Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Juli 2017 - XII ZB 277/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:050717BXIIZB277.16.0
bei uns veröffentlicht am05.07.2017
vorgehend
Amtsgericht Essen, 106 F 62/14, 27.08.2014
Oberlandesgericht Hamm, 9 UF 196/14, 04.05.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
BESCHLUSS
XII ZB 277/16 Verkündet am:
5. Juli 2017
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
HUP Art. 3; Römisches CIEC-Übk vom 14. September 1961 Art. 4;
EGBGB Art. 11 Abs. 1, 19 Abs. 1; BGB §§ 1592 Nr. 2, 1597, 1601
Die in Spanien vor dem zuständigen Standesamt erklärte Anerkennung der
Vaterschaft ist der Anerkennung nach deutschem Recht gleichwertig und ersetzt die
hierfür vorgeschriebene Form der öffentlichen Beurkundung.
BGH, Beschluss vom 5. Juli 2017 - XII ZB 277/16 - OLG Hamm
AG Essen
ECLI:DE:BGH:2017:050717BXIIZB277.16.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 5. Juli 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richter Dr. Klinkhammer, Dr. Botur und Guhling und die Richterin Dr. Krüger
für Recht erkannt:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 9. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 4. Mai 2016 wird mit der klarstellenden Maßgabe zurückgewiesen, dass die im Beschluss des Amtsgerichts Essen vom 27. August 2014 ausgesprochene Unterhaltsverpflichtung nur bis einschließlich 31. Dezember 2015 dauert. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.
Von Rechts wegen

Gründe:

I.

1
Das antragstellende Land (im Folgenden: Antragsteller) macht gegen den Antragsgegner aus nach § 7 UVG übergegangenem Recht Kindesunterhalt geltend.
2
Der Antragsteller erbrachte für das im Januar 2004 geborene Kind J. Unterhaltsvorschussleistungen. Der Antragsgegner lebte früher mit der Mutter des Kindes auf Mallorca (Spanien), wo das Kind geboren wurde. Auf Veranlassung der Mutter und des Antragsgegners wurde der Antragsgegner in die spanische Geburtsurkunde und in das spanische Familienbuch als Vater eingetragen. Die Mutter und der Antragsgegner heirateten im Januar 2007. In der Anmeldung zur Eheschließung wie auch in der deutschen Geburtsurkunde ist J. als Kind des Antragsgegners verzeichnet. Die Ehe wurde im Januar 2012 geschieden. Die elterliche Sorge für J. wurde allein der Mutter übertragen.
3
Der Antragsteller macht für die Zeit ab November 2013 den gesetzlichen Mindestunterhalt abzüglich des (vollen) Kindergelds geltend. Hinsichtlich der Zeit ab Januar 2016 haben die Beteiligten vor dem Oberlandesgericht wegen des Auslaufens der Unterhaltsvorschussleistungen den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Der Antragsgegner wendet ein, nicht der Vater des Kindes zu sein.
4
Das Amtsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde des Antragsgegners zurückgewiesen. Dagegen richtet sich seine zugelassene Rechtsbeschwerde, mit der er die Abweisung des Unterhaltsantrags erreichen will.

II.

5
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
6
1. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts besteht ein Verwandtschaftsverhältnis im Sinne von §§ 1601 ff. BGB. Der Antragsgegner sei der Vater des Kindes.
7
Für die Frage der Abstammung als so genannte Vorfrage sei im vorliegenden Unterhaltsverfahren deutsches Recht maßgeblich. Im Unterhaltsverfahren finde nach Art. 3 Abs. 1 des Protokolls über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht (Haager Unterhaltsprotokoll, HUP) das Recht des Staates Anwendung, in dem die berechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt habe. Das unterhaltsberechtigte Kind habe seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland. Die Vorfrage der Abstammung folge nach zutreffender Auffassung dem Unterhaltsstatut als Hauptfrage.
8
Für einen Unterhaltsanspruch müssten die Voraussetzungen einer rechtlichen Vaterschaft vorliegen, die gegeben seien. Denn der Antragsgegner habe die Vaterschaft gemäß § 1592 Nr. 2 BGB anerkannt. Er habe die Anerkennung seiner Vaterschaft gegenüber den spanischen Behörden erklärt. Gemäß Art. 120 Nr. 1 des Spanischen Zivilgesetzbuchs werde die nichteheliche Abstammung unter anderem bestimmt durch Anerkennung vor der mit der Führung des Zivilregisters betrauten Amtsperson, in einem Testament oder in einer anderen öffentlichen Urkunde. Gemäß Art. 124 des spanischen Zivilgesetzbuchs setze die Wirksamkeit der in Bezug auf einen Minderjährigen abgegebenen Anerkennung die ausdrückliche Zustimmung von dessen gesetzlichem Vertreter oder die richterliche Genehmigung nach Anhörung der Staatsanwaltschaft und des gesetzlich benannten Elternteils voraus. Sowohl in der spanischen Geburtsurkunde vom 10. Februar 2004 als auch im spanischen Familienbuch sei der Antragsgegner auf seine und der Kindesmutter Veranlassung als Vater eingetragen worden. Die Anmeldung zur Geburt sei von der Kindesmutter und dem Antragsgegner unterzeichnet worden. Damit habe der Antragsgegner seine Vaterschaft entsprechend den spanischen Rechtsvorschriften anerkannt.
9
Diese Anerkennung entfalte auch im deutschen Rechtskreis Wirkung. Nach Art. 4 des Römischen CIEC-Übereinkommens über die Erweiterung der Zuständigkeit der Behörden, vor denen nichteheliche Kinder anerkannt werden können, vom 14. September 1961 (im Folgenden: CIEC-Übereinkommen vom 14. September 1961) könne jeder Staatsangehörige eines Vertragsstaats in jedem beliebigen Vertragsstaat die Anerkennungserklärung in der Form öffentlich beurkunden lassen, die das Ortsrecht vorschreibt.
10
Ungeachtet dessen sei jedenfalls gemäß § 1598 Abs. 2 BGB von einer wirksamen Anerkennung auszugehen. Aus einem Auszug aus dem Geburtenregister der Stadt E. ergebe sich, dass der Antragsgegner seit dem 13. Januar 2011 und damit mehr als fünf Jahre als Vater des Kindes eingetragen sei. Durch die Vorschrift entstehe durch Heilung rückwirkend eine vollwertige Vaterschaft. Gegen eine Anwendung von § 1598 Abs. 2 BGB spreche auch nicht, dass die Erstellung der deutschen Geburtsurkunde allein auf Veranlassung der Mutter und ohne Kenntnis des Antragsgegners erfolgt sei. Das folge aus dem Wortlaut der Vorschrift und deren Sinn und Zweck, für Rechtsklarheit zu sorgen. Die Kenntniserlangung des Antragsgegners sei für die Fristberechnung nicht maßgeblich.
11
Der Antragsgegner könne sich auch nicht auf fehlende Leistungsfähigkeit berufen. Der Anspruch sei wirksam auf das antragstellende Land übergegangen. Die Voraussetzungen für eine rückwirkende Geltendmachung des Unterhalts seien gegeben.
12
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand. Der Antragsgegner ist rechtlicher Vater des Kindes und als solcher für den Anspruch auf Kindesunterhalt nach § 1601 BGB passivlegitimiert. Der Anspruch ist nach § 7 UVG kraft Gesetzes auf den Antragsteller übergegangen.
13
a) Der Antragsgegner ist Schuldner des Anspruchs aufKindesunterhalt nach § 1601 BGB (iVm Art. 3 HUP). Für die Verwandtschaft im Sinne von § 1601 BGB ist auf die rechtliche Verwandtschaft gemäß §§ 1589 ff. BGB abzustellen. Ein Fall der vom Senat für Ausnahmekonstellationen zugelassenen inzidenten Feststellung der leiblichen Vaterschaft (vgl. Senatsurteile BGHZ 191, 259 = FamRZ 2012, 200 und BGHZ 176, 327 = FamRZ 2008, 1424) liegt ersichtlich nicht vor.
14
aa) Ob die sich beim Verwandtenunterhalt stellende Vorfrage der Abstammung unter der Geltung des Haager Unterhaltsprotokolls vom 23. November 2007 (HUP) selbständig oder unselbständig anzuknüpfen ist, ist zwar umstritten (vgl. zum Streitstand Staudinger/Mankowski BGB [2016] Vorbem zum HUP Rn. 12 ff.; Lehmann GPR 2014, 342, 349 ff.). Insbesondere ist es streitig, ob die zum Unterhaltsanspruch des nichtehelichen Kindes nach früherer Rechtslage ergangene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Senatsbeschluss BGHZ 90, 129 = FamRZ 1984, 576, 579 und Senatsurteil vom 27. Juni 1984 - IVb ZR 2/83 - FamRZ 1984, 1001, 1002 mwN; grundlegend BGHZ 60, 247 = FamRZ 1973, 257, 258 f.), nach der die Vaterschaft durch Anerkennung nach deutschem Recht zu beurteilen ist, wenn dieses für die Unterhaltspflicht des Vaters maßgeblich ist, auch unter Geltung des Haager Unterhaltsprotokolls fortzuführen ist (vgl. Staudinger/Mankowski BGB [2016] Vorbem zum HUP Rn. 29 ff. mwN; OLG Frankfurt FamRZ 2012, 1501).
15
Diese Fragen können im vorliegenden Fall indessen offenbleiben. Denn auch bei selbständiger Anknüpfung der Vorfrage ist auf die Abstammung nach Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB deutsches Recht anzuwenden, weil das unterhaltsberechtigte Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat. Die Rechtsbeschwerde weist zutreffend darauf hin, dass das Aufenthaltsstatut wandelbar ist. Es ist im Gegensatz zum Ehewirkungsstatut nach Art. 19 Abs. 1 Satz 3 EGBGB nicht auf einen festen Zeitpunkt bezogen, sondern stellt auf den aktuellen gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes ab. Überdies dürfte aber schon gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EGBGB - seit der Geburt des Kindes - deutsches Recht anwendbar sein, weil der Antragsgegner offensichtlich deutscher Staatsangehöriger war und ist.
16
Das Problem konkurrierender Vaterschaften aufgrund mehrerer in Betracht kommender nationaler Rechte (vgl. Senatsbeschluss vom 3. August 2016 - XII ZB 110/16 - FamRZ 2016, 1847) stellt sich im vorliegenden Fall nicht. Dass eine andere Rechtsordnung, insbesondere das neben dem deutschen Recht noch in Betracht kommende spanische Recht, zur gesetzlichen Vaterschaft eines anderen Mannes als des Antragsgegners führen könnte, wird von der Rechtsbeschwerde nicht dargetan und ist auch sonst nicht ersichtlich (zur Frage wohlerworbener Rechte vgl. Staudinger/Henrich BGB [2014] Art. 19 EGBGB Rn. 14; MünchKommBGB/Helms 6. Aufl. Art. 19 EGBGB Rn. 26).
17
bb) Der Antragsgegner ist gemäß § 1592 Nr. 2 BGB durch Anerkennung der Vaterschaft rechtlicher Vater des Kindes geworden. Die vor dem zuständigen spanischen Standesamt abgegebenen Erklärungen der Mutter und des Antragsgegners ersetzen die nach dem anwendbaren deutschen Recht erforderliche Form der Erklärungen (Anerkennung und Zustimmung) gemäß §§ 1595 ff. BGB.
18
(1) Nach den vom Oberlandesgericht getroffenen Feststellungen wurde die Anmeldung der Geburt des Kindes gegenüber dem Standesamt von der Mutter und dem Antragsgegner unterzeichnet. Danach hat der Antragsgegner die Vaterschaft entsprechend den spanischen Rechtsvorschriften (Art. 120, 124 des spanischen Zivilgesetzbuchs - Codigo civil; vgl. auch Ferrer y Riba in Spickhoff/Henrich/Schwab/Gottwald Streit um die Abstammung S. 293, 301 f.) anerkannt. Dem entspricht die Eintragung des Antragsgegners als Vater des Kindes in der spanischen Geburtsurkunde und im Familienbuch (vgl. auch Se- natsbeschluss vom 20. Juli 2016 - XII ZB 489/15 - FamRZ 2016, 1747). Aus dem angefochtenen Beschluss ergibt sich zudem die nach § 1595 Abs. 1 BGB erforderliche Zustimmung der Mutter. Die Rechtsbeschwerde hat bezüglich der Ermittlung des ausländischen Rechts keine Verfahrensrüge erhoben (vgl. Senatsbeschluss vom 24. Mai 2017 - XII ZB 337/15 - juris Rn. 13 ff.).
19
(2) Die in Spanien erklärte Anerkennung ist auch formwirksam. Dass die in § 1597 BGB für im Inland beurkundete Anerkennungen vorgesehene Form nicht erfüllt ist, steht der Formwirksamkeit nicht entgegen. Nach Art. 4 des CIEC-Übereinkommens vom 14. September 1961 (BGBl. 1965 II S. 19; zur materiellrechtlichen Bedeutung s. Staudinger/Henrich BGB [2014] Vorbem zu Art. 19 EGBGB Rn. 5; MünchKommBGB/Helms 6. Aufl. Anh. I zu Art. 19 EGBGB Rn. 2) hat die nach Ortsrecht von der zuständigen Behörde beurkundete Anerkennungserklärung die gleichen Wirkungen, wie wenn sie vor der zuständigen Behörde des Heimatstaats des Erklärenden abgegeben worden wäre. Spanien und Deutschland sind Vertragsstaaten des Übereinkommens (vgl. BGBl. 1987 II, S. 448). Der Austritt der Bundesrepublik Deutschland aus der Internationalen Zivilstandskommission (CIEC) mit Wirkung zum 30. Juni 2015 lässt für sich genommen die Fortgeltung der abgeschlossenen Übereinkommen unberührt (vgl. Kohler/Pintens FamRZ 2015, 1537, 1545).
20
Die Maßgeblichkeit der Ortsform folgt damit übereinstimmend auch aus Art. 11 Abs. 1 EGBGB (BGHZ 64, 129 = NJW 1975, 1069). Das Oberlandesgericht ist im Ergebnis ferner zutreffend davon ausgegangen, dass die Beurkundung durch das zuständige spanische Standesamt der nach deutschem Recht vorgeschriebenen Beurkundung gleichwertig (äquivalent) ist, was durch die Regelung des CIEC-Übereinkommens vom 14. September 1961 bekräftigt wird (vgl. Staudinger/Winkler v. Mohrenfels BGB [2013] Art. 11 EGBGB Rn. 131; MünchKommBGB/Spellenberg 7. Aufl. Art. 11 EGBGB Rn. 86 ff.).
21
Auch die Zustimmung der Mutter (vgl. MünchKommBGB/Spellenberg 6. Aufl. Art. 11 EGBGB Rn. 22 mwN), hinsichtlich deren das CIEC-Übereinkommen vom 14. September 1961 keine gesonderte Regelung enthält, ist aufgrund des nach Art. 11 Abs. 1 EGBGB alternativ anwendbaren spanischen Rechts formwirksam erklärt worden. Die gegenüber dem zuständigen spanischen Standesamt abgegebene Zustimmungserklärung ist mithin in Deutschland ebenfalls formgültig.
22
(3) Selbst wenn die Anerkennung der Vaterschaft nach spanischem Recht und zu einem Zeitpunkt erklärt worden sein sollte, zu dem deutsches Recht noch keine Anwendung fand, hinderte dies ihre Wirksamkeit nicht. Denn auch in diesem Fall ersetzt die nach spanischem Recht erklärte Anerkennung die nach deutschem Recht erforderliche Form. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde entfällt die Wirkung auch nicht mit einem in der Hauptfrage (hier der Abstammung) erfolgten Statutenwechsel. Dass das Gesetz in Art. 11 Abs. 1 EGBGB die Ortsform neben der Geschäftsform zulässt, belegt, dass zur Frage der Form ein anderes Statut anwendbar sein kann als hinsichtlich der Hauptfrage. Da die Anerkennung mithin auch nach deutschem Recht wirksam erklärt worden ist, kommt es auf die vom Oberlandesgericht weiter aufgeworfene Frage einer Heilung gemäß § 1598 Abs. 2 BGB nicht mehr an.
23
b) Die vom Oberlandesgericht festgestellten weiteren Voraussetzungen des von ihm zugesprochenen Anspruchs auf den Mindestunterhalt nach § 1612 a Abs. 1 BGB sind von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen worden und lassen Rechtsfehler nicht erkennen. Die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde erfolgt allerdings mit der - vom Oberlandesgericht im Tenor des Beschwerdebeschlusses versehentlich nicht wiedergegebenen - klarstellenden Maßgabe, dass die titulierte Unterhaltsverpflichtung nach den übereinstimmen- den teilweisen Erledigungserklärungen der Beteiligten nur bis einschließlich 31. Dezember 2015 dauert.
Dose Klinkhammer Botur Guhling Krüger
Vorinstanzen:
AG Essen, Entscheidung vom 27.08.2014 - 106 F 62/14 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 04.05.2016 - II-9 UF 196/14 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Juli 2017 - XII ZB 277/16

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Juli 2017 - XII ZB 277/16

Referenzen - Gesetze

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1601 Unterhaltsverpflichtete


Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1592 Vaterschaft


Vater eines Kindes ist der Mann,1.der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist,2.der die Vaterschaft anerkannt hat oder3.dessen Vaterschaft nach § 1600d oder § 182 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1595 Zustimmungsbedürftigkeit der Anerkennung


(1) Die Anerkennung bedarf der Zustimmung der Mutter. (2) Die Anerkennung bedarf auch der Zustimmung des Kindes, wenn der Mutter insoweit die elterliche Sorge nicht zusteht. (3) Für die Zustimmung gilt § 1594 Abs. 3 und 4 entsprechend.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1597 Formerfordernisse; Widerruf


(1) Anerkennung und Zustimmung müssen öffentlich beurkundet werden. (2) Beglaubigte Abschriften der Anerkennung und aller Erklärungen, die für die Wirksamkeit der Anerkennung bedeutsam sind, sind dem Vater, der Mutter und dem Kind sowie dem Stand
Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Juli 2017 - XII ZB 277/16 zitiert 6 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1601 Unterhaltsverpflichtete


Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1592 Vaterschaft


Vater eines Kindes ist der Mann,1.der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist,2.der die Vaterschaft anerkannt hat oder3.dessen Vaterschaft nach § 1600d oder § 182 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1595 Zustimmungsbedürftigkeit der Anerkennung


(1) Die Anerkennung bedarf der Zustimmung der Mutter. (2) Die Anerkennung bedarf auch der Zustimmung des Kindes, wenn der Mutter insoweit die elterliche Sorge nicht zusteht. (3) Für die Zustimmung gilt § 1594 Abs. 3 und 4 entsprechend.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1597 Formerfordernisse; Widerruf


(1) Anerkennung und Zustimmung müssen öffentlich beurkundet werden. (2) Beglaubigte Abschriften der Anerkennung und aller Erklärungen, die für die Wirksamkeit der Anerkennung bedeutsam sind, sind dem Vater, der Mutter und dem Kind sowie dem Stand

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1598 Unwirksamkeit von Anerkennung, Zustimmung und Widerruf


(1) Anerkennung, Zustimmung und Widerruf sind nur unwirksam, wenn sie den Erfordernissen nach § 1594 Absatz 2 bis 4 und der §§ 1595 bis 1597 nicht genügen. Anerkennung und Zustimmung sind auch im Fall des § 1597a Absatz 3 und im Fall des § 1597a Absa

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Juli 2017 - XII ZB 277/16 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Juli 2017 - XII ZB 277/16 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Mai 2017 - XII ZB 337/15

bei uns veröffentlicht am 24.05.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 337/15 vom 24. Mai 2017 in der Personenstandssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja EGBGB Art. 10 Abs. 2; ZPO § 293; FamFG § 26 Der deutsche Tatrichter hat ausländisches Recht (hier: ecua

Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Aug. 2016 - XII ZB 110/16

bei uns veröffentlicht am 03.08.2016

Tenor 1. Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe wird zurückgewiesen, weil die mit der Rechtsbeschwerde beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht au

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Juli 2016 - XII ZB 489/15

bei uns veröffentlicht am 20.07.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 489/15 vom 20. Juli 2016 in der Personenstandssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 1617 a Abs. 2; EGBGB Art. 21 a) Die Erklärung, mit der der sorgeberechtigte Elternteil nach § 16

Referenzen

Vater eines Kindes ist der Mann,

1.
der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist,
2.
der die Vaterschaft anerkannt hat oder
3.
dessen Vaterschaft nach § 1600d oder § 182 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gerichtlich festgestellt ist.

(1) Anerkennung, Zustimmung und Widerruf sind nur unwirksam, wenn sie den Erfordernissen nach § 1594 Absatz 2 bis 4 und der §§ 1595 bis 1597 nicht genügen. Anerkennung und Zustimmung sind auch im Fall des § 1597a Absatz 3 und im Fall des § 1597a Absatz 4 in Verbindung mit Absatz 3 unwirksam.

(2) Sind seit der Eintragung in ein deutsches Personenstandsregister fünf Jahre verstrichen, so ist die Anerkennung wirksam, auch wenn sie den Erfordernissen der vorstehenden Vorschriften nicht genügt.

Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren.

Tenor

1. Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe wird zurückgewiesen, weil die mit der Rechtsbeschwerde beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.

2. Der Senat beabsichtigt, die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 20. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 11. Januar 2016 durch Beschluss nach § 74 a Abs. 1 FamFG zurückzuweisen.

3. Den Beteiligten wird Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 20. September 2016 gegeben.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten um die Abänderung eines im vereinfachten Verfahren errichteten Titels über Kindesunterhalt für das im Mai 2011 geborene Kind M.

2

Der Antragsteller ist türkischer Staatsangehöriger. Seine Ehe mit der Kindesmutter, die ebenfalls die türkische Staatsangehörigkeit besitzt, wurde durch Beschluss des Amtsgerichts P. vom 19. April 2011 - rechtskräftig seit diesem Tag - geschieden. Es ist in diesem Verfahren unstreitig, dass der Antragsteller nicht der biologische Vater des etwa vier Wochen nach Rechtskraft der Scheidung geborenen Kindes M. ist, welches sich seit seiner Geburt ebenfalls in Deutschland aufhält.

3

Der Antragsteller leitete im Jahr 2012 vor dem Amtsgericht B. ein Vaterschaftsanfechtungsverfahren ein. Auf den in diesem Verfahren erteilten gerichtlichen Hinweis, dass "nicht ersichtlich sei, was die Vaterschaft begründe", nahm der Antragsteller seinen Antrag auf Anfechtung der Vaterschaft zurück.

4

Der Antragsgegner, der für das Kind M. fortlaufend Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz erbringt, hat den Antragsteller aus übergegangenem Recht auf Kindesunterhalt in Anspruch genommen. Nachdem der Antragsgegner den Antragsteller im Dezember 2011 zur Erteilung von Auskünften über seine Einkommensverhältnisse aufgefordert hatte, wurde der Antragsteller durch Beschluss des Amtsgerichts vom 15. Mai 2014 im vereinfachten Unterhaltsfestsetzungsverfahren nach § 239 FamFG dazu verpflichtet, an den Antragsgegner seit Dezember 2011 rückständigen und laufenden Kindesunterhalt für M. zu zahlen. Seine gegen diesen Beschluss gerichtete Beschwerde nahm der Antragsteller am 27. Januar 2015 zurück.

5

Mit dem hier verfahrensgegenständlichen Antrag vom 29. Januar 2015 hat der Antragsteller eine Abänderung des Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses dahingehend begehrt, keinen Unterhalt zahlen zu müssen. Zur Begründung hat er sich darauf berufen, dass er nicht der biologische Vater von M. sei und auch nicht als dessen rechtlicher Vater angesehen werden könne. Das Amtsgericht hat den Antrag abgewiesen. Das Oberlandesgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2016, 924 (mit Anmerkung Henrich FamRZ 2016, 926) veröffentlicht ist, hat die dagegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

6

Der Senat beabsichtigt, die Rechtsbeschwerde gemäß § 74 a Abs. 1 FamFG zurückzuweisen. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs. 2 Satz 1 FamFG liegen nicht vor und die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache keine Aussicht auf Erfolg.

7

1. Im Streitfall stellen sich insbesondere keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung (§ 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 FamFG). Grundsätzliche Bedeutung hat eine Sache, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann. Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann, wenn eine durch die Beschwerdeentscheidung aufgeworfene Rechtsfrage zweifelhaft ist, mithin insbesondere dann, wenn sie vom Bundesgerichtshof bisher nicht entschieden worden ist und von einigen Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortet wird, oder wenn dazu in der Literatur unterschiedliche Meinungen vertreten werden (Senatsbeschluss vom 24. April 2013 - XII ZR 159/12 - FamRZ 2013, 1199 Rn. 4; BGH Beschluss vom 8. Februar 2010 - II ZR 54/09 - NJW-RR 2010, 1047 Rn. 3). So liegt der Fall hier nicht, und zwar auch nicht in Bezug auf die vom Beschwerdegericht als zulassungsrelevant angesehene Rechtsfrage, wie sich die "konkrete Anwendung des Günstigkeitsprinzips im Rahmen des Art. 19 Abs. 1 Satz 1 und 2 EGBGB" in Fällen auswirkt, in denen "die rechtliche Vaterschaftsfiktion zu widersprechenden Ergebnissen gegenüber der wahrscheinlichen biologischen Abstammung" führt.

8

a) Nach Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB unterliegt die Abstammung eines Kindes dem Recht des Staates, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (Aufenthaltsstatut). Sie kann gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EGBGB im Verhältnis zu jedem Elternteil auch nach dem Recht des Staates bestimmt werden, dem dieser Elternteil angehört (Personalstatut), oder, wenn die Mutter verheiratet ist, gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 EGBGB nach dem Recht, dem die allgemeinen Wirkungen ihrer Ehe bei der Geburt nach Art. 14 Abs. 1 EGBGB unterliegen (Ehewirkungsstatut). Der Senat hat bereits ausgesprochen, dass das Personalstatut und das Ehewirkungsstatut dem Aufenthaltsstatut grundsätzlich gleichwertige Zusatzanknüpfungen sind (Senatsurteil BGHZ 168, 79 Rn. 12 = FamRZ 2006, 1745 und Senatsbeschluss vom 20. April 2006 - XII ZB 15/15 - juris Rn. 28).

9

b) Wird ein Kind mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland nach der Scheidung der Ehe seiner Mutter geboren und könnte es deshalb - insbesondere ohne vorangehende Vaterschaftsanfechtung - nach deutschem Recht von einem Dritten ohne weiteres anerkannt werden, kann dies zu Konflikten mit solchen über Art. 19 Abs. 2 Satz 2 und 3 EGBGB berufenen Rechtsordnungen führen, die - wie etwa das türkische, griechische oder polnische Recht (weitere Beispiele bei jurisPK-BGB/Gärtner/Duden [Stand: Dezember 2015] Art. 19 EGBGB Rn. 64) - das Kind als Abkömmling des (geschiedenen) Ehemannes ansehen, wenn die Empfängniszeit noch in die Zeit vor Beendigung der Ehe fiel. Zur Auflösung eines solchen Konflikts werden im Wesentlichen drei verschiedene Lösungsansätze vertreten:

10

aa) Nach einer Ansicht soll das Abstammungsstatut in solchen Fällen vorrangig an den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes angeknüpft werden, weil der Gesetzgeber Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB einerseits als Regelanknüpfung ausgestaltet habe und der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes andererseits die engste Beziehung zum Sachverhalt aufweise (vgl. Andrae Internationales Familienrecht 3. Aufl. § 5 Rn. 27 und 33 ff.; Dethloff IPrax 2005, 326, 329 f.).

11

bb) Die wohl überwiegende Meinung in Rechtsprechung und Literatur vertritt mit unterschiedlichen Begründungen die Ansicht, dass diejenige Rechtsordnung maßgeblich sein soll, die dem Kind schon mit der Geburt zu einem Vater verhelfe (Prioritätsgrundsatz). Hierzu wird teilweise auf das Günstigkeitsprinzip rekurriert, weil es dem Wohl des Kindes im Hinblick auf seine unterhalts- und erbrechtliche Absicherung am besten entspreche, wenn ihm schon zum frühestmöglichen Zeitpunkt ein Vater zugeordnet werde (vgl. BayObLG FamRZ 2002, 686, 687; OLG Frankfurt FamRZ 2002, 688, 689; OLG Nürnberg FamRZ 2005, 1697, 1698 und FamRZ 2016, 920, 922; OLG Hamm FamRZ 2014, 1559, 1560 und FamRZ 2009, 126, 128; OLG Köln StAZ 2013, 319, 320; jurisPK-BGB/Gärtner/Duden [Stand: Dezember 2015] Art. 19 EGBGB Rn. 70; NK-BGB/Bischoff 3. Aufl. Art. 19 EGBGB Rn. 24). Teilweise wird der Prioritätsgrundsatz nicht aus einem kindeswohlbezogenen Günstigkeitsprinzip, sondern aus dem formalen Ordnungskriterium hergeleitet, dass alle nach Art. 19 Abs. 1 EGBGB berufenen Rechte gleichrangig seien (vgl. Frank StAZ 2009, 65, 67) und diejenige Rechtsordnung, die dem Kind zeitlich als erstes einen Vater zuordne, demzufolge nur durch eine Vaterschaftsanfechtung wieder verdrängt werden könne (vgl. MünchKomm/Helms BGB 6. Aufl. Art. 19 EGBGB Rn. 16).

12

Freilich kann der Prioritätsgrundsatz den Wertungskonflikt zwischen verschiedenen gemäß Art. 19 Abs. 1 EGBGB berufenen Rechten für sich genommen nicht auflösen, wenn eine - alle Wirksamkeitsvoraussetzungen erfüllende - pränatale Vaterschaftsanerkennung durch den mutmaßlichen Erzeuger des Kindes (etwa nach deutschem Recht) mit einer nachwirkenden Vaterschaftsvermutung zugunsten des geschiedenen Ehemannes der Kindesmutter nach dem gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 2 oder 3 BGB berufenden Auslandsrecht konkurriert. Weisen die alternativ berufenen Rechtsordnungen dem Kind deshalb schon bei der Geburt unterschiedliche Väter zu, wird von der überwiegenden Auffassung nach dem Günstigkeitsprinzip derjenigen Rechtsordnung der Vorzug gegeben, die zum wirklichen Vater des Kindes führt (vgl. hierzu im Einzelnen Staudinger/Henrich BGB [2014] Art. 19 EGBGB Rn. 38; jurisPK-BGB/Gärtner/Duden [Stand: Dezember 2015] Art. 19 EGBGB Rn. 72 ff.).

13

cc) Eine weitere Ansicht meint, dass der Gesichtspunkt der Abstammungswahrheit von vornherein als wesentliches Kriterium des Günstigkeitsprinzips anzusehen und die vorzugswürdige Rechtsordnung deshalb generell diejenige sei, die dem Kind ohne Umwege möglichst schnell und ohne unnötige Kosten zu seinem wirklichen Vater verhelfe (Henrich FamRZ 1998, 1401, 1402). Auf dieser gedanklichen Grundlage soll sich auch eine wirksame postnatale Vaterschaftsanerkennung durch den mutmaßlichen Erzeuger gegenüber der auf einer geschiedenen Ehe gegründeten Vaterschaftsvermutung nach ausländischem Recht durchsetzen können, wenn die Anerkennung der Vaterschaft "zeitnah" nach der Geburt angekündigt wird und die wirksame Vaterschaftsanerkennung im Zeitpunkt der Beurkundung der Geburt durch den Standesbeamten vorliegt (vgl. OLG Karlsruhe [11. Zivilsenat] FamRZ 2015, 1636, 1638; AG Karlsruhe FamRZ 2007, 1585, 1586; AG Regensburg FamRZ 2003, 1856, 1857; Staudinger/Henrich BGB [2014] Art. 19 EGBGB Rn. 38; vgl. auch AG Hannover FamRZ 2002, 1722, 1724 f.).

14

c) Der Senat hat zwar bislang offengelassen, in welchem Verhältnis die Anknüpfungsalternativen zueinander stehen, wenn diese zu unterschiedlichen Eltern-Kind-Zuordnungen führen, und welcher Alternative im Konkurrenzfall der Vorrang gebührt (vgl. Senatsbeschluss vom 20. April 2016 - XII ZB 15/15 - FamRZ 2016, 1251 Rn. 29). Diese Frage stellt sich unter den hier obwaltenden Umständen allerdings nicht. Nach den von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffenen Feststellungen des Beschwerdegerichts ist die Anerkennung der Vaterschaft für das Kind M. durch einen anderen Mann weder erfolgt noch beabsichtigt. Die nach Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB vorzunehmende Anknüpfung des Abstammungsstatuts an den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes in Deutschland würde deshalb dazu führen, dass dem Kind M. überhaupt kein Vater zugeordnet werden könnte, weil die Mutter von M. zum Zeitpunkt der Geburt nicht mehr verheiratet war (§ 1592 Nr. 1 BGB) und weder eine Anerkennung der Vaterschaft durch einen anderen Mann (§ 1592 Nr. 2 BGB) noch eine gerichtliche Vaterschaftsfeststellung (§ 1592 Nr. 3 BGB) vorliegen. Demgegenüber würde die Anknüpfung an das Personalstatut des Antragstellers gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EGBGB nach den zutreffenden Ausführungen des Beschwerdegerichts dazu führen, dass dem Kind M. der Antragsteller als rechtlicher Vater zugeordnet wird, weil der geschiedene Ehemann nach Art. 285 Abs. 1 des türkischen Zivilgesetzbuches auch dann noch als rechtlicher Vater des Kindes gilt, wenn dieses von der geschiedenen Ehefrau - wie es hier der Fall ist - vor Ablauf von 300 Tagen nach Beendigung der Ehe geboren worden ist.

15

Bei einer solchen Sachverhaltskonstellation kommt es folglich schon nicht dazu, dass die verschiedenen Anknüpfungsalternativen des Art. 19 Abs. 1 EGBGB zu unterschiedlichen Vater-Kind-Zuordnungen führen, weil das nach Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB berufene deutsche Aufenthaltsrecht dem Kind M. überhaupt keinen rechtlichen Vater zuweist und es damit nicht um die Auswahl zwischen mehreren in Betracht kommenden Vätern geht. Die gänzliche rechtliche Vaterlosigkeit ist indessen ein - auch kollisionsrechtlich - unerwünschter Zustand, der durch die nach Art. 19 Abs. 1 EGBGB eröffnete Mehrfachanknüpfung gerade vermieden werden soll. Darüber, dass eine durch ein alternativ berufenes Auslandsrecht ermöglichte Vater-Kind-Zuordnung aufgrund geschiedener Ehe der völligen Vaterlosigkeit vorzuziehen ist, besteht - soweit ersichtlich - in Rechtsprechung und Literatur Einigkeit (so ausdrücklich MünchKomm/Helms BGB 6. Aufl. Art. 19 EGBGB Rn. 20; jurisPK-BGB/Gärtner/Duden [Stand: Dezember 2015] Art. 19 EGBGB Rn. 62), und zwar auch bei den Vertretern derjenigen Ansichten, die dem von der herrschenden Meinung bevorzugten (strengen) Prioritätsgrundsatz im Ausgangspunkt nicht folgen wollen (vgl. insbesondere Dethloff IPrax 2005, 325, 329; Staudinger/Henrich BGB [2014] Art. 19 EGBGB Rn. 37; Henrich FamRZ 2016, 926). Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde spielt es auch keine entscheidende Rolle, dass dem Kind bei einer Vater-Kind-Zuordnung aufgrund nachwirkender Vaterschaftsvermutung mit dem geschiedenen Ehemann der Mutter häufig ein Vater zugewiesen wird, der - wie es auch in diesem Fall zu sein scheint - nicht der Erzeuger des Kindes ist. Insoweit ist nur ergänzend darauf hinzuweisen, dass auch dem deutschen Abstammungsrecht - insbesondere bei der Ehelichkeitsvermutung des § 1592 Nr. 1 BGB - Vater-Kind-Zuordnungen geläufig sind, die zwar auf einer typisierten Vaterschaftswahrscheinlichkeit beruhen, aber fehlerhafte Zuordnungen vorbehaltlich bestehender Anfechtungsmöglichkeiten bewusst in Kauf nehmen.

16

d) Die angefochtene Entscheidung begegnet auch insoweit keinen rechtlichen Bedenken, als das Beschwerdegericht keine weiteren Erwägungen zu möglichen Rückverweisungen durch das internationale Privatrecht der Türkei angestellt hat. Denn es kann im Ergebnis offen bleiben, ob es sich bei der Verweisung in Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EGBGB um eine Gesamtverweisung oder um eine Sachnormverweisung handelt (vgl. Staudinger/Henrich BGB [2014] Art. 19 EGBGB Rn. 27 mit Nachweisen zum Streitstand) und ob das türkische Kollisionsrecht möglicherweise wieder in das deutsche Recht zurückverwiesen hätte. Die alternative Anknüpfung in Art. 19 Abs. 1 EGBGB verfolgt gerade das Ziel, die Feststellung der Abstammung auch in solchen Fällen zu ermöglichen, in denen nach einem der in Frage kommenden Rechte die Feststellung ausgeschlossen wäre. Eine Rückverweisung durch das nach Art. 19 Abs. 1 Satz 2 oder 3 EGBGB berufene Recht bleibt nach einhelliger und zutreffender Meinung jedenfalls dann unbeachtlich, wenn durch die Annahme der Rückverweisung die Möglichkeit einer Feststellung der Abstammung entfiele (vgl. OLG Nürnberg FamRZ 2005, 1697, 1698; OLG Celle FamRZ 2011, 1518, 1520; BeckOK BGB/Heiderhoff [Stand: Mai 2016] Art. 19 EGBGB Rn. 30; MünchKommBGB/Helms 6. Aufl. Art. 19 EGBGB Rn. 29). Auch die Rechtsbeschwerde erinnert hiergegen nichts.

17

2. Gemessen daran hat die Rechtsbeschwerde auch keine Aussicht auf Erfolg. Da der Antragsteller im Übrigen keine Tatsachen vorgetragen hat, welche die Herabsetzung des im Unterhaltsfestsetzungsbeschluss titulierten Kindesunterhalts rechtfertigen könnten, kommt es auf die vom Beschwerdegericht offengelassene Frage nach der Einhaltung der Frist des § 240 Abs. 2 Satz 1 FamFG nicht an.

Dose                      Schilling                       Günter

              Botur                          Krüger

Hinweis: Das Rechtsbeschwerdeverfahren ist durch Rücknahme der Rechtsbeschwerde erledigt worden.

Vater eines Kindes ist der Mann,

1.
der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist,
2.
der die Vaterschaft anerkannt hat oder
3.
dessen Vaterschaft nach § 1600d oder § 182 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gerichtlich festgestellt ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 489/15
vom
20. Juli 2016
in der Personenstandssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 1617 a Abs. 2; EGBGB Art. 21

a) Die Erklärung, mit der der sorgeberechtigte Elternteil nach § 1617 a Abs. 2
BGB dem Kind den Namen des anderen Elternteils erteilt, ist eine amtsempfangsbedürftige
Willenserklärung. Sie wird erst mit Zugang beim zuständigen
deutschen Standesamt wirksam. Der Zugang bei einem ausländischen
Standesamt genügt nicht.

b) Verweist Art. 21 EGBGB in das ausländische Recht, so ist auch dessen
internationales Privatrecht zu prüfen.
BGH, Beschluss vom 20. Juli 2016 - XII ZB 489/15 - Kammergericht Berlin
AG Schöneberg
ECLI:DE:BGH:2016:200716BXIIZB489.15.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Juli 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Dr. Klinkhammer, Schilling, Dr. Günter und Guhling
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 2 wird der Beschluss des Kammergerichts in Berlin vom 14. September 2015 aufgehoben. Auf die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 2 wird der Beschluss des Amtsgerichts Schöneberg vom 18. Februar 2013 abgeändert und der Antrag des weiteren Beteiligten zu 1 zurückgewiesen. Die Gerichtskosten des Verfahrens in allen Rechtszügen werden dem weiteren Beteiligten zu 1 auferlegt. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. Wert: 5.000 €

Gründe:

I.

1
Das Verfahren betrifft die Berichtigung des Geburtseintrags des am 29. September 2006 in Palma de Mallorca (Spanien) geborenen Kindes T.
2
Der Beteiligte zu 1 (im Folgenden: Vater) und die Beteiligte zu 2 (im Folgenden : Mutter) sind die nicht miteinander verheirateten Eltern des betroffenen Kindes und beide deutsche Staatsangehörige. Am 5. Oktober 2006 unterzeichneten sie gemeinsam einen Geburtseintrag des spanischen Zivilregisters von Sóller, in dem für das Kind als Familienname "J.", der Familienname des Vaters , angegeben war. Das Zivilregister stellte daraufhin für das Kind eine Geburtsbescheinigung und ein Familienbuch aus, in denen jeweils der Familienname "J." angegeben ist. Am 3. November 2006 beantragte die Mutter beim Standesamt I in Berlin die Nachbeurkundung der Geburt. Dabei gab sie als Geburtsnamen des Kindes ihren Familiennamen "B." an. Die im Formular vorgesehene Möglichkeit zu erklären, dass dem Kind der Name des anderen Elternteils erteilt werden soll, nutzte sie nicht. Das Standesamt I in Berlin beurkundete die Geburt und trug als Geburtsnamen des Kindes "B." ein.
3
Der Vater hat im März 2012 beantragt, den Geburtseintrag dahingehend zu berichtigen, dass der Name des Kindes "J." lautet. Das Amtsgericht hat die Berichtigung antragsgemäß angeordnet. Die Beschwerde der Mutter ist erfolglos geblieben. Mit ihrer zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt sie die Zurückweisung seines Antrags weiter.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der Beschwerdeentscheidung und zur Zurückweisung des Antrags.
5
1. Das Beschwerdegericht hat seine in StAZ 2016, 110 veröffentlichte Entscheidung wie folgt begründet:
6
Das Kind führe den Familiennamen "J.", weshalb der Eintrag im Geburtenregister entsprechend zu berichtigen sei. Die Namensführung ergebe sich zwar nicht allein daraus, dass der Name "J." im spanischen Personenstandsregister eingetragen sei. Bei der Anmeldung der Geburt zum spanischen Personenstandsregister sei für das Kind aber die Bestimmung des Namens "J." gemäß § 1617 a BGB erfolgt. Der Name des Kindes richte sich nach deutschem Recht, weil das Kind allein die deutsche Staatsangehörigkeit habe. Die Mutter sei bei der Erklärung gemäß § 1626 a Abs. 3 BGB alleinige Sorgeberechtigte für das Kind gewesen. Die elterliche Sorge richte sich ebenfalls nach deutschem Recht, weil auch bei selbstständiger kollisionsrechtlicher Anknüpfung zwar Art. 21 EGBGB in das spanische Recht verweise, dessen internationales Privatrecht aber wieder auf das deutsche Recht rückverweise. Die von beiden Eltern unterzeichnete Anmeldung, in welcher der Name "J." für das Kind angegeben sei, sei unter anderem dahingehend auszulegen, dass die Mutter dem Kind den Namen des Vaters erteile und dieser der Namenserteilung zustimme. Die Erklärungen seien auch nach Art. 11 Abs. 1 EGBGB und dem kollisionsrechtlichen Grundsatz der Substitution in der erforderlichen Form, nämlich öffentlich beglaubigt, abgegeben. Urkundsperson und Beglaubigungsvorgang bei dem spanischen Personenstandsregister seien mit einem deutschen Standesamt vergleichbar. Auch sei die Erklärung der Namenserteilung nicht gegenüber einem deutschen Standesamt erforderlich, es müsse nur eine Amtsperson tätig werden, die funktionsgleiche Aufgaben erfülle. Das sei hier der Fall. Im Hinblick auf das Alter des Kindes sei auch kein unzumutbarer Eingriff in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht gegeben.
7
2. Das hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist die Eintragung des Geburtsnamens "B." im Geburtenregister gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 PStG rechtmäßig und bedarf weder einer Berichtigung noch einer Fortschreibung.
8
a) Allerdings hätte das Beschwerdegericht den Antrag des Vaters auf Berichtigung des Geburtsnamens gemäß § 48 PStG nicht schon - wie die Rechtsbeschwerde meint - als unzulässig zurückweisen müssen.
9
Selbst wenn die von ihm gewünschte Eintragung in Form einer Fortschreibung des Geburtseintrags hätte erfolgen müssen, was hier dahinstehen kann, folgt daraus nicht die Unzulässigkeit seines Antrags. Dieser wäre vielmehr dahingehend auszulegen gewesen, dass der Vater letztlich die Anordnung der erforderlichen Amtshandlung für eine Eintragung des Geburtsnamens "J." im Geburtenregister begehrt.
10
b) Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Beschwerdegerichts, wonach der Name des Kindes gemäß Art. 10 Abs. 1 EGBGB deutschem Recht unterliegt , weil es nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Beschwerdegerichts gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 StAG allein die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.
11
c) Ebenfalls zu Recht hat das Beschwerdegericht für die Bestimmung des Namens des Kindes § 1617 a BGB als maßgebend erachtet, weil die elterliche Sorge nach deutschem Recht zu beurteilen ist und die Mutter danach seit der Geburt des Kindes alleinige Inhaberin der elterlichen Sorge ist.
12
aa) Die elterliche Sorge für das Kind richtet sich für den hier maßgeblichen Zeitraum von der Geburt des Kindes bis November 2006 nach deutschem Recht. Das folgt aus Art. 21 EGBGB und dem danach berufenen spanischen Kollisionsrecht, das eine Rückverweisung auf das deutsche Recht vorsieht.
13
(1) Ob auch der Erwerb der elterlichen Sorge als familienrechtlicher Vorgang , der eine Vorfrage für die Namensbestimmung darstellt, kollisionsrechtlich unselbstständig anzuknüpfen, also nach dem Recht des Namensstatuts zu beurteilen ist, kann offen bleiben. Ist Namensstatut - wie hier - das deutsche Recht, so ist über diese Vorfrage nach Maßgabe derjenigen Rechtsordnung zu entscheiden, die von den Kollisionsnormen des deutschen Internationalen Privatrechts, hier also Art. 21 EGBGB, zur Anwendung berufen wird. Anders als in den Fällen, in denen das Namensstatut ausländisches Recht ist, kommt es auf den Streit, ob die Vorfrage dann unselbstständig unter Einschaltung der familienrechtlichen Kollisionsnormen der ausländischen lex causae oder selbstständig mit Hilfe der Kollisionsnormen der deutschen lex fori anzuknüpfen ist, hier nicht an (vgl. Senatsbeschlüsse vom 20. April 2016 - XII ZB 15/15 - juris Rn. 31 f. und BGHZ 90, 129 = FamRZ 1984, 576, 578). Denn auch bei einer unselbstständigen Anknüpfung wäre bei der Anwendung deutschen Namensrechts deutsches Kollisionsrecht anzuwenden (vgl. Staudinger/Hepting/ Hausmann BGB [2013] Art. 10 EGBGB Rn. 126).
14
(2) Art. 21 EGBGB wird vorliegend weder durch das Haager Übereinkommen über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern (ABl. 2003 Nr. L 48 S. 3; im Folgenden: Haager Kinderschutzübereinkommen = KSÜ) noch durch das Haager Übereinkommen über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen vom 5. Oktober 1961 (BGBl. II 1971, 219; im Folgenden: Haager Minderjährigenschutzabkommen = MSA) verdrängt. Zwar gehen diese Abkommen Art. 21 EGBGB gemäß Art. 3 Nr. 2 EGBGB vor. Das gilt aber nur, soweit der zu regelnde Sachverhalt in ihren zeitlichen und sachlichen Anwendungsbereich fällt.
15
(a) Das zum 1. Januar 2011 in Kraft getretene Haager Kinderschutzübereinkommen (BGBl. II 2010, 1527), das gemäß Art. 16 f. iVm Art. 21 Abs. 1 KSÜ eine Anwendung (ausländischen) Kollisionsrechts und damit eine Rück- verweisung ausschließt, findet auf den vorliegenden Fall entgegen der Auffassung des Vaters keine Anwendung.
16
Für die rechtliche Einordnung des hier maßgeblichen Sachverhalts ist bezogen auf das zu beurteilende Sorgerechtsverhältnis der Zeitraum von der Geburt des Kindes (29. September 2006) bis November 2006 maßgeblich. Für die Frage des Rechts auf Bestimmung des Namens ist festzustellen, wer seinerzeit sorgeberechtigt war. Zu diesem Zeitpunkt war das Haager Kinderschutzübereinkommen in Deutschland indes noch nicht in Kraft getreten. Zwar hat der Senat dieses auch auf ein vor dessen Inkrafttreten eingeleitetes Sorgerechtsverfahren angewandt. Dabei ging es allerdings um die Entscheidung, wie das Sorgerecht (für die Zukunft) zu regeln ist (Senatsbeschluss vom 16. März 2011 - XII ZB 407/10 - FamRZ 2011, 796 Rn. 31) und nicht - wie hier - um einen in der Vergangenheit abgeschlossenen Sachverhalt (Sorgerechtslage zum Zeitpunkt der Namensbestimmung). Eine Anwendung des Haager Kinderschutzübereinkommens auch auf solche Sachverhalte würde eine verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigende echte Rückwirkung bedeuten.
17
(b) Das Haager Minderjährigenschutzabkommen, das gemäß Art. 2 Abs. 1 MSA ebenfalls eine Rückverweisung ausschließt (NK-BGB/Benicke 3. Aufl. Anh. II zu Art. 24 EGBGB Rn. 10 mwN), ist zwar bezogen auf den hier maßgeblichen Zeitraum anwendbar (vgl. Palandt/Thorn BGB 75. Aufl. Vor Art. 1 MSA Rn. 12). Jedoch fehlt es am sachlichen Anwendungsbereich, weil vorliegend keine Schutzmaßnahme i.S.d. Haager Minderjährigenschutzabkommens in Rede steht (vgl. hierzu Staudinger/Henrich BGB [2014] Art. 21 EGBGB Rn. 36).
18
(3) Gemäß Art. 21 EGBGB unterliegt das Rechtsverhältnis zwischen einem Kind und seinen Eltern dem Recht des Staates, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
19
(a) Art. 21 EGBGB beinhaltet eine Gesamtverweisung, umfasst also - anders als das Haager Kinderschutzübereinkommen und das Haager Minderjährigenschutzabkommen - auch das Kollisionsrecht (Staudinger/Henrich BGB [2014] Art. 21 EGBGB Rn. 32; Erman/Hohloch BGB 14. Aufl. Art. 21 EGBGB Rn. 4; BeckOK BGB/Heiderhoff [Stand: 1. Mai 2015] Art. 21 EGBGB Rn. 18; BeckOGK BGB/Markwardt [Stand: 1. März 2016] Art. 21 EGBGB Rn. 43; Palandt/Thorn BGB 75. Aufl. Art. 21 EGBGB Rn. 1). Die Rückverweisung ist gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 1 EGBGB zu beachten, so dass nach Art. 4 Abs. 1 Satz 2 EGBGB die deutschen Sachvorschriften anzuwenden sind.
20
Entgegen einer vereinzelt gebliebenen Auffassung widerspricht die Anwendung des ausländischen Kollisionsrecht nicht dem Sinn der Verweisung gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 EGBGB. Soweit vertreten wird, Art. 21 EGBGB bezwecke auch, den Einklang mit Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 MSA herzustellen , weshalb er wie die Regelung des Haager Minderjährigenschutzabkommens als Sachnormverweisung auszulegen sei (MünchKommBGB/Helms 6. Aufl. Art. 21 EGBGB Rn. 17 mwN), überzeugt dies nicht. Das Haager Minderjährigenschutzabkommen und das Haager Kinderschutzübereinkommen sind ohnehin vorrangig zu berücksichtigen. Soweit ihr Anwendungsbereich nicht eröffnet ist, besteht indes auch keine Notwendigkeit, das ausländische Kollisionsrecht von der Anwendung auszuschließen. Vielmehr mag der ausländische Staat gute Gründe für eine andere Anknüpfung als an den Aufenthalt haben (Palandt/Thorn BGB 75. Aufl. Art. 21 EGBGB Rn. 1). Gegen die Annahme einer Sachnormverweisung spricht ferner, dass der Gesetzgeber in anderen Fällen (vgl. Art. 26 EGBGB) klarstellende Normen geschaffen hat, bei Art. 21 EGBGB aber nicht (BeckOK BGB/Heiderhoff [Stand: 1. Mai 2015] Art. 21 EGBGB Rn. 18).
21
(b) Gemessen hieran ist deutsches Recht anzuwenden. Zwar hatte das Kind unmittelbar nach der Geburt und in den ersten Lebensmonaten seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Spanien, weil es mit den Eltern dort lebte. Das spanische internationale Privatrecht verweist allerdings nach den von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffenen und für den Senat bindenden Feststellungen des Beschwerdegerichts zum Inhalt des ausländischen Rechts (BGHZ 198, 14 = NJW 2013, 3656 Rn. 13 ff. mwN) zurück in das deutsche Recht.
22
bb) Da die Eltern keine Sorgeerklärungen abgegeben haben und auch keine gerichtliche Regelung der elterlichen Sorge erfolgt war, ist die Mutter gemäß § 1626 a Abs. 2 iVm Abs. 1 BGB (in der Fassung vom 2. Januar 2002 - heute § 1626 a Abs. 3 BGB) von der Geburt des Kindes an allein sorgeberechtigt (vgl. auch BVerfG FamRZ 2010, 1403 Rn. 71 ff.).
23
d) Unzutreffend ist jedoch die Annahme des Beschwerdegerichts, dem Kind sei der Name "J." gemäß § 1617 a Abs. 2 BGB i.d.F. vom 2. Januar 2002 wirksam erteilt worden. Das Kind trägt gemäß § 1617 a Abs. 1 BGB den Geburtsnamen "B.".
24
Dabei kann dahinstehen, ob die Unterzeichnung der Anmeldung zum spanischen Personenstandsregister als entsprechende namensrechtliche Erklärung ausgelegt werden kann und ob die Erklärung formgerecht ist. Selbst wenn eine formgerechte Erklärung der Mutter, dem Kind den Namen "J." zu erteilen, unterstellt würde, wäre die Erklärung gemäß § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht wirksam geworden. Denn dem empfangszuständigen Standesamt I in Berlin ist zumindest zeitgleich mit der Erklärung ein Widerruf zugegangen.
25
aa) Gemäß § 1617 a Abs. 2 Satz 1 BGB aF konnte der sorgeberechtigte Elternteil dem Kind durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten den Namen des anderen Elternteils erteilen. Diese Erklärung ist eine amtsempfangsbedürftige Willenserklärung, die erst mit Zugang beim zuständigen Standesamt wirksam wird (OLG München StAZ 2015, 304, 305 mwN; OLG Hamm StAZ 2011, 242, 243 mwN; Staudinger/Hilbig-Lugani BGB [2015] § 1617 a Rn. 34 und § 1617 Rn. 28 f.; BeckOGK BGB/Kienemund [Stand: 1. April 2016] § 1617 a Rn. 38 und § 1617 Rn. 47; MünchKommBGB/v. Sachsen Gessaphe 6. Aufl. § 1617 a Rn. 28; NK-BGB/Czeguhn 3. Aufl. § 1617 a Rn. 7; Gaaz/ Bornhofen PStG 3. Aufl. § 45 Rn. 4 und 9; Hepting/Gaaz Personenstandsrecht [42. Ergänzungslieferung 2009] § 31 a PStG Rn. 17 und 28; Henrich/Wagenitz/ Bornhofen Deutsches Namensrecht [Stand: Februar 2007] § 1617 a BGB Rn. 65 und 83).
26
bb) Zuständiges Standesamt für die Entgegennahme der Erklärung war zu den hier maßgeblichen Zeitpunkten im Oktober und November 2006 gemäß § 31 a Abs. 2 PStG i.d.F. vom 9. April 2002 das Standesamt I in Berlin.
27
(1) Ob der Zugang der Erklärung beim zuständigen deutschen Standesamt durch den Zugang der Erklärung bei einem ausländischen Standesamt ersetzt werden kann, ist allerdings streitig.
28
(a) Eine Meinung spricht sich dafür aus, dass die Erklärung dem zuständigen deutschen Standesamt zugehen muss (vgl. zu § 1617 BGB Staudinger/Hilbig-Lugani BGB [2015] § 1617 Rn. 89; vgl. zu Art. 10 Abs. 2 und 3 EGBGB Staudinger/Hepting/Hausmann BGB [2013] Art. 10 EGBGB Rn. 286; BeckOK BGB/Mäsch [Stand: 1. Mai 2013] Art. 10 EGBGB Rn. 44 und 69; MünchKommBGB/Birk 5. Aufl. Art. 10 EGBGB Rn. 114).
29
(b) Nach anderer Auffassung genügt es, wenn die Erklärung gegenüber einer ausländischen Amtsperson ergeht, die funktionsgleiche Aufgaben erfüllt (MünchKommBGB/Lipp 6. Aufl. Art. 10 EGBGB Rn. 115 und 144; Hepting/Gaaz Personenstandsrecht [Stand: 42. Ergänzungslieferung 2009] § 31 a PStG Rn. 37; NK-BGB/Mankowski 3. Aufl. Art. 10 EGBGB Rn. 118; Erman/Hohloch BGB 14. Aufl. Art. 10 EGBGB Rn. 33).
30
(2) Die erstgenannte Auffassung ist jedenfalls im Fall der Namensbestimmung nach § 1617 a Abs. 2 Satz 1 BGB zutreffend. Es handelt sich weder um eine Formfrage, die eine Substitution im Rahmen des Art. 11 Abs. 1 EGBGB eröffnen könnte, noch liegen im Übrigen die Voraussetzungen für eine Substitution vor.
31
(a) Die Formerfordernisse für ein im Ausland abgeschlossenes Rechtsgeschäft richten sich nach der Kollisionsnorm des Art. 11 Abs. 1 EGBGB. Nach dieser Vorschrift ist ein im Ausland abgeschlossenes Rechtsgeschäft formgültig , wenn es die Formerfordernisse des Rechts, das auf das seinen Gegenstand bildende Rechtsverhältnis anzuwenden ist (Geschäftsrechtsform), oder des Rechts des Staates erfüllt, in dem es vorgenommen wird (Ortsrechtsform). Damit stellt Art. 11 Abs. 1 EGBGB zur Erleichterung des internationalen Rechtsverkehrs die Formvorschriften des Ortsrechts gleichwertig neben die nach dem inhaltlich maßgebenden Geschäftsrecht (Senatsbeschluss vom 13. Juli 2011 - XII ZR 48/09 - FamRZ 2011, 1495 Rn. 17 mwN). Ob eine vom Geschäftsrecht vorgesehene Form im Wege der Substitution durch eine Beurkundung außerhalb seines räumlichen Geltungsbereichs im Ausland erfüllt werden kann, hängt vom Sinn und Zweck der betreffenden Formvorschrift ab (Palandt/Thorn BGB 75. Aufl. Art. 11 EGBGB Rn. 9).
32
Diese Grundsätze greifen hier nicht. Denn das Erfordernis des Zugangs der empfangsbedürftigen Willenserklärung i.S.d. § 1617 a Abs. 2 Satz 1 BGB ist eine materiell-rechtliche Wirksamkeitsvoraussetzung und kein Bestandteil der Form der Willenserklärung (OLG Schleswig FamRZ 2015, 1328, 1329; MünchKommBGB/Lipp 6. Aufl. Art. 10 EGBGB Rn. 144; Staudinger/Hepting/ Hausmann BGB [2013] Art. 10 EGBGB Rn. 285; NK-BGB/Mankowski 3. Aufl. Art. 10 EGBGB Rn. 156; Palandt/Thorn BGB 75. Aufl. Art. 11 EGBGB Rn. 7), also unabhängig hiervon zu beurteilen.
33
(b) Ebenso wenig kommt eine Substitution bezogen auf die Ersetzung der Wirksamkeitsvoraussetzung des Zugangs der Willenserklärung beim zuständigen deutschen Standesamt in Betracht.
34
Bei der Substitution ist zu prüfen, ob ein Auslandssachverhalt einem Tatbestandsmerkmal der anzuwendenden Kollisions- oder Sachnorm gleichzustellen ist (Staudinger/Sturm/Sturm BGB [2012] Einleitung IPR Rn. 259). Die Substitution setzt voraus, dass die anzuwendende Norm ihrem Sinn und Zweck nach überhaupt zulässt, eine ausländische Rechtsfigur unter ihren Tatbestand zu subsumieren (MünchKommBGB/von Hein 6. Aufl. Einleitung IPR Rn. 232 mwN) und dass der Vorgang im Ausland mit dem Tatbestandsmerkmal der Norm gleichwertig ist (BGHZ 199, 270 = NZG 2014, 219 Rn. 13, 14, 21 und BGHZ 80, 76 = NJW 1981, 1160; MünchKommBGB/von Hein 6. Aufl. Einleitung IPR Rn. 235 mwN; vgl. auch Senatsbeschluss BGHZ 109, 1 = FamRZ 1990, 39, 41 "Funktionsäquivalenz").
35
§ 31 a Abs. 2 PStG aF (heute: § 45 Abs. 2 PStG) steht seinem Sinn und Zweck nach einer Auslegung, dass die Namenserklärung auch mit Zugang bei einem ausländischen Standesamt wirksam wird, entgegen. Die Regelung ergänzt das materielle Recht des Kindesnamens, indem sie die Zuständigkeit für die Entgegennahme der form- und amtsempfangsbedürftigen Erklärungen regelt. Während in den §§ 1617 ff. BGB nur die funktionale Zuständigkeit des Standesamts geregelt ist, trifft § 31 a PStG aF (heute: § 45 Abs. 2 PStG) die notwendige Ergänzung in sachlicher Hinsicht (Hepting/Gaaz Personenstandsrecht [Stand: 42. Ergänzungslieferung 2009] § 31 a PStG Rn. 7; vgl. auch Gaaz/Bornhofen PStG 3. Aufl. § 45 Rn. 1 f.). Dabei enthält das Gesetz auch in § 31 a Abs. 2 Satz 3 PStG aF (heute: § 45 Abs. 2 Satz 2 PStG) eine Regelung für den Fall, dass die Geburt nicht im Inland beurkundet ist. Für diesen Fall bestimmt das Gesetz ausdrücklich ein deutsches Standesamt als zuständig. Dass der Gesetzgeber dabei die naheliegende Möglichkeit der Abgabe von Namenserklärungen gegenüber dem ausländischen Standesamt nicht bedacht hat, ist nicht ersichtlich. Vielmehr deutet die ausdrückliche Regelung darauf hin, dass nur der Zugang der Erklärungen beim zuständigen deutschen Standesamt die namensrechtlichen Wirkungen auslösen soll (vgl. auch BT-Drucks. 16/1831 S. 49 [zu § 41 Abs. 2 PStG] und S. 50).
36
Gegen eine Substitution spricht auch, dass die Annahme einer Empfangszuständigkeit des ausländischen Standesamts die Rechtssicherheit beeinträchtigen kann. Während der Zugang der Erklärung bei dem zuständigen deutschen Standesamt zuverlässig festgestellt werden kann, ist sowohl der Zugang bei einem ausländischen Standesamt an sich als auch die Frage, ob dieses nach dem ausländischen Recht überhaupt zuständig war, erheblich schwieriger zu ermitteln. Ebenso besteht bei der so vorhandenen Mehrzahl von möglichen Erklärungsempfängern die Gefahr der Abgabe von doppelten, sich eventuell widersprechenden Erklärungen. Gerade diese will das Personenstandsgesetz aber verhindern, weshalb das Standesamt I in Berlin ein Verzeichnis über die bei ihm abgegebenen Erklärungen zu führen hat (§§ 45 Abs. 2 Satz 4 PStG, 27 PStV; BT-Drucks. 16/1831 S. 50). Des Weiteren zeigt die Entstehungsgeschich- te der Norm, dass der Gesetzgeber die parallele Zuständigkeit mehrerer Standesämter vermeiden wollte (BT-Drucks. V/3719 S. 59).
37
(c) Auch führt die Gefahr, dass das Kind im Ausland einen anderen Namen trägt als in Deutschland ("hinkende Namensführung"), weder nach europäischem noch nach deutschem Recht zur Notwendigkeit, vom Zugangserfordernis beim deutschen Standesamt abzusehen.
38
Zwar können nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs die im Primärrecht der Europäischen Union garantierten Grundfreiheiten, insbesondere die Freiheit eines jeden Unionsbürgers, sich in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben und sich dort aufzuhalten (Art. 21 Abs. 1 AEUV), eine Verpflichtung für die Behörden eines Mitgliedstaats enthalten, den Namen eines Kindes anzuerkennen, der in einem anderen Mitgliedstaat bestimmt und eingetragen wurde, in dem das Kind geboren wurde (EuGH FamRZ 2008, 2089 Rn. 21 ff. "Grunkin-Paul"; StAZ 2004, 40 Rn. 30 ff. "Garcia Avello"; vgl. auch EuGH NJW 2016, 2093 Rn. 35 ff.). Die unzulässige Beschränkung der Grundfreiheiten liegt in der Verpflichtung des Betroffenen, gegen seinen Willen einen anderen Namen tragen zu müssen als den, der in dem Mitgliedstaat, in dem er geboren wurde, eingetragen wurde und den er dort führt (EuGH FamRZ 2008, 2089 Rn. 22 "Grunkin-Paul"; StAZ 2004, 40 Rn. 45 "Garcia Avello") oder den er in einem Mitgliedstaat lange Zeit mit Billigung der Behörden dieses Staats geführt hat (EuGH FamRZ 2011, 1486 Rn. 67 ff. "Sayn-Wittgenstein"). Aus den Grundfreiheiten folgt hingegen nicht, dass einem Unionsbürger ein Name aufgezwungen werden muss, den er selbst gar nicht führen möchte (MünchKommBGB/Lipp 6. Aufl. Art. 10 EGBGB Rn. 220; Hepting/Dutta Familie und Personenstand 2. Aufl. Rn. II-442; Wall StAZ 2009, 261, 265; vgl. auch Lipp StAZ 2009, 1, 7). Wie das Beschwerdegericht richtig erkannt hat, ist es daher grundsätzlich ausreichend, dass der deutsche Gesetzgeber in Art. 48 EGBGB die Wahl des im Ausland erworbenen Namens ermöglicht. Im vorliegenden Fall möchte das Kind diesen Namen aber gerade nicht tragen.
39
Überdies nimmt es das deutsche Namensrecht grundsätzlich hin, dass ein Kind nach deutschem Recht namenlos ist, während es im Ausland den dort registrierten Namen führen kann, wie die Regelung des § 1617 Abs. 3 BGB zeigt (vgl. BeckOGK BGB/Kienemund [Stand: 1. April 2016] § 1617 Rn. 99; MünchKommBGB/v. Sachsen Gessaphe 6. Aufl. § 1617 Rn. 30; Staudinger/ Hilbig-Lugani BGB [2015] § 1617 Rn. 89; Hepting/Gaaz Personenstandsrecht [Stand: 42. Ergänzungslieferung 2009] § 31 a PStG Rn. 40).
40
cc) Bei dem damit allein empfangszuständigen Standesamt I in Berlin ist keine wirksame Erklärung zur Bestimmung des Namens nach § 1617 a Abs. 2 Satz 1 BGB eingegangen, weil die Mutter ihre Erklärung rechtzeitig widerrufen hat.
41
(1) Namenserklärungen sind familienrechtliche Willenserklärungen, auf die grundsätzlich die allgemeinen Regeln der Willenserklärungen anzuwenden sind (Henrich/Wagenitz/Bornhofen Deutsches Namensrecht [Stand: Februar 2007] § 1617 a BGB Rn. 60). Eine namensrechtliche Erklärung kann daher gemäß § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB widerrufen werden, jedenfalls bis sie dem zuständigen Erklärungsempfänger zugeht (OLG München StAZ 2015, 304, 305; BeckOK BGB/Enders § 1617 Rn. 12; für eine Widerruflichkeit der Erklärung darüber hinaus bis zum Zugang aller weiteren erforderlichen Erklärungen: Staudinger/Hilbig-Lugani BGB [2015] § 1617 a Rn. 40 und § 1617 Rn. 29; BeckOGK BGB/Kienemund [Stand: 1. April 2016] § 1617 Rn. 52; Lipp/Wagenitz Das neue Kindschaftsrecht § 1617 BGB Rn. 34). Der Widerruf bedarf keiner Form (OLG München StAZ 2015, 304, 305; Staudinger/Singer BGB [2012] § 130 Rn. 103; MünchKommBGB/Einsele 7. Aufl. § 130 Rn. 40). Geht er zeit- gleich mit der Erklärung dem Empfänger zu, kommt es allein auf den Zeitpunkt des Zugangs und nicht auf die Reihenfolge der Kenntnisnahme an (BGH Urteil vom 30. Oktober 1974 - IV ZR 172/73 - NJW 1975, 382, 384).
42
(2) Die namensrechtlichen Erklärungen vor dem spanischen Standesamt gingen dem zuständigen Standesamt I in Berlin frühestens mit Übersendung der spanischen Geburtsurkunde als Anlage zum Antrag der Mutter auf Beurkundung der Auslandsgeburt zu. In diesem Antrag hatte die Mutter aber den Namen des Kindes abweichend von den spanischen Urkunden mit "B." angegeben und die Möglichkeit, explizit zu erklären, dass das Kind den Namen des Vaters erhalten soll, nicht genutzt. Dieses Verhalten ist als Widerruf der namensrechtlichen Erklärung auszulegen, denn die Mutter bringt damit zum Ausdruck , dass sie sich nicht an die Erklärungen vor dem spanischen Standesamt gebunden fühlt und nunmehr möchte, dass das Kind ihren Namen trägt. Der Senat kann die Auslegung auch selbst vornehmen, denn das Beschwerdegericht hat insoweit das Verhalten der Mutter nicht gewürdigt und weitere Feststellungen sind nicht zu erwarten (vgl. BGHZ 202, 122 = NJW 2014, 3030 Rn. 22 mwN).
43
e) Der Antrag des Vaters ist mithin unbegründet, weil der Name des Kindes im Geburtenregister zutreffend beurkundet ist.
44
3. Gemäß § 74 Abs. 5 FamFG ist der angefochtene Beschluss aufzuheben. Der Senat kann in der Sache selbst abschließend entscheiden, weil diese zur Endentscheidung reif ist, § 74 Abs. 6 Satz 1 FamFG.
Dose Klinkhammer Schilling Günter Guhling
Vorinstanzen:
AG Schöneberg, Entscheidung vom 18.02.2013 - 71/70 III 240/12 -
Kammergericht Berlin, Entscheidung vom 14.09.2015 - 1 W 473/13 -

(1) Die Anerkennung bedarf der Zustimmung der Mutter.

(2) Die Anerkennung bedarf auch der Zustimmung des Kindes, wenn der Mutter insoweit die elterliche Sorge nicht zusteht.

(3) Für die Zustimmung gilt § 1594 Abs. 3 und 4 entsprechend.

13
aa) Auf eine Verletzung ausländischen Rechts kann die Rechtsbeschwerde nach dem FamFG nicht gestützt werden. Nur eine unzureichende oder fehlerhafte Ermittlung des ausländischen Rechts kann mit der Verfahrensrüge geltend gemacht werden (vgl. Senatsbeschluss vom 26. April 2017 - XII ZB 177/16 - zur Veröffentlichung bestimmt; BGHZ 198, 14 = NJW 2013, 3656 Rn. 15 ff., 25; vgl. auch Senatsbeschluss BGHZ 203, 372 = FamRZ 2015, 479 Rn. 20; Sturm JZ 2011, 74).

(1) Anerkennung und Zustimmung müssen öffentlich beurkundet werden.

(2) Beglaubigte Abschriften der Anerkennung und aller Erklärungen, die für die Wirksamkeit der Anerkennung bedeutsam sind, sind dem Vater, der Mutter und dem Kind sowie dem Standesamt zu übersenden.

(3) Der Mann kann die Anerkennung widerrufen, wenn sie ein Jahr nach der Beurkundung noch nicht wirksam geworden ist. Für den Widerruf gelten die Absätze 1 und 2 sowie § 1594 Abs. 3 und § 1596 Abs. 1, 3 und 4 entsprechend.

(1) Anerkennung, Zustimmung und Widerruf sind nur unwirksam, wenn sie den Erfordernissen nach § 1594 Absatz 2 bis 4 und der §§ 1595 bis 1597 nicht genügen. Anerkennung und Zustimmung sind auch im Fall des § 1597a Absatz 3 und im Fall des § 1597a Absatz 4 in Verbindung mit Absatz 3 unwirksam.

(2) Sind seit der Eintragung in ein deutsches Personenstandsregister fünf Jahre verstrichen, so ist die Anerkennung wirksam, auch wenn sie den Erfordernissen der vorstehenden Vorschriften nicht genügt.