dass Einlagebeträge, Gewinne und Verluste sowie Ausschüttungsbeträge allenfalls im Rahmen der Zuweisung von Gewinnen und Verlusten sowie hinsichtlich seines Abfindungsguthabens bei einem Ausscheiden aus der Gesellschaft oder bei der Auflösung der Gesellschaft von Bedeutung sein würden. Keinesfalls musste er aber auch davon ausgehen, dass der für das Rechtsverhältnis zwischen ihm als Kommanditist und der Gesellschaft maßgebende Gesellschaftsvertrag nicht nur die Anwendung der §§ 161 ff., 105 ff. HGB, 705 ff. BGB zuließ, sondern hinsichtlich der Liquiditätsausschüttungen auch der §§ 488 ff. BGB, sowie dass deshalb die Gesellschaft unter gewissen Umständen ganz oder teilweise zur Kündigung und Rückforderung der Ausschüttungsbeträge berechtigt sein würde, ohne dass auch das Gesellschaftsverhältnis beendet werden würde.
51Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich ferner, dass ein Rückerstattungsanspruch der Klägerin nicht bestehen kann, wenn für den Gesellschafter kein Verlustsonderkonto, sondern gemäß § 15 Ziff. 2 Buchst. c nur ein Ergebnissonderkonto geführt wird, und erst recht nicht, wenn ein solches nach den Regeln des § 15 Ziff. 2 nicht ausdrücklich vorgesehen ist. § 12 Ziff. 4 Abs. 2 S. 3 ist insofern objektiv und wegen der unklaren, voneinander abweichenden Terminologie der verschiedenen Klauseln zugunsten der Kommanditisten streng auszulegen, so dass die Bestimmung die darlehensweise Gewährung von Ausschüttungsmitteln von der Führung eines auch als „Verlustsonderkonto“ bezeichneten Kontos abhängig macht, die wiederum § 15 Ziff. 2 nicht vorsieht. Demnach können Rückerstattungsansprüche der Klägerin – wie sie hier gegen den Beklagten geltend gemacht werden – nicht entstanden sein und auch nicht mehr begründet werden.
52Der Senat versteht abweichend von der klägerseits vertretenen Auffassung die einschlägige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht in dem Sinne, dass eine Unklarheit der vertraglichen Regelung vorrangig die Feststellung einer Auslegungsalternative erfordert. Das mag in den entschiedenen Fällen der geeignete Weg zur Klärung eines Vertragsinhalts gewesen sein. Dennoch ist dies der Annahme einer Unklarheit nicht notwendig vorausgesetzt. Vorliegend ist die fehlende innere Konsistenz der beiden einschlägigen gesellschaftsvertraglichen Regelungen tragender Grund des gefundenen Ergebnisses. Der Senat sieht keinen Anlass, aus systematischen Erwägungen an der Stichhaltigkeit dieser Argumentation zu zweifeln.
53III.
54Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
55IV.
56Die Revision ist nicht zuzulassen.
57Wie sich den obigen Ausführungen zur BGH-Rechtsprechung einerseits und zu den Regelungen des vorliegend maßgebenden Gesellschaftsvertrags andererseits entnehmen lässt, wirft der Fall weder ungeklärte Rechtsfragen auf, noch bedarf es der Rechtsfortbildung oder der Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung. Vielmehr stützt sich der Senat auf die aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung, nicht zuletzt auf den Beschluss des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 27.06.2016 – II ZR 63/15 - und die in den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags liegenden, unstreitigen Umstände des Einzelfalles.
58Der Streitwert wird auf 20.549,00 EUR festgesetzt.