Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Dez. 2015 - IX ZR 11/14

ECLI:ECLI:DE:BGH:2015:031215BIXZR11.14.0
bei uns veröffentlicht am03.12.2015
vorgehend
Landgericht Neubrandenburg, 4 O 192/08, 03.03.2009
Oberlandesgericht Rostock, 1 U 55/09, 20.12.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 11/14
vom
3. Dezember 2015
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2015:031215BIXZR11.14.0

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Pape, Grupp und die Richterin Möhring
am 3. Dezember 2015
beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird die Revision gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 20. Dezember 2013 zugelassen.
Auf die Revision der Beklagten wird das vorbezeichnete Urteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 82.546,68 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Die Beklagten zu 2 bis 4 und R. sind Mitglieder einer in der Rechtsform einer Partnerschaftsgesellschaft betriebenen Rechtsanwälte-, Steuerberater- und Wirtschaftsprüferkanzlei, der Beklagten zu 1, die sich zum 31. Dezember 2003 aufgelöst hat und seit dem 1. Januar 2004 liquidiert wird. Die Klägerin und die Beklagte zu 1 gehören einer Gruppe diverser Steuerberatungsgesellschaften an, die in unterschiedlichen Rechtsformen und personellen Zusammensetzungen die Mandanten in Steuerangelegenheiten beraten. Zu dieser Gruppe gehörte ebenfalls die W. mbH (künftig: Verkäuferin) und eine R. Gesellschaft bürgerlichen Rechts.
2
Die Verkäuferin verpachtete für die Zeit von Mitte 2001 bis Ende 2003 den Mandantenstamm ihrer in Neustrelitz betriebenen Niederlassung an die R. Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die ihrerseits den gepachteten Mandantenstamm in die Beklagte zu 1 einbrachte, jeweils mit Zustimmung der Mandanten. Nachdem die Beklagte zu 1 Ende 2003 aufgelöst werden sollte, verkaufte die Verkäuferin Inventar und Mandantenstamm der Niederlassung Neustrelitz an die Klägerin mit Wirkung zum 1. Januar 2004. Hinsichtlich der Mandanten war in dem Kaufvertrag vereinbart, dass die Klägerin in die einzeln angeführten (auch laufenden) Mandate eintreten sollte. Die Verkäuferin sollte die Zustimmung der Mandanten beibringen. Sie verzichtete aus Vereinfachungsgründen auf eine Abrechnung der bis zum Übernahmetag noch nicht abgeschlossenen Leistungen. Die Klägerin verzichtete im Gegenzug auf die Abrechnung der Vorschüsse für die laufende Buchhaltung. Eventuell durch die Verkäuferin vereinnahmte Vorschüsse für Jahresabschlüsse und Jahressteuererklärungen , die von der Klägerin noch erstellt werden sollten, sollten von der Verkäuferin innerhalb von vier Wochen nach Praxisübergabe an die Klägerin weitergeleitet werden. Eine entsprechende Regelung für die von der Beklagten zu 1 vereinnahmten Vorschüsse fehlt.

3
So wurde verfahren. Die Mandanten willigten ein, dass die Klägerin nunmehr die Beratungen vornahm. Ab dem 1. Januar 2004 erbrachte deswegen alleine die Klägerin die geschuldeten Beratungsleistungen.
4
Mit Schreiben vom 13. April 2006 forderte die Klägerin die Verkäuferin auf, die durch Mandanten an die Beklagte zu 1 bis zum 31. Dezember 2003 gezahlten Vorschüsse in Höhe von 104.294,13 € an sie zu zahlen. Die Verkäuferin stellte sich auf den Rechtsstandpunkt, dazu nicht verpflichtet zu sein, weil sie nach dem Kaufvertrag nur Vorschüsse an die Klägerin abführen müsse, die an sie selbst gezahlt worden seien. In einem ersten Prozess nahm die Klägerin deswegen die Verkäuferin wegen dieser behaupteten Vorschüsse auf Schadensersatz in Anspruch. Das Landgericht Itzehoe wies durch Urteil vom 9. November 2007 die Klage ab; es war der Ansicht, aus dem Kaufvertrag ergebe sich keine Verpflichtung der Verkäuferin, dafür zu sorgen, dass die Beklagte zu 1 die an sie geleisteten Vorschüsse an die Klägerin auszahle.
5
Da die Klägerin im Laufe dieses Prozesses zugestanden hatte, Vergütungen in Höhe von 21.747,45 € entgegengenommen zu haben, die der Beklagten zu 1 zustünden, verklagte nunmehr die Verkäuferin die Klägerin in einem Folgeprozess unter anderem wegen dieses Betrages aus abgetretenem Recht der Beklagten zu 1. Die Klägerin rechnete mit ihren behaupteten Ansprüchen gegen die Beklagte zu 1 im Hinblick auf die Vorschüsse auf. Das Landgericht hat die Klägerin zur Zahlung verurteilt und die Aufrechnung nicht durchgreifen lassen. Auf die Berufung der Klägerin änderte das Berufungsgericht durch Urteil vom gleichen Tag wie in der streitgegenständlichen Sache das landgerichtliche Urteil ab und wies wegen der erklärten Aufrechnung die Klage ab.
6
Im vorliegenden Rechtsstreit macht die Klägerin direkt gegen die Beklagten die behaupteten, angeblich ihr zustehenden Vorschüsse in Höhe von (104.294,13 € - 21.747,45 € =) 82.546,68 € geltend. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht der Klage stattgegeben. Hiergegen wenden sich die Beklagten mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde , mit der sie die Zulassung der Revision und die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erreichen möchten.

II.


7
Die Revision ist nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, weil das angegriffene Urteil den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt. Das Urteil ist gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
8
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Soweit die Klägerin ihre Ansprüche aus fremden Rechten ihrer Mandanten geltend gemacht habe, seien die Forderungen allerdings verjährt, dies sei aber nicht so, soweit sie die Zahlungsansprüche auf eigenes Recht stütze. Die dreijährige Verjährungsfrist dieser Ansprüche , die mit Anfang des Jahres 2004 entstanden seien, beginne mit Ende des Jahres 2004, sei bis Ende des Jahres 2007 gelaufen und durch die Ende des Jahres 2007 gestellten Anträge auf Erlass der Mahnbescheide rechtzeitig gehemmt worden. Soweit das Landgericht gemeint habe, eine wirksame Hemmung der Verjährung sei durch die Einleitung des Mahnverfahrens noch im Jahr 2007 nicht eingetreten, weil die Mahnbescheide für die einzelnen Schuld- ner nicht hinreichend individualisiert gewesen seien und für jene deshalb nicht erkennbar gewesen sei, welche Ansprüche gegen sie jeweils geltend gemacht würden, wobei für das Landgericht von entscheidender Bedeutung gewesen sei, dass aus den Mahnbescheiden nicht hervorgehe, dass Gegenstand der Mahnbescheide auch Ansprüche aus abgetretenem Recht seien, verkenne das Landgericht, dass den Mahnbescheidsanträgen keine Forderungen aus abgetretenem Recht hätten zugrunde liegen können, weil die Abtretungen erst nach Zustellung der Mahnbescheide erfolgt seien.
9
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt mit Recht die Verletzung des Anspruchs der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) durch das Berufungsgericht, denn es hat erheblichen Vortrag der Beklagten nicht berücksichtigt.
10
a) Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht unter anderem , das tatsächliche und rechtliche Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen (st. Rspr., vgl. BVerfGE 86, 133, 146; BVerfG, ZIP 2004, 1762, 1763; BGH, Beschluss vom 27. März 2003 - V ZR 291/02, BGHZ 154, 288, 300). Art. 103 Abs. 1 GG ist allerdings erst verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Denn grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte das von ihnen entgegengenommene Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Sie sind dabei nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Deshalb müssen im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 10. April 2014 - VII ZR 126/12, nv Rn. 7; vom 24. März 2015 - VI ZR 179/13, NJW 2015, 2125 Rn. 11; vom 24. Juni 2015 - VII ZR 272/13, nv Rn. 9; vom 9. September 2015 - VII ZR 324/13, nv Rn. 11; vom 15. September 2015 - VI ZR 431/14, nv Rn. 8; BVerfGE 65, 293, 295 f; BVerfGE 70, 288, 293; BVerfGE 86, 133, 146).
11
b) So verhält es sich im Streitfall. Die Nichtzulassungsbeschwerde beanstandet mit Erfolg, dass das Berufungsgericht bei der Prüfung der Verjährung der Forderungen der Klägerin entscheidungserheblichen Vortrag der Beklagten in der Berufungserwiderungsschrift unbeachtet gelassen hat.
12
aa) Die Beklagten haben in der Berufungserwiderung das landgerichtliche Urteil verteidigt und zur Verjährung vorgetragen, die Klägerin habe eine Mehrheit von Forderungen in einem Gesamtbetrag zusammengefasst, deswegen habe eine Individualisierung erfolgen müssen. Dies gelte umso mehr, als die Klägerin nur einen Teilbetrag geltend gemacht habe. Eine Hemmung trete bei einer fehlenden Individualisierung nicht ein. Die Beklagten beriefen sich zur Begründung ihrer Rechtsansicht auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 21. Oktober 2008 - XI ZR 466/07, NJW 2009, 56 Rn. 21) und machten geltend, dass auch die nach Ablauf der Verjährungsfrist erfolgte Individualisierung der Forderung im Prozess nicht zurückwirke, wenn im Mahnbescheid eine genaue Aufschlüsselung des eingeforderten Betrages auf die Einzelforderungen unterblieben sei. Ohne ausreichende Individualisierung der Einzelforderungen und genaue Aufteilung des geforderten Teilbetrages könne weder auf Grundlage des Mahnbescheides ein der materiellen Rechtskraft fähiger Vollstreckungstitel ergehen noch werde dem Schuldner die Beurteilung ermöglicht , ob er sich gegen den Anspruch ganz oder teilweise zur Wehr setzen wolle. Demgegenüber sei der Gläubiger, der sich die Vorteile des Mahnverfahrens zunutze machen wolle, ohne weiteres zu einer ausreichenden Individualisierung in der Lage.
13
bb) Auf diesen Vortrag der Beklagten ist das Berufungsurteil mit keinem Wort eingegangen. Dabei war dieser Vortrag der Beklagten auch aus Sicht des Berufungsgerichts entscheidungserheblich.
14
(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hemmt die Zustellung eines Mahnbescheids, mit dem ein Teilbetrag aus mehreren Einzelforderungen geltend gemacht wird, die Verjährung nicht, wenn eine genaue Aufschlüsselung der Einzelforderungen unterblieben ist und die Individualisierung erst nach Ablauf der Verjährungsfrist im anschließenden Streitverfahren nachgeholt wird (BGH, Urteil vom 21. Oktober 2008 - XI ZR 466/07, NJW 2009, 56 Rn. 20 f; vgl. für die Hemmung der Verjährung einer Insolvenzforderung durch die Feststellung zur Tabelle: BGH, Urteil vom 21. Februar 2013 - IX ZR 92/12, NZI 2013, 388 Rn. 30 f). Diese Rechtsprechung bezieht sich aber nur auf die Aufschlüsselung mehrerer Einzelforderungen, nicht auf die nachträgliche Individualisierung von mehreren Rechnungsposten einer einheitlichen Forderung (BGH, Urteil vom 6. Mai 2014 - II ZR 217/13, NJW 2014, 3298 Rn. 15).
15
(2) Die Klägerin macht in diesem Rechtsstreit mehrere Einzelforderungen in einem Gesamtumfang von (104.294,13 € - 21.747,45 € =) 82.546,68 € geltend. Denn sie behauptet, die Beklagte zu 1 habe bis zum 31. Dezember 2003 Vorschusszahlungen der Mandanten in Höhe von 104.294,13 € entgegengenommen , ohne die vereinbarten Beratungsleistungen erbracht zu haben; erst die Klägerin habe die Mandanten nach dem 1. Januar 2004 auf die Aufträge beraten, für die die Mandanten Vorschüsse geleistet hätten. Mithin macht die Klägerin aus eigenem Recht entweder aus Vertrag oder aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder aus Bereicherungsrecht Ansprüche geltend, die sich daraus ergeben, dass die Klägerin gegenüber ihren Mandanten in vollem Umfang Beratungsleistungen erbracht, sie aber nur abzüglich der Vorschusszahlungen der Mandanten an die Beklagte zu 1 vergütet erhalten hat. Dann aber macht die Klägerin für jedes so abgerechnete Mandat jeweils einen einzelnen Anspruch gegen die Beklagte zu 1 geltend. Diese Einzelansprüche sollen nach dem klägerischen Vortrag einen Gesamtumfang von 104.294,13 € haben.
16
Es soll unterstellt werden, dass das Berufungsgericht im Hinblick auf die Vorprozesse angenommen hat, die Beklagten hätten genau gewusst, was sich unter der Anspruchsbezeichnung in den Mahnbescheiden "Geschäftsbesorgung durch Selbständige gemäß Aufstellung - Vorschüsse per vom 31.12.2003" verbarg , nämlich die Ansprüche auf Auskehr der an die Beklagte zu 1 bis zum 31. Dezember 2003 erbrachten Vorschusszahlungen durch die Mandanten für Jahresabschlüsse und Jahressteuererklärungen, die die Klägerin ab 1. Januar 2004 aufgestellt und gefertigt hat. Die Beklagten waren persönlich zwar an den Vorprozessen nicht beteiligt, die zwischen der Klägerin und der Verkäuferin in wechselnden Parteirollen geführt worden sind. Das Berufungsgericht konnte aber möglicherweise davon ausgehen, dass die Beklagten um die Vorprozesse und den Inhalt der von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche wussten, weil einer der Partner der Beklagten zu 1 Geschäftsführer der Hauptgesellschafterin der Klägerin ist und ein weiterer, der Beklagte zu 4, Geschäftsführer der Verkäuferin.
17
Dennoch sind die von der Klägerin gegen die Beklagten behaupteten Forderungen nicht hinreichend individualisiert. Denn das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, welche Vorschüsse Gegenstand der Mahnbescheidsanträge waren. Die Klägerin hat in dem zweiten Vorprozess mit einem Teil ihrer behaup- teten Ansprüche auf Auskehr der Vorschüsse gegen die von der Verkäuferin aus abgetretenem Recht der Beklagten zu 1 geltend gemachten Ansprüche bereits aufgerechnet. Deswegen ist die Klage der Verkäuferin in Höhe von 21.747,45 € im Vorprozess abgewiesen worden. Solange die Klägerin nicht gegenüber den Beklagten mit den Mahnbescheidsanträgen oder durch ein Schriftstück an die Beklagten vor Stellung der Mahnbescheidsanträge aufgeschlüsselt hat, wie sich genau der noch geltend gemachte Gesamtbetrag zusammensetzt, welche konkreten Vorschusszahlungen also mit den über 82.122,05 € lautenden Mahnbescheiden geltend gemacht werden, waren die Mahnbescheidsanträge nicht hinreichend individualisiert. Eine solche Individualisierung könnte gegeben sein, wenn die Klägerin im Vorprozess aufgeschlüsselt hätte, mit welchen konkreten Forderungen auf Auskehr der Vorschusszahlungen sie aufgerechnet hätte, und die Beklagten hiervon informiert gewesen wären. Diesbezüglich hat das Berufungsgericht jedoch keine Feststellungen getroffen.
18
(3) Der Vortrag der Beklagten in der Berufungserwiderung war deswegen erheblich. Das Schweigen des Berufungsurteils zu dieser zentralen Frage des Rechtsstreits, ob mögliche Zahlungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagten verjährt sind, lässt sich nur dadurch erklären, dass das Berufungsgericht die Ausführungen der Beklagten nicht zur Kenntnis genommen, jedenfalls nicht in Erwägung gezogen hat. Denn sonst hätte es sich bei der Prüfung der Frage, ob die Klägerin ihre Ansprüche in den Mahnbescheidsanträgen ausreichend individualisiert hat, nicht allein mit der für das Berufungsgericht unerheblichen Frage beschäftigt, ob die Klägerin mit den Mahnbescheiden sowohl Ansprüche aus abgetretenem und eigenem Recht geltend gemacht hat.
19
3. Die Gehörsverletzung ist entscheidungserheblich. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung des übergangenen Vortrags der Beklagten die Forderungen der Klägerin jedenfalls für verjährt angesehen hätte.

III.


20
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
21
1. Das Berufungsgericht wird auf die Zulässigkeit der Klage hinwirken müssen.
22
a) Die Klägerin macht dadurch, dass sie ihre Forderungen sowohl aus eigenem Recht wie auch aus abgetretenem Recht ihrer Mandanten herleitet, jeweils zwei Streitgegenstände geltend, weil die den unterschiedlichen Ansprüchen zugrunde liegenden Lebenssachverhalte verschieden sind (vgl. BGH, Urteil vom 4. Mai 2005 - VIII ZR 93/04, NJW 2005, 2004, 2005). Macht ein Kläger mit alternativer Begründung sowohl eigene Ansprüche als auch Ansprüche aus abgetretenem Recht geltend, muss er deutlich machen, in welcher Reihenfolge er die Ansprüche zur Überprüfung durch das Gericht stellen will. Denn er darf nicht dem Gericht die Auswahl überlassen, auf welchen Klagegrund es die Verurteilung stützt, weil er nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO den Klagegrund bestimmt zu bezeichnen hat (BGH, Beschluss vom 24. März 2011 - I ZR 108/09, BGHZ 189, 56 Rn. 6 ff; Urteil vom 25. April 2013 - IX ZR 62/12, NJW 2013, 2429 Rn. 13). Hat der Kläger mehrere Klagegründe im Wege einer alternativen Klagehäufung verfolgt, kann er die gebotene Bestimmung der Reihenfolge, in der er die prozessualen Ansprüche geltend machen will, allerdings noch in der Berufungs- oder der Revisionsinstanz nachholen (BGH, Beschluss vom 24. März 2011, aaO Rn. 13). Die Klägerin muss erklären, welche Ansprüche sie in erster Linie und welche Ansprüche sie hilfsweise geltend machen will.
23
b) Da die Klägerin von den Beklagten die Auskehr verschiedener Vorschusszahlungen unterschiedlicher Mandanten verlangt, die bis zum 31. Dezember 2003 an die Beklagte zu 1 erbracht worden sind, sie mithin - wie oben im Zusammenhang mit der Individualisierung der Mahnbescheidsanträge ausgeführt worden ist - mehrere Einzelforderungen geltend macht, aber nicht den Gesamtbetrag in Höhe von 104.294,13 €, sondern nur einen um 21.747,45 € gekürzten Teilbetrag in Höhe von 82.546,68 €, muss sie auch zur Individualisierung der Klageforderung aufschlüsseln, welche Forderungen auf Auskehr der Vorschusszahlung sie konkret - bezogen auf den Teilbetrag - geltend macht.
24
2. Das Berufungsgericht kann die Anspruchsgrundlage nicht offen lassen , sondern wird prüfen müssen, ob die Klägerin ihre Forderungen auf Vertrag , Geschäftsführung ohne Auftrag oder Bereicherungsrecht stützen kann. Bisher sind die Voraussetzungen dieser Anspruchsgrundlagen nicht festgestellt worden.
25
3. Ansprüche aus abgetretenem Recht der Mandanten dürften der Klägerin nicht zustehen. Sofern die Beteiligten mit den Mandanten nichts anderes vereinbart haben, erlosch aufgrund der Vorschusszahlung infolge der Vertragsübernahme der Klägerin deren Vergütungsanspruch mit seinem Entstehen, jedenfalls aber mit der Verrechnung durch die Klägerin. Solange die Mandanten als Vorschuss nicht mehr gezahlt haben, als sie der Klägerin als Vergütung schuldeten, hatten sie keinen Anspruch auf Rückzahlung des Überschusses aus dem Steuerberatungsvertrag nach § 667 BGB gegen die Klägerin und die Beklagte zu 1.
Kayser Gehrlein Pape
Grupp Möhring

Vorinstanzen:
LG Neubrandenburg, Entscheidung vom 03.03.2009 - 4 O 192/08 -
OLG Rostock, Entscheidung vom 20.12.2013 - 1 U 55/09 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Dez. 2015 - IX ZR 11/14

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 253 Klageschrift


(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift). (2) Die Klageschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;2.die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Ansp

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 667 Herausgabepflicht


Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben.
Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Dez. 2015 - IX ZR 11/14 zitiert 5 §§.

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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 291/02
vom
27. März 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
ZPO (2002) § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 Alt. 2

a) Zur Darlegung des Zulassungsgrundes des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO genügt
nicht die bloße Behauptung einer grundsätzlichen Bedeutung. Die Beschwerdebegründung
muß vielmehr insbesondere auf die Klärungsbedürftigkeit einer bestimmten
Rechtsfrage und ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung
eingehen.

b) Betrifft eine Rechtsfrage, wegen der grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2
Satz 1 Nr. 1 ZPO) geltend gemacht wird, auslaufendes Recht, so muß in der Begründung
der Nichtzulassungsbeschwerde auch dargelegt werden, daß eine
höchstrichterliche Entscheidung gleichwohl für die Zukunft richtungsweisend sein
kann, weil entweder noch über eine erhebliche Anzahl von Fällen nach altem
Recht zu entscheiden oder die Frage für das neue Recht weiterhin von Bedeutung
ist.

c) Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2
Alt. 2 ZPO) ist die Revision auch dann zuzulassen, wenn das Berufungsurteil auf
einem Rechtsfehler beruht, der geeignet ist, das Vertrauen in die Rechtsprechung
zu beschädigen. Dies ist namentlich der Fall, wenn das Berufungsurteil auf einer
Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes in seiner Ausprägung als Willkürverbot
(Art. 3 Abs. 1 GG) oder auf einer Verletzung der Verfahrensgrundrechte
des Beschwerdeführers beruht (Fortführung der Senatsrechtspr., Beschl. v. 4. Juli
2002, V ZR 16/02, NJW 2002, 3029 u. V ZR 75/02, NJW 2002, 2957; Abgrenzung
zu BGH, Beschl. v. 1. Oktober 2002, XI ZR 71/02, NJW 2003, 65).

d) Auch für eine Zulassung der Revision zur Wahrung des Vertrauens in die Recht-
sprechung kommt es auf die Offensichtlichkeit des Rechtsfehlers nicht an. Soweit
in den Gesetzesmaterialien eine Ergebniskorrektur wegen "offensichtlicher Unrichtigkeit"
des Berufungsurteils gefordert wird, sind damit Fälle der Willkür angesprochen
, bei denen sich die Rechtsauslegung oder Rechtsanwendung durch das
Berufungsgericht so weit von den gesetzlichen Grundlagen entfernt, daß sie unter
keinem denkbaren Aspekt mehr vertretbar und in diesem Sinne evident fehlerhaft
ist.
BGH, Beschluß vom 27. März 2003 - V ZR 291/02 - OLG Düsseldorf
LG Duisburg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 27. März 2003 durch den
Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die Richter
Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und Dr. Schmidt-Räntsch

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 28. Juni 2002 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 37.234,67

Gründe:


I.


Mit notariellem Vertrag vom 7. Juli 1998 verkauften die Beklagte zu 1 und ihr zwischenzeitlich verstorbener Ehemann, der vom Beklagten zu 2 beerbt worden ist, ein 877 m² großes Hausgrundstück unter Ausschluß jeder Gewährleistung zum Preis von 430.000 DM an die Kläger. Das auf dem Grundstück befindliche Gebäude, eine Doppelhaushälfte, war in der Zeit zwischen 1920 und 1930 errichtet und nach 1945 um einen Anbau erweitert worden. Die Beklagte zu 1 und ihr Ehemann hatten vor dem Verkauf an die Kläger selbst mehr als zwanzig Jahre lang in dem Haus gewohnt. Nach Übergabe des
Grundstücks am 4. Januar 1999 begannen die Kläger damit, das Haus zu entkernen. Im Zuge der Renovierungsarbeiten zeigten sich nach Entfernung angebrachter Eternitschiefer- und Rigipsplatten sowie auf dem Boden verlegter Teppiche zahlreiche Risse in Decken und Wänden. Außerdem stellten die Kläger fest, daß im Garten des steil abfallenden Grundstücks etwa 90 m³ gemischte Bau- und Abbruchabfälle abgelagert worden waren. Wegen der festgestellten Bauwerksschäden ließen die Kläger das Haus abreißen.
Sie verlangen von den Beklagten den Ersatz der Kosten für die Mängelbeseitigung in Höhe von 37.671,78 DM und die Abfallentsorgung in Höhe von 31.679,60 DM sowie weitere 13.500 DM als Entschädigung für die fehlende Nutzbarkeit des Objekts während der für die Sanierung erforderlichen neun Monate. Nach vollständiger Abweisung der Klage durch das Landgericht hat das Oberlandesgericht die Beklagten wegen der zum Nachbarhaus hin gekippten Gebäudetrennwand gemäß § 463 Satz 2 BGB a.F. zu Schadensersatz "! # $ %& ' in Höhe von 5.126,57 Berufung der Kläger zurückgewiesen, weil sich nicht feststellen lasse, daß die Beklagten von den weiteren Gebäudemängeln und von der stofflichen Zusammensetzung der als solcher offensichtlichen Anschüttung im Garten Kenntnis gehabt hätten. Hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs auf Nutzungsausfallentschädigung hätten die Kläger nicht vorgetragen, inwieweit die ohnehin geplanten und bereits begonnenen Entkernungsarbeiten durch die Beseitigung der gerügten Mängel - soweit die Beklagten für diese überhaupt verantwortlich seien - verzögert worden wären. Die Revision hat das Oberlandesgericht nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Kläger.

II.


Die Nichtzulassungsbeschwerde (§ 544 ZPO) ist zulässig, bleibt in der Sache selbst jedoch ohne Erfolg, weil die Kläger einen Zulassungsgrund (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) nicht dargetan haben.
1. Entgegen der Auffassung der Kläger ist der Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) nicht gegeben.

a) Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (Senat, Beschl. v. 4. Juli 2002, V ZR 75/02, NJW 2002, 2957; BGH, Beschl. v. 1. Oktober 2002, XI ZR 71/02, NJW 2003, 65, 68 zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen; Beschl. v. 19. Dezember 2002, VII ZR 101/02, NJW 2003, 831; Beschl. v. 7. Januar 2003, X ZR 82/02, WM 2003, 403, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen; zu § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO: Senat, Beschl. v. 4. Juli 2002, V ZB 16/02, NJW 2002, 3029, zur Veröffentlichung in BGHZ 151, 221 vorgesehen, jeweils m. w. N.). Diese Voraussetzungen müssen in der Beschwerdebegründung dargelegt werden (§ 544 Abs. 2 Satz 3 ZPO). Hierfür genügt die bloße Behauptung , die Streitsache habe grundsätzliche Bedeutung, nicht. Der Beschwerdeführer muß vielmehr konkret auf die Rechtsfrage, ihre Entscheidungserheblichkeit , Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit sowie ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingehen. Insbesondere sind
Ausführungen dazu erforderlich, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite die betreffende Rechtsfrage umstritten ist (BGH, Beschl. v. 1. Oktober 2002, aaO; ebenso zu § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO: BFHE 196, 30, 35; BFH/NV 2001, 1033; 2002, 51, 52; 213, 214; 352, 353). Diesen Anforderungen werden die Ausführungen der Kläger in der Beschwerdebegründung nicht gerecht.

b) Im Zusammenhang mit dem geltend gemachten Anspruch auf Ersatz entgangener Nutzung des Wohnhauses - den das Berufungsgericht zwar grundsätzlich für möglich gehalten (zu den Voraussetzungen der Nutzungsentschädigung bei gekauften Wohnungen vgl. Senat, BGHZ 117, 260, 261 f), im Ergebnis aber wegen unzureichender Darlegungen zur Dauer der Verzögerung durch erforderliche Mängelbeseitigungsarbeiten verneint hat - wollen die Kläger der Frage rechtsgrundsätzliche Bedeutung beilegen, ob das Gericht zur Ermittlung der Höhe eines Nutzungsausfallschadens die Dauer einer erforderlichen Reparatur anhand vorliegender einfacher Baubeschreibungen gemäß § 287 ZPO schätzen müsse. Der Beschwerdebegründung läßt sich indessen nicht entnehmen, in welcher Hinsicht diese Frage klärungsbedürftig ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes setzt eine Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO die schlüssige Darlegung von Ausgangs- bzw. Anknüpfungstatsachen voraus (BGH, Urt. v. 15. März 1988, VI ZR 81/87, NJW 1988, 3016, 3017). Hierfür dürfen zwar keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden (BGH, Urt. 27. September 2001, IX ZR 281/00, NJW 2002, 825, 826). Solange greifbare Anhaltspunkte für die Darstellung des Klägers vorliegen, ist es nicht möglich, eine Schadensersatzklage wegen eines lückenhaften Vortrags abzuweisen (BGH, Urt. v. 2. Juli 1996, X ZR 64/94, NJW 1996, 2924, 2925). Unzulässig ist eine Schadensschätzung jedoch, wenn sie mangels
greifbarer, vom Kläger vorzutragender Anhaltspunkte völlig in der Luft hinge (BGHZ 91, 243, 256 f; BGH, Urt. v. 12. Oktober 1993, X ZR 65/92, NJW 1994, 663, 665). Daß - und ggf. von wem und mit welchen Gründen - diese Grundsätze in Zweifel gezogen werden, mithin Klärungsbedarf bestehen könnte, haben die Kläger nicht dargelegt. Der Sache nach rügen sie lediglich, daß das Berufungsgericht eine Schadensschätzung trotz hinreichender Anknüpfungstatsachen unterlassen hat. Ob die von den Klägern, ggf. unter Bezugnahme auf den Inhalt der eingeholten Sachverständigengutachten, vorgetragenen Tatsachen eine ausreichende Schätzungsgrundlage, sei es auch nur für die Feststellung eines Mindestschadens, abgegeben hätten, ist indes eine Frage der zutreffenden Rechtsanwendung im Einzelfall und einer Verallgemeinerung nicht zugänglich.

c) Ebensowenig kommt der vorliegenden Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Hinblick auf die Frage zu, ob nach § 463 Satz 2 BGB a.F. auch solche Schadenspositionen zu ersetzen sind, die zwar durch den arglistig verschwiegenen Umstand verursacht sind, dem Verkäufer jedoch nicht bekannt waren. Die grundsätzliche Bedeutung dieser Frage scheitert an der fehlenden Entscheidungserheblichkeit. In ihrer Beschwerdebegründung weisen die Kläger selbst darauf hin, daß das Berufungsgericht ihrem Vorbringen, sämtliche Gebäudeschäden seien auf eine einzige Ursache - nämlich auf das den Verkäufern bekannte Kippen der Gebäudetrennwand - zurückzuführen, nicht gefolgt ist. Das Berufungsgericht ist vielmehr von dem Vorliegen mehrerer verschiedener Fehler des verkauften Hauses ausgegangen. Danach scheidet wegen derjenigen Fehler, die der Beklagten zu 1 und ihrem Ehemann nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht bekannt waren, ein Schadensersatzanspruch gemäß § 463 Satz 2 BGB a.F. schon mangels Arglist aus, ohne
daß es auf die Beantwortung der von den Beklagten angesprochenen Frage ankäme, ob sich die Kenntnis des Verkäufers auch auf die Folgen eines arglistig verschwiegenen Fehlers erstrecken muß. Darüber hinaus enthält die Beschwerdebegründung keinerlei Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit dieser Rechtsfrage. Die Kläger verweisen lediglich darauf, daß sich das Arglisterfordernis nach der Rechtsprechung des Senats nur auf den Fehler der Kaufsache als solchen, nicht jedoch auf die daraus resultierenden weiteren Schadensfolgen bezieht (Senat, Urt. v. 12. Juli 1991, V ZR 121/90, NJW 1991, 2900, 2901; vgl. auch Senat, Urt. v. 3. März 1995, V ZR 43/94, NJW 1995, 1549, 1550). Daß und von wem dies bestritten würde, haben die Kläger hingegen wiederum nicht dargelegt. Da die Rechtsfrage auslaufendes Recht betrifft, hätten die Kläger zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit überdies aufzeigen müssen, daß eine höchstrichterliche Entscheidung gleichwohl für die Zukunft richtungweisend sein kann, weil entweder noch über eine erhebliche Anzahl von Fällen nach altem Recht zu entscheiden oder die Frage für das neue Recht weiterhin von Bedeutung ist (vgl. zu § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO: BFH/NV 1997, 347, 348; 2000, 1080; 2003, 186, 187; zu § 132 Abs. 1 Nr. 2 VwGO: BVerwG, Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 129; NVwZ-RR 1996, 712 m.w.N.; zu § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG: BSG SozR 1500 § 160a SGG Nr. 19). Auch daran läßt es die Beschwerde fehlen.

d) Geht es nicht um die Klärung einer für eine Vielzahl von Fällen bedeutsamen Rechtsfrage, so kommt einer Sache grundsätzliche Bedeutung auch dann zu, wenn andere Auswirkungen des Rechtsstreits, insbesondere dessen tatsächliches oder wirtschaftliches Gewicht, nicht nur für die Vermögensinteressen der Parteien, sondern auch für die Allgemeinheit von besonderer Bedeutung sind (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes
zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722, S. 105; BGH, Beschl. v. 1. Oktober 2002, aaO; MünchKomm-ZPO/Wenzel, 2. Aufl., Aktualisierungs- band, § 543 Rdn. 11; Hannich in Hannich/Meyer-Seitz, ZPO-Reform 2002, § 543 Rdn. 19). Für eine Zulassung der Revision unter diesem Gesichtspunkt ist der Beschwerdebegründung jedoch kein Hinweis zu entnehmen.
2. Entgegen der Auffassung der Kläger ist die Zulassung der Revision auch nicht zur Fortbildung des Rechts geboten (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 ZPO). Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, daß der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen. Ein solcher Anlaß besteht für die Entwicklung höchstrichterlicher Leitsätze nur dann, wenn es für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte an einer richtungweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise fehlt (vgl. zu § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 ZPO: Senat, Beschl. v. 4. Juli 2002, V ZB 16/02, aaO, m.w.N.; Beschl. v. 19. September 2002, V ZB 31/02, NJW-RR 2003, 132; zu § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 FGO: BFHE 196, 30, 35; BFH/NV 2002, 51, 52; 682, 683). Dies ist nach dem Inhalt der Beschwerdebegründung nicht der Fall, wie bereits die von den Klägern in Bezug genommene Rechtsprechung des Senats belegt.
3. Eine höchstrichterliche Entscheidung ist ferner nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO).

a) Dieser Zulassungsgrund ist zunächst in den Fällen einer Divergenz gegeben, wenn also die anzufechtende Entscheidung von der Entscheidung
eines höher- oder gleichrangigen Gerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine Abweichung in diesem Sinne liegt nur vor, wenn die anzufechtende Entscheidung ein und dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die Vergleichsentscheidung, mithin einen Rechtssatz aufstellt, der sich mit einem in der Vergleichsentscheidung aufgestellten und diese tragenden Rechtssatz nicht deckt (Senat, Beschl. v. 4. Juli 2002, V ZR 75/02, aaO; Beschl. v. 25. Juli 2002, V ZR 118/02, NJW 2002, 3180; Beschl. v. 31. Oktober 2002, V ZR 100/02, WM 2003, 259; BGH, Beschl. v. 1. Oktober 2002, aaO, 66; zu § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO: Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02, NJW 2002, 2473 f; Beschl. v. 4. Juli 2002, V ZB 16/02, aaO; zu § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG: Senat, BGHZ 89, 149, 151). Diese Voraussetzung zeigen die Kläger in ihrer Beschwerdebegründung nicht auf. Zwar rügen sie, das Berufungsgericht sei entgegen der bereits genannten Entscheidung des Senats vom 12. Juli 1991 fehlerhaft davon ausgegangen, der Verkäufer habe nach § 463 Satz 2 BGB a.F. nur solche Schadenspositionen zu ersetzen, hinsichtlich derer ihm Vorsatz nachgewiesen werden könne. Damit hat das Berufungsgericht jedoch keinen abstrakten Rechtssatz aufgestellt, der von der Rechtsprechung des Senats abweicht. Es kann sich allenfalls um eine fehlerhafte, die Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht beachtende Rechtsanwendung handeln, wodurch jedoch eine Divergenz nicht begründet wird (MünchKomm-ZPO/Wenzel, aaO, § 543 Rdn. 16; vgl. auch Senat, Beschl. v. 1. Juli 1977, V BLw 1/77, AgrarR 1977, 387, 388, std. Rspr. zu § 24 LwVG; zu § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG: BAG, AP Nr. 33 zu § 72a ArbGG 1979).

b) Obgleich der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) nicht auf die geschilderten Fälle der Divergenz beschränkt ist, sind seine Voraussetzungen nicht
schon dann erfüllt, wenn - was zu Gunsten der Kläger unterstellt werden mag - die Entscheidung des Berufungsgerichts, gemessen an der Rechtsprechung des Senats, fehlerhaft ergangen wäre. Mit der Einführung dieses Zulassungsgrundes wollte der Gesetzgeber dem Bundesgerichtshof nicht die Gewährleistung einer einheitlichen Rechtsprechung in dem Sinne auferlegen, daß Entscheidungen der Instanzgerichte in jedem Fall auf ihre Richtigkeit revisionsrechtlich zu überprüfen und ggf. zu korrigieren sind. Erforderlich ist vielmehr, daß über den Einzelfall hinaus ein allgemeines Interesse an einer korrigierenden Entscheidung des Revisionsgerichts besteht (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BTDrucks. 14/4722, S. 104; Senat, Beschl. v. 31. Oktober 2002, aaO, 260; zu § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO: Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, aaO, 2474; Senat, Beschl. v. 4. Juli 2002, V ZB 16/02, aaO, 3030 m.w.N.). Nur eine solche restriktive Auslegung entspricht dem mit der Neuregelung des Zugangs zur Revisionsinstanz - ausweislich der Begründung des Regierungsentwurfs (BTDrucks. 14/4722, S. 66) - verfolgten Zweck, im Interesse der Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Bundesgerichtshofes (vgl. hierzu Rimmelspacher in Festschrift für Schumann, 2001, S. 327, 331 f; Wenzel, NJW 2002, 3353) das Rechtsmittel nur für solche Sachen zu eröffnen, deren Entscheidung Bedeutung über den Einzelfall hinaus zukommt, weil hierbei Fragen auch mit Blick auf die Wiederholung ähnlicher Fälle zu beantworten sind oder sonstige Interessen der Allgemeinheit in besonderem Maße berührt werden.
aa) Im danach maßgeblichen Interesse der Allgemeinheit liegt die Korrektur eines fehlerhaften Berufungsurteils zum einen dann, wenn vermieden werden soll, daß schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung entstehen oder fortbestehen, die nicht den Charakter einer Divergenz im her-
kömmlichen Sinn haben. Die hierdurch bestimmte Notwendigkeit einer höchstrichterlichen Leitentscheidung muß sich aus konkreten Anhaltspunkten ergeben , wie etwa aus einer ständigen Fehlerpraxis, die eine Wiederholung des Rechtsfehlers durch das Gericht besorgen läßt, oder aus der ernsthaften Gefahr einer Nachahmung durch andere Gerichte (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722, S. 104; Senat, Beschl. v. 4. Juli 2002, V ZR 75/02, aaO; Beschl. v. 31. Oktober 2002, aaO; BGH, Beschl. v. 1. Oktober 2002, aaO; zu § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO: Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, aaO, 2474; Beschl. v. 19. September 2002, aaO; BGH, Beschl. v. 4. September 2002, VIII ZB 23/02, NJW 2002, 3783, 3784; Beschl. v. 27. November 2002, VIII ZB 33/02, NJWRR 2002, 229; zu § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG: BGHSt 24, 15, 22). Die Evidenz oder das Gewicht eines Rechtsfehlers kann in diesem Zusammenhang keine Bedeutung erlangen; denn diese Umstände sprechen eher gegen als für die Gefahr einer Wiederholung oder Nachahmung (vgl. BGH, Beschl. v. 1. Oktober 2002, aaO, 67). Daß dem ihrer Ansicht nach vorliegenden Rechtsfehler des Berufungsgerichts eine symptomatische Bedeutung oder Signalwirkung zukäme, haben die Kläger in der Beschwerdebegründung nicht dargelegt.
bb) Darüber hinaus besteht ein maßgebliches Allgemeininteresse an einer korrigierenden Entscheidung des Revisionsgerichts auch dann, wenn das Berufungsurteil auf einem Rechtsfehler beruht, der geeignet ist, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722, S. 66, 104).
(1) Für eine Zulassung der Revision unter diesem Gesichtspunkt kommt es wiederum nicht darauf an, ob der Rechtsfehler in dem Sinne offensichtlich ist, daß er von jedermann oder zumindest von einem Fachkundigen ohne weiteres erkannt werden kann (vgl. Senat, Beschl. v. 4. Juli 2002, V ZR 75/02, aaO; Beschl. v. 31. Oktober 2002, aaO; BGH, Beschl. v. 1. Oktober 2002, aaO; zu § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO: Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, aaO; zu § 80 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 OWiG: BGHSt 24, 15, 21; Göhler/Seitz, OWiG, 13. Aufl., § 80 Rdn. 5 m.w.N.). Angesichts der individuell unterschiedlichen Erkenntnismöglichkeiten , für die auch der Grad der Komplexität und Spezialität des jeweiligen Einzelfalls in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht von maßgebender Bedeutung ist, ließe sich eine so verstandene Evidenz rational schwerlich begründen (vgl. Krugmann, JuS 1998, 7, 10). Vor allem aber wird das Vertrauen in die Rechtsprechung nicht allein dadurch gefährdet, daß ein Rechtsfehler leicht erkennbar ist. Ein solcher Fall wird eher als gelegentliche, nicht zu vermeidende Fehlleistung hingenommen. Dementsprechend stellt die Einzelbegründung des Regierungsentwurfes zu § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 (BT-Drucks. 14/4722, S. 104) ausdrücklich klar, daß für die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht der formale Aspekt der Offensichtlichkeit eines Rechtsfehlers entscheidend ist. Maßgeblich soll vielmehr sein, ob eine fehlerhafte Entscheidung erhebliches Gewicht dadurch erlangt, daß im konkreten Fall Verfahrensgrundrechte verletzt sind oder ein Verstoß gegen das Willkürverbot vorliegt. Soweit in allgemeinen Ausführungen der Entwurfsbegründung zur Neufassung der Zulassungsgründe davon die Rede ist, eine Ergebniskorrektur sei nicht nur wegen der Verletzung eines Verfahrensgrundrechts , sondern auch wegen "offensichtlicher Unrichtigkeit" des Berufungsurteils geboten (BT-Drucks. 14/4722, S. 67, 104), können mithin nur die Fälle der Willkür angesprochen sein, in denen sich die Rechtsauslegung
oder Rechtsanwendung durch das Berufungsgericht so weit von den gesetzli- chen Grundlagen entfernt, daß sie unter keinem denkbaren Aspekt mehr vertretbar und in diesem Sinne evident fehlerhaft ist.
(2) Ein schwerer, das Vertrauen der Allgemeinheit in eine funktionierende Rechtsprechung gefährdender Rechtsfehler liegt nach alledem vor, wenn das Berufungsgericht bei der Auslegung oder Anwendung von Vorschriften des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts gegen grundlegende, verfassungsrechtlich abgesicherte Gerechtigkeitsanforderungen verstoßen hat und die Entscheidung deshalb von Verfassungs wegen einer Korrektur bedarf (Senat, Beschl. v. 4. Juli 2002, V ZR 75/02, aaO; Rüsken, DStZ 2000, 815, 819; Wenzel, NJW 2002, 3353, 3356). Unter diesem Gesichtspunkt ist die Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung namentlich zuzulassen , wenn die anzufechtende Entscheidung auf einer Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes in seiner Ausprägung als Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) oder auf einer Verletzung der Verfahrensgrundrechte des Beschwerdeführers - insbesondere der Garantie des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) oder des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) - beruht, so daß nicht zweifelhaft ist, daß sie auf eine Verfassungsbeschwerde hin der Aufhebung durch das Bundesverfassungsgericht unterliegen würde (Senat, Beschl. v. 25. Juli 2002, aaO, 3181; BGH, Beschl. v. 19. Dezember 2002, aaO; zu § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO: Senat, Beschl. v. 4. Juli 2002, V ZB 16/02, aaO, 3030; zu § 80 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 OWiG: BVerfG, NJW 1992, 2811, 2812; Göhler/Seitz, OWiG, aaO, § 80 Rdn. 16a; zu § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO: BFH/NV 2002, 798, 799; 1474, 1475; Rüsken, DStZ 2000, 815, 819 f). Der Revision kommt auf diese Weise auch die Funktion zu, präsumtiv erfolgreiche Verfassungsbeschwerden vermeidbar zu machen (vgl. Begrün-
dung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722, S. 104; Senat, Beschl. v. 25. Juli 2002, aaO; Wenzel, NJW 2002, 3353, 3356). Für ihre Zulassung wegen eines Rechtsfehlers des Berufungsgerichts sind deshalb die gleichen Voraussetzungen maßgebend, die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Erfolg einer Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil führen würden. Die Orientierung an der Rechtsprechungspraxis des Bundesverfassungsgerichts ermöglicht den Parteien eine ausreichend sichere Beurteilung der Zulässigkeit einer Revision, womit dem rechtsstaatlichen Gebot einer möglichst klaren und bestimmten Regelung des Zugangs zu den Rechtsmittelgerichten (BVerfGE 54, 277, 292 f; 74, 228, 234; 87, 48, 65; vgl. auch BGH, Beschl. v. 4. September 2002, aaO, 3783) Genüge getan ist. Für die in der Literatur verschiedentlich geäußerten Zweifel an der hinreichenden Bestimmtheit des in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO geregelten Zulassungsgrundes (Rimmelspacher in Festschrift für Schumann, 2001, S. 327, 347; ders., LMK 2003, 11, 12; Büttner, MDR 2001, 1201, 1203 f; Piekenbrock/Schulze, JZ 2002, 911, 918; vgl. auch Schultz, BGH-Report 2002, 1110, 1111) fehlt es daher an einer Grundlage. Soweit der Senat in früheren Entscheidungen gefordert hat, der Verstoß gegen Verfahrensgrundrechte müsse "offenkundig" sein (Senat, Beschl. v. 4. Juli 2002, V ZB 16/02, aaO, 3030, 3031; Beschl. v. 25. Juli 2002, aaO; krit. deshalb Scheuch/Lindner, NJW 2003, 728, 730; Rimmelspacher, LMK 2003, 11, 12), war damit kein zusätzliches Erfordernis geschaffen, sondern nur an die von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Begründung eines Verfassungsverstoßes geforderte Qualität der Rechtsverletzung (vgl. etwa BVerfGE 42, 237, 241; 67, 90, 95; 73, 339, 366; 86, 133, 143; 87, 282, 286; BVerfG, NJW 1988, 1456; 2001, 3533) angeknüpft worden.
Hiervon - zwar nicht im Ergebnis, wohl aber in der Begründung - abwei- chend vertritt der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in seinem Beschluß vom 1. Oktober 2002 (XI ZR 71/02, NJW 2003, 65, 67) die Auffassung, in den Fällen einer offensichtlichen Verletzung von Verfahrensgrundrechten oder eines offensichtlichen Verstoßes gegen das Willkürverbot komme - falls nicht die Voraussetzungen einer Divergenz bzw. einer Wiederholungs- oder Nachahmungsgefahr erfüllt sind - nur die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO in Betracht. Seinem Wortlaut nach stelle § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO nicht auf das Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtsprechung, sondern allein auf die davon zu unterscheidende Einheitlichkeit der Rechtsprechung ab. Hierbei wird nicht ausreichend berücksichtigt, daß bereits jede fehlerhafte Gerichtsentscheidung unabhängig vom Vorliegen einer Divergenz oder einer Wiederholungs- oder Nachahmungsgefahr die Einheitlichkeit der Rechtsprechung stört, weil sie auf einer Rechtsanwendung beruht, die von derjenigen aller übrigen, das Recht richtig anwendenden Gerichte abweicht (Büttner, MDR 2001, 1201, 1203; vgl. auch Baukelmann in Festschrift für Erdmann, 2002, S. 767, 770). Bei weitem Verständnis bedürfte es daher zur Gewährleistung einer einheitlichen Rechtsprechung der Korrektur einer jeden fehlerhaften Entscheidung durch das Rechtsmittelgericht (Rebmann/Roth/Herrmann, OWiG, 3. Aufl., Stand: März 1998, § 80 Rdn. 4). Da dies jedoch - wie bereits ausgeführt (oben 3 b) - die Funktionsfähigkeit des Bundesgerichtshofes in Frage stellen würde, hat der Gesetzgeber bei § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO den Zugang zur Revisionsinstanz auf Rechtssachen beschränkt, die die Interessen der Allgemeinheit in besonderem Maße berühren und deshalb eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern. Es geht also entgegen der Auffassung des XI. Zivilsenats nicht darum, einen Zulassungsgrund zu schaffen, der in dem
Gesetzeswortlaut keinen Ausdruck gefunden hat, sondern um eine an dem Gesetzeszweck orientierte Auslegung einer Vorschrift, deren Wortsinn mehre- re Deutungen zuläßt. Zur Feststellung des Allgemeininteresses, dessen Notwendigkeit der XI. Zivilsenat ebenfalls bejaht, ist es aber auch von Bedeutung, ob der jeweilige, die Einheitlichkeit der Rechtsprechung störende Rechtsfehler geeignet ist, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beeinträchtigen. Ist dies der Fall, dann soll nach dem Willen des Gesetzgebers der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Korrektur grob fehlerhafter Berufungsurteile durch das Revisionsgericht ermöglichen (Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BTDrucks. 14/4722, S. 104; ebenso BGH, Beschl. v. 19. Dezember 2002, aaO; Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., vor § 542 Rdn. 5, § 543 Rdn. 8, 13; Hannich in Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 543 Rdn. 23). Demgemäß ergibt sich auch aus der Begründung des Regierungsentwurfs, daß der Zulassungsgrund der Grundsätzlichkeit durch § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO mit seinem herkömmlichen Begriffsinhalt in das neue Recht übernommen werden soll. Dem Anliegen , die Revision darüber hinaus namentlich auch in Fällen der Verletzung von Verfahrensgrundrechten zu eröffnen, tragen erst die Zulassungsgründe des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO Rechnung (BT-Drucks. 14/4722, S. 104).
Der erkennende Senat sieht daher keinen Anlaß, von seiner bisherigen Rechtsprechung abzurücken, die im übrigen auch der ganz überwiegenden Ansicht zur gleichlautenden Vorschrift des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 FGO entspricht (BFH/NV 2002, 51, 52; 213, 214; 682, 683; 798, 799; 802; 1474, 1475; 1488; Gräber/Ruban, FGO, 5. Aufl., § 115 Rdn. 68; Rüsken, DStZ 2000, 815, 819; Spindler, DB 2001, 61, 62; Lange, DStZ 2002, 782, 784; offen gelassen von BFHE 196, 30, 34, 37; BFH/NV 2002, 666, 667). Anlaß für eine Vorlage an
den Großen Senat für Zivilsachen gemäß § 132 GVG besteht nicht, weil die Frage, ob die Rüge eines Rechtsfehlers mit verfassungsrechtlicher Relevanz unter § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO oder unter § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zu subsumieren ist, lediglich die Begründung der Entscheidung betrifft, deren Ergebnis jedoch nicht berührt. Bei fehlender Entscheidungserheblichkeit ist eine Vorlage an den Großen Senat für Zivilsachen nicht zulässig (vgl. BGH, Beschl. v. 15. Februar 2000, XI ZR 10/98, NJW 2000, 1185 m.w.N.).
(3) In der Begründung ihrer Beschwerde legen die Kläger nicht dar, daß das Berufungsgericht zu ihrem Nachteil verfassungsrechtliche Gewährleistungen verletzt hätte.

a) Das Berufungsgericht hat das Willkürverbot nicht mißachtet. Ist die richterliche Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts und des Verfahrensrechts willkürlich, so stellt dies einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG dar. Hierfür reicht eine nur fragwürdige oder sogar fehlerhafte Rechtsanwendung nicht aus; selbst ein offensichtlicher Rechtsfehler genügt nicht. Erforderlich ist vielmehr, daß die fehlerhafte Rechtsanwendung unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluß aufdrängt, daß sie auf sachfremden Erwägungen beruht; die Rechtslage muß mithin in krasser Weise verkannt worden sein (BVerfGE 42, 64, 74; 67, 90, 94; 80, 48, 51; 87, 273, 278 f; 89, 1, 14; BVerfG, NJW 1988, 1456, 1458; 1994, 1210, 1211; 1994, 2279; 1996, 1336; 1996, 1531; 1997, 311; 1997, 649; 1998, 2583, 2584; 1999, 207, 208; 2001, 1125 f; BGH, Beschl. v. 25. November 1999, IX ZB 95/99, NJW 2000, 590). Damit sind insbesondere - aber nicht nur - die Fälle erfaßt, in denen der Bundesgerichtshof bislang eine greifbare Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Entscheidung angenommen hat (vgl. BGHZ 28, 349, 350; 109,
41, 43 f; 119, 372, 374; BGH, Beschl. v. 1. Oktober 1985, VI ZB 13/85, NJWRR 1986, 738; Urt. v. 24. Juni 1987, IVb ZR 5/86, NJW 1988, 49, 51; Beschl. v. 14. Dezember 1989, IX ZB 40/89, NJW 1990, 1794, 1795; Beschl. v. 14. November 1991, I ZB 15/91, NJW 1992, 983, 984; vgl. auch Lange, DStZ 2002, 782, 785, 786).
Die Kläger meinen, das Berufungsgericht sei davon ausgegangen, daß der Verkäufer nach § 463 Satz 2 BGB a.F. nur solche Schadenspositionen zu ersetzen habe, die ihm bekannt gewesen seien. Es bedarf keiner Entscheidung , ob sich eine derartige Rechtsauffassung unter keinem Aspekt vertretbarer begründen ließe, mithin als willkürlich anzusehen wäre. Sie liegt nämlich der anzufechtenden Entscheidung tatsächlich nicht zugrunde. Das Berufungsgericht hat - abweichend vom Vorbringen der Kläger in der Berufungsinstanz - angenommen, das Wohnhaus weise nicht nur einen, sondern mehrere unterschiedliche Fehler auf. Da es ein arglistiges Verhalten der Beklagten zu 1 und ihres Ehemannes nur hinsichtlich der gekippten Gebäudetrennwand festzustellen vermochte, hat es einen Schadensersatzanspruch der Kläger wegen der sonstigen Fehler verneint. Damit hat das Berufungsgericht das Vorsatzerfordernis nur auf die Fehler als solche, nicht jedoch auf die daraus resultierenden Schadensfolgen bezogen.

b) Das Berufungsgericht hat auch nicht den Anspruch der Kläger auf Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG verletzt. Zwar verpflichtet das Gebot des rechtlichen Gehörs das entscheidende Gericht, die Ausführungen der Prozeßbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Hierzu gehört auch die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge. Art. 103 Abs. 1 GG ist aber erst dann verletzt, wenn sich im Einzelfall klar
ergibt, daß das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß ein Gericht das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Es ist dabei nicht verpflichtet , sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Damit sich ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG feststellen läßt, müssen demnach besondere Umstände deutlich gemacht werden, die zweifelsfrei darauf schließen lassen, daß tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (BVerfGE 25, 137, 140; 47, 182, 187 f; 54, 86, 92; 65, 293, 295 f; 69, 233, 246; 70, 288, 293; 85, 386, 404; 88, 366, 375 f; BVerfG, NJW 1994, 2279; NVwZ 1995, 1096; NJW 1998, 2583, 2584; NJWRR 2002, 68, 69). Solche Umstände haben die Kläger in der Beschwerdebegründung nicht dargetan.
Die Kläger rügen, daß das Berufungsgericht trotz ihres Antrags kein Sachverständigengutachten zu der Frage eingeholt hat, ob sämtliche Gebäudemängel ursächlich zusammenhängen und auf die - den Verkäufern bekannte - Kippung der Gebäudetrennwand zurückzuführen sind. Zwar hat sich das Berufungsgericht in den Gründen der anzufechtenden Entscheidung mit diesem Beweisantrag der Kläger nicht ausdrücklich befaßt. Dies allein läßt jedoch nicht darauf schließen, es habe den Beweisantrag nicht zur Kenntnis genommen oder erwogen. Denkbar ist vielmehr, daß das Berufungsgericht bereits aufgrund der im selbständigen Beweisverfahren eingeholten Sachverständigengutachten die Überzeugung gewonnen hat, das Haus weise mehrere, auf unterschiedlichen Ursachen beruhende Fehler auf. In diesem Fall bestand kein Anlaß zur Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens.
Weiterhin meinen die Kläger, das Berufungsgericht habe eine Schadensersatzpflicht der Beklagten wegen der aus Bauschutt bestehenden Anschüttung im Garten des Hausgrundstücks mit der Begründung verneint, die Schuttablagerung sei offensichtlich und deshalb nicht aufklärungsbedürftig gewesen. Dabei habe das Berufungsgericht den unter Zeugenbeweis gestellten Vortrag der Kläger übergangen, der Schutthügel sei wegen des Überwuchses als solcher nicht erkennbar gewesen. Tatsächlich läßt sich den Gründen der anzufechtenden Entscheidung jedoch allenfalls entnehmen, daß das Berufungsgericht den Umstand einer nicht aus gewachsenem Boden bestehenden Anschüttung für offensichtlich gehalten hat. Daß es diesen Umstand als Fehler qualifiziert hätte, lassen seine Ausführungen dagegen nicht erkennen. Einen Fehler des Grundstücks hat das Berufungsgericht vielmehr darin gesehen , daß sich die Anschüttung aus beseitigungspflichtigen Abfallmaterialien zusammensetzte. Hiermit hätten die Beklagte zu 1 und ihr Ehemann allerdings nicht rechnen müssen, so daß ihnen ein Arglistvorwurf nicht gemacht werden könne. Damit hat das Berufungsgericht seine Entscheidung gerade nicht darauf gestützt, daß die Zusammensetzung der Anschüttung aus Bauschutt ohne weiteres erkennbar, die Schuttablagerung also offensichtlich gewesen sei. Dementsprechend bedurfte es auch keiner Vernehmung des von den Klägern für die mangelnde Erkennbarkeit der Schuttablagerung angebotenen Zeugen.
Schließlich rügen die Kläger, das Berufungsgericht habe den gebotenen Hinweis unterlassen, daß es den Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung nur für die Zeit der Ausbesserung der Gebäudetrennwand dem Grunde nach für gegeben halte. Da sie ohne einen solchen Hinweis nicht hätten wissen können, wegen welcher Mängel das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch bejahe, sei ihnen die vom Berufungsgericht vermißte Präzisierung
des auf die betreffenden Mängel entfallenden Teils des Nutzungsausfallschadens nicht möglich gewesen. Richtig ist zwar, daß sich aus Art. 103 Abs. 1 GG Hinweispflichten des Gerichts ergeben können, wenn der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs ansonsten leerlaufen würde. Die Verfahrensbeteiligten müssen bei Anwendung der von ihnen zu fordernden Sorgfalt erkennen können, auf welchen Tatsachenvortrag es für die Entscheidung ankommen kann. Stellt das Gericht ohne vorherigen Hinweis Anforderungen an den Sachvortrag , mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozeßbeteiligter nach dem bisherigen Prozeßverlauf nicht zu rechnen brauchte, dann kommt dies im Ergebnis der Verhinderung eines Vortrags gleich und stellt eine Verletzung des verfassungsrechtlichen Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs dar (BVerfGE 84, 188, 190; BVerfG, NJW 2000, 275). So liegen die Dinge hier jedoch nicht. Ein Schadensersatzanspruch kam nach § 463 Satz 2 BGB a.F. ohne jeden Zweifel nur wegen derjenigen Fehler des Hauses in Betracht, die die Beklagte zu 1 und ihr Ehemann bei Vertragsschluß arglistig verschwiegen hatten. Dies mußte den anwaltlich beratenen Klägern ebenso bewußt sein wie der Umstand, daß der von ihnen zu erbringende Arglistnachweis möglicherweise nur hinsichtlich einzelner Fehler zu führen sein würde. Damit hätte der von den Klägern lediglich pauschal geltend gemachte Nutzungsausfallschaden bei sorgfältiger Prozeßführung auch ohne einen entsprechenden Hinweis des Gerichts den einzelnen, sich aus dem Beweissicherungsgutachten ergebenden Fehlern anteilig zugeordnet und in diesem Sinne konkretisiert werden müssen.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Krüger Klein Gaier Schmidt-Räntsch

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Tenor

Der Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision wird teilweise stattgegeben.

Das Teil-, Vorbehalts- und Schlussurteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 29. Februar 2012 wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als es der Klägerin für die im Rahmen ihres Planungsauftrags betreffend die Technische Ausrüstung erbrachten Leistungen der Leistungsphase 5 des § 73 HOAI 112.944,40 € (94.911,26 € zuzüglich 19 % Umsatzsteuer) sowie für die nach Kündigung dieses Vertrags nicht ausgeführten Leistungen eine 29.975,74 € übersteigende Vergütung, jeweils zuzüglich Zinsen, zugesprochen hat.

Im Übrigen wird die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Streitwert: 1.382.744,07 € (659.300,12 € + 416.740,83 € + 306.703,12 € Hilfsaufrechnung),

des stattgebenden Teils: 238.447,10 € (112.944,40 € + 125.502,70 € [155.478,44 € - 29.975,74 €])

Gründe

I.

1

Die Klägerin verlangt von der Beklagten restliches Honorar aus drei Verträgen über Architekten- und Ingenieurleistungen. Die Beklagte beauftragte die Klägerin mit Verträgen vom 11. Oktober 2006 mit Planungsleistungen zum Umbau, zur Sanierung und Erweiterung des Krankenhauses in U./ S-A:

1. Gebäude: § 15 HOAI Leistungsphasen 3 bis 9

2. Tragwerk: § 64 HOAI Leistungsphasen 1 bis 6

3. Technische Ausrüstung: § 73 HOAI Leistungsphasen 1 bis 9.

2

Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 4. Juli 2009 die drei Verträge außerordentlich.

3

Die Klägerin rechnete mit drei Schlussrechnungen die von ihr erbrachten Leistungen bis einschließlich Leistungsphase 5 und die nicht erbrachten Leistungen ab Leistungsphase 6 abzüglich ersparter Aufwendungen ab.

4

Das Landgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 26. September 2011, berichtigt mit Beschluss vom 18. November 2011, zur Zahlung von 185.406,01 € zuzüglich Zinsen verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen.

5

Das Berufungsgericht hat auf Berufung und Anschlussberufung mit Teil-, Vorbehalts- und Schlussurteil das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

...

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 306.703,12 € nebst Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. September 2011 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte bis zum 26. Juni 2010 mit der Entgegennahme der jeweiligen Planungsleistungen aus der jeweiligen Leistungsphase 5 der drei diesem Rechtsstreit zugrunde liegenden Verträge - soweit sie der Beklagten bis zum 29. Juni 2010 noch nicht übergeben wurden - in Annahmeverzug befand.

Der Beklagten bleibt vorbehalten, die Aufrechnung mit ihrem Anspruch auf Erstattung von 67.726,84 € Kosten des Ausschreibungsverfahrens geltend zu machen.

Die weitergehende Berufung und die Anschlussberufung werden zurückgewiesen.

...

6

Die Beklagte wendet sich mit der Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Berufungsurteil mit dem Ziel der vollständigen endgültigen Abweisung der Klage. Sie greift das Urteil u.a. an, soweit das Berufungsgericht der Klägerin für die Leistungen entsprechend Leistungsphase 5 des § 73 HOAI ein Honorar zugesprochen hat und bei Ermittlung des für die nicht erbrachten Leistungen der Technischen Ausrüstung zu beanspruchenden Honorars ersparte Aufwendungen in angeblich zu geringer Höhe in Abzug gebracht hat.

II.

7

1. Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision führt zur teilweisen Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht, soweit dieses der Klägerin für die erbrachten Leistungen gemäß Leistungsphase 5 des § 73 HOAI ein Honorar und nach Kündigung des Vertrags betreffend die Technische Ausrüstung für nicht erbrachte Leistungen ein 29.975,74 € übersteigendes Honorar zugesprochen hat. In beiden Fällen hat das Berufungsgericht den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör verletzt, weil es deren entscheidungserheblichen Vortrag nicht berücksichtigt hat. Es ist daher anzunehmen, dass das Berufungsgericht die Ausführungen der Beklagten nicht zur Kenntnis genommen, jedenfalls nicht in Erwägung gezogen hat, was einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG begründet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Mai 2012 - 1 BvR 1999/09, juris Rn. 12).

8

a) Das Berufungsgericht beruht auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs der Beklagten, soweit es der Klägerin für Leistungen der Leistungsphase 5 des § 73 HOAI das beantragte Honorar in voller Höhe zugesprochen hat.

9

aa) Das Berufungsgericht führt - soweit hier von Interesse - aus, es sei entsprechend dem Vortrag der Klägerin davon auszugehen, dass sie die Leistungen der Leistungsphase 5 vollständig und mangelfrei erbracht habe und die Unterlagen darüber am 19. Dezember 2008 teilweise und nach Klageerhebung in der mündlichen Verhandlung vom 29. Juni 2010 in 19 Ordnern vollständig an die Beklagte übergeben habe. Die Beklagte trage nicht vor, weshalb diese Unterlagen nur zu 25 % vertragsgerecht sein sollen.

10

bb) Die Beklagte hat unter Beweisantritt und unter Bezugnahme auf die von ihr eingeholten Privatgutachten B 115, B 116 und B 117 vorgetragen, dass die Klägerin auch unter Berücksichtigung der am 29. Juni 2010 übergebenen Unterlagen die Leistungen der Leistungsphase 5 des § 73 HOAI nur unvollständig und teilweise mangelhaft erbracht habe. Insbesondere hat sie ausgeführt, die Leistungen der Technischen Gebäudeausrüstung seien bei den Gewerken HLS, MSR und A in den 400er-Kostengruppen nur zu 50,49 % und den 500er-Kostengruppen zu 33 % erbracht worden. Bei dem Gewerk Elektro seien in den Kostengruppen 440, 450 und 540 bislang 82,82 % erbracht worden; bei dem Gewerk Medizintechnik seien in den Kostengruppen 470-610 bislang 82,5 % der erforderlichen Leistungen erbracht. Auf diesen erstinstanzlichen Vortrag hat die Beklagte im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 30. Januar 2012 verwiesen. Da das Berufungsgericht nur auf den Vortrag der Beklagten eingeht, dass mit den zunächst ausgehändigten Planungsunterlagen allenfalls 25 % der Leistungen der Leistungsphase 5 erfüllt worden seien, hat es das weitere Vorbringen der Beklagten ersichtlich nicht zur Kenntnis genommen und in seine Erwägungen einbezogen.

11

cc) Der Gehörsverstoß ist entscheidungserheblich. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung des übergangenen Sachvortrags und einer gegebenenfalls erfolgenden Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin die Leistungen gemäß Leistungsphase 5 des § 73 HOAI unvollständig und teilweise mangelhaft erbracht hat und ihr deshalb insoweit kein oder nur ein geringeres Honorar zuzusprechen ist.

12

b) Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör auch verletzt, soweit es der Klägerin für die nicht erbrachten Leistungen ein 29.975,74 € übersteigendes Honorar zugesprochen hat.

13

aa) Das Berufungsgericht führt ohne nähere Begründung aus, der Klägerin stehe für die nicht erbrachten Leistungen ab Leistungsphase 6 ein Honoraranspruch aus § 649 Satz 2 BGB zu, der für den "Vertrag für Technische Ausrüstung gemäß § 73 HOAI" 155.478,44 € betrage.

14

bb) Die Klägerin hat den vom Berufungsgericht zuerkannten Honoraranspruch von 155.478,44 € ermittelt, indem sie von einem für die nicht ausgeführten Leistungen zu beanspruchenden Vollhonorar von 267.649,76 € ersparte Aufwendungen von 112.171,32 € abgezogen hat. Die Beklagte hat erstinstanzlich dazu Stellung genommen und unter Beweisantritt ersparte Aufwendungen in Höhe von insgesamt 237.674,02 € (52.920 € + 167.670 € + 17.084,02 €) behauptet. Darauf hat sie im Berufungsverfahren Bezug genommen. Da das Berufungsgericht der Klägerin ohne Weiteres ein Honorar in der von ihr geltend gemachten Höhe zuspricht, hat es den unter Beweis gestellten Vortrag der Beklagten, die Klägerin habe in größerem Umfang Aufwendungen erspart, ersichtlich nicht zur Kenntnis genommen und in seine Erwägungen einbezogen.

15

cc) Der Gehörsverstoß ist entscheidungserheblich. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung des übergangenen Sachvortrags und einer gegebenenfalls erfolgenden Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gelangt, dass sich die Klägerin höhere ersparte Aufwendungen, maximal in der von der Beklagten behaupteten Höhe, anrechnen lassen muss.

16

c) Das Berufungsurteil war daher teilweise aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 544 Abs. 7 ZPO.

17

2. Die weitergehende Beschwerde der Beklagten hat keinen Erfolg. Von einer näheren Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, § 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO.

Kniffka                          Safari Chabestari                             Halfmeier

                 Jurgeleit                                      Graßnack

11
aa) Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Art. 103 Abs. 1 GG ist allerdings erst verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Denn grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte das von ihnen entgegengenommene Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Sie sind dabei nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Deshalb müssen im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (BVerfGE 65, 293, 295 f. mwN; BVerfGE 70, 288, 293; BVerfGE 86, 133, 146; vgl. auch BGH, Beschluss vom 27. März 2003 - V ZR 291/02, BGHZ 154, 288, 300 f. mwN). Geht das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen , sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 27. Juni 2007 - X ZB 6/05, BGHZ 173, 47 Rn. 31, und - X ZB 15/05, BGHZ 173, 40 Rn. 8; ebenso bereits BVerfGE 86, 133, 146 mwN).
9
Ein Verstoß gegen den Anspruch auf die Gewährung rechtlichen Gehörs liegt vor, wenn das Gericht entscheidungserhebliches Parteivorbringen nicht zur Kenntnis nimmt (BGH, Beschlüsse vom 10. April 2014 - VII ZR 126/12, juris Rn. 7; vom 8. Juli 2010 - VII ZR 195/08, BauR 2010, 1792 Rn. 8).
11
Ein Verstoß gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs liegt vor, wenn das Gericht entscheidungserhebliches Parteivorbringen nicht zur Kenntnis nimmt (BGH, Beschlüsse vom 24. Juni 2015 - VII ZR 272/13, juris Rn. 9; vom 10. April 2014 - VII ZR 126/12, juris Rn. 7; vom 8. Juli 2010 - VII ZR 195/08, BauR 2010, 1792 Rn. 8).
8
a) Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Art. 103 Abs. 1 GG ist allerdings erst verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Denn grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte das von ihnen entgegengenommene Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Sie sind dabei nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Deshalb müssen im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 24. März 2015 - VI ZR 179/13, juris Rn. 11; BVerfGE 65, 293, 295 f. mwN; BVerfGE 70, 288, 293; BVerfGE 86, 133, 146, jeweils mwN).
21
Dies gilt auch für den vorliegenden Fall der Geltendmachung eines Teilbetrages aus mehreren Einzelforderungen, wenn im Mahnbescheid eine genaue Aufschlüsselung des eingeforderten Betrages auf die Einzelforderungen unterblieben ist. Für eine Unterscheidung zwischen der Nachholung der fehlenden Aufteilung der Einzelforderungen und der Heilung sonstiger Individualisierungsmängel besteht kein sachlicher Grund. Ohne ausreichende Individualisierung der Einzelforderungen und genaue Aufteilung des geforderten Teilbetrages kann weder auf Grundlage des Mahnbescheides ein der materiellen Rechtskraft fähiger Vollstreckungstitel ergehen noch wird dem Schuldner die Beurteilung ermöglicht, ob er sich gegen den Anspruch ganz oder teilweise zur Wehr setzen will. Demgegenüber ist der Gläubiger, der sich die Vorteile des Mahnverfahrens zunutze machen will, ohne weiteres zu einer ausreichenden Individualisierung in der Lage.
30
aa) Voraussetzung für die Unterbrechungswirkung bildet nach allgemeiner Auffassung die Wirksamkeit der Klageerhebung. Folglich übt eine unwirksame Klage, die nicht den wesentlichen Formerfordernissen des § 253 ZPO genügt, keine verjährungshemmende Wirkung aus (RGZ 84, 309, 311; BGH, Urteil vom 20. Dezember 1973 - III ZR 154/71, MDR 1974, 388, 389; vom 17. November 1988 - III ZR 252/87, NJW-RR 1989, 508; MünchKomm-BGB/ Grothe, aaO, § 204 Rn. 21). Unwirksam ist insbesondere eine Klage, die nicht ausreichend individualisiert ist (MünchKomm-BGB/Grothe, aaO, § 204 Rn. 23). Das Begehren muss unterhalb der Stufe der Substanziierung individualisiert und dadurch der Streitgegenstand bestimmt werden (BGH, Urteil vom 17. Oktober 2000 - XI ZR 312/99, NJW 2001, 305, 307).
15
2. Für die Hemmung der Verjährung (§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB) durch Zustellung eines Mahnbescheids hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs dagegen entschieden, dass jedenfalls bei der Geltendmachung eines Teils von mehreren Einzelforderungen eine nachträgliche Individualisierung des Klageanspruchs nach Widerspruch zwar die Zulässigkeit der Klage herbeiführen könne, für die Verjährung aber keine Rückwirkung habe (BGH, Urteil vom 21. Oktober 2008 - XI ZR 466/07, WM 2009, 420 Rn. 20 f.). Für eine Unterscheidung zwischen der Nachholung der fehlenden Aufteilung der Einzelforderungen und der Heilung sonstiger Individualisierungsmängel bestehe kein sachlicher Grund. Ohne ausreichende Individualisierung der Einzelforderungen und genaue Aufteilung des geforderten Teilbetrages könne weder auf der Grundlage des Mahnbescheides ein der materiellen Rechtskraft fähiger Vollstreckungstitel ergehen noch werde dem Schuldner die Beurteilung ermöglicht, ob er sich gegen den Anspruch ganz oder teilweise zur Wehr setzen wolle. Demgegenüber sei der Gläubiger, der sich die Vorteile des Mahnverfahrens zunutze machen wolle, ohne weiteres zu einer ausreichenden Individualisierung in der Lage. Dem ist der IX. Zivilsenat für den ähnlichen Fall einer nicht hinreichend individualisierten Forderung, die zur Insolvenztabelle angemeldet wird, gefolgt (BGH, Urteil vom 21. Februar 2013 - IX ZR 92/12, ZIP 2013, 680 Rn. 30 f.). Diese Rechtsprechung soll sich aber nur auf die Aufschlüsselung mehrerer Einzelforderungen, nicht auf die nachträgliche Individualisierung von mehreren Rechnungsposten einer einheitlichen Forderung beziehen (vgl. BGH, Urteil vom 17. November 2010 - VIII ZR 211/09, NJW 2011, 613 Rn. 14; Urteil vom 13. Mai 2011 - V ZR 49/10, juris Rn. 15 ff.; Urteil vom 10. Oktober 2013 - VII ZR 155/11, NJW 2013, 3509 Rn. 15).

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

13
Zwar hat die Klägerin ihre Ansprüche auf zwei selbständige prozessuale Ansprüche gestützt, indem sie die geltend gemachten Ansprüche auf die Mieten zum einen aus dem voraus abgetretenen Recht der Schuldnerin und damit aus dem Mietvertrag herleitet, zum anderen aus eigenem Recht, nämlich aus der Einredeverzichtsvereinbarung mit der Beklagten vom 12. November 1997. Auch hat sie ausdrücklich eine Rangfolge, in der sie die Ansprüche zur Überprüfung durch das Gericht stellen wollte, nicht benannt (vgl. BGH, Beschluss vom 24. März 2011, aaO Rn. 10 f). Ihrer Klageschrift ist jedoch noch hinreichend deutlich zu entnehmen, dass sie ihren Anspruch zuvörderst auf die Vereinbarung vom 12. November 1997 und damit auf einen Anspruch aus eigenem Recht und erst in zweiter Linie auf einen ihr abgetretenen Anspruch aus dem Forfaitierungsvertrag stützt. Denn sie hat ausgeführt, dass die Beklagte mit der sogenannten Einredeverzichtserklärung eine schuldunabhängige Einstandspflicht begründet und damit einen eigenständigen Schuldgrund geschaffen habe , so dass dahinstehen könne, ob § 110 InsO auf die Abtretung im Forfaitierungsvertrag Anwendung finde.

Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben.