Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Sept. 2015 - XII ZB 500/14

bei uns veröffentlicht am16.09.2015
vorgehend
Landgericht Kiel, 3 T 249/14, 11.09.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 500/14
vom
16. September 2015
in der Betreuungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 1896 Abs. 1 a, 1908 d Abs. 1 Satz 1
Ein Antrag auf Aufhebung der Betreuung kann nur abgelehnt werden, wenn im
Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung sämtliche Voraussetzungen für die
Bestellung eines Betreuers noch vorliegen. Deshalb erfordert die Ablehnung
eines solchen Antrags die Feststellung, dass dem Betroffenen die Fähigkeit
fehlt, einen freien Willen i.S.v. § 1896 Abs. 1 a BGB zu bilden.
BGH, Beschluss vom 16. September 2015 - XII ZB 500/14 - LG Kiel
AG Bad Segeberg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. September 2015 durch
den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Schilling, Dr. Günter,
Dr. Nedden-Boeger und Dr. Botur

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 11. September 2014 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.
Beschwerdewert: 5.000 €

Gründe:


I.

1
Die Betroffene begehrt die Aufhebung der Betreuung, hilfsweise die Bestellung des Beteiligten zu 2, ihres Vaters, als Betreuer.
2
Im August 2011 wurde für die Betroffene, die an einer Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis erkrankt ist, mit deren Einverständnis nach Einholung eines mündlichen Sachverständigengutachtens eine Betreuung mit den Aufgabenkreisen Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung, Vermögensangelegenheiten und Vertretung gegenüber Behörden und anderen Institutionen eingerichtet und eine Berufsbetreuerin bestellt. In der Folgezeit wurde die Betroffene wiederholt geschlossen untergebracht. Im Juli 2012 erteilte die Betroffene dem Beteiligten zu 2 eine notarielle Vorsorgevollmacht.
3
Das Amtsgericht hat die frühere Betreuerin entlassen, den Beteiligten zu 1 zum Berufsbetreuer bestellt und den Umfang der Betreuung um den Aufgabenkreis des Widerrufs von Vollmachten erweitert. Gleichzeitig hat es den bei der durchgeführten Anhörung gestellten Antrag der Betroffenen auf Aufhebung der Betreuung oder Bestellung des Beteiligten zu 2 zum Betreuer abgelehnt.
4
Das Landgericht hat die hiergegen gerichtete Beschwerde der Betroffenen zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich ihre Rechtsbeschwerde.

II.

5
Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung des Verfahrens an das Landgericht.
6
1. Das Beschwerdegericht hat die Voraussetzungen für eineAufhebung der Betreuung nach § 1906 d Abs. 1 BGB verneint und eine Bestellung des Beteiligten zu 2 als Betreuer abgelehnt. Zur Begründung hat es folgendes ausgeführt :
7
Eine Betreuung der Betroffenen sei weiterhin erforderlich. Nach dem vorliegenden Gutachten des Sachverständigen Dr. R. leide die Betroffene an einer Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis, am ehesten an einer paranoi- den Psychose mit zunehmendem Residuum. Die Betroffene sei während ihres viermonatigen Aufenthalts bei ihren Eltern insgesamt zehnmal als verwirrte Person aufgegriffen worden. Aufgrund dieser Umstände sei offenkundig, dass die Betroffene der Unterstützung durch einen Betreuer bedürfe, weil sie selbst nicht in der Lage sei, ihre Angelegenheiten selbstständig zu erledigen.
8
Angesichts der Schwere der Erkrankung sei die Betroffene auch nicht imstande, in Bezug auf die Notwendigkeit der Betreuung einen freien Willen zu bilden, d. h. die für und wider die Betreuung sprechenden Umstände sachgerecht abzuwägen.
9
Die von der Betroffenen ihrem Vater erteilte Vorsorgevollmacht stehe der Bestellung eines Betreuers nicht entgegen, weil der Bevollmächtigte ungeeignet sei, die Interessen der Betroffenen ihrem Wohl entsprechend wahrzunehmen. Die Eltern der Betroffenen seien nicht bereit, die Schwere der Erkrankung ihrer Tochter zu akzeptieren.
10
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
11
a) Die Rechtsbeschwerde rügt zu Recht, dass die Instanzgerichte den Antrag der Betroffenen auf Aufhebung der Betreuung ohne ausreichende Feststellungen zu § 1896 Abs. 1 a BGB abgelehnt haben.
12
aa) Nach § 1908 d BGB ist die Betreuung aufzuheben, wenn ihre Voraussetzungen wegfallen. Daher kann ein Antrag auf Aufhebung der Betreuung nur abgelehnt werden, wenn im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung sämtliche Voraussetzungen für die Bestellung eines Betreuers noch vorliegen (MünchKommBGB/Schwab 6. Aufl. § 1908 d Rn. 3; BayObLG FamRZ 1998, 323). Der Wegfall nur einer dieser Voraussetzungen reicht für die Aufhebung der Betreuung aus (Jürgens/Jürgens Betreuungsrecht 5. Aufl. § 1908 d BGB Rn. 2). Da nach § 1896 Abs. 1 a BGB gegen den freien Willen des Volljährigen ein Betreuer nicht bestellt werden darf, ist bei der Ablehnung eines Antrags auf Aufhebung einer Betreuung erforderlich, festzustellen, dass der Betroffene nicht in der Lage ist, seinen Willen in den bestimmten Aufgabenkreisen frei zu bestimmen. Das Gericht hat daher festzustellen, ob der Betroffene trotz seiner Erkrankung noch zu einer freien Willensbestimmung fähig ist (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Februar 2011 - XII ZB 526/10 - FamRZ 2011, 630 Rn. 7 f.). Dabei müssen die Feststellungen zum Ausschluss der freien Willensbestimmung durch ein noch aktuelles Sachverständigengutachten belegt sein (vgl. Senatsbeschluss vom 22. Januar 2014 - XII ZB 632/12 - FamRZ 2014, 647 Rn. 9 mwN).
13
Die Begriffe der freien Willensbestimmung in § 1896 Abs. 1 a BGB und in § 104 Nr. 2 BGB sind, wie der Senat bereits entschieden hat (Senatsbeschlüsse vom 9. Februar 2011 - XII ZB 526/10 - FamRZ 2011, 630 Rn. 7 und vom 26. Februar 2014 - XII ZB 577/13 - FamRZ 2014, 830 Rn. 13), im Kern deckungsgleich. Die beiden entscheidenden Kriterien sind dabei die Einsichtsfähigkeit des Betroffenen und dessen Fähigkeit, nach dieser Einsicht zu handeln.
14
Einsichtsfähigkeit setzt die Fähigkeit des Betroffenen voraus, im Grundsatz die für und wider eine Betreuerbestellung sprechenden Gesichtspunkte zu erkennen und gegeneinander abzuwägen. Dabei dürfen jedoch keine überspannten Anforderungen an die Auffassungsgabe des Betroffenen gestellt werden. Auch der an einem Gebrechen im Sinne des § 1896 Abs. 1 BGB leidende Betroffene kann in der Lage sein, einen freien Willen zu bilden und ihn zu äußern. Erforderlich ist sein Verständnis, dass ein gesetzlicher Vertreter (§ 1902 BGB) bestellt wird, der eigenständige Entscheidungen in den ihm übertragenen Aufgabenbereichen treffen kann. Der Betroffene muss Grund, Bedeutung und Tragweite einer Betreuung intellektuell erfassen können (Senatsbeschluss vom 26. Februar 2014 - XII ZB 577/13 - FamRZ 2014, 830 Rn. 14). Die Einsichtsfähigkeit in den Grund der Betreuung setzt dabei denknotwendig voraus, dass der Betroffene seine Defizite wenigstens im Wesentlichen zutreffend einschätzen kann. Nur dann ist es ihm nämlich möglich, die für und gegen eine Betreuung sprechenden Umstände gegeneinander abzuwägen (Senatsbeschluss vom 9. Februar 2011 - XII ZB 526/10 - FamRZ 2011, 630 Rn. 8 mwN).
15
Ist der Betroffene zur Bildung eines klaren Urteils zur Problematik der Betreuerbestellung in der Lage, muss ihm weiter möglich sein, nach diesem Urteil zu handeln und sich dabei von den Einflüssen interessierter Dritter abzugrenzen (Senatsbeschluss vom 30. Juli 2014 - XII ZB 107/14 - FamRZ 2014, 1626 Rn. 14 mwN).
16
Beruht die Entscheidung des Betroffenen gegen die Bestellung eines Betreuers schließlich auf einer nach den vorgenannten Maßstäben freien Willensbildung , muss diese Entscheidung auch dann respektiert werden, wenn die Einrichtung einer Betreuung für den Betroffenen objektiv vorteilhaft wäre (Senatsbeschluss vom 22. Januar 2014 - XII ZB 632/12 - FamRZ 2014, 647 Rn. 10 mwN).
17
bb) Diesen Anforderungen wird die angegriffene Entscheidung nicht gerecht. Die Ausführungen des Beschwerdegerichts tragen die Annahme nicht, dass die Betroffene im Hinblick auf eine Betreuerbestellung keinen freien Willen bilden kann. Insoweit fehlt es an tragfähigen Feststellungen. Insbesondere ergibt sich aus dem vom Beschwerdegericht zur Begründung seiner Entscheidung in Bezug genommenen Gutachten des Sachverständigen Dr. R. nicht, ob die Betroffene zur Bildung eines freien Willens i.S.v. § 1896 Abs. 1 a BGB in der Lage ist. In diesem Gutachten, das lediglich zur Frage der Erforderlichkeit einer geschlossenen Unterbringung der Betroffenen eingeholt worden ist und im Üb- rigen zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung bereits über ein Jahr alt war, kommt der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass die Betroffene an einer psychischen Erkrankung leidet, die eine weitere Heilbehandlung im Rahmen einer geschlossenen Unterbringung erfordert. In diesem Zusammenhang führt der Sachverständige aus, dass die Betroffene die Notwendigkeit einer Unterbringung nicht sicher erkennen könne, da sie bedingt durch die ausgeprägte Ambivalenz widersprüchliche Gefühle und Impulse in sich trage und nur phasenweise eine Krankheitseinsicht bestehe. Ob der Betroffenen krankheitsbedingt die Fähigkeit fehlt, einen freien Willen zu bilden und die Bedeutung der Einrichtung einer Betreuung für ihre Lebensgestaltung zu erkennen, hat der Sachverständige damit nicht festgestellt. Weitere Feststellungen hat das Beschwerdegericht hierzu nicht getroffen. Soweit sich das Beschwerdegericht in seiner Begründung auf weitere gutachterliche Stellungnahmen bezieht, genügt dies ebenfalls nicht den Anforderungen an die Feststellung der Voraussetzungen des § 1896 Abs. 1 a BGB, weil die in der Verfahrensakte befindlichen Gutachten jeweils zur Erforderlichkeit einer Unterbringung der Betroffenen in einer geschlossenen Einrichtung eingeholt worden sind. Lediglich das vom Amtsgericht vor der erstmaligen Bestellung eines Betreuers eingeholte mündliche Gutachten der behandelnden Ärztin verhält sich zu der Betreuungsbedürftigkeit der Betroffenen und zum Betreuungsbedarf. Da die Betroffene zu diesem Zeitpunkt jedoch mit der Einrichtung einer Betreuung einverstanden war, finden sich in diesem Gutachten auch keine tragfähigen Feststellungen zu den Voraussetzungen des § 1896 Abs. 1 a BGB.
18
cc) Da die Betroffene bei ihrer Anhörung ausdrücklich die Aufhebung der Betreuung gewünscht hat, durfte ohne entsprechende Feststellungen zu § 1896 Abs. 1 a BGB die Betreuung nicht aufrechterhalten werden. Das gilt auch dann, wenn eine Betreuung für die Betroffene objektiv vorteilhaft wäre (vgl. Senatsbeschluss vom 14. März 2012 - XII ZB 502/11 - FamRZ 2012, 869 Rn. 19 mwN).
19
3. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung , zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).
20
4. Die Entscheidung ist daher insgesamt aufzuheben und, weil die Sache in tatsächlicher Hinsicht noch nicht ausreichend aufgeklärt ist, an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 74 Abs. 6 Satz 2 FamFG).
21
5. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
22
a) Zwar gelten für das Aufhebungsverfahren die §§ 278 Abs. 1, 280 FamFG, die die persönliche Anhörung des Betroffenen und die Einholung eines Sachverständigengutachtens vorschreiben, nicht. Die Durchführung eines Verfahrens auf Aufhebung einer Betreuung wird daher maßgebend von den Grundsätzen der Amtsermittlung (§ 26 FamFG) bestimmt. Nur nach den Maßstäben dieser Vorschrift bestimmt sich, ob im Einzelfall ein Sachverständigengutachten einzuholen ist (Senatsbeschluss vom 2. Februar 2011 - XII ZB 467/10 - FamRZ 2011, 556 Rn. 9 f.). Da im vorliegenden Fall jedoch bislang kein Sachverständigengutachten zu der Frage, ob die Betroffene krankheitsbedingt nicht in der Lage ist, einen freien Willen i.S.v. § 1896 Abs. 1 a BGB zu bilden, vorliegt, wird das Beschwerdegericht dies nachzuholen haben.
23
b) Soweit das Beschwerdegericht die Auffassung vertritt, der Beteiligte zu 2 wäre entgegen dem von der Betroffenen geäußerten Wunsch nicht zum Betreuer zu bestellen, weil er ungeeignet sei, dürfte die Amtsermittlungspflicht (§ 26 FamFG) eine Anhörung des Beteiligten zu 2 gebieten. Die Gründe, die möglicherweise einer Bestellung der vom Betroffenen als Betreuer benannten Person entgegenstehen, können regelmäßig nur verlässlich festgestellt werden, wenn das Gericht der benannten Person Gelegenheit gegeben hat, zu diesen Gründen Stellung zu nehmen (vgl. Senatsbeschluss vom 14. August 2013 - XII ZB 206/13 - NJW-RR 2013, 1473 Rn. 11 mwN).
24
c) Schließlich wird das Beschwerdegericht im weiteren Verfahren auch die Verfahrenspflegerin zu beteiligen haben (vgl. Senatsbeschluss vom 1. Oktober 2014 - XII ZB 462/14 - FamRZ 2015, 44 Rn. 7). Dose Schilling Günter Nedden-Boeger Botur
Vorinstanzen:
AG Bad Segeberg, Entscheidung vom 08.08.2014 - 3 XVII 8732 -
LG Kiel, Entscheidung vom 11.09.2014 - 3 T 249/14 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Sept. 2015 - XII ZB 500/14

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Referenzen - Gesetze

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 74 Entscheidung über die Rechtsbeschwerde


(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 26 Ermittlung von Amts wegen


Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 104 Geschäftsunfähigkeit


Geschäftsunfähig ist:1.wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat,2.wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorüberge

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 278 Persönliche Anhörung des Betroffenen


(1) Das Gericht hat den Betroffenen vor der Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts persönlich anzuhören und dessen Wünsche zu erfragen. Es hat sich einen persönlichen Eindruck von dem Betroffenen zu verschaffen. D
Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Sept. 2015 - XII ZB 500/14 zitiert 5 §§.

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7
Dabei ist der Begriff der freien Willensbestimmung im Sinne des § 1896 Abs. 1 a BGB und des § 104 Nr. 2 BGB im Kern deckungsgleich. Die beiden entscheidenden Kriterien sind dabei die Einsichtsfähigkeit des Betroffenen und dessen Fähigkeit, nach dieser Einsicht zu handeln. Fehlt es an einem dieser beiden Elemente, liegt kein freier, sondern ein natürlicher Wille vor. Einsichtsfähigkeit setzt die Fähigkeit des Betroffenen voraus, im Grundsatz die für und wider eine Betreuerbestellung sprechenden Gesichtspunkte zu erkennen und gegeneinander abzuwägen. Dabei dürfen jedoch keine überspannten Anforderungen an die Auffassungsgabe des Betroffenen gestellt werden. Auch der an einem Gebrechen im Sinne des § 1896 Abs. 1 BGB leidende Betroffene kann in der Lage sein, einen freien Willen zu bilden und ihn zu äußern. Abzustellen ist jeweils auf das Krankheitsbild des Betroffenen. So vermag ein an einer Psychose erkrankter Betroffener das Wesen und die Bedeutung einer Betreuung im Detail eher zu begreifen als der an einer Demenz leidende Betroffene. Wichtig ist das Verständnis, dass ein gesetzlicher Vertreter (§ 1902 BGB) bestellt wird, der eigenständige Entscheidungen in den ihm übertragenen Aufgabenbereichen treffen kann. Der Betroffene muss Grund, Bedeutung und Tragweite einer Betreuung intellektuell erfassen können (BT-Drucks. 15/2494 S. 28).
9
Die Feststellungen zum Ausschluss der freien Willensbestimmung müssen durch ein Sachverständigengutachten belegt sein (Senatsbeschlüsse vom 14. März 2012 - XII ZB 502/11 - FamRZ 2012, 869 Rn. 16 und vom 16. Mai 2012 - XII ZB 584/11 - FamRZ 2012, 1210 Rn. 11; MünchKommBGB/Schwab 6. Aufl. § 1896 Rn. 27; Jürgens Betreuungsrecht 4. Aufl. § 1896 Rn. 13).

Geschäftsunfähig ist:

1.
wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat,
2.
wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist.

7
Dabei ist der Begriff der freien Willensbestimmung im Sinne des § 1896 Abs. 1 a BGB und des § 104 Nr. 2 BGB im Kern deckungsgleich. Die beiden entscheidenden Kriterien sind dabei die Einsichtsfähigkeit des Betroffenen und dessen Fähigkeit, nach dieser Einsicht zu handeln. Fehlt es an einem dieser beiden Elemente, liegt kein freier, sondern ein natürlicher Wille vor. Einsichtsfähigkeit setzt die Fähigkeit des Betroffenen voraus, im Grundsatz die für und wider eine Betreuerbestellung sprechenden Gesichtspunkte zu erkennen und gegeneinander abzuwägen. Dabei dürfen jedoch keine überspannten Anforderungen an die Auffassungsgabe des Betroffenen gestellt werden. Auch der an einem Gebrechen im Sinne des § 1896 Abs. 1 BGB leidende Betroffene kann in der Lage sein, einen freien Willen zu bilden und ihn zu äußern. Abzustellen ist jeweils auf das Krankheitsbild des Betroffenen. So vermag ein an einer Psychose erkrankter Betroffener das Wesen und die Bedeutung einer Betreuung im Detail eher zu begreifen als der an einer Demenz leidende Betroffene. Wichtig ist das Verständnis, dass ein gesetzlicher Vertreter (§ 1902 BGB) bestellt wird, der eigenständige Entscheidungen in den ihm übertragenen Aufgabenbereichen treffen kann. Der Betroffene muss Grund, Bedeutung und Tragweite einer Betreuung intellektuell erfassen können (BT-Drucks. 15/2494 S. 28).

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Ulm vom 26. September 2013 wird zurückgewiesen.

Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei.

Beschwerdewert: 5.000 €

Gründe

I.

1

Die 60jährige Betroffene leidet an einer rezidivierenden depressiven Störung bei gegenwärtig leichter Episode mit somatischem Syndrom. Ihr geschiedener Ehemann betreibt die Teilungsversteigerung eines im gemeinsamen Eigentum beider stehenden, mit einem Doppelhaus bebauten Grundstücks, dessen eine Hälfte die Betroffene bewohnt, während die andere Doppelhaushälfte leer steht. Den hiergegen gerichteten Antrag der Betroffenen auf Einstellung des Verfahrens gemäß § 765 a ZPO wies das Amtsgericht als unbegründet zurück. Auf die Beschwerde der Betroffenen hat das Landgericht nach Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens angenommen, dass die Betroffene wegen einer psychischen Erkrankung im Hinblick auf das Teilungsversteigerungsverfahren nicht prozessfähig sei, und die Sachentscheidung zurückgestellt, bis das Verfahren durch einen Betreuer aufgenommen sei. Zugleich hat es die Einleitung des Betreuungsverfahrens angeregt.

2

Das Notariat - Betreuungsgericht - hat daraufhin für die Betroffene eine Betreuung mit dem Aufgabenkreis der Vertretung in dem Teilungsversteigerungsverfahren und in den damit im Zusammenhang stehenden Beschwerdeverfahren angeordnet und die Beteiligte zu 2 zur Berufsbetreuerin bestellt. Das Landgericht hat die dagegen gerichtete Beschwerde der Betroffenen zurückgewiesen; hiergegen richtet sich ihre Rechtsbeschwerde.

II.

3

Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.

4

1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Die Betroffene, die ihre psychische Erkrankung nicht in Abrede stelle, sei unbeirrbar darauf fixiert, im noch anhängigen familiengerichtlichen Verfahren einen hohen Ausgleichsanspruch gegen ihren geschiedenen Ehemann sowie die Aufhebung des aus ihrer Sicht unberechtigten Teilungsversteigerungsverfahrens zu erreichen. Dabei sei sie nicht mehr in der Lage, zwischen den einzelnen Verfahren zu unterscheiden, und allein von dem Gedanken beseelt, ihrem geschiedenen Ehemann unredliches und schikanöses Verhalten nachzuweisen. Sie habe sich auch nicht damit auseinanderzusetzen vermocht, dass es unabhängig von dem Konflikt mit dem geschiedenen Ehemann im Betreuungsverfahren allein darum gehe, ihr hilfreich zur Seite zu stehen. Sie sehe in jeder Maßnahme, die nicht in eine unmittelbare Beendigung des Teilungsversteigerungsverfahrens münde, eine weitere Beeinträchtigung bzw. Demütigung. Damit im Einklang stehe auch der Umstand, dass sie nach eigenen Angaben bislang fünf Rechtsanwälte beauftragt, das Mandat aber wegen unzureichender Unterstützung und Wahrung ihrer Interessen wieder entzogen habe. Zwar habe sich eine wahnhafte Störung oder affektive Psychose, wie vom Gutachter im Teilungsversteigerungsverfahren angenommen, nicht sicher erhärten lassen, jedoch eine rezidivierende depressive Störung mit somatischem Syndrom.

5

Der Betreuung stehe auch nicht entgegen, dass diese in erster Linie dem Zweck diene, das Teilungsversteigerungsverfahren weiterführen zu können. Der Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes gebiete es, der Partei eines gerichtlichen Verfahrens die Möglichkeit einzuräumen, ihre Forderung auch gegen eine prozessunfähige Partei durchzusetzen. Um die erforderliche ordnungsgemäße Vertretung der prozessunfähigen Partei im Prozess zu gewährleisten, bedürfe es der Bestellung eines Betreuers. Andernfalls befände sich das Teilungsversteigerungsverfahren in einem nicht hinnehmbaren Schwebezustand. Eine Einsichts- und Steuerungsfähigkeit der Betroffenen sei im Zusammenhang mit der Teilungsversteigerung nicht mehr gegeben; insoweit sei ihr Wille unfrei.

6

2. Die angefochtene Entscheidung hält einer rechtlichen Nachprüfung stand.

7

a) Gemäß § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB bestellt das Betreuungsgericht einen Betreuer, wenn ein Volljähriger auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen kann.

8

Nach den getroffenen Feststellungen ist die Betroffene nicht in der Lage, ihre Angelegenheiten in Bezug auf das Teilungsversteigerungsverfahren selbst zu besorgen, und bedarf insoweit der Betreuung.

9

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hängt der Betreuungsbedarf nicht davon ab, ob Prozessunfähigkeit für das Teilungsversteigerungsverfahren angenommen werden kann. Denn selbst wenn die von der Betroffenen in dem Verfahren abgegebenen Erklärungen als wirksam erachtet werden müssten, ist ihr Denken diesbezüglich eingeengt und bedarf deshalb der Unterstützung durch einen Betreuer. Die Betreuerbestellung dient nämlich nicht nur der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes, der es gebietet, dem Prozessgegner die Möglichkeit einzuräumen, seine Ansprüche auch gegen eine prozessunfähige Partei durchzusetzen (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Januar 2011 - XII ZB 326/10 - FamRZ 2011, 465 Rn. 11 mwN), sondern auch dazu, der Betroffenen bei der Stellung eigener Schutzanträge zur Seite zu stehen.

10

b) Gegen den freien Willen eines Volljährigen darf ein Betreuer allerdings nicht bestellt werden (§ 1896 Abs. 1 a BGB).

11

aa) Ob der Betroffene in der Lage ist, einen freien Willen hinsichtlich der Einrichtung der Betreuung zu bilden, bedarf einer eigenen tatrichterlichen Prüfung. Denn die Bestellung eines Betreuers gegen den freien Willen des Betroffenen verletzt sein Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG (Senatsbeschluss vom 9. Februar 2011 - XII ZB 526/10 - FamRZ 2011, 630 Rn. 4; BVerfG FamRZ 2010, 1624 Rn. 43).

12

Die Prüfung, ob ein freier Wille entgegensteht, ist auch dann vorzunehmen, wenn die Betreuung für den Betroffenen objektiv vorteilhaft wäre (vgl. Senatsbeschluss vom 14. März 2012 - XII ZB 502/11 - FamRZ 2012, 869 Rn. 19). Denn jeder hat das Recht, sein Leben nach seinen frei gebildeten Vorstellungen zu gestalten, soweit nicht Rechte Dritter oder andere mit Verfassungsrang ausgestattete Rechtsgüter betroffen sind (Art. 2 Abs. 1 GG). Ist Letzteres nicht der Fall, hat der Staat nicht das Recht, den zur freien Willensbestimmung fähigen Betroffenen zu erziehen, zu bessern oder zu hindern, sich selbst zu schädigen. Eine Betreuerbestellung gegen den freien Willen des Betroffenen stellt einen Eingriff in die Würde des Betroffenen dar, der zu unterlassen oder zu beseitigen ist (BT-Drucks. 15/2494 S. 28).

13

bb) Der Begriff der freien Willensbestimmung im Sinne des § 1896 Abs. 1 a BGB und des § 104 Nr. 2 BGB ist, wie der Senat bereits entschieden hat (Senatsbeschluss vom 9. Februar 2011 - XII ZB 526/10 - FamRZ 2011, 630 Rn. 7), im Kern deckungsgleich. Die beiden entscheidenden Kriterien sind dabei die Einsichtsfähigkeit des Betroffenen und dessen Fähigkeit, nach dieser Einsicht zu handeln.

14

Einsichtsfähigkeit im Sinne des § 1896 Abs. 1 a BGB setzt die Fähigkeit des Betroffenen voraus, im Grundsatz die für und wider eine Betreuerbestellung sprechenden Gesichtspunkte zu erkennen und gegeneinander abzuwägen. Dabei dürfen jedoch keine überspannten Anforderungen an die Auffassungsgabe des Betroffenen gestellt werden. Auch der an einem Gebrechen im Sinne des § 1896 Abs. 1 BGB leidende Betroffene kann in der Lage sein, einen freien Willen zu bilden und ihn zu äußern. Erforderlich ist sein Verständnis, dass ein gesetzlicher Vertreter bestellt wird, der eigenständige Entscheidungen in den ihm übertragenen Aufgabenbereichen treffen kann. Der Betroffene muss dabei Grund, Bedeutung und Tragweite einer Betreuung intellektuell erfassen können.

15

Die Einsichtsfähigkeit in den Grund der Betreuung setzt denknotwendig voraus, dass der Betroffene seine Defizite wenigstens im Wesentlichen zutreffend einschätzen kann. Nur dann ist es ihm nämlich möglich, die für und gegen eine Betreuung sprechenden Umstände gegeneinander abzuwägen (Senatsbeschluss vom 9. Februar 2011 - XII ZB 526/10 - FamRZ 2011, 630 Rn. 8).

16

Handlungsfähigkeit als weitere Voraussetzung der freien Willensbestimmung liegt vor, wenn der Betroffene imstande ist, nach der gewonnenen Erkenntnis zu handeln, also die sich daraus ergebenden Schlüsse in Bezug auf die Einrichtung einer Betreuung umzusetzen.

17

cc) Den krankheitsbedingten Mangel des freien Willens hat das sachverständig beratene Gericht festzustellen. Die tatrichterliche Beurteilung kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur daraufhin überprüft werden, ob der Tatrichter die maßgebenden Tatsachen vollständig und fehlerfrei festgestellt und gewürdigt hat, von ihm Rechtsbegriffe verkannt oder Erfahrungssätze verletzt wurden und er die allgemein anerkannten Maßstäbe berücksichtigt und richtig angewandt hat.

18

dd) Rechtserhebliche Mängel der vorbezeichneten Art liegen hier nicht vor.

19

Das Landgericht ist in Übereinstimmung mit den Schlussfolgerungen des Sachverständigengutachtens davon ausgegangen, dass die Betroffene nicht mehr in der Lage sei, ihren Willen, was das Teilungsversteigerungsverfahren betrifft, frei zu bilden. Aufgrund ihrer psychischen Erkrankung könne sie zwischen den einzelnen Verfahren nicht mehr unterscheiden, sondern sehe in jeder Maßnahme, die nicht in eine unmittelbare Beendigung des Teilungsversteigerungsverfahrens münde, eine weitere Beeinträchtigung bzw. Demütigung.

20

Damit fehlt es, selbst wenn die Betroffene imstande sein sollte, Grund, Bedeutung und Tragweite der Betreuung intellektuell zu erfassen, jedenfalls an ihrer Handlungsfähigkeit als weitere Voraussetzung der freien Willensbestimmung. Denn nach den getroffenen Feststellungen vermag sich die Betroffene nicht damit auseinanderzusetzen, dass es im Betreuungsverfahren allein darum geht, ihr hilfreich zur Seite zu stehen. Das Landgericht ist deshalb zu Recht davon ausgegangen, dass die Betroffene nicht imstande ist, die sich aus einer möglichen Einsicht ergebenden Schlüsse in Bezug auf die Einrichtung einer Betreuung umzusetzen und ihr Wille deshalb nicht nur in Bezug auf das Teilungsversteigerungsverfahren als solches, sondern auch in Bezug auf die Einrichtung der Betreuung unfrei ist.

Dose                               Weber-Monecke                     Schilling

           Nedden-Boeger                                 Guhling

7
Dabei ist der Begriff der freien Willensbestimmung im Sinne des § 1896 Abs. 1 a BGB und des § 104 Nr. 2 BGB im Kern deckungsgleich. Die beiden entscheidenden Kriterien sind dabei die Einsichtsfähigkeit des Betroffenen und dessen Fähigkeit, nach dieser Einsicht zu handeln. Fehlt es an einem dieser beiden Elemente, liegt kein freier, sondern ein natürlicher Wille vor. Einsichtsfähigkeit setzt die Fähigkeit des Betroffenen voraus, im Grundsatz die für und wider eine Betreuerbestellung sprechenden Gesichtspunkte zu erkennen und gegeneinander abzuwägen. Dabei dürfen jedoch keine überspannten Anforderungen an die Auffassungsgabe des Betroffenen gestellt werden. Auch der an einem Gebrechen im Sinne des § 1896 Abs. 1 BGB leidende Betroffene kann in der Lage sein, einen freien Willen zu bilden und ihn zu äußern. Abzustellen ist jeweils auf das Krankheitsbild des Betroffenen. So vermag ein an einer Psychose erkrankter Betroffener das Wesen und die Bedeutung einer Betreuung im Detail eher zu begreifen als der an einer Demenz leidende Betroffene. Wichtig ist das Verständnis, dass ein gesetzlicher Vertreter (§ 1902 BGB) bestellt wird, der eigenständige Entscheidungen in den ihm übertragenen Aufgabenbereichen treffen kann. Der Betroffene muss Grund, Bedeutung und Tragweite einer Betreuung intellektuell erfassen können (BT-Drucks. 15/2494 S. 28).
19
c) Da die Betroffene bei ihren Anhörungen mehrmals geäußert hat, dass sie eine Wahrnehmung ihrer Angelegenheiten durch den von ihr bevollmächtigten Betroffenen zu 1 möchte, durfte ohne entsprechende Feststellungen zu § 1896 Abs. 1 a BGB gegen ihren ausdrücklich erklärten Willen keine Betreuung angeordnet werden. Das gilt auch dann, wenn eine Betreuung für den Betroffenen objektiv vorteilhaft wäre (MünchKommBGB/Schwab 6. Aufl. § 1896 Rn. 35; Palandt/Diederichsen BGB 71. Aufl. § 1896 BGB Rn. 4).

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.

(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.

(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

9
1. a) Gemäß § 294 Abs. 1 FamFG gelten für die Aufhebung der Betreuung die §§ 279, 288 Abs. 2 Satz 1 FamFG entsprechend. Nicht erfasst werden von der Verweisung § 278 Abs. 1 FamFG und § 280 FamFG, die die persönliche Anhörung des Betroffenen und die Einholung eines Sachverständigengutachtens vorschreiben. Es verbleibt insoweit bei den allgemeinen Verfahrensregeln (Keidel/Budde FamFG 16. Aufl. § 294 Rn. 1).

Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

11
Die Betroffene hat im Beschwerdeverfahren ausdrücklich auf die zugunsten ihres Vaters bestellte Vorsorgevollmacht hingewiesen, sich gegen die Einrichtung einer Betreuung ausgesprochen und ausdrücklich den Wunsch geäußert , dass ihr Vater zum Betreuer bestellt wird, falls das Gericht eine Betreuung für erforderlich hält. Zutreffend weist die Rechtsbeschwerde auch darauf hin, dass der Verfahrensbevollmächtigte der Betroffenen im Beschwerdeverfahren ausführlich zu dem Vorbringen der Betreuerin und der Verfahrenspflegerin zum Verhältnis der Betroffenen zu ihrem Vater Stellung genommen hat. Das Beschwerdegericht wäre deshalb gehalten gewesen, weitere Ermittlungen durchzuführen (§ 26 FamFG). Insbesondere wird der Tatrichter die Gründe, die möglicherweise einer Bestellung der vom Betroffenen als Betreuer benannten Person entgegenstehen, regelmäßig nur verlässlich feststellen können, wenn er der benannten Person Gelegenheit gegeben hat, zu diesen Gründen Stellung zu nehmen. Es verstößt gegen den Amtsermittlungsgrundsatz, wenn der Tatrichter in seiner Entscheidung ausdrücklich die Eignung der benannten Per- son zum Betreueramt in Zweifel zieht und sich hierbei auf Mitteilungen Dritter beruft, ohne zuvor die als Betreuer vorgeschlagene Person zu den von Dritten mitgeteilten Tatsachen anzuhören (vgl. Senatsbeschluss vom 15. Dezember 2010 - XII ZB 165/10 - FamRZ 2011, 285 Rn. 17).

Tenor

Dem Betroffenen wird gegen die Versäumung der Fristen zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Tübingen vom 3. Juni 2014 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird der vorgenannte Beschluss aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.

Beschwerdewert: 5.000 €

Gründe

I.

1

Der Betroffene wendet sich gegen die Anordnung seiner Betreuung.

2

Das Betreuungsgericht (Notariat) hat dem Betroffenen mit Beschluss vom 8. August 2012 für die Aufgabenkreise persönliche Angelegenheiten, insbesondere Sorge für die Pflege und Gesundheit einschließlich Zustimmung zu ärztlichen Maßnahmen und Behandlungen, Aufenthaltsbestimmung einschließlich Entscheidung über eine Unterbringung oder unterbringungsähnliche Maßnahme, vermögensrechtliche Angelegenheiten einschließlich Geltendmachung von Renten-, Unterhalts- und Sozialhilfeansprüchen und Wohnungsangelegenheiten einen Betreuer, den Beteiligten zu 1, bestellt. Den Termin zur Überprüfung der Betreuung hat das Betreuungsgericht auf den 8. August 2014 bestimmt. Das Landgericht hat die Beschwerde des Betroffenen mit Beschluss vom 3. Juni 2014 zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich dieser mit seiner Rechtsbeschwerde.

II.

3

Die Rechtsbeschwerde ist begründet.

4

1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, es sei nicht zu verantworten, den Betroffenen ohne fremde Hilfe sich selbst zu überlassen. Dabei sei zum einen die nach dem vorliegenden Gutachten des Gesundheitsamts diagnostizierte psychische Erkrankung (die insbesondere dazu führe, dass der Betroffene seine gesundheitliche Situation völlig realitätsfern einschätze) und zum anderen die schwere, lebensbedrohliche Erkrankung des Betroffenen (Entzündung an den Unterschenkeln; gravierende Herzerkrankung) zu berücksichtigen. Aus der Dokumentation seines Gesundheitszustands ergebe sich, dass er selbst nicht in der Lage gewesen sei, für die grundlegenden Entscheidungen, zum Beispiel das Bestehen einer Krankenversicherung und die körperliche Hygiene sowie die unerlässliche ärztliche Behandlung der bei ihm aufgetretenen Beschwerden und Erkrankungen, zu sorgen. Die Notwendigkeit, den dadurch bedingten Defiziten in der Handlungsfähigkeit des Betroffenen durch Bestellung eines Berufsbetreuers zu begegnen, ergebe sich aus den "erschreckenden tatsächlichen und Gesundheitsumständen des Betroffenen."

5

Nachdem der Betroffene selbst Beschwerde eingelegt, die Hinzuziehung eines Fachanwaltes angekündigt sowie bei der kurzen persönlichen Anhörung den Eindruck hinterlassen habe, dass er zur Wahrnehmung seiner Rechte in der Lage sei, sei die beim Betreuungsgericht bestellte Verfahrenspflegerin für das Beschwerdeverfahren nicht mehr hinzuzuziehen gewesen, zumal der Betroffene mit ihrer Einschätzung nicht zufrieden gewesen sei.

6

2. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Rechtsbeschwerde nicht stand.

7

a) Zutreffend rügt die Rechtsbeschwerde, dass das Beschwerdegericht die vom Betreuungsgericht bestellte Verfahrenspflegerin in verfahrensfehlerhafter Weise nicht am Beschwerdeverfahren beteiligt hat.

8

Gemäß § 276 Abs. 5 FamFG endet die Bestellung des Verfahrenspflegers, sofern sie nicht vorher aufgehoben wird, mit der Rechtskraft der Endentscheidung oder mit dem sonstigen Abschluss des Verfahrens.

9

Dementsprechend hätte das Landgericht die Verfahrenspflegerin im Beschwerdeverfahren beteiligen müssen; eine Entpflichtung der Verfahrenspflegerin ist weder festgestellt noch ersichtlich. Im Übrigen wäre eine Aufhebung der Bestellung gemäß § 276 Abs. 4 FamFG auch nicht mit der Begründung möglich gewesen, der Betroffene habe angekündigt, einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen. Denn § 276 Abs. 4 FamFG setzt voraus, dass der Verfahrensbevollmächtigte bereits beauftragt worden ist.

10

Hinzu kommt schließlich, dass die Verfahrenspflegerin neben dem Betroffenen selbst Beschwerde eingelegt hat und damit von ihrem gemäß § 303 Abs. 3 FamFG bestehenden Beschwerderecht Gebrauch gemacht hat.

11

b) Auch die weitere Verfahrensrüge der Rechtsbeschwerde, wonach die erforderliche Sachkunde der Sachverständigen nicht belegt ist, ist begründet.

12

Gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 FamFG soll der in einem Betreuungsverfahren mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragte Sachverständige Arzt für Psychiatrie oder Arzt mit Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie sein. Ergibt sich die Qualifikation nicht ohne Weiteres aus der Fachbezeichnung des Arztes, ist seine Sachkunde vom Gericht zu prüfen und in der Entscheidung darzulegen (Senatsbeschluss vom 7. August 2013 - XII ZB 188/13 - FamRZ 2013, 1800 Rn. 6 mwN).

13

Weder das vom Landgericht in Bezug genommene Sachverständigengutachten noch die Entscheidung des Landgerichts enthalten Angaben bzw. Feststellungen zu der erforderlichen Sachkunde der Gutachterin im Sinne von § 280 Abs. 1 Satz 2 FamFG.

14

c) Die weitere Rüge der Rechtsbeschwerde, das Sachverständigengutachten enthalte keine sichere fachliche Diagnose, greift ebenfalls durch.

15

aa) Dem gemäß § 280 FamFG einzuholenden Sachverständigengutachten muss mit hinreichender Sicherheit zu entnehmen sein, dass die Voraussetzungen für die Anordnung einer Betreuung nach § 1896 BGB vorliegen; eine Verdachtsdiagnose genügt nicht (Senatsbeschluss vom 16. Mai 2012 - XII ZB 584/11 - FamRZ 2012, 1210 Rn. 7).

16

bb) Diesen Anforderungen wird das von den Instanzgerichten eingeholte Sachverständigengutachten nicht gerecht.

17

Zutreffend verweist die Rechtsbeschwerde darauf, das Sachverständigengutachten beschränke sich auf die Feststellung, dass ein "begründeter Demenzverdacht ohne nähere Diagnostik" bestehe. Diese Feststellung vermag die Voraussetzungen für eine Betreuung nach § 1896 BGB nicht zu begründen.

18

3. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen, § 74 Abs. 7 FamFG.

19

4. Gemäß § 74 Abs. 5 FamFG ist der angefochtene Beschluss aufzuheben. Eine abschließende Entscheidung in der Sache gemäß § 74 Abs. 6 Satz 1 FamFG ist dem Senat nicht möglich, da diese wegen der durch das Beschwerdegericht noch durchzuführenden Ermittlungen nicht zur Endentscheidung reif ist.

20

Die Zurückverweisung wird dem Beschwerdegericht Gelegenheit geben, auch die von ihm getroffenen Feststellungen zum freien Willen des Betroffenen im Sinne von § 1896 Abs. 1 a BGB auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens einer Überprüfung zu unterziehen (vgl. dazu etwa Senatsbeschluss vom 22. Januar 2014 - XII ZB 632/12 - FamRZ 2014, 647 Rn. 6 ff.). Insoweit wird sich das Beschwerdegericht auch die Frage vorlegen müssen, ob die über einen längeren Zeitraum geführte Korrespondenz zwischen dem Betroffenen und dem Vorsitzenden der Beschwerdekammer die Fähigkeit des Betroffenen zur Abgabe inhaltlich strukturierter Stellungnahmen nahelegt. Zudem hat das Beschwerdegericht selbst ausgeführt, der Betroffene habe bei seiner persönlichen Anhörung den Eindruck hinterlassen, dass er zur Wahrnehmung seiner Rechte in der Lage sei. Dies könnte ein gewichtiger Anhaltspunkt dafür sein, dass der Betroffene jedenfalls zwischenzeitlich in der Lage ist, einen freien Willen im Sinne des § 1896 Abs. 1 a BGB zu bilden (vgl. auch Senatsbeschluss vom 22. Januar 2014 - XII ZB 632/12 - FamRZ 2014, 647 Rn. 12 f.).

Dose                                Weber-Monecke                          Schilling

            Nedden-Boeger                                   Guhling