Bundesgerichtshof Urteil, 26. Jan. 2016 - II ZR 394/13

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:260116UIIZR394.13.0
bei uns veröffentlicht am26.01.2016
vorgehend
Landgericht München I, 15 HKO 6647/12, 07.01.2013
Oberlandesgericht München, 7 U 571/13, 06.11.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 394/13 Verkündet am:
26. Januar 2016
Stoll
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Bei der Beurteilung der Frage, ob gegen die Schuldnerin eine deren Insolvenzreife
mit begründende Forderung bestanden hat, erstreckt sich die Rechtskraftwirkung
einer späteren Feststellung dieser Forderung zur Insolvenztabelle nach § 178
Abs. 3 InsO nicht auf den Geschäftsführer der Schuldnerin; dessen Verhalten im
Anmeldeverfahren kann aber eine im Rahmen der Tatsachenfeststellung (§ 286
Abs. 1 ZPO) zu berücksichtigende Indizwirkung haben.

b) Wenn eine Zahlung an einen absonderungsberechtigten, durch eine Gesellschaftssicherheit
besicherten Gläubiger geleistet wird, liegt ein Aktiventausch vor,
soweit infolge der Zahlung die Gesellschaftssicherheit frei wird und der Verwertung
zugunsten aller Gläubiger zur Verfügung steht; bei einem solchen Aktiventausch
entfällt im wirtschaftlichen Ergebnis eine masseschädliche Zahlung (Anschluss
an BGH, Urteil vom 23. Juni 2015 - II ZR 366/13, BGHZ 206, 52 Rn. 26).
BGH, Urteil vom 26. Januar 2016 - II ZR 394/13 - OLG München
LG München I
ECLI:DE:BGH:2016:260116UIIZR394.13.0

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 26. Januar 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann, die Richterin Caliebe und die Richter Dr. Drescher, Born und Sunder

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 6. November 2013 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 19. Dezember 2013 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Beklagte über den Betrag von 50.000 € nebst Zinsen hinaus zur Zahlung verurteilt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsund des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Beklagte war Geschäftsführer der C. GmbH (im Folgenden: Schuldnerin), über deren Vermögen auf Eigenantrag vom 26. März 2009 am 27. Mai 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Der Kläger ist zum Insolvenzverwalter bestellt.
2
Die Schuldnerin unterhielt bei der O. bank AG L. (im Folgenden: O. bank) ein debitorisch geführtes Kontokorrentkreditkonto mit einem Kreditrahmen von 350.000 €. Durch Globalzessionsverträge vom 17. Dezember 2002 und 8. Dezember 2005 trat die Schuldnerin der O. bank zur Sicherung aller bestehenden, künftigen und bedingten Ansprüche aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung sämtliche bestehenden und künftigen Forderungen aus Warenlieferungen und Leistungen ab.
3
Der Kläger begehrt gemäß § 64 Satz 1 GmbHG Ersatz in Höhe von 1.207.809,21 € wegen im Zeitraum vom 12. Januar bis zum 1. April 2009 auf dem debitorischen Kontokorrentkreditkonto eingegangener Zahlungen im Um- fang von 728.415,72 € und von dem Konto geleisteter Zahlungen im Umfang von 479.393,49 €. Ferner hat er aus Insolvenzanfechtung die Zahlung weiterer 50.000 € beansprucht. Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang statt- gegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit seiner vom Senat insoweit zugelassenen Revision wendet sich der Beklagte gegen die auf § 64 Satz 1 GmbHG gestützte Verurteilung.

Entscheidungsgründe:

4
Die Revision hat Erfolg. Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
5
I. Das Berufungsgericht (OLG München, GmbHR 2014, 139) hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - im Wesentlichen ausgeführt:
6
Die Schuldnerin sei, wie das Landgericht zu Recht angenommen habe, (spätestens) ab dem 12. Januar 2009 zahlungsunfähig gewesen. Zu diesem Zeitpunkt sei von einer Zahlungseinstellung der Schuldnerin auszugehen, die die Vermutung der Zahlungsunfähigkeit begründe (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO). Das Landgericht habe vier fällige und später zur Insolvenztabelle angemeldete Forderungen festgestellt, die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht beglichen worden seien, nämlich die Forderungen der B. GmbH über 89.000 €, der C. M. GmbH über 28.463,64 €, der O. T. S. über 29.812,50 € und der R Ltd. über 84.162,80 €. Gegen den Einwand des Beklagten, die Forderungen der C. M. GmbH und der R Ltd. hätten so nicht existiert, spreche der Umstand, dass der Beklagte als Geschäftsführer der Schuldnerin diesen beiden zur Tabelle angemeldeten Forderungen nicht widersprochen habe. Zum anderen verblieben, selbst wenn man die beiden Forderungen ausblende, am 12. Januar 2009 fällige und bis zur Insolvenzeröffnung nicht getilgte Forderungen in Höhe von über 100.000 €, so dass sich am Er- gebnis nichts ändern würde.
7
Der Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, dass die vom Landgericht herangezogenen Forderungen nicht im Sinne von § 17 InsO fällig gewesen seien, weil insofern (faktische) Stundungsabreden mit den Gläubigern bestanden hätten. Konkrete Stundungsabreden habe der Beklagte nicht vorgetragen. Aus seinem Vortrag ergebe sich vielmehr, dass die Gläubiger mit der Geltendmachung ihrer Ansprüche in der Regel zugewartet hätten, bis die Schuldnerin Einnahmen erzielt habe und Forderungen - oft durch Teilleistung - habe begleichen können. Dies stelle eine dauerhaft schleppende Zahlungsweise dar, die zum Vorsichherschieben eines Zahlungsrückstands am Rande des finanzwirtschaftlichen Abgrunds führe und ihrerseits ein Indiz für die Zahlungseinstellung sei.
8
Beim Vorliegen derartiger Indizien bedürfe es keiner darüber hinausgehenden Darlegung und Feststellung der genauen Höhe der gegen die Schuldnerin bestehenden Verbindlichkeiten oder gar einer Unterdeckung in Höhe von mindestens 10 %. Damit werde dem Beklagten zwar nicht der Beweis abgeschnitten , dass aufgrund kurzfristig realisierbarer Vermögenswerte tatsächlich keine Zahlungsunfähigkeit vorgelegen habe. Eine diesbezügliche pauschale Behauptung, die unter Sachverständigenbeweis gestellt werde, genüge aber nicht. Vielmehr hätte der Beklagte konkret vortragen müssen, welche kurzfristig realisierbaren Vermögenswerte vorgelegen hätten.
9
An dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit ändere es nichts, wenn die Gesellschafter der Schuldnerin anlässlich einer Gesellschafterversammlung Anfang Dezember 2008 noch von einer gesicherten Liquidität der Schuldnerin bis Juni 2009 ausgegangen und bereit gewesen seien, gegebenenfalls Kapital nachzuschießen, bzw. die O. bank die Kreditlinien weiter habe offenhalten wollen. Denn als die Insolvenz angestanden habe, hätten sich entsprechende Erwartungen als Trugschluss erwiesen. Auch sei die Aktivierung angeblicher Forderungen von über einer Million Euro, insbesondere eines Darlehensrückzahlungsanspruchs gegen eine US-Tochtergesellschaft, nicht gelungen.
10
Die subjektiven Haftungsvoraussetzungen lägen ebenfalls vor. Dem Beklagten sei es jedenfalls nicht gelungen, die Vermutung fahrlässiger Unkenntnis der Insolvenzreife auszuräumen. Spätestens das auf dem Datenstand 5. Januar 2009 basierende Monatsreporting des Streithelfers für November 2008 hätte den Beklagten veranlassen müssen, sein besonderes Augenmerk auf die Liquiditätslage der Schuldnerin zu richten und sich, etwa durch Aufstellen eines Vermögensstatus, die erforderlichen Informationen und Kenntnisse zu verschaffen oder sich gegebenenfalls fachkundig beraten zu lassen. Ergänzend könne auf das Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 28. Januar 2009 verwie- sen werden, in dem ausgeführt werde, dass die Liquidität sehr angespannt sei, ein unvermindertes Anhalten der Krise sich schnell auswirken werde und Reserven nicht vorhanden seien. Die Behauptung des Beklagten, der Streithelfer habe ein System installiert, mit dem Tag genau die Liquidität der Schuldnerin überprüft werden könne, sei zum einen zu pauschal und besage nichts darüber, welche konkreten Maßnahmen getroffen worden seien. Zum anderen werde nicht behauptet, dass ein solches System auch zweckentsprechend eingesetzt worden sei. Mit der Prüfung der Insolvenzreife sei der Streithelfer nicht beauftragt gewesen.
11
Der Anspruch aus § 64 Satz 1 GmbHG bestehe auch in der geltend gemachten Höhe. Der Beklagte habe zum einen die im Zeitraum vom 12. Januar bis zum 1. April 2009 geleisteten Auszahlungen von dem Konto der Schuldnerin bei der O. bank zu erstatten. Dass sich das Konto im Soll befunden habe, ändere nichts, weil der Kontokorrentsaldo durch Globalzessionen zugunsten der Bank besichert gewesen sei. Durch die vom Konto geleisteten Zahlungen habe sich folglich der Umfang der der Sicherungsabrede unterfallenden Forderungen zu Lasten der anderen Gläubiger erhöht.
12
Des Weiteren habe der Beklagte die ab Eintritt der Insolvenzreife auf dem Konto der Schuldnerin eingegangenen Zahlungen zu erstatten. Der Zahlungsbegriff des § 64 GmbHG erfasse auch Einzahlungen von Drittschuldnern auf ein debitorisches Konto der Gesellschaft. In diesem Fall habe der Geschäftsführer dafür Sorge zu tragen, dass die Zahlungen auf ein neu einzurichtendes , im Haben befindliches Konto erfolgen. Der Einwand des Beklagten, angesichts der Sicherungsabtretung an die O. bank fehle es an einer Gläubigerbenachteiligung , greife letztlich nicht durch. Denn unstreitig sei die Schuldnerin weiterhin berechtigt gewesen, die abgetretenen Forderungen einzuziehen. Hätte sie diese auf ein anderes Konto eingezogen, wäre dies der O. bank gegen- über wirksam und die zur Verteilung an die Gläubiger bereit stehende Masse größer gewesen.
13
II. Das Berufungsurteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Schuldnerin sei ab dem 12. Januar 2009 zahlungsunfähig und damit insolvenzreif gewesen, ist von Rechtsfehlern beeinflusst.
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1. Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass zur Darlegung der Zahlungsunfähigkeit die Aufstellung einer Liquiditätsbilanz entbehrlich ist, wenn eine Zahlungseinstellung (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO) die gesetzliche Vermutung der Zahlungsunfähigkeit begründet (BGH, Beschluss vom 26. Februar 2013 - II ZR 54/12, GmbHR 2013, 482 Rn. 6; Urteil vom 12. Februar 2015 - IX ZR 180/12, ZIP 2015 Rn. 18, jew. mwN). Zahlungseinstellung ist dasjenige nach außen hervortretende Verhalten des Schuldners, in dem sich typischerweise ausdrückt, dass er nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Die tatsächliche Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten reicht für eine Zahlungseinstellung aus, auch wenn noch geleistete Zahlungen beträchtlich sind, aber im Verhältnis zu den fälligen Gesamtschulden nicht den wesentlichen Teil ausmachen. Sogar die Nichtzahlung einer einzigen Verbindlichkeit kann eine Zahlungseinstellung begründen, wenn die Forderung von insgesamt nicht unbeträchtlicher Höhe ist. Haben im fraglichen Zeitpunkt fällige Verbindlichkeiten erheblichen Umfangs bestanden, die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht beglichen worden sind, ist regelmäßig von einer Zahlungseinstellung auszugehen (BGH, Urteil vom 19. November 2013 - II ZR 229/11, ZIP 2014, 168 Rn. 21; Urteil vom 20. November 2001 - IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178, 185; Urteil vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, ZIP 2011, 1416 Rn. 12; Urteil vom 18. Juli 2013 - IX ZR 143/12, ZIP 2013, 2015 Rn. 9).
15
2. Verfahrensfehlerhaft ist aber die in Anwendung dieser rechtlichen Grundsätze getroffene Feststellung des Berufungsgerichts, am 12. Januar 2009 hätten fällige Verbindlichkeiten der Schuldnerin zumindest in Höhe von über 100.000 € bestanden, die bis zur Insolvenzeröffnung nicht beglichen worden seien.
16
a) Das Berufungsgericht hat letztlich offengelassen, ob zur fraglichen Zeit auch fällige Forderungen der C. M. GmbH in Höhe von 28.463,64 € und der R Ltd. über 84.162,80 € gegen die Schuldnerin bestanden, da auch bei Nichtberücksichtigung dieser beiden Forderungen ein zur Annahme der Zahlungseinstellung ausreichender Gesamtbetrag von bis zur Insolvenzeröffnung unbeglichenen Verbindlichkeiten zu bejahen sei.
17
Allerdings hat das Berufungsgericht erwogen, das - unter Zeugenbeweis gestellte - Bestreiten der beiden Forderungen durch den Beklagten für unerheblich zu halten, weil der Beklagte als Geschäftsführer der Schuldnerin der Feststellung der betreffenden Forderungen zur Insolvenztabelle nicht widersprochen habe. In dem unterbliebenen Widerspruch hat das Berufungsgericht ein gewisses Indiz dafür gesehen, dass das nunmehrige Bestreiten eher ins Blaue hinein erfolge. Diese Erwägungen sind indes im Ergebnis nicht tragfähig.
18
aa) Der Beklagte hat, worauf die Revision zu Recht hinweist, unter Darlegung der hierzu getroffenen Absprachen eingewandt, dass die Forderung der C. M. GmbH am 12. Januar 2009 nicht fällig gewesen sei. Die Erheblichkeit dieses Vorbringens kann ersichtlich nicht schon deshalb verneint werden, weil der Beklagte es einige Monate später - nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens - unterlassen hat, die zur Tabelle angemeldete Forderung als Geschäftsführer der Schuldnerin zu bestreiten.
19
bb) Zur Forderung der R Ltd. hat der Beklagte, wie die Revision aufzeigt, im Einzelnen unter Beweisantritt vorgetragen, dass diese Forderung nach der Verrechnung eines Garantiemängelanspruchs und weiterer Ansprüche, die sich unter Einbeziehung einer US-amerikanischen Tochtergesellschaft der Schuldnerin ergeben hätten, Anfang 2009 nicht (mehr) bestanden habe. Bei der Würdigung dieses Vorbringens kann der unterbliebene Widerspruch der Schuldnerin nach Anmeldung der Forderung zur Insolvenztabelle zwar im Ergebnis berücksichtigt werden. Denn wenngleich sich die nach § 178 Abs. 3 InsO bestehende Rechtskraftwirkung der Feststellung zur Insolvenztabelle nicht auf Dritte wie den Geschäftsführer der Schuldnerin erstreckt (vgl. MünchKomm-InsO/Schumacher, 3. Aufl., § 178 Rn. 72), kann das Verhalten des Geschäftsführers im Anmeldeverfahren doch eine indizielle Bedeutung haben , wie das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend erkennt. Diese (mögliche) Indizwirkung ist jedoch erst im Rahmen der Tatsachenfeststellung (§ 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO) - nach Durchführung einer gebotenen Beweiserhebung - zu würdigen.
20
Ein unbeachtlicher Vortrag „ins Blaue hinein“, wie ihn das Berufungsge- richt hier in Betracht zieht, kann anzunehmen sein, wenn eine Partei, gestützt auf bloße Vermutungen, ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen aufstellt (vgl. BGH, Urteil vom 4. März 1991 - II ZR 90/90, WM 1991, 942, 946 f.; Urteil vom 29. Juli 2014 - II ZR 353/12, BGHZ 202, 180 Rn. 60; Urteil vom 9. Dezember 2015 - IV ZR 272/15, VersR 2016, 177 Rn. 24; Urteil vom 22. Dezember 2015 - VI ZR 101/14, juris Rn. 41; Urteil vom 22. Januar 2016 - V ZR 27/14, juris Rn. 48). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der Beklagte hat aufgrund eigener (behaupteter) Kenntnis konkreten Vortrag gehalten. In der auf entgegenstehende Indizien gestützten Bewertung dieses Vortrags als unerheb- lich ohne Erhebung der angebotenen Beweise läge eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung.
21
Im Übrigen kann die Annahme einer Zahlungseinstellung auf die unterbliebene Begleichung bestehender Verbindlichkeiten erheblichen Umfangs nicht gestützt werden, wenn der Schuldner die Zahlungen verweigert hat, weil er die Forderungen für unbegründet hielt (BGH, Urteil vom 17. Mai 2001 - IX ZR 188/98, ZIP 2001, 1155, 1156; Urteil vom 11. Februar 2010 - IX ZR 104/07, ZIP 2010, 682 Rn. 42).
22
b) Für das Revisionsverfahren ist danach allein auf die beiden weiteren Verbindlichkeiten der Schuldnerin abzustellen, die das Berufungsgericht angeführt hat, nämlich die Forderungen der B. GmbH über 89.000 € und der O. T. S. über 29.812,50 €, deren Existenz der Beklagte nicht in Abrede gestellt hat und die bis zur Insolvenzeröffnung nicht getilgt worden sind.
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Insoweit hat der Beklagte eingewandt, dass die Forderungen nicht gemäß § 17 Abs. 2 InsO fällig gewesen seien, und er hat hierzu, wie die Revision aufzeigt, behauptet, die Schuldnerin habe (u.a.) mit der B. GmbH und der O. T. S. Absprachen getroffen, nach denen die Schuldnerin deren Forderungen erst dann habe bezahlen müssen, wenn sie ihrerseits Geld von ihren Kunden erhalten habe. Für diese Behauptung hat der Beklagte Zeugenbeweis u.a. durch Benennung der für den jeweiligen Vertragspartner handelnden Personen angetreten.
24
Diesen Beweisangeboten hätte das Berufungsgericht nachgehen müssen. Soweit das Berufungsgericht dem Beklagten entgegengehalten hat, er habe keine konkreten Stundungsabreden vorzutragen vermocht, hat es entweder das Vorbringen des Beklagten nicht vollständig zur Kenntnis genommen oder überzogene Substantiierungsanforderungen gestellt. Nach ständiger Rechtsprechung ist der Vortrag einer Partei bereits dann hinreichend substantiiert, wenn sie Tatsachen anführt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Der Pflicht zur Substantiierung ist nur dann nicht genügt, wenn das Gericht aufgrund der Darstellung nicht beurteilen kann, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der an eine Behauptung geknüpften Rechtsfolgen erfüllt sind (BGH, Beschluss vom 10. Juli 2012 - II ZR 212/10, ZIP 2012, 1857 Rn. 4 mwN). Danach genügte hier die Darlegung der Vereinbarungen und ihres Inhalts; weitere Einzelheiten zum Abschluss der Vereinbarungen musste der Beklagte nicht vortragen.
25
Das Berufungsgericht hat den Vortrag des Beklagten zu den mit den Lieferanten getroffenen Absprachen übergangen, indem es seinem Vorbringen nur entnommen hat, dass die Gläubiger mit der gerichtlichen Geltendmachung ihrer Ansprüche in der Regel zugewartet hätten, bis die Schuldnerin Einnahmen erzielte. Der Beklagte hat zwar auch auf das tatsächliche Verhalten der Lieferanten in der Vergangenheit verwiesen, die über längere Zeit offenstehende Forderungen nicht zum Anlass für Mahnungen oder Liefereinschränkungen genommen hätten. Wenn das Berufungsgericht daraus kein überzeugendes Indiz für die vom Beklagten behaupteten Fälligkeitsabsprachen entnehmen wollte, so war es damit aber nicht der Verpflichtung enthoben, die für die Absprachen unmittelbar angebotenen Beweise zu erheben.
26
Erwiese sich der Vortrag des Beklagten als zutreffend, könnte die Annahme einer Zahlungseinstellung ab dem 12. Januar 2009 nicht auf die unterbliebene Bezahlung der Forderungen der B. GmbH und der O. T. S. gestützt werden, da diese Forderungen dann noch nicht fällig (§ 17 Abs. 2 InsO) gewesen wären (vgl. nur BGH, Urteil vom 20. Dezember 2007 - IX ZR 93/06, ZIP 2008, 420 Rn. 25 mwN). Es handelte sich hier auch nicht um eine „erzwungene Stundung“ (vgl. dazu BGH, Urteil vom 14. Februar 2008 - IX ZR 38/04, ZIP 2008, 706 Rn. 20 ff.; Urteil vom 8. Januar 2015 - IX ZR 203/12, ZIP 2015, 437 Rn. 20), sondern - von der Behauptung des Beklagten ausgehend - um eine unabhängig von konkreten Liquiditätsproblemen für die Auftragsabwicklung allgemein getroffene Fälligkeitsvereinbarung.
27
III. Die Berufungsentscheidung ist danach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen , weil sie noch nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 und 3 ZPO).
28
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
29
1. Wenn auf der Grundlage der noch zu treffenden Feststellungen anzunehmen ist, dass die Schuldnerin im fraglichen Zeitpunkt fällige Verbindlichkeiten erheblichen Umfangs hatte, die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht beglichen worden sind, wird sich das Berufungsgericht vor Feststellung der Insolvenzreife gegebenenfalls noch mit dem Vorbringen des Beklagten zu einer damals in Aussicht stehenden Verbesserung der Liquiditätslage zu befassen haben. Dieses Vorbringen erweist sich nicht - jedenfalls nicht in vollem Umfang für den hier insgesamt betroffenen Zeitraum - schon deshalb ohne weite- res als unerheblich, weil sich entsprechende Erwartungen später „als Trugschluss erwiesen“ haben. Zwar führt die bis zur Eröffnung desInsolvenzverfah- rens fortdauernde Nichtbegleichung erheblicher Verbindlichkeiten regelmäßig zur Annahme der Zahlungseinstellung und daraus folgend der Zahlungsunfähigkeit. Etwas anderes gilt aber dann, wenn zum fraglichen Zeitpunkt aufgrund konkreter Umstände, die sich nachträglich geändert haben, angenommen wer- den konnte, der Schuldner werde rechtzeitig in der Lage sein, die Verbindlichkeiten zu erfüllen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Oktober 2006 - IX ZR 228/03, ZIP 2006, 2222 Rn. 28; MünchKomm-InsO/Eilenberger, 3. Aufl., § 17 Rn. 27b).
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Ist von einer Zahlungseinstellung auszugehen, bleibt dem Beklagten die Möglichkeit, die nach § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO bestehende Vermutung der Zahlungsunfähigkeit zu widerlegen, indem er konkret vorträgt und gegebenenfalls beweist, dass eine Liquiditätsbilanz im maßgebenden Zeitraum für die Schuldnerin eine Deckungslücke von weniger als 10 % ausweist (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Februar 2013 - II ZR 54/12, GmbHR 2013, 482 Rn. 12 mwN). Die bloße , unter Sachverständigenbeweis gestellte Behauptung genügt insoweit allerdings nicht, wie das Berufungsgericht zutreffend sieht. Der Geschäftsführer, der mit den finanziellen Verhältnissen der insolvent gewordenen GmbH aufgrund seiner Tätigkeit vertraut ist, ist vielmehr gehalten, zu einer Liquiditätsbilanz, die Zahlungsfähigkeit belegen soll, konkret vorzutragen.
31
In eine etwaige Liquiditätsbilanz sind auf der Aktivseite neben den verfügbaren Zahlungsmitteln auch die innerhalb von drei Wochen flüssig zu machenden Mittel einzubeziehen (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2005 - IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134, 138; Urteil vom 12. Februar 2015 - IX ZR 180/12, ZIP 2015, 585 Rn. 18), wobei auch kurzfristig verfügbare Kreditmittel zu berücksichtigen sind (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Januar 2011 - IX ZR 32/10, juris Rn. 4; Haas in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., § 64 Rn. 38). Auch mit Hilfe einer Zahlungszusage der Gesellschafter, die sich gegenüber ihrer GmbH verpflichten, die zur Erfüllung der jeweils fälligen Verbindlichkeiten benötigten Mittel zur Verfügung zu stellen, kann die Zahlungsunfähigkeit der GmbH vermieden werden. Dies setzt jedoch voraus, dass der GmbH ein ungehinderter Zugriff auf die Mittel eröffnet wird oder die Gesellschafter ihrer Ausstattungsverpflichtung tatsächlich nachkommen (BGH, Urteil vom 19. Mai 2011 - IX ZR 9/10, ZIP 2011, 1111 Rn. 21; Beschluss vom 19. September 2013 - IX ZR 232/12, WM 2013, 1995 Rn. 7). Ergibt die Liquiditätsbilanz eine innerhalb von drei Wochen nicht zu beseitigende Unterdeckung von 10 % oder mehr, ist regelmäßig von Zahlungsunfähigkeit des Schuldners auszugehen. Das gilt nur dann nicht, wenn ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke zwar erst mehr als drei Wochen später, aber in absehbarer Zeit vollständig oder fast vollständig beseitigt werden wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zuzumuten ist (BGH, Urteil vom 24. Mai 2005 - IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134, 145 f.; Urteil vom 12. Oktober 2006 - IX ZR 228/03, ZIP 2006, 2222 Rn. 27; Urteil vom 27. März 2012 - II ZR 171/10, ZIP 2012, 1174 Rn. 10; Urteil vom 9. Oktober 2012 - II ZR 298/11, BGHZ 195, 42 Rn. 8 mwN).
32
2. War die Schuldnerin im fraglichen Zeitraum zahlungsunfähig und damit insolvenzreif, haftet der Beklagte für die von ihm veranlassten Zahlungen, sofern er die gegen ihn streitende Vermutung, er habe schuldhaft gehandelt, nicht widerlegt.
33
Von dem Geschäftsführer einer GmbH wird erwartet, dass er sich über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft stets vergewissert. Hierzu gehört insbesondere die Prüfung der Insolvenzreife. Wenn der Geschäftsführer erkennt, dass die GmbH zu einem bestimmten Stichtag nicht in der Lage ist, ihre fälligen und eingeforderten Verbindlichkeiten vollständig zu bedienen, hat er die Zahlungsfähigkeit der GmbH anhand einer Liquiditätsbilanz zu überprüfen. Erweisen sich hierbei angestellte Prognosen trotz Aufwendung der gebotenen Sorgfalt nach Ablauf des maßgebenden Zeitraums von drei Wochen als unzutreffend mit dem Ergebnis, dass statt einer angenommenen Zahlungsstockung bereits Zahlungsunfähigkeit besteht, können zwischenzeitlich in der vertretbaren An- nahme fortbestehender Zahlungsfähigkeit geleistete Zahlungen unverschuldet sein (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2005 - IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134, 141).
34
Der Geschäftsführer handelt fahrlässig, wenn er sich nicht rechtzeitig die erforderlichen Informationen und die Kenntnisse verschafft, die er für die Prüfung benötigt, ob er pflichtgemäß Insolvenzantrag stellen muss. Dabei muss er sich, sofern er nicht über ausreichende persönliche Kenntnisse verfügt, gegebenenfalls fachkundig beraten lassen (BGH, Urteil vom 27. März 2012 - II ZR 171/10, ZIP 2012, 1174 Rn. 15; Urteil vom 19. Juni 2012 - II ZR 243/11, ZIP 2012, 1557 Rn. 11 ff., jew. mwN). Der selbst nicht hinreichend sachkundige Geschäftsführer ist nur dann entschuldigt, wenn er sich unter umfassender Darstellung der Verhältnisse der Gesellschaft und Offenlegung der erforderlichen Unterlagen von einer unabhängigen, für die zu klärenden Fragestellungen fachlich qualifizierten Person hat beraten lassen und danach keine Insolvenzreife festzustellen war. Die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters gebietet es zudem, das Prüfergebnis einer Plausibilitätskontrolle zu unterziehen (BGH, Urteil vom 27. März 2012 - II ZR 171/10, ZIP 2012, 1174 Rn. 16 ff. mwN).
35
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war der Streithelfer nicht (ausdrücklich) mit der Prüfung der Insolvenzreife der Schuldnerin beauftragt. Hieraus folgt aber nicht notwendig, dass die (behauptete) fortdauernde Überprüfung der Liquiditätslage durch den Streithelfer einen geringeren Erkenntniswert gehabt habe als die bei Zweifeln an der Zahlungsfähigkeit an sich gebotene Aufstellung einer Liquiditätsbilanz. Der Beklagte hat, worauf die Revision hinweist, exemplarisch ein Monatsreporting vorgelegt und hierzu im Einzelnen vorgetragen. Hiermit wird sich das Berufungsgericht in der neu eröffneten Verhandlung gegebenenfalls näher zu befassen haben. Dem vom Berufungsgericht als wesentlich angesehenen Umstand, dass der Beklagte unmittelbar vor dem (behaupteten) Eintritt der Zahlungsunfähigkeit im Urlaub gewesen sei, kommt in diesem Zusammenhang keine nachvollziehbare Bedeutung zu.
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Im Übrigen kann der Geschäftsführer auch durch eine nicht ausdrücklich auf die Prüfung der Insolvenzreife bezogene Auftragserteilung an einen sachkundigen Dritten entlastet werden, wenn er sich nach den Umständen der Auftragserteilung unter Beachtung der gebotenen Sorgfalt darauf verlassen durfte, die Fachperson werde im Rahmen der anderweitigen Aufgabenstellung auch die Frage der Insolvenzreife rechtzeitig prüfen und ihn gegebenenfalls unterrichten (vgl. BGH, Urteil vom 27. März 2012 - II ZR 171/10, ZIP 2012, 1174 Rn. 22; Urteil vom 28. April 2015 - II ZR 63/14, ZIP 2015, 1220 Rn. 30).
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3. Sollte das Berufungsgericht erneut zu dem Ergebnis kommen, dass der Beklagte gemäß § 64 Satz 1 GmbHG zum Ersatz der ab dem 12. Januar 2009 geleisteten Zahlungen verpflichtet ist, kann die Klageforderung nicht mit der bisherigen Begründung in voller Höhe zugesprochen werden.
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a) Soweit die Auszahlungen von dem bei der O. bank geführten Konto der Schuldnerin betroffen sind, ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen , dass die Zahlung von einem debitorisch geführten Bankkonto keinen bloßen, für die Gemeinschaft der Gläubiger unschädlichen Gläubigertausch bewirkt, wenn die Bank über freie Sicherheiten verfügt, die sie zu einer abgesonderten Befriedigung nach §§ 50 f. InsO berechtigen (BGH, Urteil vom 25. Januar 2011 - II ZR 196/09, ZIP 2011, 422 Rn. 26 mwN). Hiergegen erinnert die Revision auch nichts.
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b) Demgegenüber sind die auf dem Konto eingegangenen Zahlungen nicht ohne weiteres als Zahlungen im Sinne von § 64 Satz 1 GmbHG zu werten. Der Einzug von Forderungen einer insolvenzreifen GmbH auf ein debitorisches Konto ist zwar, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, grundsätzlich eine masseschmälernde Zahlung im Sinne von § 64 Satz 1 GmbHG, weil dadurch das Aktivvermögen der Gesellschaft zu Gunsten der Bank geschmälert wird (BGH, Urteil vom 23. Juni 2015 - II ZR 366/13, BGHZ 206, 52 mwN). Die zwischen der Schuldnerin und der O. bank abgeschlossenen Globalabtretungsverträge können die Annahme masseschmälernder Zahlungen durch die Einziehung von Forderungen auf das debitorisch geführte Konto jedoch ausschließen.
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aa) Wie der Senat nach der Entscheidung des Berufungsgerichts mit Urteil vom 23. Juni 2015 (II ZR 366/13, BGHZ 206, 52 Rn. 12 ff.) entschieden hat, stellen der Einzug von Forderungen, die an die Bank zur Sicherheit abgetreten waren, auf einem debitorischen Konto der GmbH und die anschließende Verrechnung mit dem Sollsaldo keine vom Geschäftsführer einer GmbH veranlasste masseschmälernde Zahlung im Sinn von § 64 Satz 1 GmbHG dar, wenn vor Insolvenzreife die Sicherungsabtretung vereinbart und die Forderung der Gesellschaft entstanden und werthaltig geworden ist.
41
Der Geschäftsführer muss in solchen Fällen entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts die sicherungsabgetretene Forderung ungeachtet der bestehenden Einziehungsermächtigung nicht durch Einziehung auf ein neu eröffnetes , kreditorisch geführtes Konto bei einer anderen Bank der Einziehung und Verrechnung auf dem debitorischen Konto entziehen, da eine solche Umleitung der Zahlungen auf ein anderes Konto nicht einem ordentlichen Geschäftsgebaren entspräche (BGH, Urteil vom 23. Juni 2015 - II ZR 366/13, BGHZ 206, 52 Rn. 16 ff.). Da die eingezogene Forderung infolge der Sicherungsabtretung nicht mehr als freie Masse den Gläubigern zur gleichmäßigen Befriedigung zur Verfügung stand, verlangt auch der Zweck des Zahlungsverbots , die vorhandene Masse zu sichern, nicht, die Zahlung einzubehalten. Die Masse würde durch den Einzug von sicherungsabgetretenen Forderungen ohne Weiterleitung nicht nur erhalten, sondern vergrößert (BGH, Urteil vom 23. Juni 2015 - II ZR 366/13, BGHZ 206, 52 Rn. 18).
42
bb) Wenn allerdings die vor Insolvenzreife zur Sicherheit abgetretene zukünftige Forderung erst nach Eintritt der Insolvenzreife entstanden ist oder wenn sie zwar vor Eintritt der Insolvenzreife entstanden, aber erst danach werthaltig geworden ist und der Geschäftsführer die Entstehung der Forderung oder deren Werthaltigwerden hätte verhindern können, liegt eine masseschmälernde Leistung durch die der Bank zugutekommende Zahlung grundsätzlich vor. Der Geschäftsführer kann zwar nicht verhindern, dass der Zessionar die ihm zur Sicherheit abgetretene Forderung nach Insolvenzreife verwertet. Er darf aber nicht bewirken, dass der Zessionar zu Lasten der Masse nach Insolvenzreife noch eine werthaltige Forderung erwirbt, § 64 Satz 1 GmbHG (BGH, Urteil vom 23. Juni 2015 - II ZR 366/13, BGHZ 206, 52 Rn. 19).
43
(1) Im Falle der Abtretung einer künftigen Forderung ist der Verfügungstatbestand mit dem Zustandekommen des Abtretungsvertrages abgeschlossen. Der Rechtsübergang auf den Gläubiger vollzieht sich jedoch erst mit dem Entstehen der Forderung. Wenn - wie hier - die Abtretung bereits vor der Insolvenzreife für künftige Forderungen vereinbart wurde, kann gleichwohl eine Masseschmälerung eintreten, deren Ursache nicht in der Abtretungsvereinbarung , sondern darin liegt, dass die sicherungsabgetretene Forderung nicht mehr zugunsten des Vermögens der GmbH, sondern zugunsten des Zessionars entsteht. Wenn der Geschäftsführer die Zession - etwa durch die Kündigung des Kontokorrentvertrages - oder das Entstehen der Forderung nach Eintritt der Insolvenzreife verhindern kann, liegt daher im Ergebnis eine von ihm veranlasste Leistung an die Bank vor, wenn die Forderung nach der Sicherungsabtretung an die Bank entsteht und von ihr verwertet wird. Das betrifft vor allem Verträge, die die Schuldnerin nach Eintritt der Insolvenzreife eingeht und bei denen der Anspruch auf die Gegenleistung für eine Leistung der Schuldnerin aufgrund der Sicherungsabtretung der Bank zusteht (BGH, Urteil vom 23. Juni 2015 - II ZR 366/13, BGHZ 206, 52 Rn. 22 mwN).
44
(2) Das gleiche gilt, wenn der Anspruch auf die Gegenleistung rechtlich zwar bereits entstanden ist, zulasten des Vermögens der Schuldnerin aber erst nach Eintritt der Insolvenzreife werthaltig gemacht wird, etwa indem die Schuldnerin die von ihr vertraglich zugesagte Leistung erbringt. Die Masseschmälerung liegt in diesen Fällen darin, dass die abgetretene Forderung zugunsten des Gläubigers werthaltig gemacht worden ist. Die Wertschöpfung geschieht dann zu Lasten der Gläubigergesamtheit bzw. der Masse und zugunsten des gesicherten Gläubigers (BGH, Urteil vom 23. Juni 2015 - II ZR 366/13, BGHZ 206, 52 Rn. 23).
45
(3) Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die auf das Kontokorrentkonto eingezogenen Forderungen von der Globalzession erfasst und vor dem (vom Kläger zu beweisenden) Eintritt der Insolvenzreife entstanden bzw. werthaltig gemacht worden sind, liegt bei dem beklagten Geschäftsführer (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juni 2015 - II ZR 366/13, BGHZ 206, 52 Rn. 34).
46
cc) Soweit danach eine masseschmälernde Leistung durch die der Bank zugutekommende Zahlung in Betracht kommt, wird das Berufungsgericht zu beachten haben, dass eine Zahlung im Sinne von § 64 Satz 1 GmbHG auch ausscheidet, soweit infolge der Verminderung des Debetsaldos durch die Einziehung und Verrechnung einer Forderung weitere sicherungsabgetretene Forderungen frei geworden sind (BGH, Urteil vom 23. Juni 2015 - II ZR 366/13, BGHZ 206, 52 Rn. 25).
47
Wenn eine Zahlung an einen absonderungsberechtigten, durch eine Gesellschaftssicherheit besicherten Gläubiger geleistet wird, liegt ein Aktiven- tausch vor, soweit infolge der Zahlung die Gesellschaftssicherheit frei wird und der Verwertung zugunsten aller Gläubiger zur Verfügung steht. Bei einem solchen Aktiventausch entfällt im wirtschaftlichen Ergebnis eine masseschädliche Zahlung. Wenn die Sicherheit in der Abtretung von Forderungen besteht, bewirkt eine Zahlung an den Zessionar einen solchen Aktiventausch, soweit infolge dieses Vorgangs sicherungsabgetretene werthaltige Forderungen frei werden und in das zur gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger bestimmte Vermögen der Gesellschaft gelangen (BGH, Urteil vom 23. Juni 2015 - II ZR 366/13, BGHZ 206, 52 Rn. 26 mwN).
48
Im Streitfall liegt die Annahme eines Aktiventauschs in der eben beschriebenen Form nahe. Denn das Freiwerden sicherungsabgetretener Forderungen infolge von auf das Konto bei der O. bank geleisteten Zahlungen entspricht spiegelbildlich der durch Auszahlungen von dem Konto nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bewirkten Inanspruchnahme freier Sicherheiten in Gestalt globalzedierter Forderungen bzw. - so die Formulierung des Berufungsgerichts - der Erhöhung des Umfangs der der Sicherungsabrede unterfallenden Forderungen.
49
4. Schließlich wird gegebenenfalls zu beachten sein, dass dem Beklagten , wenn er aus § 64 Satz 1 GmbHG haften sollte, in dem Urteil vorzubehalten ist, nach Erstattung an die Masse seine Rechte gegen den Kläger zu verfolgen; dabei deckt sich der ihm zustehende Anspruch nach Rang und Höhe mit dem Betrag, den der begünstigte Gesellschaftsgläubiger im Insolvenzverfahren erhalten hätte (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 2011 - II ZR 196/09, ZIP 2011, 422 Rn. 30; Beschluss vom 5. November 2007 - II ZR 262/06, WM 2008, 27 Rn. 9; Urteil vom 8. Januar 2001 - II ZR 88/99, BGHZ 146, 264, 279).
Bergmann Caliebe Drescher Born Sunder
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 07.01.2013 - 15 HKO 6647/12 -
OLG München, Entscheidung vom 06.11.2013 - 7 U 571/13 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 26. Jan. 2016 - II ZR 394/13

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Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.
Bundesgerichtshof Urteil, 26. Jan. 2016 - II ZR 394/13 zitiert 10 §§.

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(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Insolvenzordnung - InsO | § 17 Zahlungsunfähigkeit


(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit. (2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner sei

Insolvenzordnung - InsO | § 178 Voraussetzungen und Wirkungen der Feststellung


(1) Eine Forderung gilt als festgestellt, soweit gegen sie im Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren (§ 177) ein Widerspruch weder vom Insolvenzverwalter noch von einem Insolvenzgläubiger erhoben wird oder soweit ein erhobener Widerspruch bes

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(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit.

(2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit.

(2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

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Die Darlegung der Zahlungsunfähigkeit anhand einer Liquiditätsbilanz ist entbehrlich, wenn eine Zahlungseinstellung (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO) die gesetzliche Vermutung der Zahlungsunfähigkeit begründet (BGH, Urteil vom 20. November 2001 - IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178, 184 f.; Urteil vom 12. Oktober 2006 - IX ZR 228/03, ZIP 2006, 2222 Rn. 28; Urteil vom 21. Juni 2007 - IX ZR 231/04, ZIP 2007, 1469 Rn. 27). Zahlungseinstellung ist dasjenige äußere Verhalten des Schuldners, in dem sich typischerweise eine Zahlungsunfähigkeit ausdrückt. Es muss sich also mindestens für die beteiligten Verkehrskreise der berechtigte Eindruck aufdrängen, dass der Schuldner nicht in der Lage ist, seinen fälligen, eingeforderten Zahlungsverpflichtungen zu genügen. Die tatsächliche Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten reicht für die Annahme einer Zahlungseinstellung aus, auch wenn noch geleistete Zahlungen beträchtlich sind, aber im Verhältnis zu den fälligen Gesamtschulden nicht den wesentlichen Teil ausmachen. Sogar die Nichtzahlung einer einzigen Verbindlichkeit kann eine Zahlungseinstellung begründen, wenn die Forderung von insgesamt nicht unbeträchtlicher Höhe ist. Haben im fraglichen Zeitpunkt fällige Verbindlichkeiten bestanden, die bis zur Verfahrenseröffnung nicht mehr beglichen worden sind, ist regelmäßig von Zahlungseinstellung auszugehen (BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, ZIP 2011, 1416 Rn. 12, 15; Urteil vom 24. Januar 2012 - II ZR 119/10, ZIP 2012, 723 Rn. 13; Urteil vom 27. März 2012 - II ZR 171/10, ZIP 2012, 1174 Rn. 25; Urteil vom 29. März 2012 - IX ZR 40/10, WM 2012, 998 Rn. 15; Versäumnisurteil vom 19. Juni 2012 - II ZR 243/11, ZIP 2012, 1557 Rn. 24; Urteil vom 10. Januar 2013 - IX ZR 13/12, ZIP 2013, 174 Rn. 16 - Göttinger Gruppe).
18
(1) Der Begriff der Zahlungsunfähigkeit beurteilt sich im gesamten Insolvenzrecht und darum auch im Insolvenzanfechtungsrecht nach § 17 InsO (BGH, Beschluss vom 13. Juni 2006 - IX ZB 238/05, ZIP 2006, 1457 Rn. 6). Zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO kann eine Liquiditätsbilanz aufgestellt werden, wobei die im maßgeblichen Zeitpunkt verfügbaren und innerhalb von drei Wochen flüssig zu machenden Mittel in Beziehung zu setzen sind zu den am selben Stichtag fälligen und eingeforderten Verbindlichkeiten (BGH, Urteil vom 29. März 2012 - IX ZR 40/10, WM 2012, 998 Rn. 8). Dem werden die Darlegungen des klagenden Verwalters zu den stichtagsbezogenen Unterdeckungen zwar nicht gerecht, weil sie keine Angaben zu kurzfristig verfügbaren Mittel enthalten. Zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO ist die Aufstellung einer Liquiditätsbilanz jedoch entbehrlich, wenn eine Zahlungseinstellung (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO) die gesetzliche Vermutung der Zahlungsunfähigkeit begründet (BGH, Urteil vom 20. November 2001 - IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178, 184 f; vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, ZIP 2011, 1416 Rn. 10; vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, ZIP 2013, 228 Rn. 20 mwN). Zahlungseinstellung ist dasjenige nach außen hervortretende Verhalten des Schuldners, in dem sich typischerweise ausdrückt, dass er nicht in der Lage ist, seine fälligen Zah- lungspflichten zu erfüllen. Sie kann auch, wie hier, aus einer Gesamtschau mehrerer darauf hindeutender Beweisanzeichen gefolgert werden (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2011, aaO Rn. 12 f; vom 6. Dezember 2012 aaO; vom 18. Juli 2013 - IX ZR 143/12, ZIP 2013, 2015 Rn. 10; jeweils mwN).
21
Nachdem die Schuldnerin erstmals im August 2005 ihre Miete nicht mehr hat bezahlen können, waren bis August 2008 offene Mietverbindlichkeiten in Höhe von 30.000 € aufgelaufen. Der Entwicklung dieser Außenstände wird gegebenenfalls Beachtung zu schenken sein, da die Anwendung des § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO in Betracht kommen kann. Danach ist Zahlungsunfähigkeit in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat. Dafür reicht ein nach außen hervortretendes Verhalten, in dem sich typischerweise ausdrückt, dass der Schuldner nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Die tatsächliche Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten reicht für eine Zahlungseinstellung aus, auch wenn noch geleistete Zahlungen beträchtlich sind, aber im Verhältnis zu den fälligen Gesamtschulden nicht den wesentlichen Teil ausmachen. Sogar die Nichtzahlung einer einzigen Verbindlichkeit kann eine Zahlungseinstellung begründen, wenn die Forderung von insgesamt nicht unbeträchtlicher Höhe ist. Haben im fraglichen Zeitpunkt fällige Verbindlichkeiten erheblichen Umfangs bestanden, die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht beglichen worden sind, ist regelmäßig von einer Zahlungseinstellung auszugehen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juni 2012 - II ZR 243/11, ZIP 2012, 1557 Rn. 24; Urteil vom 18. Juli 2013 - IX ZR 143/12, ZIP 2013, 2015 Rn. 9).
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aa) Zahlungseinstellung ist dasjenige nach außen hervortretende Verhalten des Schuldners, in dem sich typischerweise ausdrückt, dass er nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen (BGH, Urteil vom 20. November 2001, aaO). Es muss sich mindestens für die beteiligten Verkehrskreise der berechtigte Eindruck aufdrängen, dass der Schuldner außerstande ist, seinen fälligen Zahlungsverpflichtungen zu genügen (BGH, Urteil vom 21. Juni 2007, aaO Rn. 28). Die tatsächliche Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten reicht für eine Zahlungseinstellung aus (BGH, Urteil vom 21. Juni 2007, aaO Rn. 29; vom 20. Dezember 2007 - IX ZR 93/06, WM 2008, 452 Rn. 21 jeweils mwN). Haben im fraglichen Zeitpunkt fällige Verbindlichkeiten erheblichen Umfangs bestanden, die bis zur Verfahrenseröffnung nicht mehr beglichen worden sind, ist regelmäßig von Zahlungseinstellung auszugehen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Oktober 2006, aaO Rn. 22, 28).

(1) Eine Forderung gilt als festgestellt, soweit gegen sie im Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren (§ 177) ein Widerspruch weder vom Insolvenzverwalter noch von einem Insolvenzgläubiger erhoben wird oder soweit ein erhobener Widerspruch beseitigt ist. Ein Widerspruch des Schuldners steht der Feststellung der Forderung nicht entgegen.

(2) Das Insolvenzgericht trägt für jede angemeldete Forderung in die Tabelle ein, inwieweit die Forderung ihrem Betrag und ihrem Rang nach festgestellt ist oder wer der Feststellung widersprochen hat. Auch ein Widerspruch des Schuldners ist einzutragen. Auf Wechseln und sonstigen Schuldurkunden ist vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle die Feststellung zu vermerken.

(3) Die Eintragung in die Tabelle wirkt für die festgestellten Forderungen ihrem Betrag und ihrem Rang nach wie ein rechtskräftiges Urteil gegenüber dem Insolvenzverwalter und allen Insolvenzgläubigern.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

60
Damit hat das Berufungsgericht - wie die Revision zu Recht geltend macht - die Anforderungen an die Substanziierungslast der Klägerin über- spannt. Die Klägerin hatte keinen Einblick in die Nachtragsvereinbarung der Beklagten und der Post. Damit konnte sie keine Einzelheiten aus dieser Vereinbarung vortragen. Andererseits war offenkundig, dass die Beklagte und die Post den Übergang der Kontrolle über die Postbank, so wie in der Nachtragsvereinbarung vorgesehen, aktiv betreiben wollten und betrieben haben. Dann aber liegt es nicht fern, dass die Post sich - in Konkretisierung ihrer allgemeinen vertraglichen Nebenpflicht, die Erreichung des Vertragszwecks nicht zu gefährden - verpflichtet haben könnte, von ihrem Stimmrecht nur unter Berücksichtigung der Interessen der Beklagten Gebrauch zu machen. Das ist keine Behauptung "ins Blaue hinein". Deshalb hätte das Berufungsgericht den dafür angebotenen Beweis erheben müssen. Das nachzuholen, hat es in der wiedereröffneten mündlichen Verhandlung Gelegenheit.
48
aa) Die Beweisanträge waren nicht auf eine unzulässige Ausforschung gerichtet. Einer Partei, die (wie hier der Kläger) an dem Verwaltungsverfahren zwischen der beklagten Gemeinde und der Kommunalaufsichtsbehörde über die Genehmigung des Vertrags nicht beteiligt ist, wird es häufig nicht erspart bleiben, in einem Zivilprozess Tatsachen zu behaupten, über die sie keine genaue Kenntnis haben kann, die sie aber nach Lage der Dinge für wahrscheinlich hält. Unzulässig wird ein solches Vorgehen erst, wenn die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts will- kürlich Behauptungen „aufs Geratewohl“ oder „ins Blaue hinein“ aufstellt. Ein solcher Vorwurf ist aber nur begründet, wenn jegliche tatsächlichen Anhaltspunkte für den vorgetragenen Sachverhalt fehlen (vgl. Senat, Urteil vom 20. September 2002 - V ZR 170/01, NJW-RR 2002, 69, 70; BGH, Urteil vom 20. Juni 2002 - IX ZR 177/99, WM 2002, 1690, 1692 st. Rspr.). Davon kann hier wegen des Vorbingens der Beklagten in einem 1974/75 geführten Vorprozess , dass die Kommunalaufsichtsbehörde die Genehmigungsbedürftigkeit des Erbbaurechtsvertrags geprüft habe, und wegen der Verpflichtung der Beklagten , eine verbindliche Entscheidung der Kommunalaufsicht über die Wirksamkeit des Erbbaurechtsvertrags herbeizuführen (siehe oben II.4.d), keine Rede sein.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 188/98 Verkündet am:
17. Mai 2001
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
KO § 30 Nr. 1
Zur Feststellung der Zahlungseinstellung und der Kenntnis hiervon.
BGH, Urteil vom 17. Mai 2001 - IX ZR 188/98 - OLG Frankfurt a.M.
LG Frankfurt a.M.
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. März 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter
Stodolkowitz, Dr. Zugehör, Dr. Ganter und Raebel

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 31. März 1998 aufgehoben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der klagende Konkursverwalter verlangt im Wege der Anfechtung die Auszahlung einer Überweisung von 1 Million DM zur Masse, welche die beklagte Bank am 10. April 1996 dem Kontokorrentkonto (Rahmenkreditkonto) der - späteren - Gemeinschuldnerin gutgebracht und gegen den dortigen Debetsaldo verrechnet hatte.
Die Gemeinschuldnerin geriet im Jahre 1995 in finanzielle Schwierigkeiten , die sich in den nächsten Monaten verstärkten. Ihre Hauptgesellschafterin befürchtete erhebliche Konzernhaftungsrisiken und beschloß am 29. März 1996, die Beteiligung an der Gemeinschuldnerin zu veräußern. Die Hauptgesellschafterin leistete hierfür der Erwerberin, mit der ein symbolischer Kaufpreis
von 1 DM vereinbart wurde, eine Zahlung von 1 Million DM und legte eine weitere Million DM in die Gemeinschuldnerin als Rücklage ein. Diese - im Überweisungsträger für das Rahmenkreditkonto der Gemeinschuldnerin bei der Beklagten - so bezeichnete "augmentation de capital" vom 10. April 1996 (Anlage K 2) glich das Tagessoll des Rahmenkredits annähernd aus. Die Verrechnung des Überweisungsbetrages ist Gegenstand der mit der Klage geltend gemachten Konkursanfechtung.
Die Gemeinschuldnerin leistete auch nach dem 10. April 1996 noch einzelne Zahlungen. Am 17. Juni 1996 beantragte sie den Vergleich; am 30. September 1996 wurde der Anschlußkonkurs wegen Überschuldung eröffnet.
Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet.

I.


Das Berufungsgericht hat die Klagabweisung des Landgerichts bestätigt, weil der Kläger nicht ausreichend dargelegt habe, daß die spätere Gemeinschuldnerin am Tage der angefochtenen Rechtshandlung der Beklagten schon objektiv zahlungsunfähig gewesen sei. Denn aus der Forderungsaufstellung des Klägers (Anlage K 5) lasse sich insbesondere zur Berechtigung und zu den Fälligkeitsterminen der Schuldposten nichts entnehmen.
Mit dieser Begründung kann der Anfechtungstatbestand des § 30 Nr. 1 Fall 2 KO im Streitfall nicht verneint werden.

II.


1. Eine Bank, die ihrem Kunden (Gemeinschuldner) zwischen Zahlungseinstellung und Konkurseröffnung auf sein Girokonto überwiesene Beträge mit eigenen Forderungen verrechnet, muß diese Beträge auf Anfechtung nach § 30 Nr. 1 Fall 2 KO dem Konkursverwalter herausgeben, sofern ihr bei der Gutschrift die Zahlungseinstellung bekannt war (vgl. BGHZ 58, 108). Die Feststellung der Voraussetzungen der Zahlungseinstellung im Einzelfall liegt im wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet. Ihre Nachprüfung ist daher der Revision nur in beschränktem Umfange zugänglich (vgl. BGH, Urt. v. 27. November 1974 - VIII ZR 21/73, WM 1975, 6; v. 1. März 1984 - IX ZR 34/83, WM 1984, 1309, 1310; v. 11. Juli 1991 - IX ZR 230/90, WM 1991, 1570, 1573). Auch ohne
Verfahrensrüge prüft das Revisionsgericht aber, ob der Tatrichter die im materiellen Recht angelegten Anforderungen an eine substantiierte Darlegung der Zahlungseinstellung überspannt hat (vgl. Musielak/Ball, ZPO, 2. Aufl. § 559 Rn. 13). So liegt es hier. Das Berufungsgericht ist von einem unzutreffenden Begriff der Zahlungseinstellung ausgegangen.
2. Zahlungseinstellung im Sinne des § 30 KO besteht, wenn - mindestens - für die beteiligten Verkehrskreise nach außen hin erkennbar geworden ist, daß der spätere Gemeinschuldner wegen eines voraussichtlich dauernden Mangels an Zahlungsmitteln seine fälligen und vom jeweiligen Gläubiger ernsthaft eingeforderten Verbindlichkeiten nicht mehr erfüllen kann (vgl. BGH, Urt. v. 1. März 1984 - IX ZR 34/83, aaO; v. 11. Juli 1991 - IX ZR 230/90, aaO, 1571; v. 27. April 1995 - IX ZR 147/94, WM 1995, 1113, 1114; v. 9. Januar 1997 - IX ZR 1/96, WM 1997, 432, 435; vgl. zu § 10 Abs. 1 Nr. 4 GesO außerdem BGH, Urt. v. 24. Oktober 1996 - IX ZR 284/95, ZIP 1996, 2080, 2082; v. 8. Oktober 1998 - IX ZR 337/97, ZIP 1998, 2008, 2009; v. 13. April 2000 - IX ZR 144/99, WM 2000, 1207, 1208; v. 25. Januar 2001 - IX ZR 6/00, WM 2001, 689, 690 f). Der Annahme der Zahlungseinstellung steht nicht entgegen, daß der Schuldner vereinzelt noch Zahlungen - sei es auch in beachtlicher Höhe - leistet. Es genügt , daß der Schuldner außerstande ist, den wesentlichen Teil seiner Verbindlichkeiten zu erfüllen (BGH, Urt. v. 11. Juli 1991 - IX ZR 230/90, aaO; v. 8. Oktober 1998 - IX ZR 337/97, aaO; v. 13. April 2000 - IX ZR 144/99, aaO; v. 25. Januar 2001 - IX ZR 6/00, aaO).
Die Zahlungseinstellung der späteren Gemeinschuldnerin am 10. April 1996 war deshalb nicht schon dann ausgeschlossen, wenn sie am 15. April 1996 noch 30.659,57 DM Restlöhne für den Monat März, am 22. April 1996
rückständige 53.702,56 DM Umsatzsteuer nebst Säumniszuschlag, am 10. Mai 1996 die Aprillöhne in Höhe von 83.512,66 DM und am 14. Juni 1996 die Mailöhne in gleicher Höhe zuzüglich eines Abschlages von 30.000 DM auf die Löhne des laufenden Monats gezahlt hat (vgl. dazu BGH, Urt. v. 11. Oktober 1961 - VIII ZR 113/60, NJW 1962, 102, 103; v. 27. April 1995 - IX ZR 147/94, aaO, 1114; v. 25. Januar 2001 - IX ZR 6/00, aaO, 691).
3. a) Das Berufungsgericht hat bei seinen Erwägungen zu Unrecht angenommen , daß objektive Zahlungsunfähigkeit als Grundlage der Zahlungseinstellung nur festgestellt werden kann, wenn die Rechtsbeständigkeit der gegen den Schuldner erhobenen Forderungen im einzelnen nachprüfbar ist. Eine solche rechtliche Prüfung der Verbindlichkeiten kann zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit allenfalls dann geboten sein, wenn ihre Berechtigung im Streit steht (vgl. Senatsurteil vom 27. April 1995 - IX ZR 147/94, aaO). Das Berufungsgericht hat aber gerade im Rahmen seiner weiteren Prüfung unterstellt, daß das tatsächlich erfolgte Bestreiten der Beklagten, welches sich gegen die "inhaltliche" Richtigkeit der vom Kläger vorgetragenen Forderungsaufstellung (Anlage K 5) richtete, ausgeräumt sei.

b) Freilich kann auch dann noch keine Zahlungseinstellung festgestellt werden, wenn der Schuldner die Zahlungen verweigert hat, weil er die Forderungen selbst für unbegründet hält (vgl. BGH, Urt. v. 30. April 1959 - VIII ZR 179/58, WM 1959, 891). Einen solchen Rechtsstandpunkt der nachmaligen Gemeinschuldnerin hat die Beklagte jedoch gleichfalls nicht behauptet.

c) Das Berufungsgericht hat ferner verkannt, daß es auch weiteren Vortrages des Klägers zu den Fälligkeitsterminen der Verbindlichkeiten nicht be-
durfte, die in der eingereichten Forderungsaufstellung (Anlage K 5) enthalten waren. Darauf hätte es nur ankommen können, wenn die Beklagte in erkennbarem Umfang die Fälligkeit der zusammengestellten Forderungen gegen die Schuldnerin, die nach Gläubiger, Rechnungsdatum und Betrag bezeichnet waren , bestritten hätte. Auch davon geht das Berufungsgericht jedoch nicht aus. Aus dem Schriftsatz der Klägerin vom 3. Februar 1998, S. 3, in dem die Gläubiger der Forderungsaufstellung (Anlage K 5) genannt sind, die ihre Forderungen bereits mehrfach angemahnt und teils die spätere Gemeinschuldnerin letztmalig zur Zahlung aufgefordert hatten, hat sich genügend ergeben, daß die nachmalige Gemeinschuldnerin vor dem 10. April 1996 fälligen und von den jeweiligen Gläubigern ernsthaft eingeforderten Verbindlichkeiten von über 1,2 Millionen DM ausgesetzt war.
Deckte der restliche Kredit der späteren Gemeinschuldnerin am 10. April 1996 die vom Kläger angegebenen fälligen und mehrfach angemahnten Verbindlichkeiten nur noch zu etwa 11 v.H., so konnte dieser Kredit entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts die Zahlungsfähigkeit der Schuldnerin nicht mehr erhalten.

d) Die Zahlungsfähigkeit der Schuldnerin hätte durch die ihrem Rahmenkreditkonto bei der Beklagten am 10. April 1996 gutgebrachte Überweisung ihrer bisherigen Hauptgesellschafterin in Höhe von 1 Million DM letztlich vielleicht erhalten werden können, wenn jener Betrag in ihre freie Verfügung gelangt wäre. Das hat die Beklagte jedoch durch die angefochtene Verrechnung mit dem Schuldsaldo des Rahmenkreditkontos vereitelt. Sie hat dazu zwar in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen, die Kreditlinie der Gemeinschuldnerin sei derzeit weiter offen gewesen. Dazu fehlen aber
Feststellungen des Berufungsgerichtes. Aus dem berichtigten Tatbestand seines Urteils ergibt sich nur, daß "im April 1996" die "quartalsweise verlängerten" Befristungen für die Kredite der Gemeinschuldnerin bei der Beklagten abgelaufen waren.

III.


1. Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) und daher unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§§ 564, 565 Abs. 1 ZPO).
2. Das Berufungsgericht wird zunächst der Frage weiter nachgehen müssen, ob die Gemeinschuldnerin am 10. April 1996 (Verrechnungstag) ihre Zahlungen eingestellt hatte. Dazu bedarf es allerdings zuvor einer Klarstellung bzw. Ergänzung des Vorbringens der Beklagten.

a) Die Beklagte hat selbst vorgetragen, auf Fristenkongruenz ihres Kreditengagements bei der Gemeinschuldnerin und der nur befristet gestellten Sicherheiten geachtet zu haben; "im April 1996" hätten Befristungen für die Kredite der Gemeinschuldnerin nicht mehr bestanden. Dem hat das Berufungsgericht im Zusammenhang mit § 30 Nr. 2 KO nicht ohne Grund entnommen , daß die Beklagte infolge Zeitablaufs am Verrechnungstag einen fälligen Darlehensrückzahlungsanspruch hatte. Anders will indes die Beklagte ihr Vorbringen anscheinend nach ihrer mündlichen Revisionserwiderung verstanden wissen; denn danach hat sie behauptet, die Kreditlinie der Gemeinschuldnerin sei am Verrechnungstag noch offen gewesen.


b) Die Beklagte hat in ihrem Schriftsatz vom 13. März 1998 die "inhaltliche Richtigkeit" der als Anlage K 5 vom Kläger überreichten Forderungsaufstellung bestritten. Dies kann sich auf buchhalterische Unstimmigkeiten beziehen , zumal die Aufstellung bis zum 30. April 1996 reichte. Das Bestreiten der Beklagten kann aber auch darauf gerichtet gewesen sein, daß sie die Rechtsbeständigkeit jeder einzelnen gegen die Gemeinschuldnerin hiernach erhobenen Forderung im Zweifel ziehen wollte. Gegenwärtig spricht gegen ein solches Verteidigungsziel, daß die Beklagte nicht auch den Vortrag des Klägers bestritten hat, er habe jene Forderungen im Rahmen seiner Prüfung anerkannt und in die Tabelle aufgenommen (Schriftsatz vom 3. Februar 1998, S. 3). Klärt und vertieft die Beklagte in diesem Punkt aber ihr bisheriges Bestreiten, muß das Berufungsgericht dem Kläger Gelegenheit geben, das Ergebnis seiner Forderungsprüfung wenn nötig im einzelnen begründet darzulegen.
3. Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen darüber getroffen, ob der Beklagten zur Zeit der angefochtenen Rechtshandlung (10. April 1996) die Zahlungseinstellung der späteren Gemeinschuldnerin bekannt war (vgl. in diesem Zusammenhang BGH, Urt. v. 1. März 1984 - IX ZR 34/83, WM 1984, 1309, 1311; v. 27. April 1995 - IX ZR 147/94, aaO, 1116; v. 25. September 1997 - IX ZR 231/96, WM 1997, 2134, 2136; v. 22. Januar 1998 - IX ZR 99/97, WM 1998, 569, 572, in BGHZ 138, 40 insoweit nicht abgedruckt). Die Erwägungen des Berufungsgerichts darüber, ob die Beklagte bereits Ende Januar oder Anfang Februar 1996 einen wirtschaftlichen Niedergang der späteren Gemeinschuldnerin habe erkennen können, führen hier allein nicht weiter.

a) Ansatzpunkt der weiteren Sachaufklärung wird nach dem bisherigen Vortrag die unter Beweis gestellte Behauptung des Klägers sein müssen, daß Mitte März 1996 die spätere Gemeinschuldnerin der Beklagten zur Vermeidung einer Kündigung ihrer Kredite eine aktuelle Aufstellung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten aus dem Monat Februar 1996 vorgelegt habe (Schriftsatz vom 3. Februar 1998, S. 8). Jenes Vorbringen wird der Kläger im erneuten Berufungsdurchgang unter Umständen zu ergänzen haben, weil sich aus den angeblich Mitte März 1996 überreichten Unterlagen nach ihrem Zweck, Kreditkündigungen der Beklagten entgegenzuwirken, für die Beklagte nicht die Zahlungsunfähigkeit der späteren Gemeinschuldnerin offenbart haben muß. Wesentliche Bedeutung kann vor diesem Hintergrund dann die weitere Frage gewinnen , inwieweit die Beklagte ein Auslaufen der bisherigen Kreditbefristungen und Kreditsicherheiten der späteren Gemeinschuldnerin "im April 1996" als Zeichen einer Lösung des bisherigen Konzernverbundes und Erschöpfung ihrer Zahlungsfähigkeit bewertet hat.

b) Sollte das Berufungsgericht nach erneuter Verhandlung zu dem Ergebnis gelangen, daß die Beklagte mit Verrechnung der Überweisung vom 10. April 1996 auf das debitorische Rahmenkreditkonto der Gemeinschuldnerin wegen Fortdauer einer "offenen" Kreditlinie eine inkongruente Deckung erlangt
hat und die Gemeinschuldnerin zuvor schon zur Einstellung der Zahlungen genötigt war, werden bei weiterer Prüfung der Voraussetzungen des § 30 Nr. 2 KO auch die Senatsentscheidungen BGHZ 138, 40, 48 (unter III.) und BGHZ 128, 196 zu beachten sein.
Kreft Stodolkowitz Zugehör
Ganter Raebel
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Die tatsächliche Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten reicht für eine Zahlungseinstellung aus. Dies gilt auch dann, wenn tatsächlich noch geleistete Zahlungen beträchtlich sind, aber im Verhältnis zu den fälligen Gesamtschulden nicht den wesentlichen Teil ausmachen (BGH, Urt. v. 12. Oktober 2006 aaO S. 2223 f Rn. 19). Der Schuldner kann also trotz vereinzelter Leistungen in beachtlicher Höhe seine Zahlungen im Rechtssinne eingestellt haben. Eine Zahlungseinstellung kann allerdings dann nicht festgestellt werden, wenn der Schuldner die Zahlungen verweigert hat, weil er die Forderungen für unbegründet hielt (BGH, Urt. v. 17. Mai 2001 - IX ZR 188/98, ZIP 2001, 1155, 1156). Dafür bestehen hier keine Anhaltspunkte.

(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit.

(2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

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1. Die nicht näher begründete Annahme des Berufungsgerichts, der Vortrag der Beklagten in den Schriftsätzen vom 28. September 2010 und vom 7. Oktober 2010 zu der fehlenden insolvenzrechtlichen Überschuldung der Insolvenzschuldnerin im Zeitpunkt der Anmeldung der Kapitalerhöhung sei unsubstantiiert, verletzt die Beklagten in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör. Es entspricht ständiger Rechtsprechung , dass Vortrag einer Partei dann hinreichend substantiiert ist, wenn sie Tatsachen anführt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Der Pflicht zur Substantiierung ist nur dann nicht genügt, wenn das Gericht aufgrund der Darstellung nicht beurteilen kann, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der an eine Behauptung geknüpften Rechtsfolgen erfüllt sind (BVerfG, WM 2012, 492 Rn. 16; BGH, Beschluss vom 9. Februar 2009 - II ZR 77/08, WM 2009, 1154 Rn. 4; Beschluss vom 21. Mai 2007 - II ZR 266/04, ZIP 2007, 1524 Rn. 8; Urteil vom 25. Juli 2005 - II ZR 199/03, WM 2005, 1847, 1848 m.w.N.). Überspannt das Gericht die Anforderungen an die Substantiierung und erhebt deshalb nicht die von der Partei angebotenen Beweise, verletzt es den Anspruch auf rechtliches Gehör (BVerfG, WM 2012, 492 Rn. 20 f.; BGH, Beschluss vom 9. Februar 2009 - II ZR 77/08, WM 2009, 1154 Rn. 4). So liegt der Fall hier. Die Beklagten haben ausführlich unter Vorlage von zahlreichen Unterlagen und unter Beweisantritt vorgetragen, dass zwar eine bilanzielle, nicht jedoch eine insolvenzrechtliche Überschuldung der Insolvenzschuldnerin vorgelegen habe.

(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit.

(2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

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b) Die gebotene Gesamtwürdigung lässt unberücksichtigt, dass es sich bei den Weihnachtsgeldzahlungen für das Jahr 2006 um Forderungen der Arbeitnehmer handelt, deren schleppende Zahlung auch im Fall der erzwungenen "Stundung" durch den Arbeitgeber Anzeichen für eine Zahlungseinstellung ist (BGH, Urteil vom 14. Februar 2008 - IX ZR 38/04, ZInsO 2008, 378 Rn. 20 ff). Schon in den Jahren 2004 und 2005 bestehende Schwierigkeiten des Schuldners , das Weihnachtgelt für diese Jahre zu zahlen, die sich aus den vom Kläger vorgelegten Schreiben des Schuldners und des Beklagten an die Belegschaft vom 22. November 2004 und 20. November 2005 ergeben, lässt das Berufungsgericht bei seiner Würdigung außer Acht. Den für die Gesamtwürdigung erheblichen Umstand, dass der Beklagte im Hinblick auf die anstehende Zahlung des Weihnachtsgeldes für das Jahr 2006 im Oktober 2006 an den Schuld- ner 20.000 € aus den empfangenen Pensionsleistungen zurückgezahlt hat, um dem Schuldner die Zahlung des Weihnachtsgeldes zu ermöglichen, und dieser hierzu gleichwohl nicht in der Lage gewesen ist, erwähnt das Berufungsgericht in seiner Würdigung nicht. Auch dem Ergänzungsvertrag vom 13. November 2006, in dem der Beklagte im Hinblick auf die angespannte wirtschaftliche Situation des Schuldners diesem Pensionszahlungen in Höhe von 18.000 € für das Jahr 2007 erlassen hat, misst es keine Bedeutung zu. Obwohl auch diese Maßnahme nicht zu einer Verbesserung der wirtschaftlichen Situation des Schuldners geführt hat, was nicht zuletzt die Mitteilung des Steuerberaters vom 18. Juni 2007 belegt, in welcher ein Verlust für die ersten fünf Monate des Jahres 2007 attestiert wird, der es nicht zulasse, Sonderzahlungen in der vereinbarten Höhe zu leisten, wird dies in der Entscheidung des Berufungsgericht nicht erwähnt.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit.

(2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

6
Die Darlegung der Zahlungsunfähigkeit anhand einer Liquiditätsbilanz ist entbehrlich, wenn eine Zahlungseinstellung (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO) die gesetzliche Vermutung der Zahlungsunfähigkeit begründet (BGH, Urteil vom 20. November 2001 - IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178, 184 f.; Urteil vom 12. Oktober 2006 - IX ZR 228/03, ZIP 2006, 2222 Rn. 28; Urteil vom 21. Juni 2007 - IX ZR 231/04, ZIP 2007, 1469 Rn. 27). Zahlungseinstellung ist dasjenige äußere Verhalten des Schuldners, in dem sich typischerweise eine Zahlungsunfähigkeit ausdrückt. Es muss sich also mindestens für die beteiligten Verkehrskreise der berechtigte Eindruck aufdrängen, dass der Schuldner nicht in der Lage ist, seinen fälligen, eingeforderten Zahlungsverpflichtungen zu genügen. Die tatsächliche Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten reicht für die Annahme einer Zahlungseinstellung aus, auch wenn noch geleistete Zahlungen beträchtlich sind, aber im Verhältnis zu den fälligen Gesamtschulden nicht den wesentlichen Teil ausmachen. Sogar die Nichtzahlung einer einzigen Verbindlichkeit kann eine Zahlungseinstellung begründen, wenn die Forderung von insgesamt nicht unbeträchtlicher Höhe ist. Haben im fraglichen Zeitpunkt fällige Verbindlichkeiten bestanden, die bis zur Verfahrenseröffnung nicht mehr beglichen worden sind, ist regelmäßig von Zahlungseinstellung auszugehen (BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, ZIP 2011, 1416 Rn. 12, 15; Urteil vom 24. Januar 2012 - II ZR 119/10, ZIP 2012, 723 Rn. 13; Urteil vom 27. März 2012 - II ZR 171/10, ZIP 2012, 1174 Rn. 25; Urteil vom 29. März 2012 - IX ZR 40/10, WM 2012, 998 Rn. 15; Versäumnisurteil vom 19. Juni 2012 - II ZR 243/11, ZIP 2012, 1557 Rn. 24; Urteil vom 10. Januar 2013 - IX ZR 13/12, ZIP 2013, 174 Rn. 16 - Göttinger Gruppe).
18
(1) Der Begriff der Zahlungsunfähigkeit beurteilt sich im gesamten Insolvenzrecht und darum auch im Insolvenzanfechtungsrecht nach § 17 InsO (BGH, Beschluss vom 13. Juni 2006 - IX ZB 238/05, ZIP 2006, 1457 Rn. 6). Zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO kann eine Liquiditätsbilanz aufgestellt werden, wobei die im maßgeblichen Zeitpunkt verfügbaren und innerhalb von drei Wochen flüssig zu machenden Mittel in Beziehung zu setzen sind zu den am selben Stichtag fälligen und eingeforderten Verbindlichkeiten (BGH, Urteil vom 29. März 2012 - IX ZR 40/10, WM 2012, 998 Rn. 8). Dem werden die Darlegungen des klagenden Verwalters zu den stichtagsbezogenen Unterdeckungen zwar nicht gerecht, weil sie keine Angaben zu kurzfristig verfügbaren Mittel enthalten. Zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO ist die Aufstellung einer Liquiditätsbilanz jedoch entbehrlich, wenn eine Zahlungseinstellung (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO) die gesetzliche Vermutung der Zahlungsunfähigkeit begründet (BGH, Urteil vom 20. November 2001 - IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178, 184 f; vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, ZIP 2011, 1416 Rn. 10; vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, ZIP 2013, 228 Rn. 20 mwN). Zahlungseinstellung ist dasjenige nach außen hervortretende Verhalten des Schuldners, in dem sich typischerweise ausdrückt, dass er nicht in der Lage ist, seine fälligen Zah- lungspflichten zu erfüllen. Sie kann auch, wie hier, aus einer Gesamtschau mehrerer darauf hindeutender Beweisanzeichen gefolgert werden (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2011, aaO Rn. 12 f; vom 6. Dezember 2012 aaO; vom 18. Juli 2013 - IX ZR 143/12, ZIP 2013, 2015 Rn. 10; jeweils mwN).
4
Bei dieser Sachlage ist den Anforderungen des Art. 103 Abs. 1 GG genügt. Das Prozessgrundrecht gibt keinen Anspruch darauf, dass sich das Gericht mit Vorbringen einer Partei in der Weise auseinander setzt, die sie selbst für richtig hält. Aus Art. 103 Abs. 1 GG folgt auch keine Pflicht der Gerichte, der von der Partei vertretenen Rechtsansicht zu folgen (BGH, Beschl. v. 21. Februar 2008 - IX ZR 62/07, DStRE 2009, 328 Rn. 5). Davon abgesehen ist ungeachtet des Zeitpunkts der tatsächlichen Auszahlung ein sofort abrufbarer Kredit - wie er nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hier vorlag - bei der Prüfung der Zahlungsunfähigkeit als Zahlungsmittel zu berücksichtigen (Uhlenbruck , InsO 13. Aufl. § 17 Rn. 9; Jaeger/Müller, InsO § 17 Rn. 16; HmbKomm-InsO/Schröder 3. Aufl. § 17 Rn. 14).
21
(3) Mit Hilfe einer konzerninternen Patronatserklärung, durch die sich die Muttergesellschaft gegenüber ihrer Tochtergesellschaft verpflichtet, dieser die zur Erfüllung ihrer jeweils fälligen Forderungen benötigten Mittel zur Verfügung zu stellen, kann die Zahlungsunfähigkeit der Tochtergesellschaft vermieden werden. Dies setzt jedoch - falls nicht der Tochtergesellschaft ein ungehinderter Zugriff auf die Mittel eröffnet wird - voraus, dass die Muttergesellschaft ihrer Ausstattungsverpflichtung tatsächlich nachkommt (Ziemons, GWR 2009, 411, 413; Blum, aaO).
7
Mit Hilfe einer Zahlungszusage, durch die sich die Gesellschafter gegenüber ihrer GmbH verpflichten, dieser die zur Erfüllung ihrer jeweils fälligen Forderungen benötigten Mittel zur Verfügung zu stellen, kann die Zahlungsunfähigkeit der GmbH vermieden werden. Dies setzt jedoch - falls nicht der GmbH ein ungehinderter Zugriff auf die Mittel eröffnet wird - außerdem voraus, dass die Gesellschafter ihrer Ausstattungsverpflichtung tatsächlich nachkommen (BGH, Urteil vom 19. Mai 2011 - IX ZR 9/10, WM 2011, 1085 Rn. 21). Mangels eines tatsächlichen Zahlungsflusses konnte im Streitfall nicht allein aufgrund der Erklärung ihrer Gesellschafter von einer Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin ausgegangen werden.
15
aa) Von dem Geschäftsführer einer GmbH wird erwartet, dass er sich über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft stets vergewissert. Hierzu gehört insbesondere die Prüfung der Insolvenzreife. Wenn der Geschäftsführer erkennt , dass die GmbH zu einem bestimmten Stichtag nicht in der Lage ist, ihre fälligen und eingeforderten Verbindlichkeiten vollständig zu bedienen, hat er die Zahlungsfähigkeit der GmbH anhand einer Liquiditätsbilanz zu überprüfen (BGH, Urteil vom 24. Mai 2005 - IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134, 140 f.). Er handelt fahrlässig, wenn er sich nicht rechtzeitig die erforderlichen Informationen und die Kenntnisse verschafft, die er für die Prüfung benötigt, ob er pflichtgemäß Insolvenzantrag stellen muss. Dabei muss sich der Geschäftsführer, sofern er nicht über ausreichende persönliche Kenntnisse verfügt, gegebenenfalls fachkundig beraten lassen (BGH, Urteil vom 6. Juni 1994 - II ZR 292/91, BGHZ 126, 181, 199; Urteil vom 14. Mai 2007 - II ZR 48/06, ZIP 2007, 1265 Rn. 16).
11
Wie das Berufungsgericht gleichfalls noch zu Recht angenommen hat, wird von dem Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung erwartet , dass er sich über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft stets vergewissert. Hierzu gehört insbesondere die Prüfung der Insolvenzreife. Bei Anzeichen einer Krise hat er sich durch Aufstellung eines Vermögensstatus einen Überblick über den Vermögensstand zu verschaffen. Der Geschäftsführer handelt fahrlässig, wenn er sich nicht rechtzeitig die erforderlichen Informationen und die Kenntnisse verschafft, die er für die Prüfung benötigt, ob er pflichtgemäß Insolvenzantrag stellen muss. Sofern er nicht über ausreichende persönliche Kenntnisse verfügt, muss er sich gegebenenfalls fachkundig beraten lassen (BGH, Urteil vom 6. Juni 1994 - II ZR 292/91, BGHZ 126, 181, 199; Urteil vom 20. Februar 1995 - II ZR 9/94, ZIP 1995, 560, 561; Urteil vom 14. Mai 2007 - II ZR 48/06, ZIP 2007, 1265 Rn. 16; Urteil vom 27. März 2012 - II ZR 171/10, ZIP 2012, 1174, Rn. 15).
15
aa) Von dem Geschäftsführer einer GmbH wird erwartet, dass er sich über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft stets vergewissert. Hierzu gehört insbesondere die Prüfung der Insolvenzreife. Wenn der Geschäftsführer erkennt , dass die GmbH zu einem bestimmten Stichtag nicht in der Lage ist, ihre fälligen und eingeforderten Verbindlichkeiten vollständig zu bedienen, hat er die Zahlungsfähigkeit der GmbH anhand einer Liquiditätsbilanz zu überprüfen (BGH, Urteil vom 24. Mai 2005 - IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134, 140 f.). Er handelt fahrlässig, wenn er sich nicht rechtzeitig die erforderlichen Informationen und die Kenntnisse verschafft, die er für die Prüfung benötigt, ob er pflichtgemäß Insolvenzantrag stellen muss. Dabei muss sich der Geschäftsführer, sofern er nicht über ausreichende persönliche Kenntnisse verfügt, gegebenenfalls fachkundig beraten lassen (BGH, Urteil vom 6. Juni 1994 - II ZR 292/91, BGHZ 126, 181, 199; Urteil vom 14. Mai 2007 - II ZR 48/06, ZIP 2007, 1265 Rn. 16).
30
Eine Entlastung aufgrund eines Rechtsirrtums verlangt nicht, dass ein Prüfauftrag ausdrücklich für eine bestimmte Rechtsfrage erteilt wird, sondern nur, dass die Prüfung aus der Sicht des nicht fachkundigen Organs die zweifelhafte Frage umfasst. Selbst wenn sich der dem sachkundigen Dritten erteilte Auftrag auf eine anderweitige Aufgabenstellung richtet, kann es das Organ entlasten , wenn es sich nach den Umständen der Auftragserteilung darauf verlassen durfte, die Fachperson habe im Rahmen der anderweitigen Aufgabenstellung auch die zweifelhafte Frage geprüft (vgl. BGH, Urteil vom 27. März 2012 - II ZR 171/10, ZIP 2012, 1174 Rn. 22). Unabhängig vom Inhalt des Prüfauftrags kann es das Organ auch entlasten, wenn die fachkundige Person nach dem Inhalt der Auskunft die Rechtsfrage tatsächlich geprüft und beantwortet hat. Dass der Prüfauftrag nicht auf die ausdrückliche Klärung einer bestimmten rechtlichen Frage - wie hier nach der Würdigung des Berufungsgerichts den Ausschluss des Vorstands von der Vertretung der Klägerin nach § 112 AktG aufgrund einer persönlichen Betroffenheit des Beklagten - zielt, hindert eine Entlastung ebenfalls nicht. Von einem nicht selbst rechtskundigen Auftraggeber kann grundsätzlich nicht erwartet werden, dass er bestimmte Rechtsfragen formuliert.
12
2. Der Einzug von Forderungen, die an die Bank zur Sicherheit abgetreten waren, auf einem debitorischen Konto der GmbH und die anschließende Verrechnung mit dem Sollsaldo stellen aber keine vom Geschäftsführer einer GmbH veranlasste masseschmälernde Zahlung im Sinn von § 64 Abs. 2 GmbHG aF (§ 64 Satz 1 GmbHG nF) dar, wenn vor Insolvenzreife die Sicherungsabtretung vereinbart und die Forderung der Gesellschaft entstanden und werthaltig geworden ist.
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2. Der Einzug von Forderungen, die an die Bank zur Sicherheit abgetreten waren, auf einem debitorischen Konto der GmbH und die anschließende Verrechnung mit dem Sollsaldo stellen aber keine vom Geschäftsführer einer GmbH veranlasste masseschmälernde Zahlung im Sinn von § 64 Abs. 2 GmbHG aF (§ 64 Satz 1 GmbHG nF) dar, wenn vor Insolvenzreife die Sicherungsabtretung vereinbart und die Forderung der Gesellschaft entstanden und werthaltig geworden ist.
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2. Der Einzug von Forderungen, die an die Bank zur Sicherheit abgetreten waren, auf einem debitorischen Konto der GmbH und die anschließende Verrechnung mit dem Sollsaldo stellen aber keine vom Geschäftsführer einer GmbH veranlasste masseschmälernde Zahlung im Sinn von § 64 Abs. 2 GmbHG aF (§ 64 Satz 1 GmbHG nF) dar, wenn vor Insolvenzreife die Sicherungsabtretung vereinbart und die Forderung der Gesellschaft entstanden und werthaltig geworden ist.
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2. Der Einzug von Forderungen, die an die Bank zur Sicherheit abgetreten waren, auf einem debitorischen Konto der GmbH und die anschließende Verrechnung mit dem Sollsaldo stellen aber keine vom Geschäftsführer einer GmbH veranlasste masseschmälernde Zahlung im Sinn von § 64 Abs. 2 GmbHG aF (§ 64 Satz 1 GmbHG nF) dar, wenn vor Insolvenzreife die Sicherungsabtretung vereinbart und die Forderung der Gesellschaft entstanden und werthaltig geworden ist.
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4. Schließlich wird das Berufungsgericht den Beklagten ggf. vorzubehalten haben, nach Erstattung an die Masse Gegenansprüche, die sich nach Rang und Höhe mit den Beträgen decken, die die begünstigten Gesellschaftsgläubiger im Insolvenzverfahren erhalten hätten, gegen den Kläger geltend zu machen (BGHZ 146, 264, 278 f.).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 88/99 Verkündet am:
8. Januar 2001
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
GmbHG §§ 30, 31, 32 a, 32 b, 64 Abs. 2

a) Forderungen eines Gesellschafters aus der Gewährung eigenkapitalersetzender
Leistungen sind, soweit für sie keine Rangrücktrittserklärung abgegeben
worden ist, in der Überschuldungsbilanz der Gesellschaft zu passivieren.

b) Maßstab für die Prüfung, ob eine Zahlung des Geschäftsführers i.S.v. § 64
Abs. 2 Satz 2 GmbHG mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns
vereinbar ist, sind nicht allein die allgemeinen Verhaltenspflichten des Geschäftsführers
, sondern insbesondere auch der Zweck des § 64 Abs. 2
GmbHG, Masseverkürzungen der insolvenzreifen Gesellschaft und eine bevorzugte
Befriedigung einzelner Gesellschaftsgläubiger zu verhindern.

c) Zahlungen, die der Geschäftsführer dem Verbot des § 64 Abs. 2 GmbHG
zuwider geleistet hat, sind von ihm ungekürzt zu erstatten (Abweichung von
BGHZ 143, 184). Ihm ist in dem Urteil vorzubehalten, seinen Gegenanspruch
, der sich nach Rang und Höhe mit dem Betrag deckt, den der begünstigte
Gesellschaftsgläubiger im Insolvenzverfahren erhalten hätte, nach Erstattung
an die Masse gegen den Insolvenzverwalter zu verfolgen. Etwa bestehende
Erstattungsansprüche der Masse gegen Dritte sind Zug um Zug an
den Geschäftsführer abzutreten.
BGH, Urt. v. 8. Januar 2001 - II ZR 88/99 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. Januar 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die
Richter Prof. Dr. Henze, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und die Richterin Münke

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten zu 2 wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 18. Februar 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Gegenstand des Geschäftsbetriebs der im Jahr 1980 gegründeten und zuletzt mit einem Stammkapital von 750.000,-- DM ausgestatteten S. und B. GmbH, der späteren Gemeinschuldnerin, war die Herstellung und der Vertrieb von elektrischen Anlagen. Gesellschafter und Geschäftsführer waren
ursprünglich die Beklagten zu 1 und zu 2. Unter dem 25. Oktober 1993 hat der Beklagte zu 1 sein Geschäftsführeramt niedergelegt und zugleich seinen Geschäftsanteil auf seinen Sohn, den Beklagten zu 2, übertragen. Die Produktionsanlagen standen im wesentlichen im Eigentum der S. und B. Handels GmbH & Co. KG, der Beklagten zu 3, die die Maschinen und Betriebsvorrichtungen an die Gemeinschuldnerin im Wege einer Betriebsaufspaltung zusammen mit dem durch sie selbst von einer BGB-Gesellschaft, bestehend aus dem Beklagten zu 1 und seiner Ehefrau, gemieteten Betriebsgrundstück aufgrund eines Miet- und Pachtvertrages überlassen hatte.
Erstmals im Geschäftsjahr 1991/1992 erwirtschaftete die bis dahin sehr erfolgreiche Gesellschaft ein negatives Betriebsergebnis von annähernd 1,5 Mio. DM, das nach Auflösung von Gewinnrückstellungen zum Ausweis eines nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrages von 85.702,-- DM in der Jahresbilanz zum 31. Januar 1992 führte. Beim nächsten Bilanzstichtag war der nicht gedeckte Fehlbetrag auf 1,272 Mio. DM angewachsen. Im November 1992 und im Mai 1993 gewährten die Gesellschafter der GmbH ein Darlehen i.H.v. jeweils 1 Mio. DM, wobei das Novemberdarlehen mit einer Rangrücktrittserklärung versehen war. Außerdem leitete die Geschäftsführung im Laufe des Jahres 1993 Umstrukturierungsmaßnahmen ein, die langfristig die Personalkosten reduzieren sollten, zunächst die Gesellschaft aber mit Abfindungszahlungen an ausscheidende Arbeitnehmer in Millionenhöhe belasteten. In der zweiten Jahreshälfte desselben Jahres mit Interessenten wegen der Übernahme des gesamten Unternehmens geführte Verhandlungen sind spätestens Mitte Dezember 1993 gescheitert. Auf den am 20. Dezember 1993 gestellten Antrag des Beklagten zu 2 hin ist am 21. Januar 1994 das Konkursverfahren über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet und der Kläger zum Konkursverwalter bestellt worden.
Dieser hat von den Beklagten mit einer einheitlichen, aber auf unterschiedliche Sachverhalte gestützten Klage Zahlung verschiedener Beträge gefordert. Nachdem das Landgericht nach § 145 ZPO verfahren ist, geht es im vorliegenden Rechtsstreit um einen Anspruch auf Zahlung von 119.254,-- DM, den der Kläger auf folgenden Sachverhalt stützt:
Nach dem ursprünglich übereinstimmenden, erstmals gegen Ende des Berufungsverfahrens von den Beklagten bestrittenen Vortrag des Klägers bestand zwischen der Gemeinschuldnerin und der Beklagten zu 3 eine seit 1981 praktizierte umsatzsteuerliche Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG. Die an die Beklagte zu 3 als Organträgerin geleisteten Miet- und Pachtzahlungen, die ihr wesentliches Einkommen ausmachten, blieben danach wegen des Organschaftsverhältnisses umsatzsteuerfrei; zu den von der Gemeinschuldnerin erzielten Umsätzen gab die Beklagte zu 3 als Organträgerin die vorgeschriebenen Umsatzsteuererklärungen ab, während die fälligen Zahlungen absprachegemäß unmittelbar von der Gemeinschuldnerin an das Finanzamt geleistet wurden. Am 10. Dezember 1993 stellte der Beklagte zu 2 für die Gemeinschuldnerin einen Scheck über 119.254,-- DM aus und reichte ihn bei dem Finanzamt ein, um damit die fällige Umsatzsteuervorauszahlung für den Monat Oktober 1993 zu begleichen. Der Scheck wurde am 17. Dezember 1993 eingelöst. Nach Meinung des Klägers hat die Verfahrensweise des Beklagten zu 2 nicht nur auf § 64 Abs. 2 GmbHG gestützte Erstattungsansprüche gegen ihn selbst, sondern außerdem auch einen Zahlungsanspruch gegen die Beklagte zu 3 ausgelöst, weil diese als Organträgerin und Steuerschuldnerin durch das Vorgehen der Gemeinschuldnerin von ihrer Umsatzsteuerverbindlichkeit befreit worden sei.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die zuletzt nur noch gegen die Beklagten zu 2 und zu 3 gerichtete Berufung des Klägers hatte gegenüber
der Beklagten zu 3 lediglich i.H.v. 3.500,-- DM nebst Zinsen, gegenüber dem Beklagten zu 2 aber in vollem Umfang Erfolg. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Beklagten zu 2 (im folgenden: Beklagter), der die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erreichen will.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. 1. Das Berufungsgericht hat aus dem Umstand, daß der Beklagte am 20. Dezember 1993 den zur Verfahrenseröffnung führenden Konkursantrag gestellt und bereits in der Klageerwiderung die Umstände näher dargelegt hat, die hierfür Veranlassung gegeben haben, hergeleitet, daß die Gemeinschuldnerin Anfang Dezember 1993 überschuldet war. In der Richtigkeit dieser Beurteilung hat es sich durch die im Rechtsstreit vorgelegten Jahresbilanzen der Gesellschaft zum 31. Januar 1992 und zum 31. Januar 1993 bestätigt gesehen und hat es deswegen abgelehnt, auf den nicht nachgelassenen Schriftsatz des Beklagten vom 15. Januar 1999 die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.
2. Mit Recht macht die Revision geltend, daß diese Beurteilung nicht in allen Punkten rechtsfehlerfrei ist, ohne daß sich allerdings deswegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Gemeinschuldnerin sei Anfang Dezember 1993 überschuldet gewesen, aufgrund der bisher getroffenen Feststellungen im Ergebnis als unzutreffend erweist.

a) Schon im Ausgangspunkt hat das Berufungsgericht nicht beachtet,
daß nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (BGHZ 125, 141, 146; Urt. v. 12. Juli 1999 - II ZR 87/98, ZIP 1999, 1524; zuletzt Urt. v. 18. Dezember 2000 - II ZR 191/99 z.V.b.) das Vorhandensein einer Überschuldung nicht auf der Grundlage einer fortgeschriebenen Jahresbilanz, mag deren negativem Ergebnis auch indizielle Bedeutung beikommen können, festgestellt werden kann, sondern daß es hierzu grundsätzlich der Aufstellung einer Überschuldungsbilanz bedarf, in welcher die Vermögenswerte der Gesellschaft mit ihren aktuellen Verkehrs- oder Liquidationswerten auszuweisen sind.

b) Auf die Erstellung einer derartigen Überschuldungsbilanz kann auch bei einer GmbH, die lediglich als Betriebsgesellschaft fungiert, ohne eigenen Grundbesitz ist und ihre Produkte im wesentlichen mit Hilfe gemieteter oder gepachteter Maschinen herstellt, grundsätzlich nicht verzichtet werden. Denn auch eine solche Gesellschaft kann im Einzelfall über eigenes Vermögen verfügen , das in der Jahresbilanz nicht mit den aktuellen Werten erfaßt worden ist, also stille Reserven enthält. Das hat auch das Berufungsgericht, wenn auch von anderem Ausgangspunkt aus, nicht verkannt und zugunsten des insofern darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten (Sen.Urt. v. 2. Juni 1997 - II ZR 211/95, ZIP 1997, 1648) als richtig unterstellt, daß der Verkehrswert der mit einem Buchwert von gut 490.000,-- DM erfaßten Gegenstände des Anlagevermögens um mindestens 650.000,-- DM höher anzusetzen ist.

c) Mangels gegenteiliger Feststellungen ist zugunsten des Beklagten das Vorhandensein stiller Reserven in dieser Höhe für das Revisionsverfahren zu unterstellen. Von den zum 31. Januar 1993 ermittelten Zahlen ausgehend beträgt nach den bisherigen tatrichterlichen Feststellungen das Maß der Überschuldung an dem im vorliegenden Rechtsstreit maßgeblichen Zeitpunkt von Anfang Dezember mindestens 622.053,18 DM, wie ihn das Berufungsgericht - allerdings nicht rechtsfehlerfrei - schon für den 31. Januar 1993 als beste-
hend angenommen hat.
aa) Schon der Beklagte selbst hat nicht geltend gemacht, daß sich bei der grundsätzlich gebotenen Erstellung einer die aktuellen Verkehrswerte ausweisenden Überschuldungsbilanz Vermögenswerte finden ließen, die das Maß des in der Jahresbilanz ausgewiesenen Fehlbetrages über die oben behandelten stillen Reserven hinaus mindern würden.
bb) Das Maß der Überschuldung ist - anders als die Revision meint - auch nicht deswegen unrichtig ermittelt worden, weil das Berufungsgericht bei seiner Prüfung der Überschuldung bezogen auf den Monat Dezember 1993 von einem zu hohen Betrag der Passiva ausgegangen ist, indem es auch die Verbindlichkeiten aus eigenkapitalersetzenden Gesellschafterleistungen als Passiva angesetzt hat. Zwar durfte das mit einer Rangrücktrittserklärung versehene Gesellschafterdarlehen von November 1992 entgegen der Verfahrensweise des Berufungsgerichts nicht als Passivum erfaßt werden, so daß die Annahme , es habe bereits zum Ende des Geschäftsjahres 1992/93 eine Überschuldung bestanden, nicht rechtsfehlerfrei festgestellt worden ist. Zu seinen Gunsten kann der Beklagte hieraus jedoch deswegen nichts herleiten, weil an Stelle des aus dem Überschuldungsstatus herauszunehmenden Gesellschafterdarlehens vom November 1992 für den hier zu prüfenden Zeitpunkt das im Mai 1993 gewährte, zweifelsfrei eigenkapitalersetzend wirkende, nicht mit einem Rangrücktritt versehene Gesellschafterdarlehen von 1 Mio. DM getreten ist und weil diese Verbindlichkeit ebenso wie die seitens der Beklagten zu 3 durch Stehenlassen in funktionales Eigenkapital umqualifizierten Mietschulden von knapp 691.000,-- DM in der Überschuldungsbilanz zu erfassen waren. Auf die zwischen den Parteien umstrittene und von dem Berufungsgericht nicht geklärte Frage, ob die Gemeinschuldnerin im Laufe des Jahres 1993 weitere Verluste von mehr als 900.000,-- DM erwirtschaftet hat, kommt es danach
ebenso wenig an, wie auf die bilanziellen Auswirkungen der mit Abfindungen in Millionenhöhe verbundenen Umstrukturierungsmaßnahmen des Jahres 1993.
(1) Die Frage, ob die Forderungen aus eigenkapitalersetzend wirkenden Gesellschafterleistungen in der Überschuldungsbilanz als Passiva zu erfassen sind, ist nicht nur unter der Herrschaft der InsO umstritten, sie ist schon unter der Geltung des hier einschlägigen früheren Rechts nicht einheitlich beantwortet worden (vgl. nur Hommelhoff, FS Döllerer S. 245, 253 ff.; Fleck, FS Döllerer S. 109, 122 ff.; Kleindiek in v.Gerkan/Hommelhoff, Handbuch des Kapitalersatzrechts 2000, S. 202 ff.; Lutter/Hommelhoff, GmbHG 15. Aufl. § 64 Rdnr. 17 ff.; Baumbach/Hueck/Schulze-Osterloh, GmbHG 17. Aufl. § 64 Rdnr. 18 je mit eingehender Dokumentation; speziell zur Rechtslage unter der Geltung der InsO Altmeppen, ZHR 164 [2000], 349 ff.; Rowedder, GmbHG 3. Aufl. § 63 Rdnr. 14; GK-AktG/Habersack, 4. Aufl. § 92 Rdnr. 57; Hüffer, AktG 4. Aufl. § 92 Rdnr. 11; Lutter, ZIP 1999, 641 ff.; Pape in Kübler/Prütting, InsO § 19 Rdnr. 14; HK-InsO/Kirchhof, § 19 Rdnr. 26; FK-InsO/Schmerbach, 2. Aufl. § 19 Rdnr. 18; Hess, InsO § 19 Rdnr. 36). Im Schrifttum im Vordringen war dabei die Auffassung , die sich gegen eine Passivierung aussprach. Begründet wurde dies mit dem Sinn der Überschuldungbilanz festzustellen, ob das Gesellschaftsvermögen ausreiche, alle außenstehenden Gesellschaftsgläubiger zu befriedigen; da in dieser Lage die Gesellschafter Leistungen auf ihre in funktionales Eigenkapital umqualifizierten Hilfen ohnehin nicht fordern dürften, seien deren Forderungen auch in der Überschuldungsbilanz nicht zu erfassen (vgl. etwa Hachenburg/Ulmer, GmbHG 8. Aufl. § 63 Rdnr. 46 a; Lutter/Hommelhoff, GmbHG 15. Aufl. § 64 Rdnr. 17 c; Baumbach/Hueck/Schulze-Osterloh aaO § 64 Rdnr. 18, der allerdings für Zweifelsfälle die Bildung einer Rückstellung fordert; ähnlich Fleischer, ZIP 1996, 773, 778 f. und Noack, FS Claussen S. 307, 314 f.; ferner OLG München, NJW 1994, 3112 m. abl. Anm. von Wolf,
DB 1995, 2277). Diese Gleichsetzung von funktionalem und statutarischem Eigenkapital führt zu einer vorrangigen Berücksichtigung des Erhaltungsinteresses der Mitgesellschafter des betroffenen Gesellschafters, es belastet in Grenzfällen jedoch den Geschäftsführer mit den schadenersatzrechtlichen (§ 64 GmbHG) und strafrechtlichen (§ 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG) Risiken der ihm abverlangten Entscheidung, ob jene Gesellschafterleistung als eigenkapitalersetzend einzustufen und ob demgemäß von der Stellung des Insolvenzantrags Abstand zu nehmen ist. Nicht zuletzt das Anliegen, den Geschäftsführer hiermit nicht zu belasten, sondern für zweifelsfreie und rechtssichere Verhältnisse zu sorgen, bewegt neben anderen Gründen die Vertreter der Gegenansicht dazu, grundsätzlich die Einstellung eigenkapitalersetzender Gesellschafterhilfen auf der Passivseite der Überschuldungsbilanz zu verlangen (vgl. etwa Scholz/K.Schmidt, GmbHG 9. Aufl. §§ 32 a/32 b Rdnr. 63; ders. GmbHR 1999, 9, 15 f.; Priester, ZIP 1994, 413, 416; Uhlenbruck, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz 2. Aufl. Rdnr. 610; GK-AktG/Habersack aaO § 92 Fn. 77; Fastrich, FS Zöllner S. 143, 159 ff.; OLG Düsseldorf, GmbHR 1999, 615, 617).
(2) In Übereinstimmung mit der Senatsrechtsprechung zur Vorbelastungs - und Jahresbilanz (BGHZ 124, 282) wird allerdings allgemein angenommen , daß sich die Frage der Passivierung von Gesellschafterforderungen mit eigenkapitalersetzendem Charakter auch beim Überschuldungsstatus dann nicht stellt, wenn der betreffende Gesellschafter seinen Rangrücktritt, also sinngemäß erklärt hat, er wolle wegen der genannten Forderungen erst nach der Befriedigung sämtlicher Gesellschaftsgläubiger und - bis zur Abwendung der Krise - auch nicht vor, sondern nur zugleich mit den Einlagerückgewähransprüchen seiner Mitgesellschafter berücksichtigt, also so behandelt werden, als handele es sich bei seiner Gesellschafterleistung um statutarisches Kapital (mißverständlich Uhlenbruck aaO Rdnr. 613). Stellt sich der Gesellschafter in dieser Weise wegen seiner Ansprüche aus einer in funktionales Eigenkapital
umqualifizierten Drittleistung auf dieselbe Stufe, auf der er selbst und seine Mitgesellschafter hinsichtlich ihrer Einlagen stehen, besteht keine Notwendigkeit , diese Forderungen in den Schuldenstatus der Gesellschaft aufzunehmen. Einer darüber hinausgehenden Erklärung des Gesellschafters, insbesondere eines Verzichts auf die Forderung (vgl. hierzu BT-Drucks. 12/2443 S. 115 reSp) bedarf es nicht. Denn durch ihn würden - den allerdings nicht naheliegenden Fall der Überwindung der Krise oder des Vorhandenseins eines Liquidationsüberschusses unterstellt - ausschließlich die Mitgesellschafter begünstigt , während die Interessen der außenstehenden Gläubiger durch die beschriebene Rangrücktrittserklärung ebenso gewahrt worden sind, wie dem Wunsch der Gesellschafter, die GmbH erhalten zu können, Rechnung getragen worden ist (vgl. in diesem Sinn z.B. Kleindiek aaO S. 209 f. m.w.N.; Uhlenbruck aaO Rdnr. 612 f. m.w.N.; GK-AktG/Habersack aaO § 92 Rdnr. 58 f.; Hüffer aaO § 92 Rdnr. 11).
(3) Von dieser Ausnahme einer seitens des Gesellschafters abgegebenen Rangrücktrittserklärung abgesehen hält der Senat auch für den Überschuldungsstatus die Passivierung solcher Gesellschafterforderungen für erforderlich , die wegen ihres eigenkapitalersetzenden Charakters in der durch die Notwendigkeit der Prüfung der Überschuldungssituation gekennzeichneten Krise nicht bedient werden dürfen.
Derartige Gesellschafterforderungen verlieren nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats (BGHZ 140, 147, 153 m.w.N.) ihren Charakter als Verbindlichkeiten nicht; ebenso wenig wie sie mit dem Eintritt der Krise erlöschen , werden sie automatisch in dieser Situation zu statutarischem Eigenkapital. Die Umqualifizierung der von dem Gesellschafter als Drittem gewährten Leistung in funktionales Eigenkapital und das Eingreifen der von der Rechtsprechung entwickelten Eigenkapitalersatz- und der sog. Novellenregeln
(§§ 32 a und b GmbHG) hat lediglich zur Folge, daß der Gesellschafter während der Dauer der Krise seine Forderungen gegen die GmbH nicht durchsetzen darf. Nach Überwindung der Krise ist er jedoch nicht gehindert, die aus seiner Drittgläubigerstellung folgenden Rechte gegen die Gesellschaft - und zwar auch hinsichtlich der Rückstände (BGHZ 140, 147, 153) - zu verfolgen. Im Verhältnis zu seinen Mitgesellschaftern verliert er auch im Falle der Insolvenz der Gesellschaft diese Stellung als Gesellschaftsgläubiger nicht und kann deswegen - sofern nach Befriedigung aller anderen Gläubiger der Gesellschaft ein zu verteilender Betrag verbleibt - die bis dahin in der Durchsetzung gehemmten Ansprüche mit Vorrang vor den Forderungen der Mitgesellschafter bei der Verteilung des Liquidationserlöses geltend machen. Diese schon nach dem hier maßgeblichen früheren Recht geltenden Regeln sind in dem neuen Insolvenzrecht nunmehr in § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO ausdrücklich niedergelegt worden.
Bereits dieser Umstand, daß auch die zeitweise nicht durchsetzbaren, weil den Eigenkapitalersatzregeln unterworfenen Gesellschafterforderungen ihren Charakter als Verbindlichkeiten der Gesellschaft beibehalten, spricht für ihren Ausweis in der Überschuldungsbilanz. Es kommt hinzu, daß das von den sich gegen eine Passivierung dieser Ansprüche aussprechenden Stimmen besonders betonte Erhaltungsinteresse der Gesellschafter (vgl. etwa Lutter/Hommelhoff aaO § 64 Rdnr. 17 a und 17 b) gegenüber dem Interesse der Gläubiger und der Allgemeinheit an einer auf rechtssicherer Grundlage getroffenen Entscheidung über die Insolvenzreife keinen Vorzug verdient. Wenn nicht die Gesellschaft ohnehin in einer so desolaten Lage ist, daß es für die Frage ihrer Überschuldung auf die Passivierung der Forderungen aus eigenkapitalersetzend wirkenden Leistungen nicht mehr ankommt, haben es die Gesellschafter, denen an der Erhaltung der GmbH gelegen ist, in der Hand, durch Abgabe der oben näher beschriebenen Rangrücktrittserklärung deutlich
zu machen, daß sie jedenfalls für die Dauer der Krise auf ihre Position als Drittgläubiger verzichten. In den Grenzfällen erhält der Geschäftsführer eine zweifelsfreie und rechtssichere Grundlage für die von ihm zu treffende Entscheidung , ob die Gesellschaft überschuldet ist und er den Insolvenzantrag stellen muß. Diese Entscheidung dem Gesellschafter abzuverlangen und mit ihr und ihren schadenersatz- und strafrechtlichen Konsequenzen nicht den Geschäftsführer zu belasten, ist auch deswegen angezeigt, weil mit ihr der Gesellschafter klarstellt, daß er die Forderung nicht in Konkurrenz zu den außenstehenden Gläubigern geltend machen, sondern seine Hilfeleistung fortsetzen und verstärken und dadurch erreichen will, daß die Gesellschaft die Chance der Krisenüberwindung bewahrt. Trifft er diese Entscheidung nicht, so gibt er der Hoffnung, als nachrangiger Gesellschaftsgläubiger wenigstens einen Teilbetrag seiner Gesellschafterhilfe zurückzuerhalten, den Vorrang und läßt es damit zu, daß die GmbH in die Insolvenz geführt wird.
Für den Geschäftsführer bedeutet dies die Befreiung von den - trotz einer ausgedehnten Rechtsprechung zum Eigenkapitalersatzrecht nach wie vor bestehenden (K.Schmidt, GmbHR 1999, 9, 15; a.A. Hachenburg/Ulmer aaO § 63 Rdnr. 46 a; Baumbach/Hueck/Schulze-Osterloh aaO § 64 Rdnr. 18; Hommelhoff, FS Döllerer S. 245, 262 f.; Fleischer, ZIP 1996, 773, 776) - Unwägbarkeiten , ob eine Gesellschafterdrittleistung den Eigenkapitalersatzregeln unterliegt oder nicht; er kann den betreffenden Gesellschafter zur Abgabe einer Rangrücktrittserklärung auffordern und hat die Forderungen des Gesellschafters als Verbindlichkeiten zu passivieren, sofern er eine solche Ä ußerung nicht erhält.
(4) Da danach zwar das Darlehen über 1 Mio. DM vom November 1992 mit Rücksicht auf den erklärten Rangrücktritt nicht in den Überschuldungsstatus aufzunehmen war, wohl aber das gleich hohe, nicht mit einer Rangrück-
trittserklärung versehene Gesellschafterdarlehen vom Mai 1993 und auch die "stehen gelassenen" Mietschulden in Höhe von rund 691.000,-- DM passiviert werden mußten, hat das Berufungsgericht - auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen, die allerdings im wieder eröffneten Berufungsverfahren ggfs. ergänzt werden können - im Ergebnis zutreffend das Vorhandensein einer Überschuldung für den hier maßgeblichen Zeitpunkt bejaht.
II. Die Ausstellung und Begebung des Schecks über 119.254,-- DM durch den Beklagten in dieser Überschuldungssituation der Gemeinschuldnerin hat das Berufungsgericht als eine mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht in Einklang stehende Verhaltensweise (§ 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG) angesehen. Hiergegen wendet sich die Revision mit Recht, weil das Berufungsgericht den Sachvortrag des Beklagten, aus dem er herleiten will, daß er sich ordnungsgemäß verhalten hat, nicht vollständig geprüft hat.
1. Zu Lasten eines Geschäftsführers, der in der in § 64 GmbHG beschriebenen Lage der Gesellschaft Zahlungen aus ihrem Gesellschaftsvermögen leistet, wird allerdings vermutet, daß er dabei schuldhaft, nämlich nicht mit der von einem Vertretungsorgan einer GmbH zu fordernden Sorgfalt gehandelt hat (BGHZ 143, 184 ff. = ZIP 2000, 184 f. [unter II 1. b]; Urt. v. 1. März 1993 - II ZR 81/94 [früher: 61/92], ZIP 1994, 841; Urt. v. 11. September 2000 - II ZR 370/99, ZIP 2000, 1896 f.). Nach § 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG kann er diese Vermutung durch den Nachweis widerlegen, daß die von ihm in der Insolvenzsituation bewirkte Leistung mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar war. Der hierfür anzulegende Maßstab bestimmt sich nicht allein nach den allgemeinen Verhaltenspflichten eines Geschäftsführers, der bei seiner Amtsführung Recht und Gesetz zu wahren hat; er ist vielmehr an dem besonderen Zweck des § 64 Abs. 2 GmbHG auszurichten, die verteilungsfähige Vermögensmasse einer insolvenzreifen GmbH im Interesse der
Gesamtheit ihrer Gläubiger zu erhalten und eine zu ihrem Nachteil gehende, bevorzugte Befriedigung einzelner Gläubiger zu verhindern (BGHZ 143 aaO; Urt. v. 11. September 2000 aaO). Soweit Leistungen des Geschäftsführers in der Insolvenzsituation eine Masseverkürzung nicht zur Folge haben oder soweit durch sie im Einzelfall größere Nachteile für die Masse abgewendet werden (vgl. dazu Hachenburg/Ulmer aaO § 64 Rdnr. 42; Baumbach /Hueck/Schulze-Osterloh aaO § 64 Rdnr. 73), kann deswegen das Verschulden nach § 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG ausnahmsweise zu verneinen sein. Dagegen ist das Bestreben des Geschäftsführers, sich durch die genannte Leistung einer persönlichen deliktischen Haftung, etwa aus dem Gesichtspunkt des § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 a StGB (vgl. dazu BGH, Urt. v. 16. Mai 2000 - VI ZR 90/99, ZIP 2000, 1339), zu entziehen, kein im Rahmen des § 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG beachtlicher Umstand; vielmehr müßte in einem solchen - hier allerdings nicht gegebenen - Fall einer Pflichtenkollision das deliktische Verschulden verneint werden, wenn sich der Geschäftsführer - gemessen am Maßstab der dem Interesse der Gesamtheit der Gesellschaftsgläubiger dienenden Spezialvorschrift des § 64 Abs. 2 GmbHG - normgerecht verhält.
2. Daß die von dem Beklagten veranlaßte Umsatzsteuervorauszahlung für den Monat Oktober 1993 nach diesen Grundsätzen als schuldhafter Verstoß gegen die Masseerhaltungspflicht des § 64 Abs. 2 GmbHG einzustufen ist, hat das Berufungsgericht nicht ordnungsgemäß festgestellt.

a) Sollte nämlich, wie der Beklagte geltend gemacht hat, zwischen der Gemeinschuldnerin und der Beklagten zu 3 trotz der jahrelangen gegenteiligen Verfahrensweise keine umsatzsteuerliche Organschaft i.S.v. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG bestanden haben, hätte der Beklagte auf eine eigene Steuerverbindlichkeit der Gemeinschuldnerin geleistet. Jedenfalls dann, wenn diese Zahlung in derselben Höhe auch im Konkursverfahren hätte geleistet werden müssen,
würde es an der Masseverkürzung fehlen, welche die tatbestandliche Voraussetzung für den geltend gemachten Ersatzanspruch ist. Das hängt u.a. von der nach der Verfahrenseröffnung vorhandenen Masse und der Höhe der ggfs. vor der Steuerschuld zu berichtigenden vorrangigen Forderungen anderer Gesellschaftsgläubiger ab. Tatrichterliche Feststellungen hierzu fehlen.
Sollte sich erweisen, daß es durch die Leistung des Beklagten zu einer Masseverkürzung gekommen ist, weil das Finanzamt dem Zweck des § 64 Abs. 2 GmbHG zuwider vorrangig vor anderen Gesellschaftsgläubigern Befriedigung erlangt hat, kann der Beklagte seiner Haftung nicht mit der Erwägung begegnen, er habe durch sein Vorgehen seiner Inanspruchnahme als Haftungsschuldner nach § 69 AO begegnen wollen. Einer derartigen Haftung war er schon nach den einschlägigen steuerrechtlichen Regeln nicht ausgesetzt. Denn danach war er, unabhängig von der Frage, ob die von ihm bewirkte Umsatzsteuervorauszahlung zu den vorrangig vor anderen Verbindlichkeiten zu erfüllenden Gesellschaftsschulden gehört hat (vgl. Klein/Rüsken, AO 7. Aufl. § 69 Rdnr. 38 m.w.N.), jedenfalls überhaupt nicht verpflichtet, in der Insolvenzsituation Zahlungen an das Finanzamt zu erbringen. Der Gefahr, nach § 69 AO belangt zu werden, setzte er sich allein dann aus, wenn er den das Abgabenrecht prägenden Grundsatz der anteiligen Tilgung verletzte, also andere Gesellschaftsgläubiger vor dem Steuerfiskus bevorzugt bediente (BFH, Urt. v. 2. März 1993 - VII R 90/90, BFH-NV 1994, 526, 527; Beermann, DStR 1994, 805, 808 f.; Klein/Rüsken aaO § 69 Rdnr. 39 m.w.N.; Boeker in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO § 69 Rdnr. 14, 45).

b) Falls dagegen - wie die Parteien bis kurz vor der letzten mündlichen Verhandlung im zweiten Rechtszug übereinstimmend vorgetragen haben - zwischen der Beklagten zu 3 und der Gemeinschuldnerin eine umsatzsteuerliche Organschaft bestanden hat, könnte der Beklagte keinesfalls mit seiner Ansicht
durchdringen, er habe den in § 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG niedergelegten Sorgfaltsmaßstab gewahrt. Denn dann wäre nicht die Gemeinschuldnerin, sondern allein die Beklagte zu 3 als Organträgerin Steuerschuldnerin gewesen. Durch die - den seinerzeit angeblich getroffenen Abreden folgende - Zahlung der Gemeinschuldnerin an das Finanzamt wäre dann einerseits die Steuerschuld der Beklagten zu 3 beglichen, zugleich aber auch deren gegenüber der GmbH bestehender Aufwendungsersatzanspruch erfüllt worden. Mit der von dem Beklagten veranlaßten Bezahlung der Umsatzsteuervorauszahlung für den Monat Oktober wäre danach dem Verbot des § 64 Abs. 2 GmbHG zuwider die Organträgerin wegen ihres Aufwendungsersatzanspruchs vor allen anderen Gesellschaftsgläubigern - das endgültige Bestehen einer Umsatzsteuerschuld unterstellt - masseverkürzend befriedigt worden. Dafür, daß der Beklagte in der geschehenen Weise handeln mußte, um einer Inanspruchnahme der Gemeinschuldnerin nach § 73 AO zu entgehen, weil die Beklagte zu 3 als Organträgerin außerstande war, die Steuerschuld zu erfüllen, gibt der Parteivortrag nichts her, abgesehen davon, daß die Inanspruchnahme der Organgesellschaft als Haftungsschuldnerin von einer entsprechenden Ermessensausübung (§ 191 AO, vgl. dazu Boeker aaO § 73 Rdnr. 22 ff.) seitens des Finanzamts abhängig ist. Auch in diesem Zusammenhang könnte sich der Beklagte jedenfalls nicht darauf berufen, er habe zur Abwendung seiner eigenen Haftung nach § 69 AO gehandelt, weil auch insofern der oben erörterte Grundsatz der anteiligen Tilgung anwendbar wäre und er nur für eine Bevorzugung einzelner Gläubiger gegenüber dem Steuerfiskus einstehen müßte.

c) Demgemäß kommt es ggfs. darauf an, ob eine umsatzsteuerliche Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG vorgelegen hat.
Bei einer Betriebsaufspaltung, wie sie hier zwischen der Beklagten zu 3 und der Gemeinschuldnerin vorhanden war, fordert die finanzgerichtliche
Rechtsprechung (BFHE 172, 541; Boeker aaO § 73 Rdnr. 12; Klein/Rüsken aaO § 73 Rdnr. 5), daß das überlassene Betriebsgrundstück für die Umsatztätigkeit der Organgesellschaft "besonders gestaltet, ihrem Betriebsablauf angepaßt und dafür nach Lage, Größe und Bauart und Gliederung besonders zugeschnitten ist". Daß diese Voraussetzung hier erfüllt ist, nachdem der seit 1981 von der Gemeinschuldnerin geführte Betrieb schon vorher jahrzehntelang auf demselben mit Produktionshallen, Maschinen usw. ausgestatteten Gelände betrieben worden war, läßt sich mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts nicht ausschließen.
Nach der Rechtsprechung des BFH (Urt. v. 28. Januar 1999 - V R 32/98, DStR 1999, 497 f.) kann entgegen der von dem Beklagten im Berufungsverfahren vertretenen Ansicht auch nicht ohne nähere tatrichterliche Prüfung ausgeschlossen werden, daß es an der für eine umsatzsteuerliche Organschaft erforderlichen organisatorischen Eingliederung, nämlich einem Über- und Unterordnungsverhältnis zwischen der Beklagten zu 3 und der Gemeinschuldnerin fehlt. Denn eine solche organisatorische Eingliederung wird bereits dann angenommen , wenn durch die Personenidentität der Geschäftsführungsorgane in beiden Gesellschaften sichergestellt ist, daß "eine vom Willen des Organträgers abweichende Willensbildung bei der Organtochter nicht stattfindet".
III. Die danach gebotene Aufhebung und Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht - ggfs. nach ergänzendem Sachvortrag der Parteien - die Gelegenheit , die fehlenden Feststellungen zu treffen. Für die weitere Sachbehandlung weist der Senat auf folgendes hin:
1. § 64 Abs. 2 GmbHG ist, wie der Senat wiederholt ausgesprochen hat, keine Schadenersatznorm, sondern enthält einen Ersatzanspruch eigener Art (Sen.Urt. v. 18. März 1974 - II ZR 2/72, NJW 1974, 1088 f.; vgl. auch BGHZ
143, 184 ff. = ZIP 2000, 184). Er ist seiner Natur nach darauf gerichtet, das Gesellschaftsvermögen wieder aufzufüllen, damit es im Insolvenzverfahren zur ranggerechten und gleichmäßigen Befriedigung aller Gesellschaftsgläubiger zur Verfügung steht. Diesem Zweck widerspräche es, könnte der Geschäftsführer , der dem Verbot des § 64 GmbHG zuwider masseverkürzende Leistungen erbracht hat, auf andere Möglichkeiten der Rückführung der ausgezahlten Beträge (BGHZ 131, 325 ff.) verweisen oder den Erstattungsanspruch im voraus um den zu diesem Zeitpunkt regelmäßig nicht feststellbaren Betrag kürzen, den der durch die verbotene Zahlung begünstigte Gläubiger erhalten hätte (a.A. Roth/Altmeppen aaO § 64 Rdnr. 26; Baumbach/Hueck/Schulze-Osterloh aaO § 64 Rdnr. 76) oder - wie der Beklagte meint - sich gar mit einer bloßen Sicherstellung bis zum Abschluß des Insolvenzverfahrens begnügen. Vielmehr kann der Zweck der Vorschrift nur dadurch erreicht werden, daß der Geschäftsführer den ausgezahlten Betrag ungekürzt erstattet. Damit es nicht zu einer Bereicherung der Masse kommt, ist ihm in dem Urteil vorzubehalten, nach Erstattung an die Masse seine Rechte gegen den Insolvenzverwalter zu verfolgen; dabei deckt sich der ihm zustehende Anspruch nach Rang und Höhe mit dem Betrag, den der begünstigte Gesellschaftsgläubiger im Insolvenzverfahren erhalten hätte. Soweit der Entscheidung des Senats vom 29. November 1999 (BGHZ 143, 184 ff. = ZIP 2000, 184, 186) etwas anderes entnommen werden könnte, wird hieran nicht festgehalten.
2. Sollte sich auf Grund der erneuten Verhandlung ergeben, daß hinsichtlich der von der Gemeinschuldnerin bewirkten Umsatzsteuervorauszahlung ein Erstattungsanspruch gegen das Finanzamt besteht, kann der Beklagte von dem Kläger in entsprechender Anwendung von § 255 BGB ggfs. Abtretung dieser Forderung Zug um Zug gegen Erfüllung des geltend gemachten Ersatzanspruchs verlangen.
Falls die Beklagte zu 3 dagegen bereits jene 119.254,-- DM vom Finanzamt erstattet bekommen haben sollte, hätte der Kläger gegen sie - gleichgültig ob eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft vorgelegen hat oder nicht - einen Aufwendungsersatz- oder Bereicherungsanspruch, den er in gleicher Weise an den Beklagten abzutreten hätte.
3. Die hilfsweise - auf Grund der Unterstellung, es liege eine umsatzsteuerliche Organschaft zwischen der Gemeinschuldnerin und der Beklagten zu 3 vor - erklärte Aufrechnung mit den der Beklagten zu 3 zustehenden Erstattungsforderungen wegen der von dem Kläger vereinnahmten Umsatzsteuerrückzahlungen von zusammen 101.372,30 DM für die Monate November und Dezember 1993 greift nicht durch. Es fehlt schon an dem Vortrag, daß die Beklagte zu 3 überhaupt jene Vorauszahlungen aus ihrem Vermögen geleistet hat. Außerdem ist nicht behauptet worden, die Beklagte zu 3 habe ihren etwaigen Erstattungsanspruch gegen den Kläger an den Beklagten abgetreten und dieser
habe sich ihrer Aufrechnungserklärung angeschlossen. Jedenfalls scheitert die Aufrechnung bereits an § 55 Nr. 2 KO. Denn der Beklagte ist vor Eröffnung des Verfahrens nach § 64 Abs. 2 GmbHG erstattungspflichtig geworden, während der Steuererstattungsanspruch, dessen sich die Beklagte zu 3 berühmt, erst nach der Konkurseröffnung, nämlich Ende des Jahres 1994 entstanden ist.
Röhricht Henze Goette
Kurzwelly Münke