Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Mai 2011 - XII ZB 69/11

bei uns veröffentlicht am04.05.2011
vorgehend
Amtsgericht Halle (Saale), 27 F 544/09 UK, 25.06.2010
Oberlandesgericht Naumburg, 8 UF 167/10, 16.09.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 69/11
vom
4. Mai 2011
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. Mai 2011 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Hahne, die Richterin Weber-Monecke und die Richter Dose,
Schilling und Dr. Günter

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss des 8. Zivilsenats - 2. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg vom 16. September 2010 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 4.425 Euro

Gründe:

I.

1
Die Parteien streiten um Kindesunterhalt.
2
Am 30. März 2009 hat die Klägerin beim Amtsgericht Prozesskostenhilfe für eine Klage auf Zahlung von Kindesunterhalt beantragt. Dem Antrag war eine Klageschrift mit der ausdrücklichen Erklärung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin beigefügt, die Klage solle nur unter der Bedingung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe erhoben werden. Einen Gerichtskostenvorschuss hat die Klägerin nicht geleistet. Mit Beschluss vom 31. März 2010 hat das Amtsgericht der Klägerin "Prozesskostenhilfe" bewilligt und die Zustellung der Klage veranlasst.
3
Das Amtsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Das Urteil wurde der Beklagten am 2. August 2010 zugestellt.
4
Mit beim Oberlandesgericht am 2. September 2010 per Telefax eingegangenem Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten hat die Beklagte "Verfahrenskostenhilfe für die beabsichtigte Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts" beantragt.
5
Mit Beschluss vom 16. September 2010 hat das Oberlandesgericht den "Verfahrenskostenhilfeantrag" der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass trotz des bereits am 30. März 2009 gestellten Antrags der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe die Klage erst mit der am 31. März 2010 erfolgten Zustellung anhängig im Sinne von Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG geworden sei. Deshalb sei das ab 1. September 2009 geltende Verfahrensrecht anzuwenden. Das "Verfahrenskostenhilfegesuch" der Beklagten habe daher innerhalb der 1-monatigen Beschwerdefrist des § 63 Abs. 1 FamFG beim Amtsgericht als dem nach § 64 Abs. 1 FamFG zuständigen Gericht und nicht beim Oberlandesgericht eingehen müssen. Die Einreichung des "Verfahrenskostenhilfeantrags" beim unzuständigen Gericht habe zur Folge, dass die Beschwerdefrist schuldhaft versäumt worden sei. Da somit auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht komme, wäre eine noch einzulegende Beschwerde der Beklagten gegen die amtsgerichtliche Entscheidung unzulässig. Mangels Erfolgsaussicht des beabsichtigten Rechtsmittels könne der Beklagten daher "Verfahrenskostenhilfe" nicht gewährt werden.
6
Mit der vom Oberlandesgericht im Hinblick auf die gegenteilige Auffassung des Oberlandesgerichts Celle (OLG Celle FamRZ 2010, 1101 f.) zur Fra- ge der Verfahrenseinleitung im Sinne von Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG durch ein Prozess- oder Verfahrenskostenhilfegesuch zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Beklagte ihren Antrag weiter.

II.

7
Die statthafte (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 ZPO) und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der angegriffenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
8
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, auch des Senats, muss das Beschwerdegericht bei Vorliegen der persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen einem Prozess- oder Verfahrenskostenhilfeantrag entsprechen , wenn es im Bewilligungsverfahren der Ansicht ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gegeben sind (vgl. Senatsbeschluss vom 17. März 2004 - XII ZB 192/02 - NJW 2004, 2022; BGH Beschlüsse vom 21. November 2002 - V ZB 40/02 - NJW 2003, 1126, 1127 und vom 27. Februar 2003 - III ZB 29/02 - AGS 2003, 213). In diesem Fall gebietet nämlich die in Art. 3 Abs. 1 GG iVm Art. 20 Abs. 3 GG verbürgte Rechtsschutzgleichheit , die Erfolgsaussichten zu bejahen und dem Antragsteller Prozessoder Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen. Denn das Hauptverfahren eröffnet erheblich bessere Möglichkeiten der Entwicklung und Darstellung des eigenen Rechtsstandpunktes (Senatsbeschluss vom 17. März 2004 - XII ZB 192/02 - NJW 2004, 2022). Das nur einer summarischen Prüfung unterliegende Prozess - oder Verfahrenskostenhilfeverfahren hat demgegenüber nicht den Zweck, über zweifelhafte Rechtsfragen vorweg zu entscheiden (vgl. BVerfG FamRZ 2002, 665).
9
Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass im vorliegenden Fall der Grundsatz der Meistbegünstigung zur Anwendung gelangen könnte (vgl. Senatsbeschluss vom 6. April 2011 - XII ZB 553/10 - zur Veröffentlichung bestimmt).
Hahne Weber-Monecke RiBGH Dose ist durch Teilnahme an einer Tagung verhindert zu unterschreiben. Hahne Schilling Günter
Vorinstanzen:
AG Halle (Saale), Entscheidung vom 25.06.2010 - 27 F 544/09 UK -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 16.09.2010 - 8 UF 167/10 (PKH) -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Mai 2011 - XII ZB 69/11

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Mai 2011 - XII ZB 69/11

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

FGG-Reformgesetz - FGG-RG | Art 111 Übergangsvorschrift


(1) Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Ref

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 63 Beschwerdefrist


(1) Die Beschwerde ist, soweit gesetzlich keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Frist von einem Monat einzulegen. (2) Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen, wenn sie sich gegen folgende Entscheidungen richtet: 1
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(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten wird. Anträge auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde sind bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten werden soll. (

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Tenor Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 18.08.2013 wird zurückgewiesen. Gründe   I.

Referenzen

(1) Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde, sind weiter die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Auf Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren finden die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften Anwendung, wenn die Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde.

(2) Jedes gerichtliche Verfahren, das mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird, ist ein selbständiges Verfahren im Sinne des Absatzes 1 Satz 1.

(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren in Familiensachen, die am 1. September 2009 ausgesetzt sind oder nach dem 1. September 2009 ausgesetzt werden oder deren Ruhen am 1. September 2009 angeordnet ist oder nach dem 1. September 2009 angeordnet wird, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.

(4) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, die am 1. September 2009 vom Verbund abgetrennt sind oder nach dem 1. September 2009 abgetrennt werden, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Alle vom Verbund abgetrennten Folgesachen werden im Fall des Satzes 1 als selbständige Familiensachen fortgeführt.

(5) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, in denen am 31. August 2010 im ersten Rechtszug noch keine Endentscheidung erlassen wurde, sowie auf die mit solchen Verfahren im Verbund stehenden Scheidungs- und Folgesachen ab dem 1. September 2010 die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.

(1) Die Beschwerde ist, soweit gesetzlich keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Frist von einem Monat einzulegen.

(2) Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen, wenn sie sich gegen folgende Entscheidungen richtet:

1.
Endentscheidungen im Verfahren der einstweiligen Anordnung oder
2.
Entscheidungen über Anträge auf Genehmigung eines Rechtsgeschäfts.

(3) Die Frist beginnt jeweils mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses an die Beteiligten. Kann die schriftliche Bekanntgabe an einen Beteiligten nicht bewirkt werden, beginnt die Frist spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses.

(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten wird. Anträge auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde sind bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten werden soll.

(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle eingelegt. Die Einlegung der Beschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle ist in Ehesachen und in Familienstreitsachen ausgeschlossen. Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist von dem Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen.

(3) Das Beschwerdegericht kann vor der Entscheidung eine einstweilige Anordnung erlassen; es kann insbesondere anordnen, dass die Vollziehung des angefochtenen Beschlusses auszusetzen ist.

(1) Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde, sind weiter die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Auf Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren finden die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften Anwendung, wenn die Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde.

(2) Jedes gerichtliche Verfahren, das mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird, ist ein selbständiges Verfahren im Sinne des Absatzes 1 Satz 1.

(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren in Familiensachen, die am 1. September 2009 ausgesetzt sind oder nach dem 1. September 2009 ausgesetzt werden oder deren Ruhen am 1. September 2009 angeordnet ist oder nach dem 1. September 2009 angeordnet wird, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.

(4) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, die am 1. September 2009 vom Verbund abgetrennt sind oder nach dem 1. September 2009 abgetrennt werden, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Alle vom Verbund abgetrennten Folgesachen werden im Fall des Satzes 1 als selbständige Familiensachen fortgeführt.

(5) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, in denen am 31. August 2010 im ersten Rechtszug noch keine Endentscheidung erlassen wurde, sowie auf die mit solchen Verfahren im Verbund stehenden Scheidungs- und Folgesachen ab dem 1. September 2010 die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 192/02
vom
17. März 2004
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Ist das Beschwerdegericht in einem Prozeßkostenhilfeverfahren der Ansicht,
daß die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde vorliegen
, so muß es bei Vorliegen der persönlichen Voraussetzungen Prozeßkostenhilfe
bewilligen.

b) Hat das Beschwerdegericht den Antrag auf Prozeßkostenhilfe abgelehnt und
dennoch die Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluß zugelassen, so ist
das Revisionsgericht zwar an die Zulassung gebunden (§ 574 Abs. 1 Nr. 2,
Abs. 3 Satz 2 ZPO). Der Beschluß ist jedoch aufzuheben, weil er gegen das
in Art. 3 Abs. 1 i.V. mit Art. 20 Abs. 3 GG verbürgte Gebot der Rechtsschutzgleichheit
verstößt.
BGH, Beschluß vom 17. März 2004 - XII ZB 192/02 - OLG Dresden
LG Zwickau
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. März 2004 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter Sprick, Fuchs, Dr. Ahlt sowie die
Richterin Dr. Vézina

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 15. Oktober 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens , an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Gründe:


I.

Der Antragsteller begehrt Prozeßkostenhilfe für eine Klage auf Feststellung des Bestehens eines Gewerberaummietvertrages, hilfsweise Feststellung, daß das Mietverhältnis nicht durch die Kündigung der Antragsgegnerin zum 30. September 2001 beendet wurde und weiter hilfsweise Zahlung der Miete für die Zeit vom 1. Oktober 2001 bis einschließlich Februar 2002. Mit schriftlichem Mietvertrag vom 21./28. Juni 1995 vermietete der Antragsteller an die Antragsgegnerin eine Gesamtfläche von 1450 qm bestehend aus Räumlichkeiten, Hofflächen und Überfahrtsflächen zum Betrieb eines Reifen -Service für die Dauer von fünfzehn Jahren. Wegen der Maße und Lage des Mietgegenstandes wurde auf einen als Anlage I bezeichneten Lageplan verwie-
sen, in dem die vermieteten Flächen schraffiert gekennzeichnet sein sollten. Dieser Lageplan lag unstreitig bei Vertragsabschluß nicht vor. Mit Schreiben vom 20. Februar 2001 kündigte die Antragsgegnerin den Mietvertrag gemäß § 566 BGB in Verbindung mit § 565 Abs. 1 a BGB a.F. zum 30. September 2001. Der Antragsteller ist der Ansicht, die Antragsgegnerin könne sich nach Treu und Glauben nicht auf einen etwaigen Formmangel des Mietvertrages berufen. Der Antrag des Antragstellers auf Prozeßkostenhilfe ist vor dem Landgericht und dem Oberlandesgericht ohne Erfolg geblieben. Mit der - zugelassenen - Rechtsbeschwerde verfolgt er seinen Antrag weiter.

II.

Das Beschwerdegericht hat angenommen, daß zwischen den Parteien trotz Unterzeichnung des schriftlichen Mietvertrages zunächst kein Mietvertrag zustande gekommen sei, weil sich die Parteien nicht über den Mietgegenstand geeinigt hätten. Es sei offen geblieben, welche Teile des noch zu errichtenden Gebäudes und des Grundstücks der Antragsgegnerin zur Nutzung hätten überlassen werden sollen. Soweit sich aus der jahrelangen Nutzung des Gebäudes und des Grundstücks eine Einigung über das Mietobjekt und damit der Abschluß eines Mietvertrages ergebe, fehle es an der Einhaltung der Schriftform des § 566 BGB a.F. Die Antragsgegnerin dürfe sich auch auf den Formmangel berufen, ohne gegen Treu und Glauben zu verstoßen. Die Rechtsbeschwerde hat es unter Hinweis auf § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO wegen der Frage
zugelassen, ob der Antragsgegnerin aus Treu und Glauben eine Geltendmachung der Formnichtigkeit verwehrt sei.

III.

Die statthafte (§ 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 ZPO) Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht. Das Beschwerdegericht hätte, wenn es der Ansicht ist, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, oder, daß die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Zulassung der Rechtsbeschwerde erfordert, bei Vorliegen der persönlichen Voraussetzungen, Prozeßkostenhilfe bewilligen müssen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. November 2002 - V ZB 40/02 - NJW 2003, 1126, 27. Februar 2003 - III ZB 29/02 - AGS 2003, 213). In diesem Fall gebietet nämlich die in Art. 3 Abs. 1 i.V. mit Art. 20 Abs. 3 GG verbürgte Rechtsschutzgleichheit, die Erfolgsaussicht zu bejahen und dem Antragsteller Prozeßkostenhilfe zu gewähren, denn das Hauptverfahren eröffnet erheblich bessere Möglichkeiten der Entwicklung und Darstellung des eigenen Rechtsstandpunktes (BVerfGE 81, 347). Das nur einer
summarischen Prüfung unterliegende Prozeßkostenhilfeverfahren hat demgegenüber nicht den Zweck, über zweifelhafte Rechtsfragen vorweg zu entscheiden (BVerfG FamRZ 2002, 665).
Hahne Sprick Fuchs Ahlt Vézina

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 40/02
vom
21. November 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die Rechtsbeschwerde kann im Verfahren über die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe
nur wegen solcher Fragen zugelassen werden, die das Verfahren oder
die persönlichen Voraussetzungen betreffen.

b) Hat die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung grundsätzliche
Bedeutung oder wirft sie Fragen auf, die einer Klärung durch höchstrichterliche
Entscheidung bedürfen, so verspricht die Sache Aussicht auf Erfolg und es ist
Prozeßkostenhilfe zu bewilligen.
BGH, Beschl. v. 21. November 2002 - V ZB 40/02 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 21. November 2002 durch
die Richter Tropf, Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Gaier und Dr. Schmidt-Räntsch

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 15. Juli 2002 wird zurückgewiesen.

Gründe


I.


Mit notariellem Vertrag vom 30. Juli 1970 übertrug die Antragstellerin ihrer Tochter, der Ehefrau des Antragsgegners, das Eigentum an ihrem Hausgrundstück. Im Vertrag ist folgendes bestimmt:
"III. Die Beteiligte zu 2. [das ist die Ehefrau des Antragsgegners] räumt ihrer Mutter, der Beteiligten zu 1. [das ist die Antragstellerin] ein lebenslängliches unentgeltliches Wohnrecht an sämtlichen Räumen in der ersten Etage, mit Ausnahme eines Zimmers straßenwärts gelegen, ein.

IV.

Die Beteiligte zu 2. verpflichtet sich auf jederzeit zulässiges Verlangen der Beteiligten zu 1., dieser bis zum Lebensende unentgeltlich Pflege und Aufwartung zu gewähren."
Der Vertrag wurde im Grundbuch vollzogen. Die bei Abschluß des Vertrages 54 Jahre alte Antragstellerin lebte bis zum Ablauf des März 2001 wei-
terhin in dem Anwesen. Der Antragsgegner und seine Ehefrau lebten in den Räumen des Erdgeschosses. Am 21. November 1994 verstarb die Ehefrau des Antragsgegners. Sie wurde von diesem beerbt. Er zog Ende Februar 1998 aus dem Hause aus.
Seit dem 1. April 2001 lebt die Antragstellerin in einem Altenheim, weil sie pflegebedürftig ist. Sie hat beantragt, ihr Prozeßkostenhilfe für eine auf Zahlung einer monatlichen Rente und von Rückständen auf eine solche Rente gerichtete Klage zu gewähren. Die Antragstellerin ist der Auffassung, daß sie von dem Antragsgegner als Rechtsnachfolger seiner Ehefrau die Zahlung einer monatlichen Rente verlangen könne, da sie infolge ihrer Pflegebedürftigkeit außerstande sei, das ausbedungene Wohnrecht weiterhin in Anspruch zu nehmen. Sie stützt den Antrag in erster Linie auf Art. 15 § 9 Abs. 3 des Preußischen „Allgemeinen Landrechts“ und hilfsweise auf ergänzende Vertragsauslegung sowie den Wegfall der Geschäftsgrundlage.
Der Antrag ist vor dem Landgericht und dem Oberlandesgericht ohne Erfolg geblieben. Mit der – zugelassenen – Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragsstellerin ihren Antrag weiter.

II.


Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Das Beschwerdegericht hat rechtsfehlerfrei die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung verneint.
1. Die Rechtsbeschwerde hätte allerdings nicht zugelassen werden dür- fen. Die Zulassung setzt nach § 574 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 ZPO voraus, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) oder daß die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung sie erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Diese Voraussetzungen kommen bei der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe nur in Betracht, wenn es um Fragen des Verfahrens der Prozeßkostenhilfe oder der persönlichen Voraussetzungen ihrer Bewilligung geht. Hängt die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe , wie im vorliegenden Fall, allein von Frage ab, ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung (oder Rechtsverteidigung) hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, kommt eine Rechtsbeschwerde dagegen nicht in Betracht. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung kann zwar Fragen aufwerfen, die einer höchstrichterlichen Klärung bedürfen oder Veranlassung für eine Vertiefung der höchstrichterlichen Rechtsprechung geben. Das Prozeßkostenhilfeverfahren hat aber nicht den Zweck, über zweifelhafte Rechtsfragen vorweg zu entscheiden (BVerfG, Beschl. v. 13. März 1990, 2 BvR 94/88 u. a., NJW 1991, 413, 414; BGH, Beschl. v. 9. September 1997, IX ZB 92/97, MDR 1997, 1147, 1148; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 61. Aufl., § 114 Rdn. 100; MünchKomm -ZPO/Wax, 2. Aufl., § 114 Rdn. 104; Musielak/Fischer, ZPO, 3. Aufl., § 114 Rdn. 20; Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 114 Rdn. 21). Deshalb ist die Erfolgsaussicht einer beabsichtigten Rechtsverfolgung zu bejahen und Prozeßkostenhilfe , wenn die persönlichen Voraussetzungen gegeben sind, zu gewähren , wenn ein Rechtsmittel zugelassen werden müßte, weil die durch die Rechtsverfolgung aufgeworfenen Rechtsfragen einer höchstrichterlichen Klärung bedürfen (OLG Karlsruhe, IPRax 1988, 176; OLG Köln, MDR 2000, 601; OLG Celle, FamRZ 2001, 700, 701). Ein Beschwerdegericht, das wegen der Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung die Voraussetzungen
des § 574 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 ZPO für gegeben hält, muß deshalb Prozesskostenhilfe bewilligen; es darf die Prozeßkostenhilfe nicht ablehnen, gleichzeitig aber die Rechtsbeschwerde wegen eben jener Fragen zulassen. Geschieht dies dennoch, ist das Rechtsbeschwerdegericht allerdings daran gebunden, § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO.
2. Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.

a) Der von der Antragstellerin geltend gemachte Anspruch auf Zahlung einer Geldrente läßt sich nicht auf Art. 15 § 9 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 des Preußischen Ausführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (PrAGBGB) vom 20. September 1899 in der im Land Nordrhein-Westfalen fortgeltenden Fassung (SGVNW Nr. 40) stützen. Bei dem Vertrag vom 30. Juli 1970 handelt es sich, wie das Beschwerdegericht mit Recht ausgeführt hat, nicht um einen Altenteils - oder Leibgedingvertrag im Sinne des Einleitungssatzes von Art. 15 PrAGBGB, Art. 96 EGBGB. Nach gefestigter Rechtsprechung des Senats wird eine Grundstücksübertragung noch nicht allein durch eine Wohnrechtsgewährung mit Pflege- und Versorgungsverpflichtung zu einem Altenteils- oder Leibgedingvertrag (Senatsurt. v. 3. April 1981, V ZR 55/80, NJW 1981, 2568, 2569; v. 28. Oktober 1988, V ZR 60/87, NJW 1989, 451, 452; v. 23. September 1994, V ZR 113/93, NJW-RR 1995, 77, 78, v. 28. Januar 2000, V ZR 252/98, WM 2000, 586; u. v. 25. Oktober 2002, V ZR 293/01, zur Veröffentlichung vorgesehen ). Vielmehr ist zusätzlich erforderlich, daß dem Übernehmer ein Gut oder Grundstück überlassen wird, kraft dessen Nutzung er sich eine eigene Lebensgrundlage verschaffen und gleichzeitig den dem Altenteil geschuldeten Unterhalt gewinnen kann (BGHZ 53, 41, 43). Der verstorbenen Ehefrau des Antragsgegners war indessen nur ein Hausgrundstück übertragen worden, das
keine eine Existenz – wenigstens teilweise – begründende Wirtschaftseinheit (Senatsurt. v. 28. Oktober 1988, V ZR 60/87, NJW 1989, 451, 452; u. v. 25. Oktober 2002, V ZR 293/01) darstellt.

b) Der Beschluß hat im Ergebnis auch insoweit Bestand, als er einen Anspruch unter dem Gesichtspunkt der ergänzenden Vertragsauslegung verneint.
aa) Beim Abschluß des Übergabevertrags vom 30. Juli 1970 mögen die Vertragsparteien nicht im einzelnen erwogen haben, daß die Antragstellerin ihre Tochter überleben werde. Das würde aber nichts daran ändern, daß der in diesem Vertrag ausbedungene Anspruch der Antragstellerin auf Wart und Pflege nunmehr auf den Antragsgegner als Erben seiner zunächst verpflichteten Ehefrau übergegangen ist. Nach der Rechtsprechung des Senats sind solche Pflichten grundsätzlich nicht höchstpersönlicher Natur (BGHZ 25, 293, 299). Dem entspricht auch die Formulierung des Vertrags ("hat zu gewähren"), zumal die Ehefrau des Antragsgegners damals schon verheiratet war und kaum anzunehmen ist, daß die Antragstellerin die Erfüllung der Pflegeverpflichtung durch ihren Schwiegersohn oder andere Mitglieder der Familie ihrer Tochter abgelehnt hätte.
bb) Die Vertragsparteien sind, wie sich aus dem Text des Vertrags er- gibt, davon ausgegangen, daß die Antragstellerin zu Hause würde gepflegt werden können. Diese Erwartung hat sich nicht erfüllt. Das macht eine Anpassung des Vertrags unter dem Gesichtspunkt der ergänzenden Vertragsauslegung erforderlich. Bei einem Übergabevertrag stellt die Einräumung des Anspruchs auf Wart und Pflege (zusammen mit dem Wohnrecht) die Gegenleis-
tung für die Übertragung des Eigentums an dem Hausgrundstück dar. Dem Absicherungsinteresse des Übergebenden entspricht es, daß ihm im Umfang der ersparten Aufwendungen ein Anspruch auf Beteiligung an den Pflegekosten zusteht, wenn der Pflegeverpflichtete seine Pflegeverpflichtung nicht mehr selbst erfüllen kann, weil der Übergebende in einem Maße pflegbedürftig wird, daß er professionelle Pflege braucht (Senatsurt. v. 21. September 2001, V ZR 14/01, WM 2002, 598, 599; OLG Koblenz, MittBayNK 1999, 284). Der Umfang der ersparten Aufwendung richtet sich nach dem Inhalt der ursprünglich bestehenden Pflicht zu Wart und Pflege (Senatsurt. v. 21. September 2001, V ZR 14/01, WM 2002, 598, 599). Diese Verpflichtung ist in dem vorliegenden Vertrag in allgemeiner Form bestimmt. Das bedeutet nicht, daß sich die Ehefrau des Antragsgegners und Tochter der Antragstellerin in unbegrenztem Umfang zu Wart und Pflege verpflichtet hätte. Sie war bei Abschluß des Vertrags verheiratet und Hausfrau. Daraus ergibt sich, daß die Ehefrau des Antragsgegners die Antragstellerin in einem Umfang pflegen sollte, wie es einer Tochter auch unter Berücksichtigung ihrer Pflichten gegenüber der eigenen Familie und ihrer berechtigten eigenen Lebensführungsinteressen zumutbar ist (vgl. Krauß, DNotZ 2002, 705, 711, 712). Hierzu findet sich in dem Antrag nichts. Auf seiner Grundlage konnte der Antragstellerin daher auch nicht teilweise Prozeßkostenhilfe bewilligt werden. Der Antragstellerin bleibt es jedoch unbenommen, mit einem neuen Prozeßkostenhilfeantrag das Streitverhältnis umfassend, auch unter diesem Gesichtspunkt, darzustellen.
Tropf Klein Lemke Gaier Schmidt-Räntsch

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 29/02
vom
27. Februar 2003
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Februar 2003 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter Streck, Schlick, Dr. Kapsa und
Galke

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel der Antragstellerin werden der Beschluß des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 23. Mai 2002 aufgehoben und der Beschluß der 1. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 18. März 2002 abgeändert.
Der Antragstellerin wird für die beabsichtigte Klage auf Zahlung von 17.847,28 DM) nebst 9,26 % Zinsen seit dem 18. August 2001 Prozeßkostenhilfe ohne Zahlungsverpflichtung bewilligt.
Der Antragstellerin wird im vorbeschriebenen Umfang für die Verfolgung ihrer Rechte im Rechtsbeschwerderechtszug Prozeßkostenhilfe ohne Zahlungsverpflichtung bewilligt; ihr wird insoweit Rechtsanwalt Dr. P. beigeordnet.
Die weitergehenden Rechtsmittel und die weitergehenden Anträge auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe werden zurückgewiesen.
Eine Gebühr ist nicht zu erheben.

Gründe


I.


Im Januar 2001 ging der Antragstellerin ein Versandhandelskatalog der H. & F. bv. zu. Der Sendung war ein Schreiben der "K. & P. . Steuerberatung. Wirtschaftsprüfer" vom 22. Januar 2001 beigefügt, in dem es unter anderem hieß:
"Benachrichtigung über die Vergabe von DM 35.000,-/DM 34.906,25, für Frau W. S. <= Antragstellerin> ... Sehr geehrte Frau S. , hiermit teilen wir Ihnen mit, dass Sie auszahlungsberechtigt sind. Um Ihren Betrag ordnungsgemäß auszahlen zu können, benötigen wir umgehend das auf der beiliegenden offiziellen ComputerBestätigung befindliche Abruf-Siegel ... als Bestätigung Ihrerseits zurück ..."
In einem weiteren, der Antragstellerin mitübersandten Schriftstück ohne Datum und Briefkopf, auf dem ein Fernseher abgebildet war, stand:
"Dieses Gerät kann schon bald Ihnen gehören! Wir vergeben 10 x diesen Fernseher oder 4390,- DM in bar ..."
Die Antragstellerin macht geltend, in den Schreiben sei eine Gewinnzusage im Sinne des § 661a BGB zu sehen. Da es sich bei der H. & F. bv. um eine Briefkastenfirma der Antragstellerin handele, müsse letztere den Preis leisten.
Die Antragstellerin begehrt für die beabsichtigte Klage auf Zahlung von 39.296,25 DM (= 34.906,25 DM + 4.390 DM) nebst Zinsen gegen die Antragsgegnerin Prozeßkostenhilfe. Landgericht und Oberlandesgericht haben die Prozeßkostenhilfe verweigert. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Gesuch um Prozeßkostenhilfe für die Klage weiter; sie beantragt ferner Prozeßkostenhilfe für das Verfahren der Rechtsbeschwerde.

II.


1. Das Oberlandesgericht hat die Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts und Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zur Auslegung des § 661a BGB zugelassen; das war nicht zulässig.
Im Verfahren der Prozeßkostenhilfe kommt eine Zulassung der Rechtsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) - oder dem der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) - nur in Betracht, wenn es um Fragen des Verfahrens der Prozeßkostenhilfe oder der persönlichen Voraussetzungen ihrer Bewilligung geht (vgl. BGH, Beschluß vom 21. November 2002 - V ZB 40/02 Umdruck S. 3 f). Um solche Fragen ging es hier nicht; der Senat ist aber an die - rechtsfehlerhafte - Zulassung gebunden (§ 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO).
2. Die Rechtsbeschwerde ist teilweise begründet. Der Antragstellerin ist für die beabsichtigte Klage auf Zahlung von 17.847,28 DM) nebst
Zinsen Prozeßkostenhilfe ohne Zahlungsverpflichtung zu bewilligen (§ 577 Abs. 5 ZPO); der weitergehende Antrag ist unbegründet.

a) Das Oberlandesgericht hat der Antragstellerin die Prozeßkostenhilfe versagt, weil die beabsichtigte Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete. Nach § 661a BGB hafte nur derjenige Unternehmer, der als Versender eines täuschenden Gewinnversprechens nach außen in Erscheinung trete. Dem Vorbringen der Antragstellerin sei nicht zu entnehmen, daß dies bei der Antragsgegnerin der Fall gewesen sei.
Hinsichtlich des Teilbetrages von 4.390 DM liege nicht einmal eine Gewinnzusage vor.

b) Die Entscheidung des Oberlandesgerichts hält der rechtlichen Prüfung nicht in allen Punkten stand.
aa) Das Oberlandesgericht hat die Erfolgsaussicht zu Unrecht verneint, soweit die beabsichtigte Klage auf die "Benachrichtigung über die Vergabe von DM 35.000,-/DM 34.906,25" vom 22. Januar 2001 gestützt und Zahlung von 17.847,28 DM) nebst Zinsen verlangt wird.
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat in aller Regel bereits dann hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO), wenn die Entscheidung von der Beantwortung schwieriger Rechts- oder Tatfragen abhängt. Die Prüfung der Erfolgsaussicht darf nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in das Nebenverfahren der Prozeßkostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Prozeß-
kostenhilfeverfahren will den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht selbst bieten, sondern zugänglich machen (BVerfGE 81, 347, 357 ff; BVerfG NJW 1994, 241, 242 und 2000, 1936, 1937; Senatsbeschluß vom 12. September 2002 - III ZB 43/02 - NJW 2002, 3554; BGH, Beschluß vom 9. September 1997 - IX ZB 92/97 - NJW 1998, 82 und vom 26. April 2001 - IX ZB 25/01 - MDR 2001, 1007). Im Streitfall ist das Oberlandesgericht im Grunde selbst davon ausgegangen, daß eine schwierige, bislang ungeklärte Frage des materiellen Rechts zu entscheiden ist. Denn es hat die Rechtsbeschwerde unter anderem mit der Erwägung zugelassen, der Fall gebe Veranlassung , Grundsätze für die Auslegung des § 661a BGB zu entwickeln und zwar dazu, wer als (Ver-)Sender der Gewinnzusage anzusehen sei. Eine solche grundsätzliche Frage ist nicht in dem summarischen Prozeßkostenhilfeverfahren , sondern im ordentlichen Klageverfahren auf der Grundlage der dort nach vertiefter Erörterung getroffenen Feststellungen zu entscheiden.
bb) Die in Aussicht genommene Klage bietet hingegen keine Aussicht auf Erfolg, soweit sie auf Zahlung von 4.390 DM (nebst Zinsen) gerichtet ist. Insoweit hat das Oberlandesgericht - unbeanstandet von der Rechtsbeschwerde - festgestellt, daß in der Ankündigung "Dieses Gerät kann schon bald Ihnen gehören! Wir vergeben 10 x diesen Fernseher oder 4390,- DM in bar." weder eine Gewinnzusage noch eine vergleichbare Mitteilung (§ 661a BGB) gesehen werden kann. Auf die vorbeschriebene grundsätzliche Frage kommt es hier nicht an.
cc) Die Antragstellerin hat belegt, daß sie nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht aufbringen kann.

III.


Der Antragstellerin ist, weil sie nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten ihrer Rechtsverfolgung im Rechtsbeschwerderechtszug nicht aufbringen kann, im selben Umfang wie für die beabsichtigte Klage Prozeßkostenhilfe für den Rechtsbeschwerderechtszug zu bewilligen. Der Grundsatz, daß für das Prozeßkostenhilfeverfahren Prozeßkostenhilfe nicht gewährt werden kann (BGHZ 91, 311), steht nicht entgegen (vgl. Senatsbeschluß vom 19. Dezember 2002 - III ZB 33/02, Umdruck S. 5 f).
Rinne Streck Schlick Kapsa Galke

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 192/02
vom
17. März 2004
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Ist das Beschwerdegericht in einem Prozeßkostenhilfeverfahren der Ansicht,
daß die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde vorliegen
, so muß es bei Vorliegen der persönlichen Voraussetzungen Prozeßkostenhilfe
bewilligen.

b) Hat das Beschwerdegericht den Antrag auf Prozeßkostenhilfe abgelehnt und
dennoch die Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluß zugelassen, so ist
das Revisionsgericht zwar an die Zulassung gebunden (§ 574 Abs. 1 Nr. 2,
Abs. 3 Satz 2 ZPO). Der Beschluß ist jedoch aufzuheben, weil er gegen das
in Art. 3 Abs. 1 i.V. mit Art. 20 Abs. 3 GG verbürgte Gebot der Rechtsschutzgleichheit
verstößt.
BGH, Beschluß vom 17. März 2004 - XII ZB 192/02 - OLG Dresden
LG Zwickau
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. März 2004 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter Sprick, Fuchs, Dr. Ahlt sowie die
Richterin Dr. Vézina

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 15. Oktober 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens , an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Gründe:


I.

Der Antragsteller begehrt Prozeßkostenhilfe für eine Klage auf Feststellung des Bestehens eines Gewerberaummietvertrages, hilfsweise Feststellung, daß das Mietverhältnis nicht durch die Kündigung der Antragsgegnerin zum 30. September 2001 beendet wurde und weiter hilfsweise Zahlung der Miete für die Zeit vom 1. Oktober 2001 bis einschließlich Februar 2002. Mit schriftlichem Mietvertrag vom 21./28. Juni 1995 vermietete der Antragsteller an die Antragsgegnerin eine Gesamtfläche von 1450 qm bestehend aus Räumlichkeiten, Hofflächen und Überfahrtsflächen zum Betrieb eines Reifen -Service für die Dauer von fünfzehn Jahren. Wegen der Maße und Lage des Mietgegenstandes wurde auf einen als Anlage I bezeichneten Lageplan verwie-
sen, in dem die vermieteten Flächen schraffiert gekennzeichnet sein sollten. Dieser Lageplan lag unstreitig bei Vertragsabschluß nicht vor. Mit Schreiben vom 20. Februar 2001 kündigte die Antragsgegnerin den Mietvertrag gemäß § 566 BGB in Verbindung mit § 565 Abs. 1 a BGB a.F. zum 30. September 2001. Der Antragsteller ist der Ansicht, die Antragsgegnerin könne sich nach Treu und Glauben nicht auf einen etwaigen Formmangel des Mietvertrages berufen. Der Antrag des Antragstellers auf Prozeßkostenhilfe ist vor dem Landgericht und dem Oberlandesgericht ohne Erfolg geblieben. Mit der - zugelassenen - Rechtsbeschwerde verfolgt er seinen Antrag weiter.

II.

Das Beschwerdegericht hat angenommen, daß zwischen den Parteien trotz Unterzeichnung des schriftlichen Mietvertrages zunächst kein Mietvertrag zustande gekommen sei, weil sich die Parteien nicht über den Mietgegenstand geeinigt hätten. Es sei offen geblieben, welche Teile des noch zu errichtenden Gebäudes und des Grundstücks der Antragsgegnerin zur Nutzung hätten überlassen werden sollen. Soweit sich aus der jahrelangen Nutzung des Gebäudes und des Grundstücks eine Einigung über das Mietobjekt und damit der Abschluß eines Mietvertrages ergebe, fehle es an der Einhaltung der Schriftform des § 566 BGB a.F. Die Antragsgegnerin dürfe sich auch auf den Formmangel berufen, ohne gegen Treu und Glauben zu verstoßen. Die Rechtsbeschwerde hat es unter Hinweis auf § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO wegen der Frage
zugelassen, ob der Antragsgegnerin aus Treu und Glauben eine Geltendmachung der Formnichtigkeit verwehrt sei.

III.

Die statthafte (§ 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 ZPO) Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht. Das Beschwerdegericht hätte, wenn es der Ansicht ist, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, oder, daß die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Zulassung der Rechtsbeschwerde erfordert, bei Vorliegen der persönlichen Voraussetzungen, Prozeßkostenhilfe bewilligen müssen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. November 2002 - V ZB 40/02 - NJW 2003, 1126, 27. Februar 2003 - III ZB 29/02 - AGS 2003, 213). In diesem Fall gebietet nämlich die in Art. 3 Abs. 1 i.V. mit Art. 20 Abs. 3 GG verbürgte Rechtsschutzgleichheit, die Erfolgsaussicht zu bejahen und dem Antragsteller Prozeßkostenhilfe zu gewähren, denn das Hauptverfahren eröffnet erheblich bessere Möglichkeiten der Entwicklung und Darstellung des eigenen Rechtsstandpunktes (BVerfGE 81, 347). Das nur einer
summarischen Prüfung unterliegende Prozeßkostenhilfeverfahren hat demgegenüber nicht den Zweck, über zweifelhafte Rechtsfragen vorweg zu entscheiden (BVerfG FamRZ 2002, 665).
Hahne Sprick Fuchs Ahlt Vézina

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 553/10
vom
6. April 2011
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Entscheidet das Familiengericht statt nach dem - noch fortgeltenden - alten Verfahrensrecht
nicht durch Urteil, sondern fehlerhaft nach neuem Verfahrensrecht
durch Beschluss, wird auch durch die Einlegung einer Beschwerde beim Ausgangsgericht
die Rechtsmittelfrist gewahrt (Grundsatz der "Meistbegünstigung",
im Anschluss an Senatsbeschluss vom 17. Dezember 2008 - XII ZB 125/06 -
MDR 2009, 1000).
BGH, Beschluss vom 6. April 2011 - XII ZB 553/10 - OLG Nürnberg
AG Neumarkt i.d.OPf.
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. April 2011 durch die Richter
Dose, Weber-Monecke, Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Nedden-Boeger

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wird der Beschluss des 7. Zivilsenats und Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 1. Oktober 2010 aufgehoben. Die Sache wird zur Verhandlung und erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Gegenstandswert: 12.356 €.

Gründe:

I.

1
Die Kläger haben beantragt, den Beklagten im vereinfachten Unterhaltsverfahren zur Zahlung von Kindesunterhalt zu verpflichten. Nachdem die Anträge dem Beklagten im Juni 2009 zugestellt worden waren und dieser Einwendungen hiergegen erhoben hatte, haben die Kläger im Dezember 2009 beantragt , das streitige Verfahren durchzuführen. Mit "Endbeschluss" vom 16. Juni 2010 ist der Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von Kindesunterhalt verpflichtet worden. In der Rechtsbehelfsbelehrung heißt es, dass gegen den Beschluss das Rechtsmittel der Beschwerde statthaft und dieses binnen einer Frist von einem Monat beim Amtsgericht einzulegen sei.
2
Gegen diesen Beschluss, der dem Bevollmächtigten des Beklagten am 24. Juni 2010 zugestellt worden war, hat dieser mit Schriftsatz vom 20. Juli 2010 Beschwerde beim Amtsgericht eingelegt, die dort bereits am selben Tag per Telefax eingegangen ist. Nach Weiterleitung des Originals an das Berufungsgericht ist die Beschwerde dort am 28. Juli 2010 eingegangen.
3
Das Berufungsgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss die "Berufung" des Beklagten als unzulässig verworfen. Nach dem hier anzuwendenden alten Recht habe der Beklagte beim Berufungsgericht Berufung einlegen müssen. Die Frist hierzu sei am 26. Juli 2010 abgelaufen, weshalb das Rechtsmittel des Beklagten verspätet sei. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei dem Beklagten nicht zu gewähren.
4
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Rechtsbeschwerde.

II.

5
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
6
1. Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings darauf hingewiesen, dass auf das Verfahren gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG das bis zum 31. August 2009 geltende - alte - Verfahrensrecht anzuwenden ist, weil das Verfahren vor Inkrafttreten des FamFG zum 1. September 2009 eingeleitet worden ist (vgl. § 651 Abs. 3 ZPO aF bzw. § 255 Abs. 3 FamFG, wonach der Rechtsstreit als mit der Zustellung des Festsetzungsantrages rechtshängig geworden gilt).
7
2. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig.
8
9
Die Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 1 iVm Abs. 2 Nr. 2 ZPO zulässig. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Das Beschwerdegericht hat durch seine Entscheidung das Verfahrensgrundrecht des Beklagten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG iVm dem Rechtsstaatsprinzip) verletzt, welches es den Gerichten verbietet, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. Senatsbeschluss vom 2. April 2008 - XII ZB 189/07 - FamRZ 2008, 1338 Rn. 8 mwN).
10
3. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.
11
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt es auf die - von ihm verneinte - Frage nicht an, ob dem Beklagten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist. Denn vorliegend hätte das Berufungsgericht nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung das Rechtsmittel des Beklagten als zulässig erachten müssen.
12
a) Nach allgemeiner Auffassung dürfen die Prozessparteien dadurch, dass das Gericht seine Entscheidung in einer falschen Form erlässt, keinen Rechtsnachteil erleiden. Ihnen steht deshalb sowohl das Rechtsmittel zu, das nach der Art der tatsächlich ergangenen Entscheidung statthaft ist, als auch das Rechtsmittel, das bei einer in der richtigen Form erlassenen Entscheidung zulässig wäre (Grundsatz der "Meistbegünstigung", st. Rspr. vgl. Senatsbeschluss vom 17. Dezember 2008 - XII ZB 125/06 - MDR 2009, 1000 Rn. 17 mwN). Der Schutzgedanke der Meistbegünstigung soll die beschwerte Partei vor Nachtei- len schützen, die auf der unrichtigen Entscheidungsform beruhen. Der Grundsatz der Meistbegünstigung führt allerdings nicht dazu, dass das Rechtsmittel auf dem vom erstinstanzlichen Gericht eingeschlagenen falschen Weg weitergehen müsste; vielmehr hat das Rechtsmittelgericht das Verfahren so weiter zu betreiben, wie dies im Falle einer formell richtigen Entscheidung durch die Vorinstanz und dem danach gegebenen Rechtsmittel geschehen wäre (Senatsbeschluss vom 17. Dezember 2008 - XII ZB 125/06 - MDR 2009, 1000 Rn. 28).
13
Der Grundsatz der Meistbegünstigung findet ebenso Anwendung, wenn - wie hier - das Gericht nach dem von ihm angewandten Verfahrensrecht die Entscheidungsart zwar zutreffend gewählt hat, der Fehler jedoch auf der Anwendung falschen Verfahrensrechts beruht. Denn auch in diesen Fällen ist das Vertrauen der Beteiligten auf die Richtigkeit der gewählten Entscheidungs- bzw. Verfahrensform schutzwürdig (ebenso OLG Zweibrücken Beschluss vom 21. Oktober 2010 - 6 UF 77/10 - juris Rn. 2 für den umgekehrten Fall, dass das Familiengericht noch nach altem Recht durch Urteil statt nach dem FamFG durch Beschluss entschieden hat).
14
b) Gemessen an diesen Anforderungen hätte das Berufungsgericht das Rechtsmittel des Beklagten nicht als unzulässig verwerfen dürfen. Nach dem vom Amtsgericht gewählten Verfahren und der damit einhergehenden Entscheidungsform des Beschlusses (§ 38 FamFG) ist gemäß § 58 ff. FamFG die Beschwerde statthaft, die gemäß §§ 63 f. FamFG binnen einer Frist von einem Monat bei dem Gericht einzulegen ist, dessen Beschluss angefochten wird. Diesen Anforderungen wird die vom Beklagten eingelegte Beschwerde gerecht. Nach Zustellung des "Endbeschlusses" am 24. Juni 2010 ist die Beschwerde am 20. Juli 2010 per Telefax beim Amtsgericht eingegangen. Damit war die Einlegungsfrist für die Beschwerde gewahrt. Anstatt das Rechtsmittel als unzulässig zu verwerfen, hätte das Berufungsgericht es in das Berufungsverfahren überleiten und - nach mündlicher Verhandlung - über die Beschwerde durch Urteil befinden müssen (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Dezember 2008 - XII ZB 125/06 - MDR 2009, 1000 Rn. 28).
15
4. Gemäß § 577 Abs. 4 ZPO ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur Verhandlung und erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Dose Weber-Monecke Klinkhammer
Schilling Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
AG Neumarkt i.d. OPf., Entscheidung vom 16.06.2010 - 3 F 671/09 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 01.10.2010 - 7 UF 1005/10 -