Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Apr. 2018 - II ZR 277/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:170418BIIZR277.16.0
bei uns veröffentlicht am17.04.2018
vorgehend
Landgericht Stuttgart, 34 O 3/15, 04.02.2016
Oberlandesgericht Stuttgart, 5 U 33/16, 19.09.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 277/16
vom
17. April 2018
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2018:170418BIIZR277.16.0

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. April 2018 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Drescher, die Richter Born und Sunder, die Richterin B. Grüneberg und den Richter V. Sander
beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 19. September 2016 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Streitwert für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren wird auf 450.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Der Kläger war seit 2007 als Geschäftsführer der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin bestellt und mit befristeten Verträgen, zuletzt bis zum 31. Dezember 2013, angestellt. Die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin, die ursprünglich mehr als 2.000 Mitarbeiter hatte, war bei den Vertragsabschlüssen durch den bei ihr gebildeten Aufsichtsrat vertreten worden. Am 4. Dezember 2013 beriet der Aufsichtsrat ausweislich der Tagesordnung telefonisch u.a. über "Die Information über die Änderungen in der Geschäftsführung", wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob es dabei auch um den Kläger ging. Am selben Tag schlossen die Parteien einen unbefristeten Geschäftsführeranstellungsvertrag ab dem 1. Januar 2014, der für beide Seiten mit einer Frist von sechs Monaten kündbar war und nach dessen § 2 Nr. 1 dem Kläger für den Fall der ordentlichen Kündigung eine Entschädigung in Höhe des fixen Anteils seines Jahresgehalts - d.h. in Höhe von 450.000 € - zustehen sollte. Für die Beklagte handelte deren Aufsichtsrat, vertreten durch den Aufsichtsratsvorsitzenden Mag. S. . Im Zeitpunkt des Vertragsschlusses hatte die Beklagte weniger als 2.000 Mitarbeiter.
2
Bereits am 28. Januar 2014 kündigte die Beklagte, vertreten durch den Aufsichtsratsvorsitzenden, den Anstellungsvertrag. Sie zahlte das Geschäftsführergehalt für sechs Monate weiter, verweigerte jedoch die Zahlung einer Entschädigung.
3
Der Kläger verlangt von der Beklagten die Zahlung der Entschädigung. Er ist der Auffassung, der Anstellungsvertrag sei wirksam geschlossen worden, insbesondere sei die Beklagte wirksam vertreten gewesen. Zwar stehe die Kompetenz zum Abschluss des Anstellungsvertrags bei der dem Drittelbeteiligungsgesetz unterfallenden Beklagten der Gesellschafterversammlung zu. Es sei aber davon auszugehen, dass der Aufsichtsrat mit einem Gesellschafterbeschluss zum Abschluss des Vertrags bevollmächtigt worden sei.
4
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde.
5
II. Die Beschwerde hat Erfolg und führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Das Berufungsgericht hat in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt (§ 544 Abs. 7 ZPO), indem es die Vernehmung des Vorsitzenden des Aufsichtsrats Mag. S. als Partei mit der Begründung abgelehnt hat, die Behauptung des Klägers, die Gesellschafterversammlung habe einen Beschluss über seinen Geschäftsführeranstellungsvertrag gefasst und den Aufsichtsrat mit der Umsetzung beauftragt, sei ins Blaue hinein aufgestellt.
6
1. Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet. Die Ablehnung des vom Kläger durch Vernehmung des Vorsitzenden des Aufsichtsrats Mag. S. als Partei angebotenen Beweises findet im Prozessrecht keine Stütze.
7
a) Die Ablehnung eines Beweises für eine erhebliche Tatsache ist nur zulässig, wenn die unter Beweis gestellte Tatsache so ungenau bezeichnet ist, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann oder wenn sie ins Blaue hinein aufgestellt worden ist, mithin aus der Luft gegriffen ist und sich deshalb als Rechtsmissbrauch darstellt (BGH, Urteil vom 26. Januar 2016 - II ZR 394/13, ZIP 2016, 1119 Rn. 20; Urteil vom 23. Juni 2016 - III ZR 308/15, ZIP 2016, 1681 Rn. 18). Bei der Annahme eines solchen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens ist allerdings Zurückhaltung geboten. Dabei ist zu bedenken, dass der Beweisführer grundsätzlich nicht gehindert ist, Tatsachen zu behaupten, über die er keine genauen Kenntnisse hat, die er aber nach Lage der Dinge für wahrscheinlich hält. Ein unzulässiger Ausforschungsbeweis liegt erst vor, wenn der Beweisführer ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen aufs Geratewohl oder ins Blaue aufstellt. In der Regel wird Willkür nur angenommen werden können, wenn jegliche tat- sächliche Anhaltspunkte fehlen (BGH, Urteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 160 Rn. 40; Beschluss vom 10. Januar 2017 - XI ZR 365/14, BKR 2017, 164 Rn. 17; Beschluss vom 12. Oktober 2017 - V ZR 17/17, Grundeigentum 2017, 1547 Rn. 10).
8
b) Entgegen der Sicht des Berufungsgerichts fehlten nicht jegliche Anhaltspunkte für das Vorliegen der in das Wissen des Aufsichtsratsvorsitzenden gestellten Tatsache. Der Kläger hat vielmehr Anhaltspunkte vorgetragen, die für eine Befassung des alleingeschäftsführungsbefugten Vertreters der Alleingesellschafterin mit dem Geschäftsführeranstellungsvertrag des Klägers und eine Beauftragung des Aufsichtsrats bzw. seines Vorsitzenden mit der Umsetzung sprechen.
9
aa) Schon der Umstand, dass die Telefonkonferenz des Aufsichtsrats am 4. Dezember 2014 nach der vorgesehen Tagesordnung die "Information des Aufsichtsrats über Änderungen in der Geschäftsführung" zum Gegenstand hatte , bietet einen solchen Anhaltspunkt. Dies lässt sich nicht mit der Begründung verneinen, dass beim Kläger gerade keine "Änderung" angestanden habe und sich - die Teilnahme von Mag. O. als Geschäftsführer der Alleingesellschafterin und Aufsichtsratsmitglied unterstellt - aus einer bloßen Information nichts für einen Beschluss der nur aus Mag. O. bestehenden Gesellschafterversammlung ergebe. Eine Beschlussfassung bzw. eine als Beschlussfassung zu interpretierende Reaktion Mag. O. zum Geschäftsführeranstellungsvertrag des Klägers ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Tagesordnung nur eine Information über Änderungen in der Geschäftsführung vorsah. Das Berufungsgericht hat dabei schon unberücksichtigt gelassen, dass mit der Entschädigungsregelung und der Entfristung des Anstellungsverhältnisses wesentliche Änderungen des Geschäftsführeranstellungsvertrags des Klägers ver- einbart wurden. Außerdem wurde der Geschäftsführeranstellungsvertrag mit dem Kläger durch den Aufsichtsratsvorsitzenden am selben Tag abgeschlossen , so dass naheliegt, dass dieser Anstellungsvertrag bei der Telefonkonferenz , die die Geschäftsführer zum Gegenstand hatte, Gesprächsgegenstand und der Vertragsschluss durch den Aufsichtsratsvorsitzenden eine Reaktion auf die Besprechungen war.
10
bb) Das Berufungsgericht hat überdies übersehen, dass der Kläger unter Vorlage des entsprechenden Gesellschafterbeschlusses behauptet hat, der Geschäftsführer der Alleingesellschafterin Mag. O. habe am 16. Dezember 2013 einen Beschluss über die Bestellung zweier weiterer Geschäftsführer gefasst. Damit lag im zeitlichen Zusammenhang mit dem Vertragsschluss mit dem Kläger eine Maßnahme der Gesellschafterversammlung vor, die die Annahme des Berufungsgerichts, die Beteiligten seien sich sämtlich - bis zur Kündigung des Anstellungsverhältnisses im Januar 2014 - der Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung nicht bewusst gewesen, in Frage stellt.
11
2. Der Gehörsverstoß war für die Entscheidung auch aus der maßgeblichen Sicht des Berufungsgerichts erheblich.
12
a) Das Berufungsgericht hat nicht das Gegenteil der behaupteten Tatsache als erwiesen erachtet, so dass der Antrag nicht nach § 445 Abs. 2 ZPO unberücksichtigt bleiben musste. Der Grundsatz der Subsidiarität der Parteivernehmung (§ 445 Abs. 1 ZPO) steht der Beweiserhebung nicht entgegen, weil dem Kläger für die unmittelbare Beweisführung kein anderes Beweismittel zur Verfügung steht. Die Beweiserhebung setzt auch keinen vorherigen sonstigen Beweis oder die Wahrscheinlichkeit der unter Beweis gestellten Tatsache vo- raus (BGH, Urteil vom 6. Juli 1960 - IV ZR 322/59, BGHZ 33, 63, 66; Urteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 160 Rn. 40).
13
b) Das Berufungsgericht hat die unter Beweis gestellte Tatsache auch nicht aus Rechtsgründen für unerheblich gehalten. Erst nach der beantragten Beweiserhebung kann beurteilt werden, ob nach dem Inhalt der Telefonkonferenz des Aufsichtsrats vom 4. Dezember 2013 von einer Beschlusslage auszugehen war, auf Grund derer der Vorsitzende des Aufsichtsrats den Vertrag mit dem Kläger zu Lasten der Beklagten abschließen konnte. Dies gilt sowohl für die Frage einer Ermächtigung des Aufsichtsrats bzw. des Aufsichtsratsvorsitzenden durch eine Entschließung der Alleingesellschafterin als auch für die sich daran ggf. anknüpfende Frage, ob die Teilnehmer der Telefonkonferenz darüber einig waren, dass der Vorsitzende des Aufsichtsrats für den Aufsichtsrat handeln durfte.
14
Das Berufungsgericht hat diesbezüglich keine bindende abweichende Feststellung getroffen. Die Beweiskraft des Tatbestands entfällt, soweit die Feststellungen Widersprüche oder Unklarheiten aufweisen (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Dezember 2015 - II ZR 247/14, juris Rn. 13 mwN). Dies gilt hier für die Feststellung des Berufungsgerichts, dass dem Abschluss des Vertrags durch den Vorsitzenden des Aufsichtsrats kein Aufsichtsratsbeschluss zu Grunde gelegen habe, weil eine Beurteilungsgrundlage für eine solche Feststellung erst nach der beantragten Beweiserhebung vorhanden ist. Schon der Beschluss über den Vertretungsakt selbst kann als Ermächtigung des Aufsichtsratsvorsitzenden auszulegen sein (Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl., § 52 Rn. 120).
15
III. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
16
1. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht auch Gelegenheit, sich ggf. nach weiterem Sachvortrag mit der von der Nichtzulassungsbeschwerde erstmals aufgeworfenen Frage, ob die Beklagte im Dezember 2013 ein Unternehmen im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 DrittelbG war, auseinanderzusetzen. Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Zahl der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer nicht lediglich auf einen Stichtag bezogen, sondern über einen Referenzzeitraum hinweg zu ermitteln ist (vgl. BAGE 153, 171 Rn. 41).
17
2. Für den Fall, dass das Berufungsgericht erneut zu dem Ergebnis gelangen sollte, dass der Aufsichtsrat für den Abschluss des Anstellungsvertrags nicht zuständig war und vom Geschäftsführer der Alleingesellschafterin hierzu auch nicht bevollmächtigt wurde, wird zu prüfen sein, ob die Beklagte sich auf den Vertretungsmangel berufen kann oder ob sie sich dadurch in einer mit Treu und Glauben unvereinbaren Weise in Widerspruch zu dem Verhalten ihres zuständigen Organs setzen würde (vgl. BGH, Urteil vom 8. März 1973 - II ZR 134/71, BB 1973, 723). Hiervon könnte ggf. schon dann auszugehen sein, wenn der Geschäftsführer der Alleingesellschafterin seinerseits von der Zuständigkeit des Aufsichtsrats ausgegangen sein und dessen Handeln gebilligt haben sollte.
Drescher Born Sunder B. Grüneberg V. Sander
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 04.02.2016 - 34 O 3/15 KfH -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 19.09.2016 - 5 U 33/16 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Apr. 2018 - II ZR 277/16

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur
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Zivilprozessordnung - ZPO | § 445 Vernehmung des Gegners; Beweisantritt


(1) Eine Partei, die den ihr obliegenden Beweis mit anderen Beweismitteln nicht vollständig geführt oder andere Beweismittel nicht vorgebracht hat, kann den Beweis dadurch antreten, dass sie beantragt, den Gegner über die zu beweisenden Tatsachen zu

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(1) Die Arbeitnehmer haben ein Mitbestimmungsrecht im Aufsichtsrat nach Maßgabe dieses Gesetzes in 1. einer Aktiengesellschaft mit in der Regel mehr als 500 Arbeitnehmern. Ein Mitbestimmungsrecht im Aufsichtsrat besteht auch in einer Aktiengesellscha

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Tenor 1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 27.10.2017 (Az.: 34 O 20017/16) wird zurückgewiesen. 2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. 3. Dieses Urteil und d

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(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

20
Ein unbeachtlicher Vortrag „ins Blaue hinein“, wie ihn das Berufungsge- richt hier in Betracht zieht, kann anzunehmen sein, wenn eine Partei, gestützt auf bloße Vermutungen, ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen aufstellt (vgl. BGH, Urteil vom 4. März 1991 - II ZR 90/90, WM 1991, 942, 946 f.; Urteil vom 29. Juli 2014 - II ZR 353/12, BGHZ 202, 180 Rn. 60; Urteil vom 9. Dezember 2015 - IV ZR 272/15, VersR 2016, 177 Rn. 24; Urteil vom 22. Dezember 2015 - VI ZR 101/14, juris Rn. 41; Urteil vom 22. Januar 2016 - V ZR 27/14, juris Rn. 48). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der Beklagte hat aufgrund eigener (behaupteter) Kenntnis konkreten Vortrag gehalten. In der auf entgegenstehende Indizien gestützten Bewertung dieses Vortrags als unerheb- lich ohne Erhebung der angebotenen Beweise läge eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung.
18
Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet. Die Ablehnung eines Beweises für eine erhebliche Tatsache ist nur zulässig, wenn die unter Beweis gestellte Tatsache so ungenau bezeichnet ist, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann oder wenn sie ins Blaue hinein aufgestellt worden ist, mithin aus der Luft gegriffen ist und sich deshalb als Rechtsmissbrauch darstellt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 01. Juni 2005 - XII ZR 275/02, NJW 2005, 2710, 2711 und vom 12. Juni 2008 - V ZR 221/07, WM 2008, 2068 Rn. 5, 9). Eine Partei genügt ihrer Darlegungslast dabei bereits dann, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen, so kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden (vgl. Senat, Beschluss vom 26. November 2015 - III ZR 78/15, BeckRS 2015, 20464 Rn. 8; BGH, Beschlüsse vom 1. Juni 2005 aaO; vom 12. Juni 2008 aaO Rn. 6 f; vom 31. Juli 2013 - VII ZR 59/12, NJW 2013, 3180 Rn. 11 und vom 6. Februar 2014 - VII ZR 160/12, NJW-RR 2014, 456 Rn. 12).
10
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Vortrag schlüssig und ausreichend substantiiert, wenn die vorgetragenen Tatsachen in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht zu begründen (vgl. nur Senat, Beschluss vom 2. April 2009 - V ZR 177/08, NJW-RR 2009, 1236 Rn. 10; Beschluss vom 12. Juni 2008 - V ZR 221/07, WM 2008, 2068 Rn. 6 mwN). Kommt es auf den Verkehrswert einer Sache an, ist es grundsätzlich ausreichend, wenn die darlegungspflichtige Partei einen bestimmten Wert behauptet und durch Sachverständigengutachten unter Beweis stellt. Unbeachtlich ist eine solche Behauptung nur dann, wenn sie ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich aufs Geratewohl, gleichsam „ins Blaue hinein“ aufgestellt worden ist; bei der Annahme eines solchen rechtmissbräuchlichen Verhaltens ist allerdings Zurückhaltung geboten (Senat, Beschluss vom 2. April 2009 - V ZR 177/08, NJW-RR 2009, 1236 Rn. 11 mwN).

(1) Eine Partei, die den ihr obliegenden Beweis mit anderen Beweismitteln nicht vollständig geführt oder andere Beweismittel nicht vorgebracht hat, kann den Beweis dadurch antreten, dass sie beantragt, den Gegner über die zu beweisenden Tatsachen zu vernehmen.

(2) Der Antrag ist nicht zu berücksichtigen, wenn er Tatsachen betrifft, deren Gegenteil das Gericht für erwiesen erachtet.

13
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entfällt die Beweiskraft des Tatbestands, soweit die Feststellungen Widersprüche oder Unklarheiten aufweisen (BGH, Urteil vom 13. Mai 1996 - II ZR 275/94, ZIP 1996, 1248, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 132, 390; Beschluss vom 19. März 2015 - I ZR 139/14, RdTW 2015, 377 Rn. 10; Urteil vom 12. Mai 2015 - VI ZR 102/14, ZIP 2015, 1835 Rn. 48, jew. mwN). Die Feststellungen des Landgerichts enthalten einen solchen Widerspruch. Einerseits heißt es im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils (Seite 4, Abs. 3), dass die neuen Aktien in der Folgezeit (nach der Zustimmung des Aufsichtsrats am 6. Oktober 2004) von T. vertrieben worden seien. In seinen weiteren Ausführungen ist das Landgericht aber noch gesondert auf das Vorbringen des Beklagten zu 3 eingegangen (Seite 6 des Urteils unter Nr. 5) und hat in diesem Zusammenhang festge- halten, dass „der Beklagte zu 1“ die Aktienverkäufe durch T. bestreite und vorbringe, T. habe jedenfalls auch Altaktien verkauft, die nicht der Gesellschaft gehört hätten. Hierbei war mit „der Beklagte zu 1“ offen- bar (§ 319 Abs. 1 ZPO) der Beklagte zu 3 gemeint, denn der fragliche Abschnitt befasste sich allein mit dem Vorbringen des Beklagten zu 3, die Beklagte zu 1 hatte den Klageantrag hingegen anerkannt. In diesem Sinne hat offensichtlich auch das Berufungsgericht die Ausführungen des Landgerichts verstanden, denn im Berufungsurteil heißt es bei der Darstellung des erstinstanzlichen Vor- bringens: „Der Beklagte zu 3 hat behauptet, Herr T. habe nur die Veräußerungen der Altaktionäre abgewickelt.“

(1) Die Arbeitnehmer haben ein Mitbestimmungsrecht im Aufsichtsrat nach Maßgabe dieses Gesetzes in

1.
einer Aktiengesellschaft mit in der Regel mehr als 500 Arbeitnehmern. Ein Mitbestimmungsrecht im Aufsichtsrat besteht auch in einer Aktiengesellschaft mit in der Regel weniger als 500 Arbeitnehmern, die vor dem 10. August 1994 eingetragen worden ist und keine Familiengesellschaft ist. Als Familiengesellschaften gelten solche Aktiengesellschaften, deren Aktionär eine einzelne natürliche Person ist oder deren Aktionäre untereinander im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 2 bis 8, Abs. 2 der Abgabenordnung verwandt oder verschwägert sind;
2.
einer Kommanditgesellschaft auf Aktien mit in der Regel mehr als 500 Arbeitnehmern. Nummer 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend;
3.
einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit in der Regel mehr als 500 Arbeitnehmern. Die Gesellschaft hat einen Aufsichtsrat zu bilden; seine Zusammensetzung sowie seine Rechte und Pflichten bestimmen sich nach § 90 Abs. 3, 4, 5 Satz 1 und 2, nach den §§ 95 bis 114, 116, 118 Abs. 3, § 125 Abs. 3 und 4 und nach den §§ 170, 171, 268 Abs. 2 des Aktiengesetzes;
4.
einem Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit mit in der Regel mehr als 500 Arbeitnehmern, wenn dort ein Aufsichtsrat besteht;
5.
einer Genossenschaft mit in der Regel mehr als 500 Arbeitnehmern. § 96 Absatz 4 und die §§ 97 bis 99 des Aktiengesetzes sind entsprechend anzuwenden. Die Satzung kann nur eine durch drei teilbare Zahl von Aufsichtsratsmitgliedern festsetzen. Der Aufsichtsrat muss zwei Sitzungen im Kalenderhalbjahr abhalten.

(2) Dieses Gesetz findet keine Anwendung auf

1.
die in § 1 Abs. 1 des Mitbestimmungsgesetzes, die in § 1 des Montan-Mitbestimmungsgesetzes und die in den §§ 1 und 3 Abs. 1 des Montan-Mitbestimmungsergänzungsgesetzes bezeichneten Unternehmen;
2.
Unternehmen, die unmittelbar und überwiegend
a)
politischen, koalitionspolitischen, konfessionellen, karitativen, erzieherischen, wissenschaftlichen oder künstlerischen Bestimmungen oder
b)
Zwecken der Berichterstattung oder Meinungsäußerung, auf die Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes anzuwenden ist,
dienen.
Dieses Gesetz ist nicht anzuwenden auf Religionsgemeinschaften und ihre karitativen und erzieherischen Einrichtungen unbeschadet deren Rechtsform.

(3) Die Vorschriften des Genossenschaftsgesetzes über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats sowie über die Wahl und die Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern gelten insoweit nicht, als sie den Vorschriften dieses Gesetzes widersprechen.