Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Dez. 2012 - XII ZB 670/10

bei uns veröffentlicht am05.12.2012
vorgehend
Amtsgericht Linz am Rhein, 4 F 87/10, 28.07.2010
Oberlandesgericht Koblenz, 13 UF 596/10, 17.11.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
BESCHLUSS
XII ZB 670/10 Verkündet am:
5. Dezember 2012
Kirchgeßner,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Genügt der Unterhaltsberechtigte seiner aktuellen Erwerbsobliegenheit, kann ihm für
die Vergangenheit nicht vorgehalten werden, er hätte konkrete Bewerbungsbemühungen
entfalten müssen, um den jetzt eingetretenen ehebedingten Nachteil zu
kompensieren.
BGH, Beschluss vom 5. Dezember 2012 - XII ZB 670/10 - OLG Koblenz
AG Linz am Rhein
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. Dezember 2012 durch den
Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Schilling, Dr. Günter, Dr. NeddenBoeger
und Dr. Botur

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des 13. Zivilsenates - 1. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Koblenz vom 17. November 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Beschwerdegericht den Unterhalt der Antragsgegnerin bis Ende 2014 befristet hat. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde , an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Gründe:

I.

1
Der Antragsteller begehrt die Befristung des durch Vergleich geregelten Anspruchs auf nachehelichen Unterhalts der Antragsgegnerin.
2
Die Beteiligten schlossen 1989 die Ehe. Sie adoptierten ein im März 1996 geborenes Kind. Die Antragsgegnerin ist seit Juli 1991 Versicherungsfachwirtin und arbeitete bis 1995 als Sachbearbeiterin bei verschiedenen Versicherungsunternehmen. Nach der Adoption des Kindes setzte sie ihre Erwerbstätigkeit aus. Sie ist nunmehr als städtische Schulsekretärin mit 31 Wochen- stunden beschäftigt. Die Ehe ist seit September 2004 geschieden. Mit gerichtlichem Vergleich vom 28. September 2004 verpflichtete sich der Antragsteller, an die Antragsgegnerin einen monatlichen nachehelichen Unterhalt von 1.800 € zuzüglich weiteren 128 € Altersvorsorgeunterhalt zu zahlen. Zu Beginn des Jahres 2008 schlossen die Beteiligten eine außergerichtliche Vereinbarung, mit der sie den Vergleich dahingehend abänderten, dass ab März 2008 lediglich noch Unterhalt von 1.500 € zuzüglich 128 € Altersvorsorgeunterhalt zu zahlen sei. Der Unterhalt sollte bis zu dem Monat gezahlt werden, in dem der gemeinsame Sohn das 14. Lebensjahr vollendete, also bis März 2010. Nach Ablauf des genannten Zeitraums sollten sich die Unterhaltsansprüche nach den gesetzlichen Vorschriften richten.
3
Der Antragsteller hat beantragt, den gerichtlichen Vergleich dahin abzuändern , dass er ab April 2010 keinen nachehelichen Unterhalt mehr zu zahlen hat, da die Antragsgegnerin keine ehebedingten Nachteile erlitten habe. Dem ist die Antragsgegnerin entgegengetreten.
4
Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Auf die Beschwerde des Antragstellers hat das Oberlandesgericht den Vergleich dahin abgeändert, dass er an die Antragsgegnerin ab 1. April 2010 Ehegattenunterhalt in Höhe von 1.310 € einschließlich eines Altersvorsorgeunterhalts von 128 € monatlich zu zahlen hat und der Unterhaltsanspruch mit Ablauf des Monats Dezember 2014 endet. Hiergegen richtet sich die für die Zeit ab 1. Januar 2015 zugelassene Rechtsbeschwerde, mit der die Antragsgegnerin ihr Begehren auf unbefristeten Unterhalt weiter verfolgt.

II.

5
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet. Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Beschwerdebeschlusses und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
6
Die vom Beschwerdegericht auf den Unterhaltszeitraum ab 1. Januar 2015 beschränkte Zulassung der Rechtsbeschwerde und die damit einhergehende Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin sind zulässig (vgl.Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 Rn. 10).
7
1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Der Abänderungsantrag sei nach § 239 FamFG zulässig. Dies folge schon daraus , dass der Vergleich aus dem Jahre 2004 datiere und inzwischen die Unterhaltsreform in Kraft getreten sei. Dabei spiele es keine Rolle, dass die Parteien noch Anfang des Jahres 2008 durch eine private Vereinbarung den Titel modifiziert hätten. Abänderungsgegenstand sei allein der gerichtliche Vergleich. Der Antragsteller sei auch nicht mit seinem Einwand, die Unterhaltspflicht zu befristen , präkludiert. Zwar treffe es zu, dass der Vergleich nach Inkrafttreten der Unterhaltsreform geändert worden sei. Die entsprechende Vereinbarung habe sich aber erkennbar mit einem anderen Tatbestand befasst, nämlich dem Betreuungsunterhalt , der nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht der Befristungsmöglichkeit nach § 1578 b BGB unterliege. Aufgrund der Vereinbarung sei klargestellt gewesen, dass Betreuungsunterhalt bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres des gemeinsamen Sohnes geschuldet sein sollte. Zudem sei vereinbart gewesen, dass die Antragsgegnerin ohne Anrechnung hinzuverdienen könne. Letztlich werde durch den Passus in der Vereinbarung, nach Ablauf des genannten Zeitraums richteten sich eventuelle Unterhaltsansprüche nach den gesetzlichen Vorschriften, auch ausdrücklich die Abänderungsmöglichkeit eröffnet.
8
Die Auffassung des Amtsgerichts, der Abänderungsantrag sei unschlüssig , sei nicht haltbar, jedenfalls wenn der Antragsteller, wie hier, ausdrücklich seine unbegrenzte Leistungsfähigkeit einräume. Soweit er sich nicht zu seinen Einkommensverhältnissen erkläre, seien diese bei der gebotenen Billigkeitsabwägung in außergewöhnlicher Höhe zu unterstellen. Ohnehin sei hier aufgrund des Vortrags und des Antrags der Antragsgegnerin naheliegend, dass eine Herabsetzung auf den angemessenen Bedarf nicht streitig gewesen sei. Unabhängig davon habe die Antragsgegnerin in erster Instanz einer Reduzierung auf 1.400 € zugestimmt. Es komme nur ein Aufstockungsunterhalt nach § 1573 BGB in Betracht. Da der Anspruch zunächst auf den "eheangemessenen" Lebensbedarf zu begrenzen und dann zu befristen sei, komme es auf die aktuellen Einkommensverhältnisse des Antragstellers nicht an und auch nicht auf seine Familienverhältnisse, weil einerseits kein Quotenunterhalt geschuldet sei und andererseits seine Leistungsfähigkeit außer Frage stehe. Unzweifelhaft liege ein ehebedingter Nachteil vor, wenn man vom Status quo ausgehe. Das gegenwärtig erzielte Einkommen liege deutlich unter dem, das die Antragsgegnerin bei Fortsetzung ihrer Sachbearbeitertätigkeit in der Versicherungsbranche gehabt hätte. Allerdings treffe den Unterhaltsberechtigten die Obliegenheit, solche Nachteile nach Möglichkeit auszugleichen, im konkreten Fall spätestens seit Mitte 2006 im Hinblick auf die Änderung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Befristung des Aufstockungsunterhalts. Das Problem des ehebedingten Nachteils "kristallisiere" sich auf die Aussage der Antragsgegnerin, sie habe infolge der Ehe und der Kinderbetreuung nach der Scheidung keine ihrer vorherigen Tätigkeit entsprechende Stelle in der Versicherungswirtschaft mehr finden können. Hierzu habe die Antragsgegnerin jedenfalls keine ausreichenden Bemühungen entfaltet. Dabei sei auf der anderen Seite allerdings auch zu berücksichtigen, dass - ausdrücklich durch die Vereinbarung von Anfang 2008 durch den Antragsteller eingeräumt - ein Teil ihrer Arbeitskraft durch die Betreuung des Kindes gebunden gewesen sei.
9
Allerdings gehe es hier nicht um die Bedürftigkeit und die Bedarfsermittlung der Antragsgegnerin. Sie genüge - bei unterstellter Vollzeittätigkeit - ihrer aktuellen Erwerbsobliegenheit. Es gehe um die Frage, ob ein ehebedingter Nachteil nicht durch entsprechende Bemühungen hätte vermieden werden können. Auch insoweit treffe die Darlegungs- und Beweislast den Unterhaltspflichtigen , der sich auf einen Ausnahmetatbestand berufe. Die Antragsgegnerin dürfe sich allerdings nicht darauf beschränken, die allgemeine Lage auf dem hier einschlägigen Arbeitsmarkt in der Versicherungsbranche darzustellen. Sie müsse im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast zu ihren konkreten Bemühungen , eine entsprechende Stelle zu erlangen, vortragen. Auch wenn eine sichere rückblickende Einschätzung nicht mehr möglich sei, könne mit Gewissheit ausgeschlossen werden, dass es im Zeitraum 2006 bis 2008 keine entsprechenden Arbeitsmöglichkeiten gegeben habe.
10
Die im Ergebnis hiernach gebotene Befristung des Unterhalts komme unter Berücksichtigung der Abwägungskriterien des § 1578 b BGB erst nach einer Übergangszeit in Betracht, in der der Unterhalt auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen sei. Dabei sei die berufliche Entwicklung der Antragsgegnerin wie auch die Dauer der Ehe und der Kindererziehung zu berücksichtigen. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers seien weit überdurchschnittlich , während die Antragsgegnerin unterdurchschnittliche Einkünfte erziele. Von daher sei der Unterhalt zunächst für eine Übergangszeit auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, und zwar bis zu dem Ende des Jahres, in dem das Kind volljährig werde, also bis Ende 2014. Erst für die Zeit danach sei der Unterhalt völlig auszuschließen.
11
Der angemessene Lebensbedarf entspreche dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Diesbezüglich sei unter Berücksichtigung der Angaben der LVM-Versicherung von einem Nettoeinkommen von rund 2.640 € auszugehen. In ihrer jetzigen Stellung könnte die Antragsgegnerin - hoch gerechnet auf eine Vollzeittätigkeit - rund 1.460 € verdienen. Die Differenz zum angemessenen Lebensbedarf betrage also rund 1.180 €. Der Altersvorsorgeunterhalt sei bei den sehr guten Einkommensverhältnissen daneben geschuldet. Er sei von beiden Beteiligten der Höhe nach nicht näher dargelegt, aber bisher mit 128 € außer Streit und entspreche der Festsetzung im Vergleich von 2004 sowie der Modifizierung im Jahr 2008.
12
2. Diese Ausführungen halten nicht in jeder Hinsicht einer rechtlichen Überprüfung stand.
13
a) Allerdings ist das Beschwerdegericht zu Recht davon ausgegangen, dass der Abänderungsantrag nach § 239 FamFG zulässig ist. Bei dem gerichtlichen Vergleich handelt es sich um einen solchen i.S.d. § 239 Abs. 1 Satz 1 FamFG i.V.m. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Nach § 239 Abs. 1 Satz 2 FamFG ist der Antrag zulässig, sofern der Antragsteller Tatsachen vorträgt, die eine Abänderung rechtfertigten.
14
Nach der Rechtsprechung des Senats richtet sich die Abänderung eines Prozessvergleichs allein nach materiell-rechtlichen Kriterien. Dabei ist - vorrangig gegenüber einer Störung der Geschäftsgrundlage - durch Auslegung zu ermitteln , ob und mit welchem Inhalt die Parteien eine insoweit bindende Regelung getroffen haben (Senatsurteil BGHZ 186, 1 = FamRZ 2010, 1238 Rn. 13).
15
Vorliegend haben die Beteiligten im Jahr 2008 den titulierten Vergleich inhaltlich dahin abgeändert, dass der Betreuungsunterhalt bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres des gemeinsamen Kindes geschuldet sein soll, also bis einschließlich März 2010. Für die Zeit danach haben die Beteiligten vereinbart, dass sich die Unterhaltsansprüche nach den gesetzlichen Vorschriften richten sollen. Danach fehlt dem Vergleich unter Beachtung der modifizierenden Regelung für die Zeit ab April 2010 eine bindende Regelung, weshalb er insoweit frei abänderbar ist.
16
b) Ebenso wenig ist es zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht eine Präklusion des Befristungseinwandes ausgeschlossen hat.
17
Zwar haben die Beteiligten den ursprünglichen Vergleich aus dem Jahre 2004 im Jahr 2008 abgeändert, also zu einem Zeitpunkt, als der Senat bereits seine Rechtsprechung zur Befristung des Aufstockungsunterhalts geändert (Senatsurteil vom 12. April 2006 - XII ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1006) und der Gesetzgeber in der Folge mit dem zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Unterhaltsrechtsänderungsgesetz § 1578 b BGB in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügt hatte. Es ist jedoch nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht maßgeblich darauf abgestellt hat, dass Gegenstand der modifizierenden Vereinbarung aus dem Jahr 2008 ausschließlich der Betreuungsunterhaltsanspruch gewesen ist. Im Übrigen haben die Beteiligten mit Auslauf dieses Anspruchs ausdrücklich auf die gesetzlichen Bestimmungen - und damit auch auf § 1578 b BGB - Bezug genommen.
18
c) Schließlich kann dem Beschwerdegericht auch dahin gefolgt werden, dass der Abänderungsantrag des Antragstellers nicht deshalb unschlüssig ist, weil er (zunächst) keine Angaben über seine konkreten Einkommensverhältnisse gemacht, vielmehr auf seine unbeschränkte Leistungsfähigkeit verwiesen hat.
19
Die Beteiligten haben sich darauf verständigt, dass sich der Unterhaltsanspruch nach Ablauf des Betreuungsunterhalts nach den gesetzlichen Bestimmungen richten solle. Damit war der Vergleich frei abänderbar. Einer Darlegung der Änderung der tatsächlichen Verhältnisse - wie etwa der Einkommensverhältnisse - bedurfte es daher nicht mehr.
20
Im Übrigen oblag es dem Grunde nach ohnehin der Antragsgegnerin, zu ihrem Bedarf nach § 1578 BGB und damit auch zum Einkommen des Antragstellers vorzutragen, da sie mit Auslaufen des vereinbarten Betreuungsunterhaltsanspruchs für die Voraussetzungen des nunmehr von ihr geltend zu machenden Aufstockungsunterhaltsanspruchs nach § 1573 Abs. 2 BGB auch in dem vom Antragsteller betriebenen Abänderungsverfahren darlegungsbelastet ist (vgl. Senatsurteil 31. Januar 1990 - XII ZR 36/89 - FamRZ 1990, 496, 497). Da die Antragsgegnerin ausweislich der nicht zu beanstandenden und von der Rechtsbeschwerde auch nicht angegriffenen Feststellungen des Beschwerdegerichts jedoch keinen über ihren angemessenen Lebensbedarf im Sinne von § 1578 b Abs. 1 BGB liegenden Unterhalt begehrt, bedurfte es zum Bedarf nach § 1578 BGB keiner weiteren Feststellungen des Beschwerdegerichts.
21
d) Nicht gefolgt werden kann im vorliegenden Fall aber der Auffassung des Beschwerdegerichts, der - bestehende - ehebedingte Nachteil i.S.d. § 1578 b BGB stehe einer Befristung nicht entgegen, weil die Antragsgegnerin ihn durch entsprechende Bemühungen hätte vermeiden können.
22
aa) Um den ehebedingten Nachteil der Höhe nach bemessen zu können, muss der Tatrichter Feststellungen zum angemessenen Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten im Sinne des § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB und zum Einkommen treffen, dass der Unterhaltsberechtigte tatsächlich erzielt oder gemäß §§ 1574, 1577 BGB erzielen könnte. Die Differenz ergibt den ehebedingten Nachteil (Senatsurteil vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 23).
23
Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs besteht in dem Einkommen , dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte (Senatsurteil vom 4. August 2010 - XII ZR 7/09 - FamRZ 2010, 1633 Rn. 32). Dabei ist die Darlegungs - und Beweislast für die dem Unterhaltsberechtigten gegenwärtig fehlende Möglichkeit, eine seiner Ausbildung und früheren beruflichen Stellung entsprechende Tätigkeit zu erlangen, vorgreiflich nach § 1577 BGB zu beurteilen und obliegt dem Unterhaltsberechtigten. Hierfür gelten dieselben Kriterien wie für die Obliegenheit zur Ausübung einer angemessenen Erwerbstätigkeit nach § 1574 BGB. Wer die Aufnahme einer angemessenen Erwerbstätigkeit unterlässt , muss sich das daraus erzielbare Einkommen im Rahmen der Prüfung der Bedürftigkeit nach § 1577 Abs. 1 BGB fiktiv zurechnen lassen (Senatsbeschluss vom 7. November 2012 - XII ZB 229/11 - zur Veröffentlichung bestimmt). Gelangt das Familiengericht dagegen zu der Überzeugung, dass der Unterhaltsgläubiger seiner Erwerbsobliegenheit genügt, kann der Unterhaltspflichtige im Rahmen des § 1578 b BGB nicht mehr einwenden, jener könne ein höheres Einkommen erzielen und habe daher keinen ehebedingten Nachteil erlitten (vgl. Senatsurteil vom 27. Januar 2010 - XII ZR 100/08 - FamRZ 2010, 538 Rn. 42).
24
bb) Diesen Anforderungen wird der Beschluss des Beschwerdegerichts nicht gerecht.
25
Zwar hat das Beschwerdegericht sowohl den angemessenen Lebensbedarf dem Grunde nach zutreffend bestimmt als auch einen Nachteil als solchen in nicht zu beanstandender Weise hergeleitet. Soweit es in diesem Zusammenhang aber die Auffassung vertritt, dass die Antragsgegnerin den so entstande- nen Nachteil durch entsprechende - ihr obliegende - Bemühungen hätte vermeiden können, hält die Entscheidung einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
26
(1) Die Ausführungen des Beschwerdegerichts sind insoweit widersprüchlich. Einerseits stellt es fest, dass die Antragsgegnerin (bei unterstellter Vollzeittätigkeit) mit ihrer Tätigkeit als Schulsekretärin ihrer "aktuellen Erwerbsobliegenheit genügt". Folgerichtig hat es davon abgesehen, der Antragsgegnerin ein weitergehendes Einkommen fiktiv zuzurechnen. Andererseits aber wirft das Oberlandesgericht der Antragsgegnerin vor, sie hätte in dem Zeitraum von 2006 bis 2008 konkrete Bewerbungsbemühungen entfalten müssen, um eine Anstellung in ihrem erlernten Beruf als Versicherungsfachwirtin zu erlangen , womit sie ihre Einkommensnachteile hätte kompensieren können.
27
(2) Hinzu kommt, dass die Beteiligten im Jahre 2008, also zu einem Zeitpunkt , als die Antragsgegnerin bereits ihre Beschäftigung bei der Stadt aufgenommen hatte, den ursprünglichen Vergleich abgeändert haben, ohne dass der Antragsteller von der Antragsgegnerin verlangt hätte, sich um eine Beschäftigung in ihrem erlernten Beruf als Versicherungsfachwirtin zu bemühen. Im Gegenteil hat er ihr die Möglichkeit eingeräumt, über das ihm bekannte "aktuelle Einkommen" anrechnungsfrei hinzuverdienen zu können.
28
Für den Fall, dass das Gericht dem unterhaltsberechtigten Ehegatten im Vorprozess keine zusätzlichen Erwerbseinkünfte fiktiv zugerechnet hat, ist damit zugleich nach § 1577 Abs. 1 BGB entschieden, dass der Unterhaltsberechtigte seiner Erwerbsobliegenheit genügt hat, und diese Feststellung auch im Abänderungsverfahren maßgebend ist (Senatsurteil vom 27. Januar 2010 - XII ZR 100/08 - FamRZ 2010, 538).
29
Entsprechendes muss grundsätzlich auch dann gelten, wenn die Beteiligten - wie hier - eine vorbehaltlose Vereinbarung mit dem oben dargestellten Inhalt geschlossen haben. Denn ohne einen solchen Vorbehalt darf der Unterhaltsberechtigte regelmäßig darauf vertrauen, gegenwärtig seiner Erwerbsobliegenheit zu genügen.
30
3. Gemäß § 74 Abs. 5 FamFG ist der angefochtene Beschluss aufzuheben. Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif. Deshalb ist sie gemäß § 74 Abs. 6 Satz 1 und Satz 2 FamFG zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.
31
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
32
Das Beschwerdegericht wird zu prüfen haben, inwieweit die der Antragsgegnerin entstandenen Nachteile ehebedingt i.S.d. § 1578 b BGB sind. Dabei wird es sich auch die Frage vorzulegen haben, ob es der Antragsgegnerin zumutbar war, auf das Abänderungsverlangen des Antragstellers eine Tätigkeit in ihrem erlernten Beruf wieder aufzunehmen. Soweit ein ehebedingter Nachteil verbleibt, ist eine Befristung zwar grundsätzlich (Senatsurteil vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - FamRZ 2009, 1990 Rn. 13), nicht aber generell ausgeschlossen (Senatsurteil vom 4. August 2010 - XII ZR 7/09 - FamRZ 2010, 1633 Rn. 35), so dass Ausnahmen denkbar sind. Bei der zu treffenden Abwägung wird das Beschwerdegericht auf der einen Seite neben der Dauer der Ehe und Kinderbetreuung die guten wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers zu berücksichtigen haben. Andererseits wird zu beachten sein, dass der Antragsteller bereits über einen langen Zeitraum (seit 2004) Unterhalt geleistet hat. Hinzu kommt, dass die Antragsgegnerin die ihr entstandenen Nachteile durch ihre Entscheidung, als Schulsekretärin zu arbeiten, mitverursacht hat. Ferner wird das Beschwerdegericht zu bedenken haben, dass das hypothetische (Net- to-)Einkommen, das die Antragsgegnerin ohne Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte, fiktiv anhand der Steuerklasse I ohne Kinderfreibetrag zu ermitteln ist. Andererseits dürfte der Altersvorsorgeunterhalt deutlich zu gering bemessen sein; eine Vergleichsgrundlage für den vom Beschwerdegericht zugrunde gelegten Festbetrag von 128 € ist für den hier noch maßgeblichen Zeitraum (ab 2015) nicht ersichtlich. Schließlich kann im Rahmen der Abwägung auch die Gründung einer neuen Familie durch den Antragsteller Beachtung finden. Denn nach der Absicht des Gesetzgebers des Unterhaltsänderungsgesetzes vom 21. Dezember 2007 sollte "die Ausweitung der Möglichkeit , nacheheliche Unterhaltsansprüche zeitlich oder der Höhe nach zu begren- zen, (…) die Chancen für einen Neuanfang nach einer gescheiterten Ehe erhö- hen und die Zweitfamilien entlasten" (BT-Drucks. 16/1830 S. 13). Die Billigkeitsabwägung unter Einbeziehung dieses allgemeinen Gesetzesmotivs, dass die Chancen für einen "Neuanfang" erhöht werden sollten, ist jedenfalls nicht sachwidrig (Senatsurteil vom 30. März 2011 - XII ZR 63/09 - FamRZ 2011, 875 Rn. 23). Inwieweit sich dieser Aspekt trotz der guten wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers auswirken kann, wird der Tatrichter in eigener Verantwortung zu beurteilen haben.
Dose Schilling Günter Nedden-Boeger Botur
Vorinstanzen:
AG Linz am Rhein, Entscheidung vom 28.07.2010 - 4 F 87/10 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 17.11.2010 - 13 UF 596/10 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Dez. 2012 - XII ZB 670/10

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(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig

Zivilprozessordnung - ZPO | § 794 Weitere Vollstreckungstitel


(1) Die Zwangsvollstreckung findet ferner statt:1.aus Vergleichen, die zwischen den Parteien oder zwischen einer Partei und einem Dritten zur Beilegung des Rechtsstreits seinem ganzen Umfang nach oder in Betreff eines Teiles des Streitgegenstandes vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1573 Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit und Aufstockungsunterhalt


(1) Soweit ein geschiedener Ehegatte keinen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, kann er gleichwohl Unterhalt verlangen, solange und soweit er nach der Scheidung keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag. (2) Reichen die Ei
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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1578 Maß des Unterhalts


(1) Das Maß des Unterhalts bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf. (2) Zum Lebensbedarf gehören auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall der Krankheit und der Pfle

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1577 Bedürftigkeit


(1) Der geschiedene Ehegatte kann den Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1573, 1575 und 1576 nicht verlangen, solange und soweit er sich aus seinen Einkünften und seinem Vermögen selbst unterhalten kann. (2) Einkünfte sind nicht anzurechnen, soweit d

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 239 Abänderung von Vergleichen und Urkunden


(1) Enthält ein Vergleich nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 der Zivilprozessordnung oder eine vollstreckbare Urkunde eine Verpflichtung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen, kann jeder Teil die Abänderung beantragen. Der Antrag ist zulässig,

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1574 Angemessene Erwerbstätigkeit


(1) Dem geschiedenen Ehegatten obliegt es, eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben. (2) Angemessen ist eine Erwerbstätigkeit, die der Ausbildung, den Fähigkeiten, einer früheren Erwerbstätigkeit, dem Lebensalter und dem Gesundheitszustand des

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Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Mai 2014 - XII ZB 301/12

bei uns veröffentlicht am 14.05.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES BESCHLUSS XII ZB301/12 Verkündet am: 14. Mai 2014 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR

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(1) Soweit ein geschiedener Ehegatte keinen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, kann er gleichwohl Unterhalt verlangen, solange und soweit er nach der Scheidung keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag.

(2) Reichen die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit zum vollen Unterhalt (§ 1578) nicht aus, kann er, soweit er nicht bereits einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, den Unterschiedsbetrag zwischen den Einkünften und dem vollen Unterhalt verlangen.

(3) Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1572, 1575 zu gewähren war, die Voraussetzungen dieser Vorschriften aber entfallen sind.

(4) Der geschiedene Ehegatte kann auch dann Unterhalt verlangen, wenn die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit wegfallen, weil es ihm trotz seiner Bemühungen nicht gelungen war, den Unterhalt durch die Erwerbstätigkeit nach der Scheidung nachhaltig zu sichern. War es ihm gelungen, den Unterhalt teilweise nachhaltig zu sichern, so kann er den Unterschiedsbetrag zwischen dem nachhaltig gesicherten und dem vollen Unterhalt verlangen.

(5) (weggefallen)

(1) Enthält ein Vergleich nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 der Zivilprozessordnung oder eine vollstreckbare Urkunde eine Verpflichtung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen, kann jeder Teil die Abänderung beantragen. Der Antrag ist zulässig, sofern der Antragsteller Tatsachen vorträgt, die die Abänderung rechtfertigen.

(2) Die weiteren Voraussetzungen und der Umfang der Abänderung richten sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts.

(1) Soweit ein geschiedener Ehegatte keinen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, kann er gleichwohl Unterhalt verlangen, solange und soweit er nach der Scheidung keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag.

(2) Reichen die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit zum vollen Unterhalt (§ 1578) nicht aus, kann er, soweit er nicht bereits einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, den Unterschiedsbetrag zwischen den Einkünften und dem vollen Unterhalt verlangen.

(3) Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1572, 1575 zu gewähren war, die Voraussetzungen dieser Vorschriften aber entfallen sind.

(4) Der geschiedene Ehegatte kann auch dann Unterhalt verlangen, wenn die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit wegfallen, weil es ihm trotz seiner Bemühungen nicht gelungen war, den Unterhalt durch die Erwerbstätigkeit nach der Scheidung nachhaltig zu sichern. War es ihm gelungen, den Unterhalt teilweise nachhaltig zu sichern, so kann er den Unterschiedsbetrag zwischen dem nachhaltig gesicherten und dem vollen Unterhalt verlangen.

(5) (weggefallen)

(1) Enthält ein Vergleich nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 der Zivilprozessordnung oder eine vollstreckbare Urkunde eine Verpflichtung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen, kann jeder Teil die Abänderung beantragen. Der Antrag ist zulässig, sofern der Antragsteller Tatsachen vorträgt, die die Abänderung rechtfertigen.

(2) Die weiteren Voraussetzungen und der Umfang der Abänderung richten sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts.

(1) Die Zwangsvollstreckung findet ferner statt:

1.
aus Vergleichen, die zwischen den Parteien oder zwischen einer Partei und einem Dritten zur Beilegung des Rechtsstreits seinem ganzen Umfang nach oder in Betreff eines Teiles des Streitgegenstandes vor einem deutschen Gericht oder vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle abgeschlossen sind, sowie aus Vergleichen, die gemäß § 118 Abs. 1 Satz 3 oder § 492 Abs. 3 zu richterlichem Protokoll genommen sind;
2.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen;
2a.
(weggefallen)
2b.
(weggefallen)
3.
aus Entscheidungen, gegen die das Rechtsmittel der Beschwerde stattfindet;
3a.
(weggefallen)
4.
aus Vollstreckungsbescheiden;
4a.
aus Entscheidungen, die Schiedssprüche für vollstreckbar erklären, sofern die Entscheidungen rechtskräftig oder für vorläufig vollstreckbar erklärt sind;
4b.
aus Beschlüssen nach § 796b oder § 796c;
5.
aus Urkunden, die von einem deutschen Gericht oder von einem deutschen Notar innerhalb der Grenzen seiner Amtsbefugnisse in der vorgeschriebenen Form aufgenommen sind, sofern die Urkunde über einen Anspruch errichtet ist, der einer vergleichsweisen Regelung zugänglich, nicht auf Abgabe einer Willenserklärung gerichtet ist und nicht den Bestand eines Mietverhältnisses über Wohnraum betrifft, und der Schuldner sich in der Urkunde wegen des zu bezeichnenden Anspruchs der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat;
6.
aus für vollstreckbar erklärten Europäischen Zahlungsbefehlen nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006;
7.
aus Titeln, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nach der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines Europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen als Europäische Vollstreckungstitel bestätigt worden sind;
8.
aus Titeln, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union im Verfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen (ABl. L 199 vom 31.7.2007, S. 1; L 141 vom 5.6.2015, S. 118), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2015/2421 (ABl. L 341 vom 24.12.2015, S. 1) geändert worden ist, ergangen sind;
9.
aus Titeln eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union, die nach der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen zu vollstrecken sind.

(2) Soweit nach den Vorschriften der §§ 737, 743, des § 745 Abs. 2 und des § 748 Abs. 2 die Verurteilung eines Beteiligten zur Duldung der Zwangsvollstreckung erforderlich ist, wird sie dadurch ersetzt, dass der Beteiligte in einer nach Absatz 1 Nr. 5 aufgenommenen Urkunde die sofortige Zwangsvollstreckung in die seinem Recht unterworfenen Gegenstände bewilligt.

(1) Enthält ein Vergleich nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 der Zivilprozessordnung oder eine vollstreckbare Urkunde eine Verpflichtung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen, kann jeder Teil die Abänderung beantragen. Der Antrag ist zulässig, sofern der Antragsteller Tatsachen vorträgt, die die Abänderung rechtfertigen.

(2) Die weiteren Voraussetzungen und der Umfang der Abänderung richten sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts.

(1) Das Maß des Unterhalts bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf.

(2) Zum Lebensbedarf gehören auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall der Krankheit und der Pflegebedürftigkeit sowie die Kosten einer Schul- oder Berufsausbildung, einer Fortbildung oder einer Umschulung nach den §§ 1574, 1575.

(3) Hat der geschiedene Ehegatte einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1573 oder § 1576, so gehören zum Lebensbedarf auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der verminderten Erwerbsfähigkeit.

(1) Soweit ein geschiedener Ehegatte keinen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, kann er gleichwohl Unterhalt verlangen, solange und soweit er nach der Scheidung keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag.

(2) Reichen die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit zum vollen Unterhalt (§ 1578) nicht aus, kann er, soweit er nicht bereits einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, den Unterschiedsbetrag zwischen den Einkünften und dem vollen Unterhalt verlangen.

(3) Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1572, 1575 zu gewähren war, die Voraussetzungen dieser Vorschriften aber entfallen sind.

(4) Der geschiedene Ehegatte kann auch dann Unterhalt verlangen, wenn die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit wegfallen, weil es ihm trotz seiner Bemühungen nicht gelungen war, den Unterhalt durch die Erwerbstätigkeit nach der Scheidung nachhaltig zu sichern. War es ihm gelungen, den Unterhalt teilweise nachhaltig zu sichern, so kann er den Unterschiedsbetrag zwischen dem nachhaltig gesicherten und dem vollen Unterhalt verlangen.

(5) (weggefallen)

(1) Das Maß des Unterhalts bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf.

(2) Zum Lebensbedarf gehören auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall der Krankheit und der Pflegebedürftigkeit sowie die Kosten einer Schul- oder Berufsausbildung, einer Fortbildung oder einer Umschulung nach den §§ 1574, 1575.

(3) Hat der geschiedene Ehegatte einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1573 oder § 1576, so gehören zum Lebensbedarf auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der verminderten Erwerbsfähigkeit.

(1) Dem geschiedenen Ehegatten obliegt es, eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben.

(2) Angemessen ist eine Erwerbstätigkeit, die der Ausbildung, den Fähigkeiten, einer früheren Erwerbstätigkeit, dem Lebensalter und dem Gesundheitszustand des geschiedenen Ehegatten entspricht, soweit eine solche Tätigkeit nicht nach den ehelichen Lebensverhältnissen unbillig wäre. Bei den ehelichen Lebensverhältnissen sind insbesondere die Dauer der Ehe sowie die Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes zu berücksichtigen.

(3) Soweit es zur Aufnahme einer angemessenen Erwerbstätigkeit erforderlich ist, obliegt es dem geschiedenen Ehegatten, sich ausbilden, fortbilden oder umschulen zu lassen, wenn ein erfolgreicher Abschluss der Ausbildung zu erwarten ist.

(1) Der geschiedene Ehegatte kann den Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1573, 1575 und 1576 nicht verlangen, solange und soweit er sich aus seinen Einkünften und seinem Vermögen selbst unterhalten kann.

(2) Einkünfte sind nicht anzurechnen, soweit der Verpflichtete nicht den vollen Unterhalt (§§ 1578 und 1578b) leistet. Einkünfte, die den vollen Unterhalt übersteigen, sind insoweit anzurechnen, als dies unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse der Billigkeit entspricht.

(3) Den Stamm des Vermögens braucht der Berechtigte nicht zu verwerten, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre.

(4) War zum Zeitpunkt der Ehescheidung zu erwarten, dass der Unterhalt des Berechtigten aus seinem Vermögen nachhaltig gesichert sein würde, fällt das Vermögen aber später weg, so besteht kein Anspruch auf Unterhalt. Dies gilt nicht, wenn im Zeitpunkt des Vermögenswegfalls von dem Ehegatten wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann.

23
Um den ehebedingten Nachteil der Höhe nach bemessen zu können, muss der Tatrichter Feststellungen zum angemessenen Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten im Sinne des § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB und zum Ein- kommen treffen, das der Unterhaltsberechtigte tatsächlich erzielt bzw. gemäß §§ 1574, 1577 BGB erzielen könnte. Die Differenz aus den beiden Positionen ergibt den ehebedingten Nachteil.

(1) Der geschiedene Ehegatte kann den Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1573, 1575 und 1576 nicht verlangen, solange und soweit er sich aus seinen Einkünften und seinem Vermögen selbst unterhalten kann.

(2) Einkünfte sind nicht anzurechnen, soweit der Verpflichtete nicht den vollen Unterhalt (§§ 1578 und 1578b) leistet. Einkünfte, die den vollen Unterhalt übersteigen, sind insoweit anzurechnen, als dies unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse der Billigkeit entspricht.

(3) Den Stamm des Vermögens braucht der Berechtigte nicht zu verwerten, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre.

(4) War zum Zeitpunkt der Ehescheidung zu erwarten, dass der Unterhalt des Berechtigten aus seinem Vermögen nachhaltig gesichert sein würde, fällt das Vermögen aber später weg, so besteht kein Anspruch auf Unterhalt. Dies gilt nicht, wenn im Zeitpunkt des Vermögenswegfalls von dem Ehegatten wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann.

(1) Dem geschiedenen Ehegatten obliegt es, eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben.

(2) Angemessen ist eine Erwerbstätigkeit, die der Ausbildung, den Fähigkeiten, einer früheren Erwerbstätigkeit, dem Lebensalter und dem Gesundheitszustand des geschiedenen Ehegatten entspricht, soweit eine solche Tätigkeit nicht nach den ehelichen Lebensverhältnissen unbillig wäre. Bei den ehelichen Lebensverhältnissen sind insbesondere die Dauer der Ehe sowie die Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes zu berücksichtigen.

(3) Soweit es zur Aufnahme einer angemessenen Erwerbstätigkeit erforderlich ist, obliegt es dem geschiedenen Ehegatten, sich ausbilden, fortbilden oder umschulen zu lassen, wenn ein erfolgreicher Abschluss der Ausbildung zu erwarten ist.

(1) Der geschiedene Ehegatte kann den Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1573, 1575 und 1576 nicht verlangen, solange und soweit er sich aus seinen Einkünften und seinem Vermögen selbst unterhalten kann.

(2) Einkünfte sind nicht anzurechnen, soweit der Verpflichtete nicht den vollen Unterhalt (§§ 1578 und 1578b) leistet. Einkünfte, die den vollen Unterhalt übersteigen, sind insoweit anzurechnen, als dies unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse der Billigkeit entspricht.

(3) Den Stamm des Vermögens braucht der Berechtigte nicht zu verwerten, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre.

(4) War zum Zeitpunkt der Ehescheidung zu erwarten, dass der Unterhalt des Berechtigten aus seinem Vermögen nachhaltig gesichert sein würde, fällt das Vermögen aber später weg, so besteht kein Anspruch auf Unterhalt. Dies gilt nicht, wenn im Zeitpunkt des Vermögenswegfalls von dem Ehegatten wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
BESCHLUSS
XII ZB 229/11 Verkündet am:
7. November 2012
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 1577, 1578 Abs. 3, 1578 b, 1585 b Abs. 2, 1606 Abs. 3 Satz 1, 1613 Abs. 1

a) Hat der Unterhaltsberechtigte seinen Unterhaltsanspruch bereits beziffert, nachdem er
zunächst von dem Unterhaltspflichtigen Auskunft gemäß § 1613 Abs. 1 BGB begehrt
hat, so kann er nicht rückwirkend einen höheren Unterhalt verlangen, wenn der Unterhaltspflichtige
bei der erstmals erfolgten Bezifferung nicht mit einer Erhöhung zu rechnen
brauchte.

b) Zum angemessenen Lebensbedarf i.S.d. § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB gehört auch der
Altersvorsorgeunterhalt.

c) Gemäß § 120 Abs. 1 FamFG findet auf Familienstreitsachen die Vorschrift des § 717
Abs. 3 Satz 2 ZPO entsprechende Anwendung. Wird ein Antrag nach § 717 Abs. 3
Satz 2 ZPO i.V.m. § 120 Abs. 1 FamFG in der Rechtsbeschwerdeinstanz gestellt, so ist
er regelmäßig zurückzuverweisen, weil er auf neuem oder ungeklärtem Sachverhalt beruht
(im Anschluss an BGH Urteil vom 17. Mai 1994 - XI ZR 117/93 - NJW 1994, 2095).
BGH, Beschluss vom 7. November 2012 - XII ZB 229/11 - OLG Hamm
AG Rheine
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. November 2012 durch den
Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin Weber-Monecke und die Richter
Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Nedden-Boeger

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des 13. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 21. April 2011 aufgehoben, soweit zum Nachteil des Antragsgegners entschieden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens und über die Inzidentanträge des Antragsgegners , an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

A.

1
Die Antragstellerin begehrt vom Antragsgegner Zahlung nachehelichen Unterhalts für die Zeit ab August 2009.
2
Die Beteiligten heirateten 1991. Die Scheidung der Ehe ist seit 1. Mai 2009 rechtskräftig. Aus der Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen, die am 7. November 1993 und am 30. Januar 1995 geboren sind. Bis Mai 2010 be- wohnte die Antragstellerin gemeinsam mit den beiden Kindern das als Ehewohnung dienende Haus. Nach dem Auszug der Antragstellerin zog der Antragsgegner , der das Haus im Rahmen einer Teilungsversteigerung zu Alleineigentum erworben hatte, dort ein und übernahm die Betreuung der beiden Kinder.
3
Die Antragstellerin absolvierte eine Ausbildung bei der Deutschen Bank. Seit Januar 2009 arbeitet sie vollschichtig bei der Immobilienabteilung der Stadtsparkasse. Der Antragsgegner ist Sparkassenbetriebswirt und stellvertretender Geschäftsstellenleiter bei der Stadtsparkasse.
4
Nachdem die Antragstellerin im August 2009 vom Antragsgegner Auskunft zur Geltendmachung nachehelichen Unterhalts verlangt hatte, hat sie ihren Unterhaltsanspruch zunächst auf 310,50 € beziffert und im November 2009 einen entsprechenden Zahlungsantrag bei Gericht gestellt, den sie später rückwirkend erhöht hat.
5
Das Amtsgericht hat den Antrag auf nachehelichen Unterhalt abgewiesen. Auf die Beschwerde der Antragstellerin hat das Beschwerdegericht den Antragsgegner für die Zeit ab August 2009 zu Elementar- und Altersvorsorgeunterhalt in unterschiedlicher Höhe verpflichtet, zuletzt für die Zeit ab Juli 2012 monatlich in Höhe von 804 € Elementarunterhalt und 182 € Altersvorsorgeunterhalt. Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde. Zudem begehrt er die Rückzahlung derjenigen Beträge, die er im Hinblick auf die drohende Vollstreckung aus dem Beschwerdebeschluss an die Antragstellerin geleistet hat.

B.

6
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.

I.

7
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie gemäß § 70 Abs. 1 FamFG uneingeschränkt statthaft.
8
Zwar hat das Oberlandesgericht in der Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, dass Anlass für die Zulassung der Rechtsbeschwerde zum einen die Frage der Behandlung nachträglicher Erhöhungsverlangen sei, wenn der Unterhaltsberechtigte nach einem Auskunftsverlangen gemäß § 1613 Abs. 1 Satz 1 BGB zunächst auf der Basis der erteilten Auskunft einen bezifferten Unterhaltsanspruch geltend mache, diesen dann aber später rückwirkend erhöhe; ferner sei Anlass für die Zulassung die Bemessung der ehebedingten Nachteile im Sinne des § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB unter Einbeziehung eines Altersvorsorgeunterhalts. Diese Erwägungen führen indes nicht dazu, dass die Rechtsbeschwerde lediglich beschränkt zugelassen worden wäre.
9
1. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats, dass sich auch bei - wie hier - uneingeschränkter Zulassung des Rechtsmittels im Tenor eine wirksame Beschränkung aus den Entscheidungsgründen ergeben kann (zur Rechtsbeschwerde vgl. etwa Senatsbeschluss vom 14. Mai 2008 - XII ZB 78/07 - FamRZ 2008, 1339 Rn. 15). Unzulässig ist es, die Zulassung auf einzelne von mehreren Anspruchsgrundlagen oder auf bestimmte Rechtsfragen zu beschränken (so zur Revision zuletzt Senatsurteil vom 19. September 2012 - XII ZR 136/10 - juris Rn. 8). Die Zulassung der Revision bzw. Rechtsbeschwerde kann auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Streitstoffs beschränkt werden, der Gegenstand eines Teilurteils bzw. Teilbeschlusses sein könnte oder auf den der Rechtsmittelführer selbst sein Rechtsmittel beschränken könnte (vgl. Senatsurteil vom 19. September 2012 - XII ZR 136/10 - juris Rn. 8 mwN).
10
Das bedeutet allerdings nicht, dass stets allein aus der Begründung der Zulassung eine Beschränkung auf den Bereich der mitgeteilten Gründe entnommen werden kann. Eine Zulassungsbeschränkung kann in solchen Fällen vielmehr nur angenommen werden, wenn aus den Gründen mit ausreichender Klarheit hervorgeht, dass das Berufungs- bzw. Beschwerdegericht die Möglichkeit einer Nachprüfung im Rechtsmittelverfahren nur wegen eines abtrennbaren Teils seiner Entscheidung eröffnen wollte (Senatsbeschluss vom 14. Mai 2008 - XII ZB 78/07 - FamRZ 2008, 1339 Rn. 16).
11
2. Gemessen an diesen Anforderungen fehlt es hier an einer wirksamen Beschränkung der Zulassung der Rechtsbeschwerde. Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde im Tenor uneingeschränkt zugelassen. Auch aus der Begründung lässt sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, dass das Beschwerdegericht die Zulassung der Rechtsbeschwerde auf einen tatsächlich oder rechtlich selbständigen Teil des Streitstoffes beschränken wollte.
12
Zwar ließen sich die von dem Beschwerdegericht aufgeworfene Zulassungsfragen jeweils einem konkreten Zeitraum innerhalb des gesamten in Streit stehenden Unterhaltszeitraum zuordnen. Soweit es das Auskunftsverlangen nach § 1613 BGB anbelangt, ist der Zeitraum betroffen, für den die Antragstellerin nachträglich einen höheren Unterhalt begehrt (August 2009 bis August 2010). Soweit es die Frage ehebedingter Nachteile anbelangt, ließe sich dieser Bereich dem Zeitraum ab Juli 2012 zuordnen, dem Zeitpunkt also, ab dem das Beschwerdegericht den Unterhalt auf den angemessenen Lebensbedarf herabgesetzt hat; für den davor liegenden Zeitraum ist das Beschwerdegericht von dem eheangemessenen Bedarf nach § 1578 BGB ausgegangen, so dass es auf die Bestimmung eines ehebedingten Nachteils hierfür nicht ankam.
13
Gleichwohl geht aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung nicht mit ausreichender Klarheit hervor, dass die Zulassung beschränkt werden sollte. Vielmehr lassen sich die Ausführungen des Beschwerdegerichts dahin verstehen , dass es hiermit lediglich seine Beweggründe (den "Anlass") erläutern wollte, warum es die Rechtsbeschwerde zugelassen hat, nicht aber, dass es die Rechtsbeschwerde nur auf einen abgrenzbaren Teil beschränken wollte.

II.

14
Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.
15
1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Steuererstattung, die der Antragsgegner im Jahr 2010 für 2009 erhalten habe, sei unterhaltsrechtlich nicht zu berücksichtigen, weil sie u.a. auf der Berücksichtigung von Kosten des Scheidungsverfahrens als außergewöhnliche Belastung beruhe. Diese könnten weder einkommensmindernd berücksichtigt werden, noch könne eine hierauf beruhende Einkommenserstattung einkommenserhöhend in die Unterhaltsberechnung eingestellt werden. Ab Juni 2010 sei der von der Antragstellerin gezahlte Kindesunterhalt zu berücksichtigen.
16
Einkommenserhöhend müsse sich die Antragstellerin nach der Teilungsversteigerung Erträge aus dem Erlös des Miteigentumsanteils an der Ehe- immobilie anrechnen lassen. Die Antragstellerin müsse grundsätzlich die gesamte erhaltene Summe von insgesamt 86.591,17 € anlegen. Ein unterhaltsrechtlich beachtlicher Verbrauch des Kapitals komme allein für die Zahlung der Gerichts- und Anwaltskosten in Höhe von 11.000 € in Betracht.
17
Die Antragstellerin sei nicht durch die Vorschrift des § 1613 BGB daran gehindert, teilweise höheren Unterhalt geltend zu machen, als sie ihn vorgerichtlich verlangt und in erster Instanz geltend gemacht habe. Aufgrund ihres Auskunftsverlangens von August 2009 könne sie von da an Unterhalt verlangen und gegenüber zunächst bezifferten Beträgen auch höhere geltend machen. Denn die einmal verlangte Auskunft wirke insoweit nach dem Wortlaut des § 1613 Abs. 1 Satz 1 BGB fort. Entsprechendes gelte auch für die erst in zweiter Instanz geltend gemachte Aufteilung in Elementar- und Altersvorsorgeunterhalt.
18
Der so errechnete Unterhaltsanspruch der Antragstellerin sei gemäß § 1578 b Abs. 1 BGB für die Zeit ab 1. Juli 2012 auf monatlich 804 € Elementarunterhalt und 182 € Altersvorsorgeunterhalt herabzusetzen. Dieser Unterhalt sei zum Ausgleich der ehebedingten Nachteile der Antragstellerin erforderlich. Ohne die Ehe und die Kindererziehung würde sie anstelle des derzeitigen durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommens von 1.470,61 € ein solches von 2.274,19 € erzielen. Die Antragstellerin arbeite zwar in der Immobilienabteilung einer Sparkasse und damit in einem Bereich, der ihrem erlernten und bis zum Mutterschutz ausgeübten Beruf zumindest nahestehe. Sie verdiene dort aber deutlich weniger, als sie bei einer durchgehenden Vollerwerbstätigkeit als Bankkauffrau heute verdienen würde. Weil der Antragsgegner für die anspruchsmindernden bzw. anspruchsausschließenden Voraussetzungen des § 1578 b BGB die volle Darlegungs- und Beweislast trage, müsse davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerin in jedem Fall den Arbeitsplatz bei der Deutschen Bank behalten hätte und dieser Tätigkeit auch heute noch nachgehen würde, wenn sie nicht geheiratet und Kinder bekommen hätte. In diesem Fall würde sie bei Einstufung in der Bankentarifgruppe 6 angesichts der Dauer ihrer beruflichen Erfahrung ein monatliches Bruttogehalt von 3.319 € verdienen. Bei 14 Monatsgehältern, Steuerklasse I und mit einem Kinderfreibetrag entspreche dies einem durchschnittlichen Nettomonatseinkommen von 2.274,19 €. Die Antragstellerin verdiene tatsächlich netto 803,58 € weniger.
19
Bei der Bemessung des ehebedingten Nachteils müsse zusätzlich berücksichtigt werden, dass wegen der Einkommensdifferenz auch die Altersvorsorge auf niedrigerer Bemessungsgrundlage erfolge. Zum Ausgleich des ehebedingten Nachteils sei daher zusätzlich ein auf der Basis des Differenzeinkommens zu bemessender Altersvorsorgeunterhalt erforderlich. Dieser sei mit Hilfe der Bremer Tabelle zu ermitteln und belaufe sich auf 182,30 €.
20
Der ehebedingte Nachteil der Antragstellerin sei entgegen der Auffassung des Antragsgegners nicht deswegen niedriger zu bemessen, weil die Antragstellerin heute bei zureichenden Erwerbsbemühungen eine deutlich besser vergütete Stelle ausüben könnte. Es sei zwar zutreffend, dass sich die Antragstellerin nach dem Wiedereinstieg in das Berufsleben nicht erneut um eine entsprechende Stelle als Bankkauffrau bemüht habe. Dies rechtfertige es aber nicht, für die Antragstellerin heute ein fiktives Einkommen aus einer Tätigkeit als Bankkauffrau anzusetzen. Die unterbliebenen Bemühungen nach der Trennung und nach Ablauf des Trennungsjahres könnten der Antragstellerin unterhaltsrechtlich nicht angelastet werden. Denn sie wäre auch bei umfangreichen Bewerbungsbemühungen nach der Trennung der Beteiligten nicht wieder als Bankkauffrau angestellt worden. Die Banken und Sparkassen hätten bereits in den Jahren zuvor ihren Personalbedarf erheblich vermindert. Im Herbst 2008 und im Jahr 2009 sei zudem die Wirtschafts- und Finanzkrise im Bankenbereich auf dem Höhepunkt gewesen. Es sei unstreitig, dass die Antragstellerin ihre jetzige Stelle nur durch Vermittlung des Antragsgegners in dessen Eigenschaft als Personalchef der Sparkasse erhalten habe.
21
Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Antragstellerin sich nicht auf die Stelle als Vorstandssekretärin bei der Sparkasse beworben habe, auf deren Ausschreibung sie der Antragsgegner unstreitig hingewiesen habe. Denn es müsse davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerin diese Stelle auch dann nicht erhalten hätte, wenn sie sich beworben hätte. Es sei insoweit nochmals auf die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Rahmen des § 1578 b BGB hinzuweisen. Der Antragsgegner trage keinen Gesichtspunkt vor, warum die Antragstellerin sich angesichts des ansonsten von ihm gezeichneten Bildes allenfalls mittelmäßiger Qualifikation und mittelmäßiger Einsatzbereitschaft mit Aussichten auf Erfolg auf diese Stelle hätte bewerben können.
22
Es sei nicht gerechtfertigt, den Unterhaltsanspruch der Antragstellerin gemäß § 1578 b Abs. 2 BGB zeitlich zu befristen. Die Antragstellerin habe mit einer Einkommensdifferenz von mehr als 800 € monatlich einen sehr erheblichen ehebedingten Nachteil erlitten. Sie müsse mit dem völligen Wegfall des Unterhaltsanspruchs Einbußen in einem Maße hinnehmen, das angesichts der guten Einkommensverhältnisse des Antragsgegners und des in siebzehnjähriger Ehe gemeinsam erwirtschafteten Lebensstandards nicht angemessen sei. Für den gut verdienenden Antragsgegner bedeute demgegenüber eine monatliche Unterhaltsbelastung von insgesamt 986 € eine zwar spürbare, aber zu verkraftende Belastung. Die Interessen der Beteiligten ließen es als unbillig erscheinen , wenn der Antragstellerin der Ausgleich der ehebedingten Nachteile nur für einen begrenzten Zeitraum zur Verfügung stünde.
23
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht in jeder Hinsicht stand.
24
a) Allerdings hat das Beschwerdegericht entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde zu Recht davon abgesehen, vom Einkommen des Antragsgegners im Hinblick auf die von ihm seit Juni 2010 neben seiner Erwerbstätigkeit aufgenommene Kinderbetreuung Abzüge in Form eines monetarisierten Betreuungsunterhalts oder eines Betreuungsbonus vorzunehmen.
25
aa) Eine Monetarisierung des dem Kind geschuldeten Betreuungsunterhalts hat der Senat für die Fälle zugelassen, in denen ein Elternteil nach dem Tod des anderen Elternteils seinem auswärts untergebrachten minderjährigen Kind neben dem Barunterhalt auch Betreuungsunterhalt schuldet (Senatsurteil vom 30. August 2006 - XII ZR 138/04 - FamRZ 2006, 1597). Demgegenüber findet in Fällen wie dem vorliegenden, in dem beide Eltern noch leben und einer von ihnen mit befreiender Wirkung Betreuungsunterhalt an das gemeinschaftliche Kind leistet, keine Monetarisierung des Betreuungsunterhalts statt (Senatsurteil vom 30. August 2006 - XII ZR 138/04 - FamRZ 2006, 1597, 1599).
26
bb) Ebenso wenig kommt hier der Abzug eines Betreuungsbonus in Betracht.
27
(1) Für den gemäß § 1570 BGB Unterhaltsberechtigten hat der Senat entschieden, dass der Abzug eines pauschalen Betreuungsbonus nicht in Betracht kommt. Nach der Senatsrechtsprechung ist stets auf die besonderen Umstände des Einzelfalls abzustellen, die im Falle des Betreuungsunterhalts dadurch geprägt sind, in welchem Maße der Unterhaltsberechtigte wegen der Kindesbetreuung nach § 1570 BGB von seiner Erwerbsobliegenheit befreit ist. Davon hängt wiederum ab, inwieweit ein neben der Kindesbetreuung erzieltes Einkommen nach § 1577 Abs. 2 BGB bei der Unterhaltsberechnung zu berück- sichtigen ist (Senatsurteile vom 15. September 2010 - XII ZR 20/09 - FamRZ 2010, 1880 Rn. 38 und vom 21. April 2010 - XII ZR 134/08 - FamRZ 2010, 1050 Rn. 37).
28
(2) Allerdings hat der Senat für den Unterhaltspflichtigen ausgeführt, dass der Abzug eines bestimmten Betreuungsbonus von dessen Einkommen in Betracht kommen kann, wenn sich die Betreuung zwar ohne konkreten Kostenaufwand , jedoch nur unter besonderen Erschwernissen bewerkstelligen lässt (Senatsurteil vom 7. November 1990 - XII ZR 123/89 - FamRZ 1991, 182, 184 zum Kindesunterhalt; Senatsurteile vom 30. August 2006 - XII ZR 138/04 - FamRZ 2006, 1597, 1599 und vom 13. April 2005 - XII ZR 273/02 - FamRZ 2005, 1154, 1156 zum Ehegattenunterhalt).
29
Ob an dieser Rechtsprechung für den Schuldner des Ehegattenunterhalts festzuhalten ist oder ob die Kindesbetreuung lediglich die Erwerbsverpflichtung des Unterhaltspflichtigen zu reduzieren vermag, kann hier dahingestellt bleiben. Denn die Kinder waren im Juni 2010, als der Antragsgegner die Betreuung übernommen hatte, bereits 15 und 16 Jahre alt. Dass die Betreuung der Kinder in diesem Alter eine besondere Erschwernis darstellt, ist weder vom Oberlandesgericht festgestellt noch sonst ersichtlich.
30
b) Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass das Oberlandesgericht hinsichtlich der an die Antragstellerin geflossenen Zahlung aus der Teilungsversteigerung von rund 86.000 € lediglich 75.000 € als Basis für die von ihr zu erzielenden Zinseinkünfte berücksichtigt und der Antragstellerin damit zugestanden hat, einen Teil ihres Vermögens in Höhe von 11.000 € für Prozesskosten verbraucht zu haben.
31
aa) Gemäß § 1577 Abs. 1 BGB kann der Ehegatte den Unterhalt nicht verlangen, solange und soweit er sich aus seinen Einkünften und aus seinem Vermögen selbst unterhalten kann. Zu den Einkünften gehören auch Zinsen, die aus dem vorhandenen Vermögen erzielt werden bzw. erzielt werden könnten. Wurde vorhandenes Kapital verbraucht, können fiktive Zinseinkünfte zugerechnet werden. Es handelt sich insoweit um einen Fall selbst herbeigeführter Bedürftigkeit im Sinne von § 1579 Nr. 4 BGB, so dass eine fiktive Zurechnung beim Unterhaltsberechtigten ein mutwilliges Verhalten voraussetzt (vgl. NKBGB /Schürmann 2. Aufl. § 1577 Rn. 29). Diese Vorschrift sieht eine Sanktion für den Fall vor, dass der Unterhaltsberechtigte seine Bedürftigkeit ganz oder teilweise selbst herbeigeführt hat. Andererseits schützt die Bestimmung ihn insoweit , als sein Verhalten keine Auswirkung auf den Unterhaltsanspruch haben soll, wenn ihm Mutwilligkeit nicht vorgeworfen werden kann (Senatsbeschluss vom 5. März 1986 - IVb ZR 12/85 - FamRZ 1986, 560, 562; s. auch Senatsurteil vom 4. November 1987 - IVb ZR 75/86 - NJW 1988, 2371, 2372 zu § 1611 BGB). Mutwillig i.S.d. § 1579 BGB ist jedoch nicht der Verbrauch des Vermögens für trennungsbedingte Ausgaben wie etwa Anwalts- und Gerichtskosten, solange er sich in einem nach den Lebensverhältnissen angemessenen Rahmen hält (NK-BGB/Schürmann 2. Aufl. § 1577 Rn. 29).
32
bb) Das Beschwerdegericht hat in nicht zu beanstandender Weise festgestellt , dass die Antragstellerin die hier maßgeblichen 11.000 € für die Zahlung der Gerichts- und Anwaltskosten verbraucht hat. Von daher brauchte sich die Antragstellerin für diesen Betrag keine fiktiven Zinseinkünfte anrechnen zu lassen.
33
Der Einwand der Rechtsbeschwerde, das Oberlandesgericht behandle die Beteiligten insoweit ungleich, verfängt nicht. Zwar ist ihr einzuräumen, dass die Aufwendungen für die Kosten des Scheidungsverfahrens nach der Auffassung des Oberlandesgerichts zugunsten des Antragsgegners beim nachehelichen Unterhalt nicht einkommensmindernd berücksichtigt werden können. Dass der Antragsgegner diese Kosten von seinem Einkommen in Abzug bringen wollte , mithin Entsprechendes dargelegt hat, ist jedoch weder festgestellt noch sonst ersichtlich. Das Beschwerdegericht hat mit seinen Ausführungen vielmehr allein begründen wollen, warum sich der Antragsgegner die Steuererstattung, die er im Jahr 2010 für das Jahr 2009 erhalten hat, unterhaltsrechtlich nicht zurechnen lassen muss.
34
c) Zu Recht beanstandet die Rechtsbeschwerde zudem, dass das Beschwerdegericht die Frage der Bedürftigkeit der Antragstellerin erst im Rahmen des § 1578 b BGB und damit nicht rechtsfehlerfrei geprüft hat.
35
aa) Das vom Unterhaltsberechtigten aufgrund der aktuellen Gegebenheiten erzielbare Einkommen ist bereits im Rahmen der Bedürftigkeit zu überprüfen , welche vom Unterhaltsberechtigten darzulegen und zu beweisen ist (Senatsurteile BGHZ 185, 1 = FamRZ 2010, 875 Rn. 25; vom 27. Januar 2010 - XII ZR 100/08 - FamRZ 2010, 538 Rn. 42 und vom 27. Mai 2009 - XII ZR 78/08 - FamRZ 2009, 1300 Rn. 62). Hierfür gelten dieselben Kriterien wie für die Obliegenheit zur Ausübung einer angemessenen Erwerbstätigkeit nach § 1574 BGB. Wer die Aufnahme einer angemessenen Erwerbstätigkeit unterlässt, muss sich das daraus erzielbare Einkommen im Rahmen der Prüfung der Bedürftigkeit nach § 1577 Abs. 1 BGB fiktiv zurechnen lassen (Hoppenz FamRZ 2010, 541).
36
bb) Diese Anforderung hat das Beschwerdegericht verkannt. Es hat die Frage, ob die Antragstellerin bei zureichenden Erwerbsbemühungen eine andere , besser vergütete Stelle ausüben könnte, erst im Rahmen des § 1578 b BGB geprüft. Dabei ist es ersichtlich davon ausgegangen, dass der Antragsgegner auch hierfür die Darlegungs- und Beweislast trägt. Aus seiner Sicht folgerichtig hat das Oberlandesgericht sodann den Vortrag des Antragsgegners an den entsprechenden Anforderungen gemessen und als unzureichend erachtet.
37
Soweit es die - vom Beschwerdegericht festgestellten - unterbliebenen Bewerbungsbemühungen der Antragstellerin nach der Trennung der Beteiligten anbelangt, kann dahin stehen, ob die Ausführungen des Oberlandesgerichts zum Fehlen einer entsprechenden realen Beschäftigungsmöglichkeit hinreichend sind. Denn jedenfalls hätte das Beschwerdegericht auf der Grundlage entsprechenden Vortrages der Antragstellerin und der sie treffenden Darlegungs - und Beweislast Feststellungen dazu treffen müssen, dass sie auch bei einer Bewerbung auf die vom Antragsgegner unterbreiteten Stellenausschreibung erfolglos geblieben wäre. Dabei sind vor allem deshalb besondere Anforderungen an die Darlegungslast der Antragstellerin zu stellen, weil sie auch ihre jetzige Stelle nach den getroffenen Feststellungen bereits unter Vermittlung des Antragsgegners in seiner Funktion als Personalchef der Sparkasse erhalten hatte.
38
d) Zu Unrecht hat das Beschwerdegericht zudem die Antragstellerin als befugt angesehen, den bereits bezifferten Unterhalt rückwirkend zu erhöhen beziehungsweise um den Altersvorsorgeunterhalt zu erweitern.
39
aa) Gemäß § 1585 b Abs. 2 i.V.m. § 1613 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Berechtigte für die Vergangenheit Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur von dem Zeitpunkt an fordern, zu welchem der Verpflichtete zum Zwecke der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs aufgefordert worden ist, über seine Einkünfte und sein Vermögen Auskunft zu erteilen, zu welchem der Verpflichtete in Verzug gekommen oder der Unterhaltsanspruch rechtshängig geworden ist.
40
Ob der Unterhaltsberechtigte, der vom Unterhaltspflichtigen zunächst Auskunft begehrt und später seinen Anspruch beziffert hat, im Nachhinein die ursprüngliche Bezifferung rückwirkend erhöhen kann, ist streitig (dafür Frerix FamRZ 2000, 1046; Johannsen/Henrich/Graba Familienrecht 5. Aufl. § 1613 BGB Rn. 3; aA OLG Düsseldorf Urteil vom 27. Februar 2011 - 7 UF 99/10 - juris Rn. 14; AG Wesel FamRZ 2000, 1045; Keuter FamRZ 2009, 1024 mwN zum Meinungsstand).
41
§ 1613 Abs. 1 Satz 1 BGB erlaubt es grundsätzlich nicht, einen nach dem ursprünglichen Auskunftsbegehren bezifferten Unterhaltsanspruch nachträglich betragsmäßig zu erhöhen.
42
Zwar berechtigt § 1613 Abs. 1 Satz 1 BGB den Unterhaltsgläubiger für die Vergangenheit von dem Zeitpunkt an Unterhalt zu fordern, zu welchem der Verpflichtete zur entsprechenden Auskunftserteilung aufgefordert worden ist. Nach dem Wortlaut der Norm steht eine zwischenzeitlich erfolgte Bezifferung des Unterhalts einer rückwirkenden Erhöhung nicht entgegen. Allerdings bedarf die Norm einer einschränkenden Auslegung. Der Unterhaltspflichtige wird ab Zugang des Auskunftsbegehrens vom Gesetzgeber nicht mehr als schutzwürdig angesehen, da er von nun an konkret damit rechnen muss, auf Unterhalt in Anspruch genommen zu werden und hierzu gegebenenfalls Rückstellungen bilden kann (vgl. BT-Drucks. 13/7338 S. 31; Senatsurteil vom 22. November 2006 - XII ZR 24/04 - FamRZ 2007, 193, 195 f.). Soweit der Unterhaltsberechtigte aber seinen Unterhaltsanspruch nach Auskunftserteilung beziffert hat, ohne sich zugleich vorzubehalten, den Anspruch gegebenenfalls im Hinblick auf noch nicht erfolgte Auskünfte zu erhöhen, braucht der Unterhaltspflichtige nur noch mit einer Inanspruchnahme in der bezifferten Höhe zu rechnen. Ließe man es dagegen zu, dass der Gläubiger Monate später noch Forderungen für die Vergangenheit wirksam geltend machen kann, die möglicherweise weit über die ursprünglichen Forderungen hinausgehen, würde man dem Schuldner genau das Risiko unkalkulierbar angewachsener Rückstände aufbürden, vor welchem § 1613 BGB ihn schützen will (Keuter FamRZ 2009, 1024, 1026). Außerdem erscheint es nicht gerechtfertigt, dem Unterhaltsberechtigten, der seine Forderung nach vorangegangener Auskunft beziffert hat, besser zu stellen als den Unterhaltsberechtigten, der seine Unterhaltsforderung sogleich beziffert hat. Für Letzteren begründet § 1613 Abs. 1 BGB nur in Höhe des bezifferten Betrages Verzug, so dass eine nachträgliche Erhöhung des Anspruchs rückwirkend nicht möglich ist (Senatsurteil vom 15. November 1989 - IVb ZR 3/89 - FamRZ 1990, 283, 285).
43
bb) Diesen Grundsätzen wird die angefochtene Entscheidung nicht gerecht.
44
Das Beschwerdegericht hat zu Unrecht die Möglichkeit einer rückwirkenden Erhöhung bejaht. Dies gilt sowohl für den Zeitraum von August 2009 bis Juli 2010, für den die Antragstellerin rückwirkend zusätzlich zu dem zunächst bezifferten Unterhalt von 310,50 € monatlich Altersvorsorgeunterhalt begehrt, als auch für August 2010 für den die Antragstellerin einen Elementarunterhalt von 1.254,71 € zuzüglich Altersvorsorgeunterhalt in Höhe von 366 € begehrt statt der ursprünglich bezifferten 310,50 €.
45
(1) Zwar hat der Senat entschieden, dass Altersvorsorgeunterhalt für die Vergangenheit nicht erst von dem Zeitpunkt an verlangt werden kann, in dem er ausdrücklich geltend gemacht worden ist. Es reicht mit Rücksicht darauf, dass Elementar- und Altersvorsorgeunterhalt nicht Gegenstand eigenständiger Ansprüche sind, sondern lediglich Teile des einheitlichen, den gesamten Lebensbedarf umfassenden Unterhaltsanspruchs, für die Inanspruchnahme des Unterhaltspflichtigen vielmehr aus, dass von diesem Auskunft mit dem Ziel der Gel- tendmachung eines Unterhaltsanspruchs begehrt worden ist; eines gesonderten Hinweises, es werde auch Altersvorsorgeunterhalt verlangt, bedarf es nicht (Senatsurteil vom 22. November 2006 - XII ZR 24/04 - FamRZ 2007, 193, 196).
46
Diese Ausführungen beziehen sich indessen allein auf das Auskunftsersuchen als solches, nicht auf die Bezifferung. Sofern der Unterhaltsberechtigte seinen Unterhaltsanspruch beziffert hat, ohne damit einen Altersvorsorgeunterhalt geltend zu machen, scheidet ein rückwirkend verlangter, über den bezifferten Betrag hinausgehender Unterhalt aus. Denn Unterhalt wird regelmäßig in voller Höhe geltend gemacht, so dass die Vermutung gegen eine Teilforderung spricht. Beziffert der Unterhaltsberechtigte seinen Unterhaltsanspruch, ohne zugleich Altersvorsorgeunterhalt geltend zu machen, fehlt es an einem erkennbaren Vorbehalt hinsichtlich einer etwaigen Nachforderung von Vorsorgeunterhalt. Auch in den Fällen, in denen sich der Unterhaltsgläubiger nicht bewusst war, Vorsorgeunterhalt verlangen zu können, kann von einem solchen Vorbehalt nicht ausgegangen werden. Aus der Sicht des Unterhaltsberechtigten ist nämlich der gesamte Unterhalt geltend gemacht worden, während die Annahme eines Vorbehalts voraussetzt, dass sich der Unterhaltsberechtigte des Bestehens einer weiteren Forderung bewusst war (vgl. zur Teilklage Senatsurteil vom 3. April 1985 - IVb ZR 19/84 - FamRZ 1985, 690).
47
(2) Entsprechendes gilt für die Unterhaltsforderung für August 2010, wobei dort zudem der Elementarunterhalt rückwirkend erhöht worden ist.
48
3. Gemäß § 74 Abs. 5 FamFG ist der angefochtene Beschluss aufzuheben. Da noch weitere Feststellungen zu treffen sind, ist die Sache nicht zur Endentscheidung reif. Deshalb ist sie gemäß § 74 Abs. 6 Satz 1 und Satz 2 FamFG zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.
49
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
50
a) Die Einbeziehung eines Altersvorsorgeunterhalts bezogen auf den nach dem ehebedingten Nachteil bemessenen Unterhalt ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
51
Dem Unterhaltsberechtigten können Nachteile dadurch entstehen, dass er nach Zustellung des Scheidungsantrags und damit in einer nicht mehr vom Versorgungsausgleich umfassten Zeit ehebedingt ein geringeres Erwerbseinkommen erzielt und demgemäß auch geringere Rentenanwartschaften erwirbt. Sofern dem Unterhaltsberechtigten lediglich die ehebedingte Einkommensdifferenz als Unterhalt zugesprochen wird, setzt sich der ehebedingte Nachteil mit Renteneintritt in Form der geringeren Rentenanwartschaften fort. Durch die Bewilligung von Altersvorsorgeunterhalt i.S. von § 1578 Abs. 3 BGB bezogen auf die ehebedingte Einkommensdifferenz kann dieser Nachteil ausgeglichen werden (vgl. auch Senatsurteil vom 7. März 2012 - XII ZR 145/09 - FamRZ 2012, 951 Rn. 29 ff.).
52
b) Allerdings bedarf die Unterhaltsberechnung im Hinblick auf den vom Einkommen der Antragstellerin abzuziehenden Kindesunterhalt für den Zeitraum ab November 2011 einer Korrektur. Das älteste Kind ist am 7. November 2011 volljährig geworden. Daher muss gemäß §§ 1606 Abs. 3 Satz 1, 1612 a Abs. 3 BGB bereits für November 2011 eine neue Unterhaltsberechnung unter Berücksichtigung der nunmehr gebotenen anteiligen Haftung beider Eltern für den Volljährigenunterhalt durchgeführt werden (vgl. Senatsurteil BGHZ 188, 50 = FamRZ 2011, 454 Rn. 34).
53
c) Im Umfang der Aufhebung wird sich das Beschwerdegericht erneut die Frage vorzulegen haben, ab wann und in welchem Umfang der Unterhalt herabzusetzen ist. Dabei dürfte die von ihm im Rahmen der Billigkeitsabwägung als maßgeblich erachtete "deutliche Differenz" zwischen dem - gemäß § 1578 BGB - errechneten Unterhaltsanspruch und dem ehebedingten Nachteil kein tauglicher Gesichtspunkt für eine frühzeitige Herabsetzung sein. Denn der ehebedingte Nachteil wirkt sich ausschließlich unterhalb des angemessenen Lebensbedarfs aus (vgl. Senatsurteil vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 23), hat also regelmäßig keinen Einfluss auf die Bestimmung des darüber liegenden Bedarfs.

III.

54
Soweit der Antragsgegner nach § 717 ZPO von der Antragstellerin die Rückzahlung derjenigen Beträge begehrt, die er im Hinblick auf die drohende Vollstreckung aus dem Beschwerdebeschluss geleistet hat, ist die Sache ebenfalls an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.
55
1. Die Anträge sind zulässig.
56
Zwar hat der Antragsgegner nicht dargelegt, auf welchen Tatbestand des § 717 ZPO er seine Anträge stützen will. Seinen Anträgen liegt jedoch die drohende Vollstreckung aus dem Titel des Beschwerdegerichts zugrunde. Dieser entspricht im ZPO-Verfahren einem Berufungsurteil in vermögensrechtlichen Streitigkeiten i.S.d. § 708 Nr. 10 ZPO. Deshalb ist sein Begehren als Antrag gemäß § 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO auszulegen.
57
Danach ist - soweit ein Berufungsurteil aufgehoben oder abgeändert wird - der Kläger auf Antrag des Beklagten zur Erstattung des von diesem auf Grund des Urteils Gezahlten oder Geleisteten zu verurteilen. Die Erstattungspflicht des Klägers bestimmt sich nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, § 717 Abs. 3 Satz 3 ZPO.
58
a) Die Anträge sind nach § 120 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 717 ZPO statthaft.
59
Da es sich vorliegend um eine Unterhaltssache nach § 231 Abs. 1 Nr. 2 FamFG und damit um eine Familienstreitsache im Sinne von § 112 Nr. 1 FamFG handelt, findet § 120 FamFG Anwendung, der die Vollstreckung regelt. Gemäß § 120 Abs. 1 FamFG erfolgt die Vollstreckung in Familienstreitsachen entsprechend den Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Zwangsvollstreckung. Hierunter fällt auch die Anwendung von § 717 ZPO. Zwar heißt es in der Gesetzesbegründung zu § 120 FamFG, dass die §§ 714 bis 720 a ZPO nur eingeschränkt anwendbar seien (BT-Drucks. 16/6308 S. 226). In der hierzu von der Gesetzesbegründung in Bezug genommenen Kommentarliteratur (Germelmann Arbeitsgerichtsgesetz 7. Aufl. § 62 ArbGG Rn. 3) ist von einer nur eingeschränkten Anwendbarkeit des § 717 ZPO indes nicht die Rede (s. auch MünchKommZPO/Fischer 3. Aufl. § 120 FamFG Rn. 8).
60
b) Der Antrag nach § 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO kann auch noch in der Rechtsbeschwerdeinstanz gestellt werden (vgl. zum Revisionsverfahren BGH Urteil vom 17. Mai 1994 - XI ZR 117/93 - NJW 1994, 2095, 2096; MünchKommZPO /Krüger 3. Aufl. § 717 Rn. 23 und 31).
61
2. Die Anträge sind jedoch nicht zur Endentscheidung reif.
62
§ 74 Abs. 3 Satz 4 FamFG bestimmt in entsprechender Anwendung von § 559 ZPO, welche Tatsachengrundlage für die Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts maßgebend ist; nämlich nur dasjenige Beteiligtenvorbringen, das aus der Beschwerdeentscheidung und dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Damit ist in der Rechtsbeschwerdeinstanz eine Nachprüfung tatsächlicher Verhältnisse grundsätzlich ausgeschlossen (Keidel/Meyer-Holz FamFG 17. Aufl. § 74 Rn. 29).
63
Wird ein Antrag nach § 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO i.V.m. § 120 Abs. 1 FamFG in der Rechtsbeschwerdeinstanz gestellt, so kann er nur auf neuem oder ungeklärtem Sachverhalt beruhen (vgl. auch BGH Urteil vom 17. Mai 1994 - XI ZR 117/93 - NJW 1994, 2095 [2. LS]; s. auch MünchKommZPO/Krüger 3. Aufl. § 717 Rn. 31), weshalb er - jedenfalls bei einer ohnehin erforderlichen Zurückverweisung in der Hauptsache (vgl. Senatsurteil vom 21. November 2001 - XII ZR 162/99 - FamRZ 2002, 318) - regelmäßig zurückzuverweisen ist.
Dose Weber-Monecke Klinkhammer Schilling Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
AG Rheine, Entscheidung vom 26.08.2010 - 18 F 378/09 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 21.04.2011 - II-13 UF 216/10 -
42
Das Urteil des Amtsgerichts vom 25. Mai 2005, dessen Abänderung der Kläger begehrt, hat der Beklagten auf Grundlage der Einkünfte aus ihrer vollschichtigen Tätigkeit als Bäckereiverkäuferin Aufstockungsunterhalt zugesprochen. Damit hat das Amtsgericht zugleich - wenn auch nicht ausdrücklich - festgestellt , dass die Beklagte unterhaltsrechtlich nicht dazu verpflichtet war, in ihrem ursprünglich erlernten Beruf als Erzieherin zu arbeiten. Denn andernfalls hätte es ihr im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung nach § 1577 Abs. 1 BGB höhere fiktive Einkünfte zurechnen müssen. Gelangt das Gericht indes bereits im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung zu der Überzeugung, dass der Unterhaltsgläubiger kein seiner Ausbildung entsprechendes adäquates Einkommen erzielen kann, erübrigt sich eine erneute Prüfung im Rahmen des § 1578 b BGB (vgl. Senatsurteil vom 27. Mai 2009 - XII ZR 78/08 - FamRZ 2009, 1300 - Tz. 62).

(1) Der geschiedene Ehegatte kann den Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1573, 1575 und 1576 nicht verlangen, solange und soweit er sich aus seinen Einkünften und seinem Vermögen selbst unterhalten kann.

(2) Einkünfte sind nicht anzurechnen, soweit der Verpflichtete nicht den vollen Unterhalt (§§ 1578 und 1578b) leistet. Einkünfte, die den vollen Unterhalt übersteigen, sind insoweit anzurechnen, als dies unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse der Billigkeit entspricht.

(3) Den Stamm des Vermögens braucht der Berechtigte nicht zu verwerten, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre.

(4) War zum Zeitpunkt der Ehescheidung zu erwarten, dass der Unterhalt des Berechtigten aus seinem Vermögen nachhaltig gesichert sein würde, fällt das Vermögen aber später weg, so besteht kein Anspruch auf Unterhalt. Dies gilt nicht, wenn im Zeitpunkt des Vermögenswegfalls von dem Ehegatten wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann.

42
Das Urteil des Amtsgerichts vom 25. Mai 2005, dessen Abänderung der Kläger begehrt, hat der Beklagten auf Grundlage der Einkünfte aus ihrer vollschichtigen Tätigkeit als Bäckereiverkäuferin Aufstockungsunterhalt zugesprochen. Damit hat das Amtsgericht zugleich - wenn auch nicht ausdrücklich - festgestellt , dass die Beklagte unterhaltsrechtlich nicht dazu verpflichtet war, in ihrem ursprünglich erlernten Beruf als Erzieherin zu arbeiten. Denn andernfalls hätte es ihr im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung nach § 1577 Abs. 1 BGB höhere fiktive Einkünfte zurechnen müssen. Gelangt das Gericht indes bereits im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung zu der Überzeugung, dass der Unterhaltsgläubiger kein seiner Ausbildung entsprechendes adäquates Einkommen erzielen kann, erübrigt sich eine erneute Prüfung im Rahmen des § 1578 b BGB (vgl. Senatsurteil vom 27. Mai 2009 - XII ZR 78/08 - FamRZ 2009, 1300 - Tz. 62).

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.

(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.

(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

13
a) Danach ist bei der Billigkeitsabwägung für eine Herabsetzung oder eine zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts vorrangig zu berücksichtigen , inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche ehebedingten Nachteile begrenzen regelmäßig die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts und stehen einer Befristung grundsätzlich entgegen. Sie können sich nach § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB vor allem aus der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben (BT-Drucks. 16/1830 S. 18 f.; Senatsurteil vom 27. Mai 2009 - XII ZR 111/08 - FamRZ 2009, 1207, 1210 Tz. 35).
23
Dass das Berufungsgericht beim Umfang der Belastung für den Antragsteller auch das - bei der Ermittlung des Unterhaltsbedarfs nicht herangezogene - nach der Trennung erhöhte Einkommen des Antragstellers berücksichtigt hat, ergibt sich ebenfalls aus den Gründen des Berufungsurteils. Das Berufungsgericht ist insoweit davon ausgegangen, dass sich der Unterhalt trotz des derzeit guten Verdienstes des Antragstellers mit Rücksicht auf seine zukünftige Familienplanung als eine deutliche Belastung darstelle. Die Revision beanstandet insoweit, dass das Berufungsgericht zu dem Inhalt dieser Familienplanung keinerlei Feststellungen getroffen habe. Solche Feststellungen waren indessen nicht erforderlich. Denn die Billigkeitsabwägung des Berufungsgerichts bewegt sich auch mit dieser Erwägung im Rahmen der mit § 1578 b BGB verbundenen gesetzgeberischen Wertungen (vgl. BVerfG Beschluss vom 25. Januar 2011 - 1 BvR 918/10 - FamRZ 2011, 437 Rn. 20). Dass damit eine Billigkeitsabwägung bereits vor Beurteilung der Leistungsfähigkeit nach § 1581 BGB und der in diesem Rahmen zu berücksichtigenden sonstigen (Unterhalts-) Verbindlichkeiten zu treffen ist, bedarf im vorliegenden Fall keiner Vertiefung, weil keine konkurrierenden Unterhaltsansprüche in Rede stehen. Darauf, dass konkrete Unterhaltspflichten bereits entstanden sind oder mit ihrem Entstehen in absehbarer Zeit zu rechnen ist, kommt es zudem nicht an. Denn nach der Absicht des Gesetzgebers des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes vom 21. Dezember 2007 sollte "die Ausweitung der Möglichkeit, nacheheliche Unterhaltsansprüche zeitlich oder der Höhe nach zu begrenzen, […] die Chancen für einen Neuanfang nach einer gescheiterten Ehe erhöhen und die Zweitfamilien entlasten" (BT-Drucks. 16/1830 S. 13). Die Billigkeitsabwägung unter Einbe- ziehung dieses allgemeinen Gesetzesmotivs, dass schon die Chancen für einen "Neuanfang" erhöht werden sollten, kann als solche demnach nicht sachwidrig sein. Ob diesem Gesichtspunkt in seiner Allgemeinheit neben weiteren Aspekten eine wesentliche Bedeutung zukommen kann, erscheint allerdings fraglich. Die vom Berufungsgericht hier getroffene Abwägung hält sich insoweit jedenfalls noch im Rahmen des tatrichterlichen Beurteilungsspielraums, was nicht zuletzt das von ihm erzielte Ergebnis verdeutlicht.