Bundesgerichtshof Urteil, 21. Jan. 2016 - IX ZR 84/13

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:210116UIXZR84.13.0
bei uns veröffentlicht am21.01.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 28. Februar 2013 aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 4. April 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger ist Verwalter in dem auf Antrag vom 29. September 2006 am 1. Januar 2007 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der N.                       GmbH & Co.                 KG, einer Kapitalanlagegesellschaft in der Form eines geschlossenen Immobilienfonds (fortan: Schuldnerin). Gegenstand des Unternehmens der Schuldnerin war die Errichtung und Unterhaltung von Wohn- und Geschäftshäusern im Bereich des sozialen Wohnungsbaus in Berlin. Das Geschäftsmodell der Schuldnerin beruhte darauf, dass die Differenz zwischen den durch die Mieten erzielbaren Einnahmen und den höheren Kosten durch Fördermittel des Landes Berlin ausgeglichen wurde. Die Grundförderung war für 15 Jahre fest zugesagt, eine Anschlussförderung für weitere 15 Jahre in Aussicht gestellt. Am 4. Februar 2003 beschloss der Berliner Senat, aus Gründen der Haushaltskonsolidierung keine Anschlussförderung zu gewähren. Hierüber und über eingeleitete Maßnahmen zur Abwendung der drohenden Insolvenz informierte die Schuldnerin mit Schreiben vom 15. September 2003 die Rechtsvorgängerin der beklagten Bank (künftig: die Beklagte), bei der die Schuldnerin im Jahr 1990 Finanzierungsdarlehen aufgenommen hatte. Im Mai 2005 übersandte die Schuldnerin der Beklagten ihren Geschäftsbericht für das Jahr 2003, in dem auf den Ablauf der Förderung zum 28. Februar 2007 und darauf hingewiesen wurde, dass ohne öffentliche Förderung in absehbarer Zeit danach die Insolvenz kaum zu vermeiden sei. Ein entsprechender Hinweis erfolgte erneut im Geschäftsbericht für das Jahr 2004, den die Schuldnerin der Beklagten im November 2005 übersandte. Durch Urteil vom 11. Mai 2006 bestätigte das Bundesverwaltungsgericht, wie schon zuvor das Verwaltungs- und das Oberverwaltungsgericht, die Rechtmäßigkeit des Beschlusses des Berliner Senats über die Einstellung der Förderung.

2

Am 16. Juni 2006 zog die Beklagte im Lastschriftverfahren fällige Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von insgesamt 231.886,28 € von einem Konto der Schuldnerin bei einer anderen Bank ein. Am 7. September 2006 übersandte die Schuldnerin der Beklagten ein von einem externen Unternehmen am 22. August 2006 erstelltes Sanierungskonzept. Daraus ergab sich, dass im Jahr 2007 mit Einnahmen von 1.133.000 € und Ausgaben von 2.455.000 € zu rechnen war. Die in dem Konzept vorgeschlagene Sondertilgung von Darlehen durch Nachzahlungen der Gesellschafter lehnten diese in der Gesellschafterversammlung vom 15. September 2006 ab.

3

Der Kläger begehrt unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung die Erstattung des im Juni 2006 eingezogenen Betrags von 231.886,28 € nebst Zinsen und vorgerichtlichen Anwaltskosten. Seine Klage hat beim Landgericht mit Ausnahme der Anwaltskosten Erfolg gehabt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts.

Entscheidungsgründe

4

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückweisung der Berufung der Beklagten.

I.

5

Das Berufungsgericht hat gemeint, die Lastschriftzahlungen seien nicht nach § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar. Es könne offen bleiben, ob die Schuldnerin mit dem Vorsatz gehandelt habe, ihre Gläubiger zu benachteiligen. Jedenfalls könne nicht festgestellt werden, dass die Beklagte einen solchen Vorsatz der Schuldnerin gekannt habe. Wegen der Einstellung der öffentlichen Förderung zum 28. Februar 2007 habe der Schuldnerin zwar Zahlungsunfähigkeit gedroht. Dies sei der Beklagten auch bekannt gewesen. Unter Würdigung sämtlicher Umstände könne daraus aber nicht geschlossen werden, dass die Beklagte Kenntnis von einem Gläubigerbenachteiligungswillen der Schuldnerin gehabt habe. Zugunsten der Beklagten greife die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein, wonach von einer Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes bei einem mit der Abwicklung des Zahlungsverkehrs beauftragten Kreditinstitut wegen seiner Verpflichtung zur Ausführung von Zahlungsaufträgen nur dann ausgegangen werden könne, wenn das Kreditinstitut im Zuge der Verfolgung eigener Interessen in eine vom Schuldner angestrebte Gläubigerbenachteiligung eingebunden sei und deshalb nicht als reine Zahlstelle fungiere. An einem solchen kollusiven Zusammenwirken fehle es hier. Zum Zeitpunkt der Lastschriftbuchungen am 16. Juni 2006 habe die Beklagte auch nicht davon ausgehen müssen, dass sich die drohende Zahlungsunfähigkeit zwingend realisieren müsse. Erst am 15. September 2006, als die Gesellschafter das Sanierungskonzept abgelehnt hätten, habe festgestanden, dass die Zahlungsunfähigkeit nicht mehr habe abgewendet werden können. Für die Kenntnis der Beklagten von einem Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin könne es im Übrigen nicht allein auf die Kenntnis vom künftigen Wegfall der Fördergelder ankommen. Maßgeblich sei vielmehr darauf abzustellen, ob es noch weitere Gläubiger mit ungedeckten, fälligen Ansprüchen gegeben habe. Ziehe die Bank fällige Beträge von einem Konto des Schuldners mit offener Kreditlinie ein, fehle es an hinreichenden Anhaltspunkten für ein Zusammenwirken mit dem Schuldner zum Nachteil der Gläubiger.

II.

6

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Feststellung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin nicht gekannt, beruht, wie die Revision mit Recht rügt, auf Rechtsfehlern.

7

1. Nach § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO wird die Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners vermutet, wenn er wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass der Schuldnerin zum Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung Zahlungsunfähigkeit drohte und die Beklagte davon wusste. Dann musste es auch davon ausgehen, dass die Beklagte die gläubigerbenachteiligende Wirkung der Lastschriftzahlungen kannte und die Vermutungsregel des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO deshalb anzuwenden war. Denn wenn ein Schuldner, wie es hier der Fall war, unternehmerisch tätig ist, muss stets damit gerechnet werden, dass weitere Verbindlichkeiten bei anderen Gläubigern existieren oder entstehen, die nicht in gleichem Maß bedient werden können (BGH, Urteil vom 13. August 2009 - IX ZR 159/06, WM 2009, 1943 Rn. 14; vom 15. März 2012 - IX ZR 239/09, WM 2012, 711 Rn. 12).

8

Die Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO bewirkt eine Umkehr der Beweislast. Ist der Vermutungstatbestand gegeben, obliegt dem Anfechtungsgegner der Gegenbeweis. Er muss darlegen und beweisen, dass er nichts von einem Benachteiligungsvorsatz wusste (BGH, Urteil vom 15. März 2012, aaO Rn. 14). Dies schließt nicht aus, dass der Tatrichter aufgrund der gesamten Umstände die Überzeugung gewinnt, dass dem Anfechtungsgegner der Benachteiligungsvorsatz des Schuldners nicht bekannt war. Er muss bei dieser Würdigung aber die in der gesetzlichen Regelung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO zum Ausdruck kommende starke indizielle Bedeutung der Kenntnis von der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners angemessen berücksichtigen.

9

2. Das Berufungsurteil lässt nicht zweifelsfrei erkennen, ob das Berufungsgericht davon überzeugt war, dass die Beklagte keine Kenntnis von einem Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin hatte. Sofern das Berufungsgericht zu einer solchen Überzeugung gekommen sein sollte, beruhte dies aber auf einem Rechtsfehler.

10

Die revisionsrechtliche Kontrolle der dem Tatrichter bei der Beurteilung der subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung obliegenden Gesamtwürdigung beschränkt sich darauf, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (BGH, Urteil vom 12. Februar 2015 - IX ZR 180/12, WM 2015, 591 Rn. 15 mwN). Ein solcher Verstoß liegt jedoch vor. Das Berufungsgericht hat sich bei seiner Würdigung maßgeblich auf die Erfahrungssätze gestützt, die nach der Rechtsprechung des Senats für die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung von Zahlungen des Schuldners gegenüber Leistungsmittlern wie der das Konto des Schuldners führenden Bank gelten. In solchen Fällen kann eine Kenntnis der Bank von einem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners regelmäßig nicht angenommen werden, sofern sich die Bank auf ihre Funktion als Zahlstelle beschränkt und nicht im Eigen- oder Fremdinteresse aktiv an einer vorsätzlichen Gläubigerbenachteiligung des Schuldners teilnimmt (BGH, Urteil vom 26. April 2012 - IX ZR 74/11, BGHZ 193, 129 Rn. 21 ff; vom 24. Januar 2013 - IX ZR 11/12, WM 2013, 361 Rn. 30 ff). Diese Erfahrungssätze sind hier nicht anwendbar, weil die Beklagte nicht als Leistungsmittlerin bei der Ausführung eines ihr von der Schuldnerin erteilten Zahlungsauftrags tätig geworden ist, sondern als Gläubigerin von einer Ermächtigung der Schuldnerin Gebrauch gemacht hat, eine eigene Forderung von einem Konto der Schuldnerin bei einer anderen Bank einzuziehen.

III.

11

Das angefochtene Urteil kann damit keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Aufhebung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, kann der Senat selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Berufung der Beklagten ist zurückzuweisen, weil das Landgericht den geltend gemachten Rückgewähranspruch nach § 143 Abs. 1, § 133 Abs. 1 InsO mit Recht bejaht hat.

12

1. Anfechtbar nach § 133 Abs. 1 InsO ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Als Rechtshandlung der Schuldnerin kommt bei einem Lastschrifteinzug im Wege des Einzugsermächtigungsverfahrens die Genehmigung der Lastschriftbuchung durch die Schuldnerin in Betracht. Bei einer Zahlung im Abbuchungsauftragsverfahren handelte die Schuldnerin durch Erteilung dieses Auftrags.

13

2. Der für die Beurteilung der Anfechtbarkeit maßgebliche Zeitpunkt bestimmt sich nach dem Eintritt der rechtlichen Wirkungen der Zahlungen (§ 140 Abs. 1 InsO). Wirksam wurden die Lastschriftbuchungen frühestens am 16. Juni 2006, dem Tag der Buchung (im Falle eines Abbuchungsauftrags mit sofortiger Einlösung, vgl. BGH, Urteil vom 17. Januar 2013 - IX ZR 184/10, WM 2013, 315 Rn. 8) und spätestens mit dem Eintritt der Genehmigungsfiktion nach Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken aF (bei einer Abbuchung im Einzugsermächtigungsverfahren ohne vorherige ausdrückliche oder konkludente Genehmigung der Schuldnerin; vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 2012 - IX ZR 2/11, BGHZ 192, 221 Rn. 23 mwN); letzteres dürfte etwa Mitte August 2006 der Fall gewesen sein. Der Zeitpunkt liegt jedenfalls innerhalb des Anfechtungszeitraums von zehn Jahren vor dem Eröffnungsantrag.

14

3. Die Lastschriftzahlungen haben die übrigen Gläubiger der Schuldnerin wegen des damit verbundenen Vermögensabflusses objektiv benachteiligt (§ 129 Abs. 1 InsO). Ohne Belang ist, ob es bereits gegenwärtig weitere Gläubiger mit ungedeckten Forderungen gab oder die Schuldnerin zunächst noch alle Gläubiger mit fälligen Forderungen befriedigen konnte. Denn im Rahmen des § 133 Abs. 1 InsO genügt eine mittelbare, durch das spätere Hinzutreten weiterer Umstände begründete Gläubigerbenachteiligung (etwa BGH, Urteil vom 26. April 2012 - IX ZR 146/11, WM 2012, 1131 Rn. 19, 22). Solche Umstände liegen in der späteren Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, in dem regelmäßig Gläubigeransprüche nicht vollständig befriedigt werden (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 2014 - IX ZR 164/13, BGHZ 200, 210 Rn. 20).

15

4. Die Schuldnerin handelte mit dem Vorsatz, ihre Gläubiger zu benachteiligen. Hierfür genügt es, wenn der Schuldner die Benachteiligung der Gläubiger als mutmaßliche Folge seiner Handlung erkennt und billigt. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats stellt nicht nur die bereits eingetretene, sondern auch die lediglich drohende Zahlungsunfähigkeit ein starkes Beweisanzeichen für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners dar, wenn sie von diesem zum Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung erkannt worden ist. Denn der Schuldner muss in diesem Fall damit rechnen, dass er nicht sämtliche Gläubiger befriedigen können wird. Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn eine kongruente Leistung angefochten wird (BGH, Urteil vom 8. Januar 2015 - IX ZR 198/13, WM 2015, 293 Rn. 9 mwN).

16

Im Streitfall war der Schuldnerin in dem maßgeblichen Zeitraum zwischen Mitte Juni und Mitte August 2006 klar, dass die öffentliche Förderung, von der ihre Zahlungsfähigkeit abhing, mit Ablauf des Monats Februar 2007 endete. Damit wusste sie auch, dass sie ab März 2007 schon jetzt bestehende, aber noch nicht fällige Zahlungspflichten, etwa aus Darlehen, nicht mehr vollständig erfüllen konnte, mithin dass ihr die Zahlungsunfähigkeit im Sinne von § 18 Abs. 2 InsO drohte. In einem solchen Fall handelt der Schuldner nicht mit Benachteiligungsvorsatz, wenn konkrete Umstände nahe legen, dass die Krise noch abgewendet werden kann (BGH, Urteil vom 8. Januar 2015, aaO; vom 12. Februar 2015 - IX ZR 180/12, WM 2015, 591 Rn. 31 mwN). Solche Umstände gab es zu dem Zeitpunkt, als die Lastschrifteinzüge wirksam wurden - spätestens Mitte August 2006 -, nicht. Der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit bei Auslaufen der öffentlichen Förderung konnte nur vermieden werden, wenn die dann sicher zu erwartende Unterdeckung durch Zuführung neuen Kapitals oder durch eine deutliche Verringerung der Verbindlichkeiten, etwa durch einen teilweisen Forderungsverzicht der Hauptgläubiger, beseitigt werden konnte. Hierfür gab es keine konkreten Anhaltspunkte. Erst am 22. August 2006 wurde von dem damit beauftragten Unternehmen ein Sanierungskonzept vorgelegt. Auch danach war aber völlig offen, ob es zu der in dem Konzept vorausgesetzten Kapitalzufuhr durch Nachzahlungen der Gesellschafter kommen würde. Die Abwendbarkeit der Zahlungsunfähigkeit lag weiterhin nicht nahe.

17

Der Sanierungsversuch auf der Grundlage des Konzepts vom 22. August 2006 erfüllte im Übrigen auch nicht die Voraussetzungen, unter denen nach der Rechtsprechung die drohende Zahlungsunfähigkeit ihre Bedeutung als Beweisanzeichen für einen Benachteiligungsvorsatz des Schuldners verlieren kann. Ist die angefochtene Rechtshandlung Bestandteil eines ernsthaften, letztlich aber fehlgeschlagenen Sanierungsversuchs, kann dies dafür sprechen, dass sich der Schuldner von einem anfechtungsrechtlich unbedenklichen Willen hat leiten lassen. Es muss dann aber zu der Zeit der angefochtenen Handlung ein schlüssiges Sanierungskonzept vorgelegen haben, das mindestens in den Anfängen schon in die Tat umgesetzt wurde und beim Schuldner die ernsthafte und begründete Aussicht auf Erfolg rechtfertigte (BGH, Urteil vom 21. Februar 2013 - IX ZR 52/10, WM 2013, 763 Rn. 11). Diese Voraussetzungen waren hier nicht gegeben. Weder lag das Sanierungskonzept zum Zeitpunkt der angefochtenen Handlungen bereits vor noch war mit seiner Umsetzung begonnen, und im Hinblick auf die erforderliche, aber sehr fragliche Mitwirkung der Gesellschafter bot das Konzept auch keine ausreichende Erfolgsaussicht.

18

5. Die Beklagte kannte den Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin. Diese Kenntnis ist hier gemäß § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO zu vermuten. Wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, wusste die Beklagte, dass die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin drohte. Bereits im Jahr 2003 hatte die Schuldnerin die Rechtsvorgängerin der Beklagten über den Beschluss des Berliner Senats informiert, nach dem keine Anschlussförderung gewährt werden würde. Aus den im Mai und November 2005 übersandten Geschäftsberichten der Schuldnerin für die Jahre 2003 und 2004 war der Beklagten bekannt, dass die öffentliche Förderung des Unternehmens der Schuldnerin mit Ablauf des Monats Februar 2007 endete und die Insolvenz in absehbarer Zeit danach kaum zu vermeiden war. Ob sie zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Lastschrifteinzüge bereits von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Mai 2006 erfahren hatte, durch das die Rechtmäßigkeit des Beschlusses des Berliner Senats über die Beendigung der Förderung bestätigt worden war, kann dahinstehen. Denn es ist nicht festgestellt, dass der Beklagten überhaupt die gerichtliche Anfechtung dieses Beschlusses bekannt war; dann hatte sie auch keinen Grund, vor der letztinstanzlichen gerichtlichen Entscheidung am rechtlichen Bestand des angefochtenen Beschlusses zu zweifeln. Ebenso wenig ist festgestellt, dass die Beklagte zum maßgeblichen Zeitpunkt von einem konkreten Sanierungsplan wusste. Selbst wenn sie aber bereits Kenntnis von dem am 22. August 2006 erstellten Sanierungskonzept gehabt hätte, stellte dies ihr Wissen von der drohenden Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin nicht in Frage, weil die Durchführbarkeit der Sanierung nach dem Konzept von Nachzahlungen der Gesellschafter abhängig war, mit denen im Hinblick auf die strukturelle Unwirtschaftlichkeit des Geschäftsmodells ohne staatliche Subventionen nicht gerechnet werden konnte. Im Blick auf die unternehmerische Tätigkeit der Schuldnerin wusste die Beklagte auch, dass die Schuldnerin zumindest in der Zukunft weitere Gläubiger haben würde, die durch die Lastschrifteinzüge benachteiligt wurden.

19

Die danach zu vermutende Kenntnis der Beklagten vom Vorsatz der Schuldnerin kann nicht aufgrund der Gesamtumstände als widerlegt betrachtet werden. Insbesondere erlaubt der Umstand, dass die Schuldnerin zum Zeitpunkt der angefochtenen Handlungen noch uneingeschränkt zahlungsfähig war und erst zu einem bestimmten in der Zukunft liegenden Zeitpunkt aufgrund des Wegfalls der öffentlichen Förderung zahlungsunfähig zu werden drohte, keine andere Beurteilung. In einem solchen Fall kann die Erwartung gerechtfertigt sein, dass der Schuldner auch weiterhin bis zum Eintritt der Zahlungsunfähigkeit alle Gläubiger befriedigen kann. Es liegt aber auf der Hand, dass der Schuldner danach die dann fälligen Forderungen nicht mehr vollständig erfüllen kann. Dass der Schuldner diese später eintretende Gläubigerbenachteiligung zum Zeitpunkt seiner Leistung an den Anfechtungsgegner nicht in Kauf nimmt, kann der Anfechtungsgegner nur dann annehmen, wenn ihm Umstände bekannt sind, die darauf schließen lassen, dass in der verbleibenden Zeit entweder die Zahlungsunfähigkeit abgewendet oder auf andere Weise eine Gläubigerbenachteiligung vermieden werden kann, etwa durch die rechtzeitige Einstellung des Geschäftsbetriebs unter Befriedigung aller Gläubiger. Liegt der Zeitpunkt, zu dem der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit droht, noch in weiter Ferne, mögen an die Darlegung und den Nachweis solcher Umstände geringere Anforderungen zu stellen sein. Im Streitfall aber gab es für die Beklagte keinen Grund anzunehmen, die Schuldnerin gehe davon aus, trotz der an die Beklagte geleisteten Zahlungen auch künftig sämtliche Gläubiger befriedigen zu können. Sie wusste, dass die öffentliche Förderung, die eine kostendeckende Geschäftstätigkeit der Schuldnerin erst ermöglichte, auslief. Es blieben bis zu diesem Zeitpunkt nur noch rund acht Monate, und konkrete Maßnahmen für eine erfolgversprechende Sanierung hatte ihr die Schuldnerin ebenso wenig mitgeteilt wie Pläne, den Geschäftsbetrieb rechtzeitig vor dem Ende der Förderungsdauer zu beenden.

Kayser                      Gehrlein                               Grupp

              Möhring                        Schoppmeyer

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Insolvenzordnung - InsO | § 133 Vorsätzliche Benachteiligung


(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Tei
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(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem E

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(1) Eine Rechtshandlung gilt als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten. (2) Ist für das Wirksamwerden eines Rechtsgeschäfts eine Eintragung im Grundbuch, im Schiffsregister, im Schiffsbauregister oder im Regist

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(1) Beantragt der Schuldner die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, so ist auch die drohende Zahlungsunfähigkeit Eröffnungsgrund. (2) Der Schuldner droht zahlungsunfähig zu werden, wenn er voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehend

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6 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 21. Jan. 2016 - IX ZR 84/13.

Bundesgerichtshof Urteil, 14. Juni 2018 - IX ZR 22/15

bei uns veröffentlicht am 14.06.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 22/15 Verkündet am: 14. Juni 2018 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 133 Abs. 1 aF Z

Bundesgerichtshof Urteil, 14. Sept. 2017 - IX ZR 3/16

bei uns veröffentlicht am 14.09.2017

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 3/16 Verkündet am: 14. September 2017 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 133 Abs. 1

Bundesgerichtshof Urteil, 14. Juli 2016 - IX ZR 188/15

bei uns veröffentlicht am 14.07.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 188/15 Verkündet am: 14. Juli 2016 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 133 Abs. 1 Satz

Bundesgerichtshof Urteil, 09. Juni 2016 - IX ZR 153/15

bei uns veröffentlicht am 09.06.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 153/15 Verkündet am: 9. Juni 2016 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 129 Abs. 1, § 1

Referenzen

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

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Das Berufungsgericht wird bei seiner neuen Entscheidung den Sachverhalt zur Beurteilung der subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung umfassend zu würdigen haben. Insbesondere wird - bezogen auf die Schuldnerin - zu prüfen sein, ob der Schluss auf ihre Zahlungsunfähigkeit und sodann von erkannter Zahlungsunfähigkeit auf den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz (BGHZ 167, 190, 195; BGH, Urt. v. 18. Dezember 2008 - IX ZR 79/07, ZIP 2009, 573, 574 Rn. 13; Urt. v. 5. März 2009 - IX ZR 85/07, ZIP 2009, 922, 923 Rn. 10, jeweils m.w.N.) auch dann möglich ist, wenn - wie bisher im Streitfall - nur zu den Verbindlichkeiten der Schuldnerin gegenüber der Beklagten vorge- tragen ist. Zusätzlich wird das Berufungsgericht - bezogen auf die Beklagte - untersuchen müssen, ob unter diesen Umständen der Schluss von der Kenntnis des Anfechtungsgegners von drohender Zahlungsunfähigkeit (sofern eine solche anzunehmen sein sollte) auf seine Kenntnis von einer Gläubigerbenachteiligung (BGH, Urt. v. 20. November 2008 - IX ZR 188/07, ZIP 2009, 189, 190 Rn. 10) möglich ist. Hierfür ist es zumindest erforderlich, dass der Anfechtungsgegner weiß, es mit einem unternehmerisch tätigen Schuldner zu tun zu haben, bei dem das Entstehen von Verbindlichkeiten, die er nicht im selben Maße bedienen kann (wobei künftige Verbindlichkeiten ebenfalls in Betracht kommen), auch gegenüber anderen Gläubigern unvermeidlich ist (Ganter aaO). Der Kläger hat seinen Vortrag bisher auf das Zahlungsverhalten der Schuldnerin gegenüber der Beklagten beschränkt, möglicherweise weil er dies im Hin- blick auf die bisherige Rechtsprechung des Senats für ausreichend hielt. Durch die Zurückverweisung erhält er Gelegenheit, seinen Vortrag unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen zu ergänzen.
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b) Dass der Beklagte von der Existenz anderer Gläubiger wusste, ergibt sich schon aus dem Umstand, dass die Schuldnerin gewerblich tätig war. Daher wusste der Beklagte auch von der Gläubigerbenachteiligung (vgl. BGH, Urteil vom 27. Mai 2003 - IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75, 86; HK-InsO/Kreft, 6. Aufl., § 133 Rn. 22). Aus dem Einspruchsbescheid des Finanzamts des Beklagten vom 16. September 2004 ergibt sich im Übrigen die Kenntnis von der Existenz anderer Gläubiger.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

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2. Die Schuldnerin nahm die Zahlungen an die Beklagte mit dem Vorsatz vor, ihre Gläubiger zu benachteiligen (§ 133 Abs. 1 Satz 1 InsO). Zwar beschränkt sich die revisionsrechtliche Kontrolle der vom Berufungsgericht zum Gläubigerbenachteiligungsvorsatz getroffenen gegenteiligen Feststellungen darauf, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (BGH, Urteil vom 7. November 2013 - IX ZR 49/13, ZIP 2013, 2318 Rn. 8; vom 10. Juli 2014 - IX ZR 280/13, ZIP 2014, 1887 Rn. 18). Einer solchen Überprüfung hält die Würdigung des Berufungsgerichts jedoch nicht stand.
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b) Wird ein Anfechtungsgegner als bloße Zahlstelle des Schuldners tätig, ist der Leistungsmittler an dem Zahlungsvorgang nur in dieser technischen Funktion als Zahlstelle beteiligt, ohne einen eigenen Vorteil zu erlangen. Sofern sich hingegen die Mitwirkung des Anfechtungsgegners nicht in der Erledigung von Zahlungsvorgängen erschöpft, sondern er über die allgemein geschuldeten Dienstleistungen einer Zahlstelle hinaus im Eigen- oder Fremdinteresse aktiv an einer vorsätzlichen Gläubigerbenachteiligung des Schuldners teilnimmt, kann aus dieser Mitwirkung in Verbindung mit der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit auf die Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes geschlossen werden (MünchKomm-InsO/Kirchhof, InsO, 2. Aufl., § 129 Rn. 49a). In dieser Weise könnte der Streitfall gelagert sein.
30
bb) Die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners berechtigt allerdings ein Kreditinstitut im Vorfeld eines Insolvenzverfahrens nicht dazu, die Ausführung von eingehenden Zahlungsaufträgen eines weiterhin verpflichtungsund verfügungsbefugten Schuldners zu verweigern. Vielmehr darf ein Zahlungsdienstleister gemäß § 675o Abs. 2 BGB die Ausführung eines Vertrages nicht ablehnen, wenn die vertraglich vereinbarten Bedingungen erfüllt sind und die Ausführung nicht gegen sonstige Rechtsvorschriften verstößt. Mithin muss die Bank, sofern ein Guthaben oder eine offene Kreditlinie vorhanden ist, grundsätzlich eine Überweisung vornehmen, selbst wenn sie von einem Insolvenzantrag oder der Zahlungsunfähigkeit Kenntnis erlangt hat. Es macht dann keinen Unterschied, ob die Bank die Leistung an den Schuldner oder einen von diesem benannten Dritten erbringt. Entsprechendes gilt im Lastschriftverfahren (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 23).

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.

(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.

(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Eine Rechtshandlung gilt als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten.

(2) Ist für das Wirksamwerden eines Rechtsgeschäfts eine Eintragung im Grundbuch, im Schiffsregister, im Schiffsbauregister oder im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen erforderlich, so gilt das Rechtsgeschäft als vorgenommen, sobald die übrigen Voraussetzungen für das Wirksamwerden erfüllt sind, die Willenserklärung des Schuldners für ihn bindend geworden ist und der andere Teil den Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung gestellt hat. Ist der Antrag auf Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf die Rechtsänderung gestellt worden, so gilt Satz 1 mit der Maßgabe, daß dieser Antrag an die Stelle des Antrags auf Eintragung der Rechtsänderung tritt.

(3) Bei einer bedingten oder befristeten Rechtshandlung bleibt der Eintritt der Bedingung oder des Termins außer Betracht.

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2. Im Streitfall erfolgte der Einzug im Abbuchungsauftragsverfahren. Bei diesem Verfahren wird die Belastung des Schuldnerkontos wirksam, wenn die Lastschrift von der Schuldnerbank eingelöst wird (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002 - IX ZR 377/99, WM 2003, 524, 525 f). Denn damit ist der Auftrag ausgeführt und es endet die Befugnis des Schuldners, den Abbuchungsauftrag zu widerrufen (BGH, Urteil vom 19. Oktober 1978 - II ZR 96/77, BGHZ 72, 343, 345; Ellenberger in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch , 4. Aufl., § 58 Rn. 46; vgl. auch HK-InsO/Kreft, 6. Aufl., § 140 Rn. 3; MünchKomm-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 140 Rn. 11; Uhlenbruck/Hirte, InsO, 13. Aufl., § 140 Rn. 5B; HmbKomm-InsO/Rogge/Leptien, 4. Aufl., § 140 Rn. 10; Gehrlein in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, § 140 Rn. 12). Eingelöst ist die Lastschrift mit der Belastung des Schuldnerkontos, sofern diese den Einlösungswillen der Schuldnerbank zum Ausdruck bringt. Dies ist anzunehmen, wenn die Bank die Voraussetzungen der Abbuchung geprüft hat, bevor sie die Buchung vornimmt (Vordisposition). Anderes kann gelten, wenn die Prüfung erst nach der (automatisierten) Belastungsbuchung erfolgt (Nachdisposition). Nach Nr. 9 Abs. 2 AGB-Banken aF gelten Abbuchungsauftragslastschriften als eingelöst, wenn die Belastungsbuchung nicht spätestens am zweiten Bankarbeitstag nach ihrer Vornahme rückgängig gemacht wird. Sind diese Geschäftsbedingungen vereinbart, tritt somit die Wirkung der Einlösung mit Ablauf der Zwei-Tages-Frist ein, sofern die Bank nicht ausnahmsweise einen von den Allgemeinen Geschäftsbedingungen abweichenden individuellen Einlösungsvorbehalt erklärt (Bunte in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, 4. Aufl., § 14 Rn. 29 ff; Ellenberger, aaO § 58 Rn. 38 ff).
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a) Die Rechtshandlung der Schuldnerin wurde innerhalb der Frist von einem Monat vor Antragstellung vorgenommen. Bei einer Zahlung im Wege des Einziehungsermächtigungsverfahrens liegt die anfechtbare Rechtshandlung erst in der Genehmigung der Lastschriftbuchung, nicht bereits in dieser Buchung selbst, weil die Belastung des Kontos bis zur Genehmigung ohne materielle Wirkung bleibt (BGH, Urteil vom 30. September 2010 - IX ZR 178/09, WM 2010, 2023 Rn. 21; vom 30. September 2010 - IX ZR 177/07, WM 2010, 2167 Rn. 11). Die Schuldnerin hat den Einzug aufgrund der Genehmigungsfiktion des Nr. 7 Abs. 4 AGB-Spk mit Ablauf von sechs Wochen nach Zugang des Rechnungsabschlusses vom 31. Oktober 2008 am 12. Dezember 2008 genehmigt (vgl. BGH, Urteil vom 30. September 2010 - IX ZR 178/09, WM 2010, 2023 Rn. 19).

(1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten.

(2) Eine Unterlassung steht einer Rechtshandlung gleich.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

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1. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht die nach § 129 Abs. 1 InsO für alle Anfechtungstatbestände erforderliche objektive Gläubigerbenachteiligung generell verneint. Es hat nicht danach unterschieden, ob eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung erforderlich ist oder ob eine mittelbare ausreicht. Für die vom Berufungsgericht erwogene Anfechtung nach § 134 und § 133 Abs. 1 InsO genügt eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung, für die ebenfalls in Erwägung gezogene Anfechtung nach § 133 Abs. 2 InsO ist demgegenüber eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung erforderlich (HK-InsO/Kreft, 6. Aufl., § 129 Rn. 42 mwN).
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aa) Ausnahmsweise kommt es nicht zu einer Gläubigerbenachteiligung, wenn die Masse ohne die Anfechtung ausreicht, um alle Gläubiger zu befriedigen. Dies erfordert grundsätzlich auch die Deckung solcher Forderungen, gegen die ein Widerspruch erhoben worden ist, weil jener durch eine Feststellungsklage (§ 179 InsO) beseitigt werden kann (BGH, Urteil vom 19. September 1988 - II ZR 255/87, BGHZ 105, 168, 187 f; MünchKomm-InsO/Kayser, 3. Aufl., § 129 Rn. 107; HK-InsO/Kreft, 6. Aufl., § 129 Rn. 62; Uhlenbruck/Hirte, InsO, 13. Aufl., § 129 Rn. 91; Gehrlein in Gehrlein/Ahrens/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 129 Rn. 112). Grundsätzlich spricht freilich nach der Lebenserfahrung ein Anscheinsbeweis dafür, dass in dem eröffneten Verfahren die Insolvenzmasse nicht ausreicht, um alle Gläubigeransprüche zu befriedigen (BGH, Urteil vom 13. März 1997 - IX ZR 93/96, ZIP 1997, 853, 854; vom 22. März 2001 - IX ZR 407/98, WM 2001, 1038, 1041; vom 7. Februar 2002 - IX ZR 115/99, WM 2002, 561, 563; MünchKomm-InsO/Kayser, aaO § 129 Rn. 107; Uhlenbruck/ Hirte, aaO § 129 Rn. 131; HK-InsO/Kreft, aaO § 129 Rn. 64; Gehrlein in Gehrlein /Ahrens/Ringstmeier, aaO § 129 Rn. 120). Zur Entkräftung des Anscheinsbeweises muss sich der Anfechtungsgegner eingehend mit allen zum Vermögen des Schuldners gehörenden Posten befassen und aufzeigen, dass es heute noch ausreicht, um alle zu berücksichtigenden Gläubigerforderungen zu tilgen (BGH, Urteil vom 13. März 1997, aaO S. 854 f).
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a) Bei den subjektiven Tatbestandsmerkmalen der Vorsatzanfechtung handelt es sich um innere Tatsachen, welche oft nicht unmittelbar nachgewiesen , sondern nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden können. Den für eine bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit sprechenden Beweisanzeichen kommt deshalb eine besondere Bedeutung zu. Sind beide Teile über die Zahlungsunfähigkeit unterrichtet, kann von einem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners und dessen Kenntnis beim Gläubiger ausgegangen werden, weil der Schuldner in einem solche Fall weiß, nicht sämtliche Gläubiger befriedigen zu können, und dem Gläubiger bekannt ist, dass infolge der ihm erbrachten Leistung die Befriedigungsmöglichkeit anderer Gläubiger vereitelt oder zumindest erschwert wird (BGH, Urteil vom 19. September 2013 - IX ZR 4/13, WM 2013, 2074 Rn. 14). Auch die nur drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 Abs. 2 InsO) stellt nach der Rechtsprechung des Senats ein starkes Beweisanzeichen für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners dar, wenn sie diesem bei der Vornahme der Rechtshandlung bekannt war. In diesen Fällen handelt der Schuldner nur dann nicht mit Benachteiligungsvorsatz, wenn er auf Grund konkreter Umstände, etwa der sicheren Aussicht, demnächst Kredit zu erhalten oder Forderungen realisieren zu können, mit einer baldigen Überwindung der Krise rechnen kann. Droht die Zahlungsunfähigkeit, bedarf es konkreter Umstände, die nahe legen, dass die Krise noch abgewendet werden kann (BGH, Urteil vom 5. Dezember 2013 - IX ZR 93/11, NZI 2014, 259 Rn. 9). Diese Grundsätze gelten nach gefestigter Senatsrechtsprechung auch dann, wenn eine kongruente Leistung angefochten wird (BGH, Urteil vom 5. Dezember 2013, aaO; Beschluss vom 6. Februar 2014 - IX ZR 221/11, ZInsO 2014, 496 Rn. 3).

(1) Beantragt der Schuldner die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, so ist auch die drohende Zahlungsunfähigkeit Eröffnungsgrund.

(2) Der Schuldner droht zahlungsunfähig zu werden, wenn er voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. In aller Regel ist ein Prognosezeitraum von 24 Monaten zugrunde zu legen.

(3) Wird bei einer juristischen Person oder einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit der Antrag nicht von allen Mitgliedern des Vertretungsorgans, allen persönlich haftenden Gesellschaftern oder allen Abwicklern gestellt, so ist Absatz 1 nur anzuwenden, wenn der oder die Antragsteller zur Vertretung der juristischen Person oder der Gesellschaft berechtigt sind.

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2. Die Schuldnerin nahm die Zahlungen an die Beklagte mit dem Vorsatz vor, ihre Gläubiger zu benachteiligen (§ 133 Abs. 1 Satz 1 InsO). Zwar beschränkt sich die revisionsrechtliche Kontrolle der vom Berufungsgericht zum Gläubigerbenachteiligungsvorsatz getroffenen gegenteiligen Feststellungen darauf, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (BGH, Urteil vom 7. November 2013 - IX ZR 49/13, ZIP 2013, 2318 Rn. 8; vom 10. Juli 2014 - IX ZR 280/13, ZIP 2014, 1887 Rn. 18). Einer solchen Überprüfung hält die Würdigung des Berufungsgerichts jedoch nicht stand.
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a) Sowohl der Gesichtspunkt der drohenden Zahlungsunfähigkeit als auch derjenige der Inkongruenz können ihre Bedeutung als Beweisanzeichen für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners verlieren, wenn die angefochtene Rechtshandlung Bestandteil eines ernsthaften, letztlich aber fehlgeschlagenen Sanierungsversuchs ist (BGH, Urteil vom 12. November 1992 - IX ZR 236/91, WM 1993, 270, 273; vom 1. April 2004 - IX ZR 305/00, WM 2004, 1037, 1039; vom 16. Oktober 2008 - IX ZR 183/06, WM 2009, 117 Rn. 52; vom 5. März 2009 - IX ZR 85/07, BGHZ 180, 98 Rn. 17; vom 8. Dezember 2011 - IX ZR 156/09, WM 2012, 146 Rn. 11 und 18; vgl. auch Gehrlein, WM 2011, 577, 578 ff). Denn in diesem Fall ist die Rechtshandlung von einem anderen, anfechtungsrechtlich unbedenklichen Willen geleitet, und das Bewusstsein der Benachteiligung anderer Gläubiger tritt infolgedessen in den Hintergrund (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2011, aaO Rn. 11). Voraussetzung ist, dass zu der Zeit der angefochtenen Handlung ein schlüssiges, von den tatsächlichen Gegebenheiten ausgehendes Sanierungskonzept vorliegt, das mindestens in den Anfängen schon in die Tat umgesetzt worden ist und beim Schuldner die ernsthafte und begründete Aussicht auf Erfolg rechtfertigt (BGH, Urteil vom 16. Oktober 2008, aaO; vom 8. Dezember 2011, aaO; jeweils mwN).

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.