Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Juni 2014 - XII ZB 121/14

bei uns veröffentlicht am04.06.2014
vorgehend
Amtsgericht Neustadt am Rübenberge, XVII M 13/14, 30.01.2014
Landgericht Hannover, 9 T 7/14, 21.02.2014
Landgericht Hannover, 9 T 8/14, 21.02.2014
Landgericht Hannover, 9 T 10/14, 21.02.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB121/14
vom
4. Juni 2014
in der Betreuungs- und Unterbringungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Zu den materiell-rechtlichen und verfahrensrechtlichen Anforderungen an die
Genehmigung der Einwilligung des Betreuers in eine ärztliche Zwangsmaßnahme.

b) Der gemäß § 1906 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BGB erforderliche Überzeugungsversuch
ist eine materiell-rechtliche Voraussetzung für die Wirksamkeit der Einwilligung
durch den Betreuer, der mit Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
entscheidende Bedeutung zukommt.

c) Der Überzeugungsversuch muss ernsthaft, mit dem nötigen Zeitaufwand und
ohne Ausübung unzulässigen Drucks durch eine überzeugungsfähige und
-bereite Person unternommen worden sein, was das Gericht in jedem Einzel-
fall festzustellen und in seiner Entscheidung in nachprüfbarer Weise darzulegen
hat.

d) Die gerichtliche Genehmigung der Einwilligung in eine Zwangsbehandlung
bedeutet stets einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff im Sinn des § 62
Abs. 2 Nr. 1 FamFG.
BGH, Beschluss vom 4. Juni 2014 - XII ZB 121/14 - LG Hannover
AG Neustadt am Rübenberge
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. Juni 2014 durch den
Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin Weber-Monecke und die Richter
Dr. Klinkhammer, Schilling und Guhling

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird festgestellt, dass der die Einwilligung der Betreuerin in eine ärztliche Zwangsmaßnahme genehmigende Beschluss des Amtsgerichts Neustadt am Rübenberge vom 30. Januar 2014 und der Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 21. Februar 2014, soweit die gegen die Genehmigung der Einwilligung gerichtete Beschwerde der Betroffenen zurückgewiesen worden ist, die Betroffene in ihren Rechten verletzt haben. Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde zurückgewiesen. Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei. Die in der Rechtsbeschwerdeinstanz entstandenen außergerichtlichen Kosten der Betroffenen werden der Staatskasse zu einem Drittel auferlegt.

Gründe:

I.

1
Die Betroffene leidet unter einer schizophrenen Psychose, die akut exazerbierte, nachdem die Betroffene die neuroleptische Prophylaxe abgesetzt hatte. Mit drei Beschlüssen vom 30. Januar 2014 bestellte das Amtsgericht die Beteiligte zu 1 - die bereits seit 9. Januar 2014 vorläufige Betreuerin war - zur Betreuerin mit umfassendem Aufgabenkreis, genehmigte die Unterbringung der Betroffenen in einer geschlossenen Einrichtung bis längstens 29. Juli 2014 und genehmigte befristet bis 23. April 2014 die Einwilligung der Betreuerin in die zwangsweise Verabreichung von im einzelnen aufgeführten Psychopharmaka.
2
Die gegen diese Entscheidungen eingelegten Beschwerden der Betroffenen hat das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Betroffenen. Hinsichtlich der durch Zeitablauf erledigten Genehmigung der Einwilligung in die ärztliche Zwangsmaßnahme begehrt sie die Feststellung, dass diese sie in ihren Rechten verletzt habe.

II.

3
Die zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg, soweit sie sich gegen die Genehmigung der Einwilligung in die ärztliche Zwangsmaßnahme richtet. Hinsichtlich der Betreuung und der Unterbringungsgenehmigung ist sie hingegen unbegründet.
4
1. Bei der Genehmigung der Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme handelt es sich nach § 312 Satz 1 Nr. 1 FamFG um eine Unterbringungssache. Die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde ergibt sich auch im Fall der hier aufgrund Zeitablaufs eingetretenen Erledigung aus § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FamFG (Senatsbeschluss vom 29. Januar 2014 - XII ZB 330/13 - FamRZ 2014, 649 Rn. 7).
5
2. Die Entscheidungen von Amts- und Landgericht zur ärztlichen Zwangsmaßnahme haben die Betroffene in ihren Rechten verletzt, was nach der in der Rechtsbeschwerdeinstanz entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 62 Abs. 1 FamFG (Senatsbeschluss vom 29. Januar 2014 - XII ZB 330/13 - FamRZ 2014, 649 Rn. 8) festzustellen ist.
6
a) Das Amtsgericht hat ein psychiatrisches Sachverständigengutachten zum Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen für eine zwangsweise Behandlung der Betroffenen mit Neuroleptika eingeholt und die Betroffene angehört. Es hat auf dieser Grundlage festgestellt, dass bei der Betroffenen die medikamentöse Behandlung als eilbedürftig indiziert sei, weil sonst eine weitere Chronifizierung der Erkrankung mit der Gefahr erheblicher selbstgefährdender Fehlhandlungen bestehe. Während die Betroffene unbehandelt dauerhaft einer geschlossenen Unterbringung bedürfe, bestehe bei Einsatz der Neuroleptika eine berechtigte Hoffnung auf Besserung mit der Aussicht auf ein Leben außerhalb einer geschlossenen Einrichtung. Der zu erwartende Nutzen der ärztlichen Zwangsmaßnahme überwiege die von dieser zu erwartenden Beeinträchtigungen deutlich. Die Betroffene, die eine Behandlung ablehne, könne aufgrund ihrer Erkrankung die Notwendigkeit der Heilbehandlung nicht erkennen. Ihre freie Willensbestimmung sei insoweit vollständig aufgehoben. Das Landgericht hat nach erneuter Anhörung der Betroffenen die Feststellungen des Amtsgerichts als zutreffend erachtet.
7
b) Die Entscheidungen des Amtsgerichts und des Beschwerdegerichts halten insoweit einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Sie sind in mehrfacher Hinsicht rechtsfehlerhaft.
8
aa) Der Betreuer kann in eine im Rahmen einer zivilrechtlichen Unterbringung erfolgende ärztliche Zwangsmaßnahme einwilligen, wenn die in § 1906 Abs. 3 Satz 1 BGB aufgezählten Voraussetzungen kumulativ vorliegen (vgl. BT-Drucks. 17/11513 S. 7; Moll-Vogel FamRB 2013, 157, 158).
9
(1) Durch das Gesetz zur Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme vom 18. Februar 2013 (BGBl. I S. 266) hat der Gesetzgeber mit Wirkung vom 26. Februar 2013 in die Vorschrift des § 1906 BGB die neuen Absätze 3 und 3a eingefügt, mit denen die Voraussetzungen der Einwilligung des Betreuers in eine ärztliche Zwangsmaßnahme im Einzelnen geregelt sind und das gerichtliche Genehmigungserfordernis normiert ist.
10
Bei der Ausgestaltung dieser Voraussetzungen hatte der Gesetzgeber im Blick, dass es sich bei einer solchen Zwangsbehandlung wegen des mit ihr ver- bundenen erheblichen Eingriffs in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit , das auch das Recht auf Selbstbestimmung hinsichtlich der körperlichen Integrität schützt (Senatsbeschluss BGHZ 192, 337 = FamRZ 2012, 1366 Rn. 33; BVerfG FamRZ 2011, 1128 Rn. 39, 44 mwN und FamRZ 2013, 767 Rn. 49), nur um die ultima ratio handeln darf. Die Anwendung dieses letzten Mittels kommt insbesondere in Situationen drohender erheblicher Selbstgefährdung und nur bei Betroffenen in Betracht, die aufgrund psychischer Krankheit oder geistiger oder seelischer Behinderung selbst einwilligungsunfähig sind (vgl. BT-Drucks. 17/11513 S. 5 ff.). Zudem erfordert der mit einer Zwangsbehandlung regelmäßig verbundene schwerwiegende Grundrechtseingriff eine strikte Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (vgl. dazu Senatsbeschluss BGHZ 193, 337 = FamRZ 2012, 1366 Rn. 34 mwN).
11
(2) In eine ärztliche Zwangsmaßnahme, also in die Behandlung gegen den natürlichen Willen des Betroffenen, kann der Betreuer daher nach § 1906 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB nur einwilligen, wenn es dem Betroffenen krankheitsoder behinderungsbedingt an der Fähigkeit fehlt, die Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme zu erkennen, oder wenn er trotz Vorliegens einer solchen Einsicht krankheits- oder behinderungsbedingt nicht nach dieser Einsicht handeln kann.
12
(3) Gemäß § 1906 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BGB muss die ärztliche Zwangsmaßnahme erforderlich sein, um einen drohenden erheblichen gesundheitlichen Schaden des Betroffenen abzuwenden (vgl. zu diesem Tatbestandsmerkmal etwa Senatsbeschlüsse vom 5. Dezember 2012 - XII ZB 665/11 - FamRZ 2013, 289 Rn. 15 ff.; vom 22. August 2012 - XII ZB 295/12 - FamRZ 2012, 1705 Rn. 3 f. und vom 23. Juni 2010 - XII ZB 118/10 - FamRZ 2010, 1432 Rn. 10 f.; Dodegge NJW 2013, 1265, 1267 f. mwN). Denn die Überwindung des entgegenstehenden natürlichen Willens des Betroffenen im Wege der Zwangsbehandlung kann schon im Ansatz nur dann gerechtfertigt sein, wenn es gilt, gewichtige gesundheitliche Nachteile des Betroffenen zu verhindern (vgl. BTDrucks. 17/11513 S. 7). Umgekehrt ist der natürliche Wille des Betroffenen zu respektieren, wenn auch bei Unterbleiben der Behandlung keine wesentlichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Betroffenen zu erwarten sind.
13
Ausfluss des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist weiterhin das Erfordernis , dass der erhebliche gesundheitliche Nachteil nicht durch eine mildere, dem Betroffenen zumutbare Maßnahme abgewendet werden kann (§ 1906 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 BGB). Eine solche kann etwa in einer alternativen Behandlungsmethode zu sehen sein, die nicht dem natürlichen Willen des Betroffenen widerspricht und ebenfalls das mit der Zwangsbehandlung verfolgte Behandlungsziel herbeizuführen vermag, aber auch in sonstigen, die Behandlung entbehrlich machenden Maßnahmen (vgl. BeckOK BGB/Müller [Stand: 1. August 2013] § 1906 Rn. 28; Marschner in Jürgens Betreuungsrecht 5. Aufl. § 1906 BGB Rn. 35; Dodegge NJW 2013, 1265, 1268).
14
Auch wenn diese Voraussetzungen vorliegen, ist die Zwangsbehandlung nur verhältnismäßig, sofern der von ihr zu erwartende Nutzen die aus ihr für den Betroffenen folgenden Beeinträchtigungen deutlich überwiegt (§ 1906 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BGB; vgl. auch BT-Drucks. 17/11513 S. 7). Dem zu erwartenden Behandlungserfolg sind die mit der Behandlung verbundenen Nebenund Auswirkungen einschließlich der möglichen Komplikationen gegenüberzustellen und Nutzen und Beeinträchtigungen gegeneinander abzuwägen (vgl. zu Einzelheiten etwa Knittel Betreuungsrecht [Stand: 1. Oktober 2013] § 1906 BGB Rn. 152 f.; Dodegge NJW 2013, 1265, 1268).
15
(4) Schließlich setzt die Zulässigkeit einer zwangsweisen Behandlung gemäß § 1906 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BGB voraus, dass vor der Einwilligung in die ärztliche Zwangsmaßnahme versucht wurde, den Betroffenen von der Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme zu überzeugen und seine auf Vertrauen gegründete Zustimmung zu erreichen. Dieser Versuch muss ernsthaft, mit dem nötigen Zeitaufwand und ohne Ausübung unzulässigen Drucks (BT-Drucks. 17/12086 S. 1, 11; vgl. auch BVerfG FamRZ 2011, 1128 Rn. 58) durch eine überzeugungsfähige und -bereite Person unternommen worden sein, was das Gericht in jedem Einzelfall festzustellen und in seiner Entscheidung in nachprüfbarer Weise darzulegen hat.
16
(a) Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erfordert, dass die Durchführung der ärztlichen Maßnahme gegen den natürlichen Willen des Betroffenen nicht vermieden werden kann, indem der Betroffene von ihrer Notwendigkeit überzeugt , so eine Änderung seines Willens herbeigeführt und eine Zwangsmaßnahme dadurch überflüssig wird. Um dies sicherzustellen, hat der Gesetzgeber auf Empfehlung des Rechtsausschusses (vgl. BT-Drucks. 17/12086) in § 1906 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BGB das entsprechende Erfordernis aufgenommen. Damit ist klargestellt, dass es sich bei dem Überzeugungsversuch um eine materiellrechtliche Voraussetzung für die Wirksamkeit der Einwilligung durch den Betreuer handelt (vgl. auch Moll-Vogel FamRB 2013, 157, 158), der mit Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entscheidende Bedeutung zukommt (vgl. Masuch/Gmati NZS 2013, 521, 528).
17
(b) Zur näheren Ausgestaltung eines solchen Versuchs, insbesondere dazu, von wem er zu unternehmen ist, enthält das Gesetz keine Angaben.
18
Der Gesetzgeber hat mit der Regelung an die in § 1901 Abs. 3 Satz 3 BGB enthaltene, den Betreuer treffende Pflicht angeknüpft (BT-Drucks. 17/12086 S. 11), wichtige Angelegenheiten vor ihrer Erledigung mit dem Betroffenen zu besprechen, sofern dies dessen Wohl nicht zuwiderläuft. Schon danach muss der Betreuer den Betroffenen, um ihm ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen, vor Durchführung einer Maßnahme über diese in für den Betroffenen verständlicher Weise informieren (BT-Drucks. 17/11513 S. 6). Zudem wird der Betreuer die ordnungsgemäße Durchführung des Überzeugungsversuchs als Voraussetzung für die Wirksamkeit seiner Einwilligungserklärung am zuverlässigsten beurteilen können, wenn er selbst daran beteiligt war. Gegen eine - danach folgerichtige - Mitwirkung des Betreuers spricht nicht § 630 c Abs. 2 Satz 1 BGB (anders BeckOK BGB/Müller [Stand: 1. August 2013] § 1906 Rn. 28), der die aus dem Behandlungsvertrag folgende Aufklärungspflicht des behandelnden Arztes gegenüber dem Patienten bei Beginn und im Verlauf der Behandlung regelt. Denn § 1906 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BGB geht mit der Forderung nach einem Überzeugungsversuch über die vertragliche Pflicht zur Aufklärung und Erläuterung hinaus. Letztgenannte setzt außerdem erst im Zusammenhang mit dem Behandlungsbeginn ein, während der Versuch, den Betroffenen von der Notwendigkeit zu überzeugen, schon allein deshalb deutlich früher erfolgen muss, weil die darauf aufbauenden Betreuereinwilligung und gerichtliche Genehmigung der ärztlichen Aufklärung gemäß § 630 c Abs. 2 Satz 1 BGB und dem Behandlungsbeginn zeitlich vorauszugehen haben (so auch Palandt/Götz BGB 73. Aufl. § 1906 Rn. 26).
19
Andererseits wird ein Überzeugungsversuch zur Notwendigkeit einer ärztlichen Behandlung regelmäßig nur dann erfolgversprechend sein, wenn er sich auch auf ärztliche Fachkenntnis stützt und der behandelnde Arzt einen vertrauensvollen Zugang zum Betroffenen findet. Zudem dürfte der Betreuer in der in § 1906 Abs. 3 Satz 2 BGB geregelten Konstellation, also wenn das Betreuungsgericht die Einwilligung wegen Verhinderung des Betreuers im Wege einer einstweiligen Maßregel selbst anordnet, häufig schon im Vorfeld der Einwilligungserteilung als Überzeugungsperson ausfallen (vgl. auch Grotkopp BtPrax 2013, 83, 87). Gleichwohl muss auch in diesem Fall ein Überzeugungsversuch erfolgt sein.
20
Im Ergebnis vermeidet die offen gehaltene gesetzliche Regelung mithin eine genaue Festlegung, wer im Rahmen des § 1906 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BGB tätig werden muss. Dies wird regelmäßig der ärztlich beratene Betreuer, kann aber gegebenenfalls auch ein behandelnder Arzt sein (vgl. Lipp FamRZ 2013, 913, 921; Dodegge NJW 2013, 1265, 1267; Grotkopp BtPrax 2013, 83, 87). In Betracht kommen für den Überzeugungsversuch zudem Vertrauenspersonen des Betroffenen aus seinem Angehörigen- und Freundeskreis (vgl. Knittel Betreuungsrecht [Stand: 1. Oktober 2013] § 1906 BGB Rn. 142; Masuch/Gmati NZS 2013, 521, 530). Im Übrigen hängt die Ausgestaltung des Überzeugungsversuchs stark vom jeweiligen Einzelfall mit dem Krankheits- oder Behinderungsbild des Betroffenen ab.
21
bb) In verfahrensrechtlicher Hinsicht hat der Gesetzgeber durch die Neufassung des § 312 Satz 1 Nr. 1 FamFG die Genehmigung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme den Unterbringungssachen i.S.d. § 312 FamFG zugeordnet. Damit gelten für das gerichtliche Verfah- ren die bereits vor der Gesetzesänderung im zweiten Abschnitt des dritten Buches des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) enthaltenen Vorschriften.
22
Zusätzlich muss gemäß § 323 Abs. 2 FamFG die Beschlussformel enthalten , dass die Zwangsmaßnahme unter der Verantwortung eines Arztes durchzuführen und zu dokumentieren ist (BT-Drucks. 17/11513 S. 8; vgl. auch Senatsbeschluss BGHZ 193, 337 = FamRZ 2012, 1366 Rn. 40). Entgegen einer teilweise vertretenen Auffassung (vgl. Grotkopp BtPrax 2013, 90) handelt es sich hierbei nicht lediglich um einen klarstellenden Ausspruch. Vielmehr wird durch den Beschlusstenor die Rechtmäßigkeit der ärztlichen Zwangsmaßnahme unabhängig von aus dem zivilrechtlichen Behandlungsvertrag folgenden Pflichten daran geknüpft, dass diese Vorgaben erfüllt sind (vgl. auch Keidel /Budde FamFG 18. Aufl. § 323 Rn. 8).
23
Darüber hinaus gelten Sonderregelungen für die Person des gerichtlichen Gutachters (§§ 312 Abs. 1 Satz 5, 329 Abs. 3 FamFG; vgl. dazu Senatsbeschluss vom 30. Oktober 2013 - XII ZB 482/13 - FamRZ 2014, 29 Rn. 9).
24
Schließlich bestimmt § 329 Abs. 1 Satz 2 FamFG nun als Höchstdauer für die (erstmalige) Genehmigung der Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme eine Frist von sechs Wochen. Bei Erlass einer einstweiligen Anordnung beträgt diese Frist nach § 333 Abs. 2 Satz 1 FamFG zwei Wochen. Der Gesetzgeber hat diese gegenüber der Unterbringung kürzeren Fristen damit begründet, dass nach den Erfahrungswerten der bisherigen Praxis von einer wenige Wochen andauernden Behandlungsbedürftigkeit ausgegangen werde (BT-Drucks. 17/11513 S. 8).
25
cc) Diesen gesetzlichen Anforderungen werden die angefochtenen Entscheidungen zur Genehmigung der Einwilligung in die ärztliche Zwangsmaßnahme in verschiedener Hinsicht nicht gerecht.
26
(1) Weder im amtsgerichtlichen Beschluss noch in der sich im Wesentlichen in einer Bezugnahme auf diesen erschöpfenden Beschwerdeentscheidung sind Feststellungen dazu enthalten, ob der gemäß § 1906 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BGB vor der Einwilligung der Betreuerin in die ärztliche Zwangsmaßnahme durchzuführende Überzeugungsversuch stattgefunden hat.
27
Das Amtsgericht verweist lediglich darauf, die Betroffene sei aktuell zu einer freiwilligen Behandlung auch unter stationären Bedingungen nicht bereit und habe die Einnahme von Haldol in der richterlichen Anhörung dezidiert abgelehnt. Daraus ergibt sich jedoch nur der der Behandlung entgegenstehende natürliche Wille der Betroffenen, ohne den schon keine ärztliche Zwangsmaßnahme vorliegen würde. Ob von der Betreuerin, Ärzten oder sonstigen Dritten der Versuch unternommen wurde, die Betroffene von der Notwendigkeit der medikamentösen Behandlung zu überzeugen, lässt sich den Vorentscheidungen nicht entnehmen.
28
Das Amtsgericht hat mithin die Genehmigung i.S.d. § 1906 Abs. 3a Satz 1 BGB erteilt und das Landgericht hat die hiergegen gerichtete Beschwerde zurückgewiesen, ohne dass das Vorliegen der materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Einwilligung festgestellt war.
29
(2) Wie die Rechtsbeschwerde zutreffend rügt, ist die Beschwerdeentscheidung auch deswegen rechtsfehlerhaft, weil das Landgericht unter Verstoß gegen § 26 FamFG das Vorliegen der in § 1906 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BGB gere- gelten Voraussetzung eines deutlichen Überwiegens des zu erwartenden Nutzens gegenüber den zu erwartenden Beeinträchtigungen nicht ausreichend aufgeklärt hat.
30
Zwar hat das Amtsgericht in rechtlich nicht zu beanstandender Weise auf der Grundlage der detaillierten Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen zu den mit der Behandlung verbundenen Erfolgsaussichten, Nebenwirkungen und Risiken das deutliche Überwiegen gemäß § 1906 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BGB bejaht. Insbesondere war der Gutachter zu einer "berechtigten Besserungshoffnung" gelangt. Im Rahmen der knapp drei Wochen nach der erstinstanzlichen Entscheidung vom Landgericht durchgeführten Anhörung hat die behandelnde Ärztin jedoch geäußert, "eine Veränderung bzw. Verbesserung des Zustands [der Betroffenen] sei zweifelhaft". Damit aber hätte sich das Landgericht auseinandersetzen und gegebenenfalls weitere Ermittlungen anstellen müssen, weil diese ärztliche Einschätzung darauf hindeutete, dass sich die Erfolgsprognose gegenüber der Situation bei der erstinstanzlichen Beurteilung verschlechtert hatte. Dies hätte im Bestätigungsfall den von der Zwangsbehandlung zu erwartenden Nutzen vermindert und damit dazu führen können, dass nicht mehr von einem deutlichen Überwiegen ausgegangen werden konnte - was das Landgericht hätte veranlassen müssen, die Genehmigung wegen veränderter tatsächlicher Umstände aufzuheben.
31
(3) Darüber hinaus verstößt die Genehmigungsentscheidung gegen § 329 Abs. 1 Satz 2 FamFG. Statt der bei der erstmaligen Genehmigung zulässigen Höchstfrist von sechs Wochen hat das Amtsgericht die Einwilligung in die ärztliche Zwangsmaßnahme für den Zeitraum 30. Januar 2014 bis 23. April 2014 und damit für einen Zeitraum von fast zwölf Wochen genehmigt.
32
(4) Zudem fehlt es im Tenor der amtsgerichtlichen Genehmigungsentscheidung an den nach § 323 Abs. 2 FamFG erforderlichen Angaben zur Durchführung und Dokumentation dieser Maßnahme in der Verantwortung eines Arztes.
33
c) Die Betroffene ist durch die angegriffenen Entscheidungen in ihrer durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG grundrechtlich geschützten körperlichen Integrität und dem vom Schutz des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG mitumfassten Recht auf Selbstbestimmung hinsichtlich ihrer körperlichen Integrität verletzt worden.
34
aa) Die Feststellung, dass ein Betroffener durch angefochtene Entscheidungen in seinen Rechten verletzt ist, kann grundsätzlich auch auf einer Verletzung des Verfahrensrechts beruhen. Dabei ist die Feststellung nach § 62 FamFG jedenfalls dann gerechtfertigt, wenn der Verfahrensfehler so gravierend ist, dass die Entscheidung den Makel einer rechtswidrigen Freiheitsentziehung hat, der durch Nachholung der Maßnahme rückwirkend nicht mehr zu tilgen ist (Senatsbeschluss vom 29. Januar 2014 - XII ZB 330/13 - FamRZ 2014, 649 Rn. 23 mwN) oder wenn eine Heilung im Nachhinein nicht mehr möglich ist (Senatsbeschluss vom 15. Februar 2012 - XII ZB 389/11 - FamRZ 2012, 619 Rn. 27 mwN).
35
bb) Für den über sechs Wochen hinausgehenden Genehmigungszeitraum , der bei Eingang der Rechtsbeschwerdebegründung bereits abgelaufen war und für den es an einer gesetzlichen Grundlage fehlte, scheidet eine Heilung von vornherein aus.
36
Aber auch für die ersten sechs Wochen kommt eine Aufhebung und Zurückverweisung zur Nachholung der zu § 1906 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und 5 BGB fehlenden Feststellungen nicht in Betracht. Zum einen ist bereits fraglich, ob nach der inzwischen verstrichenen Zeit die Prognoseentscheidung zum deutlichen Überwiegen des Nutzens der konkreten ärztlichen Zwangsmaßnahme noch verlässlich zu treffen wäre. Zum anderen ist der Betroffenen die Verfahrensfortsetzung nicht zumutbar. Denn eine solche würde sich nach Erledigung der ärztlichen Zwangsmaßnahme auf erstmalige nachprüfbare Feststellungen zu einer materiell-rechtlichen Einwilligungsvoraussetzung richten, die in den Gründen beider Vorentscheidungen gänzlich unbeachtet geblieben ist. Es ist daher davon auszugehen, dass die angegriffenen Entscheidungen auch insoweit auf dem Verfahrensfehler beruhen (vgl. Senatsbeschluss vom 7. August 2013 - XII ZB 691/12 - FamRZ 2013, 1725 Rn. 16).
37
cc) Das nach § 62 Abs. 1 FamFG erforderliche berechtigte Interesse der Betroffenen daran, die Rechtswidrigkeit der - hier durch Zeitablauf erledigten - Genehmigung der Einwilligung in die ärztliche Zwangsmaßnahme feststellen zu lassen, liegt vor. Wie bei einer freiheitsentziehenden Maßnahme (vgl. Senatsbeschluss vom 29. Januar 2014 - XII ZB 330/13 - FamRZ 2014, 649 Rn. 27 mwN) bedeutet auch die gerichtliche Genehmigung der Einwilligung in eine Zwangsbehandlung stets einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff im Sinn des § 62 Abs. 2 Nr. 1 FamFG.
38
3. Soweit die Betroffene sich gegen die Anordnung der Betreuung und gegen die Unterbringungsgenehmigung wendet, ist die angegriffene Entscheidung hingegen nicht zu beanstanden und hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand. Der Senat hat die gerügten Verfahrensmängel geprüft, die Rügen aber nicht für durchgreifend erachtet (§ 74 Abs. 3 Satz 4 FamFG i.V.m. § 564 ZPO).
39
Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird insoweit abgesehen , weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG). Dose Weber-Monecke Klinkhammer Schilling Guhling
Vorinstanzen:
AG Neustadt am Rübenberge, Entscheidung vom 30.01.2014 - 6 XVII M 13/14 -
LG Hannover, Entscheidung vom 21.02.2014 - 9 T 7/14, 9 T 8/14, 9 T 10/14 -

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Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Juni 2014 - XII ZB 121/14 zitiert oder wird zitiert von 10 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Jan. 2014 - XII ZB 330/13

bei uns veröffentlicht am 29.01.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 330/13 vom 29. Januar 2014 in der Betreuungssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja GG Art. 2 Abs. 2 Satz 2, 104 Abs. 1 Satz 1; FamFG §§ 319 Abs. 1 Satz 1, 68, 62 a) Die persönliche Anhöru

Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Aug. 2013 - XII ZB 691/12

bei uns veröffentlicht am 07.08.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 691/12 vom 7. August 2013 in der Unterbringungssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja FamFG §§ 37 Abs. 2, 62, 319 Abs. 1, 321 Abs. 1 Satz 1 a) Der Gutachter muss schon vor der Untersuchu

Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Okt. 2013 - XII ZB 482/13

bei uns veröffentlicht am 30.10.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 482/13 vom 30. Oktober 2013 in der Unterbringungssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja FamFG § 321 Abs. 1 Satz 5 a) In Verfahren zur Genehmigung einer Einwilligung in eine ärztliche Zwan

Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Dez. 2012 - XII ZB 665/11

bei uns veröffentlicht am 05.12.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 665/11 vom 5. Dezember 2012 in der Betreuungssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 1906 Abs. 1 Nr. 2 Da die Einwilligung des Betreuers in eine Zwangsbehandlung mangels gesetzlicher

Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Juni 2010 - XII ZB 118/10

bei uns veröffentlicht am 23.06.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 118/10 vom 23. Juni 2010 in der Unterbringungssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: nein BGB § 1906 Abs. 1 Nr. 1, 2 Zu den Anforderungen an eine zulässige Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 1
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Landgericht Saarbrücken Beschluss, 07. Dez. 2015 - 5 T 382/15

bei uns veröffentlicht am 07.12.2015

Tenor Die Beschwerde des ehemaligen Betreuers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Saarbrücken vom 24.08.2015 - Az.: 10 XVII (E) 257/08 - wird zurückgewiesen. Gründe A. Der Betroffene, für den seit dem 15.04.2008 wegen eines ausgeprägten

Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 14. Juli 2015 - 2 BvR 1549/14, 2 BvR 1550/14

bei uns veröffentlicht am 14.07.2015

Tenor Die Verfassungsbeschwerden werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden. Der Beschluss des Landgerichts Leipzig vom

Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Jan. 2015 - XII ZB 470/14

bei uns veröffentlicht am 14.01.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 470/14 vom 14. Januar 2015 in der Unterbringungssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja FamFG § 323 Abs. 2 Enthält bei der Genehmigung einer Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme o

Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Sept. 2014 - XII ZB 305/14

bei uns veröffentlicht am 10.09.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 305/14 vom 10. September 2014 in der Betreuungssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 1896 Kann der Betroffene aufgrund einer psychischen Erkrankung seine Angelegenheiten hinsichtlic

Referenzen

(1) Die Beschlussformel enthält im Fall der Genehmigung oder Anordnung einer Unterbringungsmaßnahme auch

1.
die nähere Bezeichnung der Unterbringungsmaßnahme sowie
2.
den Zeitpunkt, zu dem die Unterbringungsmaßnahme endet.

(2) Die Beschlussformel enthält bei der Genehmigung einer Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme oder bei deren Anordnung auch Angaben zur Durchführung und Dokumentation dieser Maßnahme in der Verantwortung eines Arztes.

Unterbringungssachen sind Verfahren, die die Genehmigung oder Anordnung einer

1.
freiheitsentziehenden Unterbringung nach § 1831 Absatz 1 und 2 auch in Verbindung mit Absatz 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
2.
freiheitsentziehenden Maßnahme nach § 1831 Absatz 4 auch in Verbindung mit Absatz 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
3.
ärztlichen Zwangsmaßnahme, auch einschließlich einer Verbringung zu einem stationären Aufenthalt, nach § 1832 Absatz 1, 2 und 4 auch in Verbindung mit Absatz 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder
4.
freiheitsentziehenden Unterbringung, freiheitsentziehenden Maßnahme oder ärztlichen Zwangsmaßnahme bei Volljährigen nach den Landesgesetzen über die Unterbringung psychisch Kranker
betreffen (Unterbringungsmaßnahme).

(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in

1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie
3.
Freiheitsentziehungssachen.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 gilt dies nur, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringungsmaßnahme oder die Freiheitsentziehung anordnet. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 ist die Rechtsbeschwerde abweichend von Satz 2 auch dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen den eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss in den in § 417 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 genannten Verfahren richtet.

(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

7
2. Die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde ergibt sich auch im Fall der - hier vorliegenden - Erledigung der Unterbringungsmaßnahme aus § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FamFG (Senatsbeschluss vom 7. August 2013 - XII ZB 691/12 - FamRZ 2013, 1725 Rn. 4). Nachdem es sich bei der angefochtenen Entscheidung nicht um eine einstweilige Anordnung handelt, steht § 70 Abs. 4 FamFG der Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde nicht entgegen.

(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn

1.
schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder
2.
eine Wiederholung konkret zu erwarten ist.

(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

7
2. Die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde ergibt sich auch im Fall der - hier vorliegenden - Erledigung der Unterbringungsmaßnahme aus § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FamFG (Senatsbeschluss vom 7. August 2013 - XII ZB 691/12 - FamRZ 2013, 1725 Rn. 4). Nachdem es sich bei der angefochtenen Entscheidung nicht um eine einstweilige Anordnung handelt, steht § 70 Abs. 4 FamFG der Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde nicht entgegen.
15
aa) Die zivilrechtliche Unterbringung durch einen Betreuer nach § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB verlangt keine akute, unmittelbar bevorstehende Gefahr für den Betreuten. Notwendig, aber auch ausreichend, ist eine ernstliche und konkrete Gefahr für Leib oder Leben des Betreuten (Senatsbeschluss vom 13. Januar 2010 - XII ZB 248/09 - FamRZ 2010, 365 Rn. 14 mwN). Die Genehmigung einer Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB muss zudem erforderlich sein (vgl. Senatsbeschluss vom 23. Januar 2008 - XII ZB 185/07 - FamRZ 2008, 866, 867). Die Prognose einer nicht anders abwendbaren Suizidgefahr oder einer Gefahr erheblicher gesundheitlicher Schäden ist im Wesentlichen Sache des Tatrichters (Senatsbeschluss vom 13. Januar 2010 - XII ZB 248/09 - FamRZ 2010, 365 Rn. 14).
10
Wie der Senat ebenfalls dargelegt hat, verlangt diese Vorschrift - im Gegensatz zur öffentlich-rechtlichen Unterbringung - keine akute, unmittelbar bevorstehende Gefahr für den Betreuten. Notwendig ist allerdings eine ernstliche und konkrete Gefahr für dessen Leib und Leben (Senatsbeschluss vom 13. Januar 2010 - XII ZB 248/09 - FamRZ 2010, 365 Tz. 14), wobei die Anforderungen an die Voraussehbarkeit einer Selbsttötung oder einer erheblichen gesundheitlichen Eigenschädigung jedoch nicht überspannt werden dürfen. Die Prognose ist im Wesentlichen Sache des Tatrichters (Senatsbeschluss vom 13. Januar 2010 - XII ZB 248/09 - FamRZ 2010, 365 Tz. 14).

Unterbringungssachen sind Verfahren, die die Genehmigung oder Anordnung einer

1.
freiheitsentziehenden Unterbringung nach § 1831 Absatz 1 und 2 auch in Verbindung mit Absatz 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
2.
freiheitsentziehenden Maßnahme nach § 1831 Absatz 4 auch in Verbindung mit Absatz 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
3.
ärztlichen Zwangsmaßnahme, auch einschließlich einer Verbringung zu einem stationären Aufenthalt, nach § 1832 Absatz 1, 2 und 4 auch in Verbindung mit Absatz 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder
4.
freiheitsentziehenden Unterbringung, freiheitsentziehenden Maßnahme oder ärztlichen Zwangsmaßnahme bei Volljährigen nach den Landesgesetzen über die Unterbringung psychisch Kranker
betreffen (Unterbringungsmaßnahme).

(1) Die Beschlussformel enthält im Fall der Genehmigung oder Anordnung einer Unterbringungsmaßnahme auch

1.
die nähere Bezeichnung der Unterbringungsmaßnahme sowie
2.
den Zeitpunkt, zu dem die Unterbringungsmaßnahme endet.

(2) Die Beschlussformel enthält bei der Genehmigung einer Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme oder bei deren Anordnung auch Angaben zur Durchführung und Dokumentation dieser Maßnahme in der Verantwortung eines Arztes.

Unterbringungssachen sind Verfahren, die die Genehmigung oder Anordnung einer

1.
freiheitsentziehenden Unterbringung nach § 1831 Absatz 1 und 2 auch in Verbindung mit Absatz 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
2.
freiheitsentziehenden Maßnahme nach § 1831 Absatz 4 auch in Verbindung mit Absatz 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
3.
ärztlichen Zwangsmaßnahme, auch einschließlich einer Verbringung zu einem stationären Aufenthalt, nach § 1832 Absatz 1, 2 und 4 auch in Verbindung mit Absatz 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder
4.
freiheitsentziehenden Unterbringung, freiheitsentziehenden Maßnahme oder ärztlichen Zwangsmaßnahme bei Volljährigen nach den Landesgesetzen über die Unterbringung psychisch Kranker
betreffen (Unterbringungsmaßnahme).

9
Anders verhält es sich jedoch hinsichtlich der Genehmigung der zwangsweisen Heilbehandlung der Betroffenen. In Verfahren zur Genehmigung einer Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme oder bei deren Anordnung soll nach § 321 Abs. 1 Satz 5 FamFG der zwangsbehandelnde Arzt nicht zum Sachverständigen bestellt werden. Mit dieser durch das Gesetz zur Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme vom 18. Februar 2013 (BGBl I 266) mit Wirkung vom 26. Februar 2013 eingeführten Vorschrift wollte der Gesetzgeber gewährleisten, dass der gerichtlichen Entscheidung über die Genehmigung einer Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme oder bei deren Anordnung eine unvoreingenommene ärztliche Begutachtung durch einen Sachverständigen vorausgeht, der nicht mit der Behandlung des Betroffenen befasst ist (vgl. BT-Drucks. 17/12086 S. 11). Die gegenüber §§ 280 Abs. 1, 321 Abs. 1 Satz 1, 4 FamFG erhöhten Anforderun- gen an die Qualifikation des Sachverständigen und die Einführung eines "VierAugen -Prinzips" (so Dodegge NJW 2013, 1265, 1270) tragen dabei dem Umstand Rechnung, dass die Genehmigung einer ärztlichen Zwangsmaßnahme oder deren Anordnung bei dem Betroffenen zu einem zusätzlichen schweren Grundrechtseingriff führt, der über die mit der Unterbringung verbundenen Beschränkungen des Betroffenen hinausgeht (Grotkoop in Bahrenfuss FamFG 2. Aufl. § 321 Rn. 14). Dass § 321 Abs. 1 Satz 5 FamFG trotzdem nur als "Soll"Vorschrift ausgestaltet ist, beruht darauf, dass der Gesetzgeber eine fachlich fundierte Begutachtung erreichen, gleichzeitig aber durch die abgestuften Anforderungen den unterschiedlichen Verfahren und den Bedürfnissen der Praxis bei der Auswahl geeigneter Sachverständiger Rechnung tragen wollte (BTDrucks. 17/12086 S. 11). Im Hinblick auf den genannten Schutzzweck der Vorschrift und die besondere Grundrechtsrelevanz einer medizinischen Zwangsbehandlung ist vor der Genehmigung einer Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme oder bei deren Anordnung regelmäßig die Begutachtung des Betroffenen durch einen neutralen Sachverständigen geboten. Nur in eng begrenzten Ausnahmefällen - etwa bei besonderer Eilbedürftigkeit - kann das Gericht hiervon abweichen und im Einzelfall auch den behandelnden Arzt zum Gutachter bestellen (Grotkoop in Bahrenfuss FamFG 2. Aufl. § 321 Rn. 14; Jurgeleit /Diekmann Betreuungsrecht 3. Aufl. § 321 FamFG Rn. 4; BeckOK FamFG/Günter [Stand: 1.7.2013] § 321 Rn. 10). In diesem Fall hat das Gericht jedoch in dem Genehmigungsbeschluss nachvollziehbar zu begründen, weshalb es von § 321 Abs. 1 Satz 5 BGB abgewichen ist (Prütting/Helms/Roth FamFG 3. Aufl. § 321 Rn. 4; BeckOK FamFG/Günter [Stand: 1.7.2013] § 321 Rn. 10; vgl. auch BT-Drucks. 17/12086 S. 11).

(1) Die Unterbringungsmaßnahme endet spätestens mit Ablauf eines Jahres, bei offensichtlich langer Unterbringungsbedürftigkeit spätestens mit Ablauf von zwei Jahren, wenn sie nicht vorher verlängert wird. Die Genehmigung einer Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme oder deren Anordnung darf die Dauer von sechs Wochen nicht überschreiten, wenn sie nicht vorher verlängert wird.

(2) Für die Verlängerung der Genehmigung oder Anordnung einer Unterbringungsmaßnahme gelten die Vorschriften für die erstmalige Anordnung oder Genehmigung entsprechend. Bei Unterbringungen mit einer Gesamtdauer von mehr als vier Jahren soll das Gericht keinen Sachverständigen bestellen, der den Betroffenen bisher behandelt oder begutachtet hat oder in der Einrichtung tätig ist, in der der Betroffene untergebracht ist.

(3) Bei der Genehmigung einer Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme oder deren Anordnung mit einer Gesamtdauer von mehr als zwölf Wochen soll das Gericht keinen Sachverständigen bestellen, der den Betroffenen bisher behandelt oder begutachtet hat oder in der Einrichtung tätig ist, in der der Betroffene untergebracht ist.

(1) Die einstweilige Anordnung darf die Dauer von sechs Wochen nicht überschreiten. Reicht dieser Zeitraum nicht aus, kann sie nach Anhörung eines Sachverständigen durch eine weitere einstweilige Anordnung verlängert werden. Die mehrfache Verlängerung ist unter den Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 zulässig. Sie darf die Gesamtdauer von drei Monaten nicht überschreiten. Eine Unterbringung zur Vorbereitung eines Gutachtens (§ 322) ist in diese Gesamtdauer einzubeziehen.

(2) Die einstweilige Anordnung darf bei der Genehmigung einer Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme oder deren Anordnung die Dauer von zwei Wochen nicht überschreiten. Bei mehrfacher Verlängerung darf die Gesamtdauer sechs Wochen nicht überschreiten.

Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

(1) Die Unterbringungsmaßnahme endet spätestens mit Ablauf eines Jahres, bei offensichtlich langer Unterbringungsbedürftigkeit spätestens mit Ablauf von zwei Jahren, wenn sie nicht vorher verlängert wird. Die Genehmigung einer Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme oder deren Anordnung darf die Dauer von sechs Wochen nicht überschreiten, wenn sie nicht vorher verlängert wird.

(2) Für die Verlängerung der Genehmigung oder Anordnung einer Unterbringungsmaßnahme gelten die Vorschriften für die erstmalige Anordnung oder Genehmigung entsprechend. Bei Unterbringungen mit einer Gesamtdauer von mehr als vier Jahren soll das Gericht keinen Sachverständigen bestellen, der den Betroffenen bisher behandelt oder begutachtet hat oder in der Einrichtung tätig ist, in der der Betroffene untergebracht ist.

(3) Bei der Genehmigung einer Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme oder deren Anordnung mit einer Gesamtdauer von mehr als zwölf Wochen soll das Gericht keinen Sachverständigen bestellen, der den Betroffenen bisher behandelt oder begutachtet hat oder in der Einrichtung tätig ist, in der der Betroffene untergebracht ist.

(1) Die Beschlussformel enthält im Fall der Genehmigung oder Anordnung einer Unterbringungsmaßnahme auch

1.
die nähere Bezeichnung der Unterbringungsmaßnahme sowie
2.
den Zeitpunkt, zu dem die Unterbringungsmaßnahme endet.

(2) Die Beschlussformel enthält bei der Genehmigung einer Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme oder bei deren Anordnung auch Angaben zur Durchführung und Dokumentation dieser Maßnahme in der Verantwortung eines Arztes.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn

1.
schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder
2.
eine Wiederholung konkret zu erwarten ist.

(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

16
Da die entsprechende Maßnahme bereits erledigt ist, kommt eine Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht nicht in Betracht (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 15. Februar 2012 - XII ZB 389/11 - FamRZ 2012, 619 Rn. 31). Wegen des Zeitablaufs und der damit einhergehenden Änderung des Zustandes des Betroffenen kann im Nachhinein grundsätzlich nicht mehr mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, ob die Genehmigung der Unterbringung auch bei Einhaltung der Verfahrensvorschriften gerechtfertigt gewesen wäre. Hinzu kommt, dass dem Betroffenen erneute Ermittlungen allein zur Klärung der Frage, ob der von dem Gericht zu verantwortende Verfahrensfehler noch zu heilen wäre, nicht zumutbar sind. Denn (auch) diese würden erheblich in die Rechtssphäre des - mittlerweile entlassenen - Betroffenen eingreifen und ihn erneut mit der "Akutphase seiner Erkrankung" konfrontieren. Es ist deshalb zugunsten des Betroffenen davon auszugehen, dass die Beschwerdeentscheidung auf dem Verfahrensfehler beruht (vgl. Senatsbeschluss vom 15. Februar 2012 - XII ZB 389/11 - FamRZ 2012, 619 Rn. 29 ff. mwN).

(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn

1.
schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder
2.
eine Wiederholung konkret zu erwarten ist.

(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

7
2. Die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde ergibt sich auch im Fall der - hier vorliegenden - Erledigung der Unterbringungsmaßnahme aus § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FamFG (Senatsbeschluss vom 7. August 2013 - XII ZB 691/12 - FamRZ 2013, 1725 Rn. 4). Nachdem es sich bei der angefochtenen Entscheidung nicht um eine einstweilige Anordnung handelt, steht § 70 Abs. 4 FamFG der Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde nicht entgegen.

(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn

1.
schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder
2.
eine Wiederholung konkret zu erwarten ist.

(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.

(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.

(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.

(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.

(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.