Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Mai 2017 - XII ZB 342/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:310517BXIIZB342.16.0
bei uns veröffentlicht am31.05.2017
vorgehend
Amtsgericht Lemgo, 2 XVII 192/12, 05.04.2016
Landgericht Detmold, 10 T 104/16, 17.05.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 342/16
vom
31. Mai 2017
in der Unterbringungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zu den Voraussetzungen der betreuungsgerichtlichen Genehmigung einer zivilrechtlichen
Unterbringung.
BGH, Beschluss vom 31. Mai 2017 - XII ZB 342/16 - LG Detmold
AG Lemgo
ECLI:DE:BGH:2017:310517BXIIZB342.16.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. Mai 2017 durch den Vorsitzender Richter Dose, die Richter Schilling, Dr. Günter und Dr. Botur und die Richterin Dr. Krüger
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde wird festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichts Lemgo vom 5. April 2016, soweit dort die Unterbringung der Betroffenen in einem psychiatrischen Krankenhaus zur Durchführung einer nervenärztlichen Heilbehandlung längstens bis 17. Mai 2016 betreuungsgerichtlich genehmigt wurde, sowie der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Detmold vom 17. Mai 2016 die Betroffene in ihren Rechten verletzt haben. Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtskostenfrei. Die außergerichtlichen Kosten der Betroffenen werden der Staatskasse auferlegt.

Gründe:

I.

1
Die Rechtsbeschwerde wendet sich gegen die durch Zeitablauf erledigte Genehmigung der Unterbringung der Betroffenen in einem psychiatrischen Krankenhaus.
2
Für die Betroffene, die an einer Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis leidet, ist seit dem Jahr 2010 eine Betreuung eingerichtet. Sie befand sich in der Vergangenheit bereits mehrfach in stationärer Behandlung, wobei teilweise auch ihre geschlossene Unterbringung angeordnet wurde. Im August 2015 hat ihr Betreuer erneut die Genehmigung der geschlossenen Unterbringung der Betroffenen beantragt. Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens und Anhörung der Betroffenen hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 5. April 2016 die geschlossene Unterbringung zur Durchführung einer nervenärztlichen Heilbehandlung längstens bis zum 17. Mai 2016 genehmigt und einen zwischenzeitlich gestellten Antrag der Betroffenen auf Aufhebung der Betreuung abgelehnt. Die allein gegen die Genehmigung der geschlossenen Unterbringung gerichtete Beschwerde der Betroffenen hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde begehrt die Betroffene nach Ablauf der Unterbringungsfrist die Feststellung, durch die Beschlüsse des Amts- und Landgerichts in ihren Rechten verletzt worden zu sein.

II.

3
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, insbesondere gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 FamFG statthaft. Sie ist auch begründet, weil die Entscheidungen von Amts- und Landgericht zur Unterbringung die Betroffene in ihren Rechten verletzt haben. Dies ist nach der in der Rechtsbeschwerdeinstanz entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 62 Abs. 1 FamFG (Senatsbeschluss vom 29. Januar 2014 - XII ZB 330/13 - FamRZ 2014, 649 Rn. 8 mwN) festzustellen.
4
1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung folgendes ausgeführt:
5
Das Amtsgericht habe seine Entscheidung in der Erwartung, dass die Betroffene wie bei den vorherigen Unterbringungen die ihr verordneten Medikamente einnehmen würde, ausdrücklich auf § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB gestützt.
Die Sachlage habe sich jedoch dadurch geändert, dass die Betroffene mittlerweile erklärt habe, mit einer fachärztlichen Behandlung in einem psychiatrischen Krankenhaus und vor allem mit der Einnahme von Medikamenten grundsätzlich nicht einverstanden zu sein. Allerdings sei davon auszugehen, dass diese Entscheidung krankheitsbedingt veranlasst sei und nicht auf einer entsprechenden grundsätzlichen Einstellung der Betroffenen beruhe.
6
Die Unterbringung der Betroffenen rechtfertige sich aber nach § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Die Betroffene leide an einer Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis mit paranoiden Gedanken und ausgeprägter Störung der Realitätserkennung und der Kritikfähigkeit. Aufgrund ihrer Erkrankung zeige sie auffällige und desorganisierte und für sie und ihre Umgebung inadäquate und belastende Verhaltensweisen, ohne diese erkennen zu können. In der Gesamtschau der Anamnese werde eine deutliche Störung erkennbar mit verschiedenen Verlusten und Gefährdungen in den Bereichen Gesundheit, Arbeitssituation , finanzielle Situation, soziale Kontakte etc. Zwar habe sich keine akute Selbsttötungsgefahr bei der Betroffenen gezeigt. Es komme jedoch krankheitsbedingt zu Fehlhandlungen, die die gesamte Lebenssituation der Betroffenen gefährden, insbesondere zu einer weiterreichenden Chronifizierung der Erkrankung führen können, die mit weiteren Einschränkungen der Leistungsfähigkeit, Antriebsminderung, sozialem Rückzug, psychomotorischer Verlangsamung, Erschöpfung und verminderter Belastbarkeit bis hin zum Verlust der Selbstständigkeit im Leben verbunden sei. Nach den Ausführungen des Sachverständigen sei die Betroffene krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage, funktionsund interessengerecht zu handeln. Dies führe nicht nur zu kaum nachvollziehbaren Entscheidungen, sondern insbesondere auch zu einer deutlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands. Gerade die Psychopathologie ihrer Erkrankung werde sich weiter chronifizieren und die Betroffene ohne adäquate Behandlung zu einem Dauerfall für eine Unterbringung machen. Vor diesem Hintergrund erweise sich die geschlossene Unterbringung der Betroffenen jedenfalls bis zum 17. Mai 2016 als verhältnismäßig. In ihrem jetzigen Zustand sei die Betroffene nicht in der Lage, einigermaßen sozialadäquat allein zu leben. Auch durch die bloße Unterbringung könne die weitere Chronifizierung der Erkrankung und damit eine erhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Betroffenen zumindest verlangsamt werden.
7
2. Dies hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Instanzgerichte haben die materiellen Voraussetzungen für eine geschlossene Unterbringung der Betroffenen gemäß § 1906 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 BGB nicht ausreichend festgestellt.
8
a) Das Amtsgericht hat seine Entscheidungen allein darauf gestützt, dass die Voraussetzungen einer Unterbringung der Betroffenen zur Durchführung einer Heilbehandlung gemäß § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorlägen.
9
aa) Nach dieser Vorschrift ist eine Unterbringung allerdings nur genehmigungsfähig , wenn eine erfolgversprechende Heilbehandlung durchgeführt werden kann (Senatsbeschluss vom 14. August 2013 - XII ZB 614/11 - FamRZ 2013, 1726 Rn. 26 mwN). Dies setzt aber entweder einen die Heilbehandlung deckenden entsprechenden natürlichen Willen des Betroffenen oder die rechtlich zulässige Überwindung seines entgegenstehenden natürlichen Willens mittels ärztlicher Zwangsbehandlung voraus. Die Genehmigung einer Unterbringung zur Heilbehandlung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist daher möglich, wenn von vornherein zumindest nicht ausgeschlossen ist, dass sich der Betroffene in der Unterbringung behandeln lassen wird, sein natürlicher Wille also nicht bereits der medizinisch notwendigen Behandlung entgegensteht, er aber die Notwendigkeit der Unterbringung nicht einsieht. Davon kann solange ausgegangen werden, wie sich die Weigerung des Betroffenen, sich behandeln zu lassen, nicht manifestiert hat (Senatsbeschlüsse vom 13. April 2016 - XII ZB 236/15 - FamRZ 2016, 1065 Rn. 21 und vom 30. Juli 2014 - XII ZB 169/14 - FamRZ 2014, 1694 Rn. 22 mwN). Ist hingegen auszuschließen, dass der Betroffene eine Behandlung ohne Zwang vornehmen lassen wird, ist die Genehmigung der Unterbringung zur Durchführung der Heilbehandlung nur zulässig, wenn die Voraussetzungen für die Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme im Sinn des § 1906 Abs. 3 BGB vorliegen und diese nach § 1906 Abs. 3a BGB rechtswirksam genehmigt wird. Denn nur dann besteht für die eine Freiheitsentziehung rechtfertigende Heilbehandlung auch gegen den Willen des Betroffenen eine rechtliche Grundlage (Senatsbeschluss vom 30. Juli 2014 - XII ZB 169/14 - FamRZ 2014, 1694 Rn. 23).
10
bb) Gemessen hieran konnte die geschlossene Unterbringung der Betroffenen nicht auf § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB gestützt werden. Die Betroffene hat bereits bei ihrer Anhörung vor dem Amtsgericht deutlich zum Ausdruck gebracht , dass sie eine nervenärztliche Behandlung in einem psychiatrischen Krankenhaus ablehnt. Auch ist dem im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Sachverständigengutachten zu entnehmen, dass es der Betroffenen an jeglicher Behandlungsbereitschaft fehlt. Tragfähige Feststellungen dazu, die Betroffene werde sich bei einer geschlossenen Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik freiwillig behandeln lassen und insbesondere die erforderlichen Medikamente einnehmen, fehlen. Da auch eine ärztliche Zwangsmaßnahme im Sinn des § 1906 Abs. 3 BGB nicht nach § 1906 Abs. 3a BGB rechtswirksam genehmigt war, lag der Unterbringungsgrund nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht vor.
11
b) Soweit das Beschwerdegericht die Genehmigung der Unterbringung der Betroffenen auf § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB gestützt hat, beruht dies ebenfalls auf unzureichenden Feststellungen.
12
aa) Die Genehmigung einer geschlossenen Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB setzt eine ernstliche und konkrete Gefahr für Leib oder Leben des Betreuten voraus. Der Grad der Gefahr ist in Relation zum möglichen Schaden ohne Vornahme der freiheitsentziehenden Maßnahme zu bemessen. Die Gefahr für Leib oder Leben setzt kein zielgerichtetes Verhalten voraus,so dass auch eine völlige Verwahrlosung ausreichen kann, wenn damit eine Gesundheitsgefahr durch körperliche Verelendung und Unterversorgung verbunden ist. Das setzt allerdings objektivierbare und konkrete Anhaltspunkte für den Eintritt eines erheblichen Gesundheitsschadens voraus (Senatsbeschlüsse vom 18. Mai 2011 - XII ZB 47/11 - FamRZ 2011, 1141 Rn. 12 und vom 13. Januar 2010 - XII ZB 248/09 - FamRZ 2010, 365 Rn. 14 mwN).
13
Die Prognose einer nicht anders abwendbaren Suizidgefahr oder einer Gefahr erheblicher gesundheitlicher Schäden ist Sache des Tatrichters (Senatsbeschlüsse vom 22. August 2012 - XII ZB 295/12 - FamRZ 1705 Rn. 4 und vom 13. Januar 2010 - XII ZB 248/09 - FamRZ 2010, 365 Rn. 15). Sie baut im Wesentlichen auf der Anhörung des Betroffenen und der weiteren Beteiligten sowie auf dem nach § 321 FamFG einzuholenden Sachverständigengutachten auf.
14
bb) Nach den Feststellungen der Instanzgerichte ist eine geschlossene Unterbringung der Betroffenen nach diesen Maßstäben nicht zu rechtfertigen.
15
Zwar leidet die Betroffene, wie die Instanzgerichte in Übereinstimmung mit dem Sachverständigengutachten festgestellt haben, an einer behandlungsbedürftigen Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis.
16
Weder das Amtsgericht noch das Landgericht haben aber konkrete Umstände für die Annahme aufgezeigt, die Betroffene werde sich erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügen, wenn die Unterbringung unterbleibt. Eine aku- te Selbsttötungs- oder Selbstgefährdungsgefahr lag bei der Betroffenen nach den Ausführungen des Sachverständigen nicht vor. Soweit das Beschwerdegericht darauf abstellt, dass sich das Krankheitsbild der Betroffenen ohne ärztliche Behandlung chronifizieren könne, besagt das nichts über eine bestehende erhebliche Gesundheitsgefährdung, der nur mit einer Unterbringung begegnet werden könnte. Das gilt auch für die vom Beschwerdegericht genannten Folgen , die nach seiner Auffassung mit einer Chronifizierung der Erkrankung der Betroffenen verbunden sein können. Mit der Möglichkeit, die Betroffene könne ohne ärztliche Behandlung in ihrer Leistungsfähigkeit weiter beeinträchtigt werden und es könne zu einer Antriebsverminderung, sozialem Rückzug, psychomotorischer Verlangsamung, Erschöpfung und verminderter Belastbarkeit bis hin zum Verlust eines selbstständigen Lebens kommen, beschreibt das Beschwerdegericht nur abstrakte Gefahren, die sich aus einer Fortentwicklung der Erkrankung der Betroffenen ergeben können. Diesen Gefahren könnte allein mit der Unterbringung ohnehin nicht begegnet werden, da die Betroffene eine Behandlung ablehnt und eine Zwangsbehandlung nicht angeordnet war. Weitere konkrete und objektivierbare Anhaltspunkte für den Eintritt eines erheblichen Gesundheitsschadens oder einer erheblichen Verschlimmerung oder Chronifizierung der Krankheit der Betroffenen, die eine geschlossene Unterbringung rechtfertigten könnten, hat das Beschwerdegericht nicht festgestellt.
17
3. Die Betroffene ist durch die Genehmigung der Unterbringung in ihrem Freiheitsgrundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG verletzt. Das nach § 62 Abs. 1 FamFG erforderliche berechtigte Interesse der Betroffenen daran, die Rechtswidrigkeit der - hier durch Zeitablauf erledigten - Genehmigung der Unterbringung feststellen zu lassen, liegt vor. Eine freiheitsentziehende Maßnahme bedeutet stets einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff im Sinn des § 62 Abs. 2 Nr. 1 FamFG (Senatsbeschluss vom 2. September 2015 - XII ZB 138/15 - FamRZ 2015, 1959 Rn. 17 mwN).
18
4. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung , zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG). Dose Schilling Günter Botur Krüger
Vorinstanzen:
AG Lemgo, Entscheidung vom 05.04.2016 - 2 XVII 192/12 -
LG Detmold, Entscheidung vom 17.05.2016 - 10 T 104/16 -

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(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in

1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie
3.
Freiheitsentziehungssachen.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 gilt dies nur, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringungsmaßnahme oder die Freiheitsentziehung anordnet. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 ist die Rechtsbeschwerde abweichend von Satz 2 auch dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen den eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss in den in § 417 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 genannten Verfahren richtet.

(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn

1.
schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder
2.
eine Wiederholung konkret zu erwarten ist.

(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

8
3. Die Entscheidungen von Amts- und Landgericht haben die Betroffene in ihren Rechten verletzt, was nach der in der Rechtsbeschwerdeinstanz entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 62 Abs. 1 FamFG (Senatsbeschluss vom 8. August 2012 - XII ZB 671/11 - FamRZ 2012, 1634 Rn. 6) festzustellen ist.
26
Da die Einwilligung des Betreuers in eine Zwangsbehandlung mangels gesetzlicher Grundlage nicht genehmigungsfähig war, kam auch die Genehmigung einer entsprechenden Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB aF nicht in Betracht, wenn absehbar war, dass die Heilbehandlung wegen der Weigerung des Betroffenen, sich behandeln zu lassen, nicht durchgeführt werden konnte (Senatsbeschlüsse vom 20. Juni 2012 - XII ZB 99/12 - FamRZ 2012, 1366 Rn. 13 und vom 8. August 2012 - XII ZB 671/11 - FamRZ 2012, 1634 Rn. 12). Die Genehmigung einer Unterbringung zur Heilbehandlung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB a.F. konnte nur in den Fällen ergehen, in denen nicht von vornherein ausgeschlossen war, dass sich der Betroffene in der Unterbringung behandeln lassen würde, sein natürlicher Wille also nicht bereits der medizinisch notwendigen Behandlung entgegenstand und er die Notwendigkeit der Unterbringung nicht einsah (Senatsbeschlüsse vom 8. August 2012 - XII ZB 671/11 - FamRZ 2012, 1634 Rn. 13 und vom 23. Januar 2013 - XII ZB 395/12 - FamRZ 2013, 618 Rn. 11). Nachdem sich die Weigerung der Betroffenen, sich behandeln zu lassen, hier jedoch bereits manifestiert hatte, konnte die Geneh- migung der Unterbringung nicht auf § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB aF gestützt werden.
21
Problematisch ist zwar, dass sich der Betroffene während des Beschwerdeverfahrens zunächst nicht behandeln lassen wollte. Denn sofern sich ein Betroffener nicht behandeln lassen will, ist die Genehmigung der Unterbringung zur Durchführung der Heilbehandlung gemäß § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB nur dann zulässig, wenn die Voraussetzungen für die Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme vorliegen und diese rechtswirksam genehmigt wird (Senatsbeschluss vom 30. Juli 2014 - XII ZB 169/14 - FamRZ 2014, 1694 Rn. 23), was vorliegend nicht der Fall war. Die Genehmigung einer Unterbringung zur Heilbehandlung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist allerdings auch dann möglich, wenn zumindest nicht ausgeschlossen ist, dass sich der Betroffene in der Unterbringung behandeln lassen wird, sein natürlicher Wille also nicht bereits der medizinisch notwendigen Behandlung entgegensteht, er aber die Notwendigkeit der Unterbringung nicht einsieht. Davon kann solange ausgegangen werden, wie sich die Weigerung des Betroffenen, sich behandeln zu lassen, nicht manifestiert hat (Senatsbeschluss vom 30. Juli 2014 - XII ZB 169/14 - FamRZ 2014, 1694 Rn. 22). Ausschlaggebend hierfür ist der Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung. Weil der Betroffene nach den Feststellungen des Landgerichts in diesem Zeitpunkt seine Medikamente freiwillig genommen hat, steht auch dieser Umstand der Genehmigung der Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht entgegen.
22
(1) Die Genehmigung einer Unterbringung zur Heilbehandlung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist daher möglich, wenn von vornherein zumindest nicht ausgeschlossen ist, dass sich der Betroffene in der Unterbringung behandeln lassen wird, sein natürlicher Wille also nicht bereits der medizinisch notwendigen Behandlung entgegensteht, er aber die Notwendigkeit der Unterbringung nicht einsieht. Davon kann solange ausgegangen werden, wie sich die Weigerung des Betroffenen, sich behandeln zu lassen, nicht manifestiert hat (Senatsbeschlüsse vom 23. Januar 2013 - XII ZB 395/12 - FamRZ 2013, 618 Rn. 11 und vom 8. August 2012 - XII ZB 671/11 - FamRZ 2012, 1634 Rn. 12 f.). In diesen Fällen scheidet die Einwilligung nach § 1906 Abs. 3 BGB schon deshalb aus, weil die ärztliche Maßnahme dem natürlichen Willen des Betroffenen nicht widerspricht.
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b) Nach den getroffenen Feststellungen fehlt es jedoch an den materiellen Voraussetzungen für eine geschlossene Unterbringung der Betroffenen nach § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Diese setzt nämlich eine ernstliche und konkrete Gefahr für Leib oder Leben des Betreuten voraus (Senatsbeschluss vom 13. Januar 2010 - XII ZB 248/09 - FamRZ 2010, 365 Rn. 14 mwN). Der Grad der Gefahr ist in Relation zum möglichen Schaden ohne Vornahme der freiheitsentziehenden Maßnahme zu bemessen (Bienwald/Sonnenfeld/Hoffmann Betreuungsrecht 4. Aufl. § 1906 Rn. 91). Die Gefahr für Leib oder Leben setzt kein zielgerichtetes Verhalten des Betreuten voraus, so dass auch eine völlige Verwahrlosung ausreichen kann, wenn damit eine Gesundheitsgefahr durch körperliche Verelendung und Unterversorgung verbunden ist (Senatsbeschluss vom 13. Januar 2010 - XII ZB 248/09 - FamRZ 2010, 365 Rn. 14 mwN). Das setzt allerdings objektivierbare und konkrete Anhaltspunkte für den Eintritt eines erheblichen Gesundheitsschadens voraus (Bamberger/Roth/Müller BGB 2. Aufl. § 1906 Rn. 9). Die Genehmigung einer Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB muss zudem erforderlich sein (vgl. Senatsbeschluss vom 23. Januar 2008 - XII ZB 185/07 - FamRZ 2008, 866 Rn. 23). Wenn die Gefahr durch andere Mittel als die freiheitsentziehende Unterbringung abgewendet werden kann, kommt eine Unterbringung als unverhältnismäßig nicht in Betracht (Senatsbeschluss vom 13. Januar 2010 - XII ZB 248/09 - FamRZ 2010, 365 Rn. 14 mwN).
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Im Gegensatz zur öffentlich-rechtlichen Unterbringung verlangt die zivilrechtliche Unterbringung durch einen Betreuer keine akute, unmittelbar bevorstehende Gefahr für den Betreuten. Notwendig ist allerdings eine ernstliche und konkrete Gefahr für Leib oder Leben des Betreuten (BT-Drucks. 11/4528 S. 146; Staudinger/Bienwald BGB (2006) § 1906 Rdn. 23; Jürgens/Marschner Betreuungsrecht 3. Aufl. § 1906 BGB Rdn. 13). Der Grad der Gefahr ist in Relation zum möglichen Schaden ohne Vornahme der freiheitsentziehenden Maßnahme zu bemessen (Bienwald/Sonnenfeld/Hoffmann Betreuungsrecht 4. Aufl. § 1906 Rdn. 91). Die Gefahr für Leib oder Leben setzt kein zielgerichtetes Verhalten des Betreuten voraus, so dass auch eine völlige Verwahrlosung ausreichen kann, wenn damit eine Gesundheitsgefahr durch körperliche Verelendung und Unterversorgung verbunden ist (BT-Drucks. 11/4528 S. 146; BayObLG FamRZ 1993, 998; OLG München BtPrax 2006, 105; MünchKomm/Schwab BGB 5. Aufl. § 1906 Rdn. 16; Staudinger/Bienwald BGB (2006) § 1906 Rdn. 23). Das setzt allerdings objektivierbare und konkrete Anhaltspunkte für den Eintritt eines erheblichen Gesundheitsschadens voraus (Bamberger/Roth/ Müller BGB 2. Aufl. § 1906 Rdn. 9). Die Genehmigung einer Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB muss zudem erforderlich sein (vgl. Senatsbeschluss vom 23. Januar 2008 - XII ZB 185/07 - FamRZ 2008, 866, 867). Wenn die Gefahr durch andere Mittel als die freiheitsentziehende Unterbringung abgewendet werden kann, kommt eine Unterbringung als unverhältnismäßig nicht in Betracht (MünchKomm/Schwab BGB 5. Aufl. § 1906 Rdn. 18; Staudinger/ Bienwald BGB (2006) § 1906 Rdn. 25).
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Solche Anhaltspunkte sind der Begründung der Beschwerdeentscheidung zu entnehmen. Dabei ist die Prognose einer nicht anders abwendbaren Gefahr erheblicher gesundheitlicher Schäden im Wesentlichen Sache des Tatrichters (Senatsbeschluss vom 13. Januar 2010 - XII ZB 248/09 - FamRZ 2010, 365 Rn. 15).
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Im Gegensatz zur öffentlich-rechtlichen Unterbringung verlangt die zivilrechtliche Unterbringung durch einen Betreuer keine akute, unmittelbar bevorstehende Gefahr für den Betreuten. Notwendig ist allerdings eine ernstliche und konkrete Gefahr für Leib oder Leben des Betreuten (BT-Drucks. 11/4528 S. 146; Staudinger/Bienwald BGB (2006) § 1906 Rdn. 23; Jürgens/Marschner Betreuungsrecht 3. Aufl. § 1906 BGB Rdn. 13). Der Grad der Gefahr ist in Relation zum möglichen Schaden ohne Vornahme der freiheitsentziehenden Maßnahme zu bemessen (Bienwald/Sonnenfeld/Hoffmann Betreuungsrecht 4. Aufl. § 1906 Rdn. 91). Die Gefahr für Leib oder Leben setzt kein zielgerichtetes Verhalten des Betreuten voraus, so dass auch eine völlige Verwahrlosung ausreichen kann, wenn damit eine Gesundheitsgefahr durch körperliche Verelendung und Unterversorgung verbunden ist (BT-Drucks. 11/4528 S. 146; BayObLG FamRZ 1993, 998; OLG München BtPrax 2006, 105; MünchKomm/Schwab BGB 5. Aufl. § 1906 Rdn. 16; Staudinger/Bienwald BGB (2006) § 1906 Rdn. 23). Das setzt allerdings objektivierbare und konkrete Anhaltspunkte für den Eintritt eines erheblichen Gesundheitsschadens voraus (Bamberger/Roth/ Müller BGB 2. Aufl. § 1906 Rdn. 9). Die Genehmigung einer Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB muss zudem erforderlich sein (vgl. Senatsbeschluss vom 23. Januar 2008 - XII ZB 185/07 - FamRZ 2008, 866, 867). Wenn die Gefahr durch andere Mittel als die freiheitsentziehende Unterbringung abgewendet werden kann, kommt eine Unterbringung als unverhältnismäßig nicht in Betracht (MünchKomm/Schwab BGB 5. Aufl. § 1906 Rdn. 18; Staudinger/ Bienwald BGB (2006) § 1906 Rdn. 25).

(1) Vor einer Unterbringungsmaßnahme hat eine förmliche Beweisaufnahme durch Einholung eines Gutachtens über die Notwendigkeit der Maßnahme stattzufinden. Der Sachverständige hat den Betroffenen vor der Erstattung des Gutachtens persönlich zu untersuchen oder zu befragen. Das Gutachten soll sich auch auf die voraussichtliche Dauer der Unterbringungsmaßnahme erstrecken. Der Sachverständige soll Arzt für Psychiatrie sein; er muss Arzt mit Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie sein. Bei der Genehmigung einer Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme oder bei deren Anordnung soll der Sachverständige nicht der zwangsbehandelnde Arzt sein.

(2) Für eine freiheitsentziehende Maßnahme nach § 312 Nummer 2 oder 4 genügt ein ärztliches Zeugnis.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn

1.
schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder
2.
eine Wiederholung konkret zu erwarten ist.

(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

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Das nach § 62 Abs. 1 FamFG erforderliche berechtigte Interesse der Betroffenen daran, die Rechtswidrigkeit der - hier durch Zeitablauf erledigten - Genehmigung der Unterbringung feststellen zu lassen, liegt vor. Eine freiheitsent- ziehende Maßnahme bedeutet stets einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff im Sinne des § 62 Abs. 2 Nr. 1 FamFG (Senatsbeschluss vom 30. Juli 2014 - XII ZB 169/14 - FamRZ 2014, 1694 Rn. 29).

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.

(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.

(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.