Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Juli 2017 - XII ZB 125/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:260717BXIIZB125.17.0
bei uns veröffentlicht am26.07.2017
vorgehend
Amtsgericht Kassel, 522 F 2216/16 AB, 22.09.2016
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 2 UF 362/16, 09.02.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 125/17
vom
26. Juli 2017
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Anspruch auf Einwilligung in eine genetische Abstammungsuntersuchung
steht neben der Mutter und dem Kind allein dem rechtlichen Vater zu. Eine Fälschung
des Personenstandsregisters oder der Geburtsurkunde des Kindes begründet
keine rechtliche Vaterschaft.
BGH, Beschluss vom 26. Juli 2017 - XII ZB 125/17 - OLG Frankfurt am Main
AG Kassel
ECLI:DE:BGH:2017:260717BXIIZB125.17.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Juli 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richter Prof. Dr. Klinkhammer, Dr. Günter und Dr. Nedden-Boeger und die Richterin Dr. Krüger
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 2. Familiensenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 9. Februar 2017 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen. Wert: 1.000 €

Gründe:

I.

1
Der Antragsteller nimmt den Antragsgegner auf Einwilligung in eine genetische Abstammungsuntersuchung in Anspruch.
2
Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts wurde der Antragsgegner am 23. März 1984 in der Türkei als Sohn der Eheleute H. und A. G. geboren. Der am 1. Februar 1959 ebenfalls in der Türkei geborene Antragsteller ist der Onkel des Antragsgegners. Im Jahr 1994 kam der Antragsgegner in den Haushalt des Antragstellers, der damals bereits in Deutschland lebte. Beide Beteiligte haben zwischenzeitlich die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen. Der Antragsteller war in erster Ehe mit Frau K. Y. verheiratet. Die kinderlose Ehe wurde am 11. September 1995 geschieden. Die geschiedene Ehefrau ist im Jahr 2015 verstorben. Seit dem 6. Juli 1997 ist der Antragsteller erneut verheiratet. Aus der zweiten Ehe sind vier Kinder hervorgegangen. Entsprechende Personenstandsurkunden wurden von den Beteiligten nicht vorgelegt.
3
Zur Begründung seines Antrags hat der Antragsteller zunächst lediglich vorgetragen, seiner Auffassung nach sei er nicht der leibliche Vater des Antragsgegners. Demgegenüber hat der Antragsgegner - unwidersprochen - ausgeführt , rund anderthalb Jahre vor seinem Umzug nach Deutschland hätten der Antragsteller und die Eheleute G. vereinbart, dass der Antragsgegner als leiblicher Sohn des Antragstellers ausgegeben werden solle, weil der Antragsteller gern eigene Kinder gehabt hätte. Zu diesem Zweck bewirkten der Antragsteller und die Eheleute G. , dass der Antragsgegner im türkischen Geburtenregister als Sohn des Antragstellers eingetragen wurde. Ob für diese "illegale Adoption" Geld geflossen sei, wisse der Antragsgegner nicht. Im Beschwerdeverfahren hat der Antragsteller ergänzend vorgetragen, er sei auch in der Geburtsurkunde des Antragsgegners als Vater eingetragen.
4
Das Amtsgericht hat die Einwilligung des Antragsgegners in eine genetische Untersuchung ersetzt und angeordnet, dass der Antragsgegner die Entnahme einer genetischen Probe zu dulden habe. Auf die Beschwerde des Antragsgegners hat das Oberlandesgericht die Entscheidung dahingehend abgeändert , dass der Antrag zurückgewiesen wird. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt der Antragsteller die Aufhebung der Entscheidung des Oberlandesgerichts und die Zurückweisung der Beschwerde des Antragsgegners.

II.

5
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil das Beschwerdegericht sie in dem angefochtenen Beschluss zugelassen hat (§§ 70 Abs. 1, 111 Nr. 3, 169 Nr. 2 FamFG), und auch im Übrigen zulässig. Der Senat ist an die Zulassung gebunden. In der Sache ist die Rechtsbeschwerde indessen nicht begründet.
6
1. Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt , der Antragsteller habe gegen den Antragsgegner keinen Anspruch auf Einwilligung in eine genetische Abstammungsuntersuchung, da das vorliegende Verfahren und die angestrebte Untersuchung nicht der Klärung der leiblichen Abstammung des Antragsgegners vom Antragsteller diene. Dass der Antragsgegner leiblich nicht vom Antragsteller abstamme, stehe zwischen den Beteiligten nicht in Frage. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der nicht vorgelegten gefälschten Geburtsurkunde, die den Antragsteller als Vater des Antragsgegners ausweisen soll. Denn eine Geburtsurkunde weise ausschließlich die rechtliche Vaterschaft und nicht die genetische Abstammung aus, so dass allein das Ergebnis einer genetischen Abstammungsuntersuchung nicht geeignet sei, in einem gerichtlichen Verfahren nach §§ 48 ff. PStG eine Berichtigung der Geburtsurkunde zu erwirken. Der Antragsteller sei weder nach deutschem noch nach türkischem Abstammungsrecht der rechtliche Vater des Antragsgegners. Soweit der Antragsteller darauf hinweise, dass die gefälschte Geburtsurkunde einen falschen Rechtsschein erzeuge, stehe es ihm frei, nach deutschem oder türkischem Personenstandsgesetz Berichtigungsanträge bei den zuständigen Standesämtern zu stellen.
7
2. Dies hält rechtlicher Nachprüfung stand. Der Antragsteller hat gegen den Antragsgegner schon deswegen keinen Anspruch auf Einwilligung in eine genetische Untersuchung zur Klärung der leiblichen Abstammung, weil er nicht der rechtliche Vater des Antragsgegners ist.
8
a) Nach § 1598 a Abs. 1 Satz 1 BGB können Vater, Mutter und Kind zur Klärung der leiblichen Abstammung des Kindes voneinander verlangen, in eine genetische Abstammungsuntersuchung einzuwilligen und die Entnahme einer für die Untersuchung geeigneten genetischen Probe zu dulden. Gemäß § 1598 a Abs. 2 BGB hat das Familiengericht auf Antrag eines Klärungsberechtigten eine nicht erteilte Einwilligung zu ersetzen und die Duldung einer Probeentnahme anzuordnen. Anspruchsberechtigt nach § 1598 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB ist dabei allein der rechtliche Vater (vgl. Senatsbeschluss vom 30. November 2016 - XII ZB 173/16 - FamRZ 2017, 219 Rn. 20 ff.).
9
§ 1598 a BGB wurde durch das Gesetz zur Klärung der Vaterschaft unabhängig vom Anfechtungsverfahren vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 441) mit Wirkung zum 1. April 2008 in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügt.
10
Der Senat hatte zuvor entschieden (Senatsurteile vom 12. Januar 2005 BGHZ 162, 1 = FamRZ 2005, 340 und XII ZR 60/03 - FamRZ 2005, 342), dass der für eine Vaterschaftsanfechtungsklage erforderliche Anfangsverdacht nicht durch ein heimlich eingeholtes DNA-Gutachten dargelegt werden kann. Das Bundesverfassungsgericht hatte dies mit Urteil vom 13. Februar 2007 (FamRZ 2007, 441) bestätigt, zugleich aber dem Gesetzgeber aufgegeben, bis zum 31. März 2008 eine Regelung zu einem rechtsförmigen Verfahren zu treffen, mit dem die leibliche Abstammung eines Kindes von seinem rechtlichen Vater geklärt und nur ihr Bestehen oder Nichtbestehen festgestellt werden kann. Dem lag die Erwägung zugrunde, dass Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG als Ausformung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht nur das Recht eines Mannes auf Kenntnis der Abstammung des ihm rechtlich zugeordneten Kindes ge- währleistet, sondern auch auf Verwirklichung dieses Rechts. Die Rechtsordnung muss daher ein Verfahren bereitstellen, um dem rechtlichen Vater eine Klärung der leiblichen Abstammung zu ermöglichen (vgl. BVerfG FamRZ 2007, 441, 442; Senatsbeschluss vom 30. November 2016 - XII ZB 173/16 - FamRZ 2017, 219 Rn. 19 ff.).
11
Der Gesetzgeber wollte den Anspruch in Anlehnung an die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts bewusst niederschwellig ausgestalten. Der Anspruch soll unbefristet gelten und an keine besonderen Voraussetzungen gebunden sein. Auf ihn soll materiell-rechtlich lediglich die allgemeine Schranke missbräuchlicher Rechtsausübung Anwendung finden. Nach der Gesetzesbegründung steht der Anspruch dem rechtlichen Vater, der Mutter und dem Kind gegenüber den anderen beiden Familienmitgliedern zu. Die Anspruchsberechtigung beruht auf dem besonderen Interesse an der Klärung der Abstammung und ist auf den Kreis der Anfechtungsberechtigten beschränkt (BT-Drucks. 16/6561 S. 12; vgl. auch Senatsbeschluss vom 30. November 2016 - XII ZB 173/16 - FamRZ 2017, 219 Rn. 22).
12
b) Nach Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB unterliegt die Abstammung eines Kindes dem Recht des Staates, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Im Verhältnis zu jedem Elternteil kann sie nach Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EGBGB auch nach dem Recht des Staates bestimmt werden, dem dieser Elternteil angehört. Ist die Mutter verheiratet, kann gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 3 EGBGB die Abstammung ferner nach dem Recht bestimmt werden, dem die allgemeinen Wirkungen ihrer Ehe bei der Geburt nach Art. 14 Abs. 1 EGBGB unterlagen. Alle diese Anknüpfungen sind grundsätzlich gleichwertig. In welchem Verhältnis die Anknüpfungsalternativen zueinander stehen, wenn diese zu unterschiedlichen Eltern-Kind-Zuordnungen führen, und welcher Alternative im Konkurrenzfall der Vorrang gebührt, hat der Senat bislang nicht abschlie- ßend entschieden (vgl. Senatsbeschlüsse BGHZ 210, 59 = FamRZ 2016, 1251 Rn. 28 f.; vom 3. August 2016 - XII ZB 110/16 - FamRZ 2016, 1847 Rn. 8 ff. mwN; vom 19. Juli 2017 - XII ZB 72/16 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt und Senatsurteil BGHZ 168, 79 = FamRZ 2006, 1745). Die Frage bedarf auch vorliegend keiner abschließenden Entscheidung, da sich aus dem türkischen Abstammungsrecht vorliegend im Verhältnis zum deutschen Abstammungsrecht keine konkurrierende Eltern-Kind-Zuordnung ergibt.
13
aa) Deutsches Recht findet nach Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB auf die Frage der Abstammung des Antragsgegners Anwendung, weil der Antragsgegner - ebenso wie der Antragsteller - seit Jahrzehnten seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat und beide zudem zwischenzeitlich die deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben.
14
(1) Mutter eines Kindes ist gemäß § 1591 BGB die Frau, die es geboren hat. Vater eines Kindes ist nach § 1592 BGB der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist (Nr. 1), der die Vaterschaft anerkannt hat (Nr. 2) oder dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt ist (Nr. 3). Eine Anerkennung der Vaterschaft ist nach § 1594 Abs. 2 BGB nicht wirksam, solange die Vaterschaft eines anderen Mannes besteht.
15
Danach ist auf der Grundlage der Feststellungen des Oberlandesgerichts Herr H. G. , und nicht der Antragsteller, der rechtliche Vater des Antragsgegners. Selbst wenn man in der Fälschung des Geburtenregisters oder der Geburtsurkunde des Antragsgegners zugleich eine Anerkennung der Vaterschaft durch den Antragsteller sehen wollte, wäre diese nach § 1594 Abs. 2 BGB unwirksam.
16
(2) Soweit der Antragsteller nach seinen eigenen Angaben das türkische Personenstandsregister und die Geburtsurkunde des Antragsgegners gefälscht haben will, macht ihn dies entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nach deutschem Personenstandsrecht nicht zum rechtlichen Vater des Antragsgegners.
17
Eintragungen in Personenstandsregister oder Geburtsurkunden wirken nicht konstitutiv, sondern lediglich deklaratorisch, weil nach § 54 Abs. 3 Satz 1 PStG der Nachweis der Unrichtigkeit der beurkundeten Tatsache zulässig ist. Eine Berichtigung unrichtiger Eintragungen kann nach §§ 48 ff. PStG im gerichtlichen Verfahren erwirkt werden.
18
Eine - nach § 169 StGB strafbare - Fälschung des Personenstandsregisters oder der Geburtsurkunde macht den fälschlich als Vater Benannten nicht zum rechtlichen Vater, sondern begründet nach § 54 Abs. 1 Satz 1 PStG allenfalls eine widerlegbare Vermutung für die rechtliche Vaterschaft. Eines genetischen Abstammungsgutachtens bedarf es zur Berichtigung im Falle der rechtlichen Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 BGB nicht. Ob die Fälschung des türkischen Personenstandsregisters oder der türkischen Geburtsurkunde des Antragsgegners durch den Antragsteller überhaupt als Personenstandseintragungen nach deutschem Recht zu beurteilen wären, bedarf danach keiner abschließenden Entscheidung.
19
bb) Soweit darüber hinaus nach Art. 19 Abs. 1 Satz 2 und 3 EGBGB vorliegend türkisches Recht auf die Frage der Abstammung des Antragsgegners Anwendung findet, ergibt sich keine anderweitige Eltern-Kind-Zuordnung.
20
(1) Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts unterliegt gemäß Art. 16 des türkischen Gesetzes Nr. 5718 vom 27. November 2007, RG Nr. 26728 vom 4. Dezember 2007, über das internationale Privatrecht und Zivilverfahrensrecht (türkIPRG; Übersetzung abgedruckt bei Bergmann/Ferid/ Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht [Stand: Mai 2017] "Türkei" S. 59) die Abstammung dem Heimatrecht des Kindes im Zeitpunkt seiner Geburt , ersatzweise dem Recht am Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes, den Heimatrechten der Eltern oder dem Recht am Ort der Geburt des Kindes.
21
(2) Mutter eines Kindes ist nach Art. 282 Abs. 1 türkZGB die Frau, die es geboren hat. Die Vaterschaft wird nach Art. 282 Abs. 2 und 3 türkZGB durch die Ehe mit der Mutter, durch Anerkennung, durch gerichtliche Entscheidung oder durch Adoption begründet. Wird ein Kind während der Ehe oder vor dem Ablauf von 300 Tagen nach ihrem Ende geboren, so ist nach Art. 285 Abs. 1 türkZGB der Ehemann sein Vater. Eine Anerkennung kann nach Art. 295 Abs. 1 türkZGB durch Erklärung des Vaters mit schriftlichem Antrag gegenüber dem Standesbeamten oder dem Gericht oder durch öffentliche Urkunde oder Testament erfolgen , allerdings gemäß Art. 295 Abs. 3 türkZGB nur, solange keine Vaterschaft eines anderen Mannes besteht.
22
Da der Antragsgegner nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts von Frau A. G. während ihrer Ehe mit Herrn H. G. geboren wurde , ist auch danach Herr H. G. der rechtliche Vater des Antragsgegners. Dagegen konnte die(kinderlose) Ehe des Antragstellers mit Frau K. Y. keine rechtliche Vaterschaft des Antragstellers begründen, da Frau K. Y. nicht die Mutter des Antragsgegners ist. Selbst wenn man in der Fälschung des Geburtenregisters oder der Geburtsurkunde des Antragsgegners zugleich eine Anerkennung der Vaterschaft durch den Antragsteller sehen wollte, wäre diese auch nach Art. 295 Abs. 3 türkZGB unwirksam.
23
(3) Zwar haben die Eintragungen im türkischen Personenstandsregister (und ihre Ausfertigungen oder Auszüge) den Charakter öffentlicher Urkunden und gehören damit nach türkischem Rechtsverständnis zu den Strengbeweismitteln in Bezug auf den dokumentierten Sachverhalt (Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht [Stand: Mai 2017] "Türkei" S. 52). Sie sind jedoch - neben der Berichtigung - nach Art. 5, 43 Abs. 1 des türkischen Gesetzes Nr. 5490 vom 25. April 2006, RG Nr. 26153 vom 29. April 2006, über das Personenstandswesen (Übersetzung abgedruckt bei Bergmann/Ferid/ Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht [Stand: Mai 2017] "Türkei" S. 123, im Folgenden: türkPStG) dem Gegenbeweis zugänglich. Die Fälschung des türkischen Geburtenregisters oder der Geburtsurkunde des Antragsgegners macht den Antragsteller daher entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht zum rechtlichen Vater des Antragsgegners. Sie begründet allenfalls einen Rechtsschein für die rechtliche Vaterschaft des Antragstellers, den der Antragsteller aber im Wege der personenstandsrechtlichen Berichtigung umfassend beseitigen kann, ohne dass er dazu auf eine genetische Untersuchung der leiblichen Abstammung angewiesen wäre.
24
Die - auch nach Art. 339 ff. des türkischen Strafgesetzbuches strafbare - Fälschung des Geburtenregisters oder der Geburtsurkunde kann nach Art. 35 türkPStG berichtigt werden. Die Berichtigung eines Eintrags setzt nach Art. 35 Abs. 1 türkPStG eine rechtskräftige Gerichtsentscheidung voraus.
25
Nach Art. 2 Abs. 1 des Übereinkommens betreffend die Entscheidungen über die Berichtigung von Einträgen in Personenstandsbüchern (Zivilstandsregistern ) vom 10. September 1964 (BGBl. 1969 II S. 445, 446 - der offizielle Vertragstext in französischer Sprache und eine deutsche Übersetzung werden vom Bundesministerium des Innern auf der Internetseite www.personenstandsrecht.de zur Verfügung gestellt), das für Deutschland und die Türkei in Kraft getreten ist, ist die Behörde eines Vertragsstaats, die für die Entscheidung über die Berichtigung eines Eintrags in einem im eigenen Hoheitsgebiet geführten Personenstandsbuch zuständig ist, auch zuständig, in derselben Entscheidung die Berichtigung des gleichen Fehlers anzuordnen, der in einen späteren Ein- trag in einem anderen Personenstandsbuch (Zivilregister) eines anderen Vertragsstaates übernommen worden ist und dieselbe Person oder ihre Nachkommen betrifft.
Dose Klinkhammer Günter Nedden-Boeger Krüger
Vorinstanzen:
AG Kassel, Entscheidung vom 22.09.2016 - 522 F 2216/16 AB -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 09.02.2017 - 2 UF 362/16 -

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(2) Sind seit der Eintragung in ein deutsches Personenstandsregister fünf Jahre verstrichen, so ist die Anerkennung wirksam, auch wenn sie den Erfordernissen der vorstehenden Vorschriften nicht genügt.

(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in

1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie
3.
Freiheitsentziehungssachen.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 gilt dies nur, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringungsmaßnahme oder die Freiheitsentziehung anordnet. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 ist die Rechtsbeschwerde abweichend von Satz 2 auch dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen den eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss in den in § 417 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 genannten Verfahren richtet.

(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

20
(2) Das Bundesverfassungsgericht hatte dies mit Urteil vom 13. Februar 2007 (FamRZ 2007, 441) bestätigt, zugleich aber dem Gesetzgeber aufgegeben , bis zum 31. März 2008 eine Regelung zu einem rechtsförmigen Verfahren zu treffen, mit dem die leibliche Abstammung eines Kindes von seinem rechtlichen Vater geklärt und nur ihr Bestehen oder Nichtbestehen festgestellt werden kann.

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12. Januar 2005
Küpferle,
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Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Januar 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 1. Familiensenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 6. März 2003 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger begehrt im Wege der Anfechtungsklage die Feststellung, nicht der Vater des am 10. Januar 1986 geborenen Beklagten zu sein. Die Mutter des Beklagten, die in der gesetzlichen Empfängniszeit Geschlechtsverkehr mit dem Kläger hatte, hatte diesem versichert, daß er der Vater des Beklagten sei. Am 11. Oktober 1989 erkannte der Kläger an, der Vater des Beklagten zu sein. Die Kindesmutter stimmte der Vaterschaftsanerkennung mit notarieller Urkunde vom gleichen Tage zu. Seitdem zahlt der Kläger Unterhalt für den Beklagten. Im Sommer 2001 erfuhr der Kläger von der Möglichkeit, eine private DNA-Vaterschaftsanalyse fertigen zu lassen. Etwa gleichzeitig wurde er von seiner Schwester darauf aufmerksam gemacht, daß sowohl zwischen ihm als
auch der Kindesmutter einerseits und dem Beklagten andererseits äußerlich und wesensmäßig keinerlei Ähnlichkeit bestehe. Daraufhin veranlaßte der Kläger eine DNA-Vaterschaftsanalyse, auf deren Grundlage die Gutachterin am 1. Oktober 2001 zu dem Ergebnis kam, eine Vaterschaft des Klägers sei offensichtlich unmöglich. Dieser Analyse lagen zum einen Mundschleimhautabstriche des Klägers selbst und zum anderen Haarwurzeln zugrunde, von denen der Kläger behauptet , sie stammten von dem Beklagten. Es handele sich um Haare, die seine Schwester dem Beklagten bei der Entfernung einer Zecke versehentlich ausgerissen habe. Durch das Gutachten habe er erstmalig von Umständen erfahren, die eindeutig gegen seine Vaterschaft sprächen. Der Beklagte bestreitet, daß die Haare von ihm stammen, und widerspricht der Verwertung des ohne seine Einwilligung eingeholten Gutachtens. Das Amtsgericht wies die Anfechtungsklage des Klägers ab. Das Oberlandesgericht , dessen Entscheidung u.a. in FamRZ 2003, 944 ff. veröffentlicht ist, wies die dagegen gerichtete Berufung des Klägers zurück. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein ursprüngliches Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg. 1. Das Berufungsgericht verneint, wie auch schon das Amtsgericht, die Schlüssigkeit der Anfechtungsklage. Die Behauptung des Klägers, das Kind sei
weder ihm noch der Kindesmutter ähnlich, sei für sich allein noch nicht geeignet , den hierfür erforderlichen Anfangsverdacht, das Kind stamme nicht von ihm, zu begründen. Auch das außergerichtlich eingeholte DNA-Gutachten sei hierzu nicht geeignet. Dessen Ergebnis könne nämlich aus prozessualen Gründen im Anfechtungsverfahren nicht verwertet werden, weil das untersuchte Material , soweit es von dem bei Gutachtenerstattung bereits 15-jährigen Beklagten stamme, ohne dessen Zustimmung und damit in rechtswidriger Weise erlangt sei. Denn die heimliche DNA-Analyse des genetischen Materials eines anderen verletze dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht in seiner Ausformung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 GG). Dem stehe zwar ein Recht des Klägers auf Kenntnis des Bestehens oder Nichtbestehens seiner Vaterschaft gegenüber. Die Abwägung dieser beiden gegenläufigen Grundrechtspositionen ergebe aber nicht, daß das Grundrecht des Beklagten auf informationelle Selbstbestimmung dahinter zurückstehen müsse. 2. Dies hält den Angriffen der Revision stand. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senatsurteile vom 22. April 1998 - XII ZR 229/96 - FamRZ 1998, 955, 956 und vom 30. Oktober 2002 - XII ZR 345/00 - FamRZ 2003, 155, 156) reicht das bloße Vorbringen des Klägers , er sei nicht der Vater des Kindes und ein gerichtliches Sachverständigengutachten werde seine Vaterschaft ausschließen, für eine Vaterschaftsanfechtungsklage nicht aus. Vielmehr muß der Kläger Umstände vortragen, die bei objektiver Betrachtung geeignet sind, Zweifel an der Abstammung des Kindes von dem als Vater geltenden Kläger zu wecken und die Möglichkeit der Abstammung des Kindes von einem anderen Mann als nicht ganz fernliegend erscheinen zu lassen.
Daran fehlt es, ohne daß es hier schon einer Entscheidung bedarf, welche Anforderungen an die Umstände, mit denen ein Anfangsverdacht zu begründen ist, im einzelnen gegebenenfalls weiterhin zu stellen sind.
a) Die Auffassung des Berufungsgerichts, die vom Kläger ohne nähere Konkretisierung behauptete mangelnde Ähnlichkeit des Kin des mit ihm und der Kindesmutter reiche für einen solchen Anfangsverdacht nicht aus, hält der revisionsrechtlichen Prüfung stand und wird von der Revision auch nicht angegriffen.
b) Entgegen der Auffassung der Revision begründet auch nicht schon die Weigerung des Beklagten, die Einholung des DNA-Gutachtens nachträglich zu genehmigen und in seine Verwertung einzuwilligen, als solche einen die Anfechtungsklage schlüssig machenden Anfangsverdacht. Sie stellt auch keine Beweisvereitelung dar. Insbesondere vermag der Senat sich nicht der von Mutschler (FamRZ 2003, 74, 76 a.E.) vertretenen Ansicht anzuschließen, allein die Weigerung der Mutter oder des Kindes, auf Bitten des (gesetzlichen) Vaters an einer DNA-Begutachtung mitzuwirken, könne je nach den Umständen des Falles einen ausreichenden Anfangsverdacht der Nichtvaterschaft begründen. Denn ein solches Verhalten ist Ausfluß des - negativen - informationellen Selbstbestimmungsrechts. Dieses würde ausgehöhlt, wenn die Weigerung, an einer außergerichtlichen Begutachtung mitzuwirken, die Vaterschaftsanfechtungsklage eröffnen würde, mit der Folge, daß die Informationen, die dieses Grundrecht schützen will, immer dann im Rahmen einer gerichtlichen Beweisaufnahme preisgegeben werden müßten, wenn dies dem Willen des Betroffenen zuwiderläuft und die freiwillige Preisgabe deshalb zuvor abgelehnt wurde. Erst recht kann hier die Weigerung des Beklagten, der Verwertung bereits rechtswidrig erlangter Informationen nachträglich zuzustimmen, nicht als
ein die Anfechtungsklage eröffnender Umstand angesehen werden. Denn wenn das Gesetz eine Verpflichtung, Untersuchungen zum Zwecke der Feststellung der Abstammung zu dulden, nur unter bestimmten Voraussetzungen vorsieht, kann ihre Verweigerung nicht dazu herangezogen werden, diese Voraussetzungen zu bejahen.
c) Auch die Vorlage eines heimlich eingeholten DNA-Gutachtens ist hier zur Darlegung eines Anfangsverdachts nicht geeignet. Denn auch die vom Berufungsgericht vorgenommene Abwägung, daß das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Beklagten nicht hinter dem Interesse des Klägers an der Feststellung seiner Nichtvaterschaft zurückstehen müsse, hält der revisionsrechtlichen Prüfung stand. aa) Jede Untersuchung und Verwendung des DNA-Identifizierungsmusters greift in das durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verbürgte Persönlichkeitsrecht, hier in der Ausprägung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung, ein. Dieses darf nur im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden; die Einschränkung darf nicht weiter gehen als es zum Schutz des öffentlichen Interesses unerläßlich ist (vgl. BVerfG NJW 2001, 2320, 2321). Welcher Stellenwert diesem Grundrecht beizumessen ist, ergibt sich beispielsweise aus der gesetzlichen Einschränkung des § 81 g StPO in Verbindung mit § 2 des DNA-Identitätsfeststellungsgesetzes (DNA-IFG vom 7. September 1998 BGBl. I 2646), die eine Feststellung und Speicherung des DNA-Identifizierungsmusters eines verurteilten Straftäters nur zuläßt, wenn Grund zu der Annahme besteht, daß gegen ihn künftig erneut Strafverfahren wegen Straftaten von erheblicher Bedeutung zu führen sind.
Diesem Schutz des Grundrechts eines jeden Menschen, die Untersuchung seines Genoms grundsätzlich von seiner Zustimmung abhängig zu machen , dienen auch Art. 5 der Allgemeinen Erklärung zum menschlichen Genom und zu den Menschenrechten (UNESCO Universal Declaration on the Human Genome and Human Rights) vom 11. November 1997; Art. II-68 der Verfassung der Europäischen Union (Amtsblatt C 310/43 vom 16. Dezember 2004); Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention und, soweit es sich um das Recht eines Kindes handelt, Art. 8 Abs. 1 und Art. 16 der UN-Kinderrechtskonvention vom 20. November 1989 (BGBl. 1992 II 121). bb) Dies ist auch bei der Verwertung von Beweisen oder Kenntnissen im gerichtlichen Verfahren zu beachten, gleichgültig, ob es sich um einen Strafprozeß oder Zivilprozeß handelt. Denn der Richter hat kraft Verfassungsgebots zu prüfen, ob von der Anwendung zivilrechtlicher Vorschriften im Einzelfall Grundrechte berührt werden. Trifft dies zu, dann hat er diese Vorschriften im Lichte der Grundrechte auszulegen und anzuwenden (vgl. BVerfG NJW 1991, 2411 f. m.w.N.) und darf dies nicht als praxisfern (vgl. Huber FamRZ 2004, 825, 826) oder als Ausfluß einer "verfassungsrechtlichen Überhöhung" (vgl. Spickhoff FamRZ 2003, 1581 f.) abtun. So dürfen rechtswidrig erlangte Kenntnisse aus dem heimlichen Mithören eines Telefonats nur ganz ausnahmsweise in einem gerichtlichen Verfahren verwertet werden, etwa dann, wenn sich der Beweisführer in einer notwehrähnlichen Situation befindet oder erpresserischen Drohungen oder einem kriminellen Angriff auf seine berufliche Existenz auf andere Weise nicht begegnen kann. Demgegenüber reicht allein das Interesse, sich ein Beweismittel für zivilrechtliche Ansprüche zu sichern, nicht aus (vgl. BVerfG NJW 2002, 3619, 3624; BGH, Urteil vom 18. Februar 2003 - XI ZR 165/02 - NJW 2003,
3624; BGH, Urteil vom 18. Februar 2003 - XI ZR 165/02 - NJW 2003, 1727, 1728). Demgemäß ist eine ohne Wissen des Betroffenen vorgenommene DNA-Analyse beispielsweise auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht geeignet , eine Verdachtskündigung zu rechtfertigen, sondern unterliegt einem Verwertungsverbot (vgl. VGH Baden-Württemberg NJW 2001, 1082; vgl. auch EuGH NJW 1994, 3005 ff.: Aufhebung einer Entscheidung, soweit sie auf einem anläßlich einer Einstellungsuntersuchung ohne Einwilligung vorgenommenen Lymphozytentest beruht). cc) Dies führt dazu, daß heimlich veranlaßte DNA-Vaterschaftsanalysen rechtswidrig (vgl. Palandt/Diederichsen BGB 64. Aufl. Einf. vor § 1591, Rdn. 11) und im Vaterschaftsanfechtungsverfahren gegen den Willen des Kindes oder seines gesetzlichen Vertreters nicht verwertbar sind (vgl. Bohnert FPR 2002, 383, 389; Musielak-Foerste ZPO 4. Aufl. § 286 Rdn. 7), und zwar auch nicht zur schlüssigen Darlegung von Zweifeln an der Vaterschaft im Sinne des § 1600 b BGB (vgl. Zöller/Greger ZPO 25. Aufl. § 286 Rdn. 15 b a.E.; im Ergebnis ebenso OLG Köln FamRZ 2004, 1987 a.E.), weil auch dies einen erneuten Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht und die informationelle Selbstbestimmung des Kindes bedeuten würde (vgl. Rittner/Rittner NJW 2002, 1745, 1751).
d) Dieser Auffassung entsprechen offenbar auch Überlegungen der Bundesregierung , "heimliche" Vaterschaftsgutachten im Rahmen eines künftigen Gendiagnostikgesetzes (Gesetz über genetische Untersuchungen beim Menschen ) insgesamt zu verbieten (Nachweise bei Staudinger/Rauscher BGB [2004] Einl. zu §§ 1589 ff. Rdn. 113 a.E.).
Derartige Bestrebungen sind auch außerhalb der Bundesrepublik Deutschland festzustellen, ohne daß die nachstehend angeführten Beispiele Anspruch auf Vollständigkeit erheben: In Belgien zielen mehrere Gesetzesinitiativen darauf ab, private DNAAnalysen auf Veranlassung des Vaters und/oder der Mutter zuzulassen, dies jedoch nur innerhalb des ersten Lebensjahres des Kindes, sowie auf Betreiben des Kindes innerhalb einer Frist von vier Jahren nach Eintritt seiner Volljährigkeit ; im übrigen sollen private Analysen unzulässig sein (vgl. z.B. Art. 5, 6 und 16 der Proposition de loi visant à réglementer l’usagedes analyses génétiques à des fins d’identification en matière de filiation, Chambre des Représentants de Belgique Dokument Nr. 51 0066/001); in Frankreich sind außergerichtliche DNA-Analysen ohne Zustimmung des Betroffenen untersagt (vgl. Art. 16-11 Code Civil, Art. 145-15 und Art. 14520 des Code de la Santé publique, eingefügt durch Gesetz Nr. 94-654 vom 29. Juli 1994 - Loi relative au don et à l’utilisation des éléments et produits du corps humain, à l’assistance médicale, à la procréation etau diagnostic prénatal , i.V.m. Art. 226-28 Code Pénal); in Großbritannien sind DNA-Analysen ohne Zustimmung des Betroffenen verboten (section 45 Human Tissue Act 2004); in Kanada (Provinz Quebec) bedürfen DNA-Analysen grundsätzlich der Zustimmung des Betroffenen und unterliegen andernfalls vor Gericht dem Verwertungsverbot des Art. 2858 Code Civil du Québec (vgl. Obadia, L’incidence des tests d’ADN sur le droit québécois de la filiation, McGill Law Journal 2000, 483, 502, 507);
in der Schweiz sollen außergerichtliche DNA-Analysen ohne Zustimmung des Betroffenen untersagt werden (vgl. Art. 5, 6, 32, 34 und 36 des Bundesgesetzes über genetische Untersuchungen beim Menschen - GUMG - vom 8. Oktober 2004 Bundesblatt 2004, 5483; Ablauf der Referendumsfrist: 27. Januar 2005).
e) Dem informationellen Selbstbestimmungsrecht des Kindes steht auch ein ebenfalls aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abzuleitendes Recht des Vaters oder Scheinvaters auf Kenntnis seiner Vaterschaft (vgl. BVerfG FamRZ 2003, 816, 820 unter C I 3 c; vgl. auch Senatsurteil vom 20. Januar 1999 - XII ZR 117/97 - FamRZ 1999, 716) nicht entgegen. Dieses ist nicht als höherwertig anzusehen (vgl. Rittner/Rittner aaO 1749; einschränkend Erman/ Holzhauer BGB 11. Aufl. § 1600 b Rdn. 8; a.A. Reichelt/Schmidt/Schmidtke FamRZ 1995, 777, 779 unter B I b; Staudinger/Rauscher aaO Einl. zu §§ 1589 ff. Rdn. 116). Das zeigt sich schon daran, daß seine Durchsetzung im Vaterschaftsanfechtungsverfahren u.a. durch die gesetzliche Fristenregelung des § 1600 b BGB wesentlich eingeschränkt ist, während das aus dem informationellen Selbstbestimmungsrecht des Kindes folgende Recht, der Erhebung oder Verwertung genetischer Daten zu widersprechen, demgegenüber keiner zeitlichen Schranke unterworfen ist. Auch hat der Gesetzgeber sich bei der Kindschaftsrechtsreform im Jahre 1997 dagegen entschieden, in jedem Fall die biologische Abstammung eines Kindes zu klären, und statt dessen hingenommen, daß die biologische Vaterschaft zugunsten des Kindeswohls unter anderem dann in den Hintergrund tritt, wenn ein Kind aufgrund seiner Geburt in der Ehe der Mutter bereits in einem Familienverbund aufwächst (vgl. Rittner/Rittner aaO 1749).
Zudem verleiht das Recht auf Kenntnis der eigenen Vaterschaft oder Nichtvaterschaft selbst dann, wenn es dem Grundrecht auf Kenntnis der eigenen Abstammung gleichzustellen wäre, noch kein Recht auf Verschaffung solcher Kenntnis (vgl. Senatsurteil BGHZ 156, 153, 164 f. m.N.).
Das Interesse des Vaters oder Scheinvaters, sich Gewißheit über seine Vaterschaft zu verschaffen, kann auch dann nicht als höherrangig angesehen werden, wenn es der Abwehr zivilrechtlicher Ansprüche, denen er als gesetzlicher Vater ausgesetzt ist, dienen soll.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

20
(2) Das Bundesverfassungsgericht hatte dies mit Urteil vom 13. Februar 2007 (FamRZ 2007, 441) bestätigt, zugleich aber dem Gesetzgeber aufgegeben , bis zum 31. März 2008 eine Regelung zu einem rechtsförmigen Verfahren zu treffen, mit dem die leibliche Abstammung eines Kindes von seinem rechtlichen Vater geklärt und nur ihr Bestehen oder Nichtbestehen festgestellt werden kann.

Tenor

1. Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe wird zurückgewiesen, weil die mit der Rechtsbeschwerde beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.

2. Der Senat beabsichtigt, die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 20. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 11. Januar 2016 durch Beschluss nach § 74 a Abs. 1 FamFG zurückzuweisen.

3. Den Beteiligten wird Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 20. September 2016 gegeben.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten um die Abänderung eines im vereinfachten Verfahren errichteten Titels über Kindesunterhalt für das im Mai 2011 geborene Kind M.

2

Der Antragsteller ist türkischer Staatsangehöriger. Seine Ehe mit der Kindesmutter, die ebenfalls die türkische Staatsangehörigkeit besitzt, wurde durch Beschluss des Amtsgerichts P. vom 19. April 2011 - rechtskräftig seit diesem Tag - geschieden. Es ist in diesem Verfahren unstreitig, dass der Antragsteller nicht der biologische Vater des etwa vier Wochen nach Rechtskraft der Scheidung geborenen Kindes M. ist, welches sich seit seiner Geburt ebenfalls in Deutschland aufhält.

3

Der Antragsteller leitete im Jahr 2012 vor dem Amtsgericht B. ein Vaterschaftsanfechtungsverfahren ein. Auf den in diesem Verfahren erteilten gerichtlichen Hinweis, dass "nicht ersichtlich sei, was die Vaterschaft begründe", nahm der Antragsteller seinen Antrag auf Anfechtung der Vaterschaft zurück.

4

Der Antragsgegner, der für das Kind M. fortlaufend Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz erbringt, hat den Antragsteller aus übergegangenem Recht auf Kindesunterhalt in Anspruch genommen. Nachdem der Antragsgegner den Antragsteller im Dezember 2011 zur Erteilung von Auskünften über seine Einkommensverhältnisse aufgefordert hatte, wurde der Antragsteller durch Beschluss des Amtsgerichts vom 15. Mai 2014 im vereinfachten Unterhaltsfestsetzungsverfahren nach § 239 FamFG dazu verpflichtet, an den Antragsgegner seit Dezember 2011 rückständigen und laufenden Kindesunterhalt für M. zu zahlen. Seine gegen diesen Beschluss gerichtete Beschwerde nahm der Antragsteller am 27. Januar 2015 zurück.

5

Mit dem hier verfahrensgegenständlichen Antrag vom 29. Januar 2015 hat der Antragsteller eine Abänderung des Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses dahingehend begehrt, keinen Unterhalt zahlen zu müssen. Zur Begründung hat er sich darauf berufen, dass er nicht der biologische Vater von M. sei und auch nicht als dessen rechtlicher Vater angesehen werden könne. Das Amtsgericht hat den Antrag abgewiesen. Das Oberlandesgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2016, 924 (mit Anmerkung Henrich FamRZ 2016, 926) veröffentlicht ist, hat die dagegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

6

Der Senat beabsichtigt, die Rechtsbeschwerde gemäß § 74 a Abs. 1 FamFG zurückzuweisen. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs. 2 Satz 1 FamFG liegen nicht vor und die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache keine Aussicht auf Erfolg.

7

1. Im Streitfall stellen sich insbesondere keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung (§ 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 FamFG). Grundsätzliche Bedeutung hat eine Sache, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann. Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann, wenn eine durch die Beschwerdeentscheidung aufgeworfene Rechtsfrage zweifelhaft ist, mithin insbesondere dann, wenn sie vom Bundesgerichtshof bisher nicht entschieden worden ist und von einigen Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortet wird, oder wenn dazu in der Literatur unterschiedliche Meinungen vertreten werden (Senatsbeschluss vom 24. April 2013 - XII ZR 159/12 - FamRZ 2013, 1199 Rn. 4; BGH Beschluss vom 8. Februar 2010 - II ZR 54/09 - NJW-RR 2010, 1047 Rn. 3). So liegt der Fall hier nicht, und zwar auch nicht in Bezug auf die vom Beschwerdegericht als zulassungsrelevant angesehene Rechtsfrage, wie sich die "konkrete Anwendung des Günstigkeitsprinzips im Rahmen des Art. 19 Abs. 1 Satz 1 und 2 EGBGB" in Fällen auswirkt, in denen "die rechtliche Vaterschaftsfiktion zu widersprechenden Ergebnissen gegenüber der wahrscheinlichen biologischen Abstammung" führt.

8

a) Nach Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB unterliegt die Abstammung eines Kindes dem Recht des Staates, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (Aufenthaltsstatut). Sie kann gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EGBGB im Verhältnis zu jedem Elternteil auch nach dem Recht des Staates bestimmt werden, dem dieser Elternteil angehört (Personalstatut), oder, wenn die Mutter verheiratet ist, gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 EGBGB nach dem Recht, dem die allgemeinen Wirkungen ihrer Ehe bei der Geburt nach Art. 14 Abs. 1 EGBGB unterliegen (Ehewirkungsstatut). Der Senat hat bereits ausgesprochen, dass das Personalstatut und das Ehewirkungsstatut dem Aufenthaltsstatut grundsätzlich gleichwertige Zusatzanknüpfungen sind (Senatsurteil BGHZ 168, 79 Rn. 12 = FamRZ 2006, 1745 und Senatsbeschluss vom 20. April 2006 - XII ZB 15/15 - juris Rn. 28).

9

b) Wird ein Kind mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland nach der Scheidung der Ehe seiner Mutter geboren und könnte es deshalb - insbesondere ohne vorangehende Vaterschaftsanfechtung - nach deutschem Recht von einem Dritten ohne weiteres anerkannt werden, kann dies zu Konflikten mit solchen über Art. 19 Abs. 2 Satz 2 und 3 EGBGB berufenen Rechtsordnungen führen, die - wie etwa das türkische, griechische oder polnische Recht (weitere Beispiele bei jurisPK-BGB/Gärtner/Duden [Stand: Dezember 2015] Art. 19 EGBGB Rn. 64) - das Kind als Abkömmling des (geschiedenen) Ehemannes ansehen, wenn die Empfängniszeit noch in die Zeit vor Beendigung der Ehe fiel. Zur Auflösung eines solchen Konflikts werden im Wesentlichen drei verschiedene Lösungsansätze vertreten:

10

aa) Nach einer Ansicht soll das Abstammungsstatut in solchen Fällen vorrangig an den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes angeknüpft werden, weil der Gesetzgeber Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB einerseits als Regelanknüpfung ausgestaltet habe und der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes andererseits die engste Beziehung zum Sachverhalt aufweise (vgl. Andrae Internationales Familienrecht 3. Aufl. § 5 Rn. 27 und 33 ff.; Dethloff IPrax 2005, 326, 329 f.).

11

bb) Die wohl überwiegende Meinung in Rechtsprechung und Literatur vertritt mit unterschiedlichen Begründungen die Ansicht, dass diejenige Rechtsordnung maßgeblich sein soll, die dem Kind schon mit der Geburt zu einem Vater verhelfe (Prioritätsgrundsatz). Hierzu wird teilweise auf das Günstigkeitsprinzip rekurriert, weil es dem Wohl des Kindes im Hinblick auf seine unterhalts- und erbrechtliche Absicherung am besten entspreche, wenn ihm schon zum frühestmöglichen Zeitpunkt ein Vater zugeordnet werde (vgl. BayObLG FamRZ 2002, 686, 687; OLG Frankfurt FamRZ 2002, 688, 689; OLG Nürnberg FamRZ 2005, 1697, 1698 und FamRZ 2016, 920, 922; OLG Hamm FamRZ 2014, 1559, 1560 und FamRZ 2009, 126, 128; OLG Köln StAZ 2013, 319, 320; jurisPK-BGB/Gärtner/Duden [Stand: Dezember 2015] Art. 19 EGBGB Rn. 70; NK-BGB/Bischoff 3. Aufl. Art. 19 EGBGB Rn. 24). Teilweise wird der Prioritätsgrundsatz nicht aus einem kindeswohlbezogenen Günstigkeitsprinzip, sondern aus dem formalen Ordnungskriterium hergeleitet, dass alle nach Art. 19 Abs. 1 EGBGB berufenen Rechte gleichrangig seien (vgl. Frank StAZ 2009, 65, 67) und diejenige Rechtsordnung, die dem Kind zeitlich als erstes einen Vater zuordne, demzufolge nur durch eine Vaterschaftsanfechtung wieder verdrängt werden könne (vgl. MünchKomm/Helms BGB 6. Aufl. Art. 19 EGBGB Rn. 16).

12

Freilich kann der Prioritätsgrundsatz den Wertungskonflikt zwischen verschiedenen gemäß Art. 19 Abs. 1 EGBGB berufenen Rechten für sich genommen nicht auflösen, wenn eine - alle Wirksamkeitsvoraussetzungen erfüllende - pränatale Vaterschaftsanerkennung durch den mutmaßlichen Erzeuger des Kindes (etwa nach deutschem Recht) mit einer nachwirkenden Vaterschaftsvermutung zugunsten des geschiedenen Ehemannes der Kindesmutter nach dem gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 2 oder 3 BGB berufenden Auslandsrecht konkurriert. Weisen die alternativ berufenen Rechtsordnungen dem Kind deshalb schon bei der Geburt unterschiedliche Väter zu, wird von der überwiegenden Auffassung nach dem Günstigkeitsprinzip derjenigen Rechtsordnung der Vorzug gegeben, die zum wirklichen Vater des Kindes führt (vgl. hierzu im Einzelnen Staudinger/Henrich BGB [2014] Art. 19 EGBGB Rn. 38; jurisPK-BGB/Gärtner/Duden [Stand: Dezember 2015] Art. 19 EGBGB Rn. 72 ff.).

13

cc) Eine weitere Ansicht meint, dass der Gesichtspunkt der Abstammungswahrheit von vornherein als wesentliches Kriterium des Günstigkeitsprinzips anzusehen und die vorzugswürdige Rechtsordnung deshalb generell diejenige sei, die dem Kind ohne Umwege möglichst schnell und ohne unnötige Kosten zu seinem wirklichen Vater verhelfe (Henrich FamRZ 1998, 1401, 1402). Auf dieser gedanklichen Grundlage soll sich auch eine wirksame postnatale Vaterschaftsanerkennung durch den mutmaßlichen Erzeuger gegenüber der auf einer geschiedenen Ehe gegründeten Vaterschaftsvermutung nach ausländischem Recht durchsetzen können, wenn die Anerkennung der Vaterschaft "zeitnah" nach der Geburt angekündigt wird und die wirksame Vaterschaftsanerkennung im Zeitpunkt der Beurkundung der Geburt durch den Standesbeamten vorliegt (vgl. OLG Karlsruhe [11. Zivilsenat] FamRZ 2015, 1636, 1638; AG Karlsruhe FamRZ 2007, 1585, 1586; AG Regensburg FamRZ 2003, 1856, 1857; Staudinger/Henrich BGB [2014] Art. 19 EGBGB Rn. 38; vgl. auch AG Hannover FamRZ 2002, 1722, 1724 f.).

14

c) Der Senat hat zwar bislang offengelassen, in welchem Verhältnis die Anknüpfungsalternativen zueinander stehen, wenn diese zu unterschiedlichen Eltern-Kind-Zuordnungen führen, und welcher Alternative im Konkurrenzfall der Vorrang gebührt (vgl. Senatsbeschluss vom 20. April 2016 - XII ZB 15/15 - FamRZ 2016, 1251 Rn. 29). Diese Frage stellt sich unter den hier obwaltenden Umständen allerdings nicht. Nach den von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffenen Feststellungen des Beschwerdegerichts ist die Anerkennung der Vaterschaft für das Kind M. durch einen anderen Mann weder erfolgt noch beabsichtigt. Die nach Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB vorzunehmende Anknüpfung des Abstammungsstatuts an den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes in Deutschland würde deshalb dazu führen, dass dem Kind M. überhaupt kein Vater zugeordnet werden könnte, weil die Mutter von M. zum Zeitpunkt der Geburt nicht mehr verheiratet war (§ 1592 Nr. 1 BGB) und weder eine Anerkennung der Vaterschaft durch einen anderen Mann (§ 1592 Nr. 2 BGB) noch eine gerichtliche Vaterschaftsfeststellung (§ 1592 Nr. 3 BGB) vorliegen. Demgegenüber würde die Anknüpfung an das Personalstatut des Antragstellers gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EGBGB nach den zutreffenden Ausführungen des Beschwerdegerichts dazu führen, dass dem Kind M. der Antragsteller als rechtlicher Vater zugeordnet wird, weil der geschiedene Ehemann nach Art. 285 Abs. 1 des türkischen Zivilgesetzbuches auch dann noch als rechtlicher Vater des Kindes gilt, wenn dieses von der geschiedenen Ehefrau - wie es hier der Fall ist - vor Ablauf von 300 Tagen nach Beendigung der Ehe geboren worden ist.

15

Bei einer solchen Sachverhaltskonstellation kommt es folglich schon nicht dazu, dass die verschiedenen Anknüpfungsalternativen des Art. 19 Abs. 1 EGBGB zu unterschiedlichen Vater-Kind-Zuordnungen führen, weil das nach Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB berufene deutsche Aufenthaltsrecht dem Kind M. überhaupt keinen rechtlichen Vater zuweist und es damit nicht um die Auswahl zwischen mehreren in Betracht kommenden Vätern geht. Die gänzliche rechtliche Vaterlosigkeit ist indessen ein - auch kollisionsrechtlich - unerwünschter Zustand, der durch die nach Art. 19 Abs. 1 EGBGB eröffnete Mehrfachanknüpfung gerade vermieden werden soll. Darüber, dass eine durch ein alternativ berufenes Auslandsrecht ermöglichte Vater-Kind-Zuordnung aufgrund geschiedener Ehe der völligen Vaterlosigkeit vorzuziehen ist, besteht - soweit ersichtlich - in Rechtsprechung und Literatur Einigkeit (so ausdrücklich MünchKomm/Helms BGB 6. Aufl. Art. 19 EGBGB Rn. 20; jurisPK-BGB/Gärtner/Duden [Stand: Dezember 2015] Art. 19 EGBGB Rn. 62), und zwar auch bei den Vertretern derjenigen Ansichten, die dem von der herrschenden Meinung bevorzugten (strengen) Prioritätsgrundsatz im Ausgangspunkt nicht folgen wollen (vgl. insbesondere Dethloff IPrax 2005, 325, 329; Staudinger/Henrich BGB [2014] Art. 19 EGBGB Rn. 37; Henrich FamRZ 2016, 926). Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde spielt es auch keine entscheidende Rolle, dass dem Kind bei einer Vater-Kind-Zuordnung aufgrund nachwirkender Vaterschaftsvermutung mit dem geschiedenen Ehemann der Mutter häufig ein Vater zugewiesen wird, der - wie es auch in diesem Fall zu sein scheint - nicht der Erzeuger des Kindes ist. Insoweit ist nur ergänzend darauf hinzuweisen, dass auch dem deutschen Abstammungsrecht - insbesondere bei der Ehelichkeitsvermutung des § 1592 Nr. 1 BGB - Vater-Kind-Zuordnungen geläufig sind, die zwar auf einer typisierten Vaterschaftswahrscheinlichkeit beruhen, aber fehlerhafte Zuordnungen vorbehaltlich bestehender Anfechtungsmöglichkeiten bewusst in Kauf nehmen.

16

d) Die angefochtene Entscheidung begegnet auch insoweit keinen rechtlichen Bedenken, als das Beschwerdegericht keine weiteren Erwägungen zu möglichen Rückverweisungen durch das internationale Privatrecht der Türkei angestellt hat. Denn es kann im Ergebnis offen bleiben, ob es sich bei der Verweisung in Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EGBGB um eine Gesamtverweisung oder um eine Sachnormverweisung handelt (vgl. Staudinger/Henrich BGB [2014] Art. 19 EGBGB Rn. 27 mit Nachweisen zum Streitstand) und ob das türkische Kollisionsrecht möglicherweise wieder in das deutsche Recht zurückverwiesen hätte. Die alternative Anknüpfung in Art. 19 Abs. 1 EGBGB verfolgt gerade das Ziel, die Feststellung der Abstammung auch in solchen Fällen zu ermöglichen, in denen nach einem der in Frage kommenden Rechte die Feststellung ausgeschlossen wäre. Eine Rückverweisung durch das nach Art. 19 Abs. 1 Satz 2 oder 3 EGBGB berufene Recht bleibt nach einhelliger und zutreffender Meinung jedenfalls dann unbeachtlich, wenn durch die Annahme der Rückverweisung die Möglichkeit einer Feststellung der Abstammung entfiele (vgl. OLG Nürnberg FamRZ 2005, 1697, 1698; OLG Celle FamRZ 2011, 1518, 1520; BeckOK BGB/Heiderhoff [Stand: Mai 2016] Art. 19 EGBGB Rn. 30; MünchKommBGB/Helms 6. Aufl. Art. 19 EGBGB Rn. 29). Auch die Rechtsbeschwerde erinnert hiergegen nichts.

17

2. Gemessen daran hat die Rechtsbeschwerde auch keine Aussicht auf Erfolg. Da der Antragsteller im Übrigen keine Tatsachen vorgetragen hat, welche die Herabsetzung des im Unterhaltsfestsetzungsbeschluss titulierten Kindesunterhalts rechtfertigen könnten, kommt es auf die vom Beschwerdegericht offengelassene Frage nach der Einhaltung der Frist des § 240 Abs. 2 Satz 1 FamFG nicht an.

Dose                      Schilling                       Günter

              Botur                          Krüger

Hinweis: Das Rechtsbeschwerdeverfahren ist durch Rücknahme der Rechtsbeschwerde erledigt worden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 72/16
vom
19. Juli 2017
in der Personenstandssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Führt von den nach Art. 19 Abs. 1 EGBGB für die Feststellung der Vaterschaft
alternativ berufenen Rechtsordnungen zum Zeitpunkt der Geburt allein das Personalstatut
des geschiedenen Ehemanns der Mutter zur rechtlichen Vaterschaft
(hier: des geschiedenen Ehemanns nach polnischem Recht), so ist eine später
von einem anderen Mann nach dem hierfür anwendbaren deutschen Recht erklärte
Anerkennung der Vaterschaft unwirksam (Fortführung des Senatsbeschlusses
vom 3. August 2016 – XII ZB 110/16 – FamRZ 2016, 1847).

b) Die zum Zeitpunkt der Geburt kraft Gesetzes begründete Vaterschaft kann grundsätzlich
nur nach dem gemäß Art. 20 EGBGB anwendbaren Anfechtungsstatut
beseitigt werden (im Anschluss an Senatsurteil vom 23. November 2011 – XII ZR
78/11 – FamRZ 2012, 616).
BGH, Beschluss vom 19. Juli 2017 - XII ZB 72/16 - KG Berlin
AG Berlin-Schöneberg
ECLI:DE:BGH:2017:190717BXIIZB72.16.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Juli 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Prof. Dr. Klinkhammer, Schilling, Dr. Nedden-Boeger und Guhling
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 1. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 5. Januar 2016 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen. Wert: 5.000 €

Gründe:

I.

1
Die Antragsteller, beide deutsche Staatsangehörige, begehren die Eintragung des im Juli 2014 von der Antragstellerin geborenen Kindes und des Antragstellers als dessen Vater im Geburtenregister. Der Antragsteller erklärte vier Tage nach der Geburt mit Zustimmung der Kindesmutter die Anerkennung der Vaterschaft. Die Antragstellerin war seit 2006 mit dem Beteiligten zu 5, einem polnischen Staatsangehörigen, verheiratet. Die Ehe ist seit dem 17. Juni 2014 rechtskräftig geschieden.
2
Das Standesamt hat die Sache wegen Zweifeln an der Eintragung dem Amtsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Das Amtsgericht hat die beantragte Anweisung des Standesamts abgelehnt. Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde der Antragsteller zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Antrag- steller mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit der er seine Eintragung als Vater weiterverfolgt.

II.

3
Die Rechtsbeschwerde bleibt ohne Erfolg.
4
1. Nach Auffassung des Beschwerdegerichts, dessen Entscheidung in FamRZ 2016, 922 veröffentlicht ist, ist der Beteiligte zu 5 seit der Geburt des Kindes dessen rechtlicher Vater. Diese Vaterschaft sei bisher nicht durch eine wirksame Rechtshandlung beseitigt worden.
5
Die in Art. 19 Abs. 1 EGBGB für das anwendbare Recht aufgeführten Anknüpfungsalternativen seien gleichrangig. Welches Recht berufen sei, beurteile sich nach dem Günstigkeitsprinzip. Danach solle das Recht zur Anwendung kommen, das für das Wohl des Kindes günstiger sei. Hier komme das deutsche Recht in Betracht, weil das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland habe und der Antragsteller deutscher Staatsangehöriger sei. Ferner könne aufgrund der Staatsangehörigkeit des Beteiligten zu 5 polnisches Recht zur Anwendung kommen.
6
Nach polnischem Sachrecht (Art. 62 § 1 Satz 1 des Familien- und Vormundschaftsgesetzbuchs vom 25. Februar 1964 – FVGB) werde vermutet, dass ein Kind, das vor Ablauf von 300 Tagen seit Beendigung der Ehe geboren werde , vom (ehemaligen) Ehemann der Mutter abstamme. Darauf, ob das polnische Recht auf das deutsche Recht zurückverweist, komme es an dieser Stelle nicht an, weil eine Rückverweisung, die den Kreis der für eine Abstammungsbestimmung zur Verfügung stehenden Rechtsordnungen einschränkt, nach Art. 4 EGBGB nach dem Sinn der alternativen Anknüpfung in Art. 19 EGBGB nicht zu beachten sei. Nach polnischem Recht sei deshalb bei der Geburt die rechtliche Vaterschaft des Beteiligten zu 5 begründet worden.
7
Bezogen auf den Zeitpunkt der Geburt sei die Vaterschaft nach polnischem Recht zu bestimmen gewesen, weil dies dem Wohl des Kindes entspreche. Die Vaterschaft eines Mannes, der womöglich nicht der biologische Vater sei, sei für das Kind günstiger als Vaterlosigkeit. Dies ergebe sich schon aus den unterhalts- und erbrechtlichen Konsequenzen der Vaterschaft, auch wenn das deutsche Sachrecht bei einem reinen Inlandsfall Vaterlosigkeit in Kauf nähme. Eine andere Beurteilung sei auch dann nicht gerechtfertigt, wenn ein anerkennungswilliger Dritter zur Verfügung stehe, solange dieser die Anerkennungserklärung nicht abgegeben habe. Die zukünftige Entwicklung, ob eine geplante und zugesagte Vaterschaftsanerkennung tatsächlich durchgeführt werde, sei nicht vorauszusehen. Aus Gründen der Rechtssicherheit könne bei der Bestimmung des Abstammungsstatuts nicht auf derartige ungewisse zukünftige Ereignisse abgestellt werden.
8
Die Prüfung, welche Rechtsordnung für das Kind günstiger sei, könne nicht bezogen auf den Zeitpunkt der Eintragung der Geburt unter Berücksichtigung einer zwischenzeitlichen Anerkennung eines Dritten erneut durchgeführt werden. Die Anerkennung sei nach § 1594 Abs. 2 BGB unwirksam, wenn bereits die Vaterschaft eines anderen Mannes begründet sei, auch wenn sich diese Vaterschaft nur aus einer anderen Rechtsordnung ergebe. Selbst wenn die nach Art. 19 Abs. 1 EGBGB gleichberechtigt nebeneinander berufenen Sachrechte jeweils isoliert für sich geprüft werden müssten, wäre zu berücksichtigen, dass eine Rechtsordnung, die dem Kind zeitlich als erste einen Vater zuordne, nicht durch eine spätere Anerkennungserklärung wieder verdrängt werden könne , und eine ex lege bestehende Vaterschaft sich nicht wieder verflüchtige, sondern nur auf dem gesetzlich dafür vorgesehenen Weg der nach dem inter- nationalen Privatrecht berufenen Rechtsordnung wieder beseitigt werden könne.
9
Die Vaterschaft des Beteiligten zu 5 sei bisher nicht beseitigt worden. Gemäß Art. 20 Satz 1 EGBGB könne die Vaterschaft nur nach polnischem Recht angefochten werden, weil das Kind nach diesem auch die polnische Staatsangehörigkeit habe. Eine Klage auf Anfechtung der Vaterschaft sei bisher nicht erhoben worden.
10
Auch eine gemäß Art. 20 Satz 2 EGBGB nach deutschem Recht mögliche Anfechtung der Vaterschaft durch das Kind sei nicht durchgeführt worden. Eine Beseitigung der Vaterschaft des Beteiligten zu 5 entsprechend § 1599 Abs. 2 BGB komme nicht in Betracht. Denn für die qualifizierte Anerkennung gelte auch hier Art. 20 EGBGB. Anfechtungsstatut sei danach das polnische Recht, welches eine § 1599 Abs. 2 BGB entsprechende Regelung nicht enthalte. Auf Art. 20 Satz 2 EGBGB könne hier nicht zurückgegriffen werden, weil dieser ein zusätzliches Anfechtungsstatut nur für das Kind begründe, das an einer qualifizierten Anerkennung nach § 1599 Abs. 2 BGB nicht beteiligt sei. Im Übrigen habe der Beteiligte zu 5 seine Zustimmungserklärung nicht in der § 1599 Abs. 2 iVm § 1597 Abs. 2 BGB entsprechenden Form abgegeben.
11
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
12
a) Nach Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB unterliegt die Abstammung eines Kindes dem Recht des Staates, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (Aufenthaltsstatut). Sie kann gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EGBGB im Verhältnis zu jedem Elternteil auch nach dem Recht des Staates bestimmt werden , dem dieser Elternteil angehört (Personalstatut), oder, wenn die Mutter verheiratet ist, gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 EGBGB nach dem Recht, dem die allgemeinen Wirkungen ihrer Ehe bei der Geburt nach Art. 14 Abs. 1 EGBGB unterliegen (Ehewirkungsstatut). Der Senat hat bereits ausgesprochen, dass das Personalstatut und das Ehewirkungsstatut dem Aufenthaltsstatut grundsätzlich gleichwertige Zusatzanknüpfungen sind (Senatsbeschlüsse BGHZ 210, 59 = FamRZ 2016, 1251 Rn. 28 und vom 3. August 2016 – XII ZB 110/16 – FamRZ 2016, 1847 Rn. 8 mwN).
13
aa) Ist ein Kind mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland nach der Scheidung der Ehe seiner Mutter geboren worden und könnte es deshalb nach deutschem Recht von einem Dritten ohne weiteres anerkannt werden, kann dies zur Konkurrenz mit solchen über Art. 19 Abs. 2 Satz 2 und 3 EGBGB berufenen Rechtsordnungen führen, die das Kind als Abkömmling des (geschiedenen ) Ehemanns ansehen, wenn die Empfängniszeit noch in die Zeit vor Beendigung der Ehe fiel (Senatsbeschluss vom 3. August 2016 – XII ZB 110/16 – FamRZ 2016, 1847 Rn. 9 mwN).
14
Welchem der konkurrierenden Abstammungsstatute in diesen Fällen der Vorrang gebührt, ist umstritten (vgl. bereits Senatsbeschluss vom 3. August 2016 – XII ZB 110/16 – FamRZ 2016, 1847 Rn. 10 ff. mwN). Zum Teil wird vertreten , das Abstammungsstatut in solchen Fällen vorrangig an den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes anzuknüpfen, weil der Gesetzgeber Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB einerseits als Regelanknüpfung ausgestaltet habe und der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes andererseits die engste Beziehung zum Sachverhalt aufweise (vgl. Andrae Internationales Familienrecht 3. Aufl. § 5 Rn. 27 und 33 ff.; Dethloff IPrax 2005, 326, 329 f.).
15
Die überwiegende Meinung in Rechtsprechung und Literatur geht mit dem Beschwerdegericht davon aus, dass diejenige Rechtsordnung maßgeblich sein soll, die dem Kind schon mit der Geburt zu einem Vater verhelfe (Prioritätsgrundsatz ), wofür teilweise auf das sogenannte Günstigkeitsprinzip verwiesen wird. Dem Wohl des Kindes entspreche es im Hinblick auf seine unterhalts- und erbrechtliche Absicherung am besten, wenn ihm schon zum frühestmöglichen Zeitpunkt ein Vater zugeordnet werde (vgl. BayObLG FamRZ 2002, 686, 687; OLG Frankfurt FamRZ 2002, 688, 689; OLG Nürnberg FamRZ 2005, 1697, 1698 und FamRZ 2016, 920, 922; OLG Hamm FamRZ 2014, 1559, 1560 und FamRZ 2009, 126, 128; OLG Köln StAZ 2013, 319, 320; Dutta StAZ 2016, 200, 201 f.; Frie StAZ 2017, 104, 107 f.; NK-BGB/Bischoff 3. Aufl. Art. 19 EGBGB Rn. 24). Teilweise wird der Prioritätsgrundsatz nicht aus einem kindeswohlbezogenen Günstigkeitsprinzip, sondern aus dem formalen Ordnungskriterium hergeleitet, dass alle nach Art. 19 Abs. 1 EGBGB berufenen Rechte gleichrangig seien (vgl. Frank StAZ 2009, 65, 67) und diejenige Rechtsordnung, die dem Kind zeitlich als erste einen Vater zuordne, demzufolge nur durch eine Vaterschaftsanfechtung wieder verdrängt werden könne (vgl. MünchKommBGB /Helms 6. Aufl. Art. 19 EGBGB Rn. 16).
16
Weisen alternativ berufene Rechtsordnungen dem Kind hingegen schon bei der Geburt verschiedene Väter zu, wird von der überwiegenden Auffassung nach dem Günstigkeitsprinzip derjenigen Rechtsordnung der Vorzug gegeben, die zum „wirklichen“ Vater des Kindes führt (vgl. hierzu im Einzelnen Staudin- ger/Henrich BGB [2014] Art. 19 EGBGB Rn. 38; jurisPK-BGB/Duden [Stand: März 2017] Art. 19 EGBGB Rn. 72 ff.).
17
Über die Fälle von schon bei Geburt des Kindes konkurrierenden Abstammungsstatuten hinausgehend wird von einer Ansicht der Gesichtspunkt der Abstammungswahrheit von vornherein als wesentliches Kriterium des Günstigkeitsprinzips angesehen und deshalb generell der Rechtsordnung der Vorzug gegeben, die dem Kind ohne Umwege möglichst schnell und ohne unnötige Kosten zu seinem „wirklichen“ Vater verhelfe (Henrich FamRZ 1998, 1401, 1402). Eine wirksame postnatale Vaterschaftsanerkennung durch den mutmaßlichen Erzeuger soll sich gegenüber der auf einer geschiedenen Ehe gegründe- ten Vaterschaftsvermutung nach ausländischem Recht durchsetzen können, wenn die Anerkennung der Vaterschaft "zeitnah" nach der Geburt angekündigt wird und die wirksame Vaterschaftsanerkennung im Zeitpunkt der Beurkundung der Geburt durch den Standesbeamten vorliegt (vgl. OLG Karlsruhe [11. Zivilsenat ] FamRZ 2015, 1636, 1638; OLG München FamRZ 2016, 1599; AG Karlsruhe FamRZ 2007, 1585, 1586; AG Regensburg FamRZ 2003, 1856, 1857; Staudinger/Henrich BGB [2014] Art. 19 EGBGB Rn. 38, 43; jurisPK-BGB/Duden [Stand: März 2017] Art. 19 EGBGB Rn. 68; vgl. auch AG Hannover FamRZ 2002, 1722, 1724 f.).
18
bb) Der Senat hat bislang offengelassen, in welchem Verhältnis die Anknüpfungsalternativen zueinander stehen, wenn diese zu unterschiedlichen Eltern -Kind-Zuordnungen führen, und welcher Alternative im Konkurrenzfall der Vorrang gebührt (vgl. Senatsbeschlüsse BGHZ 210, 59 = FamRZ 2016, 1251 Rn. 29 mwN und vom 3. August 2016 – XII ZB 110/16 – FamRZ 2016, 1847 Rn. 14). In der vorliegenden Fallkonstellation bedarf es einer Entscheidung der Frage, ob eine nach der Geburt nach deutschem Recht erklärte Anerkennung der Vaterschaft den bereits zum Zeitpunkt der Geburt aufgrund einer anderen nach Art. 19 Abs. 1 EGBGB berufenen Rechtsordnung begründeten Status im Konkurrenzwege verdrängen kann. Die Frage ist zu verneinen.
19
(1) Die rechtliche Vater-Kind-Zuordnung ist bereits zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes festzustellen. Die Abstammung im Sinne von Art. 19 EGBGB ist die rechtliche Eltern-Kind-Zuordnung kraft Gesetzes (Senatsbeschluss BGHZ 210, 59 = FamRZ 2016, 1251 Rn. 27). Sinn und Zweck der durch das Kindschaftsrechtsreformgesetz vom 16. Dezember 1997 (BGBl. I S. 2942) eingeführten mehrfachen Anknüpfung bestehen wie bei der zuvor in Art. 20 Abs. 1 EGBGB aF für die nichteheliche Kindschaft enthaltenen Mehrfachanknüpfung darin, dem Kind nach Möglichkeit zu einem rechtlichen Vater zu verhelfen (Henrich FamRZ 1998, 1401, 1402; zum früheren Recht vgl. MünchKommBGB/Klinkhardt 3. Aufl. Art. 20 EGBGB Rn. 4 mwN). Da die statusrechtliche Eltern-Kind-Zuordnung kraft Gesetzes erfolgt, ist diese bereits mit Erlangung der Rechtsfähigkeit durch das Kind festzustellen. Die Rechtsfähigkeit tritt nach § 1 BGB (iVm Art. 7 Abs. 1 Satz 1 EGBGB, § 4 Abs. 1 Satz 1 StAG) mit Vollendung der Geburt ein; eine Vaterschaftsfeststellung vor der Geburt des Kindes sieht das deutsche Abstammungsrecht nicht vor (Senatsbeschluss vom 24. August 2016 – XII ZB 351/15 – FamRZ 2016, 1849 Rn. 28), was jedenfalls grundsätzlich auch für die kollisionsrechtliche Regelung des Art. 19 Abs. 1 EGBGB gilt (zur möglichen analogen Anwendung vgl. Senatsbeschluss vom 24. August 2016 – XII ZB 351/15 – FamRZ 2016, 1849 Rn. 11 ff.). Dementsprechend kann auch (entgegen Dethloff IPRax 2005, 326, 329 f.) nicht mit der Vaterschaftszuordnung abgewartet werden, bis das Aufenthaltsstatut nach Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB ebenfalls eine rechtliche Vater-Kind-Zuordnung ergibt.
20
(2) Ist dem Kind schon bei der Geburt nach einer der von Art. 19 Abs. 1 EGBGB alternativ berufenen Rechtsordnungen nur ein Vater zugeordnet, so steht dieser jedenfalls grundsätzlich als rechtlicher Vater des Kindes fest.
21
Eine erneute Beurteilung der Vater-Kind-Zuordnung zum Zeitpunkt der Eintragung in das Geburtenregister ist nicht vorzunehmen, nachdem bereits eine Vater-Kind-Zuordnung kraft Gesetzes erfolgt ist. Denn die erstmalige rechtliche Festlegung der Vaterschaft darf nach Sinn und Zweck der alternativen Anknüpfung in Art. 19 Abs. 1 EGBGB nicht bis zur späteren Eintragung der Geburt im Geburtenregister in der Schwebe bleiben. Anderenfalls bestünde für das Kind zunächst eine rechtliche Vaterlosigkeit, die durch Art. 19 Abs. 1 EGBGB gerade vermieden werden soll. Die Eintragung in das deutsche Geburtenregister eignet sich als zeitlicher Anknüpfungspunkt der Vater-Kind-Zuordnung schon deswegen nicht, weil der Eintragung hinsichtlich der Eltern-Kind-Zuordnung keine konstitutive Wirkung zukommt (vgl. Hepting/Dutta Familie und Personenstand 2. Aufl. Rn. I-10). Zwar werden mit der Eintragung vom Gesetz zuweilen materiellrechtliche Wirkungen verknüpft, so etwa der Erwerb der Staatsangehörigkeit mit der Eintragung der Auslandsgeburt (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 210, 59 = FamRZ 2016, 1251 Rn. 18). Eine solche Wirkung kommt nach deutschem Recht dem Personenstandsregister bezüglich der Eltern-Kind-Zuordnung hingegen grundsätzlich nicht zu (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 203, 350 = FamRZ 2015, 240 Rn. 22).
22
Das Beschwerdegericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass bei Geburt des Kindes zunächst ungewiss ist, ob eine Anerkennung der Vaterschaft erfolgen wird (vgl. Senatsbeschluss vom 3. August 2016 – XII ZB 110/16 – FamRZ 2016, 1847 Rn. 14; Hepting StAZ 2000, 33, 40). Dass der Anerkennende , wie die Gegenauffassung anführt, in der Regel der „wirkliche“ (biologische) Vater ist, ist mangels entsprechender Überprüfung keineswegs gesichert (vgl. Senatsurteil BGHZ 197, 242 = FamRZ 2013, 1209 Rn. 2). So hat der Umstand, dass gerade in grenzüberschreitenden Fällen Anerkennungen nicht selten zu gesetzesfremden Zwecken erklärt werden, jüngst zu Maßnahmen des Gesetzgebers geführt, durch die missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen unterbunden werden sollen (Entwurf eines Gesetzes zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht, BT-Drucks. 18/12415, Art. 4, § 1597a BGB-E: Verbot der missbräuchlichen Anerkennung der Vaterschaft; Art. 1, § 85a AufenthG-E).
23
Nicht zu verkennen ist allerdings, dass es in den Fällen, in denen eine von Art. 19 Abs. 1 EGBGB berufene Rechtsordnung die Vaterstellung auch bei Geburt des Kindes nach Rechtskraft der Scheidung noch dem geschiedenen Ehemann der Mutter zuweist, dieser in den meisten Fällen nicht der biologische Vater des Kindes sein und demzufolge regelmäßig ein Vaterschaftsanfech- tungsverfahren erforderlich wird. Hiermit verbundenen Schwierigkeiten ist indessen erst bei der Frage der Beseitigung der Vaterschaft Rechnung zu tragen.
24
(3) Aufgrund der bereits seit Geburt bestehenden rechtlichen Vaterschaft ist die Anerkennung durch einen anderen Mann nach § 1594 Abs. 2 BGB versperrt. Eine Anerkennung der Vaterschaft wird mithin erst nach Beseitigung der rechtlichen Vaterschaft möglich.
25
Dabei ist auf die Anerkennung im vorliegenden Fall gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 1 und 2 EGBGB das deutsche Recht anzuwenden, weil sowohl der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes als auch die Staatsangehörigkeit des Beteiligten zu 4 zur Anwendbarkeit des deutschen Rechts führen.
26
Die rechtliche Vaterschaft des Beteiligten zu 5 führt dazu, dass die seitens des Beteiligten zu 4 erklärte Anerkennung nach § 1594 Abs. 2 BGB unwirksam ist (vgl. Dutta StAZ 2016, 200, 201). Ob etwas anderes gelten könnte, wenn die auf die Anerkennung anwendbare Rechtsordnung im Unterschied zum deutschen Recht eine Anerkennungssperre nicht vorsieht und das ausländische Recht der Anerkennung eine die Vaterschaftsvermutung des Ehemanns verdrängende Wirkung zumisst (vgl. Hepting/Dutta Familie und Personenstand 2. Aufl. Rn. V-201 ff.), oder ob auch auf eine solche Folge vorrangig Art. 20 EGBGB anzuwenden ist, braucht hier nicht entschieden zu werden.
27
(4) Das Beschwerdegericht ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass auf den Zeitpunkt der Geburt abzustellen ist und zu diesem Zeitpunkt allein das Personalstatut des Beteiligten zu 5 eine Vaterschaftszuordnung ergibt. Bezüglich der Anwendung des polnischen Rechts sind im Rechtsbeschwerdeverfahren keine Beanstandungen erhoben worden. Das Beschwerdegericht hat eine etwaige im polnischen Recht enthaltene Rückverweisung im Ergebnis zutreffend dahingestellt sein lassen, weil eine solche mit dem Ergebnis der Vater- losigkeit dem Sinn der alternativen Anknüpfung in Art. 19 EGBGB zuwider liefe (vgl. OLG Celle 2011, 1518, 1520; OLG Hamm FamRZ 2009, 126; OLG Nürnberg FamRZ 2005, 1697; MünchKommBGB/Helms 6. Aufl. Art. 19 EGBGB Rn. 29 mwN; Palandt/Thorn BGB 76. Aufl. Art. 19 EGBGB Rn. 2; vgl. auch Dutta StAZ 2016, 200, 201).
28
b) Eine nachträgliche Beseitigung der mit Geburt des Kindes entstandenen rechtlichen Vaterschaft des Beteiligten zu 5 hat das Beschwerdegericht zu Recht verneint.
29
Nach der Rechtsprechung des Senats richtet sich die Beseitigung der Vaterschaftszuordnung auch dann nach Art. 20 EGBGB, wenn diese nicht durch ein gerichtliches Anfechtungsverfahren, sondern im Wege rechtsgeschäftlicher Erklärungen möglich ist (Senatsurteil vom 23. November 2011 – XII ZR 78/11 – FamRZ 2012, 616 Rn. 19).
30
aa) Die Anwendung des Art. 20 Satz 1 EGBGB führt im vorliegenden Fall zum polnischen Recht als der Rechtsordnung, aus der sich die Vaterschaft ergibt. Das polnische Recht sieht nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des Beschwerdegerichts eine Beseitigung der Vaterschaft nur im Wege eines gerichtlichen Anfechtungsverfahrens vor, welches im vorliegenden Fall nicht durchgeführt worden ist.
31
bb) Ob Art. 20 Satz 2 EGBGB auch auf eine mögliche Beseitigung der Vaterschaft durch qualifizierte Anerkennung nach § 1599 Abs. 2 BGB anwendbar ist (dafür etwa Hepting/Dutta Familie und Personenstand 2. Aufl. Rn. V-329 f.) oder ob dies entsprechend der Auffassung des Beschwerdegerichts deswegen ausgeschlossen ist, weil das Kind an dem Verfahren nicht (unmittelbar) beteiligt ist, kann hier offenbleiben. Denn nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts fehlt es bereits an der nach § 1599 Abs. 2 BGB erforderlichen Zustimmungserklärung des Beteiligten zu 5. Dose Klinkhammer Schilling Nedden-Boeger Guhling
Vorinstanzen:
AG Berlin-Schöneberg, Entscheidung vom 24.04.2015 - 71 III 469/14 -
KG Berlin, Entscheidung vom 05.01.2016 - 1 W 675/15 -

Mutter eines Kindes ist die Frau, die es geboren hat.

Vater eines Kindes ist der Mann,

1.
der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist,
2.
der die Vaterschaft anerkannt hat oder
3.
dessen Vaterschaft nach § 1600d oder § 182 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gerichtlich festgestellt ist.

(1) Die Rechtswirkungen der Anerkennung können, soweit sich nicht aus dem Gesetz anderes ergibt, erst von dem Zeitpunkt an geltend gemacht werden, zu dem die Anerkennung wirksam wird.

(2) Eine Anerkennung der Vaterschaft ist nicht wirksam, solange die Vaterschaft eines anderen Mannes besteht.

(3) Eine Anerkennung unter einer Bedingung oder Zeitbestimmung ist unwirksam.

(4) Die Anerkennung ist schon vor der Geburt des Kindes zulässig.

(1) Die Beurkundungen in den Personenstandsregistern beweisen Eheschließung, Begründung der Lebenspartnerschaft, Geburt und Tod und die darüber gemachten näheren Angaben sowie die sonstigen Angaben über den Personenstand der Personen, auf die sich der Eintrag bezieht. Hinweise haben diese Beweiskraft nicht.

(2) Die Personenstandsurkunden (§ 55 Abs. 1) haben dieselbe Beweiskraft wie die Beurkundungen in den Personenstandsregistern.

(3) Der Nachweis der Unrichtigkeit der beurkundeten Tatsachen ist zulässig. Der Nachweis der Unrichtigkeit einer Personenstandsurkunde kann auch durch Vorlage einer beglaubigten Abschrift aus dem entsprechenden Personenstandsregister geführt werden.

(1) Wer ein Kind unterschiebt oder den Personenstand eines anderen gegenüber einer zur Führung von Personenstandsregistern oder zur Feststellung des Personenstands zuständigen Behörde falsch angibt oder unterdrückt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Die Beurkundungen in den Personenstandsregistern beweisen Eheschließung, Begründung der Lebenspartnerschaft, Geburt und Tod und die darüber gemachten näheren Angaben sowie die sonstigen Angaben über den Personenstand der Personen, auf die sich der Eintrag bezieht. Hinweise haben diese Beweiskraft nicht.

(2) Die Personenstandsurkunden (§ 55 Abs. 1) haben dieselbe Beweiskraft wie die Beurkundungen in den Personenstandsregistern.

(3) Der Nachweis der Unrichtigkeit der beurkundeten Tatsachen ist zulässig. Der Nachweis der Unrichtigkeit einer Personenstandsurkunde kann auch durch Vorlage einer beglaubigten Abschrift aus dem entsprechenden Personenstandsregister geführt werden.

Vater eines Kindes ist der Mann,

1.
der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist,
2.
der die Vaterschaft anerkannt hat oder
3.
dessen Vaterschaft nach § 1600d oder § 182 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gerichtlich festgestellt ist.